Konzeption und Erstellung eines Musikspiels mit einer E
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Konzeption und Erstellung eines Musikspiels mit einer E
Fachbereich 4: Informatik Konzeption und Erstellung eines Musikspiels mit einer E-Gitarre als Controller Diplomarbeit zur Erlangung des Grades eines Diplom-Informatikers im Studiengang Computervisualistik vorgelegt von Matthias Merz Erstgutachter: Prof. Dr.-Ing. Stefan Müller (Institut für Computervisualistik, AG Computergraphik) Zweitgutachter: Ulrich Wechselberger (Institut für Computervisualistik, AG Computergraphik) Koblenz, im März 2011 Erklärung Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Ja Nein Mit der Einstellung der Arbeit in die Bibliothek bin ich einverstanden. Der Veröffentlichung dieser Arbeit im Internet stimme ich zu. ................................................................................. (Ort, Datum) (Unterschrift) 1 Institut für Computervisualistik AG Computergraphik Prof. Dr. Stefan Müller Postfach 20 16 02 56 016 Koblenz Tel.: 0261-287-2727 Fax: 0261-287-2735 E-Mail: stefanm@uni-koblenz.de Fachbereich 4: Informatik Aufgabenstellung für die Diplomarbeit Matthias Merz (Matr.-Nr. 205210144) Thema: Konzeption und Erstellung eines Musikspiels mit einer E-Gitarre als Controller Musikspiele haben sich in den letzten Jahren zu einer der erfolgreichsten Videospielformen entwickelt. In Spielen wie Guitar Hero oder Rock Band können bekannte Musikstücke mit Controllern in Instrumentenform nachgespielt werden. Dazu drückt der Spieler zum richtigen Zeitpunkt die passenden Knöpfe auf dem Gitarren-Controller und lässt damit die Musik erklingen. Die Handhabung dieser Geräte ist dabei, im Vergleich zu den echten Instrumenten, stark vereinfacht. Die neueste Generation dieser Musikspiele geht einen Schritt weiter und bietet die Möglichkeit weitaus realistischere Instrumente zu benutzen und in Zukunft sollen die Spiele auch auf eine echte E-Gitarre als Controller zurückgreifen können. Damit könnte die Grenze zwischen einem Videospiel und dem Spielen eines Instruments zunehmend verwischt werden. Welche Auswirkungen die erhöhte Authentizität auf das Spielerlebnis hat und ob es eventuell möglich ist durch das Spielen eines Videospiels ein Instrument zu erlernen, ist noch unklar. Im ersten Teil dieser Arbeit soll das Spielkonzept solcher Musikspiele am Beispiel von Rock Band 3 analysiert werden, um herauszufinden wie die Spieler dazu motiviert werden viele Stunden mit dem Bedienen einer Plastikgitarre zu verbringen. Für diese Analyse werden Methoden des Game Design und Erkenntnisse der Unterhaltungsforschung vorgestellt und gezeigt, wie sie in den Musikspielen verwendet wurden. Außerdem sollen Hypothesen darüber aufgestellt werden wie sich die erhöhte Authentizität der Instrumente auf das Spielerlebnis und insbesondere Unterhaltung auswirkt. Der zweite Teil der Arbeit besteht aus der praktischen Umsetzung der Erkenntnisse der Analyse. Ein ähnliches Spielkonzept soll dabei mit der Bedienung durch eine echte E-Gitarre kombiniert und umgesetzt werden. Hierfür wird zunächst eine Schnittstelle zur Benutzung der E-Gitarre als Controller benötigt. Außerdem wird ein Spielkonzept ausgearbeitet, das auf die Bedienung durch eine E-Gitarre ausgelegt wird. Es wird zusätzlich ein zweites, leicht verändertes Konzept erarbeitet, um die Konzepte gegenüberstellen und anhand der Gegenüberstellung die Hypothesen prüfen zu können. Schließlich soll ein Prototyp dieses Spiels erstellt werden, bei dem es möglich ist ein Musikstück mit einer echten E-Gitarre zu spielen. Im dritten Teil der Arbeit sollen die erstellten Spielkonzepte untersucht und verglichen werden. Dabei können aus der formalen Analyse abgeleitete Hypothesen überprüft werden. Schwerpunkte dieser Arbeit sind: 1. Literatursuche und Einarbeitung in die Methoden des Game Design, der Unterhaltungsforschung und Game Studies 2. Analyse von Rock Band 3 auf Basis der Literatur, insbesondere die Verwendung der realistischeren Instrumente 3. Erstellung einer Schnittstelle zur Benutzung der E-Gitarre als Controller 4. Ausarbeiten eines Musikspiel-Konzepts mit E-Gitarre als Controller 5. Umsetzung des Spiels 6. Vergleich der Konzepte Koblenz, 10.11.2010 - Prof. Dr. Stefan Müller- Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Related Work 2.1 Musikvideospiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Musiklernsoftware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Wissenschaftliche Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 5 8 3 Theoretische Grundlagen zur Analyse von Computerspielen 3.1 Zusammenfassung der Forschung zur Unterhaltsamkeit von Computerspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Unterhaltungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Unterhaltung durch Computerspiele nach Klimmt . . . . . . . . . 3.3.1 Computerspielen als Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Selbstwirksamkeitserleben . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Spannung und Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Simulierte Lebenserfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Kombiniertes Unterhaltungserleben . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Zusammenfassung des Modells . . . . . . . . . . . . . . 13 Formale Analyse von Rock Band 3 4.1 Rock Band 3-spielen als Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Rock Band 3 spielen 4.2.1 Selbstwirksamkeitserleben . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Spannung und Lösung bei Rock Band 3 . . . . . . . . . . 4.2.3 Simulierte Lebenserfahrung in Rock Band 3 . . . . . . . . 4.3 Kombiniertes Unterhaltungserleben in Rock Band 3 . . . . . . . . 4.4 Mögliche Effekte durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 33 38 38 41 45 47 Konzeption und Umsetzung des Spiels 5.1 Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Technische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 MIDI-Schnittstelle und Erweiterung des Spiels 5.4 Erstellung von Liedern für das Spiel . . . . . . . . . . 50 50 51 55 59 . . . . . 61 61 63 63 64 64 4 5 6 . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Konzepte 6.1 Problemstellung und Hypothesen . . . . . . . . . . . . 6.2 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Unabhängige Variable und Schwierigkeitsgrad 6.2.2 Abhängige Variablen . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . i . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 15 15 16 18 18 20 25 29 31 48 6.3 6.4 7 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Dimensionierung der abhängigen Variablen 6.3.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Bewertung der Hypothesen . . . . . . . . . 6.4.2 Diskussion der Gesamtergebnisse . . . . . Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 66 66 71 71 74 77 ii 1 Einleitung Computerspiele sind eine sehr beliebte Unterhaltungsform, die mittlerweile für viele Menschen zur alltäglichen Freizeitgestaltung gehört. In den letzten Jahren hat sich die Zielgruppe von Computerspielen zudem vergrößert. Waren die Spiele zu Beginn der Computerspielentwicklung eher auf junge, männliche Spieler zugeschnitten, so sprechen sie heute eine breite Masse quer durch alle Altersschichten an. Unteranderem durch neue Spiel- und Bedienungskonzepte wurde der Zugang zu Computerspielen einem größeren Publikum ermöglicht. Ein Beispiel dafür sind Musikspiele wie Guitar Hero oder Rock Band. Bei diesen Titeln übernehmen die Spieler die Rolle eines Rockstars oder wenn mehrere Personen zusammen spielen, die einer ganzen Rockband. Um diese Illusion glaubhaft zu machen, werden statt den üblichen Gamecontrollern Eingabegeräte in Instrumentenform benutzt. Mit diesen Kunststoffnachbildungen lässt der Spieler bekannte Musikstücke erklingen, indem er zum Rhythmus passende Tastenfolgen, die auf dem Bildschirm angezeigt werden, eingibt. Dieses einfache Spielkonzept ist die Grundlage einer der erfolgreichsten Computerspielserien. Allein die Guitar Hero Serie hat sich weltweit von 2005 bis 2010 mehr als 25 Millionen Mal verkauft. Wie ist dieser Erfolg zu erklären? Die Antwort ist naheliegend: Das Spiel macht sehr viel Spaß. Auch andere Faktoren tragen mit Sicherheit dazu bei, wie die Popularität der Musik, die nachgespielt werden kann, jedoch trägt das letztlich auch zur Erhöhung des Spaßfaktors bei. Warum macht dieses Spiel so viel Spaß? Diese Frage wird im späteren Verlauf dieser Arbeit genauer betrachtet, denn sie lässt sich ohne genauere Untersuchungen lediglich subjektiv beantworten. Die Vermutung, dass es vielen Spielern Spaß bereitet in die Rolle eines Rockstars zu schlüpfen und mit einem gitarrenähnlichen Controller bekannte Lieder nachzuspielen, ist allerdings nachvollziehbar. Bei vielen anderen bekannten Computerspielen geht es auch um die Simulation von Erfahrungen, die in der realen Welt nur schwer oder teilweise auch gar nicht möglich wären. Bei einer Rennsimulation nimmt der Spieler die Rolle eines Formel-1-Fahrers ein, bei einer Fußballsimulation die eines Fußballstars, bei unzähligen Action-Spielen die des Helden, der die Welt retten soll und bei dieser Art von Musikvideospiel übernimmt der Spieler die Rolle des gefeierten Rockstars. Möglich wird diese Illusion durch die vereinfachte Bedienung des Gitarrencontrollers im Vergleich zu einer echten E-Gitarre. Auch Nutzer, die keinerlei Kenntnisse über Musik oder das Spielen einer Gitarre haben, können in der Spielwelt innerhalb kurzer Zeit zum bejubelten, wenn auch virtuellen, Rockstar avancieren. Der Schwierigkeitsgrad des Spiels kann auf verschiedene Stufen eingestellt werden, so dass auch Einsteiger schnell mit der Bedienung zurechtkommen können. Mit dem Schwierigkeitsgrad variieren die Komplexität und die Anzahl der Tasten, die vom Benutzer gedrückt werden müssen. Auf der niedrigsten Schwierigkeitsstufe werden teilweise komplexe Lied-Kompositionen auf einen einzigen Tastendruck reduziert, so muss der Spieler nur eine Taste betätigen, um eine kleine Melodie 1 oder ein kurzes Stück eines Liedes erklingen zu lassen. Mit steigender Schwierigkeitsstufe kommen mehr Tasten hinzu und die Komplexität wird erhöht, es müssen beispielsweise zwei bestimmte Tasten gleichzeitig betätigt werden. Auch die einzelnen Lieder unterscheiden sich in ihrer Schwierigkeit deutlich. Das Tempo und die Komplexität der Komposition sind dabei die wichtigsten Faktoren. Das Nachspielen der Lieder kann schnell zu einer Herausforderung an die Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Hand-Auge-Koordination des Spielers werden. Ohne Übung lassen sich viele der Musikstücke nicht meistern. Es kann in einem Übungsmodus gespielt werden in dem einzelne Teile der Lieder separat gespielt werden können oder der Schwierigkeitsgrad wird stufenweise erhöht. Selbst das Üben wird innerhalb des Spiels offenbar als unterhaltsam angesehen. Inwiefern wird das Spiel durch die Gitarrencontroller vereinfacht und warum wird nicht eine echte E-Gitarre als Eingabegerät benutzt? Hier stellt sich die Frage ob dieses Spielkonzept erweitert und auch auf die Verwendung echter Instrumente übertragen werden kann. Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll daher ein Musikspiel mit einer echten E-Gitarre als Controller konzipiert und erstellt werden. Dabei soll gezeigt werden, ob ein solches Musikspiel auch mit diesem neuen Eingabegerät als unterhaltsam erlebt werden. Dieses Kriterium ist für ein Spiel am wichtigsten. Zunächst soll gezeigt werden inwiefern bereits ähnliche Ansätze bestehen, welche relevanten Informationen diese liefern und wie diese Arbeit mit den vorgestellten Ansätzen zusammenhängt und wodurch sie sich von ihnen abgrenzt. Um die zentrale Frage, ob ein Musikspiel auch mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsam sein kann, beantworten zu können, wird eine Theorie für die Unterhaltung durch Computerspiele benötigt. Nachdem dafür die theoretischen Grundlagen vorgestellt wurden, sollen diese dazu dienen, das Unterhaltungserleben beim Spielen von Rock Band 3 zu analysieren. Dadurch sollen die Aspekte und Komponenten identifiziert werden, welche das Unterhaltungserleben bei einem Musikspiel am stärksten beeinflussen. Anschließend können Hypothesen über die Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben durch die Verwendung der E-Gitarre formuliert werden. Die Erkenntnisse der Analyse von Rock Band 3 sollen dazu benutzt werden ein ähnliches Spielkonzept mit einer E-Gitarre als Controller zu erstellen. Dazu muss eine Möglichkeit gefunden werden, das analoge Signal einer E-Gitarre in Eingabebefehle für das Spiel umzuwandeln. Abschließend soll eine empirische Untersuchung Aufschluss darüber geben, ob das erstellte Spielkonzept als unterhaltsam bewertet wird. 2 2 Related Work In diesem Kapitel werden existierende Musikspiele, Musiklernprogramme und wissenschaftliche Arbeiten vorgestellt, um den Rahmen dieser Arbeit und den thematischen Forschungsbedarf aufzuzeigen. Die bisherigen Entwicklungen werden präsentiert, so dass der Stand der Forschung bzw. der Spiele- und Softwareentwicklung aufgegriffen und mit neuen Ideen erweitert werden kann. Zunächst werden dazu einige Musikvideospiele vorgestellt, um einen Überblick über das Genre zu geben. Rund um das Thema Musik existiert eine Fülle von Spielen, daher werden exemplarisch einige ausgewählte Titel vorgestellt, die hilfreiche Informationen für diese Arbeit liefern. Neben Computerspielen wird auch Musiklernsoftware für Computer betrachtet. Diese Programme zeigen verschiedene Modelle zur interaktiven Lernunterstützung für Musikinstrumente und geben damit einen Einblick in die Gestaltung der Interaktion zwischen Mensch und Computer durch ein Instrument. Schließlich werden wissenschaftliche Arbeiten aus diesem Bereich präsentiert. Dabei werden sowohl Arbeiten über Musikvideospiele als auch über Musiklernsoftware betrachtet. Im letzten Teil dieses Kapitels wird eine Arbeit vorgestellt, die zeigt inwiefern das Spiel Guitar Hero das Gitarrespielen simuliert. Durch diese Betrachtung können die Möglichkeiten, welche durch eine E-Gitarre als Controller entstehen könnten, aufgedeckt werden. Zusätzlich wird ersichtlich, ob diese Erweiterung sinnvoll ist oder ob das Spiel Guitar Hero und der dazugehörige Gitarrencontroller das Gitarrespielen bereits so realitätsnah simulieren, dass die vorgeschlagene Veränderung keinen Mehrwert ermöglichen würde. 2.1 Musikvideospiele Als Musikvideospiele können alle Spiele bezeichnet werden, deren Gameplay sich hauptsächlich oder ausschließlich aus der Interaktion des Spielers mit Musik ergibt. Dabei werden Musikvideospiele als eine, vergleichsweise neue, Unterkategorie der Action- oder Puzzlespiele angesehen ([1] S.399). Besonders interessant sind im Kontext dieser Arbeit die sogenannten Rhythmusspiele. Diese Spiele konzentrieren sich meistens darauf das Spielen eines Instruments zu simulieren oder auf das Tanzen. Die Spieler bekommen dabei eine Vorgabe welche Aktion sie zu welchem Zeitpunkt ausführen sollen. Ob eine Aktion korrekt ausgeführt wurde, ist durch eine entsprechende Rückmeldung des Spielsystems zu erkennen. Beispielsweise führt die Spielfigur die eben eingegebene Aktion aus, zeigt also den Tanzschritt, oder ein Musikstück erklingt. 3 Guitar Hero Eines der erfolgreichsten Musikvideospiele ist das im Jahr 2005 erschienene Guitar Hero. Bei diesem Spiel soll der Nutzer ein Musikstück mit einem Gitarrencontroller möglichst genau nachspielen. Dazu werden die jeweiligen Knöpfe, die zu einem bestimmten Zeitpunkt betätigt werden sollen, auf dem Bildschirm angezeigt. Währenddessen läuft im Hintergrund ein Original-Musikstück eines Künstlers oder einer Band. Verpasst der Spieler, der in die Rolle des Gitarristen schlüpft, nun einen angezeigten Knopfdruck, so ertönt statt dem Klang der Gitarre ein Klangeffekt, der signalisiert dass eine falsche Taste gedrückt wurde oder der richtige Zeitpunkt verpasst wurde. Wenn die geforderten Eingaben zeitgenau vom Spieler ausgeführt werden, erklingt das Lied in seiner bekannten Form. Ziel des Spiels ist es nicht nur Musikstücke möglichst fehlerfrei nachzuspielen, sondern dabei auch noch so viele Punkte wie möglich zu erzielen und das Publikum zu begeistern. Punkte werden dabei durch getroffene Noten, also durch richtige Tastendrücke zum passenden Zeitpunkt, und besonders durch viele ohne Unterbrechung getroffene Noten, erzielt. Zusätzlich kann das Spiel auch von zwei Nutzern gleichzeitig gespielt werden. Dabei können entweder gemeinsam Musikstücke mit Gitarre und Bass oder Rhythmus-Gitarre gespielt werden, oder die beiden Spieler treten gegeneinander an und versuchen mehr Punkte als ihr Gegenüber zu erreichen. In vielen weiteren Teilen der Guitar Hero Serie wurde diese Spielprinzip leicht verändert und weiterentwickelt. Unter anderem wurden weitere Instrumente hinzugefügt, wie bei dem im nächsten Abschnitt beschriebenen Spiel Rock Band. Da am Gesamtkonzept des Spiels keine Veränderungen vorgenommen wurden, werden die weiteren Teile nicht genauer beschrieben. Abbildung 1: Interface von Guitar Hero, Bild aus [2] 4 Rock Band Ebenfalls sehr erfolgreich ist das Spiel Rock Band, das auf das gleiche Spielprinzip wie Guitar Hero zurückgreift, bei dem aber weitere Instrumente hinzugefügt wurden. Zusätzlich zu den Gitarrencontrollern wurden noch ein Schlagzeugcontroller und ein Mikrofon in das Spiel integriert. Dadurch können bei Rock Band bis zu vier Personen gleichzeitig als Band zusammenspielen. Dabei sind die Nachbildungen, je nach Instrument, mehr oder weniger realistisch gestaltet. Der Gitarrencontroller ist kleiner und leichter als eine übliche E-Gitarre, aus Kunststoff statt aus Holz gefertigt und besitzt statt Saiten fünf Tasten und um den Anschlag einer Gitarre zu simulieren eine Art Kippschalter. Die Bedienung wird somit einfacher und ist für Einsteiger schneller zu erlernen. Der Schlagzeugcontroller ist im wesentlich einem einfachen E-Schlagzeug nachempfunden. Anstatt aus großen Trommeln welche mit Fellen bespannt sind, besteht dieses Set aus Kunststofftellern. Die Becken bestehen ebenfalls aus Kunststoff und auch ein Fußpedal zum Bedienen der Kickdrum (auch Bassdrum oder große Trommel) ist vorhanden. Im dritten Teil der Rock Band Serie wurde das Keyboard als weiteres Instrument integriert und der sogenannte Pro Modus wurde eingeführt. In diesem Modus werden die Lieder mit realistischeren Controllern nachgespielt. Das Schlagzeug wurde um Becken erweitert und Keyboard und Gitarre können in diesem Modus nur mit neuen Controllern gespielt werden. In Kapitel vier wird dieses Spiel genauer vorgestellt und anschließend analysiert. Abbildung 2: Interface von Rock Band im Mehrspielermodus, Bild aus [3] 2.2 Musiklernsoftware In diesem Abschnitt werden exemplarisch einige Programme vorgestellt, die das Erlernen oder das Üben eines Instruments unterstützen sollen. Für diese Arbeit sind insbesondere Programme interessant, welche sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Computer mit Hilfe eines Instruments befassen. 5 Synthesia Ein Beispiel für diese Interaktion liefert die Software Synthesia. Dabei handelt es sich um ein Programm, welches dem Nutzer das Piano-Spielen beibringen soll. Für dieses Spiel, wie es von den Entwicklern bezeichnet wird, muss ein MIDIKeyboard an einen Computer angeschlossen werden. Zur Vereinfachung bietet das Spiel neben der normalen Notenschrift eine weitere Methode der Notennotation an. Die Noten werden durch herunterfallende Balken (siehe Abbildung 3), die auf eine bestimmte Taste einer angezeigten Klaviatur zusteuern, symbolisiert. Durch die Länge dieser Balken wird die Tonlänge repräsentiert und genau wenn ein Balken die angezeigt Klaviatur berührt, muss der Spieler die entsprechende Taste betätigen. Als Spiel wird diese Software vermutlich deshalb bezeichnet, weil am Ende eine Punktzahl angezeigt wird, die sich durch richtig gespielte Noten ergibt. Im Vergleich zu Spielen wie Guitar Hero oder Rock Band wird der Klang des Pianos bei Synthesia erzeugt und kein zuvor aufgenommener Klang abgespielt. Dadurch bedingt werden auch falsche oder zeitlich versetzte Töne wiedergegeben und ermöglichen es dem Spieler Fehler genau zu erkennen. Abbildung 3: Diagramm zu Synthesia, Bild aus [4] Guitar Pro Das Programm Guitar Pro der Firma Arobas Music ist ein Mehrspur Notensatzprogramm, das die normale Notenschrift und Gitarrentabulaturen kombiniert. Es eignet sich zum Üben oder Mitspielen sowie zum Komponieren. Gitarrentabulaturen stellen eine alternative Form der Notennotation für Gitarren dar, welche in Kapitel fünf genauer beschrieben wird. Guitar Pro bietet über die Anzeige von Noten und Tabulaturen hinaus auch die Möglichkeit die Tabulatur wiederzugeben. Es können einzelne Teile eines Liedes ausgewählt und wiedergegeben werden oder ein komplettes Lied. Die Wiedergabe ist einerseits über MIDI 6 möglich und zusätzlich über die Realistic Sound Engine, ein Gitarren-, Bass- und Schlagzeug-Synthesizer, der realistischere Klänge bietet. Dieses Programm eignet sich besonders zum Erlernen neuer Musikstücke und bietet gegenüber einer normalen Notenschrift die Vorteile, dass die Noten auch in der leicht verständlichen Gitarrentabulatur vorliegen und diese auch wiedergegeben werden können. Eine Rückmeldung über die Leistung beim Nachspielen eines Stückes ist allerdings mit dieser Software nicht möglich. Der Nutzer kann lediglich seine eigene Leistung mit der Wiedergabe der Tabulatur vergleichen. Abbildung 4: Interface von Offbeat Guitarist (Beta 1.5), Bild aus [5] Offbeat Guitarist Die Software Offbeat Guitarist befindet sich zum Zeitpunkt dieser Arbeit noch in der Entwicklung und ist nur als Beta-Version verfügbar. Das Konzept ist vergleichbar mit Synthesia, jedoch wird statt einem Keyboard eine E-Gitarre benutzt. Offbeat Guitarist ermöglicht es Guitar Pro Tabulaturen anzuzeigen, parallel dazu eine Audiodatei als Hintergrundbegleitung abzuspielen und das Signal einer EGitarre zu erkennen, um die Übereinstimmung mit der Tabulatur zu überprüfen. Zusätzlich wird der Klang der E-Gitarre über eine externe Software verstärkt und ist so ebenfalls über die Lautsprecher des Computers zu hören. Um eine E-Gitarre an einen Computer anzuschließen, wird ein sogenanntes Audiointerface benötigt. Im Vergleich zu einer normalen Soundkarte können damit eine geringere Latenz und eine höhere Qualität des Audio-Eingangssignals erreicht werden. Durch die Erkennung des E-Gitarrensignals kann dem Nutzer eine Rückmeldung über seine Leistung beim Nachspielen eines Stückes geliefert werden. Die Bedienung und Konfiguration dieser Software ist im Vergleich zu Guitar Pro schwieriger. Dafür bietet Offbeat Guitarist durch die Rückmeldung auch einen erheblichen Mehrwert. Zum Erlernen von Grundkenntnissen eignet sich diese Software auf Grund des hohen Schwierigkeitsgrades weniger. Das Konzept zeigt die Möglichkeiten, welche durch die Erkennung des Gitarrensignals entstehen können. 7 2.3 Wissenschaftliche Arbeiten Im folgenden Abschnitt werden zwei Arbeiten mit verwandten Themen vorgestellt. Zunächst wird eine weitere Musiklernsoftware präsentiert, die allerdings nicht wie die bisherigen Programme, aus dem kommerziellen Umfeld stammt, sondern im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit erstellt wurde. Ferner wird eine Arbeit vorgestellt, welche sich mit dem Musikspiel Guitar Hero beschäftigen. Digital Violin Tutor Dieses Programm wurde im Rahmen der Arbeit “Effective Use of Multimedia for Computer-Assisted Musical Instrument Tutoring” vorgestellt und soll in Abwesenheit eines Musiklehrers Rückmeldung über die Leistung beim Violine-Üben liefern. Der Klang der Violine wird dazu mit einem Mikrofon aufgenommen und analysiert. Das Signal wird in Notenschrift übertragen und mit einer bereits bestehenden Referenzdatei, welche beispielsweise von einem Musiklehrer angefertigt wurde, verglichen. Falls Fehler erkannt wurden, wird dem Nutzer die korrekte Ausführung über eine 2-D Griffbrett-Animation, ein Video oder eine 3-D Avatar-Animation gezeigt. Dieses Programm zeigt die vielfältigen Möglichkeiten computergestützter Musiklernprogramme und versucht den Benutzer in Abwesenheit eines Musiklehrers optimal zu unterstützen. Arbeit über Guitar Hero In dieser Arbeit wird das Spielprinzip von Guitar Hero um die Steuerung durch eine E-Gitarre erweitert. Es ist anzunehmen, dass dadurch die Authentizität des Spiels erhöht werden kann. Vorrausgehend ist demnach zu klären, wie realitätsnah Guitar Hero das Gitarrespielen bereits simuliert. Die Arbeit “Guitar Hero: “Not like playing Guitar at all”?” beschreibt im Detail die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Spiel und dem Spielen einer Gitarre. Dazu werden der Gitarrencontroller und das Interface des Spiels betrachtet, wodurch der Autor aufzeigen möchte, dass die Unterschiede nicht so bedeutsam sind, wie sie zunächst scheinen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in Hinsicht auf zwei Aspekt relevant. Einerseits können sie Aufschluss darüber liefern, ob es sinnvoll ist, ein Musikspiel mit einer E-Gitarre zu steuern. Falls die Gitarrencontroller das Gitarrespielen bereits perfekt simulieren würden, wäre eine Veränderung des Eingabegeräts nicht sinnvoll. Andererseits zeigt der Vergleich zwischen Guitar Hero und dem Gitarrespielen die Möglichkeiten auf, welche durch die Steuerung mit Hilfe einer E-Gitarre erschlossen werden könnten. Beim Aufzeigen der Limitationen des Gitarrencontrollers bei der Simulation des Gitarrespielens werden automatisch auch die Vorteile einer EGitarre als Controller deutlich. Über das Spielkonzept von Guitar Hero lässt sich generell sagen, dass zwar versucht wird das Gitarrespielen korrekt nachzustellen, dabei wird aber mehr Wert 8 auf Spielspaß und Einsteigerfreundlichkeit als auf Realismus gelegt. Deshalb ist die Simulation des Gitarrespielens soweit vereinfacht, dass der Bezug zur echten Tätigkeit zwar erkennbar bleibt, aber auch Spieler ohne Gitarrenkenntnisse problemlos in das Spiel einsteigen können. Um diesen beiden Anforderungen gerecht zu werden, ist die Simulation des Gitarrespielens bei Guitar Hero eher in der Breite abgedeckt, als dass einzelne Aspekte genau nachgestaltet werden. Die wichtigsten Komponenten der Musik sind Melodie, Harmonie und Rhythmus. Diese sollen mit Hilfe des Gitarrencontrollers simuliert werden. Melodie bezeichnet die Abfolge bestimmter Töne und kann als horizontale Achse der Notenschrift gesehen werden. Harmonie bezieht sich auf den Zusammenklang mehrerer Töne und stellt somit die vertikale Achse der Notenschrift dar. Rhythmus bezeichnet die Zeitstruktur der Musik und besteht aus einer Folge von Tönen mit einer jeweiligen Dauer und Pausen. Es gilt zu überprüfen ob diese drei wesentlichen Komponenten der Musik durch den Gitarrencontroller auf ähnliche Weise simuliert werden, wie sie durch eine echte Gitarre repräsentiert werden. Hinsichtlich der Eignung des Gitarrencontrollers zur Simulation einer Gitarre gibt es drei wesentliche Probleme beziehungsweise Einschränkungen [6](auch [7]): • Eine offensichtliche Einschränkung ist, dass der Gitarrencontroller nur fünf verschiedene Tasten hat, während eine übliche Gitarre zwischen 22 und 24 Bünde besitzt. • Jede dieser Tasten symbolisiert einen Bund der Gitarre. Bei dieser besteht ein Bund jedoch aus sechs verschiedenen Saiten, welche beim Gitarrencontroller durch nur eine Taste repräsentiert werden. • Auf Grund dieser Einschränkungen müssen alle Noten mit Hilfe dieser fünf Tasten repräsentiert werden. Da die meisten Lieder mehr als fünf verschiedene Töne umfassen, ist die Repräsentation der Tasten während eines Liedes inkonsistent. Das Drücken einer bestimmten Taste resultiert daher, anders als das Spielen einer Saite in einem bestimmten Bund, nicht immer in demselben Ton. Um zu zeigen inwiefern Guitar Hero das Gitarrespielen trotz dieser Einschränkungen simuliert, muss zuerst beschrieben werden, wie die drei genannten Komponenten der Musik durch eine Gitarre repräsentiert werden. Durch das Anschlagen der Saiten mit Hilfe eines Plektrums oder den Fingern entsteht der Klang einer Gitarre im Rhythmus. Harmonie bezieht sich auf die sechs Saiten, die gleichzeitig erklingen und somit harmonische oder disharmonische Akkorde bilden können. Eine Melodie wird durch das Abgreifen der einzelnen Saiten in einem der Bünde erzeugt, da somit die Tonhöhe variiert wird. 9 Der Gitarrencontroller von Guitar Hero unterscheidet sich durch die fünf Tasten im Vergleich zu den ungefähr 22 Bünden einer Gitarre zunächst stark. Bei genauer Betrachtung der Spielweise einer Gitarre lässt sich dieser Unterschied jedoch relativieren. Das Gitarrespielen besteht, in Bezug auf die Hand, welche das Griffbrett umfasst, aus zwei grundlegenden Techniken. Die erste besteht darin die Hand entlang des Griffbretts an die gewünschte Position zu bewegen. Diese Technik wird nur benutzt wenn eine Positionsänderung der Hand notwendig ist. Ansonsten kommt die zweite Technik, das sogenannte Positionsspiel zum Einsatz. Dabei werden vier Bünde mit den jeweiligen Fingern abgedeckt und falls es erforderlich ist, kann mit dem kleinen Finger zusätzlich ein fünfter Bund erreicht werden. Es lässt sich erkennen, dass Guitar Hero das Positionsspiel simuliert, während das Wechseln zwischen den einzelnen Bereichen des Positionsspiels mit den vorhandenen fünf Tasten nicht nachgestellt werden kann. Die Hand verbleibt immer auf derselben Position des Gitarrencontrollers. Ein weiterer Aspekt ist die Repräsentation der Töne durch den Gitarrencontroller. Das Problem lässt sich einfach beschreiben, denn viele Melodien beinhalten mehr als fünf verschiedene Töne. Zur Repräsentation stehen aber lediglich die fünf Tasten zur Verfügung. Dieses Problem ist nicht einfach zu lösen, da komplexe Melodien auf fünf Tasten abgebildet werden müssen. Erschwerend kommt die Erwartung der Spieler an die Repräsentation hinzu. Intuitiv erwarten die meisten Spieler, dass die Tasten vom tiefsten Ton bis zum höchsten Ton hin, wie bei einem Klavier, angeordnet sind. Bei Guitar Hero kommt es jedoch auch vor, dass eine aufsteigende Tonfolge (die bei einem Klavier durch aufeinanderfolgende Tasten abgebildet wäre) durch eine Hin-und-Her-Bewegung über die Tasten repräsentiert wird. In diesem Fall ist keine Verbindung zwischen der Anordnung der Tasten und der Tonhöhe zu erkennen. Tatsächlich ist dies auch bei einer Gitarre nicht der Fall, denn auf einer Saite sind die Töne zwar in aufsteigender Reihenfolge angeordnet, auf alle Saiten bezogen jedoch nicht. Daher simuliert solch eine Hin-und-Her-Bewegung, zur Repräsentationen einer aufsteigenden Tonfolge, die Spielweise einer Gitarre korrekt. Auf diese Art wird das Positionsspiel der Gitarre simuliert. