Newsletter Nr. 22 / Oktober 2005

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Newsletter Nr. 22 / Oktober 2005
N e w s l e tter Nr. 22 OKTOBER 2005
Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
INHALT
❚ Vorhofflimmern: So krank ist das Herz gar nicht
2
❚ Erlernte Hilflosigkeit – hohe Kortisol-Spiegel können depressiv
machen
3
❚ „Psychotherapie führt zu biologischen Veränderungen“
Interview mit Privatdozent Dr. Peter Gass
4
❚ Rehabilitation hilft auch den Partnern von Krebspatienten
5
❚ Patienten mit Bandscheibenvorfall wollen nicht unters Messer
6
❚ Neue Therapiestrategie könnte Nebenwirkungen
bei Lymphknotenkrebs reduzieren
7
❚ Katheter denkt mit und sorgt für sichere Infusionstherapie
8
❚ Diagnose der Zuckerkrankheit: Infrarot-Strahlung statt Blutabnahme
9
❚ Was ist eigentlich ...
... ein Ionenkanal?
10
❚ Das BMBF auf der MEDICA 2005
11
NEWSLETTER NR. 22 OKTOBER 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
Vorhofflimmern: So krank ist das Herz gar nicht
Die Muskulatur der Herzvorhöfe ist bei Patienten
mit Vorhofflimmern gesünder als vermutet. Darauf
weisen Wissenschaftler des Kompetenznetzes Vorhofflimmern um Dr. Dr. Ulrich Schotten hin. Nach
ihren Ergebnissen ist die Kraft der Vorhofmuskulatur sich zusammenzuziehen bei der Erkrankung
nur um etwa 15 Prozent reduziert. Bisher dachte
man, dass die Zellen ihre Kraft fast vollständig
verlieren. Außerdem kommt es entgegen der
gängigen Lehrmeinung nicht zu einer Zerstörung
der Vorhofmuskulatur.
In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an
Vorhofflimmern, der häufigsten Form von Herzrhythmusstörungen. Die Forschungsergebnisse des vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
unterstützten Kompetenznetzes sind für sie eine gute
Nachricht. Offensichtlich stehen die Chancen gar nicht
schlecht, die Schlagkraft der Herzvorhöfe dauerhaft zu
stabilisieren. Dadurch ließe sich das Risiko gefährlicher
Komplikationen, vor allem von Schlaganfällen, senken.
Diese entstehen, wenn sich aufgrund der unzureichenden Pumpleistung der Vorhöfe Blutgerinnsel bilden
und ins Gehirn gelangen.
Ärzte glaubten bislang, die Herzmuskelzellen seien bei
dauerhaftem Vorhofflimmern so stark geschädigt, dass
sie selbst nach der Wiederherstellung des regelmäßigen Herzschlags mithilfe eines kurzen Elektroschocks
(Kardioversion) nicht mehr richtig funktionieren. „Jetzt
haben wir aber eine völlig neue Situation“, so Schotten.
„Wenn die Vorhofmuskulatur gar nicht so krank ist,
müsste man nach der Kardioversion ihre Schlagkraft
durch Medikamente weitgehend wiederherstellen
können.” Schotten und seine Kollegen haben deshalb
in Tierversuchen eine neue Generation so genannter
Kalium-Kanal-Blocker (siehe S. 10) getestet. Diese Arzneien werden gegen Herzrhythmusstörungen eingesetzt, können aber aufgrund ihres Wirkmechanismus
gleichzeitig die Pumpfunktion des Herzmuskels verbessern. „Wir haben gezeigt, dass die neuen Kalium-KanalBlocker die Kontraktionskraft der Vorhöfe nach der
Kardioversion vollständig normalisieren, und zwar
innerhalb von Minuten“, so Schotten. „Jetzt wollen wir
Partner aus der pharmazeutischen Industrie gewinnen,
um dieses zusätzliche Einsatzgebiet der Medikamente
an Patienten zu erproben.“ Eine normale Herzleistung
bei Patienten mit Vorhofflimmern rückt also in greifbare Nähe. Außerdem besteht die Hoffnung, länger als
bisher den regulären Herzrhythmus stabilisieren zu
können.
Schotten wurde für seine Erfolge auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
mit dem Woldemar-Mobitz-Preis 2005 geehrt. Die
Auszeichnung ist mit 6.000 Euro dotiert.
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern im Internet:
www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de
❚
Ansprechpartner:
PD Dr. Dr. Ulrich Schotten
Medizinische Klinik I
Universitätsklinikum Aachen
c/o Department of Physiology
University Maastricht
Tel.: +31 43 388-1077
Fax: +31 43 388-4166
E-Mail: schotten@fys.unimaas.nl
Gesundheitsforschung:
Forschung für den Menschen
Mit dem Programm „Gesundheitsforschung:
Forschung für den Menschen“ verfolgt die Bundesregierung das Ziel, eine optimale medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Eine effiziente und qualitativ hochwertige
Gesundheitsforschung trägt entscheidend dazu
bei. Das Gesundheitsforschungsprogramm setzt
daher – gleichrangig zu den inhaltlichen Maßnahmen – einen Schwerpunkt auf strukturelle
Verbesserungen in der Forschungslandschaft.
