Unterwegs … wohin? - Advent
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Unterwegs … wohin? - Advent
Elí Diez Unterwegs … wohin? Anhalten – Nachdenken – Verändern Advent-Verlag Lüneburg 2001 (V. 200210) Redaktionelle Bearbeitung: Anita Sprungk Korrektorat: Marc Diez, Winfried Doell, Erika Schultz Einbandgestaltung: Ravenstein Brain Pool Titelfoto: Bryan Peterson, Bavaria Bildagentur Satz: EDP Die Bibelzitate sind – falls nichts anderes vermerkt – der Übersetzung „Hoffnung für alle“ (Brunnen-Verlag) entnommen. Ansonsten bedeutet: LB = Übersetzung Martin Luthers (Ausgabe 1984) GN = Die Gute Nachricht (Ausgabe 1997) Für dieses Buch ist eine spezielle Internetseite eingerichtet. Unter der Adresse www.advent-verlag.de/wohin finden Sie Aktualisierungen, Leserstimmen, Links, Infos zu den Vortragsreihen über die Themen dieses Buches u. v. m. © 2001 Advent-Verlag GmbH, Lüner Rennbahn 16, D-21139 Lüneburg, www.advent-verlag.de Herstellung: Grindeldruck GmbH, D-20144 Hamburg Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Rechte vorbehalten – Printed in Germany ISBN 3-8150-1855-2 Inhalt Vorwort ....................................................................... 7 1. „Wir reden wieder miteinander!“......................... 9 2. Wissen, wohin man gehört .................................... 29 3. „Ich traue keinem!“................................................... 49 4. Wo wird SERVICE groß geschrieben? ................ 69 5. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – wirklich? ...................................................................... 89 6. Wichtiger als Sterbehilfe.......................................... 107 7. Leben ohne Gebrauchsanweisung?..................... 123 8. „Wer zu spät kommt ...“ Wann ist es zu spät?................................................. 143 Nachwort ................................................................... 161 Anmerkungen ........................................................... 163 Vorwort Haben Sie schon einmal in einem Flugzeug gesessen, ohne zu wissen, wohin es fliegt? Ich denke dabei nicht an eine Flugzeugentführung! Möglich wäre es schon – oder nicht? Sie gewinnen eine Reise, und das Reiseziel wird erst bei der Landung verraten. Stellen Sie sich aber vor, Sie gehen ins Cockpit, fragen den Flugkapitän nach dem Ziel, und er antwortet Ihnen: „Ich bin total überfragt! Wir fliegen einfach so, aufs Geratewohl, solange der Treibstoff reicht!“ Können Sie sich vorstellen, welchen Schock diese Antwort bei Ihnen auslösen würde? Ich bin von Natur aus eher ein Optimist, doch immer wieder beschleicht mich das Gefühl, dass unsere Gesellschaft sich in einer ähnlichen Situation befindet. Die sie geistig, geistlich, wirtschaftlich oder politisch führen sollten, führen nicht, sondern reagieren nur. Welche Ziele sie ansteuern, bleibt oft unklar. Nach welchen ethischen Kriterien Urteile gefällt oder Entscheidungen getroffen werden, ist undurchschaubar. Ein anonymer Autor hat unsere Zeit so beschrieben: „Wir haben größere Häuser, aber kleinere Familien. Mehr Bequemlichkeiten, aber weniger Zeit. Mehr Wissen, aber weniger Urteilsvermögen. Mehr Experten, aber größere Probleme. Wir rauchen und trinken zu viel, lachen zu wenig, fahren zu schnell, regen uns zu schnell zu sehr auf, bleiben zu lange wach, stehen zu müde auf, lesen zu wenig, sehen zu viel fern, beten zu selten. 7 Wir haben unseren Besitz vervielfacht, aber unsere Werte reduziert. Wir wissen, wie man seinen Lebensunterhalt verdient, aber nicht mehr, wie man lebt. Wir haben dem Leben Jahre hinzugefügt, aber nicht den Jahren Leben. Wir kommen zum Mond, aber nicht mehr an die Tür der Nachbarn. Wir haben den Weltraum erobert, aber nicht den Raum in uns. Wir können Atome spalten, aber nicht unsere Vorurteile. Es ist eine Zeit, in der es wichtiger ist, etwas im Schaufenster zu haben statt im Laden, in der moderne Technik einen Text wie diesen in Windeseile in alle Welt tragen kann, in der Sie die Wahl haben: Das Leben ändern – oder den Text löschen ...“ Diesen Text löschen können Sie nicht mehr, aber dieses Buch zuschlagen. Ich hoffe, Sie tun es nicht; denn ich möchte Sie einladen, anzuhalten, nachzudenken und – wo angebracht – zu verändern. Es gibt nämlich Dinge, für die es sich nicht lohnt, Wertvolles zu investieren; andererseits gibt es Werte und Ziele, die unseren vollen Einsatz verdienen. Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass Sie Antworten auf alle Fragen bekommen werden, die Sie persönlich bewegen, aber Sie dürfen mit Denkimpulsen rechnen, die Sie auf Ihrer Suche voranbringen. Sie werden nicht mit jeder meiner Ausführungen einverstanden sein – garantiert! Zumindest nicht auf Anhieb. Aber Sie werden es nicht bereuen, über Alternativen nachgedacht zu haben, die mir – und vielen anderen Christen – geholfen haben, Antworten auf die drei wichtigsten Fragen zu finden, die man überhaupt stellen kann: Woher komme ich? Wozu bin ich hier? Welche Ziele lohnt es sich anzusteuern? Elí Diez, Lüneburg, im Januar 2001 8 1. Kapitel „Wir reden wieder miteinander!“ „Redest du wieder mit mir?“, fragt Ruth ihre Freundin Sylvia am Telefon. Sie haben sich wegen eines Vorfalls bei der Party am Vorabend gestritten; dann hat Sylvia die Tür zugeknallt und ist verschwunden. Eine Stunde lang hat es Ruth ausgehalten, dann aber greift sie zum Telefon und versucht, Frieden mit ihrer besten Freundin zu schließen. Julia und Rolf sind seit zwei Jahren verheiratet. Ab und zu gibt es „dicke Luft“ in ihrer Beziehung. Nur weil Rolf immer wieder seinen Ärger hinunterschluckt, ist es bisher nicht zum offenen Krach gekommen. Diesmal aber ist Julia mit ihren Vorwürfen eindeutig zu weit gegangen. Rolf hat mitten im Streit den Dialog (war es überhaupt einer?) für beendet erklärt, und nun reden sie seit drei Tagen und drei Nächten nicht mehr miteinander. Nachts ist es am Schlimmsten. Tagsüber geht jeder seinen Beschäftigungen nach, abends kann man sich geschickt aus dem Wege gehen, aber nachts, wenn man im Bett nebeneinander liegt, wird es langsam unerträglich: Kein „Gute Nacht, Liebling!“, kein Kuss ... Frau Walter sitzt im Flur, hält ihr Gesicht in den Händen, presst ihre Lippen zusammen und kämpft gegen die Tränen: Im Krankenzimmer liegt ihr 70jähriger Vater im Sterben. Sie würde so gern zu ihm gehen, um die Hand des Kranken festzuhalten und ihm in seinen letzten Stunden ein wenig Trost und Wärme zu spenden. Aber sie darf nicht hinein, allen 9 Vermittlungsversuchen der Familienangehörigen zum Trotz. Es bleibt dabei: Seine einzige Tochter hat den Rat (meint er den Willen?) ihres Vaters missachtet und den „Falschen“ geheiratet. Das war vor 20 Jahren! Seitdem hat er kein Wort mehr mit ihr reden wollen, und dabei bleibt es – obwohl er nur noch wenige Tage oder vielleicht Stunden zu leben hat. Eine Stunde, drei Tage und drei Nächte, zwanzig Jahre „Funkstille“! Wenn die Argumente fehlen, wenn der Geduldsfaden reißt, wenn die Sturheit über die Vernunft siegt, bestrafen wir den Nächsten mit unserem Schweigen. Und übersehen dabei, dass wir selbst den größten Schaden davontragen; denn wer das Gespräch einstellt, verzichtet darauf, eins seiner größten Vorrechte als Person zu gebrauchen. Sind wir vielleicht dabei, kommunikationsärmer zu werden, ohne es zu merken? Hören wir zu, wenn sich junge Menschen unterhalten, dann fällt auf, wie sehr sich die „Comic-Sprache“ ausbreitet: Sie kommen mit kurzen Ausrufen, mit Wortfetzen vollkommen aus; ganze Sätze halten sie scheinbar für reinen Luxus. Untersuchungen zufolge1 besteht die Lieblingsbeschäftigung der zwölf- bis 19-jährigen im Internet darin, E-Mails (elektronische Briefe) zu versenden (42 Prozent); an dritter Stelle (24 Prozent) steht das Chatten (plaudern in virtuellen Unterhaltungsräumen). Nimmt man die „Redeweise“ der Unterhaltung bzw. die Schreibweise der E-Mails unter die Lupe, dann kann man sich über den rapiden Verfall der Sprache nicht mehr wundern. Das häufige Fernsehen trägt auch nicht gerade dazu bei, die sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. „Man wundert sich nicht, warum viele ,Fernsehkinder’ kaum einen grammatikalisch korrekten Satz zusammenbekommen. Die Sprache verfällt – und die Medien 10 tragen ihre Mitschuld daran. George Orwell scheint Recht zu bekommen: Die Neusprache der Zukunft wird die einzige Sprache der Welt sein, deren Wortschatz Jahr für Jahr abnimmt.“2 Darüber, ob sich das Internet grundsätzlich zum Ersatz für herkömmliche Kommunikationsformen entwickelt, streiten sich die Fachleute. Die Gefahr besteht, dass intensive Internetnutzer zwar weltweit übers virtuelle Netz kommunizieren, aber im Alltag zu Einzelgängern werden, die unfähig zum unmittelbaren Kontakt mit ihren Mitmenschen sind und kaum mehr ein Wort mit ihren Eltern oder Klassenkollegen wechseln.3 Ohne Sprache geht es kaum ... Eines der Merkmale, die den Menschen von den übrigen Lebewesen unterscheiden, ist die Sprache: Nur der Mensch besitzt die Wortsprache. Während das instinktgesteuerte Kommunikationssystem beim Tier im Wesentlichen der Lebens- und Arterhaltung dient, hat der Mensch die Fähigkeit, Sachverhalte darzustellen, Bedürfnisse wie Sicherheit, Geborgenheit und Liebe auch mit Worten auszudrücken. Die Fähigkeit zu sprechen ist ein faszinierendes Forschungsfeld; die Sprachentwicklung des Kindes nimmt einen wichtigen Raum in der Entwicklungspsychologie ein, und ein Streifzug durch die Sprachen der Erde entpuppt sich als spannendes Abenteuer.4 Weil die Sprache bedeutendes Wesensmerkmal des Menschen ist, und weil ohne sie jegliche Kommunikation erschwert wird oder gar scheitert, „kann es nicht gleichgültig sein, wie richtig, wie gut, wie klar gesprochen und geschrieben wird. Vielmehr ist Verfall der Sprache Anzeichen für gesellschaftlichen und kulturellen Verfall.“5 So ist es verständlich, wenn der deutsche Bundespräsident Johannes Rau über den Umgang mit 11 der Sprache bemerkt: „Wenn wir unsere eigene Kultur schätzen, muss man das auch daran ablesen können, wie wir mit unserer eigenen Sprache umgehen.“ Das Nichtbeherrschen der Sprache erschwert das menschliche Miteinander grundlegend. Das erleben wir zum Beispiel am Arbeitsplatz, wenn der ausländische Kollege schmollt, weil er die sprachliche Feinheit eines Witzes nicht verstanden hat. Oder wenn die paar Vokabeln, die man sich als Tourist vor dem Urlaub schnell noch eingepaukt hat, nur für das Allernotwendigste reichen. Besonders jene, die beruflich mit Geschäftspartnern aus der ganzen Welt zu tun haben, sind auf qualifizierte Dolmetscher und Übersetzer angewiesen oder nehmen die technischen Möglichkeiten computergestützter Übersetzungsprogramme dankbar in Anspruch. Allerdings sind die Ergebnisse, die die Computersoftware liefert, immer noch sehr unbefriedigend und bedürfen unbedingt der „menschlichen“ Bearbeitung. ... aber reden allein genügt nicht! Reicht denn allein das Verstehen einer Sprache aus, um erfolgreich zu kommunizieren? Wie viele Freundschaften zerbrechen und wie viele Ehen gehen auseinander, obwohl beide Seiten dieselbe Sprache sprechen! Die Technik allein – sei es die Computertechnik oder die Fähigkeit des Sprechens an sich – wird niemals die emotionale Dimension ersetzen können, die für das Gelingen von Kommunikation entscheidend ist. Worauf kommt es also an? Nun, es gibt Kommunikationsprinzipien, die allein zwar keine Wunder bewirken, aber Barrieren beseitigen helfen und gute Voraussetzungen für ein besseres Miteinander schaffen. Einige davon sollen hier kurz angesprochen werden; zur intensiveren Beschäftigung mit 12 dem Thema sind Buchempfehlungen am Ende dieses Kapitels angegeben. ● Wenn viel geredet wird, dann sagt das noch nichts über die Qualität der Kommunikation aus! Es ist vielmehr eine Inflation der Worte zu beobachten, was dem Rat, den Jesus in seiner bekannten „Bergpredigt“ gab, Aktualität verleiht: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ (Matthäus 5,37 LB) Zur Abwertung der Worte trägt die Gewohnheit vieler Eltern bei, Anweisungen ständig zu wiederholen, ohne dass bei deren Missachtung Konsequenzen erfolgen. Gerade darauf sollten wir achten, wenn wir zum Beispiel mit Kindern reden: Sie prüfen sehr genau (je temperamentvoller oder willensstärker, desto genauer), ob unser Wort gilt, ob wir wirklich das meinen, was wir sagen. Kinder – und nicht nur sie – müssen sich auf unsere Worte verlassen können. ● In einer Zeit, in der so viel von Toleranz die Rede ist, kommt es häufig zu folgendem Missverständnis: Weil wir Toleranz mit Nachgiebigkeit verwechseln, unterdrücken wir unsere Meinung oder Überzeugung und schlucken einfach alles ohne Widerrede hinunter. Das muss nicht sein! Auch in der Auseinandersetzung mit jungen Menschen nicht: Wir sollten ihnen keinesfalls vorenthalten, wie wir zu strittigen Themen stehen. Selbst wenn sie manchmal – besonders in der Pubertät – so tun, als „schalteten sie auf Durchzug“, dürfen wir nicht aufhören, Stellung zu beziehen. Junge Menschen müssen (und wollen) wissen, wo Grenzen sind. Natürlich kommt es dabei auf den richtigen Ton an, und zwar auf beiden Seiten! „Die Teenagerzeit ist die Phase mit den meisten Missverständnissen in der Sprache und dadurch die Zeit mit vielen Verletzungen“, schreibt Ruth Heil, Eheberaterin und Mutter von elf Kindern.6 Und sie gibt 13 Eltern einen praktischen Rat aus der eigenen Erfahrung: Wenn ihre Teenager zu laut werden und sie spürt, dass auch sie am liebsten schreien würde, zieht sie sich ins Bad zurück und schließt die Tür zu. Vorher sagt sie ihnen: „Wir können weiterdiskutieren, wenn ihr leiser mit mir sprecht – oder wenn ihr nicht mehr so aufgeregt seid. Lasst uns erst eine Gesprächspause einlegen.“ Wenn es draußen schließlich still geworden ist, kommt sie wieder heraus, um das Gespräch zu Ende zu führen. – Das ist nur eine Möglichkeit von vielen. ● In jedem Kommunikationsprozess, aber erst recht im Gespräch mit jungen oder besonders sensiblen Menschen sollten wir vermeiden, dass unsere Worte als Vorwurf aufgefasst werden. Eine gute Hilfe besteht darin, das, was man sagen will, als „Ich IchIch-Botschaft“ Botschaft zu formulieren. Die Frau kann ihrem Mann an den Kopf werfen: „Du willst nie mit mir zusammen sein!“ Sie könnte aber auch sagen: „Ich habe das Bedürfnis, mit dir allein zu sein.“ Bei der „Ich-Botschaft“ greifen wir den Gesprächspartner nicht an, sondern reden von uns – wie sein Auftreten auf uns wirkt bzw. was seine Worte oder Handlungen bei uns auslösen. „Ich-Botschaften“ machen es einem leichter, Wünsche konstruktiv und respektvoll zu äußern und sie tragen zur Entwicklung einer gesunden Selbstbehauptung bei. Forscher auf dem Gebiet der Eheberatung haben diesbezüglich herausgefunden: „In erfolgreichen Beziehungen haben beide Partner einen hohen Grad an Selbstbehauptung. Anstatt davon auszugehen, der Partner könne Gedanken lesen, sagen sie klar und deutlich, was sie meinen ... Wenn jeder weiß, was der andere will – wenn jeder weiß, er wurde gehört und verstanden –, wächst die Intimität.“7 ● Dafür, dass in Deutschland jede dritte Ehe scheitert (in den USA mehr als die Hälfte!), macht Professor 14 Michael Lukas Moeller die Kommunikationskluft zwischen den Partnern verantwortlich: „Ein durchschnittliches deutsches Paar spricht laut der Zeitbudget-Forschung, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, heute nur noch zwei Minuten täglich über persönliche Dinge. Das reicht für keine Beziehung.“8 Gerade bezüglich der Kommunikation in der Ehe scheint mir wichtig zu sein, dass beide Partner um die Unterschiede zwischen Mann und Frau Bescheid wissen; denn immerhin geben 70 bis 80 Prozent der Frauen, die eine Beratung aufsuchen, die gestörte Kommunikation in ihrer Ehe als Hauptproblem an: „Mit meinem Mann kann ich überhaupt nicht reden!“ – „Ich könnte platzen, wenn er stundenlang schweigt!“ Reinhold Ruthe, Psychotherapeut und Eheberater, bringt es auf den Punkt: „Frauen wollen reden, Männer klären die Dinge mit sich selbst. Frauen wollen Austausch, Männer können sehr gut schweigen. Frauen wollen sich mitteilen, Männer sprechen am liebsten über Sprachprobleme. Frauen leiden mehr unter Einsamkeit, Männer haben Schwierigkeiten, Gefühle zuzulassen.“ Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass beide Partner sich bemühen, die Gefühls- und Gedankenwelt des Anderen zu verstehen: „Wer sich in den Anderen nicht einfühlen kann, versteht ihn nicht, bejaht ihn nicht, liebt ihn nicht. Er geht von sich aus. Er glaubt, der andere müsse fühlen, denken und reagieren wie er. Das ist ein fundamentaler Irrtum. Wir alle sind grundverschieden. Unsere Beziehungen können nur verbessert werden, wenn wir auf den anderen zugehen und seine Wert- und Lebensvorstellungen ernst nehmen.“ 9 Dies trifft auch für den Dialog zwischen den GeneGenerationen zu: Er kann nur dann gelingen, wenn beide Gesprächspartner, der jüngere und der ältere, bereit sind, voneinander zu lernen, festgefahrene Positionen 15 bei Bedarf zu korrigieren, jahrzehntelang für selbstverständlich Gehaltenes hinterfragen zu lassen. Wären nicht im Laufe der Geschichte Gewohnheiten und Lebensformen einer älteren Generation immer wieder durch eine jüngere hinterfragt worden, würden wir vermutlich heute noch mit Rauchsignalen statt per Telefon, Fax oder Internet kommunizieren. Wenn wir umgekehrt nicht lernen, Bewährtes sorgsam zu bewahren und mit Einsichten, die älter sind als unsere Generation, behutsam umzugehen, werden wir vermutlich bald wieder unsere Botschaften mit Rauchsignalen oder Brieftauben versenden. ● Als letzter Punkt dieser Beispielreihe steht das vermutlich Wichtigste: das Zuhören. Zuhören Forscher der Indiana-Universität in den USA haben kürzlich herausgefunden, dass bei Männern nur eine (die linke) Gehirnhälfte arbeitet, wenn sie zuhören. Allerdings bedeute dies nicht zwangsläufig, dass Männer weniger aufmerksam zuhören. Sehr beruhigend! Ob in der Familie, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz – echte Kommunikation findet nur dort statt, wo jeder der am Gespräch Beteiligten bereit ist, dem Anderen zuzuhören, sowohl den Worten als auch dem, was zwischen den Worten steckt. Zuhören, ohne gleich darauf zu antworten: „Ich weiß schon ...“ Zuhören, ohne sich schnell einzubilden oder gar zu sagen: „Ich verstehe dich genau.“ Zuhören mit dem „dritten Ohr“, d. h. einfühlsam: Wie erlebt der andere sich selber, seine Situation? Wie verpackt er seine Gefühle? Warum übertreibt er gerade? Führungskräften wird sogar empfohlen, mit vier Ohren zu empfangen: Mit dem „Sach-Ohr“ werden die Fakten gehört; mit dem „Selbstkundgabe-Ohr“ wird das wahrgenommen, was der Gesprächspartner über sich selbst und seine Gefühle aussagt; mit dem „Bezie16 hungs-Ohr“ empfängt der Chef Signale darüber, wie der Gesprächspartner zu ihm steht, was er von ihm hält; mit dem „Appell-Ohr“ schließlich vernimmt er die Botschaft: Was will mein Gesprächspartner bei mir erreichen?10 Eine praktische Hilfe für das aktive Zuhören besteht darin, sich durch Rückfragen zu vergewissern, ob die gesendete Botschaft richtig angekommen ist: „Wenn ich dich richtig verstehe, hast du nichts gegen den Computer, fühlst dich aber vernachlässigt, weil ich abends zu lange davor sitze ....“ Das war nur eine Auswahl hilfreicher Prinzipien, die Sprachbarrieren abbauen und Kommunikation erleichtern können, aber nicht zwangsläufig müssen! Es gibt nämlich für das Gelingen zwischenmenschlicher Beziehungen kein Patentrezept. Gehen wir nun der Frage nach, wie es eigentlich dazu kommt, dass Menschen, die einander versprochen haben, sich zu lieben und gegenseitig zu unterstützen, plötzlich tage-, wochen- oder monatelang nicht mehr miteinander reden? Wie ist es möglich, dass ein Vater zwanzig Jahre lang kein Wort mit seiner Tochter spricht? Die Folgen eines Vertrauensbruchs Um die erste Ursache aller Kommunikationsprobleme zu finden, müssen wir kurz zu den Anfängen der Menschheitsgeschichte zurückgehen, wie sie die Bibel beschreibt. Das tun wir über einen Umweg, nämlich über die EXPO 2000 in Hannover. Eine der stark besuchten Attraktionen der EXPO 2000 war der „Planet of Visions“ (der Planet der Visionen und Utopien). Mithilfe des größten Panoramengemäldes der Gegenwart (140 Meter mal 11,50 Meter) 17 lernte der Besucher vergessene Zivilisationen kennen, die kulturell, sozial, technisch und wirtschaftlich höchstes Niveau erreichten. Auf kreative Weise, durch begehbare Installationen, begegnete er Motiven der biblischen Geschichte. Gleich im ersten Raum war das „Paradies“ zu sehen, das allerdings auf den Kopf gestellt war, d. h. an der Decke hing. Von dort aus ging es in den „Turm zu Babel“: Bekanntlich entstand dort infolge der menschlichen Anmaßung, sich mit Gott auf eine Stufe stellen zu wollen, ein derartiger Wirrwarr an unterschiedlichen Sprachen, dass die Einwohner der biblischen Stadt einander nicht mehr verstehen konnten und die Bauarbeiten an dem Turm, der bis in den Himmel reichen sollte, einstellen mussten (1. Mose/Genesis 11). Auf der EXPO konnten die Besucher den Turm betreten und durch altertümliche Korridore voller unverständlicher Schriftzeichen schreiten. In diesem „Korridor der sprechenden Schriften“ war zu erleben, wie aus unverständlichen Schriftzeichen dank multimedialer Computertechnik klare, verständliche Botschaften wurden. Diese Anordnung der Szenarien im „Planet of Visions“ gibt zu denken: zuerst das auf den Kopf gestellte Paradies, dann die Verwirrung der Sprachen (Turm zu Babel) ... Entspricht das nicht genau dem, was die Bibel über das Scheitern der Kommunikation und dessen Ursache berichtet? ● Als Gott den Menschen schuf, verlieh er ihm – unter anderem – die Fähigkeit der Sprache. Der knappe biblische Bericht lässt erahnen, dass das erste Menschenpaar beides reichlich genoss: das Kommunizieren mit seinem Schöpfer wie das Gespräch miteinander. Erstaunlich ist dabei, dass sich beide, Gott und Mensch, einer gemeinsamen Sprache bedienten, also keine Dolmetscherdienste benötigten. Und ebenfalls erstaunlich 18 – für uns heute unvorstellbar – ist die Tatsache, dass dieses Miteinanderreden nicht mittelbar (also per Telefon oder irgendein anderes Hilfsmittel), sondern unmittelbar geschah, d. h., Gott und der Mensch, beide sahen sich gegenseitig in die Augen, wenn sie miteinander redeten – eindeutig die beste Art zu kommunizieren! ● Leider kam es recht bald zu einem Bruch in dieser Beziehung, der wirklich alles „auf den Kopf stellte“, zuerst die Kommunikation zwischen dem Menschen und seinem Schöpfer, schließlich aber zwischen den Menschen untereinander. Das ist so spannend, dass es sich lohnt, hierfür den Wortlaut der Bibel genauer zu betrachten: „Am Abend, als ein frischer Wind aufkam, hörten sie, wie Gott, der Herr, im Garten umherging. Ängstlich versteckten sie sich vor ihm hinter den Bäumen. Aber Gott rief: ,Adam [hebräisch: Mensch], wo bist du?’ Adam antwortete: ,Ich hörte dich im Garten und hatte Angst, weil ich nackt bin. Darum habe ich mich versteckt.’“ (1. Mose/Genesis 3,8-10) Die Kommunikationsstörung zwischen dem Menschen und seinem Schöpfer begann im Herzen; sie war also nicht ein Sprachproblem, sondern ein Vertrauensproblem. Darum versteckte sich das erste Menschenpaar vor Gott, ging ihm aus dem Weg. Auch wenn Menschen nicht mehr miteinander reden, liegt die Ursache tiefer und hat häufig mit Angst, Misstrauen oder einem Vertrauensbruch zu tun. Umgekehrt geht der Heilung einer Beziehung in der Regel nicht ein Wortwechsel voraus, sondern eine Änderung der inneren Einstellung, z. B. der Entschluss, den anderen mit seinen Macken und Tücken oder trotz seines Versagens anzunehmen. ● Dieser Vertrauensbruch dem Schöpfer gegenüber („Sündenfall“) vergiftete sofort auch die zwischenmenschliche Kommunikation, wie im Ton der 19 folgenden Unterhaltung zu erkennen ist: „,Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?’, fragte Gott. ,Hast du etwa von den verbotenen Früchten gegessen?’ ,Ja’, gestand Adam, ,aber die Frau, die du mir gegeben hast, reichte mir eine Frucht – deswegen habe ich davon gegessen!’ ,Warum hast du das getan?’, wandte der Herr sich an die Frau. ,Die Schlange hat mich dazu verführt!’, verteidigte sie sich.“ (Verse 11-13) In diesem vorwurfsgeladenen Gespräch begegnet uns zum ersten Mal der so genannte „Sündenbock“-Mechanismus: Statt dass wir uns zu den eigenen Fehlern bekennen, machen wir andere für unser Verhalten verantwortlich oder zumindest mitschuldig. Die eigene Schuld nicht eingestehen zu wollen, das ist seit dem Sündenfall einer der größten „Kommunikationskiller“! ● Die Kommunikationskrise erfasste auch die zwei Söhne des ersten Menschenpaars: Kain hegte krank machende Gefühle (Eifersucht zum Beispiel) seinem Bruder Abel gegenüber. Statt darüber zu sprechen, „starrte er mit finsterer Miene vor sich hin“, bis er eines Tages seinem Bruder vorschlug: „,Komm, wir gehen zusammen aufs Feld!’ Als sie dort ankamen, fiel er über Abel her und schlug ihn tot.“ (1. Mose/Genesis 4,5.8) Auch hier zeigt sich, wo die tiefere Ursache zwischenmenschlicher Feindschaft liegt: im Denken und im Fühlen. Kain schlug seinen Bruder zuerst in seinem Herzen tot – das tatsächliche Erschlagen war „nur“ noch die Ausführung der in seinem Innersten schon beschlossenen und vollzogenen Tat. Manche töten „nur“ mit Worten, andere wiederum mit Waffen. ● Der (gescheiterte) Bau des Turms zu Babel stellt die logische Fortsetzung dieser durch den Sündenfall ausgelösten Entwicklung dar: Der Mensch will das verlorene (EXPO: auf den Kopf gestellte, an der Decke unerreichbar hängende) Paradies aus eigener Kraft 20 erreichen, versucht also einen Turm zu bauen, der bis in den Himmel reicht. Nach dem Eingreifen Gottes (vgl. 1. Mose/Genesis 11) konnten sie einander nicht mehr verstehen, weil jeder plötzlich eine andere Sprache sprach. Es war vermutlich ein weiterer Versuch Gottes, den Menschen zu zeigen, dass eine harmonische Schöpfer-Geschöpf-Beziehung die Voraussetzung für eine gut funktionierende Kommunikation auf menschlicher Ebene ist; denn die zwischenmenschliche Verständigung ging nicht erst beim Bau des Turmes in die Brüche, sondern bereits im Paradies, als die ersten Menschen begannen, einander oder gar Gott die Schuld in die Schuhe zu schieben. Auch die Geschichte vom Turm zu Babel bestätigt, wie wichtig eine funktionierende Kommunikation ist: Man kann nicht miteinander zielgerichtet und effektiv arbeiten, wenn man einander nicht versteht. Dazu bedarf es jedoch mehr als einer gemeinsamen Sprache, nämlich einer gemeinsamen „Wellenlänge“ des Vertrauens, der gegenseitigen Annahme, der Wertschätzung, der Offenheit, der Liebe. Diese innere Einstellung aber ist durch den Sündenfall, durch die Trennung des Menschen von seinem Schöpfer, derart gestört, dass nur Gott selbst helfen kann. Nun ist uns damit, dass wir die Ursache kennen, vielleicht grundsätzlich, aber noch nicht praktisch geholfen. Was tun, wenn – um das zweite und dritte Beispiel am Anfang dieses Kapitels aufzugreifen – Julia und Rolf (das zerstrittene Ehepaar) auch nach der vierten, fünften und sechsten Nacht ihr Schweigen nicht brechen, weil keiner bereit ist, nachzugeben und als erster das erlösende Wort zu sprechen? Was kann man noch tun, wenn man – wie Frau Walter – zwanzig Jahre lang mit allen Mitteln vergeblich versucht hat, den unnachgiebi21 gen, alt gewordenen, auf dem Sterbebett liegenden Vater zur Versöhnung zu bewegen? Es gibt Situationen, in denen alle menschlichen Versuche, wieder miteinander zu reden, scheitern, weil wir zum Sprechen nicht nur die Zunge benötigen, sondern auch den Verstand – und das Herz! Die Zunge kann man mit Willenskraft im Zaum halten oder in Bewegung bringen; den Verstand kann man notfalls überlisten. Das Herz aber gehorcht nicht auf Kommando und kann unter bestimmten Umständen so steinhart werden, dass es kaum noch zu „empfangen“, geschweige denn zu „senden“ imstande ist. Hier kann nur – wenn überhaupt – eine höhere Instanz, eine übermenschliche „Umleitung“, helfen! Mehr als nur eine „U „Umleitung“ mleitung“ Als das Internet geschaffen wurde, bestand eins der Ziele dieses weltumspannenden Kommunikationsnetzes darin, den Ausfall einer Querverbindung zwischen den Großrechnern bzw. Knotenpunkten so zu überbrücken, dass auch im Falle eines Krieges der Informationsfluss zwar auf Umwegen, aber doch sicher und schnell den Empfänger erreichen würde. Diesem Prinzip ist es heute zu verdanken, dass zum Beispiel bei einem Unterseekabelschaden die interkontinentale Kommunikation nicht zusammenbricht. Es gibt in der geistig-geistlichen Welt auch eine Art überirdischer „Umleitung“, die helfen kann, wenn die zwischenmenschliche Kommunikation schweren Schaden erlitten hat: das Gebet. Das Gebet ist in erster Linie die „Telefonleitung“, die uns mit dem Schöpfer – direkt und ohne Vermittlungsstelle – verbindet, da es uns heute nicht mehr möglich ist, wie die ersten Menschen unter vier Augen mit ihm zu reden. Darüber hinaus ist das Gebet eine Art Umleitung, um über den gemein22 samen Schöpfer eine Brücke von Mensch zu Mensch zu schlagen. Was ist aber mit „Beten“ gemeint? Ist das Rezitieren von Tisch- oder Nachtgebeten nicht etwas für Kleinkinder? Wie betet man richtig? Kann das jeder? Hilft es überhaupt? Das sind berechtigte Fragen, auf die wir hier und auch in späteren Kapiteln eingehen werden. ● Kann jeder beten? Was über das Zuhören gesagt wurde, gilt ebenso fürs Beten. Jeder, der hören kann, kann auch beten, denn Beten beginnt mit Hören. Jörg Zink schreibt hierzu: „Wenn Beten aber nicht zuerst ein Reden ist, sondern ein Hören und danach erst ein Antworten, dann wird der beten können, der hört. Zuhören kann nur, wer schweigt, und das Schweigen ist gleichsam die Bitte um jene Stille, in der ein Wort von Gott her ergehen kann.“ „Hören lernen heißt aufhören, selbst zu reden, sich wegwenden von sich selbst und bemerken, dass ein anderer, der wichtiger ist als wir selbst, uns meint.“11 Natürlich kann man auch mit Gott während der Busfahrt oder beim Autofahren reden, aber es ist wichtig, Gelegenheiten der Stille zu schaffen und auch wahrzunehmen, um innerlich vor Gott zur Ruhe zu kommen. Dieses Stillesein vor Gott versetzt uns nicht nur in die Lage, auf ihn zu hören, sondern befähigt uns auch, unseren Mitmenschen besser zuzuhören. ● Wie betet man? Hierzu erzählte Jesus einmal ein sehr einprägsames Erlebnis: „Zwei Männer, ein Pharisäer und ein Zolleinnehmer, gingen in den Tempel, um zu beten. Selbstsicher stand der Pharisäer dort und betete: ,Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie andere Leute. Ich bin kein Räuber, kein Gottloser, kein Ehebrecher und schon gar nicht wie dieser Zolleinnehmer da hinten. Ich faste zweimal in der Woche, und von allen meinen 23 Einkünften gebe ich den zehnten Teil für Gott.' Aber der Zolleinnehmer blieb verlegen am Eingang stehen und wagte kaum aufzusehen. Schuldbewusst betete er: ,Gott! Vergib mir, ich weiß, dass ich ein Sünder bin!' Ihr könnt sicher sein, dieser Mann ging von seiner Schuld befreit nach Hause, nicht aber der Pharisäer.“ (Lukasevangelium 18,10-14) Dass der Erstgenannte „betete“, klingt in meinen Ohren ironisch: Er hat nicht mit Gott gesprochen, sondern ihm vielmehr einen Vortrag gehalten. Dieser Mann redete nur von sich; dazu stellte er Vergleiche mit anderen, vermeintlich Schlechteren, an. Er bat Gott um nichts, sondern informierte ihn nur über seine Leistungen. Der zweite Beter, der Zolleinnehmer, redete nicht viel – das ist auch nicht nötig; denn es kommt beim Beten nicht auf die Menge der Worte an und auch nicht darauf, Gott mit ausgewählten Formulierungen zu beeindrucken. Der Zolleinnehmer ging jedenfalls von seiner Schuld befreit nach Hause. Das ist befreiende Kommunikation, wenn man bei Gott das abladen darf, was einem das Herz schwer macht. ● Bewirkt Beten etwas? Natürlich! Dieser Zolleinnehmer ging befreit, erleichtert nach Hause. Millionen von Menschen können davon berichten, was Gebet in ihrem Leben bewirkt hat. Bei Julia und Rolf zum Beispiel ging die „Funkstille“ in der vierten Nacht zu Ende. Rolf lag im Bett und baute im Gebet „eine Brücke“ über Gott zu seiner Frau. Im Gespräch mit Gott ging ihm auf, dass er es nicht nötig hatte, alles hinunterzuschlucken, wenn er im richtigen Ton mit seiner Frau über seine Gefühle zu sprechen bereit war. Er bat Gott, ihm zu verzeihen, dass er seine Frau mit seinem Schweigen bestrafen wollte. Und während Rolf so, im Liegen, mit geschlossenen 24 Augen, in Gedanken mit Gott redete, spürte er, wie sich ein Knoten in seinem Hals löste, und wie er die befreienden Worte über die Lippen brachte: „Schatz, es tut mir Leid, dass ich eingeschnappt war. Ich liebe dich immer noch. Lass uns doch in Ruhe über alles reden!“ Beten bewirkt nicht immer bei dem etwas, für den man betet, aber garantiert beim Beter selbst. Der Vater von Frau Walter starb unversöhnt. Aber das Gebet half ihr, ihrem Vater zu vergeben, so dass in ihr keine Verbitterung aufkommt, wenn sie an ihn zurückdenkt. Im Umgang mit unseren Kindern haben meine Frau und ich oft festgestellt: Es gab Zeiten, da konnten wir mit ihnen über Gott sprechen, aber es gab auch Zeiten, in denen es besser war, mit Gott über sie zu reden, für sie zu beten. Auch Ruth Heil berichtet diesbezüglich: „Manchmal stehe ich am Bett eines Teenagers, um für ihn zu beten, wenn er schon eingeschlafen ist. ,Segne diesen jungen Menschen, der es im Moment so schwer mit sich selbst und mit mir hat’, bete ich manchmal. Oft schon habe ich erlebt, wie am nächsten Morgen unser Verhältnis zueinander besser war. Ich weiß nicht, ob Gott mein Kind über Nacht anrührte, oder ob er mir eine andere Betrachtungsweise mit dem Gebet gab. Jedenfalls habe ich darin schon oft Gottes Antwort erfahren.