HP_01_08_Titelthema_Öffentlichkeitsarb.

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HP_01_08_Titelthema_Öffentlichkeitsarb.
Öffentlichkeitsarbeit
So entwickeln Sie eine PR-Strategie für Ihren Pflegedienst
Tue Gutes und rede darüber
Viele Pflegedienste trauen sich nicht heran an das Thema Öffentlichkeitsarbeit – nicht jeder ist
schließlich ein Medienprofi. Wer aber die Möglichkeiten von Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit professionell nutzt, dem bringen größere Bekanntheit und ein gutes Image schon bald
mehr Kunden.
Von Marion Seigel
U
Der Auftritt im
Internet ist für
einen Pflegedienst ideales
Schaufenster
und eine überzeugende Visitenkarte zugleich.
Foto: imago
nsere Kunden bekommen wir über Mund-zuMund-Propaganda“ – besser lässt sich erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit nicht definieren. Kann
ein Pflegedienst auf diese Weise und auf Dauer genügend Neukunden gewinnen, dann hat er eigentlich alles richtig gemacht. Denn gute Leistung erhält nicht
nur den bestehenden Kundenstamm, sondern spricht
sich auch herum.
Keinesfalls aber darf diese Aussage nun zum Umkehrschluss führen: „Wer durch Mund-zu-Mund-Propaganda nicht ausreichend Kunden gewinnt, leistet
schlechte Arbeit und das spricht sich ebenfalls herum.“
Wenn ein Pflegedienst nur schwer Neukunden gewinnt, kann das ganz unterschiedliche Gründe haben:
Die Konkurrenz in Ballungsräumen ist größer als in
ländlichen Gebieten, auf dem Land kommunizieren die
Menschen anders als in der Stadt. Die Größe eines Pflegedienstes, sein Leistungsspektrum, seine Personalstruktur, die Einstellung seiner Mitarbeiter – auch das
sind Einflussgrößen, die die Bekanntheit und den Ruf,
das Image eines Dienstes gestalten. Einem Pflegedienst-Betreiber muss es also gelingen, diese so unterschiedlichen Faktoren zu steuern und so das Interesse
und Vertrauen seiner Zielgruppe zu gewinnen.
Wird sie richtig eingesetzt, kann Öffentlichkeitsarbeit
im Bereich der ambulanten Pflege eine Menge leisten,
um die Kundenakquisition zu erleichtern:
• die Dienstleistungen des Pflegedienstes, die Erfolge
seiner Arbeit und die Leistungsbereitschaft seiner
Mitarbeiter möglichst vielen Menschen bekannt machen,
• für das Thema der Häuslichen Pflege möglichst viele Menschen interessieren
• und dabei ganz allgemein eine Atmosphäre hoher
Akzeptanz für ambulante Pflegedienste schaffen.
Aber PR- bzw. Öffentlichkeitsarbeit ist auf Dauer nur
wirksam, wenn sie glaubwürdig ist. Dazu ein Beispiel:
Wer auf Anfragen nach Informationsmaterial oder auf
Bitten um Rückrufe nur schleppend reagiert, gilt bald
als unzuverlässig – daran können
auch der seriöse Internet-Auftritt
oder teure Werbeanzeigen kaum etwas ändern. „Rede darüber“ reicht
also nicht, wenn die Voraussetzungen schon grundsätzlich nicht
stimmen. Ein gutes Image bekommt ein Unternehmen nicht allein durch seine PR-Arbeit, denn
die kritische Öffentlichkeit erkennt
schnell bloße Schönfärberei und
wendet sich lieber Mitbewerbern
zu, die halten, was sie versprechen.
Erschaffen Sie eine
Unternehmensidentität
Die Bekanntheit und der Ruf eines
Pflegedienstes hängen also ab von
seiner Glaubwürdigkeit: Das Innenleben bestimmt die Außenwirkung.