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die fünf Tasten des Gitarrencontrollers jeweils alle sechs Saiten einer Gitarre repräsentieren. Somit wird es auch nachvollziehbar, dass eine Taste innerhalb einer Melodie verschiedene Töne repräsentiert. Zum größten Teil werden die Melodien der Lieder allerdings relativ nach ihrer Tonhöhe auf die fünf Tasten abgebildet. Diese Abbildung wird benutzt, da sie wie bereits beschrieben intuitiv ist und den Erwartungen der Spieler entspricht. Darüber hinaus bietet sie den großen Vorteil, dass der Zusammenhang zwischen den Tönen und den zu drückenden Tasten deutlich erkennbar ist. Wenn ein Spieler die Melodie eines Liedes kennt, kann er somit bereits im Voraus erahnen ob die nächste Note auf die nächste oder die vorhergehende Taste abgebildet wird. Zur Komponente der Melodie lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Repräsentation der Noten in Guitar Hero inkonsistent gestaltet ist. Einerseits wird das 10 Positionsspiel der Gitarre simuliert, andererseits werden die Tasten meist nach ihrer relativen Tonhöhe zugeordnet. Dabei ist anzumerken, dass beide Repräsentationen ihre Berechtigung haben. Allerdings werden die Möglichkeiten einer Gitarre nur in Ansätze nachgestellt. Die weiteren Komponenten, Harmonie und Rhythmus, werden nicht durch den Controller sondern durch das visuelle Interface des Spiels abgebildet. Auf dem Bildschirm werden die Noten auf einem Gitarren-Griffbrett angezeigt, welches sich entlang der Z-Achse ins Unendliche erstreckt. Am unteren Rand des Bildes sind die Tasten des Controllers horizontal angeordnet. In dieser Darstellung simulieren die fünf Tasten nun nicht mehr die Bünde einer Gitarre, sondern die Saiten. Die Tasten sind in der Repräsentation nicht den Bünden einer Gitarre entsprechend entlang des Griffbretts angeordnet, sondern wie die Saiten einer Gitarre. Somit ist es möglich, Akkorde zu simulieren und dadurch auch Harmonie. Akkorde werden durch Kombinationen von Tasten, welche gleichzeitig gedrückt werden müssen, repräsentiert. Da alle Akkorde durch fünf Tasten abgebildet werden müssen, ermöglicht Guitar Hero auch in dieser Hinsicht nur eine grobe, inkonsistente Simulation einer Gitarre. Der Rhythmus wird durch die Noten, welche sich entlang des angezeigten Griffbretts in Richtung des Spielers bewegen, erzeugt. Je nach Tempo des Liedes variiert die Geschwindigkeit mit der sich die Noten bewegen. Der Spieler muss die Noten exakt dann spielen, wenn sie die abgebildeten Tasten am unteren Bildrand erreichen. Wird eine Note nicht zum richtigen Zeitpunkt gespielt, bleibt der Klang der Gitarre bis zur nächsten Note aus. Das Spiel gibt den Rhythmus durch die angezeigten Noten sehr strikt vor und der Spieler muss sich genau an das Timing halten. Diese Methode der Rückmeldung ist für den Spieler zwar einfach zu verstehen, denn es gibt nur richtig oder falsch gespielte Noten, sie simuliert das Gitarrespielen aber sehr ungenau. Der Autor der Arbeit kommt zu dem Schluss, dass Guitar Hero das Gitarrespielen in Bezug auf den Rhythmus am schlechtesten simuliert [6]. Diese Aussage muss jedoch genauer erläutert werden, denn das Spiel eignet sich dazu Rhythmusgefühl und perfektes Timing zu trainieren. Durch die strikte Vorgabe des Rhythmus und vor allem da nur Noten zu hören sind, welche genau zum richtigen Zeitpunkt gespielt wurden, ist diese Art der Simulation weit vom echten Gitarrespielen entfernt. Wird eine Note zu früh oder zu spät gespielt erklingt sie nicht zum falschen Zeitpunkt, sondern das Instrument bleibt stumm. Für den Nutzer bedeutet das zwar, dass jeder Ton perfekt im Rhythmus erklingt (da er ansonsten gar nicht zu hören wäre), die Rückmeldung ist aber eingeschränkt. Es nicht erkennbar ob eine Note zu früh oder zu spät gespielt wurde, falls sie nicht zu hören ist. Der Vorteil dieser strikten Auslegung liegt darin, dass auch Spieler mit einem ungeübten Rhythmusgefühl feststellen, ob sie im Takt spielen oder nicht. Wären die Töne auch zu hören, wenn sie etwas zu früh oder zu spät gespielt würden, der Spie11 ler aber für diese Ungenauigkeit weniger Punkte bekommen würde, so wäre für den Spieler nicht ersichtlich warum die Bewertung seiner Leistung schlecht ausfällt. Guitar Hero simuliert das Gitarrespielen in Bezug auf den Rhythmus nicht sehr realitätsnah, da die Töne der Gitarre nur zu hören sind, falls sie genau zum vorgegebenen Zeitpunkt gespielt wurden. Deshalb ist die Art der Simulation zu strikt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hypothese aus dem Titel der Arbeit, das Spiel Guitar Hero hätte gar nichts mit dem Gitarrespielen zu tun, wiederlegt wurde. Die Arbeit liefert eine schlüssige Argumentation dafür, dass Guitar Hero als Simulation des Gitarrespielens angesehen werden kann. Die Art der Simulation deckt das Gitarrespielen aber eher in der Breite ab und bildet nicht einzelne Aspekte absolut realistisch nach. Der Autor der Arbeit erklärt diese Überlegung damit, dass Guitar Hero zwar eine Gitarre ohne Saiten (insofern dass der Gitarrencontroller keine Saiten simuliert), eine Gitarre ohne Bünde (das Interface des Spiels stellt keine Bünde dar) und sogar eine Gitarre ohne Klang (wenn der Spieler nicht im richtigen Tempo spielt) bietet, als Ganzes gesehen stellt es aber dennoch eine Simulation des Gitarrespielens dar, da die Art wie eine Gitarre Melodie, Harmonie und Rhythmus beinhaltet, zwar unvollständig aber passend wiedergespiegelt wird [6]. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Steuerung eines Musikspiels wie Guitar Hero durch die Verwendung einer echten E-Gitarre als Controller hinsichtlich vieler Aspekte verbessert (jedenfalls in Bezug auf Authentizität) und erweitert werden kann. In Kapitel vier wird eine genaue Analyse des Unterhaltungserlebens des Spiels Rock Band 3 präsentiert, anhand welcher Hypothesen über die Auswirkungen der Art des Controllers auf das Unterhaltungserleben aufgestellt werden. Zuvor werden im folgenden Kapitel die theoretischen Grundlagen für diese Analyse vorgestellt. 12 3 Theoretische Grundlagen zur Analyse von Computerspielen In diesem Kapitel sollen die Grundlagen zur Analyse von Computerspielen vorgestellt werden. Dazu wird eine Theorie aus der Unterhaltungsforschung betrachtet. Mit Hilfe dieser Theorie soll die Frage “Warum machen Computerspiele Spaß?” beantwortet werden. Diese Kenntnisse werden im nächsten Kapitel dazu genutzt, das Spiel Rock Band 3 formal zu analysieren, um schließlich ein ähnliches Spielkonzept zu entwickeln. Computerspiele wurden in den vergangenen Jahren von verschiedenen Forschungsrichtungen aus untersucht. Dazu zählen Medienpsychologie, Sozialpsychologie, Entwicklungspsychologie, Medienpädagogik, Kommunikationswissenschaften und Medien- und Kulturwissenschaften. Die Forschung ist zu einem großen Teil an Einzelaspekten orientiert. Im Zentrum dieser Untersuchungen stehen laut Klimmt die drei folgenden Forschungsschwerpunkte ([8] S.26): • Geschlechtsspezifische Unterschiede im Interesse an und Erfolg bei Computerspielen. • Die möglichen aggressionsfördernden Wirkungen und Nutzung gewalthaltiger Computerspiele. • Die Möglichkeiten, Computerspiele für pädagogische Zwecke zu nutzen. Das Unterhaltungserleben bei Computerspielen gehört nicht zu den üblichen Schwerpunkten. Neben der Arbeit von Klimmt befassen sich aber auch weitere Arbeiten auf theoretischer Ebene mit dem Thema Unterhaltungserleben ([9], [10]). Die Motivation beim und zum Computerspielen ist hingegen ein gut erforschter Bereich. Aspekte der Motivation zum Mediengebrauch werden in dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt, da überprüft werden soll, ob ein Musikspiel mit E-Gitarre als Controller als unterhaltsam erlebt werden kann, falls sich ein Nutzer dazu entschließt dieses zu spielen. Von den drei genannten Forschungsschwerpunkten soll hier lediglich der letzte Punkt kurz ausgeführt werden. Das in dieser Arbeit entwickelte Spielkonzept sieht zwar nicht die explizite Nutzung für pädagogische Zwecke vor, jedoch beinhaltet es vermutlich das beiläufige Lernen durch den Gebrauch eines Computerspiels. Auch diesem Thema widmen sich einige Forschungsarbeiten und kommen zu dem Schluss, dass beiläufige Lernprozesse bei Computerspielen grundsätzlich möglich (sogar wahrscheinlich) sind, da Spiele viele Aufgabentypen beinhalten, die auch in anderen Lebenskontexten von Bedeutung sind. Beispielsweise können Computerspiele die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitsteilung verbessern (Greenfield, DeWinstantley, Kilpatrick und Kaye zitiert nach [8] S.30). Allgemeine Schlussfolgerungen lassen sich über die Lernprozesse bei reinen Unterhaltungsspielen nicht ziehen, da uneinheitliche Ergebnisse vorliegen. Die Auswirkungen von Lerneffekten auf das Unterhaltungserleben dürften eher gering sein. 13 Für den Spieler steht in der Regel die Unterhaltung im Mittelpunkt und daher stellen mögliche Lerneffekte keine zusätzliche Motivation dar. Spiele können aber durch Lernangebote inhaltliche interessanter werden, wenn das Thema für den Nutzer ansprechend ist ([8] S.31). 3.1 Zusammenfassung der Forschung zur Unterhaltsamkeit von Computerspielen Die meisten Arbeiten zum Thema Unterhaltsamkeit von Computerspielen stammen aus den Bereichen Medienpsychologie/Kommunikationswissenschaften und Medienpädagogik. Als Grundlage dient in der Regel der Vergleich von Computerspielen und der Unterhaltung durch Fernsehen. Ziel ist es, das jeweilige Unterhaltungspotenzial anhand der Unterschiede zwischen Computerspielen und Fernsehen herauszuarbeiten. Außerdem beschäftigt sich die Entwicklungspsychologie mit Computerspielen, da diese nicht nur als Medienangebot sonder auch als Spielform angesehen werden können. Das wichtigste Merkmal von Computerspielen im Vergleich zu anderen Medienangeboten ist die Interaktivität ([8] S.32). Während andere Medien konsumiert werden und der Nutzer die Rolle des Beobachters einnimmt, greift der Spieler eines Computerspiels direkt in das Geschehen ein. Diese aktive Beteiligung des Spielers am Verlauf der Geschichte des Spiels hat maßgebliche Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben des Spielers. Nahezu alle Ansätze erklären das Spielvergnügen in Verbindung mit der Interaktivität von Computerspielen. Einige wichtige Faktoren der Unterhaltsamkeit von Computerspielen gehen aus der Literatur hervor. In vielen Arbeiten wird der Aspekt der Bewältigung und Beherrschung von Situationen in Computerspielen genannt ([8] S.33/34). Spieler erfahren demnach Vergnügen, da sie Aufgaben oder Probleme lösen können. Auch hier spielt die Interaktivität eine wichtige Rolle, denn der Nutzer trägt aktiv zu der angestrebten Lösung bei. In den meisten Fällen ist das Gelingen sogar allein von der selbst erbrachten Leistung abhängig. In anderen Medien, wie in Filmen oder Büchern, wird dagegen der Erfolg anderer Personen beobachtet und verfolgt. Hinzu kommt der Aspekt des Wettbewerbs und der Herausforderung, den Spiele, ähnlich wie Sportarten, bieten (Vgl. Hartmann zitiert nach [8] S.36). Entweder es gilt den Computer zu besiegen oder der Spieler misst sich mit anderen Spielern. Einige Arbeiten nennen auch narrativ-inhaltsbezogene Aspekte und bezeichnen diese als wichtig um in der Spielwelt zu versinken. Dabei wird Bezug auf das Spannungskonzept von Texten und Filmen genommen, allerdings scheint es schwierig zu sein narrative und interaktive Elemente von Unterhaltsamkeit zu integrieren (Knobloch, Klimmt, Fischer zitiert nach [8] S.36). Narrative Elemente spielen allerdings bei vielen Musikspielen eher eine untergeordnete Rolle, so dass dieser Aspekt weniger relevant sein sollte. Als letzter Aspekt, der vermutlich größeren Einfluss auf die Unterhaltsamkeit von Computerspielen besitzt, ist der soziale Austausch mit Freunden während und nach dem Spiel zu nennen. Besonders in Online- und Multiplayerspielen ist Kommuni14 kation zwischen den Spielern ein wichtiges Element. Für das Erreichen eines gemeinsamen Ziels ist oft eine genau abgestimmte Vorgehensweise notwendig, die nur durch Absprachen erreicht werden kann. Aber auch außerhalb des Spiels liefern Computerspiele reichlich Gesprächsstoff. Sie haben sich zu einem prägenden Element der Jugendkultur entwickelt (Fromme/Meder/Vollmer, Yates/Littleton zitiert nach [8] S.36). Dieser Aspekt kann bei der Gestaltung eines Spiels allerdings nur teilweise beeinflusst werden. Nicht jedes Spielkonzept sieht eine gleichzeitige Benutzung durch mehrere Spieler vor. Deshalb wird die Kommunikation während des Spiels maßgeblich durch das zu Grunde liegende Spielkonzept bestimmt. Ob das Spiel auch außerhalb des Spielvorgangs selbst als Gesprächsstoff dient, hängt vor allem vom Interesse am und der Begeisterung für das Spiel seitens der Nutzer ab. Ein spannendes Thema oder Szenario, sowie relevante Inhalte und ein unterhaltsames Spielkonzept tragen vermutlich dazu bei. 3.2 Unterhaltungsbegriff Der Unterhaltungsbegriff ist im Rahmen der Nutzung von Medien wissenschaftlich nur relativ schwer zu erklären, auch wenn es in den meisten Fällen offensichtlich scheint ob sich eine Person bei der Nutzung eines Medienangebots unterhält oder nicht. Festzuhalten ist, dass Unterhaltung keine Eigenschaft von Medienangeboten ist, sondern sich als Erlebensform beim Nutzer abspielt. Unterhaltung wird deshalb als Rezeptionsmerkmal angesehen (Vorderer zitiert nach [8] S.40). Deshalb kann die Bewertung ob ein Medienangebot (sei es ein Film, ein Buch oder ein Computerspiel) unterhaltsam ist oder nicht, nur subjektiv erfolgen. Um begründen zu können warum Spiele Spaß machen, ist es zunächst nötig eine fundierte Theorien zur Beschreibung und Erklärung von Unterhaltungsphänomenen beim Computerspielen zu betrachten. 3.3 Unterhaltung durch Computerspiele nach Klimmt In diesem Abschnitt wird das Unterhaltungserleben bei der Computerspielnutzung analysiert und zu einem Modell zusammengefügt. Besonders wichtig bei der Betrachtung von Unterhaltung durch Computerspiele ist die enge Verbindung zwischen der Motivation Computerspiele zu spielen und dem resultierenden Erleben. Der Grund für das hohe Maß an Motivation zur Nutzung eines Spiels wird, mit dem Reiz des Unterhaltungserlebens begründet, welches der Spieler erwartet. Der Spieler erwartet, dass das Spielen ihm große Freude bereiten wird, deshalb möchte er gerne dieser Tätigkeit nachgehen. Das Modell geht auch darauf ein, dass der Spieler sich teilweise über die Entwicklung seines Unterhaltungserlebens bewusst ist und dadurch die Möglichkeit bekommt, aktiv zum erfolgreichen Unterhaltungserleben beizutragen. Ohne das Eingreifen des Spielers geschieht bei den meisten Computerspielen schlichtweg 15 nichts. Das Handeln des Spielers ist bei Computerspielen ein zentrales Element ([8] S.69). Diese beiden Aspekte sollen das Fundament eines Modells des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen bilden. Der Prozess des Computerspielens wird zunächst beschrieben und analysiert, um sogenannte Mechanismen des Unterhaltungserlebens identifizieren zu können. Als Mechanismen werden die Verknüpfungen zwischen bestimmten Eigenschaften eines Spiels und spezifischen Erlebensformen der Spieler bezeichnet. 3.3.1 Computerspielen als Prozess Die Tätigkeit des Computerspielens allgemeingültig zu beschreiben, scheint auf Grund der Vielzahl unterschiedlicher Spielarten schwierig. Bereits eine Kategorisierung in bestimmte Genres ist, wenn überhaupt, nur sehr grob möglich. Spiele unterscheiden sich sehr stark in Bezug auf Handlung, Szenario, Aufgaben und Rolle des Spielers, sowie in ihrer Präsentation ([8] S.70). Für die Identifikation der Mechanismen des Unterhaltungserlebens sind diese Aspekte zwar teilweise relevant, bei der Betrachtung der Tätigkeit des Computerspielens steht jedoch mehr der Spieler im Mittelpunkt und somit sind spielspezifische Eigenschaften sekundär. Die Beschreibung des Prozess der Auseinandersetzung mit Computerspielen erfolgt daher aufgeteilt in einzelne Zeitabschnitte. Die kleinste, betrachtete Zeiteinheit beim Computerspielen ist eine einzelne Interaktion zwischen Spieler und System. Formal besteht eine Interaktion aus einer Eingabeaktion des Spielers und einer resultierenden Reaktion des Spielsystems. Typscherweise erfolgt die Eingabe über ein Eingabegerät wie zum Beispiel eine Maus, eine Tastatur oder ein Game-Controller. Die Reaktion des Spielsystems wird dem Spieler beispielsweise über eine veränderte visuelle Darstellung oder einen Klangeffekt mitgeteilt. Dieser Vorgang besteht in einem Computerspiel aus drei Schritten. Zuerst wird der aktuelle Zustand des Computerspiels vor der Eingabe angezeigt. Dann wird im zweiten Schritt durch den Benutzer eine Eingabe ausgeführt, welche auf den Vorzustand bezogen ist. Zuletzt reagiert das Spiel auf die Eingabe und teilt dem Spieler die Veränderungen mit. Dieser Ablauf der Interaktion kann als Schleife aus Eingaben des Spielers und den jeweils dazugehörenden Ausgaben (Reaktionen) des Spielsystems dargestellt werden. Jedes Spiel setzt sich aus fortlaufenden Schleifen dieser Art, den sogenannten Input-/Output-Loops, (abgekürzt I-/O-Loops) zusammen. Der Spieler gibt damit ständig neue Befehle, die Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben. Das wichtigste Merkmal der Input-/Output-Loops ist die direkte Verbindung von Eingabe und Ausgabe. Die Reaktion des Spielsystems folgt zeitlich unmittelbar, also ohne spürbare Verzögerung, auf die Eingabe ([8] S.71). Die nächste Betrachtungsebene über den I-/O-Loops ergibt sich durch die Zusammenfassung vieler Eingaben und ihrer resultierenden Ergebnisse. Der Spieler führt 16 seine Eingaben in der Regel nicht ohne Ziel aus. Er versucht durch seine Handlungen Aufgaben oder Probleme zu lösen. Eine Reihe von I-/O-Loops, die zur Bewältigung einer Aufgabe getätigt werden, definieren formal eine sogenannte Episode. Diese beinhaltet eine Ausgangssituation, eine Handlung des Spielers und ein Ergebnis. Die unterschiedlichen Dimensionen von I-/O-Loops und Episoden werden anhand des folgenden Beispiels deutlich. Ein I-/O-Loop einer Fußballsimulation besteht beispielsweise aus: (1) Dem aktuellen Zustand: der Spieler mit der Nummer zehn steht an der Mittellinie. (2) Einer Eingabe des Nutzers: er drückt die Pfeiltaste nach rechts. (3) Einer Reaktion des Spielsystems: der Spieler mit der Nummer zehn bewegt sich einen Schritt nach rechts. Im Vergleich dazu könnte eine Episode aus den folgenden Elementen bestehen: (1) Der Ausgangssituation: die Mannschaft des Nutzers hat zu Beginn der zweiten Halbzeit Anstoß und das Spiel steht unentschieden. (2) Einer Handlung: der Nutzer führt einige Pässe und schließlich einen Torschuss aus. (3) Einem Ergebnis: der Nutzer hat ein Tor erzielt und seine Mannschaft führt nun. Genauso könnte allerdings eine komplette Halbzeit als Episode definiert werden. Wichtigstes Merkmal einer Episode ist, dass dem Spieler mehrere Handlungsmöglichkeiten zur Wahl stehen, die durch verschiedene Eingaben umgesetzt werden können. Der Spieler wählt eine der Handlungsmöglichkeiten, die ihm für die jeweilige Situation passend erscheint. Die Ausgangssituation enthält Elemente, auf die der Spieler keinen Einfluss hat, die aber Druck auf ihn ausüben. Wie zum Beispiel der Start einer Rennsimulation bei dem die computergesteuerten Fahrzeuge losfahren und dem Spieler zeigen, dass er auch starten muss, um das Rennen nicht zu verlieren. Oder bei einem Kampfspiel wird die Figur des Nutzers von einem computergesteuerten Feind angegriffen und muss sich zur Wehr setzen, um den Tod der Figur zu verhindern. Das Spiel erzeugt damit eine Handlungsnotwendigkeit beim Spieler, so dass dieser reagieren muss, damit das Spiel nicht endet bzw. nicht verloren geht. Daran lässt sich erkennen, dass die Spieler ständig dazu aufgefordert werden oder sogar dazu gezwungen sind, aktiv zum Spiel und damit auch zu ihrem Unterhaltungserleben beizutragen. Um in das Spielgeschehen einzugreifen, muss der Spieler sich gezielt für eine Handlungsmöglichkeit entscheiden und diese auch möglichst genau nach seinen Vorstellungen durchführen. Die Fähigkeiten des Spielers bezüglich der Planung und Ausführung seiner Aktionen beeinflussen den Verlauf einer Episode maßgeblich. Während geübte Spieler Situationen schnell erfassen und passende Aktionen kennen und ausführen können, haben ungeübte Spieler vor allem bei schwierigen Episoden, bei denen der Spieler eventuell auch unter Zeitdruck steht, häufig Probleme. Eine Episode ist durch die Handlungsausführung des Spielers formal abgeschlossen, unabhängig vom Abschneiden des Spielers ([8] S.73). Die Episoden in Computerspielen sind oft eng miteinander verbunden, so dass die Ergebnisse vorangegangener Episoden großen Einfluss auf die folgenden haben können. Episoden sind also in der Regel nicht als unabhängige Abschnitte des Spiels zu verstehen. Die Verbindungen zwischen einzelnen Episoden und die 17 übergreifenden Auswirkungen ergeben sich für den Spieler durch eine Rahmengeschichte. Die Ausmaße der Episoden können sich von Spiel zu Spiel stark unterscheiden. Eine zeitliche Eingrenzung die alle Spielarten abdeckt ist daher nicht möglich. Dennoch ist für jedes Spiel eine Unterteilung in Episoden möglich, da die Einheit skalierbar ist. Je nach Spielform kann eine Episode einen längeren oder einen eher kurzen Abschnitt umfassen. Die letzte zeitliche Betrachtungsebene des Computerspielens umfasst eine Sequenz vieler aufeinanderfolgender Episoden und auch alle I-/O-Loops, die zu diesen Episoden gehören. Damit stellt die Tätigkeit des Computerspielens selbst die oberste Ebene dar. Auf dieser Ebene spielen umfangreichere Informationen als bei einzelnen Episoden eine Rolle. Die Geschichte des Spiels kann während einer Spielsitzung weit voranschreiten und der Nutzer erfährt viel über die Spielwelt und deren Charaktere. Die Rolle, welche der Spieler innerhalb der Spielwelt einnimmt, wird auf dieser Ebene sehr deutlich. Viele Charaktereigenschaften verdichten das Bild der Protagonisten und tragen zur Stimmigkeit der übergeordneten Geschichte bei. Die allgemeine Tätigkeit beinhaltet viele Aspekte der vorhergehenden Ebenen und fügt diese in einem größeren Rahmen zusammen ([8] S.74). 3.3.2 Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen Mit Hilfe der Beschreibung des Computerspielprozesses wird im Folgenden das Modell der Unterhaltung durch Computerspiele erstellt. Zu den drei Ebenen I-/OLoop, Episode und allgemeine Tätigkeit, wird jeweils der zentrale Mechanismus des Unterhaltungserleben beschrieben. Dazu wurden von Klimmt handlungstheoretische, medienpsychologische, spielpsychologische und kommunikationswissenschaftliche Ansätze herangezogen ([8] S.75/76). 3.3.3 Selbstwirksamkeitserleben Bereits auf der Ebene der I-/O-Loops kann Unterhaltungserleben entstehen. Um diesen Mechanismus zu identifizieren, wird die Interaktivität von Computerspielen auf der kleinsten Ebene betrachtet. Die Eingabe-Ausgabe-Schleifen in Computerspielen stellen eine besondere Form der Interaktion dar, denn auf die Eingabe des Nutzers folgt ohne zeitliche Verzögerung eine direkte Rückmeldung des Spielsystems. Dies steht beispielsweise im Gegensatz zur sozialen Interaktion, die meist von häufigen Pausen gekennzeichnet ist, da der Gesprächspartner eine gewisse Reaktionszeit benötigt um eine Antwort zu formulieren. Computer und auch andere Maschinen (wie Autos oder auch Musikinstrumente) können dauerhaft und ohne spürbare Verzögerung Reaktionen auf die Eingaben eines Nutzers zurückliefern ([8] S.76). Der Nutzer bekommt dadurch den Eindruck, dass jede seiner Handlungen direkt ein Ergebnis nach sich zieht. Für ihn wird somit die Verbindung zwischen seinem Handeln und dem Ergebnis klar erkennbar und er kann sich selbst als Ursache der Ergebnisse erkennen. 18 Hält diese Wahrnehmung über einen längeren Zeitraum, also über mehrere I-/OLoops an, “so ist die Möglichkeit gegeben, dass sie das Subjekt in einen spezifischen Erlebenszustand (state) versetzt, nämlich die fortlaufende Wahrnehmung eigener direkt-kausaler Einflussnahme auf das Geschehen” ([8] S. 76). Diesen Zustand bezeichnet Klimmt als Selbstwirksamkeitserleben (abgekürzt SWE). Um die Theorie des Selbstwirksamkeitserlebens zu stützen und das dabei auftretende Unterhaltungserleben erklären zu können, werden bestehende Ansätze herangezogen. Im Vergleich zu einer ähnlichen Theorie über die Erfahrungen erfolgreicher Situationsbewältigung, die als “mastery experience” (Bandura zitiert nach [8] S. 76) bezeichnet wird, kommt das Konzept des Selbstwirksamkeitserlebens ohne die Bedingung aus, dass eine Form von Erfolg eintreten muss, damit der Nutzer die Bewältigung einer Situation erkennen kann. Theoretisch ist es möglich sich selbst als wirksam zu erleben, ohne dabei einen Erfolg zu erzielen. Auf Computerspiele bezogen, bedeutet das für einen Nutzer beispielsweise Folgendes: Wenn der Nutzer einer Fußballsimulation einen Schuss auf das gegnerische Tor ausführt, der Torwart den Ball allerdings abwehrt und somit kein Tor erzielt wurde, kann der Nutzer dennoch erkennen das seine Handlungen einen Effekt hatten. Seine Eingaben wurden in den I-/O-Loops vom Spielsystem korrekt umgesetzt, haben aber nicht den gewünschten Effekt erzielt. Ein anderes handlungstheoretisches Konzept, das weniger Bedingungen als die “mastery experience” stellt und stärker auf die kausale Einflussnahme eingeht, stammt von White (1959) und wird mit dem Begriff “effectance” bezeichnet ([8] S.78). Damit ist “die Ausübung von Wirkungen auf materiale und soziale Gegenstände” ([8] S.78) gemeint. Diesem Konzept zu folge besitzt der Mensch eine starke Motivation solche kausalen Effekte zu erzeugen. Der Mensch wird dadurch angetrieben, sich mit seiner Umwelt zu befassen, Neues auszuprobieren und neue Kompetenzen zu erwerben. White bezeichnet diese Einflussnahme auf die Umwelt als menschliches Grundbedürfnis, welches mit einem intrinsischen Vergnügen verbunden ist. Solche Tätigkeiten werden also um ihrer selbst willen und weil sie einfach Spaß machen ausgeübt. Mit der Einflussnahme auf die Umwelt sind zudem “feelings of efficacy” verbunden, also die Erfahrung eigener Wirksamkeit ([8] S.78). Dieses Konzept kommt der Beschreibung von SWE sehr nahe und liefert eine Begründung für das Unterhaltungserleben, das mit SWE verbunden ist. White sieht den Grund für das intrinsische Vergnügen, welches mit SWE einhergeht in der Verbindung zwischen SWE und Kompetenzerwerb. Durch das Vergnügen des SWE wird der Mensch zur Ausübung kausaler Einflüssen auf die Umwelt motiviert und ermöglicht sich somit den Kompetenzerwerb durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt. Dieser Kompetenzwerb ist jedoch nicht beabsichtigt, sondern erfolgt beiläufig. Eine gängige Vermutung ist, dass das Unterhaltungserleben beim SWE auftritt, um den Mensch zum Kompetenzerwerb zu motivieren. 