Grimms Märchen Update 1.1 - Froschkönig

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Grimms Märchen Update 1.1 - Froschkönig
Grimms Märchen Update 1.1
Froschkönig ungeküsst
Grimms Märchen
Update 1.1
Froschkönig ungeküsst
Anthologie
Hrsg. Charlotte Erpenbeck
Machandel Verlag
2012
Wilhelm Grimm (1786-1859) und Jacob Grimm (1785-1863)
Machandel Verlag Charlotte Erpenbeck
Haselünne
Cover: Michelle Hothum, Froschkönig (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Illustrationen: Arthur Rackham, H.J. Ford, Harry Clarke u.a.,
sowie www.shutterstock.com
Druck CPI-Druck Birkach
1. Auflage August 2012
ISBN 978-3-939727-18-7
Vorwort
Vor genau 200 Jahren, im Jahr 1812, gaben die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm den ersten Band ihrer Kinder- und Hausmärchen heraus.
Seitdem begleiten die Geschichten von Rotkäppchen, Hänsel und Gretel,
Hans im Glück, Aschenputtel, dem Froschkönig und vielen anderen Märchengestalten Generationen von Kindern.
Aber nicht nur den Kindern, auch den Erwachsenen sind diese Märchen
lieb und teuer. Und wer sich die Mühe macht, einmal nach den Ursprüngen unserer Märchen zu forschen, wird schnell feststellen, dass diese
Geschichten eigentlich für Erwachsene erzählt und geschrieben wurden.
Nicht zuletzt die eindeutig erkennbaren erotischen Inhalte vieler Märchen deuten, neben Mord, Totschlag und familiären Verstrickungen, auf
die ursprüngliche Zielgruppe hin.
Die Autoren dieser Anthologie sind der Frage nachgegangen, wie
Grimms Märchen wohl aussehen würden, hätte man sie heute geschrieben. Herausgekommen ist ein bunter Bilderbogen, denn wenn auch die
Motive der Märchen zeitlos sind, so ist doch die Art ihrer Erzählung sehr
wohl ein Kind unserer Zeit.
Viele Ihrer Lieblingsmärchen werden Sie unschwer wiederfinden. Einige
allerdings haben sich der modernen Welt derart angepasst, dass Sie sehr
überrascht sein werden, wenn Sie ihren Ursprung erkennen.
In diesem ersten Band der Anthologie finden Sie überwiegend Märchen
der etwas traditionelleren Art; aufgefrischt, abgestaubt und mit Schwung
erzählt.
Im Namen aller Autorinnen und Autoren wünsche ich Ihnen viel Spaß
beim Lesen!
Charlotte Erpenbeck
(Hrsgb.)
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Und wenn sie nicht gestorben sind?
Ramona „Trashmarie“ Müller
nd wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“,
beendete ich meine Erzählung und erwartete eigentlich
Applaus. Stattdessen – Schweigen. Verständnislose Blicke.
„Na, was denn nun“, rief jemand, „leben sie noch oder sind sie
schon gestorben?“
„Genau“, sagte ein anderer, „eins geht doch nur!“
Weiter hinten stand einer auf: „Und wenn sie noch leben, wo stecken sie
dann?“
„Ja, und wenn sie tot sind, wo sind sie begraben?“, fragte der Nächste.
Ein regelrechter Tumult brach los. Wo war ich hier nur hingeraten? Diese
staubig-düstere Bibliotheksstube, wo schon Spinnenweben zwischen
den Büchern hingen. Was war das für ein Ort? Wer waren diese Menschen? Warum saßen da nicht Kinder oder ältere Leute, die sich freuten,
und denen der Schluss so selbstverständlich war, dass sie ihn laut mitsprachen? Hier jagte man mich förmlich aus dem Raum ob meiner
Unwissenheit. Meine Glaubwürdigkeit als Erzählerin war in Frage
gestellt. Ich würde nie wieder eine Geschichte frei und unbefangen
erzählen können. Ich würde überhaupt nie wieder erzählen können.
In der Nacht konnte ich nicht schlafen, ich wälzte mich hin und her. Der
Mond starrte mich an, ich starrte zurück. Nein, ich konnte die Sache
nicht auf sich beruhen lassen. Also stand ich auf und packte meinen Rucksack. Ich würde ins Hessische reisen. Dahin, wo die Gebrüder Grimm ihre
Geschichten gehört und aufgeschrieben hatten. Vielleicht konnte ich ja dort
etwas erfahren. Ich war noch nie in Hessen, und es sollte nichts schaden,
wenn ich dort ein wenig durchs Land wanderte. Und außerdem soll der
Wein in Hessen recht gut sein. Also, ab nach Kassel!
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Ich durchwanderte Städte und Dörfer, Wälder und Felder, besichtigte
Schlösser und Burgruinen, besuchte Museen und Gasthöfe. Überall
kannte man die Geschichten der Gebrüder Grimm, aber letztendlich
konnte mir keiner die Fragen beantworten.
Erschöpft setzte ich mich auf eine Bank am Waldrand. Neben mir im
Gezweig hockte eine dicke Spinne in ihrem Netz und lauerte auf Beute.
Ich rückte etwas mehr zur anderen Seite. Die Sonne schien, ich schloss
die Augen und dachte nach.
Ich musste wohl kurz eingenickt sein, denn neben mir saß eine alte Frau,
deren Kommen ich nicht bemerkt hatte.
„Ich bin sehr hungrig“, sagte sie, „willst du nicht deine Brote mit mir teilen?“
So, so, eine Bettlerin. Woher wusste sie überhaupt, dass ich ein Lunchpaket bei mir hatte? Ich gab ihr von meinem Proviant. Die Alte langte
kräftig zu.
„Nun bin ich durstig“, sprach sie, „gib mir von deinem Wein!“
Auch das noch, den teuren Wein. Und woher wusste sie ...? Ich öffnete
die Flasche, goss mir meinen Reisebecher voll, alles andere trank sie.
„Du musst tiefer in den Wald hinein gehen, viel, viel tiefer!“, sagte die
Alte. Aus den Baumwipfeln über uns erhob sich ein Schwarm Krähen
und flog mit Gekrächz davon. Ich sah ihnen nach. Als ich den Blick wieder zur Seite wendete, war die Alte verschwunden. Als wäre sie nie da
gewesen. Nur die Spinne saß noch in ihrem Netz neben der Bank. Das
Netz vibrierte leicht.
Tiefer in den Wald hinein gehen? Was meinte sie? Ich verließ den befestigten Weg und folgte einem Wildpfad, der an einem kleinen Weiher endete.
Von hier aus schlug ich mich mitten durchs weglose Holz. Zweige peitschten mir ins Gesicht, Spinnenweben verfingen sich in meinen Haaren, Dornen zerrten an meinen Kleidern, Brombeerranken angelten meine Füße
und herabgebrochene Äste schienen mir Beine zu stellen. Es dauerte nicht
lange und ich hatte jegliche Orientierung verloren. Woher war ich
gekommen? Gab es in diesem verflixten Dickicht denn nirgends einen
Forstweg oder Jagdpfad? Es wurde bereits dunkel. Mir schmerzten die
Füße, ich fror und sehnte mich nach einer heißen Dusche und einem
Bett. Wie es aussah, würde ich hier im Wald nächtigen müssen.
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Zwei Käuzchen riefen sich schaurige Neuigkeiten zu. Der Mond spähte
halbgesichtig von Himmel herab und verkroch sich hinter einer Wolke,
als er mich entdeckte. Und überall diese Geräusche. Als tuschelten
Bäume und Büsche und Steine miteinander. Vermutlich darüber, was ich
hier wolle. Etwas huschte über meinen Kopf. Eine Fledermaus? Etwas
anderes brach sich Bahn im Dickicht. Ein Wildschwein? Etwas surrte mir
um die Ohren. Ein Nachtfalter? Und dann sang da auch noch jemand.
Das Männlein im Walde
Vorsichtig schlich ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kam, und
gelangte auf eine winzige Lichtung. Hier loderte ein Feuerchen, darum
herum sprang ein Männlein, alt, dürr und unansehnlich, aber topfit. Was
war denn das für einer? Er sang mit knarrender Stimme:
„Gestern braut’ ich, heute buk ich, dra, la-la, la-la-la, la!“
Da entdeckte mich der Alte.
„Was!“, schrie er.
„Entschuldigung!“, sagte ich, „und Guten Abend! Ich kam zufällig vorbei
und entdeckte das Feuer. Es ist schon spät und recht kalt und ich dachte ...“
„Du dachtest! Du dachtest wohl, du könntest dich hier breit machen?
Ha!“ Er tanzte noch eine Runde um sein Feuer. „Nun gut, nimm Platz! Ich
habe Bier gebraut, und das Brot ist auch gleich fertig.“ Er schleppte
einen Holzkloben an, damit ich mich hinsetzen konnte. Ich wollte ein
paar Spinnenfäden beseitigen, die mir vor dem Gesicht hingen, da schrie
das Männlein: „Halt! Donner Potz Blitz! Wirst du das wohl nicht kaputt
machen! Das ist Teil meines Kommunikationsnetzes.“
„Ein Spinnennetz?“
„Jo! Spinnen sind überall. Spinnen wissen alles. Sie sind nicht die besten
Erzählerinnen, sie schweigen lieber. Und verschweigen oft etwas. Aber
sie lügen nie.“
Der Alte tanzte weiter: „Ach, wie gut, dass niemand weiß ...“
Er bemerkte meinen Blick.
„Was?“, schrie er wieder. „Du glaubst, du weißt? Was glaubst du denn zu
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wissen, was!?“ Er hüpfte noch wilder umher. „Meinen Namen? Ha, den
kennt doch jedes Kind! Lautstark hinausgeschrieen habe ich ihn in meiner Not. Meinen Namen, pah! Aber was weißt du noch, hm? Was alles
passiert im Lande? Weißt du es? Nein! Weiß es der König? Nein! Weiß ich
es? – Ja! Ich allein weiß es! Nicht nur die Spinnen, sondern alle Wesen
und Unwesen des Waldes, ja selbst der Wind und die Wolken, der Sand
und die Steine tragen mir die Neuigkeiten zu. Und weiter. Weißt du, wer
das Land regiert? Der König? Pah! Die Königin? Ha! Das glaubst du! Und
der König und die Königin glauben es auch. Ich aber“, und er drehte sich
dreimal um seine eigene Achse, „ich beherrsche allerlei Zauberei und
habe so meine Mittel und Wege, einen König oder auch eine Königin zu
veranlassen, ganz so zu regieren, wie es mir genehm ist. Ich, ha, ich bin
einfach unübertroffen.“ Und er tanzte wieder eine Runde ums Feuer.
„Na, ja, mein Äußeres ist vielleicht nicht ganz so vortrefflich, aber hier im
Walde kommt es darauf gar nicht an. Sollte ich hier vielleicht die neueste
Mode tragen? Sollte ich mich mit Gold und Geschmeide behängen?
Meinst du, mir würden dann die Bäume Komplimente machen? Oder
vielleicht die Pilze den Hut vor mir ziehen? Pah! Die haben ihren eigenen
Stolz! Komm, hilf mir mit dem Brot!“
Wir saßen am Feuer, aßen das frisch gebackene Brot, tranken dazu das
frisch gebraute Bier und beides war einfach köstlich.
„Das ist das leckerste Brot und das süffigste Bier, dass ich je probiert
habe,“ lobte ich ihn.
„Ja, selbstverständlich. Ich bin einfach unübertroffen!“
Er trank sein Bier aus einem Krug, von dem ich glaubte, der ganze Kerl
würde hineinpassen, wenn man ihn nur ordentlich hineindrückte. Nachdem er ihn zur Hälfte geleert hatte, begann er wieder zu singen:
„Es war einmal
ein Königreich,
da lebte ein König,
der war reich.
Aber das reichte ihm nicht.
Er wollte reicher sein.“
„Du kannst gut singen,“ schmeichelte ich ihm.
„Ja, natürlich. Ich bin unübertroffen. - Jedenfalls fast.“
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Er saß eine Weile schweigend da. Dann hob er seinen Riesenkrug und
trank ihn leer, wischte sich den Bart und erzählte: „Na, zugegeben, diese
Geschichte mit dem Kind, das war schon echt peinlich. Nur weil ich alter
Zausel mich verliebt hatte! Und das mir! Mir, der ich sonst nie etwas
Unüberlegtes tat! Wo nur hatte ich meinen Verstand gelassen!“
Er seufzte und sprach weiter: „Mir war zu Ohren gekommen, dass ein
Müller damit prahlte, seine Tochter könne Stroh zu Gold verspinnen.
Stroh! Ha! Stroh spinnen! Und auch noch zu Gold! Wie sollte das möglich sein? Ich meine, jemand anderem als mir! Das wollte ich sehen, mit
meinen eigenen Augen. Also begab ich mich in besagtes Dorf. Ich sah
sofort – der Müller selbst hatte gesponnen, seine Tochter hatte keinerlei
besondere Gaben, außer der einen: Sie war ein hübsches, junges Ding,
wirklich nett anzusehen. Und sie konnte ja nicht dafür, dass ihr Vater so
log. Ich beschloss, um ihre Hand anzuhalten. Ganz spontan. Ohne einen
Funken Vernunft. Ohne noch mal darüber zu schlafen. Nein, keine
Sorge, als ich vor sie trat, sah ich nicht so zerzaust aus wie jetzt. Ich
begab mich vorher in die Badeanstalt, wusch mich und meine Sachen,
kämmte mich und meinen Bart. Hat wahrscheinlich nicht viel geholfen.“
Er ging, um seinen Krug zu füllen, und trank einen tüchtigen Schluck.
„Die Badefrau riet mir von der Müllerstochter ab. Es würde erzählt, dass
der König sie zur Frau nehmen wolle. Und zwar nicht etwa, weil er sie
hübsch fand. Der hätte tausend Hübschere haben können. Er wolle sie,
weil sie angeblich Stroh zu Gold spinnen konnte. Aber ich altes Trottelgesicht ging trotzdem hin und holte mir einen Korb, um es mal blumig
auszudrücken.“
Dabei wand sich der Alte, als hätte er Schmerzen. Er erhob sich, trank seinen Krug wiederum leer, und füllte ihn noch einmal. Ich konnte mir beim
besten Willen nicht vorstellen, wie das viele Bier in ihn hinein passte.
„Was, zum Teufel, war nur in mich gefahren! Ich habe hier doch alles,
Bier, Brot, Schmalz! Und konnte doch die Gedanken nicht von ihr lassen.“ Er starrte vor sich hin und schwieg eine Weile. Dann erzählte er
weiter: „Aber der König war nicht dumm. Er kaufte nicht die Katze im
Sack und schon gar nicht die Müllerstochter im Mehlsack. Er wollte eine
Probe ihres Könnens. Er sperrte sie kurzerhand in die Strohkammer seines Reitstalles und befahl ihr, alles darin befindliche Stroh zu Gold zu
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spinnen, auch den letzten Halm, und zwar bis morgen früh. Da saß nun
das arme Mädchen, weinte sich die Augen rot und wartete, dass ein Wunder käme. Stattdessen kam ich, hi, hi! Sie erschrak heftig, als ich plötzlich
wie aus dem Boden gewachsen vor ihr stand.
