100 Jahre Seipp
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100 Jahre Seipp
100 Jahre Seipp 100 Objekte aus 100 Jahren Publiziert anläßlich der Jubiläumsausstellung „100 Jahre Seipp. 100 Objekte. 100 Tage“. Von Seipp Wohnen. Waldshut-Tiengen. August 2002. 1902 2002 100 Jahre Seipp 100 Jahre, ein ganzes Jahrhundert, das ist mehr als ein langer Zeitraum, das ist schon Geschichte. Seit 100 Jahren verkauft die Familie Seipp, inzwischen in der 4. Generation, Möbel und Einrichtungsgegenstände, berät und betreut ihre Kunden. Das ist unser kleines Stück Geschichte in der großen Weltgeschichte. Das ist auch der Anlaß zu diesem kleinen Buch. Es begleitet die Jubliäumsausstellung, die vom 1. August bis zum 30. November 2002 bei Seipp in Tiengen zu sehen ist. Aus „unseren“ 100 Jahren möchten wir erzählen, aus unserem Metier – von der Geschichte des Designs. Die große Ausstellung „Design, miroir du siécle“ (Design, Spiegel des Jahrhunderts) im „Grand Palais“ in Paris prägte bereits 1993 den Begriff Jahrhundert des Designs. Unser Buch soll kein Geschichtsbuch sein und will nicht mit wissenschaftlichen Werken in Wettbewerb treten. Impressum Konzept: Doris Gaßmann. Hamburg. Inge Seipp. Rheinheim Text: Ulla Rogalski. Berlin Lektorat: Nina Kuhn. Hamburg Graphic Design: H.J. Fladda. Stuttgart Druck: Grieshaber. Blumberg Unsere Auswahl von 100 Gegenständen dokumentiert unseren ganz persönlichen Blick in die Designgeschichte. Jedes Stück steht für ein bestimmtes Jahr, meist als Entwurfsjahr. 1902 2002 100 Jahre Seipp Nur in Kriegszeiten mußten wir manchmal etwas flexibler mit der Zuordnung umgehen. Oft sind es nicht die „bekannten Kinder“ ihrer Zeit, die aus vielen Publikationen und Schaufenstern bekannt sind. Die Auswahl haben wir auf unsere Art getroffen, so wie wir beraten, planen und einrichten. Es sind Stücke, die wir persönlich schätzen, die wir für bemerkenswert halten. Jedes Stück hat seine Geschichte. Ein paar schöne, überraschende oder auch witzige kannten wir schon, viele mehr haben wir bei unserer Recherche entdeckt, und manche haben unsere Geschäftsfreunde und Partner beigetragen. Ob nun alle wahr sind, können wir nicht genau wissen. Aber eine alte Überlieferung hat ja auch ihren Reiz. In jedem Falle haben wir intensiv und ernsthaft recherchiert und hoffentlich nur aus seriösen Quellen geschöpft. Allen sei Dank für die engagierte Unterstützung. Wir wünschen viel Vergügen beim Lesen. 1902 Die Geburtsstunde des Teddybären: Margarete Steiff näht das erste Plüschtier, einen Bären mit beweglichen Armen und Beinen, später benannt nach Teddy (Theodore) Roosevelt. Der katalanische Architekt Antoni Gaudí, dessen 150ster Geburtstag gerade gefeiert wird, hat einen ganz eigenen Stil entwickelt. Seine berühmtesten Bauten, die drei Appartmenthäuser Casa Calvet, Casa Milà und Casa Batlló, der Parque Güell und die unvollendete Kirche La Sagrada Familia in Barcelona zeugen davon. Sein Formenrepertoire ist weich, fließend, mythologisch inspiriert. In die Oberflächen inkrustiert er oft Keramikfragmente und Fundstücke wie fehlgebrannte Ziegel oder unbehauene Steine. Einige der Möbel für die Casa Calvet werden heute wieder hergestellt. Sie haben über ein Jahrhundert ihren magischen Reiz bewahrt. Spiegel und Stuhl „Calvet“ Entwurf: 1902 Design: Antoni Gaudí (1852 Reus - 1926 Barcelona) Hersteller: b.d. Ediciones (E) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1902: Karl Seipp gründete eine Sattlerei und Polsterei im hessischen Lollar. 1903 In Deutschland wird die Kinderarbeit verboten. „Quadratl-Hoffmann“ wurde der Mitbegründer der „Wiener Werkstätten” zu seiner Zeit genannt. Sein Ideal waren Gesamtkunstwerke, in denen alles komplett durchgestaltet war, von der Fassade über die Türklinke bis hin zu Porzellan und Glas. Der Sessel wurde für das Sanatorium Purkersdorf bei Wien entworfen, das Josef Hoffmann und Koloman Moser, ebenfalls Mitbegründer der „Wiener Werkstätten“, gemeinsam realisierten. Sessel „Purkersdorf“ Entwurf: 1903 Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien) Hersteller: Franz Wittmann (A) 1904 Nach London, Paris und Berlin fährt nun auch in New York die U-Bahn, sie ist die größte mit über 400 km Schienennetz. Thonet-Stühle zählen zu den bekanntesten Möbelstücken. Seit Michael Thonet zwischen 1830 und 1836 in Boppard am Rhein die „Möbel aus gebogenem Holz“ erfand, wurden bis heute viele Millionen Thonet-Stühle in alle Welt geliefert. Die damals revolutionären Stühle waren schön, preiswert, leicht und versandfreundlich. Der Sessel Nr. 209 begeisterte große Architekten der Avantgarde. So Le Corbusier, der ihn u. a. 1925 in seinem legendären „Pavillon de l'Esprit Nouveau“ in Paris verwandte: „Noch nie ist Eleganteres und Besseres in der Konzeption, Exakteres in der Ausführung und Gebrauchstüchtigeres geschaffen worden.“ Sessel 209/209 P Erstmals im Thonet-Katalog gezeigt: 1904 Design: zugeschrieben August Thonet, Sohn von Michael Thonet (1829 Boppard - 1910 Arco/I) Hersteller: Gebrüder Thonet (D) 1905 Albert Einstein entwickelt während seiner Arbeit im Berner Patentamt ganz nebenbei die Relativitätstheorie. Lehnsessel mit verstellbarem Rücken sind seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Ein Vorbild für Josef Hoffmann war wohl ein seit dem Jahr 1860 von William Morris in England hergestellter, streng anmutender Sessel. Morris und die „Art & Crafts“-Bewegung, die sich gegen mechanisierte, entmenschlichte Massenherstellung wandten und eine qualitätvolle Einheit von Form, Funktion, Material und Herstellung anstrebten, haben viele Gestalter stark beeinflußt, so auch Hoffmann. Er hat die traditionelle Lehnsesselform in eine Art Maschinenästhetik übersetzt, die die funktionalen Elemente hervorhebt, so den halbkreisförmigen Bogen und die Kugeln, die gleichzeitig als ein vom Entwerfer geliebtes dekoratives Element fungieren. Sessel Nr. 670 „Sitzmaschine“ Entwurf: ca. 1905 Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien) Hersteller: Franz Wittmann (A) 1906 Marie Curie wird – als erste Frau – Professorin für Physik an der Universität von Paris. Auch die kleinsten Dinge machten die Stimmigkeit eines „Gesamtkunstwerks“ aus. So schufen die Architekten und Gestalter der „Wiener Werkstätten“ auch Kunstgewerbe und Kleidung. Während ihrer Recherchen zu Josef Hoffmann stießen zwei junge amerikanische Architekten auf die Fotografie eines 1906 entworfenen Metallkorbes. Der Prototyp dieser „Rosenschale“ war verschollen, niemals in Produktion gegangen, Zeichnungen existierten nicht. Mit großem Aufwand und mittels dreidimensionaler Computerübersetzung wurde die Schale in den USA zunächst rekonstruiert und wird nun in Italien erstmals produziert. „Rosenschale“ Entwurf: 1906 Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien) (überarbeitet von Peter Arnell und Ted Bickford) Hersteller: Alessi (I) 1907 Das erste „selbsttätige“ Waschmittel kommt auf den Markt: Persil. In Paris studierte der gebürtige Andalusier Mariano Fortuny Malerei und wurde in Venedig im Palazzo Orfei ansässig, dem heutigen Fortuny-Museum. Er war Fotograf, Erfinder, Maler, Bildhauer, Innenarchitekt, er entwarf Bühnenbilder, Kostüme und Theaterbeleuchtung. Man nannte ihn den „Magier von Venedig“. Fortuny experimentierte seit 1907 auch mit Stoffdruckverfahren, seine Seidenstoffe bezaubern heute noch. Im gleichen Jahr entstand die eindrucksvolle Studio-Leuchte. Leuchte „Protecteur“ Entwurf: 1907 Design: Mariano Fortuny, Maler, Fotograf, Designer (1871 Granada - 1949 Venedig) Hersteller: Ecart (F) 1908 Das erste Familien-Freibad Europas wird in BerlinWannsee eröffnet. Nach dem Architekturstudium widmete sich Otto Blümel der Malerei. Von 1907 bis 1914 leitete er den Zeichensaal der „Vereinigten Wertstätten für Kunst im Handwerk“ in München. Auch hier hatte man sich dem Aufbruch in eine neue Zeit verschrieben und wollte qualitativ hochwertige Einrichtungsgegenstände entwerfen und herstellen. Mit dem Garderobenständer „Nymphenburg“ ist Blümel ein zeitlos eleganter Entwurf gelungen, der den Jugendstil nur anklingen läßt. Garderobe „Nymphenburg“ Entwurf: 1908 Design: Otto Blümel, Architekt, Innenarchitekt (1881 Augsburg - 1973 Garmisch-Partenkirchen) Hersteller: Classicon (D) 1909 Bakelit, einer der ersten Kunststoffe, wird zum willkommenen Material für Gebrauchsartikel in hohen Stückzahlen, darunter Griffe und Schalter. Die Kugelleuchte ist die schlichteste Art, Licht zu zeigen und zugleich die Lichtquelle, die Glühlampe, zu verstecken. Die erste Abbildung ist in einem Buch über den Wiener Architekten Otto Wagner (1841 - 1918) zu sehen. Auch Zeitkollegen wie Peter Behrens, Adolf Loos und Josef Hoffmann planten sie ein. In den 20er Jahren kam sie auch bei den Bauhäuslern zum Einsatz. Ihre Erscheinungsform war über die Jahre vielfältig. Qualitätsentscheidend ist immer die Aufhängung, der sogenannte Baldachin. Hängeleuchte „Kugel“ Entwurf: um 1900 Design: anonym, Deutschland Hersteller: Tecnolumen (D) 1910 Der Brite Ernest Rutherford entdeckt den Atomkern. Adolf Loos war ein Wiener Architekt, der das Ornament als Verbrechen anprangerte, und das in einer Epoche, in der üppiges Dekor dominierte. Die Tischleuchte LST 2 wurde nur für ein Haus entworfen, für die von ihm erbaute Villa Steiner. Wolfgang Karolinsky, dem Besitzer der Leuchtenfirma Woka, gelang es, von der Familie Steiner ein Original zu erhalten und andernorts die komplizierten Originalwerkzeuge aufzutreiben. Nach dem Erwerb der Lizenz von den Loos-Erben konnte 1975 eine Re-Edition der höchst aufwendig herzustellenden Leuchte erfolgen. Ihre feinen Details zeigen, daß Loos nicht der gnadenlose Purist war, als der er sich in seinen Streitschriften darstellte. Tischleuchte LST 2 Entwurf: 1910 Design: Adolf Loos, Architekt (1870 Brünn/Mähren - 1933 Kalksburg/Wien) Hersteller: Woka (A) 1911 Der norwegische Polarforscher Roald Amundsen erreicht als erster den Südpol. Der damals 27jährige Architekt Walter Gropius zeichnete für sein erstes großes Bauvorhaben, die Schuhleistenfabrik Fagus in Alfeld bei Hannover, auch das Mobiliar. Sein Gebäude, ein kubischer Stahlskelettbau mit großen Glaswänden, wirkte sensationell modern. Gropius’ Möbel stehen heute noch im Foyer. Er verwirklichte hier schon, neun Jahre vor der Gründung des Bauhauses unter seiner Leitung, spätere Bauhaus-Prinzipien. Wie schmucklose Strenge, geradlinige, funktionale Form und handwerklich perfekte Verarbeitung. Armlehnstuhl D 51 Entwurf: 1910/11 Design: Walter Gropius, Architekt (1883 Berlin - 1969 Boston/USA) Hersteller: Tecta (D) 1912 Der Passagierdampfer „Titanic“ sinkt vor der Küste Neufundlands nach dem Zusammenstoß mit einem Eisberg. Für das Musikzimmer der Wiener Stadtwohnung von Dr. Hugo Koller in der Alleegasse entwarf Hoffmann 1912 eine Polstergruppe, bestehend aus Sessel und Sitzbank, aufrecht, streng und schwarz/weiß gestreift. Ein Designlexikon beschreibt das Möbel als „ein Mittel zur formvollendeten, gesellschaftlich korrekten Konversation, das seinem Benutzer keine Chance gibt, die Contenance zu verlieren“. Das sollte man wohl damals auch nicht, schon gar nicht in der voll durchgestalteten Stadtwohnung dieses wohlbetuchten Herrn Doktors. Sessel „Alleegasse“ Entwurf: 1912 Design: Josef Hoffmann, Architekt (1870 Pirnitz/Mähren - 1956 Wien) Hersteller: Wittmann (A) 1913 Albert Schweitzer nimmt seine Tätigkeit als Arzt und Forscher im Kongo auf. Der Entwurf zu diesen sehr künstlerisch und modern wirkenden Flaschen ist sozialem Engagement entsprungen und seinerzeit nicht realisiert worden. Josep Maria Jujol, Gaudís Spezialist für die typischen Mosaikarbeiten, entwarf sie für das Waisenhaus Casa de Familia in Barcelona, das der junge Priester Pedragosa gegründet hatte. In ihnen sollte das Wasser im Speisesaal aufgetischt werden. Sie sind rundherum skulptural gestaltet und belegen die außerordentliche Kunstfertigkeit Jujols. Flaschen „Casa de Familia“ Entwurf: 1912 Design: Josep Maria Jujol i Gibert, Architekt, Keramiker, Mitarbeiter von Antoni Gaudi (1879 Tarragona - 1949 Barcelona) Hersteller: b.d. Ediciones (E) 1914 Der 1. Weltkrieg beginnt. Die meisten werden den großen amerikanischen Architekt Frank Lloyd Wright durch sein bekanntestes Bauwerk kennen, das Guggenheim Museum in New York. Ein halbes Jahrhundert zuvor jedoch baute Wright in Oak Park bei Chicago seine berühmten „Prairie Houses“, bei denen er Innen- und Außenraum revolutionär miteinander verband. Auch er schuf damals, wie seine europäischen Kollegen Josef Hoffmann oder Charles Rennie Mackintosh, elegante „Gesamtkunstwerke“. Für die Stadt Chicago entwarf er 1913 die „Midway Gardens“, einen OpenAir-Treffpunkt zum Essen und Tanzen. Der geniale Mann mit dem aufregenden Lebensstil wollte hier „Architektur, Musik, Skulptur und Malerei in Verbindung bringen, ähnlich wie in den Biergärten in Deutschland“ (Zitat F.L.W.). „Midway Gardens Chair“ (Miniatur) Entwurf: 1914 Design: Frank Lloyd Wright, Architekt (1867 Richland Center Wisc. - 1959 Phoenix Ariz./USA) Hersteller Miniatur: Vitra Design Museum (D) 1915 Deutsche Zeppeline bombardieren Paris. 