19 Für das Unterhaltungserleben bei Computerspielen ist das Eintreten von SWE durch die Ausführung der I-/O-Loops als grundlegender Mechanismus anzunehmen ([8] S.79). Dem Spieler bereitet es großes Vergnügen sich als wirksam wahrzunehmen und Computerspiele sind besonders gut geeignet dieses Gefühl zu vermitteln bzw. den Zustand des SWE hervorzurufen. Vor allem die zeitliche Verbindung zwischen der Eingabe und der direkt darauffolgenden Reaktion macht das Erleben von Selbstwirksamkeit möglich. Wird diese Verbindung durch technische Mängel gestört, treten für den Spieler störende Effekte auf und das SWE sowie das Unterhaltungserleben werden dadurch beeinträchtigt. Eingaben des Spielers werden dann nicht mehr korrekt in Aktionen im Spiel umgesetzt. Wenn ein Computer beispielsweise mit den Berechnungen, die zur Darstellung eines Spiels notwendig sind, überfordert wird, kann es zu Verzögerungen der Darstellung und auch der Aufnahme der Eingaben des Spielers kommen. Für den Spieler ist es somit nicht mehr möglich das Spiel wie gewünscht zu beeinflussen. Bei Vielspielern kann durch das zeitweise Ausbleiben von SWE nicht nur Langeweile sondern auch Ärger ausgelöst werden. SWE wird von ihnen als selbstverständliches Element eines Spiels angesehen und erst durch die Verminderung dieses Erlebens und den mangelnden Einfluss auf das Geschehen, wird es dem Spieler bewusst. Im Normalfall sollten solche technischen Probleme bei Spielen nicht auftreten. Der Zustand des SWE ist also derart grundlegend, dass er den Spielern üblicherweise nicht bewusst ist, sie aber dennoch unterhält ([8] S.79/80). Außer der zeitlichen Verbindung zwischen Eingabe und Reaktion ist auch das Verhältnis zwischen dem Aufwand der Eingabe und ihrem Ergebnis wichtig. Das SWE wird durch die teilweise überwältigenden Effekte, die durch eine kleine Handlung, wie einen Tastendruck, hervorgerufen werden, verstärkt. Einfache Handlungen des Spielers können in beeindruckenden visuellen Effekten resultieren. Beispielsweise können spektakuläre Explosionen ausgelöst werden oder der Spieler entscheidet mit einigen Tastendrücken eine Partie für sich und löst so Jubel beim virtuellen Publikum einer Renn- oder Fußballsimulation aus. Das Verhältnis zwischen dem Aufwand der Handlungen des Spielers und deren Effekte ist bei Computerspielen also äußert “günstig” und findet sich in diesem Maße ansonsten kaum ([8] S.80). 3.3.4 Spannung und Lösung Auf Ebene der I-/O-Loops werden Informationen über die Geschichte des Spiels und Erwartungen und Ziele der Spieler nicht dargestellt. Diese werden auf der Ebene der Episode betrachtet, um den Mechanismus des Unterhaltungserlebens zu beschreiben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Abgrenzung einzelner Episoden nicht immer eindeutig ist. Eine Episode wird üblicherweise durch eine bestimmte Aufgabe, ein Problem oder eine Herausforderung gekennzeichnet. Diese Handlungsnotwendigkeiten unterscheiden sich von Spiel zu Spiel und können beispielsweise in Form von angreifenden Gegner bei einem Kampfspiel oder zur Neige gehenden Rohstoffen bei einem Strategiespiel auftreten. 20 Die Aufgaben der meisten Spiele lassen sich in die Bereiche von SchnelligkeitsPräzisions-Anforderungen oder Komplexitäts-Bewältigungs-Anforderungen einteilen ([8] S.81). Zum Beispiel stellen Kampf- und Sportspiele hohe Anforderung an die Reaktionsgeschwindigkeit der Spieler. Sie müssen besonders schnell passende Aktionen auswählen und auch ausführen und auf Aktionen von Gegenspielern reagieren. Dagegen fordern Strategiespiele viel Übersicht und Komplexitätsbewältigung. Der Spieler muss viele Informationen auf einmal für seine Entscheidungen berücksichtigen und vorausschauend handeln. Genauso existieren Spiele bei denen all diese Anforderungen zum Tragen kommen. Die Spieler müssen dann schnell, präzise und überlegt zugleich handeln. Unabhängig davon, wie genau die Aufgabenstellung aussieht, setzt sie den Spieler unter Handlungsdruck. Wenn der Spieler nicht eingreift, verringert sich seine Chance das Spiel erfolgreich zu bestreiten, er verliert unmittelbar das Spiel oder es wird beendet. Deshalb kann es den Spielern nicht egal sein, wie die Episode verläuft und schließlich endet. Sie werden versuchen das Ziel der Episode zu erreichen und damit die Handlungsnotwendigkeit aufzulösen. Es ist jedoch ungewiss ob die Spieler ihr Ziel erreichen. Nicht nur für den Spieler, auch objektiv gesehen, besteht Ungewissheit darüber ob das Ziel wirklich erreicht wird, denn bereits ein Fehler könnte das Gelingen verhindern. Sobald die Spieler die Aufgabe einer Episode erkannt haben, entsteht Unsicherheit ob sie diese Aufgaben erfolgreich meistern können. Der Zustand ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen, verbunden mit der Ungewissheit ob es gelingt, stellt in der Medienpsychologie die Grundlage für das Erleben von Spannung bei der Rezeption von Texten und Filmen dar. Bei diesen Medienangeboten entsteht Spannung wenn die Rezipienten sich ein bestimmtes Ende wünschen und im Unklaren sind, ob sich dieses für die Protagonisten erfüllt. Als Reaktion darauf entstehen Hoffnungen und Ängste zugleich. Derselbe Prozess kann beispielsweise auch bei Sportwettkämpfen beobachtet werden, wenn das Publikum sich ein bestimmtes Ergebnis erhofft. Bei Computerspielen kann angenommen werden, dass die Spieler ebenfalls diesen Zustand der Spannung erleben. Am Anfang einer Episode hoffen die Spieler auf die erfolgreiche Bewältigung der Episode und befürchten gleichzeitig, dass sie dieses Ziel eventuell nicht erreichen könnten. Auch im weiteren Verlauf der Episode, also während der Handlungsdurchführung, bleibt die Spannung bestehen, da der Ausgang jederzeit offen bleibt. Bei den Spielern wird, je nachdem wie die Episode verläuft, der Anteil von Hoffnung und Angst variieren. Im Vergleich zur Rezeption von Texten und Filmen, bei denen das Schicksal der Protagonisten lediglich passiv beobachtet wird, werden die Spieler von Computerspielen stärker einbezogen. Denn der Spieler selbst bestimmt das Geschehen und ist für den Verlauf der Geschichte verantwortlich ([8] S.83). Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die Intensität der Spannung beim Computerspielen noch höher ausfällt als bei anderen Medienangeboten (Vorderer zitiert nach [8] S.83). Da der Spieler selbst im Mittelpunkt der Geschichte steht, ist es schwerer sich von dem Schicksal seiner Spielfigur zu distanzieren als beispielsweise vom Schicksal eines Filmcharakters. Im Vergleich zur Film21 und Textrezeption werden die Spieler von Computerspielen mit einer direkteren, unausweichlichen Form von Spannung konfrontiert. Ein weiterer Unterschied zur Rezeption von nicht-interaktiven Medien ist, dass bei Computerspielen die Handlung nicht passiv und hilflos beobachtet wird. Gerade diesen Aspekt macht Zillmann in den Überlegungen seiner angesehenen Unterhaltungstheorie als einen zentralen Faktor des Spannungszustands aus ([8] S.84). Da für die Spieler viele Möglichkeiten bestehen, in das Geschehen einzugreifen, müsste dieser Teil des Spannungserlebens ausbleiben. Es ist anzunehmen, dass auch bei Computerspiel-Episoden Spannung auf Grund der Ungewissheit entsteht, die Spannungsentwicklung jedoch anders verläuft als bei nicht-interaktiven Medien. Bei Filmen wartet der Zuschauer passiv und hilflos ab, bis die Spannung am Ende aufgelöst wird. Bei Computerspielen dagegen entscheiden sich die Spieler üblicherweise für eine Handlungsoption um die Auflösung der Spannung herbeizuführen. Allerdings können sich die Spieler auch nach ihrer Entscheidung nicht sicher sein, ob diese den gewünschten Effekt erzielen wird. Um tatsächlich erfolgreich zu sein, müssen die Aktionen vom Spieler zunächst auch wie gedacht umgesetzt werden. Das Besiegen eines Gegners wird beispielsweise nicht durch eine einfache Auswahl des Spielers erfolgen, sondern stellt viel mehr eine Herausforderung dar. Deshalb dürfte auch bei Computerspielen die Spannung aufrechterhalten werden bis der Ausgang der Episode sichergestellt ist ([8] S.85). Das Spannungskonzept der Text- und Filmrezeption kann also grundsätzlich auch auf Computerspiele übertragen werden. Dazu sind einige Anpassungen des Konzepts notwendig um dem interaktiven Charakter von Computerspielen gerecht zu werden. Das Entstehen von Spannung zu Beginn einer Episode und während der Handlungsdurchführung auf Grund der Ungewissheit über den Ausgang der Episode stellt einen weiteren Mechanismus des Unterhaltungserlebens bei Computerspielen dar ([8] S.85). Diese Annahme wird durch die Ergebnisse der Rezeptionsforschung über andere Medien gestützt, da die Übertragbarkeit auf Computerspiele beschrieben wurde. Zur vollständigen Beschreibung dieses Mechanismus, ist es nötig auch den letzten Teil einer Episode zu betrachten. Am Ende der Episode steht das Handlungsergebnis, das die Ungewissheit über den Ausgang beendet. Der Spieler kann sich nun sicher sein ob er seine Ziele erreicht hat oder nicht. Die Auflösung der Spannung hat eine Änderung des Erlebenszustandes des Spielers zur Folge. Die Ungewissheit und die damit verbundene Spannung fallen ab und werden von Reaktionen auf das Ergebnis abgelöst. Dieses Ergebnis hat für das Unterhaltungserleben des Spielers unter anderem hinsichtlich des narrativen Kontexts Auswirkungen. Für den weiteren Verlauf der Geschichte und das Verständnis der Spieler sind die Ergebnisse der einzelnen Episoden von großer Bedeutung. Sie können nun bewerten, ob sich ihre Hoffnungen 22 erfüllt haben oder ob ihre Ängste zu recht vorhanden waren. Beim Nutzer des Spiels wandelt sich zu diesem Zeitpunkt der Spannungszustand durch das Erzielen eines positiven Ergebnisses unmittelbar in euphorische Freude um ([8] S.86). Der Grund dafür ist, dass sich die physische Erregung nur langsam abbauen kann und daher auf die nun eintretende, sehr positive kognitive Bewertung trifft. Dieser Prozess läuft allerdings nur dann ab, wenn die Episode ein positives Ergebnis hat. Ansonsten löst der Spannungszustand, in Kombination mit einer negativen Bewertung über das Ende der Episode, starken Ärger beim Spieler aus und das Unterhaltungserleben wird dementsprechend unvorteilhaft beeinflusst. Ein weiterer Aspekt der Ergebnisse von Episoden ist, dass sie dem Spieler eine leistungsbezogene Rückmeldung liefern. Viele Spiele geben nach jeder Episode eine detailierte Auskunft über das Abschneiden des Spielers. Dabei geht die Rückmeldung meist über die Feststellung ob die Episode erfolgreich beendet wurde oder nicht hinaus. Der Grad des Erfolges oder des Misserfolges wird dem Spieler genau mitgeteilt. Da er das Spielgeschehen bestimmen kann, ist er für das erzielte Ergebnis verantwortlich. Die Performanz des Spielers spiegelt sich also im Ergebnis der Episode wider und deren Bewertung hat Einfluss auf den Erlebenszustand. Aus der psychologischen Forschung zur Leistungsmotivation sind Zusammenhänge zwischen leistungsbezogener Rückmeldung und emotionalen Reaktionen bekannt ([8] S.87). Erfolge haben demnach sehr positive Auswirkungen wie euphorische Glückszustände, Gefühle von eigener Kompetenz und Stolz über die erzielte Leistung. Diese erfolgsbedingten Reaktionen steigern das Selbstwertgefühl und werden deshalb sehr positiv erlebt. Fällt das Ergebnis einer Episode jedoch weniger zufriedenstellt aus, sind Ärger und Frustration die Folge. Im Fall eines Misserfolgs wird die aufgebaute Spannung am Ende einer Episode also nicht in eine positive Erlebensform umschlagen, sondern zu einem stark negativen Erleben führen. Demnach können Episoden nur zum Unterhaltungserleben beitragen wenn sie erfolgreich beendet werden. Zwar würde die Spannung während des Verlaufs einer Episode auch zu einem gewissen Maße als unterhaltsam empfunden, die negativen Effekte des Misserfolgs würden diese jedoch überdecken. Dagegen steigern die positiven Effekten im Erfolgsfall das Unterhaltungserleben, so dass die vielen kleinen Erfolge, die während des Spielens erreicht werden, als besonders wichtiges Element des Unterhaltungserlebens angesehen werden können. Das Ergebnis einer Episode bewirkt also sowohl einen Erregungstransfer, der bei einem erfolgreichen Ausgang als euphorische Freude erlebt wird, als auch leistungsbezogene Emotionen wie Stolz und Kompetenzerleben im Erfolgsfall ([8] S.87/88). Das Unterhaltungserleben beim Computerspielen ist dem zu Folge nur sichergestellt, wenn der Spieler einen gewissen Teil der Episoden erfolgreich beenden kann. Nur dann erfährt er die positiven Erlebenszustände am Ende der Zyklen aus Spannung und Lösung. Hieran wird die wichtige Rolle des eigenen aktiven Beitrags der 23 Spieler zum Gelingen ihres Unterhaltungserlebens sehr deutlich. Auch der Schwierigkeitsgrad eines Spiels hat, in Kombination mit den Fähigkeiten des Spielers, maßgeblichen Einfluss darauf, wieviele der Episoden erfolgreich beendet werden können. Bei der Betrachtung der Ergebnisse mehrerer Episoden ist davon auszugehen, dass sich positive und negative Effekte von erfolgreichen und fehlgeschlagenen Episoden gegenseitig aufwiegen. Wurden demnach mehr Episoden erfolgreich beendet, als Misserfolge erzielt wurden, wird die Gesamtbilanz positiv ausfallen. Verschiebt sich das Verhältnis zwischen Erfolg und Misserfolg wird bei den Spielern ab einem bestimmten Punkt kein Unterhaltungserleben mehr entstehen. An diesem Punkt wird sich der Nutzer frustriert von der Tätigkeit des Computerspielens abwenden. Die Anzahl der tolerierbaren Misserfolge hängt dabei vom Spieler ab. Personen die gegenüber Misserfolgen sehr intolerant sind, benötigen vermutlich eine große Differenz zwischen erfolgreich und nicht erfolgreich beendeten Episoden um sich zu unterhalten. Einige Misserfolge genügen um für sie das Unterhaltungserleben zu stören. Genauso ist es anderen Personen möglich, eine Vielzahl an Misserfolgen zu verkraften ohne dabei den Spaß am Spielen zu verlieren. Ob eine Episode als unterhaltsam empfunden wird, hängt jedoch nicht allein von ihrem Ergebnis ab. Maßgeblich dafür, wie das Erlebnis des Erfolgs wahrgenommen wird, ist die verspürte Unsicherheit über den Ausgang der Episode ([8] S.89). War der Spieler sich zu jeder Zeit vollkommen sicher, dass er einen Erfolg erzielen wird, bleiben die Spannungen während der Episode und ein großes Erfolgserlebnis am Ende aus. Das Lösen einer sehr einfachen Aufgabe beweist nicht das Können des Spielers und führt somit auch nicht zu euphorischer Freude oder Stolz über die eigene Leistung. Zu leichte Aufgaben eignen sich nicht zur Unterhaltung, sie werden als langweilig empfunden, da sie den Spieler nicht fordern, keine Spannung produzieren und keine Selbstwertsteigerung durch ein erfolgreiches Abschneiden ermöglichen. Eine Episode kann nur dann Spannung bei Spielern erzeugen, wenn sie bei diesen ein ausreichendes Maß an Unsicherheit über den Ausgang auslösen kann. Das Maß an Unsicherheit hängt dabei nicht nur vom objektiven Schwierigkeitsgrad einer Episode, sonder auch von den persönlichen Kompetenzen des Spielers ab. Aufgaben, die für geübte Spieler leicht zu meisternd sind, können unerfahrene Spieler bereits überfordern. Aus diesem Grund sind Einstellungsmöglichkeiten, um den Schwierigkeitsgrad an die jeweiligen Kompetenzen des Spielers anzupassen, in den meisten Computerspielen vorhanden. Anhand des Schwierigkeitsgrades ist es möglich, das Maß der Unsicherheit über den Ausgang der Episoden zur erhöhen und dabei die Anzahl der Episoden, die zu leicht oder zu schwer sind, zu reduzieren. Der beschriebene Mechanismus aus Spannung und Lösung kennzeichnet auf Ebene der Episoden das Unterhaltungserleben und ist dabei ebenso skalierbar, wie es für die Länge der Episoden beschrieben wurde. Der Mechanismus lässt sich sowohl bei kürzeren als auch auf längeren Spielabschnitten feststellen. 24 Das modellierte Prinzip von Spannung und Lösung ist eng an die Bedeutung der Handlungsnotwendigkeit geknüpft ([8] S.91). Einige Episoden kommen jedoch auch ohne oder mit einer geringen Handlungsnotwendigkeit aus. Ein Beispiel dafür ist die freie Erkundung einer Spielwelt, bei der keine bestimmte Aufgabe vorliegt. Bei Episoden dieser Art rücken statt der Handlungsnotwendigkeit die Handlungsmöglichkeiten in den Fokus. Die Spieler müssen hier keiner bestimmten Aufgabe nachkommen, können aber sehr viele Möglichkeiten ausprobieren. Freude am Ausprobieren und an Exploration ist vor allem im Bezug auf Kinder in der Entwicklungspsychologie gut belegt, beispielsweise die Anziehungskraft von Spielzeug, die Kinder und auch Erwachsene dazu motiviert diese auszuprobieren. Die Exploration neuer, unbekannter Objekte befriedigt Neugier. Dieser Prozess kann mit dem Mechanismus aus Spannung und Lösung verglichen werden. Spannung entsteht dabei durch Unsicherheit über etwas Neues und Unbekanntes und kann durch Erkundung aufgelöst werden. Übertragen auf den Mechanismus aus Spannung und Lösung formulieren die Spieler ein eigenes Handlungsziel in Form der Befriedigung einer situationsspezifischen Neugier, um so den Mechanismus auszulösen ([8] S.92). Die hier beschriebenen Prozesse des Unterhaltungserlebens auf Episodenebene sind den Spielern zumindest teilweise bewusst und kognitiv zugänglich. Der erste Mechanismus, das Selbstwirksamkeitserleben auf Ebene der I-/O-Loops, ist den Spielern dagegen nur unter besonderen Umständen bewusst und wird ansonsten nicht wahrgenommen. Deshalb ist davon auszugehen, dass erst auf Episodenebene Prozesse der metakognitiven und -emotionalen Handlungssteuerung und Erlebensüberwachung einsetzen ([8] S.93). Ein Beispiel für die Handlungssteuerung ist, dass die Spieler versuchen ihre Aufmerksamkeit auf das Spiel zu konzentrieren um die Aufgaben möglichst gut zu bewältigen. Auch metaemotionale Prozesse sind wahrscheinlich, wie zum Beispiel die Wahl einer bestimmten Handlungsmöglichkeit. Angenommen dem Spieler stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung eine Situation zu meistern, so ist anzunehmen, dass er eine Aktion auswählt, welche er als besonders unterhaltsam oder interessant einschätzt. Diese Beispiele zeigen, dass der aktive Beitrag des Spielers von besonderer Bedeutsamkeit ist und über die Eingaben zur Ausführung von Handlungen hinausgeht. Die kognitiven und emotionalen Prozesse spielen, je nach Dynamik und Komplexität des Episodenverlaufs, meist eine große Rolle. Sie sind für das erfolgreiche Bestehen umfangreicher Aufgaben unverzichtbar und helfen dadurch das Unterhaltungserleben bei Computerspielen sicherzustellen ([8] S.94). 3.3.5 Simulierte Lebenserfahrung Der dritte Mechanismus wird auf der Ebene der Tätigkeit des Computerspielens beobachtet. Bisher wurden die narrativen Komponenten, die viele Computerspiele enthalten, nur am Rande berücksichtigt. Auf der Ebene der Eingabe-AusgabeSchleifen sind diese Komponenten nicht von Bedeutung und auch auf der Ebene 25 der Episoden dienen sie lediglich zur Erklärung der Situation und der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden. Bei der Betrachtung der Tätigkeit des Computerspielens selbst stehen komplexe narrative Strukturen jedoch im Mittelpunkt ([8] S.96). Die Geschichte des Spiels schreitet während einer Spielsitzung weit voran. Dafür ist die Beteiligung des Spielers nötig, denn nur durch sein Handeln wird die Geschichte weitergeführt. Da die interaktive Komponente von Computerspielen in den narrationsbezogenen Rezeptionstheorien, die nicht-interaktive Medien beschreiben, nicht berücksichtigt werden, eignen sich diese nicht zur Beschreibung des Erlebens beim Computerspielen ([8] S.96). Diese Theorien beschreiben bisher nur die passive Nutzung von Medieninhalten und bilden den Prozess des Computerspielens und vor allem die aktive Rolle des Spielers, nicht ab. Darum soll der Mechanismus auf der Ebene der allgemeinen Tätigkeit des Computerspielens von der Aktivität der Spieler ausgehen und aus entwicklungspsychologisch-spieltheoretischer Sicht konstruiert werden. Aus diesem Forschungsbereich können hilfreiche Überlegungen zu den Auswirkungen der Interaktivität herangezogen werden ([8] S.96). Der Mechanismus des Unterhaltungserlebens auf der Ebene der allgemeinen Tätigkeit wird mit Hilfe des spielpsychologischen Konzepts der Handlungsrolle beschrieben. Dieser Begriff bezeichnet eine Reihe von Informationen zur Beschreibung der Eigenschaften einer Person oder einer Klasse von Personen, wobei besonders tätigkeitsbezogene Aspekte wichtig sind. Dazu gehören beispielsweise typische sowie untypische Handlung, gebräuchliche Hilfsmittel, Informationen über das Verhalten, den sozialen Status und die Funktion für die Gesellschaft. In der Entwicklungspsychologie wird dem Erwerb von Wissen über verschiedene Handlungsrollen große Bedeutung für die kindliche Entwicklung beigemessen. Besonders in Rollenspielen können Kinder Handlungsrollen ausprobieren und sich diese aneignen. Sie schlüpfen in die Rollen anderer Personen und stellen deren typisches Verhalten nach. Da Kindern in dieser imaginären Spielwelt mehr Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen als in der wirklichen Welt, empfinden sie Rollenspiele als vergnüglich. Vor allem für Kinder, die häufiger als Erwachsene Erfahrungen von Bevormundung, Überforderung und Einflusslosigkeit erleben, bietet sich so die Gelegenheit neue Möglichkeiten und Freiheiten zu bekommen ([8] S.97). Diese wirken als eine angenehme, entlastende und auch lehrreiche Kompensation ihrer sozialen Realität. Da die Rollenspiele in einer Spielwelt stattfinden, sind sie nicht mit den Problemen, Gefahren und Risiken verbunden, welche in der Realität mit der Rolle einher gehen. Für Erwachsene sind zwar die lehrreichen Aspekte von Rollenspielen weniger wichtig, das Einnehmen fremder und vor allem exotischer und schwer zugänglicher Rollen stellt jedoch auch für sie einen Anreiz zum Spielen dar. Durch das Eintauchen in spannende Fantasiewelten werden Effekte der Entlastung und Lebensbewältigung ausgelöst. Besonders attraktiv sind dabei Szenarien, die 26 um die eingenommene Rolle zentriert sind und der Person große Wichtigkeit beimessen (zum Beispiel die Rolle eines Geheimagenten) ([8] S.85). Dieses Konzept kann gut auf Computerspiele übertragen werden. Die ausführlichen Geschichten vieler Computerspiele eignen sich besonders als Rahmen für Rollenspiele. Durch die grafischen Darstellungen wird außerdem die Handlungsrolle detailiert präsentiert und der Spieler erfährt viel über die Spielwelt und die Geschichte. In den meisten Fällen übernimmt der Spieler Handlungsrollen, die nicht alltäglich, sondern eher ungewöhnlich und in der realen Welt schwer zugänglich sind. Vor allem die Rolle des Helden wird in Computerspielen häufig eingenommen. Je nach Szenario des Spiels schlüpf man in die Rolle eines Kampfpiloten, Einzelkämpfers, Abenteurers, Fußballspielers oder eines Rennfahrers. Diese üblichen Handlungsrollen in Computerspielen stehen inhaltlich in Kontrast zur Realität der Nutzer. Auch viele andere erfolgreiche Medienangebote, wie Filme oder Romane, setzten auf außergewöhnliche oder fiktionale Inhalte und Welten. Es gibt auch einige Spiele die im Gegensatz dazu auf realitätsnahe Szenarien setzten, wie beispielsweise die sehr erfolgreiche Reihe “Die Sims”, bei der alltägliche Handlungen ganz normaler Personen im Vordergrund stehen ([8] S.99). Man kann davon ausgehen, dass sich die Computerspieler während der Spieltätigkeit in die jeweilige Handlungsrolle hineinversetzen und dass ihr Unterhaltungserleben davon beeinflusst wird. Das Spiel schafft eine simulierte Welt, in der die Spieler das Geschehen bzw. die Situation der Rolle gewissermaßen am eigenen Leib nachvollziehen können. Sie erleben in stellvertretend-simulierter Weise die Abenteuer oder Ereignisse der Spielwelt und die damit verbundenen Gefühle. Beispielsweise können so der Druck eines Profisportlers, die Angst eines Soldaten in einer Kampfhandlung oder die Macht eines Feldherrn auf den Spieler übertragen werden. Diese simulierten Lebenserfahrungen stellen den allgemein-tätigkeitsbezogenen Mechanismus des Unterhaltungserlebens durch Computerspielen dar. “Computer sind interaktive Lebensweltsimulatoren, deren Nachstellung von “symbolisch-figurativen Realitätsbereichen” (Mogel 1994: 171) als faszinierend, attraktiv und unterhaltsam empfunden wird.” ([8] S.99) Der hier beschriebene Mechanismus zeigt deutliche Übereinstimmungen mit dem kommunikationswissenschaftlichen Konzept des Eskapismus. Darin wird die Annahme formuliert, dass Nutzer durch die Rezeption unterhaltsamer Medienangebote Erholung von ihrem Alltag bekommen können, indem sie ihre Probleme und Sorgen vergessen und für die Zeit der Rezeption in “angenehmere räumlichsoziale Umgebungen” ([8] S.99) entfliehen können. Das Verdrängen der Realität durch den Gebrauch von Medien wird in diesem Kontext durchaus kritisch betrachtet, allerdings stehen aus spielpsychologischer Sicht die positiven Effekte der stellvertretenden Erfahrungen in simulierten Handlungskontexten im Vordergrund. Sie sind für das menschliche Wohlbefinden und die menschliche Entwicklung von zentraler Bedeutung. Auf der Ebene der gesamten Tätigkeit des Computerspielens werden auch die Einflüsse der Komponenten der Erholung und des Kompetenzerwerbs deutlich. Diese stellen nicht nur ein Anreiz zum Spielen von 27 Computerspielen dar, sondern sind auch eng mit dem Unterhaltungserleben beim Computerspielen verbunden ([8] S.100). Im Vergleich zu Filmen und Romanen lässt sich bei Computerspielen in Bezug auf das Angebot interessanter Handlungsrollen bzw. simulierter Lebenserfahrungen, auf Anhieb kein Unterschied erkennen. Filme und Romane decken bereits allein auf Grund ihres längeren Bestehens vermutlich ein größeres Spektrum von Rollen und Geschichten ab. Dennoch beschreiben und vermitteln sie auf sehr ähnliche Weise die Erlebnisse und Gefühle der Charaktere bzw. der Handlungsrollen. Computerspiele weisen jedoch einige besondere Eigenschaften auf, die den Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung verstärken ([8] S.100/101). Zuerst ist die Interaktivität von Computerspielen zu erwähnen. Die dadurch entstehenden Möglichkeiten heben Computerspiele deutlich von anderen Medienangeboten ab. Die Spieler können die Handlungsrollen selbst ausführen anstatt sie nur passiv zu erleben. Für die Handlungsrolle typische Aktionen und die resultierenden Ergebnisse werden von ihnen selbst erlebt. Durch das Selbstwirksamkeitserleben bei der Ausführung wird eine große Nähe zum simulierten Lebensbereich erzeugt. Die Handlungsrollen werden in Computerspielen besonders plastisch erlebt. Als zweiter Aspekt sind die teil-autonomen Elemente von Computerspielen zu berücksichtigen. Das Spiel gibt auch unabhängig von den Handlungen des Nutzers eigene Impulse und beeinflusst so das Geschehen. Dadurch können auch Komponenten einer Handlungsrolle nachgebildet werden, die nicht direkt mit deren Handlungen verbunden sind. Es werden zum Beispiel Rahmenbedingungen erzeugt, die die Handlungsnotwendigkeit verstärken, also Druck auf den Spieler ausüben. So erlebt der Spieler weiter Effekte, die mit seiner Handlungsrolle verbunden sind. Bei einem Rennspiel bleiben die Verfolger beispielsweise immer in Schlagdistanz und nutzen auch kleine Fehler des Spielers zum Überholen aus. Damit wird der Perfektionszwang bezüglich der eigenen Leistung simuliert. Die Handlungsrollen können in Computerspielen samt ihrer Freiheiten und Zwänge, in einem größeren Maß als in anderen Medienangeboten, erlebt werden. Drittens ist auf die audiovisuelle Präsentation der Rollensimulation einzugehen. Die Qualität der Darstellung schreitet stetig voran und hat bereits ein hohes Niveau erreicht. Aktuelle Computerspiele bieten teilweise eine realitätsnahe Grafik und präsentieren den Nutzern eine sehr detailierte Spielwelt. Dadurch wird die Handlungsrolle authentisch vermittelt und der Spieler muss sich weniger auf seine Fantasie stützen um in die Spielwelt und die Rolle einzutauchen. Der vierte und letzte Aspekt ist die Komplexität von Computerspielen. Um eine bestimmte Handlungsrolle genau zu beschreiben wären umfangreiche Erklärungen notwendig. Computerspiele liefern teilweise komplexe Beschreibungen von Rollen durch eine Vielzahl verschiedener Episoden, in denen die Spieler Informationen zu Handlungsrollen bekommen. Besonders Spiele aus dem Genre der Rollenspiele zeichnen ein detailiertes Bild der Charaktere. Die Spieler erfahren in etlichen miteinander verbundenen Episoden immer mehr über die Figuren des 28 Spiels und absolvieren Hunderte von Aufgaben. Die Komplexität solcher Spiele kann dabei selbst die ausführlichsten Beschreibungen eines langen Romans übersteigen. Diese vier genannten Aspekte ermöglichen es den Spielern von Computerspielen die Handlungsrollen besonders gut nachzuvollziehen. Sie erleben eine realistische, ausführliche und authentische Darstellung der Handlungsrollen. Darin liegt ein Alleinstellungsmerkmal von Computerspielen im Vergleich zu anderen Medienangeboten, die auch durch simulierte Lebenserfahrung unterhalten können. An dieser Stelle muss allerdings auch darauf hingewiesen werden, dass auch viele Computerspiele nur sehr einfach gehaltene Handlungsrollen verwenden. Beispielsweise wird in einigen Actionspielen weniger Wert auf die Beschreibung der Charaktere gelegt. Sie unterhalten, ganz ähnlich wie auch viele Actionfilme, eher durch Explosionen und eine Aneinanderreihung von Gefechten. Daher kann festgehalten werden, dass Computerspiele auch ohne das beschriebene Potenzial zur Handlungssimulation voll auszuschöpfen, unterhaltsam sein können ([8] S.102). 