BerlinsnoblePracht - Berliner Morgenpost

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BerlinsnoblePracht - Berliner Morgenpost
Richtfest
Schlosspanorama
zum Tag der
offenen Baustelle
Seite 4/5
BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM
Berliner
Morgenpost
SG
S O N D E R AU
9. JUNI 2015
PA/DPA/BBZ LANDSCHAFTSARCHITEKTEN/TIMO HERMANN/
Berlins noble Pracht
Dem Schloss
entgegensehen
Dass das Schloss nun doch wieder aufgebaut wird, gleicht einem Wunder. Hinter der historischen Fassade wird das moderne
Humboldtforum einziehen, eine Begegnungsstätte der Weltkulturen. Am 12. Juni kann bereits Richtfest gefeiert werden
Logik des Schlüter-Baus verinnerlicht
und in der inneren Organisation des Bauwerks weitgehend nachvollzogen. Er hat
Säle und Raumfluchten geschaffen, die
sich immer wieder auf die Fassaden beziehen. Was die Barockfronten durch ihren Aufbau äußerlich ankündigen, wird
im Inneren des Gebäudes auch eingelöst.
Damit war die Gefahr gebannt, die bei
vielen anderen Entwürfen drohte: dass
nämlich die barocken Schaufronten nur
appliziert wirken könnten.
Dennoch gelang Stella eine eigenständige, originelle und außergewöhnliche
Raumschöpfung, die sich in keinem der
anderen Entwürfe fand: die Idee eines
„Schlossforums“ zwischen Portal II und
IV, das er aus dem einstigen Eosanderhof
entwickelte. Während andere Architekten
diesen Hof entweder komplett überbauen
oder ganz offen lassen wollten, entwarf
Stella eine Mischform: In den westlichen
Die Juroren hatten bewusst keinen
zweiten Preis vergeben, weil sie deutlich
machen wollten, um wie viel besser für
sie das Konzept Stellas im Vergleich zu
den nächstplatzierten Entwürfen war.
Ausschlaggebend dürfte die Gelassenheit
und Klarheit seiner Konzeption gewesen
sein. Die städtebauliche Einbindung – so
hieß es in der Begründung – gelinge „in
selbstverständlicher Art und Weise“,
auch werde das Gebäude „nahezu von allen Seiten optimal erschlossen“.
In der Tat ist es die Stärke von Stellas
Entwurf, dass sich der Architekt von heute nicht wichtiger nimmt als den großen
Barockbaumeister Andreas Schlüter, dass
er auf jede Exzentrik verzichtet, die den
historischen Fassaden ungebührlich Konkurrenz machen würde, dass er seine Ideen nicht gegen den Geist des einstigen
Schlosses entwickelt, sondern in Einklang mit ihm. Stella hat die Struktur und
Es ist die Stärke von Stellas Entwurf,
dass sich der Architekt von heute nicht
wichtiger nimmt als den großen
Barockbaumeister Andreas Schlüter
STIFTUNG BERLINER SCHLOSS
Was für einen Unterschied doch so eine
Kuppel macht! Für die meisten Menschen, die in den letzten Monaten an der
Baustelle des Berliner Schlosses vorbeikamen, war dieser Rohbau nur ein weiterer Betonkasten. Jetzt aber sieht man
über dem Triumphbogen des Hauptportals bereits die Umrisse der Schlosskuppel, die dem Bauwerk Mitte des 19. Jahrhunderts aufgesetzt worden war. Und
schon erhält der nüchterne Kubus eine
Präsenz, ja eine Grandezza, die er bisher
erst in Ansätzen besaß. Man fühlt sich
erinnert an den Umbau des Reichstagsgebäudes, der durch die zentrale Glaskuppel ebenfalls enorm an Wirkung gewonnen hatte. Zusammen mit der jüngst
rekonstruierten Kuppel der Staatsbibliothek Unter den Linden ist Stülers Bekrönung des Schlosses schon die dritte Kuppel, die in die Silhouette des Berliner
Zentrums zurückkehrt.
Aber was heißt hier eigentlich „nüchterner“ Betonkasten? Wer genauer hinschaut, dem fallen die außergewöhnlich
hohen Geschosse auf und die stehenden
Fenster in den flächigen Außenwänden.
Betonskelette herkömmlicher Neubauten haben niedrige, offene Geschosse,
vor die dann moderne Fassaden je nach
Geschmack gehängt werden. Hier aber,
beim Berliner Schloss, zeigt schon der
Rohbau eine Geschlossenheit, die es so
bei modernen Gebäuden nicht gibt. Und
an mehreren Ecken ist bereits zu sehen,
wie vor den tragenden Betonmauern
massive Ziegelfassaden emporwachsen,
Stein auf Stein, und dazwischen immer
wieder barocke Schmuckelemente aus
Sandstein.
Und wer das Schloss umkreist, der
kann allein schon durch die Ausmaße des
Rohbaus erspüren, wie dieses gewaltige
Bauwerk der nach dem Zweiten Weltkrieg
aufgeweiteten historischen Mitte wieder
Halt gibt, wie es die umgebenden Plätze
neu einfasst, wie es den zulaufenden Straßen wieder ein Ziel gibt und jenen Bauwerken ein Gegenüber, die einst alle auf
das Berliner Schloss bezogen waren.
Nach Norden hat der Lustgarten wieder
eine dritte Platzwand und das Alte Museum wieder sein Pendant. Dessen Fassade entwarf Schinkel einst als Antwort auf
die Lustgartenfront Andreas Schlüters.
Im Westen läuft die Allee Unter den Lin-
den nach der Schlossbrücke nicht mehr
auf einem Parkplatz aus, sondern kulminiert im Schloss. Und nach Süden, wo der
Marstall steht, sind die Umrisse des lang
gezogenen Schlossplatzes wieder zu erkennen, den man einst, von der Altstadt
kommend, über die Rathausbrücke mit
dem Standbild des Großen Kurfürsten
betrat. Man kann sich diesen Platz jetzt
schon gut mit dem Neptunbrunnen vorstellen, der hier bis zum Zweiten Weltkrieg stand, dann von der DDR eingelagert und schließlich 1969 beim Fernsehturm abgestellt wurde.
Genau diesen starken stadträumlichen
Effekt des Schlosskörpers hatten die Anhänger einer Rekonstruktion immer vorhergesagt. Und damit sich das auch der
Laie vorstellen konnte, sorgte der unermüdliche Wilhelm von Boddien 1993 für
ein Gerüst in den Ausmaßen des Schlosses mit aufgemalten Fassaden. Die Wirkung war enorm. Ursprünglich nur für eine Dauer von wenigen Monaten vorgesehen, blieb die Schloss-Illusion bis zum
September 1994 stehen. Und nach dem
Abbau der Attrappe empfanden viele
schmerzlich die gleiche Leere, die schon
die Zeitgenossen nach der Sprengung der
Ruine 1950 empfunden hatten. Das hingemalte Schloss war ohne Zweifel einer der
wichtigsten Meilensteine auf dem langen
Weg zum Wiederaufbau: Die physisch erfahrbare Präsenz seines Volumens bewirkte bei vielen Skeptikern einen Meinungsumschwung.
Es sollte aber noch weitere 14 Jahre
dauern, bis der Architektenwettbewerb
entschieden war. Im November 2008
konnte der damals nur in Fachkreisen bekannte Italiener Franco Stella die Konkurrenz für sich entscheiden, und zwar
eindrucksvoll: Das Votum war einstimmig. Niemand hatte damit gerechnet,
denn es gab zwei Gruppen innerhalb des
Preisgerichts. Die eine äußerte Unzufriedenheit angesichts der ihrer Ansicht nach
zu rigiden Vorgaben, was die Barockfassaden und die Kuppel betraf. Der entsprechende Beschluss des Deutschen Bundestages von 2002 – so meinte sie – müsse
auch freier interpretiert werden dürfen.
Die andere Gruppe beharrte auf einer engen Auslegung dieser Vorgaben. Aber in
der zweitägigen Sitzung zeigten sich dann
alle Beteiligten äußerst konstruktiv, wie
Jurymitglieder und Zeugen übereinstimmend berichteten.
In Spandau
entstehen die
Fassadenelemente
Seite 3
ABE
Das Schloss im Berliner Stadtbild Die Wiederherstellung von Schlüters Architektur im Äußeren gibt der historischen Mitte ihren Konzentrationspunkt zurück (Simulation)
T VON RAINER HAUBRICH
Bauhütte
Gekrönt Pünktlich zum Richtfest werden die Strukturen der Kuppel sichtbar
+
Teil stellte er die zentrale Eingangshalle
und zwei Kuben für Ausstellungen, daneben ließ er einen schmalen Durchgang
zwischen Portal II und IV offen. Diese
nicht überdachte Passage, die in ihren Abmessungen an die Uffizien in Florenz erinnert, erlaubt eine Durchquerung des
Schlosses in Nord-Süd-Richtung zu jeder
Tages- und Nachtzeit, unabhängig vom
benachbarten Schlüterhof. Nach Norden
wird der Blick des Besuchers auf die Säulenfront des Alten Museums gelenkt, und
nach Süden müsste er den Neptunbrunnen erblicken, von dem man nur hoffen
kann, dass er dort wieder aufgestellt wird.
Eine zweite Neuschöpfung ist die Ostseite zur Spree. Hier, wo die ältesten Teile
des Schlosses eine unregelmäßige Fassade bildeten, schließt Stella das Gebäude
mit einer klaren Front zu einem regelmäßigen Kubus – ganz in barocker Manier
und in den Proportionen der Arkaden im
Schlüterhof. Diese Ostseite zur Spree gilt
vielen als der schwächste Teil des Neubaus. Aber auch hier hat Stella seinen
Entwurf inzwischen verbessert. Zum einen erhält die Südostecke – dank eines
Großspenders – doch jenen Runderker,
der auf die Gestalt des Renaissanceschlosses zurückging, zum anderen wurde der Zugang in der Mitte der Spreeseite
deutlicher akzentuiert. Schon im Rohbau
ist zu erkennen, dass diese moderne Fassade in der Schrägsicht gut funktioniert.
Und sie könnte noch besser wirken, wenn
ihr auf dem anderen Ufer eine Bebauung
gegenüberstünde, wie es sie dort bis zum
Zweiten Weltkrieg gab.
Wie sich ja überhaupt die Debatten
längst nicht mehr auf den einst heftig umstrittenen Wiederaufbau der einstigen
Hohenzollernresidenz fokussieren, sondern auf andere Großprojekte: Stuttgart 21, die Hamburger Elbphilharmonie
oder den neuen Großflughafen für die
Hauptstadt. Das Berliner Schloss/Humboldtform liegt zum Richtfest im Zeitund Kostenplan. Und an privaten Spenden kam schon mehr zusammen als bei
vergleichbarem Baufortschritt für die
Dresdner Frauenkirche.
65 Jahre nach seiner Sprengung und 25
Jahre nach der Wiedervereinigung ist das
Schloss wieder da. Es wird neue Innenräume erhalten und eine neue Nutzung.
Äußerlich aber ersteht wieder jene noble
Pracht, mit der es die historische Mitte
Berlins prägte. Eigentlich ein Wunder.