Zwei erfolgreiche Beispiele sind die vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
geschaffenen Koordinierungszentren für klinische Studien oder die Kompetenznetze in der
Medizin.
Neben der Stärkung der Forschungslandschaft
durch Strukturoptimierungen und -innovationen werden in weiteren Bereichen Akzente
gesetzt: Effektive Bekämpfung von Krankheiten, Forschung zum Gesundheitswesen und
Gesundheitsforschung in Zusammenarbeit
von Wirtschaft und Wissenschaft.
Projektträger im DLR, Heinrich-Konen-Straße 1, 53227 Bonn, Tel.: 02 28/38 21-2 69, Fax: 02 28/38 21-2 57
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NEWSLETTER NR. 20 JUNI 2005 Krankheiten bekämpfen: Das Nationale Genomforschungsnetz
3
Erlernte Hilflosigkeit – hohe KortisolSpiegel können depressiv machen
Ein gestörter Kortisol-Stoffwechsel kann aufs
Gemüt schlagen. Darauf weisen Wissenschaftler des
Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) hin.
Sie stellten fest, dass Mäuse zu depressiven Verhaltensweisen neigen, wenn ihr Gehirn zu wenig
Rezeptoren für Kortisol bildet.
Das körpereigene Hormon Kortisol wird besonders in
Stresssituationen ausgeschüttet. Es erhöht den Blutzuckerspiegel und wirkt entzündungshemmend. Diese
Effekte des Hormons werden vor allem über den so
genannten Glukokortikoid-Rezeptor vermittelt. Ärzte
setzen Medikamente, die dem Kortisol eng verwandt
sind („Kortison“), gegen Krankheiten wie Allergien,
Asthma oder Rheuma ein. Darüber hinaus kann das
Hormon offensichtlich auch die Psyche beeinflussen.
Privatdozent Dr. Peter Gass und seine Mitarbeiter vom
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim
gingen dieser Vermutung nach. Sie untersuchten hierfür genetisch veränderte Mäuse (GR+/--Mäuse*). Diese
Tiere verfügen nur über halb so viele GlukokortikoidRezeptoren wie normale Mäuse. In verschiedenen Experimenten zeigte sich, dass diese Tiere zu „erlernter
Hilflosigkeit“ neigen, einem für Depressionen typischen
Verhaltensmuster. Was erlernte Hilflosigkeit bedeutet,
veranschaulichen die Versuche: Die Tiere wurden
zunächst zwei Tage lang leichten, unvorhersehbaren
Stromstößen ausgesetzt, denen sie nicht entkommen
konnten. Am dritten Tag änderte sich die Versuchsanordnung. Jetzt leuchtete wenige Sekunden vor jedem
Stromstoß eine rote Lampe auf. Die Tiere hatten dann
die Möglichkeit, in einen anderen Teil der Versuchskammer zu laufen und so dem Stromschlag zu entgehen. Im Vergleich zu normalen Mäusen brachten
sich die GR+/--Mäuse wesentlich seltener rechtzeitig in
Sicherheit. Sie nahmen die Stromstöße oft einfach hin.
Offensichtlich hatten die Tiere nach der schlechten
Erfahrung der ersten beiden Tage, an denen die Stromstöße unabwendbar waren, resigniert: Sie hatten Hilflosigkeit erlernt. Ähnlich dem Schicksal ergebene Reaktionen auf Stress beobachten Ärzte bei depressiven
Menschen. Stress gilt darüber hinaus als ein wichtiger
auslösender Faktor der Depression.
Gestörte Rückkopplung
Im Blut entdeckten die Forscher eine weitere entscheidende Parallele zwischen den GR+/--Mäusen und Personen mit Depressionen. Beide weisen unter Stress erhöhte Kortisol-Spiegel auf, wahrscheinlich aufgrund eines
gestörten Rückkopplungsmechanismus: Normalerweise fährt der Körper die Hormonproduktion zurück,
wenn zu viel Kortisol zirkuliert. Diese Rückkopplung
wird über die Glukokortikoid-Rezeptoren vermittelt.
Sind zu wenig Rezeptoren vorhanden, merkt der Körper
nicht, dass der Kortisol-Spiegel hoch ist und leitet keine
Gegenmaßnahmen ein. Gass vermutet, dass auch
Menschen mit Depressionen zu wenig GlukokortikoidRezeptoren besitzen oder dass die Rezeptoren bei ihnen
nicht empfindlich genug sind. Dies kann zusammen mit
den daraus resultierenden hohen Hormon-Spiegeln ein
Problem werden.