3.3.6 Kombiniertes Unterhaltungserleben Bisher wurden die drei zentralen Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen auf der jeweiligen Ebene einzeln beschrieben. Die Mechanismen finden jedoch parallel statt und beeinflussen sich gegenseitig. Um das Unterhaltungserleben beim Computerspielen im Ganzen betrachten zu können, ist es notwendig die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Mechanismen zu erläutern. Diese sollen, von der untersten Analyseebene ausgehend, beschrieben werden und auf ihre Relevanz beim bewussten Unterhaltungserleben überprüft werden. Auf der Ebene der Eingabe-Ausgabe-Schleifen wurde der Mechanismus des Selbstwirksamkeitserlebens beschrieben. Dieser dürfte für das bewusste Unterhaltungserleben der Spieler die geringste Bedeutung aufweisen, da er wie beschrieben nur unter besonderen Umständen wahrgenommen wird. Dennoch ist das SWE für das Unterhaltungserleben von fundamentaler Bedeutung, da die höheren Erlebensformen darauf aufbauen ([8] S.103). Der Mechanismus aus Spannung und Lösung kommt nur durch das SWE voll zum tragen, da somit der Selbstbezug hergestellt werden kann. Der Spieler stellt eine enge Verbindung zum Spielgeschehen her und bewertet den Verlauf der Episoden als überaus selbstrelevant. Er sieht sich selbst unter Handlungsdruck, versucht eigene Handlungsmöglichkeiten zu finden und führt selbst die Handlungsauswahl und -durchführung aus, um letztlich selbst ein Ergebnis herbeizuführen. Besonders die Handlungsnotwendigkeit und das Ergebnis einer Episode werden durch das SWE mit einer höheren Selbstrelevanz bemessen. Der Spieler fühlt sich dadurch in das Spiel involviert und die Handlungsnotwendigkeit erzeugt eine größere Spannung als bei der passiven Filmrezeption. Er bezieht die Handlungsnotwendigkeit nicht auf die Spielfigur, sondern auf sich selbst. Neben dem Spannungserleben wird 29 durch SWE auch der Mechanismus der Lösung unterstützt. Wenn der Spieler eine Episode erfolgreich absolviert, kann er dieses Ergebnis auf seine eigens erbrachten Leistungen zurückführen, da er sich selbst während der Handlungsausführung der Episode als wirksam erlebt hat. Die verstärkende Wirkung des SWE auf unterhaltsame Erfolgserlebnisse lässt sich anhand der Reaktionen eines Spielers auf verschiedene Ausgänge einer Episode verdeutlichen. Eine Episode, die zwar erfolgreich abgeschlossen wurde, aber dem Spieler während der Handlungsausführung nur eingeschränktes SWE vermitteln konnte und durch zufällige Ereignisse begünstigt wurde, löst bei den Spielern am Ende gemischte Reaktionen aus. Die Freude über den positiven Ausgang wird von negativen Emotionen, wie Ärger, begleitet, da der Spieler nicht nur sich selbst als Verursacher des positiven Ausgangs sehen kann. Falls eine Episode nicht erfolgreich beendet wird und der Spieler das SWE uneingeschränkt wahrgenommen hat, steigt das Frustrationspotential an. Da das Spielsystem zu jedem Zeitpunkt der Episode die gewünschten Handlungen korrekt umgesetzt hat, ist es für den Spieler schwieriger sich von diesem Misserfolg zu distanzieren. Der Grund für den Misserfolg kann in diesem Fall nicht beim Spielsystem und eventuellen technischen Mängeln gesucht werden. Stattdessen rückt die eigene Performanz, die nicht ausreichend war, in den Mittelpunkt und führt zu dem Schluss, dass das negative Ergebnis selbst verursacht wurde. Dieser Effekt ist ein Nachteil des erhöhten Selbstbezugs durch SWE und macht deutlich, dass ein ausgewogener Schwierigkeitsgrad, der zu einem angemessenen Verhältnis von erfolgreich und erfolglos abgeschlossenen Episoden führt, für das Unterhaltungserleben beim Computerspielen wichtig ist ([8] S.104). Auch zwischen dem SWE und dem obersten Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung besteht eine inhaltliche Verbindung. Durch den interaktiven Charakter simulieren Computerspiele Handlungsrollen in besonderer Weise. Die aktive Nachgestaltung eines Lebensbereichs trägt dabei zur Attraktivität von Computerspielen als Lebensweltsimulatoren bei ([8] S.104). Das SWE verstärkt diese Erfahrungen, da den Spielern das Gefühl vermittelt wird, Einfluss auf das Spielgeschehen und die Spielwelt nehmen zu können. Das SWE erweitert die Lebensweltsimulation “von einer Demonstration zu einer Partizipation” ([8] S. 105). Der Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung wird somit durch das SWE verstärkt und steigert die Unterhaltsamkeit von Computerspielen. Eine weitere konzeptuelle Verbindung besteht zwischen den Mechanismen “Spannung und Lösung” und “simulierter Lebenserfahrung”. Das Rezeptionserleben aus Spannung und Lösung während der Episoden unterstützt den Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung enorm. Die Komponenten einer Episode sind eng mit der jeweiligen Handlungsrolle verbunden. Beispielweise stehen dem Spieler üblicherweise nur diejenigen Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die typisch für die simulierte Rolle sind. Bei einer Fußballsimulation stehen daher nur Aktionen wie laufen, passen, aufs Tor schießen, flanken und grätschen zur Auswahl, während 30 bei einer Rennsimulation die Aktionen Gas geben, bremsen, schalten und lenken möglich sind. Die Erkundung und Anwendung dieser Möglichkeiten ermöglicht es den Spielern eine Rolle besonders echt und umfangreich zu erleben und sich mit ihr zu identifizieren. Für die weiteren Episodenkomponenten, die Handlungsnotwendigkeit, die Handlungsdurchführung und die Handlungsergebnisse lässt sich diese Verbindung ebenfalls feststellen. Positive Handlungsergebnisse am Ende einer Episode fördern beim Spieler den Eindruck, die simulierte Rolle besonders gut auszufüllen und verstärken die Identifikation mit der Handlungsrolle und damit auch den Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung ([8]t S.105). Die Verbindung zwischen den Mechanismen auf Episoden- und Tätigkeitsebene besteht nicht nur in dieser Richtung. Die unterhaltsame Wahrnehmung beim Ausführen einer Handlungsrolle ist auch für das Erleben der einzelnen Episoden und deren Komponenten relevant. So lässt der Kontext der simulierten Rolle die Episodenkonfiguration verständlicher werden und legt auch bestimmte Handlungsziele nahe. Die Rolle eines Polizisten legt es beispielsweise nahe Verbrecher zu verhaften und die Bürger zu beschützen. Sie erleichtert den Spielern auch die Auswahl einer Handlungsmöglichkeit, da sie eventuell auf bekannte, rollentypische Verhaltensweisen zurückgreifen können. Spieler die sich vollständig in die simulierte Rolle hineinversetzen, werden verschiedenen Episoden aus Sicht ihrer Rolle unterschiedliche Relevanzen beimessen. Bei einer Rennsimulation würde ein Spieler das letzte und entscheidende Rennen einer Saison daher wahrscheinlich als besonders spannend erleben. Dabei würde ein Spieler, der sich ganz und gar mit der Rolle des Rennfahrers identifiziert, auch Spannung durch Überlegungen über die Auswirkungen von Sieg oder Niederlage auf die Karriere aufbauen. Die Verbindung zwischen dem Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung und dem aus Spannung und Lösung besteht also einerseits darin, dass die Handlungsrolle als Orientierungshilfe für das Verstehen einer Episodenkonfiguration und die Handlungsauswahl dient und andererseits wird das Unterhaltungserleben auf Episodenebene aus der Sicht der Handlungsrolle bewertet ([8] S.106). 3.3.7 Zusammenfassung des Modells Für das Unterhaltungserleben beim Computerspielen wurden drei zentrale Mechanismen aufgezeigt. “Sie verbinden bestimmte Eigenschaften des Medienangebots “Computerspiel” kausal mit bestimmten Erlebenszuständen auf Seiten der Nutzer/innen: • Auf der Beschreibungsebene des I-/O-Loops wurden die zeitliche Kontingenz zwischen Eingabe und Effekt sowie das günstige Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis als Ursachen für positiv empfundenes Selbstwirksamkeitserleben (SWE) identifiziert. • Auf der Ebene der Episode treten Handlungsnotwendigkeiten (und/oder Explorationsmöglichkeiten) auf, welche Unsicherheit bzw. (unterhaltsa31 me) Spannung erzeugen. Auf diese Spannung reagieren die Spieler/innen durch eigene Handlungen, deren Ergebnisse wiederum zusätzliche Erlebenskomponenten aktivieren (Lösung, Erfolgserleben, Selbstwertsteigerung/Stolz). Erfolglose Bewältigungsversuche führen allerdings zu stark aversiv-emotionalen Erlebensweisen, die noch ärgerlicher sind als Langeweile. • Auf der obersten Ebene der Gesamtaktivität wurde die narrativ-interaktive Simulation einer Handlungsrolle als Ursache für Unterhaltungserleben herausgearbeitet. Das Einfühlen in eine interessante, fremd- und neuartige (sowie oftmals sozial prestigeträchtige, “wichtige’) Handlungsrolle gelingt aufgrund der Interaktivität, der Realitätsnähe und anderer Eigenschaften von Computerspielen besonders umfassend, vollständig und “überzeugend”, sodass die unterhaltsame “Flucht” aus den alltäglichen Rollenkontexten in andere Handlungfelder unterstützt und begünstig wird.” ([8] S.113) Diese Mechanismen sind eng miteinander verbunden und führen je nach Ausprägung, gegenseitiger Beeinflussung und Wirkung gemeinsam “zu sehr vielfältigen, im Zeitverlauf starken qualitativen Veränderungen ausgesetzten Formen des Unterhaltungserlebens. Es ist dabei grundsätzlich durch hohen Selbstbezug und wechselnde relative Anteile leistungs- und narrationsbezogener Komponenten geprägt” ([8] S.114). Das beschriebene Modell von Klimmt dient im folgenden Kapitel dazu, das Unterhaltungserleben beim Spiel Rock Band 3 zu analysieren. Dadurch sollen Eigenschaften und Komponenten identifiziert werden, die von Bedeutung für das Unterhaltungserleben sind. Mit Hilfe dieser Kenntnisse soll im Weiteren ein ähnliches Spielkonzept, allerdings mit einer E-Gitarre als Controller, erstellt und umgesetzt werden. 32 4 Formale Analyse von Rock Band 3 In diesem Kapitel wird das Computerspiel Rock Band 3 analysiert, um festzustellen wie das Unterhaltungserleben bei diesem Spiel entsteht. Die Erkenntnisse aus diesem Kapitel werden für die Ausarbeitung von zwei eigenen, ähnlichen Spielkonzepten benötigt. Als theoretische Grundlage für die Analyse dienen das in Kapitel drei beschriebene Modell und die dazugehörigen Mechanismen. Zunächst wird daher überprüft, wie die Beschreibung des “Computerspielen als Prozess” auf Rock Band 3 angewandt werden kann. Im Folgenden werden dann die drei Mechanismen des Unterhaltungserlebens für das Spiel Rock Band 3 beschrieben. Die Analyse konzentriert sich auf diejenigen Komponenten und Aspekte des Spiels, die für das Unterhaltungserleben von zentraler Bedeutung sind und umfasst somit nicht alle Details des Spiels. Abschließend werden Hypothesen formuliert, wie das Unterhaltungserleben bei einem solchen Musikspiel durch eine E-Gitarre als Controller beeinflusst werden könnte. 4.1 Rock Band 3-spielen als Prozess Computerspielen wurde als ein Prozess mit drei Ebenen beschrieben, welche sich zeitlich abgrenzen lassen. Diese Ebenen werden zunächst auf Rock Band 3 übertragen, um anschließend die dazugehörigen Mechanismen genauer betrachten zu können. Zuerst werden das Spielkonzept und die wichtigsten Elemente von Rock Band 3 vorgestellt. Für diese Arbeit wurde das Spiel Rock Band 3 für die Nintendo Wii analysiert. Das Spiel ist außerdem für die Systeme Sony Playstation 3 und Microsoft Xbox 360 in einer inhaltlich identischen Version verfügbar. Allerdings unterscheiden sich diese Versionen in Bezug auf die Qualität der grafischen Darstellungen. Diese Unterschiede sind jedoch gering und können somit bei der Analyse des Spiels vernachlässigt werden. Beschreibung des Spiels Das Spiel Rock Band 3 basiert auf dem gleichen Spielprinzip wie die Guitar Hero Serie. Es wurde vom Entwicklerstudio Harmonix programmiert, von welchem auch die Teile eins und zwei der Guitar Hero Serie stammen. Auch bei Rock Band 3 geht es um das Nachspielen bekannter Musikstücke. Wie der Name des Spiels bereits vermuten lässt, konzentriert sich Rock Band 3 nicht ausschließlich auf das Nachspielen mit Gitarren-Controllern, sondern bezieht auch weitere Instrumente ein. Dazu werden ebenfalls Controller benutzt, welche den jeweiligen Instrumenten nachempfunden wurden. Im Vergleich zu Guitar Hero wurde dieses Spiel um ein Schlagzeug, ein Keyboard und ein Mikrofon erweitert. Zudem bietet Rock Band 3 den sogenannten Pro Modus an, in dem die Lieder mit speziellen, realistischeren Controllern nachgespielt 33 werden. Diese sind in Abbildung 5 zu sehen. Der Keyboard-Controller unterscheidet sich nur durch die Anzahl der Tasten von einem herkömmlichen Keyboard. Dem Schlagzeug-Controller wurden Becken hinzufügt. Als Gitarren-Controller stehen zwei Modelle zur Auswahl. Der Fender Mustang Pro Gitarren Controller (der rote Gitarren-Controller in Abbildung 5) und die Squier Rock Band 3 E-Gitarre (schwarz in Abbildung 5). Beim ersten der beiden Geräte handelt es sich um einen Controller, der die Spielweise einer E-Gitarre realistisch nachahmt. Auf dem Griffbrett dieses Controllers sind 102 Tasten entsprechend den Saiten und Bünden eine Gitarre angeordnet. Hinzu kommen sechs Saiten auf dem Korpus des Controllers, die wie die Saiten einer echten Gitarre angeschlagen werden können. Die Squier Rock Band 3 E-Gitarre ist zum Abgabetermin dieser Arbeit noch nicht erhältlich. Dabei handelt es sich um eine normale E-Gitarre, die durch eine spezielle Technik auch als Rock Band 3 Controller benutzt werden kann. Abbildung 5: Controller für den Pro Modus von Rock Band 3, Bild aus [11] Die veränderten Controller spiegeln sich auch im Gameplay von Rock Band 3 wieder. Durch die realistischeren Eingabegeräte ist es möglich, dass das Nachspielen der Lieder nicht nur abstrakt simuliert wird, sondern realitätsnah stattfindet. Im Pro Modus von Rock Band 3 werden auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad alle Noten eines Musikstücks exakt nachgespielt. Dieser soll das Erlernen eines Instruments ermöglichen oder unterstützen und bietet dazu viele Hilfen, Anleitungen, Videos und Übungen. Im Karriere Modus bietet das Spiel eine Rahmenhandlung für die aneinandergereihten Lieder. Der Spieler kann seine eigene Band mit selbstgestalteten Charakteren erstellen und deren Karriere von Begin an erleben. Das Spiel als Prozess Die erste Ebene (Input-/Output-Loops), stellt die kleinste betrachtete Zeiteinheit dar und besteht aus einer einzelnen Interaktion zwischen Spieler und Spielsystem. Bei Rock Band 3 beinhaltet eine solche Interaktion die folgenden drei Elemente: 34 • Zunächst wird dem Spieler die aktuelle Situation präsentiert. Die grafischen Darstellungen zeigen an, wann welche Aktion auszuführen ist (siehe Abbildung 8). • Darauf folgt eine Eingabe des Spielers in Form eines Knopfdrucks auf einem der Instrumenten-Controller, um die vom Spielsystem geforderte Aktion auszuführen. • Abgeschlossen wird eine Interaktion durch die darauffolgende Reaktion des Spielsystems, die dem Spieler unmittelbar mitteilt ob seine Eingabe korrekt war oder nicht. Es erfolgt sowohl eine visuelle, wie auch eine auditive Rückmeldung darüber, ob die passende Aktion zum richtigen Zeitpunkt ausgeführt wurde. Falls der Spieler eine Aktion erfolgreich ausführen konnte, ist das von ihm bediente Instrument zu hören und die angezeigte und gespielte Note leuchtet für einen kurzen Moment zur Bestätigung auf (siehe Abbildung 8). Das Spiel setzt sich aus vielen, aneinandergereihten Schleifen dieser Art zusammen. Dem Spieler werden Reihen von Noten (damit werden die angezeigten Tasten bezeichnet, die als Vereinfachung von Noten dienen) angezeigt, die er nacheinander “spielen” muss. Eine Besonderheit von Rock Band 3 (und auch von anderen Musikspielen dieser Art) ist dabei, dass der Spieler während eines Lieds nahezu ohne Pause mit dem Spielsystem interagiert. Im Vergleich zu vielen anderen Spielen ist die Abfolge von Eingaben seitens des Spielers und den Reaktionen des Spielsystems sehr kurz. Die I-/O-Loops sind also sehr dicht aneinandergereiht und der Ablauf des Spiels zwingt den Spieler geradezu Aktionen auszuführen. Diese Beschreibung führt zu der nächsten Ebene des Prozesses. Durch die Zusammenfassung vieler I-/O-Loops ergibt sich eine Episode. Bei der Betrachtung von Rock Band 3 liegt es nahe ein komplettes Lied als Episode zu definieren. Alle Eigenschaften einer Episode treffen auf ein Lied zu. Der Spieler versucht durch seine Handlungen eine Aufgabe zu bewältigen. Die Aufgabe besteht darin möglichst viele der vorgegebenen Noten korrekt nachzuspielen und damit eine hohe Punktzahl zu erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird eine Reihe von Handlungen ausgeführt. Die dazu nötigen Eingaben erfolgen mit Hilfe eines der Instrumente und führen schließlich zu einem Ergebnis. Das Ergebnis wird in diesem Fall in Form einer Punktanzeige präsentiert und enthält genaue Informationen über das Abschneiden des Spielers. Neben der erreichten Punktzahl bekommt der Spieler bis zu fünf Sterne für seine Leistung und auch weitere Details, wie zum Beispiel eine Prozentangabe über die richtig gespielten Noten und die längste Serie von korrekt gespielten Noten werden angezeigt. Das wichtigste Merkmal einer Episode ist, dass dem Spieler mehrere Handlungsmöglichkeiten zur Wahl stehen. Auch dieses Merkmal trifft auf ein Lied in Rock Band 3 zu, denn ein Spieler hat jederzeit die freie Wahl jede mögliche Taste eines 35 Instruments zu bedienen und auch die Möglichkeit die Overdrive-Funktion gezielt einzusetzen, um zusätzliche Punkte zu erzielen. Allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass es bei Rock Band 3 im Vergleichen zu vielen anderen Computerspielen lediglich eine richtige Handlungsmöglichkeit gibt. Da es nur eine Variante gibt, ein Lied korrekt nachzuspielen, ist diese Einschränkung jedoch nachvollziehbar. Allein die Overdrive-Funktion kann vom Spieler ganz nach eigenem Ermessen eingesetzt werden. Bei vielen anderen Computerspielen haben die Spieler deutlich mehr Entscheidungsfreiheiten und können Aufgaben auf ganz unterschiedliche Weise lösen. Diese Einschränkung geht mit der Aufgabenstellung einher, denn mehr Entscheidungsfreiheit würde im Gegensatz zu der Aufgabe, möglichst genau die vorgegebenen Noten nachzuspielen, stehen. Auch andere Computerspiele geben teilweise einen relativ strikten Lösungsweg vor. Der Verlauf der Geschichte und der Handlungen wird dann als linear bezeichnet, da der Spieler genau vorgegebene Aufgaben in einer bestimmten Reihenfolge lösen muss, um das Spiel erfolgreich zu bestreiten. Bei Musikspielen wie Rock Band 3 setzt sich dieser lineare Charakter allerdings bis auf die unterste Ebene des Spiels fort. Nicht nur die eine übergeordnete Aufgabe wird genau vorgegeben, sondern auch jede Handlung des Spielers ist durch die angezeigten Noten bestimmt. Abbildung 6: Ausschnitt des Interface von Rock Band 3. Roter Kreis: aufleuchtende Taste zur Bestätigung. Roter Pfeil: zeigt die Laufrichtung der Noten an. Ein weiteres Merkmal einer Episode ist, dass die Ausgangssituation Druck auf den Spieler ausübt. Bei Rock Band 3 geschieht dies durch die Noten, welche sich auf den Spieler zubewegen (siehe Abbildung 8). Je nach Tempo und Schwierigkeitsgrad des Liedes kommen die Noten langsamer oder schneller auf den Spieler zu und vermitteln dadurch den Eindruck, dass die Noten gespielt werden müssen und 36 nur eine Chance dazu besteht. Dieser Eindruck wird auditiv durch das Fehlen der jeweiligen Instrumentenspur, falls der Spieler nicht eingreift, unterstützt. Wählt der Spieler beispielsweise die Gitarre als Instrument und betätigt während eines Liedes nicht die angezeigten Tasten, so bleibt die Gitarrenspur des Liedes stumm und lediglich die anderen Instrumente und der Gesang sind zu hören. Falls der Nutzer das gespielte Lied kennt, kommt dieser Effekt besonders zum Tragen, da er den Unterschied bzw. die fehlende Instrumentenspur wahrscheinlich deutlich bemerkt. Desweiteren wird durch die Reaktionen des virtuellen Publikums Druck auf den Spieler ausgeübt. Falls zu viele Noten falsch oder gar nicht gespielt werden, reagiert das Publikum mit negativer Stimmung und äußert diese durch “Buh-Rufe”. Werden zu viele Noten falsch oder nicht gespielt, wird das Lied abgebrochen und der Spieler hat verloren. Durch diese Spielelemente wird eine Handlungsnotwendigkeit erzeugt und der Spieler wird dazu aufgefordert einzugreifen, um zu verhindern, dass das Spiel verloren geht und endet. Die Auswahl des Schwierigkeitsgrades ist bei Rock Band 3 als Element einer Episode anzusehen. Der Spieler kann für jedes Lied die von ihm gewünschte Schwierigkeitsstufe einstellen und diese Auswahl sogar während eines Lieds verändern. Bei älteren Computerspielen ist es dagegen üblich, dass der Schwierigkeitsgrad nur zu Beginn des Spiels eingestellt werden kann. Viele aktuelle Computerspiele ermöglichen, ähnlich wie Rock Band 3, eine flexible Einstellung, da ein passender Schwierigkeitsgrad grundlegenden Einfluss auf das Unterhaltungserleben hat. Die zur Bewältigung eines Liedes nötigen Handlungen des Nutzers müssen präzise und zeitlich abgestimmt erfolgen. Es findet keine besondere oder nur eine sehr kurzfristige Planung der Aktionen statt, da die Konzentration ganz auf die nächsten und die aktuellen Noten gerichtet ist. Einzig die bereits erwähnte Overdrive-Funktion kann vom Spieler frei eingesetzt werden, um für eine kurze Zeit besonders viele Punkte zu erreichen. Ansonsten werden die nötigen Aktionen vom Spielsystem durch die jeweils angezeigten Noten vorgegeben. Die Ausführung der Aktionen stellt bei diesem Spiel die weitaus größere Herausforderung dar und beeinflusst den Verlauf einer Episode maßgeblich. Für geübte Spieler ist die Ausführung der notwendigen Aktionen leichter zu bewältigen als für weniger oder ungeübte, denn sie können die Situationen schneller erfassen und angemessen darauf reagieren. Unabhängig davon ob der Spieler ein Lied erfolgreich beenden konnte oder nicht ist, ist eine Episode bei Rock Band 3 mit dem Ende eines Liedes formal abgeschlossen. Die einzelnen Episoden von Rock Band 3 sind je nach Spielmodi miteinander verbunden oder stehen für sich alleine. Einzelne Lieder können beispielsweise ohne höheres Ziel und ohne eine verbindende Rahmenhandlung gespielt werden. Im Karrieremodus wird dagegen der Aufstieg einer Rock Band simuliert und somit werden die gespielten Lieder in einen Gesamtkontext gesetzt. Ebenso unterschiedlich wie die Verbindung der Episoden gestaltet sich auch die Tätigkeit des Rock Band 3 spielens. In den verschiedenen Spielmodi variiert die 37 Anzahl der Lieder, die zu einer größeren Aufgabe zusammengefasst werden. Beispielsweise muss der Spieler ein Konzert, bestehend aus fünf Liedern, erfolgreich absolvieren, um eine Aufgabe zu erfüllen. Die Tätigkeit des Spielens stellt die letzte Ebene des Prozesses des Rock Band 3 spielens dar. Die Form dieser Ebene hängt stark vom Benutzer ab und lässt sich daher nur grob skizzieren. Je nach den Präferenzen des Spielers können einzelne Liedtitel ausgewählt und gespielt werden, mehrere Lieder können auch zu einem Konzert zusammengestellt und am Stück gespielt werden oder die Aufgaben des Karrieremodus können gespielt werden. Hinzu kommen noch die vielen Trainingsund Übungsmöglichkeiten, welche das Spiel bietet. Unabhängig vom Gesamtkontext werden jedoch in jedem Fall Musikstücke mit dem beschriebenen Spielprinzip nachgespielt 4.2 Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Rock Band 3 spielen In Kapitel drei wurde ein Modell des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen vorgestellt. Dieses Modell wird nun auf den Prozess des Rock Band 3 spielens übertragen, um das dabei entstehende Unterhaltungserleben zu formalisieren und die dabei beteiligten Komponenten identifizieren zu können. Wie im Modell vorgegeben, wird auf den drei Ebenen I-/O-Loop, Episode und allgemeine Tätigkeit jeweils der zentrale Mechanismus des Unterhaltungserlebens beschrieben. Dabei werden die Eigenschaften von Rock Band 3 hervorgehoben, die maßgeblich zum Unterhaltungserleben beitragen. 4.2.1 Selbstwirksamkeitserleben Auf der Ebene der I-/O-Loops entsteht Unterhaltungserleben durch den Mechanismus des Selbstwirksamkeitserlebens. Diese Ebene beschreibt die kleinste Form der Interaktivität von Computerspielen, die Eingabe-Ausgabe-Schleifen, welche fortwährend zwischen Nutzer und Spielsystem ablaufen. Als Besonderheit dieser Interaktion wurde die direkte Rückmeldung des Spielsystems ausgemacht. Der Vergleich mit sozialer Interaktion zeigt, dass eine verzögerungsfreie, kontinuierliche Rückmeldung in vielen Alltagssituationen nicht stattfindet. Computer oder Instrumente (siehe Kapitel 3 Vgl. [8] S.76)hingegen, können dauerhaft und unmittelbar auf Eingaben reagieren und vermitteln dem Nutzer dadurch Selbstwirksamkeit. Rock Band 3 vereint die beiden Elemente Computer und Instrument in einem Konzept. Zum einen wird das Spielen eines Instruments simuliert und auch durch ein entsprechendes Eingabegerät realisiert, zum anderen werden die Verarbeitung der Eingaben und die Reaktionen darauf durch einen Computer, in diesem Fall das Spielsystem, ausgeführt. Im folgenden Teil wird gezeigt, dass sich diese Konstellation aus mehreren Gründen besonders gut dazu eignet Selbstwirksamkeitserleben zu vermitteln. 