Webcams übertragen aus
vier Perspektiven die
Baufortschritte in Echtzeit
Wer den Wiederaufbau des Berliner
Schlosses miterleben will, kann sich
im Internet in Echtzeit über die baulichen Fortschritte informieren. An
Deutschlands größter Kunst-, Kulturund Wissenschaftsbaustelle in der alten Berliner Mitte wurden vier Kameras installiert, die alle 15 Minuten aus
verschiedenen Perspektiven neue Bilder liefern. „Mir als Bauherr ist Transparenz auf der Baustelle ganz besonders wichtig“, begründete Manfred
Rettig, Vorstand und Sprecher der
Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, die für das 590-Millionen-Euro-Projekt verantwortlich ist. Die
Webcams zeigen Ansichten auf die
Ost-, West- und Südfassaden und erlauben überdies einen Blick in den
Schlüterhof. Daneben gibt es Funktionen wie Zeitrafferfilme und die Möglichkeit zum Versenden von E-Cards.
www.sbs-humboldtforum.de/de/
Berliner-Schloss/Webcam
INHALT
Im Keller
Das archäologische Fenster zeigt
600 Jahre Schlossgeschichte ............... Seite 2
Auf der Baustelle
Kleiner Rundgang durch das
Humboldtforum vor dem Richtfest ...... Seite 2
In der Werkstatt
Die Steinbildhauer in Spandau
arbeiten im Geiste Schlüters................. Seite 3
Der große Überblick
So sieht das Humboldtforum später
aus, Tag der offenen Baustelle .......... Seite 4/5
Die Weltkultur
Das Humboldtforum will einen neuen
Blick auf den Anderen anregen ............ Seite 6
Die Nachbarn
Das Humboldtforum reiht sich
in eine illustre Nachbarschaft ein.......... Seite 7
Die Humboldts
Die Brüder Alexander und Wilhelm
befeuerten den Wissenschafts-Diskurs Seite 7
Das Umfeld
Neptunbrunnen und Rossebändiger
sollen an ihren Platz zurück ................. Seite 8
Die Macher
Die Stiftung baut das Gebäude, der
Förderverein sammelt für die Fassade ..Seite 8
EXTRA BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM
T VON TOBIAS VON HEYMANN
Die Zeitreise in die Vergangenheit beginnt gleich hinter einer schmalen Metalltür mit einem Rahmen aus Holzlatten: Vorbei an Bauarbeitern und Maschinen, durch unfertige Räume und über
noch rohe Betonstufen führt der Weg hinunter in den historischen Keller des
Berliner Schlosses. Johannes Wien, kaufmännischer Vorstand der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, muss nur
noch den Schlüssel herumdrehen, und
gleich dahinter öffnet sich Besuchern der
Blick auf die Ruinenreste aus mehreren
Jahrhunderten.
Ein leichter feucht-staubiger Geruch
dringt aus den Grundmauern des früheren Prunkbaus und verleiht der ganzen
Szenerie zusätzlich einen Hauch Geschichte. Unter der Erde entsteht das
„Museum des Ortes“, das zeitgleich mit
dem Humboldtforum für das Publikum
eröffnet werden soll: Das Museum soll
dann als begehbares Denkmal die über
700-jährige Geschichte des Ortes erzählen und die Steine dort zum Sprechen
bringen. Die originalen Kellerräume sind
erstmals öffentlich zugänglich.
Animation So attraktiv wird der
Skulpturensaal im Humboldtforum aussehen
„Teilweise waren diese
Schichtungen seit
Jahrhunderten
gewachsen und haben
sich bis heute erhalten“
Michael Malliaris,
Leiter der Ausgrabungen
Noch gleicht der Ort einer Baustelle in
der Baustelle: Während oben der Rohbau
des Humboldtforums täglich wächst, geht
auch unter Tage die Arbeit weiter. So besteht der Boden stellenweise noch aus
mehr oder weniger festgetretenem Sand,
Bretter überbrücken manche Löcher –
aber auch verschiedene Pflasterarten sind
gut zu erkennen. So wirkt das Ensemble
mit seinen Mauern auf den ersten Blick
wie ein Labyrinth. Doch beim genauen
Hinsehen während des Rundgangs wird
schnell deutlich, was sich alles an den
Steinen ablesen und zeigen lässt. „Seit
1443 der Grundstein gelegt wurde, sind
das Schloss und der Grundriss des Kellers
mehrfach verändert worden“, sagt Wien.
„Auch die Art seiner Nutzung änderte sich
im Laufe der Jahrhunderte mehrfach. Diesen Wandel wollen wir zeigen und dabei
den historischen Ort in seiner Zerstörtheit erhalten und erfahrbar machen.“
Um das zu erreichen, wird zunächst
der Boden ertüchtigt, das teilweise lose
Mauerwerk bearbeitet und gesichert –
und dann ein barrierefreier Pfad aus feinen Betonplatten angelegt, der ein gefahrloses Erkunden des Kellers ermöglicht. Auch erstellen die Ausstellungsplaner ein spezielles Beleuchtungskonzept
für die Räume, um mit Licht die Aufmerksamkeit der Besucher zu lenken. Zusätzlich wird das Untergeschoss mit ei-
nem Aufzug erreichbar sein – per Fahrstuhl in die Vergangenheit. „Der Keller ist
deshalb so wertvoll, weil er der einzige
authentisch erhaltene Teil des Schlosses
ist“, sagt Wien. „Und in dem jetzt konservierten Bereich lässt sich besonders viel
sehen.“ Denn auf den künftig etwa 470
Quadratmetern begehbarer und 350
Quadratmetern nicht begehbarer Schauflächen lässt sich vom Mittelalter bis
zum Abriss des Schlosses und dem Bau
des Palasts der Republik kompakt nachvollziehen, wie sich der Ort vom Mittelalter bis heute veränderte.
So stießen Archäologen bei ihren Grabungen auf Reste des früheren Dominikanerklosters aus dem 14. Jahrhundert,
das vor dem Bau des Schlosses hier
stand. Ein Teil der Klostermauern des
Nordwestflügels sowie zwei gotische
Stützpfeiler des Gewölbekellers sind erhalten und werden in die Ausstellung mit
einbezogen. „Damit wollen wir auch an
diese Geschichte anknüpfen“, sagt Wien.
Unweit von den Klosterresten sind dann
die Spuren einer Federviehkammer zu erkennen: Dorthin wurde lebendes Geflügel vor dem Schlachten im Schloss gebracht und zwischengelagert. Gelbe Fliesen zeigen an, wo sich die Speisekammer
früher befand.
In unmittelbarer Nähe ist ferner der
Aufenthaltsraum des Kommandanten
der Schlosswache freigelegt. Zu Zeiten
von Kaiser Wilhelm II. war die Wache im
Keller des Schlossplatzflügels untergebracht: Bis zu 180 Leute umfasste die
Wachmannschaft einst. Um für sie den
Keller etwas wohnlicher zu gestalten,
wurden Dielen verlegt, außerdem wurde
eine Wandheizung eingebaut, die jetzt
wieder zu sehen ist. Auch Stufen einer
Treppe, über die die Soldaten nach oben
gelangen konnten, sind gut erkennbar:
Heute enden sie allerdings im Nichts.
Ganz in der Nähe soll ein bei den Ausgrabungen gefundenes Grabrelief mit Pelikanmotiv aus der italienischen Renaissance-Zeit seinen Platz finden. Denn
zeitweise diente der Keller auch als Depot des Kunstgewerbemuseums. Das Relief gehört zu einer ganzen Reihe von
Fundstücken, die jahrzehntelang in dem
Schutt zwischen den Mauern und im Boden schlummerten: Eine lange Objektliste verzeichnet Artefakte wie Schlüssel,
Ringe, Scherben Gürtelschnallen, Münzen oder Knochen. Aber auch ein Fingerhut und ein rotes Emailleschild mit der
Aufschrift „Öffentlicher Fernsprecher“
sind als Zeugen der Geschichte aufgetaucht. Die gemauerte Wendeltreppe ein
paar Schritte weiter gehörte einst zu einem Abgang direkt bis ans Wasser der
Spree – und führte zu einem Raum, in
dem im 19. Jahrhundert eine Dampfmaschine stand, die Wasser vom Fluss in ein
Reservoir des Schlosses pumpte.
Besonders große Sprengladungen
Besonders prägnant ist schließlich der
Bereich, in dem sich im Boden eines Ganges unter dem Eosander-Portal fünf
Sprenglöcher auftun. „Das ist ein ganz
besonderer Raum“, sagt Michael Malliaris, archäologischer Leiter der Ausgrabungen am Schlossplatz. „Denn die fast
fünf Meter hohen Mauern bildeten ein
massiv gebautes Fundament, das zusätzlich auf in den Boden gerammten Gründungspfählen ruhte. Darüber befand sich
ein zweischaliges Tonnengewölbe, das
das Eosander-Portal und die im 19. Jahrhundert errichtete Kuppel tragen konnte.“ Als die SED-Führung um Walter Ulbricht das kriegsbeschädigte Schloss
sprengen und abreißen ließ, wurden deshalb besonders große Sprengladungen in
dem schmalen, aber massiven Keller angebracht, die das Gebäude gewisserma-
DIENSTAG, 9. JUNI 2015 | BERLINER MORGENPOST
Keller-Geschichte(n)
den sogenannten Schlüterhof – von ihm
sind heute überhaupt keine Spuren mehr
erhalten, da im Zuge des Palastbaus auch
keine archäologischen Grabungen vorgenommen wurden. Vom südwestlichen
Schlosskomplex um den großen Schlosshof herum sind allerdings Keller und
Fundamente aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Darüber lag zu DDR-Zeiten eine
Asphaltdecke, die das Untergeschoss lange versiegelte.
„Nach dem Abriss des Palasts der Republik begannen wir im Mai 2008 im Auftrag des Landesdenkmalamts Berlin mit
dem Ausgraben“, sagt Malliaris. Ein seltener Glücksfall für Archäologen. Denn
die Forscher konnten auf einem Areal
von rund 15.000 Quadratmetern mitten
im historischen und ältesten Stadtkern
jahrelang Schicht für Schicht abtragen
und diesen dabei viele Geheimnisse entlocken. Normalerweise können Archäologen gerade in Städten oftmals höchstens Flächen von der Größe eines Hausgrundstückes unter die Lupe nehmen.
„Insgesamt waren manche der Schichten
bis zu dreieinhalb Meter mächtig“, sagt
Malliaris. „Teilweise waren diese Schichtungen seit Jahrhunderten Stück für
Stück gewachsen und haben sich so bis
heute erhalten.“
Bis zu 30 unterschiedliche Schichten
vom 14. Jahrhundert bis heute konnten
der Archäologe und sein Team nachweisen und untersuchen. Zum Beispiel hatte
sich in der Renaissance eine Schicht von
einem halbem Meter Dicke gebildet –
und darunter lagen wiederum Fragmente
einer mittelalterlichen Stadt wie Abfallgruben, Öfen und Keller. „Wir haben sogar Reste der alten Cöllner Stadtmauer
gefunden, deren Verlauf bis dahin nicht
bekannt war“, sagt Malliaris.
Im „Museum des Ortes“ wird die jahrhundertelange
Historie des Areals anhand diverser Fundstücke erzählt
GETTY/SIEGFRIED LAYDA; STIFTUNG BERLINER SCHLOSS - HUMBOLDTFORUM, RALPH APPELBAUM ASSOCIATES / MALSYTEUFEL, ARCHITEKT FRANCO STELLA
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Entdeckung Humboldt-Box, davor die ausgegrabenen Kellergewölbe des zerstörten Schlosses
de: Mit Filmaufnahmen von einer der
zahlreichen Sprengung.
Was bald alles im Schlosskeller als Teil
des „Museums des Ortes“ zu sehen sein
wird, hat dabei zusätzlich noch eine eigene Vorgeschichte, die weit zurückreicht.
Sie ist der Grund, warum die Kelleranlage
heute neu erschlossen werden konnte.
Denn nachdem das Berliner Schloss ab
1950 gesprengt und die Trümmer weggeräumt waren, entstand auf dem Gelände
zunächst ein Paradeplatz samt Tribüne.
ßen von unten „knacken“ sollten – was
schließlich gelang. Die Krater der Explosionen legen Zeugnis davon ab, wie gewaltig die Druckwelle gewesen sein
muss, um allein das mächtige Kuppelportal zum Einsturz zu bringen. Teilweise ist
der barocke Ziegelbelag regelrecht pulverisiert worden, und auch Granitplatten
aus dem 19. Jahrhundert sind zerbrochen. An dieser Stelle geht der Rundgang
durch siebenhundert Jahre Geschichte
auf engem Raum symbolträchtig zu En-
Und unter der nun eingeebneten Fläche
geriet das unterirdische architektonische
Erbe weitgehend in Vergessenheit.
„Erst durch den Bau des Palasts der
Republik in den 1970er-Jahren ging dann
ein großer Teil der Kellerruinen für immer verloren“, sagt Michael Malliaris, archäologischer Leiter der Ausgrabungen
am Schlossplatz. „Das betrifft vor allem
den ältesten Teil des Schlosskellers.“ Seit
Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut, begrenzte dieser älteste Teil der Residenz
Im Keller lagerte der Staatsschatz
Dieser Fund erinnert daran, dass das
heutige Berlin mit seiner Schwesterstadt
Cölln im 12. Jahrhundert entstand. „Diese Cöllner Stadtgrenze lief ursprünglich
genau durch den Schlosshof hindurch
und trennte die Stadt von seiner Feldmark“, sagt Malliaris. „Das Schloss
selbst ist nicht in einem Guss entstanden, sondern sein Baukörper hat sich
über fünf Jahrhunderte hinweg immer
wieder verändert.“ So fanden die Archäologen neben dem Gartenhorizont
des alten Lustgartens auch Originalpflaster des Schlosshofs von 1836. Später
erhielt die Residenz unter Kaiser Wilhelm II. auch eine moderne Niederdampfdruck-Heizungsanlage, von der in
der Ausstellung unter anderem ein Ventilator zu sehen sein soll. Bevor dieser
Heizungsbereich entstand, befand sich
dort jedoch etwas, das in keiner SchlossGeschichte fehlen darf: Im Keller lagerte
lange Zeit der königliche Staatsschatz in
einem Tresor, bevor er 1870 in die Spandauer Zitadelle ausgelagert wurde.
