Was ist Angst?

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Was ist Angst?
Panikstörung
Souverän
bleiben!
UNTERNEHMEN ZNS
Ein Ratgeber für Menschen mit
Panikstörung und deren Angehörige
Inhalt
Vorwort3
Was ist Angst? 4
Entwicklung der Angst
Gesunde Angst – krankhafte Angst
Einteilung der Ängste 6
Generalisierte Angststörung
Panikstörung
Phobische Störung
Soziale Phobie
Zahlen zur Angst 9
Angstabwehr 10
Was ist Panik? 11
Symptome einer Panikattacke
Ursachen und Auslöser
Symptomverstärkender Teufelskreis
Vermeidungsverhalten
Verlauf und Prognose 16
Was kann man tun?
17
Goldene Regeln zur Angstbewältigung
Psychotherapeutische Ansätze
Weitere Behandlungsverfahren
Anhang23
Literaturtipps
Selbsthilfegruppen
2
Vorwort
Angst haben wir alle.
Der Unterschied liegt in der Frage: Wovor.
Frank Thiess (1890–1977), deutscher Essayist
Sehr geehrte Patientin,
sehr geehrter Patient,
beim Thema Angst meinen wir alle zu wissen, worüber wir
reden. Wenn man dann aber hinterfragt, was jeder Einzelne
von uns darunter versteht, bemerken wir schnell, dass es sich
bei Angst für den Einen um eine hilfreiche Erfahrung handelt,
während sie vom Anderen als eine lebenseinschränkende und
leidvolle Störung wahrgenommen wird.
Diese Broschüre richtet sich an all diejenigen, für die Angst
einen krank machenden Aspekt besitzt. Sie möchte Ihnen
und Ihren Angehörigen Informationen bieten, die Ihnen das
Arztgespräch erleichtern. Denn nur Ihr Arzt kann im Falle einer Angststörung die für Sie notwendige Hilfe in die Wege
leiten. Wer dabei Angst hat, über seine Angststörung zu sprechen, weil er denkt, er würde damit eine „Schwäche” zeigen,
sollte immer eines bedenken: Bei einer Angststörung handelt
es sich um eine Erkrankung und diese lässt sich allein dann
behandeln, wenn sich der Betroffene seinem Arzt anvertraut.
Nur auf diesem Wege gibt es die Chance, bald wieder souverän im Leben zu stehen!
3
Was ist Angst?
Angst ist für das Überleben unverzichtbar.
Hannah Arendt (1906–1975), deutsch-US-amerikanische Philosophin
Angst mit nur einem Satz
zu definieren, ist sehr
schwierig. Man kann von
einem beengenden Gefühl unmittelbarer Bedrohung, das vom Willen und
der Vernunft nicht kontrollierbar ist, sprechen.
Medizinisch betrachtet ist
Angst – fast immer – von
vegetativen Symptomen
wie Blässe, Schweißausbruch, Zittern oder Herzklopfen begleitet. Als stark übersteigerte Formen der Angst gelten die Angsterkrankungen.
Entwicklung der Angst
Unsere Angst entwickelt sich erst im
Laufe des Lebens. Wir kommen also
weder als „Angsthase” noch als besonders tapferer, angstfreier Mensch
auf die Welt.
Die ersten sichtbaren Furchtreaktionen zeigen Säuglinge im vierten bis
sechsten Lebensmonat. Längere Abwesenheit der Eltern können Kinder erst
ertragen, wenn sie ein inneres Bild der
vertrauten Person(en) aufrechterhalten
können.
4
Gesunde Angst – krankhafte Angst
Angst ist zunächst einmal eine gesunde, das Leben erhaltende Empfindung. Angst befähigt uns zur Sorge und Sorgfalt
uns selbst und unseren Mitmenschen gegenüber.
So wie der Schmerz eine wichtige Alarmfunktion für den Körper besitzt, kommt auch der Angst eine wichtige Bedeutung
zu. Wenn wir uns ohne Angst und ohne Schmerz dem Feuer
nähern würden, trügen wir unter Umständen lebensgefährliche Verletzungen davon.