1913 hatte der Landesverein Sächsischer Heimatschutz einen Wettbewerb „für gute Reiseandenken“ ausgeschrieben. Margarete Wendt aus der Erzgebirgsgemeinde Grünhainichen gewann diesen mit ihrer Figurengruppe der drei „Beerenkinder“. Über die regionale Tradition hinaus ließen die Figuren einen eigenen künstlerischen Ausdruck erkennen. 1915, im 1. Weltkrieg, gründete Margarete Wendt mit ihrer Studienkollegin Margarete Kühn das Unternehmen Wendt & Kühn, das heute noch in dieser Tradition arbeitet und später oft international ausgezeichnet wurde, z. B. zur Pariser Weltausstellung 1937. Holzfiguren „Beerenkinder“ Entwurf: 1913 (Produktion 1915) Design: Margarete Wendt, Gestalterin, Unternehmerin (1887 - 1979 Grünhainichen) Hersteller: Wendt & Kühn (D) 1916 Als Rebellion gegen die überholten Konventionen wird im „Cabaret Voltaire“ in Zürich die Kunstbewegung DADA gegründet. Für den „Maler des Lichtes“ und dänischen Dichter Holger Drachmann war die allererste Gartenbank bestimmt. Weiß lackiert stand sie in dem Garten seines Hauses in Skagen. Der Entwurf des dänischen Architekten Ulrik Plesner wurde in seiner Einfachheit und Klarheit zum Inbegriff einer Gartenbank, die sich wunderbar in die Natur einfügte, und gleichzeitig zum Symbol des nordischen Sommers. Heute steht die „Drachmann-Bank“ in vielen kultivierten Parks und Gärten, auf großen Terrassen und in kleinen grünen Oasen in der Großstadt. Geliebt wird sie auch aufgrund ihrer Langlebigkeit: Sie ist in jeder Hinsicht wetterfest, sei es in der unbehandelten Teakholz- oder in ihrer klassisch weißen Lackausführung. Gartenbank „Drachmann“ Entwurf: 1914/16 Design: Ulrik Plesner, Architekt (1861 Vedersö - 1933 Skagen/DK) Hersteller: Trip Trap (DK) 1917 In Deutschland herrscht Hungersnot. Beim Militär sind praktische Eigenschaften gefragt. Für die Bedürfnisse der in den englischen Kolonien stationierten Soldaten entstanden Anfang des Jahrhunderts faltbare oder zerlegbare Holzmöbel. Diese „Kolonial-Stil“-Möbel wurden in den häuslichen Gebrauch übernommen und haben sich zu Klassikern entwickelt. „Moretta“, auch Safari-Stuhl genannt, zeichnen die Elemente einer industriellen Serienproduktion aus: ein leicht zerlegbares Gestell aus einer reduzierten Anzahl standardisierter Elemente, die ohne Leim einfach zusammengesteckt werden. Sessel Moretta Entwurf: 1917 Design: Bernard Marstaller Hersteller: Zanotta (I) 1918 Mit dem Ende des 1. Weltkrieges enden auch das deutsche Kaiserreich und die österreichischungarische Monarchie. Dieser Sessel ist eines der Schlüsselwerke des modernen Möbeldesigns. Rietveld ging es darum, „die Einzelteile unverstümmelt untereinander zu verbinden, so daß möglichst das eine nicht dominierend von dem anderen bedeckt oder abhängig gemacht wird; es soll das Ganze vor allem frei und hell im Raum stehen und die Form über das Material triumphieren.“ Der „Roodblauwe stoel“, damals noch unbemalt, wurde von den Mitgliedern der De-Stijl-Bewegung sofort zum Manifest erhoben, als „abstraktrealistische Skulptur in unseren zukünftigen Interieurs“, so Mitbegründer Theo van Doesburg. Rietveld schloß sich danach der Künstlergruppe um den Maler Piet Mondrian an, die sich die Beschränkung auf elementare Ausdrucksmittel auferlegt hatte. Sessel „Red and Blue“ (Miniatur) Entwurf: 1918 Design: Gerrit T. Rietveld, Architekt, Möbeldesigner (1888 - 1964 Utrecht/NL) Hersteller Miniatur: Vitra Design Museum (D), Originalmöbel: Cassina (I) 1919 In Deutschland wird das Wahlrecht für Frauen eingeführt. Der 1. Weltkrieg verzögerte dieses revolutionäre Gerät. Schon 1908 hatte Herbert Johnston ein Rührgerät zum Teigkneten für den professionellen Einsatz erfunden. 1919 baute man dann in Ohio die erste elektrische Küchenmaschine für den Privathaushalt. Ihr Name wird auf den spontanen Ausspruch einer Chef-Ehefrau zurückgeführt: „Mir ist egal, wie sie genannt wird, Hauptsache ist, ich habe eine der besten Küchenhilfen, die ich jemals hatte!“ Vom Prinzip her, dem Planetenrührwerk, bei dem sich das Rührgerät entgegengesetzt zur Schüssel dreht, ist die KitchenAid unverändert geblieben. Nur hat ihr 1937 Egmont Arens, der Designer der Coca-ColaFlasche und des Shell-Logos, ihre heutige Form gegeben. Seitdem und bis heute sind alle Zubehörteile mit den alten austauschbar. Küchenmaschine „KitchenAid“ Entwurf: 1919 (äußere Gestaltung 1937) Design 1937: Egmont Arens, Designer (1888 - 1966) Hersteller: KitchenAid (USA) 1920 Mahatma Gandhi beginnt seinen gewaltlosen Kampf für die Unabhängkeit Indiens. Damals war die Soffittenlampe, eine röhrenförmige Glühlampe mit gewendeltem Draht, eine Neuheit. Gerrit Rietveld ging seine Gestaltungsaufgabe rational und konstruktiv an. Er reduzierte das Thema Leuchte auf den Funktionsteil Glühlampe und hängte die Soffitten in geometrischer Ordnung an ihren Kabeln auf. Die erste Leuchte wurde für den Praxisschreibtisch des niederländischen Arztes Dr. Hartog in Maarssen entworfen. Die spätere Version, für sein Gesamtkunstwerk, das Haus Schröder in Utrecht, bestimmt, besteht aus drei Soffittenlampen. So wird die Leuchte bis heute hergestellt. Allerdings sind die Röhren heute, aus Gründen der Lebensdauer und Funktionstüchtigkeit, aus Acrylglas und die Fassungen anstelle von Holz aus Kunststoff. Leuchte „Soffittenlampe L 40“ Entwurf: 1920 Design: Gerrit T. Rietveld, Architekt, Designer (1888 - 1964 Utrecht/NL) Hersteller: Tecta (D) 1921 Modeschöpferin Coco Chanel bringt ihr Parfum Chanel N° 5 auf den Markt. Um 1920 sind die ersten Glasschalter, bzw. richtiger: Unterputzdrehschalter mit Glasabdeckung, entstanden. Abbildungen finden sich nicht von ungefähr im Umfeld des Bauhauses, jener neuen Institution, die dem Jahrhundert bald seinen Gestaltungskanon geben wird, mit der sachlichen, funktionalen Form. Im Bauhaus-Buch Nr. 3 von 1924, herausgegeben von Adolf Meyer, sind mehrere dieser Schalter zu sehen. Sie haben einen besonderen Reiz. In ihrer Transparenz und einfachen Form passen sie zu jeder Gestaltung, sie lassen die Wandoberflächen wirken, sind nur ein „Nichts“. Daß man sie heute noch oder wieder verwendet, mit ergänzten Funktionen, kann man Nostalgie nennen - oder eine zeitlos gute Wahl. Lichtschalter Glas Entwurf: um 1920 Design: anonym Hersteller: Tecnolumen (D) 1922 Nahe Luxor wird im „Tal der Könige“ das Grab von Tutenchamun entdeckt, das erste versiegelte Grab eines ägyptischen Pharaos. „Weder Rattan noch Weide, doch beiden überlegen“, so hieß 1922 die Werbung für Möbel aus einem neuen Material. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie diese Naturmaterialien, sie fühlten sich aber viel weicher an, knarrten nicht und wurden zudem als „feuchtigkeits- und schmutzabweisend“ angepriesen, als „hygienisch, hitze- und formbeständig“. Ihr Geheimnis war ein neues Naturmaterial, das Marshall Burns Lloyd sich 1917 in den USA patentieren ließ, die „Loom“-Faser, fest gezwirntes Garn aus Packpapier. Es eroberte dank seiner einmaligen Gebrauchseigenschaften die Decks der luxuriösen Oceanliner ebenso wie die Terrassen und Innenräume von Hotels und Privathäusern. Loom Chairs gehören zu den erfolgreichsten Möbelstücken des 20. Jahrhunderts. Sessel „Palais“, Loom Chair Entwurf: 1922 Design: Marshall Burns Lloyd (1858 St. Paul Min. - 1927 Menominee/USA) Hersteller: Accente (D) 1923 Höhepunkt der Inflation in Deutschland. 1 Dollar = 4,2 Billionen Mark. Man kennt ihren Beistelltisch mit der verstellbaren Platte. Eileen Gray, die aparte Irin, war lange Zeit unbekannt. In Paris lernte sie japanische Lackkunst und trat mit wenigen exklusiven Stücken an die Öffentlichkeit. 1921 eröffnete sie eine Galerie unter einem Männernamen, das sollte den Kunden mehr Vertrauen einflößen. Am besten verkauften sich dort ihre Teppiche. Gray war Autodidaktin, und ihr Meisterwerk, das in die Designgeschichte einging, war ihr eigenes Haus in Roquebrune an der Côte d'Azur. Jedes Teil dort war von ihr von Grund auf neu überlegt und durchgeplant. Um so schlimmer empfand sie es, als Le Corbusier dort nach ihrem Auszug frech die Wände bemalte. Gray lebte zurückgezogen. Ihr Werk wurde erst in den 70er Jahren neu entdeckt. Teppich „Black Board“ Entwurf: 1923 - 1930 Design: Eileen Gray, Designerin, Architektin (1878 Enniscorthy/Irland - 1976 Paris) Hersteller: Ecart (F) 1924 Der Bubikopf wird zur vorherrschenden weiblichen Frisur. Das von dem Architekten Walter Gropius 1919 in Weimar gegründete Bauhaus wollte Kunst und Handwerk miteinander verbinden, um bessere Produkte für die neue Zeit zu schaffen. Unakademisch stellte man die Handwerksmeister in den BauhausWerkstätten den Meistern der theoretischen Lehre gleich. In den Weimarer Werkstätten entstand dieses Schachspiel, entworfen vom Werkmeister Josef Hartwig. Alle Schachfiguren sind nach der Art ihrer Spielzüge gestaltet. Es zeigt auch die Zusammenarbeit der Werkstätten: Die Tischlerei baute den Tisch, und Studierende entwarfen das Werbeblatt dazu, denn dieses Schachspiel wurde auch verkauft. 1925 zog das Bauhaus nach Dessau um, in den spektakulären Neubau von Gropius. Man wandte sich vom Kunsthandwerklichen ab und weiter der Moderne zu: Kunst und Technik sollten sich vereinen. Schachspiel „Bauhaus“ Entwurf: 1924 Design: Josef Hartwig, Steinmetz, Bildhauer (1880 München - 1956 Frankfurt a. M.) Hersteller: Naef (CH) 1925 Der Charleston wird zum beliebten Gesellschaftstanz. Auf der Pariser Ausstellung „L'Art Décoratif d'aujourd'hui“ baute Le Corbusier 1925 einen Pavillon, der in seiner Moderne als so schockierend empfunden wurde, daß man ihn mit einem Zaun vom Gelände abtrennte: „Le Pavillon de l'Esprit Nouveau“. Le Corbusier entwarf neben dem kühnen Bau eine Treppe aus gebogenem Stahlrohr sowie einige Einrichtungsgegenstände, darunter Schrankmöbel, Tische, ein Bett und einen Globus. Dieser ist nur durch zeitgenössische Fotografien überliefert – und durch das noch existente zweite Exemplar, das Le Corbusier für seinen Freund Marcel Levaillant entwarf. Er setzte die Erdachse senkrecht, um das Gestell zu vereinfachen. Aus dem seit dem Mittelalter bekannten Gestell wurde somit eine moderne Metallkonstruktion und aus dem umstrittenen Architekt einer der ganz Großen. Globus „La Mappemonde“ Entwurf: 1925 Design: Le Corbusier (Charles-Edouard Jeanneret), Architekt (1887 La Chaux-deFonds/CH - 1965 Roquebrune/F), Rekonstruktion Alfred Rüegg, 1988 Hersteller: Anthologie Quartett (D) 1926 Margarete Schütte-Lihotzky entwirft die Frankfurter Küche, die zum Prototyp aller modernen Einbauküchen wird. Der Freischwinger – eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. Er prägt die Zeit bis heute, in allen Varianten. Damit fing es Mitte der 20er Jahre schon an, Stahlrohrmöbel lagen in der Luft, ebenso hinterbeinlose Stühle. Etliche Architekten arbeiteten parallel am gleichen Thema, u.a. Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und Mart Stam. Nach langen Prozessen wurde dem Niederländer Stam die Urheberschaft am ersten Freischwinger zuerkannt und der Status als Werk der Kunst. In der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, der bahnbrechenden Bauausstellung von 1927, hatte Stam, der holländische De-Stijl-Architekt, sein Haus mit einem Vorgänger dieses Stuhls möbliert. Nebenan hatte Mies van der Rohe seinen Entwurf gezeigt. Kragstuhl S 33 Entwurf: 1926 Design: Mart Stam, Architekt (1899 Purmerend/NL - 1986 Goldbach/CH) Hersteller: Thonet (D) 1927 Charles Lindbergh überfliegt als erster Mensch, alleine und nonstop, in 33 Stunden und 29 Minuten den Atlantik. Chareau hatte seit 1919 ein eigenes Innenarchitekturstudio in Paris und beteiligte sich dort an vielen Ausstellungen. Auch ihn beschäftigte die neue Ordnung der Konstruktion. Sein Hocker „T“ verwies auf das Zeitthema Freischwinger. Mit dem Material Stahl ging er dabei weniger radikal um als die Deutschen und Holländer. Er kombinierte es statt dessen mit einem schön geschweiften Massivholz-Sitz. Diese Form der „Art Decoratif“, erstmals präsentiert auf der berühmten Pariser Ausstellung von 1925, „L‘Art Decoratif d‘aujourd’hui“, spiegelte die elegante, luxuriöse Moderne in Frankreich und den USA zu Beginn der 30er Jahre wieder. Beistelltisch „Tabouret T“ Entwurf: 1927 Design: Pierre Chareau, Innenarchitekt, Architekt, Möbeldesigner (1883 Bordeaux/F - 1950 Easthampton N.Y./USA) Hersteller: Ecart (F) 1928 Aufnahme des drahtlosen Telefonverkehrs zwischen Deutschland und den USA. Von 1920 bis 1924 studierte Marcel Breuer am Bauhaus Weimar, später wurde er Meister der Holzwerkstatt in Dessau. 