Zum Inhalt - Hellasfreunde Bern
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Zum Inhalt - Hellasfreunde Bern
Hellasfreund e B ern Hellasfreunde Bern Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde, 3000 Bern Bulletin 2012 - 1 / März 2012 1 Titelbild: Kastellorizo Vereinsadresse: Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde 3000 Bern Kontakt: Internet: www.hellasfreunde.ch Mail: hellasfreunde.bern@bluewin.ch Tel. Fred Wyss: +41 (0) 031 931 02 13 2 Das Bulletin wird, zumindest auszugsweise, auch auf unserer Website als PDF aufgeschaltet – allerdings mit ca. 3 Monaten Verzögerung: Mitglieder sollen Vorrang haben! Fred Wyss 27. 2. 2012 Zum Inhalt Inhaltsverzeichnis Zum Inhalt Fred Wyss (Präsident Hellasfreunde) 3 Protokoll der Mitgliederversammlung 2012 Erich Frauenfelder (Sekretär Hellasfreunde) 4 Ein paar Euros – was macht das schon aus? Marina Bolzli in der Bernerzeitung 7 Der Winter in Griechenland Astrid Scharlau, Azalas, Naxos (www.azalas.de) 8 Die griechische Amputation Astrid Scharlau, Azalas, Naxo, (www.azalas.de) 9 Zwischenrufe Wilfreid Jakisch, Assini (www.argolis.de) 10 Frühling in Chora Sfakion Betina Trüper (http://bettinaki.wordpress.com) 11 Der Raketenkrieg auf Chios www.rocketwar.gr 13 Die Insel Thassos Kyriakos & Regina Stamatiadis (GRGB) 15 Das Glück der Taverne Hans W. Korfmann (Süddeutsche – 2006) 16 Kastellorizo - an Griechenlands östlichstem Rand Katharina Roller, Herrenberg, (www.nissomanie.de) 19 Ja, geht Ihr denn für immer? Silvia Spaar Zaugg, Syros 23 Alchemistische Versuche Susan Fisch-Dimitratos, Kefalonia (Mitglied) 27 Sekundarlehrer drückt die Schulbank Marianne Moser, www.lesvos-reisen.ch (Mitglied) 29 Auf dem Weg in die Ungewissheit Daniel Infanger, Ittigen, z.Z in Thessaloniki 32 Mein Thessaloniki Maranthi Milona, Thessaloniki 35 Die Musikinstrumente der alten Griechen Wifried Jakisch, Assini (www.argolis.de) 38 Tsambouna – der griechische Dudelsack Astrid Scharlau, Azalas, Naxos (www.azalas.de) 41 Information zur kommenden Reisesaison Diverse Quellen 43 Interessante Veranstaltungen www.hellasfreunde.ch 44 Eigentlich sparen wir die Tagespolitik in unserem Bulletin ja aus. Dies weil die Aktualitäten, gerade in der jetzigen Krise, fast täglich ändern – und weil uns dazu auch die Kompetenz fehlt. Trotzdem, diesmal gibt‘s gleich viermal einen Blick auf die Stimmung im Land in der Krise. Die erlebt Marina Bolzli als Beobachterin auf ihrer Wanderung quer durch Griechenland und als Betroffene die Astrid Scharlau, die in einem Bergdorf auf Naxos lebt sowie Wilfried Jakisch, ein ehemaliger Journalist der auf dem Peleponnes lebt. Ein zweiter Themenblock zeigt uns die Bräuche in der aktuellen Jahreszeit auf Kreta, wiederum beschrieben und fotografiert von Bettina Trüper. Der folgende Bericht beschreibt dann einen ganz speziellen Osterbrauch auf der Insel Chios. Es folgt ein ganzer Block mit Informationen zu potentiellen Reisezielen: - Kyriakos Stamatiadis erzählt von „seiner Insel“ Thassos. Weiter Informationen zum gleichen Ziel liefert ein Artikel von W. Korfmann. - Das Inselchen Kastellorizo wird uns von Katharina Roller vorgestellt, der Referentin am Vortrag vom 7. März 2012. - Sylvia Spaar schreibt über ihr Leben auf Syros, und Susan Fisch Dimitratos aus Kefalonia weiht uns in eines ihrer Winterhobbys ein. - Marianne Moser schreibt über einen speziellen Sprachkurs auf Lesbos. Aber auch das Festland geht nicht vergessen – es geht gleich zweimal nach Thessaloniki: 3 Maranthi Milona, freie Journalistin und Schriftstellerin, hat extra für uns einen Artikel über Thessaloniki geschrieben. Der zweite Artikel zu Thessaloniki kommt von Daniel Infanger aus Ittigen, zurzeit Student in der zweitgrössten Stadt Griechenlands. Abgerundet wird das Bulletin mit zwei Artikeln zu alten Musikinstrumenten: Von Wilfried Jakisch stammt der Artikel über das Museum für antike Musikinstrument. Quasi eine Bauanleitung für eine Tsambouna liefert uns nochmals die fleissige Astrid Scharlau. Erfreulich: Die Hälfte der Artikel wurde diesmal von Mitgliedern und guten Freunden des Vereins extra für dieses Bulletin geschrieben. Die beiden Artikel zu Thessaloniki wurden mir sogar, ohne vorherige Anfrage, „einfach so“ angeboten. Das macht natürlich Freude, wenn sich Leser von unserem Bulletin so angesprochen fühlen, dass sie uns spontan einen Artikel liefern. Wir danken allen Autoren, denjenigen die extra etwas für uns geschrieben haben und auch denjenigen, welche uns grosszügig einen bereits veröffentlichten Text zur Verfügung gestellt haben. Hoffen wir, dass der Inhalt des Bulletins für einige von euch einen Anreiz darstellt, trotz Krise auch im nächsten Sommer nach Griechenland zu reisen. Denkt evtl. dabei auch an unsere Sponsoren. Und warum nicht mal Urlaub bei einem Mitglied oder einem guten Freund des Vereins (Artikelschreiber, Autoren) machen. Achtet darum auf die „grauen Kasten“ bei den Artikeln und schaut euch die Tipps auf der zweitletzten Seite an. Das nächste Bulletin erscheint im Dezember 2012. Redaktionsschluss ist am 1. September, Artikel nehmen wir aber gerne ab sofort entgegen. Protokoll der Mitgliederversammlung vom 27.1. 2012 Erich Frauenfelder 28. 1. 2012 1. Begrüssung und Eröffnung Der Präsident Fred Wyss eröffnet die Versammlung um 19.05 Uhr Eingeladen wurden alle 192 Mitglieder. Anwesend sind 61, entschuldigt haben sich 52. Gute 59% haben auf die Einladung reagiert. 2. Wahl der Stimmenzähler Gewählt werden: Willi Vontobel, Nikos Hadzikalymnios und Fred Nicolet 3. Protokoll der Mitgliederversammlung 2011 Das Protokoll wurde im Bulletin 2011 -1 im März 2011 publiziert. Auf das Verlesen des Protokolls wird verzichtet. Es wird mit Applaus genehmigt. 4. Jahresbericht des Präsidenten Vereinsführung Zusätzlich zur Mitgliederversammlung fanden 5 Vorstandsitzungen und der Vorstandsausflug auf den Bantiger statt. Vereinsbulletin/Versand Auflage - März 11: Bulletin inkl. Protokoll der MV + Einladungen 200 - Sep 11: Bulletin, 3 Einladungen zu Vorträgen / Konzert 200 - Dez 11: Bulletin, 3 Einladung zu Vorträgen und Einladungen zu MV 180 Total wurde ca. 140 Seiten geschrieben und redigiert, sowie ca. 28'000 Seiten gedruckt Anlässe der Hellasfreunde - 28.1.2011: Vorias – Nordwind + Mitgliederversammlung 16.2.2011: Auf den Kykladen (Video-Film ) 9.3.2011: Winter in Tsakonien 4 Markus Heimlicher Fred Wyss Jannis & Salome Zinniker - 30.3.2011: - 27.4.2011: - 26.10.2011: - 16.11.2011: - 7.12.2011: Zusätzlich - 24.4.2011: - 7.5.2011: Jannis Ammon Plutarch Chiotopulos Kafeneion Jannis Zinniker M. Moser & S. von Arx Etliche Mitglieder traf man am Osterfest der Griechischen Gemeinde. Weinprobe bei Nikos und Margret Hadzikalymnios in Wattenwil Unsere Sponsoren im Jahr 2011 - Skyros und Euböa Freiheit oder Tod Konzert Griechische Malerei der Neuzeit Die Insel Lesbos Baumeler Reisen Aaretal-Reisen Imbach Reisen Lesvos Reisen - Kulturkommission der Gemeinde Ostermundigen - Gottfried Pulfer, Restaurant Brunnhof - Nikos-Import Entwicklung des Mitgliederbestandes - Mitgliederbestand an der MV 2011: - Eintritte im Jahr 2011: - Austritte: Ausgetreten oder gelöscht: - Mitgliederbestand an der MV 2012: 190 17 14 193 5. Jahresrechnung Die Kassierin Marianne Peyer präsentiert die Jahresrechnung. Dank eines Ertragsüberschusses steigt das Vermögen auf CHF 13'801.60. 6. Bericht der Revisoren Annemarie Schweizer liest den Revisorenbericht und empfiehlt der Versammlung, der Jahresrechnung zuzustimmen. Der Kassierin wird mit Applaus Décharge erteilt. 7. Festsetzung des Jahresbeitrages Einstimmig wird beschlossen, den Jahresbeitrag auf dem bisherigen Niveau zu belassen: Fr. 40.- für Einzelpersonen, Fr. 60.- für Paare und Fr. 20.- für Lehrlinge/Schüler/Studenten. 8. Anträge Es liegen keine schriftlichen Anträge vor. Ein Mitglied fragt, ob man das Bulletin an Mitglieder, die ihre Internetadresse bekannt geben, nicht ausschliesslich elektronisch versenden und damit einige Kosten sparen könnte. Fred Wyss findet das gedruckte Exemplar praktischer, weil dieses eine Zeitlang herumliegt und man es eher 2 oder 3 Mal in die Hand nimmt. Mails und ihre Anhänge schaut man meistens nur einmal an. Ausserdem ist das Bulletin ein gutes Werbemittel 9. Infos zu den kommenden Aktivitäten in der laufenden Saison Es folgen noch 4 Anlässe: Datum Thema Sponsor 15.2. Kos, Kalymnos, Nisyros - Videofilm von Fred Wyss, Imbach Reisen 7. 3. Inseln am Rand . Vortrag von Katharina Roller Aaretal Reisen 28. 3. Die Insel Thassos – Dia-Show von Beat Scheidegger Koller Building Systems AG 25.4. Die Kunst der Griechen – Vortrag Plutarch Chiotopulos Nikos-Import Veranstaltungen befreundeter Organisationen 15. 4. Osterfest der griechischen Gemeinde Bern im Gwattzentrum 12.5. Weinprobe bei Nikos und Margret Hadzikalymnios in Wattenwil 5 10. Verschiedenes Resultat der Umfrage betreffend Anfangszeit: 35 Mitglieder haben sich geäussert: 5 bevorzugen 19:00 Uhr, je 16 19:30 Uhr oder 20:00 Uhr. Wir bleiben bei 20:00 Uhr 11. Ende des offiziellen Teils um 19.45 Uhr Im gemütlichen zweiten Teil gab es einen kleinen Imbiss und ein kleines Konzert mit Regina Stamatiadis, Kyriakos Stamatiadis, Christos Kasapidis und Peter Graf. Der Auftritt der vier stiess auf Begeisterung, es wurde sogar getanzt. Für das Protokoll: Ostermundigen, 28.01.2012 Eingesehen: Ostermundigen 29.02.2011 Erich Frauenfelder Sekretär Fred Wyss Präsident Kurz vor Redaktionsschluss eingetroffen: Mitteilung der Gemeinde Ostermundigen Wegfall der freiwilligen Gemeindebeiträge an die Vereine Die Finanzlage der Gemeinde Ostermundigen ist kritisch... unter vielen anderen Sparmassnahmen hat der Gemeinderat beschlossen, die freiwilligen Gemeindebeiträge an die Vereine zu streichen. Das heisst für die Hellasfreunde: Fr. 860.-/Jahr weniger Einnahmen. Vorstand 2012 Präsident: Fred Wyss Dennigkofenweg 180 F 3072 Ostermundigen Vereinsleitung, Veranstaltungen, Vereinsbulletin, Website, Mitgliederwerbung 031 931 02 13 Vizepräsidentin: Anna Grafe Untere Feldenstrasse 19 3655 Sigriswil Vertretung Präsident, Veranstaltungen, Mitgliederdatei, Kochkurs 033 251 32 66 Kassierin: Marianne Peyer Neuhofstrasse 15 3426 Aefligen Buchführung, Zahlungsverkehr 034 445 57 69 Sekretär: Erich Frauenfelder Sonnmattweg 18 3604 Thun Protokoll, Korrespondenz, Veranstaltungen 033 336 56 76 Beisitz: Sylvia Wyss Dennigkofenweg 180 F 3072 Ostermundigen Druck, Versand, Infos und Auskünfte für Neumitglieder und Interessierte, Veranstaltungen 031 931 02 13 Beisitz: Elsbeth Vontobel Loebeerstasse 8 3018 Bern Veranstaltungen 031 991 20 50 Beisitz: Dr. Philippe Gigon Kappelenring 24 a, Postfach 3032 Hinterkappelen Vereinsarchiv 031 901 16 50 6 Ein paar Euros – was macht das schon aus? Tatort: Griechenland, ein Samstag in der Taverne von Athanasios Dhiakos. Wir trinken griechischen Kaffee. Im Fernsehen sprechen sie von der Krise, und Angela Merkel und Nicolas Sarkozy schütteln sich wieder einmal die Hände. Panagiotis, der Wirt, schüttelt den Kopf und schaltet um auf eine türkische Soap. Panagiotis nennt sich Pangos und trägt Trainerhosen, einen Bart und einen Bauch zur Schau. Es ist 10 Uhr morgens, er wartet darauf, dass die Taverne sich füllt, und wir darauf, dass der Regen aufhört und wir weitergehen können. Marina Bolzli BZ, 8. 11. 2011 Marina Bolzli ist Autorin und Journalistin aus Bern, mehr Infos auf: www.marinabolzli.ch. Zur Zeit wandert sie mit ihrem Partner durch Südeuropa und berichtet allmonatlich von ihren Erlebnissen in der Bernerzeitung, leider nur in der EmmentalerAusgabe. mann erzählt uns, dass seine Tochter in Athen studiere. Bisher sei aber in diesem Semester jede Vorlesung ausgefallen, die Professoren streiken. Dann deutet er auf zwei Männer, die in Tarnkleidung in der Taverne sitzen: «Die wollen Vögel jagen gehen.» «Und die Tochter», wollen wir wissen, «was macht sie jetzt?» «Sie jobbt und wartet darauf, dass es weitergeht», antwortet der Seemann. Dann spricht er wieder über die Jagd. In der Küche brät Pangos‘ Mutter Fleisch an. Es wird aufgetischt. Auch heute mussten einige Lämmer dran glauben. Wir beschränken uns auf einen griechischen Salat. In den Nachrichten erzählen sie, dass es in den griechischen Städten stinke. Die Abfallentsorgung klappe nicht mehr. Der Seemann prostet uns zu, das scheint hier niemanden zu beschäftigen. Es regnet pausenlos. Mit Wandern wird‘s heute nichts mehr. Wir winken Pangos, wollen zahlen. Er bleibt sitzen, zieht sich die Brille aus, reibt sich die Augen, seufzt tief auf und stösst seine Freundin mit dem Ellbogen an. Doch auch sie will nicht einkassieren. Zahlt morgen, sagt er. Warum sollte man es wegen ein paar Euro auch so genau nehmen? Langsam tröpfeln die ersten Gäste herein. Arbeiter, die das Haus nebenan sanieren, schicke Athenerinnen, der Gemeindepräsident, der mit dem pensionierten Seemann eine Partie Backgammon spielen will. Pangos’ Vater schleppt Holzscheit um Holzscheit herein, die Menschen drängen sich näher ans wärmende Feuer. Der beste Platz gehört der Grossmutter, sie hat sich vor das Kaminfeuer gesetzt. Sie hat die Taverne vor über 50 Jahren zusammen mit ihrem Mann gegründet, sein Foto steht auf dem Kamin. Sommers beherbergt das Dorf 2000 Menschen, im Winter sind es nur noch zwei Handvoll. Der junge Wirt, der Gemeindepräsident und der pensionierte Seemann sind drei von ihnen. Dann jagen sie zusammen Hasen, der Seemann und der Wirt haben im letzten Winter drei geschossen, der Gemeindepräsident einen. Im Fernseher sieht man jetzt brennende Barrikaden, das ist Athen. In der Taverne schaut niemand hin. Jeder Tisch ist besetzt, alle schwatzen durcheinander. Pangos setzt sich kurz zu allen hin, auch zu uns. «Na, seid ihr immer noch da?», meint er, lacht und schiebt uns ein paar belegte Brote zu. Es regnet weiter. Seit gestern Abend ununterbrochen. Aus Langeweile versuchen wir uns Backgammon beizubringen. Um nicht aufzufallen, wechseln wir wie alle anderen am Nachmittag von Kaffee zu Wein. Der See- Fern der griechischen Krise: Bei Pangos in der Taverne. 