Für Malliaris geht die Arbeit weiter:
„Unsere Forschungen am Keller gehen
weiter. Denn noch längst haben wir nicht
alle Rätsel seiner wechselvollen Geschichte gelöst.“ Entscheidend ist daher,
dass der Keller erhalten bleibt und künftig als Anker in die Geschichte auch mit
dazu beiträgt, die Struktur des jetzigen
Schloss-Neubaus zu verstehen – und als
authentisches Zeitzeugnis eine Brücke in
die Gegenwart zu schlagen. Dass auch das
Humboldtforum Spuren im historischen
Keller hinterlassen hat, zeigen die dicken
Betonstützen im unterirdischen Ausstellungsbereich, auf denen der Neubau darüber ruht: Sie werden gleichzeitig zum
Kühlen mit Erdwärme genutzt. Das wäre
dann ein Thema, mit dem sich auch in
weit entfernter Zukunft vielleicht einmal
Archäologen befassen können.
Der Rohbau steht – Zeit für das Richtfest
Beim Tag der offenen Baustelle können sich die Berliner und ihre Gäste über die Baufortschritte am Humboldtforum informieren
Baulärm erfüllt die Luft. Durch die Fensteröffnungen des Betonbaues pfeift der
Wind und wirbelt Staub auf. Am Humboldtforum wird ohne Unterlass gewerkelt. Schon heben sich die Konturen der
Kuppel ab, über der sich ein Baukran
dreht. Am 12. Juni kann die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, Bauherrin
und Eigentümerin des Gebäudes, Richtfest feiern. Der Stiftungsvorsitzende
Manfred Rettig ist vollauf zufrieden: „Wir
liegen im Zeit- und Kostenplan.“
Rettig steht vor einem großen Raum,
der später einmal das Foyer sein wird. 35
Meter ragt er in die Höhe. 30 Meter misst
er im Quadrat. Hier soll am kommenden
Freitag der Richtspruch gesprochen und
der Richtkranz bis zur Kuppel aufgezogen
werden. Die Stiftung erwartet rund 1000
Ehrengäste, unter ihnen der Bundestagspräsident, der Bundesbauminister und
der Regierende Bürgermeister. „Alle, die
irgendwie am Bau beteiligt sind“, sagt
Rettig. Am Nachmittag werden dann
4000 Spender und Förderer des Projekts
empfangen. Am Abend konzertiert das
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.
Das Wochenende gehört dann den Berlinern, die sich beim Tag der offenen Baustelle vom Baufortschritt überzeugen
können. 8000 Besucher können gleichzeitig hinein. Rettig sagt, er sei selbst
überrascht, wie rasch die Bauarbeiten voranschritten: „Das hätte ich vor zwei Jahren nicht gedacht.“ Damals, 2013, wurde
der Grundstein gelegt. Alles, was über
Spenden finanziert werde, könne auch
realisiert werden. Der Spendenfluss sei
stabil. Das Interesse am Humboldtforum
nehme mit dem Baufortschritt zu.
Inzwischen werden die ersten Teile der
Fassade verbaut. Arbeiter mauern vor den
Betonwänden Ziegelwände hoch. Einige
Fenster im Erdgeschoss haben bereits ihre Sandsteineinfassungen. Zwischen Beton und Ziegeln befindet sich eine
Dämmschicht. Wilhelm von Boddien,
dessen Förderverein Berliner Schloss
e. V. die Spendengelder für die historische Fassade eintreibt, zeigt auf große
Metallkästen, die in die Fensteröffnungen
eingesetzt werden: „Dort ist die gesamte
Fenstertechnik eingebaut.“ Wenn die
DAVIDS/SVEN DARMER
T VON STEFAN SEEWALD
Baufortgang Arbeiter verkleiden die
Betonfassade mit Klinkern. Auch die ersten
Sandstein-Elemente werden bereits verbaut
Fenster fertig verkleidet sind, ist von den
Kästen nichts mehr zu sehen. Insgesamt
sind die Wände einen Meter dick, allein
die Ziegelwand 40 bis 60 Zentimeter.
Auch von den Ziegeln wird später nichts
mehr zu sehen sein. Sie werden verputzt.
Von Boddien führt zu der Ecke, an der
die historische Fassade an den modernen
Ostflügel stößt. „Das wird ganz hervorragend“, meint er zufrieden. Als kluge Entscheidung lobt er den Beschluss, die Musterfassade errichtet zu haben, die direkt
am Spreeufer steht. Mit ihr habe man
wichtige Langzeiterfahrungen mit dem
Material machen können, die jetzt in den
Bau einfließen. Die Fassade wird in allen
wesentlichen Teilen bis Ende kommenden
Jahres angebracht sein. „Ein Stück Wiedergutmachung an der Baugeschichte Berlins“, so von Boddien. Von den 105 Millionen Euro dafür benötigter Spenden habe
man bislang knapp die Hälfte gesammelt.
Rettig wiederum führt in den großen
Saal im Ostflügel, der direkt an den künf-
tigen Skulpturensaal grenzt. Von hier aus
hat man einen grandiosen Panoramablick
über Berlins Mitte: links der Dom, in der
Mitte Marienkirche und Fernsehturm,
rechts das Rote Rathaus. Passend zu dieser Aussicht wird sich in diesem Bereich
der Ausstellungs- und Informationsbereich zur Hauptstadt befinden. „Der
Raum kann später multifunktional genutzt werden. Als Museum ist er aus technischen Gründen allerdings nicht geeignet“, erklärt Rettig. Im Skulpturensaal
werden später die vom alten Schloss noch
erhaltenen Plastiken aufgestellt, die aus
konservatorischen Gründen nicht mehr
draußen stehen können. Direkt von hier
aus gelangt man im Rohbau noch ungehindert zum sogenannten Eckrondell, einem wichtigen architektonischen Element am historischen Schloss. Rettig erzählt, dass dieser Teil ursprünglich gar
nicht vorgesehen war und nur durch eine
große Einzelspende von 2,5 Millionen Euro realisiert werden konnte. Dahinter, im
Südflügel, sind bereits die Konturen der
künftigen Museumsbibliotheken zu erkennen. Insgesamt seien inzwischen
100.000 Tonnen Beton und 20.000 Tonnen Stahl verbaut worden.
Dann steht Rettig am Rand des
Schlossplatzes. Drüben sieht man das
ehemalige DDR-Staatsratsgebäude. Darin
sind Elemente des Schlossportals IV verbaut – in der Annahme, es handele sich
um das Tor, wo Karl Liebknecht 1918 vergeblich die sozialistische Republik ausrief. Untersuchungen ergaben inzwischen, dass das aber am Portal V geschah.
„Von diesem Tor bauen wir nun erhaltene
Teile ein“, weiß Rettig. Er blickt durch
den Rohbau der Passage hindurch. Auf
der anderen Seite sieht man die Säulenreihe des Alten Museums und die Fontäne des Brunnens im Lustgarten. Ob wohl
sein südliches Pendant, der Neptunbrunnen, entgegen den Plänen des Senats wieder aufgestellt wird? Rettig lächelt und
meint: „Da bin ich ganz optimistisch.“
IMPRESSUM Eine Veröffentlichung der Berliner Morgenpost Redaktion Sonderthemen: WeltN24 GmbH Redaktionsleitung: Astrid Gmeinski-Walter (V.i.S.d.P.) Redaktion: Stefan Seewald, Matthias Billand, Christoph Frieß Gestaltung: Jaques Bagios
Leitung Vermarktung Berliner Morgenpost: Jan Schiller Verkauf: Ralf Jacobius Verlag: Berliner Morgenpost GmbH Druck: Axel-Springer SE, Berlin
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BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM EXTRA
BERLINER MORGENPOST | DIENSTAG, 9. JUNI 2015
Handwerk im
Geiste Schlüters
Über allem schwebt der Geist Schlüters
und der ihm nachfolgenden Baumeister
des Berliner Schlosses. „Unsere Aufgabe
ist es, den schlüterschen preußischen Barock, der eigentlich ein römischer ist, aufleben zu lassen“, sagt Bertold Just. „Wir leben hier in 1701, denken in schlüterschen
Maßsystemen, in 31,385 cm, dem preußischen Fuß.“ Nur die moderne Technik
würde sie alle wieder ins Hier und Jetzt zurückholen. In den Natursteinfirmen fräsen vorab CNC-gesteuert Roboter das
Gröbste aus dem Stein, der dann durch
des Steinbildhauers Hand vollendet wird.
Die Fassaden entstehen in alter Bildhauertradition. Bei der Rekonstruktion
wird jedes Detail in knetbarem Ton modelliert. Das Tonmodell wird im nächsten
Schritt mit Silikon abgeformt. Daraus
wird das Gipsmodell gegossen, das abschließend in Sandstein übertragen wird.
„Wir bauen das Schloss im Grunde genommen vier Mal “, sagt Bertold Just. Genauso, wie es seinerzeit Andreas Schlüter
machte, werden vorher teilweise kleine
Modelle im Maßstab 1:6 aus Ton gefertigt,
die sogenannten Bozzetti. „Allein fürs
Modellieren haben wir hier in der Bauhütte über drei Jahre gebraucht“, sagt
Bertold Just.
Die Barockfassade des Humboldtforums entsteht
neu. In der Schlossbauhütte arbeiten zwei
Dutzend Steinbildhauer an der Rekonstruktion
Er hält kurz inne, wirft abermals einen
Blick auf die Genie, die geflügelte Gestalt zu seiner Rechten. Dann nimmt er
den Schlegel und setzt ihn beherzt zum
Abhauen der groben Steinmassen an.
Bei diesem Bossieren fliegen ihm die
Schroppen des Sandsteinblockes nur so
entgegen. Später wird er mit Knüppel,
Zahn- und Flacheisen die Draperie der
Skulptur immer feiner durcharbeiten.
Auf dem Gipsmodell ist das Punktiergerät, mit dem er die Dimensionen in den
Stein überträgt, eingerichtet. Gegenüber seinem Holzverschlag steht eine
drei Meter hohe Borussia aus Gips. Die
Schutzheilige scheint aufmerksam sein
Tun zu verfolgen.
Steffen Werner ist Steinbildhauer. Ein
Michelangelo von heute. Die Genie, die er
gerade aus dem 16-Tonnen-Klotz schlägt,
wird einem Schild mit den Initialen von
König Friedrich I., Fridericus Rex, die königliche Krone aufsetzen. Dieser dargestellte Akt gehört zu einer von zwei Kartuschen, die das Portal III, das Hauptportal
am neuen Berliner Stadtschloss, schmücken werden. Die Krönung ist dann zu
Stein geworden, aber als künstlerischer
Akt wird sie für ewig und immerdar die
Gemüter bewegen.
Mit weiteren 24 Steinbildhauern arbeitet Werner in der Schlossbauhütte in
Spandau daran, die drei historischen barocken Außenfassaden des Schlosses sowie die drei Fassaden im Schlüterhof zu
rekonstruieren. Falls das Spendenaufkommen es zulässt, sollen sogar noch die
historische Kuppel und drei weitere Portale des früheren Großen Schlosshofes
wiederauferstehen.
2011 wurde die Schlossbauhütte von
der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum gegründet. In der 1400 qm
großen ehemaligen LKW-Werkstatthalle
auf dem Gelände der britischen Kaserne,
am Askanierring, taucht man in eine andere Zeit ab. Zwanzig Kilometer von der
Baustelle in Mitte entfernt, wird die Fassade für die mächtige Stahlbetonkonstruktion des Schlossneubaus gefertigt.
In den Hallen und den Schauern im Hof
rekonstruieren, modellieren, kopieren,
formen, restaurieren die Modell- und
Steinbildhauer, Steinmetze, Stuckateure
und Restauratoren.
Zwei fünf Meter hohe, zehn Meter breite, atemberaubende Portalbekrönungen
aus Gips machen aus dem Atelier einen
sakralen Raum. Vier Originalstatuen, in
Folie gehüllt, stehen majestätisch in Reih
und Glied, so als ob sie auf ihre Inthronisierung warten. Gigantische Adler starren
ihren Betrachter an.
