Bulletin 2012 - Hellasfreunde Bern
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Bulletin 2012 - Hellasfreunde Bern
Hellasfreund e B ern Hellasfreunde Bern Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde, 3000 Bern Bulletin 2012 - 2 / September 2012 1 Titelbild: Kreta, auf dem Weg von Vrises nach Chora Sfakion Vereinsadresse: Kulturelle Vereinigung der Hellasfreunde 3000 Bern Kontakt: Internet: www.hellasfreunde.ch Mail: hellasfreunde.bern@bluewin.ch Tel. Fred Wyss: +41 (0) 031 931 02 13 2 Das Bulletin wird, zumindest auszugsweise, auch auf unserer Website als PDF aufgeschaltet – allerdings mit ca. 3 Monaten Verzögerung: Mitglieder sollen Vorrang haben! Fred Wyss 27. 9. 2012 Zum Inhalt Inhaltsverzeichnis Zum Inhalt Fred Wyss (Präsident Hellasfreunde) 3 Sorgen um die kleine Zukunft Griechenlandzeitung, 20. 8. 2012 4 Aus dem griechischen Tagebuch Nadja Heimlicher, http://nahei.wordpress.com 5 Wo ist denn nun da die Krise? Fred Wyss, August 2012 7 „Plastic-Bändel-Allergie“ Fred Wyss, September 2012 9 Das muss gesagt werden Detlef Dittmer, www.rhodos-info.de 10 Begegnung mit der Tradition Nadja Heimlicher, http://nahei.wordpress.com 13 Held unter Helden Hans. W. Korfmann, www.mprinzinger.de/korfmann/reise.shtml 15 Irineos Galanakis Wikipedia 17 Kostas aus Kreta Hans. W. Korfmann, www.mprinzinger.de/korfmann/reise.shtml 19 Mastix - Das berühmte Produkt von Chios Dimitrios Pergialis, www.griechische-kultur.eu 23 Schwamm darüber Jule Reiner , www.sonntag-aktuell.de 25 Florida: Auf den Schwamm gekommen Lara Fritzsche, Spiegel online, 2.2..2007 28 Panigýri – Ein Fest für alle Heidi Jovanovic, August 2012 30 Die Mannazikade Astrid Scharlau 34 Aus der Presse Griechenlandzeitung und andere 37 Interessante Veranstaltungen www.hellasfreunde.ch 40 Sehr fleissig waren unsere Mitglieder diesmal nicht. Zum Glück hat der Verein schreibende Freundinnen und zum Glück findet man immer wieder Interessantes auf dem Internet. Auch wir kommen nicht um die Krise herum. Wir lassen aber dabei die politischen Hintergründe und Auswirkungen der Finanzkrise weg, die kommen in der Presse zur Genüge zur Sprache. Die drei ersten Artikel beschreiben vielmehr die Stimmung im letzen Sommer im krisengeschüttelten Griechenland, so wie sie die Touristen oder eine in Griechenland lebende Schweizerin erlebt haben. Ohne die Krise verniedlichen zu wollen (sie ist für viele Griechen eine Katastrophe!!) möchten wir damit auch zeigen, dass Griechenland trotzdem ein sicheres und schönes Reiseland geblieben ist und dass man als Gast überall herzlich willkommen ist. Zwei Artikel beziehen sich auf eine zweite Krise in den Tourismushochburgen, die grassierende „All-Inclusive-Seuche“. Dann wird es positiv. Es geht nach Kreta zu einem Volksfest. Der Kreta-Teil wird ergänzt mit Geschichten über moderne kretische Helden – Männer von der Sorte, wie sie Griechenland jetzt brauchen könnte. Dann kommen die „Helden der Arbeit“ zum Zuge, die Mastixbauern auf Chios und die griechischen Schwammtaucher auf Kalymnos und in Florida. Etwas lernen können wir aus dem (extra für uns geschriebenen!) Artikel von Heidi Jovanovic über das Panigýri, sowie im Artikel über die Mannazikade von Astrid Scharlau. Zykaden hat jeder Griechenlandreisende schon gehört – aber gesehen? Dabei sind Zykaden so interessante und glückliche Tiere. Warum? Lesen Sie den Artikel bis zum Ende, dann wissen Sie es. Bei der Auswahl der Presseartikel haben wir uns auf solche beschränkt, die für Griechenlandreisende interessant sind und die bis zur nächsten Reisesaison aktuell bleiben dürften. 3 Sorgen um die kleine Zukunft Griechenland Zeitung vom 20. 8 2012 Lego-Spielzeug an der Tür von Dimitrakis’ Eltern. Sie öffneten und begrüßten uns, das darauf folgende Gespräch bei einem griechischen Kaffee drehte sich um belanglose Dinge. Irgendwann nahm ich mir Mut und entschloss mich, die Frage, die uns beschäftigte, zu stellen: „Ist es wahr sei, dass ihr ausziehen werdet.“ Das Wort „müsst“ brachte ich nicht über die Lippen. Vater Miltos bejahte und bugsierte taktvoll unseren kleinen Freund aus dem Zimmer. Dann erzählte das junge Familienoberhaupt: Anflug auf Athen im Abendlicht. Unter uns Attika, das Häusermeer der Metropole und die Küste – alles in zartrote Farbe getaucht. Die Freude war groß: Uns stand ein viermonatiger Aufenthalt in unserem griechischen Haus mit Garten in netter Umgebung am Rande der Hauptstadt bevor. Unsere Freunde und Nachbarn holten uns vom Flughafen ab, und zu unserer Überraschung hatten sie, als wir endlich in unserer „Heimat“ ankamen, trotz der späten Stunde die üblichen Souvlakia bestellt. Der nächste Morgen war dann wieder mit Begrüßungen und Kaffeetrinken in „unserer“ Straße verplant. Die Fragen nach dem Leben in Deutschland und das „Verhalten“ von Frau Merkel durften dabei nicht fehlen. Und doch fehlte etwas: Weder meine Frau noch ich hatten bisher den Dimitrakis gesehen. Er war unser jüngster Freund und Nachbar, gerade acht Jahre alt, und in den vergangenen Jahren immer unter den ersten, die uns bei unserer Ankunft begrüßten. Selbstverständlich hatten wir stets ein kleines Geschenk und manche Süßigkeiten dabei, um „unsere Freundschaft“ vertiefen zu können. Diesmal blieb jedoch die Tür des Nachbarhauses geschlossen, kein Dimitrakis in Sicht. Am späten Abend erst entdeckte ich den Kleinen, wie er mich aus der Ecke des Balkons gegenüber stumm beobachtete. „Ich bin schon seit 18 Monaten arbeitslos. Meine erste Stelle als Verkäufer in einem Kaufhaus habe ich relativ schnell nach dem Ausbruch der Wirtschaftskrise verloren. Dann konnte ich bei einem Bekannten, der einen Spirituosenhandel betrieb, unterkommen. Aber auch dort verlor ich wegen der Krise meinen Job.“ Die Arbeit als Pizza- und Souvlaki-Auslieferer am Ende habe auch nur einige Wochen angehalten – seither sei Sense. Wäre da nicht seine Frau mit ihrem Vier-Stunden-Job im Supermarkt, hätte er nicht mehr gewusst, wie man überleben könne. Von den Verwandten konnte Miltos keine Hilfe erwarten, die hätten selbst alle mit Problemen zu kämpfen. Wir waren sprachlos und betreten. „Können wir irgendwie helfen?“ Mit einem etwas bitteren Lächeln antwortete Miltos: „Danke nein, wir regeln es schon irgendwie. Ich gehe zurück aufs Dorf zu meinen Eltern, meine Frau zieht mit den Jungen zu ihren Eltern, und wir werden versuchen, uns alle 14 Tage zu sehen.“ Wut und Trauer kamen in mir hoch, aber bevor ich hilflose Kommentare von mir geben konnte, stürmte der kleine Dimitrakis ins Zimmer und zeigte uns ganz stolz, was er mit den mitgebrachten Legos gebastelt hatte. Ich ging auf ihn zu und fragte, ob er nicht mehr mein Freund wäre. „Doch, doch“, antwortete er, um dann traurig mit den Schultern zu zucken: „Wir gehen von hier weg“, eröffnete mir Dimitrakis. „Geht es zurück aufs Dorf? Zu deiner Oma?“ setzte ich nach, aber da drehte er sich einfach um und ging. Das Rätsel sollte am nächsten Tag gelüftet werden. „Sie müssen aus der Wohnung ausziehen“, klärte uns Nachbar Grigoris auf, „sie haben seit neun Monaten keine Miete bezahlt, und der Besitzer der Wohnung ist gegen die Familie gerichtlich vorgegangen“. Meine Frau und ich waren perplex. Wenig später klingelte ich, ausgestattet mit einem Der vorliegende Text entstand auf der Basis einer Schilderung, die uns der Leser der Griechenland Zeitung Pat Klinis aus Heidelberg zusandte. 4 Aus dem griechischen Tagebuch Wie, um Himmels Willen kam es so weit. Veröffentlicht am 19. Mai 2012 Nadja Heimlicher http://nahei.wordpress.com/ Wenn in der Unimensa zur Stosszeit nur eine Person hinter der Theke steht: “Was ist das denn für eine Organisation! Deswegen sind wir hier, wo wir sind!” Wenn Abends am Syntagmaplatz Jugendliche auf der grossen Treppe sitzen und Bier trinken: “Nein aber auch, unsere Jugend! Deswegen sind wir hier, wo wir sind!” In der Kirchgemeinde: “Wir haben uns von Gott und von der Kirche abgewandt, deshalb geht es uns jetzt so schlecht. Und das ist ein Einfluss, der aus dem Westen kam! Die Säkularisierung, die im Mittelalter begonnen hat, da war die Kirche so verdorben, hat die Menschen unterdrückt und versklavt, kein Wunder, es musste zur Reformation kommen! Da, in dieser Zeit haben die Menschen angefangen, sich gegen die Kirche zu wenden. So etwas gab es bei uns nie. Aber jetzt hat uns diese säkulare, kirchenfeindliche Haltung erreicht, und wir sind vom Weg abgekommen. Deshalb geht es Griechenland so schlecht!” In einer Diskussion mit Kollegen: “Der Kapitalismus ist das Problem! Die griechische Seele ist von Natur aus nicht für den Kapitalismus geschaffen. Das kapitalistische System haben wir vom Westen übernommen und können damit nicht umgehen.” Und zwei, drei Sätze später: “Ich brauche unbedingt ein Auto.” – “Aber du hast doch eins!” – “Ja, aber ich will ein anderes…” “Die Ausländer sind Schuld! Schau doch, was aus Athen Dank all der Pakistani und Afrikaner geworden ist! Das reinste Bordell! Wir müssen sie alle verjagen, denn ohne sie hätten wir hier gar kein Problem.” “Griechenland ist so schön, dass ganz Europa darauf neidisch ist. Deshalb wollen sie uns jetzt an den Kragen!” “Die Türkenherrschaft ist schuld! Wir wurden in unserer Entwicklung gehindert!” “Wir haben unsere antiken philosophischen Wurzeln vergessen!” Der Bus steht eingekeilt in einer Kurve, bewegt sich nicht vom Fleck. Die Leute werden unruhig, strecken die Köpfe zu den Fenstern raus und versuchen, den Grund für den Halt zu erspähen. Mitten auf der Strasse steht ein kleines rotes Auto mit eingeschalteter Warnblinkanlage, niemand sitzt drin. Der Buschauffeur öffnet die vorderste Tür und ruft dem Mann im Kiosk am Strassenrand zu: “Was zum Teufel ist hier los?” Der Kioskmann deutet durch die kleine Luke zwischen Kaugummis, Chips, Schokolade, Feuerzeugen und Souvenirs auf die gegenüberliegende Strassenseite: “Der kommt gleich wieder, er holt sich einen Kaffee.” “Er holt einen Kaffee, ist das denn möglich,” beginnen die Passagiere durcheinander zu rufen, “er holt einen Kaffee, der Idiot, und lässt sein Auto einfach auf der Strasse stehen, das gibt es doch nicht!” Inzwischen hat sich in beiden Fahrrichtungen eine ansehnliche Zahl Autos angestaut, Frauen mit Einkaufstaschen und Herren mit Schnauz stehen um das falsch parkierte Fahrzeug, diskutieren aufgebracht und gestikulieren wild. Endlich kommt der Übeltäter zurück, mit dem Kaffeebecher in der Hand, betont gelassen, öffnet ohne jede Eile die Tür und fährt langsam los. “Genau das ist es!” ruft eine Dame hinter mir triumphierend, “genau deshalb ist Griechenland da, wo es ist!” Fast mehr noch als die Frage, wie es weitergeht, beschäftigt die Menschen hier in diesen Tagen, wie es so weit kommen konnte. Erklärungen werden überall gesucht. Wenn sich die Leute in die Metro drängen, bevor überhaupt jemand aussteigen kann: “Die haben alle keinen Anstand! Deswegen sind wir hier, wo wir sind!” Wenn in einem Restaurant jemand besonders viele Reste au f den Tellern zurück lässt: “Welche Verschwendung! Deswegen sind wir hier, wo wir sind!” 5 “Wir haben Geld ausgegeben, das uns nie gehört hat.” “Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt.” “Wir haben die falschen Politiker gewählt.” “Wir haben uns verarschen lassen!” “Wir sind einfach alles Deppen.” “Hör zu, dann wirst du verstehen,” sagt ein älterer Mitstudent zu mir, “Griechenland ist kein westliches Land. Das war es nie und wird es nie sein. An sich ist das kein Nachteil, nein, ich sehe das vielmehr als grosse Qualität! Aber dann dürfen wir auch nicht so tun als ob wir westlich wären. Wenn wir versuchen, wie ein westliches Land zu sein, zu denken, zu leben, dann kommt das nicht gut. Das ist alles eine Frage der Identität. Wir wissen nicht mehr, wer wir sind und was wir wollen.” meine Nachbarin, was los ist. Grigoris, der Kioskmann, habe von den Einkünften nicht leben können und den Kiosk geschlossen. Er wird jetzt auf einer Fähre als Matrose arbeiten. In- und ausländische Medien berichten vom Zerfall des griechischen Staates und manchmal bin ich selber erstaunt, was hier alles noch funktioniert: Aus dem Hahn kommt Wasser, Strom gibt es auch. Der Abfall wird abgeführt, Busse und Metro fahren, Banken, Post und Läden sind geöffnet. Schüler und Studentinnen legen Prüfungen ab, Leute kaufen ein. Abends lebt Exarcheia, Cafés und Bars sind voll, das Ausgehviertel Gazi pulsiert. Vielleicht wissen wir übermorgen schon mehr. Dienstag, 19. Juni, Ermoupolis: ... Im 19. Jahrhundert war der Hafen von Syros einer der wichtigsten Handelshäfen im östlichen Mittelmeer und Ermoupolis Heimat reicher Reederfamilien. Heute stehen viele Schaufenster leer und manche Häuser machen einen unbewohnten Eindruck. Die Krise geht auch an Ermoupolis nicht spurlos vorbei. Dennoch: Athen, die Angst vor einem Sturm auf die Banken, vor einem möglichen Euro-Austritt, Scharmützel zwischen Jugendlichen und Polizei sind hier weit weg. Dass in diesem Land vor wenigen Tagen wichtige Wahlen stattgefunden haben, ist kaum wahrnehmbar. “Wir leben mit dem, was wir brauchen,” meint der Mann im Internetcafe, in dem ich sitze, “und die Touristen kommen zum Glück immer noch.” Veröffentlicht am 16. Juni 2012 Donnerstag, 14. Juni: Auf dem Omoniaplatz findet die letzte Wahlveranstaltung der linken Syriza-Partei statt, die bei den Wahlen im Mai überraschend als zweitstärkste Partei gewählt wurde. Nachdem die Regierungsbildung nach den Wahlen im Mai gescheitert ist, gehen Griechinnen und Griechen diesen Sonntag ein zweites Mal an die Urnen. Der Platz ist taghell beleuchtet und voller Leute. Sie trinken Wasser und Kaffee-Frappé aus Plastikbechern, rauchen, essen Souvlaki oder Trockenfrüchte von einem der vielen Verkaufsstände, diskutieren miteinander, wippen mit zu der Musik aus den Lautsprechern. Vor dem Rednerpodest weht ein Meer von Fahnen, Parolen werden gerufen, Lieder gesungen. Das hier ist ein wenig Volksfest, ein wenig Familientreffen, ein wenig Demo. Es sind fast so viele Journalisten und Reporter wie Parteianhänger da. Tsipras betritt das Podest, die Menge tobt, es regnet farbige Konfetti auf den Omoniaplatz. Hier wird ein Star begrüsst. Der umstrittene Politiker im weissen Hemd beginnt mit seiner Rede, für einen Moment ist es ganz still. Dann beginnen die Leute wieder zu rufen. Junitage Nadja Heimlicher aus Bern ist dipl. Hoteliere und studiert auf dem zweiten Bildungsweg Theologie. Ein Jahr lang hat sie als Austauschstudentin in Athen gelebt. In ihrem Blog http://nahei.wordpress.com/ schrieb sie während dieser Zeit ein sehr lesenswertes und bebildertes Tagebuch Freitag, 15. Juni: Der Kiosk vor meinem Haus ist seit drei Tagen zu und ich frage 6 Wo ist denn nun da die Krise? Fred Wyss August 2012 Was, ihr geht nach Griechenland, ausgerechnet jetzt (im Juni, vor den Wahlen)? Dann die besorgte Frage: „Habt ihr keine Angst?“ – oder ironisch: „ Habt ihr bereits Drachmen dabei?“ Da hatten Radio, Fernsehen und Presse, vorab gewisse deutsche Presserzeugnisse, ganze Arbeit geleistet. Und (dank TV) auch bei uns wirkte die Polemik einiger verantwortungsloser deutscher Politiker vom rechten Rand, die die Krise als populistisches Wahlkampfthema missbrauchten und den Rausschmiss der Griechen aus Europa richtig herbei beteten. Wir kennen das Land, waren gut informiert (auch durch bereits vorher hingereiste Freunde) und machten uns deshalb zu Recht absolut keine Sorgen. Weniger gut informierte Touristen werden sich aber in Griechenland erstaunt gefragt haben: „Wo ist denn nun da die Krise?