7 Der Winter in Griechenland Ich höre aus Deutschland, dass der Winter dort bislang sehr mild war. Das gibt mir Gelegenheit, etwas zum griechischen Winter zu sagen. Wir haben schon öfter festgestellt, dass das Wetter in Deutschland und in Griechenland oft genau gegenteilig ist: Wenn es in Deutschland kalt ist, ist es hier warm und umgekehrt. Entsprechend hatten wir letztes Jahr einen außer einem Wintereinbruch im März eher milden Winter mit viel Südwind, und das einzige, was uns das Leben schwer gemacht hat, waren die mehreren sehr starken Gewitter, bei denen es häufig direkt bei uns eingeschlagen hat (oft war der Strom weg, einmal hat es alle Transformatoren zwischen uns und Moutsouna lahmgelegt, und einmal ging beim Blitz das Licht bei uns an und es hat gekracht, dass wir wirklich gezittert haben!). Astrid Scharlau, Azalas, Naxos 24.01.2012, http://azalas.de/ beschweren, dass das Heizöl so viel teurer geworden ist; genau gesagt um so viel, dass sehr viele Leute gar keins mehr kaufen können. Um nur eins zu erwähnen: Auch die Schulen haben kein Geld mehr für die Heizung, so dass das Öl von den Eltern gekauft werden muss. Aber auch die Heizung funktioniert so schlecht, dass die Kinder oft die Anoraks anlassen müssen, und oft ist ihnen trotzdem so kalt, dass sie kaum schreiben können; das ist keine Erfindung, sondern es ist Irini tatsächlich so ergangen, und bei Angeliki funktioniert die Heizung im Klassenraum ebenfalls kaum, das heißt dass es dann im Klassenraum unter 10°C ist (die Tragaía ist einer der kältesten Flecken von Naxos). Nicht zu reden von den Schulbüchern: bis Weihnachten hatten die Kinder der Grundschule nur etwa die Hälfte ihrer Schulbücher. Aber die Regierung hat schlauerweise im Haushalt dieses Jahres die für die laufenden Ausgaben der Grundschulen vorgesehenen Gelder um 83% gesenkt (während merkwürdigerweise die vorhergesehenen Einnahmen aus der Verfolgung des Steuerhinterzugs im großen Maßstab mit 0,0 € veranschlagt werden… warum nur?). Das nur als Erklärung für die Leute, die sich wundern, dass die Griechen nicht mit ihrer Regierung zufrieden sind, die unter großen Opfern (wessen?) die Verhältnisse (für wen?) im Land zu verbessern versucht. Dieses Jahr ist alles nun ganz anders. Seit Mitte September haben wir kühles, trockenes Wetter mit Nordwind, und seit Mitte November lagen die Temperaturen bei uns fast ständig unter 15°C und sogar meist bei um die 11°C als Höchsttemperatur. Morgens war es im Januar fast stets um die 5°, aber wir haben auch bis zu 2° gesehen; das bedeutet dann natürlich Frost auf den Bergen. Die Kinder hatten schon einmal schneefrei und einmal “frostfrei”, weil der Bus nicht kommen konnte. Gestern war der erste Tag, der deutlich wärmer war, aber Donnerstag soll es vermutlich wieder schneien… Das ist allerdings nichts gegen die Temperaturen auf dem griechischen Festland. Im Nord- und Mittelgriechenland sowie auch im Peloponnes lagen die Temperaturen oft um die -10°C, und in Florina ganz im Norden Griechenlands sind sie einen Monat lang gar nicht über Null gestiegen mit einer Tiefsttemperatur von -25°C vor ein paar Tagen! Ich schreibe das vor allem, weil es mich ein bisschen geärgert hat, als ich vor einiger Zeit in einem blog abfällige Kommentare über die verwöhnten Griechen las, die sich darüber Apiranthos im Schnee 8 Die griechische Amputation Astrid Scharlau, Azalas, Naxos 15.2.2012, http://azalas.de/blog Ich zögere stets, mich in diesem Blog zu den politischen und wirtschaftlichen Vorgängen hier in Griechenland zu äußern, weil das ja nicht sein Zweck und Thema ist. Jede Regel besitzt allerdings bekanntlich Ausnahmen, und dieses ist eine. Ich will mich allerdings hier nicht in Zahlen und Fakten verlieren; vielleicht muss ich mich dazu ein ander Mal aufraffen. Aber weil Europa ohne ein Verständnis seiner Mitglieder füreinander im Chaos oder in schlimmeren Zuständen zu versinken droht, will ich für alle, die es hören wollen, die griechische Situation, so wie sie sich für den Bürger darstellt, in einer Anekdote verdeutlichen. Es kann ja für das Verständnis einer Situation durchaus nützlich sein, das Ganze mal von einer anderen Warte aus zu betrachten. Es war also einmal ein Arbeiter, dessen Hände aus nicht eindeutig geklärten Gründen eine schlechte Arbeitsleistung zeigten (manche reden von Faulheit, andere davon, dass die eine Hand nicht wusste, was die andere tat, andere meinen, dass die eine Hand mit Absicht das Gegenteil der anderen machte usw.). Kurz und gut, er machte Schulden, die er bald nicht mehr bezahlen konnte. Daraufhin bildete sich unter den Kollegen eine Kommission, die über die erforderliche Therapie entscheiden wollte. Nach gründlicher Untersuchung einigte man sich darauf, die linke Hand zu amputieren. Der Patient hatte Bedenken, die jedoch schnell beseitigt wurden; die Beteiligten versicherten, dass es sich um eine effektive Methode handle. Weitere Darlehen für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit wurden geleistet. Zur Überraschung aller (vom Patienten abgesehen) zeigte die Amputation nicht das gewünschte Ergebnis; die Arbeitsfähigkeit der Arbeiters ging weiter zurück, die Verschuldung stieg weiter an, und der Patient konnte sich, wie leicht einzusehen ist, kaum noch Geld leihen. Wieder trat die Kommission zusammen, um über die weitere Behandlung zu beraten. Die Kommission erklärt sich großzügig dazu bereit, einen großen Teil der neu entstandenen Schulden zu streichen und außerdem die weitere Therapie kostenlos zu übernehmen. Es wurde eine Wiederholung der vorigen Therapie beschlossen, d.h. nun sollte auch die rechte Hand amputiert werden. Alle Beobachter der Situation äußern die Ansicht, dass diese Therapie nicht nützen kann, und der Patient sträubt und wehrt sich; er wird jedoch mit dem schlagenden Argument zum Schweigen gebracht, dass es keine andere Lösung gibt, und ihm wird außerdem verdeutlicht, dass er, hoch verschuldet, wie er ist, kein Mitspracherecht in seinen Angelegenheiten hat. Zur Klärung der weiteren Entwicklung verlangt die Kommission vom Patienten eine schriftliche Versicherung, dass er nach der Amputation sein Arbeitssoll erfüllen wird; wenn er das nicht schafft, dann soll ihm jede Hilfe gestrichen und jede Unterstützung aufgekündigt werden. Nun höre ich schon den Aufschrei von (Teilen) meiner Leserschaft: Astrid, wie kannst du die Dinge nur so vereinfacht bzw. verzerrt darstellen?? Aber glaubt mir, ganz genau so stellt sich die Angelegenheit von der Warte des griechischen Normalbürgers aus dar, der sich kein Geld in seine eigenen Taschen gewirtschaftet hat, und der jetzt für die Begleichung von Schulden, die er nicht (oder nur in geringem Maß) verursacht hat, nicht nur zahlen muss, sondern der dafür völlig ruiniert werden soll, ohne dass auch nur ansatzweise ein positives Ergebnis (für ihn und für seine (europäischen) Mitbürger) abzusehen ist. Ich schreibe dieses mit einer gewissen Bitterkeit, wie vielleicht herauszuhören ist. Die Griechen fühlen sich im Moment genau so, wie sich der oben erwähnte Patient fünf Minuten vor der Amputation fühlt. Ich kann es einfach nicht glauben, dass wir Europäer nicht zu einem besseren Umgang mit unseren Problemen imstande sein sollen. Wenn es Euch, meine geneigten Leser 9 interessiert, dann muss ich das Ganze ein anderes Mal mit Fakten und Daten zur heutigen Situation des griechischen Bürgers illustrieren. Ich warte auf Eure Rückmeldungen und Antworten. Astrid Scharlau, 15.2.2012, http://azalas.de/blog Wilfried Jakisch www.argolis.de Zwischenruf holen sich europäische Banken ihre Zinsen von den Ärmeren in Griechenland? Warum werden nicht die Auslandskonten griechischer Politiker, Ärzte, und anderer Steuerhinterzieher gepfändet? Da haben wir wieder das ach so wertvolle Bankgeheimnis... Man schätzt, dass allein in der Schweiz mehr als 200 Milliarden Euro aus Griechenland lagern (Dunkelziffer unbekannt). Von Liechtenstein und Luxemburg gar nicht zu reden. Wie kann jemand auf ehrliche Art und Weise so viel Geld anhäufen? und vor allem: wie kann man so viel Geld so geschickt verschwinden lassen? Das Herbeireden des Euro-Endes für Griechenland hat seine Wirkung nicht verfehlt. Griechen plündern ihre Konten. Die Tresore in den Schweizer Banken sind vermutlich kurz vorm Platzen. Die Bankenstaaten freuen sich über einen unerwarteten Steuersegen. So gesehen kann auch JeanClaude Juncker gut vom hohen Ross herab die Griechen beschimpfen, je schlimmer die Krise, desto höher die Einnahmen für sein Land. Bravo! Wo sind denn die Pläne für den Marschall-Plan für die Griechen? Geht nicht, kostet ja Geld. Wenn schon keiner in Griechenland investieren will, dann sollten doch die Dame und die Herren Politiker wenigstens ihren Völkern sagen, dass die beste Hilfe für Griechenland darin besteht, hinzufahren, Solidarität zu bekunden, als Tourist dort auch Geld auszugeben. Es ist wohl schon etwas mehr als nur schwarzer Humor, man kann es durchaus schon Galgenhumor nennen. Unsere Freundin Waltraud fand dieses Graffiti in Kalamata. Man mag darüber denken, wie man will, aber das griechische Sparprogramm wird vielen Griechen die Existenz kosten, weil es einfach die Falschen trifft. Die den griechischen Politikern abgepresste Zustimmung zu einem Sparprogramm, das den endgültigen Tod oder mindestens ein langes Siechtum der griechischen Wirtschaft zur Folge hat, wird nicht als revolutionäre Tat in die Geschichte eingehen. Wie können Europas Politiker Griechenland derart demütigen? Warum Wilfried Jakisch Fortsetzung demnächst auf www.argolis.de: „Wer Schulden hat, muss Waffen kaufen, dann bekommt er auch Kredite...“ 10 Frühling in Chora Sfakion Bettina Trüper, Chora Sfakion http://bettinaki.wordpress.com Nochmals ein paar Auszüge aus Bettinas Tagebuch - natürlich auch wieder vom letzten Jahr: dann das Osterfeuer entfacht. Wieder ein beeindruckend großes Feuer …. Griechischer Nationalfeiertag 25. März Heuer war es auch in Chora Sfakion ein wirklich gefeierter Tag…viele Schüler nahmen dieses Jahr an der Parade teil…danach gab es noch weitere Vorstellungen …Mädchen des Gymnasiums sangen alte Lieder, die Männer der Rizitikogruppe sangen und es gab ein paar Reden, manche kürzer manche länger aber es war ein wirklich schöner Vormittag…. wieder mal mit bestem Wetter!!! Πάσχα / Ostersonntag Am Ostersonntag saßen wir gemütlich im Kreis der Familie zusammen. Es gab herrliches gegrilltes Fleisch und bei super Wetter ließen wir es uns einfach nur gut gehn. Ανάσταση / Griechische Ostern Und wieder war es ein wunderschönes Osterfest. Dieses Jahr mal wieder mit Familienbesuch aus Deutschland, mein Bruder und seine kleine Tochter sind die Tage hier und haben sich auch endlich mal das griechische Osterfest angeschaut. Am Ostersamstag ging es spät abends in die Kirche. Kurz vor Mitternacht zündeten alle am heiligen Licht ihre Lambada (Osterkerze) an, dann ging es raus vor die Kirche und um Mitternacht wurde 11 Tiersegnung in Asi Gonia 70. Jahrestag von „The Battle of Crete“ Heute waren wir in Asi Gonia. Dort findet jedes Jahr am Agios Giorgos Tag (23.4.) eine große Tiersegnung statt. Die Hirten bringen ihre Schafe und Ziegen in den Ort und alle Herden werden dort gesegnet. Sie werden alle angemolken, die Milch wird gesammelt und an die Leute verteilt. Das ist jedes Jahr ein tolles Fest. Wir hatten uns noch ein paar Souvlakispieße gekauft und diese dann auf dem Rückweg in Kallikratis gegessen. Die Rückfahrt über die Serpentinenstraße war natürlich auch wieder ein Muss Heute fand in Chora Sfakion die Feier zum Gedenktag an „The Battle of Crete“ statt. Die Luftlandeschlacht um Kreta begann am 20. Mai 1941. Die deutsche Wehrmacht eroberte nach sehr blutigen Kämpfen das durch alliierte Truppen verteidigte Kreta. Viele allierte Soldaten konnten über die Sfakia evakuiert werden. Die deutschen Besatzer bleiben bis 1945. Mehr dazu auf: http://de.wikipedia.org/wiki/Luftlandeschlacht_um_Kreta 12 Der Raketenkrieg auf Chios Quelle: www.rocketwar.gr Zusammengefasst von Fred Wyss Ungewöhnliche Oster-Tradition auf Chios: Kirchengemeinden beschiessen sich mit Raketen. Auf der Insel Chios in der Nordostägäis beschiessen sich die zwei Kirchengemeinden von Vrontados jedes Jahr an Ostern mit selbst gebastelten Raketen. Das Ziel der Geschosse ist der jeweils andere Kirchturm. Vorbereiten der Raketen auf den Startrampen Kirche Agia Maria Erethianis in Vrontados Ein lauter Warnton, dann beginnt die Schlacht Kirche Agios Markos in Vrontados Bei diesem einzigartigen Ereignis werden über 60,000 Raketen von zwei miteinander rivalisierenden Standorten, auf die gegenüberliegende, „gegnerische“ Kirche abgefeuert, welche dem heiligen Markus und dem heiligen Erithran geweiht sind. Dieses Ereignis findet selbstverständlich im Einvernehmen mit den kirchlichen Osterfeierlichkeiten am Karfreitag von etwa 20.00 bis 00.30 Uhr statt. Das Spektakel ist fantastisch und wird, obwohl es nicht ganz ungefährlich ist, jährlich von tausenden Personen angesehen. 