Werber und Marketingleute sprechen in diesem Zusammenhang
auch von der Corporate Identity
(CI) eines Unternehmens, von seiner Unternehmenskultur. Sie ent-
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Januar 2008_Häusliche Pflege
steht aus ineinandergreifenden Komponenten und
gründet auf einem Leitbild – bestehend aus Leitidee,
Leitsätzen und einem Motto. Diese sollen die Basis bilden für das Verhalten seiner Mitarbeiter, ihre Kommunikation untereinander und nach außen. Das klingt
nun alles ziemlich kompliziert, ist aber in der Regel
schneller im Alltag angekommen als man glaubt –
wenn die Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.
Auf die Grundlagen der CI wird das Corporate Design (CD) abgestimmt. Dazu gehören die Geschäftsausstattung (Briefpapier, Visitenkarten), Werbefolder,
Broschüren, Anzeigen, Fahrzeuggestaltung, Dienstkleidung usw. Äußere Kennzeichen wie etwa einheitliche Kleidung oder eine Hausfarbe erleichtern wiederum den Mitarbeitern die Identifizierung mit ihrem
Unternehmen, was im Idealfall allmählich zu einer Art
Markenbildung führt.
Hat sich ein Produkt oder eine Dienstleitung zu einer
Marke mit Wiedererkennungsfaktor etabliert, steigt
auch die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden „von ganz
alleine“ kommen, immer vorausgesetzt, dass die Marke auch dauerhaft hält, was sie verspricht.
Zu den positiven Auswirkungen einer glaubwürdigen
Unternehmenskultur gehört außerdem, dass automatisch die Mitarbeiterzufriedenheit steigt – und damit
sinkt erfahrungsgemäß die Fluktuation. Außerdem
spricht auch das sich herum, so dass sich vermehrt
qualifizierte Mitarbeiter bewerben – möglicherweise
gar unzufriedene Angestellte aus Konkurrenzunternehmen.
Alle Maßnahmen sind Chefsache
Diese Zusammenfassung zum Thema Corporate Identity zeigt vor allem zwei Dinge: Erstens ist der Weg zur
glaubwürdigen Unternehmensidentität ein längerer
Prozess – von der Entwicklung von Unternehmensgrundsätzen bis zu ihrer Umsetzung. Zweitens aber
bieten gerade Pflegedienste die idealen Voraussetzungen für die Entwicklung einer nach innen und außen
wirkenden Unternehmenskultur.
Denn die Inhaber von Pflegediensten haben in der
Regel ihr ganz persönliches Leitbild, ihre eigene Einstellung im Umgang mit Kunden gefunden und meist
auch schon im Pflegeleitbild fixiert. Nicht selten steck왘 Problem + Lösung
Problem: Der Wettbewerb in der ambulanten Pflege verschärft sich zusehends. Neben anderen Pflegediensten werben auch Billiganbieter um die Kundengunst. Für Unternehmen wird es immer schwieriger, sich von Mitbewerbern, deutlich sichtbar für
die Kundenzielgruppe, abzuheben.
Lösung: Pflegedienst-Verantwortliche sollten alle
Möglichkeiten von Öffentlichkeitsarbeit und Public
Relations, Werbung und Marketing nutzen. Die
Investition von Zeit und Geld in die Weiterentwicklung des Pflegedienstes zur Marke zählt zu den
wichtigsten Management-Aufgaben, um langfristig
zu bestehen. Wichtig: Das Markenversprechen muss
auch tatsächlich eingehalten werden!
Häusliche Pflege_Januar 2008
왘 Begriffsklärung
• Werbung (früher Reklame): Umfasst Anzeigen in
Zeitschriften, Zeitungen, Werbespots im Fernsehen
und Kino, auf Internetbannern und Plakaten, an
Hauswänden und Fahrzeugen. Wir finden sie auf
Produkten und Aufklebern, in Broschüren, Prospekten, Katalogen, Werbebriefen und Wurfsendungen.
Werbung arbeitet mit Assoziationen, einer besonderen Bildersprache und ist ganz simpel erkennbar an
der direkten Werbeansprache: „Kaufen Sie!“ oder
„Entscheiden Sie sich für unsere Dienstleistung!“.
• Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations ist, Kontakte zwischen einem Auftraggeber
und einer zuvor definierten Zielgruppe herzustellen
und zu festigen, Die Arbeitsweise ist subtiler, indirekter als Werbung, verfolgt aber natürlich das gleiche Ziel. Hier geht es z. B. darum, positive Anlässe
zu schaffen, die die Aufmerksamkeit bei Presse und
Öffentlichkeit erregen.
• Die Presse mit Meldungen über diese Anlässe zu
informieren, Pressevertreter einzuladen und zu
betreuen, Interviews zu vermitteln usw., das gehört
ins Aufgabengebiet von Pressearbeit.
• Marketing ist ein Sammelbegriff: Hier tummeln
sich alle Maßnahmen zur Entwicklung und Vermarktung von Produkten oder Dienstleistungen. Ein gutes Marketing-Konzept bündelt also PR-Aktivitäten
mit klassischen Werbemitteln auf eine Weise, dass
sich alle eingesetzten Mittel ergänzen und verstärken. Dabei arbeitet Marketing u. a. mit dem Mittel
des „Branding“: Das ist nichts anderes als die
Entwicklung einer Marke, um das eigene Produkt
oder die Dienstleistung von der gleichartigen oder
gleichwertigen Konkurrenz deutlich abzugrenzen.
Nicht nur ein Waschmittel kann also zur Marke
werden, auch ein Pflegedienst kann sich dieses
Prinzip zunutze machen und sich damit von der
Konkurrenz abgrenzen, im besten Fall sogar aus
dem Feld der Mitbewerber sichtbar herausragen.
Das
Verhalten
der Mitarbeiter in der
Öffentlichkeit muss
trainiert
werden.
te hinter der Gründung eines Pflegedienstes ja der
Wunsch, es anders zu machen als bisher erlebt und
pflegebedürftigen Menschen z. B. mehr zu bieten als
„satt und sauber“. Und schließlich: Alle Maßnahmen,
die in einem Pflegedienst der Qualitätssicherung, dem
Qualitätsmanagement gewidmet sind, zählen bereits zu
den klassischen Elementen einer CI-Bildung.
Das zeigt deutlich, worauf es vor allem ankommt bei
der Entwicklung und Umsetzung einer CI und bei den
Maßnahmen für die Öffentlichkeitsarbeit: Dieses Arbeitsgebiet muss allein Chefsache bleiben – in inhabergeführten Pflegediensten allerdings keine leichte
Aufgabe zusätzlich zum turbulenten Alltagsgeschäft.
Da ist gut beraten, wer sich professionelle Unterstützung sucht. Zudem kann ein neutraler Blick von außen
mögliche Fehleinschätzungen korrigieren.
Ist eine Strategie festgelegt, werden auch die Mitarbeiter einbezogen in den weiteren Prozess. Denn sollen sie sich mit dem Unternehmen identifizieren, müs-
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Öffentlichkeitsarbeit
왘
Praxis-Interview
„Man muss den Mitarbeitern Gestaltungsspielräume lassen“
Seit 14 Jahren ist Gonda Bauernfeind mit ihrem Pflegedienst in Hamm und Umgebung auf dem
Markt – mit Erfolg, wie sie sagt. Garant des Erfolges sei, dass die Mitarbeiter für Angebote und
PR-Aktionen, die sie selbst mit erarbeitet haben, in der Öffentlichkeit persönlich in Verbindung
gebracht werden – etwa mit ihrem Foto im entsprechenden Flyer. Das Management müsse
lernen, Aufgaben zu delegieren und Mitarbeitern zu vertrauen, sagt Bauernfeind.
Gonda
Bauernfeind,
ist Inhaberin
des Pflegedienstes Bauernfeind mit
Stationen in
Hamm, Windeck, Wissen
und Eitorf.
Fotos: privat
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HÄUSLICHE PFLEGE: Worin hebt sich Ihr Pflegedienst von Mitbewerbern ab, Frau Bauernfeind?