Depression lässt sich jetzt leichter erforschen
Aber warum können hohe Kortisol-Spiegel depressiv
machen? Welchen Zusammenhang gibt es zwischen
dem Hormon und der Psyche? In Mannheim ist man
einer Antwort auf diese Fragen sehr nahe. Die Spur
führt in den Hippocampus, eine Hirnregion, die für
unsere Emotionen wichtig ist. Wie Gass und seine
Mitarbeiter feststellten, liegt bei GR+/--Mäusen im
Hippocampus zu wenig Nervenwachstumsfaktor BDNF
(brain-derived neurotrophic factor) vor. BDNF schützt
Nervenzellen vor dem natürlichen Zelltod, beeinflusst
ihre Differenzierung und wirkt auf die Synapsen, also
die Schaltstellen zwischen den Nervenzellen. Offensichtlich löst die geringe Zahl von GlukokortikoidRezeptoren eine fatale Kettenreaktion aus: Wegen der
gestörten Rückkopplung steigt der Kortisol-Spiegel im
Blut an, wodurch die BDNF-Konzentration im Hippocampus abfällt. Als Folge davon hat der Hippocampus
die Emotionen nicht mehr unter Kontrolle und es
kommt zur Depression. „Auch bei Menschen mit
Depressionen soll die BDNF-Konzentration im Hippocampus vermindert sein”, ergänzt Gass. „Unsere Versuche bestätigen, dass hinter diesem BDNF-Mangel ein
gestörter Kortisol-Stoffwechsel stecken kann.”
* GR steht für Glukokortikoid-Rezeptor; +/– bedeutet, dass die Versuchstiere bezüglich des Rezeptor-Gens heterozygot sind: auf einem Chromosom tragen sie das Gen, auf dem anderen Chromosom fehlt es.
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NEWSLETTER NR. 22 OKTOBER 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
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Was das für die Behandlung von Menschen mit Depressionen bedeutet, ist noch nicht klar. „Wir wissen allerdings mittlerweile, dass die meisten Antidepressiva den
BDNF-Stoffwechsel des Hippocampus beeinflussen”, so
Gass. Möglicherweise besteht eine zusätzliche Therapieoption in Medikamenten, mit denen sich die erhöhten
Kortisol-Spiegel senken lassen. Ein anderer Weg könnten Mittel sein, die den Glukokortikoid-Rezeptor
blockieren, sodass das Hormon im Gehirn den BDNFHaushalt nicht mehr durcheinander bringen kann.
Erste Versuche dazu mit betroffenen Patienten verliefen
ermutigend. Mindestens genauso wichtig ist Gass aber
ein anderer Aspekt: „Weil die GR+/--Mäuse sich in vielen
Punkten ganz ähnlich wie Menschen mit Depressionen
verhalten, können wir durch die Etablierung dieses
Tiermodells die Depression jetzt viel besser als bisher
erforschen.”
4
Ansprechpartner:
PD Dr. Peter Gass
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J5, 68159 Mannheim
Tel.: 06 21/17 03-29 31
Fax: 06 21/17 03-20 05
E-Mail: gass@as200.zi-mannheim.de
Im Nationalen Genomforschungsnetz arbeiten Fo rscher aus unterschiedlichen Fachrichtungen eng
zusammen, um Krankheitsursachen zu erkennen
und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
Mehr Informationen im Internet unter: www.ngfn.de
„Psychotherapie führt zu
biologischen Veränderungen“
Interview mit Privatdozent Dr. Peter Gass vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
in Mannheim über den Zusammenhang von Kortisol und Depression
Sehr geehrter Herr Gass, Störungen
des Kortisol-Haushalts scheinen bei
Depressionen eine wichtige Rolle
zu spielen. Gilt das für alle Patienten?
In erster Linie scheinen Veränderungen im Kortisol-Stoffwechsel bei
schweren Formen der Depression vorzukommen. Etwa
50 Prozent der klinisch schwer depressiven Patienten
weisen erhöhte Kortisol-Spiegel im Blut auf, vor allem
nachts.
Wird heute noch zwischen reaktiven Depressionen
durch belastende Lebensumstände und endogenen Depressionen, die ohne solche Auslöser entstehen, unterschieden?
Gibt es dabei Unterschiede im Kortisol-Haushalt?
Von dieser Differenzierung ist man schon seit einiger
Zeit abgekommen, weil zwischen beiden Formen keine
echten biologischen Unterschiede zu bestehen scheinen. Die Diagnose einer Depression wird in erster Linie
anhand der typischen Symptome und nicht anhand
der Entstehungsgeschichte gestellt. Insofern können
Störungen des Kortisol-Stoffwechsels immer eine Rolle
spielen, auch wenn die Depression offensichtlich durch
ein belastendes Ereignis wie den Tod des Partners ausgelöst wurde.
Stabilisiert eine Therapie der Depression
auch den Kortisol-Haushalt?
Ja. Es ist bekannt, dass sich unter der Behandlung mit
Antidepressiva ein gestörter Kortisol-Stoffwechsel oft
normalisiert. Die kausalen Zusammenhänge sind allerdings unklar. Wir wissen nicht, ob die Medikamente
direkt den Kortisol-Stoffwechsel beeinflussen und
dadurch die Stimmung verbessern, oder ob die Antidepressiva – während sie die Stimmung aufhellen –
gleichzeitig zu einer Stabilisierung des Kortisol-Stoffwechsels beitragen.
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NEWSLETTER NR. 22 OKTOBER 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
Kann man mit einer Psychotherapie dasselbe erreichen?