“12 *** Abschließen möchte ich dieses Kapitel mit der Erfahrung, die eine gläubige Mutter vor vielen Jahren mit ihrem damals schon erwachsenen Sohn gemacht hat. Ich hörte sie von ihm, allerdings schon vor so langer Zeit, dass ich mich an die Details nicht mehr erinnern kann, dafür umso mehr daran, wie gerührt ich war: Ludwig wollte gern ins Frankfurter Rotlichtviertel, um sich dort einmal umzuschauen. Weil er ein sehr 25 gutes Verhältnis zu seiner Mutter hatte, informierte er sie über sein Vorhaben. Die Mutter hielt nicht mit ihrer Meinung diesbezüglich hinterm Berg, versuchte allerdings auch nicht, irgendeinen Druck auf ihren inzwischen erwachsenen Sohn auszuüben. Bevor er aber aufs Fahrrad stieg, betete sie für ihn, und das tat sie auch noch, nachdem er bereits weg war. Stundenlang schlenderte Ludwig durch die berüchtigten Straßen, unsicher, ob er wirklich die entsprechenden Lokale betreten sollte oder nicht. Er kehrte lange nach Mitternacht nach Hause zurück. Die Mutter fragte ihn am nächsten Tag nicht, wo er gewesen sei oder was er getan hätte. Es vergingen Jahre, bis Ludwig seiner Mutter von sich aus eröffnete: „Mutter, kannst du dich noch an meinen nächtlichen Ausflug damals nach Frankfurt erinnern? Ich möchte dir heute sagen: Ich bin in keines der Lokale hineingegangen.“ Worauf seine Mutter ihm antwortete: „Ludwig, ich habe für dich gebetet, bis du nach Hause gekommen bist.“ Beten hilft nicht nur dann Brücken zu bauen, wenn uns die Worte fehlen, wenn lange Reden unangebracht sind oder wenn die Kommunikation misslingt. Durch das Gebet vertrauen wir Menschen, die uns am Herzen liegen, einem Größeren an – Gott. Das Gebet ist kein Zauberstab, denn Gott respektiert den freien Willen eines jeden Menschen. Aber es ist befreiend, um die Unterstützung eines starken Partners zu wissen, der nicht auf Worte angewiesen ist, um Knoten im Hals zu lösen oder verletzte Beziehungen zu heilen. *** 26 Was hilft weiter? ● Wenn Sie in der Bibel etwas mehr über das Beten lesen wollen, empfehle ich Ihnen folgenden Abschnitt aus der Bergpredigt: Matthäusevangelium, Kapitel 6, Verse 5 bis 8. ● Was halten Sie davon, in eine Liste die Namen von zwei oder drei Personen (Familie, Bekannten- oder Freundeskreis) einzutragen, zu denen Sie sich ein besseres Verhältnis wünschen? Nehmen Sie sich doch morgens und abends jeweils fünf Minuten Zeit, um in der Stille mit Gott über diese Menschen zu sprechen. Bitten Sie ihn, dass er Sie von negativen Gefühlen befreit und dass er Ihnen hilft, die positiven Charaktereigenschaften dieser Menschen zu entdecken. ● Wenn Sie etwas zur Vertiefung der Kommunikation in Ihrer Partnerschaft tun wollen, dann empfehle ich Ihnen, den Test PREPARE (für Verlobte) bzw. ENRICH (für Ehepaare) bei einem Eheberater durchzuführen. Nähere Auskünfte finden Sie im Internet (www.prepare-enrich.de) bzw. bei Carol Ann Bochmann, Jahnstr. 11, 15366 Neuenhagen, Telefax 0 33 42 / 24 76 78. ● Prof. Moeller hat das „Zwiegesprächs-Konzept“ für Paare entwickelt: Vereinbaren Sie einmal in der Woche 90 Minuten für ein ungestörtes Gespräch, in dem einer dem anderen erzählt, was ihn im Augenblick am stärksten bewegt (mehr darüber im Internet: www.dyalog.de). Buchempfehlungen Nancy van Pelt, „Von Herz zu Herz. Erfolgreich kommunizieren“, Advent-Verlag, Zürich/Wegweiser-Verlag, Wien, 2000, ISBN 3-905008-59-9 bzw. 3-900160-20-1 27 Julián Melgosa, „Starke Jahre – Impulse für Teenager und Eltern“, Advent-Verlag, Zürich/Wegweiser-Verlag, Wien, 2000, ISBN 3-905008-58-0 bzw. 3-900160-19-8 Zwei Bücher, die konkret und anschaulich Hilfe zur Verbesserung der Kommunikation (mit Schwerpunkt Ehe) bzw. zu einer verständnisvollen und toleranten Eltern-Kinder-Beziehung bieten. Roger J. Morneau, „Nicht zu fassen! Wie Gott Gebete erhört!“, Advent-Verlag, Lüneburg, Bd. 1: Best.-Nr. 1283, Bd. 2: Best.-Nr. 1289. Der Autor hat offensichtlich die Gabe, über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig und intensiv für bestimmte Menschen und Anliegen zu beten. Dabei erleben er und die Menschen, für die er betet, wie Gott diese Bitten erhört. Beide Bücher liefern keine „Rezepte“ zur Nachahmung, sondern wollen dem Leser Mut machen, das Beten für andere Menschen neu zu entdecken und Gott Großes zuzutrauen. 28 2. Kapitel Wissen, wohin man gehört US-Amerikaner lieben es, ihren familiären Wurzeln nachzuspüren. „Ich habe in Ihrer Datenbank meinen Großvater entdeckt“, schreibt Thomas Semelbauer aus Kalamazoo im US-Bundestaat Michigan in einer Dankes-E-Mail ans Hamburger Staatsarchiv. Seitdem das Projekt „Link to your Roots“ der Stadt Hamburg im Jahr 2000 gestartet ist, haben Zehntausende täglich (!) diese Möglichkeit genutzt, im Internet nach ihren einst ausgewanderten Vorfahren zu suchen. In mühsamer Detektivarbeit wurden hierzu die handschriftlichen Einträge alter Schiffspassagierlisten entziffert und Name für Name in den Computer eingetippt. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts hatten sich in Hamburg insgesamt fünf Millionen europäische Auswanderer eingeschifft!13 „Woher stamme ich? Finden Sie Ihre Vorfahren!“ So oder ähnlich heißen die zahlreichen Ratgeber, die, unterstützt durch Internet-Datenbanken und Genealogie-Computerprogramme, den Ahnenforschern Hilfe bei der Suche nach ihren Wurzeln versprechen. Das Bedürfnis zu wissen, wohin man gehört, fand durch den afroamerikanischen Schriftsteller Alex Palmer Haley (1921-1992) einen Niederschlag in der Weltliteratur: In seiner Familiensaga „Roots“ („Wurzeln“, 1976)14 schildert Haley die Suche nach den Ursprüngen seiner Familie, die er schließlich in einem Dorf in Westafrika fand. In neuerer Zeit wird im nordamerikanischen Projekt „DNA-Genealogie“ daran gearbeitet, die 29 Suche nach den Vorfahren mithilfe von Gen-Analysen zu erleichtern.15 Ist die Verfolgung des Familienstammbaumes für viele zu einer Art Hobby geworden, so gewinnt die Suche nach den leiblichen Eltern für manche Menschen existenzielle Bedeutung, so zum Beispiel für viele Adoptivkinder: Generell sehnen sich Adoptierte – besonders in Pubertät und Jugendalter – stark danach herauszufinden, wer ihre leiblichen Eltern sind, auch wenn sie es den Adoptiveltern nicht zeigen. „Die Vorgeschichte ist ein wichtiger Bestandteil der Lebenswirklichkeit von Adoptivkindern – und von großer Bedeutung für deren Identitätsentwicklung und Persönlichkeitsintegration.“16 Umso erfreulicher ist es, wenn man ab und dann von der glücklichen Begegnung eines Suchenden mit seinen leiblichen Eltern erfährt! Können Sie sich vorstellen, was es für ein Kind bedeuten würde, irgendwann im Laufe des 21. Jahrhunderts in einem Labor per künstlicher Befruchtung unter der Maßgabe gezeugt worden zu sein, dass es niemals erfahren soll, wer seine biologischen Eltern gewesen sind? Ich finde diese Vorstellung unerträglich! Aber für genauso unerträglich halte ich die Vorstellung, der Mensch – also auch ich – sei das Produkt eines Evolutionsprozesses, der seinen Anfang in irgendeiner Ursuppe oder bei einem gewaltigen Urknall gefunden haben soll. Mag die Suche nach der familiären Herkunft von großer Bedeutung sein, so ist die Suche nach der Herkunft des Menschen überlebenswichtig; denn von der Frage nach dem „Woher“ des Menschen hängen auch die Antworten auf die Frage nach dem „Wohin“ und dem „Wozu“ ab! Wissen, wohin man als Kind gehört, ist enorm wichtig für eine gesunde Entwicklung und für die Identitätsfindung. Wissen, wohin ich als Person, als 30 Mensch gehöre, hat einen entscheidenden Einfluss auf meinen Selbstwert, aber auch darauf, welchen Stellenwert ich meinen Mitmenschen einräume. Es will mir nicht einleuchten, dass sich so viele Menschen bei der Frage nach der Herkunft des Menschen mit nebulösen Erklärungen über Ursuppen oder Initialzündungen und mit den unterschiedlichsten, jahrmillionen-toleranten Zeitangaben zufrieden geben. Evolutionstheorie: Fakten oder Annahmen? Woran liegt es, dass so viele die Antworten der Evolutionslehre für bare Münze halten? Vermutlich daran, dass sie im Allgemeinen für eine wissenschaftlich bewiesene Erklärung über den Ursprung und die Entwicklung des Lebens gehalten wird. Ist sie das? Nachfolgend wird diese Frage von einigen Wissenschaftlern beantwortet. Die meisten von ihnen vertreten die Evolutionstheorie bzw. stehen ihr wohlwollend gegenüber. Der international anerkannte Makromolekularchemiker Bruno Vollmert hat zum Beispiel seinem Buch „Das Molekül und das Leben“ den Untertitel gegeben: „Was Darwin nicht wissen konnte und Darwinisten nicht wissen wollen“. Dort schreibt er u. a.: „Weil die makromolekularen Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist der heute herrschende Neodarwinismus als naturwissenschaftliche Hypothese unhaltbar.“ Und: „Die Entstehung des Lebens und der Arten ist ein im Rahmen der exakten Naturwissenschaften unlösbares Problem.“17 Pierre Grassé, einer der bekanntesten Zoologen Frankreichs und ehemaliger Präsident der Akademie der Wissenschaften, erklärt: „Es ist heute unsere Pflicht, den Mythos der Evolution zu zerstören, die als ein einfaches, verständliches und erklärbares Ereignis betrachtet wird, das sich deutlich vor uns entfaltet. Biolo31 gen müssen ermutigt werden, über die Schwächen und Mutmaßungen, die Theoretiker aufstellen oder als etablierte Wahrheiten erklären, nachzudenken.“18 Errol White, Biologe und Evolutionist, gibt zu: „Ich habe mir oft gedacht, wie ungern ich organische Evolution vor einem öffentlichen Gericht beweisen möchte ... Wir kennen nach wie vor weder den Mechanismus der Evolution, trotz überzuversichtlicher Behauptungen in einigen Bereichen, noch ist es wahrscheinlich, dass wir darin weitere Fortschritte durch die klassischen Methoden der Paläontologie oder Biologie erzielen werden.“19 Der australische Molekularbiologe Michael Denton bekennt: „Der Einfluss der Evolutionstheorie auf Gebiete weit außerhalb der Biologie ist eines der spektakulärsten Beispiele der Geschichte dafür, wie eine hochgradig spekulative Theorie, für die es keinen wirklich konkreten Beleg gibt, das Denken einer ganzen Gesellschaft prägen und die Weltanschauung einer Epoche beherrschen kann.“20 Es wäre möglich, seitenweise weitere Kritiker aus den Reihen der Evolutionisten zu zitieren;21 ich möchte es jedoch bei nur einem weiteren Zitat bewenden lassen. Der berühmte britische Biologe Prof. D. M. S. Watson schrieb bereits 1929 etwas, das heute noch unverändert zutrifft: „Die Evolutionstheorie wird nicht deshalb allgemein anerkannt, weil man sie durch eine logisch zusammenhängende Beweiskette als richtig beweisen könnte, sondern weil die einzige Alternative dazu, nämlich eine spezielle Schöpfung, einfach unglaublich ist.“22 Es ist eine glatte Lüge zu behaupten, die Evolution sei eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache. Wer für die Evolution eintritt, akzeptiert unterschwellig ein „Glaubensbekenntnis“, zu dem u. a. folgende Punkte gehören:23 32 ● Der Glaube an die Macht des Zufalls, an Prozesse, für die keine Ursachen, keine Zusammenhänge und keine Gesetzmäßigkeiten erkennbar sind. ● Der Glaube an die Macht der Selektion, an die Macht des Egoismus, wonach im Kampf aller gegen alle jenes Lebewesen siegt, das sich seiner Umwelt bzw. den Machtverhältnissen seiner Umwelt am erfolgreichsten anpassen kann. ● Der Glaube, dass weder bei der Entstehung des Lebens noch bei der Entstehung des Menschen eine Intelligenz gewirkt hat. ● Der Glaube, dass der Optimierungsprozess für den Menschen noch nicht zu Ende ist und daher alles ausgeschaltet werden muss, was das Fortschreiten dieses Optimierungsprozesses hindert. Nun ist es allerdings nicht so, dass etwa die Schöpfungslehre wissenschaftlich bewiesen wäre. Die Behauptung, Gott habe die Welt erschaffen, kann man ebenfalls nicht beweisen. An beides muss man also glauben, wie der Evolutionist Prof. L. Harrison Matthews in einem Vorwort zu Darwins „Ursprung der Arten“ schrieb: „Die Tatsache der Evolution ist das Rückgrat der Biologie, und die Biologie nimmt somit die merkwürdige Stellung ein, dass sie eine Wissenschaft ist, die auf eine unbewiesene Theorie gegründet ist – ist sie dann eine Naturwissenschaft oder ein Glaube? Der Glaube an die Evolutionstheorie läuft somit vollkommen parallel zu dem Glauben an eine besondere Schöpfung – beides sind Auffassungen, von denen die daran Glaubenden wissen, dass sie wahr sind, aber keine von beiden konnte bis heute bewiesen werden.“24 Schöpfung: eine echte Alternative? Obwohl das Schöpfungsmodell nicht alle Fragen beantworten kann – genauso wenig wie die Evolutions33 theorie dies vermag –, bietet es für viele offene Fragen befriedigendere Lösungen an – abgesehen davon, dass es eine Menge Fakten gibt, die gegen eine Evolution sprechen.25 Vielleicht sind das zwei wichtige Gründe, warum weltweit die Anzahl ernst zu nehmender Wissenschaftler, die das Schöpfungsmodell befürworten, zunimmt. Ich möchte nur zwei Beispiele dafür anführen, wie das Schöpfungsmodell offene Fragen beantwortet. Das erste hat mit den Prinzipien der Informatik zu tun, das zweite bezieht sich auf die so genannten „DesignSignale“. ● Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hochleistungscomputer ohne Konstrukteur entstanden ist, liegt bei Null. Der menschliche Körper ist weit komplizierter und leistungsfähiger als der schnellste Computer der Welt, denn der Mensch ist das komplexeste informationsverarbeitende System, das wir kennen. Prof. Dr. Werner Gitt von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig belegt das eindrücklich26: Wenn man alle Informationsabläufe im Menschen zusammennimmt, so werden täglich 1024 bit (eine 10 mit 24 Nullen dahinter!) verarbeitet. Das ist ein astronomischer Wert, der das Gesamtwissen der Menschheit von 1018 bit, wie es in den Bibliotheken der Welt gespeichert ist, noch um den Faktor von einer Million übertrifft. Nun spielen bei jedem System, das Information trägt oder verarbeitet, u. a. folgende Prinzipien eine wichtige Rolle: Es gibt keine Informationsübertragung ohne Verschlüsselung (zum Beispiel die Sprache). Es gibt keine Informationsübertragung ohne Sender und Empfänger. Es gibt keine Information ohne ursprüngliche geistige Quelle. Information im umfassenden Sinne weist verschiedene Ebenen auf.27 Es gibt keine Information durch Zufall. 34 Wenn man diese Prinzipien, die sich unzählbar oft in der Erfahrung bewähren und in keinem Laboratorium der Welt experimentell widerlegt worden sind, bedenkt, „so ist es folgerichtig zu fragen, ob das Leben nicht aus einem zielorientierten Schöpfungsprozess stammt. Von diesem Prinzip berichtet die Bibel. Die aus der Sicht der Informatik zu fordernde geistige Informationsquelle für jegliche Information ... wird in der Bibel bereits auf der ersten Seite genannt: ,Am Anfang schuf Gott’ (1. Mose 1,1). Die Evolutionslehre unterstellt hingegen, dass die Information in den Lebewesen keines Senders [im Sinne einer Intelligenz außerhalb der Natur] bedarf. Diese Aussage wird durch die tägliche Erfahrung der obigen Informationssätze reichlich widerlegt. Darum liefert uns heute die Informatik die stärksten Argumente für die Entstehung der Lebewesen durch eine Schöpfung.“28 ● Wer die Natur aufmerksam beobachtet, kommt nicht umhin, zweierlei festzustellen: Warum so komplizierte Mechanismen, wenn es auch einfacher ginge? Oder: Warum eine so große Vielfalt, und warum diese verschwenderische Schönheit? Im ersten Fall sprechen die Annahmen der Evolutionstheorie dagegen, dass zum Beispiel für die Bestäubung von Blüten komplexere Strukturen entstehen, als sie für das Überleben erforderlich wären. Die zweite Frage stellt sich beispielsweise in Anbetracht der Vielfalt und Schönheit der Vogelgefieder (Pfauenrad zum Beispiel), bei der Betrachtung der Schmetterlinge (es soll 18.000 Arten von Tagfaltern und 130.000 von Nachtfaltern geben!) oder wenn man bedenkt, wie viele Formen und Farben die Gehäuse von Schnecken oder Muscheln haben. Diese und viele andere Beispiele erwecken den Eindruck, als sperre sich die Schönheit der Lebewesen hartnäckig gegen eine Erklärung unter einem bloßen 35 evolutionären Nützlichkeitsaspekt. Diese Schönheit oder „Selbstdarstellung“ der Lebewesen stellt für den Zoologen und Anatomen Adolf Portmann „eines der großen Probleme in der Biologie“ dar29 – Menschen, die in Gott den Schöpfer des Universums sehen, erkennen darin Anhaltspunkte („Design-Signale“) für die unbegreifliche Größe, Genialität und Liebe des Schöpfers zum Detail.30 Am beeindruckendsten aber kommt die Kreativität des Schöpfers beim Wunderwerk Mensch zum Ausdruck.31 Einige Beispiele, dem empfehlenswerten Buch „Faszination Mensch“ von Prof. Dr. Werner Gitt entnommen, sollen das illustrieren.32 Das Wunderwerk Mensch ... Der Blutkreislauf, Blutkreislauf der für Transport-, Versorgungsund Entsorgungsfunktionen verantwortlich ist, stellt eine perfekte Logistik dar: Durch 2.500 Kilometer Arterien, Venen und Kapillaren (die Strecke Paris-Moskau) strömt das Blut durch unseren Körper dank der Arbeit der Umwälzpumpe Herz. Dieses schlägt 100.000mal an einem Tag, das bedeutet 2,5milliardenmal in 70 Jahren. Bei 70 Schlägen pro Minute fördert das Herz täglich etwa 7.000 Liter, was 40 gefüllten Badewannen entspricht. Wussten Sie, dass wir Menschen in jedem Bluttropfen 250 Millionen rote Blutkörperchen haben? Sie leben nur 120 Tage, d. h. dreimal im Jahr werden alle roten Blutkörperchen erneuert. Bei einer Größe von nur knapp einem tausendstel Millimeter würden die 25 Billionen Blutkörperchen eines Mannes 3.800 Quadratmeter, d. h. mehr als ein halbes Fußballfeld, bedecken. Die Anzahl der weißen Blutkörperchen ist niedriger (auf 600 bis 1.000 rote Blutkörperchen kommt ein wei36 ßes); dafür steigt sie schon nach einer Mahlzeit oder körperlicher Arbeit an. Und sie sterben millionenweise, wenn es darum geht, den Körper zu verteidigen. Das Gehirn – „die komplexeste materielle Struktur des Universums“ (Prof. Gitt) – besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), das entspricht von der Größenordnung her der Zahl der Sterne in unserer Milchstraße. Weil jede Gehirnzelle mit Tausenden von anderen Gehirnzellen in Verbindung steht, benötigte man eine riesige Bibliothek mit zehn Milliarden Bänden zu je 400 Seiten (d. h. 500mal größer als die Kongressbibliothek in Washington), um nur alle möglichen Verbindungen (Synapsen) zu Papier zu bringen. Der „Schaltplan“ des Gehirns ist einige hundertmal komplizierter als das gesamte Telefonnetz der Erde. Weil unsere Sinnesorgane dem Gehirn etwa eine Million Male mehr Information liefern, als es bewusst verarbeiten kann, findet bei der „Datenerfassung“ eine geniale Datenreduktion statt. Das Genom, Genom die Erbsubstanz des Menschen, besteht aus drei Milliarden genetischen Buchstaben. Eine gute Sekretärin würde – bei einem pausenlosen Achtstundentag und 220 Arbeitstagen pro Jahr – 95 Jahre brauchen, um diese Buchstabenmenge zu tippen. Um die Beziehungen zwischen den 35.000 derzeit bekannten Genen herauszufinden, benötigte ein herkömmlicher Rechner über 400 Jahre!33 Das Speichermedium der genetischen Information, die DNS, besitzt die höchste bekannte Speicherdichte, von der die Chips der modernsten Computer noch um Zehnerpotenzen entfernt sind. Wie dünn die doppelsträngige DNS ist, zeigt folgender Vergleich: Würden wir aus dem Material eines Stecknadelkopfes von 2 mm Durchmesser einen sehr dünnen Draht im Durchmesser des DNS-Moleküls machen, würde dieser 37 „Draht“ so lang sein, dass wir ihn 33mal um den Äquator wickeln könnten. Nicht weniger faszinierend beschreibt Prof. Gitt viele weitere bemerkenswerte Details des Wunderwerkes Mensch, so zum Beispiel das Auge mit je etwa 116 Millionen Photozellen; oder den optischen Nerv, der bei einem Durchmesser von ca. 2 mm mehr als eine Million gut voneinander isolierte Fasern enthält. ... spricht für einen genialen Schöpfer! Diese Beispiele lassen uns erahnen, was für eine außergewöhnliche Intelligenz hinter und über der Schöpfung stehen muss und wie klein dagegen die Leistungen des modernen Menschen sind. Ich selbst wundere mich darüber, wie viel wir der Wissenschaft und Technik zutrauen (weil wir die Ergebnisse der Forschung sehen können) und dagegen wie wenig dem Schöpfergott (weil hier der Glaube gefordert ist). Und ich kann sehr gut nachvollziehen, wie ein Dichter und Sänger vor ein paar tausend Jahren seine Bewunderung für Gottes Schöpfung zum Ausdruck brachte: „Ich blicke zum Himmel und sehe, was deine Hände geschaffen haben; den Mond und die Sterne – allen hast du ihre Bahnen vorgezeichnet. Wie klein ist da der Mensch! Und doch beachtest du ihn! Winzig ist er, und doch kümmerst du dich um ihn! Du hast ihn zur Krone der Schöpfung erhoben und ihn mit hoher Würde bekleidet. Nur du stehst über ihm! Du hast ihm den Auftrag gegeben, über deine Geschöpfe zu herrschen. Alles hast du ihm zu Füßen gelegt: die Schafe und Rinder, die Tiere des Feldes, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im weiten Meer. Herr, unser Herrscher! Groß und herrlich ist dein Name. Himmel und Erde sind Zeichen deiner Macht.“ (Psalm 8,4-10) 38 Wie hätte David, der Verfasser dieses Liedes, reagiert, hätte er Zugang zu unseren heutigen Teleskopen und Mikroskopen gehabt! Was empfinden wir, die wir so viel über die Dimensionen des Universums, über die verborgene Schönheit des Mikrokosmos und über die Wunder des menschlichen Körpers wissen? Eine der Eigenschaften, die mich an Kindern faszinieren, ist die Fähigkeit zu staunen. Auch wenn wir vieles erklären können – die Fähigkeit zu staunen dürfen wir nicht abstumpfen lassen! Selbst da, wo wir etwas nicht erklären können – den Schöpfer zum Beispiel –, dürfen wir staunen und ihn bewundern. Die Bibel nennt dieses Bewundern des Schöpfers „Anbetung“. Beten und Anbeten sind miteinander verwandt. Anbeten meint, Gott gegenüber im Gebet oder im Lied auszudrücken, wie sehr wir ihn bewundern – so wie damals der Sänger und spätere König David. Auch im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes, ist von der Anbetung des Schöpfers die Rede: „Dann sah ich einen anderen Engel hoch am Himmel fliegen. Er hatte eine Botschaft, die niemals ihre Gültigkeit verlieren wird.34 Die sollte er allen Bewohnern der Erde verkünden, allen Völkern und Nationen, den Menschen aller Sprachen. Er rief mit lauter Stimme: ,Nehmt Gott ernst und erweist ihm Ehre! Die Zeit ist gekommen: Jetzt hält er Gericht! Betet ihn an, der den Himmel, die Erde, das Meer und die Quellen geschaffen hat!’“ (Offenbarung 14,6.7 GN) Dadurch, dass der (moderne) Mensch daran erinnert wird, den Schöpfergott anzubeten, soll er davor bewahrt bleiben, nur noch sich selbst und die Errungenschaften der Technik zu bewundern. Es ist in der Tat erstaunlich, was der Mensch in den letzten Jahren – um nur ein Beispiel zu nennen – auf dem Gebiet der 39 Gentechnik erreicht hat. Noch erstaunlicher ist allerdings die Tatsache, dass er von seinem Schöpfer mit so viel Wissensdrang, Intelligenz und Kreativität ausgestattet worden ist! Aber mit diesem Aufruf, Gott anzubeten, und mit dem Hinweis, dass Gott Rechenschaft fordern wird, soll der Mensch noch vor einer zweiten Gefahr bewahrt bleiben: nämlich zu meinen, dass er alles machen darf, was er kann. Weil der Mensch im Begriff ist – gerade auf dem genannten Gebiet der Gentechnik –, die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten, bzw. auf anderen Gebieten – etwa der aktiven Sterbehilfe – diese Grenzen bereits überschritten hat, erinnert uns Gott daran, dass wir ihm gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut die Erde noch „funktioniert“, trotz allem, was wir ihr angetan haben. Dass wir noch leben, betrachte ich als ein Geschenk Gottes – und als ein Zeichen dafür, dass Gott lebt. Wenn ich dann auch noch erlebe, dass er meine Gebete erhört, auf sie eingeht, auf die eine oder andere Weise meine Fragen beantwortet, dann wird mir dieses Zeichen zum Beweis seiner Existenz. Jörg Zink formuliert treffend: Man solle „vom toten Gott nicht reden, ehe man den Versuch einer Begegnung mit dem lebendigen gemacht hat; von der hoffnungslosen Verlorenheit des Menschen nicht, ehe man den Versuch gemacht hat, sich der Hoffnung der Christen anzuvertrauen; von der Sinnlosigkeit des Gebets nicht, ehe man den Versuch gemacht hat, zu hören und zu antworten“.35 Möglicherweise taucht trotz allem, was nun für das Dasein und Wirken eines Schöpfergottes zu sprechen scheint, die Frage auf: 40 Evolution oder Schöpfung – ist das so wich wichtig? Wer sich dafür entscheidet, in der Evolutionstheorie die Antwort auf die Frage nach der Herkunft des Menschen zu suchen, wird einen Aspekt ausklammern müssen: nämlich alle Fragen, die mit Ethik und Moral zu tun haben. Hier muss die Evolutionslehre passen. Und wenn er sich auch noch für die Herkunft und Entwicklungsmöglichkeit von Werten wie Nächstenliebe, Friede, Achtung der Menschenwürde, Treue, Ehrlichkeit und Freiheit interessiert, dann wird er von der Evolutionstheorie genauso wenig Auskunft darüber bekommen. Das bedeutet auch: Das Evolutionsmodell reicht nicht aus, wenn wir erfahren wollen, wohin wir gehören; denn allein mit Theorien über den möglichen biologischen Ursprung des Menschen ist es nicht getan. Wer nach der seelischen, geistigen und spirituellen Dimension fragt und den Sinn des Lebens, der Krankheit oder des Sterbens sucht, wird leer ausgehen. Nun gibt es eine Alternative, um diese fehlende Dimension zu ergänzen, nämlich das Deutungsmodell der „theistischen Evolution“.36 Es handelt sich dabei um eine Art „Mischung“ aus beidem, dem Glauben an einen Gott und der Annahme, dass er sich der Evolution bedient habe, um die Welt – einschließlich des Menschen – entstehen zu lassen. Man kann diese Ansicht – sehr vereinfacht – so beschreiben: Gott hat für den Initialfunken gesorgt, hat den Mechanismus der Evolution – wie ein Uhrmacher – in Gang gesetzt und dann die „Schöpfung“ sich selbst überlassen. Wie wirken sich die Auffassungen der theistischen Evolution auf unser Bild vom Menschen und auf die Zukunftsaussichten der Menschheit aus? Ich will nur 41 vier Gesichtspunkte andeuten (in späteren Kapiteln dieses Buches werden sie wieder aufgegriffen): 1. Einer der entscheidenden Faktoren im Evolutionsprozess ist die Selektion, d. h. der Sieg der stärkeren Lebewesen über die schwächeren. Der in unserer Zeit weit verbreitete Individualismus und Egois Egoismus wäre also nichts Negatives, sondern geradezu die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Menschheit – auch wenn dafür der Preis der Einsamkeit zu zahlen ist. Dienen ist demnach verpönt, Durchsetzungsvermögen dagegen gefragt, selbst wenn es auf Kosten der Schwächeren geht. Jesus Christus kam auf die Welt, um diesen Teufelskreis des Egoismus zu durchbrechen und durch das Prinzip des selbstlosen Dienens zu ersetzen. Nur wer um seine Identität weiß und über einen gesunden Selbstwert verfügt, ist fähig und willig, aus der richtigen Motivation heraus zu dienen. Unsere Gesellschaft wird aber nur dann menschlicher werden, wenn Dienstbereitschaft wieder groß geschrieben wird. 2. Im Evolutionsprozess zählt Leistung über alles. Wer nichts mehr leistet, ist nicht nur überflüssig, sondern steht dem Fortschritt im Wege. Wessen Leistung nachlässt oder nicht mehr zu optimieren ist, muss ausgetauscht werden. Die Angst ist vorprogrammiert: Angst vor dem Scheitern, vor Krankheit und Arbeitslosigkeit, Angst davor, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, Angst vor dem Altwerden u. v. m. Die Bibel stellt uns einen Gott vor, der sich grundsätzlich für jeden Menschen – unabhängig von der erbrachten Leistung – interessiert, auch oder besonders für jene, die nichts vorzuweisen haben, nämlich für Kinder, Kranke, von der Gesellschaft Verstoßene oder Abgeschriebene. Gott vermittelt uns deutlich: Sein geht geht vor Leistung. Leistung Auch solchen Menschen, die gescheitert 42 sind, will er zu einem neuen, gesunden Selbstwert verhelfen, und zwar dadurch, dass sie sich geliebt, angenommen und gebraucht wissen. 3. Da nach der Evolutionstheorie der Mensch auf sich selbst angewiesen ist und keine Information oder Hilfe von außerhalb erwarten darf, muss er sehen, wie er seine Probleme allein löst. löst Es ist ja kein intelligenter Konstrukteur da, den man fragen könnte (bzw. er hat sich in der theistischen Evolution längst verabschiedet),. Wir versuchen also, unsere Probleme allein zu lösen, vor allem mit dem Einsatz von Geld und Wissen. Wissen ist Macht; das Wissen nimmt ständig zu, aber wir werden dadurch nicht weiser. Die Kluft zwischen reichen und armen Ländern wird immer größer, die zwischen Wissenden und Unwissenden ebenfalls. Die Bibel beschreibt Gott als einen liebenden Vater, der immer noch für seine Kinder da ist – wie alt oder klug sie auch werden bzw. für wie selbstständig und scharfsichtig sie sich auch halten. Durch die Bibel gibt er uns – sei es klar und eindeutig oder in Form von Prinzipien – Antwort auf alle Fragen, die sowohl unser Zusammenleben als auch das Überleben der Menschheit betreffen. Er warnt uns vorsorglich, so wie es auch Eltern tun, lässt uns aber nicht fallen, wenn wir Fehler machen oder versagen. Im Gegenteil: Seine Vergebungsbereitschaft übertrifft bei weitem die unsere, und er weiß immer einen Aus Ausweg oder einen Umweg, wenn wir uns völlig verlaufen haben. 4. Da die Weiterentwicklung der Menschheit (wie angeblich bisher geschehen) von Faktoren wie Zufall, Mutation und Selektion bestimmt wird, dürfen wir von der Evolutionstheorie keine verbindlichen Aussagen über die Zukunft erwarten – weder über die Zukunft der Menschheit noch über unsere persönliche Zukunft, müssen also in ständiger Ungewissheit leben. 43 Weil Gott nicht nur den umfassenden Überblick über Vergangenheit und Gegenwart hat, sondern die Fäden der Geschichte in der Hand hält und somit auch die Zukunft bestimmt, kann er Voraussagen über die Zukunft machen. Sie sind in der Bibel enthalten und unter dem Sammelbegriff „Prophetie Prophetie“ Prophetie bekannt. Es lohnt sich, die uralten Vorhersagen der Bibel (zum Beispiel über die Weltreiche im zweiten Kapitel des Buches Daniel) mit dem tatsächlichen Ablauf der Geschichte zu vergleichen. Obwohl ich bibelorientiert erzogen worden bin, gab es während meines Studiums eine Zeit, in der ich mich intensiv mit den Erklärungsversuchen der Evolutionstheorie beschäftigt habe. Sie haben mich nicht überzeugen können. Ich muss gestehen: Es gibt in meinem Leben noch eine Menge Fragezeichen, aber auf die entscheidenden Fragen des Lebens habe ich in der Bibel so überzeugende und befriedigende Antworten gefunden, wie sie die Evolutionstheorie auch nicht annähernd zu geben vermag. Ich weiß, dass die meisten Wissenschaftler (noch) die Evolutionstheorie der Schöpfungslehre vorziehen, aber das ist für mich nicht entscheidend; denn selbst Erlebtes wiegt schwerer als ausformulierte Erklärungsmodelle, und darüber, was wahr ist, wird nicht aufgrund von Mehrheitsverhältnissen entschieden! Es tut mir wirklich Leid, wenn ich höre bzw. lese, dass sich viele nur für die Evolutionslehre entscheiden, um einem Schöpfergott aus dem Wege zu gehen – als wollte dieser uns die Freude am Leben vermiesen! Das kommt mir so vor, als wenn der Besitzer eines defekten Fahrzeugs es ablehnen würde, die Adresse des Herstellers herauszufinden aus Angst, dieser könnte ihm etwas antun wollen! 44 Die Menschheit gleicht – wenn man die Aussagen des Club of Rome37 ernst nimmt – einem Wagen, der mit defekter Bremse immer schneller bergab rollt. Dabei ist Gott, der Konstrukteur, der einzige, der helfen könnte, weil er weiß, wie das Leben funktioniert, was die Welt im Innersten zusammenhält, wo die Ursachen der menschlichen Probleme liegen und wie sie behoben werden können. Aber wir weigern uns, ihn zu fragen, ihn anzuhören, ihm zu vertrauen. Schade! Keine „kosmischen Waisenkinder“ Ich bin so froh, dass am Anfang meines Stammbaumes nicht irgendeine Ursuppe brodelte oder ein Affe steht, sondern ein persönlicher Schöpfer, der mich gewollt hat, mich mit Namen kennt und mich liebt, und der sagt: Ich, der Schöpfer des Himmels und der Erde, habe auch dich gemacht. Hab keine Angst, ich befreie dich, ich mache dich wieder heil. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein!38 Haben Sie schon einmal am Flughafen erlebt, wie sehr manches Tier an der Gepäckrückgabe leidet, bis sein Besitzer es abholt und aus seinem engen Käfig befreit? Stellen Sie sich vor, der Gepäckanhänger hätte sich während des Transports gelöst, so dass der Käfig – im falschen Flugzeug befördert – auf einem anderen Kontinent gelandet wäre: Was für eine furchtbare Erfahrung für das arme Tier! Keiner wüsste, woher es kommt, wohin es soll, zu wem es gehört. So ähnlich muss sich jemand fühlen, der über die Herkunft, den Sinn und das Ziel seines Lebens nachdenkt, es dabei aber ablehnt, die „Frachtpapiere“ zu konsultieren, die der Schöpfer jedem Menschen mit auf die Reise gegeben hat – die innere „Bordkarte“, nämlich die Einsicht, dass es einen Schöpfer geben muss, und einen lesbaren „Frachtbrief“, die Bibel. 