Wie vor über dreihundert Jahren entstehen in der Schlossbauhütte die Fassa-
den nach den alten Regeln der Steinbildhauerkunst: 300 verschiedene Modelle
für 3000 Schmuckelemente, darunter 90
Widderköpfe, 43 Adler, 45 Initialschilder,
45 Bukranien (Stierschädel), 45 Nabelsteine, 16 kolossale Figuren und über 500
Löwenköpfe. Sie alle werden am Ende in
ein 90 bis 180 Zentimeter dickes Ziegelmauerwerk eingelassen.
Da die Baupläne des Schlosses verschollen sind, musste der Förderverein in Zusammenarbeit mit dem Architektenbüro
Stuhlemmer in detektivischer Kleinstarbeit Fotos, Pläne, Dokumente und Fragmente zusammensammeln und interpretieren. Bei der Spurensuche stießen die
historischen Profiler auch auf OriginalFundstücke, wie z. B. die Krone von Portal
II, die seit der Sprengung des Schlosses einen Berliner Privatgarten schmückte. Im
Park hinter der Klosterkirche wurden Kapitelle von Portal III gefunden, in einer
Kleingartenanlage eine Fama, die Gottheit
des Ruhmes, drei Meter hoch. „Mithilfe aller archivalischen Beweise konnte ein zusammenhängendes Datengerüst und Baupläne erstellt werden, die Basis für die Arbeit der Bildhauer“, erklärt Bertold Just,
der Leiter der Schlossbauhütte. Um sich
dieser Jahrhundert-Herausforderung zu
stellen, ließ er sich von den Staatlichen
Museen zu Berlin beurlauben, wo er als
Leiter der Kunstformerei beschäftigt war.
Die alten Bildhauer im Blick
Sein Team: freischaffende Bildhauer,
die sich für ihren Einsatz mit aufwendigen
Probearbeiten bewerben mussten. Um die
Bildhauer der schlüterschen Bauhütten
um 1700 zu interpretieren, müssen sie
sich mit dem preußischen Barock auskennen, aber auch einen Teil ihrer Persönlichkeit und damit eigene Interpretationsmöglichkeiten aufgeben.
Die Aufgabe der Bildhauer und Steinmetze scheint fast unmöglich: Sie sollen
aus mehr als 9000 Tonnen Sandstein
Kunstwerke, Säulen und Gesimse in ihrer
ganzen Pracht wieder entstehen lassen.
Doch nicht nur in der Bauhütte, auch außerhalb Berlins wird in Natursteinfirmen
wie F.X. Rauch, Bamberger Natursteinwerk, Dressler Bau, Sächsische Sandsteinwerke, Hofmann-Naturstein in
Gamburg und der Firma S. Schubert an
der Fassade gearbeitet.
Die Schlossbauhütte ist dabei ein
Schmelztiegel unterschiedlicher Professionen und Gewerke: „Hier arbeiten Kunsthistoriker, Wissenschaftler, Restauratoren, Architekten, Bildhauer, Kunstformer, Steinbildhauer, Steinmetze für ein Ziel zusammen,“ so ihr Leiter. Das Wissen strahle dabei auch auf verschiedene kleinere Ateliers
ab, die ebenfalls an der Fassadengestaltung
beteiligt sind: Fabbrica und A. Hoferick in
Berlin, das Atelier Klein in Potsdam.
„Die originalen
Bruchstücke verraten
uns viel über Material,
Techniken, Werkzeuge
und historische
Bearbeitung“
Berthold Just,
Leiter der Schlossbauhütte
Überlebensgroß Die Elemente der Außenfassaden werden erst in Gips gegossen und dann von Bildhauern in Sandstein übertragen
FÖRDERVEREIN BERLINER SCHLOSS / ELDACO, BERLIN (3)
T VON HEIDI MÜLLER
3
Handarbeit Steffen Werner arbeitet zusammen mit 24 weiteren Bildhauern an der
Rekonstruktion. Details werden mit Schlegel und Eisen aus dem Block geschlagen
Einzelteile Insgesamt 9000 Tonnen Sandstein werden bei der Gestaltung der Außenfassade verarbeitet
Über aller Handwerkskunst wacht die
Expertenkommission mit Vertretern aus
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
dem Landesdenkmalamt Berlin, der Projektgemeinschaft des Architekten Franco
Stella, der Bauhütte der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung sowie der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum. In ihrem Besprechungsraum
im 1. Stock lehnt, in Folie gehüllt, eine
hölzerne Supraporte aus dem ehemaligen
Gigantentreppenhaus an der Wand. Sie
hat Ornamente, die Bertold Just und seine Bildhauer zur Rekonstruktion der Fassade brauchten. In einem Regal liegen
Bruchstücke von Gesimsen. „Was will
man jetzt mit so einem ollen Brösel, wird
mancher denken. Aber dieses Bruchstück
verrät uns viel über Material, Techniken,
Werkzeuge und historische Bearbeitung,
wie z. B. das Scharrieren der Oberfläche.“
Während die Experten mit Bleistift ihre Korrekturen anbringen, diskutieren sie
mit dem Steinbildhauer Christian Klemmer über sein Bildhauerstück für die
Nordkehlung. „Ich hätte mir nie träumen
lassen, dass ich einmal an der Schlossfassade mitarbeiten werde“, sagt er und ergänzt, dass das wohl ein Familienkarma
sein müsse. Sein Großvater und sein Urgroßvater wären ebenfalls Steinmetze gewesen. Wie alle seiner Zunft zurückhaltend und wortkarg. Kurz vor seinem Tod
habe sein Großvater ihm noch eine Nachricht hinterlassen: „Er sei mächtig stolz
auf mich gewesen“, sagt Christian Klemmer, kehrt wieder in sich und lässt sein
8-Millimeter-Eisen sprechen.
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B E R L I N E R
S C H L O S S
—
H U M B O L D T
Das Berliner Schloss – Humboldt Forum lädt
zum öffentlichen RICHTFEST-Konzert
am 12. Juni 2 015 und zu den
TAGEN DER OFFENEN BAUSTELLE
am 13. und 14. Juni 2 015 ein.
F O R U M
◀
In Berlins historischer Mitte entsteht ein neues Zentrum der
Weltkulturen. Unter einem Dach findet sich die einzigartige
Kombination aus Museen, Universität und weitläufigen
Veranstaltungsbereichen: Ein internationaler Treffpunkt der
Forschung, des Austausches und der kulturellen Verständigung.
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offenen Baustelle erfahren – mit der Humboldt Forum-App
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EXTRA BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM
DIENSTAG, 9. JUNI 2015 | BERLINER MORGENPOST
Zuerst das Schloss,
dann die Stadt
Zunächst gilt es, einen Irrtum auszuräumen: Ein „Stadtschloss“, wie häufig zu lesen ist, hat es in Berlin nie gegeben. Der Begriff Berliner Schloss bezeichnet die landesherrliche Residenz der regierenden
Markgrafen und Kurfürsten der Mark Brandenburg, der Könige in und von Preußen
sowie der deutschen Kaiser aus dem Haus
der Hohenzollern zwischen 1451 bis 1918.
Das Schloss war Gravitationszentrum. Um
diesen wichtigsten Profanbau der Stadt herum entwickelte sich Berlin wie die Jahresringe eines Baumes um seinen Kern, was
den Verleger und Publizisten Wolf Jobst
Siedler formulieren ließ: „Das Schloss lag
nicht in Berlin, Berlin war das Schloss.“
An dieser Dominante orientierten sich
die noch heute existierenden, von den besten Architekten Preußens entworfenen
Bauten der Mitte. Doch nicht nur diese.
Selbst die Bürgerhäuser sowie späteren
Proletarier-Mietskasernen nahmen in der
Gestaltung der Fassaden immer wieder
Bezug auf das barocke Vorbild.
Im Sommer 1443 legte Kurfürst Friedrich II. am Cöllner Spreeufer des damals
noch unbedeutenden Doppelweilers Berlin-Cölln den Grundstein für eine „Zwing
Cölln“ genannte Burg. Dieses Schloss war
fünf Jahre später im Rohbau fertiggestellt
und im Frühjahr 1451 bezugsfertig. Kur-
„Mit der Sprengung
des Schlosses brach
das ganze alte
Berlin zusammen“
Margarete Kühn (1902–1995),
übernahm unmittelbar nach Kriegsende
in Berlin die Leitung der vormals
preußischen Schlösserverwaltung
fürst Joachim II. (1535–1571) ließ von 1538
an das Schloss durch Caspar Theyss umbauen. Als Vorbild diente Schloss Torgau
in Sachsen. Weitere Veränderungen, veranlasst von Kurfürst Johann Georg
(1571–1598), sowie eine Reihe von Ergänzungen durch Kurfürst Joachim Friedrich
(1598–1608) umfassten bereits den äußeren Schlosshof, in dessen Ausmaßen Johann Friedrich Eosander später von 1707
an das Schloss vergrößerte.
Zunächst aber unterbrach der Dreißigjährige Krieg die Bauarbeiten. Kurfürst
Friedrich Wilhelm (1640–1688) kehrte
1646 in das verwahrloste Schloss zurück
und ließ den Lustgarten herrichten. Johann Gregor Memhardt lieferte die Blaupausen für ein Lusthaus, Johann Arnold
Nering für die Orangerie und die Kapelle
der Kurfürstin. Am Ende des 17. Jahrhunderts bestand das Schloss aus zwei aufeinanderfolgenden Höfen von etwa der Ausdehnung des barocken Baus.
Kurfürst Friedrich III. (1688/1701–1713)
wollte indes seinen Machtanspruch als
Friedrich I. König in Preußen hervorheben. Mit seiner Prunksucht – er ließ die
Residenz von Andreas Schlüter in ein barockes Königsschloss umbauen – ruinierte er finanziell die Mark. Schlüter ummantelte den Renaissancebau mit einer neuen
barocken Fassade nach italienischen Vorbildern. Sein Triumph wurde aber noch
vor Beendigung der Umbaupläne 1706
durch das Desaster des Münzturms jäh
beendet. Der von ihm entworfene 108 Meter hohe Turm neigte sich wegen des torfi-
gen Untergrunds zur Seite und musste abgetragen werden. Schlüter büßte daraufhin seine Position ein.
Die Sparmaßnahmen von Friedrich
Wilhelm I. (1713–1740), dem „Soldatenkönig“, vertrieben einen Großteil der Architekten und Künstler aus Berlin. Der Bau
wurde nach den Plänen zwar vollendet,
der Plan einer Schlosskuppel zunächst
aber aufgegeben. Die späteren preußischen Könige verlagerten ihre Ambitionen auf die Schaffung von neuen Raumfluchten. Friedrich II. (1740–1786), Friedrich Wilhelm II. (1786–1797) und Friedrich Wilhelm III. (1797–1840) richteten
sich dort eigene Appartements ein, bevorzugten aber andere Schlösser als Wohnorte. Unter den beteiligten Baumeistern
finden sich Carl von Gontard, Carl Gotthard Langhans und Karl Friedrich Schinkel. Unter Friedrich Wilhelm IV.
(1840–1861) erfolgte mit dem Bau der
Schlosskuppel die erste bedeutende Veränderung des Schlossäußeren. Der Vorentwurf stammte noch von Schinkel und
wurde von seinem Schüler Friedrich August Stüler abgeändert ausgeführt.
Kaiser Wilhelm I. (1861/1871–1888) ließ
die Fassaden des inneren Quergebäudes
im Stil der Neorenaissance umgestalten.
Sein Enkel, Kaiser Wilhelm II. (1888–1918)
plante erneut Veränderungen und Erweiterungen am Schloss, wozu vor allem die
Fürstenwohnungen und die Erweiterung
des Weißen Saales gehörten, aber auch Bäder und eine moderne Heizungsanlage.
Der Erste Weltkrieg und die Revolution
beendeten die Arbeiten. Eine Angleichung
der anderen Hoffassaden erfolgte nicht
mehr. In der Weimarer Republik wurde
das Schloss zum Niemandsland. Von verschiedensten Institutionen genutzt, wurde es zu einem völlig unpolitischen Bau.