1925 entstand sein erster Stahlrohr-Sessel: „diese metallmöbel sollen nichts weiter als notwendige apparate heutigen lebens sein.“ Innovativ war bei „Wassily“ vor allem die Übersetzung eines schweren Polstersessels in ein leichtes Gerüst. Inspiriert von seinem Adler-Fahrrad träumte Breuer davon, auf einer Luftsäule zu sitzen. Den Namen erhielt der Sessel erst 1962, als die italienische Firma Gavina ihn wiederherstellte. Denn Bauhaus-Meister Wassily Kandinsky hatte früh die revolutionäre Ästhetik des Sessels gepriesen. Aber die Menschen liebten die „Maschinenmöbel“ lange nicht. Sessel „Wassily“ Entwurf: 1925 vierbeinig (1928 Produktion in der heutigen Form) Design: Marcel Breuer, Möbeldesigner (1902 Pécs/Ungarn - 1981 New York) Hersteller: Knoll International (D) 1929 Mit dem Schwarzen Freitag an der New Yorker Börse beginnt die Weltwirtschaftskrise. Für die Weltausstellung 1929 in Barcelona entwarf Ludwig Mies van der Rohe den deutschen Pavillon. Seine Architektur war avantgardistisch: Er stellte Wandscheiben frei in den Raum, der Grundriß wirkte wie ein abstraktes Bild. Der Pavillon war langgestreckt, flach und von großen Fensterflächen und Wandscheiben bestimmt. Er wirkte neben den verschnörkelten Palästen klar, elegant und luxuriös. Heute gilt Mies’ Meisterwerk als eines der wichtigsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts. Der „Barcelona-Sessel“ griff, anders als die Architektur, auf antike Vorbilder zurück, auf Scheren- und Faltstühle. Die Großzügigkeit, mit der der Sessel gestaltet wurde, trug unverkennbar Mies‘ Handschrift. 1930, kurz vor der Schließung durch das HitlerRegime, wurde er letzter BauhausDirektor. Sessel „Barcelona“ Entwurf: 1929 Design: Ludwig Mies van der Rohe, Architekt, Möbeldesigner (1886 Aachen - 1969 Chicago) Hersteller: Knoll International (D) 1930 „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich läuft in den Kinos an. Prouvé war der Technik verhaftet: „Für mich sind Möbel vergleichbar mit stark beanspruchten Maschinenrahmen.“ Also arbeitet er an ihnen mit der gleichen Sorgfalt, den gleichen Statikgesetzen und den gleichen Materialien. Gerne verwendete er Stahlblech, das Stahlrohr der Bauhaus-Kollegen interessierte ihn nicht. Was er daraus machte, waren, wie dieser Sessel, ästhetische und funktionale Meisterwerke. Das Sitzelement ist auf Kugellagern im Rahmeninneren von der Sitz- zur Liegeposition verstellbar, zwei Zugfedern erleichtern den Vorgang. Prouvé entwarf im Laufe der Zeit auch ungewöhnlich viele Tische, die jetzt wieder bzw. erstmals in Serienproduktion gehen. Sessel D 80 Entwurf: 1930 Design: Jean Prouvé, Architekt, Metallkonstrukteur (1901 Paris - 1984 Nancy) Hersteller: Tecta (D) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1930: In Singen eröffnet das Möbelhaus Karl Seipp. Karl Seipp nutzte eine günstige Gelegenheit in Singen eine Schreinerei zu übernehmen. Aus der Schreinerei entwickelte sich das Möbelhaus Karl Seipp. 1931 Mit 381 Metern wird das Empire-State-Building in New York höchstes Gebäude der Welt. Die Bauten und die vielen Gegenstände, die Gio Ponti während seines schaffensreichen Lebens entwarf, sind klar gestaltet, verströmen aber immer auch ein gewisses Flair von Luxus und Wohlhabenheit. Die späten Arbeiten der „Wiener Werkstätten“ sollen ihn beeinflußt haben. Bei dieser Hängeleuchte formte der Mailänder mit elf kreisrunden Glasscheiben eine Kugel und streute mit ihnen gleichzeitig das Licht. Sein berühmtestes Bauwerk ist das Pirelli-Hochhaus in Mailand. Man erzählt, daß er als Perfektionist das Haus nie ohne einen Zollstock verlassen habe, um alles gleich nachmessen zu können. Hängeleuchte 0024 Entwurf: 1931 Design: Gio (Giovanni) Ponti, Architekt, Designer (1891 - 1979 Mailand) Hersteller: Fontana Arte (I) 1932 In Deutschland herrscht Massenarbeitslosigkeit. „kleinbar“ schrieb Roth im August 1932 auf seine Entwurfsskizze. Seine Arbeit bei Le Corbusier in Paris sowie an der zukunftsweisenden Weißenhofsiedlung in Stuttgart und die Begegnung mit Piet Mondrian haben ihn geprägt. Zusammen mit dem BauhausAbsolventen und -Lehrer Marcel Breuer realisierte er 1936 mit den Doldertalhäusern bei Zürich ein mustergültiges Wohnbauprojekt. Die zeitgemäße Technik der Assemblage, mit der Roth verschiedene Teile aus unterschiedlichen Materialien zusammenfügte, macht den Charme der „kleinbar“ aus. Barwagen AR 1 Entwurf: 1932 Design: Alfred Roth, Architekt, Pubilizist (1903 Wangen a. A. - 1998 Zürich) Hersteller: Atelier (I) 1933 Adolf Hitler ist am Ziel. Reichspräsident Paul von Hindenburg beruft ihn zum Reichskanzler und erteilt ihm den Auftrag zur Regierungsbildung. Der englische Kraftfahrzeug-Ingenieur George Carwardine hatte die Idee für eine praktische, verstellbare Arbeitsleuchte, die man auch an Werkbänken befestigen konnte. Er trug sie zur Maschinenfabrik Herbert Terry & Sons. Mister Terry war angetan, und beide tauften die Lampe „Anglepoise“ (Winkelgewicht). 1934 wurde sie patentiert, große Aufträge folgten. Über die Jahrzehnte wurde die Lampe immer weiter „modernisiert“, was sie nicht schöner machte. 1993 entdeckte Ray Terry, ein Nachfahre, das Original. Er fand das dem menschlichen Arm nachempfundene Stück von Carwardine, die erste Balance-Leuchte überhaupt, wunderschön. Das aus 98 Einzelteilen konstruierte Meisterstück kam durch ihn wieder zu Ehren und auf den Markt. Tischleuchte „Anglepoise“ Entwurf: 1932-1934 Design: George Carwardine, Kraftfahrzeug-Ingenieur (1887 - 1947 Bath/GB) Hersteller: Tecta (D) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1933: Karl Seipp übergibt das Möbelhaus in Singen an seinen Sohn Erich. „Das Geschäft ist mit Wirkung vom 1. August 1933 mit Aktiven und Passiven und ohne Firmenänderung auf Erich Seipp übergegangen.“ 1934 Der „Volksempfänger“, das Kleinradio, erreicht in nur sechs Monaten eine Gesamtauflage von 600.000 Exemplaren. Der unaussprechliche Name dieser schlichten Stehleuchte ist die Abkürzung einer Architektenvereinigung, die Torres i Clavé 1930 gemeinsam mit dem später zu internationalem Ruhm gekommenen Josep Lluís Sert gründete. Sie hieß „Grupo de Arquitectos y Técnicos Catalanes para el Progreso de la Arquitectura Contemporánea“ (Katalanische Architekten und Techniker für den Fortschritt der zeitgenössischen Architektur). Die „Beleuchtungsmaschine“ mit dem schwenkbaren Schirm gibt indirektes Licht. Sie war das Kennzeichen dieser Gruppe und wurde von allen Mitgliedern eingesetzt. Stehleuchte „GATCPAC“ Entwurf: 1934 Design: Josep Torres i Clavé, Architekt (1906 Barcelona - 1939 Mombrió de la Marca/E) Hersteller: Santa & Cole (E) 1935 Mit den „Nürnberger Gesetzen“ wird die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung beschlossen. Warum dieser Stuhl „Frankfurter“ heißt, kann nur vermutet werden, vielleicht in Anlehnung an die „Frankfurter Reformküche“ von 1925, die Urmutter aller modernen Küchen. Den Stuhl (und etliche Verwandte) kennen wir alle, ob aus dem Gasthaus, von der Polizeiwache oder aus Großmutters Wohnküche. Generationen sind darauf groß geworden. Solide, standhaft und deutsch, so paßte er in die damalige Zeit. Als schlicht, vertraut und archetypisch schätzt man ihn heute wieder. „Der Frankfurter“ Entwurf: ca. 1930 - 35 Design: anonym, wohl deutsch Hersteller: Details (D) 1936 In Berlin finden die XI. Olympischen Sommerspiele statt. Der finnische Architekt Alvar Aalto ist einerseits als Entwerfer von öffentlichen Gebäuden bekannt geworden. Andererseits hat er wegweisende Forschungen zur Verformung von Schichtholz in der Architektur und im Möbelbau durchgeführt. Begonnen haben der Architekt und seine Frau damit Ende der 20er Jahre, als für einen Sanatoriumsbau auch die Inneneinrichtung zu entwerfen war. Die beiden zogen BauhausMöbel aus Stahlrohr in Betracht, entschieden sich aber dann für den heimischen Werkstoff Holz, „um, von diesem mehr warmen und schmiegsamen Material ausgehend, durch zweckmäßige Konstruktionen die Basis für einen Möbelstil für Kranke zu schaffen“. Die Möbel wurden schnell bekannt, und die Aaltos gründeten 1935 die eigene Vertriebsfirma Artek (Art-Technik). Sessel 400 Entwurf: 1936 Design: Hugo Alvar Henrik Aalto, Architekt (1898 Kuortane/Finnland - 1976 Helsinki) Hersteller: Artek (FIN) 1937 Die Ausstellung „Entartete Kunst“ zeigt in München 650 konfiszierte Kunstwerke aus 32 deutschen Museen. Es ist kaum zu glauben, dieser Tisch entstand 1932. Ihm folgten später jede Menge Nachfahren in Acryl. Sie haben nicht den typischen Grünschimmer des Originals, sind nicht so strapazierfähig und altern unschön. Pietro Chiesa hatte sich in das Material Glas verliebt und 1921 ein Atelier in Mailand eröffnet. Er formte Glas, als sei es ein besonders edles Material. 1927 gründete er u. a. zusammen mit dem Architekten Gio Ponti und Paolo Venini, dem Glashüttenbesitzer aus Murano, den Verband „Il Labirinto“ zur Förderung hochwertiger Möbel. Mit Luigi Fontana zusammen startete er 1933 ein Unternehmen zur Herstellung von Leuchten, Möbeln, Objekten und Kunstwerken aus Glas: Fontana Arte. Seine Meisterwerke wurden weltweit gezeigt und ausgezeichnet. Glastisch 2633 Entwurf: 1932 (Produktion 1937) Design: Pietro Chiesa, Möbeldesigner (1892 Mailand - 1948 Paris) Hersteller: Fontana Arte (I) 1938 Die „Reichskristallnacht“: Am 9. November brennen jüdische Geschäfte, Häuser und Synagogen. Pogrome führen zur organisierten Judenverfolgung. Das Vorbild dieses Möbels ist vermutlich ein 1877 in England patentierter Faltsessel aus Holz mit Stoffüberzug. Als praktisches Reise- oder Freizeitmöbel und durch seine berühmten Besitzer Thomas Alva Edison und Theodore Roosevelt kam er ins Rampenlicht. Er wird heute noch hergestellt. Das argentinische Architektentrio entwarf 1938 eine starre, aber sehr grazile Variante. Zwei aus Stahlstäben geformte Schlaufen werden miteinander verschweißt, darübergestülpt wird ein Bezug aus Stoff oder Leder. Der 1940 preisgekrönte Sessel paßte perfekt in den Chic der 50er Jahre und wurde zu einem der erfolgreichsten Sitzmöbel des letzten Jahrhunderts. Sessel „Hardoy“ Entwurf: 1938 Design: Grupo Austral, Architekten, Buenos Aires/Argentinien Antoni Bonet, Jorge Ferrari-Hardoy, Juan Kurchan Hersteller: Stöhr (D) 1939 Der Beginn des 2. Weltkrieges. Für die Schweizerische Landesausstellung von 1939 wurde ein „Freiluftstuhl“ gesucht. Das „Schweizermetall“ Aluminium sollte verwendet werden. Den Wettbewerb, zu dessen Juroren auch die Architekten Le Corbusier und Gropius gehörten, gewann der Romanist und Autodidakt Dr. Hans Coray mit einem kleinen aufsehenerregenden Modell: zwei Bügel und eine Aluminium-Schale. Damit hatte er spätere Schalenstühle, wie von Eames und Saarinen, vorweggenommen. Den Stuhl mit den 91 Löchern konnten die Besucher am Ende der „Landi“ für Sfr. 5 mitnehmen. Später waren es nur noch 60 kreisrunde Öffnungen, inzwischen wird der Stuhl wieder original hergestellt. „Landi-Stuhl“ Entwurf: 1938/39 Design: Hans Coray, Romanist, Designer, Künstler (1906 Wald b. Zürich - 1991 Zürich) Hersteller: Freemobil (CH) 1940 Charlie Chaplin gibt im Film „The Great Dictator“ Hitler der Lächerlichkeit preis. Der Name Castiglioni trat früher immer im Plural auf: die Brüder Livio, Pier Giacomo und Achille waren ein Team. 1939 entwarfen sie schon ein Kombi-Radio, das einen formalen Vorgeschmack auf die 50er Jahre gab, zierlich, rundlich und pastellfarben. Achille, der jüngste, zeichnete 1940, vier Jahre vor seiner Promotion am Mailänder Polytechnikum, diesen schlichten und handfesten Holztisch. In Produktion ging er dann erst 1970. Nach dem Tod seiner Brüder hat Achille dem Namen Castiglioni weiterhin alle Ehre gemacht und langlebige Designobjekte von besonderer Qualität