Depressive Patienten mit gestörtem Kortisol-Haushalt,
deren Zustand sich durch alleinige Psychotherapie verbessert, zeigen auch eine Verbesserung ihrer KortisolSpiegel. Psychotherapie führt also zu biologischen
Veränderungen. Ähnliches findet man auch im Tierversuch. Wenn man bei depressiven Nagern die Haltungsbedingungen durch Spielzeug oder ein Laufrad angenehmer gestaltet, lässt sich beobachten, dass sich ein
zuvor erhöhter Kortisol-Stoffwechsel normalisiert.
Außerdem funktioniert bei den Tieren die Regulation
von bestimmten Botenstoffen im Hippocampus, der
Hirnregion, die emotionales Verhalten steuert, wieder
besser.
Können Kortison-haltige Medikamente Depressionen
auslösen?
Dass bei manchen Menschen, die Kortison einnehmen,
Veränderungen des Gefühlslebens auftreten, ist gut
bekannt und kommt gar nicht so selten vor. Die Patien-
5
ten können sowohl Symptome einer Depression entwickeln als auch Zeichen einer manischen Störung, also
eine übertrieben positive, hyperaktive oder überreizte
Stimmungslage. Zu diesen Symptomen kommt es in der
Regel aber nur, wenn man relativ hohe Kortison-Dosen
über einen längeren Zeitraum einnimmt.
Welche Therapiemöglichkeiten der Depression
sehen Sie für die Zukunft?
Unser Institut führt zurzeit gemeinsam mit internationalen Partnern eine große Studie an Personen durch,
die unter einer sehr schweren Depression leiden. Wir
behandeln die Patienten mit einem Medikament, dass
die Glukokortikoid-Rezeptoren blockiert. Dadurch kann
das Hormon im Gehirn seine Wirkung nicht mehr entfalten und den Haushalt der Botenstoffe dort nicht
mehr stören. Wir glauben, dass darin eine neue Möglichkeit bestehen könnte, den Patienten zu helfen.
Kleinere Studien deuten bereits darauf hin, dass dieser
Ansatz funktioniert.
Rehabilitation hilft auch den Partnern
von Krebspatienten
Fährt ein krebskranker Patient zur Rehabilitation, kann der Partner ihn begleiten. Die Kosten
dafür sind allerdings selber zu tragen. Eine vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) geförderte Studie hat jetzt gezeigt, dass diese
Möglichkeit meistens in Anspruch genommen wird,
um den Patienten während der Rehabilitation
unterstützen zu können. Weiteres Ergebnis: Auch
dem mitgereisten Partner geht es nach dem Klinikaufenthalt wesentlich besser.
Das Projekt am Hamburger Universitätsklinikum wurde
im Rahmen des Norddeutschen Verbundes für Rehabilitationsforschung durchgeführt. Die Studie sollte klären,
ob krebskranke Patienten und ihre Partner von einer
gemeinsamen Rehabilitation profitieren und warum
einige Paare sich dafür und andere dagegen entscheiden. Die Hamburger Forscher um Dr. Corinna Bergelt
befragten drei Gruppen betroffener Patienten und ihrer
Lebensgefährten: 212 Paare, die zusammen zur Rehabilitation fuhren, 318 Paare bei denen der Partner zu
Hause blieb und 103 Paare, bei denen auch der Patient
selber keine Rehabilitation in Anspruch nahm.
Auch gesunde Partner brauchen Erholung
Die meisten der mitreisenden Partner entschieden sich
für die gemeinsame Rehabilitation, damit sie dem kranken Lebensgefährten auch während des Klinikaufenthalts helfen konnten. Sie schienen die Lage durchaus
richtig einzuschätzen: Die Patienten dieser Gruppe
waren durch den Tumor in ihrer körperlichen Lebensqualität stärker eingeschränkt als die Patienten in den
beiden anderen Gruppen, neigten vermehrt zu Depressionen und äußerten meistens selber den Wunsch,
begleitet zu werden. Häufig wurde die gemeinsame
Rehabilitation auch damit begründet, dass der Partner
ebenfalls körperliche und seelische Erholung benötige.
„Der Wunsch zur gemeinsamen Rehabilitation entspringt zumindest teilweise dem höheren Belastungsniveau der jeweiligen Patienten und Partner”, kommentiert Studienleiterin Bergelt.
