streichle bauch brust nacken hintern
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Ungenügend von Asuka Lionera erschienen im Drachenmond Verlag ISBN: 978-3-95991-224-2 (Softcover) – 12 Euro ISBN: 978-3-95991-322-5 (Ebook) – 3,99 Euro Ungenügend Astrid Behrendt Rheinstraße 60 51371 Leverkusen http: www.drachenmond.de E-Mail: info@drachenmond.de Satz, Layout: Astrid Behrendt Lektorat & Korrektorat: Michaela Retetzki Umschlaggestaltung: Asuka Lionera Illustration: Rorius /shutterstock.com Umschlagbild: Artem Furman / shutterstock.com Ebook-Erstellung: Asuka Lionera ISBN 978-3-95991-322-5 Alle Rechte vorbehalten Bücher mit Herzblut 2 Ungenügend Für alle Lehrerkinder da draußen! 3 Ungenügend Kapitel 1 Wenn er nicht augenblicklich seine Klappe hält, entjungfere ich seinen Arsch. Mit einer Zucchini. Aus dem Garten meiner Mutter. Die hat irgendwie einen grünen Daumen, jedenfalls haben ihre Zucchini den Durchmesser meiner Waden. Und das will bei meinem durch Fußball trainierten Körper schon etwas heißen. Bereits seit Beginn der Pause geht mir Steven mit seinem Gelaber auf den Senkel. Haarklein erzählt er von den Weibern, die er letztes Wochenende abgeschleppt hat – nacheinander und ohne, dass die drei etwas voneinander erfahren hätten. Angeblich. Als würde mich das interessieren. Ich lehne mich auf meinem harten Schulstuhl zurück und heuchle Interesse, während meine Gedanken jedoch ganz woanders sind. Obwohl Steven seit dem Kindergarten mein bester Freund ist, nervt er nur noch, seit er entdeckt hat, dass das andere Geschlecht nicht nur zum Ärgern da ist. In den letzten Jahren hat er sich vom pausbäckigen Niemand zum zweitbegehrtesten Junggesellen der Schule entwickelt. Nach mir, versteht sich. Steven und ich sind wie Yin und Yang. Er ist der blonde, braungebrannte Sunnyboy, unser Star-Torwart, immer in Muskelshirts unterwegs und mit einem Lächeln, für das sämtliche Zahnpasta-Hersteller bei ihm Schlange stehen würden, um ihn für einen Werbespot zu buchen. Ich dagegen bin mit meinen kohlschwarzen, verwuschelten Haaren und dem durchtrainierten Körper der Geheimnisvolle, der Wilde, den jedes 4 Ungenügend Mädchen der Schule zähmen will. Als Kapitän der Fußballmannschaft spiele ich im Mittelfeld. Meine Mutter sagt immer, dass Steven und ich zweieiige Zwillinge oder so was sind, jedenfalls sieht man uns immer zusammen. Bei jedem Spiel, auf jeder Party. Zumindest kommen wir zusammen, verlassen die meisten Partys dann aber getrennt, mit einem oder mehr Mädchen im Arm. Während Steven nicht allzu wählerisch ist und – auf gut Deutsch – über nahezu jede drüberrutscht, die nicht bei Drei auf den Bäumen ist (und den Rest schüttelt er anschließend runter), habe ich da meine Prinzipien, für die mich die anderen gerne mal verspotten. Aber das ist mir egal. Ich stehe nun mal nicht auf wasserstoffblonde und in den Farbtopf gefallene Mädchen, die gerade noch so auf ihren Mörderabsätzen die Balance halten können. Für mich muss ein Mädchen … »Leon«, haucht es in mein Ohr und ehe ich reagieren kann, schiebt sich jemand auf meinen Schoß. Ich brauche nicht hinzusehen, um sie zu erkennen. Ihr klebsüßes Parfüm kann ich zehn Meter gegen den Wind riechen. So nah an mir riecht es sogar noch widerwärtiger und verursacht einen Brechreiz. Juliane, eine Schülerin aus der Klasse über mir, spreizt ihre nackten Beine und schiebt sich auf meinen Schoß, wo sie sich langsam vor und zurück bewegt. Vermutlich denkt sie, dass mich das scharfmachen würde. Tja, weit gefehlt. Ausdruckslos schaue ich sie an. »Kann ich etwas für dich tun?«, frage ich dann, als sie ihre Versuche auf meinem Schoß verstärkt. Sie trägt nur ein kurzes, weißes Etwas, das die Bezeichnung ›Rock‹ nicht verdient, und ich kann darunter ihr dunkelblaues Höschen aufblitzen sehen. Und es lässt mich so was von kalt. Mit einer fließenden Bewegung streicht sie ihre blonde Mähne nach hinten, um ihr Dekolleté zu entblößen. 5 Ungenügend Na ja, auch das hat die Bezeichnung ›Dekolleté‹ nicht verdient, denn sie hat nicht mehr als zwei etwas abstehende Nippel. Von Brüsten keine Spur. Ich stelle mir vor, dass selbst meine zehnjährige Schwester mehr Vorbau hat als sie und muss grinsen. Anscheinend deutet sie das Heben meiner Mundwinkel falsch, denn nun beugt sie sich vor und kommt mit ihrem Mund ganz nah an mein Ohr. »Diesen Samstag bei mir«, haucht sie hinein. Dann zieht sie ihren Kopf langsam wieder zurück und streift wie zufällig meine Wange mit ihren Lippen, die mit diesem klebrigen Lipgloss beschmiert sind. Okay, das reicht. Ich stehe abrupt auf, wodurch sie nach hinten taumelt und sich gerade noch am Tisch vor mir festhalten kann. Wie ein Schaf glotzt sie mich mit ihren blassblauen, nichtssagenden Augen an. Gott, wie ich diese Tussen verabscheue. Dennoch lächle ich mein berühmtes einseitiges Lächeln, das die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fallen lässt, und nicke ihr zu. Mit einem dicken Grinsen klatscht sie in die Hände, winkt mir und verschwindet aus meinem Klassenraum. Ich setze mich wieder hin und ignoriere Stevens Starren. Angewidert ziehe ich mein Shirt mit spitzen Fingern nach vorne und schnüffle daran. Genau, wie ich es mir dachte. Ich muss mich nach dem Training dringend umziehen, damit mich der Gestank des Parfüms nicht den ganzen Tag verfolgt. Am besten sollte ich das Shirt gleich verbrennen … »Was will die denn von dir?«, fragt Steven neben mir und beugt sich vor. »Ich dachte, du stehst nicht auf diesen Typ Mädchen.« »Tue ich ja auch nicht, aber irgendwie musste ich sie ja loswerden«, gebe ich zurück. Tatsächlich würde ich bei einer wie Juliane nie im Leben einen hochkriegen. Never ever. Sie ist so weit von meiner Idealvorstellung entfernt wie der Mars von der 6 Ungenügend Erde, aber irgendwie kapiert sie es nicht. Schon seit Jahren scharwenzelt sie um mich rum, treibt es hin und wieder mit Steven und wer weiß mit wem noch. Anscheinend kratzt es an ihrem Schlampen-Image, dass ich sie immer zurückweise. »Du stehst ja nur auf die braven Mädels«, meint Steven und ich muss grinsen. Im Grunde ist das richtig, wobei ich auch die ein oder andere Wildkatze nicht von der Bettkante stoßen würde, wenn sie in mein Beuteschema passt. Dennoch habe ich meine Prinzipien. Abgesehen vom Äußeren schlafe ich nie zweimal mit dem selben Mädchen, ich nehme nie ein Mädchen mit nach Hause und ich übernachte nie bei einem Mädchen. Auf diesen ganzen Stress am Morgen danach habe ich einfach keinen Bock. »Wenn man dich nicht besser kennt, würde man noch denken, du seist prüde.« Steven sieht mir ernst ins Gesicht, wackelt jedoch zweideutig mit den Augenbrauen. Ich dresche ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Tja, Compadre, mein Schwanz möchte eben nicht zweimal dieselbe Grotte besichtigen.« Steven bricht in schallendes Gelächter aus. »Wenn es ja nur das wäre. Aber die Mädels müssen bei dir ja immer aussehen wie sie.« Schlagartig werde ich ernst. Niemand spricht über sie. Nicht, wenn ich in der Nähe bin. »Du weißt schon, das Mädel von damals, dem du noch heute nachtrauerst.« Mein bester Kumpel bemerkt meinen Stimmungswandel, als ich ihn mit meinem Noch-ein-Wort-und-du-liegst-tot-auf-dem-Boden-Blick anstarre, und will einlenken. »Hey, so langsam könnte Frau Bock ja auch mal eintrudeln.« Ich werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand. Die Mathestunde hat 7 Ungenügend schon vor sieben Minuten begonnen, aber von Frau Bock – unserer gehassten Mathelehrerin, der Ausgeburt der Hölle – fehlt jede Spur. Nicht, dass mich das traurig machen würde. Wenn diese Hexe blutend vor mir auf der Straße liegen würde, würde ich mit einem dicken Grinsen über sie steigen und mich meines Lebens freuen. In den letzten Jahren hat sie mich schon so oft vor der Klasse lächerlich gemacht und durch die Prüfungen rasseln lassen, dass sich die anfängliche Antipathie in blanken Hass gewandelt hat. Ich zucke mit den Achseln und meine Gedanken schweifen ab. Verdammter Steven! Warum musste er auch von ihr anfangen? Dem einzigen Mädchen, das mir je etwas bedeutet hat. Nach dem ich mich heute noch verzehre. Und das sich mit jeder messen muss, die auch nur einen Finger an mich legen will. ### Es war vor etwas mehr als drei Jahren. Mathe war schon immer mein Hassfach und ich war so schlecht, dass meine Eltern beschlossen, einen Nachhilfelehrer für mich einzustellen. Nachdem ich die ersten drei Lehrer vergrault hatte – alle waren vertrocknete alte Kerle ohne Sinn für Humor –, kam sie plötzlich durch unsere Tür. Ich hatte zwar nie an solchen Quatsch wie ›Liebe auf den ersten Blick‹ geglaubt, aber in der Sekunde, als ich sie sah, wurde ich eines Besseren belehrt. Schon damals war ich ein ziemlicher Draufgänger und Kapitän der Junior-Fußballmannschaft. Selbst mit fünfzehn lagen mir die Mädchen zu Füßen und ich musste nur mit dem Finger schnippen, wenn ich eine von ihnen haben wollte. Und ich hätte nie gedacht, dass es gerade bei ihr ›klick‹ machen würde. 