geschaffen, besonders im Leuchtenbereich. Was er bis heute tut – witzig und heiter. Tisch Leonardo Entwurf: 1940 Design: Achille Castiglioni, Architekt, Designer (* 1918 Mailand) Hersteller: Zanotta (I) 1941 Konrad Zuse entwickelt Z3, den ersten Computer. Durch den Kriegseintritt konnten die Architekten Charles Eames und Eero Saarinen ihre – am „Organic Design“Wettbewerb des Museum of Modern Art New York preisgekrönten – Möbel nicht produzieren lassen. Eames arbeitete mit seiner frischangetrauten Ehefrau Ray an Experimenten der Schichtholzverformung weiter. Ein Arzt sah dies und schlug die Arbeit an einer Beinschiene vor, die die US-Navy später in Auftrag gab. Mit der Beinschiene gelang die dreidimensionale Verformung von Schichtholz. In einer neugegründeten Entwicklungswerkstatt wurden die Schienen später hergestellt, auch Krankentragen und Flugzeugteile. Die Experimente dieser Zeit sollten das internationale Möbeldesign der folgenden Jahrzehnte nachhaltig prägen. Beinschiene Entwurf: 1941/42 Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.), Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.) Hersteller: Vitra (D) 1942 Die Wannsee-Konferenz beschließt die „Endlösung der Judenfrage“. Kurz bevor der dänischstämmige Designer in den Krieg zog, soll er diesen Sessel für die Knoll Furniture Company in New York entworfen haben. Als Polsterung nutzte er ein Geflecht aus überschüssigen Militärgurten. Während des 2. Weltkrieges soll es das einzig erhältliche moderne Möbel in den USA gewesen sein. Als nach Kriegsende das väterliche Unternehmen Walter Knoll in Herrenberg seine Arbeit wiederaufnahm, machte Hans Knoll seinem Vater den „Vostra“-Sessel zum Geschenk. Der moderne, ergonomisch geformte Sessel wurde mit seinem beschwingten Auftritt ein Erfolg der 50er Jahre. In gepolsterter Form wurde er erstmals 1951 vorgestellt. Sessel „Vostra“ Entwurf: 1941/42 Design: Jens Risom, Innenarchitekt, Designer (* 1916 Kopenhagen) Hersteller: Walter Knoll (D) 1943 Die Weiße Rose: Die Geschwister Scholl und Gleichgesinnte verbreiten an der Münchener Universität antifaschistische Flugblätter. Aus den einzelnen Kriegsjahren Designstücke auszuwählen, die bis heute überlebt haben, ist gar nicht so einfach. Irgendwann um 1940 soll diese „U-Boot-Leuchte“ für die USNavy entstanden sein. Hier ist einmal trotz des Krieges die Ästhetik nicht auf der Strecke geblieben und schon gar nicht die Funktionalität. Weil sie in diesen Jahren wohl so manches traurige Schicksal beleuchtet hat, wurde die „U-BootLeuchte“ in das gestalterisch leere Jahr 1943 plaziert. „U-Boot Leuchte“ Entwurf: Um 1940 Design: unbekannt, im Auftrag der US-Navy Hersteller: Tecnolumen (D) 1944 Der Versuch deutscher Offiziere und Politiker, Hitler durch ein Attentat zu beseitigen und seine Diktatur zu stürzen, mißlingt. Der amerikanisch-japanische Künstler und Gestalter Isamu Noguchi arbeitete ausgesprochen vielseitig. Neben Skulpturen entwarf er u.a. auch Bühnenbilder, Möbel, Leuchten, Gärten und Spielplätze. Er wollte den Alltag der Menschen durch die Kunst bereichern. Dabei verband er östliche und westliche Kultur. Er erlernte traditionelle chinesische Malerei und japanische Töpferkunst und assistierte 1927 in Paris dem Bildhauer Constantin Brancusi. Als Noguchi 1944 den Artikel „How to make a table“ des Designers und Publizisten George Nelson illustrieren sollte, überarbeitete er seinen eigenen Tischentwurf von 1939 zu diesem „Coffee Table“. Er wurde ein großer Erfolg. Holz-Glastisch Entwurf: 1944 Design: Isamu Noguchi, Bildhauer, Designer (1904 Los Angeles - 1988 New York) Hersteller: Vitra Design Museum (D) 1945 Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht. 1921 gründete der Metalldreher Giovanni Alessi am oberitalienischen Orta-See einen kleinen Betrieb für die Herstellung von Tisch- und Haushaltsgegenständen. Der Beruf hatte in der Familie Tradition. Die Teile wurden sorgfältig aus Kupfer, Messing oder Alpaka hergestellt und anschließend vernickelt, verchromt oder versilbert. Zahlreiche dieser Gegenstände wurden in italienischen Haushalten von Generation zu Generation weitergereicht. Giovannis ältester Sohn Carlo machte eine Ausbildung zum Industriedesigner und entwarf ab Mitte der 30er Jahre die meisten neuen AlessiProdukte, darunter das Tee- und Kaffeeservice „Bombé“. In den 50er Jahren begann Carlo als Generaldirektor mit freien Designern zusammenzuarbeiten, was das Unternehmen später zu internationalem Ruhm führte. Tee- und Kaffeeservice „Bombé“ Entwurf: 1945 Design: Carlo Alessi, Industriedesigner, damaliger Inhaber von Alessi (* 1916 Gravellona Toce/I) Hersteller: Alessi (I) 1946 Demokratischer Neubeginn in Deutschland. Während des Krieges setzten Charles und Ray Eames ihre Versuche der Schichtholzverformung weiter fort. Eames und seine Mitarbeiter sammelten wichtige Erfahrungen im eigenen Versuchslabor und in der Molded Plywood Division der Evans Company, in der Flugzeugteile hergestellt wurden. Nach dem Krieg konzentrierte man sich wieder auf zivile Projekte: preiswerte, zeitgemäße Möbel, die die knappen Materialen gut ausnutzen. Eine durchgehende Sitzschale mit ihren Kurvenradien in Schichtholz herzustellen erwies sich als schwierig. Charles und Ray lösen die Funktionen der Schale in ihre Teilbereiche auf. Die Untergestelle aus Schichtholz oder Metall wurden erstmals mittels „shock mounts“, elastischen Gummischeiben, die mit den Holzteilen verschweißt wurden, befestigt. Sessel DCW Entwurf: 1945 (Produktion 1946) Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.), Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.) Hersteller: Vitra (D) 1947 Der Marshall-Plan: Ankündigung eines wirtschaftlichen Wiederaufbauprogramms für Europa. Ray und Charles Eames hatten sich gefunden, die Malerin, eine warmherzige Person, und der gutaussehende, strukturiert denkende Architekt. Ihre Fähigkeiten ergänzen sich aufs beste, wie in ihrem gemeinsamen Werk sichtbar wird. Hierzu gehören nicht nur Einrichtungsgegenstände: Das Paar konzipierte große Ausstellungen wie die „Mathematica“-Ausstellung für IBM und sorgte damit weltweit für Furore. Auch später gedrehte Filme zeugen von großer ästhetischer und menschlicher Qualität. Im Jahr 1947 entstanden einige Stoffdesigns, z. T. für die „Competition for Printed Fabrics“ des Museum of Modern Art New York. Seit 2001 werden vier dieser Dessins wiederhergestellt. Stoff „Small Dot“ Entwurf: 1947 Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.), Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.) Hersteller: Kvadrat (DK) 1948 Der Klettverschluß, die Langspielplatte, der Transistor und die Holografie werden erfunden. Durch den Zweiten Weltkrieg, in dem die Rüstung Vorrang hatte und viele Immigranten und Flüchtlinge ins Land zogen, herrschte in den USA große Wohnungsnot. Gleichzeitig fehlten preiswerte, platzsparende Möbel. 1948 schrieben deshalb das Museum of Modern Art New York und ein Möbelverband den Wettbewerb „Low-Cost Furniture Design“ aus. Das Ehepaar Eames errang mit dem Schalensitz DAX den zweiten Preis. „La Chaise“ wurde nur für die Ausstellung gefertigt, sie wurde zur großen Attraktion. 1987/88 konnte Rolf Fehlbaum von Vitra im MoMA dieses Exemplar vermessen lassen und ging in Abstimmung mit Ray Eames an den Prototypenbau. Im Dezember 1988 sollte Ray das spektakuläre Stück, jetzt erstmals Serienprodukt, vorstellen. Dazu kam es nicht, Ray verstarb wenige Monate zuvor. „La Chaise“ Entwurf: 1948 Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.), Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.) Hersteller: Vitra (D) 1949 Konrad Adenauer wird zum ersten deutschen Bundeskanzler gewählt. Egon Eiermann war die dominierende Figur in den ersten 25 Jahren deutscher Nachkriegsarchitektur. Sein populärstes Bauwerk ist der Wiederaufbau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin (1957 - 63). Mit seiner Lehrtätigkeit in Karlsruhe prägte er eine ganze Architektengeneration. Zur aufmunternden und anregenden Nachkriegsausstellung „Wie wohnen?“ in Stuttgart und Karlsruhe trug er diesen Korbsessel bei. Mit einem Korbflechter zusammen entwickelte er das damalige Weidenmodell. Der Sessel kostete gerade einmal 110 Mark. In den Fünfzigern „inspirierte“ er reihenweise Billigprodukte. Seit 1996 wird das aufwendige Stück in über 25 Arbeitsstunden wieder handgefertigt. Korbsessel E 10 Entwurf: 1949 Design: Egon Eiermann, Architekt (1904 Neuendorf bei Berlin - 1970 Baden-Baden) Hersteller: Lampert + Sudrow (D) 1950 Die Lebensmittelrationierung in Deutschland wird aufgehoben. 1948 hatte der gelernte Kunsttischler und zeitweilige Mitarbeiter im Architekturbüro von Arne Jacobsen auch am Wettbewerb „Low-Cost Furniture Design“ teilgenommen, als einer von 3000 Einsendern. Wegners eigentliche Spezialität waren allerdings exklusive, perfekt verarbeitete Stühle, die auf traditionelle Vorbilder zurückgreifen, wie der „Ypsilon“-Stuhl von 1950, ein Stuhl wie ein Handschmeichler. Wegner gilt heute als bedeutender Erneuerer des traditionellen Möbelbaus und als Initiator der dänischen „Moderne“. Ihm ist es gelungen, dänisches Design bekannt zu machen und die Brücke zwischen handwerklicher und industrieller Möbelproduktion zu schlagen. Stuhl „Ypsilon“ Entwurf: 1950 Design: Hans J. Wegner, Möbeldesigner (* 1914 Tonder/DK) Hersteller: Carl Hansen (DK) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1950: Der Wiederbeginn. Die erste Möbelhalle in Horheim. Kriegsbedingt zog die Familie Seipp 1945 in die Heimat der Ehefrau Rosemarie. 1948 war die Familie wieder komplett, Erich Seipp kehrte als Spätheimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft zurück. 1951 In den USA startet CBS die erste Farbfernseh-Sendung. Langsam soll das Programm auf 20 Stunden pro Woche steigen. Mit dem Entwurf dieser Leuchte, die ihren Namen den sechs Bewegungsachsen verdankt, begann eine Schweizer Designerund Unternehmenskarriere. Das Ehepaar Baltensweiler baute eine Produktion auf, die bis heute arbeitet. Etwa die Hälfte der späteren Entwürfe wird nach wie vor hergestellt. Der Urtyp der 600 wurde mehrmals überarbeitet. Ab 1956 setzte Le Corbusier sie in seinen Einrichtungen ein, z. B. in einer Villa in Ahmedabad/Indien. Auch im TatiFilm „Mon Oncle“ durfte die Leuchte mit dem Chinesenhut mitspielen. Leuchte 600 Entwurf: 1950/51 Design: Rico Baltensweiler, Elektroingenieur, Designer (1920 Arbon - 1987 Luzern), Rosmarie Baltensweiler, Innenarchitektin, Designerin (* 1927 Bremgarten/CH) Hersteller: Baltensweiler (CH) 1952 Die amerikanischen GIs bescheren den Deutschen nicht nur Kaugummi und Coca Cola. Mit dem „American Way of Life“ kommen auch die Blue Jeans. Harry Bertoia kannte Charles und Ray Eames aus der gemeinsamen Zeit an der Cranbrook Academy of Art in Michigan, ebenso Eliel und Eero Saarinen sowie Florence Schuster. 1943 zog er nach Kalifornien, um an den Eamesschen Sperrholzexperimenten mitzuarbeiten, nebenher entwarf er Klangskulpturen aus Draht. 1950 meldete sich Florence, inzwischen Frau Knoll von Knoll International, bei ihm: „Arbeite, an was du willst. Sollte dabei ein Möbel entstehen – um so besser“. Bertoia zieht nach Pennsylvania, in die Nähe von Knoll, und entwirft die „Diamond Chairs“. „Wenn Sie diese Stühle betrachten, werden Sie feststellen, daß sie hauptsächlich aus Luft bestehen, wie eine Skulptur. Raum durchdringt sie.“ Danach widmete sich der gebürtige Italiener nur noch der Kunst, den Großskulpturen für Gebäude bekannter Architekten. Stuhl 420 Entwurf: 1952/53 Design: Harry Bertoia, Metallgestalter, Bildhauer (1915 San Lorenzo/Italien - 1978 Bally Penns./USA) Hersteller: Knoll International (D) 1953 James Watson und Francis Crick entschlüsseln den DNA-Code, die Genstruktur des menschlichen Körpers. Die bunten Holzkugeln dieser Wandgarderobe sollten Kinder ermuntern, „alle ihre Sachen“ daran aufzuhängen, Jacken, Spielzeug, Rollschuhe, Puppen, Rucksäcke ... Das dekorative Stück fand und findet nicht nur in Kinderzimmern Verwendung. Charles Eames ermöglichte durch den gleichmäßigen Abstand zwischen den Kugeln auch eine Reihung, wie sie im Objektbereich oder in Arztpraxen notwendig ist. Um die Grafik für die Werbung, um Etiketten und Verpackung der Garderobe kümmerte sich seinerzeit Ray Eames zusammen mit den Mitarbeiterinnen des Eames-Studios. Zur aktuellen Re-Edition dieser Garderobe gehört ein Reprint der Originalverpackung. Garderobe „Hang it all“ Entwurf: 1953 Design: Charles Eames, Architekt, Designer (1907 - 1978 Saint Louis, Miss.), Ray Eames, Malerin, Designerin (1912 Sacramento, Cal. - 1988 Saint Louis, Miss.) Hersteller: Vitra Design Museum (D) 1954 Deutschland wird in Bern Fussball-Weltmeister: Es darf wieder gejubelt werden. Florence Schuster hat an den renommiertesten Architekturschulen der Welt studiert. 