Für den Erfolg der Rehabilitation war es allerdings egal,
ob der Partner mit dabei war. So oder so kamen die
Patienten anschließend mit ihrer Krankheit besser zurecht, konnten sich gezielter ablenken und fanden zu
einer positiveren Lebenseinstellung. Offensichtlich hilft
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NEWSLETTER NR. 22 OKTOBER 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
die Rehabilitation aber nicht nur den Patienten, sondern auch den mitreisenden Partnern. Wie die Studie
zeigte, waren letztere nach dem freiwilligen Klinikaufenthalt psychisch weniger belastet und weniger depressiv als die Partner in den beiden anderen Gruppen –
selbst wenn sie gar nicht aktiv an Rehabilitationsmaßnahmen teilnahmen. „Die Ergebnisse sprechen dafür,
die Lebensgefährten krebskranker Menschen gezielter
in die Rehabilitation einzubinden“, so Bergelt. „Einerseits erleichtern die Partner den Patienten durch ihre
Unterstützung die Bewältigung der Krankheit. Andererseits ist anzunehmen, dass die Partner aufgrund ihrer
eigenen Belastung von gezielten Angeboten im Rahmen der Rehabilitation selbst profitieren können.“
❚
6
Ansprechpartnerin:
Dr. Corinna Bergelt
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Zentrum für Psychosoziale Medizin
Institut und Poliklinik für
Medizinische Psychologie
Martinistraße 52, Haus S35
20246 Hamburg
Tel.: 0 40/4 28 03-49 39
Fax: 0 40/4 28 03-49 40
E-Mail: bergelt@uke.uni-hamburg.de
Patienten mit Bandscheibenvorfall
wollen nicht unters Messer
Krankengymnastik, Massagen und gezieltes Muskeltraining sind bei Patienten mit unkompliziertem Bandscheibenvorfall wesentlich beliebter als eine Operation
– und offensichtlich ist bei ihnen ein operativer Eingriff
auch nur selten notwendig. Diese Erfahrung machten
Ärzte des Bezirkskrankenhauses Günzburg in Bayern,
als sie eine Studie zum Nutzen von Bandscheibenoperationen durchführen wollten.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte Forschungsprojekt sollte
eine lange Diskussion beenden: Ist bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule, der
zwar Schmerzen verursacht und die Beweglichkeit einschränkt, aber noch keine Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen hervorruft, eine Operation sinnvoll?
Oder führt eine so genannte konservative Therapie mit
Schmerzmitteln, Krankengymnastik, Wärmeanwendungen etc. zu besseren Behandlungsergebnissen? Um
diese Frage zu beantworten, planten die Günzburger
Wissenschaftler um Dr. Stephan Frisch eine Studie mit
200 betroffenen Patienten, die trotz zweiwöchiger
intensiver konservativer Behandlung noch unter
Beschwerden litten. Sie wollten die Studienteilnehmer
zufällig auf zwei Gruppen verteilen. Die eine Hälfte von
ihnen sollte weiter konservativ behandelt werden, die
andere Hälfte eine Operation erhalten. Doch in der
geplanten Form kam die Studie gar nicht zustande.
Frisch: „Kaum ein Patient, der der Operationsgruppe
zugelost worden war, wollte sich dann tatsächlich
operieren lassen. Deshalb haben wir die Studie schließlich abgebrochen.” Nur sechs Patienten hatten zu diesem Zeitpunkt der Operation vertraut – 29 Studienteilnehmer dagegen einer Fortsetzung der konservativen
Therapie.
Der weitere Krankheitsverlauf scheint den OperationsSkeptikern Recht zu geben. Ein Jahr später hatten die
konservativ behandelten Patienten sogar etwas weniger Restbeschwerden als die operierten. „Das bestätigt
unsere praktischen Erfahrungen”, so Frisch. „Bei einem
unkomplizierten Bandscheibenvorfall bringt eine Operation wahrscheinlich keinen Vorteil. Man sollte die
Patienten deshalb nicht zum Eingriff drängen. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen bilden sich auch
ohne Operation meistens gut zurück. Leider werden in
Deutschland aber immer noch zu viele Bandscheibenoperationen durchgeführt.“
❚
Ansprechpartner:
Dr. Stephan Frisch
Klinik für Neurologie und neurologische
Rehabilitation
Bezirkskrankenhaus Günzburg
Ludwig-Heilmeyer-Straße 2
89312 Günzburg
Tel.: 0 82 21/96-22 64
Fax: 0 82 21/96-22 88
E-Mail: stephan.frisch@bkh-guenzburg.de
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Neuer BMBF-Flyer: „Seltene Erkrankungen – Millionen Patienten“
Was bedeutet „selten“? Für Krankheiten hat man sich auf eine Definition geeinigt: Wenn weniger als
0,05 Prozent der Bevölkerung von einer Krankheit betroffen sind, gilt sie als selten. Rechnet man den
geringen Prozentsatz auf die gesamte Bevölkerung und auf die nach dieser Definition etwa 7.000 seltenen Krankheiten hoch, stellt man schnell fest, dass seltene Krankheiten gar nicht so selten sind. Im Gegenteil: Sie betreffen Millionen von Menschen. Oft handelt es sich um schwere chronische Erkrankungen, die
erhebliches Leid verursachen und tödlich enden können.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb seit dem Jahr 2003 zehn
krankheitsspezifische Netzwerke für seltene Erkrankungen mit insgesamt 25 Millionen Euro über
maximal fünf Jahre. Dadurch lassen sich die Krankheitsursachen und -verläufe systematisch erforschen,
spezifische Diagnosen treffen und eine bestmögliche Patientenversorgung sicherstellen.