Die Nationalsozialisten mieden das
Schloss, Hitler soll es nie betreten haben.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges
wurde der Bau im Frühjahr 1945 bei einem
Bombenangriff schwer beschädigt und
brannte fast vollständig aus. Seine Grundsubstanz war dennoch so gut erhalten,
dass schon kurz nach dem Inferno einige
Räume für Ausstellungen genutzt werden
konnten. Das rettete das Berliner Schloss
indes nicht vor einem politischen Willkürakt. SED-Chef Walter Ulbricht befahl 1950
die Sprengung zugunsten eines Aufmarschplatzes. Selbst die Einwände der
sowjetischen Besatzungsmacht konnten
ihren obersten DDR-Statthalter nicht stoppen. Erst mehr als 20 Jahre nach der Sprengung versuchte die DDR mit dem Bau des
Palasts der Republik die Ödnis auf dem
Schlossplatz zu kaschieren. Das Parlaments- und Veranstaltungszentrum wurde
1976 eröffnet. Am 23. August 1990 stimmte
dort die erste frei gewählte Volkskammer
dem Beitritt zur Bundesrepublik zu. Da das
Gebäude wegen Asbestsanierung bis auf
den Rohbau abgetragen werden musste,
beschloss der Bundestag schließlich den
Abriss, der 2008 endete.
Die technisch zwingenden Gründe für
den Abriss des Palasts wurden schon früh
durch die Debatte um den Wiederaufbau
des Schlosses überlagert. Dass die städtebauliche Dominante wieder in die Berliner
Mitte zurückkehrt, geht wesentlich auf eine Initiative des Fördervereins Berliner
Schloss und seiner Freunde 1993 zurück.
Dessen Errichtung einer Eins-zu-einsSchloss-Simulation am originalen Standort brachte das Berliner Schloss eindringlich in die Erinnerung zurück. Deshalb
können der Geschichte des Baus nun weitere Kapitel hinzugefügt werden.
A
Das Foyer
B
Die Passage
Der mittlere Teil des Humboldtforums, die Passage, die
es so im historischen Schloss nicht gab, bildet die Verbindung zwischen Schlossplatz und Lustgarten. Die beiden neu konzipierten Flügel sind modern gestaltet.
Durch das wieder hergestellte Eosanderportal wird der
Besucher zukünftig das Humboldtforum betreten. Der
35 Meter hohe Raum wird nach oben mit einer Glasdecke abgeschlossen. Darüber thront die Kuppel.
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A
Portal I
Portal II
Portal III
Portal IV
Portal V
Kellergeschoss
z Schlosskeller, Archäologisches Fenster
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Erdgeschoss
Multifunktionssaal (500 Plätze)
Auditorium (600 Plätze)
Seminarräume
Sonderausstellungen
Museum des Ortes
Skulpturensaal
Restaurant der Kontinente
Bistro der Kulturen/Café
Museumsshop/Buchladen
Kasse
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1. Obergeschoss
Staatliche Museen zu Berlin (SMB)
Humboldt-Universität (HU)
Fachbibliothek der SMB
Phonogrammarchiv (HU)
Klangwerkstatt (SMB)
d Ausstellung Welt.Stadt.Berlin
2. Obergeschoss (SMB)
f Ethnologisches Museum
3. Obergeschoss (SMB)
GOLDEN SECTION GRAPHICS;
T VON MATTHIAS BILLAND
STIFTUNG BERLINER SCHLOSS, HUMBOLDTFORUM, FRANCO
STELLA/HILMER & SATTLER UND ALBRECHT (5)
Um den Profanbau entwickelte sich Berlin wie
die Jahresringe eines Baumes um dessen Kern
g Museum für Asiatische Kunst
Dachgeschoss
h Dachcafé (Option)
600 Jahre Geschichte: Der Ort in Bildern
Die Abbildung zeigt das Berliner
Schloss und den Lustgarten um 1650,
der Kupferstich stammt von Johann Georg Memhardt (gest. um 1678). Einen ersten Schlossbau gab
es schon im 15. Jh.. Kurfürst Joachim II. ließ ihn
durch ein Renaissanceschloss ersetzen.
1848
Zwischen 1702 und 1716 erweiterten
Andreas Schlüter und seine Nachfolger das Schloss zum prachtvollen Barockbau. Von
1845 bis 1853 wurde die Kuppel errichtet. (Abb.:
Straßenkämpfe am 18./19. März 1848 in Berlin mit
der Kuppel im Bau; Aquarell von F. Mesmer, 1848).
1918
Die Luftaufnahme zeigt den Schlosskomplex in Berlins Mitte. Wieder
steht er im Mittelpunkt politischer Ereignisse. Am
9. November dankt Kaiser Wilhelm II. ab und verlässt Deutschland. Der Sozialist Karl Liebknecht
ruft am Schlossportal V die Republik aus.
1945
Die Innenstadt von Berlin lag in
Trümmern. Auch das Schloss (Foto
mit Dom) war schwer beschädigt, hätte aber wieder aufgebaut werden können. Doch der Staatsführung der DDR war das Gebäude nichts als Erinnerung an die Hohenzollern, und sie beschloss, …
PA/DPA
PA//DPA
PA/AKG-IMAGES
PA/AKG-IMAGES
1650
PA/AKG-IMAGES
Vom Renaissanceschloss über Schlüter-Bau und Palast der Republik bis zum Neubau des Humboldtforums
1950
… die Ruine aus dem Stadtbild zu entfernen. Von September 1950 an wurde das Schloss abschnittsweise gesprengt. Dort,
wo es gestanden hatte, wurden ein Aufmarschplatz, bedeckt mit Ziegelsplitt, und eine Tribüne
errichtet. Neuer Name: Marx-Engels-Platz.
BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM EXTRA
BERLINER MORGENPOST | DIENSTAG, 9. JUNI 2015
5
Das Humboldtforum:
So soll es aussehen
C
Einblicke in die zukünftige Begegnungsstätte der Weltkulturen
Der Schlüterhof
Die bis in das oberste Geschoss durchgeführte Gestaltung der Tore war ein Markenzeichen des historischen
Schlosses. Mit dem Schlüterhof wird eine der markantesten Barockfassaden wieder hergestellt.
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D
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Die Ostfassade
Einzig die Fassade auf der Spreeseite wird nicht historisch rekonstruiert. Die moderne Gestaltung bildet den
Kontrast zum Berliner Dom. Große Fenster bieten von
innen einen Panoramablick auf Berlins Mitte. Von hier
aus gelangt man künftig direkt in den Skulpturensaal.
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13. und 14. Juni: Tage
der offenen Baustelle
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E
SAMSTAG, 13. JUNI
10:00
Einlass Baustelle für Besucher
12:00
Musikdarbietungen von Studierenden
der Hanns-Eisler-Musikhochschule an
verschiedenen Orten im Rohbau
ca. 14:00 Platzkonzert Stabsmusikkorps
der Bundeswehr
w
16:00
Ende Konzerte Musikhochschulstudenten
18:00
Ende Tag der offenen Baustelle
18:0022:00
ABBY & Winson, präsentiert von FluxFM:
18:00 – DJ Winson
20:00 – ABBY
21:00 – DJ Winson
SONNTAG, 14. JUNI
10:00
Einlass Baustelle für Besucher
11:00
Musikdarbietungen von Studierenden
der Hanns-Eisler-Musikhochschule an
verschiedenen Orten im Rohbau
Ende Konzerte Musikhochschulstudenten
15:00
E
Treffpunkte
1976
SED-Chef Erich Honecker hatte in
programmatischem Gestus veranlasst, einen „Palast der Republik“ zu errichten. Der
Bau, wegen seiner auffälligen Innenbeleuchtung
im Volk auch „Erichs Lampenladen“ genannt, wurde 1976 fertig. Dort tagte u. a. die Volkskammer.
1993
Wilhelm von Boddien begann, sich intensiv für den Wiederaufbau des
Schlosses einzusetzen. Um einen Eindruck des
neu zu bauenden alten Gebäudes zu vermitteln,
ließ er den Bau in historisierender Kubatur neben
dem Republik-Palast auf Planen simulieren.
Konzert Andrej Hermlin mit dem Swing
Dance Orchestra
18:00
Ende Tag der offenen Baustelle
Freier Eintritt. Keine Voranmeldung nötig.
www.sbs-humboldtforum.de
Alle Angaben ohne Gewähr
2008
2002 beschloss der Bundestag den
Wiederaufbau des Schlosses. Nach
einer bis 2002 erfolgten Asbestsanierung wurde
der Palast der Republik in den Jahren 2006 bis
2008 abgerissen. Damit war der lang anhaltende
Streit um seine Zukunft unwiderruflich beendet.
+
PA/DPA/PAUL ZINKEN
PA/PETER ZIMMERMANN
PA
PA/AKG-IMAGES
PA/GÜNTER GUEFFROY
Im modern gestalteten Bau des Humboldtforums wird
es überall Orte geben, an denen sich die Besucher begegnen können. Die zukünftige Cafeteria ist nach allen
Seiten hin zu anderen Teilen geöffnet und verkörpert so
das Konzept der Transparenz.
16:00
2009
Um die Fläche bis zum Baubeginn zu
nutzen, wurde vorübergehend eine
riesige Wiese angelegt. Im Hintergrund steht das
ehemalige Gebäude des DDR-Staatsrates, heute
Sitz der Wirtschaftsschule ESMT, für dessen Bau
Elemente des Schlosstores IV verwendet wurden.
2015
Der Grundstein für das Schloss/Humboldtforum wurde am 12. Juni 2013
gelegt. Seitdem gehen die Arbeiten zügig und planmäßig voran (hier der spreeseitige Abschnitt, an
dem keine historischen Fassadenelemente angebracht werden). Eröffnung soll im Jahr 2019 sein.
6
EXTRA BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM
DIENSTAG, 9. JUNI 2015 | BERLINER MORGENPOST
T VON ECKHARD FUHR
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Wo sich die
Weltkulturen
begegnen
SMB/ ETHNOLOGISCHES MUSEUM/CLAUDIA OBROCKI
Im Humboldtforum werden
die außereuropäischen Sammlungen
in die Mitte Berlins versetzt
Exotisch Flickenmantel eines Derwischs aus dem Iran (Mitte 19. Jahrhundert)
SMB, ETHNOLOGISCHES MUSEUM/DIETRICH GRAF
Es geht darum, die
europäische Sicht auf die exotischen
Objekte zu brechen
PA/ARCO IMAGES, SMB/ETHNOLOGISCHES MUSEUM/MARTIN FRANKEN (2)
Am 2. Juli 2002 beschloss der Deutsche
Bundestag, das Berliner Schloss als Humboldtforum wieder aufzubauen. Er folgte
damit der Empfehlung einer internationalen Expertenkommission „Historische
Mitte Berlins“, die von der Bundesregierung berufen worden war, ein städtebauliches Konzept für die Mitte der deutschen Hauptstadt zu entwerfen. Die eigentliche Urheberschaft der Idee des
Humboldtforums darf aber Klaus-Dieter
Lehmann, der ehemalige Präsident der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz, für
sich beanspruchen. Er schlug vor, die außereuropäischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin zusammen mit
Teilen der Berliner Landesbibliothek und
der wissenschaftlichen Sammlungen der
Humboldt-Universität am Schlossplatz
zu versammeln. Damit waren auch die
Partner dieses gewaltigen Kulturprojekts
genannt: die Preußenstiftung mit dem
Bund als ihrem größten Geldgeber, das
Land Berlin und die Universität. Sie sollten die Mitte Berlins als Ort des kulturellen Austauschs und der Begegnung von
Wissenschaft und Gesellschaft gestalten.
In ihrer notwendigen Offenheit setzte
diese Idee einen gewaltigen Strom von
Konzeptionsprosa in Gang, auf dem wie
Treibholz manche Plattitüde schwamm.
Klar war von Anfang an nur, dass die
Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische
Kunst von Dahlem an die Spree umziehen
und dort in einer neuen Weise präsentiert
werden sollten. Jahrelang zeigte sich die
kulturpolitische Öffentlichkeit von der
„Agora“ fasziniert, also von der Vorstellung, das Humboldtforum müsse vor allem eine Bühne für den öffentlichen Diskurs werden. Das Gespenst vom Schloss
als Eventschuppen ging um, bis sich im
Zuge immer konkreter werdender Planungen die Erkenntnis durchsetzte, dass
auch dieses Museum neuen Typs von den
Sammlungen her gedacht werden müsse.