Gonda Bauernfeind: Was uns von anderen vor allem
abhebt, ist, dass wir den Bereich der Patientenedukation sehr intensiv und pragmatisch ausleben. Wir
haben den Ansatz in unserem Pflegedienst schon sehr
weit implementiert, dass wir Kunden selbst befähigen
wollen, sich zu helfen. Wir haben damit einen Perspektivenwechsel vorgenommen: Wir wollen nicht in
erster Linie versogen und umsorgen, sondern unsere
Kunden zur Selbstständigkeit anleiten, zur Selbstpflege. Wir wollen also den hilfebedürftigen Menschen
oder seine Bezugsperson selbst befähigen. Das Ziel dabei ist, die Lebensqualität der betroffenen Menschen zu
erfassen und zu steigern. Wir sind nicht darauf aus, die
Menschen alle als direkte Kunden für unseren Pflegedienst zu gewinnen. Vielmehr wollen wir eine auf die
individuelle Lebenssituation des betroffenen Menschen
angepasste edukative Intervention anbieten. Das können Informationen sein, individuelle Schulungen, Beratungsgespräche und praxisnahe Anleitungen. Bei all
diesen Aktionen ist uns wichtig, dass wir keine Abhängigkeit vom Pflegedienst erzwingen wollen – weder
im SGB XI- noch im SGB V-Bereich.
Bauernfeind: Bei dieser Ausrichtung ist es wichtig,
Netzwerke zu bilden. Es muss zu einem interprofessionellen Zusammenspiel kommen. So arbeiten wir
z. B. intensiv mit u. a. Podologen, Optikern, Apotheken zusammen.
Wir heben uns mit diesem Ansatz ab, weil viele andere ambulante Pflegedienste die Zeichen der Zeit noch
nicht erkannt haben. Viele sind noch nicht bereit dazu,
ihr Angebotsprofil zu verändern, ihre Leistungen umzustellen. Dabei sollten sich Pflegedienste verstärkt vor
Augen führen, was etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt: Nämlich, dass es der gesellschaftliche Auftrag der Pflege ist, dem einzelnen Menschen,
der Familie und ganzen Gruppen dabei zu helfen, ihr
physisches, psychisches und soziales Potenzial zu bestimmen und zu verwirklichen, und zwar in dem anspruchsvollen Kontext der Lebens- und Arbeitsumwelt
der Menschen. Hierzu passt auch, dass der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen in seinem jüngsten
Gutachten den Neuzuschnitt der Aufgabenverteilung
und Kompetenzen der Pflegeberufe vorgeschlagen hat.
Es ist festzustellen, dass es auch politisch gewollt ist,
dass wir mit unserer Fachexpertise als Berater für die
Menschen bereitstehen.
Wie setzen Sie diesen Ansatz der Hilfe zur Selbstpflege in der Praxis um?
Wie wichtig ist PR-Arbeit für Ihren Pflegedienst?
Bauernfeind: PR-Arbeit ist sehr wichtig. Sie muss stra-
sen alle Beteiligten von der dahinterstehenden Grundidee, den Leitsätzen hinreichend überzeugt sein. In
Themengesprächen und Mitarbeiter-Schulungen sollen
alle Gesichtspunkte der internen und externen Kommunikation erfasst und für das Verhalten entsprechende Regeln erarbeitet und vermittelt werden – stets den
zuvor erstellten Leitsätzen folgend.
So gilt es z. B., den richtigen Umgang mit Beschwerden wieder und wieder zu trainieren, ebenso das Verhalten am Telefon. Es müssen auch Strategien entwickelt werden, um etwa die Reaktionszeiten auf Anfragen möglichst kurz zu halten. Das Verhalten der
Mitarbeiter in der Öffentlichkeit muss thematisiert und
trainiert werden. Mögliche Bonusprogramme motivieren bei der praktischen Umsetzung ungewohnter Reformen.
So wird der Pflegedienst zur Marke
Die Unternehmenskultur (CI) und CD, das wohldurchdachte und gut konzipierte einheitliche Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit sind also die Schlüssel zur
Markenbildung. Aber auch die Ausrichtung eines
Unternehmens ist wesentlicher Bestandteil eines Markenkonzepts. So kann die Konzentration auf besondere Stärken oder das Angebot spezieller Serviceleistungen den einen Anbieter vom anderen unterscheiden.