8 Ungenügend Auf den ersten Blick und ohne rosarote Brille sah Alex langweilig aus: braunes, langes Haar, das sie zu einem Dutt – ja, einem Dutt! – gesteckt hatte, brave Bluse und knielanger Cordrock, dazu eine schwarze Brille und flache Schuhe. Trotzdem – oder gerade deswegen? – verliebte ich mich im ersten Augenblick in sie. Ich weiß noch, dass ich gerade die Treppe herunterkam, als sie meiner Mutter die Hand schüttelte und sich vorstellte. Ich konnte sie nur mit offenem Mund anstarren und blieb mitten auf der Treppe stehen, als sei ich dort festgewachsen. Ich musste ausgesehen haben wie ein Schwachkopf, als sie auf mich zukam und mir die Hand hinhielt. Mit einigen Sekunden Verspätung ergriff ich sie – Gott, hatte sie weiche Haut! –, klappte meinen Mund endlich wieder zu und schaffte es endlich, ihr ins Gesicht zu schauen. Grasgrüne Augen funkelten hinter den Brillengläsern freundlich zu mir und ihre sanften rosa Lippen – ohne Lipgloss! – schoben sich an den Seiten nach oben. »Hallo Leon, ich bin Alexandra.« Sie hatte eine so wundervoll weiche Stimme, die ich mir aber auch sehr gut am anderen Ende einer teuren Telefonnummer vorstellen konnte. Verrucht, aber trotzdem wie das brave Mädchen von nebenan, der man die Dinge, die gerade in meinem Kopf passierten, niemals zutrauen würde. »Nenn mich einfach Alex. Ich werde dich in die Wunderwelt der Mathematik einführen!« Mädel, ich bin hier derjenige, der irgendwas einführt. Beinahe wäre mir dieser Satz wirklich über die Lippen gekommen und ich presste selbige lieber ganz schnell zusammen, ehe ich mich in Gegenwart meiner Mutter irgendwie ungebührlich verhielt. Augenblicklich reagierte mein Körper auf die junge Frau vor mir und ich nickte nur wie ein Vollidiot, weil ich meiner Stimme nicht traute und ich Angst hatte, sie mit meiner direkten Art zu verschrecken. Meine Mutter beobachtete das Schauspiel vom unteren Ende der Treppe 9 Ungenügend aus zusammengekniffenen Augen, entschuldigte sich dann aber ohne ein weiteres Wort. So kannte sie ihren sonst so wortgewandten Sohn wohl nicht, gerade im Umgang mit den verhassten Nachhilfelehrern. Aber dieses Mädchen, nein, diese junge Frau bildete garantiert eine Ausnahme und in mir keimte bereits die Vorfreude auf unsere gemeinsame Zeit. Also stand ich da mit dem Traum meiner kommenden schlaflosen Nächte auf der Treppe und hatte keine Ahnung, was ich nun machen sollte. In meinem ganzen Leben kam ich mir noch nie so hilflos vor. Erfolglos durchforstete ich mein Gehirn nach irgendeinem coolen Spruch, um die Situation irgendwie aufzulockern, aber alles, an was ich denken konnte, war ihr Duft, waren ihre Augen und ihr wundervoller Körper, der nur einen halben Meter vor mir stand. Sie duftete nach Vanille. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Mehr. Ich wollte mehr davon! Ob sie wohl überall so wundervoll süß roch? Ihr Lachen holte mich in die Gegenwart zurück. »Das ist Bodybutter. Ich kann dir gerne was besorgen, wenn du den Duft magst.« Oh. Mein. Gott. Bitte, eine Schaufel, damit ich mir mein eigenes, verdammtes Grab buddeln kann. Ich lief feuerrot an und schämte mich in Grund und Boden. Hoffentlich standen mir meine schmutzigen Gedanken und all die Stellungen, die ich mit ihr ausprobieren wollte, nicht quer über die Stirn geschrieben … Unschlüssig verlagerte Alex ihr Gewicht von einem Bein auf das andere und blickte sich suchend um. »Wollen wir uns irgendwo hinsetzen und du zeigst mir, was ihr in Mathe gerade durchnehmt?« Wieder gerieten meine Gedanken auf einen ganz anderen Trip. Ich zeige dir gerne, was ich durchnehme – nämlich dich. Meine Shorts unter der Jeans spannte fürchterlich und ich konnte kaum noch gerade stehen. Zitternd deutete ich auf das Esszimmer und entschuldigte mich einsilbig, um meine Unterlagen zu holen. 10 Ungenügend Schnell flitzte ich in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu. Verdammt, was war das denn bitte? Seit wann verhielt ich mich denn wie so ein dämlicher Idiot? Ich war cool, verfickt noch mal! Ich stürmte ins angrenzende Badezimmer, hielt meinen Kopf unter eiskaltes Wasser und hoffte, dadurch wieder halbwegs zur Besinnung zu kommen. Ich hatte schließlich einen Ruf zu verlieren. Mädchen fielen vor mir in Ohnmacht, und nicht andersherum! Ich würde mir doch jetzt nicht von einem Mädel einfach so den Kopf verdrehen lassen. Anschließend stylte ich kurz meine Haare, verwuschelte sie zu einem Out-of-Bed-Look und strich meine Klamotten glatt. Danach sammelte ich mich kurz, schnappte meine Mathebücher und rannte nach unten ins Esszimmer – jede Sekunde ohne sie kam mir endlos lang vor –, wo Alex ihre Unterlagen bereits auf dem Tisch ausgebreitet hatte und gedankenverloren an einem Stift kaute. Mein Blick saugte sich förmlich an ihren Lippen fest, die sanft das hintere Stiftende umschlossen. Sie beugte sich vor und ihre großen Brüste lagen schwer auf der Tischplatte, sodass ich sogar ihren weißen Spitzen-BH durch die Knopfleiste ihrer Bluse sehen konnte. Gott, ich würde nie wieder an diesem Tisch essen können, ohne an diesen Anblick zu denken. Als ich dann auch noch ihre rosa Zungenspitze aufblitzen sah, während sie am Stift kaute, war es um meine Beherrschung geschehen. Ich ließ die Mathebücher zu Boden fallen und stürmte wieder aus dem Zimmer. Es gab nur einen Weg, um diese Gedanken zumindest vorübergehend aus meinem Kopf zu kriegen. Ich rannte die Treppe nach oben in mein Zimmer und schloss hinter mir ab. Mehrmals musste ich tief durchatmen, bis mein Herzschlag wieder einigermaßen auf Normaltempo lief und ich nicht mehr kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen. Scheiße, was lief denn hier ab? Noch nie hatte mich ein Mädel so dermaßen aus der Fassung 11 Ungenügend gebracht! Ich war doch derjenige, der ihnen feuchte Höschen bescherte durch das, was ich ihnen zuflüsterte, und die Art, wie ich meine Hände über ihren Körper wandern ließ. Doch mit Alex schien alles anders zu sein, wie mir auch die untere Region meines Körpers eindrucksvoll mitteilte. Tief durchatmen, Leon! Dann ging ich zu meinem großen Bett, öffnete meine Jeans, schob sie mitsamt den Shorts bis zu den Kniekehlen runter und umschloss meinen harten Schwanz, der bereits gierig zuckte, fest mit der rechten Hand und begann, sie auf und ab zu bewegen. Es dauerte nicht lange und ich brauchte keine besonderen Anregungen, wie die Heftchen, die ich unter meinem Bett versteckte. Allein die Gedankenfetzen, wie ihre kleine rosa Zungenspitze über das Ende des Stiftes fuhr oder wie sich ihr BH eng um ihre vollen Brüste schloss, reichte mir, um abzuspritzen. Zweimal. Mein Gott, war das peinlich … So war ich das letzte Mal mit zwölf drauf. Nachdem ich mich gesäubert und meinen befriedigten Schwanz wieder in meiner Hose verpackt hatte, trat ich zum zweiten Mal den Weg ins Esszimmer an. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war und hoffte, dass sie noch nicht verschwunden war. Wurde sie nach Stunden bezahlt? Egal, meine Eltern hatten Geld wie Heu, sie konnten sich im Grunde zehn Nachhilfelehrer für mich leisten. Doch vielleicht war sie trotzdem schon gegangen, weil sie noch einen Termin hatte? Oh bitte, bitte, lass sie noch da sein! Sie saß noch genauso da, wie ich sie verlassen hatte. Wahrscheinlich hatte sie gar nicht gemerkt, dass ich zwischenzeitlich verschwunden war und das war auch besser, denn so konnte sie keine Fragen stellen, die ich nicht beantworten wollte. Doch diesmal blickte sie auf, als ich das Esszimmer betrat. Wortlos 12 Ungenügend schaute sie auf die Bücher, die ich vorhin einfach auf den Boden hatte fallen lassen und nun umständlich aufhob, und lächelte mich an, als ich mich ihr gegenübersetzte. Ihr Lächeln ließ meinen Magen Purzelbäume schlagen und mein Mund wurde mit einem Mal staubtrocken. »Also«, begann sie, »dann erzähl doch mal, was ihr gerade behandelt.« Erneut verselbstständigten sich meine Gedanken, doch die Reaktion war diesmal nicht ganz so offensichtlich – ich hoffte zumindest, dass man mir meine Gedanken nicht ansah! – und mein Gehirn erhielt den Befehl zum Antworten. »Quadratische Gleichungen.« Ich wurde erneut mit einem Lächeln belohnt, was wieder eine kleine Schar Schmetterlinge heraufbeschwor. Dieses flatternde Gefühl in der Magengegend war mir vollkommen neu, doch ich mochte es irgendwie. Es hatte mit ihr zu tun und alles, so schien mir, was mit ihr zu tun hatte, war großartig. »Sehr gut, das Thema habe ich hier schon aufgeschlagen. Zeig mir am besten, was für Aufgaben ihr dazu schon durchgenommen habt«, hier kamen meine Gedanken erneut kurz ins Straucheln und ich musste mehrmals blinzeln, bis mein Gehirn wieder auf Kurs war, »und ich gebe dir dann noch ein paar neue Gleichungen, die du bis zu unserem nächsten Treffen alleine durchrechnest.