‚Ach, du schon wieder!’, sagte sie dann, ‚Was willst du denn hier? Oder
kannst du etwa Stroh zu Gold spinnen?’
‚Ha, nichts leichter als das. Aber was gibst du mir dafür, wenn ich es
mache?’
‚Was soll ich dir denn geben? Ich habe nichts, was ich dir geben könnte.
Vielleicht meine Halskette?’
‚Gib mir deine Kette’, sagte ich. ‚Und einen Kuss. Aber einen richtigen!’
Sie zögerte etwas, aber dann tat sie es. Wouuuhw, war das ein Gefühl!“ Der
Alte atmete tief durch und nahm einen großen Schluck aus seinem Kruge.
„Und?“, fragte ich.
„Und! Na, was wohl! Ich saß den Rest der Nacht und spann und spann
und spann mir die Finger wund. Bevor am Morgen der König kam und
die Kammer wieder aufsperrte, machte ich mich davon.
Der König aber hatte keinen besseren Gedanken, als das arme Mädel in
den Stadel des Schweinestalls zu sperren. Auch das ganze Stroh solle sie
spinnen, bis zum nächsten Morgen. Ein Mädel, das so küssen konnte, in
den Schweinestall zu sperren! Da saß sie nun und versuchte es mit dem
Stroh so zu machen wie ich in der letzten Nacht und erreichte nur, dass
das mürbe Stroh völlig zerbröselte.
Diesmal erschrak sie nicht, als ich auftauchte.
‚Spinnst du mir wieder das Stroh? Bitte!’
‚Was gibst du mir dafür, wenn ich es tue?’
‚Ich habe nichts, was ich dir geben könnte. Vielleicht meinen Ring?’
‚Gib mir deinen Ring! Und deine Keuschheit!’
Sie zierte sich natürlich eine Weile, aber mit Blick auf das Geld und die
Macht überwand sie ihre Scham und tat, was ich verlangte. Oh,
Mmmmmannomannomann! Das war ja so ...“ Er zögerte. „Nein, dafür
gibt es keine Worte“, stöhnte er und trank seinen Krug wiederum aus.
„Und danach hatte ich wirklich schwer zu tun, alles bis zum Morgen zu
schaffen. Ich spann und spann und spann mir den Rücken krumm.
Bevor am Morgen der König kam und den Stadel wieder aufsperrte, ver12
schwand ich zurück in meinen Wald. Und ich hätte dort bleiben sollen!
Doch als der König darauf bestand, dass die Müllerstochter auch noch
alles Stroh in der Scheune zu Gold spinnen solle, bevor die Hochzeit sei,
war ich natürlich der erste, der davon erfuhr. Und ich wusste ja noch mehr.
Ich erschien in der Scheune und sagte: ‚Versprich mir dein erstes Kind,
und ich will dir auch dieses Stroh spinnen.’
Die Müllerstochter lachte. Wie schön sie doch ist, wenn sie lacht, dachte
ich. Aber sie lachte mich aus.
‚Mein Kind? Wie kommst du nur auf diese Idee? Dass ich ein Kind haben
will? Ich will das Leben einer Königin genießen, mich bedienen lassen,
auf Bällen tanzen, ferne Königreiche besuchen ...“
‚Du wirst nichts davon tun können,’ erwiderte ich.
‚Und wieso nicht?’
‚Weil ich keinen einzigen Halm spinne, wenn du es mir nicht versprichst.
Und überhaupt, was heißt hier wollen. Du trägst es bereit in dir.’
‚In mir? Ein Kind? Von dir? Oh, je, was soll das für ein Kind werden!’
‚Ein ganz vortreffliches. So, und nun versprich es!’
Was blieb ihr übrig? Sie versprach es und ich setzte mich und spann und
spann und spann mir die Seele aus dem Leib. Bevor am Morgen der
König kam und die Scheune wieder aufsperrte, hatte ich mich aus dem
Staube gemacht.
Bald darauf wurde Hochzeit gehalten. Und die schafften es doch wirklich, das ganze Gold aus dem Reitstall dafür auszugeben! Reine Verschwendung! Als ob es nichts Wichtigeres gäbe! Nun, es war ja nicht meine
Hochzeit.“
Der Waldschrat erhob sich und füllte seinen Riesenkrug erneut.
„Und neun Monate nach dem Hochzeitsfest brachte die Königin ein Kind
zur Welt. Mein Kind! Endlich jemand, dem ich all mein Wissen weitergeben könnte, dem ich all meine Fertigkeiten beibringen könnte.
Aus Anlass der Geburt wurde wiederum ein Fest gefeiert, für das nun das
gesamte Gold aus dem Schweinestadel ausgegeben wurde. Als ob das
Kind etwas davon gehabt hätte! Dieser Krach im Schloss. Das Kleine musste es ja mit der Angst bekommen. Als die Feier endlich zu Ende war, trat
ich vor die Königin und verlangte die Einlösung des Versprechens. Ich
verlangte mein Kind.
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‚Bist du denn verrückt geworden?’, fragte die junge Königin. ‚Du kannst
das Kind unmöglich bekommen! Es steht in der Thronfolge auf Platz
eins.’
‚Du hast es mir versprochen!’
‚Du hast dafür eine Nacht gearbeitet, und es ging dir leicht von der
Hand. Ich dagegen habe es neun Monate in mir getragen. Ich bin die
Mutter!’
‚Du hast es versprochen und ich habe das Stroh gesponnen. Ich kann es
auch wieder zurückverwandeln.’
‚Oh, nein! Nur das nicht! Aber sieh mal, hier im Schloss und als Königskind hat es doch die besten Möglichkeiten!’
‚Versprochen ist versprochen. Aber ich will dir noch eine Chance geben.
Wenn du einmal meinen Namen rufst, so bekommst du es zurück.’
‚Aber ich kenne doch deinen Namen überhaupt nicht!’
‚Na, sonst wäre es ja auch zu einfach. Rate ihn! Schlimm genug, dass du
den Namen vom Vater deines Kindes nicht weißt!’
Und so nahm ich Ahnungsloser mein Kind mit mir.“
Der Alte nahm einen gehörigen Zug. Er rutschte auf seiner Holzbank hin
und her. „Ähm, ja, da hatte ich mich doch etwas verkalkuliert. Hierbei
half mir alles Gold der Welt nichts, nicht einmal meine Zauberkünste.
Das Königskind war ein Schreikind. Windeln waschen, Fläschchen
kochen, Bäuerchen machen, Bäuchlein massieren, das wiederum verfehlte seine Wirkung nicht – Windeln wechseln, Po einpudern, wie sollte ein Mann meines Alters das aushalten können? Die Nächte ohne
Schlaf, ich kam nicht zum Brotbacken, nicht zum Bierbrauen und, was
das Schlimmste war, ich wusste nicht mehr Bescheid über das Geschehen im Lande. Drei Tage, drei lange Tage hielt ich das aus. Dann stand
ich wieder im Schloss vor der Königin. Ein Bild des Jammers muss ich
abgegeben haben, meine Güte, war ich fix und fertig. Auf dem Arm ein
schreiendes Bündel mit gut gefüllten Windeln.
‚Rumpelstilzchen,’ schrie ich schon von Weitem, ‚ich heiße Rum – pel –
stilz – chen! R – U – M – P – E – L – S – T – I – L – Z – C – H – E - N!
Sage einmal meinen Namen und nimm dein Kind!’
Aber sie wollte nicht. Kam mit Ausflüchten. Bei dir im Wald und in der
Natur und in der gesunden Luft uns so weiter und so fort. Völlig andere
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Töne als noch vor drei Tagen. Auf Knien flehte ich sie an. Sie schaute zu
mir herab: ‚Es ist auch dein Kind, schon vergessen? Und weißt du, so
ohne Windeln wechseln und nächtliches Geschrei lebt es sich gar nicht
so schlecht. Nimm es wieder mit!’
Und diese Frau hatte ich mal geliebt! Wollte sich nicht mal um ihr eigenes Kind kümmern!
Also brachte ich wieder Gold ins Spiel. Ich versprach ihr, soviel Stroh zu
Gold zu spinnen, wie sie wolle, wenn sie nur einmal meinen Namen
sagte und den schreienden Winzling wieder zu sich nähme. Das wirkte.
Die Königin befahl, dass alles Stroh sofort nach der Ernte im Schloss
abzuliefern sei. Die armen Bauern! Und die armen Kühe und Schweine!
Und ich saß da und spann und spann und spann. Tagaus, tagein. Jahraus,
jahrein. Wie viele verdammte Getreidefelder gab es nur in diesem Königreich!
Ich beschwor Dürren und Überschwemmungen herauf, die armen Bauern, wie gesagt, aber die Königin importierte Stroh aus fernen Ländern
und ich behielt meine Arbeit. Mit Schwielen an den Fingern zwirnte ich
goldene Fäden. Und nicht nur diese. Ich spann auch so manche Intrige.
Und meine Zukunftsvision.“
Rumpelstilzchen trank genüsslich einen Riesenschluck von seinem Bier.
Wo trank er das alles hin? Das musste mit Zauberei zugehen.
„Und eines Tages, das Kind war nun aus dem Gröbsten heraus, sah ich
meine Zeit gekommen. Ich spann die goldenen Fäden und die Intrigen
so fest um den König und die Königin herum, dass diese in ihrem Golde
gefangen waren und sich nicht mehr alleine regen und schon gar nicht
mehr alleine regieren konnten. Ich ging, selbstverständlich mit meinem
wohlgeratenen Kind, in den Wald zurück, und zog von dort aus – ungesehen von der Welt – weiterhin die Fäden. Ein Fingerschnipp von mir,
und all das Gold des Königshauses – von meiner Hand gesponnen –
würde zu Asche. Der König wäre ruiniert. Das Land wäre ruiniert. Also:
Wer ist der Herr im Land? Der sich König nennt oder der im Hintergrund
die Fäden spinnt?“
Der Waldschrat sprang auf und trank seinen Krug leer. „Ich bin unübertroffen, ich bin einfach unübertroffen!“ Er torkelte um sein Feuer und
sang wieder „Ach, wie gut, dass niemand weiß, dra, la-la, la-la-la, la ...“
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Obwohl der Alte so viel getrunken hatte, war er am nächsten Morgen
schon lange vor mir wach. Er hatte Feuer gemacht und Tee gekocht.
„Echter Hexenkräutertee. Habe ich von der buckligen Hexe, einer alten
Jugendfreundin von mir.“
Rumpelstilzchen trank ihn aus einem Blechpott, der eher als Gulaschkessel
für eine zehnköpfige Familie denn als Tasse für diesen Wicht geeignet schien.
„Tja“, sagte er, „vom Bier bekomme ich immer so viel Durst.“
„Wo ist denn eigentlich dein Kind?“, wollte ich noch wissen.
„Nachdem ich ihm alles wichtige beigebracht hatte, hat es sich auf und
davon gemacht. Die Welt besehen. Als ob es da etwas zu sehen gäbe! Ha!
Hier hatte es doch alles! Aber wie die jungen Leute eben so sind. Na ja,
zugegeben, diese kleine Lichtung ist ja für zwei Leute unseres Schlages
etwas eng.“
Wir verabschiedeten uns, und der Waldschrat gab mir Brot und Bier als
Wegzehrung mit. Er zeigte mir einen schmalen, fast gänzlich zugewachsenen Pfad: „Folge diesem Weg, der führt dich aus dem Wald heraus.
Unterwegs kommst du am Häuschen der buckligen Hexe vorbei. Sie
freut sich sicher über Besuch. Und grüße sie von mir!“
Zu Mittag bei der Hexe
Ich machte mich auf den Weg. Der Wald wurde noch düsterer. Erlen ragten aus schwärzlichen Tümpeln, Flechten hingen von abgestorbenen
Ästen herab. Es wimmelte von Spinnen. Kein Vogel sang. Nur ein paar
Raben krächzten. Und hier, wo es keiner vermuten würde, stand ein
Haus. Es wirkte baufällig, schien aber bewohnt zu sein, denn aus der
Esse stieg Rauch.
„Schert euch fort, ihr Lumpenpack! Oder ich verhexe euch! Ich verwandle euch in Kröten, ihr nichtsnutziges Gesindel!“
Erschrocken duckte ich mich hinter einen Busch. Doch die krummbucklige Alte mit dem zerschlissenen Spitzhut hatte mich bereits entdeckt und
kam mit erhobenem Besen auf mich zugehumpelt.
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„Dem Leibhaftigen sei Dank, nicht Hänsel und Gretel! Nicht diese verfluchten Rowdys. Aber wer sind Sie denn? Warum verstecken Sie sich
hier?“ Sie hielt den Besen immer noch drohend in die Luft.
„Ich bin auf Wanderschaft. Komme gerade von Rumpelstilzchen und soll
Sie grüßen von ihm.“
„Oh, entschuldigen Sie! Ich dachte, es wären schon wieder diese Unholde! Diese beiden lassen mich einfach nicht in Ruhe. Furchtbar ist das. Ich
lebe hier in Angst und Schrecken. Sie wissen ja gar nicht, was ich schon
durchgemacht habe. Ich bekomme ja so selten Besuch, und wenn hier
jemand erscheint, denke ich immer gleich das Schlimmste!“
„Wer sind denn diese beiden?“
„Zwei Kinder, Geschwister, Mädel und Junge. Wohnen am Rande des
Waldes. Ganz arme Leute sind das. Bedauernswert. Aber diese Kinder! So
richtige Nichtsnutze! Frech und aufmüpfig. Die einzige, die denen ab
und zu mal den Marsch geblasen hat, war die neue Frau des Vaters. Aber
Sie kennen das ja. Dann war sie gleich die böse Stiefmutter, na klar, die
den Kindern nichts gönnt und sie nur schuften lässt. Von wegen! Wenn
die Familie in den Wald ging, um Holz zu machen, waren die Geschwister regelmäßig verschwunden. Die hatten keine Lust zu arbeiten und
Holz zu schleppen. Sie liefen tief in den Wald hinein, machten sich dort
ein Feuerchen, futterten den Proviant auf, verschliefen den Tag oder
streunten umher. Wenn sie dann spätabends nach Hause kamen, erzählten sie, sie hätten sich im Wald verirrt und die ganze lange Zeit den
Heimweg gesucht und gehungert und gefroren. Der Vater bedauerte die
beiden sehr, die armen Kinderlein, nur die Stiefmutter durchschaute sie.