Zum Thema „Seltene Erkrankungen – Millionen Patienten“ ist ein neuer Informations-Flyer des BMBF
erschienen. Er kann kostenlos bestellt werden:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Publikationen, Internetredaktion
Postfach 30 02 35, 53182 Bonn
Tel.: 0 18 05/26 23 02 (0,12 Euro/Min. aus dem deutschen Festnetz)
Fax: 0 18 05/26 23 03
E-Mail: books@bmbf.bund.de
Neue Therapiestrategie könnte Nebenwirkungen
bei Lymphknotenkrebs reduzieren
Bei Patienten mit Morbus Hodgkin, einer Form von
Lymphknotenkrebs, ist eine Strahlentherapie seltener
notwendig als bisher angenommen. Darauf weisen
Forscher um Privatdozent Dr. Ralph Naumann vom Uniklinikum Dresden und Privatdozent Dr. Mathias Hänel
vom Klinikum Chemnitz hin. Sie stellten fest, dass eine
intensivierte Chemotherapie oft ausreicht, um den
Krebs vollständig zurückzudrängen. Vorteil: Das Risiko
für Nebenwirkungen, insbesondere für neue Tumoren
als Spätfolge der Bestrahlung, könnte reduziert werden.
Naumann, Hänel und ihre Kollegen führten eine Studie
mit insgesamt 142 Patienten durch, die an Morbus
Hodgkin in verschiedenen Schweregraden litten. Um
die Datenbank für das Projekt und um die statistische
Auswertung kümmerte sich das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte
Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) in
Dresden. Alle Patienten erhielten zunächst eine an ihr
Tumorstadium angepasste Chemotherapie – allerdings
in intensiverer Form als bislang üblich. Anschließend
untersuchten die Forscher mithilfe der Computertomographie (CT), wie gut sich der Krebs zurückgebildet
hatte. Waren die sichtbaren Tumorreste kleiner als
1,5 cm, werteten sie dies als Zeichen dafür, dass das bösartige Gewebe vollständig abgestorben war. Zusätzlich
wurde der Tumorstoffwechsel mit der Positronenemissionstomographie (PET) untersucht. Dieses Verfahren
liefert zusätzliche Erkenntnisse zur Vitalität von Lymphomknotenkrebs und kann zwischen vitalem Resttumor und Narbengewebe unterscheiden.
Wenn die Wissenschaftler keinen Hinweis für lebendes
Tumorgewebe mehr fanden, verzichteten sie auf die
übliche Strahlentherapie. Der Erfolg gab ihnen Recht:
Auch ohne Bestrahlung flackerte der Krebs nur sehr
selten wieder auf. Bei jedem zweiten Patienten mit
Morbus Hodgkin in einem frühen und bei jedem dritten
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NEWSLETTER NR. 21 AUGUST 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
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in einem fortgeschrittenem Stadium machte die intensivere Chemotherapie eine Bestrahlung überflüssig.
Gleichzeitig traten deutlich weniger Komplikationen
auf als nach einer kombinierten Chemo-Strahlentherapie. Aufgrund der ermutigenden Ergebnisse wird die
neue Therapiestrategie mit Unterstützung des KKS
Dresden fortgeführt.
8
Ansprechpartner:
PD Dr. Ralph Naumann
Medizinische Klinik und Poliklinik 1
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
der Technischen Universität Dresden
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Tel.: 03 51/4 58-38 55
Fax: 03 51/4 58-43 73
E-Mail: ralph.naumann@uniklinikumdresden.de
Katheter denkt mit und sorgt
für sichere Infusionstherapie
Moderne Medizin ist Präzisionsarbeit. Bei einer
Chemotherapie kann es zum Beispiel nötig sein, den
Patienten winzige Mengen hochwirksamer Medikamente über mehrere Stunden als Infusion zu verabreichen – und zwar in exakter und gleichmäßiger Dosierung. Wenn das Medikament derart langsam durch den
Infusionsschlauch fließt, kann dieser leicht verstopfen.
Wird die Störung nicht schnell bemerkt, ist der Therapieerfolg gefährdet. Wissenschaftler des FraunhoferInstituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM
in München und der Universität Erlangen haben deshalb einen „intelligenten“ Katheter entwickelt. Er
erkennt sofort, wenn der Medikamentenfluss ins
Stocken gerät und meldet die Störung. Das medizinische Personal kann den Fehler dann rasch beheben.
Zentrale Elemente des neuen Katheters sind ein so
genannter Fluidikchip und eine Lichtquelle in Form
einer Leuchtdiode. Das Medikament fließt durch den
Chip, der aus einem Silizium-Glasverbund besteht. Im
Chip befindet sich ein mikromechanisch hergestellter,
winziger beweglicher Schieber. Er verändert in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit seine Lage. Fließt
das Medikament zu langsam, so bewegt sich der
Schieber in eine Position, in der er den Lichtstrahl der
Leuchtdiode blockiert. Ein Fotoelement registriert diese
Unterbrechung, woraufhin ein optisches oder akusti-
sches Signal ausgelöst wird. Dies alles geschieht auf
engstem Raum: Der Chip ist lediglich einen Millimeter
hoch, einen Millimeter breit und 25 Millimeter lang. Er
befindet sich direkt vor der Einstichstelle des Katheters
durch die Haut.