« Alles, was ich verstand, war, dass sie schon bald gehen würde. Das durfte ich nicht zulassen! Fieberhaft suchte ich nach irgendeiner unauffälligen Lösung, damit sie noch länger blieb. Sie konnte doch nicht einfach so verschwinden, nachdem wir erst ein paar Minuten zusammengesessen hatten! Ja, okay, die restliche Zeit hatte ich ja auch damit vertrödelt, mir einen runterzuholen, aber trotzdem! Also begann ich, sie auszufragen und ich war echt froh, dass sie mir nicht einfach sagte, dass mich all das einen Scheißdreck angehen würde, sondern mir bereitwillig antwortete. Was sie in ihrer Freizeit machte, was sie 13 Ungenügend gerne aß, ob sie einen Freund hätte – zum Glück nicht! –, warum sie Nachhilfe in Mathe gab. Es wurde ein sehr interessanter Nachmittag, an dem ich viel über Alex lernte, und ich spürte, wie diese junge Frau sich mit jeder Antwort weiter in mein Herz schlich. Von meinen wildesten Gedanken ganz zu schweigen. ### Ich werde aus meinen Erinnerungen gerissen, als die Tür zu unserem Klassenzimmer aufgeht. Frau Bock ist also endlich da, fast fünfzehn Minuten zu spät zum Unterricht, was sonst gar nicht ihre Art ist. Normalerweise wartet sie immer schon an ihrem Lehrertisch und beobachtet uns über den Rand ihrer Hornbrille hinweg, wie wir lustlos auf unsere Plätze schlurfen. Na ja, alles, was meine Zeit mit diesem Monster verkürzt, soll mir recht sein. Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn sie gar nicht aufgekreuzt wäre … Ich starre stur die Wand neben der Tafel an und bereite mich innerlich auf eine weitere totlangweilige und vor allem völlig sinnlose Mathestunde der Oberstufe vor. Jetzt mal ehrlich: Glaubt wirklich jemand, dass wir diesen Mist je wieder in unserem Leben brauchen? Wie vor jeder verdammten Stunde bete ich einfach nur, dass es schnell vorbeigehen möge und ich nicht aufgerufen werde. Meistens habe ich dieses Glück nicht, denn Frau Bock scheint einen besonderen Narren an mir gefressen zu haben. Sie sagte mir einmal, dass sie mich von meinem hohen Ross schon runterholen und mir Demut lehren wird. Am Arsch! Als ob es mich demütiger machen würde, wenn ich vor der ganzen Klasse ihre dämlichen Aufgaben nicht lösen kann! Mich würde mal brennend interessieren, ob sie es selbst könnte, aber sie steckt ihre Nase ja immer in ihr hochheiliges Lösungsbuch. Schöne Lehrer 14 Ungenügend haben wir hier … Doch es ist nicht Frau Bock, die plötzlich an der Tafel steht und mit fließenden Bewegungen einen Namen daran schreibt. Der lange geflochtene Zopf schwingt an einer kurvigen Rückansicht hin und her und ich höre schon die geflüsterten Sprüche meiner Klassenkameraden. Es kommt nicht oft vor, dass wir Lehrerinnen unterhalb der fünfzig Jahre bei uns begrüßen dürfen. Meist übernehmen solch junge Frauen Grundschulklassen, aber definitiv nicht die zwölfte voll pubertierender Jugendlichen. Der Grund dafür steht den Jungs um mich herum mit einem dämlichen Grinsen ins Gesicht geschrieben. Hier und da knuffen sie sich bereits an und deuten auf die junge Frau, die noch immer mit dem Rücken zu uns steht. Na, das kann ja heiter werden. Ich werde nicht nur mit Ableitungen von f1(x) gefoltert, nein, nun muss ich mir auch noch eine fast komplette Stunde die dummen Sprüche und das notgeile Gesabber meiner Klassenkameraden anhören! Genervt stütze ich den Ellenbogen auf den Tisch und lege mein Gesicht in die Hand. Mit der anderen blättere ich lustlos in meinem Hefter umher und suche meine letzten Notizen. Warum mache ich mir eigentlich Notizen von dem Müll? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass mich jemand in einem Einstellungsgespräch mal fragt »Können Sie diese Gleichung nach f1(x) ableiten?« oder »Können Sie uns bitte die Gretchen-Fragen erläutern?«. Bullshit. Mathe ist noch nie mein Lieblingsfach gewesen und es ist auch der einzige Grund, warum ich mit neunzehn noch in der zwölften Klasse sitze. Die zehnte musste ich nämlich zweimal machen. Mehr oder weniger freiwillig. Aber irgendwie musste ich schließlich meine Eltern ja dazu kriegen, meine Nachhilfelehrerin wieder einzustellen. … was allerdings nicht 15 Ungenügend so wirklich funktioniert hat, der Schuss ging nach hinten los. Nun wusle ich mich also mehr schlecht als recht durch Kurvendiskussionen und Gleichungsableitungen, die ich nie wieder in meinem Leben brauche. Meine Augen wandern desinteressiert nach vorne, wo die junge Frau gerade die Kreide weglegt und sich die Hände abklopft. Auf der Tafel steht ›Frau Wenzel‹ und daneben eine kleine grinsende Sonne. Wie süß. Willkommen in der Vorschulklasse. Ich möchte mich übergeben. Kann es jetzt eigentlich noch schlimmer werden? Nicht nur Mathe, nicht nur eine junge neue Lehrerin, nicht nur das postpubertäre Gelechze meiner Mitschüler – nein, nun werden auch noch grinsende Sonnen an die Tafel gemalt! Ich bin eindeutig in der Hölle angekommen. Und dann dreht sie sich um und mein Kopf schlägt beinahe auf der Tischplatte auf. Neben mir nehme ich am Rande das kollektive Luftanhalten der Jungs und das neidisch-abwertende Zischen der Mädchen wahr. Ach. Du. Heilige. Scheiße. Meine Augen wandern von ihrer Hüfte – denn der untere Rest wird vom Lehrertisch verdeckt – über ihre schmale Taille, hinweg über ihre üppigen Brüste, die wieder versuchen, ihre Bluse zu sprengen, bis hin zu ihrem Gesicht, das sich innerhalb dieser drei Jahre überhaupt nicht verändert hat. Sie trägt nun eine Nerd-Brille mit dickem, schwarzen Rand und ihre Haare sind zu einem strengen Zopf geflochten, der nach vorne über ihre Schulter fällt. Ungläubig schaue ich abwechselnd in ihr Gesicht, zur Tafel und wieder zurück. Ich spüre, wie die Rädchen in meinem Gehirn arbeiten, doch irgendwie kommt nichts Gescheites dabei heraus. Das ist sie nicht. Das kann sie nicht sein! Sie heißt nicht Wenzel. Ihr Nachname war Scholz, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Wie könnte 16 Ungenügend ich das auch vergessen, selbst wenn es schon über drei Jahre her ist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Unmöglich! Ich bringe auch nichts durcheinander. Alles, was diese Frau betrifft, hat sich unauslöschlich in mein Gehirn eingebrannt. Irrtum ausgeschlossen. Während ich noch fieberhaft versuche, mir einen Reim darauf zu machen, schlägt sie das Klassenbuch auf, um die Anwesenheit durchzugehen, besinnt sich dann aber kurz und schaut in die Klasse. »Mein Name ist Frau Wenzel«, stellt sie sich sinnloser Weise nochmals vor, schließlich steht ja ihr Name groß – und mit Sonne! – an der Tafel. »Ich bin die Vertretung für Frau Bock, die einen längeren Kuraufenthalt antreten musste.« Mit anderen Worten: man hatte sie endlich eingewiesen, zumindest glaube ich ganz fest daran. »Ich hoffe, dass wir alle gut miteinander auskommen werden!« Ich blicke zur Seite und sehe die anzüglichen Blicke meiner Kameraden, wie sie sie mit ihren Augen bereits ausziehen. Ich weiß genau, was sie denken, wenn sie sie ansehen, schließlich habe ich selbst so gedacht. Aber hey – bei mir ist das auch etwas ganz anderes. Ich will sie anschreien, ihnen sagen, sie sollen ihre dreckigen Augen von ihr nehmen, und will mit ihren Fressen die Tische polieren. Niemand hat mein Mädchen dermaßen schmierig anzuglotzen! Aber ist sie auch wirklich mein Mädchen? Immerhin stimmt der Name nicht. Vielleicht hat sie auch eine Zwillingsschwester oder so was … die zufällig auch Lehrerin ist. Ja, Leon, sehr wahrscheinlich. Aber anders kann sich mein Gehirn diesen Zusammenhang einfach nicht erklären. Währenddessen geht sie seelenruhig die Namen durch, als würde sie all das nicht merken. Weder die Blicke, die die anderen ihr zuwerfen, noch das heisere Geflüster und Gekicher noch meinen inneren Kampf und das Klicken der Rädchen in meinem Gehirn. Es dauert jedoch nicht lange, bis sie innehält und mehrmals blinzelnd genauer ins Klassenbuch schaut. 17 Ungenügend »Leon … Bergmann?«, fragt sie zögernd und sieht sich in der Klasse um. Nach nur wenigen Augenblicken bleibt ihr Blick an mir hängen und sie zieht scharf die Luft ein. Scheiße! Sie ist es! Siedend heiß durchläuft es meinen Körper und ich fühle mich, als würde ich lichterloh in Flammen stehen. Gott, diese Stimme! Warum ist mir das nicht gleich aufgefallen? Wie konnte ich auch nur eine Sekunde daran zweifeln, dass sie es wirklich ist? Allein schon, wie mein Vorname über ihre rosa Lippen kommt, bringt mich um den Verstand und mein Herz pocht mir bis zum Hals. Ich befehle meinem rechten Mundwinkel, sich zu dem einseitigen Grinsen nach oben zu verziehen, das weibliche Gehirne in Sekundenschnelle dahinschmelzen lässt, doch der Verräter gehorcht mir nicht. Er ist genauso erstarrt wie der jämmerliche Rest meines Körpers. Daher sitze ich da wie der letzte Vollidiot und starre sie fassungslos mit offenem Mund an. Die Frau, nach der ich mich seit drei Jahren mit jeder Zelle meines Körpers verzehre. Die Frau, die ich seit drei Jahren suche, aber nie gefunden habe. Weder bei Google, Facebook noch zufällig im real life – als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Einfach so, ohne irgendeine verdammte Spur zu hinterlassen, was in der heutigen Zeit nahezu unmöglich ist. Und nun steht sie vor mir, nach all der Zeit. Als wäre verdammt noch mal nichts gewesen. Unterschwellig bemerke ich die plötzliche Stille im Raum. Alle Augen sind auf die junge Frau und auf mich gerichtet, wie wir uns gegenseitig anstarren und unfähig sind, zu sprechen. Ihnen wird die Spannung zwischen uns genauso wenig entgehen wie mir, denn sie ist fast mit den Händen 18 Ungenügend greifbar. »Leon?