Im Frühjahr dieses Jahres berief Kulturstaatsministerin Monika Grütters Neil
MacGregor, den Direktor des Britischen
Museums, zum Vorsitzenden der dreiköpfigen Gründungsintendanz des Humboldtforums. MacGregor ist ein Museumsmann durch und durch, der dafür
steht, die musealen Objekte selbst zum
Sprechen zu bringen und sie nicht zu Illustrationsmaterial für irgendwelche
Theorien zu degradieren. Das Publikum
kann sich also vor allem auf ein neues Museum freuen, jedoch auf eines, das seine
Rolle und Funktion in der Gegenwart neu
überdenkt. Es bleibt noch viel Raum auch
zum gedanklichen Experimentieren. Aber
es gibt keinen Grund, das Schloss mit dem
Humboldtforum als größte Mehrzweckhalle der Nation zu schmähen.
Vor allem den Direktoren und Kuratoren der Sammlungen ist es zu verdanken,
dass trotz der oft missgelaunten Begleitmusik in den Feuilletons die konzeptionelle Arbeit Schritt um Schritt vorangetrieben wurde, sodass es jetzt, zum Richtfest des Baus, durchaus möglich ist, einen
Spaziergang in die nahe Museumszukunft
zu unternehmen. Das gilt jedenfalls für
das, was die Staatlichen Museen zu verantworten haben.
Den Besucher, der durch das Eingangsportal das gewaltige, von dreigeschossigen Galerien gesäumte Foyer betritt, mag
es schwindeln und man wird ihm nicht
verdenken, wenn er erst einmal in einem
der Cafés und Restaurants in aller Ruhe
darüber nachdenkt, wie er sich die gewaltige Vielfalt von Optionen, die sich ihm
auf 40.000 Quadratmetern Nutzfläche
bieten, erschließen soll. Im Erdgeschoss
wird der Ort, an dem er sich befindet,
selbst thematisiert. Eine große Installation aus den verschiedensten musealen Objekten soll an die „Wunderkammern“ der
Renaissance und des Barock erinnern, die
Insignien Thronsessel für König Nsangu von Bamun in Westafrika (oben, 19. Jahrhundert);
kultische Uli-Figur von der pazifischen Insel Neuirland (unten)
Raumgreifend Die Ausstellungsflächen und auch der Transport der großen
Südseeboote wurden schon bei der Bauplanung des Schlosses berücksichtigt
Urzellen des europäischen Museums,
wenn man so will. In diesen Kabinetten
versammelten die Fürsten Kunst- und Naturobjekte aller Art, um die Welt in ihre
Schlösser zu holen. Auch die preußischen
Könige sammelten auf diese Weise. Anfang des 19. Jahrhunderts ging ihre Wunderkammer in den wissenschaftlichen
Sammlungen der Universität auf. Das
Humboldtforum hat also an dem Ort, an
dem es entsteht, durchaus historische
Wurzeln. Es ist ihm nicht aufgepfropft.
Die Geschichte des Schlosses ist im
Erdgeschoss Gegenstand einer eigenen
Ausstellung. Dieses „Museum des Ortes“
öffnet auch ein archäologisches Fenster
zu den unterirdischen Spuren dieser Geschichte. Räume für Sonderausstellungen,
ein Kino, ein Bühnensaal ergänzen das
Angebot im Parterre.
Das erste Obergeschoss, die Beletage,
teilen sich Landesbibliothek und Humboldt-Universität. Was den Besucher hier
rückt sehen, denn sie verkörperten das, was Berlin als Metropole
ausmache. „Die Fähigkeit, Impulse zu geben und Visionen
zu entwickeln, und die Offenheit, Ideen aus der Welt aufzunehmen und sich zu eigen zu
machen.“
Die Universität steht
vor der Aufgabe, sichtbar
zu machen, was sich zumeist unspektakulär in
Bibliotheken, Studierzimmern und Labors
vollzieht: Wissenschaftliche Forschung. Mitarbeiter der Universität
wollen einem überwiegend jungen Publikum ihre Arbeit nahebringen und
zeigen, wie Wissenschaft und
Forschung das Leben jedes
Einzelnen bestimmen. Stock-
erwartet, ist noch ziemlich offen
und vage. Berlin wollte ursprünglich den der Landesbibliothek
zur Verfügung stehenden Platz
mit einer Ausstellung über die
„Welt der Sprache“ bespielen.
Der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller hält es für
dringlicher, dass sich die Stadt
selbst inszeniert. Unter dem
Motto „Welt.Stadt.Berlin“ soll
nun interaktiv vermittelt werden, wie Berlin die Welt und
die Welt Berlin beeinflusst.
Das liegt in gefährlicher Nähe
zur Sphäre der TourismusWerbung. Müller will allerdings die beiden Namensgeber des Forums, den großen
Bildungsreformer Wilhelm von
Humboldt und den großen Forschungsreisenden Alexander von
Humboldt in den Vordergrund ge-
werknachbar der Landesbibliothek und
der Universität wird außerdem eine von
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufzubauende Forschungsbibliothek zu außereuropäischen Kulturen werden.
Der meiste Platz, das gesamte zweite
und dritte Obergeschoss, steht den beiden Museen zur Verfügung. Ihre Planungen gehen schon ins Detail und wurden
bei der Bauplanung berücksichtigt. Das
Ethnologische Museum wird im zweiten
Obergeschoss drei geografische Schwerpunkte inszenieren: Ozeanien, Afrika und
Amerika. Dabei geht es immer auch darum, die Geschichte dieser Sammlungen
zu reflektieren und die europäische Sicht
auf die „exotischen“ Objekte durch der
Perspektive der Herkunftskulturen zu
brechen. So etwa kann das Bild von Afrika
als „schwarzem“, geschichtslosem Kontinent als Fiktion kenntlich gemacht werden. Afrikanische Kulturen warteten keineswegs darauf, von Europäern „entdeckt“ zu werden. Sie waren vielfach mit
der Welt vernetzt.
Spektakulären Großobjekten wie den
polynesischen Booten oder den buddhistischen Höhlentempeln von der Seidenstraße soll großzügig Raum gegeben werden, schließlich ist es zunächst die Schaulust, die Menschen ins Museum lockt. Die
Südseeboote ragen aus dem ersten Stock
in die Ausstellungsebene der ethnologischen Sammlungen hinein und können
von oben besichtigt werden. Und in der
asiatischen Abteilung wird der chinesische Architekt Wan Shu einen großen
Saal zur chinesischen Hofkunst gestalten
und mit dieser Inszenierung von Kunst
als Herrschaftsrepräsentation sicher einen Bogen in die Gegenwart schlagen.
Gegenwartsbezug wird dann auch das
Charakteristikum von Sonderausstellungen zu großen Menschheitsfragen wie Migration und Religion sein, die aus dem
Fundus der Sammlungen bestückt werden können.
Die außereuropäischen Sammlungen
der Staatlichen Museen zu Berlin gehören
zu den bedeutendsten der Welt. Sie haben
es verdient, aus ihrer Dahlemer Randlage
in die Mitte Berlins versetzt zu werden.
Das hat nichts mit multikulturellem
Kleinklein zu tun, sondern es unterstreicht die Bedeutung Berlins als kulturelle Metropole.
Das Richtfest, das nun für den Bau gefeiert wird, kann man auch auf seinen Inhalt beziehen. Der Rohbau steht. Es
bleibt noch Raum für Experimente. Aber
die Grundidee, die Berliner Museumsinsel mit ihrem überwältigenden Panorama antiker und europäischer Zivilisationsgeschichte über die Spree hinweg zu
den außereuropäischen Kulturen zu erweitern, erwies sich als nachhaltig. Sie
hat alle Debattenstürme überlebt. Sie
war die richtige Idee, den Raum in der
Mitte Berlins zu füllen.
Die Museen
Ethnologisches Museum Das Haus
gehört seit seiner Gründung zu den
größten und bedeutendsten Sammlungen seiner Art weltweit. Hervorgegangen ist es aus der königlichen
Kunstkammer. Seine Anfänge reichen
in das 17. Jahrhundert zurück. In den
Beständen befinden sich über
500.000 ethnografische, archäologische und kulturhistorische Objekte. Sie
kommen aus Afrika, Asien, Amerika,
Australien und der Südsee. Dazu kommen 140.000 ethnologische Tondokumente, 285.000 Fotografien, 20.000
Filme und 200.000 Seiten schriftliche
Dokumente. Untergebracht sind die
Sammlungen seit 1967 in einem dafür
errichteten Museumsbau in Dahlem.
Museum für Asiatische Kunst
Als Ausgründung aus dem Museum für
Indische Kunst und dem Museum für
Ostasiatische Kunst besteht das Haus
erst seit 2006. Das Museum präsentiert mit seinen Objekten Kunst unterschiedlichster Zeiten, die von Meistern
des indo-asiatischen Kulturraums
durch die Jahrhunderte hinweg geschaffen wurde. Zu ihnen zählt die
berühmte Turfan-Sammlung mit Skulpturen und Malereien aus buddhistischen Kultbauten. Ihre Malereien und
Skulpturen aus buddhistischen Kultbauten des heutigen Nordwestchina
entstammen dem 3. bis 13. Jahrhundert. Allein die ostasiatische Sammlung
umfasst 13.000 Objekte.
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Halbzeit
Nun braucht das Schloss aber immer noch über 50 Millionen €.
Das ist viel Geld, aber machbar:
Diese Summe steht für 125.000 Menschen, die sich mit
400 € einmalig, oder mit 100 € vier Jahre lang im Spendenabonnement engagieren wollen. Jeder Betrag ist steuerlich
begünstigt und bei der Steuererklärung absetzbar.
125.000 Menschen stehen für zwei gut gefüllte Fußballstadien,
für drei Prozent aller Bewohner des Großraums Berlin oder für
eineinhalb Promille aller 82 Millionen Deutschen.
Das Schloss feiert sein Richtfest, die Halbzeit auf dem Weg zur
Fertigstellung.
Nun wurde mit dem Fassadenbau begonnen, jeden Tag wird
der Rohbau ein herrliches Stück schöner!
Halbzeit haben wir jetzt auch bei der Spendensammlung. Von
105 Millionen € , die für die Fassaden aufgewendet werden
müssen, spendeten Bürger aus allen Gesellschaftsschichten
bereits fast die Hälfte.
Das erfüllt uns mit großer Dankbarkeit!
Machen Sie mit, schenken Sie sich Ihren Anteil am Schloss und an der neuen Schönheit des alten Berlin.
Halbzeit. Wir schaffen die andere Hälfte auch, mit Ihrer Hilfe!
Spenden Sie über das Internet: www.berliner-schloss.de oder direkt auf unser Spendenkonto:
Förderverein Berliner Schloss e.V., Verwendungszweck:
wendungszweck: Halbzeitspende, BIC: DEUTDEBBXXX, IBAN: DE41 1007 0000 0077227700 bei der Deutschen Bank – Beratung auch am Telefon: 040 / 898 07 50
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BERLINER MORGENPOST | DIENSTAG, 9. JUNI 2015
BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM EXTRA
In illustrer
Nachbarschaft
7
Blickfang Von der
James-Simon-Galerie,
die gerade errichtet wird,
geht der Blick über
den Lustgarten zum
Humboldtforum
(Simulation)
griffen einen früheren Entwurf Alfred
Messels von 1907 auf – Chipperfields Verbeugung vor der Geschichte der Museumsinsel. Zudem sei das Gebäude nach
Süden ausgerichtet worden, denn die
„neue Hauptadresse heißt Humboldtforum“. Der Besucherstrom solle zum
Schloss umgeleitet werden. Allerdings
werde es aus Kostengründen keinen Fußgängertunnel dahin geben. Doch gebe es
Ideen, die Verkehrswege in dem Bereich
neu zu regeln. Die James-Simon-Galerie
wird den zentralen Service für die Besucher aufnehmen. Von hier aus gelangen
die Gäste über die sogenannte Archäologische Promenade in vier der fünf Museen. Neben den Kassen wird es hier auch
einen Museumsshop, ein Café und Räume für Sonderausstellungen geben.
Sehr zufrieden ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dass der größte Besuchermagnet auf der Insel, das Pergamonmuseum, während der gesamten Umbauzeit wenigstens in Teilen geöffnet bleiben
wird. Seit Herbst 2014 ist allerdings der
namensgebende Pergamonaltar nicht für
Besucher zugänglich. Die Sanierung des
Pergamonmuseum erfolgt in mehreren
Bauabschnitten. Zunächst werden der
Nordflügel und der Mittelteil des Hauses
renoviert. In einem zweiten Bauabschnitt
wird dann der vierte Flügel auf der Westseite gebaut. Schon der Architekt des Pergamonmuseums, Alfred Messel, nach
dessen Plänen das Haus zwischen 1910
und 1930 errichtet wurde, hatte diesen
vierten Flügel vorgesehen. Durch ihn
wird künftig ein Rundgang vorbei an den
großen architektonischen Exponaten
möglich sein. Während der Grundinstandsetzung werden auch der Eingangsbereich und die Brücke über den Kupfergraben erneuert. Bis zum Ende des ersten
T VON STEFAN SEEWALD
Am Humboldtforum wird eifrig gebaut.