“ Alles war noch da: Sonne, Strände, kristallklares Wasser, wunderschöne Landschaften und Dörfer, antike Stätten, aber auch idyllische Dörfer mit gemütlichen Tavernen – vor allem aber die sprichwörtliche griechische Gastfreundschaft. Überall war man herzlich willkommen. Und alles war preiswert: Der Ouzo auf der Platia und das Abendessen in einer schönen Taverne waren nicht teurer als früher, im Gegenteil. Überall, auch in Hotels und Pensionen gab es Rabatte oder zusätzliche Extras, einfach so. Und alles hat funktioniert: Taxis, Busse, Schiffe fuhren, Flughäfen waren in Betrieb, man kriegte problemlos Mietwagen, konnte tanken und weit und breit kein Streik. Und nirgends gab‘s Krawalle, trotz Wahlkampf und Wahlen. Aber die gab es ja eigentlich nie ausserhalb dem Zentrum Athens und sie wurden durch die Presse immer drastisch überbewertet. Machen Sie doch mal eine kleine Vergleichs-Rechnung dazu: Athen hat ca. 4 Mio. Einwohner, ca. 30 Mal so viele wie Bern. Wenn also auf dem SyntagmaPlatz 10‘000 demonstrieren, wären das umgerechnet auf dem Bundesplatz rund 300. Da gab‘s doch schon grössere Demonstrationen in Bern, auch mit Krawallen. Stellen Sie sich vor, das wäre in der ausländischen Presse so hochgespielt worden, dass sich Touristen nicht mehr nach Grindelwald oder Zermatt wagen würden. Paradox – aber genau so geht‘s den Griechen. Aber die Krise ist auch für Touristen sichtbar: Um sie zu bemerken, muss man das Land allerdings etwas kennen und/oder genauer hinschauen: Es gibt tatsächlich recht viele geschlossene Läden und Restaurants, auch in Kleinstädten. Touristen gab es Mitte Juni (noch?) nicht viele, aber das konnten wir nicht richtig einschätzen, da uns der direkte Vergleich zum Vorjahr (Jahreszeit, Gegend: wir waren im Juni auf Lefkada und im Epirus) fehlte. Aufgefallen ist uns, dass die deutschen Touristen fast gänzlich fehlten, wir haben in den zwei Wochen genau zwei wahrgenommen. Begegnet sind uns in den Tourismusgebieten vor allem Tschechen, Polen und Skandinavier, individuell unterwegs waren bereits recht viele Italiener. Etwas anders präsentierte sich die Lage bei unserem zweiten Aufenthalt, Ende August auf Kos. Die Regierungsbildung und das relative Schweigen der Presse hatten offensichtlich gewirkt: Strände und Strandtavernen waren voll (viel voller als vor einem Jahr) und auch in der Stadt Kos herrschte Hochbetrieb. Es waren erstaunlich viele Mietwagen unterwegs, auch in den entferntesten Ecken war man nie allein. Auch hier traf man vor allem Tschechen, Polen, Skandinavier und Italiener. Deutsche und Schweizer sah man wenig, was nicht heisst, dass sie nicht da waren – aber die sind heute ja zum grössten Teil kaserniert, d.h. in All-InklusiveAnlagen eingeschlossen. Und das ist nach wie vor das grösste Problem auf Kos und anderen Touristeninseln. Siehe dazu die zwei folgenden Beiträge. Die Griechen selber können sich aber kaum noch einen Urlaub leisten. Einzig besser betuchte Rentnerinnen machten in der Vorsaison nach wie vor fleissig Ausflüge. Bei Sehens7 würdigkeiten (wie z.B. Perama-Höhle, Dodoni) waren wir immer die einzigen Ausländer unter Griechinnen. Lefkada und speziell die Gegend um Parga sind Wochenend-Ausflugsziel der Griechen. Da waren samstags und sonntags die organisierten Strände bereits in der Vorsaison voll. Neu ist aber, dass die Griechen alles (Sonnenschirm, Liegestühle, Getränke und Verpflegung) mitbringen, die Tavernen hinter dem Strand bleiben leer – aber wirklich leer. Und auf Kos? Da trafen wir Ende August trotz Hochsaison kaum auf griechische Touristen. Was auffällt, sind sichtbare Verbesserungen betreffend Steuermoral. Die Gewohnheiten haben sich verändert: Man kriegt plötzlich überall und für jede Kleinigkeit eine Quittung – und wird sogar aufgefordert, diese auch mitzunehmen. Noch letztes Jahr kam es vor, dass liegengelassene Quittungen eingesammelt – und wenn sie bei einem nächsten Gast passten – wiederverwendet wurden. Das hat aufgehört, es wird auch überall kontrolliert. Das extremste Beispiel war für uns in Parga ein Liegestuhl-Vermieter, der mit der portablen Registrierkasse an den Strand zum Liegestuhl kam und vor unseren Augen die Quittung herausliess. Bei den Kleinen werden also die Steuern jetzt eingetrieben. Schade nur, dass die wirklich grossen Steuerbetrüger (eine der Hauptursache der griechischen Finanzkrise) nicht auch zur Kasse gebeten werden können. Die haben ihr unversteuertes Schwarzgeld nämlich längst auf Schweizerbanken deponiert, geschützt von unserem offenbar grössten „Nationalheiligtum“, dem Bankgeheimnis. Wir sind also durchaus mitschuldig an der Situation - zumindest als Stimmbürger! Jetzt sollen zwar Verhandlungen Schweiz-Griechenland laufen. Mal sehen! Die Krise ist da, und sie trifft viele hart. Erst wenn man mit Griechen ins Gespräch kommt, hört man davon. Fast jeder „normale“ Grieche ist irgendwie betroffen und jeder hat jemanden in der Familie, den es hart bis sehr hart trifft. Auch die nächste Sparrunde wird wieder vor allem die Kleinen treffen. Bei manchen geht‘s wirklich langsam um die nackte Existenz. Auch moralisch ist man sehr betroffen: Es trifft viele Griechen sehr schmerzhaft, dass sie, die ja meistens nichts dafür können, von populistischen Presseorganen und profilsüchtigen Politikern pauschal als faule, korrupte Pleitegriechen beschimpft werden. Umso wichtiger ist es, ein Zeichen zu setzen. Vorab, indem wir den Griechen zeigen, dass wir trotz allem immer wieder kommen. Möglichst günstig hinfahren und an Ort und Stelle Geld ausgeben. Das haben viele von uns diesen Sommer getan, das werden wir auch nächstes Jahr tun! Wir wollten aber auch ein sichtbares Zeichen setzen. Den Griechen zeigen, dass sie doch noch Freunde haben, irgendwo auf der Welt! Wir haben darum ein T-Shirt kreiert. Bis dieses Bulletin herauskommt, werden zwar Reise-Saison und T-Shirt-Wetter vorbei sein, aber beides kommt wieder. So sieht es aus: Οι Ελβετοί φιλέλληνες της Βέρνης Hellasfreunde Bern Mehr zum T-Shirt finden Sie auf dem beiliegenden Bestellschein. 8 Erste Erfahrungen mit diesem T-Shirt konnte ich auf Kos bereits sammeln: Positiv: Mit diesem T-Shirt kommt man schnell mit Griechen ins Gespräch. Immer wieder musste ich erklären, woher wir kommen und was wir für ein Verein sind: - Ein Ladenbesitzer rief seine Frau herbei. Diese fiel mir fast um den Hals: „Efcharistoume!“ - Ein Tavernenbesitzer: „Afto einai kala gia tin psichi mas!“ „Das ist gut für unsere Seele!“ Negativ: Sowohl in der Schweiz wie auch in Griechenland führt es allerdings auch dazu, dass man von „Bild- oder Blick-gebildeten“ Leuten als „Ersatzgrieche“ blöd angemacht wird. Aber auch das gibt interessante Gespräche und oft Gelegenheit, dumme Vorurteile richtigzustellen. „Plastic-Bändel-Allergie“ Fred Wyss Sept. 2012 Ja, ich habe mich auf Kos mehrmals aufgeregt über die Auswüchse dieser Art von Tourismus. Meine Frau meint sogar, ich leide inzwischen unter einer wahren “Plastic-Bändel-Allergie“: Der All-Inclusive-Tourismus trifft auf Kos viele Leute, welche bisher vom Tourismus gelebt haben, viel härter als die „allgemeine Krise“. Es werden immer neue, riesige All-Inclusive-Anlagen gebaut - und fast schlimmer, bestehende bisherige „normale" Hotels (mit ZF, HP) in solche umgewandelt. In Gegenden, in denen es früher gemütliche Bars, Tavernen und Läden gab, bleiben plötzlich die Gäste weg. So sind z.B. in Tingaki die Tavernen etwas weiter weg vom Strand geschlossen, immerhin sind dadurch die übriggeblieben abends noch gut besucht – und hier gibt‘s sogar noch einige ältere, normale Hotels. Ganz schlimm präsentiert sich dagegen die Situation im, von All-Inklusive-Anlagen eingeschlossenen Kardamena. In dieser ehemaligen Hochburg der englischen „Billig-Touristen“, sind bereits 100m vom Zentrum entfernt die Hälfte der Läden und Restaurants geschlossen. Das macht die Stadt unattraktiv, sie zieht noch weniger Leute an. Politiker und Investoren versprachen 5-Stern-Touristen statt Billig-Touristen – jetzt hat man gar keine mehr in der Stadt. Die, oft zu Dumping-Preisen angereisten, 5-Stern-Touristen bleiben nämlich in ihren All-Inclusive-Ghettos sitzen. Der All-Inclusive-Tourismus wird den Einheimischen, von einigen grossen (oft ausländischen) Investoren und von den grossen Veranstaltern praktisch aufgezwungen. Die Zeche zahlen die Tavernen- und Ladenbesitzer – aber auch die kleinen Hotels, weil diese gar keine Chance mehr haben, in den Programmen der Veranstalter zu erscheinen. Die Zeche zahlen damit aber auch die Touristen, die nichts mit All-Inclusive am Hut haben, die haben nämlich praktisch gar keine Wahl mehr. Das zeigt ein Check des Kos-Angebotes der grössten Veranstalter: - TUI & Töchter : total 41 Angebote, davon nur 1 mit ZF, dafür 34 mit AI - Kuoni & Töchter: total 45 Angebote, davon 6 mit ZF und 27 mit AI - Hotelplan & Töchter: total 23 Angebote, davon 3 mit ZF und 11 mit AI Schlimm ist, dass jetzt bereits die Generation Urlaub macht, welche schon als Kind nur AllInclusive-Tourismus kennen gelernt hat – das kann zu Verblödung führen. Ein Beispiel: Auf unserem Flug von Bern nach Kos: Hinter uns eine offensichtlich „griechenlanderfahrene“ Familie mit einer erwachsenen, wohl so 17-18-jährigen Tochter. Noch ein Reihe weiter hinten sassen zwei gleichaltrige Jungs. Während dem Flug kamen die drei Jugendlichen ins Gespräch. Dieses habe ich nicht weiter mit verfolgt, aber wie es schien, waren sich die drei recht sympathisch. Nach der Landung, kurz vor dem Aussteigen, machte darum die hübsche junge Frau den Vorschlag: „Wir könnten uns ja mal zu einem Abendessen treffen?“ Es folgt betretenes Schweigen. Dann meint einer der jungen Männer (??) recht hilflos: „Das geht leider nicht, wir haben nämlich „All-Inclusive“! Die haben sich wohl nie getroffen. All-Inclusive-Touristen bleiben also ganz unter sich. Eine schreckliche Vorstellung: Das führt ja mit der Zeit zu einer regelrechten All-Inclusive-Inzucht! 9 Das muss gesagt werden ... Detlef Dittmer, Flintbek (D) www.rhodos-info.de Dieser Beitrag stammt von der Website www.rhodos-info.de. Eine sehr schöne private Website mit umfangreichen Informationen zu Rhodos, alles illustriert mit schönen Bildern. Ich habe aus all den Informationen ausgerechnet diesen sehr kritischen Bericht ausgewählt, weil er gut zu den vorhergehenden Artikeln zur Krise und vor allem zur „All-Inclusive-Krise“ passt. Rhodos ist da wohl bereits noch einen Schritt weiter als Kos. Lesen wir, was Detlef Dittmer dazu schreibt: Wir sind jetzt seit 25 Jahren immer wieder Gäste auf der Insel Rhodos. Es ist nicht nur die Insel, die uns jedes Jahr wieder magisch anzieht, sondern zum Großteil auch die Menschen, die wir dort kennen lernen konnten und von denen viele über die Jahre zu sehr guten Freunden geworden sind - Freunde wie wir sie hier in Deutschland nur sehr selten gefunden haben. In dieser Zeit hat sich auf der Insel vieles verändert, leider nicht alles zum Positiven. boten hatten, wurden zu All-Inclusive-Hotels umgewandelt - mit dem Ergebnis, dass viele Bewohner der Insel ihre Anstellung in den Hotels verloren (AI benötigt definitiv weniger Personal) und alteingesessene Tavernen mit einem guten Essens-Angebot bereits schliessen mussten oder kurz vor der Schließung stehen, da sie kaum noch Gäste haben. Diese Entwicklung stimmt uns traurig und macht uns sehr nachdenklich. Früher konnten z.B. in einem Gebiet, in dem es ca. 4000 Hotelbetten gab, mehrere Tavernen existieren. Viele der Gäste in den HPHotels kehrten zum Mittag oder am Abend in die Tavernen ein, um dort in angenehmer Atmosphäre etwas zu Essen oder auch nur mal um ein Glas guten Wein oder ein frisch gezapftes Marken-Bier zu trinken. Seit zwei Jahren bieten aber 4 der 5 Hotels mit insgesamt 3400 Betten nur noch All-Inclusive an. In den Tavernen verirrt sich kaum mal einer der AI-Urlauber (meist gut zu erkennen an den bunten Armbändchen) und von den restlichen Gästen können die Tavernen nicht überleben. Die Tavernen stehen daher vor dem Aus und Rhodos verliert dann wieder ein Stückchen von seinem Flair und seiner Gemütlichkeit. Nur, wenn es diese gemütlichen Fleckchen bald nicht mehr gibt, ist Rhodos gegen jede Insel anderer Urlaubsdestinationen austauschbar - denn Sonne, Strand und Meer gibt es dort auch! Zuerst das Negative: Sehr negativ wirkt sich das immer größer werdende Angebot an All-Inclusive-Hotels auf Rhodos aus. Besonders betroffen davon sind alteingesessene Familienbetriebe (überwiegend Tavernen und Café-Bars) und viele Angestellte in ehemaligen Halbpensions-Hotels, da bei AI-Hotels nur gut die Hälfte des Personals benötigt wird. Zunächst wurde All-Inclusive nur in Gebieten der Insel angeboten, in denen keine gewachsene Infrastruktur vorhanden war. Dort hatte und hat All-Inclusive in meinen Augen auch in einem gewissen Umfang seine Berechtigung. Es wurden neue Hotels errichtet und dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen. Da es keine Tavernen in unmittelbarer Nähe gab, schadete man auch nicht den Familienbetrieben auf der Insel. Seit einigen Jahren wird aber auch nicht mehr vor Regionen Halt gemacht, in denen es eine vernünftige Tourismus-Struktur gab (alteingesessene Tavernen und Café-Bars im Einzugsgebiet mehrerer Hotels mit ÜF oder HP existierten "friedlich" nebeneinander). Dort wurden nun aber kaum neue Hotels gebaut, sondern Hotels, die bisher ÜF oder HP ange- Leider ist diese Entwicklung vielen Urlaubern egal - es lebe das Motto "Geiz ist geil"! Diese Urlauber wissen gar nicht, was sie versäumen, wenn sie nicht in eine dieser gemütlichen Tavernen einkehren und sich mal verwöhnen lassen. Wir kennen Leute - auch aus 10 unserem Bekanntenkreis - die 14 Tage "AllInclusive" gebucht hatten, während dieser Zeit weder in Rhodos-Stadt, in Lindos und in Archangelos waren und auch Filerimos, Embona, Kallithea, Kamiros, Monolithos und Petaloudes für sie Fremdwörter geblieben sind. Ihr Kommentar nach dem Urlaub: "Rhodos ist wirklich eine tolle Insel". Zu diesem Urteil können sie u.E. nur durch den Transfer vom Flughafen zum Hotel und zurück gekommen sein. Wir wollen hier bestimmt nicht alle Urlauber von All-InclusiveAngeboten über einen Kamm scheren, aber Rhodos haben viele wirklich nicht richtig kennen gelernt. Es mag auch Gründe geben, die für All-Inclusive sprechen (z.B. die Urlaubskosten, wenn man mit Kindern in den Urlaub fährt), aber schon Kommentare wie "Da konnte ich so viel trinken, wie ich wollte" oder "Jeden Abend Party und saufen für lau" rufen bei uns nur noch die Zornes-Röte hervor. Und zum Ende des Urlaubs wird dann häufig über das mäßige und sich immer wiederholende Essen und die Warteschlangen am Buffet in zahlreichen All-InclusiveHotels gemeckert. Da kann ich dann wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln. Was erwartet denn so mancher Urlauber überhaupt, wenn er für ein AI-Hotel kaum mehr und manchmal sogar weniger bezahlt, als in einem vergleichbaren Hotel mit HP, wo man alle Getränke zum Essen und an der Hotelund Poolbar extra bezahlen muss? Dass die Qualität des Essens und der Getränke in AIHotels überwiegend niedriger anzusetzen ist und häufig eher ein Kantinen-Feeling aufkommt, ist für mich daher eine logische Konsequenz. Ein weiteres Phänomen spielt sich häufiger am Strand ab. Die Strände gehören - was viele vielleicht nicht wissen - überwiegend den Kommunen und diese verpachten die Strandabschnitte an Liegen- und Sonnenschirm-Verleiher für