45 In jedem Menschen schlummert eine Sehnsucht, die Sehnsucht nach dem Paradies, der durch die Trennung von Gott verloren gegangenen ersten Heimat des Menschen. Sie brauchen nur einmal darüber nachzudenken, wo überall – und mit welchen Gefühlen und Vorstellungen verbunden – uns im Alltag, zum Beispiel in Musik und Literatur der Begriff „Paradies“ begegnet. Der Kirchenvater Augustin hatte Recht, als er von einer inneren Unruhe, von einem „Vakuum“ sprach, das in jedem Menschen steckt, und das nur von Gott selbst, dem Schöpfer, gefüllt werden kann. Wir sind keine kosmischen Waisenkinder, die weder über ihre Herkunft noch über ihre Bestimmung Auskunft geben könnten. Wir sind vielmehr Geschöpfe eines persönlichen Schöpfers, der uns wunderbar gemacht hat, der uns helfen will, den Weg zurück ins verlorene Paradies zu finden, und der uns dort mit offenen Armen erwartet. *** Was hilft weiter? ● Kennen Sie den biblischen Schöpfungsbericht? Sie finden ihn auf den ersten Seiten der Bibel, nämlich im 1. Buch Mose (auch Genesis genannt), Kapitel 1 und 2. Weitere bemerkenswerte Aussagen zum Thema sind zum Beispiel im 139. Psalm zu finden. ● Wenn Sie bei Ihrem nächsten Spaziergang (ggf. im Urlaub) einen Naturführer mitnehmen oder an einer geführten Wanderung teilnehmen, werden Sie viele kleine „Wunder“ der Schöpfung entdecken, die Sie bisher übersehen haben. ● Sind Sie es leid, in das tägliche Klagelied mit einzustimmen? Dann fangen Sie einfach an, jeden Tag in eine Liste einzutragen, wofür Sie Gott, Ihren Mit46 menschen, Ihrem Partner oder Ihren Kindern danken können. Wenn es Ihnen schwer fällt, etwas zu finden, dann vergleichen Sie während der Fernsehnachrichten oder beim Zeitungslesen das, was Sie sehen bzw. lesen, mit dem, was Sie persönlich erlebt haben. BuchBuch- und Kassettenempfehlungen Reinhard Junker/Siegfried Scherer, „Evolution – Ein kritisches Lehrbuch“, Weyel Lehrmittelverlag, Gießen, 1998 (4. Aufl.), ISBN 3-921046-10-6. Dieses Lehrbuch, das vor allem die biologischen und paläontologischen Aspekte behandelt, bemüht sich deutlich um eine klare Trennung zwischen objektiven Daten und theoriegeleiteten Interpretationen. Peter Kruszyna, „Das Wunder: Die Schöpfung“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1998, Best.-Nr. 1290. Der Autor untersucht, ob der biblische Schöpfungsbericht als Quelle für das Erstellen eines naturwissenschaftlich begründeten Schöpfungsmodells genutzt werden kann. Hörkassetten-Reihe „Jurassic Park“ von Prof. Walter Veith zu den Themen Alter der Erde, Ursprung der Arten, archäologische Funde und die Bibel. Zu bestellen bei: Stimme der Hoffnung, Am Elfengrund 66, D64297 Darmstadt. Tel. 0 61 51/95 44-33, Fax 5 39 33-89; www.stimme-der-hoffnung.de/shop; in der Schweiz: Postfach 91 22, 8050 Zürich; in Österreich: Postfach 66, 1094 Wien. 47 3. Kapitel „Ich traue keinem!“ Es war einmal ein Geschäftsmann, der auf dem Lande Schlösser und Schlüssel verkaufte. Er erzählte den Bauern, dass immer öfter eingebrochen werde. Er ließ sich alle Türen und Fenster zeigen und gab Empfehlungen, wo besser ein Riegel oder ein Schloss angebracht werden sollte. Kaufte der Bauer nicht, so wurde wenige Tage später bei ihm eingebrochen: Der Verkäufer konnte seine Räuberbande ja bestens einweisen! Das Geschäft blühte, denn das Misstrauen untereinander wuchs: Überall wurden Schlösser und Riegel angebracht. Jeder schleppte bald ein solch schweres Bündel von Schlüsseln mit sich herum, dass der Verkäufer den Bauern Tresore zum Verwahren ihrer Schlüssel und Wertsachen anbieten konnte. Dann brauchten sie nur noch den Tresorschlüssel bei sich zu tragen. Natürlich ist diese Geschichte erfunden, aber sie erscheint mir ein Spiegel unserer Zeit zu sein. Dabei denke ich nicht so sehr an PINs oder Passwörter, ohne die heutzutage kaum noch etwas geht, sondern an unsichtbare Türen und Mauern, mit denen wir uns vor anderen zu schützen versuchen: ● Um eine echte Antwort auf die Frage „Wie geht es Ihnen?“ drücken wir uns mit einem „Danke – und Ihnen?“, weil wir unsere wahren Empfindungen nicht preisgeben wollen. Der Gesprächspartner könnte ja die Informationen „ausschlachten“! ● Die Kinder erzählen den Eltern nur das Allernötigste, denn es könnte ja sein, dass diese die Mittei49 lungsbereitschaft ihrer Kinder als Freibrief deuten, sich in deren private Angelegenheiten zu mischen. ● Interessiert sich der Partner sehr für Einzelheiten unserer Arbeit oder unseres Tagesablaufs, schöpfen wir gleich Verdacht: Misstraut er mir? Denkt er, ich nähme meine Aufgaben nicht ernst? Vermutet er, ich hätte ein Verhältnis? ● Macht uns der Chef oder ein Arbeitskollege ein Kompliment, oder loben sie unsere Arbeit, so leuchtet bei uns sofort eine Warnlampe auf, und wir fragen uns, welche Bitte oder was für eine Kritik nun wohl folgen werde. Misstrauen macht krank Schade, dass wir uns und anderen dadurch, dass wir lieber Mauern als Brücken bauen, das Leben noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist! Zu viel Vertrauen kann missbraucht werden, das ist wahr, aber zu viel Misstrauen macht krank; denn es erstickt positive Gefühle schon im Keim. Zu viel Misstrauen verfestigt Vorurteile, hemmt die Entfaltung der Persönlichkeit, macht grüblerisch, unnahbar und einsam. Dabei hat Gott den Menschen bei seiner Erschaffung mit einem „Urvertrauen“ ausgestattet, welches uns in der Regel erhalten geblieben ist, wie man bei Babys und Kleinkindern feststellen kann. Erst durch wiederholte negative Erlebnisse verlieren sie ganz oder teilweise dieses für die Lebensbewältigung so wichtige Urvertrauen. Nun stellt sich die Frage: Wenn Gott die Welt vollkommen erschaffen hat, wo kommt dann das Misstrauen her? Wir sollten etwas gründlicher auf diesen Punkt eingehen, denn von der Beantwortung dieser Frage hängt 50 auch das Verständnis für viele Phänomene und Trends ab, die uns zunächst rätselhaft erscheinen. Außerdem ist es viel leichter, sich von übertriebenem Misstrauen befreien zu lassen, wenn man die Wurzeln des Problems erkennt und anpackt. Eine Welt voller Gegensätze Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum uns das Positive und das Negative überall so dicht beieinander begegnen? Es fängt bereits bei uns selbst an: Wie häufig empfinden wir, als würden zwei Herzen in unserer Brust schlagen! Schon als Kind konnten wir so lieb sein und im nächsten Augenblick unausstehlich werden – hat man uns erzählt. Auf der einen Seite können wir äußerst verständnisvoll und hilfsbereit sein; erwischt man uns aber auf dem falschen Fuß, dann reagieren wir hart und unbarmherzig. Auch in der Gesellschaft ist dieses Nebeneinander von Gutem und Bösem überall anzutreffen. Vielfach handelt es sich um Dinge, die im Grunde genommen gut sind oder gut waren, bis sie pervertiert oder missbraucht wurden. Ich will nur ein paar Beispiele nennen: ● Sport ist, schon allein aus der Sicht der Völkerverständigung betrachtet, eine gute Sache (ich denke zum Beispiel an die Olympischen Spiele). Aber immer öfter mischt sich in die Freude über Siege und Rekorde der bittere Nachgeschmack von Dopingenthüllungen. Welchem Sportler können wir wirklich noch trauen? ● Das Internet hilft Kindern, ihre Horizonte durch den Kontakt zu Gleichaltrigen überall auf der Welt zu erweitern (eine große Hilfe zum Beispiel für kleinste Schulklassen in ländlichen Gebieten) oder auch ihre Sorgen in speziellen Gesprächsforen für Kinder loszu51 werden.39 Gleichzeitig birgt diese Möglichkeit eine große Gefahr in sich, weil – wie die britische Regierung festgestellt hat40 – zwanzig Prozent der Nutzer von Kindergesprächsforen Pädophile sind (Erwachsene, die sich Sex mit Kindern wünschen)! Kein Wunder, wenn das Misstrauen bei vielen Eltern dazu führt, alles abzulehnen oder zu verbieten, was mit dem Internet zusammenhängt!41 ● Viele Menschen setzen große Hoffnungen in die Gentechnik, Gentechnik so zum Beispiel, wenn es um die Früherkennung, Vorbeugung oder Heilung von Krankheiten geht. Es gibt auch Pläne, bedrohte Tierarten durch das Klonen derselben vor dem Aussterben zu retten.42 Auf der anderen Seite wächst das Misstrauen, wenn wir erfahren, dass beim Patentamt München ein Patent zweier international bekannter Firmen für die Herstellung eines Mischwesens aus Schwein und Mensch angemeldet worden ist43 – um nur ein Beispiel für „Entgleisungen“ zu nennen. ● Abgesehen davon, dass man sich über Musikrichtungen herrlich streiten kann, ist die Musik eine ausgesprochen persönlichkeitsprägende, völkerverbindende und auch heilende Kunst. Aber auch hier begegnen uns immer wieder destruktive Auswüchse. Dabei denke ich zunächst an die schädlichen Auswirkungen des Konsums von Hard-Rock-Musik auf Körper (Gehör), Geist und Psyche,44 aber auch an die Verbreitung von Satanismus und Rechtsradikalismus in der Rockszene45 und an die vielen Tonträger mit Texten vom Tod und Sterben. „Bevorzugte Stilrichtung: DeathMetal. Sie führt Leichtgläubige direkt zu Gothic und Okkultismus.“46 Die Liste der Beispiele ließe sich noch einige Seiten lang fortsetzen. Die Frage, wie es möglich ist, dass uns Gutes und Negatives so dicht beieinander begegnen, 52 hat Jesus vor zweitausend Jahren beantwortet, und zwar in Form eines Gleichnisses, also einer bildhaften Erzählung, in diesem Fall der Welt der Landwirtschaft entnommen: „Gottes Reich ist mit einem Bauern zu vergleichen, der gutes Saatgut auf sein Feld säte. Eines Nachts, als alles schlief, kam sein Feind, säte Unkraut zwischen den Weizen und schlich sich davon. Als nun die Saat heranwuchs, ging auch das Unkraut auf. Da kamen die Arbeiter des Bauern und fragten ihn: ,Hast du das Feld nicht mit gutem Samen bestellt? Woher kommt denn das Unkraut?' ,Das muss mein Feind dazwischengesät haben', antwortete der Bauer. ,Sollen wir das Unkraut ausreißen?', fragten die Arbeiter. ,Nein, dabei würdet ihr ja den Weizen mit ausreißen. Lasst beides bis zur Ernte wachsen. Dann werde ich den Erntearbeitern befehlen: Sammelt zuerst das Unkraut ein und verbrennt es! Den Weizen aber bringt in meine Scheunen!'“ (Matthäusevangelium 13,24-30) Auch wenn dieses Gleichnis mehrere Deutungsebenen umfasst, eins trifft jedenfalls zu: Es beschreibt exakt dieses Nebeneinander von Gutem und Bösem, mit dem wir uns gerade befasst haben! Und es vermittelt – in gleichnishafter Weise und unter Berücksichtigung der Deutung in den Versen 36-43 – drei wichtige Einsichten: 1. Das Negative, das Böse (im Gleichnis: das Unkraut) war nicht von Anfang an da, sondern wurde nachträglich von einem Feind „gesät“. 2. Eine Zeit lang bleibt beides, Gutes und Böses, nebeneinander bestehen, weil es untrennbar beieinander liegt (wie Weizen und Unkraut). 3. Einmal (im Gleichnis bei der Ernte) wird es zur eindeutigen Trennung und zur endgültigen Vernichtung des Bösen kommen. 53 Wer ist dieser „Feind“, der die gute Schöpfung Gottes mit Misstrauen, Lieblosigkeit, Hass und Gewalt, Krankheit und Tod „verseucht“ hat? Warum dauert dieses Nebeneinander von Gutem und Bösem so lange? Wann und wie kommt es zur Trennung und zur Beseitigung dieses schädlichen Unkrauts? Wer ist der Durcheinanderbringer? Die erste Frage beantwortet Jesus eindeutig bei der Deutung seines Gleichnisses: „Der Feind, der das Unkraut zwischen den Weizen sät, ist der Teufel.“ (Vers 39) Wer oder was ist dieser? Im Griechischen, der Grundsprache des zweiten Teiles der Bibel (Neues Testament), steht hier das Wort „diábolos“, was wörtlich übersetzt „Durcheinanderwerfer“ heißt. Der Teufel ist derjenige, der die ursprünglich vollkommene Schöpfung Gottes durcheinanderbringt. „Diábolos“ bezeichnet im ursprünglichen Sinne jemanden, „der in böser Absicht anklagt und entzweit ohne jeden Grund“.47 Entzweien, verleumden, Misstrauen säen, beschuldigen, gegeneinander aufhetzen – das sind die Tätigkeiten, mit denen das Wirken des Teufels, des Gegenspielers Gottes, in der Bibel beschrieben werden. So sagt Jesus zum Beispiel über ihn: Er „war schon von Anfang an ein Mörder und ein Feind der Wahrheit. Die Lüge gehört zu seinem Wesen; denn er ist der Lügner schlechthin, ja der Vater jeder Lüge.“ (Johannesevangelium 8,44). Vorzeiten einer der führenden Engel Gottes, fing der Teufel bereits im Himmel damit an, Misstrauen zu säen. Er wollte wie Gott sein. Um das zu erreichen, hetzte er eine ziemlich große Menge von Engeln gegen Gott auf, so dass auch sie ihre Position im Himmel verloren – sie wurden aus dem Himmel hinausgeworfen, bevor sie mit ihren Lügen die ganze Engelwelt 54 verführen konnten (Offenbarung 12,7-9). Diese gefallenen Engel nennt die Bibel „Dämonen“. Bald nach der Erschaffung des Menschen versuchte er, indem er Misstrauen säte, das erste Menschenpaar gegen Gott und dann auch gegen einander aufzuhetzen – leider mit Erfolg (vgl. 1. Mose/Genesis 3). Seitdem hört er nicht auf, die Saat der Uneinigkeit und des Hasses wie Unkraut zu verbreiten, indem er die Menschen beeinflusst und manipuliert: ● Der Teufel (auch „Satan“ genannt) ist der Auslöser aller blutigen Auseinandersetzungen, die in den Annalen der Geschichte festgehalten sind. Er lässt nichts unversucht, nach Möglichkeit alle Friedensbemühungen im letzten Augenblick oder sogar kurz nach ihrem Abschluss scheitern zu lassen. ● Selbst wenn die Waffen schweigen, sorgt er dafür, dass der Kalte Krieg weitergeht, dass Wunden nicht heilen, dass Stolz und Misstrauen Nationen davon abhalten, humanitäre Hilfe anderer Staaten anzunehmen. ● Der Teufel ist derjenige, der Freundschaften mit Misstrauen oder Neid vergiftet, damit aus Freunden Feinde werden, und der bei Ehestreitigkeiten dafür sorgt, dass beide Partner tage- oder wochenlang nicht mehr miteinander reden, um so ihre Versöhnung zu verhindern. ● Er ist es, der in den Betrieben Neid sät, Arbeiter und Angestellte zum Mobbing animiert oder für Missverständnisse und Misstrauen zwischen Chefs und Untergebenen sorgt und dadurch das Arbeitsklima vergiftet. ● Der Teufel ist es, der mit allen Mitteln versucht, die Kluft zwischen den Generationen, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Jung und Alt zu vertiefen. ● Er ist es, der dafür sorgt, dass, nachdem Mauern aus Beton gefallen sind, noch höhere und noch dickere 55 Mauern des Misstrauens, der Angst und des Neides in den Köpfen und Herzen der Menschen (nicht nur der „wiedervereinigten“ Deutschen!) entstehen. ● Der Teufel ist es, der die Ausländerfeindlichkeit schürt, Meinungsbildner verblendet, Politiker zur Korruption verführt und einen Großteil der Menschen durch übersteigerten Medienkonsum manipuliert. Während Gott unermüdlich um Vertrauen wirbt, sät sein Gegenspieler, der Teufel, fortlaufend die Saat des Misstrauens und der Entzweiung aus. Weder Schwarzmalen noch Schönfärben! Obwohl ich (glücklicherweise!) Gedanken nicht lesen kann, wage ich zu vermuten, dass in Ihnen beim Lesen dieser Zeilen die Frage auftauchte: Ist das nicht zu dick aufgetragen? Wird hier nicht einseitig Schwarzmalerei betrieben? Muss man den Teufel so „an die Wand malen“? Ist das alles nicht mittelalterliches, längst überholtes Denken? Ich verstehe die Bedenken derer, die vielleicht so fragen. Und doch meine ich, dass wir zwei Extreme, über die sich Satan gleichermaßen freut, meiden sollten: 1. Wenn wir überall den Teufel „an die Wand malen“, kommt es sowohl zu einer „Entwertung des Satanischen“, d. h. wir machen uns unglaubwürdig, als auch zu einer Überbewertung: Wir beschäftigen uns mit dem Negativen so stark, dass wir für das Positive – und für Gott – keinen Freiraum mehr haben. 2. Die andere Gefahr besteht darin, so zu tun, als gäbe es den Teufel nicht, als wäre er eine mittelalterliche Erfindung der Kirche, um die Menschen über die Angst zu kontrollieren. Meiner Meinung nach stellt das zweite Extrem gegenwärtig die größere Gefahr dar, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen haben immer weniger Menschen 56 (auch Kirchenleute) den Mut, den Teufel beim Namen zu nennen, d. h. zu glauben und weiterzusagen, was die Bibel über ihn berichtet, nämlich dass er als ein gefallener Engel wirklich existiert. Zum anderen ist Satan sehr schlau, so dass er sich immer raffinierterer Methoden bedient, um Einfluss in den Köpfen und Herzen der Menschen – angefangen bei den Kindern – zu gewinnen. In der vorletzten Ausgabe des Jahres 2000 berichtete DER SPIEGEL über eine Serie von Selbstmorden und Selbstmordversuchen unter Jugendlichen, so zum Beispiel im nördlichen Sachsen-Anhalt.48 Eltern, Schulen und Behörden seien fassungs- und hilflos in Anbetracht dieses Phänomens, das ihre Kinder verführt und umbringt: In der ganzen Region soll es seit Jahren okkulte Jugendgruppen bis hin zu bekennenden Satanisten geben, die – auf Friedhöfen oder im ausgebauten Keller – Rituale (zum Beispiel Bluttrinken) und schwarze Messen zelebrieren. Es gibt Einrichtungen wie den Thelema-Orden oder das EMP-Versandhaus, die harte satanische Literatur und satanische Fanartikel vertreiben. „Todesforen“ im Internet machen jungen Leuten mit Songs über die Todessehnsucht oder mit „Suizidbegleitern“ Mut, sich das Leben zu nehmen. Selbstverständlich ist der Aufschrei der betroffenen Eltern nach Aufklärung berechtigt, nur: Wie soll über die Gefahren satanischer Verführung aufgeklärt werden, wenn man die Existenz Satans leugnet? Wie soll man jungen Leuten glaubwürdig machen, dass es gefährlich ist, sich mit satanischen Ritualen, Videos, Büchern und Liedtexten zu befassen, wenn man den Teufel für eine Erfindung der Kirche im Mittelalter hält? Und welche Alternativen soll man einem 16-jährigen bieten, der sagt: „Das Leben ist nicht mehr lebenswert“, wenn man weder an die Existenz Satans noch an das 57 Dasein eines liebenden Schöpfers glaubt, der größer und mächtiger ist als alle Dämonen zusammen? Satanismus: gesellschaftsfähig? Je selbstverständlicher die Medien solche Praktiken als „normal“ darstellen, die dem okkulten (satanischen) Bereich zuzuordnen sind, desto schwerer wird es sein, glaubwürdig und überzeugend auf deren Gefahren hinzuweisen. Man braucht nur die Esoterik-Abteilung einer größeren Buchhandlung aufzusuchen oder in den Katalogen führender Buchversender zu blättern: Da gibt es beispielsweise Bücher, die den Lesern helfen sollen, „das alte Wissen um die magische Kraft der Edelsteine“ zu nutzen. Ein anderes Buch verrät, was wir „schon immer über Spuk und Zauberei wissen wollten“ und bietet als Extra auch noch 60 Experimente an, mit denen wir unsere „medialen Fähigkeiten testen können“. Neben der geheimnisvollen Welt der Klöster werden „mythische und magische Plätze in Deutschland“ vorgestellt. Wenn von Wahrsagerinnen berichtet wird, deren Vorhersagen eingetroffen sind, dann fällt es im ersten Augenblick schwer, etwas dagegen einzuwenden. So zum Beispiel bei einer 29-jährigen Österreicherin, die nach dem Besuch einer Wahrsagerin ihr Testament verfasste und kurz danach mit ihrem Mann im Flammeninferno der Kitzsteinhorn-Gletscherbahn ums Leben kam. Es kommt sehr selten vor (eigentlich nur in christlichen Zeitschriften und Fernsehsendungen), dass Aussteiger aus der okkulten Szene berichten. So beispielsweise Michèle Zurbach, die nach der Beschäftigung mit satanischen Praktiken durch den Glauben an Jesus Christus von dämonischer Abhängigkeit befreit worden ist.49 Oder Brigitte Möller, 52, die – anfangend mit Ho58 roskopen und Kartenlegen – zur professionellen Wahrsagerin wurde und Kunden aus allen Gesellschaftsschichten bediente. Durch ihre Schwester, die Christin geworden war, erkannte sie, dass sie nicht mehr Herr ihrer selbst war: „Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich. Ich sagte böse Dinge, die ich nicht sagen wollte, und tat Dinge, die ich hinterher bereute ... Ich war gebunden, musste lachen, wo ich weinen wollte – wie eine Marionette, wie programmiert.“50 Mit der Hilfe des Gebets und anderer Christen fand sie die Kraft, auszusteigen. Nun warnt sie andere vor satanischen Praktiken. Wie sehr sich auch immer manche Praktiken verbreitet haben und wie verharmlosend darüber berichtet werden mag – die Erfahrungen ehemaliger Opfer oder Betreiber satanischer Bräuche machen betroffen und zeigen, dass es sich dabei um ein gefährliches Spiel mit dem Feuer handelt. Es fängt früh und harmlos an! Ich sagte bereits, dass die Verführungen Satans raffinierter geworden sind und schon im Kindesalter ansetzen. Ich wundere mich darüber, dass Eltern, die bei ihren Kindern sorgfältigst auf die richtige, ausgewogene Zusammensetzung des Babybreis geachtet haben, diese später großzügig und unkritisch alles schlucken lassen, womit die Medien, die Schule oder die Mode sie füttern! Hier wäre ein gesundes Misstrauen bzw. ein kritisches Hinterfragen angebracht; denn es geht darum, unsere Kinder vor einer „Innenweltverschmutzung“ zu schützen, deren Auswirkungen lebenslang anhalten und die sogar über Leben und Tod entscheiden können. Ich will an dieser Stelle nur noch zwei Beispiele kurz erwähnen: Halloween und Harry Potter. 59 Bis vor kurzem konnte ich nicht viel mit diesem aus Amerika importierten „Gespensterfest“ anfangen (eigentlich ist Halloween eine europäische Erfindung, deren Ursprünge in die keltische Zeit zurück reichen51). Inzwischen habe ich herausgefunden, dass zur Feier des Halloween nicht nur originelle, leuchtende Kürbisköpfe gehören, sondern auch schaurige Motive (Skelette, „Geisterhände“) und Hexen-Figuren. In einem Kinderbuch eines führenden Verlags fand ich fünfzig „fantasievolle Ideen für coole Horrorpartys, die alle Kinder lieben: an Halloween, Fasching, zu Kindergeburtstagen, Klassen- und Kindergartenfesten“. Die selbst gebastelten Windlichter sollen dazu dienen, den Geistern Orientierung zu bieten, damit sie sich nicht verirren. Ganz praktisch wird den Kindern gezeigt, wie sie sich als Hexen oder Vampire verkleiden und schminken können – und vieles mehr. Meiner Überzeugung nach geht es bei Halloween um mehr als nur um ein gruseliges Verkleiden. Es handelt sich um eine geschickt eingefädelte Strategie, die darauf abzielt, natürliche Schutzmechanismen auszuschalten und okkulte Inhalte so niedlich zu verpacken, dass schon Kleinkinder Spaß daran finden. Die Schweizerische Evangelische Allianz verfasste eine Stellungnahme dazu, der folgende Sätze entnommen sind: „Auch wenn viele Menschen sich heute der Unterhaltung wegen ahnungslos und nur oberflächlich auf Halloween einlassen, darf man sich nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass Halloween immer mehr zur Begegnung mit dem Okkulten einlädt. In den USA haben sich Halloween-Parties in manchen Kreisen zu gewaltsamen und dämonischen Events entwickelt, bei denen Leib und Seele der Teilnehmer im wahrsten Sinne des Wortes gefährdet sind.“52 60 Über das Harrywerden zurzeit Harry-Potter-Phänomen Potter ganze Bücher geschrieben bzw. sind gerade erschienen.53 Abgesehen vom Erfolg der Harry-Potter-Romane aus verlegerischer Sicht (Kinder, die sonst kaum lesen,54 verschlingen plötzlich 400-Seiten-Wälzer!) und von der literarischen Beurteilung (Sigrid Löffler z. B., ehemaliges Mitglied des „Literarischen Quartetts“, betrachtet sie als „Tolkien für Arme“), gibt es einiges zu hinterfragen. Am gravierendsten ist aus christlicher Sicht die Verharmlosung okkulter Praktiken und Gegenstände. „Die Potter-Bände erwecken zu Unrecht den Eindruck, dass Zauberer und Geister nett und harmlos seien. Auch ist es gefährlich zu vermitteln, dass Magie in Ordnung sei, wenn sie mit einer intakten moralischen Einstellung geschieht.“55 In einer ausführlichen Analyse mit kritischen Anmerkungen zur Magie in den Harry-Potter-Romanen fragt Klaus Rudolf Berger u. a.: „Harry zaubert und bezaubert, doch wird er die Geister, die er rief, auch bändigen können? Nein, er will dies nicht. Er ist der Zauberlehrling, der sich entsprechend seiner ,Begabung’ vorbildlich erweist. Doch was folgt, wenn man so lebt?“56 Eine Mutter schreibt, sie sei erschrocken darüber, „mit welcher Selbstverständlichkeit hier von Zauberern und Hexen gesprochen wird“, und zwar ihrer Meinung nach ziemlich „echt und erwachsen“. Diese beiden Beispiele (Halloween und die HarryPotter-Bücher) machen deutlich, wie unterschwellig der Gegenspieler Gottes arbeitet. Aber sie zeigen nach meiner Meinung auch noch etwas anderes: Je mehr sich das nachchristliche Europa von Gott verabschiedet, desto deutlicher fällt es in heidnische Vorstellungen und Bräuche zurück! 61 Unbedingt nachprüfen! Es ist verständlich, wenn beim Blick in die Kirchengeschichte oder aufgrund eigener Erfahrungen jemand sagt: „Ich traue keinem, der Kirche am allerwenigsten!“ Allerdings dürfen wir nicht Gott und sein „Bodenpersonal“ in einen Topf werfen! Vieles von dem, was die Kirchen gelehrt haben und zum Teil noch lehren, hat nichts – aber auch gar nichts – mit dem zu tun, was die Bibel lehrt – gerade in puncto Teufel, Hölle und Tod. Allerheiligen ist nichts anderes als die „christianisierte“ Fassung des keltischen „Halloween“ und steht in krassem Widerspruch zur Bibel! Wenn es nicht nur um Lebens-, sondern um Überlebensfragen geht, dann würde ich mich nicht mit Informationen „aus zweiter Hand“ zufrieden geben. Ich empfehle Ihnen: Lassen Sie es nicht beim Lesen dieses Buches bewenden, sondern lesen Sie selber nach, was in der Bibel steht. Die persönliche Beschäftigung mit dem Wort Gottes, der Bibel, kann Ihnen kein Buch, kein Mensch und auch nicht die Institution Kirche abnehmen! Wenn Sie die Bibel studieren, werden Sie bezüglich unseres Themas feststellen: Die Art und Weise, wie Gott wirkt, unterscheidet sich himmelweit von der Art und Weise, in der Satan, sein Gegenspieler, wirkt. Während der Teufel hinterhältig ist, mit Lügen, Unterstellungen und Misstrauen arbeitet und nichts unversucht lässt, um Menschen hörig zu machen, geht Gott ganz offen und ehrlich mit uns um. Und – was mir an ihm besonders gefällt – er respektiert unseren freien Willen. Gott rennt die Tür nicht ein In einem seiner Gleichnisse spricht Jesus darüber, welches Verhältnis er gerne zu den Menschen hätte. Er 62 vergleicht es mit der Beziehung eines Hirten zu seinen Schafen: „Ich aber bin der gute Hirte und kenne meine Schafe, und sie kennen mich. Der Hirte geht durch die Tür zu seinen Schafen. Ihm öffnet der Wächter das Tor, und die Schafe erkennen ihn schon an seiner Stimme. Dann ruft der Hirte sie mit ihren Namen und führt sie auf die Weide. Wer nicht durch die Tür in den Schafstall geht, sondern heimlich einsteigt, der ist sicherlich ein Dieb und Räuber. Ich allein bin die Tür. Wer durch mich zu meiner Herde kommt, der wird gerettet werden. Er kann durch diese Tür ein- und ausgehen, und er wird saftig grüne Weiden finden. Der Dieb kommt, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten. Ich aber bringe allen, die zu mir gehören, das Leben – und dies im Überfluss. Ein guter Hirte setzt sein Leben für die Schafe ein.“ (Johannesevangelium 10,1-14 auszugsweise) Dieses Bild spricht von einem Vertrauensverhältnis; denn nur da, wo Vertrauen herrscht, ist es möglich, die Stimme Gottes im Lärm unserer Zeit zu erkennen. Dass er jeden Menschen mit Namen kennt, ist wiederum ein Zeichen von Vertrautheit. Und Gott „spielt mit offenen Karten“, d. h. er benutzt nicht „Hintertüren“ oder Fenster, um uns gegen unseren Willen umzustimmen. Durch die Tür ein- und ausgehen zu dürfen bedeutet: Menschen, die sich für Gott entscheiden, werden dadurch keine Gefangenen, sondern bleiben freie Wesen, die sich zu jeder Zeit genauso frei von Gott lösen können. Die Beziehung zu Gott engt nicht ein, sondern befreit und befähigt, die Horizonte zu erweitern und neue Dimensionen des Lebens zu entdecken! Gerade dieses Vertrauensverhältnis bietet die beste Grundlage für das Gespräch mit Gott; denn Beten ist nichts anderes, als mit Gott zu reden wie mit einem 63 Freund. Das kann man aber nur, wenn man ihm ganz vertraut. Tut man das, dann gibt es nichts, wirklich nichts, was man Gott im Gebet nicht anvertrauen, worüber man mit ihm nicht offen reden könnte! Ein anderer Text – für mich eins der schönsten Worte im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung – unterstreicht, wie sehr Gott unsere Freiheit respektiert: „Merkst du es denn nicht? Noch stehe ich vor deiner Tür und klopfe an. Wer jetzt auf meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, bei dem werde ich einkehren. Gemeinsam werden wir das Festmahl essen.“ (Offenbarung 3,20) Gott rennt uns nicht die Tür ein, sondern klopft an und wartet – nicht ewig, aber lange genug, dass wir Gelegenheit haben, entweder ihm zu vertrauen und zu öffnen, oder ihn wegzuschicken. Lieber ging er für uns in den Tod, damit wir begreifen, wie sehr er uns liebt, als dass er uns zwingen würde, die Tür aufzutun und ihm blind zu gehorchen, oder gar gezwungenermaßen die Ewigkeit mit ihm zu verbringen! In einem der traurigsten Worte, das Jesus Christus während seines Erdenlebens gesprochen hat, kommt beides zum Ausdruck: dieses Werben Gottes um das Vertrauen des Menschen, aber auch die Tatsache, dass er unsere Entscheidung – ob positiv oder negativ – akzeptiert: „Jerusalem! O Jerusalem! Du tötest die Propheten und erschlägst die Boten, die Gott zu dir schickt. Wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr habt es nicht gewollt!“ (Matthäusevangelium 23,37) Das muss man sich vorstellen: Jesus Christus bietet Menschen Hilfe und Schutz, und sie laufen ihm davon! Wer Gott nicht traut, der misstraut dem Einzigen, der ausnahmslos und ohne jede Einschränkung vertrauenswürdig ist. Noch nie in der Geschichte hat er ein 64 gegebenes Versprechen gebrochen. Was er zusagte, hat er stets erfüllt; was er ankündigte, ist immer genauso eingetroffen, wie er es in seinem Wort, der Bibel, vorausgesagt hatte. Den Vater ohrfeigen? Wer Gott trotzdem misstraut, gleicht einem Kind, das zu seinem Vater sagt: „Vater, gib mir bitte 30.000 Mark, damit ich sie bei der Bank einzahlen und mich damit während der nächsten fünf Jahre versorgen kann. Ich will mir nicht jeden Tag darüber Gedanken machen müssen, ob du mich ernähren und für mich sorgen wirst.“ Was für eine Ohrfeige wäre diese Bitte für einen Vater, der sich bis dahin liebevoll um das Wohl seines Kindes gekümmert hat! Wie viele „Ohrfeigen“ des Misstrauens bekommt Gott Tag für Tag von undankbaren Menschen, indem sie lieber den Errungenschaften der Technik, den Versprechungen selbst ernannter Gurus oder sorgfältig ausgewählten Kapitalanlagen vertrauen, als demjenigen, der sie erschaffen hat, und der lieber seinen eigenen Sohn am Kreuz sterben ließ, als die Menschen aufzugeben und sie sich selbst zu überlassen. ● Gott ist der Einzige, der nicht nur rein äußerlich die Waffen zum Schweigen bringen, sondern auch Sieger und Verlierer zu Freunden machen, Wunden heilen, und sie von Stolz und Misstrauen befreien kann. ● Gott ist der Einzige, der Freunde und Ehepartner nicht nur zueinander zurückbringen, sondern sie auch befähigen kann, einander zu vergeben, einander wieder zu vertrauen, einander treu zu bleiben. ● Gott ist der Einzige, der in Ihrem Betrieb auf Dauer ein Arbeitsklima ermöglichen kann, das von Vertrauen, Hilfsbereitschaft und gegenseitiger Achtung und Rücksichtnahme geprägt ist. 65 ● Gott ist der Einzige, der Ihnen als Eltern helfen kann, die Achtung und das Vertrauen Ihrer Kinder zurückzugewinnen, weil er Ihnen hilft, Vertrauen in die Jugend zu investieren. Außerdem macht er Sie von der inneren Belastung frei, sich für das Glück oder Unglück Ihrer Kinder ein Leben lang verantwortlich zu fühlen. ● Mauern aus Beton niederreißen, das können Menschen und Maschinen sehr schnell erledigen; Mauern des Misstrauens, der Angst und des Neides in den Köpfen und in den Herzen der Menschen niederreißen, das vermag nur derjenige, der den Menschen in seinem Innersten kennt, weil er ihn erschaffen hat, und der das Denken und Fühlen des Menschen auf Dauer verändern kann, weil er nicht nur der Schöpfer-Gott, sondern auch der Erlöser-Gott ist. Ich mache Ihnen Mut, Satan, dem Durcheinanderbringer, den Rücken zu kehren und seinen Versprechungen und Manipulationsversuchen kein Gehör zu schenken. Statt dessen bitte ich Sie, jetzt auf das Werben Gottes zu hören, während Sie dieses Buch lesen. Wer in Gott Vertrauen investiert, findet Geborgenheit in der Gegenwart und Sicherheit für die Zukunft. Wer Gott vertrauen lernt, findet zu einem gesunden Selbstvertrauen. Ein gesundes Selbstvertrauen aber ist der beste Schutz gegen krank machendes – weil übertriebenes – Misstrauen! *** Was hilft weiter? ● Sprechen Sie ruhig mit Gott über das, was in Ihnen Angst oder Misstrauen hervorruft. Bitten Sie ihn, dass er Ihnen hilft, wieder zu vertrauen. Bitten Sie ihn 66 um Begegnungen mit Menschen, die bewusst mit Gott leben, gern zuhören, verschwiegen und Ihres Vertrauens würdig sind. ● Nehmen Sie sich vor, eine Zeit lang die Frage „Wie geht es Ihnen?“ wahrheitsgemäß zu beantworten – oder ggf. die Beantwortung freundlich abzulehnen, bevor Sie etwas sagen, was nicht stimmt. Werten Sie die Erfahrungen aus, die Sie dabei machen. ● Wenn Sie sich intensiver mit der Bibel befassen wollen, können Sie die kostenlosen Studienhilfen des Internationalen Bibelstudien-Institutes anfordern: Am Elfengrund 66, D-64297 Darmstadt. Tel. 0 61 51/95 44-0; www.stimme-der-hoffnung.de; in der Schweiz: Postfach 91 22, 8050 Zürich; in Österreich: Postfach 66, 1094 Wien. Buchempfehlungen Rüdiger Hauth, „Hexen, Gurus, Seelenfänger“, Brockhaus-Verlag (ISBN 3-417-20573-5), bietet einen Überblick über östliche Religiosität, Hexentum und neugermanisches Heidentum – mit authentischem Material und Berichten von Betroffenen. Will Baron, „Ich war ein Priester des New Age“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1996 (2. Aufl.), Best.