«, flüstert Steven neben mir und stößt mich leicht mit dem Ellenbogen an, doch ich bin nicht in der Lage auf ihn zu reagieren. Bin zu beschäftigt damit, ihr Gesicht und ihren Körper Zentimeter für Zentimeter mit den Augen abzutasten und zu schauen, ob sich irgendwas seit damals verändert hat. Bis auf ein paar Strähnchen in ihren braunen langen Haaren und die neue Brille sieht sie noch genauso aus wie vor drei Jahren, als ich sie am Fuße der Treppe habe stehen sehen: Derselbe scheußliche Kleidungsgeschmack, dasselbe schüchterne Auftreten. Ich muss mich dazu zwingen, nicht sofort aufzustehen, nach vorne zu rennen und sie fest in meine Arme zu schließen. Meine Nase in ihren Haaren zu vergraben und ihren wundervollen Vanille-Duft einzuatmen. Ich bilde mir ein, dass ich ihn sogar hier hinten in der letzten Reihe schon riechen kann. Meine Fingerspitzen prickeln vor Verlangen, sie endlich wieder zu berühren, und auch meine Beine machen sich bereit, sofort aufzuspringen, wenn mein Gehirn endlich den ersehnten Befehl dazu erteilt. Und plötzlich macht es ›klick‹ in meinem Kopf. In mir keimt ein fürchterlicher Verdacht, warum da weiß auf grün ›Wenzel‹ und nicht »Scholz« steht. Ich reiße mich von ihrem Anblick los, schaue wieder an die Tafel und mir wird augenblicklich schlecht, als ich eins und eins zusammenzähle. (Ja, das schaffe ich noch mit meinen minderbemittelten Mathekenntnissen!) Bitte, nein, das darf nicht sein! Meine Augen wandern zu ihrer Hand, die sie sich vor Schreck vor den Mund hält. Ich muss fest meine Zähne aufeinanderpressen, um nicht zu kotzen. An ihrem Ringfinger prangt ein Ring mit glitzerndem Stein. Und mit einem Mal weiß ich, warum ich sie in all der Zeit nicht gefunden habe. Ich habe immer nur nach Alexandra Scholz gesucht, doch sie 19 Ungenügend hat ihren Namen geändert. Sie ist verheiratet. 20 Ungenügend Kapitel 2 Ich habe keine Ahnung, wie die letzte halbe Stunde vergangen ist. Irgendwann hat sich Alex, nein, Frau Wenzel – mir wird noch immer kotzübel, wenn ich daran denke – gefasst und weiter Namen vorgelesen, so als wäre nichts gewesen. Nichts, verdammt noch mal! Danach hat sie irgendwas von Ableitungen gefaselt, was ich sowieso nicht verstehe, und dabei immer wieder verstohlene Blicke in meine Richtung geworfen. Nicht eine Zahl habe ich mir in der vergangenen Stunde notiert. Habe ich überhaupt den Stift in die Hand genommen? Ich weiß es nicht mehr. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt, die junge Frau dort vorne an der Tafel anzustarren und jeden mit bloßen Blicken zu töten, der es wagte, sie in irgendeiner unsittlichen Art anzugaffen. Das war allein mir vorbehalten! Mit dem Klingelzeichen raffte Al.., nein, Frau Wenzel ihre Unterlagen zusammen und verließ fluchtartig das Klassenzimmer. Ohne nachzudenken, stand auch ich auf und folgte ihr, ohne auf die Rufe von Steven oder einem der anderen zu achten. Sie waren mir gerade so was von scheißegal! Für mich zählte gerade nur eins: Wieder bei ihr zu sein. Und nun stehe ich hier vor dem Lehrerzimmer, mit lässig verschränkten Armen und an die Wand gelehnt, obwohl es in mir brodelt wie in einem aktiven Vulkan kurz vorm Ausbruch. Ich muss mich dazu zwingen, nicht mit den Zähnen zu mahlen, weil die anderen sonst sehen würden, dass mit mir etwas nicht stimmt, und das will ich nicht. Niemand soll wissen, was 21 Ungenügend gerade in mir vorgeht – bis auf sie. Wie kann sie es wagen, einfach so nach dem Stundenende zu verschwinden? Nach all der Zeit und nach allem, was wir zusammen hatten, ohne ein Wort zu mir zu sagen oder mir zumindest so etwas wie eine Erklärung zu liefern? Ich meine, sie ist verheiratet, verdammt noch mal! Kann es denn noch schlimmer kommen? Ich werde sie zur Rede stellen und wenn ich den ganzen verdammten Tag vor diesem bescheuerten Lehrerzimmer campieren muss! Irgendwann wird sie herauskommen und dann werde ich sie nicht mehr gehen lassen. Nicht, bis sie mir erzählt hat, was hier verfickt noch mal abgeht! Es klingelt zur nächsten Stunde und der Schulflur ist bereits wie leergefegt, doch ich bewege mich keinen verdammten Zentimeter, bleibe immer noch an die Wand gelehnt und unbeweglich wie eine Statue. Scheiß auf die nächste Stunde! Die Tür zum Lehrerzimmer öffnet sich und jeder Muskel in meinem Körper spannt sich augenblicklich an. Bitte komm raus, bitte sprich mit mir! Nein, ich werde sie nicht auf Knien anflehen! Auch wenn diese Fantasie durchaus verlockend ist, aber ich habe auch so etwas wie Stolz. Und einen verdammten Ruf zu verlieren. Doch es ist nicht Alex, die herauskommt, sondern unser vertrockneter Geschichtslehrer, Herr Oberschnarchnase in Person, Herr Wenzel. Moment. Wenzel? Nein, das muss ein dummer Zufall sein! Sie wird doch nicht diesen Langweiler … Nein, nein, ausgeschlossen! Wenzel ist ein sehr verbreiteter Name, also keine Panik. Einatmen, ausatmen. Nichts anmerken lassen. Herr Wenzel mustert mich mit hochgezogenen, buschigen Augenbrauen, die ihm teilweise in die Augen hängen, und seine Stirn, die in eine 22 Ungenügend Halbglatze übergeht, wirft Falten. Wie immer trägt er ein gepunktetes Hemd und knallrote Hosenträger. Immer, wenn ich diesen wandelnden Beweis der Geschmacklosigkeit sehe, habe ich das dringende Bedürfnis, mich zu schütteln und meine Augen mit Seife auszuwaschen, um diesen Anblick wieder zu vergessen. Unmöglich! Alex würde niemals mit einem wie ihm … Und doch schiebt sich hinter Herr Wenzel eine weitere Person aus dem Lehrerzimmer und hakt sich bei ihm unter. Nein! Ich starre auf ihre verschlungenen Arme und muss hart schlucken, bevor mein Blick wie von selbst wieder zu ihr wandert. Das darf doch nicht wahr sein! »Herr Bergmann«, beginnt Herr Wenzel mit seiner näselnden Stimme, die perfekt in jeden Knabenchor passen würde, »sicher haben Sie jetzt Unterricht und keine Zeit, auf dem Flur zu stehen, oder?« Erst jetzt nimmt auch Alex mich wahr und erstarrt. Schnell zieht sie ihren Arm von dem Langweiler zurück, als hätte sie sich verbrannt, was mich ein bisschen erleichtert. Aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen. Flehend schauen mich ihre grasgrünen Augen an, als ich zwischen ihr und Mister Schlaftablette hin und her sehe. Ihre Augen betteln mich geradezu an, nichts zu sagen, und ich tue ihr den Gefallen, presse aber vorsichtshalber die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, damit auch ja kein verräterisches Wort hinausschlüpfen kann. »Herr Bergmann?«, schaltet sich Herr Hubschrauberlandeplatz-am-Kopf wieder ein. »Was?«, knurre ich, ohne meinen Blick von Alex zu nehmen, die auf dem Flur steht wie ein verschrecktes Reh. Am liebsten würde ich sie in die Arme schließen und beruhigend ihren Rücken streicheln, und meine Muskeln zucken bereits bei der bloßen Vorstellung daran und wollen mich 23 Ungenügend in ihre Richtung ziehen. »Wieso stehen Sie hier im Flur, habe ich gefragt!« Ich schlage wieder in der Wirklichkeit auf, ohne es zu wollen. »Ich …« Krampfhaft rattert mein Gehirn. »Ich … habe noch eine Frage zu den Mathe-Hausaufgaben, die Frau …«, fast muss ich an dieser Stelle würgen, »Wenzel uns aufgegeben hat.« Alex muss meinen Widerwillen gehört haben, denn sie windet sich bei der Nennung ihres Nachnamens. Unsicher wandert Herr Wenzels Blick zu seiner – würg! – Frau, die ihm zögerlich zunickt. »Ich erwarte Sie in zehn Minuten im Unterricht, Herr Bergmann. Und wehe dem, ich erwische Sie dann wieder, wie Sie herumtrödeln!« Mit diesen Worten lässt er uns beide allein auf dem Flur stehen. Schnell stecke ich meine Hände in die Hosentaschen, um sie davon abzuhalten, sofort ihre weiche Haut zu berühren. Verstohlen beobachte ich sie eine Weile, wie sie verlegen mit einer Haarsträhne spielt und dabei auf ihre Schuhspitzen sieht. Sie sieht so unschuldig und gleichzeitig verstört aus, dass ich es nicht über mich bringe, sie sofort mit Vorwürfen zu überhäufen, auch wenn ich es am liebsten tun würde. »Du bist hier«, sage ich dann in die Stille, die bleischwer über uns zu liegen scheint. Sorry, was Besseres ist mir einfach auf die Schnelle nicht eingefallen … Aber irgendwas musste ich ja schließlich sagen, einfach weil ich diese Stille zwischen uns nicht mehr ertrage. Zwischen uns mag vieles gewesen sein, aber eine peinliche Stille war es nie. Es fühlt sich falsch an. Alex nickt und schaut endlich zu mir auf. In ihren Augen sehe ich Verzweiflung und Verwirrung, während sie mich mustert, wobei mir ein wohliger Schauer über den Rücken rieselt. Von mir aus kann sie den ganzen Tag damit weitermachen. Ich liebe den Anblick, wie sich ihre Pupillen eine Spur weiten, als sie versucht, mein altes, kindliches Ich mit meinem jetzigen 24 Ungenügend Aussehen in Einklang zu bringen. Sehr genau tasten ihre flinken Blicke mein Gesicht und meinen Körper ab, bevor sie dann wieder zu meinen Augen zurückkehren. »Du bist groß geworden«, flüstert sie dann. »Drei Jahre sind eine lange Zeit, … Alex.