Haushaltsprodukte
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Haushaltsprodukte
Vergiftungen mit Haushaltschemikalien Elke Fä Färber, 06.09.2010 Kurs „Klinische Toxikologie“ Toxikologie“ Inhalt Wichtige Inhaltsstoffe von Haushaltschemikalien Fallbeispiele Therapie Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Einteilung der Haushaltsprodukte Einteilung nach Verwendungszweck: Chemische Produkte „alles was sauber macht“ Kosmetische Produkte „alles was schö schön macht“ macht“ Pestizide • „alles was tot macht“ macht“ werden an anderer Stelle besprochen Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 1 Bodenpflege 1925 Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Angebotsvielfalt bei Bodenpflege 2010 Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Kosmetikprodukte einer Giftberaterin Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 2 Bestandteile von Haushaltsprodukten Relevante Inhaltsstoffe aus akuttoxikologischer akuttoxikologischer Sicht Tenside Säuren Laugen Organische Lö Lösemittel, z.B. Ethanol Organische Lö Lösemittel werden mit Ausnahme von Ethanol an anderer Stelle besprochen Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Bestandteile von Haushaltsprodukten weitere Bestandteile wie FarbFarb-, DuftDuft- oder Konservierungsstoffe, Lichtschutzfilter, Fü Füllstoffe sog. „Inhaltsstoffe mit biologischer Wirkung“ Wirkung“ Enzyme, Keratolytika, Keratolytika, Vitamine,Hautaufheller... Vitamine,Hautaufheller... ...spielen akut aus klinischklinisch-toxikologischer Sicht eine untergeordnete Rolle. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Tenside engl.:surface-active agents: surfactans Allgemein: geringe systemische Toxizitä Toxizität Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 3 Tenside Einteilung der Tenside nach Ladung des Gesamtmolekü Gesamtmoleküls anionische nichtionische beide Formen u. a. in: Waschmitteln, Geschirrspü Geschirrspülmitteln, Haarshampoos... kationische u. a. in Weichspü Weichspülmitteln amphotere v. a. in Hautpflegeprodukten Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammensetzung der Wasch - und Reinigungsmittel Beispiel: Allzweckreiniger 4 % Nichtionische Tenside 4 % Anionische Tenside 11 % Seife 2,5 % Lö Lösungsvermittler 0,001 % Farbstoff 0,0013 % Konservierungsmittel Die Formulierungen werden als Standardprodukte und als Konzentrate angeboten, neben neutralen bis alkalischen Rezepturen gibt es auch saure Reiniger Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Fallbeispiel: Waschmittel-Ingestion 5 j. Junge fü füttert 3j. Schwester mit Feinwaschmittel, heftiger Husten des Mä Mädchens, die Mutter wird hinzugerufen. wegen über 10 min ununterbrochenen Hustens mit begleitendem Erbrechen und beginnender Atemnot erfolgt Transport mit Notarztwagen in die Kinderklinik dort Gabe von 100 ml Tee sowie 1 Teelö Teelöffel Dimethicon keine weiteren Beschwerden, nach 4 Stunden nach Hause entlassen. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 4 Fallbeispiel: Handspülmittel-Ingestion 25 j. Student trinkt nach Rü Rückkehr vom abendlichen Jogging 3 groß große Schluck eines Handspü Handspülmittels heftiger Husten über 30 min wegen beginnender Atemnot Notarztbehandlung: dort Entwicklung einer Lungenentzü Lungenentzündung mit hohem Fieber über 3 Tage ab Tag 4 langsame Besserung, Beatmung beendet nach 14 Tagen fast beschwerdefrei nach Hause entlassen. Intubation und Transport in die Klinik Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammenfassung: Tensid - Ingestion