Und dies ist gerade für Pflegedienste eine große Chance. Was nämlich für die meisten Dienstleistungsunternehmen anderer Branchen gilt, spielt bei Pflegediensten eigentlich keine Rolle: Sie können sich gegenüber
Mitbewerbern kaum über Preis oder Leistungen abgrenzen – Gebührenordnungen und Leistungskataloge
lassen dies kaum zu. Zudem müssen sich Pflegediens-
Januar 2008_Häusliche Pflege
tegisch gut durchdacht angegangen werden. Ohne PR
erfährt ja niemand, was wir anders machen als andere! Wir zum Beispiel setzen uns am Jahresende zusammen und werten aus, welche Maßnahmen erfolgreich waren und welche nicht. Und dann legen wir unseren Maßnahmenplan und das Budget für das
kommende Jahr fest. Weil PR- und Öffentlichkeitsarbeit
ein so wichtiges Thema ist, haben wir eine eigene Arbeitsgruppe zu diesem Thema in unserem Unternehmen. Die AG trifft sich regelmäßig, bearbeitet also kontinuierlich das Thema Öffentlichkeitsarbeit.
Wenn man den Bereich PR und Öffentlichkeitsarbeit
angeht, muss man vorab kalkulieren, welche finanziellen Ressourcen man aufwenden kann und muss.
Auch eine Marktanalyse in der Region, in der man mit
seinem Pflegedienst tätig ist, ist wichtig. Denn bevor
man eine eigene Strategie startet, sollte man wissen,
welche Strategien die Mitbewerber fahren!
Welche Instrumente von PR- und Öffentlichkeitsarbeit
sehen Sie als sinnvoll und praktikabel für einen Pflegedienst an?
Bauernfeind: An erster Stelle steht die berühmte Mundzu-Mund-Propaganda über Mitarbeiter, Beratungsgespräche, vom Pflegedienst selbst ausgehend. Man muss
darin investieren, im Gespräch zu bleiben. Man muss
Netzwerke knüpfen, miteinander reden und profitieren
und ganz wichtig: auch andere profitieren lassen!
Man muss als Pflegedienst Präsenz zeigen, also zum
Beispiel an regionalen Veranstaltungen teilnehmen, an
Märkten, an Leistungsschauen, auf Gesundheitsmessen.
Eine gute Möglichkeit, sich bei Bürgern ins Gespräch
zu bringen, sind Informationsveranstaltungen. Die
kann man zu ganz unterschiedlichen Themen selbst
veranstalten, zum Beispiel zum Thema Cholesterin,
zur Pflegebedürftigkeitseinstufung, zum Bluthochdruck
oder zum Thema gesunde Ernährung. Dann schaut
man, welche Themen man selbst mit Referenten
besetzen kann und lädt ggf. auch Experten von Netz-
te überzeugend gegen Billigbetreuungsangebote von
Anbietern aus Osteuropa durchsetzen. Um ein besonderes Profil für den eigenen Pflegedienst zu entwickeln, muss die soziale Dienstleistung „Pflege“ deshalb
erkennbar anders erbracht werden, als es die Konkurrenz tut:
• Den Unterschied markieren z. B. Angebote für
Serviceangebote zusätzlich zur Pflege etwa für
Selbstzahler: Neben Fußpflege und Friseur z. B. auch
Hausmeisterdienste, Garten-, Einkaufs-, Hol-, Bring, Begleit-, Vorlese-, Frühstücks-, Aufsteh- oder Zubettbring-Service.
• Alle Aspekte umfassender Pflegeberatung sind ebenfalls probate Mittel einer Profilierung: Als Anbieter
von Kursen für pflegende Angehörige überzeugt der
Pflegedienst durch seine Kompetenz. Ebenso denk-
Häusliche Pflege_Januar 2008
werkpartnern ein, so dass zum Beispiel ein Apotheker
zum Thema Cholesterin einen Vortrag hält.