« Ich sehe, wie ein Schauer durch ihren gesamten Körper läuft, als ich ihren Namen ausspreche, und sie kneift für einen Moment die Augen zu. Sie sieht so gequält aus, dass sich ihr Anblick direkt in mein Herz schneidet wie ein Messer. Ich stoße den Atem aus, den ich die ganze Zeit angehalten habe, und suche krampfhaft nach Worten. Was soll ich ihr sagen? Was soll ich tun? Ich möchte sie nicht mehr so niedergeschlagen sehen und diese Stille, die sich erneut zwischen uns ausgebreitet hat, ist einfach nicht zum Aushalten! Doch ich bleibe weiterhin an die Wand gelehnt stehen und beobachte sie nur, in der Hoffnung, dass sie den ersten Schritt macht, denn ich habe keine Ahnung, wie ich mit all dem umgehen soll. Als sie beginnt, unsicher auf ihrer vollen Unterlippe zu kauen, überbrücke ich ohne weiter darüber nachzudenken mit einem einzigen Schritt die Kluft zwischen uns und ziehe sanft mit meinem Daumen ihre Lippe zwischen ihren Zähnen hervor. Es ist mir so was von scheißegal, ob uns jemand sieht. Allein diese kurze Berührung ihrer Haut hat so starke Funken durch meinen Körper gejagt, dass sämtliche Ängste über Bord gegangen sind. Sie erstarrt, als meine Hände sich vorsichtig auf ihre Wangen legen, ihr Gesicht sanft umschließen, jederzeit bereit, sich sofort zurückzuziehen, wenn sie es wünscht. Zwar sehne ich mich mehr als alles andere danach, sie zu berühren und endlich in die Arme zu schließen, aber ich würde nie etwas tun, was sie nicht auch will. So war es schon immer zwischen uns, von der ersten Sekunde an. 25 Ungenügend Als wäre das, was zwischen uns war, von vornherein vorherbestimmt gewesen. Zitternd stößt sie die Luft aus ihren Lungen, schließt die Augen und schmiegt ihr Gesicht dann an meine Hände. Gott sei Dank! Für einen Moment war die Angst, dass sie nichts mehr für mich empfinden und mich hier und jetzt zurückweisen würde, nahezu übermächtig. Schließlich ist sie verheiratet, doch das kümmert mich gerade einen Scheißdreck. Ich bin es, der ihr Gesicht berührt und der jetzt vor ihr steht, und niemand sonst. Sanft, aber bestimmt, ziehe ich ihr Gesicht näher an meines, atme tief den vermissten Vanille-Duft ein und genieße das Gefühl ihres warmen Atems auf meiner Haut, als sie nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt ist. Wie habe ich diese Wärme vermisst! Niemandem ist es seit ihr gelungen, mein Herz mit so einfachen Mitteln dermaßen zum Rasen zu bringen. Selbst jetzt, während ich einfach nur ihr Gesicht berühre, schlägt mein Herz so stark, dass ich befürchte, es müsse jeden Moment aus meinem Brustkorb springen. Auch gut, dann kann ich es ihr gleich zu Füßen legen. Mit großen Augen schaut sie zu mir auf. Anders als früher überrage ich sie nun fast um einen Kopf und muss mich ein Stück zu ihr hinunter beugen, doch das nehme ich gerne in Kauf, wenn ich dann nur endlich ihre weichen Lippen wieder auf meinen spüren kann. Schnell legt sie mir eine Hand auf die Brust und stoppt mich. Mir entgeht nicht, wie ihre Hand verräterisch an meinem dünnen Shirt zittert, doch ich kann nicht verhindern, dass sich meine Augen zu Schlitzen verengen. Warum tut sie das? »Nicht hier«, flüstert sie dann mit gesenktem Kopf und so leise, dass ich sie kaum verstehen kann. »Nein, überhaupt nicht.« Sie nimmt die Hand von meiner Brust, wodurch sich von der Stelle aus, 26 Ungenügend wo sie eben gelegen hat, eine eisige Kälte durch meinen Körper frisst, und auch ich lasse meine Hände sinken, fahre dabei sanft über ihre Schultern und Oberarme, hinab zu ihren Händen, wo sich unsere Finger wie von selbst miteinander verflechten. Als sie merkt, was sie da tut, reißt sie ihre Hand ruckartig von meiner los und weicht einen Schritt zurück, wobei sie mich mit aufgerissenen Augen anschaut, als sähe sie mich zum ersten Mal. »L-Leon«, stammelt sie rau, räuspert sich dann und strafft ihre Schultern, ehe sie zu mir aufblickt. »Es geht nicht. Wir dürfen das nicht. Ich bin verheiratet und deine Lehrerin.« Ohne nachzudenken, strecke ich die Hand aus und ergreife ihre, die sie nicht sofort zurückzieht. Erwischt. Ich weiß, dass das, was sie da sagt, nur leere Phrasen sind, die rein gar nichts bedeuten. Der Schock von damals sitzt wohl einfach noch zu tief. »Du weißt, dass mir das scheißegal ist«, sage ich dann mit gedämpfter Stimme, für den Fall, dass sich doch noch jemand auf dem Flur herumtreibt. »Das war es damals schon. Ich bereue nicht einen Tag.« Verzweifelt presst sie bei meinen Worten die Lippen aufeinander, bevor sie mit fester Stimme sagt: »Und wohin hat es uns gebracht? Ich hätte beinahe meinen Studienplatz verloren! Sogar mit Gefängnis haben sie mir gedroht! Als wäre ich eine Schwerverbrecherin.« Sie schüttelt hektisch den Kopf, um die aufkommenden Erinnerungsfetzen zu vertreiben. »Weißt du, wie ich mich gefühlt habe?« Tränen glitzern in ihren Augen, die wild umher huschen, und ich fühle mich, als hätte sie mir direkt in den Magen geboxt. Nicht eine Sekunde habe ich Idiot daran gedacht, wie es ihr ergangen ist. Ich habe nur an mich gedacht, daran, wie sehr ich sie vermisse und brauche. Aber was geschah mit ihr? Daran dachte ich nicht und das erschüttert mich. Wie konnte ich nur ein solcher Egoist sein? 27 Ungenügend Jetzt, wo ich darüber nachdenke, ist es sonnenklar. Ich war zu dieser Zeit minderjährig und sie hatte gerade ihr Studium begonnen und hielt sich mit Nachhilfestunden in Mathematik über Wasser. Dass das vor den Baum geht, hätte ich eigentlich wissen sollen, auch damals schon in meinem jugendlichen Leichtsinn, schließlich gingen meine Frauengeschichten auch damals schon nicht gut aus. Doch viel zu mächtig waren die Gefühle, die ich für diese Frau hegte. Gefühle, die ich damals nicht wirklich verstand, die aber auch jetzt nach all dieser Zeit noch da und zu präsent sind, als dass ich mir über solche Nichtigkeiten den Kopf zerbrochen hätte. Sie ist die Eine, die seit Jahren fest in meinem Herzen sitzt und an der sich jede messen muss, um unweigerlich zu scheitern. Keiner anderen ist es je gelungen, die Festung, die ich um mich errichtet habe, seit sie aus meinem Leben verschwunden ist, niederzureißen. Zu mehr als ein paar kurzzeitigen Intermezzos, bei denen mein eigenes Vergnügen im Vordergrund stand, ist es nie gekommen. Nicht einmal ansatzweise ist es irgendeiner von ihnen gelungen, mein Herz zu erobern, und – verdammt noch mal! – es haben genügend versucht, nur um kläglich zu versagen. Mit dem Daumen streiche ich die Tränen weg, die ihre Wangen hinunterkullern, und ich bin erleichtert, dass sie sich dieser Berührung nicht entzieht. Ich brauche ihre Nähe und diese kleinen Liebkosungen so dringend wie die Luft zum Atmen, jetzt, da sie wieder in meinem Leben ist. »Ich habe nach der Schule Fußballtraining«, erzähle ich, um sie von ihrer Trauer abzulenken. »Wollen wir danach ein bisschen reden?« Natürlich ist es normalerweise nicht meine Masche, mit Mädchen zu reden, ist klar, aber bei dieser Frau ist es anders. Ich will hören, was sie nach unserer Trennung gemacht hat und wie sie an diesen Oberlangweiler geraten ist. Obwohl … Nein, wenn ich recht darüber nachdenke, will ich das lieber gar nicht wissen. 28 Ungenügend Da sie nicht antwortet, frage ich: »Also um halb vier auf dem Platz?« und ernte ein schwaches Nicken, das mein Herz noch eine Spur schneller schlagen lässt. Immerhin besser als eine Abfuhr. Nun muss ich das Beste daraus machen, und, verdammt noch mal, das werde ich auch! Um nichts in der Welt werde ich zulassen, dass Alex wieder aus meinem Leben verschwindet. ### Einige Sekunden bleiben wir einfach noch stehen, während ich ihr beruhigend über die Wange streichle, bis sie sich etwas beruhigt hat und einigermaßen vorzeigbar aussieht. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich die angedrohten zehn Minuten Karenzzeit bereits gnadenlos überschritten habe. Ehe ich noch mehr Ärger bekomme, reiße ich mich also seufzend von Alex los, nicht ohne sie erneut an unser Treffen nach dem Training zu erinnern, und stelle mich dem totlangweiligen Geschichtsunterricht bei Herrn Wenzel. Oft haben wir eine Wette in unserer Truppe laufen: Wer zuletzt einschläft, hat gewonnen und bekommt fünf Euro. Und das ist echt schwer! Jedenfalls hab ich es noch nicht einmal geschafft. Ich husche, begleitet von den fragenden Blicken meiner Klassenkameraden, wie ich denn bis jetzt dieser Folter entkommen konnte, auf meinen Platz neben Steven. Auch Herr Wenzels Blick folgt mir forschend, doch nachdem ich meine Bücher ausgepackt habe, widmet er sich wieder seinem Stundenthema und entlässt mich aus seiner visuellen Inquisition. Mit monotonem Singsang erzählt er uns irgendwas über Industrialisierung und schon nach drei Minuten muss ich meinen Kopf stützen, damit er nicht vor mir auf den Tisch knallt. Dieser Mann sollte 29 Ungenügend CDs für Menschen einlesen, die an Schlafstörungen leiden. Die würden ihm aus den Händen gerissen werden wie warme Semmeln, da bin ich mir sicher. Aber nein, stattdessen macht er hier einen auf Geschichtslehrer und schläfert uns ein. Steven schiebt mir ein kleines Zettelchen zu, das ich mit hochgezogenen Augenbrauen mustere. Sind wir hier in der verdammten zweiten Klasse, oder was? Seit wann schreiben wir uns denn Briefchen wie gackernde Mädchen? Erst als er mich mit seinem Ellenbogen anstubst, dass ich fast vom Stuhl falle, tue ich ihm den Gefallen und falte es auseinander. Wo biste gewesen?, steht da in seiner krakeligen Schrift, mit der jeder Kryptologe seine wahre Freude gehabt hätte. Wirklich, seine Schrift ist so grausam, dass man ganze Abteilungen damit beschäftigen könnte, sie zu entziffern. Vielen würde sicherlich gar nicht auffallen, ob es sich um die Schriften einer untergegangenen Zivilisation oder Stevens Schreibversuche handelt. Augenrollend sehe ich ihn an. »Du sitzt neben mir, Mann«, wispere ich. »Warum schreibst du mir Briefchen? Soll ich da jetzt irgendwas ankreuzen? Ja, nein, vielleicht?« Ich komme mir total blöd vor, wie ich hier mit dem auseinandergefalteten Zettelchen sitze und keine Ahnung habe, was ich damit jetzt machen soll. Vor allem, weil ich keine Lust habe, ihm irgendwelche Einzelheiten zu erzählen, schon gar nicht im Unterricht von Herrn Wenzel. Ein lautes Räuspern unterbricht mich und ich schaue zähneknirschend nach vorne. Anscheinend haben wir seinen Monolog gestört, das tut mir aber leid. Sensationsheischend drehen sich auch die meisten anderen Schüler zu uns um, doch da ich meine Lippen fest aufeinanderpresse, gibt es hier nichts zu sehen, und Herr Wenzel fährt mit erhobenem Kopf weiter fort. Keine Ahnung, von was er redet, und es kümmert mich auch nicht die 30 Ungenügend Bohne. Mit dem Ellenbogen stupst Steven mich an, unterbricht dabei meine Versuche, Herr Wenzel mit puren Blicken zu töten, und deutet auf das Zettelchen. Ich gebe mich geschlagen und kritzele eine kleine Antwort darauf. Er würde mich ja doch nicht in Ruhe lassen, bis ich es ihm erzähle. Und wenigstens schlafe ich so nicht ein und handle mir dadurch eine Strafarbeit ein. Musste noch was klären, lautet meine knappe Antwort. Mehr muss er nicht wissen. Er würde es eh nicht verstehen. Ich habe ihm zwar damals viel von Alex erzählt und er hat auch mitbekommen, wie schlecht es mir ging, nachdem sie weg war, aber ich habe keine Lust, das wieder aufzuwärmen. Hat es was mit der neuen Mathelehrerin zu tun?, steht auf dem zweiten Zettel, den er mir zuschiebt. Ich knirsche mit den Zähnen. Kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich überlege eine Weile, ob ich darauf überhaupt antworten soll, aber hey, es ist Steven, mein Sandkastenfreund aus Kindertagen. Wenn ich es jemandem erzählen sollte, dann ihm. Auch wenn er noch nie mehr für ein Mädchen empfunden hat, wird er mich am ehesten verstehen. Zumindest hoffe ich das und lasse es auf einen Versuch ankommen, schließlich habe ich gerade eh nichts Besseres zu tun. Vielleicht, schreibe ich also und schiebe das Zettelchen zu ihm zurück, woraufhin er mich breit mit seinem Zahnpastalächeln angrinst. Ich verdrehe nur die Augen. Was ist daran bitte so komisch? Ist sie es?, fragt er weiter, wobei er das sie fett unterstreicht. Vielleicht, schreibe ich wieder darunter, was Steven mit einem Schnauben kommentiert und anfängt, erneut etwas auf den Zettel zu kritzeln. Also ist sie es, kommt diesmal zurück. Kommentarlos schiebe ich den Zettel weg und starre nach vorne. War ja 31 Ungenügend klar, dass er sich daran erinnert, schließlich gab es bei mir noch nicht allzu viele Frauengeschichten. Okay, zumindest keine, die länger hielt als eine Nacht. Wann triffst du dich mit ihr?, steht auf dem neuen Zettel, den er unter meinem Arm durchschiebt, und ich schiele nach ein paar Sekunden doch drauf, obwohl ich es eigentlich nicht will. Nach dem Training, schreibe ich zurück, woraufhin mir Steven ein Daumenhoch gibt. Ich stütze den Kopf in beide Hände und hoffe, dass er mich dann nicht auch so blamieren wird. »Du packst das, Bro«, flüstert er dann und klopft mir auf den Rücken. »Toi, toi, toi!« Ich wünschte, ich hätte auch so viel Vertrauen … Normalerweise würde ich mir vor dem Treffen mit einem Mädchen nicht ins Hemd machen wie eine kleine Jungfrau, aber hey, hierbei geht es nun mal nicht um irgendein Mädchen, über das ich nur mal schnell drüberrutsche. Hierbei geht es um die einzige Frau, die mir jemals etwas bedeutet hat. So, wie sich Alex mir vorhin entzogen hat, habe ich kein gutes Gefühl, wenn ich an unser Treffen denke. Drei Jahre sind eine lange Zeit und können einen Menschen verändern. Ich meine, sie ist mittlerweile verheiratet, verdammt noch mal! Und ich? Ich habe mich in dieser Zeit sicherlich auch verändert. Wir sind nicht mehr die gleichen Menschen, die wir damals waren. Im Grunde weiß ich gar nicht, was ich ihr nachher erzählen soll. Ich werde es einfach auf mich zukommen lassen, so wie immer. 32 Ungenügend Kapitel 3 Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann ich zuletzt so beschissen nervös vor einem Fußballspiel war. Es ist ja nicht einmal ein richtiges Spiel, sondern nur Training, und doch brauche ich drei Anläufe, bis ich meine verdammten Schuhe zugebunden habe, weil meine Hände zittern wie Espenlaub, während mir das Herz bis zum Hals klopft. Was mache ich, wenn sie nicht da ist? Wenn sie mich versetzt? Oder wenn ich mich da draußen vor ihr bis auf die Knochen blamiere? Ich weiß, dass ich ein guter Fußballspieler bin, aber so durch den Wind, wie ich gerade bin, stolpere ich da draußen garantiert über meine eigenen Füße und lande mit dem Gesicht im Rasen. Nicht sehr eindrucksvoll und begehrenswert … Ich muss mich zusammenreißen und da draußen verdammt noch mal einen guten Eindruck machen! Steven beobachtet mich mit anzüglich hochgezogenen Augenbrauen und erntet dafür einen Ellenbogenstoß in die Seite. Länger als sonst stehe ich in der Umkleide vor dem Spiegel und versuche, meine schwarzen Haare zu dem sexy Chaos zu ordnen, auf das die Mädels immer stehen, doch heute will es mir einfach nicht gelingen. Mit einem frustrierten Schnauben gebe ich auf und schlüpfe in mein Trikot. Die gesamte Mannschaft steht schon draußen und wartet auf mich. Normalerweise hasse ich Trödler und verdonnere sie zu ungeliebten 33 Ungenügend Extraaufgaben, doch heute ist es schließlich etwas anderes. Heute spielen wir zu Trainingszwecken gegen die Mannschaft der Realschule aus der Nachbarstadt. Die Spieler sind allesamt jünger als wir und unerfahrener. Ich habe keine Zweifel daran, dass wir dieses Spiel für uns entscheiden, doch ich gehe lieber kein Risiko ein. Wenn wir gerade heute von diesen Anfängern unangespitzt in den Boden gerammt werden würden, würde ich mich in Grund und Boden schämen. Nein, das darf unter gar keinen Umständen passieren! Daher gehe ich mit meiner Mannschaft noch kurz die Taktik durch, bevor wir aufs Feld traben, um uns aufzuwärmen. Nachdem ich ein paar Runden gelaufen bin und meine Muskeln gedehnt habe, lasse ich meinen Blick über die Tribüne schweifen. Bei einem so unwichtigen Spiel ist nie viel los. Die meisten Zuschauer sind Mädchen, die uns oder ihren Freunden zujubeln wollen. Nichts Besonderes eben, nur sehr viel lautes Gekreische. Doch da, ganz außen in der Nähe der Treppe, sitzt sie. Mit einem Schlag ist die Nervosität zurück, die ich während des Aufwärmens erfolgreich verdrängt habe, und ich muss aufpassen, dass ich langsam einen Fuß vor den anderen setze, um nicht auf der Nase zu landen. Na, das kann ja heiter werden … Ich werde mich heute bis auf die Knochen blamieren! Fokus, Leon, Fokus! Verbanne sie für die nächsten neunzig Minuten aus deinem Kopf, damit du dich nicht vollkommen zum Idioten machst! Bevor wir Aufstellung nehmen, wische ich ein bisschen Schweiß mit dem Zipfel meines Trikots von der Stirn, wodurch sie auch von ihrem Sitzplatz aus hoffentlich eine nette Aussicht auf meine Bauchmuskeln hat. Kurz sehe ich das Weiß ihrer Zähne aufblitzen, als sie sich auf die Unterlippe beißt, und ich muss grinsen. Yep, es funktioniert einfach immer wieder, auch bei älteren Mädchen. 