-Nr. 1260. Ein unglaublicher, gelegentlich haarsträubender Bericht über seine zwölf Jahre als Anhänger des New Age und den nicht leichten Absprung. Kurt Hasel, „Zauber des Aberglaubens“, 1994 (12. Aufl.), erhältlich über den Advent-Verlag, Lüneburg (s. S. 4). Ein bibelfundierter, seelsorgerischer Ratgeber über die Befreiung von dämonischer Belastung. 67 4. Kapitel Wo wird SERVICE groß geschrie geschrieben? Der Supermarkt, über dessen Service ich mich so häufig geärgert habe, hat mich beim letzten Einkauf positiv überrascht: Von sechs Kassen waren fünf geöffnet (hatte ich vorher nie erlebt!), die Kassiererin war sehr schnell und sehr freundlich – beides in einer Person vereint war mir hier bisher noch nicht begegnet. Überhaupt habe ich in letzter Zeit den Eindruck, dass sich in unserer „Servicewüste“ etwas bewegt, so zum Beispiel, wenn ich im „Bürgerzentrum“ unserer Stadt eine amtliche Bescheinigung hole, beim Hersteller meines Faxgerätes telefonisch reklamiere oder mit der Bahn fahre. Wussten Sie übrigens, dass Sie sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen Bahn auf die „Serviceversprechen“ berufen dürfen, wenn Sie eine Beschwerde haben?57 Nach dem häufigen Vorkommen des Begriffs „Service“ (neudeutsch für „Dienst“) zu urteilen, müssten wir eigentlich in einem Serviceparadies leben: ServicePartner bieten uns einen Leser-Service, AnzeigenService, Reservierungs-Service, Abo-Service, Verbraucher-Service, Urlaubs-Service, Ticket-Service, FestivalService, bei Bedarf auch einen Seitensprung-Service oder einen Anwalt-Service an, und zwar entweder als Full-Service oder als Online-Service, in jedem Falle in Service-Qualität.58 Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, wird uns immer wieder in zahlreichen Publikationen zum Thema Servicewüste Deutschland vorgeführt.59 69 Bei einem „Dienstleistungskongress“ sagte debisChef Klaus Mangold im Zusammenhang damit, dass in Deutschland eine entwickelte Dienstleistungskultur fehle: „Wir haben Schwierigkeiten, uns bedienen zu lassen – geschweige denn, anderen als unseren Maschinen zu dienen.“60 Dienen – etwas für Dumme? Auch wenn „Service“ vielleicht freundlicher oder zeitgemäßer klingt als „Dienst“ oder gar „Dienstleistung“: Das Problem sind nicht die Begriffe, sondern die dahinter stehende (oder fehlende) Haltung! Dienen „ist in wertegewandelten und individualistisch ausgerichteten Gesellschaften wie in Deutschland eindeutig negativ belegt und eng mit dem Begriff der Unterwerfung verbunden. Demut und Dienst am Nächsten – zwei klassische Werte der christlichen Heilslehre – haben in einer aufgeklärten und säkularisierten Lebensumwelt einen faden bis bitteren Beigeschmack und sind mehr oder weniger geächtet. Dienste leisten wird dadurch zu einer Beschäftigung für Dumme oder Heilige, aber nichts für Macher und Manager.“61 Wenn Werte wie Demut und Dienstbereitschaft nicht hoch im Kurs stehen, sondern vielmehr mit einem milden Lächeln als antiquiert abgestempelt werden, dann hat das nicht nur Folgen für ein Land als Wirtschaftsstandort, sondern für das Leben überhaupt: Zuerst kommt die Servicewüste, später wird die Gesellschaft selbst zur Wüste; denn Demut ist nichts anderes als der Mut zu dienen. Wo es zum „Dienst nach Vorschrift“ kommt, wird die zwischenmenschliche Beziehung zum vertraglich geregelten Geschäft degradiert. Dass es überhaupt so weit gekommen ist, hängt u. a. sicher damit zusammen, dass uns als modernen Menschen Vorbilder gelebter Menschlichkeit fehlen. An 70 klugen Büchern und beeindruckenden Reden mangelt es nicht, wohl aber an Mut, wirklich zu dienen. Sehr treffend hat es Paul Toaspern formuliert: „Dienen lässt sich schwer in Worte fassen, aber ablesen am gelebten Leben. Worte können Glaubwürdigkeit fordern. Dienen besitzt sie.“ Noch eins trägt dazu bei, dass Dienen so unpopulär geworden ist: Wir haben das beste Vorbild in Sachen Mut zum Dienen aus dem Blick verloren – Jesus Christus! Wenn es jemanden in der Geschichte gegeben hat, der glaubwürdig alles lebte, wovon er redete, dann ist das Jesus Christus gewesen. Und wenn jemand überzeugend bewiesen hat, dass sich wahre Größe im Dienen zeigt, dann ist es ebenfalls jener gewesen, der nicht nur sagte: „Auch der Menschensohn [eine andere Bezeichnung für Jesus Christus] ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen“,62 sondern dies auch tagein tagaus praktizierte. In unsere Mokassins geschlüpft Der Apostel Paulus beschreibt die Haltung, die Jesus Christus zum Dienen befähigte, mit folgenden Worten: „Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat: Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz.“ (Philipperbrief 2,5-8) Das Geschehen, das Paulus in diesem Bibelabschnitt zusammenfasst, ist so einzigartig, dass sterbliche Menschen niemals seine ganze Tragweite werden begreifen können; es geht immerhin darum, dass der Schöpfer71 gott, dessen Wohnung größer ist als der gesamte Kosmos, sich so klein macht, dass er in eine Futterkrippe passt. Der Erhalter des Universums wird ein hilfloses Baby, auf den Schutz und die Fürsorge seiner Eltern angewiesen. Gott wird Mensch, damit er in unseren „Mokassins“ gehen kann. Wäre das Weihnachtsfest nicht zum „Geschäft“ entartet, dann hätten wir wenigstens einmal im Jahr eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, was Demut, also Mut zum Dienen, praktisch bedeutet – demonstriert am Beispiel der Menschwerdung Gottes. In der Weihnachtsausgabe 2000 des Berliner TAGESSPIEGEL war zu lesen: „Wenn man sich ein wenig bemüht, dann kann man Jesus Christus aus dem Weihnachtsfest wegdenken – aber die Bedürfnisse, auf die er antwortet, die vergehen dadurch nicht ... Es geht um die Selbsterniedrigung Gottes zum Menschen. Nie zuvor wurde der Mensch in einer Religion so hoch gehoben und zugleich beschämt. Und nie wieder, auch nicht in den Gegen-Religionen.“63 Gott wurde Mensch zum Anfassen, damit es uns leichter fällt zu glauben, dass er unsere Sprache spricht, unsere Sorgen und Nöte versteht, aus eigenem Erleben mitreden kann, wenn es um Hunger, Müdigkeit oder Trauer geht. Wenn wir also zu ihm beten, d. h. mit ihm reden wie mit einem Freund, können wir sicher sein: Er weiß, wovon wir sprechen, er kann mitempfinden, sich mit uns freuen und mit uns weinen. Er kennt aus eigenem Erleben das Gefühl, geliebt zu werden, weiß aber genauso gut, was es bedeutet, unerwünscht zu sein. Er bekämpfte nicht nur die Ungerechtigkeit, sondern wurde selbst ungerecht behandelt. Es tat ihm gut zu erleben, wie Menschen aller Altersstufen durch seine Predigten Mut zu einem neuen Anfang fanden, aber genauso musste er Tage erleben, an denen seine Worte 72 wie auf Granit stießen und der Erfolg seiner Arbeit gleich Null zu sein schien. Menschen zu dienen bedeutet nicht, dass man sklavisch verrichtet, was sie von einem erwarten. Nur der kann letztlich einem anderen einen guten Dienst erweisen, der eine eigene Überzeugung hat und sie auch vertritt. Echter Dienst beginnt da, wo man bereit ist, den anderen zu verstehen, sich mit ihm auf eine Stufe zu stellen, wodurch ein Dialog und das gegenseitige Verstehen ermöglicht werden. Darum wurde Gott Mensch; denn auf seine Stufe können wir uns nicht begeben! Heiner Geißler erklärt das jungen Menschen in seinem Buch „Wo ist Gott?“ so: „Alle, die wegen ihres Geschlechts unterdrückt werden, wegen ihrer Rasse, ihrer Zugehörigkeit zu einem Volk diskriminiert, gefoltert und getötet werden oder in Armut leben, in Sklaverei und ohne Arbeit, sie tun sich mit Jesus leicht, denn Jesus hat gelebt und musste leben wie sie auch.“64 Da verschlägt es einem die Sprache Jesus hat in Sachen Dienen Maßstäbe gesetzt – durch sein Leben und durch seine Reden. In einer Zeit, in der – ähnlich wie heute – auf Statussymbole wie Ehrentitel, Besitz und Beziehungen viel Wert gelegt wurde, sagte er seinen Nachfolgern: „Die Könige herrschen über die Völker wie Tyrannen, und die Machthaber unterdrücken, wen sie können. Aber gerade so darf es bei euch nicht sein. Wer groß sein will, der soll den anderen dienen, und wer der Erste sein will, der soll sich allen unterordnen.“ (Matthäusevangelium 20,25-27) Eines der Statussymbole jener Zeit war zum Beispiel die Anzahl der Sklaven, die man besaß. Selbst innerhalb der Sklaven eines Haushaltes gab es Rangunterschiede: Einem Gast die staubigen Füße zu waschen gehörte zum Beispiel zu den Aufgaben, die der jüngere oder 73 rangniedere Sklave zu verrichten hatte. Um so prekärer war die Situation, als Jesus mit seinem engsten Jüngerkreis das letzte Passahmahl65 feiern wollte: Für alles war gesorgt, der Tisch war gedeckt, Wasser und Schüsseln standen bereit, nur der Sklave fehlte. Außer Jesus und seinen Jüngern war niemand im Hause, an den man diesen Dienst hätte „delegieren“ können. Jeder schaute verlegen weg, bis Jesus das tat, wozu keiner seiner Schüler bereit gewesen war: „Da stand er vom Tisch auf, legte seinen Umhang ab und band sich ein Tuch um. Er goss Wasser in eine Schüssel und begann, seinen Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Tuch abzutrocknen ... Nachdem Jesus ihnen die Füße gewaschen hatte, zog er seinen Umhang wieder an, setzte sich und fragte seine Jünger: ,Versteht ihr, was ich eben getan habe? Ihr nennt mich Meister und Herr. Das ist auch richtig so, denn ich bin es. Wie ich, euer Meister und Herr, euch jetzt die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch gegenseitig die Füße waschen. Ich habe euch damit ein Beispiel gegeben, dem ihr folgen sollt. Handelt ebenso! Denkt immer daran: Ein Untergebener steht niemals höher als sein Vorgesetzter, und ein Botschafter untersteht dem, der ihn gesandt hat. Wenn ihr das eingesehen habt, dann handelt danach, und Gott wird euch segnen.’“ (Johannesevangelium 13,4.5.12-17) Ich schätze, das war eine Predigt, die Jesu Jünger am besten verstanden und die sie wahrscheinlich nie wieder vergessen haben. Es war eine wortlose Predigt, die einem die Sprache verschlägt – damals wie heute. Damals insofern, als dass sich alle Jünger bis auf einen (Petrus, siehe Verse 6-11) wortlos „bedienen“ ließen und nicht den Mut aufbrachten, selber weiterzumachen. Heute deswegen, weil diese Einstellung der Demut und diese Bereitschaft zum Dienst allem wider74 spricht, was wir beachten müssen, wenn wir Erfolg haben und Karriere machen wollen. Heiner Geißler sieht es so: Diese revolutionäre Botschaft Jesu „passt einfach nicht in die Gedankenwelt der Börsianer, mancher Präsidien von Fußballvereinen und vieler Parteimitglieder, in der Erfolg, Dividende, Konsum, Rang und Titel die Leitbilder geworden sind“.66 Die Fußwaschung seiner Jünger ist die beste Predigt der Geschichte zum Thema „Mut zum Dienen“. Und ich frage mich: Woher nahm Jesus diesen Mut? Die Antwort habe ich in dem kurzen Vorwort zu dieser Begebenheit entdeckt (Verse 1 und 3): Jesus wusste, dass er von Gott, seinem Vater, gekommen war, dass er zu seinem Vater zurückkehren würde und dass der Vater ihm unbegrenzte Macht gegeben hatte. Mit anderen Worten: Jesus wusste, woher er kam und wohin bzw. zu wem er gehörte – darum konnte er seinen Schülern die Füße waschen, ohne dass ihm „ein Stein aus der Krone fiel“. Jesus wusste, dass sein Vater zu ihm stand, dass er für seinen Vater unendlich wichtig war, so wichtig, dass ihm, Jesus, der ganze Himmel („unbegrenzte Macht“) zur Verfügung stand – darum konnte er den Sklavendienst verrichten, um den sich seine Schüler drückten. Mut zu dienen bekommt, wer um seine Identität weiß. Mut zu dienen findet, wer einen gesunden Selbstwert hat. ● Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich als Nachkomme eines veredelten Affen den Kampf um das Recht des Stärkeren – koste es, was es wolle – gewinnen muss oder ob ich mich als Kind eines überreichen Vaters im Himmel betrachte, der mir alles zur Verfügung stellt, was ich zum Leben brauche. ● Es macht einen großen Unterschied, ob mit dem Ende meines jetzigen Lebens auch das Ende meiner 75 Existenz, meiner Entfaltung und meines Glücks erreicht ist oder ob es bei Gott ein Zuhause für mich gibt – einen Ort, an dem ich ewig leben, dazulernen, mich endlos entfalten und neue Dimensionen des Glücks entdecken kann. ● Es ist für mich nicht gleichgültig, ob ich meine Mitmenschen beeindrucken und überall um ein bisschen Anerkennung betteln muss, damit mein Selbstwert wächst, oder ob ich mir immer wieder vom Vater im Himmel sagen lassen darf: Du bist mein Kind; ich liebe dich so, wie du bist. Wer sich bedingungslos (wenn auch nicht folgenlos!) geliebt weiß, ist willig und fähig zu dienen; denn freiwillig und gern dienen kann auf Dauer nur, wer geliebt wird. Dienen ist im Grunde genommen eine Antwort auf empfangene Liebe. Das war übrigens die zweite „Quelle“, aus der Jesus den Mut holte, seinen Jüngern die Füße zu waschen: Weil er sich vom Vater geliebt wusste, liebte er die Menschen, die sich in dieser Welt zu ihm bekannten, und er hörte niemals auf, sie zu lieben. Darum war er bereit zu dienen: zuerst indem er ihnen die Füße wusch, ein paar Stunden später indem er für sie – und für uns – starb. „Leistest du was, bist du wer“ „Nie zuvor wurde der Mensch in einer Religion so hoch gehoben und zugleich beschämt“ wie durch die Menschwerdung Gottes, hieß es im bereits zitierten Artikel des TAGESSPIEGEL. Das ist es, was ich hier mit „Selbstwert“ meine: Wie wertvoll ich letztlich bin, hängt nicht davon ab, wie ich mich einschätze oder wie andere mich „taxieren“, sondern davon, wie Gott mich sieht und wie er über mich urteilt. Ich kenne einige Menschen, die so arbeiten, als müssten sie ihren „Marktwert“ durch ihre Leistung 76 ständig unter Beweis stellen. „Arbeit wird in unserer Zeit zum Sinnstifter, zum Talisman des Glücks.“67 Zweifelsohne spielt die Arbeit eine wichtige Rolle bei der Persönlichkeitsentfaltung: Sie dient zur Identitätsbildung, steigert das Selbstwertgefühl, vermittelt soziale Anerkennung u. v. m.68 Es wäre jedoch fatal, wollten wir den Wert eines Menschen daran festmachen, was er leistet: Arbeitsunfähige, Kinder und ältere Menschen wären dann nämlich sehr arm dran! Unseren Wert als Menschen erhalten wir bereits dadurch, dass wir von einem liebenden Gott gewollt sind und von ihm persönlich (nicht mittels Evolution) geschaffen wurden, und zwar „ihm ähnlich“. So heißt es gegen Ende des Schöpfungsberichts: „Dann sagte Gott: ,Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen: über die Tiere im Meer, am Himmel und auf der Erde.’ So schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau schuf er sie. Er segnete sie und sprach: ,Vermehrt euch, bevölkert die Erde, und nehmt sie in Besitz!’“ (1. Mose/Genesis 1,26-28) „Gott ähnlich“ umfasst sehr viel. Wichtig im Zusammenhang mit der Wertfrage erscheinen mir folgende Gemeinsamkeiten:69 ● Der Mensch kann sprechen. Wir können Gedanken und Gefühle äußern, können unsere Anliegen sowohl verbal als auch schriftlich ausdrücken. Wir können reden, wir können auch hören, zuhören und verstehen. ● Der Mensch hat ein ästhetisches Empfinden und schöpferische Fähigkeiten. Wir sind in der Lage, Erlebtes musikalisch, graphisch, literarisch, photographisch und in vielen anderen Weisen zu beschreiben und zu verarbeiten. ● Der Mensch hat einen eigenen Willen. Gott schuf keine Marionetten; wir müssen nicht „nach seiner 77 Pfeife tanzen“. Je öfter wir jedoch seinen Empfehlungen folgen, desto besser wird unser Leben gelingen. ● Der Mensch hat die Fähigkeit zu lieben und treu zu sein. Obwohl es uns leichter fällt, Menschen zu lieben, die uns sympathisch erscheinen, sind wir dennoch fähig, Menschen grundsätzlich zu lieben – weil sie Hilfe brauchen, weil sie uns Leid tun und weil sie uns daran erinnern, dass auch wir nicht immer die Liebe verdienen, die wir erfahren haben. Ich bin glücklich und stolz, meine Existenz einem liebenden Gott zu verdanken, der mich mit diesen und vielen anderen Fähigkeiten ausgestattet hat. Darum kann ich Peter Hahne voll zustimmen, wenn er schreibt: „Der Mensch ist kein Serientyp aus dem Labor, sondern ein einzigartiger Prototyp. Und das verleiht ihm einen Selbstwert, den ihm niemand nehmen darf.“70 Faule Drohne oder Arbeitstier? Wenn ich vorher kritisch anmerkte, dass es viele Menschen gibt, die so arbeiten, als müssten sie ihren „Marktwert“ durch ihre Leistung ständig unter Beweis stellen, dann muss ich jetzt fairerweise ergänzen, dass es wiederum „Exemplare“ gibt, die sich vor der Arbeit drücken, als wäre sie nur etwas für Menschen zweiter Klasse. Theodor Schober schildert beide Extreme sehr treffend: „Nach dem Willen Gottes ist der Mensch weder eine faule Drohne, die andere für sich arbeiten lässt, noch ist er ein Arbeitstier, dessen Wert nur an seiner erbrachten Arbeitsleistung gemessen werden darf.“ Wer den Gedanken bejaht, dass Gott den Menschen „ihm ähnlich“ erschaffen hat, wird erst gar nicht wie eine faule Drohne leben wollen. Das Gottesbild, das ein Mensch hat, beeinflusst unwillkürlich auch seine Arbeitsmoral.71 Die Bibel stellt Gott als einen fürsorglichen 78 Schöpfer vor, der von der ersten bis zur letzten Seite der Heiligen Schrift aktiv ist – im Dienst und zum Wohl seiner Geschöpfe. Weder das Ideal der Griechen und Römer, nämlich der freie Mann, der nicht arbeiten muss, noch die zeitweise Geringschätzung des handwerklichen Lebens entsprechen dem, was die Bibel über Arbeitsmoral lehrt. Sofort nachdem Gott den Menschen erschaffen hatte, gab er ihm den Auftrag, den Garten Eden zu bebauen und zu bewahren (1. Mose/Genesis 2,15) – ein höchst verantwortungsvoller Dienst! Das zeigt: Das Paradies war kein „Eldorado der Däumchendreher“. Und noch eins: Arbeit im Sinne von Dienen, sinnvoller und zielgerichteter Beschäftigung, ist nicht etwa Folge des Sündenfalls, sondern gehört von Anfang an zur Gottesähnlichkeit des Menschen. Zuerst der Genuss, dann die Arbeit! Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist jedoch die Tatsache, dass der Mensch vor der Arbeit das Ruhen erlebte; denn der erste volle Lebenstag des Menschen war nicht ein Werktag, sondern der Ruhetag, der Sabbat. Nach der Erschaffung des Menschen heißt es über den sechsten Schöpfungstag: „Dann betrachtete Gott alles, was er geschaffen hatte, und es war sehr gut! Es wurde Abend und wieder Morgen: Der sechste Tag war vergangen. So waren nun Himmel und Erde erschaffen, und nichts fehlte mehr. Am siebten Tag hatte Gott sein Werk vollendet und ruhte von seiner Arbeit aus. Darum segnete er den siebten Tag und sagte: ,Dies ist ein ganz besonderer, heiliger Tag! Er gehört mir.’“ (1. Mose/Genesis 1,31 bis 2,3) Ganz praktisch bedeutet das: Bevor der Mensch sich in die Arbeit stürzte, durfte er die Pracht und Schönheit 79 der makellosen Schöpfung genießen. Oder anders formuliert: Bevor er irgendeinen Dienst im Auftrag Gottes leistete, durfte sich der Mensch von seinem Schöpfer höchstpersönlich bedienen lassen. Denn das war und ist immer noch Gottes Absicht mit dem wöchentlichen Ruhetag, dem Sabbat: An diesem Tag will er den Menschen beschenken – mit seiner Ruhe, seinem Frieden, seiner Nähe, damit der Mensch physisch, geistig, geistlich, sozial und emotional auftanken kann. Gott ruhte nicht etwa deswegen, weil er müde gewesen wäre. Auch setzte er den Ruhetag nicht in erster Linie dazu ein, dass wir ihm dienen (welche Art von Dienst hätte Gott durch Adam nötig gehabt?), sondern damit er, der Schöpfer höchstpersönlich, uns dienen kann. Darum sagte Jesus in einer seiner Predigten: „Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat.“ (Markusevangelium 2,27) Die Folgen davon, dass der moderne Mensch dieses Angebot Gottes ablehnt, sind unübersehbar: „Erschöpfung und Abgespanntheit machen sich breit. Man kommt innerlich kaum zur Ruhe. Die Gedanken kreisen und kreisen. Unsere Moderne schafft den Workaholic, den Arbeitssüchtigen. Die 60- bis 80-StundenWoche ist ihm wohlbekannt. Selbst im Urlaub kann er nicht abschalten. Handy und Laptop sind dabei. Er will immer ,online’ sein, überall erreichbar, die Schalthebel der Macht immer im Visier. Das Selbstwertgefühl holt er sich über die Arbeit, zu Lasten seiner Umgebung. Familien zerbrechen daran, für Freundschaften nimmt man sich keine Zeit, die Seele brennt aus – Burnout. Workaholics sind Menschen auf der Flucht vor sich selbst, vor der Stille und oft auch vor Gott.“72 Davor, dass es so weit kommt, wollte uns Gott durch den Ruhetag bewahren. Wobei es beim Sabbat 80 nicht nur um Ausspannen und Ausschlafen geht: wir sollen ihn „heilig halten“ (2. Mose/Exodus 20,8), d. h. absondern, als Gelegenheit betrachten, Gottes Rat zu suchen, auf ihn zu hören. Was er uns wohl sagen will? Vielleicht folgendes: Du bist mein Kind, und ich liebe dich nicht wegen deiner Arbeit, deiner Nützlichkeit, deiner Leistung, deiner Erfolge, sondern um deiner selbst willen. Du bist wertvoll für mich, so wie du bist, unabhängig davon, welchen Nutzen du für Wirtschaft und Gesellschaft hast. Weil du mir ähnlich bist, darfst du kreativ sein, dich schöpferisch betätigen, meine Schöpfung bewahren, meine Arbeit fortsetzen, meine Pläne für die Menschheit unterstützen – gemäß deiner Gaben und Fähigkeiten. Aber bevor du dich für andere einsetzt, lass mich deine Batterien aufladen. Bevor du dich deinem Beruf widmest, höre auf das, was ich dir zu sagen habe. Bevor du für andere da sein willst, lass mich für dich da sein. „Dienen statt Herrschen!“ Der moderne Mensch muss in der Regel sehr hart arbeiten. Er könnte jedoch die starke berufliche Beanspruchung viel besser bewältigen, wenn es ihm gelänge, seine Arbeit als Dienst zu betrachten – Dienst an Gott und an seinen Mitmenschen. Dienst an Gott, weil durch die Arbeit die Gaben und Fähigkeiten zum Einsatz kommen, mit denen er uns ausgestattet hat (vgl. Matthäusevangelium 25,15ff.). Dienst an unseren Mitmenschen, weil es eigentlich kaum Mühe macht, die bezahlte Leistung mit einer „Gratiszugabe“ wie einem freundlichen Lächeln, einem ermunternden Wort oder irgendeiner persönlichen Geste „anzureichern“. Ich staunte nicht wenig, als ich davon las, dass die Bayerischen Motoren-Werke (BMW) die Doktorarbeit 81 eines Benediktinermönchs finanziell und inhaltlich gefördert haben, der während seines Studiums ein Betriebspraktikum bei BMW absolviert hatte. Darin wird BMW mit der Benediktinerkongregation verglichen: „Mit der Implementierung [Anwendung] der alten Regel des heiligen Benedikt von Nursia können Unternehmen heute eine Menge Geld verdienen.“ Und wie lautet diese Regel? „Dienen statt Herrschen!“ „Führen heißt Dienen und Vorbild für andere sein“, verlangt BMW von seinen Führungskräften. „Bei Mönchen und Managern wird also gleichermaßen, zumindest in der Theorie, Führung weniger als Ausübung von Macht, sondern vielmehr als Dienst an der jeweiligen Institution und deren Menschen definiert.“73 Arbeit als Dienst – das war schon zu Zeiten der Reformation ein revolutionärer Gedanke, als zum Beispiel Martin Luther sagte: „Auch wer Schuhe herstellt, dient Gott damit.“ Dabei denke ich bei „Arbeit“ nicht nur an Erwerbstätigkeit, also bezahlte Arbeit, sondern an jeglichen Einsatz unserer Gaben und Fähigkeiten, der dazu beiträgt, Gott und Menschen zu dienen. „Arbeit bekommt nicht erst durch Bezahlung einen Wert, sondern in der Bibel hat sie einen Wert an sich“74 – daran sollten wir denken, wenn es darum geht, nicht bezahlte Dienste wie Hausarbeit oder ehrenamtliche Tätigkeiten zu bewerten. Die Ende 2000 in Deutschland gestartete „Initiative Ehrenamt 2001“ soll dazu beitragen, diesem „angestaubten Begriff“ „neuen Glanz“ zu verleihen, denn der Staat kann die sozialen Kosten für eine überalterte Gesellschaft auf Dauer nicht mehr tragen. „Nur das Engagement der Bürger“, so der Sozialwissenschaftler Gerd Mutz, „könnte die Gesellschaft trotz der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich zusammenhalten.“75 82 Von uns wird heute viel Leistung gefordert. Es wäre aber viel leichter, die geforderte Leistung zu erbringen, wenn es uns gelänge, den Sinn unserer Arbeit zu entdecken. „Arbeit kann man bezahlen; Leistung kann man nur mit Sinnerfüllung aufwiegen: Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten.“ (Walter Böckmann) Gerade dazu sollte der wöchentliche Ruhetag auch dienen. Der Sabbat ist Gottes Einladung an den gestressten Menschen, über seinen Selbstwert, den Sinn seines Lebens und den Sinn seines Schaffens nachzudenken. Würden mehr Menschen diese Einladung annehmen, sich am Sabbat auf ihren Schöpfer, auf den Ursprung, den Sinn und das Ziel ihres Lebens zu besinnen, dann gäbe es viel weniger Fälle von Depression, Burnout, Mobbing, Ausbeutung, Dienst nach Vorschrift ... „Unserer Arbeit fehlt die Wirksamkeit, die Durchschlagskraft, wenn wir die Ruhe (den Sabbat) verschmähen.“76 Man könnte stark vereinfacht sagen: Wer die Sabbat-Einladung annimmt, leistet sich den Luxus zu denken. Wer pausenlos arbeitet und meint, sich diesen Luxus nicht leisten zu können, wird zwar viel bewegen, sich selbst aber einen „Bärendienst“ erweisen. Denken, Danken und Dienen gehören zusammen; denn wer dankbar ist, dem fällt es viel leichter zu dienen. Gründe, dankbar zu sein, findet aber nur, wer sich die Zeit nimmt, darüber nachzudenken. Königlich behandelt Ich möchte die Gedanken über das Dienen mit der Schilderung einer Begebenheit abschließen, die sich zufälligerweise in meiner Heimatstadt Gijón (an der Biskaya) im vergangenen Jahrhundert ereignet hat:77 Auf einer Dienstreise kehrte dort ein Geschäftsmann in einem Hotel ein. Der Hoteldirektor, Don Ma83 nuel, begrüßte ihn höflich. Nach dem Mittagessen hatte sich der Gast zum Kaffee in die Halle ans Fenster gesetzt, von wo aus er auf die kleine Straße blicken konnte. Gegenüber stand ein altes, palastähnliches Gebäude. Einige Steinstufen führten zu einem von Säulen getragenen Vorbau. Es dauerte nicht lange, da erschien zuerst eine ältere Dame in einem reichlich abgetragenen Kleid, dann folgte ein Mann auf Krücken. Kurz darauf kamen Kinder in zerlumpten Kitteln, danach ein paar alte Männer und Frauen. Sie ließen sich alle auf den Stufen nieder. Kaum hatte der Letzte Platz genommen, da erschien im Hoteleingang eine eigenartige Prozession: Voran Don Manuel, der Hoteldirektor, feierlich schwarz gekleidet, eine blütenweiße Serviette über dem Arm. Ihm folgten Kellner und Kellnerinnen mit vollgefüllten Schüsseln und wohlgerichteten Platten, ganz so, als hätten sie eine Hochzeitstafel anzurichten. Der Zug ging direkt auf die gegenüber sitzenden Menschen zu. Teller und Bestecke wurden verteilt. Dann bediente der Hotelier eigenhändig jeden dieser seltsamen Gäste, als habe er die beste Gesellschaft vor sich. Fachkundig beriet er sie, empfahl diese und jene Zusammenstellung des Essens, und jeder dieser Armseligen konnte ganz nach Wunsch und Belieben wählen. Am Ende wurde abserviert, nicht anders als im Speisesaal des Hotels. Die Gäste gingen wieder ihres Weges. Don Manuel aber zog mit dem in Körben eingesammelten Geschirr in sein Hotel zurück. Natürlich wollte der Geschäftsmann wissen, was der Sinn dieser höchst rätselhaften Vorgänge sei. Was er nun erfuhr, war nicht weniger seltsam. Er hörte, dass Don Manuel während des spanischen Bürgerkriegs, kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs, von den Aufständischen an die Wand gestellt worden war. Er 84 sollte erschossen werden und wusste nicht warum. Vielleicht wussten es seine Gegner selber nicht, aber jedenfalls musste er mit seinem Tode rechnen. Da tauchte plötzlich vor dem Exekutionskommando ein Krüppel in Lumpen auf. Er redete eindringlich auf die Männer mit den Gewehren ein. Und wirklich, sie ließen Don Manuel laufen. Nie hatte er seinen Retter wiedergesehen, noch wusste er überhaupt, wer dieser war. Aber er legte das Gelübde ab, „die Armen des Städtchens nicht nur zu speisen, sondern auch zu ehren“. Als der Reisende dieses gehört und dazu noch erfahren hatte, dass sich diese Speisung Tag für Tag wiederholte, konnte er nun doch nicht umhin, den Hoteldirektor darüber zu befragen, warum er das täglich tue. Don Manuel antwortete: „Als ich meiner Frau von meinem Vorhaben erzählte, meinte sie, es würde doch genügen, wenn ich an jedem Jahrestag meiner Rettung diese armen Leute zu Gast lade. Aber sagen Sie selbst: Hat mir Gott mein Leben etwa nur für alle Jahrestage geschenkt? Hat er es mir nicht Tag um Tag wieder gegeben durch jenen Krüppel, der nicht einmal den Versuch gemacht hat, sich bei mir für seine Tat den wohlverdienten Lohn zu holen? Er hat mir das Leben wieder geschenkt. So viel, wie Gott für mich getan hat, kann ich niemals für diese Menschen tun.“ DIENEN ist durch das Leben und Wirken Jesu ganz groß geschrieben worden. DIENEN wird auch im Leben derer groß geschrieben sein, die sich von Jesus Christus motivieren lassen, ihre Gaben und Fähigkeiten zum Wohl der Menschen einzusetzen. *** 85 Was hilft weiter? ● Haben Sie einmal die Möglichkeit erwogen, sich ehrenamtlich zu engagieren? Hilfsorganisationen sind dankbar für jede Unterstützung. Zwei, die ich Ihnen bedenkenlos empfehlen kann, sind: ADRA, die adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe (RobertBosch-Str. 4, D-64331 Weiterstadt, Internet: www.adradeutschland.de); AWW, das Advent-Wohlfahrtswerk der Siebenten-Tags-Adventisten (Fischerstr. 19, D-30167 Hannover, Internet: www.awwnet.de). Folgende Aufzählung kann Ihnen vielleicht bei der Suche nach der passenden Tätigkeit helfen: Besuchsdienst (im Krankenhaus, in der Nachbarschaftshilfe, im Gefängnis), Chorleiter, Ehrenrichter, Elternbeirat, Gruppenleiter bei den Pfadfindern, Hospiz-Sterbebegleitung, Kirchengemeinderat, Organist, Sanitäter beim Katastrophenschutz, Schiedsmann der Stadt, Schöffe, Schuldenberatung, Telefonseelsorge, Wahlhelfer. ● Im Matthäusevangelium können Sie nachlesen, welche Rolle der Dienst an unseren Mitmenschen eines Tages spielen kann, wenn Gott die Menschen zur Rechenschaft zieht (Kapitel 25,34-46). ● Was halten Sie davon, einen Sabbat nach biblischem Vorbild (also von Freitagabend bis Samstagabend) zu feiern? Unterstützung dazu bekommen Sie in jeder Adventgemeinde. Adressen können Sie gern bei der „Stimme der Hoffnung“ (siehe S. 46) anfordern oder auch unter folgenden Internet-Adressen finden: Für Deutschland: www.adventisten.de; in der Schweiz: www.stanet.ch; in Österreich: www.sta.at Buchempfehlungen Diane Fassel, „Wir arbeiten uns noch zu Tode“, Knaur, München, 1994, ISBN 3-426-83007-8. Die Autorin zeigt, 86 welche Formen der Arbeitssucht es gibt und wie unsere Gesellschaft zum Entstehen dieser Krankheit beiträgt und damit die Behandlung erschwert. Im Anhang: Die zwölf Schritte der Anonymen Arbeitssüchtigen (in Anlehnung an die zwölf Schritte der Anonymen Alkoholiker). Ellen G. White, „Jesus von Nazareth“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1996, Best.-Nr. 1182. Ein Bestseller, der das Leben und Wirken Jesu im gesamtbiblischen Zusammenhang darstellt und immer wieder Brücken zu den Fragen, Anliegen und Sorgen des modernen Menschen baut. Clifford Goldstein, „Mach mal Pause: Sabbat!“, AdventVerlag, Lüneburg, 1998 (3. Aufl.), Best.-Nr. 1271. Immer wieder heißt es heute: Keine Zeit! Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf unser Leben in Familie und Gesellschaft. Clifford Goldstein hat eine Lösung seines Zeitproblems gefunden, indem er sich auf eine Einrichtung aus grauer Vorzeit besann: den Sabbat. Was er über diesen weithin vergessenen Tag schreibt, das kann auch jedem anderen helfen, die Zeit – und manches andere – in den Griff zu bekommen. Julián Melgosa, „Endlich aufatmen! Wege zur Stressbewältigung“, Advent-Verlag, Zürich/WegweiserVerlag, Wien, 2000, ISBN 3-905008-59-9 bzw. 3-90016020-1. Übermäßige Spannung führt zu Stress und hemmt unsere Lebenslust. Dieses Buch bietet einen einzigartigen und sehr praktisch ausgelegten FünfTage-Plan zur Stressbewältigung. Marli Weigt (Hg.), „Danke für den Sabbat!“, AdventVerlag, Lüneburg, 2000, Best.-Nr. 1819. In diesem Buch berichten mehr als 50 Personen von ihren Erlebnissen im Zusammenhang mit dem Sabbat. Schon als junge 87 Frau war die Herausgeberin, seit 38 Jahren engagierte Pastorenfrau, tief beeindruckt von den Erfahrungen, die Menschen in Verbindung mit der Heiligung des biblischen Ruhetags gemacht hatten. Diese Berichte halfen ihr, eine lebendige und persönliche Vorstellung von Gott zu entwickeln und ihr Vertrauen in seine Treue und Führung zu vertiefen. 88 5. Kapitel „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – wirklich? War es eine Zeit lang Mode gewesen, die Ursache von fast allem, was schief lief, den Umwelteinflüssen zuzuschreiben, so schlägt nun das Pendel ins andere Extrem: Gene müssen für alle Probleme herhalten – für Alkoholismus, Fettleibigkeit, homosexuelle Veranlagung, Aggression, Esssucht, Schizophrenie.78 Auf den Einwand in der Wochenzeitung DIE ZEIT, der Glaube an die Allmacht der Gene greife so sehr um sich, dass manche Pädagogen bei schwierigen Fällen sagen: „Das sind die Gene“, antwortete Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main: „Dieser Fatalismus ist fatal und verkennt, dass die Ausbildung der Hirnfunktionen ganz wesentlich von Erfahrungen und Lernen mitbestimmt wird. Lehrer und Erzieher verantworten nicht nur die Weitergabe kultureller Inhalte, sondern prägen Verhalten für ein Leben. Ihre Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.