1946 heiratete sie Hans Knoll, den Sohn deutscher Möbelfabrikanten, der sich 1938 in New York selbständig gemacht hatte. Beide gewannen Eero Saarinen und Harry Bertoia als Designer. Nach dem Unfalltod von Hans Knoll im Jahr 1955 führte Florence das Unternehmen bis 1959 weiter. Aus ihrer eigenen Feder stammte das elegante kubistische Polstermöbelprogramm. Mit seiner Gradlinigkeit, den stimmigen Proportionen und der aufwendigen Polsterverarbeitung ist es bis heute ein repräsentatives Beispiel des „International Style“, den die in die USA emigrierten Bauhausarchitekten geprägt haben. Sofa 1205 Entwurf: 1954 Design: Florence Knoll, Architektin, Designerin (* 1917 Saginaw/USA) Hersteller: Knoll International (D) 1955 In Kassel findet die erste „documenta“ statt, eine große, internationale Kunstschau. Der Ulmer Hocker gilt als funktionalistisches und minimalistisches Meisterwerk. „Zwei senkrechte Bretter, ein waagerechtes, die drei fest verzahnt, von einem runden Holzstab unten zusammengehalten“, so beschrieb ihn ein Zeitgenosse. Er greift die klare Formensprache der 20er Jahre auf und ist modular und multifunktional verwendbar. Das wurden wichtige Prinzipien der Arbeit an der legendären, 1953 eröffneten „Hochschule für Gestaltung“ in Ulm, mit der Deutschland an die durch das Dritte Reich unterbrochene Moderne des Bauhauses anknüpfen wollte. Max Bill war der erste Rektor der Schule und ließ in den eigenen Werkstätten diesen Hocker herstellen, der verschiedene Sitzhöhen erlaubte und mit dem die Studenten ihre Bücher mit sich herumtragen konnten. „Ulmer Hocker“ Entwurf: 1954/55 Design: Max Bill, Maler, Architekt, Grafikdesigner (1908 Winterthur/CH - 1994 Berlin), Hans Gugelot, Architekt (1920 Makassar/Indonesien - 1965 Ulm) Hersteller: Vitra Design Museum (D) 1956 Fürst Rainier III. von Monaco heiratet Hollywoodstar Grace Kelly. Saarinen studierte in Paris Bildhauerei und in den USA Architektur. Durch den Lehrstuhl seines Vaters Eliel an der Cranbrook Academy of Art lernte er Charles und Ray Eames kennen. 1940 gewann er mit Charles für einen Sperrholzstuhl den 1. Preis im Wettbewerb „Organic Design in Home Furnishings“. Zum „Tulip Chair“-Konzept sagte Saarinen 1956: "Das Untergestell von Tischen und Stühlen in einer typischen Einrichtung erzeugt eine häßliche, verwirrende und unruhige Welt. Ich wollte einen Stuhl wieder als eine Einheit bilden. Alle bedeutenden Möbel der Vergangenheit von Tutenchamuns Stuhl bis zu jenem Thomas Chippendales hatten immer eine ganzheitliche Struktur. Mit unserer Begeisterung für Kunststoff- und Schichtholz-Schalen entfernen wir uns davon“. Mit dem „Tulip Chair“ kehrte er elegant und zeitgemäß zurück. „Tulip Chair + Table“ Entwurf: 1956 Design: Eero Saarinen, Architekt, Möbeldesigner (1910 Kirkkoummi/Finnland - 1961 Ann Arbor, Mich./USA) Hersteller: Knoll International (D) 1957 Die Russen schicken den ersten künstlichen Satelliten „Sputnik“ ins Weltall, der zweite folgt „bemannt“ mit Hündin „Laika“. Man könnte sagen, Max Bill habe ab den 20er Jahren alle für die Gestaltung wichtigen Ereignisse des 20. Jahrhunderts miterlebt. Während seiner Silberschmiedeausbildung in Zürich beeinflußten ihn die Kunstbewegungen Dada und Kubismus. Am Bauhaus in Dessau studierte er Kunst und eröffnete 1930 ein eigenes Büro bei Zürich. Vom De-Stijl-Mitglied Theo van Doesburg übernahm er das Konzept der „konkreten Kunst“: Universalität ist nur durch Klarheit möglich. Der hat sich Bill in allen seinen Werken der bildenden wie angewandten Kunst verschrieben. Nach seinem Ausscheiden aus der Hochschule für Gestaltung in Ulm entstand diese Uhr, mit und ohne Zahlen. Wanduhr „Max Bill“ Entwurf: 1957 Design: Max Bill, Maler, Architekt, Grafikdesigner (1908 Winterthur/CH - 1994 Berlin) Hersteller: Klein und More/Junghans (D) 1958 Das spektakuläre Wahrzeichen der Weltausstellung in Brüssel ist das „Atomium“. Diese vollendete Form probierte der Architekt Arne Jacobsen zuerst an einem Gipsmodell aus, nur so konnte er die dreidimensionale Wirkung der Sitzskulptur richtig darstellen. Der Sessel mit der neuartigen Kunststoffschale verfügt über eine Kippmechanik, die auf das Körpergewicht des Benutzers eingestellt werden kann. Jacobsen war einer der bedeutendsten skandinavischen Architekten und Designer. Gerne arbeitete er auch ganzheitlich wie beim SAS-Hotel, dem ersten Kopenhagener Hochhaus, wo er alles bis hin zum Suppenlöffel schuf. Seine Werke sind einfach, elegant, funktional und doch von ganz besonderem Reiz. Jacobsens Sperrholzstühle „Ameise“ und „Violine“ zählen zu den bekanntesten Sitzmöbeln der Welt. Ohrensessel „Ei 3316“ Entwurf: 1958 Design: Arne Jacobsen, Architekt, Industriedesigner (1902 - 1971 Kopenhagen) Hersteller: Fritz Hansen (DK) 1959 Billy Wilder dreht mit Marilyn Monroe den Film „Manche mögen's heiß“ – ihre Szene mit dem wehenden weißen Kleid wird Kult. „Weniger, aber besser“, lautet die Gestaltungsprämisse von Dieter Rams, einem der ganz großen Designer der letzten 50 Jahre. Daß der Name „Braun“ heute Synonym für modernes Design und Qualität ist, ist im wesentlichen Rams zu verdanken. Seine zusammen mit Hans Gugelot entworfene HiFi-Anlage von 1955/56, der „Schneewittchensarg“, ist Legende. 1959 begann der Designer mit seiner Arbeit am Regalsystem 606. Es soll Maßkonfektion für Menschen sein, die bestimmte Plätze oder Nischen nutzen wollen. Vollgepackt sieht man kein Design, ganz in seinem Sinne. „Gutes Design“, fordert er, „ist ehrlich. Design darf nicht dazu benutzt werden, ein Produkt innovativer, leistungsfähiger und teurer erscheinen zu lassen, als es in Wirklichkeit ist.“ Wie wahr! Regalsystem 606 Entwurf: 1959 Design: Dieter Rams, Architekt, Designer (* 1932 Wiesbaden) Hersteller: sdr+ (D) 1960 John F. Kennedy wird 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Jetzt ist die große Zeit für neue Kücheneinrichtungen gekommen. Nach dem Krieg ging es erst einmal um andere Grundbedürfnisse. An- und Einbauküchen aus Einzelelementen sind bereits auf dem Markt, aber die „SieMatic 6006“ hat mehr zu bieten. Es ist die erste Küche der Welt mit integrierter Aluminium-Griffleiste, und sie wird nicht in Weiß vorgestellt, sondern ihre kunststoffbeschichteten Fronten strahlen lichtblau oder sonnengelb. Ihre stringente Linienführung und klare Frontaufteilung zeigen ein ganz neues Erscheinungsbild, unterstrichen durch die elegant gewölbten Türen. Die Küche wird spontan zum Markterfolg. In ihrer leicht überarbeiteten Neuauflage zeigt sie, daß ihre formale Gültigkeit bis zum heutigen Tag reicht und man mit wirklich Gutem lange leben kann. Einbauküche „SieMatic 6006“ Entwurf: 1960 Design: Werksdesign Hersteller: SieMatic (D) 1961 Die DDR beginnt mit dem Bau der Berliner Mauer. Zuerst ein Flop: Als Conseta im Januar 1962 erstmals auf der Kölner Möbelmesse gezeigt wurde, konnte sich keiner dafür begeistern. Aber für die 50er-60er Jahre wurden Möbel gebraucht, die den raren Platz der Neubauten optimal ausnutzten. Conseta war das erste Polstermöbel, bei dem der Kunde alles optimal zusammenstellen konnte. So wurde es doch noch zum großen Erfolg und ist bis heute ein echter „Evergreen“. Friedrich Wilhelm Möller war dem Handwerk und der Praxis sehr verbunden. Nach der Schreinerlehre machte er eine Ausbildung zum Werkmeister und Innenarchitekten. 1962 eröffnete er mit zwei ehemaligen Mitarbeitern von Egon Eiermann das Architekturbüro „Planen und Bauen“. Lange Jahre arbeitete der engagierte Mann zudem als freier Mitarbeiter für die Firmen COR und Interlübke. 1987 startete er als Unternehmer seine eigene Möbelkollektion. Bis heute ist sie sehr erfolgreich. Sofa „Conseta“ Entwurf: 1961 Design: Friedrich Wilhelm Möller, Architekt, Möbeldesigner, Unternehmer (1931 - 1996 Lemgo) Hersteller: Cor (D) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1961: Möbelhaus Seipp in Waldshut, Bismarckstraße. 1960 war ein Glücksjahr. Erich Seipp konnte das heutige Anwesen in der Bismarckstraße übernehmen. Ein Jahr später wurde das Möbelhaus im Parterre und im 1. Obergeschoss eröffnet. 1962 Andy Warhol schockiert mit Bildern von Suppendosen – und begründet damit einen neuen Kunststil, die Pop Art. Es funktioniert wie ein Baukasten. Trotzdem gehört das Möbelsystem seit 1988 zu der Handvoll Designprodukte, die gerichtlich als Werk der Kunst mit besonderem Urheberschutz anerkannt sind. Das System heißt „Haut und Knochen“. Sechsseitig gelochte Verbindungsknoten nehmen Stahlrohrgestänge auf. Mit einer Reihe von Tablaren, Schubladen, Türen, Hängeregistraturen etc. kann jeder sein Wunschmöbel bauen. Entstanden ist das USM-System eher zufällig, als der Baubeschlaghersteller für seine von Haller gebauten Betriebsanlagen eine Möblierung suchte. Als sich Besucher für das variable, großraumtaugliche und hierarchiefreie Meublement interessierten, ging es in Serie. Heute hat es Kultstatus. Regalsystem „USM Haller“ Entwurf: 1962-1964 Design: Fritz Haller, Architekt (* 1924 Solothurn/CH) Hersteller: USM U. Schärer Söhne (CH) 1963 Martin Luther King beginnt seine berühmte Rede gegen Rassendiskriminierung mit den Worten: „Ich habe einen Traum...“ Der Name Brionvega hat bei Designliebhabern einen guten Klang. Manche behaupten, nie hätte es schönere Radios und Fernsehgeräte gegeben. Dazu gehört das unverwechselbare Klappradio TS 502, das Zanuso und Sapper 1965 entwarfen, und der weichgerundete Fernseher „Algol“, der sich uns keck zuwendet. Der deutsche Industriedesigner Richard Sapper, später Schöpfer der Leuchte „Tizio“, arbeitete damals in Marco Zanusos Studio in Mailand. „Algol“ wird jetzt wieder mit aktueller Technik hergestellt. Fernseher „Algol“ Entwurf: 1963 Design: Richard Sapper, Designer (* 1932 München), Marco Zanuso, Architekt (* 1916 Mailand) Hersteller: Brionvega (I) 1964 In der DDR läuft der erste „Trabbi" vom Band und hat eine Lieferzeit von 12 Jahren. In den 60er Jahren brodelte vieles im Hintergrund, was zum Ende des Jahrzehnts sichtbar wurde. Schon während seines Architekturstudiums skizzierte Verner Panton 1949/50 hinterbeinlose Stühle. Er verfolgte seine Idee weiter, arbeitete mit Sperrholz und Acryl. Die neuen Kunststoffe der 60er Jahre begeisterten den Dänen. Sie zwangen dem Gestalter keine materialbedingten Formen mehr auf und ließen preiswerte Produkte erwarten. Nach jahrelangem Experimentieren ging 1968 der erste hinterbeinlose, aus einem Stück seriell gefertigte Kunststoffstuhl bei Vitra in Serie. Heute gilt er unumstritten als eine Ikone der Pop-Kultur. Panton Chair Entwurf: 1959 -1968 (Produktionsbeginn) Design: Verner Panton, Architekt, Designer (1926 Gamtofte/DK - 1998 Kopenhagen) Hersteller: Vitra (D) 1965 Astronaut Edward White schwebt 20 Minuten im Weltall. Daß der Entwerfer dieses Möbels Bildhauer ist, verwundert nicht. Um so verwunderlicher war seinerzeit dieses Möbelstück, ganz „bodennah“, halb Sessel, halb Liege. Ein Möbel aus einem Stück, ohne Füße und Armlehnen. Paulin hatte damals einige Mühe, den Firmenchef von diesem Entwurf zu überzeugen. Nach der konventionellen Statik der 50er Jahre wandelten sich mit einem jugendlicheren Lebensgefühl langsam die Wohnbedürfnisse. „Tongue“ ist stapelbar und war damals innovativ mit NylonStretch-Stoff überzogen. Die Datierung ist flexibel, denn Paulin hat in diesen Jahren an vielen solchen Möbelskulpturen gearbeitet. Sessel „Tongue“ Entwurf: 1965/66 Design: Pierre Paulin, Innenarchitekt, Designer (* 1927 Paris) Hersteller: Artifort (NL) 1966 Indira Gandhi wird indische Ministerpräsidentin und beendet den Kaschmirkonflikt mit Pakistan friedlich. Das war so ganz im Sinne der Pop-Art-Künstler. Da baut sich ein gelernter Typograf und studierter Grafikdesigner eine Leuchte in Form einer großen Glühbirne und nennt sie „Bulb“ (Birne). Freunde finden sie schön, und damit beginnt Maurers Lichtdesigner- und Unternehmerkarriere. Seither gibt es „Bulb“ und seither überrascht „der Magier des Lichtes“, wie man ihn weltweit nennt, mit immer neuen Leuchtenformen und poetischen Lichtinstallationen. Sein Halogen-Seilsystem YaYaHo (1984) war Trendsetter und die Herzleuchte „One from the heart“ ist die ideale Liebeserklärung. Leuchte „Bulb“ Entwurf: 1966 Design: Ingo Maurer, Designer (* 1932 Insel Reichenau) Hersteller: Ingo Maurer (D) 1967 Ché Guevara wird in Bolivien erschossen. Anna Castelli Ferrieri hat viele Jahre als Architektin und Fachjournalistin gearbeitet, ehe sie sich ab 1966 mit dem Unternehmen ihres Mannes beschäftigte. Er stellte seit 1949 Kunststoffprodukte her. Die Stapelelemente waren ihre ersten Entwürfe für Kartell. Im Ferienhaus hatte sie festgestellt, daß jeder einen Platz für seine unterschiedlichen Habseligkeiten brauchte. Ihre Container sind variabel stapelbar, mit einem Tablett obendrauf und Rollen darunter. Das innovative Material paßte zu Annas Design-Vorstellung: Dinge, die notwendig sind, in einfacher Form und in großer Zahl zu produzieren, um einen niedrigen Preis zu ermöglichen. Die eckigen Elemente waren die ersten, die runden aber mag die Designerin lieber. Container „Componibili“ Entwurf: 1967/1969 Design: Anna Castelli Ferrieri, Architektin, Designerin (* 1920 Mailand) Hersteller: Kartell (I) 1968 Die Truppen des Warschauer Paktes marschieren in die Tschechoslowakei ein. Damals reine Provokation: ein unförmiger Sack als Möbelstück! Auf dem man alles konnte, nur nicht richtig sitzen. Ein frontaler Angriff auf den guten Geschmack. Die bürgerliche Gesellschaft wurde von jugendlichen Wohngemeinschaften, von Hippiekultur und Studentenrevolten gründlich auf den Kopf gestellt: „Unter den Talaren weht der Mief von 100 Jahren.