13 Auch nach der zweiten Version wurde diese Tradition zur Zeit der osmanischen Besatzung geboren: Den Einheimischen wurde von den Türken das Feiern des Osterfestes verboten. Die Christen der beiden Kirchgemeinden Agia Maria und Agios Markos beschlossen darum, einen Scheinkrieg zu veranstalten, um die Türken von den Feierlichkeiten abzulenken. Tatsächlich liessen sich die Türken durch die plötzliche Gewalttätigkeit abgeschreckt, sie bleiben in sicherer Distanz, solange die Raketen abgefeuert wurden. Inzwischen konnten die Gemeinden ungestört ihr Fest in den Kirchen feiern. Auch heute findet parallel zum Raketenkrieg im Innern der Kirchen die Karfreitags-Zeremonie statt. Es ist ist nicht klar, wie und wann diese Tradition in Vrontados begann. Es gibt viele unterschiedliche Erklärungsversuche, hier zwei davon: Die erste Version stammt aus dem 19. Jahrhundert: Da war es üblich, an Ostern mit den Kanonen der Schiffe in die Luft zu feuern. Weil die osmanischen (türkischen) Besatzer sich vor Aufständen fürchteten, beschlagnahmten sie aber die Kanonen der Griechen. Diese griffen darum auf selbstgebaute Raketen zurück. So entstand der Raketenkrieg. Weitere Infos und Bilder: www.rocketwar.gr, Video: http://www.spiegel.de/video/video-61600.html 14 Kyriakos & Regina Stamatiadis Bern im Januar 2012 Thassos Jedes Jahr reise ich im Winter nach Thassos. Und jedes Mal bevor ich abreise, ist das Wetter in Thassos schön. Aber kaum komme ich an, wird es schlecht. Schnee kommt. Da sage ich zur Insel: Thassos empfängt mich mit schlechtem Wetter. Warum? Weil sie mich schweizerisch empfangen will. Jedes Mal hat es Schnee während meines zweiwöchigen Aufenthalts. Nicht dass der Schnee etwas Schlechtes wäre. Aber wenn wir in der Schweiz sagen, jemand reist nach Griechenland, versteht sich, dass er an die Wärme und zum schönen Wetter zieht. sind die Folge des Tourismus. Fred bat mich, etwas über die Insel Thassos zu schreiben, aber nicht wie im Prospekt, sondern persönliche Erfahrungen. Ich gebe zu, dass ich erst dachte, etwas aus den verschiedenen Prospekten zusammenzustellen. Als er mir erklärte, es wäre besser, etwas Persönliches zu schreiben, dachte ich: ach, schwierig! Doch als ich im Winter wiederum nach Thassos kam, sagte ich mir: versuch’s doch. Die älteren Bewohner der Insel und besonders vom Dorf Rachoni, wo ich wohne, erzählen, dass das Dorf früher während Wochen wegen des Schnees abgeschlossen war. Heutzutage, abgesehen davon, dass es im Winter weniger Schnee hat, gibt es die Ringstrasse um die Insel und das Problem des Abgeschlossen-Werdens existiert nicht mehr. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es nur den alten Römerweg, der die Dörfer quer durch die Insel miteinander verband und auch kürzer war. Heute wird dieser Weg nicht mehr begangen und ist praktisch verfallen. Die Dörfer, wie wir sie heute kennen, d.h. am Meeresufer, existierten nicht, oder es gab nur einzelne Hütten. Die heutigen Dörfer sind in den letzten 50, 60 Jahren entstanden und In allen unseren Ferien kamen wir nach Thassos, weil mein Heimatort Xanthi ist, die Stadt auf dem Festland beinahe gegenüber Thassos. Am Anfang wählten wir die Seite mit dem Dorf Panaghia und dem Strand Chrissi Amudia (Goldener Sand). Dann hat uns mein Freund Christos auf die andere Seite der Insel gelockt, auf die Seite von Rachoni. Unsere Ferien haben sich wie folgt abgespielt: wir kamen am Strand von Rachoni an, oft mit mitgebrachtem Boot. Wir bezogen die gemieteten Zimmer. Insgesamt bildeten wir eine Gruppe von 25 bis 30 Personen, eine gemischte Gruppe von Freunden aus der Schweiz und Griechenland. Bis zum Zeitpunkt unserer Heimreise lebten wir nach folgendem Muster: am einen Tag gingen wir frühmorgens fischen, fingen Saphridia und andere Arten, am Nachmittag verbrachte Frau Evangelia, die Mutter von Christos, mehrere Stunden mit dem Braten der Fische und am Abend sassen wir alle zusammen bei Tisch mit Ouzo und Wein und 15 verzehrten sie. Anderntags genossen wir das Meer mit Schwimmen, Ballspielen, Sandburgen- bauen und Am-Strand-liegen. Am übernächsten Tag wieder wie am ersten und so weiter bis zur Heimreise. Dann warteten wir wieder auf das nächste Jahr mit den nächsten Sommerferien, um dasselbe zu tun… tanken und sich gleich wieder mit vollem Tank in die Luft zu erheben - und dies unendliche Male bis das Feuer gelöscht war. Unterdessen gingen unsere Ferien zu Ende und wir kehrten in die Schweiz zurück. Aber ungefähr Mitte August – welche Tragödie – brach das Feuer erneut aus, doch dieses Mal gelang es nicht, dem Feuer Herr zu werden. Circa drei Viertel der Insel brannten ab. bis 1988, wo das erste grosse Feuer auf der Insel ausbrach.. Es war anfangs August, als das Feuer das Dorf Rachoni umzingelte. Vom Strand sahen wir die Löschflugzeuge heranfliegen, wie sie in gefährlichen Manövern Wasser auftankten, sich wieder erhoben, das Wasser über dem Dorf ausgossen, wieder herabflogen, wieder Wasser luden und Wasser abwarfen, unermüdlich… Wir bewunderten sie. Welche Fähigkeiten mussten sie haben, um bei stürmischem Meer ohne den Flug zu unterbrechen aufzu- Noch vor diesem Ereignis hatten Christos und Thomas ein Stück Land am Meer gekauft und begannen ihr Haus zu bauen. Nun brauchten wir kein Boot mehr aus der Schweiz hin und her zu schleppen, es blieb das ganze Jahr über auf Thassos. Darauf fand auch ich ein Stück Land im Dorf oben und wir bauten unser Haus. Ich schloss Kontakt mit vielen Dorfbewohnern und lernte mehr und mehr über Thassos. DAS GLÜCK DER TAVERNE Süddeutsche - 2006 © Hans W. Korfmann Auf der nordgriechischen Insel Thassos gibt es noch ein paar Wirte, die dem Massentourismus trotzen. Das geht aber nicht!“ ruft Dieter. Sofort legt kein Parkplatz ist, auch, wenn kein Wasser der Schwergewichtige das Brot zurück. „Da fließt. Aber sie hatten abgewunken, die musst Du fragen!“, sagt Dieter, aber der Städter. Und plötzlich war der Sturm da. Der stämmige Grieche versteht so wenig Deutsch Fluss kam den Berg herunter gerauscht wie wie Dieter Griechisch. Obwohl Dieter seit 25 sonst im Winter und schwemmte siebzehn Jahren hierher kommt. „Weil die Griechen auf Autos ins Meer. Thassos zusammenhalten und nicht so viel Auf Thassos, der nördlichsten der Blödsinn erzählen wie auf andern Inseln.“ griechischen Inseln, kommen Stürme Nach der Maßregelung bekommt der Grieche doch ein Stückchen Brot für seinen Haken, und Dieter wirft die Angel wieder ins Hafenbecken. Aber es wird heute nichts. Der Rentner aus Hamburg mit der kleinen Eigentumswohnung im Hafenviertel hebt die Schultern. „Vielleicht hat der Mercedes da unten ja Fischfutter geladen.“ blitzartig, rasen über das Meer, treiben olivengroße Hagelkörner vor sich her und türmen die Wellen zu Mauern auf. Aber auch Feuerstürme hat die Insel erlebt, 1985 brannte Thassos lichterloh. Die Flammen fraßen die Hälfte des Waldes, der ihr einst diesen poetischen Beinamen verlieh: Thassos, die Smaragdgrüne. DIE INSELBEWOHNER SEHEN DIE VOM FESTLAND MIT GEMISCHTEN GEFÜHLEN Der Mercedes am Grund des kleinen Hafenbeckens von Limenaria ist der letzte. Die anderen 16 Autos sind bereits geborgen. Man hatte es den Urlaubern gesagt, dass ein Fluss Die Inselbewohner betrachten die Menschen vom Festland, die im Sommer scharenweise und im Winter gar nicht kommen, mit gemischten Gefühlen. Sie betrachten sie so professionell wie Fischer vorüberziehende Fischschwärme. Alle Thasiten waren Fischer, 16 auch jene, die inzwischen aufs Festland gegangen sind, weil es da Arbeit gibt. Dabei nannte man die Insel einmal Athen des Nordens, so reich, so dicht besiedelt war sie. Jetzt leben in Limenaria, dem großen Ort im Süden, noch 2500 Menschen. Die meisten Auswanderer haben noch Häuser auf der Insel, die übrigen haben sich schon im Vorjahr Zimmer gesichert. Sommers sind Zimmer auf den Inseln Mangelware. Bei Avjerinos wohnt niemand mehr. Aber das waren „schöne Zeiten“, sagt der Wirt des letzten Kafenions von Limenaria. „Ich hatte sechs Zimmer, je ein Bett, zwei Stühle, ein Tisch. Und draußen die Toilette. Das Zimmer kostete 50 Drachmen und Abends haben alle zusammen gegessen, die Festlandgriechen und die paar Deutschen oder Engländer, die damals hier waren. Wir haben gefeiert bis zum Morgen, Feste, wie man sie nur auf den Inseln feiert.“ Obwohl die Zimmervermietungen in den siebziger Jahren, als wieder mal ein Sturm anrollte und die erste große Reisewelle an die Strände schwappte, stetig weiter zunahmen. Damals baute auch Dimitrios Milonas sein Hotel. „Ilios“ nannte er es, „Die Sonne“ - denn die Besucher kämen ja der Sonne wegen. Die Deutschen schickten manchmal ein Foto, Ende der Sechziger hatte von den Thassiten nur der Inselfotograf einen Apparat. Auch Karten mit bunten Osterhasen kamen im Kafenion an, als man in Griechenland noch nie vom Osterhasen gehört hatte. Eine Polin schickte eine Landkarte ihrer Heimat. Avjerinos hängte sie neben die Griechenlandkarte, die damals in keinem Kafenion fehlte. Das letzte Kafenion von Limenaria trägt den Namen des Wirts: Avjerinos. Und der wiederum trägt den Namen eines Sterns, der größer und heller sein soll als die Sonne. Als das Fremdenverkehrsamt in den Achtzigern verlangte, dass, wer mehr als sechs Zimmer vermietet, diese mit Wasser, Toilette und Dusche auszustatten habe, beendete der Wirt das Kapitel Zimmervermietung. Seitdem ist das Kafenion nur noch Kafenion. „Auch das wird nicht ewig sein“, fürchtet Avjerinos. Das Hotel Ilios liegt oben an der Straße. Hinterm Haus pflanzt Dimitrios Milonas Tomaten; biologisch, darauf legen griechische Gärtner neuerdings Wert. „In den achtziger Jahren streuten sie noch derart viel Kunstdünger um ihre Pflänzchen, dass die Tomaten groß wurden wie Melonen. Die zeigten sie dann voller Stolz den Deutschen, und die glaubten, hier sei das Paradies.“ Dimitrios Milonas sitzt auf dem Dach seines Hotels und blickt aufs Meer, wo die Boote der Fischer eine Lichterkette bilden. Nachher, so gegen drei, wenn die vielen Lampen die Fische angelockt haben wie das Licht die Motten, kommt aus der Dunkelheit der große Trawler mit dem Netz und kreist sie ein. Milonas kennt das gut, er war selbst Fischer. Später fuhr er als Matrose über die Weltmeere und noch später war er bei Siemens. Er hat hart arbeiten müssen für sein Hotel, und deshalb vermietet er nicht an jeden. „Die andern hier arbeiten mit Reisegruppen. Ich nicht. Ich gehe doch nicht jahrelang in die Fabrik, und dann kommt so ein Arsch mit Krawatte und bietet mir 40 Prozent!“ Jeden Abend späht er von seinem Dach. Nicht wegen der Lichterkette, sondern weil er die Gäste beobachtet, wenn sie aus den Bars heimkommen. „Ich muss ja wissen, wer bei mir wohnt!“ Sein Sohn sitzt unter dem rostigen Ventilator und dem klebrigen Fliegenfänger und sieht sich vor Langeweile die tägliche Soapopera an. Er würde hier gern eine Café-Bar aufmachen, wie die Söhne anderer Väter. Dort treffen sich dann die Jungen aus Limenaria und auch die Mädchen, die Urlaub machen. Die Mädchen an den marmorweißen Stränden mit ihren bis ans Meer hinunter wandernden immergrünen Nadelbäumen! Was hätten sie im letzten Kafenion zu suchen, wo die Männer auch im Sommer noch in karierten, langärmeligen Hemden sitzen und türkischen Mokka trinken? 17 Die Mädchen kommen aus Griechenland, vom Balkan, aus Polen, aus Tschechien, aus der Slowakei. Früher kamen sie aus Deutschland, Österreich, England. Sie kamen auf dem Landweg durch Jugoslawien, aber dann brach der Krieg aus. Damals ist alles ein bisschen günstiger geworden auf Thassos, und „jetzt zahlen die 200 Euro für eine Woche mit Flug und Bus und Frühstück, bringen sich Konserven mit und nuckeln in der Bar so lange an einer Cola, bis sie eingeladen werden“, sagt der Wirt. 1965, als die Fähre ihren Betrieb aufnahm, rechnete man nur mit den Urlaubern vom Festland. Auch die sechs Männer, die damals auf der Suche nach einem Grundstück für ihr Ferienhaus auftauchten, dachten nicht daran, dass sich das menschenleere Tal einmal in eine Hotelsiedlung verwandeln würde. Heute sprechen alle in der Gegend von der „Alten Pension“. Obwohl das erste Haus in der Bucht mit dem wunderbaren Sandstrand nie eine Pension war, sondern nur das Ferienhaus einiger Festlandgriechen. Das Leben am Strand hat sich verändert. Keine Hippies mehr, keine Philhellenen, keine griechische Aristokratie mit großen Hüten, sondern die Schönen des Balkans und vielköpfige griechische Familien mit ihren umfangreichen Badeausrüstungen besiedeln Thassos Sandstreifen. Die Zeiten, als Hippies die entlegene, dicht von Wald umstandene Muschelsandsichel im Südosten „Paradise Beach“ nannten, sind vorüber. Vier Mal am Tag fährt der Bus auf dem einzigen und kreisrunden Asphaltstreifen einmal um die Insel und geradewegs zum Traumstrand. In Scharen laufen sie jetzt die steile Straße hinunter, die früher ein kleiner Pfad durch die Wildnis war. Es ist voll geworden im Paradies. Auf einem Felsen hat sich eine kleine Kolonie Nudisten halten können. Die Festländer mit der Sehnsucht nach der Insel wurden mehr, vierzig Zimmer mussten gebaut werden, zwei Stockwerke, eine große Terrasse für große Feste mit Blick aufs Meer und eine Marmortreppe am Eingang, breit genug für Staatsbesuche. Ein Kindergarten sollte gebaut, ein Geschäft eingerichtet werden, eigentlich sollte ein kleines Dorf entstehen. Am Ende blieb es bei der „Alten Pension“, die nie eine war, sondern nur eine Ansammlung von Eigentumswohnungen. Es sind längst die Kinder und die Enkelkinder der Gründerväter, die jetzt auf der Terrasse feiern. Ein bisschen ist es so, wie es sich die alten Herren einst vorstellten, als sie ihre Idee vom Haus am Meer verwirklichten und die große Terrasse schufen - für Feste, die nicht vor dem Morgengrauen enden. Feste, wie sie einst im Kafenion von Avjerinos gefeiert wurden. Seit auch die rebellierende griechische Jugend zum Burger greift, garnieren die Griechen selbst Souvlaki mit Senf und Ketchup. Vorbei sind die Zeiten, als es noch Tomaten und Tzatziki dazu gab und eine Souvlakibude eben Souvlakibude hieß. Heute heißen sie „Snack Bar Jummy“ oder „Pik Nik“. Im Restaurant mit „Traditional Food“ spielen zwei schlecht bezahlte Musiker „traditionelle Musik“: Ein Afrikaner begleitet auf der Gitarre den bulgarischen Bouzoukispieler, der drei, vier Stücke des griechischen Liedgutes beherrscht. Auch die Kellner heißen nicht mehr Nikos oder Janis, sie sprechen ein bisschen polnisch, ein bisschen tschechisch und ein bisschen griechisch. Anreise: Flug ab Zürich (Swiss, Air Berlin), Basel (easyjet) oder direkt ab Bern (mit SkyWork Airlines: www-flyskywork.com) nach Thessaloniki. Von dort fahren etwa stündlich bis 19 Uhr die Busse nach Kavala (10 Euro), von wo aus, im Sommer bis 19 Uhr, regelmäßig Fähren nach „Prino“ und „Limenas“ pendeln. Die Schiffreise dauert mit der Fähre 2 Stunden (4 Euro), mit dem Tragflächenboot die Hälfte, kostet dafür das Doppelte. Weitere Informationen: Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Neue Mainzer Str. 22, 60311 Frankfurt, Tel: 069/25 78 27-0 Internet: www.thassos-island.de 18 Kastellorizo - an Griechenlands östlichstem Rand Katharina Roller: www.nissomanie.de Auf vielen Griechenland-Landkarten ist diese Insel gar nicht verzeichnet, und wenn, dann als Extra-Ausschnitt in Briefmarkengröße irgendwo willkürlich eingefügt, als Anhängsel bei Rhodos. Denn die Insel Kastel(l)orizo, verwirrenderweise auch „Megisti“ (= die Größte) genannt, liegt über einhundert Kilometer von Restgriechenland (Rhodos) entfernt und ist die östlichste griechische Insel. In die Türkei bei der Stadt Kaș sind es aber nur drei Kilometer. Aus dieser exponierten Lage ergeben sich einige Besonderheiten: Obwohl „die Größte“ nur zwölf Quadratkilometer Fläche hat, besitzt sie einen Flughafen mit 800 Meter kurzer Piste und nahezu täglicher Verbindung von und nach Rhodos. Kostenpunkt 35 Euro pro Person, Flugzeit zwanzig Minuten - die Fähre braucht für die Strecke fünf Stunden. keiten schon durch die Größe (besser Kleine) begrenzt sind, hat die Insel einen Charme, dem man sich schwer entziehen kann. Bis zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hatte Kastellorizo die größte Handelsflotte der Dodekanes und bis zu 20.000 Einwohner, die prachtvolle neoklassizistische Häuser bauten und ihren Reichtum zur Schau stellen. Die kleinasiatische Katastrophe mit dem Verlust der Ländereien auf dem Festland und ein schweres Erdbeben 1926 führten in den 20er und 30er Jahren zu starker Inselflucht. 