Und irgendwann hatten sie beim Herumstreunen mein Haus entdeckt.
Es begann eine böse Zeit für mich, kann ich Ihnen sagen, eine böse Zeit.
Sie kamen und rissen mir einfach die Ziegel vom Dach, stellen Sie sich
das mal vor! Sie müssen wissen, mein Dach ist mit Lebkuchen gedeckt.
Die holten sie einfach runter und knabberten daran! Sehen Sie, da sind
immer noch Löcher im Dach.“
„Warum decken sie denn Ihr Dach mit Lebkuchen?“, wunderte ich mich.
„Nun fangen Sie auch noch damit an, was? Von wegen Ziegel aus Ton.
Schauen Sie sich doch um! Hier gibt es weit und breit keinen Lehm und
schon gar keinen Ton, alles mooriger Boden. Woraus sollte ich Ziegel
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brennen? Also nehme ich Lebkuchen fürs Dach. Die backe ich selbst,
hexe sie wetterfest und fertig. Das ging ganz wunderbar, bis Hänsel und
Gretel hier auftauchten und mir das Dach über dem Kopf wegfraßen. Die
Lebkuchen wetterfest zu hexen ist ganz einfach, das mache ich nun
schon jahrelang, aber sie knabberfest hexen? Das kriege ich einfach nicht
hin. Mir fällt das Hexen auch nicht mehr so leicht auf meine alten Tage.
Und diese Gretel erst! Hat die mir doch die Fensterscheiben zerschlagen
und die Stückchen gelutscht! Wissen Sie, meine Fensterscheiben mache
ich aus Zucker. Wunderschöne farbige Butzenscheiben hatte ich mir
zusammengesetzt. Rote mit Himbeersaft, grüne mit Waldmeister, die Gelben mit Sanddorn. Wissen Sie, wie viel Mühe ich mir damit gegeben
hatte? Und dieses Gör zerschlägt sie einfach so. Der Wind pfiff durch
meine Stube, es regnete durchs Dach und ich hätte mir eine Lungenentzündung holen können! Ich alte Frau konnte alleine gar nicht so schnell
Lebkuchen backen und Zuckerscheiben bauen, wie die beiden das wieder kaputtmachten! Sie hätten Hunger, sagten sie. Ich bot ihnen von meiner guten Suppe an, aber die sagten ääh und iih und Suppe essen wir
nicht. Ich buk Brot für sie, aber die sagten ääh und iih, Brot mögen wir
nicht. Und knabberten mir weiterhin die Ziegel vom Dach. Als ich ihnen
mit meinem Besen Mores lehren wollte, rannten sie nur ums Haus
herum und knusperten an der anderen Seite weiter, so schnell bin ich ja
nicht mehr. Es ging sogar soweit, dass sie mich ermorden wollten! Jaha!“
Die Hexe atmete schwer. „Die hatten es tatsächlich auf mein Leben abgesehen! Können Sie sich das vorstellen? Also, wir haben früher auch
Dummheiten gemacht und den Leuten Streiche gespielt. Aber einen
gleich umbringen? Oder das Haus über dem Kopf abreißen? Nee, so
waren wir nicht. Wir hatten noch Respekt. Vor den Lehrern. Und vor den
Eltern. Sonst gab’s was mit dem Knüppel, was denken Sie! Nein, Engel
waren wir gewiss nicht, aber es gab doch Grenzen. Na gut, den Herrn
König, unseren Geschichtslehrer, hatte ich mal in eine Kröte verwandelt.
Aber das war reine Notwehr. Eine Sechs wollte der mir geben. Und einen
Brief an meine Eltern schreiben. Das hätte zu Hause Prügel gesetzt! Also,
was sollte ich denn da machen? Ich wollte ihn ja auch zurückverwandeln,
aber – na ja, das ist wohl ein bisschen schief gegangen. Aber umgebracht
habe ich ihn nicht.“
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„Was ist denn aus dem Herrn König geworden?“, fragte ich.
„Na, ja, wie gesagt, das wollte ich nicht, das ist schiefgegangen. – Ein
Frosch.“
„Und keiner konnte aus ihm wieder einen Menschen machen?“
„Meinen Eltern konnte ich das ja unmöglich sagen. Und meine Tante war
gerade wieder in Sibirien bei ihrer Freundin Babajaga. Keine Ahnung,
wer es sonst gekonnt hätte. Der Frosch König ist zu Herrn Heinrich,
unserem Biolehrer, gehüpft, und hat ihm sein Leid geklagt. Sprechen
konnte er ja unglücklicherweise noch. Der Herr Heinrich hat ihn erst
mal in ein Terrarium gesteckt. Und dann hat der Herr Heinrich richtig
Krach geschlagen. Gleich zum Direktor und so. Und zu meinen Eltern.
Hab die Prügel meines Lebens bezogen. Und bin von der Schule geflogen. Doch was hat das genützt? Gar nichts! Der Frosch war aus dem Terrarium getürmt. Wie sollte man ihn denn nun finden? Es gibt Millionen
von Fröschen, und alle sehen irgendwie gleich aus. Und so konnten auch
meine Eltern oder sonst wer ihm nicht mehr helfen. Vielleicht hätte ihn
eine unschuldige Jungfrau erlösen können, das hilft eigentlich immer,
aber so eine muss man erst mal finden. Hat eben Pech gehabt, der Herr
König. Hätte mir ja keine Sechs geben müssen.
Aber das sind alte Kamellen. Ewigkeiten her. Nun bin ich alt und sitze
hier ganz schutzlos im Wald, und diese Gören tyrannisieren mich nach
Strich und Faden. Aber natürlich halten alle mich für die Böse. Ich sollte
die beiden in Kröten verwandeln! Wenn ich es nur hinkriegen würde!
Die beiden würde ich nicht zurückverwandeln. Nicht mal in Frösche.
Diese beiden nicht. Nur über meine Leiche.“
Die Alte hatte sich in Rage geredet, zitterte am ganzen Leibe und musste
sich erst mal auf die Bank neben den Backofen setzen.
„Umbringen wollten die mich! Hier in meinem Backofen wollten die
mich bei lebendigem Leibe verbrennen lassen! Das macht man mit einer
alten Hexe so, behaupteten die doch rotzfrech, das hätten sie mal irgendwo gelesen. Wundert mich nur, dass die überhaupt lesen können. Die
schwänzen ja andauernd die Schule. Ist ja auch unglaublich, was heutzutage alles in den Büchern steht. Das muss die Jugend ja verderben.“
Sie keuchte. „Ich konnte gerade noch den Schürhaken zu fassen kriegen
und hab der Gretel damit ordentlich eins übergezogen. Das saß! Platz19
wunde am Kopf, musste mit sieben Stichen genäht werden. Den Hänsel
habe ich leider nicht erwischt, der ist gleich abgehauen. Tja, und dann
kam die Polizei. Ich musste vors Gericht. Körperverletzung. Kindesmisshandlung. Natürlich, ich war wieder die Böse! Dabei habe ich nur mein
nacktes Leben gerettet. Notwehr war das, reine Notwehr. Aber wie sollte
ich das denn beweisen? Die ach so lieben Kinderlein standen in Tränen
aufgelöst im Gerichtssaal. Der Richter sah ja nicht, wie sie sich in der Verhandlungspause über mich lustig machten! Knusperhexe nannten sie
mich! Und wenn mein alter Freund Rumpelstilzchen mir nicht ein bisschen geholfen hätte – der hat ja gute Beziehungen, kennt immer die
richtigen Leute – dann wäre ich wohl auf meine alten Tage noch im
Gefängnis gelandet.“
Sie zeigte mit dem Besen auf einen Trampelpfad:
„Aber diese Lümmel, die kommen trotzdem wieder, geben einfach keine
Ruhe. Wo soll das noch hinführen? Die Stiefmutter jedenfalls hat das
Handtuch geworfen, die ist fortgegangen. Man kann es ihr nicht verdenken. Aber ich rede hier und rede! Kann ich Ihnen etwas anbieten? Einen
Teller Hexenkräutersuppe? Hab ich vorhin frisch gekocht. Die müssen
Sie unbedingt probieren!“
Zuerst war ich skeptisch. Vielleicht war die Suppe verhext? Ich wollte mir
jedoch nicht den Zorn der Alten zuziehen und womöglich in eine Kröte
oder einen Frosch verwandelt werden. Also aß ich mit ihr. Und ich muss
sagen: Diese Suppe war delikat.
Ich fragte nach dem Rezept. Die Hexe brachte mir eine eng beschriebene Pergamentrolle, ich solle es doch einfach abschreiben. Ich las:
„Man nehme 7 Frösche und 3 Kröten und hacke sie in Stücke ...“
„Ach, was“, sagte die Alte, „Schreiben Sie auf: ein Hühnchen!“
„... und röste sie in Molchtalg ...“
„Gänseschmalz“, sagte die Hexe, „Gänseschmalz ist viel besser. Oder
Pflanzenöl.“
„Man gieße einen Sud aus ... was für Zeug?“
„Nehmen Sie normales Wurzelgemüse, also Sellerie, Mohrrübe, Petersilienwurzel, und eine Zwiebel!“
„Man köchele das ganze zusammen mit einer Natternhaut ...“
„Nein, Lorbeerblatt. Da steht doch gewiss Lorbeerblatt!“
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„... und verfeinere die Suppe mit dem Saft von toten Maden ...?“
„Tomaten, den Saft von Tomaten! Was lesen Sie denn da?“
„... gebe etwas Rattenmilch dazu...“
„Wer sollte denn die ganzen Ratten fangen und melken? Nehmen Sie einfach einen Schuss saure Sahne!“
„... legiere mit verquirlten Augen von Ottern ...“
„Mit gequirlten Eidottern natürlich!“
„... und gebe sieben Kräuter dazu. Welche Kräuter denn?“
„Ist ganz egal, je nach Jahreszeit. Hauptsache es sind sieben.“
Meine Skepsis war also durchaus berechtigt. Kein Wunder, dass Hänsel
und Gretel hier keine Suppe aßen. Trotzdem: Geschmeckt hat sie. Und
bekommen ist sie mir auch.
Die Hexe erklärte mir noch den Weg heraus aus dem Sumpfwald.
„Wenn Sie dann dem Flüsschen folgen“, sagte sie, „kommen Sie zum
besten Fischer im Lande. Mögen Sie Fisch?“
„Ja, sehr. Danke!“
Der Fischer und sein Schuh
Ich folgte dem Rat der Hexe und gelangte ans Wasser. Das Wandern hatte
mich hungrig gemacht. Der Duft von geräuchertem Fisch wehte mir entgegen, als ich in die Fischerhütte trat. Ich grüßte, der Fischer aber knurrte nur.
„Verkaufen Sie mir bitte ein Stückchen Fisch? Am liebsten hätte ich ein
großes Stück geräucherten Heilbutt. Und vielleicht hätten Sie dazu ein
Stück Brot und etwas zu trinken?“
„Hier gibt’s keinen Butt!“
„Was denn? Vielleicht Lachs? Aal?“
„Hierher kommen und Sonderwünsche haben, das sind mir die Liebsten!“
Ich wollte schon wieder gehen, da sagte er: „Heute gibt es Rotbarsch,
Dorsch und Flunder.“
Er öffnete den Räucherofen, und mir lief das Wasser im Munde zusammen.
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„Ich nehme einen Rotbarsch, ein Stück Dorsch und eine Flunder!“
Der Fischer rief den Jungen, der draußen saß und Netze flickte: „He,
Kleiner! Scher dich her und bedien mal den Gast hier!“
Der Junge kam, richtete meine Mahlzeit an und schenkte mir ein kühles
Bier ein.
„Teufel noch mal, ist der Alte murrig!“, sagte ich zu ihm.
„Wem sagen Sie das! Ich bin schon seit zwei Jahren bei ihm in der Lehre
und gehe jeden Tag mit ihm auf Fischfang. Man braucht schon eine ganze
Portion Humor, um das auszuhalten. Aber man kann sich heutzutage
nicht aussuchen, bei wem man lernt. Und wo findet man schon einen
Lehrherren, der sein Tagwerk so beherrscht wie dieser hier? Es grenzt an
ein Wunder, dass es hier überhaupt noch Fische gibt, so viel fangen wir
Tag für Tag. Und trotz allem ist nie dieser Schuh im Netz.“
„Was denn für ein Schuh?“
„Kennen Sie denn nicht die Geschichte vom Fischer und seinem Schuh?“
„Nein. Ich kenne nur die vom Fischer un siner Fru.“
Der Lehrjunge holte zwei hölzerne Klappstühle aus dem Schuppen und
fegte ein paar Spinnweben ab. Wir setzten uns hinter den Bootsschuppen, er zündete sich eine Pfeife an wie ein Alter und begann zu erzählen:
„Es war einmal ein Fischer. Kein besonders guter, mal fing er ein bisschen was und mal nicht. – Und ich persönlich glaube, es war kein anderer als mein Lehrmeister. Er gibt es zwar nicht zu, mit keiner Silbe, aber
ich bin mir sicher, dass er es war. – Also, es war dieser Fischer, und der
hatte keine Frau. Er ging fischen, na logisch, sonst wäre es ja kein
Fischer, und eines Tages fing er ...“
„ ... einen Butt!“, ergänzte ich.
„Nee, eben nicht! Keinen Butt! Aus dem Wasser zog er – eine alte Bierdose.
‚Ach!’, sprach er zu sich, ‚wenn die wenigstens voll Bier wäre!’
Er fischte weiter und aus dem Netz holte er einen großen ...“
„... Butt?“
„Nein, keinen Butt!, -- einen Autoreifen.
‚Ach!’, seufzte der Fischer, ‚was soll ich mit einem Reifen? Ja, wenn da
noch ein Auto dran wäre, ein Auto könnte ich wohl gebrauchen!’
Er fischte weiter und fing endlich ...“
22
„... einen B...“
„Neeeein, keinen Butt!, sondern einen alten, kaputten Schuh. Letzterer
weckte keinen Wunsch in ihm, – nur Ärger. Einen Fisch, jaha --- auch
einen Butt!, hätte er essen können, um seinen Hunger zu stillen. Der
Schuh dagegen sah ziemlich zäh aus.
‚Verflixt noch mal, was soll ich mit dem blöden Schuh!’ Der Fischer wollte den Latschen zurück ins Wasser werfen, da rief der Schuh: ‚Ich bin
kein blöder Schuh!’
‚Ja, Donnerwetter, der Schuh kann quatschen!’, sagte der Fischer.
‚Ich bin der Schuh des Manitu’, behauptete der Schuh.
‚Was soll ich mit dem Schuh des Manitu? Ich bin Fischer und kein Indianer. Und schwul bin ich auch nicht!’
‚Weißt du das genau? Immerhin hast du keine Frau ...’