“ „Non-poltrona“ (Nicht-Sessel) haben übrigens die damals 30jährigen Designer ihr Werk genannt. Beim Prototyp waren die Styroporkügelchen noch puristisch im transparenten PVC-Sack. Oft wurden dann Kopien „hausgeschneidert“, heute paßt „Sacco“ wieder in so manches aktuelle Lebensgefühl. Sitzsack „Sacco“ Entwurf: 1968 Design: Piero Gatti (* 1940 Turin), Cesare Paolini (1937 Genua - 1983 Turin), Franco Teodoro (* 1939 Turin) Hersteller: Zanotta (I) 1969 Love and Peace: Zum Hippie-Festival in Woodstock, das drei Tage und drei Nächte dauert, kommen 500.000 Menschen. Die Pop-Künstler der 60er Jahre wie der Amerikaner Claes Oldenburg propagierten es. Bildwelten sollten in neuem Kontext erscheinen, Skulpturen aus traditionell hartem Material sollten zu „soft objects“ werden. Die Mythen des Alltags sollten ungehindert in die Kunstwelt einfließen und die Kunstwelt ohne Vorbehalte in den Alltag. Man war aufgeschlossen: Hersteller entwickelten neue Kunststofftechnologien und gaben jungen Designern eine Chance. Gaetano Pesce, gerade 30, entwarf vollendete Pop-Kultur-Produkte: die Serie „Up“, weiche Schaumpolster in schwellenden, erotischen Formen. Flachgepreßt und vakuumverpackt ließen sie am Happening teilhaben: Sie richten sich selbsttätig zu voller Größe auf. Nur der Fuß, das „archäologische Fundstück“, wird in realer Übergröße geliefert. Sessel „Up 7“ Entwurf: 1969 Design: Gaetano Pesce, Architekt, Designer (* 1939 La Spezia/I) Hersteller: B&B (I) 1970 Kniefall des Bundeskanzlers Willy Brandt für die Opfer des Warschauer Gettos. Die Avantgarde-Gruppe Superstudio hinterfragte die Gültigkeit des Rationalismus im Design und skizzierte neue provokante Stadtstrukturen. Sie nahm an der zeichensetzenden Ausstellung „Italy: New Domestic Landscape“ 1972 im Museum of Modern Art New York teil und war für die Entstehung des neuen „Radical Design“ von großer Bedeutung. Ganz poetisch beschreibt sie die herbe Schönheit ihres Tisches: „Die Karomuster bilden eine Welt platonischer Schönheit, reiner Vernunft, weicher Leichtigkeit, auserlesener Eleganz, glänzender Helligkeit, erinnerungsreicher Bilder, deftiger Strukturen: gleichzeitig Natur und Geschichte.“ Heute könnte man sagen: Der Tisch war seiner Zeit ganz schön weit voraus, ist strapazierfähig (durch den Schichtstoffbelag) und von minimalistischer Schönheit. Tisch „Quaderna“ Entwurf: 1970 Design: Superstudio, Florenz Hersteller: Zanotta (I) 1971 Höhepunkt der Bombenanschläge der RAF, Rote Armee Fraktion, in Deutschland. Viele kennen die Garderobe „Cactus“ als einmaliges Möbelstück. Unter dem Eindruck der gesellschaftlichen Ereignisse von 1968/69 stellten jetzt viele Designer alles in Frage, vor allem die sogenannte „gute Form“ im Bauhaus-Sinn und deren strenge Weiterentwicklung ab 1950 durch die Hochschule für Gestaltung in Ulm. Rockmusik und Pop Art wurden in wundersame, knallbunte Objekte umgesetzt, oft mit überzogenen Dimensionen und konträren Materialien. Die italienische Kollektion Gufram sammelte Entwürfe verschiedener Vertreter des Anti- und Radical Designs. So „Bocca“, das rote Lippensofa, „Pratone“, das überdimensionierte Rasenstück oder „Capitello“, den Ruhesessel – und natürlich „Cactus“, der wegen seiner Beliebtheit später wieder aufgelegt wurde . Garderobe „Cactus“ Entwurf: 1970 - 1972 Design: Guido Drocco, Designer (* 1942 San Benedetto Belbo/I) Franco Mello, Architekt, Designer (* 1945 Genua/I) Hersteller: Gufram (I) 1972 Selbstbewußt wollen Frauen nicht mehr Fräulein heißen. Nach dem Erlaß von Innenminister Genscher handeln auch die Bundesbehörden dementsprechend. Alles, was die Architektin Cini Boeri entwirft, ist praktisch. Ob Ferienhäuser oder Lesesessel mit Ablage, Leuchte, Zeitschriftentasche und Telefon oder leichte Servier- und Wäschewagen. Um die Schönheit kümmert sie sich natürlich auch. Das Bett „Strips“ wirkt wie eine kuschelige, wohnliche Liege und funktioniert wie ein Schlafsack. Ist der umlaufende Reißverschluß geöffnet, kann man schon hineinschlüpfen, das Bettuch ist darunter verborgen. Wer will, kann „Strips“ auch ausziehen und in ein anderes Steppkleid umkleiden. Bei der Optik hat die Italienerin nicht etwa die Daunendecke inspiriert, sondern Christo mit seiner Verhüllungskunst. Bett „Strips Letto“ Entwurf: 1972 Design: Cini Boeri, Architektin, Designerin (* 1924 Mailand) Hersteller: Arflex (I) 1973 Durch die Drosselung der Ölförderung der OPECStaaten wird eine internationale Energiekrise ausgelöst. In Deutschland werden Sonntagsfahrverbote erlassen. Unruhezeiten nennt Michel Ducaroy sie heute, die frühen 70er Jahre. „Neue Materialen lagen in der Luft, Vollhartschaum zum Beispiel. Dieses Material oder Dacron (eine Polyesterfaser) beflügelten uns und unsere Fantasie. Das ist wie in der Musik, wenn ein neues Instrument erfunden wurde, dann gab es immer einen dramatischen Wechsel in der Musikauffassung.“ „Togo“, das niedrige, weiche Sofa, brach mit allen Polstermöbel- und Sitzkonventionen – und eroberte, ganz ungewöhnlich, 1973 sofort die Herzen der Menschen. Wahrscheinlich wegen der vertrauten Kissenform, meint der Designer, und weil es nach dem Prinzip Ofenrohr beim Knicken knuffige Falten wirft. Da es die Ära der Kuschel-Sofas so schön einläutete, wird es heute noch geliebt. Sofa „Togo“ Entwurf: 1973 Design: Michel Ducaroy, Möbeldesigner (* 1925 Lyon) Hersteller: Ligne Roset (F) 1974 In Deutschland wird die erste Ikea-Filiale eröffnet. Dottore Castiglioni, der große Architetto, besitzt Humor und Charme. Diese sympathischen Eigenschaften versteht er auch seinen Designs zu verleihen. Oft haben sie über das Dingliche hinaus etwas Menschliches, sind nette Mitbewohner, die sich außerdem immer nützlich machen. Servomuto, was italienisch „Stummer Diener“ heißt, fordert einen geradezu dazu auf, ihn in die Hand zu nehmen, sich seiner zu bedienen, ihn dorthin zu plazieren, wo man ihn gerade braucht. Denn Wohnen, so ist Castiglioni überzeugt, braucht immer auch Bewegung. So haben Spazierstock und Tablett zusammengefunden. Grazie, dottore! Tisch „Servomuto“ Entwurf: 1974 Design: Achille Castiglioni, Architekt, Designer (* 1918 Mailand) Hersteller: Zanotta (I) 1902 2002 100 Jahre Seipp Auf Grund des starken Wachstums des Möbelhauses Seipp wurde neben dem Stammhaus in Waldshut, ein weiterer zentraler Standort gesucht. Man fand ihn in Tiengen. Mit dem „Möbelhaus im Park“ entstand auch ein für die Möbelbranche neuartiges Hochregallager. 1974: Seipp in Tiengen. Das „Möbelhaus im Park“, Schaffhauser Straße. 1975 Das erste SonnenenergieHaus: Es bezieht seine Energie aus Sonnenkollektoren. Dottoressa Architetto darf sich Gae (von Gaetana) Aulenti nennen, eine der wenigen Frauen, die sich in diesem Beruf durchsetzen konnten. Hier der O-Ton eines Mannes über die Zusammenarbeit an dieser Leuchte: „Es war hart. Gae hat genaue Vorstellungen und besteht so lange darauf, bis sie zufrieden ist. In diesem Eisennetz ist die Liebe der Architektin zum Theater, zu seinen Figuren eingeschlossen. Und es genügt, die Leuchte anzuknipsen, um zu bemerken, daß sie recht hatte: Die Figur erleuchtet das ganze Zimmer mit kleinen Lichtzeichen.“ Das bekannteste Bauwerk der Architektin ist der Umbau des Gare d‘Orsay in Paris zum Kunstmuseum. Leuchte „Patroclo“ Entwurf: 1975 Design: Gae Aulenti, Architektin, Designerin (* 1927 Palazzolo della Stella/I) Hersteller: Artemide (I) 1976 Die Concorde, das erste zivile Überschallflugzeug, nimmt den regelmäßigen Linienverkehr auf der Transatlantikstrecke auf. In den 60er und 70er Jahren wird ein kleines finnisches Textilunternehmen zum Inbegriff des Zeitgeistes. Marimekko wird zum eigenen Stil und auf der ganzen Welt verkauft: die großrapportigen Dekorationsstoffe, die Haustextilien, Geschenkartikel und nicht zuletzt auch die klar geschnittenen, fast geschlechtsneutralen Kleidungsstücke für Männer, Frauen und Kinder. Das paßt ebenso in die Zeit wie die übergroßen Dessins mit ihren kräftigen Farben und den weichen, klaren Linien. In dieser Hochzeit der Poster und Siebdrucke feiert Marimekko seine größten Erfolge. In den 70er Jahren werden gegenständliche Muster aus der Natur klar und neu interpretiert – ein bißchen Flower Power, ein bißchen naiv inspirierte Moderne. Der japanische Designer Fujiwo Ishimoto arbeitet seit 1974 für die Kultmarke. Stoff „Kuja“ Entwurf: 1976 Design: Fujiwo Ishimoto, Keramik- und Stoffdesigner (* 1941 Ehime/Jap.) Hersteller: Marimekko (FIN) 1977 Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ erhält den Friedensnobelpreis. Die Isolierkanne weist etliche Kriterien der „guten Form“ auf: klare Form, ausgewogene Proportionen, praktische Handhabung, intuitiv begreifbare Funktion, angemessener Material- und Fertigungsaufwand, lange Lebensdauer. Was hinzukommt, ist hier auch die „aufrechte, skandinavische Haltung“, wo man gute Dinge konsequent bewahrt und nicht in ihrem Äußeren so schnell trendig modifiziert. Diese Isolierkanne funktioniert perfekt und einfach: kein Schrauben und Schauen, wie herum denn bitte – einfach einschenken, den Rest macht die Kanne selbst. Erik Magnussen hat an der Kopenhagener Kunstakademie Keramik studiert und neben vielen Produkten rund um den Tisch auch Leuchten, Möbel und Türgriffe gestaltet. Isolierkanne Entwurf: 1977 Design: Erik Magnussen, Designer (* 1940 Kopenhagen) Hersteller: Stelton (DK) 1978 Das erste Baby, das im Reagenzglas gezeugt wurde, kommt in Großbritannien zur Welt. Männer und Hausarbeit, manchmal führt das zu revolutionären Erfindungen. Designer James Dyson war 1978 von der schlechten Leistung seines Staubsaugers enttäuscht. Also erfand er eine neue Technologie. 15 Jahre und mehr als 5.100 Prototypen später kam sein Staubsauger mit einem neuen, patentierten System in Großbritannien auf den Markt. Er arbeitet ohne Beutel und mit zwei künstlich erzeugten Zyklonen. Feinstaub wird perfekt aufgenommen und die Saugkraft bleibt konstant bei 100 %. In Japan wurde der Staubsauger schon einige Jahre als Luxusartikel für 2.000 Dollar verkauft, diese Lizenzen brachten dem Erfinder das Startkapital für die heimatliche Produktion, denn so Dyson: „Einem Ingenieur als Unternehmer leiht in England niemand Geld.“ Staubsauger „Dyson“ Entwurf: 1978 - 1983 Design: James Dyson, Designer, Unternehmer (* 1947 Norfolk/GB) Hersteller: Dyson (GB) 1902 2002 100 Jahre Seipp 1978: Die Familie Seipp. Möbelkaufmann Erich Seipp wurde von Wirtschaftsminister Dr. Eberle in Stuttgart mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In der Mitte Frau Rosemarie Seipp. Von links nach rechts, stehend: Horst, Vater Erich, Carmen, Irene, Heidrun, Roland, Albert, Gabriele, Claus. Sitzend: Mutter Rosemarie und Angelika Seipp. 