- Stadtkino Wien

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- Stadtkino Wien
Dezember 11 | #496
Das Kommunale Kino Wiens, Schwarzenbergplatz 7-8, 1030 Wien
Ulrich Köhler, „Schlafkrankheit“, ab 16. Dezember 2011 im Stadtkino
Festival „This Human World“, 2. bis 8. Dezember 2011 im Filmhaus Kino
Astrid Heubrandtner, „Mein Haus stand in Sulukule“,ab 9. 12. im Filmhaus Kino
Harun Farocki und Peter Weibel zu Gast im Filmhaus Kino
„FALTER Kino-Dienstag“, jede Woche im Filmhaus Kino
Zeit der Südwanderung
Postkoloniale Verhältnisse: Der Berliner Filmemacher Ulrich Köhler reist nach Kamerun
und kehrt mit dem Spielfilm „Schlafkrankheit“ zurück. Souverän verhandelt der die
Fremdheits-erfahrungen zweier Europäer. CRISTINA NORD
A
ls ein Schuss fällt, schreckt Alex Nzila (Jean-Christophe
Folly) von seiner Lagerstätte auf. Es ist dunkel, seine
Taschenlampe ist die einzige Lichtquelle, zu sehen ist
nichts als das, was sie anleuchtet, ein Ast hier, ein Stamm da,
dichte Blätter dort. Nach ein paar Sekunden taucht aus dem
Dunkel eine zweite Taschenlampe auf; der Jagdführer hält sie.
Alex und der Mann bahnen sich einen Weg durch den Wald,
vor ihnen, im Lichtkegel, flattert ein Falter, für Momente sieht
es aus, als wollte das Insekt sie zu der Stelle geleiten, wo die
Kugel die Beute niedergestreckt hat. Doch bevor es so weit ist,
verliert sich das Bild in vollständiger Dunkelheit. Was genau es
war, was getroffen wurde, ein Tier, ein Mensch, ob überhaupt
etwas getroffen wurde, man wird es nie erfahren.
Schlafkrankheit, der dritte auf der Berlinale mit einem Silbernen Bären ausgezeichnete Spielfilm des Berliner Regisseurs
Ulrich Köhler, erforscht mit Hingabe die Finsternis der Kameruner Nächte. Eine Erfahrung aus der Kindheit Köhlers wird
dabei eine Rolle gespielt haben. Als er ein Junge war, lebte er
mit seinen Eltern in einem Dorf im damaligen Zaire. Beim
Versteckspiel nach Einbruch der Dunkelheit reichte es, sich
auf eine Wiese im Garten zu legen, und schon war man unsichtbar für die anderen Kinder. In Ländern, die dem Äquator nah sind, gibt es keine Dämmerung. Die Nächte brechen
von einem Augenblick auf den nächsten herein, ihr Schwarz ist
umso tiefer, je weniger elektrisches Licht der Himmel zurückwirft. Für den Kameramann von Schlafkrankheit, Patrick Orth,
war es eine Herausforderung, die Dunkelheit auf diese Weise zu
filmen. Besonders die Szenen, in denen eine Taschenlampe die
einzige sichtbare Lichtquelle ist, verlangten ihm und den Beleuchtern einiges ab. Bei den Aufnahmen im Wald wurden die
Scheinwerfer so positioniert, dass sie gegen Holz reflektierten,
und manchmal mussten die Beleuchter sich mit ihren zusätzFortsetzung auf Seite 2 »
Inhalt
Afrika, revisited
Regisseur Ulrich Köhler
über seinen Film „Schlafkrankheit“
3
Carpenter meets Phettberg
Die nächsten Programme des
„FALTER Kino-Dienstag“ im Filmhaus Kino.
5
Special Guests
Sonderveranstaltungen mit
Harun Farocki und Peter Weibel.
Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
7
Ulrich Köhler, „Schlafkrankheit“
02
StadtkinoZeitung
Präzise, gleichzeitig lyrische Blicke auf postkoloniale Verhältnisse in Kamerun: „Schlafkrankheit“ von Ulrich Köhler, prämiert bei der Berlinale 2011.
» Fortsetzung von Seite 1
lichen, im späteren Kinobild nicht sichtbaren
Lichtquellen synchron zu den Darstellern bewegen.
Köhler erkundet mit Schlafkrankheit neues
Terrain, nicht nur, weil er seine Zuschauer
nach Kamerun versetzt, sondern auch, weil
er einen bestechend genauen, unaufgeregten
Blick auf die postkolonialen Verhältnisse wirft.