‚Das heißt doch noch lange nicht, dass ich schwul bin!’
‚Jeder, der etwas auf sich hält, ist heutzutage ein bisschen schwul.
Brauchst nur in die Illustrierten zu schauen ...’
‚Ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht schwul bin.’
‚Nein, natürlich nicht, dafür kann man nichts´, tröstete der Schuh.
‚Du quatschst mir zu viel!’ Der Fischer nahm den Schuh und holte weit
aus.
‚HAAALT!!! NEEIIN!!! Wirf mich nicht wieder ins Wasser, das ist so nass!’
‚Du nervst aber.’
‚Bitte, bring mich aufs Trockne! Ich will dir auch einen Wunsch erfüllen!’
‚Einen Wunsch? Nur einen?’ Der Fischer dachte an das Bier und an das
Auto. Zwei Wünsche. Und im Märchen hat man sowieso drei Wünsche
frei, oder?
‚Einen Wunsch’, sagte der Schuh.
‚Ich habe aber zwei Wünsche. Eigentlich sogar – drei.’
‚Nein, das geht nicht.’
‚Dann wenigstens zwei! Oder du gehst wieder baden.’
‚Na gut, na gut, zwei. Also, was willst du?’
‚Zuerst möchte ich, dass diese Bierdose hier voll ist.’
Es machte blubb, und die Dose war voll Bier.
Der Fischer drehte die Bierdose in der Hand. ‚Geht nicht auch ein Sixpack?’
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Es machte blubb, und da hatte er ein Sixpack auf dem Schoß.
‚Oder besser – ein Kasten?’
Es machte blubb, und es stand ein voller Bierkasten im Boot.
‚Also, vielleicht doch lieber ...’
‚Stop mal,’ sagte der Schuh, ‚trink das erst mal aus!’
‚Geht klar’, sagte der Fischer, öffnete eine Bierflasche und leerte sie in
einem Zug. Dann wischte er sich den Stoppelbart und sprach: ‚Als zweites wünsche ich mir, dass aus diesem alten Reifen ein Auto wird.’
Es machte blubb, und am Strand stand ein -- Trabi.
‚Heh, heh, ich habe mir ein Auto gewünscht, keine Pappschachtel!’
Es machte wieder blubb, und es stand ein Mittelklassewagen da.
‚Na, weißt du, wenn das so leicht geht, dann könntest du auch ...’
‚Okay, okay, ich weiß schon’, sagte der Schuh, ‚obwohl ich denke, das
geht nicht gut.’
Blubb, und ein PS-starkes Luxus-Sportwagen-Cabrio funkelte in der
Abendsonne.
Der Fischer freute sich, trank sein nächstes Bier und beeilte sich, an Land
zu kommen.
Er streichelte Bier trinkend die Kühlerhaube seines Autos. Setzte sich
Bier trinkend in den Wagen. Ließ Bier trinkend den Motor an. Genoss
Bier trinkend einen sagenhaften Sound. Stellte den mittlerweile halbleeren Bierkasten auf den Beifahrersitz und schnallte ihn an. Sicher ist
sicher. Den Schuh setzte er auf die etwas knapp bemessene Rückbank.
Aber für einen Schuh war sie geradezu komfortabel, sogar für Größe 46.
Dann fuhr er los.
Aber das Cabrio wollte sich nicht von einem angetrunkenen Fischer dirigieren lassen. Er kam zum Kampf zwischen dem Fischer und dem
Cabrio, zum erbitterten Kampf, und schließlich landeten alle drei – der
Fischer, der Schuh und das Cabrio – in einem Entwässerungsgraben.
Wasser schwappte ins Wageninnere und der Schuh, der gerade begonnen hatte zu trocknen, war wieder nass.
‚Hilfe!’, schrie er.
Der Fischer zog ihn an einem Senkel ein Stück aus dem modrigen Wasser: ‚Wenn du willst, dass ich dich aus dem Schlamm ziehe, will ich einen
dritten Wunsch frei haben.’
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‚Nein, das geht nicht ...’
‚Na, dann nicht ...’ Der Fischer tunkte den Latschen wieder ins Nasse.
‚Halt, Stopp!’, blubberte der Schuh.
‚Jaha?’, fragte der Fischer
‚Vielleicht geht’s ja doch!’
‚Geht’s oder geht’s nicht?’
‚Okay, okay, es geht. Also, was willst du?’, fragte der Schuh.
Na, was wohl könnte sich ein alleinstehender, einsamer, heterosexueller
Fischer, der Pech mit Bier und Autos hat, wohl wünschen?“
Der Fischerjunge zog an seiner Pfeife und sah mich herausfordernd an.
„Keinen Butt?“, vermutete ich.
„Nein, natürlich keinen Butt!
‚Ich wünsche mir - eine Frau´, sagte der Fischer.
‚Bist du dir sicher?’, fragte der Schuh.
‚Jo!’, sagte der Fischer.
Und blubb, da stand ein Weib – eines Fischers würdig. Nicht mehr ganz
jung, aber kräftig gebaut, mit großen Händen, die zupacken können.
Und sie packten zu. Und zwar den Fischer am Kragen.
‚Ach, du großer Manitu! Hilfe, Schuh, hilf mir!’
Der Schuh half, und blubb, stand da anstelle der derben Fischerin ein
blutjunges, schlankes Mädel.
‚Ach Schuh! An der ist ja nun wieder gar nichts dran.’
Blubb, erschien ein Rasseweib mit leichtem Übergewicht an den richtigen Stellen.
Der Fischer war im siebten Himmel. Na ja, vielleicht auch nur noch im
sechsten, als die Frau den Mund aufmachte: ‚Wie konntest du nur den
teuren Wagen in den Graben fahren!’ wetterte sie. ‚Nach Hause mit dir,
und dusch erst mal, du stinkst ja wie ein Iltis!’
Wahrscheinlich war es nur der fünfte Himmel, denn der Fischer duschte
üblicherweise am letzten Samstag des Monats, und das war gerade mal
zwei Wochen her. Aber was tut ein Mann nicht alles für eine schöne Frau?
Und er vergaß auch seinen Schuh des Manitu nicht: Er reinigte ihn sorgfältig, ließ ihn gründlich trocknen und rieb ihn mit Schuhcreme ein, bis
er blank war, dann stellte er ihn neben das Bett auf den Nachtschrank.
Der Schuh stand dort, glänzte und schwieg.
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Des Fischers Frau jedoch zeterte, als er abends in die Kneipe wollte.
‚Also höchstens vierter Himmel’, flüsterte er seinem Schuh in die Öse.
Der Schuh seufzte.
Die Frau entdeckte des Fischers Erspartes in der Zuckerdose und wollte es
nicht nur gleich ausgeben, sondern er sollte sie auch noch ins Einkaufszentrum begleiten. Das ließ ihn noch einen Himmel herabstürzen.
‚Geraucht wird nur noch vor der Tür!’ entschied sie, als er abends auf der
Couch saß und sich eine Zigarette anzünden wollte. Nichts durfte er
mehr. All seine lieben Angewohnheiten sollte er ablegen.
Und so stürzte der Fischer Himmel für Himmel wieder herab, und als
sein Weib eines Tages behauptete, Kopfschmerzen zu haben und ihn aus
dem Bett stieß, war er wieder auf dem Erdboden angekommen. Er nahm
den Schuh vom Nachtschrank: ‚Du verflixter Schuh! Was hast du mir da
nur für einen Drachen angedreht!’
‚Ich hab doch gesagt, es geht nicht gut.’
‚Ich ersäufe dich!’
‚Ersäufe sie und behalte mich‘, schlug der Schuh vor.
‚Wenn ich dich wieder ins Wasser werfe, wird alles wieder wie früher, und
ich habe wieder meine Ruhe!’
‚Nichts wird je wieder wie früher, nichts!’
Der Fischer kannte kein Erbarmen und fuhr hinaus, dahin, wo das Wasser am tiefsten war, und warf den Schuh über Bord.
Wieder daheim, fand er sein Haus schmutzig und unaufgeräumt vor, sein
Bett ungemacht und kalt, im Kühlschrank nichts zu essen, nur ein paar
Bierflaschen. Der Fischer öffnete sich eine, warf sich mit seinen schmutzigen Stiefeln auf die Couch und steckte sich eine Zigarette an. Alles war
wieder wie früher. Gut so.
Oder doch nicht? Das Bier schmeckte fade, die Zigarette muffig, die Stiefel drückten und ihm war langweilig.
So nahm der Fischer sein Netz und ging wieder fischen.
Und seither waren alle seine Netze, Reusen und Haken immer voller großer, fetter Fische, doch nie ist dieser Schuh dabei. Verstehen Sie nun den
Frust des Alten?“
Wir hatten noch nicht ganz ausgetrunken, da kam der Fischer um die
Ecke und trieb seinen Lehrling wieder an die Arbeit.
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Ich zog weiter. Hier gab es endlich einen etwas breiteren Weg, der
irgendwo hinzuführen versprach. Vom Dickicht hatte ich genug.
Töpfchen steh
Dieser Weg führte mich in eine Gegend, die furchtbar aussah. Im Wald
lagen die Bäume umgeknickt und entwurzelt. Im Tal schienen Wasserund Schlammmassen alles mit sich gerissen zu haben, und die Ruinenstätte an den Ufern des Flussbettes musste vor kurzem noch ein Städtchen gewesen sein, mit Straßen, Gassen und Häusern. Einige Leute
waren dabei, aus den breit verstreuten Resten ihr Hab und Gut herauszusuchen. Eine ältere Frau reinigte einen verbeulten Blechtopf geradezu
liebevoll, als sei er aus purem Golde.
Ich fragte sie, was denn passiert sei. Sie hielt mir ihren Topf unter die
Nase.
„Ein ganz normaler, solider Topf, mit dem man ganz normal Griesbrei
kochen kann, auf einen ganz normalen Gasherd, wie eh und je. So einen
Topf braucht man und nicht dieses neumodische Zeugs!“
„Sie meinen den Fertigbrei, den es heutzutage überall gibt?“
„Fertigbrei! Igitt, das ist ja noch schlimmer. Nein, ich meine dieses neumodische Zeugs, was keiner bedienen kann. Meine Tochter brachte da
neulich so ein Töpfchen. Ein Hai-Fisch- oder Hai-Zahn-Töpfchen oder
irgend so ähnlich nannte sie das.“
„High-tech vielleicht?“, fragte ich.
„Ja, ich glaube, das war’s, Hai-Deck. Ich befürchtete schon, dass der Brei
dann nach Fisch schmecken würde. Aber der seltsame Topf war ganz sauber. Roch nach nichts. Meine Tochter, müssen Sie wissen, die hält mich
schon für alt und tüddelig. Sie dachte, ich jage mit meinem Gasherd
eines Tages das ganze Haus in die Luft. Nur weil mir mal der Brei übergekocht war und ich’s nicht gleich bemerkt hatte. Kann doch mal vorkommen. Ist Ihnen doch sicher schon passiert? Ja gut, anbrennen lassen
hatte ich den Brei auch. Einmal. Da stand gleich die Feuerwehr vorm
Haus. Dabei kam das bisschen Rauch nur aus meinen Breitopf. Nichts
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Rumpelstilzchens Namenstag
Katharina Gerlach
er junge König verließ das Dorf mit hängenden Schultern. Sein
Pferd wirkte genauso entmutigt wie er selbst. Er drehte die letzte Spule Gold in seiner Jackentasche hin und her.
Er hatte jeden seiner Untertanen angefleht, gebettelt und mit
Goldfäden beschenkt, aber niemand konnte ihm helfen; nicht einmal die
Elfen, Magier, Kräuterweiblein oder Hauskobolde.
Er zitterte, wenn er an seine Heimkehr dachte. Er fürchtete das tränenschwangere Gesicht seiner Frau, wenn sie begriff, dass er keinen einzigen neuen Namen mitbrachte.
Müde wischte er sich eine Träne von der Wange, als ihn ein unangenehmer
Geruch in die Nase biss. Fett, süßlich und schwer lag der Gestank in der Luft.
Er sah sich um. Eine schwarze Rauchwolke zog vom Wald herüber.
„Ich wusste gar nicht, dass da jemand wohnt“, dachte er. „Ich will hinreiten. Vielleicht finde ich dort Hilfe.“ Er lenkte seine Stute zum Waldrand,
wo er abstieg und sich mit dem Schwert einen Pfad durch die dicht wachsenden Büsche schlug. Als er den Waldsaum ein Stück weit hinter sich
gelassen hatte, standen die Bäume weit auseinander, und er konnte wieder reiten.
Es war kühl und dunkel, und auf den ersten Blick wirkte der Wald friedlich. Doch bald merkte der König, dass nicht ein einziger Vogel sang. Das
Schweigen lastete auf ihm. Nervös sah er sich um. Er fröstelte. Mehr und
mehr überlagerte der widerliche Gestank den Duft nach feuchter Erde.
Nach einiger Zeit zerriss er sein Wams und fertigte für sich und sein Pferd
Atemschutzmasken.
Schließlich blieb die Stute vor einer riesigen Felssäule stehen und weigerte sich weiterzugehen. Der junge König stieg ab. Er trat so dicht wie
möglich an die Felsen heran und sah nach oben, wo das Gestein im Licht
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der Abendsonne glänzte. Ab und an verdeckten die dunklen Rauchschwaden das Licht.
„Hallo! Ist da jemand?“
Niemand antwortete, also nahm er Schwert und Scheide ab und hängte
es an den Sattelknauf. "Ich komme hoch." Er setze den Fuß in eine Vertiefung, griff nach einem Stein über seinem Kopf und zog sich in die
Höhe. Vorsichtig tastend kletterte er. Auf halber Höhe löste sich ein Stein
unter seinem Fuß und polterte in die Tiefe. Für eine Sekunde glaubte
der König, er würde ihm folgen. Entsetzt presste er sich gegen den Felsen und tastete nach einem neuen Halt. Er schluckte.
Ich muss vorsichtiger sein. Er kletterte langsamer.
Als er endlich seinen Oberkörper über den Rand der Felssäule schob,
war es bereits Nacht. Vor ihm loderte mit hoher Flamme ein Feuer und
trieb ihm das Wasser in die Augen. Er blinzelte einige Male und sah sich
auf dem Plateau um. Ein Braten hing über dem Feuer, der schwarzen
Kruste nach mehr als durch. Fett quoll aus Rissen in der verkohlten
Haut, tropfte ins Feuer und verbrannte mit stinkenden Rauchschwaden.
Der König war nahe daran, sich zu übergeben.
Auf der anderen Seite der Flammen entdeckte er ein buckeliges Männchen mit langem Bart und brauner Lederkleidung. Der König erkannte
es sofort. Sein Herz setzte einen Schlag aus.