1979 Schiitenführer Khomeini kommt im Iran an die Macht. Das Volk stimmt für seine „Islamische Republik“. Es ist eine Frage der Haltung, wie man Design auffaßt und an neue Designaufgaben herangeht. Antonio Citterio und Paolo Nava, beide heute sehr erfolgreich mit eigenen Studios, folgen ihren eigenen Prinzipien. Das bedeutet, Archetypen zu kennen und anzuerkennen, vorangegangene Gestaltungsleistungen zu studieren und zu selektieren und mit dem eigenen Entwurf immer etwas besser machen zu wollen – und nicht nur anders. Dem Sofaprogramm „Diesis“ liegt das Gestaltungsprinzip der Meister der 20er Jahre zugrunde: die klare Trennung von Gestell und Polsterteilen. Durch minutiöse Detailarbeit haben Citterio und Nava höchste Gestaltqualität erreicht. Die handwerkliche Qualität hält mit, „Diesis“ ist elegant und wertvoll. Sofa „Diesis“ Entwurf: 1979 Design: Antonio Citterio, Architekt, Designer (* 1950 Meda/I), Paolo Nava, Architekt, Designer (* 1943 Seregno/I) Hersteller: B&B (I) 1980 Die Bundespartei „Die Grünen“ wird gegründet. Man erzählt eine schöne, nicht gerade romantische Geschichte über die Entstehung dieses Tisches. Sie geschah „zwischen Tür und Angel“. Gae Aulenti wollte nach einer Besprechung beim Glashersteller Fontana Arte gerade das Haus verlassen, man unterhielt sich noch im Hinausgehen. Da kam der Hausbote mit einem Rollwagen entgegen. Der Blick der Architektin fiel auf die bulligen Räder (ital.: ruote). Spontan war die Idee dieses Tisches geboren: eine dicke Glasplatte auf vier kräftigen Rollen. So schnell kann es gehen – mit einem sehenswerten Resultat, das neben aller Eigenständigkeit auch andere Dinge zur Wirkung kommen läßt. „Tavola con Ruote“ Entwurf: 1980 Design: Gae Aulenti, Architektin, Designerin (* 1927 Palazzolo della Stella/I) Hersteller: Fontana Arte (I) 1981 Europa vor dem Fernseher: Prinz Charles heiratet Lady Diana. „Zwischen dem Weg der kleinen, analytischen Entwicklungsschritte und der intuitiven Geistesblitzlösung ist eigentlich alles möglich.“ Ein Schubladenstapel im Brockenhaus (schweiz. für Trödelladen) inspirierte das Designerpaar, das ursprünglich kubische Möbel neu zu interpretieren. Expressives Palisanderfurnier verbindet die zerlegten Teile wieder zu einer neuen Einheit. Seit den späten 60er Jahren gestalten die beiden Schweizer in verschiedenen Designdisziplinen. „Schubladenstapel“ Entwurf: 1981 Design: Susi Berger, Grafik- und Möbeldesignerin (* 1938 Luzern), Ueli Berger, Künstler, Designer (* 1937 Bern) Hersteller: Röthlisberger (CH) 1982 Helmut Kohl wird deutscher Bundeskanzler. „Geometrie ist Ausgewogenheit“, lautet die These des Tessiner Architekten, der mit seinen unverwechselbaren, oft „gestreiften“ Bauten weltweit bekannt geworden ist. Geometrische Grundformen, Streifen und Rasterungen kennzeichnen sein Architekturbild ebenso wie seine selteneren Möbelentwürfe, die er durchnumeriert. Der Armlehnstuhl „Seconda“ ist ein Musterbeispiel für sein Denken, und verweist zudem auf seinen Hintergrund als Konstrukteur. Stilistisch steht er für die sachlichere Seite der Postmoderne. Stuhl „Seconda“ Entwuf: 1982 Design: Mario Botta, Architekt (* 1943 Mendrisio/CH) Hersteller: Alias (I) 1983 Die Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher sorgt für einen Presseskandal. Bereits Ende der 70er Jahre hatten italienische Avantgarde-Designer, u.a. Ettore Sottsass, Andrea Branzi und Alessandro Mendini, als „Studio Alchimia“ nach neuen künstlerischen und intellektuellen Ansätzen im Design gesucht. Ettore Sottsass verließ die Gruppe, um mit Kollegen wie Michele De Lucchi, Matteo Thun, Marco Zanini und Martine Bedin freier arbeiten zu können. 1981 gründeten sie in Mailand die Gruppe „Memphis“. „Memphis“ schockte mit üppigem Dekor, knalliger Farbigkeit und frechen Formen. Und hat eine ganze Ära von „wildem Design“ eingeläutet. Martine Bedins Leuchte stammt aus der ersten Memphis-Kollektion und ist heute eines der wenigen Produkte, die noch hergestellt werden. Leuchte „Super“ Entwurf: 1981 Design: Martine Bedin, Architektin, Designerin (* 1957 Bordeaux) Hersteller: Memphis (I) 1984 Der amerikanische Hersteller Apple bringt den ersten Macintosh-Computer auf den Markt. Das „Neue Deutsche Design“ sorgt um diese Zeit für Aufsehen. Die „jungen Wilden“ bauen harte, provokante Stücke, geschweißt, geschnitten, geschmiedet. Zur Kölner Möbelmesse 1985 meldet sich die Kölner Gruppe Pentagon zu Wort, eröffnet eine Galerie und verteilt ihr Manifest. Fünf Mitglieder entwerfen, fertigen und verkaufen ihre starken Stücke. Sie protestieren gegen miefige Wohnzimmer und postmoderne „Schickitäten“. Geblieben ist das „Gespannte Regal“ von Pentagon-Mitglied Wolfgang Laubersheimer. Es wurde zur Ikone und sogar gerichtlich als Werk der Angewandten Kunst anerkannt. Trotzdem wird es billig kopiert. Wer das Original besitzt, sollte wissen, daß dieses bis heute in der Kölner Werkstatt von Vater Laubersheimer in Handarbeit hergestellt wird. Janz sischer! „Gespanntes Regal“ Entwurf: 1984 Design: Wolfgang Laubersheimer, Bildhauer, Designer (* 1955 Bad Kreuznach) Hersteller: Nils Holger Moormann (D) 1985 Boris Becker gewinnt mit 17 Jahren das Tennis-Turnier von Wimbledon. Seine Produkte sind frech, unbekümmert, witzig, vielseitig, einfach, edel, gestylt, elegant, preiswert, sündhaft teuer – sie sind einfach „starck“. Heute ist Philippe sicher der bekannteste Designer der Welt, dank seines spektakulären Œuvres und seiner Entertainer-Qualitäten. 1984 hat er mit dem Café Costes in Paris einen neuen Gastronomietrend gesetzt und mit dem Hotel Royalton in New York die Ära der „Design-Hotels“ eingeläutet. Er ist schuld, wenn wir beim Wort Zitronenpresse an Kleckerei denken oder wenn wir selbstvergessen eine geschwungene Türklinke streicheln. Richard III., 1982/83 für Präsident Mitterrand im Elysée-Palast entworfen, sieht von vorne aus wie ein traditioneller Clubsessel. Seitlich entdeckt man, daß seine Majestät hohl ist: Bluff, Luft, Kunststoff. Sessel „Richard III“ Entwurf: 1985 Design: Philippe Starck, Designer (* 1949 Paris) Hersteller: Baleri (I) 1986 Der Super-Gau: schweres Reaktorunglück im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Ettore Sottsass lud den Japaner 1980 zur Mitarbeit in der „Memphis“Gruppe ein. Er charakterisiert seinen früh verstorbenen Freund so: „Shiro Kuramata ist kein japanischer Moralist, kein Perfektionist oder Purist, kein Hüter von Spitzfindigkeiten des Zen oder Tao. Für ihn ist das Leben zerbrechlich, traumhaft, in einem Zustand des Haiku“ (japanische Kunst des Kurzreims). Kuramata ist der international bekannteste japanische Möbeldesigner. Daneben verschafften ihm auch etliche Interieurentwürfe, z. B. Läden für Issey Miyake und Esprit sowie Bars und Restaurants große Bewunderung. „How High the Moon“ ist ein Spiel mit Licht und Schatten, mit Raum und Volumen – und die Demaskierung bürgerlicher Statussymbole. Sessel „How High the Moon“ Entwurf: 1986 Design: Shiro Kuramata, Designer (1934 - 1991 Tokio) Hersteller: Vitra (D) 1987 Der junge Hobbypilot Mathias Rust landet mit seinem Sportflugzeug ungehindert auf dem Roten Platz in Moskau. Ettore Sottsass ist einer der Großen des italienischen Designs. Der Architekt wollte nie „Monumente für das öffentliche Schauspiel“ gestalten, sondern immer „nur vergängliche Szenen für das private Theater, für Meditationen und Einsamkeiten“. Ab 1958 arbeitete er als Berater und Designer für Olivetti. Damals schuf er klares Industrial Design, entwarf so Markantes wie „Valentine“, die rote Reiseschreibmaschine „am Griff“. Die Suche nach innovativen Ansätzen im Design führte 1976 mit Weggenossen wie Alessandro Mendini zur Gründung des „Studio Alchimia“. Anschließend beeinflußte er mit den provokanten Stücken für „Memphis“ die gesamte Designwelt. Der Grandseigneur hat in seinem kontroversen Gestalterleben auch vieles für den gedeckten Tisch entworfen. Und er ist ein ausgezeichneter Fotograf. Besteck „Nuovo Milano“ Entwurf: 1987 Design: Ettore Sottsass, Architekt, Designer (* 1917 Innsbruck/A) Hersteller: Alessi (I) 1988 An den deutschen Tankstellen werden die Zapfsäulen auf bleifreies Benzin umgestellt. Das Schweizer Architekten-Paar Trix und Robert Haussmann hat in den 80er Jahren an einer Serie von Möbelstücken gearbeitet, den „Illusionistischen Lehrstücken“, mit denen sie auch die „um sich greifende Ausdrucksarmut“ der Moderne kritisieren. Der modernen Form fügten sie als Dekoration das Ornament hinzu, oft als Trompe-l‘œil-Effekt, als Architekturzitat. Das Sideboard „stripes“ entstand im Anschluß. Es verbindet die klare Form, die raffinierte Funktionalität der Fuß/Scharnierkombination mit dem opulenten Faltenwurf eines Streifenstoffes. Sideboard „stripes“ Wogg 12 Entwurf: 1988 Design: Robert Haussmann, Architekt, Designer (* 1931 Zürich), Trix Haussmann, Architektin, Planerin (* 1933 Chur/CH) Hersteller: Wogg (CH) 1989 Die Berliner Mauer fällt. Die DDR öffnet ihre Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland. Ein Regal ist ein Regal ist ein Regal. „Design wird hier auf die Grundfunk tion des optimalen Dienens für einen definierten Zweck zurückgeführt“, lobte ein Designkritiker. Axel Kufus, der eine Tischlerausbildung bis hin zur Meisterschule durchlief, ist Pragmatiker: „Die Proportionen ergeben sich aus der Abmessung des Halbzeugs. Es ent steht bei der Herstellung praktisch kein Verschnitt.“ Wobei man feststellen muß, daß die Proportionen dabei von ausgewogener Schönheit sind. Wangen, Böden und Aluschie nen werden ohne Werkzeugeinsatz durch einfaches Stecken miteinander verbunden. Eine Spannvorrichtung aus Stahldraht kann stabilisieren. Kufus verbindet handwerkliches Können und künstlerische Sensibilität mit funktionalem und ergonomischem Wissen. Das Regal ist sein Meister stück. Regalsystem „FNP“ Entwurf: 1989 Design: Axel Kufus, Designer (* 1958 Essen) Hersteller: Nils Holger Moormann (D) 1990 Die Wiedervereinigung Deutschlands. „Restless Furniture“ (ruhelose Möbel) hat 1989 Deyan Sudjic seine Monografie über Ron Arad betitelt. Rastlos geht der jetzige Londoner seinen Weg, Kunststudium in Israel, Architekturstudium an der Architectural Association London. 1981 eröffnete er sein erstes Studio „One Off ltd.“, 1983 den Showroom. Der Name ist Programm, hier entstehen skulpturale Möbelunikate, aus Stahlblech geschweißt. Arad geht künstlerisch mit dem Material um. Die Dimensionen der Möbelstücke werden überhöht, verfremdet. Oft spielt er mit der „ruhelosen“ Federkraft des Materials, so auch bei der Liege „Off Spring“. „Neo-nothing: post all“ nannte er seinen Stil einmal. Die Designwelt bewundert seine Arbeit. Im Winter 1991 eröffnete Ron Arad persönlich die spektakuläre FreiluftAusstellung bei Seipp. Liege „Spring“ (limitierte Auflage) Entwurf: 1990 Design: Ron Arad, Designer (* 1951 Tel Aviv/Israel) Hersteller: Moroso (I) 1991 Der Deutsche Bundestag entscheidet sich mit einer knappen Mehrheit von 18 Stimmen für Berlin als künftigen Parlaments- und Regierungssitz. Jasper Morrison ist eigentlich heute schon Legende, trotz seiner jungen Jahre und seiner angenehm zurückhaltenden Art. Er ist die Zentralfigur der „neuen Einfachheit“, des Purismus, des Minimal Designs. Der Londoner selbst nannte es einmal „No Design“. Direkt nach seinem Studium war er 1984 zur Geburtsstunde des Berliner „Neuen Designs“ vor Ort und lehrte an der Hochschule der Künste Designtheorie. In Zusammenarbeit mit der Designwerkstatt Berlin entstand 1988 das knappe, karge Wohnraum-Ensemble „Some new items for the house“, ein Manifest seines neuen Denkens. 1987 war Morrison Teilnehmer der „documenta 8“. Das „Universal System“ ist sein hochästhetischer Beitrag zum Thema Behältnismöbel. Jasper Morrison, der viel für italienische Hersteller arbeitet, hat einen Stil geprägt. Sideboard „Universal System“ Entwurf: 1991 Design: Jasper Morrison, Designer (* 1959 London) Hersteller: Cappellini (I) 1992 Spontan formieren sich in deutschen Großstädten Lichterketten gegen die Gewalt von rechts. Am besten sind oft die Designs, die für einen ganz präzisen, praktischen Zweck entworfen worden sind. So ist es auch bei diesem Paravent. Im Mailänder Showroom der Möbelkollektion Baleri sollte das Außenlicht gefiltert und ein trennender Hintergrund zur Präsentation der einzelnen Möbelstücke geschaffen werden. „Cartoons“ war die Lösung. Firmenchef Enrico Baleri: „Ich fand das Resultat so feinsinnig poetisch und gleichzeitig so einleuchtend und so elementar als Antwort auf die funktionellen und ökonomischen Bedürfnisse, daß ich mich spontan entschloß, es in die „Baleri Italia Collection“ aufzunehmen.