“79 Es ist problematisch, das Entstehen von Krankheiten oder das Schicksal eines Menschen so gut wie ausschließlich auf die genetische Veranlagung zurückzuführen. Noch problematischer wird diese Vereinfachung, wenn man annimmt, durch das „Korrigieren“ der jeweiligen „Schalter“ (Gene) werde der ganze Organismus oder die Persönlichkeit des Menschen korrigiert. „Es geht hier um weit mehr als nur um ein neues Krankheitskonzept. Es verändert sich auch dramatisch 89 das Bild, das wir uns von uns selbst, von der Natur, vom Leben machen. Es verändern sich unsere Auffassungen von Solidarität, von Freiheit und Verantwortung. Gene erhalten eine beinahe mystische Macht. Krankheit, Berufserfolg, gesellschaftliches Ansehen, Glück in der Liebe – alles kann auf die Gene zurückgeführt werden. Gene werden zu einer Art Orakel zu Delphi.“80 Auf die Frage „Steckt das Schicksal in den Genen?“ antwortete Craig Venter, der wohl erfolgreichste Genforscher der Welt: „Das gilt vielleicht für Mikroben ..., aber schon bei Einzellern nicht mehr. Wir sind mehr als nur die Summe unserer Gene. Sicherlich gibt es keine einzige menschliche Verhaltensweise, die nicht durch Gene beeinflusst wird, das heißt aber noch lange nicht, dass sie uns völlig bestimmen.“81 Wer oder was bestimmt unser Schicksal? Ist unser Lebensweg so vorgezeichnet, dass unsere Entscheidungen nur geringe Abweichungen bewirken? Wie maßgeblich ist der Einfluss anderer, wie stark das Eingreifen Gottes auf unser Leben? Das sind Fragen, die jeden bewegen, der sich mit dem Sinn und Ziel seines Lebens beschäftigt. Als ich mich fragte, ob ich eine Person aus der biblischen Geschichte kenne, an deren Lebenslauf die verschiedenen Einflüsse – Familie, Gesellschaft, eigener Wille und Beziehung zu Gott – gut erkennbar sind, fiel mir die Geschichte Josefs ein. Josef lebte um das Jahr 1600 v. Chr.82, war hebräischer Abstammung und brachte es mit 30 Jahren zum Amt des PharaoStellvertreters im Weltreich Ägypten. Ein typischer Karrieremensch? Eher ein untypisches, in jedem Falle aber ein faszinierendes Beispiel, dessen Stärken und Schwächen uns wohl allen bekannt vorkommen dürften. Josefs Lebensgeschichte gehört zu den in der Bibel am ausführlichsten be90 schriebenen (1. Mose/Genesis 37 bis 50) und ist immer wieder in der Weltliteratur aufgegriffen worden.83 Ich gehe hier nur auf die wichtigsten Stationen seines Lebens ein, und zwar aus der Perspektive unserer Fragestellung: Ist jeder Mensch seines Glückes Schmied? Mehr kann nicht schief gehen Entweder war Josefs Vater für Erziehungsthemen nicht sehr aufgeschlossen oder er handelte wider besseres Wissen, denn er bevorzugte seinen Sohn Josef gegenüber seinen zehn älteren Söhnen derart auffallend, dass das nie gut ausgehen konnte. Schon rein äußerlich war Josef am vornehmen, prächtigen Gewand zu erkennen, das sein Vater extra für ihn hatte anfertigen lassen. Nicht allein deswegen, sondern weil er zudem seinen Brüdern nachspionierte und sie immer wieder beim Vater anschwärzte, eskalierte die Eifersucht seiner Brüder zum Hass. Obendrein war Josef nicht nur verwöhnt, sondern handelte auch sehr unbedacht: Als er zweimal träumte, seine Brüder und sogar die Eltern würden sich eines Tages vor ihm verneigen, erzählte er es ihnen brühwarm am Tag darauf. Damit wurde der Graben, der ihn von seinen Brüdern trennte, unüberbrückbar: Sie beschlossen, ihn bei sich bietender Gelegenheit umzubringen. Wäre ihm nicht sein ältester Bruder zu Hilfe gekommen, hätten sie Josef erschlagen. Sie warfen ihn in einen Brunnen, um ihn später in Abwesenheit des ältesten Bruders für zwanzig Silberstücke an eine vorbeiziehende Gruppe von Sklavenhändlern zu verkaufen. Seinem Vater erzählten sie später, sie hätten sein blutverschmiertes Gewand gefunden. Josef sei wohl von einem wilden Tier zerrissen worden. So landete der siebzehnjährige Josef als Sklave bei Potifar, dem 91 Oberbefehlshaber der königlichen Leibwache des ägyptischen Pharao. Vom verwöhnten „Vatersöhnchen“ zum Sklaven in einem fremden Land – Josef hätte Grund genug gehabt zu jammern: über die Auswirkungen von Erziehungsfehlern, über seine Veranlagung, Träume zu haben und diese zu deuten, über die Ungerechtigkeit des Lebens überhaupt. Das tat er aber nicht. Vielmehr versuchte er, den bestmöglichen Dienst im Haushalt des Potifar zu leisten. Josef besann sich auf den Gott seiner Vorväter Abraham und Isaak, den er im Elternhaus sehr lebensnah vorgestellt bekommen hatte. Beides, sein gewissenhafter Einsatz und sein Gottvertrauen, führte dazu, dass ihm „alles glückte, was er unternahm“, und „Potifar sah, dass der Herr ihm Erfolg schenkte“.84 Deshalb machte er Josef zu seinem persönlichen Diener und vertraute ihm seinen ganzen Besitz an. Zu schön, um wahr zu sein? Josef war in der Tat ein so schöner Mann, dass sich Potifars Frau in ihn verliebte. Sie versuchte, ihn mehrmals zu verführen, aber Josef blieb standhaft – aus Loyalität zu Potifar und aus Treue zu Gott: „Wie könnte ich ein so großes Unrecht [Potifar gegenüber] tun und gegen Gott sündigen?“85 Sie ließ aber nicht locker, bis sie eines Tages ihn regelrecht ins Bett zerren wollte. Obwohl Josef sofort die Flucht ergriff, behauptete sie später dem Hauspersonal und ihrem Mann gegenüber, Josef habe versucht, sie zu vergewaltigen. Aus diesem Grund landete er im Staatsgefängnis. Vom persönlichen Assistenten des Oberbefehlshabers der königlichen Leibwache zum Staatsgefangenen – was für ein Abstieg! Auch jetzt hätte er laut über sein „Pech“ klagen können: Das soll die Belohnung für meine Loyalität und Treue sein? Wie dumm, dass ich 92 mich nicht auf dieses „Verhältnis“ eingelassen habe! Schließlich war sie die Herrin und ich ihr Sklave ... Sollten Josef diese oder ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen sein, was ich nicht ausschließen kann, aber eher für unwahrscheinlich halte, dann wären sie von kurzer Dauer gewesen; denn schon bald durfte er wieder erleben: Der Gott, dem er vertraute, ließ ihn nicht im Stich! „Aber der Herr war auf Josefs Seite und sorgte dafür, dass der Gefängnisverwalter ihm wohlgesonnen war. Josef wurde zum Aufseher über die Gefangenen ernannt ... Der Verwalter ... vertraute Josef völlig, weil er sah, dass der Herr ihm half und ihm Erfolg schenkte.“86 Allerdings dauerte sein Aufenthalt im Gefängnis lange, nämlich mehrere Jahre! Und es war gerade die Fähigkeit, Träume zu deuten, die ihm das Tor in die Freiheit öffnete: Weil seine Deutung der Träume von zwei Gefangenen in Erfüllung ging, empfahl ihn einer von ihnen dem Pharao weiter, als dieser einen Traum hatte, den ihm keiner deuten konnte. Eine „Traumkarriere“? Träume spielten zu biblischen Zeiten eine wichtige Rolle – nicht nur in der Geschichte Josefs. Gott bediente sich häufig dieser Möglichkeit, um Königen und Propheten Zukunftsereignisse anzukündigen. 87 Um Tausende von Menschen in Ägypten und den Nachbarländern vor dem Hungertod zu bewahren, zeigte Gott dem Pharao durch zwei Träume und deren Deutung durch Josef, dass auf sieben Jahre überdurchschnittlicher Ernteerträge sieben Jahre Missernten und Hunger folgen würden. Offenbar war der Pharao sehr beeindruckt von Josef. Nicht nur, weil dieser ganz bescheiden auftrat, als er ihm die Träume deuten sollte, und bekannte: „Ich 93 selbst kann das nicht, aber Gott ...“, sondern auch weil Josef mit der Deutung gleich einen Strategieplan vorlegte, um Vorkehrungen für die kommenden vierzehn Jahre zu treffen. Der König musste zugeben: „Wir finden für diese Aufgabe keinen besseren Mann als Josef, denn in ihm wohnt Gottes Geist! ... Ich ernenne dich zu meinem Stellvertreter!“88 So erreichte Josef mit 30 die Spitze einer „Karriereleiter“, die in der Tiefe eines Brunnens begonnen hatte; einer Leiter, bei der es nicht immer aufwärts gegangen war; einer Leiter, deren entscheidende Sprossen er nicht durch eigene Leistung erklommen hatte, sondern mit der Hilfe des Gottes, dem er so sehr vertraute. Nach Erreichen dieses beruflichen Höhepunkts und der Gründung einer eigenen Familie fehlte eigentlich nichts mehr zu Josefs Glück – oder etwa doch? Ich weiß nicht, ob ihm der Gedanke zu schaffen machte, aber es gab eine „offene Rechnung“ aus seiner Familienvergangenheit zu begleichen, nämlich das, was seine Brüder ihm angetan hatten. Vielleicht empfand er gar keinen Groll, sondern den Wunsch, seine Familie, besonders seinen Vater, wiederzusehen. Ob er mit Gott darüber im Gebet sprach oder nicht, etwa neun Jahre später sollte auch dieser Wunsch auf wundersame Weise in Erfüllung gehen, und zwar einfach dadurch, dass auch Josefs Brüder wegen der Hungersnot nach Ägypten reisten, um Getreide zu kaufen. Obwohl Josef beim Anblick seiner Brüder sichtlich bewegt war (zweimal musste er den Raum verlassen, weil ihm die Tränen kamen), beschloss er, sie zweimal auf die Probe zu stellen. Das erste Mal, bei der ersten Einkaufsreise seiner Brüder, warf er ihnen vor, sie wären Spione, und verlangte, dass einer von ihnen in Ägypten blieb, bis sie bei der nächsten Reise ihren jüngsten Bruder (Benjamin) zu ihrer Entlastung mit94 bringen würden. Spätestens jetzt spürten sie, wie die unbewältigte Vergangenheit sie einholte: „Jetzt müssen wir das ausbaden, was wir Josef angetan haben!“, dachten sie sich, nicht ahnend, dass es ihr Bruder Josef selbst war, der sie auf die Probe stellte. Josefs „Sternstunde“ Als sie nach einigen Monaten zur zweiten Einkaufsreise nach Ägypten kamen, diesmal wohl oder übel in Begleitung ihres jüngsten Bruders, des Vaters neuen Lieblings, Benjamin, prüfte Josef sie erneut, und zwar so, dass ihre und ihres Vaters schlimmste Befürchtung eintraf: Weil ein angeblich gestohlener silberner Becher von Josef in Benjamins Getreidesack gefunden wurde, sollte dieser als Sklave in Ägypten verbleiben. Sicher wurden schmerzhafte Erinnerungen in Josefs älteren Brüdern wach. Obwohl auch Benjamin von seinem Vater bevorzugt wurde und Josefs Stelle sozusagen eingenommen hatte, erlebte er jedoch eine geschlossene Brüderschaft: Sie alle standen hinter ihrem jüngsten Bruder und waren bereit, die Strafe auf sich zu nehmen, damit Benjamin zu seinem Vater zurückkehren durfte. An dieser Stelle konnte sich Josef nicht länger beherrschen. Er brach in Tränen aus und gab sich seinen Brüdern zu erkennen. „Fassungslos standen die Brüder vor ihm. Sie brachten keinen Ton heraus“, berichtet der biblische Schreiber.89 Josef muss erkannt haben, welche schlimmen Befürchtungen in ihren Köpfen schwirrten, denn er fügte hinzu: „Macht euch keine Vorwürfe, dass ihr mich hierher verkauft habt, denn Gott wollte es so! Er hat mich vorausgeschickt, um euch zu retten ... Nicht ihr habt mich hierher geschickt, sondern Gott! Er hat mir diese hohe Stellung gegeben.“90 95 Dass Josef weder Verbitterung spürte, noch Gedanken der Rache hegte, lag nicht allein daran, dass er beruflich so weit gekommen war. Er hatte durch die vielen Höhen und Tiefen seines Lebens gelernt, dass einer über den Menschen wacht, die ihm vertrauen und die Treue halten. Mochte die familiäre Ausgangssituation ungünstig gewesen sein, mochten Erziehungsfehler, der Neid seiner Brüder und eigene Überheblichkeit die Aussichten auf einen zielführenden, im Glück gipfelnden Lebensweg schlecht erscheinen lassen – in der Rückschau konnte er nichts anderes bekennen, als dass Gott „auf krummen Zeilen gerade schreiben kann“. Der glückliche Ausgang dieser Familiengeschichte ist in den letzten Kapiteln des ersten Buches Mose (Genesis) nachzulesen. Sie ist wohl die bekannteste, aber bei weitem nicht die einzige, in der deutlich erkennbar wird, wie Menschen göttliche Führung im Alltag, also in Details, und auch in den großen Linien, im Lebenszusammenhang, erlebten. Mir gefällt die Geschichte Josefs deswegen so gut, weil ich darin Antworten auf die Frage entdeckt habe, wie wir ein sinnvolles, glückliches Leben führen können. Das optimale „Startkapital“ Zunächst erkenne ich im Leben Josefs, wie entscheidend die ersten Lebensjahre für die Zukunft eines Menschen sind. Das beste „Startkapital“ fürs Leben, das Eltern ihren Kindern geben können, ist ihre Liebe und Zuwendung während der ersten sieben Lebensjahre. Wie fehlerhaft und unvollkommen unsere Erziehungsbemühungen als Eltern auch sind: Wenn wir unseren Kindern in jungen Jahren Liebe und Geborgenheit schenken, dann schaffen wir dadurch die beste 96 Grundlage, auf der sie selbst, später durch viele andere Miterzieher beeinflusst, bauen können. Noch tragfähiger wird diese Grundlage, wenn die Kinder durch uns auch Gott als einen liebenden, vergebungsbereiten Vater kennen und schätzen lernen, der ihnen helfen will, dass ihr Leben gelingt. Beim 1. Kongress christlicher Führungskräfte in Deutschland91 habe ich folgende Sätze von Siegfried Buchholz, einem führenden evangelischen Managementberater, festgehalten: „Das weltgrößte Personalberatungsunternehmen hat 500 Führungskräfte der größten amerikanischen Unternehmen gefragt: Wo haben Sie Ihre wichtigsten Führungsqualitäten gelernt? An erster Stelle stand: zu Hause, in der Kindheit. Führung besteht zu einem Drittel aus Wissenskompetenz und zu zwei Dritteln aus Persönlichkeit. Kompetenz lernt man in der Schule, Persönlichkeit in der Familie. Man geht davon aus, dass mit etwa sieben Jahren der Prozess der Persönlichkeitsformung eines Menschen so gut wie abgeschlossen ist. Charaktereigenschaften und Wesenszüge wie Teamfähigkeit, Integrität, Selbstdisziplin, soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Wahrhaftigkeit, Vertrauenswürdigkeit, lernt man nur als Kind zu Hause. Später ist niemand mehr daran interessiert, uns das beizubringen. Um zukunftsfähige Führungspersönlichkeiten zu entwickeln, müssen wir also möglichst viele gute, intakte Elternhäuser haben. Das ist unsere wichtigste Investition in die Zukunft.“ Diese Worte haben mich sehr beeindruckt und monatelang beschäftigt. Als Vater von zwei inzwischen erwachsenen Söhnen kann ich jungen Eltern nur Mut machen, ihre Lebensplanung in beruflicher Sicht derart zu gestalten, dass besonders während der ersten sieben 97 Jahre ihrer Kinder ein Elternteil zu Hause ist, um sich der kleinen und großen Sorgen der Kinder annehmen zu können. Diese Investition wird keiner, auch nicht einen Augenblick lang, bereuen! Doch selbst wer als Kind nicht dieses „Startkapital“ bekommen hat, braucht nicht zu resignieren. Wenn jemand – wie Josef – ganz bewusst Gott in sein Leben einbezieht, dann stehen ihm zusätzliche Reserven zur Verfügung, um sein Leben sinnvoll zu gestalten. Dazu drei „Schlüssel“, die ich im Leben Josefs entdeckt habe: Drei Schlüssel Schlüssel zum Glück 1. Schlüssel: Wichtiger als die genetische Veranlagung oder als die familiäre Ausgangslage ist es, Gott zu vertrauen. Selbst ein nachteiliges genetisches Erbe oder eine recht schwierige familiäre Ausgangslage ist kein Grund, sich resignierend dem angeblichen „Schicksal“ zu ergeben und vor den Herausforderungen des Lebens zu kapitulieren. Gott ist größer als jede körperliche oder psychische Behinderung – sehr selten beseitigt er solch ein Handicap auf wundersame Weise, aber häufig genug hat er Menschen und deren Angehörige mit einer Kraft zur Bewältigung dieser Lasten ausgestattet, die man nicht anders als übernatürlich bezeichnen kann.92 Gottvertrauen macht Erziehungsfehler nicht ungeschehen, aber es macht einen gewaltigen Unterschied aus, ob ich die Ursache für mein Versagen immer wieder in den Fehlern meiner Eltern suche und mich damit abfinde, dass aus mir nichts Besseres werden kann, oder ob ich glaube, dass Gottes Liebe Wunden heilen kann. Traue ich Gott zu, dass er in der Lage ist, Persönlichkeitsstörungen korrigieren zu helfen, Schwächen zu kompensieren, negative Gefühle zu beseitigen, mich zur Liebe (auch meinen Eltern gegenüber) zu befähigen? 98 Vertrauen zu Gott ist keine Versicherung, die mich vor allen Wechselfällen des Lebens schützt, aber es macht einen bedeutenden Unterschied aus, ob ich meine Familie, die Umwelt oder „das Schicksal“ für das verantwortlich mache, was mir zustößt, und dabei verbittere, oder ob ich weiß: Auch wenn ich nicht verstehe, warum gerade mir das passieren muss, so vertraue ich darauf, dass Gott es zugelassen hat und daraus ein passendes Teil im „Puzzle“ meines Lebens macht. Gottvertrauen ändert selten die äußeren Umstände in dem Sinne, dass uns als Christen im Leben immer wieder ein roter Teppich ausgerollt wird, auf dem wir sicher und erfolgreich marschieren können. Aber Gottvertrauen ändert immer unsere innere Einstellung – zu den Menschen, die uns (positiv oder negativ) geprägt haben, zu den Höhen und Tiefen unseres Lebens, zu unseren eigenen Fähigkeiten und Grenzen, und zu uns selbst. 2. Schlüssel: Beten ersetzt keine Tat, aber das Gebet ist eine Tat, die durch nichts anderes ersetzt werden kann. Das Gebet kann deswegen durch nichts anderes ersetzt werden, weil es so etwas ist wie der Luftschlauch, der einen Taucher mit dem Versorgungsschiff verbindet. Ohne die Gebetsverbindung zu Gott schöpfen wir nur aus dem eigenen Reservevorrat; da wird der lebensnotwendige Sauerstoff knapp, wir drehen uns mehr oder weniger um die eigene Achse. Nehmen wir das Beispiel des Fehlermachens. „Die Erfahrung lehrt, dass man nichts bereut, von dem man nicht eingesehen hat, dass man es besser machen kann. Wer seine Fehler nicht als solche erkennt, bleibt an sie gekettet, weil er nichts Besseres vor sich sieht und sich daher fragt, warum er lassen soll, was er hat“, schreibt Carlo Maria Martini an Umberto Eco.93 99 Wenn wir beten, treten wir sozusagen ungeschützt vor denjenigen, der uns am besten kennt, uns durchschaut und dennoch – bzw. gerade deswegen – liebt. Wer wäre besser als er dazu geeignet, uns seinen Spiegel so vorzuhalten, dass wir nicht nur unsere Fehler erkennen, sondern auch dazu bereit und motiviert sind, sie abzulegen? Auch wenn es darum geht, verborgene Sünden oder Fehler aus der Vergangenheit zu bewältigen, bietet sich keine bessere Möglichkeit als das Gespräch mit Gott an, um Belastendes aufzuarbeiten. Wahrscheinlich weil dieses Bekennen der Sünde vor Gott (auch „beichten“ genannt) kaum noch praktiziert wird, stehen so viele Menschen bei den Talkshows Schlange, um vor Millionen Fernsehzuschauern Seelen-Striptease zu betreiben.94 Wir brauchen das Gebet, weil kein Mensch (auch nicht ein Pfarrer/Priester) in der Lage ist, uns von Schuld zu befreien, geschweige denn wir selbst: Das Wort, das uns hilft und befreit, können wir uns nicht selber zusprechen, sondern wir sind dabei auf den angewiesen, der allein Sünden vergeben und die dadurch entstandenen Wunden heilen kann. Noch eins ist beim Beten von unschätzbarem Wert für die Heilung seelischer Verletzungen, nämlich das Danken. „Der Dank ist die schönste Form des Glücks. Er gehört ebenso zu seinen Ursachen wie zu seinen Folgen.“ (Walter Dirks) Gerade im Gespräch mit Gott gehen mir immer wieder die Augen für die vielen kleinen und großen Dinge auf, die es Wert sind, ein Dankeschön auszusprechen – meiner Frau, unseren Kindern, anderen Familienangehörigen, meinen Arbeitskollegen und Freunden, Gott gegenüber. Danken im Gebet befreit von krank machender Grübelei und schützt vor lähmendem Selbstmitleid! 100 3. Schlüssel: Andere annehmen kann nur, wer sich selbst angenommen hat; anderen zu vergeben schafft nur, wer Vergebung erfährt. Wir sprechen gern von „Toleranz“ als einer der Voraussetzungen für ein glückliches, harmonisches Miteinander in Gesellschaft und Familie. Ich halte allerdings Toleranz für nicht ausreichend; denn wortwörtlich heißt „tolerieren“ nichts anderes als „dulden“. Ich will aber von meinen Freunden nicht geduldet, sondern angenommen werden. Ich würde es auch nicht mögen, dass ich meine Fehler und Versagen immer wieder bei passender Gelegenheit auf dem Tablett serviert bekomme. Bin ich aber selber bereit, meine Mitmenschen nicht nur zu tolerieren (sie also zu dulden, zu ertragen), sondern sie zu achten und sie so anzunehmen, wie sie sind, mit ihren Macken und Tücken? Bin ich bereit, Vergangenes zu vergessen, das Unrecht, das sie mir angetan, später aber bekannt haben, begraben sein zu lassen? Andere annehmen kann ich allerdings nur, wenn ich mich selbst angenommen, Ja zu mir – mit meinen Gaben und Grenzen – gesagt habe. Dies wiederum kann derjenige viel leichter und überzeugender, der sich von einem Größeren, nämlich von Gott, angenommen und geliebt weiß, und zwar bedingungslos. Und erlittenes Unrecht schmerzt nicht mehr so sehr, wenn ich mir bewusst mache, wie viele Patzer und Sünden Gott mir vergeben hat und täglich vergibt. Deswegen heißt es ja im „Vaterunser“, dem Mustergebet, das Jesus seine Jünger gelehrt hat: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir allen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind.“ (Matthäusevangelium 6,12 GN) Sollten Sie sich auf eine Beziehung zu Gott einlassen wollen (oder es bereits getan haben), dann werden Sie 101 erleben, wie gut es tut, sich trotz aller Fehler und Unvollkommenheiten angenommen zu wissen – wie normalerweise ein Kind von seinen Eltern. Dieses Erleben wird Sie motivieren, Ihren Partner, Ihre Kinder oder Eltern, Ihre Freunde und Arbeitskollegen in ihrem Anderssein zu respektieren und anzunehmen. Zu wissen und zu erleben: „Gott hat Ja zu mir gesagt, so wie ich bin“ wird Sie von den anstrengenden Versuchen befreien, Ihren Mitmenschen (oder gar Gott) imponieren zu wollen. Wie viel Energie können Sie dann sinnvolleren Dingen widmen, wenn Sie nicht ständig auf Anerkennung aus sein müssen! Ein Lichtstrahl im Kartoffelkeller Bevor Josef glücklichere und erfolgreiche Tage erleben konnte, verbrachte er Stunden der Verzweiflung in der Tiefe eines Brunnen und viele Jahre zwischen Gefängnismauern. Wo befinden Sie sich gerade? Weit oben auf der Leiter, auf berufliche Erfolge und persönliches bzw. familiäres Glück blickend, oder ziemlich unten, im Dunkeln, auf einen Lichtblick hoffend, der die Wende einleitet? Sollte Letzteres der Fall sein, dann möchte ich Ihnen mit einem Bild Mut machen. Früher lagerte man säckeweise Kartoffeln im Keller. Es kam ab und zu vor, dass ich beim Kartoffelholen im recht dunkeln Keller feststellte: Die wenigen Kartoffeln, die dort in der fast leeren Kiste lagen, hatten nicht nur eine schrumpelige Schale, sondern auch ziemlich lange Keime, alle einer Richtung zugewandt, nämlich zum kleinen Fenster, durch welches ein spärlicher Lichtstrahl in den Keller fiel. So wie die Pflanze gierig nach dem Licht strebt, so sehnt sich jeder Mensch, in welcher Krise er sich befinden mag, nach einem Lichtstrahl der Anerkennung, der Geborgenheit, des Glücks. Obwohl er es nicht weiß, 102 sehnt er sich nach Gott, von dem bedingungslose Liebe und Annahme, Vergebung und Zufriedenheit kommen. Weil dieses Licht der Liebe Gottes alle Menschen – wie sehr sie sich auch eingeigelt haben mögen – erreicht,95 dürfen Sie vertrauen: Ob im Keller der Resignation oder der Verbitterung, der Krankheit oder der Angst, des körperlichen oder des psychischen Missbrauchs, der Flucht vor sich selbst, vor anderen oder gar vor Gott – Gottes Liebe kann und will das Dunkel um Sie und in Ihnen hell machen! *** Meine Antwort auf die Frage, ob jeder seines Glückes Schmied ist, lautet: Jein! Auf vieles, was man uns als Glück oder als fürs Glück unentbehrlich zu verkaufen versucht, können wir getrost verzichten. „Glücksgurus“ versuchen uns einzureden, dass Schönheit und Reichtum glücklich machen. Dabei liegt zum Beispiel die Scheidungsrate der Schönen, Superschönen und Steinreichen weit über dem Durchschnitt. Auch Gesundheit garantiert keinesfalls das Glücklichsein. „Die wirklich Glücklichen sind nicht gesünder, körperlich fitter als andere Menschen. Sie verstehen es oft nur, geschickter mit ihren Kräften umzugehen. Sie haben das Talent, ihren Energiespeicher schnell wieder aufzufüllen“, schreibt der Psychotherapeut und Eheberater Reinhold Ruthe.96 Ich sage „Jein“, weil Glück Gabe und zugleich Aufgabe ist. Glück ist weniger ein Lebensziel als ein Lebensstil. Glück ist weniger etwas, was man als Privatbesitz anstreben oder gewinnen kann, sondern eher eine Aufgabe, an der wir gemeinsam arbeiten und reifen. Glück ist nicht Ziel, sondern Folge – Folge einer Beziehung zu Menschen, deren Leben wir ein wenig zu 103 erhellen versuchen, Folge einer Beziehung des Vertrauens zu dem Einen, der uns selbst geholfen hat, jeder Höhe und Tiefe unseres Weges einen Sinn abzugewinnen. Viel wirksamer und befreiender als das Studium der zahlreichen Ratgeber zum Glücklichsein ist die Beschäftigung mit dem Leben und der Lebensphilosophie des Jesus von Nazareth, der im Dienen die tiefste Lebenserfüllung selber gefunden und seinen Nachfolgern versprochen hat. Einer von ihnen bestätigt aus eigener Erfahrung: „Froh und glücklich machen, trösten und erfreuen ist im Grunde doch das Glücklichste und Beste, was der Mensch auf dieser Erde auszurichten vermag.“ (Adolf Kolping) *** Was hilft weiter? ● Was halten Sie davon, in einer stillen Stunde Ihr bisheriges Leben Revue passieren zu lassen? Welche Höhen und welche Tiefen haben Sie erlebt? Welche Krisen haben Sie gemeistert, und wie haben diese Erfahrungen Ihren Lebenslauf beeinflusst? Gab es auch Situationen, in denen Sie spüren konnten, dass Gott seine Hand „im Spiel“ hatte? ● „Dank ist die schönste Form des Glücks“, sagte – wie bereits zitiert – Walter Dirks. Welche Dinge fallen Ihnen ein, für die Sie dankbar sind? Welche Personen kommen Ihnen dabei in den Sinn, denen Sie ein Dankeschön auf eine originelle Art und Weise zukommen lassen könnten? Was halten Sie davon, eine Liste anzulegen, damit Sie niemanden übersehen? ● Eins der schlimmsten „Gifte“, die glückliche Beziehungen zerstören, ist fehlende Vergebungsbereitschaft. Kennen Sie das Gleichnis der zwei Schuldner? Sie finden es im Matthäusevangelium 18,21-35. Reden 104 Sie doch anschließend mit Gott über das, was Ihnen beim Lesen aufgefallen ist! Buchempfehlungen Ben Carson/Cecil Murphey, „Begnadete Hände“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1999 (5. Aufl.), Best.-Nr. 1250. Die Biographie Dr. Ben Carsons, eines der gefragtesten Neurochirurgen in den USA, lässt den Leser nicht nur Operationen nacherleben, die rund um die Welt Schlagzeilen machten, sondern ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, was aus einem Menschen trotz nachteiligster Voraussetzungen werden kann. (Auch als Video „Begabte Hände“ beim ERF-Verlag erhältlich: Postfach 14 44, 35573 Wetzlar.) Walter Trobisch, „Liebe dich selbst – Wege zur Selbstannahme“, Brockhaus-Verlag, Wuppertal, ISBN 3-41720226-4. Nur der Mensch, der sich angenommen weiß und sich selbst annimmt, findet den Weg zum anderen und damit auch heraus aus Selbstbezogenheit und Depression. Dieses Buch des bekannten Ehe- und Familienberaters erscheint bereits in der 23. Auflage! „Menschen in Gottes Hand“, Saatkorn-Verlag, Lüneburg, 8 Bände: ISBN 3-8150-1630-4. Im ersten Band dieser neuen Familienbibel wird u. a. die Geschichte Josefs ausführlich erzählt. Die achtbändige Reihe eignet sich hervorragend dazu, einen Einblick in die wichtigsten Geschichten der Bibel zu bekommen. Sowohl die leicht verständliche, moderne Sprache, als auch die durchgehend farbige Bebilderung, machen das Lesen in dieser Familienbibel zu einem Erlebnis besonderer Art für Jung und Alt. 105 6. Kapitel Wichtiger als Sterbehilfe Nach einem Vierteljahrhundert heftiger Auseinandersetzungen ist Holland das einzige Land der Welt, in dem der Tod auf Verlangen (aktive Sterbehilfe, Euthanasie) gesetzlich erlaubt wird. Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, kritisierte diesen Schritt als „verhängnisvolle Entscheidung“. Der evangelische Bischof von Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, meint, Ziel der medizinischen Forschung müsse es sein, „Leid zu lindern, ohne die Endlichkeit des Menschen zu leugnen“. Aktive Sterbehilfe „kommt für die deutsche Ärzteschaft nicht in Frage“, reagiert der Präsident der Bundesärztekammer (BAK), Jörg-Dietrich Hoppe. Andererseits befürworten nach einer Forsa-Umfrage zwei Drittel der Deutschen die Zulassung der aktiven Sterbehilfe per Gesetz.97 64 Prozent der Bundesbürger sind der Meinung, Ärzte sollten auf Wunsch von unheilbar und qualvoll Leidenden eine Todesspritze verabreichen dürfen. Gegen eine solche Gesetzesänderung nach niederländischem Vorbild sprachen sich nur 29 Prozent der Befragten aus. Woher kommt dieser verstärkte Wunsch nach dem „sanften Tod“ (Euthanasie)? Kritiker der liberalen Euthanasiepraxis weisen darauf hin, dass in Holland weit weniger als in anderen Ländern dafür getan werde, das Sterben der Kranken mit herkömmlichen Mitteln der Medizin zu erleichtern. So sei zum Beispiel die Schmerztherapie bei vielen Krebspatienten ungenügend.98 Eine neue Studie aus 107 den USA zeigt allerdings, dass es nicht die unerträglichen Schmerzen und Behandlungsprozeduren sind, die unheilbar an Krebs erkrankte Menschen den Tod herbeisehnen lassen, sondern in erster Linie Depression und Hoffnungslosigkeit: Krebspatienten erhalten zwar umfassende medizinische Hilfe, die auch die Schmerzbehandlung ausreichend einbezieht, aber zu selten werden ihre psychischen Bedürfnisse berücksichtigt.99 Für den evangelischen Theologen Jörg Zink scheidet Tötung auf Verlangen aus, Lebensverlängerung um jeden Preis hält er allerdings für genauso fragwürdig: „Es wird unter dem Zwang eines starren ärztlichen Ethos, das mehr Standesdoktrin als Ethos ist, unendlich viel Leid zugefügt. An Grundsätzen pflegen sich Gesunde aufrechtzuerhalten, die Leidenden gehen an ihnen zugrunde, und zwei Gramm Erbarmen können schwerer wiegen als ein Zentner Grundsätze.“100 Im Grunde genommen werden die Ärzte zerrissen: Hier der Wunsch nach Lebensverkürzung, da das Flehen um Lebensverlängerung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. „Da der Tod für heutige Menschen nicht mehr mit Selbstverständlichkeit auf ewiges Leben hin transparent ist, gibt es Glück nur noch auf dieser Erde, und der Tod beendet alle Hoffnung. So muss das Sterben notwendig hinausgeschoben werden, solange es geht.“101 Menschlich sterben Während bei der aktiven Sterbehilfe die „übergroße Gefahr des Missbrauchs“ besteht (BAK-Präsident Hoppe), lauert umgekehrt die Gefahr, den sterbenden Menschen „auf die Ebene eines medizinischen Präparates zu erniedrigen“ (Jörg Zink), wenn man sein Leben durch den Einsatz aller möglichen technischen „Hilfsmittel“ künstlich ausdehnt. 108 Statt der Einführung aktiver Sterbehilfe sollte die Sterbebegleitung ausgebaut werden, meint Hoppe.102 Und in einer Zeit, in der der Sterbende „im Getriebe der klinischen Maschinerie so verlassen zugrunde geht wie kaum je zuvor in der Geschichte der Menschheit“, plädiert Jörg Zink für eine „Hilfe im Sterben“, um „dem Sterben eines Menschen die Züge eines menschlichen Sterbens zu geben“.103 Gerade für ein menschenwürdiges Sterben setzt sich die Deutsche Hospiz Stiftung ein. Mit etwa 750 Hospizdiensten in Deutschland, setzt sie auf Linderung der Schmerzen statt künstlicher Lebensverlängerung, fordert aber gleichwertig dazu eine qualifizierte psychosoziale Sterbebegleitung. Uschi Glas, Schirmherrin der Deutschen Hospiz Stiftung: „Moderne Schmerztherapien müssen angewandt werden, geschulte Menschen den Sterbenden begleiten. Wo Menschen sterben, muss es auch Menschenwürde geben. Das braucht Phantasie, Zeit und Raum sowie Geld. Es erfordert Einsatz und zwingt vor allem dazu, sich dem Thema Sterben zu stellen.“104 Wie man „leichter“ stirbt Alle, die in Pflegeberufen und im medizinischen Dienst arbeiten, müssen sich dem Thema Sterben stellen – so zum Beispiel Prof. Volker Diehl, 62, einer der führenden Krebsforscher in Deutschland. Er leitet seit 18 Jahren eine Klinik für Innere Medizin und ist praktizierender Christ.105 Die Frage, was in einem Menschen vorgeht, wenn er erfährt, dass er krebskrank ist, beantwortet Dr. Diehl wie folgt: „Oft fällt er ins Bodenlose. Es ist für ihn eine Tragödie. Nichts wird hinterher so sein, wie es früher war. Da ist ein großer Gegensatz beispielsweise zum Herzinfarkt-Patienten. Der ist fast stolz auf seine 109 Krankheit und sagt, er habe sein Leben für die Firma, für andere geopfert. Der Krebspatient fühlt sich nahezu wie ein Aussätziger und will sich am liebsten verstecken.“ Dr. Diehl weist darauf hin, dass inzwischen jeder zweite der jährlich 330.000 neuen Krebspatienten in Deutschland geheilt wird. Auf die Frage, was Verwandte und Freunde für den Kranken tun können, antwortet er: „Menschlichen Beistand geben. Denn das ist die Tragödie in einer Gesellschaft, die aus immer mehr Alleinstehenden besteht: dass man dann alleine ist, wenn man jemanden braucht. Für mich ist das Schönste, wenn ein Ehepaar kommt – und der eine steht dem anderen bei.“ Zur Frage, ob es Unterschiede beim Sterben gibt, berichtet er aus seiner Erfahrung: „Am leichtesten sterben die, die sich gut und lange vorbereitet haben. Die den Beistand von Freunden und Ärzten erlebt haben. Die abgeschlossen haben mit den Dingen, die sie vollenden wollten. Die ihre Schuld bekannt haben. Wer beichtet, hat es da wirklich besser. Am schwersten haben es junge Erwachsene: gerade ein Haus gebaut, ein Baby bekommen, Schulden aufgetürmt. Da erlebe ich schreckliche Situationen. Vergleichsweise leicht sterben Kinder. Sie begreifen nicht in der Tiefe, was auf sie zukommt.“ Ob bzw. wie die christliche Kirchengemeinde helfen kann? „Sie kann sehr viel tun, weil nicht mehr sehr viele Menschen aus intakten Familien kommen. Eine Gemeinde kann Familienersatz bilden. Das fängt den Patienten auf. Und wenn in der Gemeinde Menschen sind, die selbst schon einmal an Krebs erkrankt waren, dann merkt das der Patient. Gesunde haben lange nicht die Autorität wie Leute, die mit der Krankheit Erfahrung haben.