teures Geld. Zahlreiche Urlauber aus den AI-Hotels glauben aber, dass die Liegestühle und Sonnenschirme am Strand für sie auch im Reisepreis ihrer AIBuchung enthalten sind. Wenn dann der Ver- leiher zum kassieren kommt, wird dieser leider nicht selten auf die übelste Art beschimpft. Da sich diese Urlauber ja nicht "abzocken" (noch so ein Modewort) lassen wollen, gehen sie natürlich zurück in die Hotelanlage und suchen sich dort ein freies Plätzchen zwischen all den anderen Urlaubern am Pool oder auf der Grünanlage - dort braucht man schließlich nicht bezahlen. Am Strand wäre es zwar schöner gewesen, aber extra bezahlen kommt nicht in die Tüte - denn "Geiz ist geil"! Damit sind wir bei der nächsten negativen Entwicklung: viele der Urlauber benehmen sich so, dass man sich dafür schämen muss. Es scheint einer immer größeren Anzahl von Urlaubern nicht in den Kopf zu gehen, dass sie Gäste sind, wenn sie im Ausland den Urlaub verbringen. Es würde vielen Touristen mit Sicherheit nicht schaden, wenn sie sich vor dem Urlaub bereits etwas über die Kultur des Landes informieren würden - so manche Peinlichkeit könnte dann vermieden werden. Wir könnten aus unseren Erlebnissen mehrere Seiten mit dem unmöglichen Verhalten und Auftreten von Urlaubern füllen, aber das würde den Rahmen dieser Homepage sprengen. Außerdem ist es eine Minderheit, die sich nicht benehmen kann, leider fallen diese Leute aber immer besonders auf. Einiges dazu habe ich trotzdem mal auf unserer Website unter „Nachtgedanken“ aufgeschrieben. Urige Tavernen - besonders in Rhodos-Stadt und dem näheren Umland - sind leider schon zur Mangelware geworden. Dafür sieht man immer mehr Fast-Food-Restaurants (z.B. McDonalds in Rhodos-Stadt und Faliraki). Ist es nur "der Lauf der Zeit" oder hängt es auch mit der allgemeinen Qualität vieler Urlauber in den letzten Jahren zusammen bzw. ist es auch ein Ergebnis von immer mehr AllInclusive-Hotels? Ein Spaziergang durch die Altstadt (insbesondere auf der Sokratesstraße und den angrenzenden Straßen) wird häufig zu einer Art "Spießrutenlauf", denn man wird andauernd von den Inhabern oder den Mitarbeitern 11 vieler Geschäfte (insbesondere Pelz- und Lederbekleidungsgeschäfte) angesprochen "Sind Sie Deutsche?", "Wo kommen Sie her?", "Kommen Sie kurz in mein Geschäft", "Trinken Sie einen Ouzo mit mir?", "Ich zeige Ihnen unverbindlich meine Pelze/Jacken" - so oder ähnlich ist der Ablauf und das kann auf die Dauer nerven. Meist hat es in diesen Fällen nichts mehr mit der ansonsten weit verbreiteten griechischen Gastfreundschaft zu tun, es geht einzig und allein um den Verkauf der Ware! Viele Hotelanlagen, die in den letzten Jahren gebaut wurden, passen sich der Landschaft an - man hat zum Glück aus den Fehlern der 80er Jahre gelernt. Die Straßen sind wesentlich besser und sicherer geworden. Es gibt nur noch sehr wenige wirklich schlechte Straßen - wie z.B. die Straße von Archipoli nach Psinthos (bis Ende 2007 soll aber auch das ein Ende haben - wir sind gespannt). Mehrere historische Gebäude wurden zwischenzeitlich restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (u.a. der Uhrenturm und die türkische Bibliothek). Auch das Minarett der Suleiman-Moschee wurde wieder aufgebaut. Last but not least - die einmalige und ehrliche Gastfreundschaft der Griechen (Ausnahme siehe etwas weiter oben) ist geblieben. Zumindest dann, wenn sich die Urlauber wie Gäste benehmen. Um diese Herzlichkeit aber kennen lernen zu können, muss man schon mal die Hotelanlage verlassen... Nun das Positive: Es gibt sie: die Urlauber, die so denken wie wir und sich auch im Urlaub wie Gäste benehmen. Leider fallen die anderen mehr auf und tragen dazu bei, dass deutsche Urlauber allgemein - nicht nur in Griechenland - nicht gerade zu den beliebtesten Urlaubern zählen. In den zurückliegenden Jahren haben wir auf Rhodos mehrere nette Leute persönlich kennen gelernt, die Rhodos lieben und schätzen. Es ist schön zu wissen, dass wir anscheinend nicht eine vom Aussterben bedrohte Spezies sind, die die Kultur und die Leute, die dort leben, respektieren. Weitere, viel positivere Informationen über Rhodos, findet man auf www.rhodos-info.de Neu in Bern: ELάA naturprodukte und weine direkt aus griechenland Kramgasse 58 3011 Bern Tel: 031 312 08 08 Mail: tsolakidis@sunrise.ch Eingang Boutique Daphnis Die Eröffnung dieses Ladens ist auch ein Zeichen gegen die Krise. Herr Tsolakidis importiert die Naturprodukte direkt aus Griechenland, z.T. von traditionellen Familienbetrieben, und verkauft sie zu moderaten Preisen: Weine ( Peleponnes, Kreta, Makedonien), Olivenöl, Gewürzmischunge aus Lesbos, hausgemachte traditionelle Teigwaren, kleine Mezze-Gerichte, Eingemachtes und Honig, und vieles mehr - zum selber geniessen oder schenken. 12 Einer der Lieferanten Begegnung mit der Tradition 24. Juli, Chora Sfakion: Über den Bergen ist das letzte Licht des Tages vergangen, der Platz vor dem Dorfschulhaus ist hell beleuchtet, die Luft erfüllt von den Düften von Thymian und von gebratenem Lammfleisch. Auf weiss gedeckten Tischen stehen Wasser, Wein, Raki, Brot, gebratene Würste und Innereien bereit, auf der Bühne prüft der Lyraspieler ein letztes Mal den Sound, im Schulhaus wird das Essen vorbereitet. Pick-Ups fahren im Schritttempo zwischen den schon parkierten Autos hindurch vor das Eingangstor und laden ganze Familien aus, Frauen in sehr engen oder sehr flatternden Sommerkleidern, Männer mit schwarzen Hemden und imposanten Schnäuzen, Kinder und Jugendliche in Trachten. Immer mehr Gäste strömen auf den Platz, die Tische füllen sich, die ersten Flaschen werden geöffnet, das Fest kann beginnen. Nadja Heimlicher, 27. 7. 2012 http://nahei.wordpress.com pflegt, kann die richtigen Schritte in die Zukunft tun. Denn was gibt es heiligeres als die Tradition!“ Dieses Jahr stehen die jüngsten Mitglieder der Folkloregruppe im Mittelpunkt. Ich staune: da sind Dutzende Kinder und Jugendliche aus der ganzen Gegend, die Jüngsten gehen noch nicht zur Schule, die ältesten sind schon fast erwachsen. Die Musik spielt in rasendem, mitreissendem Rhythmus, der mich immer an wild galoppierende Pferde erinnert. Pausen gibt es kaum, alle Stücke klingen ähnlich und doch nie ganz gleich, die Trommel lässt Gläser und Brustkorb vibrieren, die kretische Lyra schluchzt, jubelt und zwitschert, dass es mir den Atem raubt, der Sänger lässt seinen gesammelten Seelennöten freien Lauf. Auf der Bühne geben Tänzerinnen und Tänzer ihr Heute wird in Chora Sfakion das „Begegnung mit der Tradition“ gefeiert, ein jährlich stattfindendes Fest mit Musik, Tanz, Essen und Trinken. Der Organisator eröffnet den Abend mit einer urgriechischen Weisheit: „Wir leben in einer schwierigen Zeit, und gerade in dieser Situation ist die Tradition wichtiger als je zuvor. Nur wer seine Tradition kennt und 13 den sie sich wie Magnete gegenseitig abstossen. Die jungen Männer vollführen gewagte Sprünge und je höher sie springen, umso begeisterter klatschen die Gäste Beifall. Gebratenes Lammfleisch, Pilavreis und Salat werden aufgetragen, die leeren Flaschen gegen volle getauscht, Winzlinge in Trachten flitzen rufend und lachend zwischen Gästen, Tischen, und Stühlen hindurch. Der Abend ist bereits fortgeschritten, die Tische haben sich in Schlachtfelder verwandelt, das Fest hat seinen Höhepunkt erreicht. Am Nebentisch zieht ein alter Mann seine Pistole aus dem Hosenbund und schiesst in die Luft, in dem ihm eigenen Rhythmus, anhand dessen nicht nur alle Anwesenden, sondern die ganze Gegend erkennt, wer Freudenschüsse abgibt. Er steckt die Pistole zurück in die Hose, lässt sich von einem Freund ein Wasserglas mit Wein füllen, trinkt es in einem Zug aus und lässt sich mit einem zufriedenen Lächeln wieder auf seinen Stuhl sinken. Auch an anderen Tischen beginnen Männer zu schiessen, überall blitzen Mündungsfeuer auf. Jetzt greift der Organisator ein. Heute seien die Freudenschüsse nicht angebracht, erklärt er den Gästen. Vor wenigen Monaten ist ein sehr junger Mann aus der Tanzgruppe gestorben. Aus Respekt gegenüber der Trauerfamilie müssen sich die Gäste dieses Jahr beim Feiern zurückhalten. Können zum besten, Mädchen in rotem Rock mit weisser Schürze, weisser Blouse, schwarzer, kurzer Jacke und rotem Kopftuch, Jungen mit beigen Pluderhosen, die in kniehohen schwarzen Stiefeln stecken, schwarzen Gürteln und Hemden und dem „Mantili“, einem schwarzen gehäkelten Tüchlein, das kunstvoll um den Kopf gewickelt wird. Beim Zuschauen wird mir schwindlig, es ist, als würden sich Boden und Tänzer kaum berühren, als wür- Die Musiker beginnen wieder zu spielen, jetzt drängen auch die Gäste auf die Bühne zum Tanzen. Sogar über das Gesicht der Metzgerstochter, die sonst immer unsäglich griesgrämig ihren Laden hütet, fliegt dann und wann ein feines Lächeln. 14 © Hans W. Korfmann, 2002 Held unter Helden www.mprinzinger.de/korfmann/reise.shtml Kein Volk, dessen sind sich die Griechen einig, hat bedeutendere Helden hervorgebracht als die Griechen. Schon ihre Götter waren dabei vorbildlich, ebenso wie ihre langbärtigen Philosophen und Dichter, die den unsterblichen Odysseus, den Prototyp jedes modernen Helden, schufen. Und: Es gibt sie noch, die griechischen Heroen. Zum Beispiel in einem kleinen Menschennest an der Nordwestküste Kretas. Im Sommer 1981 fuhren eine Hand voll Männer aus Kastelli in das Dorf Neochori, nahmen den lange Gesuchten, der bei seiner Schwester zu Besuch war, kurzerhand gefangen und sperrten ihn in die leer stehende Metropolie. Sie holten die Pistolen unter den Kopfkissen hervor, und der Bauunternehmer brach mit seinem Bulldozer einige Felsen aus dem Berg, um vor dem Bischofssitz eine Straßensperre zu errichten. 80 Männer aus Kastelli und den nahen Bergen waren bereit zum Kampf. Sie wollten ihren geliebten Bischof nicht zum zweiten Mal verlieren. erzählen natürlich viel Unsinn. Ich war nie bei den Partisanen. Ich war auch nicht bei den Kommunisten. Ich habe mich nur mit der Idee des Kommunismus beschäftigt. So wie ich mich auch mit anderen Philosophien und Religionen beschäftigt habe." Doch davon möchten die vielen Helden von Kastelli nichts wissen. Sie wissen nur, dass es nicht seine langjährigen Aufenthalte im Ausland waren, die die Oberhäupter der griechisch orthodoxen Kirche 1971 dazu bewogen, Irinäus zum Metropoliten und Exarchen von Europa zu wählen. Für sie steht fest, dass die Junta den Geistlichen wegen seiner politischen Überzeugungen ins Exil nach Deutschland schickte. Natürlich war dieser Mann der Junta ein Dorn im Auge. Ein lebender Mythos. Ein Mann, von dem sich das Volk erzählt, dass er nachts Mehlsäcke vor die Türen der Armen stelle. Der sich in den Kopf gesetzt hatte, in diesem entlegenen Winkel der Insel, dem wilden Westen Kretas mit seinen verrückten Hirten, Gymnasien zu bauen, Internate, Armenhäuser, Schulen für Taubstumme. "Und sie wussten, ich habe das Volk auf meiner Seite. Vielleicht befürchteten sie ja, ich könne eine Revolution auf Kreta anzetteln!" Der Bischof lächelt, wenn er sich erinnert. Manchmal lacht er sogar. Die Verantwortlichen der orthodoxen Kirche Griechenlands verzichteten dankend auf die Auseinandersetzung und streckten die Waffen. Sollte das Volk doch seinen Bischof wiederhaben. Wenige Tage später versammelte sich auf dem kleinen Platz von Kastelli mit seiner Telefonzelle, dem Restaurant, dem Gericht, dem Werkzeugladen, dem Frisör und der winzigen Kirche, der halbe Westen Kretas und jubelte. Wieder einmal hatte man es allen gezeigt. Dass man sich nichts wegnehmen lässt auf dieser Insel: kein Land, keine Frauen - und auch keinen Bischof. Wenn er heute in seiner goldbestickten Stola, das brillantenbesetzte Zepter in der Hand, aus der Kirche tritt und die Glocken läuten, dann scheint es, als läuteten sie nur für ihn: Irinäus, den Friedvollen, geboren in dem kleinen Dorf Neochori im gebirgigen Selino, als eines von 13 Kindern. Vor 90 Jahren. Fast schon ein Heiliger. Doch man erzählt, dass dieser Heilige einst mit den Partisanen in den Bergen gewesen sei und statt des christlichen Hirtenstabes ein Gewehr getragen habe. "Nein, nein", wehrt der Friedvolle ab, "die Menschen hier 1943 lachte er nicht. Das Militärgericht von Chania hatte dem jungen Theologen vorgeworfen, statt einer christlichen Predigt eine aufständische Rede gehalten zu haben. "Vielleicht erinnerte es manchmal an kommunistische Thesen! Aber im Grunde ging es um Gerechtigkeit im christlichen Sinn. Doch der zuständige deutsche Kommandeur sah das anders. Ich sollte noch am Abend gehängt werden. Dann kam der Bischof von 15 Chania, zusammen mit einem Arzt. Sie redeten auf mich ein, alles zu widerrufen. Aber ich war zu jung und zu stolz, um nachzugeben." Erst als am helllichten Tage plötzlich die Glocken läuteten, gab er nach. Auch später bereitete das schwarze Schaf seiner Kirche Sorgen. Der Friedvolle entpuppte sich als umtriebiger Geist, der dazu neigte, überall seine Nase hineinzustecken. Ein Dasein in bescheidener Abgeschiedenheit ist das Leben dieses Mannes nie gewesen. Als 1966 die marode Fähre eines berüchtigten griechischen Reeders unterging und 300 Menschen mit sich in die blauen Wasser nahm, ließ Irinäus das Predigen und schritt zur Tat. Der griechische Kapitalismus hatte unchristliche Formen angenommen. Gemeinsam mit zwei weiteren Mitstreitern gründete er die erste Volks-Aktiengesellschaft Griechenlands, ein Fährunternehmen - ohne ein einziges Schiff zu besitzen. Dennoch „verkauften die Hirten ihre Schafe, die Frauen webten Teppiche, irgendetwas hatte jeder. Es gab kaum jemanden aus meiner Gemeinde, der nicht eine Aktie zu Hause hatte. So kamen 80 Millionen Drachmen zusammen." Das reichte nicht. Aber Irinäus vertraute auf Gott, pilgerte los und legte die Anzahlung und das Pfand seiner Aktiengesellschaft auf die verschiedensten Schreibtische in ganz Europa. Schon wurde der Pope mit der überchristlichen Geduld zum meistbelächelten Zopfträger Griechenlands - da endlich, in Schweden, reichte ihm ein Reeder die Hand zum Geschäft und verkaufte ihm einen Tanker. Die Kydon - benannt nach jener legendären, minoischen Stadt, die wohl für immer einige Meter tief unter der unaufhörlich wachsenden Stadt Chania verborgen bleiben wird wurde zum größten Fährschiff des Mittelmeers und zum Grundstock eines florierenden Unternehmens: Heute verkehren zehn Fähren der ANEK-Lines in der Ägäis. "Und der Großteil der Aktien, zirka 80 Prozent" Irinäus erhebt den christlich-moralischen Zeigefinger - "gehören noch immer dem Volk." Nicht etwa der Kirche. Die hatte sich seinerzeit erheblich geziert, von Bruder Irinäus weltliche Güter in Form von Aktien zu kaufen. So zumindest erzählen es die Aktionäre. So sorgte der Friedvolle stets für Unfrieden in den eigenen Reihen. Seine volksnahe Kirchenpolitik passte den konservativen Vertretern der Glaubenslehre wenig. Immer wieder musste der kleine Mann mit den großen Fähigkeiten vor seine Herren treten. Doch Irinäus hat nie darüber geklagt, er hat stets in christlicher Demut sein Haupt vor den Instanzen verneigt. Vorwürfen und Gerüchten begegnet Seine Exzellenz mit einem friedvollen Lächeln. Und manchmal zeigt sich im hintersten Mundwinkel eine Spur schlichter Verschmitztheit. Dann erinnert der Mann mit dem heiligen Schein plötzlich an einen kleinen deutschen Schauspieler, der, nach erhaltener Strafpredigt, die Klinke in der Hand und sein neues Kirchenmodell unter dem Arm, dem Heiland am Kreuz kurz noch ein Mal