Auch sollte man versuchen, regelmäßig mit verschiedenen Themen in der lokalen Presse vertreten zu
sein. Man kann zum Beispiel anbieten, regelmäßig eine
Rubrik für eine Gesundheitsseite beizusteuern, unter
der dann der Name des Pflegedienstes steht.
Und natürlich ist eine professionell gestaltete Homepage ganz wichtig. Sie sollte übersichtlich sein, einen
echten Eindruck davon vermitteln, welche Personen
für den ambulanten Pflegedienst stehen und dazu Lust
machen, bei Bedarf Kontakt mit dem Pflegedienst aufzunehmen.
Kann eine funktionierende Unternehmenskultur die
Mitarbeiterzufriedenheit steigern?
Bauernfeind: Ja, natürlich. Und ein wichtiges Indiz einer intakten Unternehmenskultur ist es, den Mitarbeitern sehr viele Fortbildungsmöglichkeiten anzubieten.
Wir haben, gemeinsam mit den Mitarbeitern, einen
ganzen Fortbildungskatalog erstellt, aus dem sie auswählen können. Unsere Mitarbeiter wissen, dass wir
„State of the Art“ leben. Das hat zur Folge, dass sie
sich sicher fühlen. Wir haben wenig bis keine Mitarbeiterfluktuation zu verzeichnen.
Und wenn Mitarbeiter uns doch verlassen müssen,
etwa weil sie umziehen mussten, dann trauern uns
einige richtig nach. Die rufen dann hier an und erzählen von unglaublichen Arbeitsbedingungen, die ich gar
nicht im Einzelnen hier benennen möchte. Fakt ist,
dass einige Mitarbeiter sehr weite Arbeitswege in Kauf
nehmen, um hier zu bleiben.
Wie begeistern Sie die Mitarbeiter, mit an einem positiven Image des Pflegedienstes zu arbeiten?
Bauernfeind: Vor allem durch viele Fortbildungen, wie
gesagt. Wir zeigen damit, wie wichtig es uns ist, am
Puls der Zeit zu sein. Wichtig ist auch, dass wir den
Mitarbeitern vertrauen und ihnen Kompetenzen zuge-
왘
bar sind Beratungsstunden in Krankenhäusern, Informationsveranstaltungen an Volkshochschulen
usw.
• Die verschärfte Konkurrenz etwa in Großstädten legt
oft eine Fokussierung auf Teilbereiche der Pflege nahe: Ein Dienst kann sich hier profilieren über eine
Spezialkompetenz wie etwa Kinderkrankenpflege,
Pflege Schwerstbehinderter, psychosoziale Betreuung, Betreuung von Aidskranken, Beatmung, Palliativpflege usw.
Wege an die Öffentlichkeit und zu Kunden
Wird der Prozess der Profilierung oder Markenbildung
nicht von Beginn an von Öffentlichkeitsarbeit begleitet,
dann werden die Veränderungen auch nicht wahrgenommen und honoriert. Die Frustration bei Pflege-
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Öffentlichkeitsarbeit
Praxis-Interview
„Alle fühlen
sich als Teil
eines Ganzen.”
stehen. Sie bringen so selbst sehr viel ein zu verschiedenen Angeboten und Veranstaltungen, mit denen wir
uns in der Öffentlichkeit präsentieren. Damit das funktioniert, muss man als Management-Verantwortliche
lernen, Dinge zu delegieren und dann auch mit den Resultaten, die dabei rauskommen, zufrieden zu sein.
Denn Mitarbeiter machen Dinge natürlich anderes, als
man sie selbst machen würde. Sie äußern sich vielleicht zu einem Thema oder einer Veranstaltung gegenüber der Presse anders, als man es selbst gemacht hätte. Das muss man aber lernen zu akzeptieren, man
muss den Mitarbeitern Gestaltungsspielräume lassen,
dann sind sie auch engagiert bei der Sache!