“ 110 Durch eigenes Erleiden motiviert Aus eigener Erfahrung und darum überzeugend und – wie man sieht – erfolgreich, kann das Ehepaar Inge und Rainer Wende Leukämiekranken helfen.106 Ostern 1988 erfuhr Inge Wende, Mutter zweier Söhne (damals Teenager), dass sie an der aggressivsten Form von Leukämie erkrankt war. Als nach ersten Erfolgen – dank einer extrem hoch dosierten Chemotherapie mit entsprechenden Nebenwirkungen – erneut Krebszellen gefunden wurden, fiel Inge Wende in ihr tiefstes Loch. Gerade in dieser Phase erlebte sie den tiefsten Trost durch ihr Gottvertrauen. Bibelworte wie Jesaja 43,1.2 vermittelten ihr Hoffnung, Geborgenheit und einen tiefen Frieden, den sie bis dahin nicht erlebt hatte: „Hab keine Angst, denn ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst zu mir. Wenn du durch tiefes Wasser oder reißende Ströme gehen musst – ich bin bei dir, du wirst nicht ertrinken. Und wenn du ins Feuer gerätst, bleibst du unversehrt. Keine Flamme wird dich verbrennen.“ Inge Wende beschreibt, welche Erleichterung sie durch den Gedanken spürte: Nicht die Leukämie oder die Knochenmarktransplantation haben in meinem Leben das letzte Wort, sondern Gott! Nach einer zweiten Phase der Therapie gilt Inge Wende als geheilt und löst zusammen mit ihrem Mann das Versprechen ein, das sie damals in der Klinik Gott im Gebet gab, nämlich anderen davon zu erzählen, sollte sie gesund werden. Das, was die ehemals todkranke Frau und ihr Mann in den Krankenhäusern an Leid bei anderen Krebspatienten sahen, ließ sie nicht mehr los. Menschen verlieren den Boden unter den Füßen; häufig kommen zur Not der Krankheit auch 111 noch finanzielle Probleme hinzu. Zwei Drittel der Ehen zerbrechen, wenn ein Partner schwer an Krebs erkrankt. Angehörige greifen zum Alkohol, um zu vergessen. Inge und Rainer Wende haben das Hilfswerk für Leukämiekranke „Leben und Hoffnung“ gegründet. Sie bieten Seelsorge und Lebensberatung an. „Die Menschen sind meistens völlig aufgelöst, ein Drittel des Gesprächs besteht aus Schluchzen.“ Sie geben praktische Hilfe und Tipps – für die Zeit vor und während der Therapie mit ihren unangenehmen Begleiterscheinungen, aber auch für den Umgang mit der Angst. Sie beten mit den Betroffenen und ihren Angehörigen und zeigen Patienten, wie sie von unbewältigter Schuld frei werden können. Einer Mutter, die beinahe an den Fehlern verzweifelte, die sie bei der Erziehung ihres leukämiekranken Kindes begangen hatte, gaben sie den Rat, Gott und das Kind um Vergebung zu bitten. Sie nahm ihn an und erlebte dadurch eine innere Befreiung. Die Erfahrungen, die das Ehepaar Wende macht, zeigen: Mit Krebspatienten übers Wetter zu diskutieren oder ihnen auf die Schnelle ein paar Bibelverse überzustülpen ist fehl am Platz. Kranke schweigend in den Arm zu nehmen kann manchmal viel hilfreicher sein. Ihnen zu sagen, dass man sie liebt und für sie betet, kann emotional am Boden liegende Menschen wieder aufrichten. Antwort geben (können) Wer selber erlebt hat, was die Menschen durchmachen, denen man helfen will, erhält verständlicherweise einen Vorschuss an Vertrauen. Aber das ist nicht einmal die wichtigste Voraussetzung, um Menschen im Leiden und Sterben zu begleiten. 112 Es ist sehr hilfreich, im Selbststudium oder durch entsprechende Seminare mehr über den richtigen Umgang mit Sterbenden zu erfahren, so zum Beispiel über die fünf Phasen der seelischen Auseinandersetzung mit dem Sterben.107 Dieses Wissen hilft, während der Sterbebegleitung die verschiedenen Reaktionen des Todkranken zu verstehen und sich entsprechend zu verhalten. Am wichtigsten scheint mir aber, dass der Begleiter (ob Angehöriger, Pfleger oder Seelsorger) sich selber so mit der Thematik auseinandergesetzt hat, dass er sich über seine eigene Stellung zum Sterben und zum Tod klar geworden ist. Er muss eine Antwort geben können, und zwar eine ehrliche – nicht nur auf die Fragen, die mit dem Tod zu tun haben, sondern auch auf die Frage nach dem Sinn des Lebens; denn „Sterbehilfe ist im tiefsten Sinn als Lebenshilfe zu verstehen! Sie ist also Hilfe zur Vollendung des Lebens.“108 So ist die Begleitung eines Todkranken eine Herausforderung an uns Gesunde: Wie bewusst lebe ich? Welche Lebensziele verfolge ich eigentlich? Stimmen meine Prioritäten? Habe ich „mein Haus bestellt“? Oder geht es mir wie dem Mann, von dem Jesus in einem seiner Gleichnisse erzählte, als er über falsche Prioritäten sprach? Jesus hatte seinen Hörern gesagt: „Wenn jemand auch noch so viel Geld hat, das Leben kann er sich damit nicht kaufen.“ Um das zu illustrieren, erzählte er ihnen folgende Geschichte: „Ein reicher Gutsbesitzer hatte eine besonders gute Ernte. Er überlegte: ,Wo soll ich bloß alles unterbringen? Meine Scheunen sind voll; da geht nichts mehr rein.' Er beschloss: ,Ich werde die alten Scheunen abreißen und neue bauen, so groß, dass ich das ganze Getreide, ja alles, was ich habe, darin unterbringen 113 kann. Dann will ich mich zur Ruhe setzen. Ich habe für lange Zeit ausgesorgt. Jetzt lasse ich es mir gut gehen. Ich will gut essen und trinken und mein Leben genießen!' Aber Gott sagte zu ihm: ,Du Narr! Noch in dieser Nacht wirst du sterben. Was bleibt dir dann von deinem Reichtum?' So wird es allen gehen, die auf der Erde Reichtümer sammeln, aber mit leeren Händen vor Gott stehen.“ (Lukasevangelium 12,15-21) Was die größeren Scheunen damals bedeuteten, könnten für uns heute immer dickere Terminkalender sein, in denen wir versuchen, immer mehr Termine unterzubringen, und dabei Tag und Nacht verplanen: keine Zeit zur Besinnung, keine Zeit zur Pflege nichtberuflicher Kontakte, keine Zeit für den Partner oder die Kinder, keine Zeit für einen Krankenbesuch, keine Zeit zum Reden mit Gott ... Bis eines Tages wir auf seinem Terminkalender stehen! Beten (können) Ein alttestamentlicher Prophet betete: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90,12 LB) „Klug werden“ kann zum Beispiel bedeuten, die richtigen Prioritäten zu setzen. Was im Leben wirklich zählt und was über den Tod hinaus Bestand hat – das kann uns Gott bewusst machen, wenn wir über den Tod nachdenken und mit ihm darüber sprechen, also beten. Apropos beten: Gerade in der Begleitung kranker und sterbender Menschen kommt es häufig vor, dass der Gesprächspartner uns um ein Gebet bittet oder eines erwartet. Oder dass wir innerlich den Drang spüren, ein Gebet zu sprechen – nicht als Zauberformel, durch die der Patient sofort geheilt werden soll, sondern als Ausdruck des Vertrauens zu Gott, der Ver114 bundenheit mit dem Kranken und der Hoffnung, dass er, wenn auch nicht (immer) Heilung, so doch Trost und Geborgenheit erfährt. Solch eine Situation ist wiederum eine Anfrage an uns Gesunde: Wie persönlich ist meine Beziehung zu Gott? Bete ich – wenn überhaupt – gewohnheitsmäßig und gedankenlos? Wende ich mich an Gott nur dann, wenn es mir sehr schlecht geht und alle anderen Lösungsversuche gescheitert sind? Habe ich das Beten eingestellt, weil ich den Eindruck hatte, meine Gebete wären Selbstgespräche, die nur bis zur Zimmerdecke reichen? Es ist tröstlich zu lesen, dass es zu allen Zeiten Menschen gegeben hat, die Schwierigkeiten mit dem Gebet hatten, so wie es auch viele Beter gibt, die immer wieder erstaunliche Erhörungen ihrer Gebete erleben. Jemand, der zur ersten Gruppe gehört, ist Hiob, ein Mann, der auf einen Schlag Wohlstand, Familienglück, Gesundheit und Ansehen verlor. Beinahe hätte er auch noch seinen Glauben verloren, weil er den Eindruck hatte, dass sich Gott immer wieder Oropax in die Ohren steckte, wenn er zu ihm betete. Selbst seine Frau und seine angeblichen Freunde empfahlen ihm, Schluss zu machen mit Gott. Hiob warf sein Vertrauen zu Gott aber nicht über Bord, sondern hielt durch. Er blieb im Gespräch mit Gott, trug ihm immer wieder seine Fragen und Klagen vor, bis er Antwort erhielt und voller Überzeugung bekennen konnte: „Eines weiß ich: Mein Erlöser lebt; auf dieser todgeweihten Erde spricht er das letzte Wort! Auch wenn meine Haut in Fetzen an mir hängt und mein Leib zerfressen ist, werde ich doch Gott sehen! Ja, ihn werde ich anschauen; mit eigenen Augen werde ich ihn sehen, aber nicht als Fremden. Danach sehne ich mich von ganzem Herzen!“ (Hiob 19,25-27) 115 Ein anderer Beter, der sehr offen über seine Empfindungen – einschließlich seiner Rachegefühle und seiner Wut – mit Gott sprach, ist David gewesen. Von ihm stammt eins der Gebete, das sicher am häufigsten am Kranken- oder Sterbebett gesprochen worden ist: der 23. Psalm, „Der Herr ist mein Hirte ...“. Darin heißt es u. a.: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Natürlich kann solch ein Gebet am überzeugendsten nachsprechen, wer das finstere Tal und auch den Hirten kennt. Aber es dürfte auch hilfreich sein, zuzugeben, dass man zwar das finstere Tal kenne, aber den Hirten noch nicht, dass man selber (überhaupt oder zurzeit) Schwierigkeiten mit dem Beten habe. Und dass man noch auf der Suche sei – nach dem Hirten, nach dem Gebetspartner. Prof. Diehl vertritt aus seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Krebs- und AIDS-Patienten die Meinung, dass der Ruf nach der Sterbehilfe „nur dann kommt, wenn man keine Antwort auf das Leben hat“.109 Und bezüglich der Bestrebung, dem Todkranken ein menschliches Sterben zu ermöglichen, schreibt Jörg Zink: „Das ist nicht möglich ohne Hingabe, ohne Zeit und Aufmerksamkeit, nicht ohne das begleitende Wort und im Grunde auch nicht ohne das Aussprechen einer Überzeugung oder eines Glaubens.“110 Passen (können) Was den Tod und das Sterben betrifft, sind wir alle Suchende und Fragende, denn keiner von uns ist gestorben und wieder lebendig geworden, um zu berichten, wie es wirklich war und was sich dahinter verbirgt. Bei den immer wieder zitierten Erlebnissen hirntoter Menschen111 müssen wir uns klar vor Augen halten, 116 dass es sich dabei um Schwellenerfahrungen handelt, d. h. diese Menschen sind letztlich nicht gestorben und dann auferstanden, sondern wurden nach einer kurzen Zeit, in der ihr Gehirn ausgesetzt hatte, reanimiert.112 Daher bin ich äußerst skeptisch, wenn diese Erzählungen als Hinweis (oder gar Beweis!113) für ein „Fortleben des Bewusstseins nach dem Tod“ herhalten sollen, wie zum Beispiel bei der so genannten „ersten seriösen Studie“ über das Leben nach dem Hirntod, die zwei englische Ärzte 2000 durchgeführt haben.114 Zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine wirklich hilfreiche Lebens- und Sterbebegleitung gehören meiner Überzeugung nach Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit. Wir müssen den Mut aufbringen, da zu passen, wo wir (noch) keine fundierte Antwort gefunden haben. Und wir sollten wahrhaftig sein, Erklärungen aufzugeben, die sich zwar gut anhören und vielleicht in der kirchlichen Tradition verankert sind, biblisch jedoch nicht belegt werden können. ● Es ist nicht hilfreich, einem Kranken zu sagen: Werde Christ, dann stirbst du leichter. Sterben ist nie leicht. Auch Christen erleben die Phase der Verdrängung oder die des Feilschens mit Gott um einen Aufschub. Und wenn der Sterbende kleine Kinder hinterlässt oder einen hilflosen Partner, dann stellt dies auch sein Gottvertrauen auf eine schwere Probe. ● Es ist nicht hilfreich, bei Sterbenskranken die Schuldfrage zu stellen. Beim Raucher, der an Lungenkrebs erkrankt ist, liegt die Ursache auf der Hand, aber wie verhält es sich beim dreijährigen Kind, das an einem Gehirntumor tödlich erkrankt ist oder beim jungen Mann, der nach dem Zusammenstoß mit einem betrunkenen Fahrer querschnittsgelähmt ist? Die Frage nach dem „Warum“ bleibt auch für Christen häufig offen. Dann hilft nur das Vertrauen. Glau117 ben heißt ja nicht, dass man alles weiß oder versteht, sondern dass man demjenigen vertraut, der alles weiß und der uns versteht. Dieses Vertrauen hilft Christen, mit offenen Fragen zu leben, und erinnert sie daran, dass nicht Gott der Verursacher von Leid und Tod ist, sondern sein Gegenspieler Satan (vgl. Kapitel 3). ● Es ist nicht hilfreich, den Tod zu verharmlosen, wie es häufig getan wird. „Sterben ist schön“ – mit dieser Botschaft machen sich zum Beispiel die Anhänger mancher Sekten gegenseitig Mut, „diese Welt zu wechseln, wenn sich die Welt nicht ändert“.115 Der Tod ist nach den Aussagen der Bibel zwar ein besiegter Feind,116 aber kein Freund. Der Tod ist nur nach der Theorie der Evolution notwendiger Bestandteil des Lebens, nach dem biblischen Schöpfungsbericht ist er lebensfremd und lebensfeindlich, eine Folge des Sündenfalls, d. h. der Loslösung des Menschen von seinem Schöpfer. ● Es ist weder hilfreich noch richtig, zu behaupten mit dem Tod sei alles aus. Zum einem spricht gegen diese Annahme die Sehnsucht nach der Unsterblichkeit bzw. Ewigkeit, welche die Menschen aller Zeiten und aller Kulturen erfüllt.117 Auf der anderen Seite kann diese Behauptung eine Art „Lebenssucht“ fördern, d. h. das Bestreben, alles zu kosten und in dieses Leben zu „packen“, da es ja das einzige sei, das uns zur Verfügung steht. ● Es ist zwar gut gemeint, aber nicht richtig, Sterbende oder deren Angehörige mit der Aussicht zu vertrösten, der Verstorbene käme ja sowieso unmittelbar nach dem Tod ins himmlische Paradies und könne uns von dort aus beobachten und an unserem Leben Anteil nehmen. Woher maßen wir uns das Recht an zu wissen, dass der Sterbende bzw. Verstorbene „in den Himmel“ kommt? Und selbst wenn es sich um den 118 Tod eines vorbildlichen Christen handelte: Wo steht in der Bibel, dass der Mensch sofort nach dem Tod in den Himmel kommt? Diese Annahme beruht auf der Lehre der Unsterblichkeit der Seele. Diese Lehre ist allerdings heidnischen, nämlich griechisch-platonischen Ursprungs, aber nicht biblisch!118 Die Bibel lehrt, dass der Tod wie ein Schlaf ist, aus dem es eine Auferstehung des ganzen Menschen geben wird – so wie es im Glaubensbekenntnis heißt: „Von dort [vom Himmel] wird er [Jesus Christus] wiederkommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“119 *** Wichtiger als Sterbehilfe ist eine liebevolle, ehrliche Sterbebegleitung. Diese kann am besten leisten, wer ein sinnerfülltes Leben führt und den Tod weder übernoch unterbewertet. Ein sinnerfülltes Leben wird aber immer eines sein, von dem wir uns auch trennen können, weil es nicht das einzige ist, das uns zur Verfügung steht. Jesus Christus sagte einmal ein Wort, das seinem ursprünglichen Sinne nach so übersetzt werden müsste: „Wer sein jetziges Leben über alles liebt, der wird es verlieren. Wer aber bereit ist, dieses Leben hier an die zweite Stelle zu setzen, wird es für alle Ewigkeit erhalten.“ (Johannesevangelium 12,25) Wenn jemand bereit gewesen ist, sein Leben wie eine Kerze aufzehren zu lassen, um anderen Licht und Wärme, Sinn im Leben und Trost im Sterben zu geben, dann war Jesus das. Er kam nicht auf die Erde, um sein Können zu demonstrieren, sondern um durch sein Leben und Sterben den Tod zu besiegen. Weil er Schmerzen, körperliche und seelische, und auch den Prozess des Sterbens 119 selbst durchgemacht hat, kann er gut mit uns empfinden und uns beistehen. Jesus Christus hat es uns vorgelebt: Sterben können heißt loslassen können. Je mehr wir an uns selbst, unsere Bedürfnisse, unseren Erfolg und unseren Wohlstand denken und je weniger wir schenken und abgeben, desto härter trifft uns jeder Verlust. Je mehr es uns gelingt, loszulassen – zum Beispiel was unwesentlich ist oder unsere Eitelkeit fördert –, desto besser sind wir darauf vorbereitet, uns von diesem Leben oder von unseren Lieben zu trennen. Es ist ja eine Trennung mit einem Wiedersehen für alle, die sich für Jesus Christus und somit für die Quelle unsterblichen Lebens entschieden haben! *** Was hilft weiter? ● Haben Sie schon einmal über die Möglichkeit nachgedacht, alleinstehende Menschen im Altersheim oder im Krankenhaus zu besuchen, um ihnen ein wenig Gesellschaft zu leisten, ihnen vorzulesen, ihnen zuzuhören, kleine Hilfsdienste zu leisten? Es bedarf meistens nicht viel, um einsamen Menschen Freude zu bereiten! ● Warum Gott so viel Leid im Leben des Hiob zuließ und wie es ihm nach der schweren Prüfung erging, können Sie in den Kapiteln 1 bis 3, 38 und 42 des gleichnamigen Buches der Bibel lesen. ● Die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland haben eine Handreichung zum Thema „Patientenverfügung“ herausgegeben. Sie ist u. a. im Internet unter folgender Adresse zu finden: www.ekd.de/EKD-Texte/patient/ patient2.html 120 Buchempfehlung Mark Finley/Steven Mosley, „Licht am Ende des Tunnels?“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1998 (3. Aufl.), Best.Nr. 1278. Was geschieht wirklich, wenn der Mensch stirbt? Gibt es eine Quelle, aus der sich zuverlässige Informationen über das Sterben und den Tod schöpfen lassen? Martino Tomasi, „Gereimtes und Ungereimtes über Tod und Auferstehung, Himmel und Hölle“, Advent-Verlag, Krattigen, 1997 (5. Aufl.). Okkultismus und Esoterik erleben heute eine neue Blüte. Viele Menschen haben darüber vergessen, was die Bibel seit Langem über den Tod und das Danach offenbart. Es ist dem Autor gelungen, diese Thematik anhand der wichtigsten Texte aus der Bibel anschaulich darzulegen. 121 7. Kapitel Leben ohne Gebrauchsanweisung? Es sieht recht niedlich aus, ist aber kein gewöhnliches Tier: ANDi ist das erste Äffchen, das mit modifiziertem Erbgut erzeugt worden ist, und zwar im Rahmen einer Versuchsreihe mit dem Ziel, neue Therapien zur Behandlung von Diabetes, Brustkrebs, AIDS und anderen Krankheiten zu entwickeln. ANDi – in Spiegelschrift zu lesende Abkürzung für „inserted (eingefügte) DNA“ – wurde am 2. Oktober 2000 nach zahlreichen Experimenten im PrimatenForschungszentrum der Oregon Universität in Portland (USA) geboren: 224 Eizellen waren manipuliert worden, bis 40 Embryos zu fünf Schwangerschaften führten und drei lebend geborene Äffchen hervorbrachten. Nach 27 Jahren genetischer Manipulation kompletter Organismen (also nicht nur genetischer Veränderung einzelner Zellen oder Gewebe) ist die Gentechnik so weit fortgeschritten, dass nun die Genmanipulation des Menschen dran ist. „Wir haben es geschafft, eine Brücke zu schlagen von dem, was wir über Mäuse wissen, hin zu dem, was wir liebend gern über Menschen wüssten“, verrät Gerald Schatten, der Leiter des Rhesus-Affen-Experiments; denn „ein Experiment, das bei einem Primaten [Affen] funktioniert, klappt in der Regel auch beim Menschen“ und ist bei diesem sogar noch einfacher durchzuführen!120 Nicht erst der Erfolg dieses Experiments weckt sowohl Hoffnungen als auch Befürchtungen. 1997 erregte das geklonte Schaf Dolly weltweites Aufsehen: Es war aus der Körperzelle eines erwachsenen Tieres entstan123 den. Weihnachten 1999 kam „Uschi“ auf die Welt, das erste in Deutschland geklonte Kalb. Im Sommer 2000 ging das langjährige Projekt der Entschlüsselung des menschlichen Genoms zu Ende. Und ebenfalls im Jahre 2000 löste Großbritannien mit der Freigabe des Klonens bis zu 14 Tage alter menschlicher Embryozellen zu therapeutischen Zwecken heftige Debatten aus. Die Schlagzeilen in den Medien vermitteln einen Einblick in die Auseinandersetzung: „Herzen aus dem Reagenzglas: Geklonte Embryozellen sollen menschliche Gewebe und Organe ersetzen“; „Ersatzteil-Embryos und Mischwesen: Wohin der Fortschritt in der Fortpflanzungsmedizin führt“; „Unsterblich und perfekt: Werden Babys schon bald mit genetischem PIN-Code geboren?“; „Klonen ohne Grenzen?“; „Missbrauch beim Klonen von Embryos nur eine Frage der Zeit“. Gesucht: eine höhere Instanz Zwischen spekulativen, ironischen, von wirtschaftlichen Interessen geprägten oder verharmlosenden Beiträgen findet man immer wieder Kommentare in den Medien, die das ansprechen, was sicher die Gretchenfrage bei diesem Thema ist: Wer oder was bestimmt eigentlich, wie weit wir gehen dürfen? „Soll auch in Deutschland medizinisches Klonen erlaubt werden?“, fragt DIE ZEIT und fügt hinzu: „Wissenschaft und Industrie drängen, die Ethik kennt keine klaren Antworten mehr.“121 ● Soll das, was inzwischen gesellschaftlich toleriert wird, als Kriterium dafür herhalten, was erlaubt oder verboten werden soll? Das scheint zum Beispiel der Heidelberger Humangenetiker Claus Bartram anzudeuten, wenn er für die Zulassung des therapeutischen Klonens in Deutschland plädiert: „Wer beim therapeutischen Klonen von Dammbruch spricht, verkennt, dass 124 wir die Tötung von heranwachsendem Leben schon längst tolerieren [bei der Empfängnisverhütung durch die Spirale oder die „Pille danach“].“122 ● Oder soll der Nutzen ausschlaggebend sein? Diesen „Eigennutz“ bemängelt Christian Gugerell, der Direktor der Abteilung für Gentechnik beim Europäischen Patentamt in München, wenn er auf den Einwand, 60 Prozent der Deutschen seien immerhin gegen Patente auf „Leben“, erwidert: „Mag sein. Wenn Sie dieselben Leute fragen, ob sie mit gentechnischen Verfahren vom Krebs geheilt werden wollen, sieht das völlig anders aus. Da sagen hundert Prozent ja.“123 ● In einem Beitrag mit dem Titel „Wie viel Gewissen braucht die Wissenschaft?“ fordert der Vizepräsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Professor Sylvester Vizi, dringend strenge Regeln, damit nicht etwa „Supermonster“ statt „maßgeschneiderter Menschen“ geschaffen werden. Daher mahnt er die Wissenschaftler, „auf ihr Gewissen zu hören“.124 Es hört sich gut an, nur woran orientiert sich das Gewissen? Wer oder was prägt unser Gewissen? Es gibt Volksstämme, bei denen es üblich ist, die Generation der Großeltern in durchaus freundlicher Einstellung zu töten – ohne schlechtes Gewissen. Im westlichen Kulturkreis gebietet uns das Gewissen, für sie zu sorgen. Viele tun dies so, dass sie finanziell für eine gute Pflege und Versorgung der altgewordenen Eltern oder der Großeltern aufkommen, andere wiederum halten es aus Gewissensgründen für ihre Pflicht, sie im Familienkreis bis zum Ableben zu versorgen. „Nichts ist so veränderlich wie das Gewissen; es hat ebenso viele Grade, wie es Zivilisationen, Familien und Individuen und Momente im Leben dieser Individuen gibt.“125 Das Gewissen ist eine Instanz, die über die Ausführung von Normen wacht, sie aber nicht selber erteilt! 125 ● Man kann es sich natürlich sehr leicht machen, indem man einen Spezialisten zum „Gentechnik-Papst“ erklärt – so bezeichnet DIE ZEIT Ernst-Ludwig Winnacker, den Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit der Freigabe menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken in Großbritannien „hat der Präsident wieder – wie damals beim geklonten Schaf und ... bei der Entzifferung des menschlichen Genoms – Dienst als letzte Instanz für vorletzte Fragen: Was kann, was darf die Wissenschaft? Müssen ihr Grenzen gesetzt werden? Winnacker ist ein gefragter Mann ...“ Und wie lautet das Urteil des „GentechnikPapstes“? Er räumt ein: „Die Möglichkeiten sind aufregend. Eine alte Zelle nehmen und sie ins Jugendalter versetzen, frische Organe züchten – das sind Menschheitsträume. Der wirtschaftliche Nutzen wäre enorm ...“ Dann weist er auf die bereits erwähnte Doppelmoral hin, mit der wir selbstverständlich leben: Der Embryo werde in Deutschland vom ersten Tag an geschützt, die Abtreibung dagegen sei erlaubt. „Embryonen haben alles, um ein Mensch zu werden. Man opfert einen potenziellen Menschen, um Stammzellen herzustellen. Er wird zur Sache degradiert. Damit ist die Grenze des ethisch Vertretbaren grundsätzlich überschritten.“126 ● Eine weitere Alternative wäre, die Politik entscheiden zu lassen, was Gut und was Böse ist. So meint Gero von Randow in der ZEIT, das Jahr 2001 werde das Jahr der „Biopolitik“ sein. „Offenbar erinnert sich die Gesellschaft daran, dass die Politik für allgemein gültige Entscheidungen stärker legitimiert ist, als es die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Kirche oder Interessenverbände sind.“127 Allerdings stellt sich dabei die Frage: Auf welche Ethik können sich Politiker berufen? Mit welchem Maßstab sollen sie messen? 126 Gesucht: Orientierung Der Bereich der Bioethik ist nicht das einzige Gebiet, auf dem deutlich wird, wie dringend der Bedarf an ethischer Orientierung, an allgemein gültigen Maßstäben ist, nach denen wir uns richten können. Sehr zutreffend befasst sich meiner Meinung nach DER SPIEGEL in der Ausgabe 49/2000 vom 4.12.2000 mit diesem Thema. Anknüpfend an drei Beispielen geht der Hauptbeitrag „Die Hysterie der Anständigen“ auf die gegenwärtige Orientierungslosigkeit ein: Der Zerfall der traditionellen Machtblöcke, die Individualisierung, die weltweite Medienvernetzung gehören u. a. zu den Faktoren, die Unsicherheit verursachen. „Die Richtung ist nicht erkennbar ... Keine klaren Konturen, keine unverwechselbaren Begriffe, keine eindeutigen Gewichtungen. Nichts ist sicher, und jeder sucht seinen Platz ... Fast jeder Reiz erzeugt krasse Reaktionen. Maßstäbe? Nicht erkennbar. Ob Rechtsradikalismus oder Rinderseuche ... die Gesellschaft taumelt hin und her zwischen Hysterie und Gleichgültigkeit ... Über eine verbindliche oder zumindest halbwegs unumstrittene Autorität, die zwischen richtig und falsch, aber auch zwischen wichtig und unwichtig entscheiden könnte, verfügte nicht Roman Herzog, verfügt nicht Johannes Rau. Die Kirche erfüllt diese Funktion schon lange nicht mehr, der Obrigkeitsstaat gehört der Vergangenheit an. So füllen Instanzen mit begrenzter Legitimation und Seriosität das Vakuum in der zersplitterten deutschen Gegenwartsgesellschaft: Greenpeace, das Bundesverfassungsgericht, Zlatko, Franz Beckenbauer – und natürlich die Medien.“ Eine der Folgen dieser Orientierungslosigkeit ist der Identitätsverlust. 127 Wichtig für eine gesunde Identitätsbildung sind Vorbilder, auf die wir blicken, und objektive Maßstäbe, an denen wir unser Verhalten messen können. Fragt man ein kleines Kind, wie groß es ist, dann wird es in der Regel die Hand auf seinen Kopf legen und sagen: „Soooo groß!“ Natürlich ist das keine wirkliche Größenangabe, denn dazu müsste man einen unabhängigen Maßstab heranziehen. Professor Hans Peter Duerr, Heidelberger Ethnologe und Kulturhistoriker, äußert sich folgendermaßen zum Thema Identität: „Die persönliche Identität eines Menschen ist an Werte und Normen gebunden, die eine lange Geschichte haben. Je mehr man sich von der Tradition abkoppelt, desto mehr löst sich die eigene Identität auf. Einen solchen progressiven Identitätsverlust können wir im Prozess der Moderne beobachten. Wenn es keine objektiven Maßstäbe gibt, gilt die Devise ,anything goes’ [alles ist gleich gültig].“128 Ein Maßstab für alle? Im Zusammenhang mit dem Thema „Biopolitik“ wurde die Frage gestellt, auf welche Ethik Politiker sich denn berufen können. Auf seiner Suche nach allgemein gültigen Entscheidungskriterien untersucht Gero von Randow den „Ekelfaktor“ und das Kriterium, was natürlich und unnatürlich sei. Der „Ekelfaktor“ erweist sich als untauglich, weil durch den Gewöhnungsprozess vieles keine Abscheu mehr hervorruft. Ebenso fließend ist die Grenze zwischen dem, was uns natürlich und unnatürlich erscheint. Jede Zahnfüllung ist unnatürlich, genauso wie gekochte Nahrung! So stellt von Randow schlussendlich die Überlegung an: „Unangreifbar, weil unzugänglich für Widerlegungen, ist nur ein absoluter Maßstab: die Gebote Gottes.“129 128 Auch wenn viele „allergisch“ auf alles reagieren, was mit Geboten und Verordnungen – ob göttlichen oder nicht – zusammenhängt: Es führt kein Weg daran vorbei, grundsätzliche Dinge so zu ordnen, dass ein harmonisches Zusammenleben möglich ist. Jeder akzeptiert zum Beispiel die Vorschrift, auf welcher Straßenseite man zu fahren hat. An das Rechtsfahren hält sich jeder Autofahrer im eigenen Interesse, aber wie ist das in den Fällen, die meinen Interessen entgegenstehen? Diese Frage stellt Heiner Geißler: „Warum soll ich als Arzt jemanden behandeln, der mir nichts oder nur wenig Geld bezahlen kann? ... Warum soll man Leuten, die 85 oder 90 Jahre alt sind, noch ein künstliches Hüftgelenk einsetzen? ... Warum sollen Kinder nicht eines Tages einfach abgetrieben werden, wenn sie zum Beispiel, wie das in Indien geschieht, Mädchen sind? Da wird die Sache ohne Gott schon schwieriger.“130 Auf Irrflug Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde wie Egidius Braun, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes: „Wenn alle Menschen nach den Zehn Geboten leben würden, könnten alle Gesetzbücher vernichtet werden.“ Aber eines weiß ich: Die Gebote Gottes sind wie die Landefeuer eines Flughafens, die dem Piloten helfen sollen, das Ziel anzusteuern und sicher zu landen.131 Dass wir orientierungslos kreisen, uns heimatlos, wie auf einem Irrflug fühlen, liegt wohl daran, dass wir diese Landefeuer ausgeschaltet haben. Auf der Suche nach der großen Freiheit haben wir die Anweisungen Gottes (dazu gehören zum Beispiel die Zehn Gebote) für entbehrlich und überholt erklärt, wir haben uns vom Schöpfer unabhängig gemacht. Nun sind diese Landefeuer aus, und wir wundern uns, dass wir weder 129 über unsere Herkunft Bescheid wissen noch über das Ziel unserer Lebensreise. ● Wir haben das Landefeuer „Du sollst nicht ehebrechen“ abgeschaltet, indem wir „Verhältnisse“, „Seitensprünge“ und „wilde Ehen“ als gesellschaftsfähig akzeptieren, und wundern uns über die ständig wachsende Anzahl gescheiterter Ehen und kaputter Familien. Ich freue mich, dass es unter jungen Menschen einen Gegentrend zur Treue hin gibt – in der Ehe und sogar vor der Ehe! Junge Leute erklären sich in den USA und neuerdings auch in Europa bereit, keinen Sex vor der Ehe haben zu wollen.132 In einer Gesellschaft, in der – besonders durch den Einfluss der Medien – die Sexualität überbewertet und freizügiger Sex als normal dargestellt wird, wollen sie sich lieber die Maßstäbe der Bibel zu Eigen machen.133 ● Wir haben das Landefeuer „Du sollst Vater und Mutter ehren“ und auch die Ergänzung dazu abgeschaltet, dass man nämlich den Kindern Geborgenheit und Liebe (= Zeit!) schenken, aber auch Orientierung und Wertmaßstäbe vermitteln soll, damit sie später ihre Eltern lieben und ehren. Nun wundern wir uns darüber, dass sie immer aggressiver und ängstlicher werden. In Deutschland leiden schätzungsweise 2,5 Prozent der Schulkinder und 15 Prozent der Teenager an einer behandlungsbedürftigen Depression. Durchschnittlich zehn Minuten pro Tag befassen sich deutsche Väter intensiv mit ihren Kindern.134 Ich finde es wunderbar, dass immer wieder Eltern erwägen, die doppelte Berufstätigkeit für die Zeit einzustellen, in der die Kinder sie am meisten brauchen; denn das dicke Aktiendepot oder das abbezahlte Haus als Erbe wird nie das wieder gutmachen, was wir unseren Kindern in jungen Jahren vorenthalten haben, noch die fehlende oder fehlerhafte Prägung rückgängig machen können. 130 ● Wir haben das Landefeuer „Du sollst den Sabbat halten“ abgeschaltet, indem wir den von Gott vorgesehenen Ruhetag (hebräisch „Sabbat“, unser Samstag) gegen das „freie“ Wochenende eingetauscht haben. Nun wundern wir uns darüber, dass wir in der Regel sieben Tage in der Woche durchgehend schuften, nicht abschalten können und die „freie“ Zeit so aufregend gestalten, dass wir nicht richtig zum Auftanken kommen. Christen, die dieses Gebot Gottes ernst nehmen,135 bestätigen, wie positiv sich dieses Angebot Gottes zum Überleben inmitten einer mörderischen Hektik auswirkt – auf ihre seelische Gesundheit, auf ihre familiären und zwischenmenschlichen Beziehungen, auf ihre Einstellung zur Arbeit und auch auf ihre Beziehung zu Gott. ● Wir haben das Landefeuer „Du sollst nicht stehlen“ insofern abgeschaltet, als dass wir fein differenzieren und andere Ausdrücke für das erfunden haben, was die Bibel stehlen nennt. Jahr für Jahr wird die Sozialversicherung durch die Kombination von Schwarzarbeit und Arbeitslosengeld in Milliardenhöhe getäuscht und betrogen. Über hundert Milliarden Mark Steuern werden jährlich hinterzogen. Würde auch nur die Hälfte dieser Angaben stimmen und würde wiederum die Hälfte bezahlt, hätte der Staat keine Finanzprobleme mehr. Diese Liste ließe sich um die restlichen sechs der Zehn Gebote erweitern (nachzulesen in 2. Mose/Exodus Kapitel 20). Aber es geht nicht nur um die Zehn Gebote. Gebrauchsanweisungen sind gut Die wesentlichen Faktoren, die für ein gelungenes Leben des Individuums, für ein glückliches Familienleben und für ein harmonisches Miteinander in der Gesellschaft 131 wichtig sind, hat Gott in seinem Wort, der Bibel, niederschreiben lassen. Die Bibel ist so etwas wie Gottes Gebrauchsanweisung fürs Leben. Gebrauchsanweisungen sind eine große Hilfe, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die ein Gerät bietet. Im Idealfall (d. h. wenn sie anwendergerecht geschrieben sind) kann man sich viel Zeit sparen, wenn man sie genau befolgt. Und Ärger im Garantiefall! Ist es nicht verwunderlich, dass der moderne Mensch, der sonst so scharf darauf ist, den maximalen Nutzen aus den Dingen zu holen, die er kauft, auf der anderen Seite so mit seinem Leben umgeht, als hätte er davon zehn auf Lager? Statt dass wir unseren Zustand beklagen und die Schuld auf das Schicksal, auf den Staat, auf die Erziehung oder auf Gott schieben, sollten wir lieber in der Gebrauchsanweisung zum Leben nachprüfen, ob wir uns an die Anweisungen unseres Schöpfers halten! Menschen, die das aus Überzeugung tun, sind davon begeistert. ● Da sind zum Beispiel welche, die statt das BSETrauerlied anzustimmen, fragen, was sie für ihre Gesundheit tun können. Die Ärzte klären uns auf: Die Hauptfaktoren für Krebs zum Beispiel sind in Deutschland das Rauchen und falsche Ernährung. Zu viel Alkohol, zu viel Fett, zu wenig frisches Obst und Gemüse, zu wenig Bewegung.136 Also entscheiden sie sich dazu, vegetarisch zu leben – und folgen damit dem von der Bibel für die ersten Menschen beschriebenen Ernährungsplan. Oder sie entschließen sich, ganz auf Alkohol zu verzichten.137 Wie kann man junge Menschen überzeugender motivieren, auf Drogen zu verzichten, als dadurch, dass man selber die „gesellschaftsfähigen“ Drogen Alkohol und Tabak aufgibt? 