38 Zuerst ist die Tatsache zu nennen, dass sich das Spielen eines Instruments hervorragend dazu eignet SWE zu vermitteln. Bei dieser Tätigkeit zieht jede Handlung des Nutzers ein direktes Ergebnis nach sich. Schlägt er beispielsweise die Saite einer Gitarre an, erklingt unmittelbar darauf ein entsprechender Ton. Daher lässt sich annehmen, dass Ähnliches auch für die Simulation eines Instruments möglich ist, falls die Umsetzung von entsprechender Qualität ist. Das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis ist zwar nicht so “günstig” wie es für Computerspiele beschrieben wurde, aber dennoch wird durch eine einfache Handlung ein deutlich erkennbares Ergebnis, die Erzeugung eines Tons, erzielt. Durch die Simulation in Rock Band 3 gehen der Tätigkeit des Spielens eines Instruments zwar einige Eigenschaften verloren (siehe auch Kapitel 2), wie zum Beispiel die Möglichkeit der Improvisation, also eigene Melodien frei zu spielen, oder auch eine eigene Spielweise des Instruments einfließen zu lassen, dadurch ist jedoch eine grundlegende Vereinfachung der Tätigkeit möglich. Somit können die nachgebildeten Instrumente auch ohne Vorkenntnisse bedient werden und ermöglichen eine relativ kurze Gewöhnungsphase. Die Eigenschaft SWE durch das Bedienen eines Instruments zu vermitteln, wurde in Rock Band 3 sehr gut auf die Simulation von Instrumenten übertragen. Ähnlich wie bei einem echten Instrument ist auch der Druck auf eine Taste eines Instrumentencontrollers mit dem Erklingen eines Tons verbunden, so dass der Nutzer sofort den Zusammenhang zwischen seinen Aktionen und den Resultaten erkennen kann. Dabei gelten allerdings einige Einschränkungen. Zunächst ist anzumerken, dass lediglich dann ein Ton erklingt, wenn vom Spielsystem genau zu diesem Zeitpunkt auch eine Eingabe gefordert wird. Drückt der Spieler beispielsweise während einem Teil eines Lieds eine Taste auf der Gitarre, ohne dass dieser Teil eine Gitarrenspur enthält (es werden also momentan für den Spieler keine Noten angezeigt), so ertönt auch kein Ton. Hinzu kommt, dass die Verbindung zwischen den Tasten der Gitarre und den durch diese ausgelösten Tönen nicht konstant ist. Auf Grund der Vereinfachung löst eine Taste während eines Lieds viele verschiedene Töne aus, denn ansonsten würden lediglich fünf verschiedene Töne zur Verfügung stehen. Beim sogenannten Pro-Guitar-Modus gilt diese Einschränkung nicht, denn dort wird jeder Taste während eines Liedes nur ein Ton zugewiesen. Allerdings erhöht sich dadurch die Komplexität der Bedienung enorm, denn der dafür benötigte Controller simulierte die Saiten und Bünde einer Gitarre durch 102 Tasten. Eine weitere Einschränkung ist durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade bedingt. Je nach Schwierigkeitsgrad unterscheidet sich die Anzahl der zu spielenden Noten innerhalb desselben Liedes. Während auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad alle Noten des tatsächlichen Liedes auf Noten bzw. Tasten im Spiel abgebildet werden, werden die echten Noten auf der niedrigsten Stufe durch sehr viel weniger Noten im Spiel repräsentiert. In Abbildung 7 wird diese Vereinfachung verdeutlicht. Diese Reduktion ist einerseits sinnvoll und naheliegend, um ungeübten Nutzern den Einstieg in das Spiel zu erleichtern. Andererseits kann dadurch 39 das SWE beeinträchtigt werden. Eine wichtige Bedingung damit SWE entstehen kann ist, dass für den Nutzer die Verbindung zwischen seinem Handeln und den Ergebnissen klar erkennbar ist und er sich selbst als Ursache der Ergebnisse ausmachen kann. Durch die Reduktion entsteht somit nicht nur eine Vereinfachung, sondern auch eine Beschneidung der Kompetenzen des Nutzers und eine mögliche Verminderung des SWE. Für ihn entsteht nicht mehr der Eindruck, dass er allein für die Ergebnisse verantwortlich ist, denn auf einen einfachen Tastendruck folgt teilweise eine kurze Tonfolge. Deshalb kann die Verbindung zwischen jeder einzelnen Handlung und deren Ergebnisse nicht mehr so klar erkannt werden. Abbildung 7: Eine Beispielmelodie in Noten- und Tabulaturschrift und die dazugehörige Repräsentation durch die fünf Tasten eines Musikspiels, links eine vereinfachte Umsetzung der Melodie für den leichsten Schwierigkeitsgrad, rechts wird jede Note der Melodie durch eine Taste repräsentiert. Trotz dieser Einschränkung vermittelt Rock Band 3 den Spielern in hohem Maß SWE. Die Kombination aus einem Instrument als Eingabegerät und einem Computer zur Überprüfung und Rückmeldung ermöglicht dies. Beim simulierten Nachspielen bekannter Musikstücke kann der Nutzer sich selbst als wirksam erleben, da er es ist, der die Töne erklingen lässt. Seine Leistung spiegelt sich dabei sehr direkt und unmittelbar im Klang des Liedes wieder. Wird eine Note verpasst oder falsch gespielt, bleibt der Klang des Instruments allerdings aus und stattdessen ist ein Klangeffekt zu hören, der auf den Fehler hinweist. Rock Band 3 bietet eine genaue Rückmeldung über die abgelieferte Leistung, denn für den Nutzer erfolgt am Ende jedes I-/O-Loops eine Bestätigung falls die Eingabe erfolgreich ausgeführt wurde. Zu dem erklingenden Ton wird auch eine visuelle Bestätigung zurückgeliefert. Falls eine Note korrekt gespielt wurde, leuchtet diese auf. Dadurch ist die Verbindung zwischen Handeln und Ergebnis deutlich erkennbar. Die I-/O-Loops laufen bei Rock Band 3 besonders häufig und sehr dicht aufeinanderfolgend ab. Die meisten Lieder enthalten, falls überhaupt, nur kurze Pausen für die einzelnen Instrumente. In der Regel werden aber mehrere Eingaben pro Sekun40 de gefordert, so dass der Spieler für die komplette Dauer eines Liedes vollkommen in das Spielgeschehen eingebunden ist. Durch den Spielablauf zwingt das Spiel den Nutzer nahezu zur permanenten Interaktion. Wird ein Lied gestartet, läuft es ab und setzt den Spieler ständig durch heraneilende Noten unter Druck. Die Bewältigung dieser Aufgabe stellt auch für geübte Spieler eine Herausforderung dar, da hohe Konzentration nötig ist, um die Hand-Auge-Koordination zeitlich abgestimmt auszuführen. Diese Eigenschaft ist zentral für das Unterhaltungserleben beim Spielen von Rock Band 3. Es zieht den Spieler für die Dauer eines Liedes vollkommen in die Spielwelt. Außer den ständig weiterlaufenden Noten und der Musik nimmt der Nutzer meist kaum etwas wahr, da seine ganze Konzentration dem Spiel gilt. Während einer Episode ziehen die I-/O-Loops die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Im Vergleich zu vielen anderen Spielen gibt es in Rock Band 3 kaum Pausen während der Episoden. Ein weiteres Element, welches das SWE positiv beeinflusst, ist das äußerst günstige Verhältnis des Aufwands zum dadurch erzielten Ergebnis. Ein paar einfache Tastendrücke genügen um imposant klingende Lieder ertönen zu lassen und das virtuelle Publikum zu begeistern. Auf der Ebene der I-/O-Loops wurde das Eintreten von SWE als grundlegender Mechanismus des Unterhaltungserlebens beim Computerspielen ausgemacht. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich Rock Band 3 besonders gut eignet diesen Zustand auszulösen. Der wichtigste Faktor ist dabei die zeitliche und kausale Verbindung zwischen der Eingabe und der resultierenden Reaktion des Systems. Rock Band 3 stellt diese Verbindung unmittelbar und sehr deutlich her, bietet dem Nutzer dabei die Möglichkeit große Wirkung auszuüben und hält diese Verbindung für die Dauer einer Episode ohne Unterbrechung aufrecht. Es wurde gezeigt, dass sich die Kombination aus einem simulierten Instrument und einem Computer als Rückmeldungssystem gut eignet SWE zu vermitteln. 4.2.2 Spannung und Lösung bei Rock Band 3 Auf der Ebene der Episode ist der Mechanismus aus Spannung und Lösung grundlegend für das Unterhaltungserleben. Eine Episode in Rock Band 3 stellt den Spieler vor die Herausforderung ein bestimmtes Lied so genau wie möglich nachzuspielen. Je nach Spielmodi gibt es zwar leicht unterschiedliche Aufgaben, das Hauptziel ist allerdings immer so viele der angezeigten Noten wie möglich korrekt zu spielen. Die angezeigten Noten lösen bei Rock Band 3 eine Handlungsnotwendigkeit aus, wie in anderen Spielen beispielsweise die angreifenden Gegner oder die davonfahrenden Rennfahrzeuge. Wenn der Spieler dieser Handlungsnotwendigkeit nicht nachkommt, verliert er das Spiel und die Episode ist fehlgeschlagen. Deshalb kann es ihm nicht egal sein, dass die Episode ohne sein Eingreifen erfolglos abbrechen würde. Er wird vielmehr versuchen das vorgegebene Ziel zu erreichen, indem er 41 die Handlungsnotwendigkeit durch seine Aktionen auflöst. Dabei ist es allerdings ungewiss ob er diese Aufgabe bewältigen kann. Sie stellt hohe SchnelligkeitsPräzisions-Anforderung an den Spieler und es besteht jeder Zeit die Möglichkeit zu scheitern. Somit entsteht Unsicherheit darüber ob das Ziel erreicht werden kann, denn falls zu viele Noten falsch gespielten werden, könnte die Episode fehlschlagen oder der Spieler könnte seine eigenen Ziele, beispielweise eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, verpassen. Durch die Unsicherheit und den Wunsch das Ziel zu erreichen entsteht Spannung. Wie ausgeprägt die entwickelte Spannung bei einer Episode von Rock Band 3 ausfällt, hängt dabei von mehreren Faktoren ab. Von zentraler Bedeutung sind die persönlichen Fähigkeiten des Spielers in Bezug auf das Spiel und die eigene Einschätzung dieser. Ein sehr geübter Spieler wird beim Spielen eines Liedes, welches er bereits einige Male erfolgreich bewältigt hat, wahrscheinlich nicht dieselbe Spannung erleben wie ein ungeübter Spieler, der ein bestimmtes Lied zum ersten Mal bezwingen möchte. Auch die Selbsteinschätzung des Nutzers beeinflusst das Spannungserleben. Ein versierter Spieler, der seine Fähigkeiten allerdings eher unterschätzt, erlebt vermutlich mehr Spannung als bei einer realistischeren Einschätzung. Auch der Verlauf einer Episode hat wesentlichen Einfluss auf das Spannungserleben. Verläuft ein Lied aus Sicht des Spielers gut, liefert er also eine gute Leistung ab und gerät nicht in Gefahr zu scheitern, so werden die Hoffnungen des Spielers seine Ängste überdecken. Verläuft ein Lied jedoch nicht wie gewünscht und der Spieler verpasst viele der angezeigten Noten, wird diese Situation zusätzlichen Druck auf ihn ausüben und seine Ängste zu Scheitern werden gesteigert. Im Vergleich zu anderen Computerspielen ist das Spannungserleben bei Rock Band 3 für den Spieler selbst relativ genau vorhersehbar. Der Ablauf einer Episode ist beim erneuten Spielen unverändert, da das Lied immer noch das Selbe ist. Hat ein Nutzer ein bestimmtes Lied einmal auf einem gewissen Schwierigkeitsgrad erfolgreich bewältigt, kann er annehmen, dass er dazu im Stande ist diese Leistung zu reproduzieren. Dieser Effekt ist zwar auch bei den meisten anderen Computerspielen wahrscheinlich, allerdings tritt er bei Spielkonzepten im Stile von Rock Band 3 besonders intensiv auf. Bei anderen Spielkonzepten ist der Verlauf einer Episode oft einzigartig und auch nach mehrmaligem Wiederholen noch unberechenbar. Bei einer Fußballsimulation werden sich beispielsweise auch nach unzähligen Partien stets neue Spielsituationen ergeben, die den Spieler auf neue Arten herausfordern. Um diesem Effekt entgegenzuwirken werden für Rock Band 3 wöchentlich neue Lieder bereitgestellt, die sich die Nutzer gegen eine Gebühr beschaffen können, um so auch für versierte Vielspieler ein gewisse Spannung bieten zu können. Das Entstehen von Spannung auf der Episodenebene von Rock Band 3 wurde bereits beschrieben. Der Mechanismus des Unterhaltungserlebens besteht noch aus einem weiteren Teil, der zum Ende einer Episode auftritt. Das Handlungsergebnis 42 schließt ein Lied ab und löst die zuvor aufgebaute Spannung auf. Die Ungewissheit über den letztlichen Ausgang der Episode wird durch das Ergebnis beendet. In diesem Moment kann sich der Spieler völlig sicher über sein Abschneiden sein. Die Spannung fällt dadurch ab und wird durch Freude im Falle eines Erfolgs oder durch Ärger im Falle eines Misserfolgs abgelöst. Das Ergebnis einer Episode wird in Rock Band 3 in verschiedenen Detailgraden präsentiert. Die erste Rückmeldung liefert die Reaktion des Publikums. Umso besser die Performanz des Spielers war, desto mehr applaudiert und jubelt das Publikum am Ende eines Liedes. Diese Bewertung ist allerdings recht ungenau, da der Nutzer die Reaktionen des Publikums selbst interpretieren muss. Einen klareren Überblick über die Gesamtperformanz bietet die Wertung in Form von Sternen. Je nach Leistung kann der Spieler zwischen einem und fünf Sternen erreichen, wobei fünf Sterne für eine hervorragende Leistung stehen und ein Stern für ein eher bescheidenes Abschneiden. Des Weiteren wird die erzielte Punktzahl angezeigt. Anhand dieser Wertung ist vor allem die Leistungsentwicklung über mehrere Durchläufe desselben Liedes zu erkennen. Eine Punktzahl ist nur in Relation zu einer anderen Punktzahl desselben Liedes aussagekräftig, denn je nach Lied sind unterschiedliche Maximalpunktzahlen zu erreichen. Der Spieler erhält Punkte indem er die richtigen Noten zum richtigen Zeitpunkt spielt. Deshalb hängt die maximal erreichbare Punktzahl von der Anzahl der Noten ab und variiert somit von Lied zu Lied und auch je nach Schwierigkeitsgrad. Desweiteren gibt es einen Multiplikator der durch fehlerfrei gespielte Serien von Noten erhöht werden kann und mit den gesammelten Punkten verrechnet wird. Die Punktzahl ist eine der klassischen Methoden in Computerspielen das Ergebnis einer Episode zu präsentieren. Vor allem da der sogenannte Highscore, also die bisher höchste erreichte Punktzahl, angezeigt wird, geht von dieser Art der Leistungsanzeige ein zusätzlicher Motivationsfaktor aus. Für den Nutzer wird so einerseits die Möglichkeit geboten seine Leistung in Relation zur eigenen, bisherigen Leistung zu bewerten und andererseits ist auch der Vergleich mit den Punktzahlen anderer Spieler vereinfacht. Ein weiterer Teil des Ergebnisses ist die Prozentanzeige der korrekt gespielten Noten. Dieser Wert zeigt am deutlichsten an wie akkurat ein Lied nachgespielt wurde, bzw. wie viele Fehler gemacht wurden. Mit Hilfe dieses Indikators kann die Leistung objektiv und unabhängig von anderen Faktoren bewertet werden. Daher ist der Fortschritt des Spielers durch die Prozentzahl der getroffenen Noten am deutlichsten zu erkennen. Vervollständigt wird die Präsentation der Ergebnisse durch detailierte Anzeigen, die Auskunft über die längste fehlerfrei gespielte Notenserien, den durchschnittlichen Multiplikator und die Prozentzahl der getroffenen Noten in den einzelnen Sektionen gibt. Durch die Aufteilung in die einzelnen Sektionen eines Liedes wie erste Strophe, erster Refrain usw. bekommt der Nutzer eine genaue Rückmeldung und kann somit seine Leistung reflektieren. Die Anzeige der Ergebnisse bei Rock Band 3 geht also über die Information ob das Lied erfolgreich absolviert wurde oder nicht hinaus. Viel mehr liefert das Spiel 43 eine detailierte Rückmeldung zur Leistung des Nutzers. Die Bewertung dieser Ergebnisse hat Einfluss auf das Unterhaltungserleben des Spielers. Falls er ein Lied erfolgreich beendet hat, sind Glückszustände sowie Zufriedenheit und Gefühle von eigenen Kompetenz und Stolz über die eigene Leistung wahrscheinlich. Dabei ist die Definition, wann ein Lied erfolgreich bestritten wurde, allerdings stark von den persönlichen Zielen des Spielers abhängig. Wie die Reaktionen auf das Ergebnis einer Episode ausfallen, wird bei Rock Band 3 somit vor allem durch die eigenen Ansprüche beeinflusst. Trotz dieser subjektiven Definition von Erfolg, ist ein ausgewogenes Verhältnis von Erfolgen und Misserfolgen erforderlich, um das Unterhaltungserleben zu gewährleisten. Falls der Nutzer permanent überfordert ist und die Lieder nicht zu Ende spielen kann, wird er sich frustriert von Rock Band 3 abwenden. Da der Schwierigkeitsgrad an die individuellen Fähigkeiten angepasst werden kann, ist dieses Szenario vermeidbar. Eine Unterforderung des Nutzers kann ebenso negative Effekte auf den Mechanismus aus Spannung und Lösung beim Spielen von Rock Band 3 ausüben. Wenn während des Verlaufs eines Liedes nie Unsicherheit über das Erreichen der Ziele besteht, entsteht keine Spannung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Effekt keine großen Veränderungen des Unterhaltungserlebens hervorruft. Durch die Auswahl des Schwierigkeitsgrades kann eine extreme Unterforderung vermieden werden. Für sehr versierte Spieler, lässt sich der Schwierigkeitsgrad zwar nicht weiter erhöhen, es ist jedoch wahrscheinlich, dass auf diesem Niveau keine völlige Unterforderung möglich ist, da die Auslastung des Nutzers hoch ist. Zusätzlich kann angenommen werden, dass ähnlich wie beim Spielen eines echten Instruments, auch das Spielen von Liedern, die gut beherrscht werden, als unterhaltsam empfunden wird. Diese Überlegungen führen auch zu einigen Einschränkungen, die für den Mechanismus aus Spannung und Lösung bei Rock Band 3 zutreffen. Die Einschränkungen des Spannungserlebens wirken sich auch direkt auf den gesamten Mechanismus aus. Da das Spannungserleben durch die Vorhersehbarkeit auf Dauer nicht ausgeprägt stattfindet, ist auch die Auflösung dieser Spannung entsprechend gering. Hinzu kommt, dass dem Spieler während eines Liedes stets bewusst ist ob seine momentane Leistung zu einem guten Ergebnis führen kann oder ob er viele der Noten verpasst. Er bekommt ständig Rückmeldungen durch die aktuelle Punktzahl, die Reaktionen des Publikums und nicht zuletzt durch das akustische Ergebnis seiner Eingaben. Der Mechanismus aus Spannung und Lösung ist auf der Ebene der Episode auch bei Rock Band 3 als zentral für das Unterhaltungserleben anzusehen. Allerdings gelten hierbei für sehr geübte Spieler die oben beschriebenen Einschränkungen. Der Prozess aus Spannung und Lösung kann bei diesen Spielern mit dem Prinzip von Spielen, welche ohne Handlungsnotwendigkeit auskommen, verglichen werden (bei diesen Spielen stehen explorative Handlungen im Vordergrund). Ähnlich 44 wie bei diesen Spielen formuliert der Spieler eigene Handlungsziele, um so den Mechanismus aus Spannung und Lösung einzuleiten. So entsteht beim Spieler beispielsweise bis zum Ende eines Liedes Unsicherheit darüber, ob er es schafft eine neue Höchstpunktzahl zu erreichen. Somit ist auch das dauerhafte Interesse vieler Spieler erklärbar. 4.2.3 Simulierte Lebenserfahrung in Rock Band 3 Auf der Ebene der Tätigkeit des Computerspielens kommt der Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung zum Tragen. Über mehrere Episoden hinweg werden komplexe Zusammenhänge deutlich und die Geschichte des Spiels wird weitergeführt. Rock Band 3 bietet verschiedene Spielmodi an, die es ermöglichen einzelne Lieder ohne Zusammenhang zu spielen oder auch die Karriere einer Band zu simulieren. In beiden Fällen nimmt der Spieler die Handlungsrolle eines Musikers ein. Diese Rolle eignet sich gut für ein Computerspiel, da sie einerseits schwer zugänglich ist, denn nur wenige Personen erreichen den Status eines Rockstars und andererseits in einem Szenario stattfindet in dem der eingenommenen Rolle große Wichtigkeit zukommt. Der Spieler übernimmt also eine attraktive Rolle, durch die er im Zentrum des Geschehens steht. Indem er die Rolle eines Rockstars ausübt, bekommt er die Möglichkeit Erholung vom Alltag zu finden. Durch die detailreiche Präsentation des Spiels wird dem Spieler die Handlungsrolle des Rockstars nähergebracht. In kurzen Videosequenzen werden auch Eigenschaften der Rolle miteinbezogen, die für das eigentliche Spielgeschehen eher unwichtig sind, die aber zusätzliche Informationen über die Spielwelt liefern. Die simulierte Welt soll damit glaubhafter und realistischer gestaltet werden, um die Handlungsrolle so authentisch wie möglich vermitteln zu können. Auch während der einzelnen Episoden wird die Umwelt der Handlungsrolle nachgebildet. Die Lieder werden an verschiedenen Orten einem virtuellen Publikum vorgetragen. Zu Beginn des Spiels tritt der Spieler auf kleinen Bühnen auf und arbeitet sich im weiteren Verlauf der Geschichte schrittweise auf größere Bühnen, bis hin zu Stadien, vor. Neben dem Auftrittsort und dem Publikum wird auch eine virtuelle Band auf der Bühne dargestellt, die das jeweilige Lied darbietet. Der Nutzer kann das Aussehen der Bandmitglieder zu Beginn der Karriere nach eigenen Vorstellungen gestalten. Eine weitere wichtige Komponente, neben der grafischen Darstellung, ist die auditive Präsentation des Spiels. Die Klänge des Spiels stehen viel mehr im Vordergrund als bei den meisten Computerspielen. Zwar dienen Klangeffekte auch bei anderen Spielen als Rückmeldung für Aktionen des Spielers, bei Rock Band 3 spielt jedoch auch die Wiedergabe von Musikstücken eine zentrale Rolle. Üblicher Weise treten Lieder in Computerspielen eher in Form von Hintergrundmusik auf, wie es in Filmen häufig der Fall ist. Bei Rock Band 3 ist der Spieler allerdings 45 selbst an der Entstehung der Lieder beteiligt und es ist das Ziel des Spiels, Musik nachzuspielen. Durch die originalen Musikstücke echter, bekannter Künstler wird die Simulation der Handlungsrolle besonders glaubhaft und auch attraktiv. Der Spieler kann somit die Rollen der verschiedenen Musiker einnehmen und deren Lieder nachspielen. Für die Simulation der Rolle sind auch die Controller in Instrumentenform hilfreich, denn es fällt den Spielern leichter sich in die Situation eines Schlagzeugers oder Gitarristen hineinzuversetzen, wenn sie deren Tätigkeiten auf möglichst realitätsnahe Weise simulieren. Die realistischeren Instrumente für den Pro-Modus eignen sich besonders um dem Spieler die Rolle des Musikers näher zubringen. Da die Bedienung dieser Controller näher an die simulierten Instrumente angelehnt ist, wird das Spiel allerdings deutlich schwieriger. Aber auch die normalen Controller unterstützen bereits die Simulation der Handlungsrolle. Während des eigentlichen Spiels, werden noch weitere Aspekte der Handlungsrolle bei Rock Band 3 detailgetreu simuliert. Auch der Druck, welcher auf den Musikern lastet, wird nachgestellt. Das Publikum reagiert auf die Leistung des Spielers und setzt diesen im Fall falsch gespielter Noten durch negative Stimmung unter Druck. Die herannahenden Noten zeigen dem Spieler, dass permanent Handlungen von ihm gefordert werden. Falls er diese nicht abliefert oder nicht korrekt ausführt, bleiben der Klang der Gitarre (oder des jeweiligen Instruments) aus. Diese Drucksituation wird für die Dauer des kompletten Liedes aufrechterhalten. Das führt zu der Annahme, dass das Spielen von Rock Band 3 nur bedingt als erholsam und entspannend erlebt wird. Zur erfolgreichen Bewältigung eines Liedes ist eine hohe Konzentration notwendig, so dass der Spieler außerhalb der Spielwelt kaum etwas wahrnimmt. Daher eignet sich Rock Band 3, trotz der hohen Belastung des Spielers, von alltäglichen Problemen und Sorgen abzulenken. Der Spieler ist stark in die Spielwelt und das Spielgeschehen eingebunden und hat somit keine Zeit für nicht auf das Spiel bezogene Gedanken. Aus spielpsychologischer Sicht steht nicht die Verdrängung der Realität durch die Spielwelt, sondern die positiven Effekte der stellvertretenden Erfahrungen in der nachgestellten Welt, im Vordergrund (Vgl. [8] S.100). Rock Band 3 simuliert die Handlungsrolle eines Musikers sowohl audiovisuell als auch durch das Bedienungskonzept sehr realitätsnah. Die Rahmenhandlung ist jedoch im Vergleich zu anderen Computerspielen eher nebensächlich. Die Eigenschaften der Charaktere werden nicht genau erläutert und die Verbindungen zwischen den einzelnen Episoden sind eher lose. Das Spiel ist hinsichtlich der Geschichte eher mit dem Genre der Actionspiele zu vergleichen. Im Gegensatz zu Rollenspielen konzentrieren sich diese Spiele stärker auf die Präsentation und das Spielgeschehen als auf spannende Geschichte und detailreiche Charaktere. 46 4.3 Kombiniertes Unterhaltungserleben in Rock Band 3 In diesem Abschnitt werden die zentralen Mechanismen des Unterhaltungserlebens beim Spielen von Rock Band 3 miteinander verbunden. Zudem werden sie auf ihre Relevanz für das Unterhaltungserleben überprüft, so dass die wichtigsten Faktoren deutlich werden. Der Mechanismus des SWE beeinflusst das Unterhaltungserleben bei Rock Band 3 nicht nur auf Ebene der I-/O-Loops grundlegend. Auch die weiteren Mechanismen werden davon beeinflusst. Das SWE wird von den Spielern normalerweise nicht bewusst wahrgenommen, da es als grundlegend vorausgesetzt wird. Lediglich falls das SWE gestört wird, tritt es in das Bewusstsein des Spielers. Bei Rock Band 3 kommt es dazu, falls eine Note nicht zeitgenau gespielt wird und somit nicht erklingt. Noch stärker dürfte dieser Effekt ausfallen, falls mehrere Noten hintereinander nicht korrekt gespielt werden konnten. Auch die Mechanismen auf den beiden weiteren Ebenen basieren auf dem SWE. Während einer Episode kann nur dann Spannung entstehen, wenn der Spieler sich selbst als Ursache für die Ereignisse innerhalb des Spiels ausmachen kann. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das SWE beim Spielen von Rock Band 3 durch die Reduktion des Schwierigkeitsgrades gestört werden kann. Der Zusammenhang zwischen den eigenen Handlungen und den Reaktionen des Spielsystems steht dann in keinem angemessenen bzw. plausiblen Verhältnis mehr und ist nicht mehr klar erkennbar. Auf ein anderes Spiel bezogen würde das im übertriebenen Maße beispielsweise bedeuten, dass ein Nutzer einer Fußballsimulation durch einen einzigen Tastendruck einen ganzen Spielzug samt Torerfolg auslösen könnte. Dieser Effekt hat zur Folge, dass der Spieler nur noch eingeschränkten Selbstbezug herstellen kann. Somit würde die entstandene Spannung schwächer ausfallen. Dementsprechend würde auch die Reaktion auf die Lösung dieser Spannung weniger positiv ausfallen. Der eigene Anteil am Erfolg wird, auf Grund des eingeschränkten SWE, geringer eingeschätzt. Die Verbindung zwischen dem SWE und der simulierten Lebenserfahrung liegt darin, dass der Spieler die Handlungsrolle durch die Interaktivität von Rock Band 3 besonders authentischen erlebt. Durch die nachgebildeten Instrumente wird dieser Effekt weiter verstärkt. Die Mechanismen “Spannung und Lösung” und “simulierte Lebenserfahrung” sind ebenfalls verbunden. Die Komponenten der Episoden verweisen auf die Handlungsrolle. Der Spieler hat beispielsweise Handlungsmöglichkeiten, welche typisch für die Rolle eines Musikers sind. Er kann nur Musikstücke nachspielen und hat keine Möglichkeiten, die nicht zur simulierten Rolle passen. Durch das Anwenden der typischen Aktionen wird die Rolle des Musikers authentisch nachempfunden. Auch für die weiteren Komponenten einer Episode lässt sich diese Verbindung feststellen. Das Handlungsergebnis am Ende einer Episode, in Form von Applaus und Jubel des Publikums, vermittelt dem Spieler den Eindruck die Rolle gut auszufüllen und verstärkt damit den Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung. 47 4.4 Mögliche Effekte durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller In diesem Abschnitt werden mögliche Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben beim Spielen eines Musikspiels durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller beschrieben. Bisher wurde das Unterhaltungserleben beim Spielen von Rock Band 3 in seiner Gesamtheit auf drei Ebenen analysiert. Darauf aufbauend werden nun jene Aspekte des Unterhaltungserlebens benannt, welche durch die Art des Controllers signifikant beeinflusst werden könnten. Auf der Ebene des SWE ist anzunehmen, dass durch ein echtes Instrument als Controller ein noch stärkerer Effekt erreicht werden kann. Bereits die simulierten Instrumente eignen sich in Kombination mit einem Computer besonders gut um SWE zu vermitteln. Ein echtes Instrument vermittelt dem Benutzer bereits ohne ein zusätzliches Rückmeldungssystem das Gefühl wirksam zu sein, da er durch seine Aktionen Klänge erzeugen kann. Durch den zusätzlichen Einsatz eines Computers als Rückmeldungssystem kann die Leistung des Benutzers objektiv bewertet werden und unterstützt das Unterhaltungserleben des Nutzers im Erfolgsfall. Eine Grundvoraussetzung für dieses System ist eine robuste technische Lösung der Erkennung des Gitarrensignals, da nur so eine präzise Rückmeldung erfolgen kann. Durch die E-Gitarre ist es zu dem möglich, auch etwas zu früh oder zu spät gespielte Noten sowie falsch gespielte Noten wiederzugeben und somit das SWE des Spielers nicht zu beeinträchtigen. Zusätzlich wird der Schwierigkeitsgrad des Spiels durch eine E-Gitarre als Controller vermutlich ansteigen. Die Bedienung einer echten Gitarre ist verglichen mit einem Gitarrencontroller mit fünf Tasten als deutlich komplexer anzusehen. Der letztliche Gesamtschwierigkeitsgrad des Spiels ergibt sich allerdings nur in Kombination mit dem Schwierigkeitsgrad des jeweiligen Liedes. Die Anzahl und Verteilung der Noten, sowie das Tempo eines Liedes, fügen sich in Verbindung mit dem empfundenen Schwierigkeitsgrad der Bedienung des Controllers zu einem Gesamtergebnis zusammen. Es ist anzunehmen, dass eher einfache Lieder durch die Verwendung einer E-Gitarre insgesamt als schwieriger empfunden werden wohingegen ohnehin schon schwierige Lieder durch die zusätzliche Schwierigkeit bei der Bedienung als noch schwerer und damit als überfordernd angesehen werden könnten. Dabei ist jedoch anzumerken, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Spielers maßgeblichen Einfluss auf den wahrgenommen Schwierigkeitsgrad haben dürften. Für die weiteren Ebenen ergeben sich ebenfalls Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben. Durch den höheren Schwierigkeitsgrad (welcher durch die E-Gitarre entsteht) könnte der Mechanismus aus Spannung und Lösung verstärkt werden. Durch den höheren Schwierigkeitsgrad kann größere Unsicherheit über den Ausgang einer Episode entstehen und dadurch, sowie durch stärkeren Selbstbezug der erbrachten Leistung, könnte der Mechanismus verstärkt werden. 