490 Einwohner soll Kastellorizo laut Statistik von 2011 haben, davon 340 Männer bei nur 170 Frauen – die gut 150 auf der Insel stationierte Soldaten sind da wohl mitgezählt. Denn eine Insel so weit weg vom Mutterland, aber so nahe am „Feind“ weckt Begehrlichkeiten, denen der griechische Staat mit heftigen Subventionen zur Verhinderung der Inselflucht begegnet. Die rund vierzig Schüler der Insel können ihr Abitur hier machen, über ein Dutzend Lehrer stehen zur Verfügung Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Inselbevölkerung evakuiert weshalb niemand dort war um die brennenden Häuser nach einem deutschen Bombenangriff 1944 zu löschen – die Stadt brannte beinahe vollkommen ab. Nur wenige der Einwohner kehrten deshalb nach dem Krieg zurück, die meisten wanderten nach Australien aus. Vielleicht hatte der griechische Premierminister Papandreou diese Insel deshalb ausgewählt, um am 23. April 2010 das offizielle Hilfeersuchen seines Landes an die EU zu verkünden, und Kastellorizo einem breiteren Publikum bekannter zu machen. Wobei: Viele (vor allem Italiener) kennen und kannten Kastellorizo (das „Castello Rosso“) seit 1991 von dem oscargekrönten Spielfilm „Mediteraneo“, der hier vollständig gedreht wurde. Im April 2001 waren wir das erste Mal auf Kastellorizo gewesen – ab Rhodos mit dem Flugzeug, zurück mit der Fähre. Die Insel hatte uns sofort bezaubert, trotzdem dauerte es neun Jahre eh wir den Weg wieder dorthin fanden: Griechenland hat knapp 120 ganzjährig bewohnte Inseln und Nissomanen damit die Qual der Wahl. Am 1. Mai 2010 fuhr die Fähre „Protefs“ trotz Streiks (in der entfernten Provinz wird das lockerer gesehen) von Rhodos nach Kastellorizo, und wir mit ihr. Unser Quartier Wir hatten schon vorher beschlossen, das Inselchen Anfang Mai 2010 zum zweiten Mal zu besuchen. Obwohl es dort keine nennenswerten Strände gibt, und Wandermöglich19 hatten wir schon vorbestellt, in der Pension „Caretta“ von Monika und Damien (http://www.kastellorizo.de), die einfach, aber mit Geschmack und liebevollen Details ausgestattet ist. Die Deutsche Monika hatte sich vor Jahren in die Insel und Damien verliebt und war dort geblieben. Damien ist in Australien aufgewachsen und wanderte als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Kastellorizo zurück bzw. aus. Neben der Pension betreibt das Paar die Taverne „Olive Garden“ und einen kleinen Laden mit Souvenirs und Geschenkartikeln. einzigen unpassenden Flachbau der Insel, im Hotel „Megisti“ absteigen. Vielleicht verhindert die Krise nun im letzten Moment den Ausverkauf der Insel an zahlungskräftige Ausländer? Oder sie beschleunigt ihn…. Den ersten Tag nutzten wir für einen Gang durch den Ort, der sich entlang von zwei Buchten und über einen sie verbindenden Hügel zieht. Die Attraktionen sind nicht so spektakulär: es gibt ein archäologisches und eine inselgeschichtliches Museum (letztes in der ehemaligen Moschee), beide durchaus sehenswert und gepflegt. Außerdem ein lykisches Grab und das Johanniterkastell über der Hafenbucht. Zahlreiche Kirchen natürlich, mit den für die Dodekanes typischen Kieselsteinböden, die man aber nur mit etwas Glück geöffnet findet. Kastellorizo hat eine felsige Küste und ist daher wenig zum Baden geeignet. Anfang Mai war dies sowieso nicht unsere Intension, auch wenn Kastellorizo klimatisch begünstigt und wohl die wärmste griechische Insel ist. Wir wollten das unverwechselbare Inselflair genießen und ein wenig wandern. Entlang der u-förmigen Hafenbucht ziehen sich farbenfrohe neoklassizistische Häuschen, wie man sie von Symi und Chalki kennt. Manchmal wirken sie wie Kulissen, oder Modelle auf einer Anlage, weil sie so einzeln stehen und herausgeputzt sind. In den Jahren seit unserem letzten Besuch hatte die Insel einen veritablen Bauboom erlebt, viele der Ruinen wurden wieder aufgebaut und die Immobilienpreise erreichten enorme Höhen. Auch in den Privatzimmern kann man sein Geld los werden – edle Unterkünfte gibt es reichlich, da muss man bestimmt nicht im 20 Oben auf dem Hügel beim Johanniterkastell hat man einen wunderbaren Blick über die beiden Hafenbuchten. Vor Jahren stand ich da, wollte natürlich das Panorama fotografieren. Plötzlich schrie es von irgendwo unten „no photo!“ Verdattert blickte ich mich um und entdeckte einen Soldaten in einem gut getarnten Unterstand nur wenige Meter entfernt. Ich könnte ja ein Spion aus der Türkei sein… Diese touristenfeindliche Maßnahme scheint inzwischen eingestellt, wäre ja geradezu absurd angesichts von zwei Ausflugsschiffen, die täglich aus Kaș in der Türkei herüberkommen. sich sogar an höchster Stelle beschwerte. Ob es geholfen hat? Keine Ahnung…. Ähnliches fanden wir vor Jahren, als wir zur Nordspitze der Insel wanderten. Dort trennen weniger als zwei Kilometer die Insel vom türkischen Festland. Wir wähnten uns am Ziel - der Kapelle Agios Stefanos - alleine, und erschraken um so mehr als dort plötzlich ein Soldat in voller Montur Wache stand. Er hatte uns natürlich längst bemerkt. Zwei Kollegen schliefen in einem Anbau der Kapelle. Die Ärmsten mussten Ausschau nach Feinden halten (aus der Türkei natürlich) – eine totlangweilige Sache! Und was sie wohl getan hätten, wenn sich von dort tatsächlich ein Schiff in feindlicher Absicht genähert hätte? Drei junge Burschen, jeder mit Gewehr? Erneuten Kontakt mit militärischen Anlagen machten wir bei einer Wanderung in den Süden der Insel. Es gibt nur einen Ort auf Kastellorizo, der Rest der Insel ist unbewohnt und felsig. Hinter dem Ort führt ein Treppenweg mit über 400 Stufen hinauf auf das 150 bis 200 Meter höher gelegene Hochplateau. Auch hier besticht vor allem die Aussicht auf den Hafenort, die benachbarte MandrakiBucht, die vorgelagerten Inseln und das türkische Festland. Unser erstes Ziel war aber das Kloster Agios Giorgios tou Vounou, einsam gelegen in einer felsigen Umgebung. Die Anlage verfällt peu à peu, nur das Kirchengebäude ist noch in Schuss. Und leider abgeschlossen. Den Schlüssel hätte man sicher unten im Ort irgendwo bekommen können, deswegen wieder zurückgehen wollten wir aber nicht. Wir waren fast enttäuscht, als wir nun beim erneuten Besuch der Kapelle den Posten verlassen vorfanden, den Unterstand voller Ziegenköttel. Dafür hörten wir den Muezzin aus Kaș herüberrufen, und fanden die türkische Küste ziemlich hässlich zugebaut. So wanderten wir auf einer Piste westwärts, immer beobachtet vom Posten auf den 273 Meter hohen Berggipfel Vigla. Neun Jahre zuvor hatten wir eine andere Routenführung gewählt und uns verirrt. Den Beobachtern auf dem Posten haben wir damit sicher einen abwechslungsreichen Nachmittag beschert – vielleicht haben sie Wetten abgeschlossen, wie lange die verrückten Touristinnen wohl noch herumirren würden. Als wir am Berg vorbeikamen, hat der Posten dort salutiert – nachdem er vorher spielerisch auf uns angelegt hatte…. Die griechisch-türkischen Beziehungen haben sich sehr entspannt in den letzten Jahren, der kleine Grenzverkehr funktioniert hervorragend. Gerne gesehen wird es vom griechischen Staat aber nicht, wenn die Tavernenbesitzer frische Lebensmittel lieber preiswert in der nahen Türkei als teuer im fernen Rhodos einkaufen - das ist nur für den Eigenbedarf gestattet. Und eine neue, streng kontrollierende Zollbeamtin machte den Einheimischen im Mai 2010 das Leben deshalb schwer und sich so unbeliebt, dass man 21 Nun aber erschloss sich uns der Sinn dieser Piste schon nach wenigen Metern: auch hier, auf der von der Türkei abgewandten Seite (der Feind könnte ja von hinten kommen), waren Stellungen in den Boden eingelassen, und auch wenn sie offensichtlich gelegentlich als Ziegenpferche missbraucht wurden, waren sie frisch gestrichen und gut erhalten. Im Gegensatz zu dem Schild „no photos“, das mich nicht überzeugen konnte, es nicht zu fotografieren. Abends sitzt es sich wunderbar beim Ouzo oder zum Essen in einer der Tavernen entlang der Uferpromenade. In der Vorsaison kennt man schnell alle Besucher – so schnell ist der Wechsel hier nicht, und man läuft sich immer wieder über den Weg. In einer der Tavernen wurden wir auch angesprochen ob wir die Blaue Grotte besuchen wollten. So im Kleinen mag es ja eher erheiternd wirken, dieses Militärspiel. Aber wenn man weiß, dass Griechenland der fünftgrößte Importeur von Waffen auf der Welt ist (Die meisten kauft er übrigens in Deutschland, dem weltweit drittgrößten Waffenexporteur. Ebenso wie die Türkei…), dann kann man schon zornig werden. Sogar jetzt, mitten in der Krise, werden noch Milliarden für Panzer ausgegeben. Unglaublich! Diese Grotte ist nur per Boot vom Meer aus und bei ruhiger See zu erreichen. Und nur am Vormittag lohnt sich diese Fahrt, weil nur dann die Sonne für das blaue Licht in der Höhle sorgt. Es gibt mehrere Anbieter für diese Fahrt, wir fuhren mit Kostas in dessen Motorboot, das Schlauchboot im Schlepptau. Die Fahrt bis zum Höhleneingang dauerte zwanzig Minuten, dort hieß es dann umsteigen in das flachere Schlauchboot, und die Köpfe einziehen während uns Kostas durch das niedrige Höhlentor ruderte. Entlang des Vigla führte unser Weg westwärts zum Paleokastro, einem Berg, der schon in der Antike besiedelt war. Heute gibt es dort neben Ruinen und Zyklopenmauern noch die alte Zisterne zu bewundern. Eine Handvoll Kapellen verteilt sich auf dem Berg, kreativ ist man vor allem was die Aufhängung der dazugehörenden Glocken betrifft: mal hängen sie an einem Ast, mal an einem Türsturz. Beim Rückweg nach Kastellorizo benutzt man übrigens besser die Straße und nicht die äußerst unwegsame Abkürzung! Innen erlebten wir ein blaues Wunder, das ein Fotoapparat nur sehr unzureichend wiedergeben kann. Wundervoll wie ein Edelstein leuchtet das türkisblau Meer! Nach vier Tagen – erneut Streiktag, und erneut von der Fähre ignoriert – verließen wir Kastellorizo wehmütig Richtung Rhodos. Es wird hoffentlich nicht unser letzter Besuch am sympathischen östlichsten Zipfel Griechenlands gewesen sein! 22 Ja, geht Ihr denn für immer? Silvia Spaar Zaugg Syros Ermoupolis: Vaporia-Quartier, früher das Villenviertel der Kapitäne und Reeder Dies war die häufigste Frage auf unsere An- Unsere Beziehung zu Griechenland geht auf kündigung: wir, mein frühpensionierter Mann unseren ersten Hochsee-Segeltörn im Jahr Stefan (damals 60) und ich (51), ziehen um 1989 zurück. Die ägäische Inselwelt, das auf die griechische Insel Syros. Das Wort kristallklare Wasser, das besondere Licht, die „Auswandern“ vermeiden wir, denn wir leckere Küche und nicht zuletzt die fröhlichen müssen ja nicht unseren Lebensunterhalt Menschen übten eine magische Anziehung verdienen im fremden Land. Mit dem roten auf uns aus. So kehrten wir jedes Jahr mit Pass und der Rente auf dem Schweizer Kindern und Freunden wieder. Dass wir unser Konto lässt es sich überall gut leben. Den- Schiff schon bald auf der Insel Syros noch geht einem solchen Entschluss eine charterten, hatte praktische Gründe: so waren Phase der Unsicherheit, des Abwägens, der wir bereits mitten drin im Archipel und erVorfreude und der Angst vor dem Neuen sparten uns den langen Anfahrts- und Rückvoraus. Wir beendeten diese mit folgender weg nach Athen. Der erste Eindruck der Abmachung: Wir wagen den Schritt und „Aristokratin der Kykladen“ war allerdings bleiben mindestens ein Jahr, ohne Diskus- keineswegs begeisternd. Nach einem regensionen des Für und Wider. Sollten wir uns armen Winter zeigte sie sich braungelb, dürr nach zwölf Monaten für die Rückkehr in die und staubig. Die Hauptstadt Ermoupolis mit Schweiz entscheiden, so ist dies kein ihren Autolawinen gebärdete sich wie eine Scheitern, sondern eine grossartige Erfah- mitteleuropäische Grossstadt. Mein Kommenrung. Seither sind zehn Jahre vergangen, und tar auf der ersten Taxifahrt zu unserem Boot: die Frage nach Bleiben oder Zurückkehren „Diese Insel gefällt mir überhaupt nicht.