Der Film arbeitet mit zwei Hauptfiguren. Bis
zur 35. Minute kreist er um Ebbo Velten (Pierre Bokma), einen Arzt und Entwicklungshelfer
in Yaoundé, der Hauptstadt von Kamerun. Seine Frau Vera (Jenny Schily) und er sind im Begriff, nach Deutschland zurückzukehren, ihre
heranwachsende Tochter besucht dort schon
seit zwei Jahren ein Internat. Nach Kamerun
kommt sie nur in den Ferien. In einer Szene
vertreiben sich die Veltens die Zeit an einem
Fluss. Während der Vater und die Mutter auf
die andere Seite schwimmen und von dort
die Tochter beobachten, bleibt sie im Wagen,
vertieft in die Lektüre eines Buchs. Die Totale
auf das Auto am Ufer macht die Entfernung
zwischen ihr und ihren Eltern, zwischen der
deutschen Provinz und Yaoundé erkennbar.
Später wird der Vater versuchen, die Tochter
ins Wasser zu ziehen; für ihn ist das ein Spiel,
für sie eine Belästigung. Sie fürchtet sich vor
Joseph Conrads Herz der Finsternis
pocht in diesem Film zunehmend lauter.
den Erregern der Bilharziose, obwohl die in
fließenden Gewässern nicht vorkommen.
Aber vielleicht fürchtet sie sich auch einfach
nur davor, dass sie sich an diesem Licht, diesem
Wasser, diesem Himmel, dieser Luft anstecken
könnte, vielleicht fürchtet sie, dort zu landen,
wo Ebbo schon ist: auf der anderen Seite des
Joe DiPietro
Deutschsprachige Erstaufführung
Ralph und Carol –
Noch einmal verliebt
Eine Liebesgeschichte, die ganz schlicht,
ganz ehrlich, ganz wundervoll ist.
mit Otto Schenk, Christine Ostermayer,
Ingrid Burkhard und Thomas Weinhappel
» Das Ensemble entzückt rundum.« Presse
» Was Schenk und seine beiden kongenialen Kolleginnen Christine
Ostermayer und Ingrid Burkhard zeigen, lässt das Herz jedes
Theater-, und Opernliebhabers garantiert höher schlagen.« Kurier
jetzt wieder in den Kammerspielen
www.josefstadt.org
Karten und Info unter: T 01-42-700-300
,16(5$7B5$/3+B&$52/B6WDGWNLQRBILQLQGG
Flusses, dort, von wo aus die Rückkehr nicht
ohne Weiteres möglich ist, das Dortbleiben
aber auch nicht.
Nach einer Schwarzblende macht der Film
einen kühnen Sprung, indem er Ebbo Velten
fürs Erste verschwinden lässt und stattdessen
Alex Nzila in den Mittelpunkt rückt, einen
Arzt aus Paris mit kongolesischen Vorfahren.
Er reist nach Kamerun, um im Auftrag der
Weltgesundheitsorganisation Veltens Projekt
zur Bekämpfung der Schlafkrankheit zu evaluieren. Kaum ist er am Flughafen von Yaoundé
gelandet, glückt ihm nichts mehr, kein Gespräch verläuft ohne Missverständnisse, keine
Interaktion ohne die Sorge, übers Ohr gehauen zu werden. Wenn Alex am Flughafen ein
Taxi nehmen möchte, mündet die Szene in
Geschrei, wenn er Zigaretten kaufen möchte,
rechnet er den Preis falsch um, wenn er, am
Ende des Films, vor Durst fast umkommt und
ihm der Jagdführer einen Becher mit Flusswasser reicht, ist klar: Sollte er dieses Wasser trinken, hat er eine Woche lang Durchfall.
Alex Nzila findet sich in Kamerun viel weniger zurecht als Ebbo Velten. Womit nicht gesagt ist, dass der Weiße gut klarkäme - er folgt
dem Drang, sich als Chef und Checker zu
beweisen, gleich ob gegenüber dem Wächter
seines Wohnhauses oder gegenüber den Polizisten an einer Straßensperre.Wenn er sich zurückhält, wie bei einem Abendessen in einem
chinesischen Lokal, übernimmt sein französischer Freund (Hippolyte Girardot) den Part
des Kolonialherrn. Schlafkrankheit zeichnet das
Leben der Expatriates mit mildem Spott. Ihre
Welt steckt voller Privilegien und voller Angst,
die Nichtprivilegierten könnten sich dafür rächen, dass sie keine Privilegien genießen.