48 Auf die Ebene der simulierten Lebenserfahrung könnte sich das Verwenden einer E-Gitarre als Controller in so fern auswirken, dass der Mechanismus durch das realistische Eingabegerät verstärkt wird. Die simulierte Handlungsrolle wird noch authentischer nachgebildet und könnte für die Nutzer somit noch attraktiver und unterhaltsamer werden. Der Spieler übt dann tatsächlich die Handlungen eines Musikers aus (denn er spielt auf einem echten Instrument) und nur das Szenario, samt der Klangeffekte und dem virtuellen Publikum wird weiterhin simuliert. Auch der Druck, welcher mit der Tätigkeit eines Musikers verbunden ist, wird durch die Verwendung eines echten Instruments realitätsnäher dargestellt, denn der Schwierigkeitsgrad der Umsetzung steigt durch die Verwendung der E-Gitarre. Die hier beschriebenen möglichen Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben eines Musikspiels sollen im weiteren Verlauf dieser Arbeit überprüft werden. Dazu wird im folgenden Kapitel die Konzeption und Erstellung eines Musikspiels mit einer echten E-Gitarre als Controller, auf Basis der Ergebnisse dieses Kapitels, erläutert. 49 5 Konzeption und Umsetzung des Spiels In diesem Kapitel werden zwei Musikspielkonzepte erstellt, die auf der Bedienung durch eine E-Gitarre basieren. Die Erkenntnisse aus dem vorhergehenden Kapitel werden dabei maßgeblich für die Konzeption verwendet. Die Komponenten des Spiels werden mit Hilfe der Ergebnisse der formalen Analyse von Rock Band 3 gestaltet. Das zu Grunde liegende Spielprinzip ist für beide Konzepte gleich und an Rock Band 3 angelehnt. Dabei steht das Nachspielen von Musikstücken im Zentrum. Allerdings wird statt dem herkömmlichen Controller in Gitarrenform oder dem realistischeren Fender Mustang Pro Gitarren Controller eine echte E-Gitarre zur Bedienung des Spiels benutzt. Nachdem die Spielkonzepte erstellt wurden, wird die genaue Umsetzung des Spiels beschrieben. Zunächst werden die technischen Aspekte zur Steuerung mit Hilfe einer E-Gitarre erläutert. Das analoge Audio-Signal der E-Gitarre muss dazu in ein digitales Signal umgewandelt werden. Außerdem wird eine Schnittstelle benötigt, um die gespielten Noten an das Spiel zu übermitteln. Als grundlegende Spielmechanik wird das Open Source Projekt Frets on Fire verwendet. Dieses Spiel wird für die Steuerung durch eine E-Gitarre angepasst und erweitert. Abschließend wird das Erstellen von Liedern und den entsprechenden Notenspuren für das Spiel beschrieben. 5.1 Konzeption Beschreibung des Spielprinzips Das Ziel des Spiels soll das möglichst genaue Nachspielen von Musikstücken mit Hilfe einer echten E-Gitarre sein. Als Vorbild dient dazu der Pro Guitar Modus von Rock Band 3. In diesem Modus wird das Gitarre spielen durch einen speziellen Controller sehr realitätsnah simuliert. Deshalb eignet er sich zur Übertragung auf die Bedienung durch eine E-Gitarre. Das Spielprinzip soll zeigen ob ein Musikspiel mit einer E-Gitarre als Controller als unterhaltsam erlebt werden kann. Zwei wichtige Faktoren für die Gestaltung des Spiels sind daher zum einen technische Aspekte, die maßgeblich für die Bedienbarkeit und somit auch für das Unterhaltungserleben sind und zum anderen der Schwierigkeitsgrad. Die Bedienung eines Instruments an sich ist für ungeübte Personen keine leichte Aufgabe. Bei einer E-Gitarre kommt hinzu, dass bereits das Spielen eines einzelnen Tons gewisse technische Fähigkeiten voraussetzt. Im Vergleich zu einem Klavier, bei dem ein einfacher Tastendruck einen Ton erklingen lässt, werden bei einer E-Gitarre für diese Aufgabe beide Hände benötigt (von den Grundtönen der einzelnen Saiten abgesehen; diese können durch ein Anschlagen der Saiten mit einer Hand gespielt werden) und das Herunterdrücken einer Saite erfordert eine bestimmte Technik um einen sauberen Ton zu erzeugen. Das Schwierigkeitsniveau liegt daher durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller höher als bei der Verwendung eines herkömmlichen Controllers, wie 50 beispielsweise eines Gamepad (Konsolen-Controller) oder einer Tastatur. Diese Komponente muss bei der Gestaltung des Schwierigkeitsgrades berücksichtigt werden. Die technische Umsetzung soll möglichst keine negativen Auswirkungen auf die Bedienung der Gitarre haben. Besonders die Erkennung der gespielten Noten muss dazu zuverlässig und ohne spürbare Verzögerung funktionieren. Abgrenzung der beiden Spielkonzepte Die beiden Spielkonzepte sollen durch unterschiedliche Gestaltung die Möglichkeiten, die durch die Verwendung einer E-Gitarre als Eingabegerät entstehen, aufzeigen. Das erste Konzept soll so ausgearbeitet werden, dass es auch für ungeübten Nutzer möglichst leicht zu erlernen ist. Dadurch kann überprüft werden ob sich dieses Bedienungskonzept für ein Computerspiel eignet oder ob die Benutzer die Bedienung einer E-Gitarre als zu große Hürde erlebt wird. Das zweite Konzept soll die Möglichkeiten einer E-Gitarre weiter ausschöpfen und somit weitere Vorteile dieses Eingabegeräts zeigen. Das Schwierigkeitsniveau wird daher im Vergleich zum ersten Konzept höher liegen und eignet sich eher für Spieler, die bereits E-Gitarre spielen können. Um das erste Konzept etwas einfacher zu gestalten, werden die Töne der EGitarre durch bereits aufgenommene Audiodateien erzeugt. Dieser Mechanismus wird auch bei den Spielen Guitar Hero, Rock Band und Frets on Fire eingesetzt. Wenn der Spieler die richtigen Töne auf der E-Gitarre spielt, ist die vorgefertigte Gitarrenspur zu hören. Der Einsatz einer echten E-Gitarre als Controller bietet es allerdings an, die Gitarrenklänge im Spiel mit Hilfe des Audiosignals der E-Gitarre zu erzeugen. Diese Methode wurde für das zweite Spielkonzept umgesetzt. Der Klang der Gitarre wird mit Hilfe einer Software (hier wurde Guitar Rig 4 der Firma Native Instruments benutzt) verstärkt und kann je nach Wunsch des Spielers verändert werden. Der Spieler bekommt somit die Möglichkeit den Klang der Lieder zu verändern und auch zusätzliche Noten zu spielen. Wenn gerade keine zu spielenden Noten angezeigt werden, kann der Spieler frei improvisieren. Für diese Töne bekommt er zwar keine zusätzlichen Punkten, sie werden aber auch nicht als falsch gespielte Noten gewertet. Desweiteren ist durch diese Methode eine genauere Rückmeldung möglich. Spielt der Nutzer eine Note etwas zu früh oder spät, oder einen falschen Ton, so erklingt der Ton dennoch und der Fehler wird deutlich erkennbar. 5.2 Technische Aspekte Um ein Computerspiel mit einer E-Gitarre steuern zu können, wird zuerst eine Lösung benötigt, um die auf der E-Gitarre gespielten Noten an den Computer zu übertragen. Für diese Anbindung der Gitarre gelten dabei zwei wesentliche Anforderungen: 51 • Die gespielten Noten müssen möglichst exakt erkannt werden. • Die Erkennung und Übertragung der Noten muss ohne spürbare Verzögerung möglich sein. Diese beiden Kriterien müssen erfüllt werden, um eine Steuerung zu realisieren, welche als unterhaltsam wahrgenommen werden kann. Der elementare Mechanismus des Selbstwirksamkeitserlebens kann nur entstehen, wenn die Aktionen des Nutzers korrekt und unmittelbar im Spiel umgesetzt werden. Eine Möglichkeit, diese Anforderungen zu erfüllen, liegt in der Verwendung eines sogenannten Guitar-to-MIDI -Systems. Dieses System wandelt die Töne einer E-Gitarre in MIDI-Informationen um. MIDI steht für musical instrument digital inferface und ist ein Datenübertagungs-Protokoll, das der Übermittlung musikalischer Steuerungsinformationen zwischen elektronischen Instrumenten wie beispielsweise Keyboards und auch Computern dient. Das Protokoll kann unter anderem die Tonhöhe, die Anschlagstärke und die Dauer eines gespielten Tons übermitteln. Es unterstützt somit die Übertragung aller Informationen, die für die Umsetzung des Spiels benötigt werden. Ein solches Guitar-to-MIDI -System (wird auch als Gitarrensynthesizer bezeichnet) besteht zunächst aus einem speziellen Tonabnehmer. Der Tonabnehmer eines Instruments dient dazu die Schwingungen der Saiten in elektrische Wechselspannung umzusetzen, um dieses Signal letztlich an einen Verstärker weiterzureichen. Ein üblicher elektromagnetischer Tonabnehmer einer E-Gitarre liefert die Signale aller Saiten zusammen auf einem einzigen Ausgang. Dadurch ist es schwierig, die einzelnen Töne eines Akkordes korrekt zu erkennen. Aus diesem Grund verwenden alle Guitar-to-MIDI-Systeme eine spezielle Art von Tonabnehmern. Diese hexaphonischen Tonabnehmer versenden das Signal jeder einzelnen Saite über einen separateren Ausgang. Es gibt zwei verschiedene Arten von hexaphonischen Tonabnehmern. Zum einen elektromagnetische Abnehmer, die sich lediglich durch separate Ausgänge für jede Saite von normalen Tonabnehmern unterscheiden. Desweiteren gibt es piezoelektrische Abnehmer, welche die mechanischen Schwingungen der Saiten in elektrische Spannung umwandeln. Der Vorteil dieser beiden Methoden liegt darin, dass das Signal jeder einzelnen Saite getrennt von den anderen analysiert werden kann. Somit ist eine genauere und zuverlässigere Erkennung der gespielten Töne möglich. Diese Tonabnehmer lassen sich in jede E-Gitarre einbauen, wobei piezoelektrische Abnehmer auch für Akustik-Gitarren mit Nylon-Saiten (oder theoretische auch für alle anderen Saiteninstrumente) geeignet sind, da ihnen kein magnetischer Effekt zugrunde liegt. Für diese Arbeit wurde ein piezoelektrischer Tonabnehmer (ghost pickup system) der Firma Graphtech in eine E-Gitarre (der Firma Ibanez, Modell GSA 60) gebaut. Dieses System besteht aus speziellen Saitenreitern (siehe Markierung in Abbildung 8), in welche die Tonabnehmer integriert sind, einer Platine, drei Bedienelementen und einer Kabelbuchse welche in den Korpus der Gitarre verbaut wurden. Das Ergebnis des Umbaus ist in Abbildung 8 zu sehen. 52 Abbildung 8: Ergebnis der Umbauarbeiten. Links: Platine,Verkabelung und Kabelbuche (grün markiert). Rechts: Bedienelemente(grün markiert) und PiezoTonabnehmer in den Saiterreitern(blau markiert). Dieser Tonabnehmer wird an einen Guitar-to-MIDI-Controller angeschlossen, der die Signale der einzelnen Saiten in einen MIDI-Datenstrom umwandelt. Die Signale werden von diesem Gerät mit Hilfe eines Analog-Digital-Wandlers digitalisiert und durch Berechnungen eines Mikroprozessors in ein MIDI-Signal übersetzt. Während ältere Geräte den Zeitabstand der Nulldurchgänge der Saitenschwingungen analysierten, verwenden aktuelle Systeme eine Methode die eine schnellere Erkennung ermöglicht. Daher kommt im Rahmen dieser Arbeit das Gerät Axon Ax 100 MK II der Firma Terratec zum Einsatz, da es eine schnelle und zuverlässige Tonerkennung und Umwandlung ermöglicht. Entscheidend für die schnelle Erkennung von Tönen ist das sogenannte TransientenFrüherkennungssystem. Diese Methode ist grundlegend für die Steuerung durch eine E-Gitarre, daher wird ihre Funktionsweise im folgenden Abschnitt kurz beschrieben. Das Verfahren wird anhand des Signals eines magnetischen Tonabnehmers gezeigt. Zu Beginn dieses Signals (siehe Abbildung 9) werden viele Informationen geliefert, diese liegen in den Mustern der Pegelspitzen. Sie zeigen den Anschlagsimpuls und dessen Reflektionen an den beiden Enden der Saite. Die entstehenden Wellenformen geben Aufschluss über die Länge der Saite und sogar über die Anschlagsposition (die genaue Stelle der Saite, die mit dem Plektrum oder dem Finger berührt wurde). Die Länge der Saite wird durch das Herunterdrücken an einer bestimmten Position auf dem Griffbrett der Gitarre variiert und bestimmt direkt den daraus resultierenden Ton. Die Länge wird von der Brücke der Gitarre (an diesem Punkt sind die Saiten am Korpus der Gitarre befestigt) bis zum Finger des Spielers gemessen. Zu jeder Wellenform gibt es eine entsprechende Saitenlänge und eine Anschlagsposition. Wie in Abbildung 9 zu sehen ist, steht der erste Ausschlag des Signals für den Anschlagsimpuls. Die zweite Welle des Signals ist die die erste Reflektion dieses Impulses und liefert die Information für die Anschlagsposition. Die 53 letzte Welle ist die zweite Reflektion und bestimmt die Tonhöhe. Der Hersteller des Geräts gibt an, dass dieses ein eingehendes Muster mit Hilfe eines neuronalen Netzes darauf hin untersucht, ob das Muster bekannt ist und somit im Fall einer Übereinstimmung die Tonhöhe und die Anschlagsposition durch den Abstand der Pegelspitzen des Signals bestimmt. Ob diese Methode über eine übliche Mustererkennung hinausgeht, wird dabei nicht beschrieben. Der darauf folgende Teil des Signals besteht aus einer fast statischen periodischen Wellenform. Die Länge einer Periode stellt hier die Höhe des gespielten Tons dar und wird zur Bestätigung der Ergebnisse des Transienten-Früherkennungssystems benutzt. An dieser Stelle werden die Punkte des Signals betrachtet, an denen die Wellenform die Nulllinie mit maximaler Steigung schneidet. Der Abstand dieser Punkte liefert erneut die Tonhöhe. Diese Überprüfung findet permanent statt und ermöglicht es Veränderungen der Tonhöhe während ein Ton gespielt wird, direkt in das MIDI-Format zu übersetzen. Dadurch können selbst spezielle Spieltechniken, die zum Beispiel eine Veränderung der Tonhöhe durch Ziehen der Saiten bewirken, zuverlässig erkannt werden([12]). Abbildung 9: Signal eines Tonabnehmers, Bild aus [12]. Zuletzt wird, neben dem hexaphonischen Tonabnehmer und dem Guitar-to-MIDI Controller, eine Lösung benötigt, um das MIDI-Signal an einen Computer zu senden. Dafür kann beispielsweise ein USB-MIDI Anschluss benutzt werden, wobei es sich um einen einfachen Adapter handelt. Bei dieser Arbeit wurde das MIDI-Signal über ein USB 2.0 Audiointerface mit integriertem MIDI-Eingang angeschlossen, da zusätzlich auch eine analoge Anschlussmöglichkeit für den normalen Audioausgang der E-Gitarre benötigt wird. Das analoge Signal wird 54 einerseits für das zweite Spielkonzept, das den Klang der E-Gitarre verstärkt wiedergibt, verwendet und andererseits für das Erstellen von Liedern für das Spiel. Die hier vorgestellte Methode ermöglicht es, die Töne einer E-Gitarre in ein MIDI-Signal umzuwandeln und dieses an einen Computer zu übertragen. Bei einigen Tests dieser Konfiguration konnte keine hörbare Verzögerung des MIDISignals festgestellt werden, wodurch die geringe Erkennungsgeschwindigkeit, die laut Herstellerangaben bei ungefähr fünf Millisekunden liegt, bestätigt werden konnte. Der subjektive Eindruck wurde auch durch Testaufnahmen überprüft. Dazu wurden das MIDI-Signal und das analoge Signal der E-Gitarre parallel mit einer digitalen Mehrspuraufnahme-Software aufgezeichnet. Anschließend konnten die MIDI-Aufnahmen mit der Tonspur der E-Gitarre verglichen werden. Auch hierbei wurden keine zeitlichen Unterschiede außerhalb des einstelligen MillisekundenBereichs festgestellt. Die Erkennungsgenauigkeit wurde ebenso mit dieser Methode überprüft. Hierbei ist anzumerken, dass die Genauigkeit maßgeblich durch die Spielweise beeinflusst wird. Durch eine präzise Spielweise ist es möglich, falsch erkannte Töne auf ein Minimum zu reduzieren. Diese entstehen hauptsächlich durch unbeabsichtigtes Herunterziehen der Saiten, da somit die Tonhöhe verändert wird. Es handelt sich daher nicht um falsch erkannte Noten, sondern um unsauber gespielte Töne. Insgesamt kann die vorgestellte technische Lösung als äußerst robust und zuverlässig beschrieben werden. Die Verarbeitungszeiten fallen dabei so gering aus, dass diese vernachlässigt werden können. 5.3 MIDI-Schnittstelle und Erweiterung des Spiels Bisher wurde beschrieben wie die Töne der E-Gitarre erkannt, digitalisiert und an den Computer verschickt werden. Das MIDI-Signal muss nun an das Spiel weitergeleitet werden, um zu überprüfen ob die richtigen Töne gespielt werden. Das zu Grunde liegende Spiel Frets on Fire ist in der Programmiersprache Python geschrieben. Desweiteren werden darin die Bibliotheken PyGame und PyOpenGL benutzt. PyOpenGL ermöglicht die Benutzung der Open Graphics Library (kurz OpenGL) in Python-Modulen. PyGame beinhaltet eine Reihe von Python-Modulen zur Vereinfachung der Spieleprogrammierung. Die enthaltenen Module dienen unter anderem zum Abspielen und Steuern von Grafik und Sound und zum Abfragen gängiger Eingabegeräte wie Tastatur, Maus oder Joystick. Das Spiel ist eine Nachahmung des bereits in Kapitel 2 beschriebenen Spiels Guitar Hero. Die Aufgabe des Spielers ist es, Gitarren-Teile des jeweiligen Liedes nachzuspielen. Dazu werden ihm Noten auf dem Bildschirm angezeigt, die synchron zur Hintergrund-Musik, bestehend aus den anderen Instrumenten und dem Gesang, abgespielt werden. Auch in diesem Spiel gibt es fünf verschiedene Noten. Sie werden durch Halten der jeweiligen Funktionstasten F1 bis F5 der Tastatur und rechtzeitiges Drücken der Anschlagstaste Enter gespielt. Die Tastatur kann bei 55 dieser Standartbelegung ähnlich wie eine Gitarre gehalten werden. Das Interface von Frets on Fire ist in Abbildung 10 zu sehen. Der Spieler kann durch richtig gespielte Noten Punkte sammeln und durch fehlerlos in Serie gespielte Noten den Punkte-Multiplikator erhöhen, um noch mehr Punkte zu bekommen. Am Ende eines Liedes wird, wie bei Guitar Hero oder Rock Band, eine Wertung in Form von Punkten, null bis fünf Sternen, der Prozentzahl der richtig gespielten Noten und der längsten Serien von fehlerfrei gespielten Noten angezeigt. Abbildung 10: Interface des Spiels Frets on Fire. Zur Erweiterung des Spiels müssen zunächst die MIDI-Signale des Guitar-to-MIDI Controllers an das Spiel als Eingabe weitergeleitet werden. Dazu wird eine MIDISchnittstelle benötigt. Die Bibliothek PyGame bietet ein integriertes MIDI-Modul an, welches in das Spiel eingebunden wurde, um im Spiel Zugriff auf die eingehenden MIDI-Signale zu ermöglichen. Zudem wurde die Spielmechanik erweitert und an die Anforderungen zur Steuerung durch eine E-Gitarre angepasst. Grundlegend dafür ist die Erweiterung der Eingabemöglichkeiten von den bisherigen fünf Tasten auf das gesamte Griffbrett der E-Gitarre. Dazu wurden die MIDI-Signale zu den Eingabemöglichkeiten hinzugefügt. Eine weitere Änderung ist durch die unterschiedliche Spielweise einer E-Gitarre und der Simulation durch eine Tastatur oder auch einen Gitarren-Controller notwendig. Bei einer Tastatur oder einem Gitarren-Controller resultieren das Drücken der Tasten und das Anschlagen durch die Anschlagstaste in zwei getrennten Signalen. Das lässt sich auch daran erkennen, dass die auf dem Bildschirm angezeigten Abbildungen der Tasten aufleuchten, falls sie vom Spieler gedrückt und gehalten werden und zwar auch dann wenn die Anschlagstaste nicht betätigt wird. Das dient dazu, dass der Spieler eine Taste bereits bevor diese auch gespielt werden muss, herunterdrücken kann und eine visuelle Bestätigung bekommt, ob die richtige Taste bereits gedrückt ist. Um eine Note zu spielen, muss daraufhin im richtigen Moment die Anschlagstaste bedient werden. Bei der Steuerung durch die E-Gitarre 56 wird durch das Herunterdrücken einer Saite allerdings kein MIDI-Signal produziert. Deshalb kann dieser Mechanismus mit einer E-Gitarre nicht übernommen werden. Die Spielmechanik wurde so verändert, dass das beim Anschlagen einer Saite entstehende MIDI-Signal allein zum Spielen einer Note ausreicht, da bei der E-Gitarre keine Trennung zwischen dem Herunterdrücken einer Saite und dem Anschlagen möglich ist. An dieser Stelle kann ein Nachteil dieser technischen Umsetzung, im Vergleich zum Pro Guitar Modus von Rock Band 3, festgestellt werden. Der realistisch gestaltete Fender Mustang Pro Gitarren Controller sendet auch beim bloßen Herunterdrücken einer Taste auf dem Griffbrett ein Signal an das Spielsystem. Dadurch ist es möglich, ähnlich wie in Frets on Fire, die aktuell gedrückten Tasten auf dem Bildschirm anzuzeigen. Diese Methode bietet den Vorteil, dass der Spieler seinen Blick (theoretisch) immer auf den Bildschirm gerichtet lassen kann und nicht auf das Griffbrett des Controllers bzw. der Gitarre richten muss, um sich orientieren zu können. Vor allem bei Liedern mit schnell aufeinanderfolgenden Noten kann diese Anzeige hilfreich sein, da in diesem Fall keine Zeit zwischen den einzelnen Noten bleibt, um die Position auf dem Griffbrett zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Anzeige der gedrückten Tasten gestaltet sich bei Verwendung des Fender Mustang Pro Gitarren Controllers schwieriger als bei einem normalen Gitarren-Controller mit fünf Tasten. Während bei dem normalen Controller nur fünf verschiedenfarbige Tasten zur Verfügung stehen, von denen maximal drei gleichzeitig bedient werden müssen, besitzt der Fender Mustang Pro Gitarren Controller 102 Knöpfe auf dem Griffbrett. Von diesen 102 Tasten müssen bis zu sechs (einer pro Saite) gleichzeitig gedrückt werden. Das bedeutet, dass dem Spieler mehrere Informationen gleichzeitig angezeigt werden müssen. Im Pro Guitar Modus von Rock Band 3 wird die Position der aktuell gedrückten auf dem Bildschirm angezeigt. Diese Funktion bietet vor allem für schnelle Notenabfolgen und Akkorde eine Unterstützung des Spielers. Da das Schwierigkeitsniveau der Lieder für das hier erstellte Spiel geringer sein soll, ist davon auszugehen, dass die Spieler auch ohne eine solche Funktion genügend Zeit haben um die richtigen Griffpositionen zu finden. Nachdem im Spiel nun auf die MIDI-Signale zugegriffen werden kann, müssen auch die Darstellungen entsprechend für die Steuerung durch eine E-Gitarre erweitert werden. Bei Musikspielen wie Guitar Hero, Rock Band oder Frets on Fire werden lediglich fünf farbige Symbole benutzt, um die damit verbundenen Tasten zu visualisieren. Für die Abbildung aller auf einer Gitarre spielbaren Noten ist eine einfache farbliche Codierung nicht möglich bzw. sinnvoll. Die normale Notenschrift eignet sich ebenfalls nicht zur Darstellung im Spiel, da diese nicht intuitiv zu lesen ist und zudem keine eindeutige Position auf dem Griffbrett angibt. Die meisten Noten sind mehrfach auf dem Griffbrett einer Gitarre verteilt und eine Note gibt somit nicht die Position an. Der Spieler müsste 57 die Notenschrift lesen und eine Position auswählen. Wesentlich einfacher gestaltet sich die Darstellung durch die Verwendung der sogenannten Gitarrentabulaturen. Bei dieser speziellen Notenschrift werden durch sechs Linien die Saiten des Griffbretts nachgebildet (wie in Abbildung 7 in Kapitel 4 zu sehen ist). Darauf stehende Zahlen geben den Bund der jeweiligen Saite an, welcher gegriffen werden soll. Eine Null steht dabei für eine frei gespielte Saite, ohne diese zu greifen. Diese Art der Repräsentation eignet sich gut als Vorbild für die Darstellung der Noten im Spiel. Die Noten sind in dieser Schreibweise intuitiv zu erkennen und geben eine eindeutige Position auf dem Griffbrett an. Abbildung 11: Vergleich der Repräsentationen des Eingabegeräts von Rock Band 3 und dem hier erstellten Spiel. Die Notenanzeige muss nun statt der bisherigen fünf Tasten das gesamt Griffbrett einer Gitarre abbilden. Dazu muss auch die Metapher der Anzeige verändert werden. Die fünf Tasten sind horizontal nebeneinander angeordnet und symbolisieren dabei den gleichfarbigen Knopf auf dem Hals des Gitarren-Controllers. Die Tasten sind auf dem Hals der Gitarre von Oben nach Unten angeordnet, da der Gitarren-Controller beim Spielen normalerweise horizontal gehalten wird, stimmt die Position der Anzeige mit der tatsächlichen Position der Tasten überein, wie in Abbildung 11 zu erkennen ist. Für die Darstellung des gesamten Griffbretts wird diese Anzeige um eine weitere Reihe ergänzt, so dass die sechs Saiten einer Gitarre symbolisiert werden können. Die kreisförmigen Notensymbole wurden durch Würfel mit Zahlen ersetzt. Diese Art der Darstellung ist der beschriebenen Gitarrentabulatur-Notenschrift nachempfunden. Die Anzeige ist somit schnell und einfach lesbar, setzt keine speziellen Kenntnisse voraus und ist Spielern mit Gitarrenkenntnissen bereits vertraut. Die Metapher der Darstellung wurde insofern verändert, dass die Anzeige nun das Griffbrett einer Gitarre wie in Abbildung 11 zu sehen ist symbolisiert. Das fertige Interface des Spiels ist in Abbildung 12 noch 58 einmal zu sehen. Abbildung 12: Interface des erstellten Spielkonzepts. 5.4 Erstellung von Liedern für das Spiel Im folgenden Abschnitt wird beschrieben, wie Lieder und die dazugehörigen Notenspuren für das Spiel erstellt werden können. Die relevanten Komponenten und die Methoden, um diese anzufertigen, werden erklärt. Um ein Lied für das Spiel zu erstellen, werden vier wesentliche Komponenten benötigt: • Eine Hintergrund-Tonspur, welche alle Teile (Instrumentenspuren, eventuell Gesangsspur) außer der E-Gitarrenspur beinhaltet. • Eine separate E-Gitarrenspur, in der nur dieses Instrument aufgezeichnet wurde. • Eine MIDI-Datei, in der die entsprechenden Noten der E-Gitarrenspur gespeichert sind. • Eine zusätzliche Datei, die Informationen darüber enthält auf welcher Saite eine bestimmte Note gespielt werden soll. Die ersten drei der hier aufgeführten Komponenten können mit Hilfe einer digitalen Mehrspuraufnahme-Software angefertigt werden. Die Hintergrund-Tonspur enthält das vollständige Lied abzüglich der E-Gitarrenspur, welche der Spieler 59 nachspielen soll. Dazu werden alle Instrumente und eventuell Gesang aufgenommen, bearbeitet und letztlich zu einer Audiodatei zusammengefasst. Diese Audiodatei dient im Spiel als Begleitung für die E-Gitarre und läuft dort als Playback ab. Die E-Gitarrenspur wird auf dieselbe Weise angefertigt. Diese Audiodatei wird abgespielt, falls der Spieler die richtigen Töne auf der E-Gitarre spielt. Auch die MIDI-Datei kann parallel mit den weiteren Spuren aufgezeichnet werden. Dazu wird das Guitar-to-MIDI System eingesetzt, um ohne zusätzlichen Aufwand synchrone Noten zu der Gitarrenspur zu erhalten. Das hier beschriebene Verfahren lässt sich ausschließlich für Lieder benutzen, die neu produziert werden. Es ist theoretisch jedoch auch möglich, bestehende Lieder bekannter Künstler in das Spiel zu integrieren. MIDI-Dateien mit den passenden Noten können entweder selbst erstellt werden oder lassen sich häufig im Internet beziehen. Diese müssen jedoch noch mit dem Musikstück synchronisiert werden, so dass die Noten im Spiel zur richtigen Zeit angezeigt werden. Die einzige Einschränkung dabei ist, dass Lieder üblicherweise nicht in Hintergrund- und Gitarrenspur aufgeteilt bezogen werden können. Dennoch ist das Erstellen von Liedern und den zugehörigen Noten einfach und ohne großen Aufwand möglich. Durch die Verwendung des MIDI-Standards steht für die Produktion von Liedmaterial eine große Auswahl verschiedener Software-Lösungen zur Verfügung. Zuletzt kann durch Angaben in einer Textdatei festgelegt werden, auf welcher Saite eine bestimmte Note zu welcher Zeit eines Liedes angezeigt werden soll. Diese Angaben sind optional, aber dennoch oftmals sinnvoll. Um das zu veranschaulichen, muss die Verteilung der Töne auf dem Griffbrett einer Gitarre betrachtet werden. Das hier wesentliche Merkmal ist das mehrfache Vorkommen vieler Töne. Im Vergleich zu einem Klavier ist ein bestimmter Ton bei einer Gitarre nicht einer einzigen Taste bzw. einer festen Position auf dem Griffbrett zugeordnet. Das MIDI-Protokoll bietet keine Möglichkeit einer Note weitere Informationen zur Positionierung auf dem Griffbrett hinzuzufügen. Die Schwierigkeit einer Tonfolge wird durch die Position der zur spielenden Noten stark beeinflusst. Daher ist es vorteilhaft, die Position bestimmter Noten manuell festlegen zu können. Falls keine Angaben zur Position einer Note gemacht werden, wird diese automatisch auf die höchst mögliche Saite abgebildet. Ein Algorithmus, der die Noten automatisch auf eine optimale Position legt, ist nur bedingt möglich. Beispielweise können die Fingerpositionen so optimiert werden, dass die Abstände zwischen den Noten möglichst klein gehalten werden. Dadurch muss der Spieler seine Hand weniger entlang des Griffbretts bewegen. Die resultierende Spielweise muss dennoch nicht die einfachste sein. Der größte Nachteil einer automatischen Positionierung liegt aber darin, dass der Ersteller eines Liedes nicht die Möglichkeit hat, diese nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Der Schwierigkeitsgrad eines Liedes lässt sich dadurch im Voraus schlechter einschätzen und beeinflussen. 