In der „AG Werbung“ zum Beispiel planen Mitarbeiter selbstständig die Durchführung von zuvor mit der
Leitung vereinbarten Aktionen. Aus der Leitung muss
man natürlich Kompetenzen vorab verteilen. Dass die
Mitarbeiter für ihre Ideen und Angebote stehen, sieht
man auch daran, dass sie auf den Flyern abgebildet
sind, mit denen dann zum Beispiel ein neues Angebot
beworben wird – und nicht die Leitung.
Wie merken Sie, dass Ihre Mitarbeiter die Unternehmensphilosophie mittragen und sich identifizieren?
Bauernfeind: Das merke ich vor allem daran, dass sie
ohne Zwang arbeiten. Denn bei vielen neuen Ideen
bringen sie sich auch mit viel ehrenamtlichem Engagement ein. Dass die Mitarbeiter mit mir an einem
Strang ziehen, merke ich auch daran, dass sie an Fortbildungen gerne teilnehmen und dass sie sich freuen,
wenn es neue Fortbildungsangebote gibt. Andere An-
dienstbetreibern und ihren Mitarbeitern ist dann groß,
der Rückfall in frühere Muster droht. Die noch nicht
selbstverständlichen neuen Regeln werden vernachlässigt, weil schlicht die Motivation dazu fehlt. Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit erreicht nicht nur, dass die
anvisierten Zielgruppen den Pflegedienst besonders
wahrnehmen. Die neue Aufmerksamkeit macht sich
wiederum bei den Mitarbeitern bemerkbar: Mit diesem
guten Erscheinungsbild, mit dieser „positiv besetzten
Marke“ identifiziert sich jeder gerne.
Deshalb müssen schon in der Planungsphase einer
Neuorientierung auch die Zielvorgaben für PR-Arbeit
klar formuliert sein. Welches ist die Zielgruppe? Wie
erreicht man diese Zielgruppe? Was soll vermittelt werden? Welche Möglichkeiten sind auch mit einem begrenzten Budget sinnvoll? Die Kommunikationswege
sind vielfältig, und es gibt kein Patentrezept für eine
bestimmte Vorgehensweise. Folgende Möglichkeiten
aber lassen sich optimal für Pflegedienste nutzen, um
die Öffentlichkeit zu erreichen:
Eine bei vielen Pflegediensten noch immer völlig
unterschätzte Form der Kommunikation ist die über
das Internet: Die Information über das Unternehmen
und die optimale Eigendarstellung auf der eigenen
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zeichen bekommt man unterschwellig im Arbeitsalltag
mit: Ich sehe, dass die Mitarbeiter viel miteinander reden, sie kommunizieren, tauschen sich fachlich aus
und dass sie zum Beispiel den Kopf schütteln, wenn sie
von Kollegen erfahren, wie in anderen Einrichtungen
gearbeitet wird.
Dass wir alle zusammen erfolgreich sind, liegt auch
daran, dass bei uns ein Gedanke immer präsent ist:
Wir arbeiten alle in einem Team, und alle fühlen sich
als Teil des Ganzen.
Dass die Mitarbeiter hinter dem Pflegedienst und
seinen Angeboten stehen, mache ich in der Praxis auch
daran fest, dass sie sich freuen, selbst die Flyer für
neue Angebote oder Veranstaltungen zu verteilen. Die
haben sie selbst erstellt und sie sind selbst mit ihrem
Foto auf den Flyern abgebildet – und sie freuen sich,
wenn sie darauf angesprochen werden.
❚
Interview: Darren Klingbeil
왘 Info + Kontakt
Informationen zum Pflegedienst von Gonda
Bauernfeind finden Sie im Internet: www.pflege
dienst-bauernfeind.de
Homepage. Der Auftritt im Internet ist für ein Unternehmen ideales Schaufenster und eine überzeugende
Visitenkarte zugleich und bietet mehr Informationen
als Werbefolder und Informations-Faltblätter – immer
vorausgesetzt, dass die kundenfreundlich konzipierte
Website seriös und kompetent informiert. Eine wwwAdresse ist außerdem inzwischen ein Zeichen selbstverständlicher Professionalität für Kunden und Kooperationspartner.