Es gibt also durchaus gesunde Aspekte der Angst. Man spricht
hier von der so genannten Realangst: Angesichts einer äußeren Gefahr wird der Mensch körperlich, gefühlsmäßig und auf
gedanklicher Ebene in einen Alarmzustand versetzt.
Jeder weiß aber auch, wie man
das Erleben von Angst be- oder
verarbeiten kann, z. B. indem
man der Angst machenden
Situation eine andere Bedeutung gibt: Bei nächtlichen Geräuschen im Haus wird dies
dann nicht möglichen Einbrechern, sondern der herumlaufenden Katze zugeschrieben.
Wichtig ist es, über ein angemessenes Maß an Realangst zu
verfügen. Genügend, um nicht unvorbereitet in eine Risikosituation zu laufen und nicht zu viel, um nicht handlungsunfähig („starr vor Angst”) zu sein. Wir sehen: Zu viel Angst
und zu wenig Angst haben Krankheitswert. Im ersten Fall
werden Sie auf Hilfe angewiesen sein und ihre Lebensqualität ist eingeschränkt. Im zweiten Fall ist es möglich, dass Sie
sozial integriert und erfolgreich sind. Obwohl beide Varianten
Krankheitswert haben, kommt der übersteigerten Angst eine
größere Bedeutung zu.
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Einteilung der Ängste
Angst kann man immer in sich finden.
Man muss nur tief genug suchen.
André Malraux (1901–1976), Romancier, französischer Kulturminister
und Kunstwissenschaftler
Angst ist nicht gleich Angst. Daher unterscheidet man aus
medizinischer Sicht drei große Gruppen von Angststörungen. Um zu verdeutlichen, dass es sich um krank machende
Aspekte der Angst handelt, wird jeweils das Wort „Störung”
angefügt.
lAngststörung
(generalisierte Angst, frei flottierende
Angst)
l Panikstörung
(oder Panik-Attacken) mit oder ohne Platzangst (Agoraphobie)
l
Phobische Störung (sach- und situationsbezogen)
Bei allen diesen Ängsten ist der Übergang vom Normalen
zum Krankhaften fließend. Es ist eine Frage des Ausmaßes
der Angst, ob z. B. eine allgemein ängstliche Persönlichkeit in
die Rolle eines Patienten gerät oder nicht.
Es gibt viele Leute, die es systematisch meiden zu fliegen,
ohne dass sie deswegen psychologische Hilfe beanspruchen
oder beanspruchen müssten. An welchem Punkt die Angst,
vor anderen Menschen zu sprechen, so einschränkend wird,
dass es sinnvoll wäre, professionelle Hilfe zu suchen, ist häufig schwer zu sagen. Ebenso, wann die Angst vor Spinnen
wirklich krankhaft wird.
Zum besseren Verständnis seien zunächst die drei Formen
der Angsterkrankungen voneinander abgegrenzt.
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Generalisierte Angststörung
Von einer generalisierten
Angststörung spricht man,
wenn die Symptome der
Angst an den meisten Tagen, mindestens mehrere
Wochen lang auftreten.
Zu den wichtigen Symptomen, anhand derer Ihr
Arzt die Diagnose stellt, gehören:
lBefürchtungen
(angespanntes Gefühl, Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten),
lmotorische
Spannung (z. B. Zittern, Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit),
l
vegetative Übererregbarkeit (z. B. Schwitzen, Schwindel).
Panikstörung
Da sich das von Ihrem Arzt verordnete Medikament gegen
eine Panikstörung richtet, informiert Sie diese Broschüre in
dem Kapitel „Was ist Panik?” ausführlich über dieses Thema.
Phobische Störung
Eine phobische Störung bezieht sich stets auf eine spezifische
Situation oder ein Objekt. Bei einer objektbezogenen Phobie
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kommt es zum Auftreten von Angst in Bezug auf bestimmte
Objekte wie Spinnen, Schlangen oder Feuer.