60 6 Vergleich der Konzepte In diesem Kapitel wird das Spielkonzept mit einer E-Gitarre als Controller untersucht. Dabei soll gezeigt werden, ob ein Musikspiel, das mit Hilfe einer E-Gitarre gesteuert wird, als unterhaltsam erlebt werden kann. Ein Vergleich mit einem ähnlichen Spielkonzept soll es ermöglichen, den Abstrakten Begriff des Unterhaltungserlebens überprüfen zu können. Ursprünglich sollten zu diesem Zweck die zwei, in Kapitel fünf erstellten, Konzepte miteinander verglichen werden. Um eventuelle Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben untersuchen zu können, eignet sich ein Vergleich zwischen einem Spielkonzept mit E-Gitarre als Controller und einem Konzept mit Gitarrencontroller jedoch besser. Bei einem Vergleich der beiden hier erstellten Spielkonzepte wären die Ursachen der Ergebnisse nicht eindeutig erkennbar, da beide Spielkonzepte durch eine E-Gitarre gesteuert werden. Die beiden Konzepte sind hinsichtlich der Steuerung zu ähnlich, um deutliche Effekte erkennen zu können. Um möglichst viele Störfaktoren isolieren zu können, wird der Vergleich daher nicht mit den beiden hier erstellten Spielkonzepten durchgeführt. Stattdessen wird das herkömmliche Spiel Frets on Fire mit einer der veränderten Versionen verglichen. Frets on Fire kann nicht nur mit einer Computertastatur gesteuert, sonder auch mit einem Guitar Hero Gitarrencontroller. Dadurch ist es möglich ein Spiel mit Gitarrencontroller und ein Spiel mit einer E-Gitarre als Controller zu vergleichen, ohne dabei große Veränderungen am eigentlichen Spiel in Kauf nehmen zu müssen. Diese würden die Aussagekraft der Ergebnisse reduzieren. 6.1 Problemstellung und Hypothesen Im Verlauf dieser Arbeit wurde das Unterhaltungserleben des Musikspiels Rock Band 3 analysiert und die Ergebnisse wurden für die Konzeption eines ähnlichen Musikspiels, allerdings mit einer echten E-Gitarre als Controller, benutzt. Eine Laborstudie soll klären ob sich das echte Instrument als Eingabegerät eines Spiels eignet. Vor allem gilt es dazu zu prüfen, inwiefern das Spiel als unterhaltsam wahrgenommen wird. Die Bedienung einer Gitarre ist im Vergleich zu üblichen Eingabegeräten wie Tastatur, Gamepad oder auch Gitarrencontroller als komplizierter einzuschätzen. Auch die Darstellungen des Spiels sind auf Grund der größeren Eingabemöglichkeiten komplexer. Die Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben sind daher zu überprüfen. Das Spielkonzept eröffnet einerseits neue Möglichkeiten und bietet eine hohe Authentizität, andererseits könnte die Bedienung der E-Gitarre zu schwierig sein, wodurch das Unterhaltungserleben negativ beeinträchtigt werden könnte. Das beschriebene Themengebiet wurde in bisherigen Forschungsarbeiten nur teilweise bearbeitet. Da es bislang noch kein vergleichbares Musikspiel, welches eine E-Gitarre als Controller benutzt, gibt, wurden noch keine Studien über die Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben durchgeführt. 61 Zur Konstruktion der Hypothesen wurden neben diesen Überlegungen aus den vorhergehenden Kapiteln, auch die Ergebnisse einer Studie von Klimmt berücksichtigt ([8] S.133). In dieser wurden die Variablen “Handlungsmöglichkeiten” und “Handlungsnotwendigkeit’ experimentell manipuliert. Die Ergebnisse führten allerdings zu der Annahme, dass diese beiden Aspekte vom Spieler zu einem Gesamtwert der “Aufgabenschwierigkeit” verrechnet werden. Erst das Verhältnis der beiden Variablen hat Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben der Spieler. Diese Überlegungen wurden empirisch belegt ([8] S.133). Die Kombination aus vielen Handlungsmöglichkeiten und geringer Handlungsnotwendigkeit wurde von Probanden beim Computerspielen als am wenigsten unterhaltsam erlebt. Ein geringer oder zu geringer Schwierigkeitsgrad wirkt sich demnach negativ auf das Unterhaltungserleben aus. Um diese Überlegungen und das Unterhaltungserleben bei der Verwendung einer E-Gitarre als Controller zu untersuchen, wurden die folgenden drei Hypothesen formuliert: • H1: Eine Episode mit geringem Schwierigkeitsgrad wird mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsamer empfunden als mit einem Gitarrencontroller. • H2: Eine Episode mit mittlerem Schwierigkeitsgrad wird mit beiden ControllerTypen in etwa gleich unterhaltsam empfunden. • H3: Eine Episode mit hohem Schwierigkeitsgrad wird mit einem Gitarrencontroller unterhaltsamer empfunden als mit einer E-Gitarre als Controller. Eine Episode mit geringem Schwierigkeitsgrad stellt vermutlich für viele Spieler keine oder eine nur sehr geringe Herausforderung dar. Deshalb ist anzunehmen, dass die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades durch die Verwendung einer E-Gitarre zu einem unterhaltsamerem Erleben führen könnte. Für eine Episode mit mittlerem Schwierigkeitsgrad wird angenommen, dass auch ohne die E-Gitarre als Controller bereits eine Herausforderung vorhanden ist. Die zusätzliche Erhöhung des Schwierigkeitsgrades könnte daher bei einigen Spielern eher zu einer Überforderung führen und nur von geübten Spielern positiv bewertet werden. So wird vermutet, dass sich insgesamt für beide Controller-Arten ein ausgeglichenes Ergebnis ergibt. Die Episode mit ohnehin schon hohem Schwierigkeitsgrad könnte mit der E-Gitarre als Controller, von einem noch größeren Teil der Spieler als überfordernd erlebt werden, so dass das Spiel mit dem herkömmlichen Controller unterhaltsamer erlebt wird. 62 6.2 Methode Um den Einfluss der Art des Controllers und des Schwierigkeitsgrades auf das Unterhaltungserleben des Spiels mit einer E-Gitarre als Controller zu prüfen, wurde eine Laborstudie durchgeführt. Dazu wurde das Spiel Frets on Fire sowie das darauf basierende Spiel, welches im Rahmen dieser Arbeit erstellt wurde, getestet. Die Untersuchung soll mit Hilfe eines Zweigruppenplans durchgeführt werden. Dieser bietet, im Vergleich zu einem Eingruppenplan, eine höhere Validität. Dabei sollen zwei Gruppen verglichen werden, die sich nur in Bezug auf eine unabhängige Variable unterscheiden. Für die Laborstudie wurde ein quasiexperimentelles Design gewählt. Es ist anzunehmen, dass die Gitarrenkenntnisse der Probanden maßgebliche Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben beim Spielen haben. Tester mit Gitarrenkenntnissen könnten mit der Steuerung durch eine E-Gitarre besser zurechtkommen, als unerfahrene Tester. Um den Einfluss personengebundener Störvariablen wie dieser zu relativieren, wurden die Vergleichsgruppen durch Parallelisierung angepasst. Dazu wurden die Gruppen hinsichtlich der Störvariablen annähernd gleich verteilt. Die Gitarrenkenntnisse wurden dabei priorisiert. Desweiteren wurde noch die Vorerfahrung mit Musikspielen wie Guitar Hero oder Rock Band berücksichtigt. Zwar sinkt die externe Validität, im Vergleich zu einer zufälligen Gruppeneinteilung, durch die Parallelisierung, für Versuchsgruppen mit nicht mehr als 20 Personen kann so aber eine bessere Verteilung der bekannten Störgrößen erreicht werden. Da die hier aufgezeigten Störgrößen starke Effekte auf die zu messenden Größen haben könnten, wurde die Parallelisierung der Randomisierung vorgezogen. 6.2.1 Unabhängige Variable und Schwierigkeitsgrad Wie oben beschrieben, werden die Gruppen nach einer unabhängigen Variablen aufgeteilt. Diese unabhängige Variable hat zwei Stufen, behandelt und unbehandelt. Als unbehandelt wird das Spiel Frets on Fire mit dem herkömmlichen Guitar Hero Gitarrencontroller bezeichnet. Die behandelte Stufe stellt das Spiel mit einer echten E-Gitarre als Controller dar. Durch diese Aufteilung können die Hypothesen überprüft werden und der Einfluss von Störvariablen ist dabei gering. Würden beispielsweise alle Probanden zunächst das Spiel mit dem Gitarrencontroller und dann das Spiel mit der echten E-Gitarre testen, könnten die Ergebnisse durch andere Effekte beeinflusst werden. Es wäre denkbar, dass die Spieler mit dem zweiten Spiel besser zurechtkommen, da sie sich bereits an die Spielmechanismen gewöhnen konnten. Um die Hypothesen hinsichtlich des Einflusses des Schwierigkeitsgrades überprüfen zu können, wird die Laborstudie in drei Stufen eingeteilt. Die Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben sollen für das jeweilige Eingabegerät getrennt ermittelt werden. Die drei Stufen wurden entsprechend der Hypothesen angelegt. Da- 63 zu wurden für die beiden Spielkonzepte drei Spielepisoden mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden angerfertigt und in der Laborstudie eingesetzt. Die drei Episoden wurden jeweils für die beiden Spielkonzepte erstellt. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Unterschiede zwischen der Version einer Episode für das Spiel mit dem Guitar Hero Gitarrencontroller und derjenigen für das Spiel mit einer EGitarre als Controller möglichst gering sind. Wie bereits beschrieben bietet die Steuerung durch die echte Gitarre weitaus mehr Möglichkeiten als die fünf Tasten des Gitarrencontrollers. Daher unterscheiden sich die Versionen der Episoden lediglich in Hinblick auf die Repräsentation der Noten. Dieser Aspekt geht mit der Art des Controllers einher und somit ist dieser Unterschied zwischen den beiden Testgruppen nicht als Störvariable anzusehen. Die Lieder und die Anzahl der Noten waren für beide Controllertypen identisch, so dass die auftretenden Effekte dadurch nicht beeinflusst wurden. Unterschiedliche Lieder für die jeweiligen Controllertypen könnten Auswirkungen auf das Unterhaltungserleben haben, die so nicht auftreten können. Außerdem wurde das erste der beiden, in Kapitel 5 beschriebenen, Spielkonzepte für die Laborstudie eingesetzt. Bei diesem Konzept wird der Klang der Gitarre durch vorab aufgenommene Audiodateien erzeugt. Da dieser Mechanismus auch beim herkömmlichen Frets on Fire zum Einsatz kommt und die Klangerzeugung durch das Signal der echten E-Gitarre als zusätzliche Hürde angesehen werden kann, wurde dieses Konzept für den Vergleich herangezogen. 6.2.2 Abhängige Variablen Die abhängigen Variablen “Unterhaltungserleben” und “empfundener Schwierigkeitsgrad” wurden mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. Zur Konstruktion dieses Fragebogens wurden die Skalen von Klimmt zum Unterhaltungserleben bei der Rezeption von Computerspielen herangezogen ([13]). Sie stellen ein bewährtes Messinstrument dar und decken die vorliegende Fragestellung gut ab. Auch der Schwierigkeitsgrad wird in diesen Skalen erfasst. Einzelne Fragen wurden auf das zu untersuchende Spiel angepasst. Die Fragen zum Unterhaltungserleben wurden anhand einer vierstufigen Skala beantwortet, wobei hohe Werte für hohe Unterhaltung standen. Die Fragen bezüglich des Schwierigkeitsgrades wurden anhand einer elfstufigen Skala beantwortet, wobei fünf Werte für zu leicht, fünf für zu schwer und der mittlere Wert für genau richtig, standen. 6.2.3 Durchführung Um die Probanden in zwei Gruppen aufteilen zu können, wurde zunächst ein Vorfragebogen verteilt, um die Werte der Störvariablen zu erheben. Die Gruppen wurden, wie beschrieben, nach den Werten “Gitarrenkenntnisse” und “Vorerfahrung mit Musikspielen” parallelisiert. Die Laborstudie wurde mit 20 Versuchspersonen 64 (12 Männer, 8 Frauen zwischen 18 und 28 Jahren, M = 22,7, SD = 3,28), überwiegend Studenten, einigen Schüler und Absolventen, durchgeführt. Die Teilnehmer wurden aus dem Bekanntenkreis rekrutiert. Zur Beschreibung der Stichprobe sollen auch die weiteren Werte des Vorfragebogens genannt werden. Die folgenden Mittelwerte sind auf einer Skala von eins bis vier angeordnet, wobei eins für geringes und vier für starkes Interesse stehen. Das durchschnittliche Interesse aller Teilnehmer für Musik lag bei M = 3,05 (SD = 0,89), für Musikspiele bei M = 2,85 (SD = 0,88) und für Computerspiele bei M = 2,75 (SD = 0,91). Die Gitarrenkenntnisse lagen bei M = 2,40 (SD = 1,1), wobei eins für keine und vier für sehr gute Kenntnisse stehen. Durchschnittliche spielen die Teilnehmer M = 2,60 (SD = 2,87) -mal in einer Woche Computer- oder Computerspiele und sie hatten vor der Studie M = 17,10 (SD = 23,06) -mal Musikspiele wie Guitar Hero oder Rock Band gespielt. Die Probanden wurden in zwei gleichgroße Gruppen aufgeteilt, welche hinsichtlich dieser Werte nur geringfügige Unterschiede aufwiesen. Gruppe eins spielte das Spiel mit einem Guitar Hero Gitarrencontroller und Gruppe zwei mit einer echten E-Gitarre. Die Personen konnten so verteilt werden, dass die Gitarrenkenntnisse und die Vorerfahrung mit Musikspielen in beiden Gruppen nahezu identisch verteilt waren. Die Studie wurde als Laborexperiment im März 2011 durchgeführt. Nachdem die Vorfragebögen bereits verteilt und ausgewertet waren, wurden die Teilnehmer zunächst kurz instruiert. Neben einer kurzen Anleitung zum Spiel wurde auch der Ablauf der Studie erklärt. Von jedem Proband wurde das Spiel, bestehend aus drei Episoden, getestet. Nach einer kurzen Warmspielphase, wurde die Erste Episode mit dem geringsten Schwierigkeitsgrad gestartet. Direkt nach dem Ende dieser Episode sollte der Teilnehmer die Seiten 3-5 des Fragebogens ausfüllen. Die Fragen beziehen sich auf das Unterhaltungserleben und den Schwierigkeitsgrad der gespielten Episode. Daraufhin wurde die zweite Episode, mit mittlerem Schwierigkeitsgrad, gestartet und am Ende sollte der Teilnehmer wieder dieselben Fragen beantworten (wieder Seite 3-5 des Fragebogens im Anhang). Dieselbe Prozedur wurde mit der dritten Episode, mit hohem Schwierigkeitsgrad, durchgeführt. Zuerst wurde das Experiment einzeln mit allen Personen der ersten Gruppe, mit dem Guitar Hero Gitarrencontroller, durchgeführt. Anschließend wurde das Experiment mit der zweiten Gruppen, mit der echten EGitarre, auf gleiche Weise durchgeführt. 6.3 Ergebnisse Bevor die Ergebnisse der Analyse präsentiert werden können, müssen zunächst die Dimensionen der abhängigen Variablen überprüft werden. 65 6.3.1 Dimensionierung der abhängigen Variablen Zur Messung des Unterhaltungserlebens wurden die Skalen von Klimmt benutzt, daher wird auch auf die bewährte Dimensionierung zurückgegriffen ([8] S.123). Allerdings wurde die Reliabilität der einzelnen Dimensionen überprüft und Anpassungen durchgeführt. Die erste, bereits erprobte Dimension des Unterhaltungserlebens ist der Aufforderungscharakter. Mit Hilfe eine Faktorenanalyse konnte Klimmt fünf weitere Faktoren des Unterhaltungserlebens ausmachen ([8] S.123). Weitere Dimensionen sind demnach: Spannung/Neugier, Abwechslung/Zerstreuung, Entspannung, Vergnügen/Genuss und Zufriedenheit. Die Faktoren Aufforderungscharakter, Spannung/Neugier und Zufriedenheit erzielten eine zufriedenstellende interne Konsistenz und wurden mit den von Klimmt ermittelten Items übernommen. Bei Abwechslung/Zerstreuung wurde auf zwei der Items verzichtet, da somit eine höhere Konsistenz erzielt werden konnten. Auch bei Entspannung wurde aus diesem Grund auf ein Item verzichtet. Die Dimension Vergnügen/Genuss konnte keine zufriedenstellende Konsistenz liefern und wurde daher weggelassen (Vgl. [14] S.258). Zusätzlich wurden die Teilnehmer der Studie nach der Gesamtunterhaltung befragt. Auch dieser Wert wird im Folgenden berücksichtigt. Desweiteren wurde der Schwierigkeitsgrad des Spiels und der Steuerung mit je einem Item ermittelt. Die genaue Zuordnung der Items zu den einzelnen Dimensionen, sowie die interne Konsistenz der jeweiligen Dimensionen, die mit Cronbachs Alpha gemessen wurde, finden sich im Anhang. In Tabelle 1 sind die Dimensionen der Unterhaltung, sowie der zusätzlich erhobene empfundene Schwierigkeitsgrad aufgelistet. 6.3.2 Auswertung Zur Analyse der Daten wurde die Statistiksoftware SPSS 18 benutzt. Die Daten aus den Fragebögen wurden dazu manuell übertragen. Die Messdaten wurden, wie beschrieben, zu drei Zeitpunkten erhoben. Nach jeder Episode beantworteten die Teilnehmer denselben Fragebogen. Die Variablen wurden nahezu ausschließlich über Rating-Skalen erhoben und sind damit ordinalskaliert. Sie können aber dennoch wie intervallskalierte Daten statistisch geprüft werden ([15] S. 181). Eine erste Prüfung der Hypothesen soll anhand deskriptiver Untersuchungen geschehen. Unterschiede zwischen den beiden Gruppen mit dem jeweiligen Controller sind darin deutlich zu erkennen. Die Mittelwerte der beiden Gruppen wurden für die in Tabelle 1 beschriebenen Dimension für die drei Messzeitpunkte erhoben. Um zunächst einen Überblick darüber zu geben, ob sich die Ergebnisse tendenziell hypothesenkonform darstellen, wird stellvertretend für das Unterhaltungserleben die Dimension “Gesamtunterhaltung” betrachtet. Dieser unspezifische Faktor deckt keinen bestimmten Aspekt der Unterhaltung ab, sondern bildet eher den persönlichen Gesamteindruck der Probanden ab und eignet sich daher für die erste 66 Dimension Spannung/Neugier Zufriedenheit Aufforderungscharakter Abwechslung/Zerstreuung Entspannung Gesamtunterhaltung Schwierigkeitsgrad Controllertyp Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre Guitar Hero Controller E-Gitarre leicht 2,35 3,15 2,15 2,85 2,54 2,98 2,70 2,65 2,15 1,60 2,40 3,20 2,85 5,00 mittel 2,63 3,48 2,20 3,20 2,64 3,11 2,85 2,95 2,00 1,75 2,70 3,40 3,95 5,60 schwer 2,80 3,68 2,40 3,40 2,73 3,06 3,00 3,15 1,95 1,70 2,80 3,00 5,10 6,00 Tabelle 1: Mittelwerte der Dimensionen nach Art des Controllers getrennt für die Episoden mit geringem, mittlerem und hohem Schwierigkeitsgrad. Der Wert 4 steht bei den Dimension der Unterhaltung für sehr unterhaltsam, bei der Dimension Schwierigkeitsgrad steht 5 für genau richtig, Werte darunter für zu leicht und darüber zu schwer. Betrachtung. Bei der ersten Episode, mit geringem Schwierigkeitsgrad, ergab sich für die Gruppe mit dem Guitar Hero Gitarrencontroller (im Folgenden Gruppe C für Controller genannt) ein Wert von M = 2,40 (SD = 0,70) und für Gruppe zwei mit der echten E-Gitarre (im Folgenden Gruppe G für Gitarre genannt) von M = 3,20 (SD = 0,79). Die Skala war dabei von eins (überhaupt nicht unterhaltsam) bis vier (sehr unterhaltsam) definiert, wonach sich erkennen lässt, dass die Gesamtunterhaltung bei der Gruppe mit einer echten E-Gitarre als Controller deutlich höher ausgefallen ist. Die Hypothese H1 wird von diesem Ergebnis also gestützt. Die Gesamtunterhaltung liegt bei Verwendung der echten E-Gitarre deutlich über dem Wert, welcher mit dem Guitar Hero Gitarrencontroller erreicht wurde. Bei der zweiten Episode, mit mittlerem Schwierigkeitsgrad, ergab sich für Gruppe C ein Gesamtunterhaltungswert von M = 2,70 (SD = 0,68) und für Gruppe G ein Wert von M = 3,40 (SD = 0,70). Die Hypothese H2 kann durch dieses Ergebnis nicht gestützt werden, denn auch die Episode mit mittlerem Schwierigkeitsgrad wurde mit einer E-Gitarre als Controller mit einem deutlich höheren Gesamtunterhaltungswert bewertet. Die dritte Episode, mit hohem Schwierigkeitsgrad, ergab für Gruppe C einen Gesamtunterhaltungswert von M = 2,80 (SD = 0,79) und für Gruppe G ein Wert von M = 3,00 (SD = 1,16). Damit kann die Hypothese H3 ebenfalls nicht durch das Ergebnis gestützt werden. Zwar haben beide Gruppen einen ähnlichen Wert 67 ergeben, für Gruppe 2 ergab sich jedoch auch bei hohem Schwierigkeitsgrad ein höherer Gesamtunterhaltungswert. Auch die weiteren Dimensionen des Unterhaltungserlebens bestätigen, dass die Gruppe G das Spielen insgesamt als unterhaltsamer empfand als Gruppe C. Einzig bei der Dimension “Entspannung” lagen die Werte von Gruppe C leicht über den Werten von Gruppe G. Die deutlichsten Unterschiede liegen in den Dimensionen Spannung/Neugier und Zufriedenheit vor. Dort bewertete Gruppe G das Unterhaltungserleben durchschnittlich zwischen 0,7 und 1,0 Punkten höher als Gruppe C. In der Dimension Aufforderungscharakter bewertete die Gruppe G ebenfalls etwas höher als Gruppe C. Die Unterschiede der Dimension Abwechslung/Zerstreuung sind dagegen geringfügig. Desweiteren kann festgestellt werden, dass in allen Dimensionen der Unterhaltung (bis auf “Entspannung”) mit steigendem Schwierigkeitsgrad ein Anstieg der Mittelwerte einhergeht (einzige Ausnahme ist in der Dimension “Aufforderungscharakter” mit dem Controllertyp E-Gitarre zwischen mittlerem und hohem Schwierigkeitsgrad zu finden, dort sinkt der Mittelwert von M = 3,11 unwesentlich auf M = 3,06). Für die zweite abhängige Variable “empfundener Schwierigkeitsgrad” lagen die Mittelwerte von Gruppe G durchweg höher als von Gruppe C. Mit der E-Gitarre als Controller lag der Mittelwert für die erste Episode, welche den geringsten Schwierigkeitsgrad der drei Episoden aufwies, bei M = 5,0 (SD = 1,51) und wurde somit durchschnittlich als “genau richtig” eingestuft. Die Skala reichte von null bis zehn, wobei null für “viel zu leicht”, fünf für “genau richtig” und zehn für “viel zu schwer” steht. In Gruppe C lag der Mittelwert dagegen für die dritte Episode, welche den höchsten Schwierigkeitsgrad aufwies, bei M = 5,1 (SD = 1,35) und wurde damit als “genau richtig” bewertet. Ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist zudem, dass die Werte der Episoden bei Gruppe C jeweils um mehr als einen ganzen Punkt höher liegen, als die der vorausgehenden Episode (E1: M = 2,85; E2: M = 3,95, E3: M = 5,10). Bei der Gruppe G veränderten sich die Werte dagegen jeweils nur um ungefähr einen halben Punkt (E1: M = 5,00; E2: M = 5,60, E3: M = 6,00). Zur genaueren Überprüfung der Hypothesen wurde für alle drei Messzeitpunkte (nach den einzelnen Episoden mit geringem, mittlerem und hohem Schwierigkeitsgrad) jeweils eine multivariate, einfaktorielle Kovarianzanalyse (MANCOVA) auf einem Signifikanzniveau von alpha = 0,05 durchgeführt. Mit Hilfe dieser Methode kann der Einfluss von Faktoren und Kovariaten auf mehrere abhängige Variablen untersucht werden. Als Kovariaten dienten die im Vorfragebogen erhobenen Störvariablen. Es wurden nur diejenigen mit einer signifikanten Korrelation (Korrelationskoeffizient nach Pearson, da die Daten nach Kolmogorov-Smirnov-Test normalverteilt sind) mit den abhängigen Variablen ausgewählt, da diese Anforderung an die Kovarianzanalyse besonders relevant ist ([16] S.369). Als abhängige Variablen dienten die Dimensionen der Unterhaltung, sowie der Schwierigkeits68 grad und die Gesamtunterhaltung. Die unabhängige Variable, also die Art des Controllers bzw. die Gruppenzugehörigkeit, wurde als Faktor benutzt. Mittels der Kovarianzanalyse soll ein potenzieller Einfluss der Störvariablen und des Faktors (der Gruppenzugehörigkeit) auf das Unterhaltungserleben ausgemacht werden. Dabei wurde eine Kovarianzanalyse gewählt, da es sich um eine robuste Methode mit hoher Teststärke handelt, so dass mögliche Effekte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefunden werden. Die Ergebnisse der multivariaten Kovarianzanalyse werden nun für jede Episode getrennt präsentiert. Ergebnisse der multivariaten Kovarianzanalyse für die erste Episode Für die Kovariaten ergab sich kein signifikanter multivariater Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass die Gruppen eine gleichmäßige Verteilung hinsichtlich der Störvariablen aufweisen. Der Faktor, also die Gruppenzugehörigkeit bzw. die Art des Controllers, hat einen signifikanten, multivariaten Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit (p= 0,022). Die Art des Controllers hat somit einen nicht-zufälligen Einfluss auf alle Dimension der Unterhaltung sowie des Schwierigkeitsgrades. Die Detailanalyse der univariaten Tests ergab eine Reihe von signifikanten Einflüssen: • Das Interesse für Computerspiele hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Aufforderungscharakter (p = 0,006) und Gesamtunterhaltung (p = 0,001). • Die Häufigkeit der Computerspielrezeption hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Spannung/Neugier (p = 0,017), Aufforderungscharakter (p = 0,022) und Gesamtunterhaltung (p = 0,009). • Die Vorkenntnisse mit Musikspielen haben einen signifikanten Einfluss auf die Dimension Schwierigkeitsgrad (p = 0,02). • Die Gruppe (Art des Controllers) hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Spannung/Neugier (p = 0,002), Zufriedenheit (p = 0,009), Schwierigkeitsgrad (p < 0,001) und einen gerade nicht mehr signifikanten Einfluss auf die Gesamtunterhaltung (p = 0,051). Die Art des Controllers und die Störvariablen erklären insgesamt folgende Anteile der Varianz (korrigiertes R-Quadrat) der jeweiligen Dimensionen: 57,5% bei Spannung/Neugier, 42,6% bei Zufriedenheit, 43,6% bei Aufforderungscharakter, 79,0% bei Schwierigkeitsgrad und 60,1% bei Gesamtunterhaltung. Für die Dimensionen Abwechslung/Zerstreuung (negatives korrigiertes R-Quadrat) und Entspannung (12,8 %) sind die Anteile sehr gering. 69 Ergebnisse der multivariaten Kovarianzanalyse für die zweite Episode Auch hier ergab sich für die Kovariaten kein signifikanter multivariater Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit. Die Art des Controllers hat hier einen noch signifikanteren, multivariaten Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit (p= 0,001). Die Detailanalyse der univariaten Tests ergab ebenfalls eine Reihe von signifikanten Einflüssen: • Das Interesse für Computerspiele hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Aufforderungscharakter (p = 0,027) und Gesamtunterhaltung (p = 0,019). • Die Häufigkeit der Computerspielrezeption hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimension Gesamtunterhaltung (p = 0,018). • Die Gruppe (Art des Controllers) hat einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Spannung/Neugier (p < 0,001), Zufriedenheit (p = 0,001), Aufforderungscharakter (p = 0,033) und Schwierigkeitsgrad (p = 0,004). Die Art des Controllers und die Störvariablen erklären hier insgesamt folgende Anteile der Varianz (korrigiertes R-Quadrat) der jeweiligen Dimensionen: 62,7% bei Spannung/Neugier, 49,1% bei Zufriedenheit, 43,7% bei Aufforderungscharakter, 58,2% bei Schwierigkeitsgrad und 33,4% bei Gesamtunterhaltung. Für die Dimensionen Abwechslung/Zerstreuung und Entspannung (jeweils negatives korrigiertes R-Quadrat) sind die Anteile auch hier sehr gering. Im Vergleich zur ersten Episode konnten die Varianzen der Dimensionen Schwierigkeitsgrad und Gesamtunterhaltung zu deutlich geringeren Anteilen auf den Faktor und die Kovariaten zurückgeführt werden. Ergebnisse der multivariaten Kovarianzanalyse für die dritte Episode Hier ergab sich für die Kovariaten ebenfalls kein signifikanter multivariater Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit. Die Art des Controllers hat hier ebenfalls einen sehr signifikanten, multivariaten Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit (p= 0,008). Die Detailanalyse der univariaten Tests ergab ebenfalls eine Reihe von signifikanten Einflüssen: • Die Gitarrenkenntnisse haben einen signifikanten Einfluss auf die Dimension Gesamtunterhaltung (p = 0,022). • Die Vorkenntnisse mit Musikspielen haben einen signifikanten Einfluss auf die Dimension Zufriedenheit (p = 0,048). • Die Gruppe (Art des Controllers) hat hier nur noch einen signifikanten Einfluss auf die Dimensionen Spannung/Neugier (p = 0,001) und Zufriedenheit (p < 0,001). 70 Die Art des Controllers und die Störvariablen erklären hier insgesamt folgende Anteile der Varianz (korrigiertes R-Quadrat) der jeweiligen Dimensionen: 58,3% bei Spannung/Neugier, 65,4% bei Zufriedenheit, 6,6% bei Aufforderungscharakter, 27,6% bei Schwierigkeitsgrad und 17,2% bei Gesamtunterhaltung. Für die Dimensionen Abwechslung/Zerstreuung (10,2%) und Entspannung (negatives korrigiertes R-Quadrat) sind die Anteile auch hier sehr gering. Im Vergleich zu den ersten beiden Episoden konnten nur die Varianzen der Dimensionen Spannung/Neugier und Zufriedenheit zu deutlichen Anteilen auf den Faktor und die Kovariaten zurückgeführt werden. 6.4 Diskussion Durch die Ergebnisse können die Hypothesen nur teilweise bestätigt werden. Die erste Hypothese konnte bestätigt werden, wohingegen die zweite und dritte Hypothese nicht bestätigt wurden. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Art des Controllers bei allen drei Episoden maßgeblichen Einfluss auf das Unterhaltungserleben und den wahrgenommen Schwierigkeitsgrad hat. Das Spiel wurde mit einer E-Gitarre als Controller insgesamt als deutlich unterhaltsamer und auch schwieriger eingestuft. Inwiefern können diese Ergebnisse die in Kapitel 4 genannten Effekte, die durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller auftreten könnten, bestätigen? Wodurch können Effekte erklärt werden, welche sich nicht hypothesenkonform gestaltet haben? Und wie können die Ergebnisse durch die in Kapitel 3 beschriebene Theorie erklärt werden? Diese Fragen sollen in der folgenden Diskussion behandelt werden. 6.4.1 Bewertung der Hypothesen Zunächst soll geklärt werden wie die Hypothesen anhand der Ergebnisse zu bewerten sind. Für die erste Episode mit geringem Schwierigkeitsgrad wurde angenommen, dass die Spieler mit einer E-Gitarre als Controller besser unterhalten werden als mit einem Gitarrencontroller. Die empirische Untersuchung bestätigt diese Hypothese. Für Gruppe G ergaben sich in fast allen Dimension der Unterhaltung höhere Werte als für Gruppe C. Zudem konnte durch die multivariaten Kovarianzanalyse gezeigt werden, dass einzig die unabhängige Variable “Gruppe” und keine der Störvariablen einen signifikanten, multivariaten Einfluss auf die abhängigen Variablen in ihrer Gesamtheit hatte. Somit lässt sich mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass das Spiel auf Grund der Art des Controllers als unterhaltsamer erlebt wurde. Ein möglicher Einfluss der Störvariablen ist anhand dieses Ergebnisses also unwahrscheinlich. Die Hypothese H1 kann daher bestätigt werden, denn die Episode mit geringem Schwierigkeitsgrad wurde mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsamer empfunden als mit einem Gitarrencontroller. 