“ hat sich bis jetzt nie gestellt. Andere Kykladen-Inseln offenbaren der Das überdimensionierte Rathaus von Ermoupolis 23 Reisenden ihre Schönheiten auf den ersten Blick, Syros hingegen will entdeckt werden. Bei jedem Besuch haben wir dann neue landschaftliche und architektonische Schätze aufgespürt und sind auch bald dem Charme der klassizistischen Hauptstadt mit ihrem quirligen Leben erlegen. Allerdings war damals noch keine Rede von Umziehen nach Syros. Wir standen beide in der Berufswelt, auch wenn wir manchmal davon träumten, einmal mit einer Bougainvillea vor dem Haus zu leben. Die griechische Sprache lernten wir eher durch Zufall. Irgendwo in einer verträumten Bucht, in der Küche eines liebenswürdigen alten Ehepaars, versuchten wir bei Schnaps und γλυκό του κουταλιού, „Löffelsüssem“, eine Unterhaltung mit Händen und Grimassen. Drei Tage nach der Rückkehr aus den Ferien sassen wir in der ersten Griechisch-Stunde – wir wollten ohnehin mal wieder etwas für unsere grauen Zellen tun. Mit der Sprache tauchten wir ein in Lebensart und Mentalität der Griechen, unser Luftschloss von einem Pensionierten-Leben in Hellas begann sich zu formen. Doch erst allmählich schlugen die Triebe aus, welche uns schliesslich in der Erde von Syros verwurzeln sollten. Unser Haus (mit Bougainvillea) moderne Küche erhalten. Doch als auch im zweiten Winter das Kondenswasser von der nicht isolierten Decke in unsere Betten tropfte, schauten wir uns nach einer neuen Behausung um. Die angebotenen Objekte überzeugten nicht, und so entschlossen wir uns zum wohl grössten Abenteuer: wir kaufen Land und bauen ein Haus. Zwei-, dreimal waren wir ganz nahe am Abschluss des Landkaufs, doch dann war jedes Mal etwas mit den Papieren nicht in Ordnung, Hoffnung und Vorfreude platzten. Unseren Vermieter hatten wir in unsere Absichten eingeweiht – auf der Insel pfeifen die Spatzen ja ohnehin alles von den Dächern, manchmal noch bevor es passiert ist. Er war es schliesslich, der uns weiterhalf. „Da hinten steht doch etwas zum Verkauf, fragt Kyria Dímitra, die weiss Bescheid.“ Wie froh sind wir heute, dass wir wenn auch unfreiwillig ein paar Wochen länger auf „unser“ Grundstück warteten, gut geschützt vom Nordwind, baureif, mit Sicht aufs Meer. Mit Schmunzeln denke ich an die Anlaufschwierigkeiten hier zurück. Der Container mit all unserer Habe sollte an einem Mittwoch geliefert werden – „wir werden das nochmals telefonisch bestätigen“. Aber kein Anruf weit und breit, die nette Dame nicht auffindbar, in der ganzen Umzugsfirma wusste keiner Bescheid. Ich klagte mein Leid unserer Nachbarin. „Jetzt lernst Du Griechenland kennen“ war ihr ganzer Kommentar. Der Container traf dann am Samstag ein – dem einzigen Tag ohne Regen in jener Woche. Ja, manchmal müssen uns die griechischen Götter zu unserem Glück zwingen. All die Schauergeschichten über Landkauf und Hausbau – nicht nur in Griechenland übrigens – hatten auch wir gehört. Um es kurz zu machen: alle antiken Götter und gegenwärtigen Heiligen waren auf unserer Seite. Zwar streikten die Banken am Tag der Grundstück-Überschreibung, aber die Maklerin kannte den Bankdirektor persönlich – που είναι το πρόβλημα, wo ist das Problem? Warum wir die Baubewilligung nicht wie angekündigt nach acht bis zwölf, sondern bereits Dasselbe erlebten wir bei der Suche nach einem Baugrundstück. Eigentlich waren wir mit unserem Mietvertrag ganz zufrieden. Das gemütliche alte Kykladenhaus hatte für uns eine Zentralheizung, ein neues Bad und eine 24 nach drei Monaten in den Händen hielten, ist uns bis heute ein Rätsel. Gespräche über Angebote, technische Beschreibungen, Materialien begannen mit einer Lektion in angewandtem Griechisch, und die Verkäufer und Handwerker machten fröhlich mit. Die handgeschriebene Offerte des Sanitärinstallateurs diktierte mir der Nachbarsjunge in die Schreibmaschine, so dass auch ich sie lesen konnte. Dass hier der Bauherr für das Bezahlen der Arbeiterversicherung haftet und ich dafür jeden Monat bei der IKA (in etwa die griechische AHV), am Bankschalter und dann nochmals bei der IKA Schlange stand, erinnerte uns bloss daran, dass wir ja eben in Griechenland leben… es uns, einzuladen mit dem Argument, dass wir bloss das viele griechische Geld auf den Schweizer Bankkonten zurückholen wollen, doch die Menschen haben auch ihren Stolz. Deshalb decken wir vermehrt daheim den Tisch für Gäste, oder sie laden uns zu sich nach Hause ein. Diese Anlässe sind, auch an Feiertagen, sehr ungezwungen. Jeder bringt etwas mit, man kommt und geht nach Lust und Laune, der Hausherr empfängt im Trainingsanzug, Hausfrauenstress ist den meisten völlig fremd. Die Insel Syros mit ihren je nach Quelle zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend Einwohnern bietet uns auch im Winter Abwechslung: in den ganzjährig offenen Tavernen und Kafetéries findet man fast immer einen Bekannten für einen Schwatz; das Kino bringt – oft erstaunlich schnell – auch internationale Filme; in unserem charmanten Theater finden verschiedenste Darbietungen statt, oft auf hohem Niveau und zu günstigen Preisen. Ich selber übe mich in traditionellen griechischen Tänzen, es werden aber auch lateinamerikanische Rhythmen oder Ballett angeboten, es gibt zahlreiche Musikgruppen und Sportvereine, vier Laientheater, einen Fotoclub. Und was macht Ihr denn den ganzen Tag? Dies war und ist die zweithäufigste Frage. So genau wissen wir das eigentlich auch nicht; wir wissen nur, dass es uns noch keinen Moment langweilig geworden ist. Vieles braucht hier mehr Zeit als in der Schweiz. Machte ich dort meinen Einkaufszettel nach dem geplanten Menu, so stöbere ich hier in den Kochbüchern herum, wenn ich mit dem, was heute grad im Angebot war, vom Einkaufen zurückkomme. Beim Einrichten verbrachten wir viel Zeit mit dem Suchen von Alltags-Gegenständen: wo finden wir die passenden Zahngläser, wer verkauft Küchengeräte, wer schreinert uns das Büchergestell. Auf diese Weise lernten wir nicht nur die Insel und immer mehr ihrer Bewohner kennen, auch unsere Griechisch-Kenntnisse machten Fortschritte. Mit dem Hausbau kamen nochmals viele neue Wörter und viele neue Bekannte dazu. Gerade heute Mittag erwarten wir einen der damaligen Maurer mit Frau zum Essen, zufällig der zweite Cousin unserer besten Freundin, die natürlich samt Ehemann auch dabei sein wird. Bis vor kurzem fand sich am Sonntagmittag fast immer eine „παρέα“, eine Gesellschaft zum gemeinsamen Mahl in einer Taverne zusammen, die Rechnung wurde geteilt. Jetzt, mit der Krise und den drastischen Einkommenskürzungen, ist dies selten geworden. Manchmal gelingt Ermoupolis: Apollon-Theater Und noch immer besuchen wir die Lektionen „Griechisch für Ausländer“ – nicht nur, weil die Lehrerin so nett, sondern eher weil diese Sprache so unendlich wortreich und schwierig ist… Wir leben gerne in der kleinen Insel-Gemeinschaft, wo fast jeder weiss, dass wir „die Schweizer“ sind. Die offene, neugierige Art 25 der Syrianer erleichtert den Kontakt. Wir fühlen uns aufgenommen, auch wenn wir – nicht nur der Sprache wegen – nie ganz dazugehören werden; zu verschieden sind die Mentalitäten. Ein Beispiel? Eines Sonntags hatten wir Lust auf ein paar Leute auf unserer Veranda und genug Esswaren im Kühlschrank. Nach einer Telefonrunde um halb elf Uhr vormittags hatte ich von fünf Paaren die Antwort „gute Idee, wir rufen zurück“. Sollte ich nun mit Vorbereiten anfangen oder nicht? Ich fragte die Vertrauteste der Geladenen, sie lachte nur und meinte: „Mach Dir keine Sorgen, wir helfen Dir doch.“ Ja, und um zwei Uhr waren alle da, mit einem Salat, einem Dessert, wir hatten’s lustig, und niemand ging hungrig vom Tisch. Unser Leben ohne Zeitdruck geniessen wir sehr. Wir pflegen den Garten, ziehen Kräuter, Blumen, Tomaten und neuerdings Artischocken, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Wir lernen das Schneiden von Zitrusund Olivenbäumen und das Verarbeiten der Früchte. Wir haben Besuch aus der Schweiz, hauptsächlich im Frühjahr und im Herbst. Unseren Verwandten und Freunden nicht nur bei einem Nachtessen zu begegnen, sondern viel Zeit miteinander zu verbringen, hat eine neue Qualität in diese Beziehungen gebracht. Oft sind wir zu Fuss unterwegs. Meine neue Aufgabe als Imbach Wanderleiterin verdanke ich wohl dem Götterboten Hermes, dem Namengeber unserer Stadt, der ja selber viel unterwegs war. Kaum waren Hausbau und Umzug überstanden, fragte uns ein ehemaliger Nachbar aus der Schweiz nach Wanderferien auf Syros. So zogen wir los und erkundeten Wanderwege, Tavernen, Hotels nicht nur auf Syros, sondern auch auf den Nachbarinseln Tinos, Andros und Kea. Die etwa fünf Wanderwochen pro Jahr sind nun fester Bestandteil in meinem Kalender, herausfordernd, anstrengend, und immer wieder bereichernd und beglückend. Ob wir „für immer“ bleiben? Sicher wird unsere Gesundheit bei dieser Frage mitentscheiden. Syros verfügt zwar über ein Spital, doch manchmal muss man den Verbandstoff selber mitbringen oder die Medikamente eigenhändig in der Apotheke holen – und bezahlen. Auch andere staatliche Dienstleistungen sind mit den harten Sparmassnahmen nicht besser geworden; nach schweizerischen Massstäben haben sie allerdings auch vorher nur bedingt funktioniert. Gerade was Gesundheitsversorgung und Altenpflege betrifft, sind wir Schweizer ungemein verwöhnt und nicht so einfach bereit, auf für uns selbstverständliche Annehmlichkeiten zu verzichten. Die Altersheime haben wir anlässlich des Kálanda-Singens zum Jahresende schon mal besichtigt, sie sind nicht gar so toll. Dennoch: auch die Menschen hier leben trotz allen Schwierigkeiten ihr Leben, oftmals mit mehr Freude und Lachen, als wir das von den Eidgenossen gewohnt sind. So wünschen wir uns einfach, dass uns noch viele gute Jahre hier in unserer neuen Heimat vergönnt sein werden. Soviel haben wir von unseren griechischen Mitmenschen gelernt: lebe im Jetzt, lass Vergangenes los, und was die Zukunft bringt, das schauen wir dann morgen. 26 Alchemistische Versuche Susan Fisch Dimitratos Lourdata, Januar 2012 Quizfrage: Was ergibt wohl Asche, Wasser und Olivenöl, wenn man all dies zusammen stundenlang kocht und rührt? Frisch und als Stadtkind in Griechenland angekommen, faszinierte mich dieses Rezept meiner griechischen Schwiegermutter, das vermutlich nicht mal mehr meine schweizerische Urgrossmutter gekannt hatte. Susan Fisch Dimitratos: die Schweizerin Susan Fisch Dimitratos führt mit ihrem Mann Vangelis und dessen Bruder Makis die Pension, Seminarhaus und Taverne “Trifilli“ in Lourdata, auf Kefalonia. Susan, Mutter zweier Kinder, ist eine engagierte Umweltschützerin. Im Hotel gibt’s darum eine Infomationsecke mit vielen Zeitungsartikeln über die Mönchsrobben, Naturbüchern, Wanderbroschüren, etc. Aus eigener Erfahrung: Das Trifilli ist ein „Geheimtipp“ - auf jeden Fall empfehlenswert. Susan ist sehr kompetent und hilfsbereit, was ja schon allein die Tatsache beweist, dass Sie nun schon zum dritten Mal einen Artikel für uns geschrieben hat. Ausserdem ist sie Mitglied der Hellasfreunde! Pension Trifilli 28100 Lourdata GR-Kefalonia Tel: 0030 2671 0 31114 Fax: 0030 2671 0 31484 Mail: info@trifilli.com, Internet: www.trifilli.com Das Trifilli bucht man direkt, oder pauschal bei Denner-Reisen. Es gibt einen direkten Charterflug nach Kefalonia (Hotelplan / Sierramar) So siebte ich Olivenholzasche, mischte sie mit Wasser und kochte dies stundenlang ein. Danach wurde die Brühe gefiltert, und mit Olivenöl kochte und rührte ich dieses Gemisch wieder stunden- und tagelang, bis ich die bräunlich - cremige Masse in eine Holzkiste giessen konnte. Nach einem Tag schnitt ich die inzwischen feste Platte in handgrosse Würfel und ein paar Wochen später war ein Produkt reif, das sich bei allen hartnäckigen Olivenölflecken bewährt. Richtig, Sie haben das Ergebnis erraten: Seife! Der Erfinder dieses Rezeptes musste sicher alchemistische Fähigkeiten gehabt haben! Wer weiss, vielleicht war der erste Grundstein der Homöopathie, Ähnliches mit Ähnlichem zu behandeln, gar nicht durch Samuel Hahnemann gelegt worden?! Chr.). Vermutlich wurde sie aber nur als Heilmittel für Verletzungen verwendet. Ägypter und Griechen übernahmen die Anleitung zur chemischen Herstellung, wobei die reinigende Wirkung der Seife erst von den Römern festgestellt wurde. Im Rom des Altertums wusch man sich ursprünglich mit Bimsstein, und die Anwendung von Seife Geschichtliches zur Seife weiss Wikipedia (leicht gekürzt): Erste Hinweise zur Seifenherstellung wurde aus der Zeit der Sumerer gefunden (2500 v. 27 diese Mischung unter ständigem Rühren auf gutem Feuer auf. Die richtige Verseifung stellte man fest, wenn die Creme beim Verreiben zwischen den Fingern wie Fischschuppen abblätterte. Nachdem die Masse in Behälter abgefüllt wurde, legte man (charakteristisch für die Sorge der Verseifung) als Bitte für die Mithilfe Gottes zwei kleine Stöckchen kreuzartig auf die Seife. war als verweichlichend verschrien. Araber verkochten dann im 7. Jahrhundert erstmals Öl und Lauge miteinander und schufen somit die Seife in ihrer heute bekannten Form. Rasch breitete sich dieses Wissen über Europa aus. Hygiene und Körperpflege waren wichtige Themen im Mittelalter. Der Besuch des Badehauses war sehr beliebt und die Körperreinigung besser als gemeinhin angenommen. Erst der Ausbruch von Pest und Cholera führte dazu, dass das Waschen mit Wasser eingestellt wurde. Da die Übertragungswege unbekannt waren, war man der Meinung, das Badewasser öffne den Körper für die Erreger. Die Trockenreinigung fand ihre Anwendung. Adelskreise verwendeten statt Wasser und Seife Puder und Parfüm. Bis ins 17. Jahrhundert vertraten Ärzte in Europa die Meinung, dass Wasser und Luft dem Körper schade. Kleidung diente als Schutz vor diesen schädlichen Elementen. Auch das Einpudern erfüllte den Zweck, den Körper nach außen hin abzuschließen. Nun aber zurück zu unserer Seifenherstellung: Im 17. Jahrhundert verhalf der französische König Ludwig XIV. der Seife zu neuer Blüte, indem er die besten Seifensieder nach Versailles holte. Er war es auch, der 1688 das noch heute bekannte Reinheitsgebot für Seife erließ. Demzufolge galt eine Seife als besonders hochwertig, wenn sie mindestens 72 % reines Öl enthielt. Dem Franzosen Nicolas Leblanc (1742–1806) gelang es erstmals, größere Mengen Soda, das die zuvor verwendete Pottasche ersetzen kann, künstlich herzustellen. So war genügend Soda für die Seifenherstellung vorhanden und Seife wurde zu einem bezahlbaren Produkt. Unterdessen fehlt mir die Geduld für tagelanges Kochen und Rühren. Einfacher geht es mit Pottasche, auch Kaliumcarbonat genannt oder auf griechisch: Πότασα. Man nehme also - ganz nach Rezept meiner Schwiegermutter -: 3,6 Liter Wasser (manche schwören auf destilliertes oder Regenwasser) 1 kg Pottasche, (achtung ätzend!) Mischt beides sorgfältig - am besten im Freien - im Plastikkessel, mit Hilfe von Bohrmaschine mit Rühraufsatz, Schutzbrille, Handschuhen, langen Hosen und geschlossenen Schuhen, besser ohne Telefonanrufe, neugierige Kinder, Hunde oder Katzen. Das Olivenmuseum in Sparta beschreibt ein Olivenölseifenrezept (das heute immer noch von einigen Haushalten benützt wird): 4 Oka (1 Oka= 1,282 kg) Wasser, 4 Oka Öl, Das Wasser beginnt zu sprudeln und kochen, sobald die Pottasche ins Wasser rieselt. Wunderbar, wie in einem Hexenkessel! (Tipp: Nase aus dem Dampf halten) 1 Oka Pottasche und Meersalz wurde am Abend zuvor in einem grossen Kessel gemischt. Am nächsten Tag kochte man 28 lassen, damit sie ihren Verseifungsprozess abschliessen kann. Nebenbei: nicht jeder Freund versteht den Spass, wenn Sie ihm ein Stück unter die Nase halten und ihn dazu auffordern: „versuch doch mal diesen super Käse!