Doch auch wenn man durch den Lustgarten in Richtung Museumsinsel geht, stößt
man auf zahlreiche Baustellen. Seit Jahren wird das Unesco-Welterbe im Rahmen eines Masterplans saniert. Die Besucherbereiche werden neu strukturiert.
Derzeit wohl wichtigste Baustelle, weil
künftiges Herz der Museumsinsel, ist die
James-Simon-Galerie, benannt nach dem
Berliner Mäzen James Henry Simon
(1851-1932). Hier werden nach Fertigstellung die Besucher empfangen. Projektiert
wurde das Gebäude von David Chipperfield Architects, der auch schon die Sanierung des Neuen Museums verantwortete.
Im Herbst 2013 fand die Grundsteinlegung statt – vier Jahre später als geplant.
Entsprechend verzögert sich die Eröffnung der Galerie. Statt 2013 ist es jetzt
erst 2018 soweit. Grund sind große Probleme mit dem Baugrund und dem
Grundwasserspiegel. Eine der Baufirmen
ging pleite und hinterließ Pfusch. Zum
Abtragen fehlerhaften Betons mussten
Taucher eingesetzt werden. Beides verursachte weitere Kosten. Nach derzeitigem
Stand kostet die Galerie laut der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz etwa 133 Millionen Euro. Ursprünglich waren 77 Millionen Euro angesetzt. Inzwischen kann der
Interessierte am Kupfergraben aber deutliche Fortschritte feststellen. Das Gebäude wächst aus der Baugrube.
Die Blaupausen wurden in der Vergangenheit mehrfach überarbeitet. Der Besucher wird nun durch eine breite Freitreppe empfangen. Optisch wird die Galerie
vor allem durch die Kolonnaden geprägt.
Martin Reichert vom Büro Chipperfield
sagt, die Hochkolonnaden der Galerie
BPK / STIFTUNG PREUSSISCHER KULTURBESITZ
Die gesamte Museumsinsel wird nach einem
Masterplan saniert und neu strukturiert
Auf der Museumsinsel
wird der Charakter
der historischen
Ausstellungshäuser
gewahrt und zugleich
ein zukunftsfähiger
Campus entwickelt
Bauabschnittes 2019 bleiben unter anderem das Markttor von Milet, das IschtarTor und die Mschatta-Fassade zugänglich. Die Sanierung und teilweise Neugestaltung des Hauses soll im Jahr 2025 abgeschlossen sein.
Wann das Alte Museum mit seiner Säulenfront am Lustgarten grundsaniert
wird, ist noch nicht endgültig entschieden. Der Sanierungsplan sieht vor, im Sockelgeschoss weitere Ausstellungsräume
zu gewinnen und die beiden Innenhöfe
mit Glasdächern zu versehen. Bereits abgeschlossen sind die Sanierung der Freitreppe sowie der Rotunde im Inneren.
Ein wesentliches Element des künftigen Konzeptes der Museumsinsel ist die
Archäologische Promenade. Sie wird
nach Abschluss der Bauarbeiten vier der
fünf Häuser unterirdisch beziehungsweise in den Sockelgeschossen miteinander
verbinden. Die Passage führt dann vom
Alten zum Neuen Museum, weiter zum
Pergamonmusem und endet im BodeMuseum. Auch von der Simon-Galerie
aus wird sie zugänglich sein. Dem Besucher bietet sich damit die Möglichkeit,
von einem Haus in das nächste zu wechseln. Inhaltlich wird sich die Promenade
mit übergreifenden Themen befassen.
Auch die Neugestaltung der Außenbereiche ist Teil des Masterplans. Bereits
2010 fertiggestellt wurden der Kolonnadenhof vor der Alten Nationalgalerie. Zukünftig soll auch der Spreeuferbereich
zwischen den Kolonnaden und dem Pergamonmuseum für Besucher erschlossen
werden. Als erstes Gebäude auf der Museumsinsel wurde die Alte Nationalgalerie
2001 wiedereröffnet. 2006 folgte das Bodemuseum. Der Wiederaufbau des neuen
Museum wurde 2010 abgeschlossen.
Nördlich der Stadtbahn am Kupfergraben, auf dem Areal der sogenannten Museumshöfe, öffnete 2012 das Archäologische Zentrum. Nach Vorstellung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz könnten
an dieser Stelle in einem noch zu bauenden Komplex die Gemäldesammlung der
Alten Meister und die Skulpturensammlung in einer gemeinsamen Schau präsentiert werden. Aber das ist Zukunftsmusik.
Zu den illustren Nachbarn des Humboldtforums zählt auch die Staatsbibliothek Unter den Linden – auch sie eine
Baustelle, wenn auch bei laufendem Betrieb. Abgeschlossen ist der erste Bauabschnitt. Dazu zählen ein neuer Allgemeiner Lesesaal, der Rara-Lesesaal, ein neues
Benutzungszentrum und das Digitalisierungszentrum. In einem zweiten Bauabschnitt wird seit 2012 der südliche Gebäudeteil saniert. Unter anderem werden
die zentrale Erschließungsachse und die
Kuppel wiederhergestellt. Zudem wird
ein Bibliotheksmuseum eingerichtet.
Nach der Gesamtfertigstellung im kommenden Jahr sollen insgesamt 650 Benutzerarbeitsplätze zur Verfügung stehen.
Aber auch im sonstigen unmittelbaren
Umfeld des künftigen Humboldtforums
drehen sich die Baukräne. Jenseits der
Spree wird derzeit auf und unter einem
großen Areal an der Verlängerung der UBahnlinie 5 mit dem Bahnhof Museumsinsel gearbeitet. Und westlich vom
Schloss entstehen direkt neben der
Friedrichwerderschen Kirche sogenannte Townhäuser. Möglicherweise bringt
die Neugestaltung der historischen Mitte
auch die Diskussion über die Wiedererrichtung der Schinkelschen Bauakademie voran, die derzeit, abgesehen von einem Eckportal, lediglich auf Folien simuliert wird.
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Kosmopolit Alexander von Humboldt öffnete
den Blick der Deutschen für neue Welten
PA/J. PFEIFFER
PA/CPA MEDIA CO.
Deutsche Bank
deutsche-bank.de
Universalgelehrter Wilhelm von Humboldt betrieb die Gründung der Berliner Universität, die
heute seinen Namen und den seines Bruders Alexander trägt. Dort erinnert ein Denkmal an ihn
Visionäre Weltbürger
Das Wissensideal von Wilhelm und Alexander von Humboldt wird die
Inhalte des nach ihnen benannten Forums im Berliner Schloss bestimmen
T VON MATTHIAS BILLAND
Wilhelm und Alexander von Humboldt
haben Geschichte geschrieben. Als Philosoph, Sprachforscher und preußischer
Staatsmann der Ältere. Als Naturforscher, Schriftsteller und Weltreisender
der Jüngere. Aufgewachsen im Zeitalter
der Aufklärung, bestimmten die Brüder
den intellektuellen Höhenflug der Klassik
mit, um einen akademischen Universalismus zu entwerfen, der bis in unsere Zeit
nichts an Bedeutung verloren hat. Lange
wurden Wilhelm und Alexander von
Humboldt lediglich als historisch interessante Charaktere wahrgenommen. Doch
mittlerweile ist sowohl die herausragende Qualität ihrer wissenschaftlichen Leistungen als auch ihre Bedeutung als Vordenker der Globalisierung unbestritten.
Wie aktuell das Wissensideal der Gebrüder ist, zeigt das geplante Humboldtforum im Schloss in Berlins Mitte. Hier
wird nun schon in absehbarer Zeit die
Idee einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft Realität, mit der Wilhelm und
Alexander von Humboldt den Blick auf
die Verbindungen zwischen den Kulturen
zu öffnen suchten. Im 18. und 19. Jahrhundert waren die beiden Gelehrten damit ihrer Zeit weit voraus. Getreu seiner
Namensgeber wird das Humboldtforum
für ein gleichberechtigtes Zusammenleben der Kulturen und Nationen stehen.
Mit ihrem weltoffenen Blick und der Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten, versinnbildlichen die Brüder Wilhelm und
Alexander den Geist, der das Humboldtforum durchdringen wird.
Der Bildungsreformer Wilhelm von
Humboldt (1767–1835) beteiligte sich als
Politiker im preußischen Berlin an der
Gründung von Universität und Museen.
Die maßgeblich von ihm mitgetragene
Friedrich-Wilhelms-Universität (heute
Humboldt-Universität) verkörperte sein
Ideal einer Einheit von freier Forschung
und Lehre auf der Grundlage eines fächerübergreifenden Kanons. Wilhelm
von Humboldt strebte ein dreistufiges
Einheitsschulsystem mit dem Elementar-, dem Gymnasial- und dem Hochschulunterricht an. Zudem wurde Humboldt, der einige Jahre als Gesandter beim
Heiligen Stuhl wirkte, als Pionier der Erforschung der Struktur der außereuropäischen Sprachen bekannt. Quelle dieses
Forschungsdrangs war Wilhelm von
Humboldts Menschenbild, in dem Sprache die Schlüsselrolle innehatte.
Alexander von Humboldt (1769–1859)
brach bereits in jungen Jahren auf, um auf
dem amerikanischen Kontinent grundlegende Erkenntnisse zu gewinnen. Er befuhr wenig bekannte Flüsse und bestieg
den Chimborazo. Der erloschene Vulkan
im heutigen Ecuador galt damals als der
höchste Berg der Erde. In seinem sich
über einen Zeitraum von mehr als sieben
Jahrzehnten erstreckenden Gesamtwerk
schuf der sogenannte zweite Kolumbus
einen „neuen Wissens- und Reflexionsstand des Wissens von der Welt“. Er wurde zum Mitbegründer der Geographie als
empirischer Wissenschaft. Feldstudien
betrieb er unter anderem in den Bereichen Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Vegetationsgeographie, Zoologie, Klimatologie,
Ozeanographie und Astronomie. Zudem
korrespondierte er mit bedeutenden Spezialisten verschiedener Fachrichtungen
und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk eigener Prägung. Die Auswertung
seiner Reisen beschäftigte Alexander von
Humboldt ein Leben lang und machte ihn
weltberühmt. In seinem Hauptwerk
„Kosmos“ versuchte er eine Gesamtschau von Natur und der vielfältigen Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt. Als einer der wenigen Wissenschaftler seiner Zeit klagte Alexander von Humboldt Rassismus und Sklaverei an.
Der Name Humboldt steht für einen
vorurteilsfreien Dialog zwischen den Kulturen der Welt. Alexander und Wilhelm
von Humboldt waren nicht nur tolerant.
Sie wollten andere Kulturen verstehen
und wählten hierzu den Weg der Begegnung und des Kennenlernens, auch zum
Gewinn für das eigene Selbstverständnis.
Das Werk der Brüder vereint gesellschaftliches Handeln, Kunst und Wissenschaften auf beispielhafte Weise. Die Humboldts waren Welt- wie Staatsbürger. Sie
wollten das eigene Land durch Reformen
verbessern. Aber sie hatten in ihrem Denken auch stets die Welt als Ganzes im
Blick. Es ging ihnen um die Entfaltung der
gesamten Menschheit und um eine moderne Zivilgesellschaft.
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Willkommen zurück
in unserer Mitte
Seit unserer Gründung 1870 in Berlin fühlen wir uns als Deutsche Bank eng
mit der Hauptstadt verbunden. Durch unser vielseitiges Engagement, z.B. für
die Berliner Philharmoniker, die Deutsche Bank KunstHalle und die Komische
Oper, wissen wir: Einzigartige kulturelle Stätten bereichern die Lebendigkeit
unserer Stadt. Als Partner der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Förderer
des kulturellen Austausches in Berlin gratulieren wir herzlich zum Richtfest
des Berliner Stadtschlosses.
