Ergebnisse der Befragungen und Sammlungsaufrufe bei Besitzern

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Ergebnisse der Befragungen und Sammlungsaufrufe bei Besitzern
Stadt Nürnberg · Kulturreferat
PRESSEINFORMATION
Dürer-Stadt Nürnberg 2008
500 Jahre Albrecht Dürers Betende Hände
Kulturreferat der Stadt Nürnberg
Hauptmarkt 18, 3. OG
90403 Nürnberg
Telefon: ++49-(0)911-231-2000
Telefax: ++49-(0)911-231-2001
E-Mail: annekatrin.fries@stadt.nuernberg.de
Ergebnisse der Befragungen und Sammlungsaufrufe
bei Besitzern von Betenden Händen
Die Dürer-Stadt-Nürnberg feiert 2008 das 500. Jubiläum der berühmten DürerZeichnung „Betende Hände“ (1508). Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Dürers Studie,
die 360 Jahre lang unbekannt geblieben ist, eine so rasante Karriere machen konnte
und warum nicht als Original, sondern ausgerechnet als dreidimensionale Replik? Erste
Recherchen zu Jahresanfang machten schnell klar, dass zu Dürers Betenden Händen,
insbesondere der Rezeption als Replik, nur wenig wissenschaftliches Material
vorhanden ist.
Das Kulturreferat und das Germanische Nationalmuseum initiierten eine Befragung
unter den Besitzern von Repliken der Betenden Hände. Fragebögen wurden seit April
2008 auf verschiedenstem Wege verteilt: Per Post, als Download im Internet oder als
Online-Befragung. Im Germanischen Nationalmuseum fand an drei Dienstagen im Juni
eine Sammelaktion statt, bei der Besitzer der Betenden Hände über ihre Stücke
berichten und sie für die Ausstellung zur Verfügung stellen konnten.
Insgesamt gingen bis zum Herbst über 500 ausgefüllte Fragebögen aus ganz
Deutschland, aber auch aus den USA beim Kulturreferat ein. An der Sammelaktion im
Germanischen Nationalmuseum beteiligten sich 180 Personen, die mit ihren Stücken
fotografiert wurden. Viele haben ihre Replik für die Ausstellung als Objekt zur Verfügung
gestellt.
Statistische Auswertung:
Die Auswertung der Fragebögen bot einige Überraschungen. Entgegen der ersten
Annahmen verbinden die meisten Menschen die Betenden Hände nicht mit Trauer, Tod,
Glaube, Beten (26%), sondern mit einer Erinnerung (46%). Für viele Menschen sind
dies in erster Linie Erinnerungen an geliebte Menschen oder wichtige Ereignisse in
ihrem Leben, wie z.B. Hochzeit oder Konfirmation. Immerhin 19% derjenigen, die
„Erinnerung“ als Motiv für den Besitz ankreuzten, verbinden die Betenden Hände
explizit mit der Erinnerung an den Künstler Albrecht Dürer.
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Bei der Befragung zeigte sich deutlich, dass die Besitzer der Betenden Hände
überwiegend zur „Erbengeneration“ gehören. 33% haben ihr Stück ererbt, meist von
Eltern oder anderen Verwandten und es bis heute – teils trotz einer eher kritischen
Einstellung – nicht weggeworfen. 12% hatten sie selber gekauft, 13 % selber
hergestellt, z.B. als Zeichnung, geknüpftes Kissen oder bemaltes Straußenei.
Wie erwartet waren 50% der Teilnehmer über 60 Jahre alt und die meisten Stücke der
Betenden Hände Reliefe (58%). Kaum eine Replik gleicht der anderen, was die
Folgerung nahe legt, dass es sehr viele verschiedene Hersteller und Auflagen gegeben
haben muss. Immerhin besitzen 30% die Betenden Hände als Bild. Ungewöhnliche
Stücke waren T-Shirts, vollplastische Buchstützen oder auch Menschen, die sich das
Motiv tätowieren ließen. Nicht immer ist das Verhältnis der Besitzer zu den Betenden
Händen positiv. Etliche Teilnehmer der Befragung sehen sie als Kitsch und als
belastetes Motiv für Religion und Kirche.