71 Ein Effekt bei der ersten Episode, der sich auf den ersten Blick nicht hypothesenkonform darstellt, ist der höhere Wert in der Dimension “Entspannung” für die Gruppe C. Dieser Faktor des Unterhaltungserlebens wurde von der Gruppe mit Gitarrencontroller besser bewertet als von der Gruppe mit E-Gitarre als Controller, allerdings fällt auf, dass beide Werte im Vergleich zu den weiteren Dimension relativ gering ausgefallen sind. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass dieses Ergebnis durch die Theorie erklärt werden kann. In Kapitel 4 wurde bereits beschrieben, dass Spiele wie Rock Band 3 den Druck vermitteln, welcher mit der eingenommenen Handlungsrolle verbunden ist. Da der Druck für die gesamte Dauer einer Episode aufrecht erhalten wird und dem Spieler hohe kognitive Leistungen abverlangt werden, wurde bereits angenommen dass ein solches Musikspiel nur bedingt als erholsam oder entspannend erlebt wird. Bei der Konstruktion der Hypothesen wurde dieser Aspekt nicht miteinbezogen. Da das Spiel mit einer E-Gitarre als Controller als schwieriger empfunden wurde, ist auch zu erklären warum die Gruppe C (mit dem einfacheren Guitar Hero Gitarrencontroller) das Spiel noch etwas entspannender bewertet hat. Für die weiteren beiden Episoden mit höherem Schwierigkeitsgrad ergaben sich allerdings nur minimale Änderungen für die Dimension Entspannung. Somit ist davon auszugehen, dass der Schwierigkeitsgrad der Episoden hier kaum Einfluss auf die Dimension Entspannung hatte. Bezüglich des Schwierigkeitsgrades wurde in Kapitel 3 die Hypothese aufgestellt, dass durch die Verwendung der E-Gitarre der empfundene Schwierigkeitsgrad ansteigt. Diese Überlegung wird nicht nur durch die Ergebnisse für die erste Episode gestützt. Auch die zweite und dritte Episode wurden von Gruppe G als schwieriger eingestuft. Da die Lieder und die Anzahl der enthaltenen Noten für beide Gruppen identisch waren, ist dieser Effekt sehr wahrscheinlich auf die Art des Controllers zurückzuführen. Auch die Ergebnisse stärken diese Annahme, da die Gruppenzugehörigkeit bei Episode eins und zwei einen signifikanten Einfluss auf die Dimension “Schwierigkeitsgrad” hat. Nur bei der ersten Episode hat außerdem noch die Vorerfahrung mit Musikspielen einen signifikanten Einfluss auf die Dimension Schwierigkeitsgrad. Für den Faktor “Gruppe” wurde zudem ein signifikanter, univariater Einfluss auf die Dimensionen Spannung/Neugier und Zufriedenheit festgestellt. Daher ist davon auszugehen, dass die höhere Unterhaltung auf die Art des Controllers zurückzuführen ist. Bevor die Ergebnisse bezüglich des Schwierigkeitsgrades detailierter diskutiert werden, sollen zuerst die weiteren Hypothesen bewertet werden. In Hypothese H2 wurde formuliert, dass bei einer Episode mit mittlerem Schwierigkeitsgrad die Unterhaltung mit beiden Controllern vermutlich in etwa gleich ausfallen würde. Hier gestalten sich die Ergebnisse allerdings nicht hypothesenkonform, denn auch diese Episode wurde mit der E-Gitarre als Controller unterhaltsamer erlebt. Zudem lagen die Werte für beide Gruppen höher als bei der ersten Episode. Diese Ergebnisse können dadurch erklärt werden, dass die Spieler das Spiel mit einer E-Gitarre als Controller auch bei diesem Schwierigkeitsgrad noch als “genau rich72 tig” bewerteten, während das Spiel mit dem Gitarrencontroller noch immer als etwas zu leicht bewertet wurde. Deshalb kam es bei den Teilnehmern in Gruppe G nur vereinzelt zu Effekten der Überforderung. Im Mittel ergab die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades durch die E-Gitarre somit auch bei der zweiten Episode einen positiven Effekt auf das Unterhaltungserleben. Bei dieser Episode wurde ebenfalls ein signifikanter, univariater Einfluss des Faktors “Gruppe” auf die Dimensionen Spannung/Neugier, Zufriedenheit und zusätzlich noch auf die Dimension Aufforderungscharakter, festgestellt. Wie bei der ersten Episode ist daher auch hier davon auszugehen, dass die Gruppe mit der E-Gitarre als Controller das Spiel hauptsächlich auf Grund des Controllers als unterhaltsamer empfunden hat. Laut der dritten Hypothese müsste die Episode mit hohem Schwierigkeitsgrad mit einem normalen Gitarrencontroller unterhaltsamer erlebt werden als mit einer E-Gitarre als Controller. Die Ergebnisse der dritten Episode bestätigen dies jedoch nicht. Das Spiel wurde auch auf diesem Schwierigkeitsgrad mit der EGitarre unterhaltsamer erlebt. Insgesamt haben sich die Werte der beiden Gruppen allerdings angenähert, so dass die Unterschiede relativ gering ausfielen. Im Vergleich zur zweiten Episode wurde die Gesamtunterhaltung von Gruppe C minimal höher bewertet und von Gruppe G niedriger und lag auch unter dem Wert der ersten Episode. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Episoden fällt hier jedoch auf, dass die Werte der einzelnen Faktoren des Unterhaltungserlebens bei der dritten Episode (für beide Gruppen) zwar höher liegen als bei der ersten und zweiten Episode, das Gesamtunterhaltungserleben wurde von Gruppe G jedoch geringer bewertet. Im Detail sind diese Ergebnisse in Tabelle 1 zu sehen. Die Werte für Spannung/Neugier und Zufriedenheit lagen über den Werten der zweiten Episode. Die Werte für Aufforderungscharakter, Abwechslung/Zerstreuung und Entspannung verändern sich nur geringfügig. Der geringere Wert bei der Gesamtunterhaltung der Gruppe G im Vergleich zu den beiden ersten Episoden lässt sich wahrscheinlich durch den höheren Schwierigkeitsgrad erklären. Das Spiel wurde mit der E-Gitarre als Controller als etwas zu schwer bewertet. Dieser Aspekt spiegelt sich allerdings nur im Wert der Gesamtunterhaltung und nicht in den einzelnen Dimensionen der Unterhaltung wider. Bei dieser Episode konnte ein signifikanter, univariater Einfluss des Faktors “Gruppe” auf die Dimensionen Spannung/Neugier und Zufriedenheit festgestellt werden. Diese beiden Faktoren wurden von der Gruppe G deutlich höher bewertet und auf Grund dieses Einflusses ist anzunehmen dass die Art des Controllers dabei entscheidend war. Ein weiter signifikanter, univariater Einfluss geht von den Gitarrenkenntnissen aus und betrifft die Dimension Gesamtunterhaltung. Dadurch kann die Annahme bestätigt werden, dass Personen die bereits Gitarrenkenntnisse haben das Spiel bei einem hohen Schwierigkeitsgrad als unterhaltsamer erleben. Wie können diese unterschiedlichen Ergebnisse bezüglich der Gültigkeit der Hypothesen bewertet werden? Während die erste durch die Ergebnisse gestützt wird, können die zweite und dritte nicht bestätigt werden. Allerdings sollten die beiden 73 Hypothesen deshalb nicht vorschnell verworfen werden. Die Hypothesen wurden für jede der drei Episoden separat formuliert und als maßgebliche Komponente für das Unterhaltungserleben wurde der Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Episode bezeichnet. Für die Episode mit geringem Schwierigkeitsgrad konnte die Hypothese bestätigt werden. Die beiden weiteren Episoden wurden allerdings trotz des höheren Schwierigkeitsgrades mit der E-Gitarre als Controller unterhaltsamer bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Probanden die zweite Episode mit der E-Gitarre als Controller nur geringfügig schwerer empfunden haben als die erste Episode und der Wert lag auch hier noch im Bereich von “genau richtig”. Gruppe C mit dem herkömmlichen Controller bewertete auch die zweite Episode als noch etwas zu einfach. Der Schwierigkeitsgrad der dritten Episode wurde von Gruppe C als “genau richtig” eingestuft und Gruppe G bewertete die Episode als etwas zu schwer. Anhand der Bewertung des Schwierigkeitsgrades lässt sich die Entwicklung des Unterhaltungserlebens zumindest teilweise erklären. Die Ergebnisse zeigen Übereinstimmungen mit den Befunden von Klimmt ([8] S.133) bezüglich der Auswirkungen des Schwierigkeitsgrades auf das Unterhaltungserleben. Je größer die Herausforderung ist, desto mehr Spannung entsteht während einer Episode und umso positiver wird die eigene Leistung im Erfolgsfall bewertet. Wird der Spieler dagegen unterfordert, langweilt er sich, wenn der Schwierigkeitsgrad zu hoch ist, so dass eine Überforderung entsteht, frustriert ihn das Spiel. Es wurde allerdings schon angemerkt, dass das Nachspielen von Musik wahrscheinlich auch im Fall einer Unterforderung noch als unterhaltsam erlebt wird, ähnlich wie beim Spielen eines echten Instruments. Auch wenn ein Stück bereits perfekt beherrscht wird, ist es wahrscheinlich, dass das Spielen noch unterhaltsam ist. Die Hypothesen H2 und H3 können also nicht bestätigt werden. Allerdings sollten sie ohne weitere Untersuchungen nicht verworfen werden, da möglicherweise der Schwierigkeitsgrad der Episoden insgesamt zu gering angesetzt wurde oder die Abstufungen zwischen den Episoden zu gering waren. 6.4.2 Diskussion der Gesamtergebnisse Zwar waren die Ergebnisse für die zweite und dritte Episode nicht hypothesenkonform, die übergeordnete Frage dieser Arbeit wurde dadurch jedoch beantwortet. Die zentrale Frage war: Kann ein Musikspiel mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsam erlebt werden? Es wurde angenommen, dass sich eine E-Gitarre lediglich für einfachere Lieder eignet, da die Spieler bei steigendem Schwierigkeitsgrad schnell überfordert werden könnten. Zur Untersuchung des Unterhaltungserlebens bei dem erstellten Spiel mit einer E-Gitarre als Controller wurde dieses Spiel mit einem herkömmlichen Musikspiel mit Gitarrencontroller verglichen. Die Ergebnisse haben sich, im positiven Sinn, überraschend gestaltet. Entgegen der Annahme, die Spieler könnten durch die schwierigere Bedienung der E-Gitarre relativ schnell überfordert sein, wurden alle drei Episoden mit einer E-Gitarre als Controller un74 terhaltsamer erlebt als mit einem normalen Gitarrencontroller. Es wurde gezeigt, dass ein Musikspiel mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsam erlebt werden kann. Darüber hinaus lässt sich anhand der Ergebnisse sagen, dass das in dieser Arbeit erstellte Spielkonzept mit einer E-Gitarre als Controller unterhaltsamer bewertet wurde als mit einem Gitarrencontroller. Das Gesamtziel dieser Arbeit wurde in dieser Hinsicht nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Die Vorteile, die durch die E-Gitarre als Controller entstehen, überwiegen offensichtlich die Einschränkung, die für dieses neue Eingabegerät angenommen wurden. Bei kritischer Betrachtung der Ergebnisse, ergibt sich die Frage wie aussagekräftig diese sind. Um fundierte Aussagen über das Unterhaltungserleben formulieren zu können, welche auch für die Gesamtbevölkerung repräsentativ wären, müsste eine weitaus umfangreichere Studie mit einer erheblich größeren Stichprobe durchgeführt werden. Eine solche Untersuchung ist im Rahmen einer Diplomarbeit jedoch nicht möglich und um die hier angestrebten Ergebnisse erreichen zu können auch nicht notwendig. Die Stichprobengröße war ausreichend, um zeigen zu können, dass ein solches Musikspielkonzept unterhaltsam sein kann. Auch die Zusammensetzung der Stichprobe hinsichtlich des Altersdurchschnitts, des Interesses an Musik, Computerspielen und Musikspielen entspricht vermutlich in etwa der Zielgruppe eines Musikspiels mit E-Gitarre als Controller. Daher können die Ergebnisse durchaus als relevant bezeichnet werden. Das Unterhaltungserleben beim Spielen des Musikspiels und insbesondere der Einfluss der Art des Controllers wurden untersucht. Anhand der Unterhaltungstheorie von Klimmt wurde zuvor das Spiel Rock Band 3 analysiert, um mögliche Effekte durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller zu beschreiben. Es konnte gezeigt werden, dass ein Musikspiel auch mit einem echten Instrument als Eingabegerät als unterhaltsam (sogar unterhaltsamer als mit einem Gitarrencontroller) erlebt wird und dieses Ergebnis konnte in weiten Teilen auch durch die Theorie erklärt werden. Allerdings konnten die genauen Ursachen für die Auswirkungen des Controller-Typs auf das Unterhaltungserleben nicht bestimmt werden. Zwar konnten mit Hilfe der Auswertung der einzelnen Dimensionen Vermutungen aufgestellt werden, aber eine eindeutige Erklärung welche Ebenen des Unterhaltungsmodells von Klimmt durch die Verwendung einer E-Gitarre inwiefern beeinflusst werden, konnte durch die Untersuchungen nicht geliefert werden. Es ist wahrscheinlich, dass alle drei Ebenen bzw. deren zentrale Mechanismen, also das Selbstwirksamkeitserleben, Spannung und Lösung, sowie simulierte Lebenserfahrung durch die Art des Controllers beeinflusst werden. Besonders das SWE wird vermutlich durch die E-Gitarre verstärkt. Da dieser grundlegende Mechanismus die beiden weiteren beeinflusst, werden diese wahrscheinlich ebenfalls verstärkt. Für den Mechanismus aus Spannung und Lösung ist beispielsweise eine Verstärkung auf Grund höheren Selbstbezugs, der höher bewerteten eigenen Leistung und der höheren Spannung durch die zusätzliche Schwierigkeit des Controllers, anzunehmen. Der Mechanismus der simulierten Lebenserfahrung wird sehr wahrscheinlich durch 75 das realistischere Eingabegerät verstärkt. Die Untersuchungen konnten zeigen, dass durch die E-Gitarre als Controller ein höheres Unterhaltungserleben entstehen kann und wie dieser Effekt durch die Unterhaltungstheorie von Klimmt erklärt werden könnte. Da ein signifikanter Einfluss auf das Unterhaltungserleben festgestellt wurde, wären nun weitere, umfangreichere Untersuchungen nötig, um die Erklärungen dieser Effekte zu überprüfen. Dieser Ansatz könnte in einer Anschlussarbeit überprüft werden. Ein weiteres Thema, welches besonders auf Grund der positiven Ergebnisse dieser Arbeit interessant erscheint, wäre die Untersuchung inwiefern sich ein Musikspiel mit einer E-Gitarre als Controller zum Erlernen dieses Instruments eignet. Da das Spiel auch mit einem echten Instrument als Eingabegerät unterhaltsam erlebt wird, könnte darauf basierend, ein speziell auf das Erlernen eines Instruments ausgelegtes Konzept erstellt werden. Da Musikunterricht sehr teuer ist, besteht ein hohes Interesse an alternativen Lernmethoden. Außerdem wäre es interessant zu überprüfen ob die Motivation ein Musikspiel zu spielen durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller vergrößert werden kann. 76 7 Zusammenfassung und Fazit Abschließend soll diese Arbeit zusammengefasst und die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal hervorgehoben werden. Das Ziel dieser Arbeit war es ein Musikspiel mit einer E-Gitarre als Controller zu konzipieren und umzusetzen. Zudem sollte gezeigt werden, dass dieses Spiel auch als unterhaltsam erlebt werden kann. Ausgangpunkt war dafür eine genaue Betrachtung ähnlicher Ansätze. Die Musikspiele Guitar Hero und Rock Band haben dieses Genre maßgeblich geprägt, daher diente dieses Spielprinzip als Vorbild. Um die Möglichkeiten, den Mehrwert und das Potenzial des hier vorgestellten Bedienungskonzepts aufzuzeigen, wurde der Guitar Hero Gitarrencontroller und die Art wie das Gitarrespielen dadurch simuliert wird, detailiert analysiert. Desweiteren wurde die Theorie von Klimmt über das Unterhaltungserleben beim Computerspielen, mit ihren drei zentralen Mechanismen, Selbstwirksamkeitserleben, Spannung und Lösung, sowie simulierter Lebenserfahrung, vorgestellt. Anhand dieser Theorie wurde das Unterhaltungserleben des Spiels Rock Band 3 und dessen realistischere Instrumentencontroller analysiert. Dabei wurden Hypothesen aufgestellt, welche Auswirkungen eine E-Gitarre als Controller auf das Unterhaltungserleben haben könnte. Die bisherigen Erkenntnisse wurden zur Konzeption des Musikspiels herangezogen. Auf Basis des Spiels Frets on Fire, konnte das Spiel umgesetzt werden. Es konnte eine robuste technische Lösung zur Umwandlung des Signals der Gitarre in ein digitales Format gefunden werden, die keinen negativen Einfluss auf das Unterhaltungserleben durch zeitliche Verzögerung oder unzureichende Erkennung von Tönen nach sich zieht. Dazu wurde eine E-Gitarre umgebaut und mit einem speziellen Tonabnehmer ausgestattet. Am Ende der Arbeit wurde eine Untersuchung in Form einer Laborstudie durchgeführt, um zu überprüfen ob das Spiel als unterhaltsam erlebt werden kann. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können äußerst positiv bewertet werden. Das Spiel mit einer E-Gitarre als Controller wurde nicht nur als unterhaltsam, sondern sogar als unterhaltsamer als mit einem herkömmlichen Guitar Hero Gitarrencontroller, bewertet. Es konnte gezeigt werden, dass sich eine E-Gitarre als Eingabegerät für ein Musikspiel eignet und die Bedienung dadurch nicht zu kompliziert wird. Auf Grund dieses Ergebnisses ist es wahrscheinlich, dass die vorgestellte technische Umsetzung alle Kriterien eines Eingabegeräts erfüllt. Auch die Darstellung der umfangreichen Eingabemöglichkeiten, konnte vermutlich verständlich und einfach umgesetzt werden. Trotz der 132 verschiedenen Eingabemöglichkeiten der E-Gitarre (6 mal 22 Bünde der E-Gitarre) bewerteten die Teilnehmer der Studie das Spiel erst bei einem hohen Schwierigkeitsgrad als etwas zu schwer. 77 Das Unterhaltungserleben des hier erstellten Spiels wurde untersucht und anhand der Theorie von Klimmt wurden Hypothesen über die Auswirkungen, welche durch die Verwendung einer E-Gitarre als Controller entstanden, formuliert. Die Art des Controllers hat einen deutlichen Einfluss auf das Unterhaltungserleben und dieser konnte durch die Theorie auch weitgehend erklärt werden. Ob diese Erklärungen jedoch zutreffen oder ob vielleicht weitere, nicht berücksichtigte Aspekte eine Rolle spielen kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Erklärungen scheinen dennoch schlüssig zu sein, weitere Untersuchungen könnten jedoch Aufschluss darüber geben welche Mechanismen des Unterhaltungserlebens durch den speziellen Controller am deutlichsten verstärkt werden. Es wird vermutet, dass besonders die Mechanismen des Selbstwirksamkeitserlebens und der simulierten Lebenserfahrung durch den authentischen Controller unterstützt werden. Diese Arbeit hat ergeben, dass sich eine E-Gitarre hervorragend als Eingabegerät für Musikspiele eignet. Im vorigen Kapitel wurden die daraus entstehenden Möglichkeiten bereits kurz erläutert. Besonders interessant wäre es in weiteren Untersuchungen zu erproben, ob sich ein solches Spiel zum Erlernen eines Instruments eignet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bereits von dem hier erstellten Konzept beiläufig Lerneffekte ausgehen. Dieses Thema wäre für eine Anschlussarbeit geeignet. Welche Bedeutung hat diese Diplomarbeit in einem weiteren Rahmen außerhalb der Arbeit selbst? Es konnten einige interessante unterhaltungstheoretische Hypothesen über die Auswirkungen des neuen Eingabegeräts formuliert werden und das erstellte Musikspiel würde eine weitere Überprüfung ermöglichen. Die Arbeit liefert zudem eine interessante Analyse des Unterhaltungserlebens des Spiels Rock Band 3. Die Relevanz dieser Arbeit wird auch durch die Entwicklungen der Computerspielindustrie gestärkt. Für das Spiel Rock Band 3 hat der bekannte Gitarrenhersteller Fender eine spezielle E-Gitarre entwickelt [17], mit deren Hilfe das Spiel gesteuert werden kann. Diese Produkt soll noch im Frühjahr 2011 verfügbar sein. Der Spiele-Entwickler Ubisoft hat ein weiteres Spiel names “Rocksmith - authentic guitar games” angekündigt [18], das mit jeder beliebigen E-Gitarre spielbar sein soll und sich besonders auf das Erlernen des Gitarrespielens konzentriert. Zu diesem Spiel stehen derzeit noch keine weitere Information zur Verfügung. Das erstellte Spiel zeigt daher möglicherweise den zukünftigen Trend des Genres der Musikspiele. Dieses Genre war in den letzten Jahren sehr erfolgreich, jedoch zeigte sich im vergangenen Jahr eine deutliche Sättigung des Marktes, vermutlich vor allem auf Grund mangelnder Innovationen. Das Spielprinzip wurde bisher nur geringfügig weiterentwickelt. Mit dem präsentierten Ansatz könnten künftige Musikspiele einen echten Mehrwert bietet. 78 Anhang Zuordnung der Items zu den Dimensionen und interne Konsistenz (Reliabilität, Cronbachs Alpha für die drei Messzeitpunkt) Spannung/Neugier: (Cronbachs Alpha: 0,745; 0,721; 0,759) - Durch das Spielen wurde meine Neugierde geweckt. - Ich hätte das Spiel gerne noch weitergespielt. - Ich empfand das Spielen als spannend. - Ich empfand das Spielen als unbefriedigend. Abwechslung/Zerstreuung: (Cronbachs Alpha: 0,876; 0,602; 0,482) - Das Spielen bot eine willkommene Abwechslung. - Es war für mich ein angenehmer Zeitvertreib, das Spiel zu spielen. Entspannung: (Cronbachs Alpha: 0,875; 0,674; 0,273) - Auf mich wirkte das Spielen beruhigend. - Ich fühlte mich durch das Spielen entspannt. Zufriedenheit: (Cronbachs Alpha: 0,457; 0,768; 0,672) - Das Spielen stellte für mich eine reizvolle Aufgabe dar. - Ich empfand es als erfüllend, das Spiel zu spielen. Gesamtunterhaltung: - Bitte überlegen Sie jetzt noch einmal, wie unterhaltsam Sie das Spielen insgesamt empfunden haben. Schwierigkeitsgrad: (Cronbachs Alpha: 0,901; 0,863; 0,824) - Wie schwer bzw. wie leicht haben Sie das Spiel insgesamt empfunden? - Wie schwer bzw. wie leicht haben Sie den Umgang mit dem Steuergerät empfunden? Aufforderungscharakter: (Cronbachs Alpha: 0,806; 0,753; 0,703) - Ich habe das Spiel gerne gespielt. - Ich hatte großen Spaß daran, in diesem Spiel die Steuerung zu übernehmen.# - Das Spiel war völlig uninteressant für mich. - Ich habe viele Wege gesehen, wie man beim Spielen vorgehen konnte. - Das Spiel hat mich geradezu eingeladen, die Steuerung zu übernehmen. - Ich hatte große Lust, in das Spiel einzugreifen. - Ich hatte beim Spielen sehr viele Möglichkeiten einzugreifen. - Das Spiel forderte mich überhaupt nicht heraus. - Mich interessierte beim Spielen, ob ich erfolgreich in das Spiel eingreifen konnte. - Ich fand das Spiel langweilig. Fragebogen zu Musikvideospielen Nr._____ Zunächst möchte ich Sie bitten, ein paar allgemeine Angaben zu Ihrer Person für die Statistik zu machen. Sie sind ... weiblich männlich Sie sind ____ Jahre alt Als nächstes möchte ich Ihnen noch ein paar Fragen zu Ihrem Interesse an Musik und Computerspielen stellen. Wie stark interessieren Sie sich für Musik? Bitte kreuzen Sie an: Wenn Sie den Kreis ganz links wählen, interessieren Sie sich überhaupt nicht für Musik, wenn Sie den Kreis ganz rechts ankreuzen, interessieren Sie sich sehr stark dafür. Mit den Kreisen dazwischen können Sie Ihre Einschätzung abstufen. Interessiere mich gar nicht für Musik Interessiere mich sehr für Musik Wie stark interessieren Sie sich für Musikspiele? Bitte kreuzen Sie an: Wenn Sie den Kreis ganz links wählen, interessieren Sie sich überhaupt nicht für Musik, wenn Sie den Kreis ganz rechts ankreuzen, interessieren Sie sich sehr stark dafür. Mit den Kreisen dazwischen können Sie Ihre Einschätzung abstufen. Interessiere mich gar nicht für Musikspiele Interessiere mich sehr für Musikspiele Wie stark interessieren Sie sich für Computer- und Videospiele? Bitte kreuzen Sie an: Wenn Sie den Kreis ganz links wählen, interessieren Sie sich überhaupt nicht für Musik, wenn Sie den Kreis ganz rechts ankreuzen, interessieren Sie sich sehr stark dafür. Mit den Kreisen dazwischen können Sie Ihre Einschätzung abstufen. Interessiere mich gar nicht für Computerund Videospiele Interessiere mich sehr für Computerund Videospiele Wie schätzen Sie ihre Gitarrenkenntnisse ein? Ich hab noch nie Gitarre gespielt Ich spiele seit Jahren regelmäßig Gitarre Wie oft spielen Sie in einer durchschnittlichen Woche Computer- oder Videospiele? Ich spiele (etwa) ________________ Mal pro Woche. Wie häufig haben Sie vor dem heutigen Tag schon Musikspiele wie Guitar Hero oder Rock Band gespielt (bitte schätzen Sie)? etwa ________________ Mal Ich möchten Ihnen nun einige Fragen dazu stellen, wie Sie das Spiel, das Sie gerade gespielt haben, erlebt haben und beurteilen. Bitte lesen Sie sich jede Frage genau durch. Mich interessiert Ihre persönliche Meinung: „Richtige“ oder „falsche“ Antworten gibt es nicht. Bitte beantworten Sie für jede der folgenden Aussagen, inwiefern sie auf Sie zutrifft. Wenn Sie das Kästchen ganz links ankreuzen, bedeutet das, dass die Aussage überhaupt nicht auf Sie zutrifft. Kreuzen Sie das Kästchen ganz rechts an, heißt das, dass die Aussage voll und ganz auf Sie zutrifft. trifft überhaupt nicht zu Ich habe das Spiel gerne gespielt. Ich hatte großen Spaß daran, in diesem Spiel die Steuerung zu übernehmen. Das Spiel war völlig uninteressant für mich. Ich habe viele Wege gesehen, wie man beim Spielen vorgehen konnte. Das Spiel hat mich geradezu eingeladen, die Steuerung zu übernehmen. Ich hatte große Lust, in das Spiel einzugreifen. Ich hatte beim Spielen sehr viele Möglichkeiten einzugreifen. Das Spiel forderte mich überhaupt nicht heraus. Mich interessierte beim Spielen, ob ich erfolgreich in das Spiel eingreifen konnte. Ich fand das Spiel langweilig. Ich fühlte mich durch das Spielen entspannt. Auf mich wirkte das Spielen beruhigend. Ich empfand das Spielen als angenehme Zerstreuung. Das Spielen bot eine willkommene Abwechslung. Es war für mich ein angenehmer Zeitvertreib, das Spiel zu spielen. trifft voll und ganz zu Für mich war es eine Herausforderung, das Spiel zu spielen. Ich empfand das Spielen als spannend. Das Spielen stellte für mich eine reizvolle Aufgabe dar. Ich hätte das Spiel gerne noch weitergespielt. Durch das Spielen wurde meine Neugierde geweckt. Ich empfand das Spielen als unbefriedigend. Für mich war es ein Genuss, dieses Spiel zu spielen. Ich empfand es als erfüllend, das Spiel zu spielen. Beim Spielen habe ich eine angenehme Atmosphäre gespürt. Ich verbinde mit dem Spielen eine negative Grundstimmung. Bitte überlegen Sie jetzt noch einmal, wie unterhaltsam Sie das Spielen insgesamt empfunden haben. Kreuzen Sie das Kästchen ganz links an, bedeutet das, dass Sie das Spielen insgesamt als überhaupt nicht unterhaltsam empfunden haben. Das Kästchen ganz rechts bedeutet, dass Sie das Spielen sehr unterhaltsam fanden. Mit den Kästchen dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Überhaupt nicht unterhaltsam Sehr unterhaltsam Als nächstes möchte ich wissen, wie gut Sie mit dem Schwierigkeitsgrad des Rennspiels zurecht gekommen sind. Bitte beantworten Sie dazu die folgenden drei Fragen. Wie schwer bzw. wie leicht haben Sie das Spiel insgesamt empfunden? Kreuzen Sie bitte an: Wenn Sie das Feld ganz links wählen, war Ihnen der Schwierigkeitsgrad viel zu leicht, kreuzen Sie das Feld ganz rechts an, war es Ihnen viel zu schwer. Mit den Feldern dazwischen können Sie Ihre Aussage abstufen. Wie schwer bzw. wie leicht haben Sie den Umgang mit dem Steuergerät empfunden? Kreuzen Sie bitte an: Wenn Sie das Feld ganz links wählen, war Ihnen der Umgang mit dem Steuergerät viel zu leicht, kreuzen Sie das Feld ganz rechts an, war er Ihnen viel zu schwer. Mit den Feldern dazwischen können Sie Ihre Aussage abstufen. Fiel es Ihnen im Verlauf des Spielens leichter oder schwerer, mit dem Schwierigkeitsgrad zurecht zu kommen? Kreuzen Sie bitte an: Wenn Sie das Feld ganz links wählen, sind Sie am Ende deutlich schlechter als am Anfang mit dem Schwierigkeitsgrad zurecht gekommen. Kreuzen Sie das Feld ganz rechts an, sind Sie am Ende deutlich besser mit dem Schwierigkeitsgrad zurecht gekommen. Mit den Feldern dazwischen können Sie Ihre Aussage abstufen. Das wars! Herzlichen Dank für Ihre geduldige Teilnahme! Ich hoffen, es hat Ihnen Spaß gemacht. Wenn Sie noch Anmerkungen zu den Spielen oder zu meiner Studie haben, können Sie diese hier notieren: __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ Ihr Betreuer wird Ihnen gerne Ihre Fragen beantworten. Noch einmal herzlichen Dank! Literatur [1] Adams, E.: Fundamentals of Game Design. 2nd edn. New Riders Publishing, Thousand Oaks, CA, USA (2009) [2] Wikipedia: Guitar Hero — Wikipedia, The Free Encyclopedia (2011) [Online; Stand 31. März 2011]. [3] Wikipedia: Rock Band (video game) — Wikipedia, The Free Encyclopedia (2011) [Online; Stand 31. 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