Prototypen des „intelligenten“ Katheters liegen bereits
vor. Im Jahr 2000 wurde das Projekt beim vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) organisierten Innovationswettbewerb zur Förderung der
Medizintechnik ausgezeichnet. Am Fraunhofer-Institut
ist man nun auf der Suche nach Industriepartnern, die
den Katheter bis zum marktreifen Produkt weiterentwickeln.
❚
Ansprechpartner:
Dr. Martin Richter
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit
und Mikrointegration IZM
Institutsteil München
Hansastraße 27d
80686 München
Tel.: 0 89/5 47 59-4 55
Fax: 0 89/5 47 59-1 00
E-Mail: richter@izm-m.fhg.de
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Diagnose der Zuckerkrankheit:
Infrarot-Strahlung statt Blutabnahme
Die Diagnose der Zuckerkrankheit und die langfristige Kontrolle des Blutzuckerspiegels könnten bald
ohne Blutabnahme möglich sein. Wissenschaftler um
Dr. H. Michael Heise vom ISAS – Institute for Analytical
Sciences an der Universität Dortmund weisen den Diabetes stattdessen mithilfe von Infrarot-Strahlung nach,
die in die Haut eindringt und dort teilweise reflektiert
wird. Die Methode funktionierte in umfangreichen Testreihen bereits so gut, dass sie schlecht eingestellte Diabetiker mit einer Zuverlässigkeit von über 85 Prozent
identifizierte. Die Entwicklung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt.
„Aus dem Reflexionsmuster der Infrarot-Strahlung
können wir ableiten, welche Substanzen in der Haut
vorkommen”, erklärt Heise. So lässt sich feststellen,
ob dort zu viele glykierte („verzuckerte“) Proteine
und deren Folgeprodukte vorhanden sind. Glykierte
Proteine entstehen unter anderem durch den für die
Zuckerkrankheit typischen erhöhten Blutzuckerspiegel.
Heise: „Unser Verfahren misst im Grunde genommen
die Farbe der glykierten Proteine und ihrer Folgeprodukte. Viele chemische Substanzen haben ,Farben’ im
Infrarotbereich. Das ist eigentlich dasselbe wie bei
Kleidungsstücken oder Blumen, die ja auch ihre Farben
haben.” Im täglichen Leben begegnet man glykierten
Proteinen zum Beispiel auf dem Sonntagsbraten. Sie
färben gebratenes Fleisch braun.
Die Apparatur für die Diabetes-Diagnose mit InfrarotStrahlung verwendet zur Hautmessung eine Sonde, die
wie eine kleine Pistole aussieht. Sie wird auf die Haut
gerichtet, die Untersuchung dauert dann etwa eine
Minute. Um die optimalen Wellenlängen der InfrarotStrahlung und den optimalen Messort zu bestimmen,
führte Heises Team mehr als 1.000 Messungen bei 109
Studienteilnehmern durch. Die besten Ergebnisse lieferten Messungen an der Fingerkuppe. Als Nächstes sollen
nun Partner aus der Industrie gefunden werden, die
sich für das Verfahren interessieren und es weiterentwickeln wollen. Ziel ist ein kleines, unkompliziertes
Gerät, das in Arztpraxen oder Apotheken eingesetzt
werden kann. Heise und seine Kollegen sind überzeugt,
dass ihre Technik den Kampf gegen die Zuckerkrankheit voranbringen wird. Ohne die unangenehme
Blutentnahme sinkt die Hemmschwelle der Patienten,
sich untersuchen zu lassen, so ihre Hoffnung. Vorteil:
Der Diabetes wird früher erkannt und früher behandelt.
Dadurch lassen sich schwere Folgekrankheiten mit
Gefäß-, Augen- und Nierenschäden verhindern.
Neben Heises Team aus Dortmund waren an dem
Projekt Wissenschaftler um Professor Dieter Ihrig von
der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn und
Privatdozent Markus Stücker von der Dermatologischen
Klinik der Ruhr-Universität Bochum beteiligt.
❚
Ansprechpartner:
Dr. H. Michael Heise
ISAS – Institute for Analytical Sciences
an der Universität Dortmund
Bunsen-Kirchhoff-Straße 11
44139 Dortmund
Tel.: 02 31/13 92-2 15
Fax: 02 31/13 92-1 20
E-Mail: heise@ansci.de
Projektträger im DLR, Heinrich-Konen-Straße 1, 53227 Bonn, Tel.: 02 28/38 21-2 69, Fax: 02 28/38 21-2 57
MasterMedia, Bodelschwinghstraße 17, 22337 Hamburg, Tel.: 0 40/50 71 13-38, Fax: 0 40/59 18 45
NEWSLETTER NR. 22 OKTOBER 2005 Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen
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Was ist eigentlich ...
... ein Ionenkanal?
Zellen stehen in ständigem Kontakt mit ihrer
Umwelt. Sie empfangen Signale über ihre Rezeptoren,
schleusen Botenstoffe in ihr Inneres, stoßen Hormone
aus oder setzen Enzyme frei. Außerdem strömen
ständig elektrisch geladene Atome und Moleküle, so
genannte Ionen, in die Zelle hinein und aus ihr heraus.