Soziale Phobie
Die soziale Phobie ist eine situationsbezogene Unterform
der phobischen Störungen. Die Patienten meiden zwischenmenschliche Kontakte wie das Sprechen in der Öffentlichkeit
oder Treffen mit dem anderen Geschlecht. Häufig kommt es
hierbei zu Symptomen wie Erröten, Meiden von Blickkontakt,
Händezittern etc.
Wenn wir im Folgenden von Angsterkrankungen sprechen,
dann handelt es sich meist um allgemeingültige Aussagen,
die für alle großen Formen der Angsterkrankungen zutreffen.
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Zahlen zur Angst
Noch niemals hatte die Menschheit so viel Angst wie
heutzutage – und noch niemals hatte sie so viel Grund dazu.
Bertrand Russell (1872–1970), englischer Mathematiker und Philosoph,
1950 Nobelpreis für Literatur
Die Wahrscheinlichkeit, in unserem Leben an einer Angsterkrankung zu leiden, beträgt 10 bis 15 %. In den USA geht
man sogar davon aus, dass jeder Vierte einmal in seinem
Leben eine Angsterkrankung erleidet. In
der Gesamtzahl finden sich am häufigsten Patienten mit
einer generalisierten
Angststörung und einer Platzangst (dazu
in Kapitel „Was ist
Panik?”) wieder.
Panikstörungen treten insgesamt etwas seltener auf.
Wenn ein Verwandter ersten Grades erkrankt ist, dann liegt
das Erkrankungsrisiko des betreffenden Familienmitglieds mit
15 bis 20 % über dem der Allgemeinbevölkerung. Bei eineiigen Zwillingen steigt die Wahrscheinlichkeit sogar auf 30 %
an. Diese Beobachtung spricht für eine erbliche Komponente
der Erkrankung. In Deutschland, Österreich und der Schweiz
sind es über 2,5 Millionen Menschen, die unter krankhafter
Angst leiden.
9
Angstabwehr
Dem Furchtsamen rauschen alle Blätter.
Deutsches Sprichwort
Wenn wir schon Angst haben (müssen), dann wollen wir
natürlich auch über Möglichkeiten verfügen, damit umzugehen – oder besser noch: sie abzuwehren. Es gibt hierbei eine
Vielzahl von Abwehrmöglichkeiten, die uns helfen, in einem
Gleichgewicht zwischen Angst haben und unsensibler Rücksichtslosigkeit und übertriebener Vorsicht zu leben.
Es wird uns ungemein erleichtert zu fliegen oder Zug zu
fahren, wenn wir die Möglichkeit eines Absturzes oder einer
Zugentgleisung verdrängen. Jeder von uns kennt solche Beispiele.
Bei einer Angststörung reichen diese Schutzmechanismen
nicht mehr aus, was schließlich zur Erkrankung führt.
10
Was ist Panik?
Ängste bleiben nie dieselben an einem Menschen:
Die einen entstehen, die anderen vergehen.
Platon (427–348 od. 347 v. Chr.), griechischer Philosoph
Eine Panikstörung besteht aus einzelnen Panikanfällen oder
-attacken. Panikanfälle sind unvermittelt auftretende, extreme Angstzustände, die in der Regel wenige Minuten dauern.
Medizinisch spricht man auch von paroxysmaler (= anfallsartiger) episodischer Angst.
Nicht selten wird der Ort des Auftretens einer Panikattacke
mit deren Entstehung in Zusammenhang gebracht. Aus diesem Grund beginnen viele Leute mit Panikanfällen die Örtlichkeiten, an denen diese Zustände auftreten, zu meiden.
Oft sind dies Orte, wo viele Menschen auf kleinem Raum
versammelt sind (Kino, Theater, Konzert, Warenhaus … ) oder
enge (vorübergehend verschlossene) Räume (Aufzug, U-/SBahn, Flugzeug, Bus …). Andererseits können auch weite Plätze oder Brücken zu solchen Orten werden. Dies kann dazu
führen, dass immer mehr Orte gemieden werden und so der
Lebensradius zunehmend eingeengt wird. Im Extremfall kann
eine betroffene Person aus den erwähnten Gründen („aus
Angst vor der Angst”) das Haus nicht mehr verlassen.