zuzwinkert und unbeirrt weiter seines Weges geht. Irinäus, der Friedvolle, ist ein griechischer Pater Brown. Wie der Detektiv in der Soutane, beweist auch Hochwürden weniger im fernen Himmel als auf Erden Sachkunde und Geschicklichkeit. Zurückgekehrt aus dem Exil, verblüffte der Bischof die griechische Presse mit der staatsaktsähnlichen Begrüssung von 38 holsteinischen Kühen auf dem Flughafen von Chania. Die flachen Weiden im Norden der Insel waren geeigneter Boden für diese segensreichen Milchspender. Ebenso gab der Bischof der Vereinigung des ostfriesischen Milchschafbocks mit dem kretischen Bergschaf seinen christlichen Segen und scheute - zum stirnrunzelnden Erstaunen einiger zopftragender Brüder nicht davor zurück, auf eine wenig biblische Fortpflanzungsmethode zurückzugreifen: die künstliche Befruchtung. Der Rotkohl, und nicht zuletzt ein kleiner handlicher Olivenbaum, so sagt man, seien die Früchte seines irdischen Wirkens. Auch eine neue Kirche in Kastelli gehört zu seinen Werken. Dort, im kühlen Keller, hat der weise Mann ein denkwürdiges Grabmal errichten lassen. Für sich. 16 Zu einem "überirdischen Preis", sagen die Leute von Kastelli und lächeln dabei selbst ein bisschen wie der Bischof und wie dieser Pater Brown. Außerdem ist er noch immer für sie da. Er empfängt jeden, der etwas braucht. Auch mittags, wenn es heiß ist, wenn kein Vogel mehr fliegt, kein Auto mehr fährt. Selbst das nahe gelegene Meer schweigt und liegt wie ein Spiegel in der Bucht. Plötzlich tritt ein Mann aus der Küche der alten Bischofsresidenz, das Messer noch in der Hand, mit dem er Kräuter klein geschnitten hat. Flüsternd bittet er den Besucher, im Garten zu warten, der Bischof habe sich kurz niedergelegt. "Wegen der Hitze. Möchten Sie eine Limonade?" Vom einst herrschaftlichen Domizil des Bischofs bröckelt der Putz, rostiges Werkzeug lehnt an der Wand, auf dem Fenstersims liegen ein ausrangierter Wasserhahn und Griechenlands Universalreparaturmittel: ein Drahtknäuel. In der Ecke steht ein Ölfass zum Verbrennen des Mülls, im Maulbeerbaum hängen zwei Zwiebelzöpfe, und im Garten wachsen Kürbisse, Tomaten und Bohnen. Irinäus kommt raschen Schritts, legt eine Decke auf die steinerne Bank im Schatten des Hauses und setzt sich. Dem Fremden bedeutet er, neben ihm Platz zu nehmen. Doch kaum sitzt der Gast, da steht der Bischof wieder auf, zieht einen Stuhl heran und setzt sich gegenüber. Die beiden Männer wechseln erste Worte, da erhebt sich der Friedvolle abermals, steht regungslos und schließt die Augen. Dann endlich seufzt er: "Ah, von dort kommt der Wind!" Und wendet Stuhl und Gesicht der kühlenden Abendbrise zu, die, kaum spürbar, von den Hängen der Berge herabgleitet. "Was wollen Sie denn noch schreiben, junger Mann?" fragt der Friedvolle mit den dicken, weißen Augenbrauen und strahlt vollendete Bescheidenheit aus. "Es ist doch schon alles über mich geschrieben worden?" - "Aber, Exzellenz", entgegnet der Fremde und zwinkert ein bisschen, "Gottes Wort kann man doch gar nicht oft genug wiederholen." - "Das stimmt!" antwortet der Bischof. Und er lächelt nicht. Er grinst. aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Irineos Galanakis Irineos Galanakis (griechisch Ειρηναίος Γαλανάκης, auch Irenäos oder Irenaios umschrieben), mit bürgerlichem Namen Michail Galanakis, geboren am 10. November 1911 im Dorf Neochori in Apokoronas, war von 1957 bis 1971 und von 1982 bis 2005 Bischof bzw. Metropolit der Diözese Kissamos und Selino auf Kreta und von 1971 bis 1980 Metropolit der Griechischorthodoxen Metropolie von Deutschland. Er gilt wegen seines sozialen Engagements als populärster Kirchenführer Kretas. Metropolit Irineos Galanakis Laufbahn Er war von 1938 bis 1945 als Theologieprofessor an Schulen der Präfektur Chania tätig. 1946 wurde er zum Diakon und später zum Priester ordiniert und es wurde ihm der Titel eines Archimandriten verliehen. Er bekleidete die Stellung eines Vizedirektors der Kirchlichen Fakultät von Kreta. Im Dezember 1957 wählte ihn die Synode der Irineos studierte an der Priesterschule in Kreta und der Theologischen Fakultät der Universität Athen. Nach Abschluss seines Studiums unterzog er sich weiterführenden Studien der Theologie und Soziologie an den französischen Universitäten von Lille und Paris. 17 kretischen Kirche zum Bischof von Kissamos und Selino. Im September 1962, als die kretischen Bistümer zu Erzbistümern (Metropolien) erhoben wurden, wurde er Metropolit. Im Dezember 1971 wurde er von der Synode des Ökumenischen Patriarchats zum Griechisch-orthodoxen Metropoliten von Deutschland gewählt. Unter seiner Leitung wurde die Griechisch-orthodoxe Metropolie von Deutschland 1974 als Körperschaft öffentlichen Rechts und damit die Orthodoxe Kirche als dritte Kirche offiziell anerkannt, das Metropolitanzentrum mit der Agia-TriasMetropolitankathedrale in Bonn sowie viele weitere orthodoxe Kirchen in größeren Städten Deutschlands erbaut. 1967 regte Erzbischof Irineos die Gründung einer eigenen kretischen Fährgesellschaft an, um für die Einwohner und Besucher der Insel eine sichere und zuverlässige Transportmöglichkeit zu schaffen. Aufgrund seiner Initiative kam es zur Gründung der Volksaktiengesellschaft ANEK mit Sitz in Chania. 5.000 Kreter erwarben 356.000 Volksaktien im Nennwert von ca. 25 Euro. Bis heute ist Irineos Aufsichtsratsvorsitzender der ANEK-Lines wie auch deren Tochtergesellschaft ANEN. Gründung der Orthodoxen Akademie Metropolit Irineos ist Gründer der Orthodoxen Akademie Kretas, einer ökumenischen Begegnungs- und Tagungsstätte, die 1971 im Kloster Gonias eingerichtet wurde und während der Zeit der Griechischen Militärdiktatur als Ort des geistigen Widerstands galt. Angeschlossen an die Akademie war lange Zeit ein Mustergut, auf dem mit modernen wissenschaftlichen Methoden die Entwicklung der Landwirtschaft, etwa die Veredelung von Schafherden durch künstliche Besamung, gefördert wurde. Wiederwahl zum Metropoliten 1981 Am 26. Januar 1981 wurde Irineos Galanakis erneut zum Metropoliten von Kissamos und Selino gewählt. Allerdings hatte die Synode der Kirche Kretas kurz zuvor einen anderen Priester zum Bischof gewählt. Tausende von Gläubigen verhinderten jedoch dessen Inthronisation, vernagelten die Türen der Bischofskirche und forderten die Wahl von Irineos. Die Synode trat daraufhin erneut zusammen und wählte ihn unter dem Druck der Basis (vorsorglich umstellt von Tausenden von Gläubigen) zum Metropoliten. Er übte dieses Amt weitere 24 Jahre aus, bis er im August 2005 im 94. Lebensjahr aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt einreichte. Irineos, der auf Kreta überaus beliebt ist und bereits wie ein Heiliger verehrt wird, tritt weiterhin bei festlichen Anlässen in der Öffentlichkeit auf. Gesellschaftliches, soziales wirtschaftliches Engagement F/B Preveli, das neuste Schiff der ANEK Weitere gesellschaftliche Aktivitäten Irineos engagierte sich unter anderem auch für die Verbesserung der Bildungschancen von Frauen insbesondere in ländlichen Gebieten und förderte die Gründung von Frauenvereinen. und Gründung der ANEK Lines Nachdem am 8. Dezember 1966 aufgrund der Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften beim Untergang der griechischen Fähre Iraklion auf der Fahrt von Kreta nach Piräus 241 Menschen starben, kam es in der Folge auf Kreta zu Unruhen und Demonstrationen gegen die griechische Regierung und die Reederei Typaldos. Er ist ferner auf Lebenszeit Präsident der „Nationalen Forschungs- und Studienstiftung Eleftherios Venizelos“, die im Jahre 2000 auf seine Initiative gegründet wurde. Irineos hat zahlreiche Bücher geschrieben. 18 © Hans W. Korfmann, 2002 Kostas aus Kreta www.mprinzinger.de/korfmann/reise.shtml Die Geschichte eines ewigen Widerstandskämpfers, kein Heldenepos Für die Hippies, die gerade aus Indien zurückkehrten und auf Kreta noch einen Kurzurlaub einlegten, war die Insel ein Schlaraffenland, in dem dickbäuchige Melonen am Wegrand lagen und in dem man sich Gurken und Tomaten aus den übervollen Gärten pflücken konnte. Andere überlegten sogar, sich dort niederzulassen. Als 1975 drei dieser Wohlstandskinder an die Südküste Kretas kamen, belustigten sich die Griechen noch über die neuzeitlichen Auswanderer. Sie zweifelten am Verstand dieser Menschen, die sich in dem Dorf Krotos ins Kafeneion gesetzt hatten, eine Flasche Retsina nach der anderen leerten und behaupteten, sie seien auf der Suche nach einem Haus. "Ein Haus? Wozu ein Haus?", fragte ein kleiner Mann mit einem riesigen Schnurrbart, der bei Siemens am Fließband gestanden hatte und sich freute, von seinen Deutschkenntnissen Gebrauch machen zu können. Englisch, er versuchte, etwas zu erklären, aber sie konnten ihm nicht folgen. Doch am Ende war die Sache abgemacht. So lernten die drei jungen Deutschen die andere Seite des Hippieparadieses kennen. Standen am nächsten Morgen auf einem steilen Hang, unter sich das blaue Meer, und mit jeder Stunde, die sie höher stiegen an diesem Julitag, rückte ihr Paradies in weitere Ferne. Allmählich wurde klar, dass sie nicht vor Sonnenuntergang von hier fortkämen. Auch das Wasser aus der Flasche hatten sie längst getrunken, die einzige Flüssigkeit, die es noch zu geben schien auf dieser Welt, war Schweiß. Sie schufteten wie im Steinbruch, schlugen mit der Spitzhacke auf den Berg ein, um die fußballgroßen Kiesel zu lockern, die das Meer vor Jahrtausenden hier oben zurückgelassen hatte, stachen mit langen Eisenstangen gewaltige Steine aus der zu Ton gebrannten Erde, transportierten sie mit einer wackligen Schubkarre über das abschüssige Gelände oder rollten sie mit vereinten Kräften den Abhang hinunter. "Wir wollen hier leben und arbeiten!" sagten die Fremden. Der Mann von Siemens übersetzte, aber niemand verstand. Da gingen die Griechen scharenweise nach Deutschland, weil es dort Arbeit gab, und die Drei kamen ausgerechnet in dieses kleine, dreckige Bergdorf mit seinen alten Männern und seinen alten Eseln und diesem mickrigen Kafeneion, in dem es nichts anderes gab als Kaffee, Retsina, Schnaps und Erdnüsse, und suchten ein Haus. Erst als sich herausstellte, dass es sich um Künstler handelte, die malen und schreiben wollten, verstanden sie. Draußen auf der Straße wurden die Schatten länger, die Griechen im Kafeneion von Krotos verloren das Interesse an den Fremden und kehrten auf ihre Felder zurück. Kostas war ein breiter, großer Grieche, ein griechischer Anthony Quinn, er fluchte und lachte bei der Arbeit wie Sorbas in seinem Bergwerk. Es schien, als habe er teuflischen Spaß daran, diesem Berg zu Leibe zu rücken. Aber manchmal kam den Deutschen der Verdacht, der Grieche habe sie nur deshalb mitgenommen, um ihnen eine Lektion zu erteilen, zu zeigen, wie schwer das Leben auf dieser Insel sein konnte. Gegen Mittag sah er zum Himmel, ließ die Hacke im Boden stecken. Sie banden die Korbtasche vom Esel und traten in das winzige Haus, das man auf dem Hang errichtet hatte, nicht mehr als ein Dach über den zu Mauern aufgeschichteten Steinen dieses Ackers. Ein winziges, glasloses Fenster gab es, groß wie eine Schießscharte, nur durch Nur einer war geblieben. Ein Mann, der die ganze Zeit über still in der Ecke gesessen hatte. Er bestellte eine Flasche Wein und setzte sich an ihren Tisch: "Sucht ihr Arbeit?" Er sprach Französisch und ein paar Brocken 19 die Türöffnung drang das gleißende Tageslicht und versuchte, in die dunklen Ecken zu kriechen. steigt steil der Berg an, aus dem einmal ein Garten Eden werden sollte. Noch immer ein Haufen von Steinen mit Blick aufs Libysche Meer. Allmählich gewöhnten sich die Augen an die Dunkelheit, Kostas lief gebeugt unter der niedrigen Decke und suchte nach Gläsern, auf dem knietiefen Tisch standen eine Korbflasche mit Wein und ein Teller mit Oliven. Das Brot war ein harter Gerstenzwieback, den man in einem Blechteller mit Wasser einweichte. Kostas stellte Gläser auf den Tisch, seine Hände waren braun von der Sonne, sehnig von der Arbeit, viel zu groß für die kleinen schwarzen Oliven. Die Deutschen starrten auf das kärgliche Mahl und auf die Hände dieses Mannes, die alles zu erzählen schienen, was einer, der hier lebte, zu erzählen hatte. Aris, der Wirt, redet nicht viel. Tomaten? Er sehe keine. Und Fremde seien hier viele vorbeigekommen in den letzten 25 Jahren. Erst als Karl von dem alten Mann erzählt, dessen Namen er schon vergessen hatte, und der seine Freundin Rosa und den Freund Friedrich genannt hatte, stellt er eine Flasche Retsina auf den Tisch und sagt: "Das war mein Vater. Kostas Petrakis." "Ich heiße Aris, nach dem berühmten griechischen Partisanen Aris Velouchiotis. Mein Bruder heißt Pierre, zur Erinnerung an einen überzeugten Antifaschisten und Freund meines Vaters, Pierre Leostik. Mein Vater hat als Kommunist zuerst gegen die deutschen Faschisten gekämpft, im Bürgerkrieg gegen die Kollaborateure, dann gegen die Militärdiktatur und am Ende gegen die stalinistische Linke Griechenlands. Sie haben meinem Vater nach dem Tod ein Denkmal auf dem Flughafen gesetzt, ihn auf dem "Friedhof der 22 Gefallenen" begraben und eine Straße in Iraklion nach ihm benannt. Aber einen angemessenen Platz zum Leben haben sie ihm nicht gegeben. Er musste hier auf diesem Hang Tomaten pflanzen." Doch im Leben dieses Mannes gab es mehr als nur die Sonne und die verbrannte Erde. Sie sprachen viel miteinander, mit Händen und Gesten, verirrten sich hoffnungslos in einem babylonischen Sprachengewirr und verstanden doch beinahe nichts. Außer, dass Kostas Tomaten pflanzen wollte in dieser Steinwüste, an diesem steilen Berghang, an den sich noch kein kretischer Bauer herangewagt hatte. Kostas, verstanden sie, besaß nur noch dieses Stück Berg. Er war, verstanden sie, viele Jahre im Gefängnis gewesen, und musste wieder ganz von vorne anfangen. Er lachte und malte mit dem Finger unsichtbare Jahreszahlen auf den Tisch. Doch was in diesen 65 Jahren im Leben des Kostas Petrakis geschah, blieb im Dunkeln. Karl erfährt an diesem Abend das Ende einer Geschichte, die ein alter Mann vor 25 Jahren zu erzählen begann. Aris erzählt nicht gerne davon. Immer wieder fragt man ihn, ob er der Sohn des Petrakis sei, und meistens verneint er. Denn die Leute wollen immer von dessen Heldentaten hören. Doch ist es eine ungerechte und traurige Geschichte, an deren Ende sich ein gebrochener, alter Mann über ein unfruchtbares Stück Erde beugt, um ihr ein trockenes Stück Brot abzuringen. Denn Petrakis war ein Mann, der immer auf der falschen Seite stand. Der nicht für Generäle und politische Führer, sondern ein Leben lang für seine Ideale kämpfte. Der dreißig Jahre im Widerstand lebte. Und neunzehn davon im Gefängnis verbrachte. Drei Tage waren sie Karl, Rosa und Friedrich. Kostas hatte ihnen diese Namen angehängt und sich auf die Schenkel geschlagen vor Vergnügen. Karl, Rosa und Friedrich. So wie Marx, Luxemburg und Engels. Er hob sein Glas, rief "El Viva" und lachte. Drei Tage arbeiteten sie, bei trockenem Brot und Oliven und Wein. Warum, wusste keiner mehr genau. Irgendwann zogen sie weiter. 