“ Der Designer Luigi Barioli war damals Art Director des Mailänder Showrooms, heute unterrichtet er am „Istituto Europeo di Design“ in Mailand. Paravent „Cartoons“ Entwurf: 1992 Design: Luigi Barioli, Architekt, Designer (* 1951 Corbetta/I) Hersteller: Baleri (I) 1993 Der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela erhält den Friedensnobelpreis. Ein eher kräftiger Mann, der das Leben gerne mit gutem Essen, Bordeaux und Zigarre genießt, hat diesen auf das absolute Minimum reduzierten Metalltisch entworfen. Architekt Jean Nouvel haben die Entwürfe des Konstrukteurs Jean Prouvé aus den 30er Jahren beeindruckt. Tisch „Less“ basiert in seiner extremen Leichtigkeit auf der meisterhaften Beherrschung der Tragwerkslehre. Nouvel hatte für das Schmuckimperium den neuen Sitz der „Fondation Cartier“ in Paris gebaut, die Kunst und Design präsentiert. Das Gebäude am Boulevard Raspail erscheint ganz und gar transparent, die Glasfassade zeigt alles. Also entwarf der Architekt die Möbel gleich mit. Ebenfalls in Paris steht das Gebäude, das Nouvel international bekannt machte, das „Institut du Monde Arabe“. Eines seiner jüngsten Projekte ist das Kultur- und Kongreß-Zentrum in Luzern. Tisch „Less“ Entwurf: 1993 Design: Jean Nouvel, Architekt (* 1945 Fumel/F) Hersteller: Molteni (I) 1994 Auf deutschen Straßen wird das erste Tempolimit erlassen, um die Ozonbelastung der Luft zu senken. Es ist die Zeit der Jungen, die „frische“, leichte Möbel für die neue mobile Gesellschaft entwerfen, die Formen vereinfachen, Materialien reduzieren. Dieses Möbelstück ist ein perfektes Beispiel – 1994 war der Designer allerdings 63 Jahre alt. Kurt Thut kommt nicht aus Mailand oder London, er ist in einem kleinen Dorf bei Zürich geboren und betreibt dort heute noch die ererbte Möbelwerkstatt. Zwischendrin hat der charmante und bescheidene Mann Innenarchitektur und Architektur studiert. Sein großes Talent ist der Entwurf innovativer Möbelstücke, damit begann er 1986. Seine genialen Entwürfe wie der „Folienschrank“, dessen Leichtbauweise dem Flugzeugbau entlehnt ist, finden heute weltweit Beachtung. Dem Kollegen Robert Haussmann stimmen viele zu: „Was Thut tut, tut Thut gut.“ „Folienschrank“ Entwurf: 1994 Design: Kurt Thut, Architekt, Möbeldesigner (* 1931 Möriken/CH) Hersteller: Thut (CH) 1902 2002 Küche 100 Jahre Seipp Leuchte Büro 1994: Der englische Designer Jasper Morrison gestaltet das aktuelle Erscheinungsbild von Seipp Wohnen. Schrank Tisch Bett Stuhl Sofa Regal Teppich 1995 Christo und Jeanne Claude verhüllen den Berliner Reichstag. „Ich gehöre nicht zu dieser Less-is more-Sorte. Ich arbeite einfach in einer niederen Position, zusammen mit anderen gewöhnlichen Glühlampen, solchen Dingern, die nicht viel Wert haben. Ich mag die Idee, Kraft aus der Minderwertigkeit heraus zu bekommen. Man kann eben eine Glühbirne nicht vermeiden, sie gehört immer zur Lampenkonstruktion dazu. Sie sollten sich also nicht über ein Ding lustig machen, dem Sie nicht entkommen können, auch wenn ein Schirm darüber steckt.“ Welche dieser 85 Bulbs hier spricht, weiß nur „Droog Design“. Das holländische Unternehmerpaar Renny Ramakers und Gijs Bakker trägt mit seinen Projekten und Ausstellungen die humorvoll-trockene Landesart in die Welt hinaus. Kronleuchter „85 Bulbs“ Entwurf: 1993/95 Design: Rodie Graumanns, Designer (* 1968 Den Haag/NL) Hersteller: Droog Design (NL), Details (D) 1996 In Kuala Lumpur, Malaysia, entsteht mit dem „Petronas Tower“ das mit 452 Metern höchste Gebäude der Welt. Für die Mailänder „Droog Design“Ausstellung mit Namen „Dry Tech“ wurde dieses Leichtgewicht geknüpft. Marcel Wanders arbeitete nach dem Motto „Macramé meets High Tech“ und verband Handwerk mit industrieller Technologie. Das Naturfaserseil besitzt einen Kern aus Kohlefaser und wird in Sesselform geknotet. Das noch schlaffe Netz wird in Epoxy-Harz getaucht und zum Aushärten in einen Rahmen eingespannt. Inzwischen sind auch ein runder Schalensessel und ein Glastisch in die „Knotted Family“ eingezogen, alle sind beim italienischen Avantgarde-Hersteller Cappellini in Produktion gegangen. „Knotted Chair“ Entwurf: 1996 Design: Marcel Wanders, Designer (* 1963 Boxtel/NL) Hersteller: Cappellini (I) 1997 Mit Schaf Dolly kommt in Großbritannien das erste geklonte Lebewesen zur Welt. Typisch London: Hier finden Designtalente besten Nährboden, aber keinen Hersteller. Dixon arbeitete in Diskotheken und versuchte sich 1987 an einer Stuhlskulptur aus Eisen und Gummi, dem späteren S-Chair. Dann gründete er die übliche Kombination aus Studio, Werkstatt und Laden. Zur Mailänder Möbelmesse 1997 zeigte Dixon zusammen mit anderen Briten im verlassenen Depot unter dem Mailänder Bahnhof „Jack“, das leuchtende Ding. Der Name stammt von „Jack in the Box“, dem Männchen, das aus der Schachtel springt. Auf „Jack“ kann man sitzen, eine Tischplatte legen oder es einfach nur stapeln oder aufreihen zur individuellen Lichtskulptur. Ein Journalist schrieb: „Er hat mit allem gebrochen, mit dem man in den jüngsten Jahren brechen konnte.“ Gut so. Leuchtobjekt „Jack“ Entwurf: 1997 Design: Tom Dixon, Künstler, Designer (* 1959 Sfax/Tunesien) Hersteller: Artifical (D) 1998 Der Kinofilm „Titanic“ rührt Menschen in aller Welt und heimst elf Oscars ein. Minimal Design und weiche Polster – Bruch des puristischen Konzeptes oder selbstverständliche Ergänzung zur bequemen Seite des Lebens hin? Wo andere Designer doktrinär denken oder visuelle Widersprüche produzieren, löst der Protagonist des „Minimal Design“ Jasper Morrison dies auf seine souveräne und eindrucksvolle Art. Er verweist mit „Orly“ auf den Archetyp des wuchtigen Clubsofas und verleiht seinen Polsterelementen trotz ihrer kräftigen Proportionen eine gewisse Leichtigkeit. Rundliche Armlehnen können seitlich an den unterschiedlich breiten Bankelementen montiert werden. Dem zurückhaltenden Meister aus London ist wieder einmal ein großer Wurf gelungen. Sofa „Orly“ Entwurf: 1998 Design: Jasper Morrison, Designer (* 1959 London) Hersteller: Cappellini (I) 1999 Berlin wird Regierungshauptstadt. Ein besonders schönes Stück Massivholz war die Initialzündung für den ersten Entwurf und die Gründung des e15 Studios. Produktdesigner Florian Asche und Architekt Philipp Mainzer hatten spontan die Idee, aus diesem europäischen Eichenholz Möbel zu bauen. Sie wollten das Holz mit seiner ganzen ursprünglichen Schönheit zeigen, auch deren rauhe Seite wie Astansätze und Risse, daneben die lebendige Maserung, die etwas von der Geschichte des Baumes erzählt, seines Standortes, des Wetters während seiner Lebenszeit. Das ungeschönte, sehr liebevoll verarbeitete Holz hat zusammen mit dem klaren Design eine ungewöhnlich tiefe Wirkung auf die Menschen. Man streichelt es und verspürt Ehrlichkeit, Verläßlichkeit und Ruhe. Möbel und Erfolg sprechen für sich. Bett „Mo“ Entwurf: 1999 Design: Philipp Mainzer, Architekt (* 1969 Mainz) Hersteller: e15 (D) 2000 Vor den deutschen Kochtöpfen herrscht Verunsicherung: die BSE-Krise. Das Millennium, heiß ersehnt und bang erwartet – dann ging zum Jahreswechsel doch alles gut. Zu den Feierlichkeiten putzten sich viele fein heraus, ganz dem Zeitgeist folgend, ein bißchen Glanz und Luxus, ein paar schöne Träume für die neue Zeit und alles im aktuellen Lifestyle-Mix aus Fashion, Ambiente, Wellness und Design. So zog auch Designer Francesco Binfaré seinem Sofa „Flap“ zur Jahrtausendpremiere ein Festkleid an. 750.000 feingeschliffene Kristalle der renommierten Swarovski-Dynastie aus Österreich funkeln darauf. „Flap“ bietet durch die einzigartigen Verstellmöglichkeiten seiner schön geschwungenen Sitzflächenteile ganz neue Varianten für Vis-à-Vis-Sitzen und -Liegen, das perfekte Möbel zum Lounging & Clubbing. In der Glamour-Robe wird es zum „Object of Desire“. Sofa „Flap“ Entwurf: 2000 Design: Francesco Binfaré, Designer (* 1939 Mailand) Hersteller: Edra (I) 2001 11. September: Terroranschlag auf das World Trade Center in New York. Zwei junge Männer, Brüder aus der Bretagne, bringen ums Millennium herum Frankreich in den Fokus des Avantgardedesigns. Schnell findet ihre Arbeit Anerkennung, so auch beim Kollegen Jasper Morrison. Modemacher Issey Miyake betraut sie gleich mit dem Interieur einer seiner Pariser Läden. Persönlichkeit, Poesie, Schönheit und Funktionalität ist den Bouroullecs wichtig, und sie gehen ganz besonders damit um. Ihre Formensprache ist weich gerundet, ihre Formen aber „stellen sie nur bereit“, auf daß der Käufer individuell mit ihnen gestalte. So bei den Teppichen, die man mit Reißverschlüssen selbst komponiert, oder bei den Regalelementen „Brick“, die man zu schönen Strukturen formieren kann. Die Brüder erklären, ihr Werk sei die Farbpalette, nicht das Gemälde. Regal „Brick“ Entwurf: 2001 Design: Ronan Bouroullec, Designer (* 1971 Quimper/F), Erwan Bouroullec, Designer (* 1976 Quimper/F) Hersteller: Cappellini (I) 2002 Der Euro wird als neue Währung in 12 europäischen Ländern eingeführt. Eine neue Generation von Designern sucht keine neuen Formen und Materialien für herkömmliche Möbelstücke. Sie geht konzeptionell und projektorientiert an neue Gestaltungsaufgaben heran. Zusammenhänge und Abhängigkeiten werden untersucht, die Inhalte überprüft und neue Anforderungen an das Lebensumfeld werden formuliert. Dann erst geht es an die Gestaltung. Das junge Londoner Designer-Duo, das sich an der renommierten Royal Academy of Arts kennenlernte, machte schnell international auf sich aufmerksam. 1998 entstand eine kleine Brauerei mit Bar und Restaurant im Szene-Quartier Covent Garden und ebenso ein neues ApothekenKonzept mit Naturmedizin, Behandlungs- und Beratungsräumen. „Screen“ ist Paravent und Lichtfilter, Display und Stummer Diener zugleich. Wandschirm „Screen“ Entwurf: 2002 Design: Barber Osgerby Associates, Edward Barber, Designer (* 1969 Screwsbury/GB), Jay Osgerby, Designer (* 1969 Oxford/GB) Hersteller: Cappellini (I) 1902 2002 100 Jahre Seipp Das umsichtige Umweltmanagement von Seipp Wohnen wurde im Jahr 2002 eindrucksvoll gewürdigt. 2002: Seipp Wohnen feiert nicht nur 100jährigen Geburtstag. Auch bei dem wichtigen Thema Umweltschutz gibt es gleich doppelten Grund zum feiern. Mit dem Umweltpreis 2002 des Landes Baden-Württemberg. Mit der erfolgreichen Überprüfung des Umweltmanagements. Bibliografie Adam, Peter: Eileen Gray: Architektin, Designerin, Edition Stemmle, Kilchberg/Zürich 1989. Murphy, Diana (Hg.): Die Welt von Charles und Ray Eames, Vitra Design Museum, Weil am Rhein 1997. Alessi, Alberto: Die Traumfabrik. Alessi seit 1921, Electa/Alessi, Mailand 2001. Neuhart, John/Neuhart, Marilyn/Eames, Ray: Eames design. The work of the office of Charles and Ray Eames, Ernst & Sohn, Berlin 1989. Armer, Karl Michael/Bangert, Albrecht: Design der 80er Jahre. Die Stilgeschichte eines Jahrzehnts, Bangert Verlag, München 1990. Noblet, Jocelyn de (Hg.): Design, miroir du siècle, Flamarion, Paris 1993. Constant, Caroline/Wang, Wilfried (Hg.): Eileen Gray. Eine Architektur für alle Sinne, Ernst J. Wasmuth Verlag, Tübingen 1996. Ramakers, Renny/Bakker Gijs (Hg.): Droog Design. Spirit of the Nineties, 010 Publishers, Rotterdam 1998. Droste, Magdalena: Bauhaus 1919 -1933, Benedikt Taschen Verlag, Köln 1998. Rüegg, Arthur (Hg.): Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert, Birkhäuser Verlag für Architektur, Basel 2002. Fiell, Charlotte/Fiell, Peter: Design des 20. Jahrhunderts, Benedikt Taschen Verlag, Köln 2000. Heider, Thomas/Stegmann, Markus/Zey, René: Lexikon internationales Design. Designer, Produkte, Firmen, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1994. Jahr, Angelika (Hg.): Moderne Klassiker. Möbel, die Geschichte machen, Gruner und Jahr, Hamburg 1996. Magnano Lampugnani, Vittorio (Hg.): Hatje-Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts, Verlag Gerd Hatje, Ostfildern-Ruit 1998. Sudjic, Deyan: Ron Arad. Restless Furniture, Fourth Estate/Wordsearch, London 1989. Vegesack, Alexander von (Hg.): Das Thonet Buch, Bangert Verlag, München 1987. Vegesack, Alexander von (Hg.): Ron Arad 1980-1990, Vitra Design Museum, Weil am Rhein 1990. Vegesack, Alexander von/Dunas, Peter/Schwartz-Clauss, Mathias (Hg.): 100 Masterpieces aus der Sammlung des Vitra Design Museums, Vitra Design Museum, Weil am Rhein 1996. Seipp Wohnen Bismarckstraße 35 D-79761 Waldshut Telefon +49 7751 8360 Seipp Wohnen Schaffhauser Straße 36 D-79761 Tiengen Telefon +49 7741 60900 Öffnungszeiten Montag–Freitag 9 bis 19 Uhr Samstag 9 bis 17 Uhr wohnen@seipp.com www.seipp.com