Häufig treten Panikstörungen in Kombination mit einer Platzangst (Agoraphobie) auf, die entgegen landläufiger Meinung
nicht nur in engen Räumen, sondern auch häufig in folgenden Situationen auftritt:
lMenschenmengen
l
l
auf öffentlichen Plätzen
bei Reisen mit weiter Entfernung oder allein
11
Symptome einer Panikattacke
Angst verursacht im Körper eine Reaktion, die durch das vegetative Nervensystem vermittelt wird. Da Angst häufig mit
Bedrohungssituationen oder Gefahr gekoppelt ist, resultieren
daraus ganz bestimmte Symptome, die die Alarmfunktion der
Angst an uns vermitteln. Die folgenden Symptome bemerken
Patienten mit einer Panikstörung sehr häufig während einer
Attacke. Sie können einzeln oder in Kombination auftreten.
l
Herzklopfen, Herzrasen oder unregelmässiger Herzschlag
Schwindel, Benommenheit oder Schwächegefühl
l Kurzatmigkeit oder Atemnot
lSchwitzen
l Schmerzen oder Beklemmungsgefühl im Brustkorb
l Zittern oder Beben
l Hitzewallungen oder Kälteschauer
l Erstickungs- oder Würgegefühl
l Kribbeln oder Taubheit in bestimmten Körperteilen
lTodesangst
l Übelkeit oder Magen-Darmbeschwerden
l Gefühle der Unwirklichkeit oder des Losgelöstseins
l Angst, verrückt zu werden
l Angst, die Kontrolle zu verlieren
l
Nicht minder schwer wiegen zumeist die Folgen dieser Symptome. Es kommt zu:
l Vermeidungsverhalten
(damit zum sozialen Rückzug bis
zur Isolation)
l Selbstbehandlungsversuchen (mit Tabletten oder Alkohol,
„dann wird vieles leichter oder erträglicher”)
l Konflikten (familiärer und/oder beruflicher Natur)
l Erwartungsangst (Angst vor der Angst)
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Auf die genannten Punkte wird im Weiteren noch genauer
eingegangen.
Ursachen und Auslöser
Bei der Entstehung einer Panikstörung ist man zunächst davon ausgegangen, dass psychologische Faktoren die wichtigste Rolle spielen und dass es zu einer Auslösung der eigentlichen Panikattacke über Stresssituationen kommt.
Mittlerweile weiß man mehr über die Entstehung von Panik
und geht davon aus, dass ein Zusammenspiel von biologischen und verhaltensbedingten Faktoren erforderlich ist.
Verhalten: Unser Verhalten ist erlernt. Berühmt für diese Erkenntnis sind die Versuche mit dem Pawlov’schen Hund. Hierbei wurden zwei unabhängige Reize miteinander verknüpft.
Der völlig „natürliche” Reiz des Anbietens von Nahrung löste bei dem Hund das Speicheln aus. Während der Fütterung
wurde dann ein zweiter Reiz in Form eines Klingelsignals präsentiert. Wurde der Klingelreiz allein angeboten, löste er keine
spezifische Reaktion aus. Wurden die beiden Reize, Futter und
Klingelsignal, oft genug gemeinsam präsentiert, bildete der
Hund eine Verknüpfung zwischen diesen beiden Reizen. Wurde nun der ehemals neutrale Klingelreiz präsentiert, begann
der Hund auch ohne Futterangebot zu speicheln. Er hatte gelernt, dass der Ton mit der Gabe von Futter gleichzusetzen
ist. In ähnlicher Form entsteht eine Angstreaktion. Aus einer
ehemals „neutralen” Situation wird über eine Assoziation der
Auslöser einer Panikattacke. Langfristig gesehen führt dies zu
einem Vermeidungsverhalten, dem Auslöser wird aus dem
Weg gegangen.