25 Jahre später sitzt Karl eines Abends als letzter Gast in einer abseits gelegenen Taverne am Meer, und hinter der Taverne 20 Deshalb denkt sein Sohn nicht in erster Linie an den Helden Kostas Petrakis. Nicht an jenen Mann, der 1941 an der albanischen Front kämpft, um den Einzug Mussolinis nach Griechenland zu verhindern; der 1942 mit fünf Franzosen in einem U-Boot vor der afrikanischen Küste untertaucht, um am 12. Juni vor der Küste Kretas aufzutauchen und in einer waghalsigen Aktion das Benzindepot der Wehrmacht auf dem Flughafen von Iraklion in die Luft zu sprengen. wieder ein Krieg tobt. Ein erbitterter Bürgerkrieg. Der Lehrer Petrakis kämpft nun nicht mehr mit der Waffe an vorderster Front gegen die königstreuen Truppen, sondern mit dem Wort. Aber er verbringt wegen seiner agitatorischen Tätigkeit die meiste Zeit des Krieges im Gefängnis. Fünf Jahre später scheint sich das Blatt zu wenden. Der griechische Premierminister Karamanlis lockert die Parteiengesetze, Petrakis kandidiert für die nun zugelassene kommunistische Partei. Alles deutet darauf hin, dass der Kriegsheld zum künftigen Präfekten von Iraklion gewählt wird. Doch seine antistalinistische und kritische Haltung gegenüber dem Einmarsch der Russen in die Tschechoslowakei bewegen die Parteiführung, den ewigen Widerständler wieder aus dem Rennen zu nehmen. Wenig später ist er erneut im Gefängnis. Und als die Junta an die Macht kommt und den unbequemen Redner vorsorglich mundtot macht, sind es nicht die Chargen der Diktatur, sondern vor allem die stalinistischen Kommunisten der "KKE", die ihn als Verräter verleumden. Aris denkt, wenn er an seinen Vater denkt, nicht unbedingt an die nächtliche Überfahrt nach Afrika in dem winzigen Fischerboot, und er redet auch nicht viel über die berühmte Schlacht von El Alamein, im Oktober 1943, wo sein Vater an der Seite von Montgomery mit den griechischen Truppen gegen den Wüstenfuchs Rommel durch den Sand kroch - und siegte. 90 000 Soldaten sind dort im Sand liegen geblieben. Wenn Aris Petrakis an seinen Vater denkt, dann denkt er daran, dass auch sein Vater damals beinahe im Sand liegen geblieben wäre. Er denkt an den zwölf Meter tiefen Brunnen in Asmara, tief im Süden, schon jenseits der ägyptischen Grenze, in Äthiopen, wo Kostas Petrakis mit seinen 600 griechischen Soldaten 1945 stationiert war. Und er denkt an die Engländer, an deren Seite Petrakis gekämpft hat, und die ihn zum Dank für seine Dienste nach Kriegsende in diesen Brunnen steckten. Weil den Royalisten die Reden des griechischen Lehrers nicht gefielen, der für eine Volksdemokratie im Nachkriegsgriechenland eintrat und bereits das komplette griechische Heer mit seiner Idee angesteckt hatte. "Ich war vier Jahre alt, als ich meinem Vater das erste Mal begegnete. 1967, im Gefängnis von Iraklion. Ich habe ihn als Kind immer nur im Gefängnis gesehen. Mein Vater war ein gebildeter Mann, er konnte reden. Er konnte die Massen mobilisieren, als Revolutionär ebenso wie als Politiker. Sie hatten immer Angst vor ihm." Deshalb wurde seine politische Karriere von den Parteigenossen zerstört, bevor sie überhaupt begann. Auch an der Schule durfte der Lehrer Petrakis nicht mehr unterrichten. Das Gesetz von Zolakoglou verbot noch in der Ära Karamanlis einer Reihe von Professoren und Lehrern die Ausübung ihres Berufes, darunter auch Kostas Petrakis. Er hat sich, sagt sein Sohn, nie erholt von dem Schlaganfall, den er in diesem Brunnenschacht erlitten hatte. Über zwei Jahre blieb er in britischer Gefangenschaft, erst ein Hungerstreik machte die griechische Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam und erinnerte sie an ihren siegreichen Leutnant. Das sind die Geschichten, die die Griechen nicht gerne hören. Aris ist heute 40 Jahre alt. Er hätte diesen steinigen Hügel wahrscheinlich längst verlassen. Aber auch ihm und seinem Bruder verbot das Gesetz den Besuch einer Universität. "Mein Leben hätte ganz anders aussehen können, wenn mein Vater sich gegen das Doch daran erinnert sich Aris. Und daran, daß 1947, als Kostas Petrakis endlich heimkehrt, 21 Berufsverbot gewehrt hätte, so wie die anderen auch. Aber er hat sich irgendwann in den Kopf gesetzt, Tomaten zu züchten und seine Memoiren zu schreiben." Kostas Petrakis hat sie auch geschrieben, und er hat "Die Ritter des Glaubens" 20 000 mal verkauft. kubanische Revolutionär ein Held war. Sondern dass er ebenso wie sein Vater ein Verlierer war. Und ebenso wie sein Vater aus den eigenen Reihen verraten wurde. Nein, mit Politik will der Sohn des Petrakis nichts mehr zu tun haben. Es sieht sogar aus, als lebte er von jenen, die sein Vater einst bekämpfte. Denn auf dem Steinhügel, ganz oben, sind jetzt einige Häuser entstanden mit Blick aufs Meer. Wochenendhäuser der Athener, sogar Deutsche haben sich dort niedergelassen. "Aber es sind ausgewählte Leute", sagt Aris. Sonst käme er sich wie ein Verräter vor. Aber aus seinen Tomaten ist nichts geworden. Obwohl Freunde aus aller Welt kamen und ihm halfen. Ehemalige Kampfgenossen. "Und die Tomaten wuchsen sogar. Aber er kümmerte sich nicht um das Geschäft. Er war kein Bauer. Er pflanzte die Tomaten nur, weil er hoffte, dass sie ihn in Frieden lassen würden, wenn er hier am Ende der Welt herumackerte. Im Grunde hatte er schon aufgegeben, als ihr ihn damals getroffen habt. Auch wenn er sich auf die Schenkel klopfte vor Lachen." "Weißt du", sagt er am Ende zu Karl, "ich habe eines Morgens, als ich zur Schule gehen wollte, einen kleinen Zettel auf dem Küchentisch gefunden. Mein Vater hatte zwei Sätze für mich darauf geschrieben: Wenn du an etwas glaubst, dann kannst du auch dafür sterben. Aber um wirklich an etwas glauben zu können, musst du erst einmal lange, sehr lange in die Schule gehen!" Sein Vater, der Lehrer, glaubte an etwas. Aris erzählt die Geschichte nicht gerne. Die Leute wollen immer die Geschichte des siegreichen Helden hören. Und dass Aris ein TShirt mit dem Konterfei Che Guevaras trägt, hat vielleicht weniger damit zu tun, dass der neaFoni Deutschsprachiges Griechisches Magazin für Kultur, Tourismus, Natur und Zeitgeschehen Dimitrios Pergialis ist Betreiber der Website www.griechische-kultur.eu. Auf dieser Website findet man umfangreiche Informationen und Bilder über Griechenland. So auch den Artikel über Mastix auf der folgenden Seite, welchen Dimitrios Pergialis selbst geschrieben hat. Neu bringt Dimitrios Pergialis auch wieder ein gedrucktes Magazin heraus. Die erste Ausgabe des Magazins neaFoni wurde bereits im Juli ausgeliefert, die zweite folgt im Dezember. neaFoni erscheint zweimal jährlich. Der Abo-Preis für die Schweiz: 13 € Weiter Informationen dazu, inkl. dem kompletten Inhaltsverzeichnis, finden Sie unter: http://www.griechische-kultur.eu/magazine/neues-magazin.html 22 Mastix - Das berühmte Produkt von Chios Mastix, das glasige Harz des Mastixbaumes, wird kleinbröckelig angeboten, als Kaugummi - durch Hinzufügen von Zucker verarbeitet oder als Duftweihrauch, das bekannte Moscholivano. Bereits in der Antike galt das Pistazienharz aus Chios als das Beste. Der Peripatetiker Theophrast aus Lesbos (371287 v. Chr.), Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.) und Dioskurides (1. Jh. n.Chr.), der berühmter Pharmakologe, beschrieben ausführlich dieses kaugummiartige Harz mit seinen reinigenden und erfrischenden Eigenschaften. Von 50 n. Chr. wird die Pistacia Lentiscus var. Chia kontinuierlich im Süden von Chios angepflanzt und genutzt. Sie scheint auf dem fruchtbaren Mergelboden besonders gut zu gedeihen. Im Mittelalter bildete Mastix die Grundlage des Wohlstandes der Insel und das ging weiter auch nach der Eroberung der Insel durch die Osmanen. Der Mastix-Ouzo und der Mastix-Likör waren die beliebtesten Getränke im Osmanischen Reich. Von den 22 Mastixdörfern (Mastichochoria), die sich mit der Mastixproduktion befassten, konnten nur Pyrgi und Mesta ihren ursprünglichen Charakter bis heute bewahren. Dimitrios Pergialis www.griechische-kultur.eu Der Mastixbaum ist ein niedriger immergrüner knorriger Strauch, der oft Bauchhöhe erreicht, mit dunkelfarbigen Blättern. Ab 1. Juli, während der heißesten Jahreszeit wird die Rinde dieser Bäume alle fünf Tage an verschiedenen Stellen durch senkrechte kleine Einschnitte angestochen. An diesen Stellen fließt ein harzreicher Saft, der in Form von glasigen Tropfen auf den mit Tüchern bedeckten Boden fällt. Es ist eine sehr aufwändige Ernte, doch ein gesunder Baum kann über 100 Jahre lang Mastix liefern. Der gesammelte Mastix wird mit einem Messer von Verunreinigungen gesäubert und durch sieben in verschiedene Größen sortiert. Mastix ist vielleicht eines von den wenigen Produkten, die ihre wirtschaftliche Bedeutung von der Antike bis heute behalten haben. Am Ende des 18. Jh. lag die Jahresproduktion bei 100.000 kg und ist bis 1970 auf 300.000 kg gestiegen. Heute gibt es auf Chios ca. 2 Millionen Mastixbäume, die eine Fläche von 220 Hektar bedecken und eine Jahresproduktion von 200.000 kg ergeben. 23 das Mastixharz als Gewürz in der Konditorei und der Käseproduktion. In Europa wird das Harz verwendet für die Herstellung von hochwertigen Lacken, Klebemitteln, Malerfarben, Parfüms, Kosmetika und Zahnpasten, Seifen und Salben. In Hellas wird eine große Menge des Harzes für die Kaugummiproduktion (die Harztropfen werden bei etwa 120˙ C geschmolzen um sie zu verarbeiten) verwendet. Als Naturheilmittel ist es bekannt, dass kleine Mengen von Mastix den Blutdruck und das Cholesterin senken. Auch als Gegenmittel für Schlangengift wird Mastix benutzt. Die EU fördert den Mastixanbau auf Chios zur Verbesserung und Erneuerung der Anbauflächen. Meistens stehen die Mastixbäume in geschlossenen Pflanzungen, doch oft sind sie auch zu sehen zwischen Olivenbäumen. Ein Mitbringsel aus Chios sind nicht nur die gelben Harzklümpchen sondern auch die auf der Insel produzierte Zahnpasta, Kaugummi, Ouzo mit Mastix, Mastixlikör und mit Mastix aromatisierte Kuchen, Gebäck, Süßigkeiten und Konfitüren. Es existieren mehrere Kooperativen und zwei Vermarktungsgesellschaften für die Sortierung nach Qualitätssorten, Verarbeitung, Verpackung und Verkauf der Mastixprodukte. Das Mastixharz wird in der ganzen Welt als Zusatz für Naturheilmittel und für mehrere Produkte verwendet. In den Irak wurden vor dem Krieg ca. 26.000 kg Mastix exportiert, das als Zusatz für den Arrakschnaps verwenden wurde. In afrikanischen Ländern ist es bei Frauen ebenso als Kaugummi beliebt wie zum Imprägnieren von Kleidern. In China und Indien wird es als antiseptisches Mittel zur Wundbehandlung eingesetzt. Im Orient dient Text: Dimitrios Pergialis, Bilder: www.e-anemos.gr Mastix, eine sichere Erwerbsquelle in der Krise? Den Griechen bleibt diesen Sommer nichts erspart, siehe folgendes Tagesthema der Griechenland Zeitung vom 21. August 2012: Großbrand auf der Insel Chios zerstört Mastix-Produktion Den vierten Tag in Folge wütet heute auf der Ägäis-Insel Chios ein Großbrand. Den Flammen sind bisher mehr als 10.000 Hektar Waldlandschaft wie auch landwirtschaftlich genutzte Flächen zum Opfer gefallen. Besonders in Mitleidenschaft gezogen wurden die einzigartigen Mastix-Bäume auf der Insel. Der Vorsitzende der Mastixbauern Efthymios Moniaros stellte fest, dass 25 % der Produktion vernichtet wurden. Der Schaden soll sich, ersten Schätzungen zufolge, auf 4 Mio. Euro belaufen. Auf der Insel werden etwa 1.150.000 Mastixbäume auf etwa 2.000 Hektar angebaut. Die Bauern gewinnen daraus ein kaugummiähnliches Harz, das in vielen Ländern der Welt sehr begehrt ist. Zudem sind von dem verheerenden Brand, der bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag ausgebrochen ist, auch Bienenstöcke und Olivenhaine in Mitleidenschaft gezogen worden. 60 % der Flora, die für die Haltung der Bienen erforderlich ist, sei zerstört worden. Die zwei größten Brandherde toben am heutigen Dienstag in den Gegenden Provata und Sidirounta in der Mitte und im Westen der Insel. Wie der aus Chios stammende Minister für Handelsschifffahrt Kostas Mousourlis in einem Fernsehinterview festgestellt hat, handelt es sich allem Anschein nach um Brandstiftung. Die Arbeit der Feuerwehr erschweren die starken Winde, die in der Gegend eine Stärke von bis zu 8 erreichen, was Sturmstärke entspricht. Beim Dorf Avgonyma im Westen der Insel ist am Montag ein Feuerwehrmann leicht verletzt worden. (Griechenland Zeitung / eh) 24 Jule Reiner www.sonntag-aktuell.de Schwamm darüber In der nördlichen Ägäis liegt die griechische Insel Kalymnos. Sie ist berühmt für ihre Schwammtaucher. Doch lange Zeit konnte jeder Tauchgang der letzte sein. „Der Taucher“ heißt eine Ballade von Friedrich Schiller, in der ein König einen goldenen Becher von der Klippe wirft, die schroff und steil hinausdrängt in die unendliche See. Ein Knappe soll den Schatz, wenn er ihn aus der Tiefe holt, behalten dürfen. Der Knappe überlebt den ersten Tauchgang, doch „der Mensch versuche die Götter nicht“. Bei der zweiten Herausforderung des Königs geschieht es – das Meer verschlingt den Knappen. Steil abfallend, schroff und gewaltig sind auch die Kalkklippen der Insel Kalymnos, deren Bewohner dafür berühmt sind, dass sie die größten Herausforderer des Meeresgottes waren. Und auch ihre Geschichte war voller tragischer Verläufe. „Willkommen auf der Insel der Schwammtaucher“, begrüßt ein Schild im Hafen der Hauptstadt Pothia den Reisenden. Unterm tiefblauen Himmel scheinen die pastellfarbenen Häuser wie mit Wellenschlägen über die kahlen Hänge einer weiten Bucht geschwappt zu sein. Wie ein Amphitheater breitet sich diese große Stadt auf der nur 109 Quadrat- kilometer kleinen Insel aus und ihre Hafenmole ist so weit gespannt, dass das Meer wie ein glitzernder, ruhiger See darin eingefangen ist. Klassizistische Häuser und eine prächtige Kuppelkirche zeugen vom Wohlstand vergangener Zeit. In einer Taverne mit dem Namen O Kafenés kommt zu Bauernsalat und gegrilltem Kalmar das Bier mit einem kühlenden Neoprenwams auf den Tisch. Kalymnos, zur Inselkette der Dodekanes gehörend, ist eigen, kosmopolitisch und provinziell zugleich – mit Herrenhäusern, einem Spirituosengeschäft voll erlesener Weine und Brände und einem kleinen Holzkiosk als Tourismusbüro. Dort fällt einem das Buch der jungen Autorin Faith Warn in die Hände, die einige Jahre auf der Insel verbrachte. „Bitter Sea“ heißt es und ist den Schwammtauchern und ihren Familien gewidmet. Beim Aufschlagen ein rührendes Foto: Drei kleine Jungen stehen auf der Hafenmole, und jeder hält mit gereckten Armen einen riesigen Schwamm auf dem Kopf. Der kleinste von ihnen duckt sich verschämt unter der leichten Last. 25 Einer schaut, als habe er etwas ausgefressen. Und der in der Mitte grinst so frech und siegesgewiss wie der Star einer Fußballmannschaft. Stavros Valsamidis und Freunde, 1954“, steht dabei. reinigt, gepresst und zum Trocknen aufgereiht, landen sie bis heute in den beiden Schwammfabriken von Pothia. 