“ Nun giesst man langsam 5 Liter Olivenöl dazu, und rührt und rührt und rührt. Das Geheimnis dabei ist, die genauen Mischverhältnisse zu treffen. Diese sind meiner Erfahrung nach abhängig vom Alter des Olivenöls und der Pottasche. Ideal wird die Mischung, wenn sie die Konsistenz einer Vanillecreme annimmt. Falls sich eine wasserähnliche Flüssigkeit absondert, braucht es weiteres Olivenöl, damit die Seife nicht ätzend wird. Trifft man die ideale Mischung, gewinnt man ein Produkt, das auch für Problem- und Babyhaut geeignet ist. Eine eigene Note erhält Ihre Seife, wenn Sie kurz vor dem Einfüllen z.B. ein Fläschchen gutes ätherisches Öl, geriebene, getrocknete Zitronenschale oder getrocknete Blütenblätter von Rosen, Ringelblumen oder Kamille beigeben. Zudem geben etwas geschmolzenes Bienenwachs, Ziegenmilch (Achtung: schäumt!), Honig oder Propolis der Seife einen heilenden Charakter. Hier stehen so viele Möglichkeiten offen! Falls Sie nun die Lust überkommt, selber Seife zu brauen, werden Sie sicher bald merken: es ist wunderbar, sich so einzuseifen! - Sicherlich besser, als sich einseifen zu lassen.. Auf Griechisch ist übrigens das Synonym λαδώνω (= schmieren/einölen). Nun giessen Sie die Seifenmasse in Formen oder Behälter. Wichtig dabei ist, dass Aluminium in jeden Fall vermieden wird! Plastikschalen oder mit Backpapier ausgekleidete Holzkisten sind ideal. Nun bedecken Sie die Seife mit einer Wolldecke und lassen sie 24 Stunden ruhen. Danach ist sie meist bereit, um aus den Formen gelöst oder in handgrosse Stücke geschnitten zu werden. Bis Sie aber die Seife benützen können, müssen Sie ihr nochmals 6 Wochen Zeit Dass die Henker früher jeweils den Strick einseiften, damit er schneller zuzog, wollen wir nun nicht auf die heutige Situation in Griechenland übertragen und einfach nur: „Auf gut Gelingen!“ wünschen! Sekundarlehrer drückt die Schulbank Marianna Moser www.lesvosreisen.ch Armin Felix, der bekannte Oberschullehrer aus dem Hermesbühlschulhaus, konnte sein 40jähriges Dienstjubiläum feiern. Sein Dienstaltersgeschenk investierte er vorbildlich in seine persönliche Weiterbildung. Seit einiger Zeit lernt der 60-jährige, sprachbegabte Armin Felix, Griechisch. Dank seines Dienstaltersgeschenkes konnte er einen Sprachaufenthalt planen, um seine Griechischkenntnisse vor Ort zu festigen. Also nahm er mit seiner ehemaligen Sängerkollegin aus dem Chor der Solothurner Vokalisten Kontakt auf. Marianna Moser hat 29 sich mit ihrem Lebensgefährten vergangenes Jahr selbständig gemacht. Sie ist seit Jahren eine grosse Griechenlandliebhaberin und betreibt auf der drittgrössten Insel Griechenlands eine kleine Reiseagentur, da ihr Lesvos und seine Bewohner ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Ihre Motivation war u.a., ihren griechischen Freunden in der Krise unter die Arme zu greifen und die wunderschöne und ursprünglich gebliebene Vulkaninsel vermehrt deutschsprachigen Touristen näher zu bringen. Aus ihrem griechischen Umfeld fragte sie Sofia Chalkia in Tavari an, ob sie bereit wäre, einem Schweizer Lehrer Griechischuntericht zu erteilen. welcher Sorgfalt und Umsicht Sofia ihn mit einbezog, die ganze Karwoche und die Osterfeierlichkeiten im Bergdorf Mesotopos mit der Bevölkerung mitzuerleben. Erklärungen in Englisch wurden nur im äussersten Notfall angewendet. Die vielen persönlichen Begegnungen, die ihm lesvosreisen.ch bietet, ermöglichen ihm, sein Griechisch auch in der Praxis anzuwenden. Im kleinen Fischerdörfchen Tavari spricht nämlich kaum jemand eine Fremdsprache. Die Einheimischen sind für jedes griechische Wort äusserst dankbar, denn ihre Neugier gegenüber dem Fremden ist gross. Im Gegenzug teilt er sich mit Sofia den privaten Englischunterricht, welche sie den Kindern im Dorf erteilt. Abend für Abend steht Armin Felix darum vor einer „Horde“ Einheimischer und unterrichtet seinerseits auf äusserst ansprechende Art den Kleinen die englische Sprache. Dadurch hat er sofort grosses Ansehen im Dorf erhalten und die Kinder begrüssen ihn hochachtungsvoll mit dem Lehrertitel „Daskale“. So kam der Sprachaufenthalt für Armin Felix zustande. Er wählte Lesvos aus, weil er fernab von allem Touristenrummel das Alltagsleben in einem kleinen Fischerdorf erleben wollte. Täglich drückt er die Schulbank, bzw. sitzt mit seiner Lehrerin vor ihrem Haus und praktiziert die anspruchsvolle Fremdsprache. Wegen des aussergewöhnlich kühlen Frühlingswetters muss er oft sämtliche Kleider übereinander anziehen, um die Unterrichtsstunden in der Kälte durchzustehen. Doch wie Armin Felix trotz allem sagte, kam er vor lauter Zuhören und anstrengenden Verstehversuchen immer wieder ins „Schwitzen“. Anerkennend betont der Schüler, dass seine Lehrerin Sofia die Fähigkeit besitze, auf sein Sprachniveau einzugehen, den gesamten Unterricht in griechischer Sprache abzuhalten und ihm stets ganze Wortfelder und hochinteressante Hintergrundinformationen zu vermitteln. Geradezu rührend empfand er, mit 30 Die Hausaufgaben und das Eintrichtern der neuen Wörter erledigt er gerne und oft in einer der kleinen Strandtavernen bei einem selbstgebrannten Ouzo mit Meze. Er bevorzugt Fischplättchen und andere Meerestiere, die mit Vorliebe zum einheimischen Getränk serviert werden. Daneben geniesst er die grenzenlose Gastfreundschaft der Inselbewohner und hat dadurch täglich mehrfach Gelegenheit, seine Kenntnisse anzuwenden und das neu Erlernte sofort umzusetzen. Obwohl das Wetter besser hätte mitspielen können, ist der Solothurner Oberschullehrer sehr zufrieden mit seinem Sprachaufenthalt. Die aussergewöhnliche Gastfreundschaft der Einheimischen und das sofortige Eingebundensein in die Dorfbevölkerung entschädigten ihn vielfach für die fehlenden Sonnenstunden. Armin Felix ist überzeugt, sein Dienstaltersgeschenk sinnvoll und profitabel eingesetzt zu haben. Wander- Kultur- und Badeferien individuell und persönlich begleitet Lesvosreisen GmbH M. Moser & St. von Arx Breitenackerstr. 160 CH-4634 Wisen Tel. 062 296 26 71 info@lesvosreisen.ch Die unbekannten Inseln der Ägäis im Museum für Kykladische Kunst Griechenland Aktuell, 1. 12. 2011 In Zusammenarbeit mit dem Ministerium von Kultur und Tourismus beherbergt das Museum für kykladische Kunst vom 9. Dezember 2011 bis zum 23 April 2012 die Ausstellung unter dem Titel „Agoni Grammi“ (Ungewisse Fahrt), die eigentlich der Name einer Serie von archäologischen Ausstellungen ist. Diese Ausstellungen konzentrieren sich auf die entferntesten und unzugänglichsten kleinsten und mittelgroßen Inseln des ägäischen Archipels. Die erste Ausstellung ist eine archäologische Reise zu den griechischen Inseln Kastellorizo, Symi, Halki, Tilos und Nisyros; Inseln, deren Mythen und Geschichte auf uralte Zeiten zurückgehen und im Wesentlichen unbekannt sind. Neben der Darstellung der geographischen, geologischen, geophysikalischen und anderen Merkmalen werden ihre Mythologie und Geschichte durch eine Vielzahl von unbeweglichen (architektonischen) und beweglichen Artefakten (Statuen, Vasen, Waffen, Werkzeuge, Schmuck usw.) gezeigt. Kuratoren der Ausstellung sind der Direktor des Museums Professor Nicholas Stampolidis und der Archäologe Georgios Tassoulas (Des.V.). 31 Auf dem Weg in die Ungewissheit – vom Studium an einer griechischen Universität Aus Versehen rutscht ihm der Teller aus den Händen und fällt zu Boden – KLIRR! Ein Haufen Scherben vermischt mit Spaghetti und Hackfleisch. Wo nun in der Schweiz bedrückende Stille herrschen würde und sich der Unglückliche umgehend nach einem Besen umsähe, beginnen die Griechen zu applaudieren, rufen, lachen, mit Gabeln, Messer oder Fäusten auf die Tische zu schlagen oder sogar ein Lied zu singen. Solche Szenen wiederholen sich täglich mehrmals in den beiden riesigen Hallen der Mensa der Aristoteles Universität Thessaloniki. Hierhin kommen Tag für Tag Zehntausende Studenten um sich zweimal täglich zu verpflegen – selbstverständlich kostenlos! Daniel Infanger, Ittigen Thessaloniki, Feb. 2012 Daniel Infanger ist Theologiestudent an der Universität Bern. Von Sommer 2011 bis Sommer 2012 studiert er im Rahmen des Austauschprogramms Erasmus an der Aristoteles Universität in Thessaloniki. nur noch eines; oder man fürs Fitnesszentrum nun einen Jahresbeitrag vom 10 Euro bezahlt; Student zu sein bringt noch immer zahlreiche Vorteile. Gerade deshalb setzen Hunderttausende von Gymnasiumsschülern und -schülerinnen alles daran, die Eintrittsprüfungen an die Universitäten zu bestehen. Es überrascht also nicht, dass Thessaloniki eine der grössten Universitäten Europas hat. An der Aristoteles Universität Thessaloniki studieren über 80‘000 Studenten aus ganz Griechenland. Alle Wege führen nach Thessaloniki… So auch Konstantina (23), die in der westgriechischen Kleinstadt Arta aufgewachsen ist und seit 2006 in Thessaloniki Recht studiert. Auf die Frage, weshalb sie sich für ein JusStudium in Thessaloniki entschieden hat, beginnt Konstantina erst mal das griechische Bildungssystem zu erklären. Die Studienwahl ist hier nämlich an etliche Bedingungen geknüpft und nicht ganz so frei, wie wir dies kennen. Wer ein Studium anstrebt, muss erst einmal das Lykeio bestehen, das mit unserem Gymnasium vergleichbar ist. Hier legt die zukünftige Studentin schon entscheidende Weichen, indem sie sich für einen aus drei Spezialisierungsbereichen entscheidet. Konstantina hatte das theoretische Lykeio besucht, mit dessen Abschluss sie z.B. Fächer wie Geschichte, Psychologie, Pädagogik, Philosophie oder eben Rechtswissenschaften hätte studieren können. Am Ende des Lykeio muss dann, wer an einer Universität studieren will, eine Liste mit Präferenzen ausfüllen, in der man nicht nur die bevorzugten Studienfächer auflisten muss, sondern zu jedem Fach auch entsprechende Fakultäten Mittagessen in der einen der beiden grossen Hallen der Mensa der Aristoteles Universität Thessaloniki Der Staat bezahlt Dies ist bei weitem nicht die einzige Vergünstigung für Studenten in Griechenland. Studiengebühren gibt es nicht; Studenten fahren mit allen Verkehrsmitteln zum Halbpreis; Studenten kommen gratis in jedes Museum, Studenten kriegen alle Lehrbücher gratis, Studenten können im Sommer im universitätseigenen Camp auf Chalkidiki gratis Ferien machen, Studenten kommen gratis ins Fitnesszentrum… Wenn sich auch seit der Wirtschaftskrise einiges verändert hat und man nun zum Beispiel nicht mehr 4 Bücher pro Vorlesung geschenkt bekommt, sondern 32 an verschiedenen Universitäten in ganz Griechenland, an denen man gerne studieren würde. Grund für dieses komplizierte Anmeldungsverfahren ist, dass die zukünftige Studentin ihre Fakultät letztlich nicht frei wählen kann, sondern entsprechend ihrer Note bei den staatlichen Universitätseintrittsprüfungen zugeteilt wird. Man weiss bei der Anmeldung ungefähr, welche Note man für welches Studium an welcher Fakultät benötigt und kann somit bei der Präferenzenwahl taktieren. Doch schlussendlich gelingt es nicht allen, in ihre erste Priorität eingeteilt zu werden. Eine Studienkollegin an der Theologischen Fakultät z.B. wollte eigentlich Modedesignerin werden und wurde dann aufgrund ihrer Note in die Theologie eingeteilt. Damit sie ihren Traumberuf dennoch eines Tages studieren kann, muss sie nun zuerst den Bachelor in Theologie abschliessen. Auch Konstantina wurde nicht in ihre erste Priorität eingeteilt. Bei ihr stand die juristische Fakultät in Athen zuoberst auf der Präferenzliste. Doch ist sie über ihre Einteilung in die juristische Fakultät Thessaloniki nicht unglücklich, da sie immerhin ihr Wunschstudium machen kann. Ausserdem, sagt sie, habe sie Athen nur zuoberst gesetzt, da dies die renommierteste Fakultät Griechenlands sei, doch ihr Herz habe schon damals für Thessaloniki