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Biologische Faktoren: Einige Angsterkrankungen scheinen
biologisch durch vererbte (genetische) Faktoren mitbedingt
zu sein. Diese Annahme stützen auch Untersuchungen innerhalb von Familien mit mehreren Betroffenen oder mit Zwillingen. Im Laufe der Angsterkrankung kommt es oft zu einer
Störung im Bereich der Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter). Hier setzen auch die meistens in diesem Fall verordneten Medikamente in ihrer Wirkweise ein.
Symptomverstärkender Teufelskreis
Häufig kommt es im Rahmen von Angsterkrankungen zu einem symptomverstärkenden Teufelskreis, der die Erkrankung
weiter aufrechterhält. Im Volksmund sagen wir so schön „die
Katze beißt sich in den Schwanz”. Damit wird recht deutlich
veranschaulicht, dass der Patient sich irgendwann in einer
schwer zu durchbrechenden Situation befindet. Lässt sich
eine Angst mit einer bestimmten Örtlichkeit in Verbindung
bringen, kommt der Patient in die Versuchung, diesen Ort zu
meiden, was schließlich zu einer noch stärkeren Unsicherheit
und Einschränkung des Lebensradius führt. Diesen Teufelskreis verdeutlicht die folgende Abbildung:
Angst
Unsicherheit
Vermeidung
Rückzug
Isolation
Selbstwertverlust
Wenn eine große Angst und Unsicherheit herrscht, dann
kreisen auch oft die Gedanken um den eigenen Körper. So
kommt es bei Patienten mit einer Panikstörung sehr häufig
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zu der Fehlinterpretation, dass mit ihrem Körper etwas nicht
stimmt. Ein in-sich-Hineinhorchen führt für die Patienten
meist zu der Bestätigung, dass etwas nicht stimmt; ganz
harmlose, sonst alltägliche Symptome wie Schwitzen, ein
leichter Schwindel oder Herzstolpern erfahren so eine weitere Verstärkung:
Körperliche Symptome
Gedanken/Interpretationen
Herzstolpern
Herzrasen
Brustschmerzen
Schwitzen
Atembeschwerden
Schwindel
Schwächegefühle
Benommenheit
Visuelle Symptome
Zittern
Blässe
Atemnot
Würgegefühl
Kloß im Hals
Kribbeln in Extremitäten
Ich bekomme einen Herzinfarkt.
Ich werde in Ohnmacht fallen.
Ich habe einen Hirntumor.
Ich bekomme einen Schlaganfall.
Ich ersticke.
Ich höre auf zu atmen und sterbe.
Ich werde gelähmt.
Ich bin schwer krank.
Ich verliere die Kontrolle über
mich.
Ich werde verrückt.
Ich muss ins Irrenhaus.
Realitätsverzerrung und
verändertes Selbsterleben
(Unwirklichkeitsgefühl)
Konzentrationsstörungen
Rasende Gedanken
Allgemein intensive Angstsymptome
Diese Angst bringt mich um.
Vermeidungsverhalten
Die „Angst vor der Angst”, d. h. vor einer erneuten Panikattacke, bezeichnet man im Medizinischen als antizipatorische
Angst. Diese kann ebenfalls ein großes Problem darstellen
und das oben erwähnte Vermeidungsverhalten weiter aufrechterhalten und fördern.
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Verlauf und Prognose
Auch der stärkste Mann
schaut einmal unters Bett.
Erich Kästner (1899–1974), deutscher Dramatiker, Kinderbuchautor
Angsterkrankungen manifestieren sich in der Regel bereits
zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Frauen sind häufiger
betroffen als Männer.
Da es sich zumeist um Erkrankungen mit einem chronischen
Verlauf handelt, haben die Patienten, wenn sie sich nicht in
eine Behandlung begeben, einen langen Leidensweg vor sich.
Leider besteht sehr häufig eine hohe natürliche Scham, seine Probleme gegenüber einem Arzt anzusprechen. Auch wird
sehr gerne nach einem organischen Leiden gesucht, da es
fassbarer ist als eine Angsterkrankung.