132 ● Da sind in der Wirtschaft gestandene Christen, die anderen zeigen, wie auch sie erfolgreich leben und arbeiten können. Dabei verweisen sie nicht nur auf empfehlenswerte Ratgeber oder Managementseminare, sondern auch auf Gottes Gebrauchsanweisung, die Bibel – in Sachen Finanzen zum Beispiel. Es gibt kein besseres Mittel zur Förderung der Ehrlichkeit auf diesem Gebiet, als das in der Bibel empfohlene Geben des Zehnten.138 Der Managementberater Siegfried Buchholz zum Beispiel rät: „Das freiwillige Spenden des zehnten Teils des Einkommens verhindert, sich vom ,Mammon’ [dem Diktat des Materiellen] beherrschen zu lassen.“139 Auch was die Zeiteinteilung betrifft, erleben gerade Führungsleute, was für eine Wohltat der Sabbat ist: Endlich ein Tag, an dem man die Aktenberge ohne schlechtes Gewissen stehen lassen kann, um sich der Familie, den Freunden, den Fragen des Lebens und des Glaubens zu widmen! ● Als eine Zusammenfassung der wichtigsten Gebrauchsanweisungen der Bibel fürs Leben betrachte ich die so genannte „Bergpredigt“, die Jesus Christus gehalten hat und die im Matthäusevangelium Kapitel 5 bis 7 enthalten ist. Sie stellt die beste „Impfung“ gegen den allseits beklagten „Werteverfall“ dar, weil sie uns dazu aufruft und motiviert, Friedenstifter zu sein; Versöhnung – in der Familie beginnend – zu praktizieren; nicht nur der Form nach, sondern aus Prinzip treu und wahrhaftig zu sein; Feindseligkeit durch Liebe zu entschärfen; den Glauben bis ins Privatleben hinein zu praktizieren, statt ihn nur feiertags zur Schau zu stellen; unser Vertrauen nicht auf Immobilien und Aktienfonds zu setzen, sondern auf einen Gott, der für seine Geschöpfe und daher erst recht für seine Kinder sorgt – um nur ein paar Beispiele zu nennen. 133 Es wundert mich überhaupt nicht, dass die Zahl der Studien, die belegen, dass gläubige Menschen länger leben, inzwischen auf mehr als 200 angewachsen ist. „Wer in Zukunft behauptet, Gott oder Religion hätten in der Medizin nichts zu suchen, muss seine wissenschaftliche Integrität und intellektuelle Redlichkeit ernsthaft in Frage gestellt sehen“, meint Dr. Reinhard Köller.140 Nichts anderes als diese positiven Ergebnisse würde ich davon erwarten, dass man sich nach Gottes Gebrauchsanweisung fürs Leben richtet – so gut es geht; denn auch Christen sind unvollkommen. Und natürlich ist der Glaube an Gott keine Versicherung, die Gläubige wie eine Käseglocke vor Krankheit oder Schaden schützt. Bruchlandungen Auch Christen verstoßen immer wieder gegen die Gebrauchsanweisungen ihres Schöpfers. Nicht nur unbewusst, häufig genug auch bewusst und willentlich. Häufig erleben sie dann eine schwere „Bruchlandung“. Dieses Missachten der Empfehlungen Gottes für ein gelungenes Leben nennt die Bibel „Sünde“. Christen verstehen unter „Sünde“ häufig falsche oder böse Taten, aber eigentlich sind diese eher die Folge davon, dass wir in unserem Innersten rebellieren, d. h. uns einfach über Gottes Anweisungen hinwegsetzen – meinend, wir wüssten es besser als er. Die Folgen dieser Haltung sind dann die „Sünden“ (Mehrzahl), die Bruchlandungen. Eine „Bruchlandung“ im Leben eines Menschen, der ansonsten versuchte, sich nach den Empfehlungen Gottes zu richten, finde ich bemerkenswert. Er war zum Zeitpunkt seiner „Bruchlandung“ König in Israel, gleichzeitig war er ein begabter Komponist und Har134 fenspieler, dessen Lieder wir heute als Gebete in der Bibel unter den „Psalmen“ finden: David. Auf dem Gipfel seiner Königsherrschaft suchte er sein Glück bei einer Frau, die nicht seine Frau war: Er beging Ehebruch. Weil ihm dann der betrogene Ehemann im Wege stand, ließ David ihn beim nächsten militärischen Angriff so aufstellen, dass er umkommen musste. Zum Ehebruch kam also noch Mord hinzu. Davids Tat war schlimm; denn Ehebruch und Mord haben immer schwerwiegende Folgen. Seine Sünde begann aber viel früher, dann nämlich, als er sich von Gott löste und die Abkürzung zum Glück ohne Gott wählte. Und er machte es noch schlimmer dadurch, dass er versuchte, seine Taten unter den Teppich zu kehren. Wie es ihm dabei erging, beschreibt er in einem seiner Lieder: „Herr, erst wollte ich meine Schuld verschweigen; doch davon wurde ich so krank, dass ich von früh bis spät nur stöhnen konnte. Ich spürte deine Hand bei Tag und Nacht; sie drückte mich zu Boden, ließ meine Lebenskraft entschwinden wie in der schlimmsten Sommerdürre.“ (Psalm 32,3.4 GN) Mit diesen anschaulichen Sätzen beschreibt David nichts anders als die innere Unruhe, die ihm sein Gewissen bereitete. Sein Gewissen? Wieso hatte es geschwiegen, als er sich auf die Affäre mit der Frau einließ oder das Todesurteil über deren Ehemann verhängte? Es lässt sich nicht genau sagen, aber es scheint so zu sein, als hätte sich David von dem beeinflussen lassen, was in seiner Zeit bei anderen Herrschern üblich war – im Umgang mit ihren Untergebenen, deren Besitz, deren Ehefrauen, deren Leben. So weit, dass er bezüglich seiner Tat keinerlei Skrupel empfand. Das Gewissen ist nicht gleichzusetzen mit der Stimme Gottes, aber Gott versucht immer wieder, uns 135 über unser Gewissen anzusprechen. So auch bei David. Durch die Gefühle, die er in seinem Lied beschreibt, wollte ihm Gott zu verstehen geben: Nicht alles, was verlockend aussieht, macht glücklich und lohnt sich auf Dauer. Nicht alles, was du kannst, tut dir gut. Nicht alles, was ein anderer tut oder meint, tun zu dürfen, führt dich zum Ziel. Davids Gewissen „erwachte“ erst, als ein Prophet Gottes ihn mit seiner Tat konfrontierte – genauer gesagt: David mithilfe einer gleichnishaften Erzählung dazu brachte, sich sein eigenes Urteil zu sprechen.141 Später sang David darüber, wie er die Befreiung dessen erlebte, was ihn belastete: „Darum entschloss ich mich, dir meine Verfehlungen zu bekennen. Was ich getan hatte, gestand ich dir; ich verschwieg dir meine Schuld nicht länger. Und du – du hast mir alles vergeben! Deshalb soll jeder, der dir die Treue hält, zu dir beten, wenn er in Not gerät. Freuen dürfen sich alle, denen der HERR die Schuld nicht anrechnet und deren Gewissen nicht mehr belastet ist!“ (Psalm 32,2.5.6 GN) Durch seine Tat entstand im Leben des David und der unmittelbar Betroffenen ernster Schaden, aber David selbst fiel nicht ins Bodenlose, sondern in Gottes Hand. Selbst wenn wir seine Warnungen ignoriert und seine Anweisungen missachtet haben, überlässt uns Gott nicht unserem selbst verschuldeten Leid – vorausgesetzt, wir hören wieder auf ihn, sehen unsere Schuld ein und bitten ihn – und die Geschädigten – um Verzeihung. Von den Folgen unserer Fehler wird er uns nicht immer befreien, aber von der psychischen Last unserer Schuld, die sich bis ins Körperliche hinein auswirken kann, und von der jahre- oder gar jahrzehntelang zermürbenden Belastung unseres Gewissens! 136 Geprüft und geeicht Aus einem weiteren Grund eignet sich das Gewissen nicht als absoluter Maßstab in ethischen Fragen: weil es den Einflüssen – positiven wie negativen – der Gesellschaft, der Familie, der „geheimen“ Miterzieher (Medien zum Beispiel) ausgesetzt ist. Es ist formbar, kann also auch verformt werden, es muss sich ausbilden, kann also auch verbildet werden, es ist dressierbar, manipulierbar. Schon der Begriff142 deutet darauf hin, dass sich das Gewissen – als der Mit-Wisser in uns – nur dann „melden“ kann, wenn unser Handeln von unserem Wissen abweicht. Das Wissen selbst kann sich das Gewissen nicht aneignen. Das bedeutet: Das Gewissen wacht über die Ausführung von Normen, erteilt sich diese aber nicht selber. Es bedarf also einer übergeordneten „Instanz“, die es mit dem Wissen darüber versorgt, was richtig und falsch, gut und böse ist.143 Ich persönlich habe mich für Gott als diese letzte Instanz entschieden: Er ist es, der mein Gewissen mit dem nötigen Wissen versorgt, damit es zuverlässig arbeiten und sich weder von meinem Egoismus, noch von Gesellschaftstrends oder vom Diktat der Mode und auch nicht von der Pseudoautorität eines mehr kirchlich als biblisch geprägten Christentums bestimmen lässt. Leider folge auch ich nicht immer der Stimme meines Gewissens, aber immer wieder treiben mich meine Bruchlandungen – wie David – in die Arme eines liebenden Gottes, der mir gern vergibt und bereitwillig einen neuen Start ermöglicht. Der bereits zitierte 32. Psalm ist mir sehr wertvoll geworden, aber ebenso der 139. Nachdem David sich darauf besinnt, dass er sich vor Gott weder verstecken kann noch zu verstecken braucht, bittet er Gott darum, 137 sein Gewissen („Herz“ steht im ersten Teil der Bibel häufig für Gewissen) zu prüfen, es zu „eichen“: „Herr, du durchschaust mich, du kennst mich bis auf den Grund. Ob ich sitze oder stehe, du weißt es, du kennst meine Pläne von ferne. Ob ich tätig bin oder ausruhe, du siehst mich; jeder Schritt, den ich mache, ist dir bekannt. Noch ehe ein Wort auf meine Zunge kommt, hast du, Herr, es schon gehört. Von allen Seiten umgibst du mich, ich bin ganz in deiner Hand. Dass du mich so durch und durch kennst, das übersteigt meinen Verstand; es ist mir zu hoch, ich kann es nicht fassen ... Durchforsche mich, Gott, sieh mir ins Herz, prüfe meine Wünsche und Gedanken! Und wenn ich in Gefahr bin, mich von dir zu entfernen, dann bring mich zurück auf den Weg zu dir!“ (Psalm 139,1-6.23.24 GN) Gott bedient sich vieler Wege, um unser Gewissen zu „eichen“, für die zwei wichtigsten halte ich sein Wort, die Bibel, und das Gebet. Durch die Bibel versorgt er uns mit der Grundausstattung, mit dem Grundwissen. Nicht dass die Bibel die Antwort auf alle Fragen enthielte, mit denen wir uns im Leben konfrontiert sehen. Dennoch liefert sie Prinzipien, die uns helfen, in der konkreten Situation eine Entscheidung zu fällen, die mit den Zielen Gottes übereinstimmt. Außerdem bietet sie uns so etwas wie einen Bezugsrahmen, der uns hilft, das viele Wissen, das wir uns täglich aneignen (allein durch das, was wir sehen und lesen), zu gewichten, zu sortieren, einzuordnen. Nicht von ungefähr unterscheidet die Bibel zwischen „Wissen“ und „Weisheit“. Stephan Holthaus bringt den Unterschied auf den Punkt: „Wissen ist bloße Faktensammlung, Weisheit dagegen die praktische Umsetzung des Wissens im Alltag, die Anwendung meiner Überzeugungen in konkreten Situatio138 nen ... Die Medien lassen den Konsumenten mit der Flut der Daten allein. Sie stürzen den Menschen damit in eine Sinnkrise, denn sie bieten ihm keinen Rahmen zur Wirklichkeitsdeutung an ... Christen sind keineswegs Ignoranten der Information, aber sie wissen um eine Weisheit Gottes, die alle Informationen der Welt überragt und sie richtig einordnen lässt. Erst durch die richtigen Überzeugungen können wir die Daten der modernen Welt verarbeiten.“144 Das Gebet ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, unser Gewissen mit der Weisheit Gottes in Verbindung zu bringen. Um einen weiteren Vergleich aus der Luftfahrt zu benutzen: Das Gebet ist wie der Funkkontakt mit dem Tower. Durch die Bibel haben wir die entscheidenden Informationen „an Bord“, aber es ist immer wieder nötig – nicht nur beim Start und bei der Landung! – und empfehlenswert, Kontakt mit Gott aufzunehmen. Er ist derjenige – wie David in seinem Lied sagt –, der uns durch und durch kennt, Anfang und Ziel im Blick behält und uns bei Schwierigkeiten lebenswichtige Anweisungen geben kann. Und der sich, weil es sich um einen persönlichen, liebenden Gott handelt, auch darüber freut, wenn wir einfach mit ihm reden, ihm unsere Freuden und Sorgen mitteilen – nicht erst, wenn es klemmt! Beten ist bei weitem mehr als der kühle Datenabgleich zwischen meinem Gewissen und der himmlischen „Weisheitszentrale“. Beten ist die Chance, beides zu tun: alles für eine Weile liegen zu lassen, was mich belastet, um völlig entspannt in der Nähe Gottes schweigend zu verweilen, oder aber im Gespräch mit ihm das aufzuarbeiten, was mich innerlich aufwühlt. Bei ihm darf ich geben und nehmen, Frust und Freude teilen, reden und schweigen, schimpfen und mich trösten lassen. Durch das Gebet in die Welt Gottes 139 versetzt, lerne ich, die Dinge von einer höheren Warte aus zu betrachten, und bekomme ein Gefühl für die wahren Relationen. Erdrückendes wird plötzlich klein, das, was ich übersehen oder vernachlässigt hatte, gewinnt an Bedeutung. *** Gebrauchsanweisungen sind in der Regel sachlich und kühl. Das kann man von der Bibel nicht sagen. Der Vergleich mit einer Gebrauchsanweisung fürs Leben deckt natürlich nur einen Aspekt ab. Die Bibel ist noch mehr. Sie ist auch ein Liebesbrief des Schöpfers, an jedes seiner Kinder adressiert. „Wenn du lange genug dein Ohr an Gottes Wort hältst, kannst du sein Herz schlagen hören“ (Kyrilla Spiecker) – das ist wahr; denn wer sich der Bibel betend nähert, wird in Jesus Christus, der Hauptperson dieses Buches, Gottes Herz schlagen hören. Wenn wir das, was wir tun oder unterlassen, nicht im blinden Gehorsam, sondern aus der Überzeugung eines von Gottes Wort geprägten Gewissens entscheiden, dann wird es mit Sicherheit das Richtige sein – für uns selbst und für andere. Wenn wir uns im Gebet und beim Lesen der Bibel vom Leben und von den Worten Jesu prägen lassen, dann wird seine Liebe zur treibenden Kraft unseres Handelns werden. Mehr brauchen wir nicht, um das Leben zu meistern, mit weniger sollten wir uns aber auf keinen Fall zufrieden geben! *** Was hilft weiter? ● Möchten Sie die ganze Geschichte von der „Bruchlandung“ Davids lesen? Sie finden sie im 2. Buch Samuel, Kapitel 11 und 12. Lesenswert sind auch Da140 vids Lieder („Bußpsalmen“), in denen er mit Gott über seine Schuld und seine Reue spricht. Er hat sieben geschrieben (Psalm 6, 32, 38, 51, 102, 130, 143), von denen ich Ihnen besonders Psalm 32 und 51 empfehle. ● Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Ihr ethisches Empfinden durch die Medien (allen voran das Fernsehen!) beeinflusst wird? Achten Sie doch eine Woche lang zum Beispiel darauf, welche Filme Sie sich ansehen, und vergleichen Sie die Werte, die darin vermittelt werden mit dem, was in den Zehn Geboten (2. Mose/Exodus 20) steht. Denken Sie dann darüber nach, ob bzw. bis zu welchem Grad das, was Sie sehen, Ihr Rechtsempfinden prägt und verändert. ● Hat Ihnen dieses Kapitel Impulse vermittelt, etwas auszuprobieren bzw. zu verändern? Zum Beispiel in Sachen Ernährung, Tabak und Alkohol, Sabbat und Zehnten, eheliche Treue, Gebet? Wenn Sie weitere Informationen oder Hilfe brauchen, wenden Sie sich an das Internationale Bibelstudien-Institut (s. S. 67). Buchempfehlungen Siegfried Kettling, „Das Gewissen“, Brockhaus-Verlag, Wuppertal, 1992 (4. Aufl.), ISBN 3-417-29516-5. Der Verfasser, evangelischer Theologe, befasst sich mit verschiedenen klassischen Deutungsmodellen – von der Antike über Nietzsche bis zu Kant und Freud –, bevor er die biblische Sicht über das Gewissen anspricht. Helmut Mayer, „ER lebt – wir haben ihn erlebt!“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1999 (3. Aufl.), Best.-Nr. 1280. Über 50 Christen berichten, wie sie Gottes Führung in Beruf und Familie, in Krankheit, Krieg und Lebenskrisen erlebt haben. 141 8. Kapitel „Wer zu spät kommt ...“ Wann ist es zu spät? Als junger Mann bin ich sehr unpünktlich gewesen. In Spanien, meiner Heimat, fiel mir das nicht weiter auf, um so mehr, als ich nach Deutschland kam. Ich verpasste häufig den Bus (er traf immer so pünktlich ein!), kam zu spät zu Verabredungen, zum Deutschunterricht, zum Gottesdienst ... Bis mir klar wurde, dass Unpünktlichkeit keine „nette Macke“ ist, sondern eine Frechheit dem Nächsten gegenüber, der auf mich warten muss und dem ich dadurch seine Zeit stehle. Natürlich ist es ärgerlich, wenn einem der Bus vor der Nase abfährt, aber es gibt schlimmere Situationen: Da geht jemand zur ärztlichen Untersuchung und erfährt, dass er Krebs hat, und zwar in einem so fortgeschrittenen Stadium, dass die Heilungschancen minimal sind. Ein anderer schiebt einen Krankenbesuch aus Zeitmangel vor sich her, bis er dann, als er es endlich geschafft hat, an der Pforte zu hören bekommt, der Patient sei am Vorabend gestorben. Ein Dritter liegt während der Überfahrt mit dem Schiff in seinem Bett, als er das Alarmsignal hört und erfährt: Die Fähre ist nach der Kollision mit einem Felsen am Sinken! Auf halbem Weg zum Oberdeck kehrt er zurück in die Kabine, um wichtige Papiere aus dem Koffer zu holen. Er „rettet“ die Papiere, verliert aber dabei sein Leben! Wer zu spät kommt, bereitet Schwierigkeiten oder erlebt selber welche, versäumt Dinge, die nicht mehr nachzuholen sind. „Wer zu spät kommt, den bestraft 143 das Leben“145 bzw. der erntet die (natürlichen) Folgen seiner Verspätung. Aber, wann ist es denn zu spät? Alles im Griff ...? Nicht zu überhören sind die Stimmen, die uns davor warnen, die „Notsignale“ eines angeschlagenen Planeten Erde zu ignorieren. Es handelt sich dabei keinesfalls um religiös motivierte „Endzeitpropheten“, sondern um ernst zu nehmende Wissenschaftler aller Gebiete. In den 70er und 80er Jahren meldeten sich z. B. der „Club of Rome“146 und auch die amerikanische Regierung mit ihrer Umweltstudie „Global 2000“ zu Wort und machten auf die bedenkliche Verknappung der Energieressourcen aufmerksam. Nachdem sich ihre Prognosen als zu pessimistisch herausstellten, „fiel die Welt in den 90er Jahren in den Dämmerschlaf der Selbstgenügsamkeit zurück. Alles ist o. k., keine Sorge, es wird schon werden.“147 Nichts ist o. k.! Die Naturkatastrophen nehmen weiter zu. Nach Angaben der Münchner Rückversicherung ist ihre Zahl im Jahr 2000 auf über 850 gestiegen – 100 mehr als im Rekordjahr 1999.148 Die größten Schäden verursachten klima- und wetterbedingte Katastrophen wie Überschwemmungen (Mosambik, Indien, Alpen), Stürme (Japan, Russland) und Dürren (USA). „Das Scheitern der Weltklimakonferenz im Herbst [2000 in Den Haag] ... ist eine Katastrophe für die ganze Welt. Denn die Menschheit hat ohnedies nur noch die Chance, das Ausmaß der Veränderungen abzumildern; eine Chance, die von Jahr zu Jahr geringer wird.“149 Ist es zu spät, das Ruder herumzureißen? Werden die Warnungen von dem menschlich verschuldeten Klimawandel Gehör finden, die 123 führende Forscher Anfang 2001 in Schanghai ausgesprochen haben? Ihr Bericht „sollte in jeder Hauptstadt und jeder lokalen 144 Gemeinde die Alarmglocken klingeln lassen“, meinte Klaus Töpfer, Direktor des UN-Umweltprogramms.150 Es ist kein gutes Beispiel, das wir Industrienationen den Entwicklungsländern mit unserem ungezügelten Konsum geben. Es ist nicht o. k., wenn jedes Jahr weltweit eine Waldfläche von 13 Millionen Hektar – mehr als die gesamte Waldfläche Deutschlands! – durch Brandrodung vernichtet wird. Es ist nicht in Ordnung, dass wir uns einen verschwenderischen Lebensstil auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder leisten. Es ist nicht in Ordnung, dass „die Ärmsten der Armen, die Menschen in den Entwicklungsländern den Großteil der Zeche unseres Verhaltens zahlen“, meint Klaus Töpfer.151 Mir scheint, dass Umberto Eco Recht hat, wenn er schreibt, dass sich die Nichtgläubigen in unserer Zeit mehr den Kopf über „ein Ende der Zeiten“ zerbrechen als die Christen selbst.152 Und er trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er bei seinem Aufruf an Gläubige und Nichtgläubige, über ihre Verantwortung für das Morgen nachzudenken, die Frage nach der Hoffnung stellt; denn wenn es keine Hoffnung gibt, dann „wäre es gerechtfertigt, dass wir, auch ohne ans Ende zu denken, sein Nahen hinnehmen, uns vor die Mattscheibe setzen ... und warten, dass uns jemand unterhält, während die Dinge laufen, wie sie laufen. Und zum Teufel mit denen, die nach uns kommen.“153 Ewiger Kreis oder eendliche ndliche Linie? Die Frage nach der Hoffnung setzt voraus, dass man erkennt: So kann es nicht weitergehen. Was müssen wir ändern? Können wir etwas ändern? Haben wir die Zeit dazu? Wie spät ist es eigentlich? Bei der Beantwortung dieser Fragen spielt das Geschichtsverständnis eine große Rolle. Wer (wie im Hin145 duismus) das Leben als einen endlosen Kreislauf von Reinkarnation, Geburt, Tod und Wiedergeburt betrachtet, blickt ganz anders in die Zukunft als jemand, der sich das Geschichtsverständnis, das die Bibel vermittelt, zu Eigen macht. Die Bibel lehrt, dass die Geschichte der Menschheit einen konkreten Anfang hat und auch zu einem konkreten Abschluss kommen wird. Am Anfang steht ein persönlicher, liebender Schöpfer, der die Erde und die Menschen nicht aus Versehen oder Langeweile schafft, sondern ganz absichtlich und als Ausdruck seiner Liebe. So wie ein Pärchen, das beschließt, zu heiraten und ein Kind zu bekommen: Vorsorglich richtet es das gemütliche Zuhause ein, in dem sie füreinander und für das Baby sorgen wollen. Nichts wird dem Zufall überlassen. In jedem Detail stecken Liebe und Zuneigung. Das Zuhause des Menschen war so perfekt und fürsorglich gestaltet, dass wir es „Paradies“ nennen und es für das, was dieser Begriff alles umfasst, keine Steigerung mehr gibt. Leider kam es durch den „Sündenfall“154 zu einem Vertrauensbruch des Menschen zu seinem Schöpfer und dadurch auch zum Verlust des Paradieses. Alles was darauf folgte, geschah als Erfüllung eines Planes, dessen Ziel die Wiederherstellung der ursprünglichen Zustände ist – einschließlich des verlorenen Paradieses. Das Kommen Jesu auf die Erde vor ca. 2000 Jahren war der erste Höhepunkt dieses Planes, sein zweites Kommen wird den zweiten Höhepunkt bilden. Das zweite Kommen Jesu, auch „Wiederkunft“ genannt, bildet zwar den Abschluss der Menschheitsgeschichte, bedeutet aber nicht das Ende der menschlichen Existenz. Dieser Unterschied wird häufig nicht beachtet – so zum Beispiel in den Filmen, die sich mit dem Ende der Welt beschäftigen. 146 Hollywood schlägt zu! zu! Es ist sehr interessant: Obwohl dieses „lineare“ Verständnis der Menschheitsgeschichte (d. h. mit einem Anfang und einem Abschluss) nicht unumstritten ist, wird das Thema „Ende der Menschheit“ immer wieder im Film aufgegriffen. Während meiner Lebenszeit, also seit 1951, sind über 80 Filme in den Kinos gelaufen, die sich mit diesem Thema befasst haben. Ich erinnere nur an Titel wie „Planet der Affen“, „Krieg der Sterne“, „Kriegspiele“ (War Games), „Der Tag danach“, „Terminator“, „Waterworld“, „Twelve Monkeys“, „Independence Day“, „Armaggeddon“. Auf der Kinoleinwand kommt es zum Weltende aufgrund kosmischer Katastrophen (Kometeneinschlag, Vulkanausbruch), natürlicher Ursachen (neue Eiszeit, Erwärmung der polaren Eismasse und Überflutung), fremder Einwirkung (Ufos, Eindringlinge von anderen Planeten) oder menschlicher Ursachen (Atomindustrie, Gentechnik). Der Eindruck verstärkt sich, dass die Welle der Katastrophenfilme und die täglichen Nachrichten eine Grundbefindlichkeit der Menschen spiegeln: das Gefühl, am Ende der Zeiten zu leben. Ich frage mich allerdings, worin der Sinn dieser Filme – abgesehen vom Unterhaltungswert – liegen soll. Wollen sie uns für mögliche Krisen mit globalem Ausmaß sensibilisieren, die von uns mitverschuldet sind? Dabei lassen sie uns aber kaum unseren Anteil an Verantwortung erkennen, weil die Menschen eher in der Opfer- als in der Verursacherrolle dargestellt werden! Es wird gern in Verbindung mit Weltuntergangsfilmen und -literatur von „apokalyptischen Visionen“ gesprochen. Mit Apokalyptik sind die biblischen Aus147 sagen über das Ende gemeint, wie sie in den Büchern Daniel und Offenbarung enthalten sind. Ich wehre mich entschieden dagegen, die in diesen Katastrophenfilmen gezeigten Szenarien des Endes mit der Bibel in Verbindung zu bringen, weil die Bibel etwas ganz anderes meint, wenn sie vom Ende spricht: Zum einen ist nie von der Auslöschung der gesamten Menschheit die Rede, zum anderen wird dieses „Ende“ nicht durch den Menschen oder durch Naturgewalten und schon gar nicht durch fremde Wesen aus dem All herbeigeführt, sondern durch Gott selbst. Ganz anders als im Kino Der wichtigste Unterschied hat mit der ganz anderen Wertung des Begriffes „Ende“ in der Bibel zu tun: ● Zeitlich betrachtet bedeutet es keinesfalls das Ende der Welt selbst, sondern das Ende eines Zeitalters, nämlich das Ende einer durch die Sünde und die Gottlosigkeit (von „gott-los“) des Menschen geprägten Zeitepoche. ● Inhaltlich betrachtet bedeutet das Ende in der Bibel nicht „Aus! Schluss!“, sondern Neubeginn. In der Sprache des Neuen Testaments meint das Wort „telos“ beides: Ende und Ziel. Das heißt, Gott bringt die Geschichte der Menschheit zu einem Abschluss, weil er sein Ziel erreicht hat. Damit beginnt aber eine neue Ära der harmonischen Beziehung der Menschen untereinander und zu Gott. Bevor ich auf dieses Ziel und auf das, was dann folgt, näher eingehe, möchte ich mich noch kurz mit einem Film befassen, der in den USA Anfang Februar 2001 für ausverkaufte Kinos gesorgt hat: „Left Behind“ (= zurückgelassen; dt. Titel: „Das Finale“). Als Vorlage zum Film diente die Romanreihe zweier christlicher Autoren,155 die mit über 17 Millionen verkauften Bü148 chern großes Aufsehen erregt hat. In diesen Romanen, deren Inhalte sich allesamt in der Endzeit abspielen, beschreiben die Autoren ein Phänomen, das sie und auch andere Christen in der Bibel entdeckt haben wollen: die „Entrückung“ der Gläubigen am Ende der Welt. Obwohl die Bibel mehrmals klar und eindeutig beschreibt, dass der Abschluss der Weltgeschichte für alle Menschen unübersehbar und unüberhörbar sein wird, beschreiben die Romane und der Film, wie während eines Fluges plötzlich ein Teil der Passagiere spurlos verschwindet. Ein Journalist macht sich zusammen mit dem Piloten auf die Suche nach den Hintergründen. Sie entdecken, dass die Christen von der Erdoberfläche verschwunden sind – weil Gott sie zu sich in den Himmel entrückt hat. Es kommt nicht darauf an, was uns Romane oder Filme über das Ende erzählen, sondern darauf, was Gott darüber mitteilt; denn er will nicht menschliche Neugierde oder Sensationslust befriedigen, sondern uns davor bewahren, auf Spekulationen hereinzufallen. Wenn wir das berücksichtigen, was Jesus Christus selbst predigte und dann seine Jünger gelehrt und niedergeschrieben haben, dann sprechen zwei Argumente eindeutig gegen diese Darstellung des Endes: 1. Das Ende der Geschichte der Menschheit wird durch die Wiederkunft Jesu Christi eingeleitet. Dieses Ereignis wird aber für alle sichtbar und hörbar sein. Außerdem kommt er nicht allein, sondern in Begleitung seiner Engel: „Wenn aber der Menschensohn wiederkommt, wird er sofort für alle sichtbar sein, wie ein Blitz, der von Ost nach West am Himmel aufzuckt ... Die Menschen auf der ganzen Erde werden vor Entsetzen jammern und heulen. Sie werden sehen, wie der Menschensohn in göttlicher Macht und Herrlichkeit in 149 den Wolken des Himmels kommt.“ (Matthäusevangelium 24,27-31) 2. Die Wiederkunft Jesu wird auch deswegen kein geheimnisvolles, nur für Eingeweihte erkennbares Geschehen sein, weil sie die Auferstehung Auferstehung der Menschen auslöst, die im Vertrauen zu Gott gestorben sind: „Wir werden nicht alle sterben, aber Gott wird uns alle völlig umwandeln. Das wird ganz plötzlich geschehen, von einem Augenblick zum andern, wenn die Posaune ankündigt, dass Jesus Christus als Herrscher der Welt wiederkommt. Ihr Schall wird überall zu hören sein. Dann werden die Toten zum ewigen Leben auferweckt, und auch wir Lebenden werden einen neuen Leib bekommen.“ (1. Korintherbrief 15,51.52)156 Die Wiederkunft Jesu wird sehr unterschiedliche Reaktionen auslösen: Während die einen aus lauter Freude Luftsprünge machen möchten, werden die anderen sich wünschen, lebendig begraben zu werden.157 Die Erstgenannten sehen in der Rückkehr Jesu die Erfüllung ihrer Hoffnungen, die zweite Gruppe erkennt, dass es zu spät ist, ihr Denken und ihr Leben zu verändern. Es reicht! Das zweite Kommen Jesu spielt sowohl für den Einzelnen als auch für die Geschichte der Menschheit eine entscheidende Rolle: ● Die Wiederkunft Jesu zeigt: Es ist soweit! Es reicht mit der Ausbeutung und Zerstörung der Natur, es reicht aber auch mit der Ausbeutung des Menschen durch Menschen. Die in jedem Wesen schlummernde Sehnsucht nach Befreiung von Ungerechtigkeit und Leid geht endlich in Erfüllung! ● Mit der Wiederkunft beginnt auch ein neuer Lebensabschnitt: Jesus Christus lebt sichtbar und unmit150 telbar bei den Menschen, die sich entschieden haben, Gott zu vertrauen.158 Damit wirklich jeder Mensch die Chance hatte, diese Entscheidung zu treffen, verstärkt Gott in der letzten Zeit die Verbreitung seiner Einladung zum Glauben.159 ● Die Wiederkunft Jesu schafft Klarheit, weil sie das Gericht, die Trennung, sichtbar macht (richten bedeutet in biblischem Sprachgebrauch „trennen“): Es gibt dann nur zwei Gruppen, wie Jesus sie im Gleichnis der Trennung der Schafe von den Böcken beschrieben hat.160 Dieses Gericht findet in zwei Formen oder Phasen statt: als „Aufklärungsgericht“ während der „Tausend Jahre“161 und als „Vollstreckungsgericht“ danach. Die erste Phase, das „Aufklärungsgericht“, dient dazu, die offenen Fragen der Gläubigen zu beantworten – Gott legt viel Wert darauf, dass der Mensch nachvollziehen und verstehen kann, warum sein Leben so verlaufen ist und nicht anders. Die zweite Phase, das „Vollstreckungsgericht“ nach den „Tausend Jahren“ hat zum Ziel, alle Spuren der Sünde, des Verfalls und des Hasses zu beseitigen. Das Feuer, das die Gottlosen (gott-los) vernichtet, reinigt gleichzeitig die Erde von allem, was die Trennung von Gott angerichtet hat und an sie erinnert. 162 ● Die Wiederkunft Jesu leitet sowohl die Umwandlung der lebenden als auch die Auferstehung der verstorbenen Gläubigen ein. Auferstehung und Umwandlung sind die Voraussetzung dafür, dass sie – äußerlich, also körperlich erneuert, und innerlich von der Anziehungskraft der Sünde befreit – wieder und für immer in der Nähe Gottes leben können. Damit ist Gott mit seinem Plan am Ziel: Die Trennung zwischen Schöpfer und Mensch gibt es nicht mehr, und somit sind die Folgen dieser Trennung ebenfalls beseitigt. Es beginnt also eine neue Ära des Friedens und der Har151 monie, eine Welt, in der es weder Krankheit noch Tod, weder Leid noch Schmerzen, weder Tränen noch Trennung gibt.163 Das alles soll wahr sein? „Es hört sich zu schön an, um wahr zu sein“, geht Ihnen vielleicht jetzt durch den Kopf. Oder das, was Sie bisher erfahren haben, reicht Ihnen nicht aus: „Es hört sich gut an, ich würde gern daran glauben, aber ich brauche ,Sicherheiten’.“ Außerdem bleibt die Frage noch offen: Wie spät ist es überhaupt? Werden wir das noch erleben, oder dauert es vielleicht hundert oder gar tausend Jahre, bis es so weit ist? Dass es noch hundert oder tausend Jahre dauern sollte, ist unvorstellbar. Die Beschreibung der letzten Zeit, die die Bibel liefert (auch „Zeichen der Zeit“ genannt, siehe unter „Was hilft weiter?“ am Ende des Kapitels), stimmt so genau mit dem, was wir in den Nachrichten jeden Tag lesen, sehen und hören überein, dass kein Zweifel besteht: Wir leben in dieser „letzten Zeit“. Selbst Wissenschaftler, die keine Beziehung zur Bibel haben, räumen ein: Das Ende der Ressourcen und Lebensvoraussetzungen auf der Erde ist abzusehen. Zur Frage nach „Sicherheiten“ kann ich nur sagen: Die Wiederkunft Jesu lässt sich so wenig beweisen wie die Erschaffung der Welt in sechs Tagen. In diesem Zusammenhang schreibt Carlo Maria Martini an Umberto Eco: „Die Geschichte hat einen Sinn und eine Ausrichtung, sie ist nicht eine Ansammlung absurder und nichtiger Fakten. Dieser Sinn ist kein rein immanenter [diesseitiger] Sinn, er weist über die Geschichte hinaus, er ist deshalb nicht Gegenstand des Kalküls, sondern der Hoffnung.