geschlagen. Vor einem Leben in der Grossstadt Athen hätten sie und ihre Eltern sich eher gefürchtet. Auf die Frage nach der Qualität ihres Studiums beginnt Konstantina zuerst alle bereits erwähnten Vergünstigungen für Studenten aufzuzählen. Ist das die einzige Qualität eines griechischen Studiums, frage ich mich und hake nach. Sie sei grundsätzlich zufrieden mit ihrem Studium, antwortet mir Konstantina dann. Die Professoren erschienen zu den meisten Vorlesungen und seien vorbereitet. Lernmaterialien seien ausreichend vorhanden. Bloss fehle es an moderner Technik in den Vorlesungssälen, wie z.B. Beamer und Leinwand für Powerpoint-Präsentationen. Hier hinke ihre Fakultät nach. Vergleichen kann Konstantina sehr wohl. Sie hat sich wie viele ihrer Kolleginnen für ein Erasmus- Austauschsemester entschieden und studierte ein Semester im belgischen Löwen. Doch der akademische Unterschied zwischen beiden Fakultäten sei nicht so gross, wie sie erwartet hätte. Besonders zufrieden ist Konstantina mit dem Studentenleben in Thessaloniki. Dies erstaunt nicht, spielt sie selbst doch eine entscheidende Rolle in der Mitgestaltung des Kultur- und Freizeitangebotes Thessalonikis. Als Präsidentin des ESN (Erasmus Student Network) der Aristoteles Universität Thessaloniki ist Konstantina verantwortlich für eine ganze Reihe kultureller Aktivitäten für Erasmus-Studenten. Organisiert werden Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten der Region, Einführungstage für ankommende Erasmus-Studenten oder Sprachtandems und natürlich eine ganze Menge Parties. Das Leben in Thessaloniki macht Spass, davon ist Konstantina überzeugt und sie ist bei weitem nicht die einzige. Auch Giorgos (22) hat sich für ein Studium in Thessaloniki entschieden. Dies mag auf den ersten Blick erstaunen, da Giorgos in Athen aufgewachsen ist. Doch ihn hat nicht nur die quirlige Studentenstadt Thessaloniki in den Norden gezogen, sondern v.a. seine Karrierepläne. Er hat sich für Medizin eingeschrieben mit dem konkreten Ziel Militärarzt zu werden. Diese Spezialisierung gibt es nur in Thessaloniki. Aufgrund seiner guten Noten wurde Giorgos in seine erste Priorität eingeteilt und so studiert der Athener seit 2007 Medizin. Als angehender Militärarzt ist Giorgos einer der wenigen griechischen Studenten, deren berufliche Zukunft abgesichert ist. Konkret heisst das, dass er für mindestens 18 Jahre nach dem Studium in der griechischen Armee als Arzt arbeiten wird. Doch diese berufliche Sicherheit hat einen hohen Preis. In den ersten Semestern seines Studiums musste Giorgos die meiste Zeit in der Kaserne wohnen, die er gerade mal für die Vorlesungen und am Wochenende verlassen durfte. Seit einem Jahr sei dieses strenge Regime gelockert worden, doch noch immer gibt es im Leben des jungen Studenten zahlreiche Einschränkungen. Auch Giorgos ist mit der 33 Qualität seines Studiums generell zufrieden. Was er einzig bemängelt, ist die geringe Praxiserfahrung griechischer Studenten ganz allgemein. Auch was die Medizin betrifft, hat er das Gefühl, seien die praktischen Fähigkeiten der griechischen Studenten im Vergleich mit ausländischen Kollegen zu klein. Doch wirklich vergleichen kann Giorgos nicht. Als Militärmedizinstudent hatte er nie die Möglichkeit zu einem Austauschjahr. Darüber bin ich sehr erstaunt und frage Giorgos, ob er denn nie das Bedürfnis nach einem Austausch verspürt habe. Nein, meint er. Er sei hier zufrieden. Auf die Frage, ob er seine Heimat Athen nicht manchmal vermisse, sagt er: Im Gegenteil. Er mag Thessaloniki und empfindet die Stadt, ähnlich wie Konstantina, als perfekt geeignet für Studenten. Zudem hatte ihm das Studium in Thessaloniki ermöglicht, früh von Zuhause auszuziehen, was in Griechenland alles andere als selbstverständlich ist. der westeuropäischen Akademikerwelt Fuss gefasst hat, setzt alles daran, seine weitere Karriere auch in Westeuropa zu planen. Dies führt zu einem massiven Brain-Drain (Emigration gut ausgebildeter Arbeitskräfte), an dem Griechenland langfristig leiden wird. Auch Konstantina kann sich vorstellen, an einer ausländischen Universität weiterzustudieren. An der internationalen Erfahrung würde es ihr nicht mangeln. Doch gibt sie zu, dass es niemandem leicht fällt, seine Heimat auf der Suche nach Arbeit wohl für immer zu verlassen und dass es zudem auch nicht so einfach sei, an einer ausländischen Universität angenommen zu werden. Gegenbewegung Erasmus Im Gegenzug zum griechischen Brain-Drain kommen jährlich Hunderte von ErasmusAustauschstudenten aus ganz Europa nach Griechenland, um hier für ein oder zwei Semester zu studieren. Sie kommen aus allen möglichen Ländern, studieren alle möglichen Fächer und haben sich aus allen möglichen Gründen für ein Studium in Griechenland entschieden. Doch eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie haben sich nicht von der griechischen Krise abschrecken lassen. Besonders Thessaloniki wirkt als Magnet für Studenten aus ganz Europa. Dies erstaunt wenig, ist die nordgriechische Metropole doch als Studenten- und Partystadt bekannt. Ich habe mich entschieden, in Griechenland zu studieren, da ich mich als Theologiestudent vor allem für die ökumenische Theologie interessiere, das heisst für den Dialog zwischen den Konfessionen, und ich daher die Chance packen wollte, die orthodoxe Kirche „von innen“ kennenzulernen. Zudem kannte ich Griechenland aus zahlreichen Ferienaufenthalten schon relativ gut und hatte von klein auf eine besondere Liebe für das Land. Es erscheint mir oft wie ein Traum, für ein Jahr lang hier leben zu dürfen, ohne dabei vom griechischen Wirtschafts- und Bildungssystem abhängig zu sein. Man geniesst die Vorzüge des Landes, die zahlreich sind, ohne dabei stark betroffen zu sein von den Problemen, die ebenso zahlreich sind. … und von hier ins Ungewisse Die Zukunftsperspektiven von Konstantina und Giorgos könnten unterschiedlicher nicht sein. Während für den einen die nächsten 20 Jahre vorbestimmt sind, weiss die andere nicht, wo sie in einem halben Jahr leben wird und ob sie jemals eine Stelle auf ihrem Fachgebiet finden wird. Dabei entspricht Konstantina viel eher dem griechischen Durchschnitt als Giorgos. Wenn man Konstantina nach ihrer Traumzukunft fragt, wird die ansonsten sehr aufgestellte junge Frau sehr nachdenklich bis traurig. Sie hat jetzt noch ein Semester vor sich, bevor sie im Sommer den Bachelor abschliessen wird. Mit diesem Abschluss irgendwo einen Job als Juristin zu finden ist praktisch chancenlos. Einen Master in Griechenland anzuhängen, scheint ihr eher unattraktiv. Nur ca. zehn Prozent aller griechischen Studenten studieren nach ihrem vierjährigen Bachelor in Griechenland weiter. Die Mehrheit versucht, entweder Arbeit in der Heimat zu finden, oder aber einen ausländischen Master anzustreben. Letztere werden in der Regel so schnell nicht mehr nach Griechenland zurückkehren. Wer erst mal in 34 Der Kai von Thessaloniki mit dem Weissen Turm. Quelle: www.balkanforum.info Marianthi Milona, Thessaloniki www.milona-in-greece.com Mein Thessaloniki Vor ein paar Jahren noch, als ich aus Deutschland kommend und als Touristin in meiner Geburtsstadt Thessaloniki unterwegs war, hätte meine Stadterkundung noch ganz anders ausgesehen. Damals hechtete ich jedem touristischen Highlight hinterher, folgte strikt den Anweisungen und Empfehlungen meines deutschen Reisetaschenbuchs über Thessaloniki und glaubte dennoch mit den naiven Augen einer Entdeckerin alle Sehenswürdigkeiten als erste gesehen, besucht und bewundert zu haben. So und keinesfalls anders lohnte es sich Thessaloniki zu erkunden! auf dem ersten Blick ersichtlich. Sie muss geduldig erspürt werden und vielleicht ist es für den Besucher erforderlich sie mehrmals zu besuchen. Doch nehmen wir einmal an, Sie haben nur einen einzigen Tag, um Thessaloniki kennen zu lernen. Und nehmen wir ebenso an, Sie reisen mit dem Reisebus oder mit dem Privatwagen an. In jedem Fall empfiehlt es sich beides zu verlassen und mit einem Stadtbus, einem Taxi oder gar zu Fuß eine Stadtbesichtigung zu beginnen. Dabei müssen Sie auf jeden Fall eines aus dieser Stadtbesichtigung ausschließen: Den Besuch eines Museums. Ich sage das nur schweren Herzens. Denn das byzantinische, das archäologische, das jüdische und das historische (Weißer Turm) Museum sind ungemein sehenswert und aufschlussreich für die Geschichte Thessalonikis. Sparen Sie sich das aber bitte für einen möglichen zweiten Thessaloniki-Tag auf. Ich möchte Sie in diesem Fall für einen „banalen“ StadtRundgang gewinnen. - Zehn Jahre später sieht mein Thessalonikibild nun ganz anders aus. Diese makedonische Urstadt ist mit mir gereift. Wobei ihr die zehn Jahre mehr oder weniger auf ihrem über 2000 Jahre alten Stadtbuckel keine nennenswerten Altersfalten beschert zu haben scheinen. Im Gegenteil. Während ihre Betrachterin älter wurde, hat Thessaloniki sich liften lassen und wirkt jetzt attraktiver als je zuvor. Dabei gilt für Thessaloniki und man möge mir dabei die Personifizierung verzeihen, das was für jede Frau auf dieser Welt gilt: Ihre wahre Schönheit ist nicht sofort und - Haltestelle für die meisten Reisebusse ist der Abschnitt zwischen Weißem Turm und dem Königlichen Theater direkt an der berühmten Promenade von Thessaloniki. 35 Starten Sie ihre Entdeckungstour dort. Laufen Sie entlang der Promenade Richtung Innenstadt. In der Ferne sehen Sie bereits den Hafen von Thessaloniki. Er gilt als der größte des Balkans. Im Sommer hält dort für einige Tage auch die „Aida“, eines der beliebten Kreuzfahrtschiffe des Mittelmeers an. Die Stadtväter haben in den letzten Jahren den ersten Bereich des Hafens touristisch ausgebaut. Und im vergangenen Herbst sogar renoviert. In den ersten ehemaligen Lagerhallen sind Kinos entstanden. Dort findet jedes Jahr im November das bekannte Internationale Filmfestival von Thessaloniki statt. Dann geht auch eine ganz besondere Magie von diesem Ort aus und es ist reizvoll sich zwischen Filmkunst und realem Alltag zu bewegen: In den Lagerhallen eine erdachte Welt, die durchaus Geschichten erzählt, die sich draußen abspielen. Denn sobald sich die Tür des Kinosaals öffnet stehen am Abend die Fischer mit ihren Booten am Kai. Und diese erzählen die wahren Geschichten vom Überlebenskampf der Griechen. Auf dem Gelände befindet sich übrigens auch das Museum für zeitgenössische Kunst und das Filmmuseum. das Electra Palace Hotel kaum übersehen. In diesem neoklassizistischem Bau war im letzten Jahrhundert eine der wichtigsten Bildungsanstalten der Stadt untergebracht. Heute können sie als Tourist mit ein wenig Mut den Fahrstuhl im Foyer nutzen und sich zum RG(Roof Garden) hinauf bringen lassen. Bei einer Tasse Kaffee mag von dort oben der Blick auf die Plateia und die Dächer der Unterstadt für lange Zeit in bleibender Erinnerung weilen. – Sie verlassen das Hafengelände und gehen ein paar Meter wieder zurück entlang der Promenade. Auf dem Weg zum Hafen sind sie daran schon vorbei gelaufen: Die Plateia Elefterias. Am Rande dieses Platzes der Freiheit steht klar erkennbar das schwarze Mahnmal zum Gedenken an den Holocaust. – Anschließend laufen Sie die Plateia Aristotelous noch weiter hinauf. Sie überqueren die große Einkaufsstrasse „Tsimiski“ und biegen bald nach links in die „Agora“ von Thessaloniki. Auf dem teils bedachten und teils unbedachten Marktareal können Sie alles finden, was orientalische Händler seit Jahrhunderten feilbieten. Von Ledergürteln bis Hauspantoffeln, von Safran bis Seezungen. Besonders in den Morgenstunden ist der Bazar von Thessaloniki sehr lebendig und eine Erfahrung wert. Auf diesem Platz haben 1943 deutsche SSTruppen und die deutsche Wehrmacht die jüdische Bevölkerung zum Appell aufgerufen. Heute ist dieser Platz leider zum städtischen Parkplatz degradiert. Doch der jetzige Bürgermeister will die Plateia Elefterias zum Park umgestalten lassen. Wieder auf der Promenade zurück, laufen Sie ein paar Schritte in Richtung Weißer Turm weiter und erreichen zu ihrer Linken den größten Platz Thessalonikis, die Plateia Aristotelous. Sie verbindet am galantesten die Unter- mit der Oberstadt. Wenn Sie den Aristoteles-Platz hinauf laufen, können Sie - Nach dem Bazar gibt es zwei Möglichkeiten weiter fortzufahren. Entweder noch ein Stück weiter die Plateia hinauf laufen bis zur antiken Agora von Thessaloniki, ein antikes Gelände, 36 dass sie von außen gut betrachten können und von dort ebenso das turbulente Treiben auf der Plateia beobachten können. Oder aber sie entschließen sich entlang der Tsimiski Strasse und deren kleinen Nebenstrassen zu einer Vitrinenschau. Sollte es nicht Hochsommer sein und die Temperatur erlaubt einen Einkaufsbummel, dann kann ich nur eines empfehlen: Kaufen Sie Schuhe! Sie werden nirgendwo sonst in Griechenland eine solch große Auswahl an Schuhen/Sandalen finden. Und viele davon sind sogar richtig lukrativ. stadt. Ich empfehle Ihnen auch hier keine der nennenswerten byzantinischen Kirchen der Oberstadt aufzusuchen oder ins beindruckende Yedi Kule zu gehen, der Burgruine, die bis 1989 als Gefängnis gedient hatte und heute ein Museum ist. Dafür braucht es Zeit. Lassen Sie sich besser am Trigonios Tor absetzen und laufen von dort gemütlich bis in die Unterstadt hinunter. Diese persönlichen Eindrücke, die Sie sammeln können, sind viel wichtiger als jede andere Empfehlung. – Und weil ich es doch nicht lassen kann, Sie davon zu überzeugen, dass Thessaloniki eine Übernachtung wert ist: Sollten Sie tatsächlich noch einen weiteren Tag bleiben wollen, dann bitte investieren Sie in ein Taxi und lassen sich zum Sonnenuntergangscocktail ins hochgelegene Panorama-Viertel fahren. Und zwar in das „La Luna“ Café. Es gibt keinen schöneren Blick auf die Bucht von Thessaloniki. Gegen Abend, nachdem ich diesen Text nun seinem Ende zuführe und wie man im Deutschen so schön zu sagen pflegt, ich „am Ende meines Lateins“ angekommen bin, so mag mir einfach nichts weiter mehr zu Thessaloniki einfallen. Ein letzter Tipp vielleicht noch: Können Sie, liebe Leser, mit dieser ungewöhnlichen Stadterkundung durch Thessaloniki nichts, aber auch gar nichts anzufangen wissen, dann suchen Sie sich Rat in einem Buch. Zu Thessaloniki, meiner Geburtsstadt, gibt es davon mehr als genug. – Nach all diesen Aktivitäten bin ich sicher, haben Sie eine Pause verdient. Essen sie gerne zu Mittag? Dann gibt’s nur eins: Vorspeisen in der Ouzerie Aristotelous. Die kleine traditionelle Taverne gehört zu den wenigen, die über viele Jahrzehnte nicht an Qualität verloren haben. Sie befindet sich ungefähr auf der Mitte der Plateia Aristotelous hinter einer Stoa versteckt. Zur Not fragen sie in den Geschäften nach. Die Geschäftsleute zeigen Ihnen den Weg. In der Ouzerie kommen die Griechen, die im Zentrum arbeiten oder eingekauft haben zusammen. Es herrscht eine sehr natürliche und untouristische Atmosphäre. Das Personal ist trotz der vielen Arbeit gleichbleibend zuvorkommend und freundlich. Marianthi Milona, geboren 1965 in Thessaloniki, studierte in Köln die Fächer Germanistik, Anglistik, Mittel- und Neugriechische Philologie. Seit 1990 ist sie journalistisch tätig für verschiedene Rundfunk- und TV-Sender und Zeitungen. 