Der Zauberzwerg, der Stroh zu Gold spinnen kann! Genau so hat ihn
mein Liebling beschrieben. Das ist die Gelegenheit, seinen Namen herauszufinden. Fasziniert beobachtete er, wie der Zwerg die Beine hoch
riss und singend um das Feuer tanzte.
„Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“ Er warf
die Arme in die Höhe und hüpfte von einem Bein auf das andere. „Gestern
braut’ ich, heute brat ich, morgen esse ich der Königin ihr Kind!“
Die anfängliche Erleichterung des Königs schlug in Hass um. Er stemmte sich in die Höhe und stürzte sich auf Rumpelstilzchen. „Lass meine
Familie in Ruh.“ Seine Füße versanken knöcheltief im Felsen.
Der Zwerg lachte. „Dachtest du, ich wäre so leicht zu übertölpeln?“ Er
hüpfte dichter an den jungen König heran. „So, so. Du bist das!“ Seine
Augen funkelten. „Was für eine freudige Überraschung. Du wirst die Krönung meines Namensfestes. Ich werde dich zusehen lassen, wie ich dei98
nen Sohn ausnehme und würze. Und dann wirst du mein Hauptgericht.“
Rumpelstilzchen drehte sich Hände klatschend ein paar Mal um sich selbst.
„Dann wirst du verrückt vor Wut, und schmeckst gleich noch mal so gut!“
„Ich bring dich um!“ Der König warf den Oberkörper vorwärts und griff nach
dem Tänzer. Doch Rumpelstilzchen hatte gut kalkuliert. Er hielt sich knapp
außerhalb seiner Reichweite. Höhnisch tanzte er am Abgrund hin und her.
„Wenn du könntest, nicht wahr?“ Er kicherte wieder. „Mein Gold hast du
nur zu gern genommen. Nun sieh zu, was du davon hast.“ Er hüpfte wieder von einem Bein auf das andere. „Morgen werd’ ich dich anbeißen
und die Knochen runter schmeißen.“
„Du wirst nichts dergleichen tun.“ Die Stimme des Königs war gefährlich
ruhig.
„Ach ja? Wie willst du das verhindern? Wirst du dir die Beine ausreißen
und mich auf Händen angreifen?“ Rumpelstilzchen legte den Kopf in den
Nacken. Sein Lachen fuhr dem König durch Mark und Bein. Zähneknirschend zog er die letzte Spule aus der Tasche und holte aus.
„Hier hast du dein teuflisches Gold!“ In einem perfekten Bogen sauste
die Spule durch die Luft und traf Rumpelstilzchen an der Schulter.
Durch das Gewicht des Goldes nach hinten gerissen, verlor der Zwerg
den Halt. Er schrie … warf sich nach vorn … griff nach der Felskante,
die seinen Händen entgegen wuchs … aber er war nicht schnell genug.
Seine Fingerspitzen glitten ab. Schreiend stürzte er ins Tal.
Der König atmete auf, bis ihm klar wurde, dass er immer noch im Stein feststeckte und kein Werkzeug zur Hand hatte. Zum Glück lösten sich die Füße
des Königs aus dem Gestein, als ein dumpfer Schlag verkündete, dass der
Zwerg aufgeschlagen war. Offensichtlich hatte der Tod Rumpelstilzchens
Zauber beendet. Vor Erleichterung zitternd brach der König zusammen.
Er wartete bis der Morgen graute, bevor er sich an den Abstieg wagte und
es dauerte lange, bis er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte.
Rumpelstilzchen lag nicht weit entfernt mit verdrehten Gliedern im Gras.
Nachdenklich hob der König die Spule auf. Sie war mit Stroh umwickelt.
„Oh, oh“, sagte er. „Das wird Einigen gar nicht gefallen.“
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Eine Probierphase braucht man
Dolores Pieschke
um einhundertsten Geburtstag der Königinmutter waren
Gesandte aller Länder gekommen, meist junge Prinzen.
Die Königinmutter hatte eine reizende Urenkelin. Am Vormittag war großes Defilee und Übergabe der Geschenke, am
Abend großer Ball. Die Urenkelin war die schönste von allen, und die
begehrteste auch. Die Königinmutter sah es mit Wohlgefallen. Ab und zu,
wenn sie an ihren ersten Ball dachte, seufzte sie ein wenig.
Ein paar Tage später machte die Königinmutter mit ihrer Enkelin eine
Spazierfahrt. Man plauderte über dies und das. Plötzlich sagte das Mädchen: „Weißt du, Oma, die Prinzen sind alle blöd. Papa verlangt, dass ich
einen heirate.“ Sie machte ein missmutiges Gesicht. „Bis nächste Woche
soll ich einen auswählen. Am liebsten liefe ich davon.“
Die Königinmutter fragte lächelnd: „Wovon willst du leben? Außer Prinzessin zu sein hast du nichts gelernt.“
„Sonst gibt er mich dem erstbesten Spielmann, der an den Hof kommt.“
Die Großmutter nahm die Enkelin in den Arm. „Die Väter sind alle
gleich, besonders, wenn sie Könige sind. Als ich jung war, und mein
Vater mich dem erstbesten Spielmann geben wollte, nahm meine Großmutter mich in den Arm und erzählte mir ihre Geschichte, so wie ich
jetzt dir die meine.“
Die Prinzessin fiel ihr ins Wort: „Ich weiß, Oma, er gab dich einem Spielmann, der war eigentlich ein König.“
„Ach, kleines Mädchen, glaub nicht alles, was man dir erzählt. Ich bin
meinem Vater zuvorgekommen. Ein Spielmann kam an den Hof, und er
war schön anzusehen, konnte vortrefflich singen und geschickt die Laute
schlagen, da bin ich mit ihm gezogen.“
„Oma, auf und davon, einfach so?“
175
„Ja, mein Mädchen. Wir zogen von Ort zu Ort, er spielte und sang, und
ich tanzte. Es war eine schöne Zeit.“ Die alte Frau lächelte.
Die Enkelin ließ sie nicht lange von der Vergangenheit träumen. „Oma,
ein richtiger Spielmann? Und wie bist du Königin geworden?“
„Wir trafen auf dem Markt einen Korbflechter. Er hatte blaue Sternenaugen und brachte mir einen Korb voller Vergissmeinnicht. Ich tanzte mit
den Blumen im Arm und tanzte und tanzte. Und als ich aufsah, war mein
Spielmann verschwunden. So blieb ich bei dem Korbflechter. Mit einem
Pferdchen und einem Wagen zogen wir zu den Weidenbäumen, schnitten die Zweige, flochten Körbe und verkauften sie auf dem Markt.“ Wieder schwieg die Königinmutter.
Das Mädchen dachte an die geflochtene Truhe, in der Hüte aufbewahrt werden.
„Ach nein“, sagte die alte Frau, „die habe ich später auf einem Markt
gekauft. Sie gefiel mir so, und ihre Machart war mir irgendwie vertraut.“
„Warum bist du nicht bei ihm geblieben?“
„Warum? Ja, warum. Eines Tages verkaufte ein Töpfer neben uns seine
Krüge, Teller und Becher. Er spielte auf einer Tonflöte, so süß, so sehnsuchtsvoll, dass ich nicht widerstehen konnte. So wurde ich Töpferin.“
Der Prinzessin fielen die Krüge mit Blumen und Schalen voller Obst in
den Gemächern der Königinmutter ein. Sie sagte ungeduldig: „Omama,
du bist aber nicht mehr Töpferin!“
„Geduld, mein Kind, Geduld. Das Leben geht wie es geht. Und auch das
Erzählen kann sich nicht beeilen.
Eines Tages, ich hielt unser Geschirr feil auf dem Markt, da kam ein Reiter. Ein Pferd, so ein edles Tier hatte ich mein Lebtag nicht gesehen. Und
der Reiter erst, groß und stark, ein Bild von einem Mann. Ich konnte die
Augen nicht von ihm wenden und er nicht von mir. So lenkte er sein
Pferd falsch. Es zertrat ein paar irdene Schüsseln. Das ging nun nicht,
auch nicht beim schönsten Mann. ‚Herr!’ rief ich, ‚Herr! Gebt mir drei
Gulden für die Schüsseln!’ ‚Komm aufs Schloss!’ antwortete er, ‚da sollst
du alles haben!’“
„War das der Uropa? Ich meine, der König?“ fragte die Prinzessin.
„Nun wart’ doch ab, mein Naseweischen“, sagte die Königinmutter. „Ich
wusste es doch damals auch nicht.
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Ich verdingte mich also im Schloss als Küchenmädchen. Doch ich konnte den schönen Mann nicht finden. Am dritten Tag fand ein großer Ball
statt. Man tafelte und tanzte in allen Sälen. Ich trug Speisen und Getränke auf. Als ich dem König den Wein reichte, blickte er mich an und
sprach: ‚Willst du mir nicht die drei Gulden erlassen und lieber meine
Königin werden?’“
Die Prinzessin atmete auf und umarmte ihre Urgroßmutter. „Oma, liebe
Oma, du warst die allerschönste Königin!“ Sie hielt inne und sagte dann:
„Aber meine Mutter hat mir erzählt ...“
„Deine Mutter wurde als Prinzessin geboren und ist ihr Leben lang Prinzessin geblieben.“
Für den Rest des Weges schwiegen beide.
Als die Kutsche im Schlosshof hielt und sie ausstiegen, sagte der Haushofmeister mit einer Verbeugung: „Frau Königinmutter. Prinzessin. Ein
Spielmann ist gekommen und will Euch seine Aufwartung machen.“
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230
Rotkäppchen 2012
Ursula Heinrich
s handelt sich um eine besonders brutale und blutige Tat.“ Dramatische Gesten untermauerten die Aussage des Staatsanwalts. „Die
Aufnahmen der Leiche könnten einige von Ihnen schockieren.“ Er
deutete einem Gerichtsdiener, den Projektor anzuschalten.
Ich zwang mich, die Augen nicht abzuwenden. In drei Jahren bei der
Mordkommission hatte ich einiges zu sehen bekommen, aber er hatte
nicht gelogen. Es war schlimm.
„Wie Sie unschwer erkennen können, wurde das Opfer bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Ja, man möchte sogar sagen, was Sie hier sehen ist
nichts als ein Klumpen menschlichen Fleisches.“
Widerwärtiger Perverser. Der Staatsanwalt weidete sich regelrecht an seinen eigenen Worten. „Die Ungeheuerlichkeit dieses Verbrechens wird
Ihnen bewusst, wenn ich Ihnen das nächste Bild zeige.“ Ein Mausklick
und die nächste Projektion erschien. „Das hier ist Rosalie Kappel nur
wenige Tage vor ihrer bestialischen Ermordung. Eine unschuldige junge
Frau, nichts Böses ahnend. Gerade neunzehn Jahre alt.“
Ein Raunen ging durch den Saal.
Mein Blick fixierte die Leinwand. Als ich Rosalie das erste Mal gesehen
hatte, hatte sie beinahe die gleichen Sachen getragen. Ein freches, rotes
Barett auf ihrem blonden Pagenkopf. Bluse, bunte Strickweste und verwaschen blauer Cordrock.
Sie sah artig in die Kamera. Fast verlegen. Was für eine Heuchelei.
Es war nicht die erste Gerichtsverhandlung, der ich beiwohnte. Aber es
war die erste, bei der ich mich auf der Anklagebank wiederfand.
Mein Anwalt lehnte sich zu mir. „Es wäre hilfreich, würden Sie sich etwas
betretener zeigen, Herr Brenner.“
231
Betreten?
Ich war wütend, geschockt und ich hatte verdammte Angst. Aber eines
war ich mit Sicherheit nicht, und das war betreten.
Nicht nur der Staatsanwalt war ein Vollidiot, auch mein Verteidiger
begann mich zu nerven.
Wobei man ihm eines zu Gute halten musste, er hatte das Wunder vollbracht und die Verhandlung in kürzester Zeit anberaumen lassen. Es war
kaum einen Monat her, dass man mich verhaftet hatte. Und obwohl ich
meinem Anwalt für diese Meisterleistung dankbar war, hatte er sich verschnupft gezeigt.
„Das ist kontraproduktiv. Die Anklageerhebung wurde im Eiltempo abgeschlossen, und die letzten Ergebnisse der Gerichtsmedizin liegen mir
noch gar nicht vor.“
Meine Dienststelle war im Übrigen von dem Fall abgezogen worden,
wegen Befangenheit. Besser, sie hätten auch den Staatsanwalt ersetzt.
Durch jemanden, der die Dinge objektiver betrachtete. „Rosalie Kappel
war ein Engel der Güte. Hilfsbereit, aufopfernd…“
Wenigstens hier erhob mein Anwalt Einspruch. „Ich möchte an dieser
Stelle darauf hinweisen, dass gegen Frau Kappel kriminalpolizeiliche
Ermittlungen eingeleitet wurden. Die junge Frau war als mobile Pflegerin tätig und stand unter dem Verdacht, zumindest zwei ihrer betagten
Patientinnen dahingehend beeinflusst zu haben, ein Testament zu ihren
Gunsten aufzusetzen. Jeweils kurz bevor die Betroffenen verstarben.“
Der Staatsanwalt verzog den Mund zu einem angedeuteten Lächeln. „Ich
danke dem Herrn Kollegen sehr für diese Erläuterung. Wie Sie sehen
können, ging Rosalie Kappel so sehr in ihrer Arbeit auf – man kann es
vermutlich ihre Berufung nennen – dass sich ihre Schützlinge auf eine
derartig großzügige Art und Weise erkenntlich zeigten.“
Das war nicht länger zu ertragen. „So ein Quatsch! Das Mädel war eine
eiskalte Mörderin!“
„Ich rufe den Angeklagten zur Ruhe.“ Der Richter wirkte verärgert.
„Es wäre auch hilfreich, würden Sie sich eine Spur weniger aggressiv
geben.“ Ein weiterer guter Ratschlag meines Anwalts.
Ich war nicht aggressiv. Ich war verzweifelt.
Die Augen des Staatsanwalts blitzten auf. Er hatte soeben neue Munition
232
erhalten. „Die Art und Weise, wie Rosalie Kappel niedergemetzelt wurde,
zeugt von roher, ungezügelter Gewalt. Es ist hier nicht unerheblich zu
erwähnen, dass gegen den Angeklagten bereits im letzten Jahr ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde.“
Und ob das unerheblich war! Der Typ, ein bekiffter Drogendealer, hatte
sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, weil er Mitte Dezember auf
dem Glatteis vor dem Dienstwagen ausgerutscht war. Nicht meine
Schuld, wirklich nicht. Ich hatte ihn nicht mit Samthandschuhen angefasst, aber ich hatte ihn bestimmt nicht gestoßen. Das Verfahren war
rasch eingestellt worden.
Ich drehte den Kopf zur Seite und sah Karl hinten im Saal mit den Händen ringen. Brutale Polizeigewalt, ein Fressen für die Boulevardpresse.