Geholfen werden kann den Patienten aber nur, wenn eine
ausreichende Aufklärung über die Ursachen und die zugrunde
liegenden Mechanismen ihrer Erkrankung erfolgt ist.
Nicht unerheblich ist der Anteil an Patienten, die neben der
Angsterkrankung eine weitere Problematik aufweisen. Häufig
gehört dazu das Auftreten einer Depression („die Angst treibt
einen in die Depression”) oder eines Missbrauchs von Tabletten oder Alkohol („ich ertrage das alles nur mit Tabletten
oder Alkohol”). Der Anteil dieser Patienten wird immerhin auf
etwa ein Drittel geschätzt.
Diese Tatsache soll nochmals die Notwendigkeit eines individuell abgestimmten Therapieplans (Arztbesuch und eingehende Beratung und/oder Medikation und/oder Psychotherapie) verdeutlichen.
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Was kann man tun?
Es gehört Mut dazu, sich einer Angst zu stellen
und sie auszuhalten.
Hoimar von Ditfurth (1921–1989) Arzt und Publizist
Um den geschilderten Teufelskreis bei Angsterkrankungen
wirksam durchbrechen zu können, ist die Mithilfe des Patienten und ein individuell abgestimmter Therapieplan erforderlich. Wichtig ist der Arztbesuch, die eingehende Beratung und
die Einhaltung des daraus resultierenden Therapieplans.
Therapeutisch finden sich zwei große Behandlungsansätze.
Zum einen der medikamentöse Ansatz, zum anderen der
psychotherapeutische Ansatz. Viele Patienten profitieren von
einer Kombination dieser beiden Verfahren, da es sich – wie
wir gesehen haben – bei Angsterkrankungen um eine Problematik handelt, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielt
und neben biologischen auch verhaltensbedingte Faktoren
einschließt.
Goldene Regeln zur Angstbewältigung
Hier zunächst einige allgemeine Regeln, die Sie sich zu Nutze
machen sollten:
10 Goldene Regeln zur Angst- und Panikbewältigung
1.Denken Sie immer daran, dass Ihre Angstgefühle und die
dabei auftretenden körperlichen Symptome nichts anderes sind als eine Übersteigerung der normalen Körperreaktion in einer Stress-Situation.
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2. Solche Gefühle und Körperreaktionen sind zwar sehr unangenehm, aber weder gefährlich, noch in irgendeiner
Weise schädlich. Nichts Schlimmes wird geschehen!
3. Steigern Sie sich in Angstsituationen nicht durch Gedanken wie: „Was wird geschehen?” und „Wohin kann das
führen?” in noch grössere Ängste hinein.
4.Konzentrieren Sie sich nur auf das, was um Sie herum
und mit Ihrem Körper wirklich geschieht – nicht auf das,
was in Ihrer Vorstellung noch alles geschehen könnte.
5. Warten Sie ab und geben Sie der Angst Zeit, vorüberzugehen. Bekämpfen Sie Ihre Angst nicht, laufen Sie nicht
davon, sondern akzeptieren Sie die Angst.
6.Beobachten Sie, wie die Angst von selbst wieder abnimmt, wenn Sie aufhören, sich in Ihre Gedanken („Angst
vor der Angst”) weiter hineinzusteigern.
7.Denken Sie daran, dass es beim Üben nur darauf ankommt zu lernen, mit der Angst umzugehen – nicht, sie
zu vermeiden. Nur so geben Sie sich selbst eine Chance,
Fortschritte zu machen.
8. Halten Sie sich innere Ziele vor Augen und beobachten
Sie, welche Fortschritte Sie schon – trotz aller Schwierigkeiten – gemacht haben. Denken Sie daran, wie zufrieden Sie sein werden, wenn Sie auch dieses Mal Erfolg
haben.
9.Wenn Sie sich besser fühlen, schauen Sie sich um und
planen Sie den nächsten Schritt.
10. Wenn Sie sich in der Lage fühlen, weiterzumachen, dann
versuchen Sie, ruhig und gelassen in die nächste Übung
zu gehen.