EXTRA BERLINER SCHLOSS HUMBOLDTFORUM
T VON MANUELA BLISSE
Auf dem Schinkelplatz erheben sich monumentale Denkmäler für Albrecht Daniel Thaer, Peter Christian Wilhelm
Beuth und Karl Friedrich Schinkel. Die
Schlossbrücke ziert eine achtköpfige
Skulpturengruppe aus Carrara-Marmor
von Schinkel. Und mit der Umgestaltung des Lustgartens Ende der 1990erJahre wurde auf den Fundamenten des
alten Brunnens eine moderne Version
mit fontänenartigen Wasserspielen errichtet. Viele dekorative Elemente also
in der Umgebung der Schloss-Rekonstruktion, deren Richtfest am 12. Juni
gefeiert wird. Und noch ist auch auf dem
Schlossplatz alles voll gestellt. Bis zur
Eröffnung des Humboldtforums im September 2019 bestimmen Baufahrzeuge
und Container das Bild. Doch dann
droht die große Leere. Denn dann wird
eine „Steinwüste“ den Schloss-Neubau
umgeben.
So jedenfalls sieht das der Chef des
Fördervereins Berliner Schloss, Wilhelm
von Boddien. Deshalb „stellen wir jetzt
das Umfeld wieder zur Debatte“, wie er
Ende Mai bei der Eröffnung einer kleinen
Ausstellung in der Humboldt-Box sagte.
Ziel sei es, dem Nahbereich rund um das
Schloss seinen ursprünglichen Charakter
und seine Schönheit zurückzugeben.
Das Problem: Für die Neugestaltung
des Platzes gab es bereits einen städtebaulichen Wettbewerb. Und gewonnen
hatte diesen 2013 die „bbz landschaftsarchitekten berlin“. Deren Entwurf
sieht, grob gesagt, eine Gestaltung mit
schmalen Grünstreifen – ein Verweis
auf die historischen Terrassen – sowie
am südlichen Schlossplatz tatsächlich
eine steinerne, versiegelte Fläche vor.
Doch realisiert würde der Entwurf erst
in etwa zwei Jahren. Und diese Zeit will
von Boddien nutzen, wie er es auch
schon viele Jahren seit der Verkündung
der Wiederaufbau-Vision getan hat:
Steter Tropfen höhlt den Stein – und
dieser Stein heißt nun SchlossplatzUmfeld. „Wir meinen, dass ein Stück
Berliner Geschichte zurückkehren sollte und wünschen uns, dass Berlin die
Chance nutzt, die berühmte Lustgartenterrasse mit den historischen Skulpturen der Oranierfürsten und der Rossebändiger wiederherzustellen“, so von
Boddien.
DIENSTAG, 9. JUNI 2015 | BERLINER MORGENPOST
Fünf Fürsten,
zwei Rossebändiger
und ein Brunnen
PA/AKG-IMAGES (2)
Rückblick Der Neptunbrunnen, heute an der Marienkirche, um 1900 auf dem Schlossplatz
Das Gemälde „Blick vom Berliner Schloss auf die Straße unter den Linden“, gemalt 1847 von Wilhelm Brücke, zeigt auch die „Rossebändiger“
Seit 2013 gibt es einen fertigen Entwurf für die Gestaltung des Schloss-Umfeldes. Doch der Förderverein ist mit den
Plänen unzufrieden und hat die Debatte neu eröffnet. Aus den Niederlanden bekam er dazu königliche Unterstützung
Recht einfach wäre das im Falle der
beiden markanten Rossebändiger. Die
beiden 1858 aufgestellten Bronzefiguren
von Peter Clodt von Jürgensburg waren
nach dem Krieg abgebaut und im Kleistpark vor dem ehemaligen Kontrollratsgebäude aufgestellt worden. Sie könnten
quasi einfach zurück an ihren ursprünglichen Standort am Schloss umziehen.
Schwieriger wäre das im Falle der fünf
Oranierfürsten, die zusammen mit den
Rossebändigern die Balustrade an der
Lustgartenseite des Schlosses schmückten. Von den fünf ehemals mehr als 2,70
(1584–1647), seinem Sohn Prinz Wilhelm
II. (1626–1650) sowie dessen Sohn Prinz
Wilhelm III. (1650–1702), müssten dagegen komplett neu gefertigt werden. Organisatorisch wie finanziell sei dies, so
der Fördervereins-Chef, machbar. Drei
der vier Fürsten wären, wenn auch teils
als Kopien, in übermannshoher Originalgröße vorhanden. Der dadurch vereinfachte Neuguss pro Skulptur würde sich
auf etwa 200.000 Euro belaufen – bei
den fürs Schloss durch Spenden zusammengetragenen Millionen organisierbar.
Tatsächlich steht ein Duplikat von
Prinz Wilhelm III., 2007 aufwendig gereinigt und konserviert, vor dem Kensington Palace in London, eine Kopie von
Prinz Wilhelm von Oranien vor der
Marktkirche in Wiesbaden. Und der
Zweitguss von Prinz Friedrich Heinrich
hat seinen Platz im Garten des Schlosses
Het Loo in Apeldoorn gefunden.
Nur das Standbild von Prinz Wilhelm
II. müsste komplett neu entworfen werden, da es keine lebensgroße Kopie gibt.
Was es aber gibt, sind Miniaturen der
fünf Skulpturen, jeweils rund 50 Zentimeter groß und etwa einen Zentner
schwer. Sie waren einst ein Geschenk
von Kaiser Wilhelm II. an die niederländische Königin Wilhelmina zu ihrem 27.
Geburtstag im August 1907, sind heute
im Besitz der Stiftung Historische
Meter hohen Bronzeskulpturen existiert
nur noch eine als Original: Das Standbild
von Prinz Moritz (1567–1625), Sohn von
Wilhelm I., lag bis 1950 am Straßenrand,
galt dann als verschollen und tauchte
nach der Wende in Berlin-Buch wieder
auf. Derzeit befindet es sich im Depot der
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam. Diese Figur könnte wohl
unproblematisch restauriert werden.
Die vier anderen Figuren, Darstellungen von Prinz Wilhelm von Oranien
(1533–1584), auch genannt „Der Schweiger“,
Prinz
Friedrich
Heinrich
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Building
UNSER
PROJEKT
Wilhelm von Boddien,
Geschäftsführer des Fördervereins
Berliner Schloss e. V.
Sammlungen des Hauses Oranien-Nassau und stehen eigentlich in Den Haag.
Doch um für die Rekonstruktion der
großen Skulpturengruppe zu werben,
hat von Boddien einen kleinen Coup gelandet: Er brachte die fünf Miniaturen
als Leihgabe nach Berlin. Sie stehen jetzt
für ein Jahr in der Humboldt-Box und
sollen dort, gepaart mit historischen
Aufnahmen und Computersimulationen, die Besucher von der Notwendigkeit der Wiederherstellung der großen
Figuren überzeugen.
Objekt drei auf der Wunschliste des
Hamburgers: der Neptunbrunnen. Auch
Die Stiftung und der Förderverein
© Yuri
MEINE
STADT
„Wir wollen der Stadt
ein Stück Schönheit
zurückgeben“
er schmückte einst den Schlossplatz,
die südliche Platzseite. Nun unweit des
Roten Rathauses auf dem Alexanderplatz aufgestellt, steht eine Restaurierung an, für die er abgebaut werden
muss. Für Boddien wäre die Sache klar:
Im frischen Gewand zurück zum
Schloss. Die Umsetzungskosten beziffert er auf rund 1,5 Millionen Euro. Dass
der genaue Standort durch die am Platz
anführende teils kurvige Straßenführung nicht möglich sei, werde sich auch
lösen lassen.
Dass beim Schlossplatz gestalterisch
noch nicht aller Tage Abend sein muss,
geht auch aus den Worten des Geschäftsführers der „bzz landschaftsarchitekten
berlin“, Timo Herrmann, hervor. Eine
Erweiterung der Pläne sei vorstellbar.
Das räumt auch die Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung ein. „Wir stehen zu
dem Siegerentwurf. Er ist zeitgemäß und
nimmt die historischen Spuren auf, zum
Beispiel bei den Lustgartenterrassen. Er
folgt dort auch den Anforderungen des
barrierefreien Zugangs zum Humboldtforum. Außerdem ermöglicht der Entwurf explizit die Umsiedlung von Skulpturen wie den Rossebändigern und auch
dem Neptunbrunnen, wenn dies gewollt
ist“, so Sprecher Martin Pallgen. Am Ende sei die Platzgestaltung eine kulturpolitische Entscheidung.
Von der Schlossattrappe zur Fassade. Das Spendensammeln geht weiter
© Henning Maier-Jantzen
Am 12. Juni wird am Berliner Schloss
Richtfest gefeiert. Pünktlich zu diesem
Termin sind über dem Rohbau die Konturen der Kuppel über der Westfassade zu
erkennen. Bauherrin der Gebäudes ist die
Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum. Sie ist auch Eigentümerin und Betreiberin des Hauses. Stiftungsvorstand
Manfred Rettig ist mit dem bisher Geleisteten zufrieden: „Wir liegen im Zeit- und
Kostenplan.“ Die Stiftung, 2009 gegründet, wird durch Beschluss des Bundestages vom Bundesbauministerium gefördert. Die Gesamtkosten für den Bau sind
mit 590 Millionen Euro geplant. Davon
trägt der Bund 478 Millionen, das Land
Berlin 32 Millionen Euro.
Im Stiftungsrat arbeiten bereits die zukünftigen Nutzer des Humboldtforums
zusammen. Das sind unter anderem Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz, Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen
Museen zu Berlin. Vertreten sind auch die
Ein Schloss für die Hauptstadt.
Stiftung Zentral- und Landesbibliothek
Berlin sowie die Berliner Humboldt-Universität. Auch die Bundesregierung und
das Land Berlin arbeiten hier mit.
Für die Rekonstruktion der historischen Schlossfassade sammelt der Förderverein Berliner Schloss e. V. und dessen Vorsitzender Wilhelm von Boddien
die Spendengelder. Der aus Hamburg
stammende Kaufmann machte sich praktisch seit der friedlichen Revolution für
den Wiederaufbau des Hohenzollernpalastes stark. 1993 initiierte er das Aufstellen einer Schlossattrappe neben dem damals noch stehenden Palast der Republik,
bestehend aus einem Gerüst und einer bemalten Folie. Damit wollte er die Begeisterung für die Wiederherstellung der historischen Mitte in der Bevölkerung wecken.
Der Verein finanziert über Spenden die
Rekonstruktion der Fassade, der Kernbau
hingegen wird vom Staat bezahlt. Boddien
ist zufrieden. Er sagt: „Bislang sind 50 Millionen an Spendengeldern zusammenge-
kommen.“ Das seien fast die Hälfte der benötigten etwa 105 Millionen Euro.
Grund für die Finanzierung der Fassade über Spenden war, dass damit der Bundestag für die Wiederherstellung des historischen Äußeren gewonnen werden
konnte. Und noch einen Grund nennt
Boddien: „Aber noch etwas anderes bezweckt die Spende: Das Schloss wird
durch das persönliche Engagement Hunderttausender von Bürgern zu einem Gebäude der Demokratie, es wird das Bürgerschloss.“ Auf der Homepage des Vereins können sich Spendenwillige über die
Spendenmöglichkeiten informieren, sich
beispielsweise für ein konkretes Stück
der Fassade entscheiden.
Der Verein ist auch Betreiber der Humboldt-Box, die in unmittelbarer Nähe des
Bauplatzes über das Projekt informiert.
Der Eintritt in die Box ist kostenlos. sts
www.sbs-humboldtforum.de
www.berliner-schloss.de
Es gibt Projekte. Und es gibt Jahrhundertprojekte wie das neue Berliner Schloss–Humboldtforum. In jedem Fall
fühlen Sie sich nur dann sicher, wenn Sie einen Partner an Ihrer Seite haben, der jeder Aufgabe gewachsen ist.
HOCHTIEF Building bringt die Erfahrung und die Stärke mit, um Ihr Projekt erfolgreich umzusetzen. Dabei
haben wir unsere Struktur mit regionalen Niederlassungen so ausgelegt, dass wir Ihnen alles, was Ihr Projekt
braucht, vor Ort bieten – ob im Rohbau, im schlüsselfertigen Bauen oder in Öffentlich-Privaten Partnerschaften.
Mehr Wert im Hochbau.
BUILDING
PA/DPA/LUKAS SCHULZE
www.hochtief-building.de
BRAUERPHOTOS © J.REETZ
8
Leidenschaftlich Wilhelm von Boddien in der Ausstellung über das
Zuversichtlich Manfred Rettig ist als Stiftungsvorstand Bauherr des
Umfeld des Schlosses: Sein Förderverein sammelt Spenden für die Fassade Humboldtforums. Hier steht er vor dem Rohbau des Schlüterhofes
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