1868 zählte die kalymnische Flotte nicht weniger als 300 der farbenfrohen Holzboote, die monatelang bis vor die libysche Küste unterwegs waren, um das Meer abzuernten. Stavros Valsamidis und Freunde. Es ist nicht weit zu Stavros Valsamidis, denn nichts ist weit auf Kalymnos. Über waghalsig in den Fels geschnittene Kurven geht es von der Hauptstadt Pothia hoch hinauf – vorbei an vertraut wirkenden griechischen Dörfern, umhüllt von Oregano und Salbeiduft, begleitet vom Panorama der tiefblauen See. In jenen Jahren hatten die Schwammtaucher einen Taucheranzug mit Helm und Luftzufuhr bekommen, Skáfandro genannt. Zuvor erreichten sie unbekleidet und mit Hilfe eines Beschwerungssteins immerhin Tiefen bis 30 Meter. Mit dem Anzug konnten sie bis 80 Meter vordringen und einen vielfachen Ertrag heimbringen. Im Küstendörfchen Vlichadia schimmert das Wasser in der Bucht in betörendem Türkis. Blütenweiß sticht dagegen das SeaworldMuseum ab, das eine der skurrilsten Ausstellungen in der Ägäis birgt. Ihr Sammler war niemand anderes als der kleine Lustige mit dem Schwamm auf dem Kopf. In Vitrinen, Becken und Hummerkäfigen zeigt er, was das Meer ihm im Laufe der Jahre mitgegeben hat. Vor allem Porifera, Schwämme, zum Stamm der Tiere gehörend, jedoch ohne Gewebe und Organe. Nach dem Museumsbesuch möchte man sich in die klaren Fluten stürzen. Der Badeort Myrties liegt anmutig an den Felsen der Westküste geschmiegt und schaut auf das Inselchen Telendos, ein wuchtiger, nackter Berg, den ein Beben 554 abgesprengt hat. Boote setzen über in ein weiß-blaues Idyll aus Gassen, winzigen Tavernen und geheimen Feriendomizilen. Telendos treibt wie ein verrücktes Königreich vor der Hauptinsel. Hohe Klippen ragen über einen schwarzsandigen Badestrand. Hier branden Charybdes Fluten wütend an und machen den Abgrund zu einem Schauplatz für Schillers Ballade. Die Kalymnioten galten in der ganzen Welt als tollkühne Taucher mit dem erstaunlichsten Lungenvolumen.„ Wir haben neue Menschen geschaffen“, erzählt einer von ihnen im Buch „Bitter Sea“. „Vermutlich sind wir zu Robben geworden.“ Der Preis dafür aber war hoch. Rund 7500 Arten bringen die Schwämme hervor. Valsamidis erklärt, wie sie als schwarze Klumpen geerntet werden. In harter Arbeit ge26 Eine, die davon packend erzählen kann, ist die Hüterin des Volksmuseums Kalymniko Spiti. Faneroméni Skylla strahlt ebenso viel Freundlichkeit und Herzlichkeit aus wie alle Kalymnioten, obwohl deren Geschichte die mit den traurigsten Liedern ist, wie sie erzählt. In Faneroménis Museum ist das Leben einer typischen Schwammtaucherfamilie nachgestellt. Ein Leben voller Unsicherheit und zugleich fester Traditionen. Wenn die Männer ausfuhren, verabschiedeten die Frauen sie mit fröhlichen Tänzen und weißen Kopf- und Taschentüchern. Kaum aber waren die Schiffe um die Mole herum, hüllten sie sich in Trauerkleidung – wussten sie doch, dass die Hälfte der Schiffsbesatzungen nicht zurückkehren würde. Zwar hatten Wissenschaftler zu jener Zeit die Probleme der Dekompression bereits erkannt. Doch die Schwammhändler und Schiffskapitäne spielten leichtfertig mit dem Leben der Männer im schweren Skáfandro. Taucher wieder aus, nicht ohne ihm mit seinen messerscharfen Zahnreihen einen Denkzettel mitzugeben. Im nördlichen Inselteil, bei dem versteckten Ort Emporio, ragen rötliche und goldfarbene Felsen fast senkrecht über dem Blau des Wassers auf. Hierher strömt seit einigen Jahren eine andere Gruppe von Herausforderern: Freeclimber aus der ganzen Welt kommen, um die fantastischen Vertikalen der Insel auszuloten. Was die einen zum Broterwerb am Seil in die Tiefe lockte, zieht die anderen nun zum Zeitvertreib in die Höhe. Schwämme werden sie in den Felsdomen zwischen Himmel und Wasser allerdings keine finden. Während gnadenlos langen, mühevollen Tauchgängen nahmen diese so viel Atemluft in sich auf, dass ihr Körper beim Auftauchen einer unter Hochdruck stehenden Sprudelflasche glich. Das Blut war voller Gasblasen, die sich in den Gelenken anlagerten, Schwindel und Lähmungen verursachten oder gar die Lunge zerrissen. Gradmesser für die Gefahr, in der die Männer schwebten, war die erste Zigarette nach dem Tauchgang. Rochen ihre Gefährten im ausgeblasenen Rauch den tödlichen Hauch von Stickstoff, war das Schicksal der Ärmsten besiegelt. In den Jahren 1886 bis 1910 verzeichnet die Statistik der Dodekanes 10 000 tote Taucher und 20 000 Schwerbehinderte. Die meisten waren Kalymnioten. Erst nach einer Revolte der Frauen, die bis zum obersten Patriarchen nach Konstantinopel reisten, wurde der Skáfandros abgeschafft. Faneroméni erzählt zum Abschluss gerne farbenreich die Geschichte eines Nackttauchers, der, von seinem Stein abwärts gezogen, direkt im Maul eines Riesenhais landete. Der Fisch verschluckte sich jedoch an dem Stein und spie den Ohne einen Badeschwamm muss niemand Kalymnos verlassen. Man kann sie in den Schwammläden in Pothia kaufen und so eine Erinnerung an diese besondere Freundlichkeit und Würde der Menschen mit nach Hause nehmen, die aus einer anderen Tiefe zu kommen scheint. Vielleicht ist es so, wie es Taucher ohne Pressluftflasche heute beschreiben: dass man zwischen Ekstase und Schrecken am Grund des Meeres seine Seele findet. Jule Reiner 27 Florida: Auf den Schwamm gekommen Lara Fritzsche Spiegel online, 2.2.2007 In Tarpon Springs, Florida, leben mehr Griechen als an jedem anderen Ort in den USA. Ihre Domäne ist das Schwammtauchen: ein riskanter, aber renommierter Job. Sogar Autogrammkarten haben die Taucher. Ihre Ausrüstung ist dagegen fast schon antiquiert - und gefährlich. Was von ihm übrig bleibt, sind Blubberblasen. In regelmäßigen Abständen steigen sie hoch an die Wasseroberfläche. Sie kräuseln sich, platzen - dann ist das Wasser wieder ruhig. Die Zuschauer im Boot blicken aufs Meer und suchen nach neuen Blasen. Warten auf das nächste Lebenszeichen, hieß das damals vor 80 Jahren, als noch viele Tauchgänge tödlich endeten. Travis taucht mit dem Equipment von früher – für zahlende Touristen. Keine Bewegung, keine neuen Blubberblasen. Der Schlauch, der in Travis' Taucherhelm führt, bewegt sich nicht, und das rote Kommunikationsseil zuckt nicht mehr. Travis Jewell sucht auf dem Meeresboden vor der Stadt Tarpon Springs nach Naturschwämmen, wie sie hier seit mehr als einem ganzen Jahrhundert gefischt werden. Im Jahr 1905 brachte ein Schwammkäufer aus New York 500 Männer aus Griechenland in die Stadt nach Florida. Sie sollten für ihn nach Schwämmen tauchen. Es hieß, sie arbeiteten sorgloser und schneller. Und sie trauten sich auch in tiefe Gewässer, wo die Schwämme besser sind und die Gefahr größer ist. So wurde Tarpon Springs Anfang des 20. Jahrhunderts zur Welthauptstadt der Schwammfischerei. Jeder zweite Naturschwamm, den man in Europa kaufen konnte, kam aus dem kleinen Ort in Florida. Noch heute ist die Stadt griechisch geprägt. Hinter blinden Fensterscheiben sitzen alte Männer, sie trinken ihren dreifach aufgebrühten Kaffee und spielen Karten. Die Häuserfassaden an der Promenade leuchten weiß und hellblau, kantige Schriftzeichen prangen über den verschiedenen Souvenirshop, die neben Schwämmen auch Nachbildungen der Akropolis aus Plastik verkaufen. Im Hafen liegt die "Hellas Bakery", wo es allerlei türkisch anmutende Süßspeisen gibt, und schließlich der Mittelpunkt griechischen Lebens: die orthodoxe Kirche. Vor etwa 90 Jahren waren 95 Prozent der Einwohner des kleinen Küstenorts in Florida Griechen oder zumindest griechischer Abstammung. Heute stammen noch 12.000 der 25.000 Einwohner ursprünglich vom Mittelmeer. Damit hat Tarpon Springs die höchste Konzentration von Griechen in den gesamten Vereinigten Staaten von Amerika. Der Taucheranzug wiegt so viel wie der Taucher selbst Zum Theophaniefest am 6. Januar kommen etwa eine Millionen Griechen aus dem gesamten Land nach Tarpon Springs, um die jungen Männer des Ortes beim Heraufholen eines Kreuzes aus dem Meer zu beobachten – eine griechische Tradition. Trotz dieses nasskalten Rituals, das quasi direkt in den Beruf des Schwammtauchers zu führen scheint, gibt es nicht genug willigen Nachwuchs. Taucher Travis meldet sich zurück. Ein paar Blasen steigen auf. Dann zuckt das rote Kommunikationsseil zweimal schnell. Was übersetzt so viel bedeutet wie: "Weiter rechts". Der Bootsführer, ein Mann mit dreckigem Rollkragenpullover und grauen Haaren unter einer dunkelblauen Schirmmütze, wirft den Motor an. Er steuert langsam nach rechts. Die Blubberblasen wandern langsam hinter dem Boot her. Der orangefarbene Tauchanzug aus festem Kautschuk, den Travis trägt, wiegt beinahe 80 Kilogramm – soviel wie er selbst. Zwei Männer haben ihm beim Anlegen der unbeweglichen Montur geholfen: Die Männer halten die Röhre mit vier Händen auf, und Travis, der bereits in einem gemütlichen Jogginganzug steckt, schlüpft mit einem Bein hinein. Dann das andere Bein. Schließlich 28 Tarpon Springs liegt im Westen Floridas Der Tauchanzug wiegt 80 kg wird das schwere Gerät an Travis' Torso hochgezogen. Der Anzug ist auf Höhe der Brust ausgeschnitten. Travis muss mit dem Kopf durch ein Eisenlätzchen, dass nun mit dem orangefarbenen Tauchanzug verschraubt wird. Wieder helfen die Männer: Mit Schraubenschlüsseln ziehen sie so fest an den Flügelmuttern, dass Travis’ Körper hin und her ruckt. Die Touristen beäugen ihn und machen Fotos. Er sitzt auf einer Holzkiste und lässt sich die 20 Kilogramm schweren Schuhe anlegen. Er atmet schwer, spricht nicht und schaut nach unten. Er sieht wie ein Boxer, der in seiner Ecke des Rings auf den großen Kampf wartet. unangenehm: "Mir wäre es lieber, das würde ein echter Grieche machen" sagt er und grinst. Aber der Beruf des Schwammtauchers ist eben kein Renner unter dem griechischen Nachwuchs. George, der eigentlich Georgius heißt, ist so etwas wie der Pate der kleinen Stadt. Sein Vater war einer der ersten Griechen in Tarpon Springs, er selbst war auch einmal Schwammtaucher. "Ein sehr guter", sagt der Mann, dessen Augen nicht mehr strahlen, sondern milchig glänzen. Wenn George das Restaurant "Mykonos" am Hauptplatz betritt, schauen alle von ihren Tellern auf und grüßen ihn: ein paar auf Englisch, ein paar auf Griechisch. George hält sich gerne hier auf. Hier scheint die Zeit still zu stehen. An den Wänden hängen Fahnen aus der Heimat seines Vaters und Drucke von bergigen Landschaften und Ziegen. "Vor zehn Jahren haben wir noch 12 Millionen Schwämme pro Jahr aus dem Golf geholt, jetzt sind es nur noch zwei Millionen im Jahr". An die Stelle der Schwammwirtschaft ist der Tourismus getreten. George Billiris profitiert davon – er betreibt ein Museum, und auch sein altes Schwamm-Lagerhaus kann man besichtigen – trotzdem hängt er der Vergangenheit nach. George heißt eigentlich Georgius Jetzt findet der Kampf gerade unter Wasser statt. "Ob er keine Schwämme findet?", fragt ein Mädchen seine Oma. Bootsführer Cal hält in der einen Hand das Ruder, in der anderen ein Mikrofon. "Bei ihm dauert es immer ein bisschen länger", sagt er, "Travis ist aus Wisconsin". Die Amerikaner an Bord lachen. Die Briten verstehen den Witz nicht. Dem 79-jährigen George Billiris ist der eingekaufte Taucher aus dem Norden ein bisschen 29 Der Taucher ist ein arbeitsloser Banker Das Seil zuckt nicht, es spannt sich und bleibt gespannt. "Ich will raus" heißt das. Travis hat genug. Die Blubberblasen nähern sich dem Boot, bis schließlich eine Hacke aus dem Wasser auftaucht und dann der Tauchhelm. Travis hält einen Korb aus dem Wasser, darin liegt ein brauner, schleimiger Haufen: ein Naturschwamm. Die feinen, hellen Exemplare, wie wir sie in Ökoläden kaufen, sind gebleicht. Im Original sind die meisten Schwämme dunkel und riechen muffig. Die zwei Helfer ziehen Travis aus dem Wasser und nehmen ihm den Schwamm ab. Jeder Tourist darf diesen mal anfassen. Travis bekommt den Helm abgenommen und setzt sich wieder auf seine Holzkiste. Er atmet schwer. Die Touristen machen Fotos von ihm und mit ihm: "Travis und ich". Travis ist eigentlich Banker. "Aber darauf hatte ich keinen Bock mehr. Ich wollte in die Sonne und was anderes machen", sagt der 26-Jährige. Vorhin, als Travis unter Wasser war, hatte Bootsführer Cal noch gelästert: "Wir haben ihm den amerikanischen Traum ermöglicht: vom Arbeitslosen aus Wisconsin zum Schwammtaucher in Tarpon Springs". Und um den Karrieresprung seines Schützlings zu untermauern, hat er Autogrammkarten drucken lassen. Für einen Dollar bekommen Touristen an Bord fünf Postkarten mit Schwammtaucher-Motiven angeboten. Auf einer Karte ist unter dem Bild eines Tauchers ein freies, weißes Feld. "For Divers Autograph" steht darüber. Travis geht herum und signiert die Karten. Ein paar Omas kichern – und verlassen ein Stück Griechenland mitten in Florida mit dem Autogramm eines arbeitslosen Bankers aus Wisconsin. Panigýri – Ein Fest für alle Giortí (sprich jortí) oder panigýri heißt auf Griechisch Fest, wobei letzteres in erster Linie das Patronatsfest bezeichnet, mit dem Kirchen und Klöster den Heiligen oder das Mysterium feiern, dem sie geweiht sind. In dem Wort panigýri (sprich panijiri) stecken das altgriechische "pan" und "gyr". Pan bedeutet "alles", "gesamt", "ganz". Der alte Stamm "gyr" steckt in "agorá", was ursprünglich nicht nur "Marktplatz", sondern schlicht "Platz für alle" bedeutete, also einen Platz, der in der antiken polis ebenso als Fest- und Versammlungsplatz diente. Das panigýri ist ein Fest für alle. Anlass ist der Festtag eines der vielen orthodoxen Heiligen, die in Griechenland eine große Rolle im privaten ebenso wie im öffentlichen Leben spielen. Orthodoxe Gläubige haben ein inniges Verhältnis zu ihnen. Sie halten mit ihnen Zwiesprache, wenden sich mit Ängsten, Bitten und Heidi Jovanovic, August 2012 http://griechenland.conbook.de/ Hoffnungen an sie. Das fällt ihnen leicht. Denn Heiligenikonen sind allgegenwärtig. Und sie sind nicht bloßes Abbild des dargestellten Heiligen, sondern eine Hülle, in die er einzieht, damit der Gläubige mit ihm in Kontakt treten kann. Die heiligsten Ikonen, um die sich Sagen ranken und die als wundertätig gelten, hängen in Kirchen und Klöstern. Ikonen befinden sich aber auch in Bildstöcken am Wegesrand, hängen über Supermarktkassen, in Bussen und Schiffen und natürlich Wohnungen. Anders als in westlichen Kulturen ist der bedeutendste persönliche Feiertag nicht der Geburts-, sondern der Namenstag, also der Tag des Heiligen, auf dessen Namen man getauft ist. Freunde und Verwandte kommen an diesem Tag vorbei und wünschen chrónia pollá (viele Lebensjahre) oder schlicht na zísis (Du sollst leben!). Dazu bedarf es keiner Einladung. Der Ruf chrónia 30 pollá ist auch auf dem panigýri zu hören, auf dem nicht eine Einzelperson, sondern eine Gemeinschaft – ein Dorf, ein Kloster oder eine Kirchengemeinde – feiert. Gefeiert wird der Heilige, dessen Namen eine Gemeinde trägt oder dem eine Kirche oder ein Kloster geweiht ist. Und auch zu diesem Fest bedarf es natürlich keiner Ladung. Jeder ist willkommen. Das erfährt auch der Tourist immer wieder in Griechenland. Natürlich gehört auch er dazu, wenn er sich einzufügen weiß und nicht als Rudel oder Rüpel auftritt. Er sollte also ruhig die Gelegenheit nutzen und nach einem solchen Kirchen- oder Klosterfest Ausschau halten, um hautnah ein Stück griechischer Lebensart zu erleben. Alter und Würde zuweist oder bestimmte Reigen bestimmten Personen vorbehalten sein können, beispielsweise, wenn sie sich von den Musikern eigens eine bestimmte Melodie gewünscht und ihnen dafür Geld zugesteckt haben, um danach mit ihren Freunden und Verwandten zu tanzen. Der gemeinsame Reigen verbindet die Menschen in Freude und seelischem wie körperlichem Einklang. Auf dem panigýri, dem Fest für alle, lässt er sie die vereinte Vitalkraft ihrer (Dorf)Gemeinde aufbieten und spüren. Meist gehören auch gemeinsames Essen und Trinken zu einem panigýri, oft auch Jahrmarktbetrieb und zuweilen Wettkämpfe, je nachdem welche Gepflogenheiten sich in einem Ort über Jahrhunderte herausgebildet haben. Manche religiösen Bräuche knüpfen an jahrtausendealte Riten an. So werden auf der ostägäischen Insel Lesbos heute noch, ähnlich wie in der Antike, Stiere geopfert. Es gibt ein- ebenso wie mehrtägige Feste. Bunte Wimpel, Blumen, festliche Gottesdienste, Musik und Tanz, Speis und Trank Was allen panigýria, wie der Plural von