Mein Chef hatte bestimmt die fetten Schlagzeilen vor Augen, die morgen
auf den Titelseiten prangen würden.
Neben ihm saß meine Mutter. Ich hatte gehofft, sie würde nicht erscheinen. Ich hatte auf sie eingeredet, mir den Mund fusselig geredet. Dabei
hätte ich es wissen müssen. Sie war dennoch gekommen. Mit unbewegtem Gesicht saß sie neben Karl, verfolgte die Verhandlung wie in Trance.
Ich wandte mich ab.
„Ich fasse also noch einmal die Fakten zusammen.“ Welche Fakten? Bisher
hatte der Staatsanwalt nichts anderes getan als mich als irren Killer darzustellen. „Die Tat fand in Rosalie Kappels Wohnhaus statt, am Waldrand,
sechs Kilometer von der nächsten Ansiedlung entfernt. Die junge Frau hat
dieses Haus alleine bewohnt.“ Das Haus, das sie von einer ihrer Patientinnen geerbt hatte, aber darüber verlor er freilich kein Wort. Stattdessen fuhr
er fort: „Es gibt keinerlei Anzeichen, dass eine andere Person als das Opfer
und der Angeklagte sich zur fraglichen Zeit dort aufgehalten haben. Wofür
es allerdings Beweise gibt, ist die Tatsache, dass es zwischen den beiden
kurz vor der Tat zu sexuellen Kontakten kam. Ich weiß“, er sah zu meinem
Anwalt, bevor dieser etwas erwidern konnte, „der Angeklagte hat eingeräumt, dass es im Laufe des Abends zu einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen ist. Aber das ist natürlich nur seine Sicht der Dinge.“ Deutete der jetzt auch noch an, ich hätte das Mädchen vergewaltigt? „Auf die
Unprofessionalität eines Polizisten, der sich einer vermeintlich verdächtigen Person sexuell nähert, möchte ich nicht näher eingehen.“
233
Ich hörte meinen Anwalt leise seufzen. Der Punkt ging an den Staatsanwalt.
Mein rechter Arm schmerzte, und die Handschellen machten es nicht
besser.
„Dass der Angeklagte selbst Polizei und Rettung verständigt hat, war nichts
anderes als ein kluger Schachzug. Um den Verdacht von sich abzulenken.
Obwohl jedem, der die schrecklichen Bilder gesehen hat, klar sein muss,
dass Rosalie Kappel keinen Bedarf mehr an einem Notarzt hatte.
Beim Eintreffen der Rettungskräfte war der Angeklagte nur notdürftig
bekleidet und über und über mit Blut bedeckt – Rosalie Kappels Blut. Laut
Aussage der Sanitäter schien er schwer verwirrt. Dieser emotionale Aufruhr
ist verständlich, wenn man das Blutbad bedenkt, das er angerichtet hatte.“
Ich biss mir auf die Lippen. Ich ballte die linke Hand zur Faust und
kämpfte vergeblich gegen das Zittern an. „Ich muss hier raus.“ Je früher
desto besser.
Mein Verteidiger schüttelte resigniert den Kopf. „Wir sind nicht ausreichend vorbereitet, die Zeit war viel zu knapp. Das Beste worauf wir hoffen können, ist eine Vertagung der Verhandlung. Sollte es schon heute zu
einer Urteilsfindung kommen, wandern Sie lebenslang hinter Gitter.
Alles andere wäre ein Wunder.“
An Wunder glaubte ich nicht. Doch wenn ich einen weiteren Mord verhindern wollte, lief mir die Zeit davon.
Alles hatte denkbar schlecht begonnen. Ich hatte vor dem Bildschirm
gesessen und versucht, einen Bericht einhändig in die Tastatur zu kloppen. Tipp, tipp, such. Tipp, such. Mein Zweifingersystem war an sich
erbärmlich genug, mit nur einer Hand war ich völlig unbrauchbar.
Julia schielte von ihrem eigenen Arbeitsplatz zu mir herüber. „Du hättest
im Krankenstand bleiben sollen, Steffen. Nicht gleich wieder ins Büro
marschieren. Also, ich hätte das ausgenutzt. Mir ein paar ruhige Tage
gegönnt.“
Ich versuchte ihr Handzeichen zu geben, aber Julia bekam wieder einmal
gar nichts mit. Auch nicht, dass unser Boss in der Tür stand.
„Das ist mir bewusst, Julia“, bemerkte Karl trocken und biss in sein
234
Wurstbrot. Dessen Geruch wehte bis zu meinem Schreibtisch. Mein
Magen knurrte.
„Wisst ihr, was die dümmste Fernsehserie war?“, fragte Julia, an niemanden Besonderes gerichtet.
„Nein.“
Auch Karl schüttelte den Kopf.
„Kommissar Rex. Als ob wir nichts zustande bringen würden, ohne dass
ein Köter uns hilft. Hunde sind überflüssig. Und die Gesetze viel zu
lasch. Einmal beißen und sofort weg mit dem Vieh, sage ich. Und die
Hundesteuern, die müssten so hoch sein, dass es sich jeder zweimal
überlegt, ob er sich wirklich so ein bellendes Monstrum halten möchte.“
Ich mochte Hunde, jedenfalls war das bis vor ein paar Wochen so gewesen.
Karl lehnte sich gegen den Türrahmen und schlang den Rest seines Brots
herunter. „Hier spricht die wahre Tierfreundin.“ Und mich fragte er: „Wie
sieht es aus, Steffen? Möchtest du die nächsten Wochen gemütlich Bürodienst schieben oder bist du fit genug für anderes?“
Hätte ich mich bloß nicht manipulieren lassen und weiter getippt. Stattdessen saß ich zehn Minuten später in Karls Büro.
Er knallte ein Foto auf den Tisch. „Sieht harmlos aus, oder?“ Er schielte
auf meinen Gips. „Glaub mir, von der Schwester willst du dich nicht verarzten lassen. Zwei ihrer Patientinnen sind innerhalb von drei Monaten
verstorben. Beide waren schwer herzkrank, und deshalb hat es bei der
ersten keinen Verdacht und auch keine Autopsie gegeben. Eine Feuerbestattung war es noch dazu, da lässt sich leider nichts mehr machen. Die
Beweise im zweiten Fall sind leider nicht schlüssig. Aber beide Male
wurde das kleine Persönchen“, er klopfte mit dem Zeigefinger auf das
Bild, „großzügig im Testament bedacht.“ Karl legte eine Aktenmappe
daneben. „Ich weiß, dass daran etwas faul ist, aber im Moment haben wir
so gut wie nichts in der Hand. Wir haben sie bereits dreimal vernommen.
Jetzt können wir nur hoffen, dass verdeckte Ermittlungen mehr ergeben.“ Karl schob die Mappe zu mir. „Wenn du möchtest, gehört sie dir.“
Die wenigen Unterlagen hatte ich rasch durchgeackert. Am Abend suchte ich das Cafe auf, das Rosalie Kappels Stammlokal war.
235
Sie saß an der Theke. Der Hocker daneben war glücklicherweise frei. Sie
schenkte mir einen Seitenblick, bevor sie sich wieder ihrem Cocktail widmete. Eine zähe, gelbe Flüssigkeit, die mit Schirmchen, Ananas und kandierter Kirsche serviert worden war.
Während ich bestellte, sah sie nochmals in meine Richtung. Als mein
Jack Daniels kam, grinste sie mich an. „Whisky? Dabei machen sie wirklich gute Cocktails hier, solltest du probieren.“
Sie legte den Kopf leicht schief und zog den Stick von ihrem Glas. Mit
den Zähnen zupfte sie die Kirsche herunter und begann daran zu lutschen. Danach benagte sie die Ananas und musterte mich mit niedergeschlagenen Wimpern. „Was ist mit deinem Arm passiert?“
„Streunender Hund.“
Ohne Halsband und Marke. Wäre ich im Dienst gewesen, hätte ich
wenigstens meine Waffe mitgeführt. Dann wäre es dem Mistvieh nicht
gelungen, seine Zähne in meinen Unterarm zu schlagen.
Rosalie legte die Ananasschale sorgfältig auf ihre Serviette. „Autsch. Sieht
ziemlich böse aus. Ich hoffe, sie haben dich gegen Tollwut geimpft?“
Allerdings. Auch wenn es bestimmt nicht nötig gewesen wäre.
Sie griff nach meinem Whiskyglas, roch daran, zog die Nase kraus und
stellte das Glas wieder zurück. „Was für ein Glück, dass ich Krankenschwester bin.“
Ich versuchte skeptisch drein zu sehen.
„Wirklich.“ Sie blickte mich eindringlich an, als wollte sie unbedingt, dass
ich ihr glaubte.
Ich ließ meinen Blick an ihr hinunter gleiten. Die Weste saß knapp
genug, um ihre Brüste zu betonen.
Eine Viertelstunde später hatte ich ihre Telefonnummer in der Tasche
und meine Hand auf ihrem Schenkel. Ihre Finger erforschten inzwischen
neugierig meinen Arm. Bis sie sie wegzog, so plötzlich als hätte sie sich
verbrannt. Gleichzeitig überkreuzte sie die Beine. Ich verstand den Wink
und lehnte mich zurück.
„Hallo Peter.“ Sie strahlte mich an. „Steffen, ich habe dir doch von meinem Freund erzählt.“
Der Mann beäugte mich misstrauisch. Er war älter als ich erwartet hätte,
weit über dreißig, und wirkte deplaziert zwischen den Chromhockern
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und den modernen Kunstdrucken an der Wand in seinen OutdoorHosen mit den ausgebeulten Taschen, dem Holzfällerhemd und einem
voll gestopften grünen Gilet. Aus seiner Brusttasche lugte eine Schachtel
Patronen hervor, wie sie für Jagdgewehre verwendet wurden.
„Verdammte Wölfe“, knurrte er, ohne auch nur einen von uns zu begrüßen.
„Komm, setz dich doch zu uns, mein Schatz“, forderte Rosalie ihn auf.
Er blieb stehen.
„Ich wollte nur sicher gehen, dass du gut nach Hause kommst. Du weißt
ja, dass mir das nicht gefällt. Das ist keine gute Sache, ein Mädchen, ganz
alleine, so nahe am Wald“, knurrte er. Es war vermutlich freundlich
gemeint, es klang nicht so.
„Ich gebe gut auf mich acht, mein Liebling.“ Sie legte spielerisch die
Hand auf seinen Arm.
Er stand weiterhin stocksteif da.
„Ich verspreche auch, ich lasse den großen, bösen Wolf nicht ein.“ Sie
klimperte kokett mit den Wimpern.
Jetzt war er wieder bei der Sache. „Wölfe. Man sollte es nicht glauben,
wie die sich in letzter Zeit vermehrt haben. Diese dämlichen Tierschützer sind froh, dass sie sich endlich wieder in unseren Wäldern ansiedeln. Die haben wohl noch nie gesehen, wie diese Bestien ein Schaf
gerissen haben. Sieht so aus, als sei gleich ein ganzes Rudel bei uns eingewandert.“
„Du klingst, als würdest du das persönlich nehmen, Peter. Sind doch
nur Tiere. Und ich gehe ja nicht im Wald spazieren.“ Rosalie rutschte
von ihrem Hocker und grinste mich an. „Man sieht sich.“
Falls ihr Freund die Aufforderung darin gehört hatte, zog er vor, sie zu
ignorieren. Wahrscheinlich dachte er immer noch an seine Wölfe.
Am nächsten Tag saß ich neben Karl im Auto. Wir hatten das Fernglas auf
Rosalie Kappels Haus gerichtet. Karl verschlang die Überreste seines kalten Cheeseburgers. Er wirkte so hager, beinahe ausgemergelt, dabei
beobachtete ich ständig, wie er etwas Essbares in sich hinein stopfte.
Meinen Kaffee hatte ich längst ausgetrunken. Ich klemmte den Pappbecher in die vorgesehene Halterung. Vielleicht hätte ich mittags auch
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etwas essen sollen, Kaffee füllt nicht unbedingt den Magen, vor allem
nicht der von der dünnen, schlabbrigen Sorte.
Karl knüllte das Burgerpapier zusammen und ließ es auf den Boden fallen. „Nicht gerade das Haus, das ich für mein Mädchen ausgesucht
hätte.“ Karls Tochter war nur unwesentlich jünger als Rosalie. „Außerdem hätte ich hier draußen eine Alarmanlage. Eine, die alle Register
zieht“, sinnierte er weiter.
„Weil du berufsbedingt geschädigt bist.“
„Klar, ich weiß ja, was für Kretins herumlaufen. Wie kommst du eigentlich voran?“
Mein Chef hatte entweder besonderes Vertrauen in meine Fähigkeiten,
schließlich hatte er mich erst am Vortag mit dem Fall betraut, oder er
wollte Druck ausüben. Das machte er gerne.
Nicht mit mir.
„Sag ich dir morgen. Ich habe mich für heute Abend zum Essen eingeladen.“
Karl pfiff durch die Zähne. „Du lässt aber auch nichts anbrennen.“
„Rein dienstlich.“
Er kniff die Augen zusammen. „Ich hoffe, du vergisst das nicht.“
„Hey, Boss. Du hast das Foto gesehen. Ein Playboyhäschen ist die echt nicht.“
„Wie geht es deinem Arm?“, wechselte Karl das Thema. Das war in letzter
Zeit offenbar der Dauerbrenner, wenn der Gesprächsstoff auszugehen
drohte.
„War schon mal besser.“
Er starrte aus dem Fenster in den Wald. Schwieg eine Minute oder zwei.
„Mich hat als Kind ein Hund gebissen.“ Seine Hand wanderte unbewusst
zu seiner Schulter. „Heute glaube ich das auch, aber damals“, sein Blick
war ins Leere gerichtet, „damals bin ich sicher gewesen, dass es ein Wolf
war, der mich angefallen hat. So riesig und so…“ Er schüttelte den Kopf.
„Lange her.“
„Versprichst du dir noch etwas von der Observierung“, wollte ich wissen,
„oder fahren wir zurück?“
Karl zuckte mit den Schultern. „Fahren wir“, verkündete er und drehte
den Zündschlüssel im Schloss herum. Er sah noch einmal zurück. „Das
Mädchen ist entweder tapfer oder leichtsinnig, wenn es ihr nichts aus238
macht, hier alleine zu leben. Die ist zäh, das sage ich dir. Das wird nicht
leicht, sie zu überführen.“
Das fürchtete ich auch. Trotzdem war ich überzeugt, dass wir auf der
richtigen Fährte waren. Ich konnte mir gut vorstellen, wie sich Rosalie
Kappel in das Vertrauen alter Damen schlich und ihnen das Gefühl gab,
liebevoll umhegt zu werden.
Ich hatte mich für cool gehalten, ich dachte, ich hätte alles gut im Griff.