Zitate aus den Fragebögen:
In den Fragebögen wurde nach der persönlichen Verbindung zu den Betenden Händen
gefragt. Hier einige unterschiedliche exemplarische Antworten als Zitat:
„Die Nachbildung der Betenden Hände fand ich immer grausig. Sie hingen auch immer
verkehrt, zu hoch, zu allein auf schrecklichen Tapeten. Auch die Hände so allein ohne
Körper sehr befremdlich, sehr seltsam. Auch beim Anblick immer die Frage: Ist der
Besitzer besonders fromm oder will er dem Betrachter den „Befehl“ geben mehr zu
beten?“ (Jahrgang 1944, weiblich, besitzt ein Relief)
„Die Betenden Hände habe ich als Urkunde zur Konfirmation am 29. März 1942
bekommen, also im 3. Kriegswinter des Zweiten Weltkriegs, in der Kleinstadt Einbeck
bei Hannover. Mein Vater...erteilte uns den zweijährigen Konfirmationsunterricht und
führte die Konfirmation durch. Die Betenden Hände hingen auch in seinem
Arbeitszimmer und bedeuteten ihm sehr viel. So haben die Betenden Hände schon eine
lange Vorgeschichte für mich und gewannen unter den Ereignissen des
Kriegsgeschehens mehr und mehr Bedeutung in meinem Leben...“ (Jahrgang 1928,
weiblich, besitzt eine Konfirmationsurkunde)
„Ich kenne die Betenden Hände von meiner Großmutter. Sie haben mich schon immer
sehr fasziniert, da sie für mich ein Bild von Kraft und Ruhe sind. Seit einigen Jahren
lasse ich mir nun eine Tätowierung auf der Brust und dem linken Oberarm stechen...
Auf der rechten Seite sollen Symbole für ein positives Lebensziel gestochen werden, da
nehmen die Betenden Hände für mich einen großen Raum ein. Da ich wollte, dass die
Tätowierung möglichst ähnlich wie die Zeichnung von Albrecht Dürer wird, habe ich mir
ein Buch über Dürer und sein Werk gekauft, die Zeichnung kopiert und
vergrößert....Sehr wichtig war mir, dass die Adern herausgearbeitet werden, da sie
symbolisch für Kraft stehen....“, (Jahrgang 1977, männlich, Tätowierung der Betenden
Hände auf dem Oberarm, 2004/5 gestochen)
„Für mich hatte dieses Motiv die größte Bedeutung zur Zeitz meiner ersten Verliebtheit.
Inständig habe ich zu jener Zeit gebetet auf Gegenliebe zu stoßen. Alle Daten, die für
mich im Hinblick auf meine große Liebe wichtig waren, habe ich auf die Rückseite des
Reliefs geschrieben. Als die Liebe weg war habe ich sie mit Schmirgelpapier entfernt.
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Ein Schatten ist zum Teil bis heute geblieben von den Daten und der unerfüllt
gebliebenen Liebe.“ (Jahrgang 1956, weiblich, besitzt Relief)
„Es handelt sich um ein Geschenk der Großmutter des Ehemanns an den Bruder oder
die Schwester zur Konfirmation. Die Großmutter lebte in der DDR.“ (Jahrgang 1967,
weiblich, besitzt Relief)
Die Veranstaltungen zu „500 Jahre Dürers Betende Hände“ werden von der Sparkasse
Nürnberg und der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg für die Stadt Nürnberg
gefördert.
Weitere Informationen erhalten Sie beim Kulturreferat der Stadt Nürnberg, DürerSchwerpunkt, Annekatrin Fries, Tel.(0911)231-2369,
annekatrin.fries@stadt.nuernberg.de.