panigýri lautet, gemein ist, sind bunte Wimpel mit griechischen und religiösen Symbolen, mit denen Straßen und Plätze, auf denen gefeiert wird, geschmückt werden. Festlich geschmückt mit vielen frischen Blumen, Palmwedeln und Basilikum werden auch die Kirchen und Ikonen der Heiligen, deren Tag gefeiert wird. Traditionell ist für diesen Tag sogar ein frischer, weißer Anstrich der Kirchenwand fällig. Auftakt zu jedem solchen Fest ist natürlich ein festlicher Gottesdienst. Oft folgt eine Prozession, bei der die Ikone des gefeierten Heiligen um die Kirche, durch den Klosterhof und/oder durch die Straßen des Dorfes getragen wird, auf einigen Inseln, wie beispielsweise Sikinos und Folegandros sogar von Haus zu Haus, bis hin zu den entlegendsten der ganzen Insel, so dass sie mehrere Tage unterwegs sein kann. Paramoní - Einstimmung auf das Fest Beginn ist meist der Vorabend des eigentlichen Festtags. Grund dafür ist, dass der liturgische Tag in der orthodoxen Kirche nicht von 0-24 Uhr, sondern von Abend- zu Abendgottesdienst dauert. Paramoní wird der zum Fest gehörige Vorabend genannt. Das Wort leitet sich von dem Verb paraméno ab, das bleiben oder ausharren bedeutet. Nach der orthodoxen Theologie sollen Vortag- und insbesondere -abend auf das Fest vorbereiten, die Aufmerksamkeit darauf richten und darauf einstimmen, ähnlich wie in anderen Kirchen Vigilien, Nachtwachen und Mitternachtsmessen vor großen Festen wie Ostern und Weihnachten. So heißt Heiligabend auf Griechisch paramoní ton Christougénnon. Früher wurde am Vortag großer Feste oft bis zur Heiligen Kommunion während der Abendmesse gefastet. Nach dem Gottesdienst beginnt dann meist auch bereits am paramoní der weltliche Teil des Festes mit Musik und Tanz entweder direkt auf dem Kirch- oder Klosterhof oder auch auf dem Dorfplatz oder in Tavernen. Ansonsten gestalten sich die Feste sehr unterschiedlich. Wichtiger Bestandteil sind Musik und Tanz. Jede Insel oder Gegend hat ihre ganz eigenen traditionellen Tänze, die fester Bestandteil des Gemeinschaftslebens sind. Die meisten davon sind offene Reihentänze, denen sich jeder anschließen kann, wenngleich die Tradition zuweilen einen bestimmten Platz in der Reihe entsprechend 31 Der Kalender ist prall gefüllt mit Terminen für panigýria feiern aber an dem Tag ihr panigýri, so wie beispielsweise in dem Feriendorf Kardamena auf der Insel Kos. Am Vorabend des Festes wird die Ikone Mariä Geburt mit Blumen geschmückt und in einer Prozession durch den Ort und zum Hafen getragen. Am Festtag selbst findet nach einem festlichen Gottesdienst ein großes Gemeindefest mit Musik und Tanz statt. Ein panigýri, das auch gesetzlicher Feiertag ist, wird am 15. August gefeiert, dem Tag, der bei uns als Mariä Himmelfahrt begangen wird. In Griechenland heißt er “Entschlafung der Gottesmutter” (Kímisi Theotókou), da die orthodoxe Kirche nicht an eine Himmelfahrt der Muttergottes glaubt. Da es sehr viele Marienkirchen in Griechenland gibt, wird vielerorts gefeiert. Besondere Bedeutung kommt dem Tag auch zu, weil er mitten in den klassischen Urlaubsmonat der Griechen fällt, in dem viele ihre Heimatinseln oder dörfer besuchen und dort mit Familie und Verwandten gemeinsam feiern und weil er gleichsam das Jahr in zwei Teile teilt. Zeitangaben werden oft mit prin apó tin Panagía (vor der Muttergottes) beziehungsweise metá tin Panagía (nach der Muttergottes) gemacht, also vor oder nach dem 15. August. Ab dem 15. August beginnt man sich kaló chimóna! (schönen Winter!) zu wünschen. Kardamena, Kos Andere panigýria haben nur lokale Bedeutung. Es kann sein, dass in Gemeinden, die solche Patronatsfeste groß feiern, teils schulfrei ist und Geschäfte und Behörden geschlossen bleiben, ohne dass dies griechenlandweit der Fall wäre. Abgesehen von den Fastenzeiten vor Weihnachten und Ostern wird an fast jedem Tag im Jahr irgendwo in Griechenland panigýri gefeiert. Termine, die in die Fastenzeit fallen würden, werden meist verschoben. Mit dem Fest Agios Georgios oder Giorgos (sprich Jorgos), das am 23. April gefeiert wird, geschieht beispielsweise oft eine solche Terminverschiebung auf nach Ostern. Moni Vronda , Samos Ähnlich verhält es sich im auch Moni Vronda genannten Kloster Panagia Vrontiani auf der Insel Samos. Dort findet die Prozession am Festtag selbst im Klosterhof statt, während in einem großen Kessel giortí (sprich jortí) kocht, eine Festspeise aus Getreide, Zwiebeln und Ziegenfleisch, um die Festbesucher anschließend zu verköstigen. Im rund zwei Kilometer entfernten Dorf Vourliotes gibt es an den Abenden des 7. und 8. September ein Dorffest mit Musik und Tanz. Panigýria im September Mariä Geburt am 8. September Am 1. September beginnt das orthodoxe Kirchenjahr. Das erste große Fest im neuen Kirchenjahr ist das Fest Mariä Geburt am 8. September. Es ist kein gesetzlicher Feiertag. Viele Gemeinden und Klöster mit Marienkirchen, die diesem Ereignis geweiht sind, 32 Weitere panigýria finden beispielsweise in Mesochori auf der Insel Karpathos, in der Kirche Panagia Kanala auf Kythnos, in Limni auf Evia, im Kloster Tsambika auf Rhodos, in Afra auf Korfu, in Gortynia in Arkadien und in vielen Kirchen und Klöstern des Epirus, so wie beispielsweise Kato Panagia in Arta, statt. Auf der Insel Spetses gedenkt man am 8. September zudem der Schlacht von Spetses von 1822 im Griechischen Befreiungskampf gegen die Türken. Alljährlich werden die damaligen Ereignisse nachgespielt und es gibt ein großes Fest und Feuerwerk. auch eine Schotterstraße vom StefanosKrater aus hinauf zum Kloster. Diese schlagen die Busse ein, die vom Hafenort Mandraki aus eigens zu dem Fest hinauffahren. Nach dem festlichen Gottesdienst werden die geweihten Brote aufgeschnitten und an die Festbesucher verteilt. Dann wird im Refektorium und auf den langen Steintischen im Hof gegessen, während die Musik zu spielen beginnt. Bald umrunden Tänzerreihen die langen Tische. Wem gekochte Ziege, Salat und Käse nicht genügen, der kann sich auch mit Souvlaki und Loukoumades verköstigen, die neben Spielsachen, Süßigkeiten und anderen Waren an den Verkaufsständen vor dem Kloster angeboten werden. Kreuzerhöhung am 14. September Ipsosis tou Timiou Stavrou wird dieser in der orthodoxen Kirche wichtige Festtag genannt, an dem alle namens Stavros oder Stavroula Namenstag haben, denn ihr Name bedeutet Kreuz beziehungsweise die weibliche Verkleinerungsform davon. Weitere Orte, die das Fest der Kreuzerhöhung begehen, sind beispielsweise Kaliviani auf Kreta, Kallithies auf Rhodos, MykonosStadt, die Stavros-Kirche bei Faros auf Sifnos und das Kloster Timiou Stavrou auf Samos. Es ist interessant zu beobachten, wie ein nicht mehr von Mönchen bewohntes Kloster namens Timiou Stavrou (sprich Timiu Stavru) oder kurz Timos Stavros auf der Vulkaninseln Nisyros am Vorabend dieses Festtags aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Am 13. September werden die letzten Farbeimer weggeräumt, aus denen die Wände der langen, niedrigen Klosterbauten und die Mäuerchen im Klosterhof einen frischen Anstrich erhielten. Überall wird noch einmal kräftig geputzt, die Ikonen des heiligen Kreuzes in der Klosterkirche werden mit frischen Blumen geschmückt und Leinen mit bunten Wimpeln über den Klosterhof gespannt. Am Nachmittag erfüllt sich die alte Klosterküche mit neuem Leben. In großen Kesseln wird über offenem Feuer für die Pilger gekocht, die am Abend zum Gottesdienst und anschließenden Fest im großen Klostersaal und auf dem Klosterhof herbeiströmen. Der Weg ist beschwerlich. Denn das Kloster liegt hoch am Rand der Caldera, des großen Vulkankessels. Von dem Bergdorf Nikiá führt ein Pilgerpfad hierher, der teils noch als alter, mit Natursteinen gepflasterter kalderími erhalten ist. Doch geht inzwischen Heidi Jovanovic arbeitet als Autorin, freie Journalistin und Übersetzerin und liebt das Reisen. Ihr neustes Buch, „Fettnäpfchenführer Griechenland“ ist erhältlich im Buchandel oder bei www.amazone.de. Hier ein Rezension: "Ein hervorragendes, liebevoll gestaltetes und inhaltlich absolut wertvolles Buch über kulturelle Gepflogenheiten in Griechenland. Absolut empfehlenswerte Lektüre für alle, die besser verstehen möchten, wie die Griechinnen und Griechen so ticken und nebenbei ein paar Brocken Griechisch lernen möchten. Das optimale Buch zur Vorbereitung für eine Reise ins Land der Götter." (Dagmar Jenner, buchrezension.eu, Juli 2012) 33 Astrid Scharlau 3. Dezember 2010, www.azalas.de Die Mannazikade Griechischer Sommer: Hitze, Wind, Trockenheit, und der endlose Gesang der Heuschrecken und der Zikaden. Vor allem der Zikaden. Unermüdlich schallt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang das Schrillen der Mannazikade aus den Bäumen. Ja, Heuschrecken zirpen, aber Zikaden schrillen. Es ist kaum zu glauben, was für ein intensives Geräusch dieses kleine Tier hervorzubringen vermag. Und die Lautäußerungen sind nicht das einzige Erstaunliche an den Zikaden. Diese Tiere sind überhaupt ganz und gar faszinierend. Etwa 40.000 Zikaden-Arten sind uns bekannt. Sie leben überall, wo es Pflanzen gibt und spielen eine wichtige Rolle im Naturhaushalt und in der Nahrungskette. Viele Zikaden sind an spezielle Wirtspflanzen und Umweltbedingungen angepasst, so dass sie sehr empfindlich gegen Eingriffe in den Naturhaushalt sind. Etwa die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Zikaden-Arten steht auf der Rote Liste der Gefährdeten Arten. Zikaden sind ganz und gar harmlose Insekten: Sie können weder beißen noch stechen. In vielen Teilen der Erde werden Zikaden sogar von den Menschen gegessen; weltweit gibt es über 70 essbare Zikaden-Arten. Körperbau und Fortbewegung Zikaden besitzen einen typischen Körperbau, an dem sie leicht erkennbar sind. Sie weisen eine gedrungene Gestalt auf; die Flügel werden dachziegelartig getragen. Der Kopf ist kurz und breit, von vorn umgekehrt dreieckig mit kurzen Fühlern und weit außen stehenden Facettenaugen, die ihnen beispielsweise eine Erkennung von Verfolgern und auch eine Farbwahrnehmung ermöglichen. Vorn auf der Stirn liegen wie bei den meisten Insekten drei kleine Punktaugen (Ocellen), die vermutlich vor allem der Horizonterkennung, der LichtKompassorientierung und der Lichtstärkenmessung dienen. Bei uns auf Naxos kommen zahlreiche Zikadenarten vor, aber die mit Abstand auffälligste ist die sehr häufige Mannazikade (Tettigia orni). Die Mannazikade ist bräunlich gefärbt; ihre Flügel sind durchsichtig mit dunklen Flecken an mehreren Verzweigungspunkten der Adern. Das Hinterleibsende besitzt einen Mannazikade am Olivenbaum. Man beachte die dachziegelige Stellung der fast durchsichtigen Flügel und die kurzen Fühler. Hier sieht man die weit außen am Kopf stehenden Augen und die weiße Hinterleibs-Spitze. Der Kopf der Mannazikade von oben. Man sieht die kurzen, dünnen Fühler, die weit außen stehenden Komplexaugen und die oberen zwei der drei im Dreieck stehenden Stirnocellen (Punktaugen). 34 weißen Ring. Mannazikaden erreichen eine Größe von fast 3 cm Körperlänge. Sie sitzen meist in großen Bäumen (vor allem Oliven und Platanen), gewöhnlich an der Unterseite der dicken Äste; aufgrund ihrer Tarnfärbung sind sie nur mit Mühe zu entdecken. Zikaden können gut fliegen, wobei die Vorderflügel und die kleineren Hinterflügel im Flug durch kleine Häkchen aneinander gekoppelt werden. Viele Zikaden (aber nicht die Singzikaden, zu denen die Mannazikade gehört), können außerdem springen. Schaumzikaden sind sogar Weltmeister im Springen: Obwohl sie nur einen halben Zentimeter groß sind, können sie 70 cm hoch springen. Wie Heuschrecken springen sie mit den Hinterbeinen, die jedoch nicht besonders groß oder auffällig gestaltet sind. Dass sie trotzdem eine derartige, geradezu “explosionsartige” Springleistung vollbringen können, liegt an ihrer besonderen Technik: Sie bauen eine Spannung in den Beinen auf, die sie dann plötzlich entladen, wodurch das Tier wie von einem Katapult davon geschleudert wird. Die Flügel der Mannazikaden sind bis auf die Adern und mehrere charakteristische dunkle Flecken völlig durchsichtig. Es erscheint unglaublich, dass diese zarte Konstruktion derartige Belastung aushalten kann! Zikaden benutzen zum Fliegen ihre Vorder- und Hinterflügel; letztere sind deutlich kleiner und werden beim Fliegen mithilfe kleiner Häkchen an die Vorderflügel gekoppelt. Entwicklung und Ernährung Zikaden sind Insekten mit unvollständiger Verwandlung, das heißt sie durchlaufen mehrere Larvenstadien (meist fünf) während derer sie der Adultform schrittweise ähnlicher werden, ohne dass ein Puppenstadium eingelegt wird. Während die erwachsenen Tiere weniger als ein Jahr lang leben, dauert die Larvenentwicklung mehrere, bei der Mannazikade beispielsweise fünf Jahre. In Nordamerika gibt es Zikaden-Arten, die gar 13 bzw 17 Jahre für ihre Entwicklung brauchen, wobei jeweils die gesamte Population gleichzeitig schlüpft (bis auf ein paar Tage genau!) und sich dann auch wieder gleichzeitig vermehrt. Entsprechend treten diese Arten nur jedes 13. bzw 17. Jahr auf und erscheinen dann für kurze Zeit gleich massenhaft. Hier sieht man den langen, dünnen, an den Bauch gelegten Rüssel, mit dem die Mannazikaden die Leitbahnen der Bäume anbohrt und den Saft heraussaugt. Dieser Rüssel scheint mir ein weiteres Wunderwerk der Natur zu sein: Wie schafft es so ein dünner, biegsamer Rüssel wohl, sich durch Baumrinde durch zu bohren? Zikaden-Larven leben unterirdisch. Sie ernähren sich, in dem sie aus Pflanzenwurzeln Saft saugen. Ihre Vorderbeine sind als Grabschaufeln gestaltet, mit denen sie sich 15 cm bis 3 m tief in den Boden eingraben. Zum Schlüpfen verlassen sie den Boden und Hier sieht man direkt hinter dem Flügelansatz das Tymbal-Organ der männlichen Mannazikade. 