34 Ungenügend Mit Anpfiff konzentriere ich mich auf das Spiel, wie ich es mir vorgenommen habe. Alex und das, was zwischen uns war oder ist, kann warten. Sie ist hier, das ist schon mal die halbe Miete. Um den Rest werde ich mich kümmern, nachdem ich diese Anfänger hier vorgeführt habe. Wie ich erwartet habe, sind uns die Gegner meilenweit unterlegen und werden von uns mit Beginn der ersten Spielsekunde an die Wand gespielt. Wenn ich das verpatzt hätte, nur weil mir ein Mädchen im Kopf herum- spukt, hätte ich mich nie wieder auf den Platz trauen dürfen. Ich schieße drei Tore, meine Kollegen machen noch zwei weitere und Steven hält seinen Kasten sauber, genau wie ich es von ihm erwartet habe. Wenn es eine Spielposition gibt, die wie für ihn gemacht ist, ist das der Torwart. So groß und breitschultrig wie er ist, versetzt sein bloßer Anblick die vorstoßenden Gegner bereits in Angst und Schrecken, sodass sie den Schuss von vornherein verpatzen. Wer denkt, dass seine massige Statur ihn bei seiner Tätigkeit behindert, der irrt gewaltig: Der Kerl ist wendig wie eine verdammte Katze. Niedergeschlagen schleicht die gegnerische Mannschaft vom Platz und ist verschwunden, noch ehe der Beifall für uns ver- klungen ist, während wir unseren Sieg nur mit dem obligatorischen High Five feiern. Alle aus unserem Team wissen, dass das keine Gegner für uns waren und tun dieses Spiel mit einem gut gemeinten Schulterzucken ab. Auch solche Spiele sind wichtig, schließlich rosten wir so wenigstens nicht ein. Ich löse mich von meinen Kollegen, die sich noch von den wenigen Fans feiern lassen. Die meisten davon sind eh ihre Ischen, in deren Jubel sie sich zu gerne suhlen. Soll mir recht sein, ich habe heute anderes im Sinn. Am Spielfeldrand halte ich meinen Kopf unter einen Wasserhahn, um mich abzukühlen. Leichtes Spiel oder nicht, verschwitzt bin ich trotzdem, immerhin gebe ich immer hundertzehn Prozent, auch bei so jämmerlichen Gegnern. Ich spüle mir den trockenen Mund aus und wische mir mit der 35 Ungenügend Hand über den Nacken, bis mir das herrlich kühle Wasser den Rücken hinunterläuft. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich jemand neben mich stellt, und richte mich sofort auf. Mein Herz beginnt augenblicklich zu wummern, denn es kann nur eine sein, die jetzt zu mir kommt. Unsicher schaut Alex zu mir auf, betrachtet meine nassen Haare, aus denen das Wasser über das Gesicht läuft, und mein verschwitztes Trikot, das mir hauteng am Körper klebt und dadurch alle Muskeln an Brust und Bauch betont. Sofort reagiere ich auf den Blick, mit dem sie mich so genau mustert, der sich förmlich an meinen Brustmuskeln festzusaugen scheint, und verlagere das Gewicht etwas, damit sie es nicht auch sofort sieht. Zum Glück sind unsere schwarzen Trainingsshorts weit genug, um die Beule, die sich in meinen Boxershorts gerade bildet, zu kaschieren. Schließlich will ich sie nicht sofort verschrecken. »Tolles Spiel!«, sprudelt es aus ihr heraus, nachdem sie sich dazu durchgerungen hat, mir wieder ins Gesicht zu schauen, und wahrscheinlich selbst gemerkt hat, wie genau ihr Blick mich abgecheckt hat. Ich schenke ihr mein einseitiges, schelmisches Grinsen und sehe, wie sich kurz ihre Pupillen weiten. Tja, es klappt halt immer wieder, denke ich selbstzufrieden, beschließe aber, noch einen draufzusetzen, um auch wirklich sicherzugehen. »Danke«, sage ich galant und wische mir mit dem Trikotsaum über das nasse Gesicht, was sie nach Luft schnappen lässt, als sie meine definierten Bauchmuskeln nicht nur erahnen muss, sondern live und in Farbe sehen kann. Die Röte, die ihre Wangen überzieht, ist so niedlich, dass ich grinsen muss. »Ich werde nur kurz unter die Dusche springen, um mir den Schweiß abzuwaschen, und dann können wir uns irgendwohin setzen und reden. Ist das okay?« 36 Ungenügend Sie blinzelt kurz und schaut mich für einen Moment an, als würden mir Antennen aus dem Kopf wachsen. Dann schüttelt sie ihren hübschen Kopf, um wieder zur Besinnung zu kommen. »Äh, ja, klar, natürlich. Ich, äh, warte dann mal hier.« Erneut grinse ich, deute eine kleine Verbeugung an und schlendere in Richtung Umkleide davon, wobei ich mich nur mit Mühe davon abhalten kann, zu rennen. Schließlich will ich eigentlich gar nicht weg von ihr. Aber okay, vielleicht wird es doch nicht so schwer, wie ich gedacht habe. Sie scheint Wachs in meinen Händen zu sein und das ist genau das, was ich will. ### Ich brauche länger als sonst, obwohl ich eigentlich viel schneller fertig sein will, dusche den ganzen Schweiß gründlich von meinem Körper ab und benutze neben Deo auch noch ein gutes Parfüm, das ich zum Glück noch ganz hinten in meinem Spind gefunden habe. Keine Ahnung, wie lange das da schon lag oder warum ich es überhaupt mal mitgebracht habe, aber heute scheint mir die passende Gelegenheit zu sein, es endlich mal wieder zu benutzen. Als ich wieder in Jeans und schwarzem T-Shirt stecke, widme ich weitere Minuten meiner Frisur – diesmal klappt es besser als vorhin –, bevor ich mich beschwingt, aber nervös auf den Weg nach draußen mache. Wird sie noch da sein und auf mich warten? Oder hat sie einen Rückzieher gemacht und lässt mich einfach sitzen? Ich wurde noch nie von einem Mädchen sitzengelassen … Ich verabschiede mich von den Jungs. Steven gibt mir nochmal ein nicht sehr unauffälliges Daumenhoch, und ich achte darauf, dass mir niemand folgt, schaue immer wieder über meine Schulter, ob auch ja niemand von 37 Ungenügend ihnen ebenfalls in meine Richtung läuft – zurück zur Tribüne, nicht weg vom Platz. Auf ihre dummen Sprüche kann ich gerne verzichten, schließlich handelt es sich bei Alex nicht um eine x-beliebige Ische, bei der ich vielleicht ebenfalls mitgelacht hätte. Sprüche gegen sie nehme ich persönlich, aber ich habe keine Lust, mit einem meiner Mannschaftskameraden aneinanderzugeraten. Mit jedem Schritt, den ich Richtung Tribüne mache, werde ich nervöser. Mein Herz rast und immer wieder spiele ich verschiedene Situationen im Kopf durch: Was ich tue, wenn sie weg ist; was ich sage, wenn sie da ist; wie ich ihr morgen gegenübertrete, nachdem sie mich stehengelassen hat. Kann ich damit umgehen? Oder würde dadurch alles noch schlimmer werden? Meine Ängste sind jedoch unbegründet, denn Alex lehnt am Treppengeländer, fast genau da, wo ich sie zurückgelassen habe. Mein Herz macht einen Satz, als sie aufblickt, mich schüchtern anlächelt und dann gleich wieder die Augen niederschlägt. Ich muss grinsen, denn ich weiß, dass sie nicht immer so ist. Zum Glück kenne ich auch eine andere Alex als die, die dort verunsichert mit einer Haarsträhne spielt. Kurz schaue ich nach links und rechts, um mich zu vergewissern, dass wir auch wirklich unbeobachtet sind, doch seit dem Spiel ist bereits einige Zeit vergangen und weder Spieler noch Zuschauer sind noch hier. Wir sind allein. Ganz allein. In meinem Bauch kribbelt es vor Vorfreude, sie gleich berühren zu können, ohne Angst vor störenden Blicken. Manche Dinge ändern sich eben auch mit den Jahren nicht. Die Anziehungskraft, die sie auf mich auswirkt, scheint sogar noch stärker geworden zu sein. Ich mache zwei große Schritte und stehe endlich vor ihr, ergreife ihre Hand, die noch genauso weich ist, wie ich sie in Erinnerung habe, und ziehe sie zu einem der Tribüneneingänge, wo wir uns auf die kalten Stufen setzen. 38 Ungenügend Unsicher rutscht sie ein Stück von mir weg und streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hat. Die Distanz, die sie zwischen uns schafft, verwundert mich nicht, und ich sage immer wieder zu mir selbst, dass ich es langsam angehen muss. Nicht alles mag sich geändert haben, aber einige Dinge eben schon, und ich kann es mir nicht erlauben, das hier irgendwie zu vermasseln. Nicht, nachdem ich sie endlich wiederhabe. Wie gebannt betrachte ich, wie ihre Augen unsicher umher huschen und sie nach Worten sucht. Sie sieht so unschuldig aus, wie sie hier neben mir sitzt. So rein, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Doch das übermütige Funkeln in ihren Augen und die zarte Röte auf ihren Wangen straft diesen Gedanken Lügen. Sie hat sich kein bisschen verändert und das beruhigt mich. Wieder fasse ich nach ihrer Hand und halte sie diesmal fest, schlinge meine Finger um ihre. »Es tut gut, dich wiederzusehen«, sage ich dann, um das Eis zu brechen und die Unsicherheit zu vertreiben, die zwischen uns herrscht. So war es nicht immer. Es gab eine Zeit, da dachte ich, dass ich sie besser kennen würde als mich selbst. Ich sehe, wie sie schluckt. »Ja«, gibt sie dann zu. Okay, nicht ganz das, was ich mir als Antwort erhofft habe, aber immerhin besser als nichts. »Ich habe oft an dich gedacht. Wo du wohl bist und was du so machst.