2001 erschien ihr erstes Buch „Culinaria Griechenland“ im Könemann Verlag. Für 2012 ist ein Nachdruck geplant. – Wichtig bei einem Spaziergang durch die Stadt, wie ich finde, ist, dass es nicht stressig ist, dass Zeit zum Aufatmen und zur Beobachtung vorhanden ist. Sollten Sie nach dem Essen noch Kraft und Zeit zum gehen haben, dann nehmen sie die Buslinie 23 oder doch vielleicht ein Taxi und fahren hinauf zur Ober- Ihr neustes Buch, „Eine Reise in den Garten Marias“ wurde im März 2011 auf der Buchmesse in Thessaloniki vorgestellt. Im 2012 soll eine deutsche Ausgabe folgen. Weitere Infos: www.milona-in-greece.com 37 Die Musikinstrumente der alten Griechen Wilfried Jakisch www.argolis.de Neues Museum von Kostas Kotsanas wird in Kürze in Katakolo eröffnet. Anreise: Katakolo liegt malerisch an der Westküste des Peloponnes, etwa 95 km südlich von Patras und 15 km westlich von Pyrgos. Es ist mit Auto, Bus und Bahn gut zu erreichen. Von hier gibt es eine direkte Eisenbahnverbindung nach Olympia. Das Museum liegt unmittelbar am Bahnhof im Hafen von Katakolo. Das Museum ist noch nicht fertig eingerichtet. Es empfiehlt sich daher, vorher anzurufen. 6973 711073 (Athanassia) oder 69424 20157 (Kostas Kotsanas persönlich) beide sprechen gut englisch. Nach dem großen Erfolg seiner antiken Technikausstellung stellte sich Kostas Kotsanás aus Pyrgos einer neuen Herausforderung, der Rekonstruktion antiker Musikinstrumente. Wie klang die Musik der Antike? wie tönt sie in heutigen Ohren? kann man diese Instrumente nachbauen? Herausgekommen ist eine sensationelle Kollektion von (bisher) 42 einmaligen Instrumenten. Links: eine Harfe, deren Vorbild Kostas Kotsanás auf einer antiken Vase fand. Das Instrument hatte - wie heutige Harfen - einen hölzernen Resonanzraum und war mit 9 bis zu 40 Saiten bespannt. Rechts: Die zweite Harfe war mit 9 bis zu 22 Saiten bespannt. Wie bei der anderen Harfe war der Resonanzraum mit einem gegerbten Leder überspannt. Das Instrument wurde gewöhnlich von Frauen gespielt, die man "psaltriai" nannte. 38 Zwei geradezu königliche Instrumente. Links eine Wasserorgel und rechts "Apollos Gitarre". Links: Die Wasserorgel war schon eine ganz raffinierte Konstruktion. Das Wasser sorgte mit dafür, dass in den Windladen genügend Luftdruck aufgebaut werden konnte. Die Luft wurde durch die beiden Blasebalge rechts und links zugepumpt. Mitte: Ein ganz tolles Instrument war die sogenannte Gitarre Apollos. Sie war mit sieben Saiten bespannt, hatte einen hölzernen Resonanzboden und konnte in vielfältiger Weise gestimmt werden. Nicht nur der Steg (unten) war verschiebbar und in der Höhe verstellbar, auch oben konnten durch eine Menge von Einstellmöglichkeiten das Instrument gestimmt und der Klang variiert werden. Gespielt wurde mit einem Plektrum, das wie ein Federhalter geführt wurde. Das Instrument hatte einen satten, tiefen Klang und konnte nur von wenigen Künstlern meisterhaft gespielt werden. Die Lyra ist wohl eines der ältesten Musikinstrumente. Sie gab es in den verschiedensten Formen und Ausführungen. Kostas Kotsanas hat etliche davon rekonstruiert - mit hölzernem Resonanzboden, mit Leder bespannte, oder gar Schildkrötenpanzer, die ebenfalls mit Leder überzogen wurden. 39 Pythagoras persönlich (Sie erinnern sich? a² + b² =c²!) fertigte auch Musikinstrumente wie die beiden Saiteninstrumente oben - mit vier bzw. sechs Saiten bespannt. Während das eine mit gleich schweren Gewichten auskam und die Töne mit dem Steg in der Mitte geregelt wurden, war das andere mit unterschiedlichen Gewichten versehen. Es wurde wie eine Art Zither gespielt. Rechts: Ebenfalls von Pythagoras ist das antike Schlagzeug - rechts. Unterschiedlicher Klang wurde mit verschieden starkem Kupferblech erzeugt. Rechts: Geradezu riesig ist das Sortiment antiker Flöten, das sich auf antiken Darstellungen findet. Kostas Kotsanas, der Gestalter der Ausstellung, spielt eine Lyra mit einem Schildkrötenpanzer als Resonanzboden. Oben wurden die Saiten mit der Hand angerissen und unten mit einer Art Plektrum gespielt. Einige Instrumente hatten als zusätzlichen Resonanzraum Ziegenhörner (rechtes Bild oben). Kostas Projekt ist nunmehr ein Orchester aus Musikanten zusammenzustellen, die die alten Instrumente spielen können. Wir sind gespannt! 40 Tsambouna – der griechische Dudelsack Astrid Scharlau 3. Dezember 2010 Die Tsambúna, der griechische Dudelsack, besteht aus dem aus einem Ziegenfell gefertigten Luftsack, aus dem Mundstück, über das der Spieler die Luft in den Sack bläst, und der Spielpfeife, mit der der Ton erzeugt wird und auf der der Spieler die Melodie spielt. In der Spielpfeife sitzen zwei identische Spielrohre. Und so wird die Tsamboúna hergestellt: die bibíkia, die den Ton erzeugen… Die typische Tsamboúna von den Ägäisinseln besitzt zwei identische Spielrohre mit je 5 Löchern. Die Tsamboúnes werden von den Spielern üblicherweise selbst hergestellt. Für die Herstellung werden traditionellerweise ausschließlich natürliche Materialien verwendet: Ziegenfell, Kuhhorn, Knochen, Rohr, eventuell auch anderes Holz und Lederriemen. …die skáfi… Hier sieht man die Materialien, die zur Herstellung einer Tsamboúna benötigt werden. 41 …die bibikománes… Heutzutage wird sie wieder häufiger gespielt; man versucht, diese schöne, alte Tradition wiederzubeleben. Unentbehrlich ist die Tsamboúna nach wie vor zu Karneval, wo sie von der Trommel, dem Toumbáki, begleitet wird. …der choní. Astrid Scharlau betreibt die Website www.azalas.de - eine sehr umfangreiche und informative Website, von der auch ihre Artikel in diesem Bulletin stammen. Und sie vermietet die Ferienhäuser “Azalas” Auf der wunderschönen griechischen Insel Naxos vermietet sie vier liebevoll gestaltete und voll eingerichtete Ferienhäuser. Die Anlage befindet sich auf einem Grundstück von 7000 m² mit Ölbäumen, Gemüseund Weingärten. Sie liegt unmittelbar am Meer oberhalb eines kleinen Sandstrandes. Jedes Haus hat eine Terrasse Die fertige Spielpfeife wird am Fell befestigt. Die Tsamboúna war früher eines der wichtigsten Instrumente in der griechischen Volksmusik, bis sie im Lauf des letzten Jahrhunderts auf dem Festland von der Klarinette und auf den Inseln von der Geige verdrängt wurde. Und sie hat ein Buch geschrieben: „Zwei Türen hat das Leben“. Es handelt sich um die Lebenserinnerungen ihres Schwiegervaters Mitsos, geboren in Koronos, Naxos: Astrid Scharlau, Zwei Türen hat das Leben Erinnerungen des Dimitris Mandilaras ISBN-Nummer: 978-3-8391-1930-3 Astrid Scharlau und Nikos Mandilaras Agios Dimitris, Azalas, Apiranthos Naxos/Kykladen, Griechenland fone: +30 22850 68258 mobil: +30 6936620180 post: Postbox 81, GR-84300 Naxos email: info@azalas.de Alles weiter auf: www.azalas.de Und nun kann gespielt werden! 42 Informationen zur Reise-Saison Direktflüge ab Bern nach Griechenland SkyWork Airlines: Preveza (Parga/Lefkada): 7. 5. bis 22. 10. 2012, jeweils Montag. Thessaloniki: 25. 3. bis 27. 10. 2012, jeweils Montag und Freitag. Flüge/ Pauschalreisen können gebucht werden bei Aaretal-Reisen (www.aaretal-reisen.ch), bei unserem Mitglied TOBO-Reisen (www.tobo-reisen.ch). Flüge auch direkt : www.flyskywork.com Helvetic Airways: Heraklion: 16. 5. bis 17. 10. 2012, jeweils Mittwoch Kos: 17. 5. bis 18. 10. 2012, jeweils Donnerstag Korfu / Zakinthos: 11. 5. bis 5. 10. 2012, jeweils Freitag Flüge und Pauschalreisen bei Kuoni / Helvetictours (www.helvetictours.ch) oder auch via TOBO-Reisen oder Aaretal-Reisen Reisebüros von aktuellen Sponsoren (2011/12) und Mitgliedern: Direktflüge ab Bern nach Preveza (Lefkada, Parga) Thessaloniki (Chalkidiki) Aaretal Reisen AG Südstrasse 8a, 3110 Münsingen Tel: 031 720 25 00, www.aaretal-reisen.ch Baumeler Reisen – Ihr Spezialist für das aktive Griechenland Baumeler Reise AG Zinggentorstr. 1, 6005 Luzern Tel: 041 418 65 65, www.baumeler.ch Wanderferien und Wanderkreuzfahrten. Natur und Kultur zu Fuss entdecken! Wander- Kultur- und Badeferien individuell und persönlich begleitet! Imbach Reisen AG Zürichstr. 11, 6000 Luzern 6 Tel: 041 418 00 00, www.imbach.ch Lesvosreisen GmbH, M. Moser & St. von Arx Breitenackerstr. 160, 4634 Wisen Tel. 062 296 26 71, www.lesvosreisen.ch Spezialist für Griechenland (Parga), Fährentickets, ... Mitglied der Hellasfreunde Tobo Reisen GmbH, Franco Toniutti Bahnhofstrasse 11, 3506 Grosshöchstetten Tel. 031 711 10 11, www.tobo-reisen.ch Und warum nicht mal bei Mitgliedern und Freunden des Vereins wohnen: Rock-Docky auf Kos Esther Toubazis, Mitglied und zukünftige Autorin. Etliche Mitglieder waren und sind Stammgäste. besteht aus einigen Appertements, sehr familiär, ländlich, gemütlich. Direkt bei Esther zu buchen. Direktflüge Bern/Belp - Kos. Trifilli auf Kefalonia Susan Fisch-Dimitratos, Mitglied, mehrfache Autorin. Etliche Mitglieder waren und sind Stammgäste. Häuser Azzalas auf Naxos Astrid Scharlau (mehrfache Autorin). Gemütliche Familienpension mit guter Taverne. Direktflug ab ZH (bei Hotelplan). Auch pauschal buchbar bei Denner-Reisen. Sehr gute Kritik auf Website Rocky Docky, E. & A. Toubazis-Marbacher Nea Alikarnassos, GR-85300 Kos Tel: 0030-22420-27171, Mob: 0030-6944-360174 im Winter: 041 210 42 63, Mob: 078 811 19 87 www.rocky-docky.ch Pension Trifilli. 28083 Lourdata, GR-Kefalonia Tel: 0030 2671 0 31114 www.trifilli.com Die Häuser liegen ganz am Astrid Scharlau und Nikos Mandilaras „hinteren Ende“ von Naxos. Agios Dimitris, Azalas, Apiranthos familiär, etwas abgelegen, für Naxos/Kykladen, Griechenland Ruhesuchende und Naturfreunde. fone: +30 22850 68258, mobil: +30 6936620180 Anreise via Mykonos od.Santorini www.azalas.de Weiter Tipps auf http://www.hellasfreunde.ch/Reisen.html 43 Interessante Veranstaltungen Mittwoch 14. März, 14:00 Uhr in Ittigen Kirchliches Zentrum Ittigen, Rain 13, im Gemeindesaal Zu Fuss vom Zytglogge zur Akropolis - Vortrag und Dia-Schau von Ger Peregrin: Unter dem Pseudonym Ger Peregrin schreibt Gerhard Binggeli Reise- und Wanderbücher, so z.B: „Mein griechisches Alphabet". 1958 wanderte er mit seiner Frau in sechs Monaten von der Schweiz nach Griechenland. Von dieser ungewöhnlichen Hochzeitsreise erzählt Ger Peregrin und zeigt ein Griechenland von damals in einer technisch neu aufbereiteten Dia-Schau. Treff 60 plus. Der Anlass steht allen Interessierten offen, Gäste sind herzlich eingeladen! Freitag, 23. März , 19.30 Uhr in Basel Skulpturhalle, Mittlere Strasse 17, Basel. Nordostgriechenland: Biologische Vielfalt, Naturschutzbestrebungen und Probleme Vortrag von Hans Jerrentrup auf Deutsch. Kulturverein der Freunde Griechenlands in Basel: www.kulturverein-griechenland.ch Mittwoch, 28. März, 20:00 Uhr in Ostermundigen Hellasfreunde Bern, Eintritt frei. Tell-Saal, Bernstrasse 101, Ostermundigen Griechische Inseln: Thassos - Beat Scheidegger zeigt uns, in einer mit Musik vertonten und animierten Dia-Show, seine wunderschönen Bilder von der grünen Insel Thassos. Samstag, 31. März, ab 19:00 Uhr in Bern Restaurant Athen Falkenplatz 1, Bern, Tel.: 031 301 65 55, www.athen-bern.ch Griechischer Abend mit Buffet à discretion und Live-Musik mit dem "Trio Micropole". Preis Fr. 48.- , Kinder von 7 bis 12 Jahre Fr. 20.-. Rechtzeitige Reservation empfehlenswert. Mittwoch, 25. April 20:00 Uhr in Ostermundigen Hellasfreunde Bern, Eintritt frei Tell-Saal, Bernstrasse 101, Ostermundigen Die Kunst der Griechen - Von Kreta bis Mykene Der Historiker Plutarch Chiotopulos (lic.phil) gibt einen Einblick in das Wesen und Eigenart der kretisch-mykenischen Kultur, der ersten Hochkultur auf europäischem Boden. Freitag, 4. Mai, 21:00 Uhr in Bern "Mahogany Club" in Bern. Griechische Musik mit KAFENEION, Details dazu in Kürze auf www.mahogany.ch . Samstag, 12. Mai, ab 13:00 Uhr in Wattenwil Nikos Hadzikalymnios, Verzinkereiweg 5, 3665 Wattenwil Telefon 033 356 10 94, Mob: 079 633 04 08, www.nikos-import.ch Griechische Weinprobe bei Nikos Import. Freitag 25. Und Samstag 26. Mai ab 18:30 Uhr in Kallnach Gasthof Weisses Kreuz, Mitteldorf 16, 3283 Kallnach, Tel. 032 392 14 03 Griechischer Abend mit grossem Buffet und Live-Musik mit Sakis, Preis Fr. 43 -/Person, Provisorische Termine für die Veranstaltungs-Saison 2012 / 2013: Mittwoch 24.10.2012, Mittwoch 14.11.2012, Mittwoch. 05.12.2012, Freitag 25.01.2013 (MV), Mittwoch 13.02.2013, Mittwoch 05.03.2013, Mittwoch 27.03.2013, Mittwoch. 24.04.2013 Weitere aktuelle Informationenfinden Sie auf www.hellasfreunde.ch 44