35 klammern sich an einen Pflanzenstengel; dort findet man später dann die leeren Häute. Die erwachsenen Zikaden ernähren sich von Pflanzensäften, die sie mithilfe eines Rüssels saugen. Der Rüssel wird “zwischen den Mahlzeiten” unter den Bauch gelegt. Viele Arten sind auf einige wenige Wirtspflanzen spezialisiert. Während viele Zikaden den zuckerhaltigen Phloem-Saft saugen, bohren die Mannazikaden den wasserreichen Saft des Xylems an, der von den Wurzeln nach oben steigt. Entsprechend müssen sie wesentlich mehr Flüssigkeit aufnehmen, um ihren Nährstoffbedarf zu decken. Normalerweise rufen Zikaden im Gegensatz zu vielen anderen Insekten auch bei massenhaftem Auftreten keine bemerkbaren Schäden an den Pflanzen hervor. Ihre Gehörorgane besitzen die Zikaden an der Abdomenunterseite; es handelt sich um paarige, feine Membranen, die die Schwingungen wahrnehmen. Auch an anderen Stellen ihres Körpers tragen sie (einfachere) Schwingungsrezeptoren; und es ist möglich, dass sie Informationen über den Untergrund, auf dem sie sitzen, auch durch die Wahrnehmung der vom Trommelorgan produzierten, auf diesen übertragenen Schwingungen erhalten. Die Zikaden in Mythos und Kunst Entsprechend ihres auffälligen Gesanges und ihrer beeindruckenden Fähigkeiten tauchen die Singzikaden bei vielen Völkern (Südeuropa, Asien und Amerika) in Kunst und Mythos auf. Schon in mykenischen Darstellungen findet man Insekten, die als Zikaden angesehen werden. In der altgriechischen Literatur tauchen die Zikaden ebenfalls auf, so in der Ilias. Anakreon schrieb eine Hymne an die “gottgleichen” Zikaden, die unter anderem von Goethe übersetzt wurde. Vom Dichter Xenarchos ist der Ausspruch “Glücklich leben die Zikaden, denn sie haben stumme Weiber” überliefert. Das bekannteste Werk, das sich mit Zikaden beschäftigt, ist aber sicherlich die berühmte Fabel des Äsop von der Zikade (nicht etwa Grille oder Heuschrecke) und der Ameise. Bei den verschiedenen Völkern wurden Zikaden als Symbole der Sangeslust und Musen (Griechenland), der Wiedergeburt (China), der Unsterblichkeit (Nordamerikanische Indianer), der Macht (Römer und Goten) und der Troubadoure (mittelalterliches Europa, insbesondere Südfrankreich) angesehen. Im antiken Athen galten sie außerdem als Symbol für dessen Autonomie. Besonders beeindruckend für die Menschen und Anlass für diese Vorstellungen waren außer dem lauten Gesang, dass die Tiere aus der Erde hervorkriechen (Autonomie) sowie auch die Umwandlung der Larve durch Schlüpfen in die adulte Zikade, wobei das Schlüpfen aus der Haut als Abstreifen der körperlichen Bedürfnisse und “Befreiung” der Seele verstanden wurde (Wiedergeburt und Unsterblichkeit). Lautäußerung und deren Wahrnehmung Und nun zum Gesang. Bei den Singzikaden singen nur die Männchen; der Gesang dient dem Abgrenzen eines Revieres und dem Anlocken von Weibchen. Anders als Heuschrecken erzeugen Zikaden ihre Lautäußerungen nicht durch Aneinanderreiben beispielsweise der Flügel, sondern nach dem Trommel-Prinzip. Seitlich am Vorderende des Abdomens (Hinterleib) liegt das Trommelorgan (Tymbal), eine Konstruktion aus oft durch kleine Rippen verstärkten Schallplatten, die durch besondere Muskeln gespannt werden und dann, wie der durchgedrückte Boden einer Metalldose, unter Knacken zurückspringen. Als Resonanzkörper dient ein darunter liegender Luftsack im Hinterleib. Durch fortwährendes Anziehen und Zurückspringenlassen wird das Trommelorgan so in Schwingungen versetzt und das Schrillen der Zikaden erzeugt. Es ist einigermaßen verblüffend, was für laute Geräusche dieses kleine Insekt mit seinem Tymbal-Organ erzeugen kann: Manche Arten erreichen bis zu 120 dB, das entspricht einer Kettensäge oder einem Presslufthammer! Faszinierend ist auch mit welcher Ausdauer die Zikaden stundenlang fast ununterbrochen singen. Übrigens erzeugen auch die kleineren Zikaden-Arten entsprechende Gesänge, nur dass diese für unsere menschlichen Ohren unhörbar sind. 36 Neues Buch von Erwin Siegfried: DIE INNERE MANI, 2012 Verborgene byzantinische und nachbyzantinische Kirchen Dieses neue Buch über den Südpeloponnes basiert auf die Ausgabe "Die Innere Mani, 2002". Es wurde durch Funde auf Ferienreisen in den Jahren 2002 bis 2012 erweitert. Aber auch in Zukunft wird man in verlassenen Orten Kapellen oder Ruinen finden. Vor vielen Jahren habe ich Ruinen mit Freskenresten fotografiert, diese Ruinen wurden in den letzten Jahren renoviert und mit einem Dach versehen. Bezugsquelle: Erwin Siegfried, Kranichweg 16 / 94, 3074 MURI b. Bern, Tel: 031 951 74 62 Aus der Presse Paläontologie - Mini-Mammuts am Mittelmeer Bund vom 9. 5. 2012 Auf Kreta lebten einst Mammuts in der Grösse von Schafen. Sie waren die kleinsten Verwandten der wolligen Riesen der kalten nördlichen Steppen, wie britische Forscher am Mittwoch berichteten. Die Mini-Mammuts seien ein extremes Beispiel für die Entstehung von Zwergformen auf Inseln. Bereits seit längerem war bekannt, dass es auf Sizilien und Malta im Pleistozän Zwergformen von Elefanten gab. Einzelne Stosszähne, die nahe von Kap Malekas, einer steilen Landzunge im Nordwesten Kretas, gefunden wurden, hatten den Forschern jedoch Rätsel aufgegeben. Die Analyse der Anatomie vorhandener und neu aufgetauchter Fundstücke zeigte jetzt, dass diese Zwergform nicht zur Linie der Elefanten passt, sondern ein zwergwüchsiges Mammut darstellt. Mit nur etwa 113 Zentimetern Grösse sind sie die kleinsten bisher bekannten Mammuts und etwa ebenso gross wie die sizilianischen Zwergelefanten. (sda) SOS für das Südkap von Rhodos – Kraftwerk geplant Griechenland Zeitung 29.05.2012 Prassonissi, der südlichste Punkt von Rhodos, gilt als Idyll. Als Gebiet von besonderer landschaftlicher Schönheit klassifiziert, im Natura-2000-Netzwerk der EU aufgelistet, archäologische Stätte, beliebt vor allem auch als Surf-Paradies. Nun plant der staatliche Stromgigant DEI nach Angaben der Bürgerinitiative für den Umweltschutz und die Entwicklung von Südrhodos dort ein 115-Megawatt-Kraftwerk, das ganz konventionell schwefelhaltiges Schweröl verbrennen wird. Mit zwei 70 Meter hohen Schornsteinen in unmittelbarer Küstennähe wird es aber nicht nur eine potenzielle Dreckschleuder sein, sondern auch erheblich zur Verschandelung der reizvollen Landschaft beitragen. Hinzu kommt eine Verladeplattform für das Schweröl im Meer mit entsprechenden Pipelines, was ebenfalls nicht zu unterschätzende Gefahren für die Umwelt birgt. Wie die Initiative betont, besteht auf der Insel bereits ein Kraftwerk vergleichbarer Technologie aus den 70er Jahren in Soroni, welches den Energiebedarf von Rhodos auch weiterhin deckt (234 MW Nennleistung bei 187 MW Spitzennachfrage 2011). Die Umweltschützer fordern stattdessen, das gesamte Gebiet um die Südspitze der Insel zum Nationalpark zu erklären, Alternativen wie die Solarenergie zu fördern, die Insel in einen Energieverbund mit Kreta zu integrieren und die bestehende Anlage in Soroni zu modernisieren und mittelfristig nur noch ergänzend zu den erneuerbaren Energiequellen zu nutzen. Der Fall wird am morgigen Mittwoch vor der für Umweltfragen zuständigen V. Kammer des Staatsrates verhandelt. (GZ / ak). 37 Theofilos-Museum wird renoviert Griechenland Zeitung 11. 7. 2012 Der Bürgermeister von Lesbos, Dimitris Vounatsos, unterzeichnete letzte Woche den Vertrag über die Renovierung des Theofilos-Museums in Varia bei Mytilini auf der Insel Lesbos. Damit wird eines der bedeutendsten Kunstmuseen des Landes, das jahrelang dem Verfall preisgegeben war, endlich angemessen hergerichtet. Es ist dem naiven Maler Theofilos Chatzimichail gewidmet (1870-1934), der von der Insel stammte. Das Museum wurde 1964 von dem Pariser Kunsthändler und Sammler Teriade (Stratis Eleftheriadis) gestiftet, der ebenfalls aus Lesbos stammte und Theofilos entdeckte. Mit Geldern aus dem EU-Regionalfonds soll nun das Dach repariert, eine zeitgemäße Beleuchtung eingebaut und die Heizung, die Klimaanlage und die Sicherheitstechnik saniert werden. Durch die Vernachlässigung haben aber nicht nur das Gebäude, sondern auch die ausgestellten Werke gelitten. Sie sollen nun parallel zur Renovierung in Athen durch das Kulturministerium restauriert werden. (GZak) Lepra-Insel Spinalonga will Weltkulturerbe werden Griechenland Zeitung 11. 7. 2012 Die Festungsinsel Spinalonga bei Agios Nikolaos in Ostkreta bereitet einen Antrag auf Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO vor. Nach Angaben der Zeitung "To Vima" sind die mit der Bearbeitung beauftragten Wissenschaftler so gut wie fertig, es fehlten noch Vorschläge zum optimalen Schutz der Insel und ihrer Umwelt sowie zur Herausstellung ihrer besonderen kulturellen Bedeutung und der Nutzung zum Besten der örtlichen Gesellschaft. Das Inselchen am Eingang der Bucht von Elounda war bereits in der Antike befestigt. Im 16. Jahrhundert bauten die Venezianer angesichts der osmanischen Expansion die Festung erneut aus. Sie konnten sich bis 1715 dort halten, 46 Jahre länger als auf Kreta selbst. Besonders bekannt wurde Spinalonga aber als Leprastation. die 1903 eingerichtet und 1957 als eine der letzten in Europa geschlossen wurde. Seitdem ist es eine Touristenattraktion. die vor allem durch den dort angesiedelten Bestseller" The Island" der Britin Victoria Hislop aus dem Jahr 2005 einen Boom erlebt. Momentan ist auf der Insel außerdem eine Großinstallation des bekannten Künstlers Kostas Tsoklis (bis 31. Oktober) zu sehen. (GZak) Sieben Braunbären im laufenden Jahr durch Autounfälle zu Tode gekommen GZ 17.08. Sieben Braunbären haben in Griechenland im laufenden Jahr bereits durch Autounfälle ihr Leben verloren. Beim letzten Bärenopfer handelt es sich um ein Braunbärenbaby, das nur wenige Monate alt war. Der Unfall ereignete sich auf der nordgriechischen Autobahn „Egnatia Odos“, etwa 800 Meter von der Ausfahrt Maniakous-Kastoria entfernt. Wie die Tierschutzorganisation Arkturos angibt, werden vor allem junge Bären oft von Autos überfahren. Die Tierschutzorganisation bedauert, dass eine „neue Bärengeneration“ durch Autounfälle regelrecht ausstirbt. Arkturos entfaltet seine Hauptaktivitäten im Umweltzentrum nahe von Nymfaio in nordgriechischen Florina. Es wird geschätzt, dass in ganz Griechenland noch etwa 350 bis 400 Braunbären in zwei voneinander unabhängigen Populationen leben. Die meisten Braunbären halten sich im Gebirge von Pindos im Nordwesten Griechenlands, bei Ioannina, auf. Eine weitere Bärenpopulation lebt in der Gegend vom Rhodopen-Gebirge im Nordosten des Landes an der Grenze zu Bulgarien. In den letzten Jahren gibt es auch gewisse Indizien dafür, dass wieder Braunbären in den Gebirgen zwischen Voras und dem Olymp in Zentralmakedonien, sowie in Zentralgriechenland auf den Bergen nördlich von Nafpaktos, leben. In den letzten beiden Gegenden wurden zum letzten Mal vor 70 Jahren Bären von Menschen gesichtet. Als Hauptbedrohungen für die griechischen Braunbären gelten die vorsätzliche oder versehentliche Tötung wie auch die Zerstörung ihres Lebensraumes. Dazu gehört eben auch die „Egnatia Odos“. Seit 2003, als die ersten Abschnitte der Autobahn dem Verkehr übergeben worden sind, wurden bis heute mehr als 30 Braunbären von Fahrzeugen tödlich verletzt. 38 Ziel von Arkturos ist es vor allem, Ökosysteme in den Bergen zu schützen. Schwerpunktmäßig schützt die Organisation Braunbären aber auch andere in Griechenland vom aussterben bedrohte große Säugetiere, wie etwa den Griechischen Schäferhund, Wölfe und Rehe. (GZ/eh) Etwas früh – aber interessant: Flugverbindunge im Sommer 2013 Griechenland Zeitung 1. 8. 2012 Für Unmut sorgt in Nordgriechenland die Entscheidung der Fluggesellschaft Swiss, den Flug zwischen Thessaloniki und Zürich ab dem 28. Oktober einzustellen. Die Einstellung erfolgt im Rahmen einer generellen Umstrukturierung des Netzes der Swiss. Der Präsident des Verbandes Nordgriechischer Exporteure, Dimitris Lakassas, bat die Gesellschaft in einem Schreiben, den Schritt noch einmal zu überdenken. Neben dem Tourismus sei die Route nach Zürich für die Geschäftsleute der Region als Tor zur Welt besonders wichtig. (GZak) Swiss stellt Flüge nach Thessaloniki ein SkyWork Airlines mit neuem Angebotsrekord ab Bern Pressemitteilg. 21.08./ 6.9.2012 Der Sommer 2012 ist noch nicht zu Ende – schon präsentiert SkyWork Airlines den Flugplan für den Sommer 2013. Die laufende Saison zeigt bei den Ferienflügen bereits heute ein Ergebnis, das über den Erwartungen liegt. Mit grosser Zuversicht wurde daher die Planung für den Sommer 2013 abgeschlossen. Mit 34 Destinationen werden so viele Ziele wie noch nie ab Bern angeboten. SkyWork sorgt damit für einen neuen Rekord am Flughafen Bern. Griechische Destinationen von SkyWork Airlines im Sommer 2013: Heraklion: ab 21. 5. 2013, jeden Donnerstag Mykonos: ab 7. 5. 2013, jeden Dienstag Preveza: ab 6. 5. 2013, jeden Montag Santorini: ab 7. 5. 3013, jeden Dienstag Zakynthos: ab 3. 5. 2013, jeden Freitag Alle Flüge können bereits zu günstigen Tarifen gebucht werden, auf www.flyskywork.com. Die Ankunftszeiten auf Mykonos und Santorini sind so früh, dass man wahrscheinlich noch am gleichen Tag mit der Fähre weiterkommt. Auch der Flug nach Kreta ist so früh in Heraklion, dass man noch jede Ecke der Insel erreichen kann. Ganz neu: Thessaloniki auch im Winter Thessaloniki: ab 28. 10. 2012, jeden Mi, Fr, So, Rückflüge: Do, Sa, Mo (Nachtflüge) Die Flugzeiten für die Nachtflüge nach/von Thessaloniki sind (zumindest für Touristen) etwas problematisch, dafür ermöglichen sie Umsteigeverbindungen via Bern von /nach: London City, Hamburg, Köln, Berlin-Schönefeld Griechenlandzeitung, 20. 8. 2012 Am 15. Januar will die Billigfluglinie Hellas Airlines „abheben“. Start und Landepunkt ist Nea Anchialos bei Volos. Wie Firmengründer und Vorstand Vassilis Ralakis gegenüber der Presse sagte, würden die Preise besonders günstig gestaltet werden. So koste der Hin- und Rückflug nach Athen 50 Euro, Heraklion auf Kreta ist für 80 Euro zu erreichen und Rom für 120 Euro (jeweils mit Rückflug). Der Transport von Larissa und Volos zum Flughafen soll zudem gratis mit firmeneigenen Bussen erfolgen. Hellas Airlines wird mit mehreren Maschinen vom Typ Airbus A320 im Inland Athen, Thessaloniki, Ioannina, Heraklion, Rhodos und Skiathos sowie im Ausland Frankfurt, Rom, Paris, London, Moskau und Madrid anfliegen. Buchungen sollen ab dem 15. Dezember möglich sein. Infos unter: www.flyhellasairlines.com. (GZak) Neue Low-Cost-Airline startet im Januar von Volos 39 Wir gratulieren: Die Griechische Gemeinde Bern wird 50! Die Griechische Gemeinde Bern ist seit vielen Jahren für uns ein guter und verlässlicher Partner. Wir haben immer wieder Veranstaltungen gemeinsam organisiert, Mitglieder der Griechischen Gemeinde besuchen regelmässig unserer Veranstaltungen, wir waren schon oft zu Gast bei ihnen, sei es am Neujahrs- oder vor allem am Osterfest. Wir hoffen auf weiterhin gute Zusammenarbeit und wünschen der Griechischen Gemeinde Bern alles Gute für die nächsten 50 Jahre! Interessante Veranstaltungen Fr. 13. und Sa. 14 Oktober ab 18:30, Gasthof weisses Kreuz, Mitteldorf 16, Kallnach Griechischer Abend: Grosses griechisches Buffet á discretion, Live-Musik mit Sakis Preis 44.-. Bitte reserviere unter Tel. 032 392 14 03 Samstag, 20. Oktober ab 19:00 Uhr im Kultur-Casino, Herrengasse 25, 3011 Bern Grosses Fest zum 50-Jahr-Jubiläum der Griechischen Gemeinde Bern. Live-Musik mit einer mehrköpfigen Band aus Griechenland und aus der Schweiz. Reiches musikalisches und theatralisches Programm der griechischen Schule in Bern (die feiert das 40-Jahr-Jubiläum). Feines griechisches Essen. Preise und Details folgen, siehe separater Flyer. Die Griechische Gemeinde hofft, dass auch viele Hellasfreunde ans Fest kommen!!! Samstag, 20. Oktober im Stadtcasino Basel, Steinenberg 14, Basel. Konzert Kostas Makedonas und Melina Aslanidou. www.kulturverein-griechenland.ch Mittwoch 24. Oktober, 20:00 Uhr im Tell-Saal, Bernstrasse 101, Ostermundigen Klischeevorstellungen über das verschuldete Griechenland - Eine nüchterne Erwiderung auf Grund der Geschichte von Prof. Pavlos Tzermias. www.hellasfreunde.ch Freitag, 2. November, 9.30 Uhr in der Skulpturhalle, Mittlere Strasse 17, Basel. Formen, Buchstaben und Farben im Akropolis-Museum - Vortrag in deutscher Sprache von Prof. Dr. Dimitris Pantermalis www.kulturverein-griechenland.ch Montag 5. Nov: Der gleiche Vortrag findet in Bern statt. Details noch offen: www.dia-logos.ch Mittwoch, 14. November, 20:00 Uhr im Tell-Saal, Bernstrasse 101, Ostermundigen Nah bei der Natur - Dia Vortrag von Wilf Diethelm. Eine Reise zu einigen der Naturschönheiten Griechenlands, dokumentiert mit wunderschönen Bildern. : www.hellasfreunde.ch Donnerstag, 6. Dezember, 20.00 Uhr im Tell-Saal, Bernstr.101, Ostermundigen Die griechischen Vulkaninseln. Tobias Schorr, Griechenland- und Vulkankenner zeigt Bilder von den Inseln Milos, Santorin, Nisyros und der Halbinsel Methana www.hellasfreunde.ch Freitag 7. Dez: Der gleiche Vortrag findet in Basel statt: www.kulturverein-griechenland.ch Aktuelle Infos inkl. Jahresprogramm der Hellasfreunde auf: www.hellasfreunde.ch 40