(aus Wittchen et al., Angst, Angsterkrankungen,
Behandlungsmöglichkeiten. Harger: Freiburg-Basel, 1995)
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Medikamentöse Behandlung
Bei der medikamentösen Behandlung kommen häufig die
folgenden Medikamente zur Anwendung:
l
trizyklische Antidepressiva (TZA)
l Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
l Beruhigungsmittel (Tranquilizer).
Wie bei anderen Krankheitsbildern auch, hat Ihr Arzt die
Möglichkeit, die Medikamentendosierung Ihren ganz individuellen Bedürfnissen anzupassen.
Die verschiedenen Substanzklassen entfalten ihre Wirkung
über eine Normalisierung der Impulsweiterleitung der Nerven im Gehirn. Dies geschieht durch Erhöhung der Konzentration bestimmter Botenstoffe (sog. Neurotransmitter). Dadurch kommt es zu einer Verbesserung der Beschwerden.
Zur Akutbehandlung werden vor allem Beruhigungsmittel
eingesetzt, um dem Patienten möglichst rasch eine Linderung der quälenden Panikattacke zu ermöglichen. Der Vorteil
der raschen Wirkung birgt eine gewisse Gefahr in sich. Da
die Patienten eine schnelle Besserung verspüren, greifen sie
gerne und rasch zu diesen Medikamenten, die leider ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial haben. Sie sollten nur
kurzfristig in der akuten Behandlung Anwendung finden.
Ist eine längere Behandlung erforderlich, kommen die beiden
anderen Substanzklassen zur Anwendung. Die Gruppe der
Antidepressiva wurde ursprünglich für die Behandlung der
Depression entwickelt. Es hat sich aber gezeigt, dass diese
Mittel den veränderten Hirnstoffwechsel auch bei Angsterkrankungen wirksam beeinflussen können.
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Historisch gesehen handelt es sich bei den klassischen Antidepressiva (TZA) um eine ältere Gruppe, die gewisse Nebenwirkungen aufweist. Die SSRI sind demgegenüber eine
Weiterentwicklung der TZA – mit besonderem Augenmerk
auf einer besseren Verträglichkeit. Bei Panikstörungen stellen die SSRI bereits die Therapie der ersten Wahl dar, da sie
sich aufgrund ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit und ihrer
Verträglichkeit in der Anwendung bewährt haben.
Wichtig für Sie ist zu wissen, dass sich die positive Wirkung
der meisten im Fall einer Panikstörung verordneten Medikamente erst nach mehreren Wochen voll entfaltet hat. So
lange dauert es, bis sich die veränderten Stoffwechselprozesse im Gehirn wieder normalisieren. Daher muss das Medikament regelmäßig eingenommen werden und man darf
es nicht vorzeitig und eigenmächtig wieder absetzen, weil
sich in den ersten Tagen vielleicht noch kein positiver Effekt
eingestellt hat. Ihre Erkrankung erfordert eine längerfristige
Behandlung über mindestens sechs Monate. Da Antidepressiva nicht abhängig machen, können sie über einen längeren
Zeitraum genommen werden.
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Psychotherapeutische Ansätze
Verhaltensbedingte Aspekte sind – wie bereits gesagt – maßgeblich für die Entwicklung von Angsterkrankungen und zählen zu deren Ursachen und Auslösern. Als solche ermöglichen
sie es, Angsterkrankungen durch psychotherapeutische Ansätze zu behandeln.
Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten:
l
Tiefenpsychologisch orientierte Methoden:
Diese gehen von einer Entstehung der Angstsymptomatik
durch Konflikte aus. Im Vordergrund steht daher eine Aufdeckung und Auflösung dieser Konflikte sowie von deren
unbewussten Beweggründen.
l Kognitive Verhaltenstherapie:
Nach diesem Ansatz entstehen Angsterkrankungen durch
Lernprozesse. Therapeutisch sollen daher Veränderungen
des Verhaltens und der Lebensbedingungen bewirkt (erlernt) werden.
l
Humanistisch-existentialistisch, psychotherapeutischer Ansatz:
Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Verfahren, die
sich auf die Selbstheilungskräfte des Patienten konzentrieren und das Wachstum seiner Persönlichkeit stützen.
l Systemische Psychotherapie:
Hier wird nicht von einem „individuellen” Problem ausgegangen, sondern die Angsterkrankung als Ergebnis einer
fehlerhaften Kommunikation (z. B. in der Partnerschaft
oder Familie) verstanden.