Die Pflegedienst-Homepage eröffnet vielfältige Möglichkeiten zur Vernetzung mit Pflegeportalen und Pflegedienst-Verzeichnissen im Internet. Sie ist rund um
die Uhr Anlaufstelle für die rasant wachsende Zahl der
sogenannten Silversurfer – Menschen zwischen 55 und
80 Jahren mit hohem Informationsbedarf und Begeisterung für das Internet. Zusätzlich lässt sich die Website nutzen als Plattform, um Aktionen und Veranstaltungen vorzustellen und um für sie zu werben. Die Ergebnisse gelungener Pressearbeit, wie etwa der Artikel
in der Regionalpresse über das Pflegedienst-Sommerfest mit Angehörigen, können dort präsentiert werden.
Wer also seine Homepage geschickt nutzt, bekommt
ein wertvolles Mittel zur Kundengewinnung in die
Hand – je nach regionaler Bekanntheit und abhängig
Januar 2008_Häusliche Pflege
vom Grad der Vernetzung im Internet erhält ein Pflegedienst regelmäßig Anfragen über seine Website. Dabei handelt es sich um Interessenten, die sich bereits
gut informiert fühlen und von der Seriosität des Pflegedienstes überzeugt sind: Beispielsweise weit entfernt
lebende Angehörige, die für einen Verwandten den passenden Pflegedienst in seiner Umgebung suchen.
Aber auch in der modernen Kommunikationswelt ist
die traditionelle Kultur der Kontaktpflege eine unerlässliche Methode, ins Gespräch zu kommen und damit Kunden zu gewinnen. Wer sich ein Netzwerk
schafft aus Kontakten und Kooperationen etwa zu Ärzten, Therapeuten, Krankenhäusern, Hospizen und Palliative-Care-Diensten und dieses gut pflegt, wird als angesehener Pflegepartner gerne weiterempfohlen.
Der Weg, über die Presse die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erreichen, ist nur dann ratsam, wenn es
etwas Substantielles mitzuteilen gibt. Ein Pflegedienst
muss also permanent Anlässe schaffen, um zum Gesprächsthema und so auch für die Lokalpresse interessant zu werden. Solche Gelegenheiten bieten Veranstaltungen wie
• Jubiläumsfeier, Sommerfest, Tag der offenen Tür
oder auch der runde Geburtstag einer langjährigen
und betagten Kundin,
• besonderes Engagement oder öffentliches Auftreten
im Rahmen von Veranstaltungen der Gemeinde oder
des Stadtteils,
• Einladungen zur Netzwerkveranstaltungen mit
Kooperationspartnern,
• Informationsabende für Angehörige von pflegebedürftigen Menschen oder Pflegeberatungsaktionen in
Krankenhäusern,
• mehrteilige Schulungen für pflegende Angehörige.
Aus dem Feld der Mitbewerber herausragen
„Mund-zu-Mund-Propaganda“ kommt nicht aus dem
Nichts, sondern ist das Ergebnis einer guten Öffentlichkeitsarbeit – wie auch immer diese im Einzelfall
aussieht. Je stärker der Konkurrenzdruck, desto wichtiger wird es für Pflegedienste, neue Wege und Möglichkeiten zu finden, aus dem Feld der Mitbewerber
herauszuragen, ein eigenes Profil zu entwickeln. Auf
keinen Fall geht dies ohne besonderes Engagement, es
kostet Zeit und ist auch leider nicht umsonst zu bekommen. Maßnahmen, die für eine erfolgreiche Kundengewinnung sorgen, sind aber eine lohnende Investition. Denn nur sie sichern langfristig die Existenz des
eigenen Pflegedienstes.
❚
Mehr zum Thema
Im Beitrag „Zeigen Sie Präsenz im Netz!“ von
Andreas Heiber, erschienen in HÄUSLICHE PFLEGE
8_2007, Seite 16 ff.
Häusliche Pflege_Januar 2008
왔
Marion Seigel
ist Journalistin,
PR-Beraterin
und Inhaberin
der Serviceagentur carecomm-Web,
Werbung, Presse & PR für ambulante Pflegedienste. Informationen im
Internet:
www.carecomm.de
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