Ingestionen TensidTensid-haltiger Produkte sind sehr hä häufig, schwere Symptome treten selten auf. Symptome: Schleimhautreizung: Augenreizung: leichte Bindehautentzü Bindehautentzündung meist ohne Hornhautschä Hornhautschädigung MundMund- Rachenraum: wü würgen, brennen, speicheln MagenMagen- DarmDarm- Reizung: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall AtemwegsAtemwegs-Reizung: kurz anhaltender Hustenreflex Komplikation: Komplikation: Schaumaspiration Lungenentzü Lungenentzündung Symptome: anhaltender Husten, Atemnot, Atemnebengerä Atemnebengeräusche, Luftnot Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammenfassung: Tensid - Ingestion Therapie: Bei oraler Aufnahme und bewusstseinsklarem, symptomarmen Betroffenen Gabe von Flü Flüssigkeit (1 Glas Leitungswasser) Gabe von simeticonhaltigem Entschä Entschäumer Arztvorstellung bei Symptomen Bei starken Symptomen und suizidaler Einnahme größ erer Menge: Klinikeinweisung größerer Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 5 Simeticon / Polydimethylsiloxan Si Simeticon=aktiviertes O Dimetikon enthä enthält zusä zusätzlich Siliziumdioxid nicht toxisch, nicht resorbierbar Wirkung ist rein physikalisch, über die Reduzierung der Oberflä Oberflächenspannung Verwendung als Karmiativum bei Tensidingestion Si Si O n Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Säuren organische Sä Säuren Essigsä Essigsäure, Citronensä Citronensäure, ure, Maleinsä Maleinsäure z.B. in: Entkalkern fü für Kaffemaschinen , Badreinigern, WCWC- Reinigern anorganische Sä Säuren Salzsä Salzsäure, Phosphorsä Phosphorsäure, Salpetersä Salpetersäure … z.B. in: Spezialreinigern, gewerblich genutzte Reinigungsmittel, auslä ausländische Produkte (z.B. Porcö Porcöz) G e f ä h r d u n g : Haut– Haut– und Schleimhautreizend bis ätzend ! (<pH (<pH 2) (konzentrations(konzentrations- und pHpH-abhä abhängig !) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Laugen „Chlorbleichlauge“ Chlorbleichlauge“ Natriumhypochlorit (NaClO (NaClO)) in Sanitä Sanitärreinigern, Bleichmitteln (z. B. Domestos) Domestos) „NatronNatron-“ oder „Kalilauge“ Kalilauge“ (NaOH, NaOH, KOH) v. a. in Rohrreinigern, Backofenreinigern, Abbeizmitteln G e f ä h r d u n g : Haut –und Schleimhautreizend bis ätzend ! (konzentrations(konzentrations- und phph- abhä abhängig (>ph12 ) Laugen verursachen i.d.R. tiefergehende Gewebeschä Gewebeschädigungen als Sä Säuren (Kolloquationsnekrose) Kolloquationsnekrose) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 6 Fallbeispiel: Rohrreiniger-Ingestion 2 j. Junge wird von Groß Großmutter mit Flasche eines Rohrreinigers in der Hand aufgefunden er antwortet nicht auf Fragen und weigert sich den Mund zu öffnen bei Öffnen durch die Hand zeigt sich eine massiv geschwollene Zunge und ein gerö geröteter Rachen mit viel zähem Speichel Notarzt spü spült den Mund nach Gabe von Beruhigungsmitteln Kinderklinik: Speiserö Speiseröhrenspiegelung: Kehlkopf und Speiserö Speiseröhre unauffä unauffällig Abschwellen der Zunge nach 4 Tagen, keine (erkennbaren) Restschä Restschäden. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Fallbeispiel: Abbeizer-Ingestion 71j. Mann trinkt bei Renovierungsarbeiten im Hause seines Sohnes 2 krä kräftige Schluck eines Abbeizers (Ablaugemittel, Ablaugemittel, AmmoniumhydroxidAmmoniumhydroxid-Lösung) sung) aus einer ChiantiChianti-Flasche es kommt sofort zu heftigem Schmerzen, Husten und Erbrechen. Endoskopie: Schleimhautverä Schleimhautverätzungen im Mund/Rachen, Speiserö Speiseröhre und Magen; Pneumonie nach 48 h Kreislaufschock, Bauchfellentzü Bauchfellentzündung (Peritonitis) Tod nach 60 h im Kreislaufschock. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammenfassung Ingestion ätzender Haushaltprodukte Alkalien in Rohrreinigern, Abbeizern, Abbeizern, Backofenreinigern starke Säuren in gewerblichen Reinigern (oft werden umgefü umgefüllte Produkte ingestiert) ingestiert) Einstufung und Kennzeichnung: ätzend (Meldung nach §16e ChemG) Gefahr des Durchbruchs von Speiserö Speiseröhre oder Magen und bedrohlicher Kreislaufwirkungen Gefahr der dauerhaften Einengung der Speiserö Speiseröhre Gefahr schwerer Augenschä Augenschäden Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 7 Zusammenfassung Ingestion ätzender Haushaltprodukte Therapie: Therapie: Flü Flüssigkeitsgabe ggf. Kortison zum Abschwellen Schmerzmittel, Spiegelung vom MagenMagen- bzw. Speiserö Speiseröhre (diagnostisch), ggf. chirurgische Therapie bei Einengungen oder Perforation. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Dichlormethanhaltiger Abbeizer (+ 5 % Ameisensäure) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG > Ethanol Porcöz Rost- und Kalkreiniger 25 % Salpetersä Salpetersäure Legaleinstufung als „ätzend „ätzend““ z. T. korrekt gekennzeichnet z. T. mit „X“ (illegale Import?) verkauft vorwiegend an Bü Bürgerinnen und Bürgern mit tü türkischem Migrationshintergrund verwendet zur Reinigung & Entkalkung im Haushalt Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 8 Aktueller Anlass 15. Januar 2010: 22-j. Mä Mädchen trank aus Flasche mit „Porcö Porcöz“ („RostRost- und Kalkreiniger“ Kalkreiniger“) und erbrach kurz darauf blutig Endoskopie: schwere Verä Verätzung vom Rachen, Speiserö Speiseröhre, Magen und Zwö Zwölffingerdarm Nachverfolgung 16.: Pat. intubiert und beatmet, Blutung verringert, Hä Hämoglobinmoglobin-Abfall auf 7 g/dl, kreislaufstabil nach „Bluttransfusion“ Bluttransfusion“ Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Retrospektive Untersuchung • • • Januar 1996 - März 2010 alle im GIZGIZ-Nord erfassten Expositionsfä Expositionsfälle, bei denen „Porcö Porcöz“ als Teil des Produktnamens registriert worden war einschließ einschließlich der Fä Fälle, die primä primär vom GGIZ Erfurt im Rahmen des gemeinsamen Nachtdienstes beraten worden sind und vom GIZGIZ-Nord nachverfolgt wurden Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Ergebnisse 25 Expositionsfä Expositionsfälle mit Porcö Porcöz-Produkten 6 5 4 3 2 1 20 10 20 09 Q I / 20 08 20 07 20 06 20 05 20 04 20 03 20 01 20 02 20 00 19 99 19 98 19 97 19 96 0 Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 9 Ursachen (Beispiele) 2 x Babynahrung mit Entkalkerlö Entkalkerlösung (Verwechslung, 2 x symptomlos) 4 (5?) x Anwendung zusammen mit chlorhaltigem Reiniger (Fehlanwendung, 3 x mittelschwer, 1 (2) leicht) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammenfassung 25 Expositionsfä Expositionsfälle, davon 44 % mit stationä stationärem Behandlungsbedarf 2/3 Erwachsene, 1/3 Kinder Kinder sind vor allem durch Ingestionsunfä Ingestionsunfällen betroffen Erwachsene meist inhalativ exponiert, z. T. nach Fehlanwendung Anstieg der Fä Fälle 1. Quartal 2010 Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG severity vs. letal seve- mode- minor product group re rate lavatory cleaners 3 13 88 860 1 21 71 223 drain cleaners oven cleaners 1 7 23 158 manual dish 1 6 20 868 washing products all purpose 1 5 30 604 cleaners automatic dish 1 2 17 379 washing