Ich hätte besser auf meinen Instinkt hören sollen. Doch schon bei der
Fahrt zu ihrem Haus fühlte ich mich unruhig. Es war noch hell, als ich
durch den Wald den Hügel hoch fuhr, aber ich hatte ein seltsames Gefühl,
als ob ich aus dem Schatten der Bäume heraus beobachtet wurde.
Wahrscheinlich hätte ich gar nicht mit dem Auto fahren sollen. Mein Arm
sendete bei jeder Bewegung Schmerzsignale aus. Ich hatte Schmerzmittel im Handschuhfach, aber ich hasse Drogen, jede Form davon. Zwölf
lange Monate in der Drogenfahndung haben mir das klar gemacht.
Vor dem Haus parkte ich den Wagen. Ich läutete an der Tür. Und wartete.
Sie öffnete die Tür, ohne zu fragen, ohne durch den Türspion zu gucken.
Entweder, sie hatte mich kommen gesehen, oder sie war schlichtweg
unvorsichtig.
Ich starrte sie an, ich konnte nicht anders. Sie sah ganz anders aus als am
Tag davor. Das knallenge rote Stretchkleid schmiegte sich um ihre Kurven und ließ meiner Fantasie nur wenig Spielraum. Ihre Füße steckten in
hochhackigen Pumps. Sexy.
Sie hatte im Wintergarten gedeckt, komplett mit weißem Tischtuch, Kerzenleuchtern und schwerem Silberbesteck. „Antipasti, Penne al Pesto,
Arrosto di vitello und dann Kaffee. Das Dessert ist eine Überraschung.
Wie klingt das?“
Wie im Restaurant. Besser als in den Restaurants, die ich üblicherweise
besuchte.
Das Essen war ziemlich gut, denke ich jedenfalls. Mir fiel es schwer, mich
auf etwas anderes zu konzentrieren als auf Rosalies herzförmiges Dekolletee und die Art und Weise, wie sie ihre Haare hinters Ohr strich. Die
Flasche Chianti war bereits bei den Nudeln zur Hälfte geleert.
Dass ich beruflich gerade versagte, war offensichtlich. So etwas war mir
noch nie passiert. Ich wetzte nervös auf meinem Sessel hin und her und
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hatte leicht zu schwitzen begonnen.
Als Rosalie den Kaffee brachte, saß ich wie auf Nadeln. Sie stellte zwei
Flaschen daneben. „Der Lemoncello ist ein Traum, aber du möchtest
wahrscheinlich lieber den Grappa di Prosecco kosten.“
Sicher nicht den Likör.
Sie hatte den Kopf in beide Hände gestützt und sah mich über den Tisch
hinweg an, während ich den Grappa leerte.
Als ich das Glas zurück stellte, stand sie auf und umrundete den Tisch.
„Auf das Dessert möchtest du bestimmt nicht verzichten.“
Das war der Augenblick, in dem ich hätte gehen sollen.
Ihre Haut fühlte sich heiß an, als ich ihr das Kleid vom Körper zog. Und
als sie die Decke vom Diwan riss, stand fest, dass wir es nicht mehr bis
ins Schlafzimmer schaffen würden.
„Wow“, sagte sie schließlich eine ganze Weile später, und ließ sich auf die
Decke zurückfallen. „Wow“, sagte sie nochmals und kuschelte sich mit
ihrem perfekten kleinen Körper an mich an.
Ich hatte die Augen geschlossen. Als ich sie öffnete, war Rosalie aufgestanden und hatte sich ihr Kleid übergezogen. Nicht die Unterwäsche,
die lag immer noch dort auf dem Boden, wo wir sie verloren hatten.
Sie huschte barfuß zur Terrassentür.
Allmählich dämmerte mir, was für einen Fehler ich begangen hatte. Ich
hatte mich durch ein ganzes Haubenmenü geschlemmt, ich hatte Sex mit
Rosalie gehabt. Dabei war ich mehr denn je davon überzeugt, dass sie
Schuld am Tod der alten Damen war. Wie dämlich war denn das, ein Polizist, der sich von einer Mordverdächtigen derart einwickeln ließ? Sie
hatte das genau geplant. Wir hatten es ihr auch einfach gemacht. Wahrscheinlich hatte sie Karl und mich am Vortag im Auto entdeckt. Ganz
sicher, sie wusste Bescheid.
Sie öffnete die Terrassentür, strich die Haare hinters Ohr und blickte mit
einem kühlem Lächeln nach draußen. „Sieh mal, der Mond geht auf.“
Das waren ihre letzten Worte.
„… rufe den Zeugen der Verteidigung.“
Ich schreckte überrascht hoch, ich war mit meinen Gedanken abgedriftet.
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Noch überraschter war ich, als Peter, der Jäger, den Zeugenstand betrat.
„Was…?“
Mein Anwalt blickte grimmig nach vorne. „Das ist unsere letzte Chance.“
Der Richter vereidigte Dr. Peter Schellhammer, Hobbyjäger und Gerichtsmediziner.
Gerichtsmediziner?
„Diese verdammten Wölfe“, war das erste, was er sagte. Ich fragte mich,
ob er irgendwie verrückt war. Oder ob er wusste, was ich wusste. Nein,
unmöglich, dann hätte er nicht so ruhig und gefasst hier stehen können.
„Ich kann Ihnen nicht folgen. Können Sie das für uns alle präzisieren?“,
forderte ihn der Richter auf.
„Ich habe sie gewarnt“, Peter Schellhammer senkte den Kopf und
schluckte. „Ich habe Rosalie gewarnt. Ihr gesagt, was durch den Wald
streicht. Wölfe.“ Seine Stimme brach. „Wenn die hungrig sind, kennen Sie
kein Erbarmen. Seit Wochen schleichen sie um Rosalies Haus herum.“ Er
hatte die Hände um die Tischkante gekrampft, seine Knöchel traten weiß
hervor. „Ich hätte trotzdem nie gedacht, dass so etwas passieren würde.“
„Kommen Sie doch bitte zum Punkt. “Der Richter wurde ungeduldig. Der
Staatsanwalt durchbohrte den Zeugen inzwischen mit Blicken wie Dolche.
Schellhammers Blick glitt durch den Saal und blieb auf mir haften. „Der
Angeklagte ist unschuldig.“
Ich atmete aus. Die Anspannung löste sich.
„Rosalie ist keinem Verbrechen zum Opfer gefallen. In ihren Wunden
haben wir Speichel gefunden. Tierischen Speichel. Von einem Wolf, um
genau zu sein“, setzte Schellhammer fort.
„Wieso haben die bisherigen Ermittlungen das nicht zu Tage gebracht?“,
stellte der Richter den Staatsanwalt zur Rede.
Der zeigte Stacheln. „Weil hier alles verhuscht und gehudelt wurde …“
„Haben Sie dafür Beweise?“, wurde er vom Richter unterbrochen, der
diese Frage an Peter Schellhammer richtete.
Dieser nichte bedächtig. „Die werden Ihnen zugehen. Und ich hoffe,
jetzt unternimmt endlich jemand etwas gegen diese Wölfe.“
Ich wartete, während sich der Richter zur Urteilsfindung zurückzog. Ich
fühlte mich, als hätte jemand einen tonnenschweren Stein von mir abgewälzt, aber ein leiser Zweifel, ein nagendes Unbehagen blieben. Bis der
241
Richter schließlich verkündete: „Der Angeklagte, Steffen Brenner, ist
nach Lage der Beweismittel in allen Punkten freizusprechen.“
Einer der Wachbeamten schloss meine Handschellen auf.
Ich war frei.
Fast hatte ich nicht mehr daran geglaubt.
Aus den Augenwinkeln sah ich wie Karl den Gerichtssaal verließ. Mit
Sicherheit würde ich mir einiges über das Überschreiten unzulässiger
Grenzen anhören müssen, wenn ich morgen zum Dienst erschien. Mit
viel Pech stand mir ein weiteres Disziplinarverfahren bevor. Doch alleine
die Tatsache, dass ich meinen Dienst wieder aufnehmen würde, erschien
mir im Augenblick surreal.
Fast vier Wochen hatte ich in einer drei mal drei Meter großen Zelle verbracht. Gemeinsam mit einem geschwätzigen Buchhalter, der die Bilanzen seiner Firma kreativ aber ungeschickt verschönert hatte. Ich hatte
viel Zeit gehabt, mich zu erinnern.
Als ich zu mir gekommen war neben Rosalies verstümmelter Leiche,
hatte ich mich als erstes übergeben. Ich hatte auf die Terracottafliesen
gestarrt, auf die blutigen Spuren, die zur Terrassentür führten. Pfotenspuren. Wäre ich bei klarem Verstand gewesen, hätte ich nie versucht,
diese Spuren zu beseitigen. Aber meine Gedanken waren benebelt gewesen. Von dem Moment, als Rosalie die Nacht herein gelassen hatte, bis zu
ihrem Tod, herrschte schwarze Leere in meinem Gedächtnis.
Die Erinnerungen kehrten bruchstückartig zurück. Wieder und immer
wieder stieg mir der Geruch von Blut in die Nase. Und das Gefühl, das
damit einherging.
Nicht Ekel. Nicht Angst.
Ich hasse Drogen, weil ich es hasse, die Kontrolle zu verlieren.
Noch nie hatte ich weniger Kontrolle über mich besessen. Ich wollte sie
tot sehen und konnte nicht ablassen. Blutbeschmiert und nass als hätte
ich draußen im feuchten Gras gelegen war ich wieder zu mir gekommen.
Pfotenspuren. Peter Schellhammer hatte Recht gehabt. Ohne die ganze
Wahrheit zu kennen.
Vier Wochen seit Rosalinds Tod. Vier Wochen auf den Tag. Vollmond. Hätten sie mich zurück in die Zelle gebracht, hätte der Buchhalter die Nacht
nicht überlebt.
242
Hätte mir vor ein paar Wochen jemand von Werwölfen erzählt, ich hätte
ihn ausgelacht. Inzwischen wusste ich es besser. Es war Vollmond gewesen, als ich gebissen wurde.
Mein Anwalt klopfte mir auf die Schulter. „Das ist ja noch mal gut gegangen.“
Hatte der eine Ahnung. Der Horror fing erst an.
243
Gut gemeint
Mira Draken
er Weg war eine Qual. Eine steinige, von Schlaglöchern übersäte, staubige Piste, die geradewegs den steilen Schloßberg hinaufführte. Die heiße Mittagssonne machte es auch nicht gerade
besser. Er schleppte sich voran, Zentimeter um Zentimeter,
denn zu mehr war er schon lange nicht mehr imstande.
Wenn da wenigstens nicht die Sonne wäre... Er konnte förmlich fühlen,
wie sie das letzte Quentchen Flüssigkeit aus ihm heraussog. Der Weg
fühlte sich auch zunehmend steiler an, wenn das denn überhaupt noch
möglich war. Er verschnaufte.
Aber nur kurz. Die erbarmungslose Sonne ließ keine längere Rast zu.
Erneut raffte er sich auf, humpelte mühsam weiter. Wenn dieser Zauber
nicht gewesen wäre... Alle hatten sie ihm gesagt, er wäre verrückt. Das
sei es doch nicht wert, sein Leben dafür aufs Spiel zu setzen.
Nun ja, für einen Prinzen gehörte es sich einfach, sein Leben auf ’s Spiel
zu setzen. Zumindest war er so erzogen worden. Und er würde nicht aufgeben. Nie. Schon gar nicht, wenn das Ziel in Sichtweite war.
Er erreichte die Burgmauer. Leider führte der Weg weiter, um die halbe
Burg herum. Das Tor musste auf der anderen Seite liegen. Er konnte
nicht mehr. Erschöpft hockte er sich an die Mauer und schloss die Augen.
Eine feine Stimme. Die Prinzessin? Er öffnete die Augen, Nein, ein Mädchen, aber ein fremdes. Ein Bauernkind wohl. Was sagte sie da? Nein!
Das durfte sie nicht....!
Gott sei Dank. Ihr Vater rückte ihr den Kopf zurecht. Seine Rettung!
„Kind, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wir gehen nicht zurück zum
Teich! Lass den dummen Frosch da sitzen!“
351
Inhaltsverzeichnis
Und wenn sie nicht gestorben sind?
Ramona „Trashmarie“ Müller
Cinderellas Asche
Werner Münchow
Jorinde und Joringel
Ellen Kaiser
Rumpelstilzchens Namenstag
Katharina Gerlach
Aschenputtel
Mena Koller
Vermutung über das Verschwinden des Froschkönigs
Bernhard Horwatitsch
Dornröschen erwacht
Astrid Grimm
Hans und Margarethe
Melanie Vogltanz
Der verkaterte Stiefel
Elvira Wischniewski
Ronja
Lisa Altmeier
Einundzwanzig Jahre
Isabella Benz
Eine Probierphase braucht man
Dolores Pieschke
Die dreizehnte Fee oder Die Wahrheit über Dornröschen
Roselinde Dombach
Machtübernahme
Barbara Kendöl
Punkgirl
Sigrid A. Urban
Auf Schritt und Tritt
Katia Sieg fried
379
7
75
83
97
101
107
111
117
139
145
151
175
179
191
195
201
Hans im Glück, die Fortsetzung
Karl Otto Kaminski
Rotkäppchen 2012
Ursula Heinrich
Leserbrief an Dr. Sommer
Ute Malkowsky-Moritz
Das Böse ist immer und überall
Boris Schneider
Der Schneider und die Tiere
Elena Lidenbrock
Frau Holle, erzählt von Pechmarie
Gisela Kruyer
Prinzessin für eine Nacht
Kerstin Cimbal-Marocke
Körri
Stefanie Lasthaus
Jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge
Thea Derado
Auf Abwegen
Christiane Kleine
Hausordnung der 7 Zwerge
Heinz Kirchenmaier
Die Spinnerin
Sandra Hlawatsch
Blendwerk
Silvia Nold
Thalor, der liebende Hakir
Sarah Seyed Abbasi
Schneeweißchen und Rosenrot
Ruth Kornberger
Gut gemeint
Mira Draken
Zwei Königinnen
Caroline Strack
380
223
231
245
247
257
281
285
297
303
311
319
321
325
337
343
351
353
Die Autoren:
Altmeier, Lisa
Lisa Altmeier studiert Buchwissenschaft und Kunstgeschichte in Mainz.
Sie lebt in einer kleinen Stadt am Rhein.
Benz, Isabella
Isabella Benz ist eine Studentin der evangelischen Theologie, die im
März 1990 das Licht der Welt erblickte. Literatur, die großen Fragen des
Lebens und alte Sprachen beschäftigen sie ebenso wie Musik, ihre Pferde und das Reisen. Nach ihrem Abitur arbeitete sie für ein halbes Jahr in
einer Kindertagesstätte in Südafrika. Weitere Informationen über ihre
Werke und Veröffentlichungen finden sich auf der Homepage:
www.isabella-benz.de.