« Sie presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und augenblicklich hebe ich meine andere Hand und streiche mit dem Daumen darüber, um sie zu lösen. Erschrocken schnappt Alex nach Luft, doch mein Daumen fährt unbeirrt die Kontur ihrer vollen Lippen nach, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Mit einem Mal bin ich heillos nervös und ein Kloß bildet sich in meinem 39 Ungenügend Hals, während ich wie gebannt auf die Feuchtigkeit ihrer Lippen starre. Für den Bruchteil einer Sekunde fliegt mein Blick zu ihren Augen und als ich dort keine Ablehnung erkennen kann, lege ich meine Hand in ihren Nacken und ziehe ihren Kopf zu mir, überbrücke die Kluft, die sich zwischen uns gebildet hat. Alles um mich herum verschwimmt zu einer unwichtigen und nichtssagenden Masse. Ich nehme nichts wahr, außer sie. Spüre ihren beschleunigten Atem auf meinem Gesicht und das leichte Zittern ihrer Hand, die ich noch immer festhalte. Langsam, ganz langsam, beuge ich mich vor, beobachte, wie sie ihre Augen schließt und seufze erleichtert auf. Federleicht streiche ich mit meinen Lippen über ihre, gebe ihr die Chance, es zu beenden, wenn sie es will, auch wenn es mich innerlich zerreißen und mein Herz in winzige Stücke sprengen würde. Ihre Hand verkrampft sich um meine und ich streichle mit den Fingern darüber, um sie zu entspannen. Es gibt nichts, wovor sie sich fürchten müsste. Als sie mich weder zurückstößt noch anderweitig zurückhält, presse ich meine Lippen fester auf ihre, inhaliere ihren süßen Vanille-Duft und streichle mit der Hand über ihre Wange. Ihre Lippen fühlen sich so richtig auf meinen an, dass mich dieses Gefühl vollkommen berauscht. Mein rationales Denken hat sich sowieso schon in dem Moment verabschiedet, als ich ihre Hand genommen habe. Ich kann nur noch fühlen – und es fühlt sich großartig an. »Alex«, hauche ich gegen ihre Lippen, während sich ihre freie Hand in mein Shirt krallt, um mich näher an sie zu ziehen. Ihre andere entwindet sie meiner Hand, fährt mit ihren Fingern sanft meine Arme hinauf zur Schulter, dann hinab zu meiner Brust und erkundet die Muskeln, die unter ihren forschenden Fingern erschaudern. Ich schlinge beide Arme um sie und ziehe sie so nah an mich heran, bis kein Lufthauch mehr zwischen uns durchpassen würde, und trotzdem ist es 40 Ungenügend mir noch nicht nah genug. Alex keucht erschrocken auf, als ich sie auf meinen Schoß hebe, und ich nutze die Gelegenheit, um vorsichtig meine Zungenspitze an ihren Lippen entlangfahren zu lassen. Es braucht nicht lange und auch ihre Zunge kommt langsam aus ihrem Versteck, stupst meine an, was kleine Stromschläge durch meinen Körper schießen lässt. Sie sitzt rittlings auf mir und windet sich auf meinem Schoß, was mich nur noch mehr anheizt. Schon jetzt stehe ich kurz davor, meine Jeans zu sprengen, doch ihre Reibungen und die Art, wie sich ihre Hände an mir festkrallen, treiben das Ganze noch auf die Spitze. Ihr langweiliger Cordrock ist ihr bis zu den Oberschenkeln hochgerutscht und ich lasse es mir nicht nehmen, über die seidig weiche Haut ihrer Beine zu streichen, bevor ich meine Hände höher wandern lasse. Mit einem rauen Stöhnen in ihren Mund lasse ich meine Hände unter ihre Bluse gleiten und liebkose die weiche Haut an ihrem Rücken, fahre ihre Wirbelsäule hinauf und hinab und drücke sie fester an mich. Am liebsten würde ich ihr natürlich sofort sämtlichen Stoff vom Leib reißen und jeden Zentimeter ihrer Haut küssen, doch ich weiß, dass das für sie zu schnell gehen würde, also bremse ich mich, so gut ich kann, was mir jedoch alles andere als leichtfällt. Ihre Nähe berauscht mich wie eine Droge, von der ich immer mehr und mehr will. Sofort. Und für immer. So begnüge ich mich damit, ihren mir so bekannten Körper an eher unverfänglichen Stellen mit den Fingern zu erkunden, während unsere Zungen umeinander tanzen. »Leon«, stöhnt sie leise, als ich ihre Hüfte packe und fester auf meinen harten Schwanz drücke, der schon die ganze Zeit in meiner Hose aufmerksamkeitsheischend pulsiert. Ihr Stöhnen und die gehauchten Worte jagen Schauer durch meinen ganzen Körper und vernebeln mir vollends die Sinne, bis nur noch mein 41 Ungenügend Tastsinn funktioniert. Ich will mehr von ihr. Ich will sie ganz. Und ihr geht es genauso. Ihr Körper schreit geradezu danach, auch wenn sie sich nach außen hin dagegen sträubt. Doch hier ist weder Zeit noch Ort, das weiß ich selbst. Ich muss mich also beherrschen, auch wenn es mir schwerfällt. Plötzlich löst sie sich von mir und springt von meinem Schoß herunter. Schwer atmend macht sie zwei Schritte zurück, während ich sie nur stirnrunzelnd ansehen kann. Was ist denn jetzt auf einmal los? Hab ich es verbockt? »E-Es tut mir leid«, stottert sie, richtet ihre Bluse, zieht ihren Rock hinunter bis kurz über die Knie und hebt ihre Tasche auf. Dann holt sie zweimal tief Luft, ehe sie mich wieder ansieht. »Das geht nicht. Ich bin verheiratet. U-Und ich bin deine Lehrerin und du bist mein Schüler. Das eben war ein Fehler.« Wie bitte?! Ich hoffe doch, dass ich mich gerade verhört habe! Mit einem großen Schritt bin ich bei ihr, drücke ihren Körper gegen die kalte Betonwand und stemme meine Arme seitlich von ihrem Kopf dagegen. Ganz langsam beuge ich mich zu ihr hinunter, bis unsere Nasenspitzen sich beinahe berühren, und nagele sie mit Blicken fest. Ihr Atem geht stoßweise und ich sehe, wie sie zittert. »Das eben mag vieles gewesen sein«, presse ich dann hervor, während ich ihr fest in die Augen sehe, »aber ein Fehler war es mit Sicherheit nicht.« Erneut presse ich meinen Mund auf ihren, diesmal hungrig, fordernd, und schlucke die kleinen Seufzer, die ihr entweichen und die mich noch mehr anspornen. Sie braucht lange, bis sie ihre Lippen wieder von meinen löst. »Es geht nicht, Leon«, flüstert sie dann so leise, dass ich es kaum verstehen kann, und weicht meinem Blick aus, dreht einfach den Kopf weg, damit auch ich ihr nicht in die Augen sehen kann. Denn dort würde ich sehen, dass sie lügt, da 42 Ungenügend bin ich mir sicher. Niemand küsst so und stellt es dann als Fehler hin! Doch so einfach lasse ich mich nicht abspeisen! Als ob sie nicht genauso scharf auf mich gewesen wäre wie ich auf sie! Ihre Lippen, ach was, ihr ganzer Körper hat da eine sehr eindeutige Sprache gesprochen. Auch jetzt sehe ich es noch in ihrem verschleierten Blick, der unsicher umher huscht und mich nur flüchtig streift. »Niemand ist hier«, beruhige ich sie, »nur wir beide.« Mit den Fingern streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr und fahre dann federleicht über ihr Kinn hinab zu ihrem Hals. Genüsslich schließt sie die Augen und lässt ihren Kopf gegen die Wand sinken. So, so, ein Fehler, natürlich, denke ich, während ich selbstzufrieden grinse. Ohne den Blick von ihrem entzückten Gesicht zu nehmen, lasse ich meine Finger seitlich an ihrer Brust und ihrer Taille hinabfahren, beobachte die Schauer, die meine Berührungen bei ihr verursachen. Dann verhake ich einen Finger in den Gürtel- ösen ihres Cordrocks und ziehe ihren Unterleib fest an meinen. Augenblicklich entweicht ihr ein Stöhnen, als ich mich an ihr reibe, während ich ihren Körper weiterhin fest gegen die Wand hinter ihr presse und sie nicht entkommen lasse. Mit Worten mag sie sich vielleicht dagegen wehren, was wir hier tun, aber ihr Körper lechzt eindeutig nach mehr, und ich bin mehr als bereit, es ihr zu geben. Am liebsten jetzt sofort. Diese Wirkung hat noch keine Frau auf mich gehabt. Sie macht mich vollkommen verrückt. Fest umfasse ich ihren Hintern und hebe sie ein Stück hoch, wobei sie sofort die Beine um meine Hüften schlingt. Während ich sie mit einer Hand halte, schiebe ich mit der anderen den hässlichen Rock so weit wie möglich zurück, streichle dabei die weiche Haut ihrer Schenkel und ihrer Pobacken. 43 Ungenügend Ihre Hände fahren durch meine noch vom Duschen feuchten Haare und krallen sich darin fest, ziehen mich fest an sie heran, während unsere Münder wieder hungrig und hart aufeinandertreffen. An meinem Schritt spüre ich deutlich ihre Hitze. Allein der Gedanke, dass mich nur meine Jeans und das bisschen Stoff ihres Höschens vom Paradies trennen, lässt mich wahnsinnig werden und ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte. Ich will nichts lieber, als das Stückchen Stoff zur Seite schieben und mich in ihrer feuchten Hitze zu versenken. Kurz bleibt sie mit etwas in meinen Haaren hängen und das Ziepen lässt mich für einen Moment innehalten. Augenblicklich kippt die aufgeheizte Stimmung, die zwischen uns herrscht. Alex’ ganzer Körper versteift sich unter meinen Berührungen, als sie ihre Hand umständlich aus meinen Haaren befreit und mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. Ihre Beine rutschen von meinen Hüften und mit beiden Händen schiebt sie mich weg von sich. Ich bin so perplex über diesen plötzlichen Sinneswandel, dass ich einen Schritt zurückstolpere, bis ich mich wieder fange. »Was soll …«, stoße ich hervor, als ich wieder zu Atem gekommen bin. Wie kann sie mich einfach von sich schieben? Jetzt? Was denkt sie sich nur dabei? Doch Alex starrt nur auf ihre Hand hinab und nun weiß ich auch, was sich eben in meinen Haaren verfangen hat. Ihr beschissener Ehering. Hastig zerrt sie ihren Rock nach unten, zieht die Bluse zurecht und fährt sich kurz durch die Haare. Mit gesenktem Blick schnappt sie sich ihre Tasche und stürmt an mir vorbei. Ohne ein Wort. Ohne einen Blick. Sie geht einfach und lässt mich hier stehen. »Alex!«, rufe ich ihr hinterher, doch sie ist bereits hinter den Tribünen 44 Ungenügend verschwunden und außerhalb meiner Sichtweite. Scheiße! Mit voller Wucht schlage ich mit der Faust gegen die Betonwand, spüre jedoch nicht den Schmerz, der sich in Strahlen von meinen Fingerknöcheln ausbreitet. Ich bin viel zu aufgewühlt, um so etwas Nebensächliches zu bemerken. Das einzige, was ich fühle, sind meine vom Küssen geschwollenen Lippen und mein pochender Schwanz. Und die verdammte Leere in meiner Brust, wo eigentlich mein Herz schlagen sollte. 45