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Dieses sind nur die am häufigsten angewandten Psychotherapieformen. Wichtig ist in allen Fällen die Zusammenarbeit
des Patienten mit Arzt und Therapeut und somit der Wille,
alle verfügbaren Kräfte in das Gesundwerden zu investieren.
Weitere Behandlungsverfahren
Wenn Sie darüber hinaus noch nach weiteren Möglichkeiten
suchen, aktiv zur Verbesserung Ihrer Angsterkrankung beizutragen, bieten sich noch andere Verfahren an, die sinnvoll eingesetzt werden können.
Es gibt eine Vielzahl von „Entspannungsverfahren”, wie z. B.
die progressive Muskelrelaxation, das autogene Training oder
andere Methoden aus dem fernöstlichen Kulturkreis wie
Yoga, Chi Gong und Thai Chi. Man kann Maßnahmen zum
Stressmanagement lernen, da der Stress ja bekanntlich begünstigend auf das Auftreten von Panikattacken wirkt. Regional und überregional existieren Selbsthilfegruppen, die Ihnen
einen Erfahrungsaustausch ermöglichen.
Bei Angsterkrankungen spielen – wie
schon gesagt – sowohl biologische als
auch verhaltensbedingte Faktoren eine
Rolle. Dies ist der Grund, wehalb sich eine
Kombination aus den zwei großen Behandlungsansätzen – dem medikamentösen und
dem psychotherapeutischen Verfahren – für
viele Patienten empfiehlt. Wer seinen (individuell abgestimmten) Therapieplan einhält, hat große Chancen auf eine
Verbesserung der Angsterkrankung und damit auf den
Gewinn neuer Souveränität
und Stabilität im Leben.
22
Anhang
Literaturtipps
Angstfrei leben. Das erfolgreiche Selbsthilfeprogramm
gegen Stress und Panik.
von Lucinda Bassett
Taschenbuch – 259 Seiten
Beltz (2007), ISBN: 3407228198
Wenn plötzlich die Angst kommt von Roger Baker
Broschiert – 176 Seiten
Scm R. Brockhaus (2009), ISBN: 3417205557
15,90 €
9,90 €
Die Angst aus heiterem Himmel.
9,00 €
Panikattacken und wie man sie überwinden kann.
von Christine Brasch und Inga-Maria Richberg
Taschenbuch – 288 Seiten
Goldmann (2000), ISBN: 3442163943
23
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen (SHG) zum Thema Angststörungen und
Panikerkrankungen finden sich in vielen größeren Städten.
Als Anlaufstellen fungieren auch die Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (KISS) in allen größeren
Städten, die z. T. in Kooperation mit großen Krankenkassen
und den Gesundheitsämtern betrieben werden. Die Adressen
und Telefonnummern finden sich in den regionalen Telefonbüchern.
Eine Auswahl an Adressen:
DASH (Deutsche Angst-Selbsthilfe) und
MASH (Münchner Angst-Selbsthilfe)
Bayerstr. 77 a
80335 München
Tel.: 089/51 55 53-15 und 089/51 55 53-0
www.panik-attacken.de
AGORAPHOBIE e.V.
Taunusstr. 5
12161 Berlin
Telefon 030/851 58 24
www.angstzentrum-berlin.de
24
Soziale Angst Selbsthilfe
Website für Betroffene von sozialer Phobie und Schüchternheit
www.sozialeangst.de
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Notizen
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27
903339 6/2012
UNTERNEHMEN ZNS
Lundbeck GmbH
Ericusspitze 2 • 20457 Hamburg
Telefon: 0 40/2 36 49-0
Telefax: 0 40/2 36 49-255
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