Dadurch verändert die Zelle ihre elektrische Ladung.
Das ist eine Voraussetzung dafür, dass sie ihre Aufgaben
erfüllen kann – dass zum Beispiel Drüsenzellen Sekret
produzieren, Nervenzellen Informationen weitergeben
oder Muskelzellen sich zusammenziehen. Auch die
Entstehung und Weiterleitung der elektrischen Impulse im Herzen hängt entscheidend von Ionenströmen ab.
kanäle lassen zum Beispiel keine Kaliumionen oder
Kalziumionen durch. Die Ionenkanäle wechseln außerdem ständig zwischen offenem und geschlossenem
Zustand. Der Öffnungszustand vieler Ionenkanäle wird
wiederum über andere Proteine reguliert, zum Beispiel
über Hormone. Sie binden an das Kanalprotein und
machen das Schlupfloch durchlässig oder undurchlässig. Darüber hinaus können die Kanäle in ihrer Funktion von der elektrischen Spannung zwischen Zellinnerem und Zelläußerem oder von mechanischen Reizen
wie Druck und Vibration beeinflusst werden.
In der Medizin nutzt man die Tatsache aus, dass Ionenkanäle für die Zellregulation eine so zentrale Rolle
spielen. Viele Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen blockieren zum Beispiel Kalium- oder
Natriumkanäle in den Zellen, die die elektrischen
Impulse des Herzens steuern. Sie können dadurch den
Herzschlag verlangsamen oder die Gefahr „falscher”
Schläge reduzieren.
Die größte Bedeutung im menschlichen Körper haben
Natrium-, Kalium-, Kalzium- und Chloridionen. Wie alle
anderen Ionen können sie die Zellmembran nicht an
jeder Stelle überwinden, sondern nur über geeignete
Schlupflöcher – die Ionenkanäle. Diese spezialisierten
Proteine verbinden das Zellinnere mit dem Zelläußeren.
Jede Ionensorte hat ihre eigenen Kanäle. Natrium-
Das Prinzip eines Ionenkanals
Ionen B
Ionen A
geschlossener
Ionenkanal
geöffneter
Ionenkanal
Hormon
Ionen A
Zellkern
Zellmembran
Ionenkanäle verbinden das Zellinnere mit dem Zelläußeren. Sie schleusen geladene Atome und Moleküle in die Zelle
hinein oder aus ihr heraus, zum Beispiel Kalium- oder Natriumionen. Dadurch kann die Zelle ihre Funktion an die
Erfordernisse anpassen. Je nach Bedarf sind die Ionenkanäle geschlossen oder geöffnet. Ihr Öffnungszustand wird unter
anderem durch Hormone reguliert. Ionenkanäle lassen jeweils nur eine Sorte von Ionen durch.
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Das BMBF auf der MEDICA 2005
Sie ist die größte Medinzinmesse der Welt und
findet bereits zum 37. Mal statt – die Medica.
Vom 16. bis zum 19. November laden die Veranstalter auf das Messegelände nach Düsseldorf ein. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist dieses Jahr
wieder vertreten, und zwar in Halle 3, am
Stand E92. Das BMBF stellt dort anhand von
Exponaten ausgewählte Projekte aus der Medizintechnik vor. Dazu gehören eine Methode
zur automatisierten Analyse von Differentialblutbildern und ein System, mit dem sich die
Hirnströme oder das EKG überwachen lassen,
während der Patient seinen normalen Alltagsaktivitäten nachgeht. Mitarbeiter der Projekte
stehen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Wissenschaftler können sich am BMBF-Stand
außerdem detailliert über die Fördermöglichkeiten informieren, mit denen das Ministerium Forschungsprojekte aus dem Bereich
der Medizintechnik unterstützt.
Impressum
Herausgeber
Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF)
Referat Gesundheitsforschung
Friedrichstraße 130b
10117 Berlin
www.bmbf.de
www.gesundheitsforschung-bmbf.de
Gestaltung
Am 16. November werden auf dem Forum
MEDICAVISION (Halle 3, Stand H92) die
Gewinner des diesjährigen Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik
gekürt. Ihnen winken insgesamt drei Millionen Euro an Fördergeldern. An dem Wettbewerb, der vom BMBF jährlich veranstaltet
wird, nehmen dieses Mal Wissenschaftler
mit 103 Projekten teil.
MasterMedia, Hamburg
Druck
Dürmeyer – Digitale Medien und Druck,
Hamburg
Redaktion
Projektträger im DLR
Gesundheitsforschung
Dr. Martin Goller
Dr. Rolf Geserick
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn
Tel.: 02 28/38 21-2 69
Fax: 02 28/38 21-2 57
E-Mail: martin.goller@dlr.de
MasterMedia
Dr. Michael Meyer
Bodelschwinghstraße 17
22337 Hamburg
Tel.: 0 40/50 71 13-38
Fax: 0 40/59 18 45
E-Mail: dr.meyer@mastermedia.de
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