“164 Allerdings gehört diese Hoffnung einer anderen Kategorie an als beispielsweise die Hoffnung, dass meine 152 Fußballmannschaft siegt. Die Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu ist eine begründete Hoffnung, weil es hier nicht um eine Vermutung oder um Wunschdenken geht, sondern um ein Versprechen, das Gott gegeben hat – sogar schriftlich und in mehrfacher Ausführung, d. h. an Hunderten von Stellen der Bibel. Damit es uns leichter fällt, seinen Zusagen zu vertrauen, hat Gott in der Bibel so etwas wie eine „Vertrauenshilfe“ einbauen lassen. Die Theologen nennen diese Vertrauenshilfe „Prophetie“. In diesem Zusammenhang sind unter Prophetie Ankündigungen zu verstehen, die Gott gemacht hat, lange bevor sie dann nachweislich in Erfüllung gegangen sind. Sie kennen die Prognosen, die unmittelbar vor Beginn eines neuen Jahres veröffentlicht werden. Einige treffen ein, andere (die meisten?) nicht. Selten wird hinterher kontrolliert, was davon in Erfüllung gegangen ist und was nicht. Nun handelt es sich hierbei häufig um Schätzungen, die aufgrund von Erfahrungswerten oder Trends unschwer zu erstellen sind. Bei der biblischen Prophetie geht es aber nicht um vage Prognosen, sondern um konkrete Fakten, die Hunderte von Jahren im Voraus angekündigt wurden. Es handelt sich um Dinge oder Ereignisse, die man überhaupt nicht einschätzen konnte, für die es nicht die geringsten Anhaltspunkte gegeben hatte. Wissenschaftler (Archäologen zum Beispiel) belegen durch ihre Forschungen, wie genau diese Ankündigungen in Erfüllung gegangen sind. Ich will nachfolgend nur ein paar Beispiele biblischer Prophetie nennen. Eingetroffen! ● Eine faszinierende und in sich abgeschlossene Vorankündigung der Bibel betrifft die an der Mittel153 meerküste gelegene phönizische Stadt Tyrus, Tyrus die zur Zeit des Propheten Hesekiel (um 600 v. Chr.) eine blühende Handelsstadt war und militärisch als uneinnehmbare Seefestung galt. Wie im Buch Hesekiel (Kap. 26) nachzulesen ist, sagte Gott die Zerstörung dieser Stadt so detailliert voraus, dass deren geschichtliche Erfüllung anhand historischer Abhandlungen genau nachgeprüft werden kann. Schon ein Jahr nach der Ankündigung begann die von König Nebukadnezar angeordnete Belagerung, die 13 Jahre lang dauern sollte. Erst ein Vierteljahrtausend später gingen weitere Einzelheiten der Vorhersage in Erfüllung, und zwar durch Alexander den Großen. Selbst die Ankündigung, dass die Trümmer der Stadt ins Meer geworfen werden sollten, ging in Erfüllung – Alexander der Große ließ daraus einen 60 Meter breiten Damm über die Meerenge bauen, um den Inselteil von Tyrus einzunehmen. ● Recht bekannt sind die Vorankündigungen, die der Prophet Daniel in seinem Buch festgehalten hat. Sehr anschaulich ist der in Kapitel 2 beschriebene Traum einer riesigen Statue auf tönernen Füßen und Daniels Auslegung über das Wesen, die Abfolge und den Untergang der Weltreiche (Babylon, Medo-Persien, Griechenland, Rom). Auch hier ist erstaunlich, mit welcher Genauigkeit alles eingetroffen ist, und zwar in exakt der Reihenfolge, die Gott durch Daniel vorausgesagt hat. Ich finde es bemerkenswert, dass auf dem Boden des ehemaligen römischen Reiches – allen Versuchen der europäischen Königshäuser zum Trotz – kein Weltreich mehr entstanden ist. Selbst die Bestrebungen der Europäischen Union werden es nicht schaffen, eine einigermaßen homogene, stabile und dauerhafte „Weltmacht“ entstehen zu lassen – „genauso wenig, wie Eisen und Ton aneinander haften bleiben“ (Daniel 2,43).165 154 ● Als einzigartig im Vergleich der Weltreligionen muss man die Tatsache bezeichnen, dass Einzelheiten über das Leben, Wirken und Sterben Jesu Jahrhunderte im Voraus angekündigt wurden – was sonst von keinem anderen Religionsstifter gesagt werden kann. Vorausgesagt wurden zum Beispiel: der Ort seiner Geburt,166 das Jahr seines öffentlichen Auftretens und seines Todes,167 sein vollmächtiges Auftreten,168 die Geldsumme, für die er verraten werden sollte,169 seine Hinrichtung durch Kreuzigung,170 die Auslosung seines Gewandes,171 seine Bestattung im Grabe eines Reichen172 und seine Auferstehung nach drei Tagen.173 Das sind nur drei Beispiele von Hunderten, die angeführt werden könnten. Hunderte von Beispielen, die verständlicherweise Forscher aus allen Gebieten zum weiteren Studium gereizt haben. Ein wenig Mathematik Die Herausgeber einer amerikanischen Bibelübersetzung174 haben herausgefunden, dass die Bibel 6.408 Verse mit prophetischen Aussagen enthält. Davon seien 3.268 bereits erfüllt. Nun hat Prof. Dr. Werner Gitt von der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt in Braunschweig mathematisch berechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass alle diese Ankündigungen zufällig in Erfüllung gehen. Er hat dabei zwei verschiedene Modelle aufgestellt. Beim ersten Modell bleibt die Reihenfolge der Ereignisse unbeachtet, was aber bei vielen Prophezeiungen (Fall von Tyrus zum Beispiel) von Bedeutung ist. Das zweite Modell berücksichtig die zufällige Einhaltung der vorgegebenen Reihenfolge. Wie sehen die Ergebnisse der ersten ModellBerechnung („größere“ Wahrscheinlichkeit) aus? Als 155 mathematische Formel ausgedrückt ist diese Wahrscheinlichkeit = 2-3268 = 1,714 x 10-984. Diese Zahl ist so klein, dass Prof. Gitt gleich einige Beispiele konstruiert, um sie zu veranschaulichen175. Zwei davon möchte ich erwähnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle diese prophetischen Ankündigungen zufällig (ungeachtet der Reihenfolge) in Erfüllung gegangen sind, entspricht der Wahrscheinlichkeit, a) dass jemand gleichzeitig mit 1.264 Würfeln würfelt und alle 1.264 eine Sechs zeigen; oder b) dass jemand 138mal hintereinander im Lotto spielt und jedes Mal, also 138mal in Folge, sechs Richtige hat. Beim zweiten Modell ist das Ergebnis derart um ein menschlich unfassbares Maß kleiner, dass er darauf verzichtet, es auf irgendeine Weise zu verdeutlichen. Nach seiner intensiven Beschäftigung mit dem Thema biblische Prophetie kommt Prof. Gitt zu folgender Schlussfolgerung: „Es bleibt uns nur noch das staunende Anbeten vor dem Schöpfer des Himmels und der Erde, der ja auch der Schöpfer der Bibel ist.“ „Die Bibel ist das einzige Buch der Weltgeschichte, in dem zahlreiche Aussagen über zukünftige Ereignisse enthalten sind und das noch nie korrigiert zu werden brauchte. Dieses Buch aller Bücher wurde im Verlaufe von etwa 1600 Jahren von über 40 verschiedenen Autoren geschrieben, die nicht die Möglichkeiten hatten, sich gegenseitig abzusprechen. Das einzige Gemeinsame, was sie verband, war der Glaube an den lebendigen Gott ... An sehr zahlreichen – oft erst nach Jahrhunderten – erfüllten Prophezeiungen erweist sich die Bibel als das Wort der Wahrheit. Es ist bedeutsam, dass nie eine biblische Weissagung [Vorhersage] durch Tatsachen widerlegt worden ist.“176 156 Vertrauenswürdig Verstehen Sie jetzt, warum ich die biblische Prophetie eine „Vertrauenshilfe“ genannt habe? Die zuverlässige Erfüllung dessen, was Gott für die (von uns aus betrachtet) Vergangenheit vorausgesagt hat, verstärkt in mir die Gewissheit: Ich darf ihm voll vertrauen im Blick auf das, was er für die Zukunft angekündigt hat. ● Ich vertraue ihm voll und ganz, wenn er verspricht, dass Jesus wiederkommt. Warum sollte ich dies nicht tun, wenn ich sehe, dass alle Pläne im Zusammenhang mit seinem ersten Kommen genau in Erfüllung gegangen sind? ● Ich vertraue voller Zuversicht darauf, dass es nicht mehr Jahrhunderte oder Jahrtausende dauern wird, bis er wiederkommt: Die Erkennungsmerkmale der letzten Zeit erfüllen sich ja täglich vor meinen Augen – in der Natur wie in der Politik, in der Gesellschaft wie in der geistlichen Welt. ● Obwohl ich keine Vorstellung habe, wie er das machen wird, traue ich ihm ohne Zweifel zu, dass er bei seinem Kommen die Toten auferwecken wird. Schließlich hat er während seines Wirkens mehrmals Tote auferweckt! Er selbst ist nach drei Tagen vom Tode auferstanden – Hunderte von Menschen konnten das bezeugen! ● Ich vertraue ihm voll und ganz, wenn er verspricht, dass er diese Erde erneuern wird, um sie in den paradiesischen Urzustand zurückzuversetzen, der vor dem Sündenfall herrschte. ● Obwohl es meine kühnsten Träume übersteigt, freue ich mich schon darauf, in Gottes Welt zu leben, in der es keine Schmerzen und keine Tränen, keinen Neid und kein Leid, keine Ungerechtigkeit und keinen Krieg, keine Angst und keinen Tod mehr geben wird. 157 Ich weiß nicht, wie gut es Ihnen gesundheitlich oder wirtschaftlich geht, wie luxuriös Sie wohnen, was für ein Auto Sie fahren und wo Sie Urlaub machen. Selbst wenn ich der wohlhabendste und sorgenloseste Mensch der Welt wäre, würde ich mich dennoch danach sehnen, dass Jesus Christus bald wiederkommt; denn diese Welt, so wie sie ist, kann niemals unser Zuhause sein – solange nicht, wie überall die Folgen der Sünde, der Trennung von Gott zu spüren sind. Wer über den Tellerrand hinaussieht, kann sich hier nicht „zu Hause“ fühlen, wenn er daran denkt, dass fünf Millionen Menschen jährlich sterben, weil sie über kein sauberes Trinkwasser verfügen, oder dass 700 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Wie kann man sich hier „zu Hause“ fühlen, wenn man weiß, dass in Madras 30.000 Kinder Altpapier für fünfzehn Cents pro Tag sammeln oder in Pakistan achtzig Prozent aller Teppiche unter katastrophalen gesundheitlichen Bedingungen von Kindern geknüpft werden? Oder dass in Kolumbien Tausende von Kindern täglich elf Stunden in Zechen Kohle schippen zum Tagelohn von 0,75 Euro?177 Diese und viele andere Missstände auf unserer Welt machen uns bewusst: Nur Gott kann uns helfen. Dabei denke ich jetzt an die Zwischenzeit, bevor Jesus wiederkommt. Nur Gott kann uns so für das Leid der Welt sensibilisieren, dass uns die Nachrichtensendungen dazu motivieren, die Sorgen leidender Menschen, aber auch die Bürden der überforderten Politiker im Gebet vor Gott zu bringen: „Unsere Weltverantwortung muss im Gebet beginnen. Nehmen wir doch die Welt mit hinein in unser tägliches Gebet. Reservieren wir in unserem Gebetsbuch an jedem Tag eine Spalte für Politiker, Wirtschaftsbosse, Medienmacher, Lehrer, Professoren, Juris158 ten und Ärzte. Diese Schlüsselleute benötigen dringend die Gebete der Christen ... Der Blick für die Nöte und Herausforderungen der Welt wird geschärft, wenn wir wieder anfangen, konkret für weltpolitische Fragestellungen zu beten. Dahinter steht die Überzeugung: Gott sitzt im Regiment. Die politischen Entscheidungen unserer Zeit lassen ihn nicht kalt. Er hat die Macht, an jedem Ort der Welt einzugreifen und Veränderung zu schenken.“178 Wann ist es zu spät? Zu spät wird es sein, wenn ich sterbe. Das Nächste, was ich danach erleben werde, wird die Auferstehung sein – in der Zeit dazwischen, wie kurz oder wie lang sie auch sein mag, kann ich nichts korrigieren, keine Entscheidung mehr nachholen oder rückgängig machen. Zu spät kann es für mich werden, wenn ich mich immer wieder, ganz bewusst, entschließe, der Einladung Gottes nicht zu folgen. Wenn ich das tue, werde ich eines Tages seine Einladung gar nicht mehr wahrnehmen. Zu spät wird es dann sein, wenn Beten keinen Sinn mehr hat: Derjenige, der unsere Gebete erhört, hat sich auf den Weg zur Erde gemacht, um jedem das zuzuteilen, wofür er sich entschieden hat. Heute können wir noch beten – für unsere Mitmenschen und für uns selbst. Heute, ja jeden Tag, können wir das beten, was uns Jesus im „Vaterunser“ zu beten gelehrt hat: „Dein Reich komme!“ Denn mit Jesus und seinem Reich kommt das Beste, was wir uns erträumen können. *** Was hilft weiter? ● Wenn Sie mehr über die „Zeichen der Zeit“, d. h. über die Merkmale der letzten Zeit, lesen wollen, dann 159 empfehle ich Ihnen das 24. Kapitel aus dem Matthäusevangelium. ● Möchten Sie das Thema biblische Prophetie vertiefen? Dann empfehle ich Ihnen den Fernkurs „Start in die Zukunft – Alte Prophezeiungen neu entdecken“, den Sie kostenlos beim Internationalen BibelStudienInstitut in Darmstadt anfordern können: Am Elfengrund 66, D-64297 Darmstadt. Tel. 0 61 51/95 44-0; www.stimme-der-hoffnung.de; in der Schweiz: Postfach 91 22, 8050 Zürich; in Österreich: Postfach 66, 1094 Wien. ● Eine regelmäßig erscheinende Hilfe zum Gebet für unsere Gesellschaft bietet Campus für Christus an. Sie heißt „Gebet für unser Land“ und kann kostenlos bei Campus für Christus, Postfach 100 262, D-35332 Gießen angefordert werden. BuchBuch- und Videoempfehlung Videoempfehlung Ellen G. White, „Der große Kampf – Kirche, Politik und die Zukunft der Welt“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1994, Best.-Nr. 1180. In geradezu visionärer Schau sah die Autorin (1827-1915) viele Probleme voraus, die uns heute existenziell beschäftigen. Gleichzeitig lässt sie die göttlich-prophetische Dimension der Geschichte deutlich werden. – Dieses Buch wurde bereits in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Videoserie „Daniel – Biblische Vorhersagen für unsere Zeit“ von Geoff Youlden (16 Teile auf 8 VideoKassetten), zu beziehen bei der „Stimme der Hoffnung“ (Adresse s. S. 47). 160 Nachwort Schön, dass Sie meine Einladung angenommen und in diesem Buch weiter gelesen haben. „Anhalten, nachdenken, verändern“ heißt es im Untertitel. Anhalten, äußerlich und innerlich zur Ruhe kommen, das mussten Sie, um ungestört darin lesen zu können. Nachdenken, dazu hat es Ihnen sicher genügend Impulse geliefert. Vielleicht haben Sie den einen oder anderen Satz unterstrichen oder das eine oder andere Fragezeichen am Rande angebracht – dann ginge das Nachdenken in den nächsten Tagen und Wochen weiter. Aber wenn es nur beim Denken bleibt und keine Veränderung folgt, dann ... hat sich die Mühe des Lesens überhaupt gelohnt? Vor wenigen Tagen habe ich folgenden Satz von Karl Marx gelesen: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Er hat wohl Recht, die Welt verändern kann allerdings nur Gott, und zwar durch Menschen, die sich von ihm verändern lassen; denn nur er kann Menschen von Grund auf (radikal) erneuern. Die Erneuerung des Menschen wiederum geschieht nicht auf magische Weise, über Nacht, auch nicht dadurch, dass der Mensch sich besonders anstrengt. Nein: Die radikale Veränderung des Menschen erfolgt durch eine grundlegende Veränderung seiner Beziehung zu Gott. D. h. die Beziehung zu Gott wirkt sich so auf den Menschen aus, dass dieser verändert wird. Zum Abschluss kann ich Ihnen zusammenfassend nur empfehlen: Überprüfen Sie Ihre Beziehung zu Gott, 161 der Ihr Schöpfer ist und auch Ihr Erlöser sein möchte. Wenn Sie noch keine haben, dann fangen Sie einfach an, eine aufzubauen. Am besten, Sie machen sich mit ihm durch das Lesen der Bibel vertraut (einige Stellen haben Sie am Ende der Kapitel empfohlen bekommen) und reden mit ihm über alles, was Sie dabei bewegt. Übrigens, das Buch „Jesus von Nazareth“ (siehe S. 87) hat mir persönlich vor Jahren sehr geholfen, eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus aufzubauen, die bis heute noch anhält. Versuchen Sie erst gar nicht, vieles an Ihnen selbst oder an Ihrer Umgebung verändern zu wollen, bevor Sie nicht diese Beziehung aufgebaut haben. Sie werden sonst resignieren und aufgeben. Sobald aber die Beziehung steht, wird Gott in Ihrem Leben Zeichen setzen. Sie werden Kraft für den nächsten Schritt bekommen – nicht für den gesamten Weg im Voraus! Sollten Ihnen ab und zu die Worte für Ihr eigenes Gebet um Kraft und Führung fehlen, dann empfehle ich Ihnen dieses Gebet des Franz von Assisi, das mir selbst viel bedeutet. Ob wörtlich oder sinngemäß gesprochen – es wird Ihnen bestimmt helfen, unterwegs anzuhalten, nachzudenken und das zu verändern, was Gott bei Ihnen und durch Sie verändern kann und will. Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, verzeihe, wo man sich beleidigt, verbinde, da wo Streit ist, die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht, den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, dein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, Freude mache, wo der Kummer wohnt. 162 Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (JIM 2000). Stephan Holthaus, „Trends 2000“, Brunnen-Verlag, Gießen, 1998 (3. Aufl.), S. 168; George Orwell, „1984: Roman“, Ullstein-Verlag, Frankfurt, 1984, S. 55. Vgl. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 12.9.2000: „Surfen als neue Sucht: Internet-Nutzer werden zunehmend abhängig von der virtuellen Welt“ und „In der Unverbindlichkeit liegt die Gefahr: Vor allem Jugendliche und Männer sind abhängig vom Internet, besagen Studien aus München und Berlin.“ Empfehlung hierzu: Hans Joachim Störig, „Abenteuer Sprache“, Humboldt-Verlag. Ebenda, S. 215. Ruth Heil, „Wer redet, sündigt – wer schweigt, auch“, Johannis-Verlag, 1998, S. 233. Prepare/Enrich, „Eine starke Ehe bauen“, S. 5. WELT AM SONNTAG vom 10.12.2000, S. 13. Reinhold Ruthe, „Eins und eins sind wir – Acht Strategien für eine lebendige Partnerschaft“, BrendowVerlag, 1999, S. 8ff. Friedemann Schulz von Thun, Johannes Ruppel, Roswitha Stratmann, „Miteinander reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte“, Rowohlt, 2000, S. 66ff.; vgl. auch Friedemann Schulz von Thun, „Miteinander reden 1 – Störungen und Klärungen“, Rowohlt, 1992, S. 44ff. Jörg Zink, „Erfahrung mit Gott“, Kreuz-Verlag, Stuttgart, 1990, S. 174.319. Ruth Heil, „Wer redet, sündigt – wer schweigt, auch“, S. 235. DIE WELT-online vom 29.3.2000 und 11.10.2000. 163 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 164 Das Buch wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Pulitzerpreis, und in insgesamt 26 Sprachen übersetzt. Die nach dem Buch gedrehte achtteilige Serie wurde auch im deutschsprachigen Fernsehen gesendet. Rolf Froböse, „Amerikaner suchen ihre Wurzeln – Genanalysen sollen transatlantische Verwandtschaften transparent machen“, DIE WELT-online vom 3.4.2000 René A. C. Hoksbergen/Martin R. Textor (Hg.), „Adoption: Grundlagen, Vermittlung, Nachbetreuung, Beratung“, Lambertus, Freiburg, 1993, S. 41-62. Bruno Vollmert, „Das Molekül und das Leben“, Rowohlt, 1985, zit. in Eduard Ostermann, „Der Tanz ums goldene Kalb“, Hänssler-Verlag, 1997, S. 15.19. P. P. Grassé, „Evolution of Living Organisms“, New York, 1977, zit. in „idea-Spektrum”, 33/1999, S. 4. Zit. in „idea-Spektrum”, 33/1999, S. 4. Michael Denton, „Evolution: A Theory in Crisis“, Burnett, London, 1985, S. 358. Vgl. Willem J. Ouweneel, „Evolution in der Zeitenwende“, Reihe „Wort und Wissen“ Bd. 16, HänsslerVerlag, S. 225-236; Studiengemeinschaft WORT UND WISSEN, „Schöpfung und Wissenschaft“, HänsslerVerlag, 1990, S. 41-46. D. M. S. Watson, Artikel „Adaption“ in „Nature“ 123, 1929, S. 233. Nach Eduard Ostermann, „Der Tanz ums goldene Kalb“, Hänssler-Verlag, 1997, S. 16f. L. H. Matthews, „Introduction“ to C. R. Darwin, „The Origin of Species”, London, 1859; repr. 1971, S. X. Vgl. Eduard Ostermann, „Der Tanz ums goldene Kalb“, S. 18ff.; Reinhard Junker/Siegfried Scherer, „Evolution – Ein Kritisches Lehrbuch“, Weyel Lehrmittelverlag, Gießen, 1998 (4. Aufl.), Teile III bis VI. Werner Gitt, „Fragen, die immer wieder gestellt werden“, CLV, Bielefeld, 1992 (10. Aufl.), S. 56. 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Vgl. Junker/Scherer, „Evolution – Ein Kritisches Lehrbuch“, S. 275. Werner Gitt, „Fragen, die immer wieder gestellt werden“, S. 57f. Adolf Portmann, „Einführung in die vergleichende Morphologie der Wirbeltiere“, Basel, 1976 (5. Aufl.), S. 314. Vgl. Junker/Scherer, „Evolution – Ein Kritisches Lehrbuch“, S. 296-306. Wobei viele unserer Sinnesleistungen bei weitem von den Sinnesleistungen verschiedener Tiere übertroffen werden, was Komplexität und Leistungsfähigkeit betrifft. Werner Gitt, „Faszination Mensch“, CLV, Bielefeld, 1996; vgl. auch Eduard Ostermann, „Der Tanz ums goldene Kalb“, S. 25f. IBM baut einen Supercomputer, der – mithilfe eines neuen Algorithmus des National Human Genome Research Institutes – die Rechenzeit (bei 7,5 Billionen Berechnungen pro Sekunde) auf rund einen Monat verkürzen soll. Wörtlich: „ein ewiges Evangelium“. Jörg Zink, „Erfahrung mit Gott“, S. 138. Die theistische Evolution wurde vor allem durch den französischen Jesuitenpater und Paläoanthropologen Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955) entwickelt. Ein weiterer Vertreter der theistischen Evolution ist der Biologe Joachim Illies (1925-1982). Auch Papst Johannes Paul II. hat sich 1996 in dieser Richtung geäußert. Der Club of Rome ist ein 1968 gegründeter, lockerer Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Industriellen, die unter Berücksichtigung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Bedingungen die „Lage der Menschheit“ untersuchen und deuten. (Bekannteste Publikation: Die Grenzen des Wachstums, 1972) 165 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 166 Nach Jesaja 43,1. Vgl. das christliche Internet-Forum www.joemax.de. PC-WELT online, 6.12.2000. „Das Internet ist wie ein Küchenmesser. Es kann sehr nützlich sein. Und es kann sehr gefährlich sein, vor allem in den Händen von Kindern und Verrückten. Man kann deshalb weder Messer noch Internet verbieten. Aber man muss versuchen, Schaden zu verhindern.“ (Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 13.12.2000) Vgl. „Vor dem Aussterben retten?“ in FACTUM-online vom 26.10.2000 (Projekte zur Rettung des asiatischen Wildrindes, der spanischen Bergziege und des australischen Beutelwolfs). „Patent für Tier-Mensch-Mischwesen?“, ebenda. U. Bäumer, „Rock – Musikrevolution des 20. Jahrhunderts“, CLV; W. Kohli, „Rockmusik und christliche Lebenshaltung“, Das Haus der Bibel, Genf, 1991 (5. Aufl.); John Rockwell, „Trommelfeuer“, Schulte & Gerth, Asslar, 1990 (7. Aufl.). Heiko Ehrhardt, „Gewalt, Satanismus und Rechtsradikalismus in der Rock-Szene“, MATERIALDIENST der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, 11/97, S. 321-334. „Sterben ist schön!“ in: DER SPIEGEL, 51/2000, S. 79. Elberfelder Studienbibel, Lex. 1219. DER SPIEGEL, 51/2000, S. 78ff. ERF-Fernsehsendung „Hof mit Himmel: Halloween – die Nacht der Hexen“ vom 29.10.2000. „Ich war eine Wahrsagerin“, NEUES LEBEN, 9/2000, S. 12f. „Encyclopedia Americana“, 1977, Bd. 13, S. 725. „idea“ schweiz vom 23.10.2000; ganzer Wortlaut unter www.each.ch/resoluti.htm#Halloween 53 54 55 56 57 58 59 60 61 Z. B.: Klaus Rudolf Berger, „Harry Potter – Zauberlehrling des 21. Jahrhunderts“, Verlag und Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland, Wuppertal 2000, ISBN: 3-87857-303-0; John Houghton, „Was bringt Harry Potter unseren Kindern?“, BrunnenVerlag, Basel, ISBN 3-7655-5867-2. Fast die Hälfte aller deutschen Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren lesen nicht! Jörg Zander, „Wer hat Angst vor Harry P.?“, PRO, 3/2000, S. 6. Klaus Rudolf Berger, „Zauberlehrling Harry Potter“, in „factum“, 10/2000. Sie lauten: 1. Wir haben uns geändert: „geht nicht“ gibt’s nicht ... Allein der Kunde bestimmt die Servicequalität. 2. Wir helfen Ihnen weiter: freundlich und unbürokratisch. 3. Wir lassen Sie nicht warten: schnell und kompetent. 4. Wir wollen, dass Sie sich wohl fühlen: sicher und sauber. 5. Wir halten, was wir versprechen: zuverlässig und umfassend. Eine Suchanfrage im Internet ergab Ende 2000 über 838.000 Fundstellen allein im deutschsprachigen Angebot. „Deutschland ist der Meister in Kundenfeindlichkeit“, lt. Marc Bergmann (Hg.) in: „Servicewüste Supermarkt“, Grupello-Verlag, 1999. Eine besondere Art von Kompetenz in der Servicewüste Deutschland, eine „persönliche Dienstleistungskultur“ will Stefan F. Gross in „Ausbruch aus der Servicewüste“ (mi-verlag) vermitteln. Die Internetseite www.servicewueste.de veröffentlicht Verbraucherbeschwerden, benotet die Reaktionen der Firmen und zeichnet einmal im Monat ein Unternehmen für den besten Service aus. Stefan Krempl, „Mehr-Wert durch Dienst-Leistung?“, in www.heise.de/tp/deutsch/special/eco/1312/1.html. Ebenda. 167 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 168 Markusevangelium 10,45. Bernd Ulrich, Leitartikel „Die wahrste Geschichte“ in DER TAGESSPIEGEL vom 24.12.2000. Heiner Geißler, „Wo ist Gott? Gespräche mit der nächsten Generation“, Rowohlt, Berlin, 2000, S. 112. Passah war ein jüdisches Fest, an dem der Befreiung der Israeliten aus Ägypten gedacht wurde. Heiner Geißler, „Wo ist Gott? Gespräche mit der nächsten Generation“, S. 112f. Stephan Holthaus, „Operation Zukunft“, BrunnenVerlag, Gießen, 2000, S. 51. Vgl. Christian Otto, „Die Bedeutung der Arbeit für die Persönlichkeit des Menschen“, Hausarbeit im Fachbereich Psychologie, Sommersemester 1999, www.hausarbeiten.de Vgl. Werner Gitt, „Faszination Mensch“, S. 105 ff. Peter Hahne, „Was wirklich wichtig ist“, MedienContor, Hamburg, 1997, S. 92. Vgl. hierzu den Vortrag von Dr. Thomas Schirrmacher „Arbeit – mit Eifer und Sinn“, Pfingsten 1999, in: „Das Fundament“ 6/99 (im Internet: www.dctb.de/ fun99_6.htm). Stephan Holthaus, „Operation Zukunft“, S. 52. Stephan Zöller, „Was Mönche und Manager verbindet“ in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 8.1.2001. Die Dissertation ist als Buch erschienen: Johannes Claudius Eckert, „Dienen statt Herrschen. Unternehmenskultur und Ordensspiritualität“, SchöfferPoeschel-Verlag, Stuttgart, 2000. Dr. Thomas Schirrmacher, „Arbeit – mit Eifer und Sinn“, s. o. FOCUS 49/2000. Siehe auch Tipp am Ende des Kapitels. „Biblisches Wörterbuch“, Brockhaus-Verlag, Wuppertal, 1997 (7. TB-Auflage), S. 23. 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 Ich habe diese Begebenheit gefunden bei Heinz Schäfer (Hg.), „Mach ein Fenster dran“, Christliches Verlagshaus, Stuttgart, 1976, S. 155f. Vgl. Peter Markl, „Alles Schicksal in den Genen?“, WIENER ZEITUNG vom 15.10.1999: „Die Ansichten genetischer Deterministen sind mit Sicherheit ebenso fern von der Wahrheit wie diejenigen der ,UmweltExtremisten’.“ Eva Schindele, „Mythos Gen“, RadioBremen-Sendung vom 21.8.1999. DIE ZEIT vom 7.12.2000. Der mehrfach geehrte Neurophysiologe gehört u. a. zu einem Kreis von 80 ausgewählten Wissenschaftlern, die den Vatikan beraten. Florianne Koechlin, „Mythos Gen“, 20.2.1999 in www.blauen-institut.ch ZÜRCHER TAGESANZEIGER vom 13.5.1998. Sein Aufenthalt in Ägypten fällt vermutlich in die Zeit der Hyksosdynastie (1785-1540 v. Chr.). Z. B. Thomas Mann, „Joseph und seine Brüder“. 1. Mose/Genesis 39,2-4. Ebenda, Vers 9. Ebenda, Verse 21-23. Vgl. Traum des babylonischen Königs Nebukadnezar in Daniel 2. 1. Mose/Genesis 41,38.41. 1. Mose/Genesis 45,3. Ebenda, Verse 5 und 8. 4. bis 6. Februar 1999 in Stuttgart-Fellbach. Ein modernes Beispiel hierfür ist die Biographie des bekannten Neurochirurgen Ben Carson (er trennte erfolgreich die Binder-Zwillinge aus Ulm, die am Kopf zusammengewachsen waren). Obwohl er in den Slums von Detroit aufwuchs, gelang es seiner Mutter, ihm eine Vision für die Zukunft zu vermitteln – trotz schlechtester Voraussetzungen, Wohnverhältnisse und Lebensumstände. 169 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 170 Carlo Maria Martini/Umberto Eco, „Woran glaubt, wer nicht glaubt?“, dtv, München, 2000 (2. Aufl.), S. 35. Am selben Nachmittag lief bei Fliege die Talkshow zum Thema „Jugendsünden“, in einem anderen Kanal ging es bei Britt Reinecke ums Thema „Ich bin jung, allein, ohne Job und jetzt auch noch schwanger.“ Johannesevangelium 1,9. „Neues Leben“, 12/2000, S. 34f. DIE WOCHE vom 6.12.2000. DER SPIEGEL, 49/2000, S. 249. „Bild der Wissenschaft“ online vom 18.12.2000. Studie von Dr. William S. Breitbart und Team am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center und am Calvary Hospital. Jörg Zink, „Erfahrung mit Gott“, S. 248. Ebenda. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 13.12.2000. Jörg Zink, „Erfahrung mit Gott“, S. 249. WELT AM SONNTAG, 10.12.2000. Die Aussagen von Dr. Volker Diehl sind dem in „ideaspektrum“ 47/2000 (S. 18-19) abgedruckten Interview entnommen. Folgende Ausführungen sind „idea-spektrum“ 1/2001 (S. 20-21) entnommen. Näheres zum Hilfswerk „Leben und Hoffnung“ unter Tel. 0 26 89/97 90 90 oder im Internet: www.leben-und-hoffnung.de Nicht-wahrhaben-Wollen, Zorn, Verhandeln, Depression, Zustimmung. Siehe z. B. Helmut Harsch, „Theorie und Praxis des beratenden Gesprächs“, Chr. KaiserVerlag, München, 1979 (4. Aufl.), S. 124. Ebenda, S. 125. „idea-spektrum“ 47/2000, S. 19. Jörg Zink, „Erfahrung mit Gott“, S. 249. 111 112 113 114 115 116 117 Am bekanntesten auf diesem Gebiet sind wohl die Studien und Publikationen von Dr. Raymond Moody und Dr. Elisabeth Kübler-Ross. Daher die Fachbezeichnung im Englischen: near-death experiences (NDEs). Victor Zammit, „A Lawyer presents the case for the afterlife“, 1999: „Without doubt, the near experience together with the out of body experience and with other objective evidence of the psychic phenomena presented in this work, constitute a most powerful irrefutable objective argument for the afterlife.“ Es handelt sich um den Neuropsychiater Peter Fenwick vom Londoner Institut für Psychiatrie und den Mediziner Sam Parmia von der Uni-Klinik Southampton (DIE WELT vom 25.10.2000). Vgl. auch Peter Fenwick/Elizabeth Fenwick, „The Truth in the Light – An investigation of over 300 near-death experiences“, Headline Book Publishing, London, 1995. DER SPIEGEL 51/2000, S. 78ff. Vgl. S. 57f. in diesem Buch. Vgl. 1. Korintherbrief 15,26.55. „Allerorts drängt sich dem Menschen die Tatsache auf, dass alles um ihn her den Stempel der Vergänglichkeit trägt; diese für ihn peinliche Feststellung ändert jedoch nichts an seinem angeborenen Wunsch nach Unsterblichkeit“, schreibt Alexandra David-Néel in „Unsterblichkeit und Wiedergeburt“, (Nymphenburger-Verlag, München, 2000). Ende 2000 lief im Pariser Grand Palais die Kunstausstellung „Visions du Futur“, deren erster Teil dem Wunsch nach Unsterblichkeit gewidmet war. „Ägyptische Sarkophage, griechische Vasen, afrikanische Statuen und chinesische Grabfiguren, aber auch ein erster Comicstrip – von Urzeiten bis heute wünscht sich der Mensch, über seinen Tod hinaus weiterzuleben.“ (WELT AM SONNTAG vom 15.10.2000) 171 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 172 Siehe „Brockhaus Biblisches Wörterbuch“, BrockhausVerlag, Wuppertal, 1997 (7. TB-Auflage), S. 313ff: „Das Neue Testament kennt keine ,unsterbliche’ Seele, die abgesehen vom Leib denkbar wäre.“ „Ohne dass es uns bewusst ist, haben wir ein altes griech.-philosophisches Verständnis von der ,Seele’ übernommen, das im Laufe der Zeit die biblischen Aussagen verdrängt hat.“ „Nach biblischem Verständnis hat der Mensch keine Seele, er ist Seele. Auch gibt es kein automatisches Weiterleben nach dem Tod: wir haben von Natur aus nichts Unsterbliches an uns.“ „Der Leib-SeeleGegensatz mit seinen verhängnisvollen Folgen ist als unbiblischer Irrtum erkannt.“ Vgl. auch Heiner Geißler, „Wo ist Gott?“, S. 136. Siehe z. B. Johannesevangelium 5,28.29; Prediger 9,5.10; 1. Korintherbrief 15,51.52; 1. Thessalonicherbrief 4,13-17. WELT AM SONNTAG vom 14.1.2001; vgl. SCIENCE vom 12.1.2001. DIE ZEIT 1/2001 vom 28.12.2000. Ebenda. DIE ZEIT 50/2000 vom 7.12.2000. WELT AM SONNTAG vom 17.12.2000. H. Spencer, zit. in Helmut Thielicke, „Theologische Ethik“, Bd. 1, Tübingen, 1965 (3. Aufl.), S. 488. DIE ZEIT 1/2001 vom 28.12.2000. Ebenda. DER SPIEGEL 49/2000 vom 4.12.2000. DIE ZEIT 1/2001 vom 28.12.2000. Heiner Geißler, „Wo ist Gott?“, S. 91. Vgl. auch meine Ausführungen zu den Zehn Geboten als Schutzplanken im 5. Kapitel von „Licht am Horizont“, Advent-Verlag, Lüneburg, 1998. Seit 1993 haben sich in den USA etwa drei Millionen Teenager der Aktion „Wahre Liebe wartet“ angeschlossen. In Deutschland sind es rund 10.000 Jugendliche. 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 Infos: Wahre Liebe wartet, Postfach 64, D-74415 Gschwend, Tel. 0 62 54/3 71 91. Vgl. Bericht über fünf Bremer Jugendliche in der WELT AM SONNTAG vom 26.11.2000. WELT AM SONNTAG vom 17.12.2000. Beispielsweise Siebenten-Tags-Adventisten. So z. B. Prof. Volker Diehl in „idea-spektrum“ 47/2000, S. 18. Vgl. die jährliche „Aktion Lohnender Verzicht“ vom Blauen Kreuz in Deutschland (Tel. 02 02/6 20 03-0, Internet: www.blaues-kreuz.de). Vgl. Maleachi 3,10.11. Auf dem 2. Kongress für christliche Führungskräfte 2001 in Kassel, „idea-spektrum“ 2/2001, S. 14. Dr. Reinhard Köller auf dem 2. Kongress christlicher Führungskräfte 2001 in Kassel, „idea-spektrum“ 2/2001, S. 13. Sehr interessant nachzulesen im 12. Kapitel des ersten Samuelbuches. „Ge-wissen“, lat. con-scientia. Ausführliches dazu in Siegfried Kettling, „Das Gewissen“, Brockhaus-Verlag, Wuppertal, 1992 (4. Aufl.). Stephan Holthaus, „Trends 2000“, Brunnen-Verlag, Gießen, 1998 (3. Aufl.), S. 171. Michail Gorbatschow, russischer Politiker. Siehe Anmerkung 37. Stephan Holthaus, „Operation Zukunft“, S. 26. SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 2.1.2001. Kommentar „Ein neues Menetekel“ in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 23.1.2001. Klaus Töpfer, „Unbarmherzig präsentiert die Natur uns ihre Rechnung“ in WELT AM SONNTAG vom 28.1.2001. Ebenda. 173 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 174 Carlo Maria Martini/Umberto Eco, „Woran glaubt, wer nicht glaubt?“, S. 25. Ebenda, S. 28. 1. Mose/Genesis Kapitel 3. Jerry Jenkins und Tim La Haye. Vgl. auch 1. Thessalonicherbrief 4,14-17. Offenbarung 6,16. Offenbarung 21,3. Matthäusevangelium 24,14. Matthäusevangelium 25,31ff. Die „Tausend Jahre“, auch Millennium genannt, sind die Zeitspanne zwischen der Wiederkunft Jesu und dem Vollstreckungsgericht, also der Vernichtung Satans, seiner Engel (Dämonen) und der Menschen, die sich gegen Gott entschieden haben. Während des Millenniums gibt es keine lebenden Menschen auf der Erde, da die Gläubigen bei Jesus sind und die Nichtgläubigen das Kommen Jesu nicht überleben. (Vgl. Offenbarung 20,1-15) Offenbarung 20,1-15; 2. Petrusbrief 3,11-13. Vgl. Offenbarung 21,3-5. Carlo Maria Martini/Umberto Eco, „Woran glaubt, wer nicht glaubt?“, S. 32f. In meinem Buch „Licht am Horizont“ (Advent-Verlag Lüneburg, 1998) widme ich ein ganzes Kapitel diesem Thema: „Was kommt nach dem Euro?“, S. 117-136. Micha 5,1 – vgl. Matthäusevangelium 2,1; Lukasevangelium 2,4. Beides ergibt sich aus einem Studium der Ankündigung Daniels über die 70 prophetischen Wochen (= Jahrwochen, d. h. 490 Jahre) „Gnadenfrist“ für das Volk Israel im neunten Kapitel seines Buches. Siehe Tipp unter „Was hilft weiter?“ am Ende dieses Kapitels. Jesaja 61,1.2 – vgl. Lukasevangelium 4,18ff. Sacharja 11,12 – vgl. Matthäusevangelium 26,15. 170 171 172 173 174 175 176 177 178 Psalm 22,17 – vgl. Johannesevangelium 20,25. Psalm 22,19 – vgl. Johannesevangelium 19,24. Jesaja 53,9 – vgl. Matthäusevangelium 27,57. Matthäusevangelium 20,19 und 27,63 – vgl. 28,6. „Dake’s Annotated Reference Bible“, Dake Bible Sales, Lawrenceville, Georgia, 1961. Werner Gitt, „So steht’s geschrieben“, Hänssler-Verlag, 1992 (2. Aufl.), S. 137ff. Ebenda, S. 144.134. Heiner Geißler, „Wo ist Gott?“, S. 129. Stephan Holthaus, „Operation Zukunft“, S. 34. 175