products descalers 1 10 666 industrial cleaners 8 32 118 4 9 320 laundry detergents glass cleaners 4 25 215 metal cleaners 4 20 109 3 7 59 shoe and leather care products front wall and 2 12 74 stone cleaners laundry additives 2 8 199 2 2 18 paint removers rinse aids for 1 7 206 dishwasher furniture care 1 5 73 products milking machine 18 41 cleaners soot removers 2 2 cleaners not 12 42 238 specified other cleaners 12 256 sum 9 97 457 5686 no 2132 81 254 3969 unSum of Intox known Expos. index*) 401 3485 2.9 % 137 17.4 % 534 76 519 6.0 % 243 5107 0.5 % 1639 212 2491 1.4 % 1675 144 2218 0.9 % 2781 49 1688 695 176 153 156 103 106 81 78 22 3614 310 2127 1020 387 244 0.3 % 12.9 % 0.6 % 2.8 % 6.2 % 4.1 % 51 52 191 7.3 % 616 34 594 78 9 57 903 65 865 1.1 % 6.2 % 0.9 % 132 39 250 2.4 % 16 33 108 16.7 % 7 278 7 160 18 730 11.1 % 7.4 % 697 17708 117 2311 1082 26268 1.1 % 2.1 % Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG IntoxIndex Porcöz: schwer + mittel ----------------alle Fälle = 44 % Im Vergleich sehr gefährliches Produkt 10 Ethanol häufigste Ursache akuter Vergiftungen weltweit Vorkommen: in alkoholischen Geträ Getränken in Haushaltschemikalien: Kosmetika (Parfum, Aftershave, Haarwasser) Haushaltsreinigern (Glasreiniger,Fleckentferner) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Ethanol: akute Toxizität Schwere Intoxikationen ab 22- bzw. 5 Promille zu erwarten. Rausch Narkose Übelkeit Erbrechen Aspirationsgefahr Atemdepression Erstickungsgefahr erweiterung) Vasodilatation (Gefäß (Gefäßerweiterung) Erfrierungsgefahr Hypoglykä Hypoglykämie (niedriger Blutzucker) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Ethanol Therapie Kinder. Reagieren schon auf geringe Mengen Ethanol mit Müdigkeit, Torkeligkeit oder „Übermut „Übermut““ wg. schleimhautreizender Wirkung meist nur geringe Aufnahme Zuverlä Zuverlässig hä häuslich überwachen und Gabe von zuckerhaltigen Geträ Getränken Ab 0.6 Promille überwachungspflichtig in Klinik Behandlung allgemein: Symptomatisch Dialyse mö möglich aber selten nö nötig. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 11 Ethanol: Chronische Toxizität Sucht Leberzirrhose (Risiko (Risiko ab [20[20-]40]40-60 g /Tag über 5 Jahre) Polyneuropathie / Encephalopathie () Magenschleimhautentzü Magenschleimhautentzündungen, Speiserö Speiseröhremblutungen Bauchspeicheldrü Bauchspeicheldrüsenentzü senentzündungen AlkoholAlkohol-Embryofetopathie (1 von 1000 Neugeborenen) Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Zusammenfassung Die versehentliche orale Aufnahme von WaschWasch- und Reinigungsmitteln gehö gehört zu den hä häufigsten Unfä Unfälle mit Haushaltschemikalien in Deutschland und weltweit. Am hä häufigsten sind Kinder zwischen 22-4 Jahren betroffen, ältere, demente Menschen haben ein erhö erhöhtes Risiko bei Exposition. Rein TensidTensid-haltige Mittel sind i.d.R. akuttoxikologisch harmlos - aber kö können u.U.selten einen schweren Verlauf zeigen. Schwere Unfä Unfälle durch Reinigungsmittel werden durch stark saure oder alkalische Produkte und durch Umfü Umfüllen verursacht. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG Prävention Prä Präventionsmaß ventionsmaßnahmen zur Verhü Verhütung der Ingestion im Haushalt und Sicherheit der Produkte (Inhalt und Verpackung) durch Herstellerinitiative sind wichtige Maß Maßnahmen zur Vermeidung von Intoxikationen mit Haushaltschemikalien. Haushaltschemikalien, Elke Färber, 06. September 2010 © UMG 12 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit 13