Cimbal-Marocke, Kerstin
Kerstin Cimbal-Marocke, geb. 1971, ist wohnhaft in Niedersachsen, mit
langjähriger Tätigkeit als Bürogehilfin. In ihrer Freizeit widmet sie sich
mit Freude dem Schreiben.
Derado, Thea
Thea Derado, promovierte Biochemikerin und vierfache Großmutter,
fand erst im Seniorenalter Muße zum literarischen Schreiben. Veröffentlicht: drei Bücher, zahlreiche Kurzgeschichten und Gedichte.
www.TheaDerado.de
Dombach, Roselinde
Roselinde Dombach, geboren an einem 7.Juni, schreibt für Kinder und
Erwachsene. Sie gestaltet Buchcover, malt, zeichnet und illustriert. Veröffentlichungen in etlichen Anthologien, zwei eigene Bücher.
www.rosisartonline.de.tl
Draken, Mira
Mira Draken lebt in Norddeutschland, züchtet leidenschaftlich gerne
Blumen und Katzen, und schreibt seit einigen Jahren für amerikanische
382
ebook-Verlage Romantasy. Ihre (englischsprachige) Homepage findenSie
unter www.miradraken.com .
Gerlach, Kathatrina
Katharina Gerlach tobte als Kind durch einen Wald im Herzen der Lüneburger Heide und verschwand tagelang in magischen Abenteuern, vergangenen Zeiten oder märchenhaften Wäldern. Nach einem Abschluss in
Forstwissenschaften begann sie, Science Fiction, Fantasy und Historische
Romane für alle Altersgruppen zu schreiben. Sie lebt in der Nähe von
Hildesheim mit ihrem Mann, drei Kindern und einem Hund.
Grimm, Astrid
Astrid Grimm, Jahrgang 1963, ist nicht mit den Gebrüdern Grimm verwandt.
Sie hat einen von ihnen geheiratet und denkt sich, seit sie schreiben kann,
gerne Geschichten aus. Heute arbeitet die Autorin im Bereich Medien und
Marketing eines Tourismusverbands. Sie ist Mitglied in einer Autorengruppe,
hat diverse Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht
und den 1. Preis bei einem regionalen Krimi-Wettbewerb gewonnen.
Heinrich, Ursula
Ursula Heinrich wurde 1970 in Wien geboren.
Nach Abschluss eines Übersetzerstudiums in den Sprachen Deutsch,
Englisch und Französisch unterstützte sie ihren Vater beim Aufbau seiner
Firma. Seit 1996 ist sie im In- und Ausland für das österreichische Außenministerium tätig. Freiberuflich arbeit sie als Übersetzerin.
Literarische Veröffentlichungen in Anthologien, u.a. „Pilz-Gericht“ in der
Anthologie „Im Kreis der Familie“,(Einsendungen zum Agatha-ChristieKrimipreis 2008), Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2008
Hlawatsch, Sandra
Sandra Hlawatsch wurde am 28. Februar 1978 in Ingolstadt geboren. Sie
hat Sprach- und Literaturwissenschaft studiert, lebt heute in der Nähe von
München. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Redakteurin der daz
(Deutsche Angst-Zeitschrift). Nebenbei arbeitet sie an einer Dissertation
über Franz Kafka und Daniil Charms; www.sandra-hlawatsch.de
383
Horwatitsch, Bernhard
Hintergründig und skurril sind seine Geschichten, kritisch und ironisch
gegen allzu große Bescheidwisserei seine Essays. Der Münchner Autor
gibt schon seit vielen Jahren Kurse in „Kreativem Schreiben“ und „Literatur“ an der mvhs und anderen Institutionen. Auch einen Film hat er
schon gedreht. 2007 entstand gemeinsam mit Sylvie Bantle ein 90 minütiger Dokumentarfilm (Das Brandloch) über die Bücherverbrennung 1933 in
München und den Umgang lebender Autoren mit dem Autodafe.
Bernhard Horwatitsch ist Herausgeber der Münchner Literaturzeitschrift
KLIVUSKANTE (www.klivuskante.com).
Kaiser, Ellen
Märchen, Mythen und Sagen faszinierten die 1990 geborene Ellen Kaiser
schon seit ihrer Kindheit im Schwarzwald. Nach ihrem Abitur zog sie
nach Karlsruhe, um dort Germanistik und Multimedia zu studieren.
Neben ihrem Studium schreibt sie leidenschaftlich gerne Geschichten,
die bevorzugt von düsteren Themen und Schauplätzen inspiriert sind.
Kaminski, Karl Otto
Karl-Otto Kaminski, Jahrgang 1939, Ruheständler mit kaufmännischer
Vergangenheit, lebt in Dortmund.
Er veröffentlichte bisher ein Kinderbuch in Versen, einen heiteren
Gedichtband sowie zahlreiche Gedichte und Kurzgeschichten in Zeitungen, Literaturzeitschriften und Anthologien.
Kendöl, Barbara
Barbara Kendöl ist Österreicherin und Wienerin. Sie begann ihre Berufstätigkeit als Journalistin, wurde aber bald Lehrerin mit Schwerpunkt
Autismus. Sie arbeitete unter anderem in Südafrika in einem Sozialprojekt, zog zwei behinderte Pflegekinder groß und setzte sich mit Menschen auseinander, die sich jeder Form der Normalisierung verweigern.
Vor vier Jahren begann sie wieder zu schreiben.
Kirchenmaier, Heinz
Heinz Kirchenmaier, 1941 geboren in Baden-Baden, hat nach 50 Arbeits384
jahren, nunmehr als Bahnamtmann a.D., endlich Zeit und Muse, das
eine oder andere heimatbezogene Geschichtchen zu ersinnen oder
nacherzählte Sagen oder Märchen zu schreiben.
Kleine, Christiane
Christiane Kleine, Jahrgang 1963, liebt Kekse, Katzen, Radfahren und natürlich Bücher. Eine besondere Vorliebe hat sie dabei für Fantastik, was sich
auch in ihren bisher 20 veröffentlichten Kurzgeschichten niederschlägt.
Koller, Mena
Mena Koller wurde 1988 im Königreich Bayern geboren. Sie lebt und
schreibt in Berlin, liest auf der Friedrichshainer Lesebühne „LUNGE“,
und wird gelesen im Berliner Kurzgeschichtenheft „Storyatella“.
Kornberger, Ruth
Ruth Kornberger wurde 1980 in Bremen geboren, hat in Ilmenau Angewandte Medienwissenschaft studiert, lebt mit Freund und zwei Kindern
in Mannheim und arbeitet als technische Redakteurin.
Verschiedene ihrer Kurzgeschichten wurden in Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht. Homepage: www.ruthkornberger.de
Kruyer, Gisela
Gisela Kruyer wurde 1953 in Leverkusen geboren, lebt heute in Köln
und schreibt seit ca. zwölf Jahren. In dieser Zeit entstanden zahlreiche
Kurzgeschichten, einige Gedichte und zwei Romane. Der Roman "Kommune Robin Hood und das Meldversäumnis" ist seit Mai 2012 als Buch
über www.bod.de/bod-shop erhältlich.
Lasthaus, Stefanie
Stefanie Lasthaus studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Bochum und Kopenhagen. Nach Projekten in Australien, London
und in der Schweiz ist sie heutzutage als Lead of Text im Bereich Onlinespiele sowie als freie Journalistin in Karlsruhe tätig. Zu ihren Arbeiten
zählen zudem Romane und Kurzgeschichten, Drehbücher und Dokumentarfilme.
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Lidenbrock, Elena
Elena Lidenbrock wurde im Jahr 1979 in Hamburg geboren. Dort lebt sie
heute noch in Gesellschaft ihres Freundes und zweier Katzen. Beim
Schreiben bevorzugt sie das Genre der Phantastik. Weitere Informationen finden sie unter: http://elenalidenbrock.jimdo.com/
Malkowsky-Moritz, Ute
Im Sauerland geboren, seit 25 Jahren in Berlin, wo sie mit 4 Kindern,
Mann und Kater lebt und neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin Kurse in Kreativem Schreiben gibt und die Autorengruppe LIT (Literatur in Tempelhof ) leitet (Näheres dazu unter lit-berlin.jimdo.com).
Müller, Ramona "Trashmarie“
Ramona Müller, 1962 in Leipzig geboren und aufgewachsen, Studium in
Halle/Saale, Dipl.agr.ing., lebt seit 1988 bei Barth in MV, schreibt seit
1999, liebt Wasser, Wald und Wandern. Veröffentlichungen in verschiedenen Anthologien sowie in der Rostocker Literaturzeitschrift RISSE.
Münchow, Werner
Werner Münchow war als freiberuflicher Berater in der Entwicklungshilfe und als Hochschullehrer tätig. Er lebt in Berlin und verfasst Hörbücher, u. a. „Das Bethlehem-Dossier“ - die Polizeiversion der Weihnachtsgeschichte, Kurzgeschichten mit meist kriminellem Hintergrund und
historische Kriminalromane. Mehr zur Person von Werner Münchow auf
den Seiten von: http://www.das-syndikat.com..
Nold, Silvia
Silvia Nold wurde 1975 in Ulm (besser gesagt: um Ulm herum) geboren,
ist promovierte Biologin und lebt seit 2008 in der Nähe von Heidelberg.
Dort ist sie hauptberuflich in der medizinischen Diagnostik tätig, während
sie in ihrer Freizeit mit Begeisterung phantastische Geschichten schreibt.
Pieschke, Dolores
Dolores Pieschke wurde 1947 in Berlin geboren und ist immer noch gern
Berlinerin. Hier ging sie auch zur Schule und wurde Tierärztin. Aber schon
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immer hing ihr Herz an Bücher(würmern) (fast) aller Genres. Diese Vorliebe haben ihre beiden Töchter übernommen. Nach ein paar Jahren als Tierärztin und im Umweltschutz arbeitet sie jetzt in der Chemie-Information.
Nach Feierabend schreibt sie Kurzgeschichten, Märchen und Gedichte.
Einige davon hat sie in Zeitschriften veröffentlicht. Ihre Anzahl ist noch
überschaubar. In einem Schreibzirkel trainiert sie ihre Schreibkunst und
den kritischen Blick darauf.
Schneider, Boris
Dr. Boris Schneider, Jahrgang 1971, stammt aus Burbach im Siegerland.
Studium der Biochemie.. Derzeit in München tätig. Lebt in Buchloe im
schönen Allgäu. Glücklich verheiratet und zweifacher Vater. Als Autor
Veröffentlichungen in zahlreichen Anthologien bei diversen Verlagen.
Seine ersten Bücher „Aroshs Blatt“ und „Schlechte Nacht Geschichten“
sind Anfang 2005 erschienen.
http://www.landsberger-autorenkreis.de/autoren/borisschneider.html
Seyed Abbasi, Sarah
Sarah Seyed Abbasi wurde am 29. Juni 1990 in Nürnberg geboren und ist
seitdem in selbiger Stadt wohnhaft. Gegenwärtig studiert sie, nach abgeschlossener Berufsausbildung zur Personaldienstleistungskauffrau,
Betriebswirtschaftslehre.
Siegfried, Katia
Katia Siegfried, Jahrgang 1979, wohnt mit ihrer Familie im Rheinland.
Die Geschichtsstudentin und Hobbygenealogin liebt und lebt das Phantastische. Ihre Leidenschaft fürs Schreiben hat sie erst kürzlich entdeckt.
Auf Schritt und Tritt ist ihre zweite Veröffentlichung.
Strack, Caroline
Caroline Strack, geboren 1979 in Andernach und aufgewachsen im
schönen Taunus, studierte Anglistik in Mainz und Stirling, Schottland.
Seit 2006 betreut sie Ausstellungsprojekte im Bereich zeitgenössischer
Kunst.
Ihre Kurzgeschichten und ihr in Arbeit befindliches erstes Romanpro387
jekt spielen zumeist auf dem schmalen Grat zwischen Wirklichem und
Unwirklichem, dem Hier und der anderen Seite.
Caroline Strack lebt mit Freund und Kater in Mainz.
Urban, Sigrid A.
Sigrid A. Urban (geb. 1971) lebt in der Nähe von München.
Neben Kurzgeschichten schreibt sie auch Romane. Ihre zwei Romane
„Engelsgesang“ und "Einmal Sinti und zurück" erschien im
Himmelstürmer Verlag. Ein neuer Roman ist in Arbeit. Homepage:
www.myspace.com/sigrid.a.urban
Vogltanz, Melanie
Melanie Vogltanz, geboren 1992 in Wien, studiert Deutsche Philologie,
Anglistik und Lehrerinnenbildung an der Universität Wien. 2007 veröffentlichte sie ihr Romandebüt mit „Im Kreis der Flammen“, weitere
selbstständige und unselbstständige Veröffentlichungen im Bereich der
Phantastik folgten. Neben ihrer eigenen literarischen Tätigkeit korrigiert
und lektoriert sie auch für Verlage und Kollegen. Nähere Informationen
zur Autorin finden Sie unter: http://www.melanie-vogltanz.net
Wischniewski, Elvira
Elvira Wischniewski wurde 1953 in Hamburg geboren, lebt hier zusammen mit drei Katern, einer Katze und einem Ehemann, mit dem sie
zusammen eine Anwaltskanzlei betreibt. Sie schreibt seit rund 10 Jahren
Kurzgeschichten, von denen ein paar schon veröffentlicht wurden, u.a.
errang sie den 2.Platz des Wettbewerbs "Gewaltfreies Burgenland".
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Verzeichnis der Illustrationen
Titelbild
Michelle Hothum
Historische Märchenillustrationen
Batten, John. D., 1860-1932, England (Seiten 336, 392)
Clarke, Harry, 1889-1931, Irland (Seiten 82, 100, 105, 144, 194, 284,
309, 324, 341, 342)
Ford, Henry Justice, 1860-1941, England (Seiten 96, 256, 283)
Rackham, Arthur, 1867-1939, England (Seiten 2, 3, 73, 110, 190, 295,
296)
Wenig, Bernhard, 1871-1940, Deutschland (Seite 244)
Moderne Illustrationen
Bildagentur Shutterstock (Seiten 1, 4, 6, 7, 16, 21, 27, 30, 38, 40, 42,
47, 48, 49, 51, 53, 61, 65, 74, 81, 95, 106, 115, 116, 138, 149, 150, 173,
174, 178, 200, 221, 222, 229, 230, 243, 244, 246, 255, 279, 280, 302, 310,
317, 318, 319, 310, 335, 350, 352, 372, 376, 377, 378, 381, 389, 390,
sowie alle sonstigen kleinen Verzierungen der Seiten)
Sonstige Quellen
Wikipedia / Wikimedia Commons (Seite 4, Portrait Geb. Grimm)
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Ende