Wenn man Köhlers feinen Beobachtungen
folgt, fragt man sich, warum Afrika in der europäischen Vorstellungskraft so oft so überhitzte Fantasien entfacht - etwa von der weißen Frau, die sich dem edlen Wilden hingibt
(Die weiße Massai), oder von der geschundenen
somalischen Schönheit, die erst auf den Laufstegen dieser Welt zu sich selbst findet (Wüstenblume). Selbst eine so sensible Filmemacherin wie Claire Denis kommt in ihrer jüngsten,
ebenfalls in Kamerun gedrehten Arbeit White
Material nicht ohne Kindersoldaten, Bürgerkrieg und die Vertreibung weißer Farmer aus,
so dass ein jenseits der Zeit angesiedeltes Afrikabild entsteht, eine willkürliche Kreuzung
aus Simbabwe, Elfenbeinküste und Norduganda. Ulrich Köhler setzt auf einer viel alltäglicheren Ebene an, und gerade das macht
es ihm möglich, asymmetrische Macht- und
Kräfteverhältnisse in einer postkolonialen Gesellschaft in den Blick zu nehmen, die Aporien
etwa einer Entwicklungshilfe, die diejenigen,
die helfen, ebenso abhängig macht wie die,
denen geholfen wird. Treu bleibt sich Köhler,
wo es um die Konzeption seiner Figuren geht.
Ebbo Velten etwa ist in seiner Unentschiedenheit, in seiner halbherzigen Abwendung von
seiner Familie ein Wiedergänger der Protagonistin von Montag kommen die Fenster (2006).
Eine zentrale Afrikafiktion spielt dann doch
eine Rolle. Joseph Conrads Herz der Finsternis
pocht in Schlafkrankheit umso lauter, je weiter
Alex ins Hinterland reist. Der Pariser Arzt erinnert an den Flussdampferkapitän Marlow,
Ebbo Velten an Colonel Kurtz. Nun steckt ein
großes Missverständnis der Weltliteratur in der
Annahme, das Herz der Finsternis schlage irgendwo den Kongo flussaufwärts, an dem Ort,
an dem Kurtz den Verstand verliert und „the
horror, the horror“ murmelt. In Wirklichkeit
schlägt das Herz der Finsternis in Brüssel, denn
dort ersinnen die belgischen Regierungsbeamten die perfiden Maßnahmen, mittels derer
sie sich die Herrschaft über das afrikanische
Land sichern. Sie, nicht die Kongolesen, sind
die wahren Barbaren.
Köhler ist diese tragische Pointe nicht entgangen. Den kolonialen Angstlustfantasien von
Selbstverlust und Wahnsinn des weißen Mannes
auf dem schwarzen Kontinent begegnet er mit
Skepsis und einem erfrischenden Ausfallschritt
Richtung Komödie. Zudem bezieht er sich auf
ein zweites Buch, Zeit der Nordwanderung von
1966. Geschrieben hat es der sudanesische Autor Tajjib Salich, es ist eine Art Gegenstück zu
Shakespeares Othello, ein Beispiel für das „writing
back“ genannte Verfahren von Schriftstellern in
kolonialisierten Ländern, die kanonischen Texte
der Kolonialsprache aufzugreifen und umzudeuten. Der namenlose Erzähler, ein junger Mann,
hat in London Literatur studiert und muss bei
der Rückkehr in das Dorf seiner Kindheit feststellen, dass ihm englische Sonette nichts nützen.
Er begegnet einem älteren, geheimnisumwobenen Fremden, Mustafa Said, der ebenfalls in
England gelebt hat. Beide haben ihren sicheren
Platz in der Dorfgemeinschaft eingebüßt, beide
treibt die Entfremdung an das Ufer des Nils und,
im Falle des Älteren, weit darüber hinaus.
Auch am Ende von Schlafkrankheit fließt ein
Fluss. Anders als bei Salich geht bei Köhler
niemand darin unter. Nur das Privileg, mit
sich selbst identisch zu bleiben, versinkt in den
sanft gekräuselten Wellen.
•
Ulrich Köhler
Schlafkrankheit
(Deutschland/Frankreich/
Niederlande 2011)
Regie und Drehbuch Ulrich Köhler
Darsteller Pierre Bokma, Jean-Christophe Folly,
Jenny Schily, Hippolyte Girardot, Sava Lolov
Kamera Patrick Orth
Schnitt Katharina Warterna, Eva Könnemann
Musik Sounddesign: Tobias Peper
Ton Julien Sicart, Mischung: Matthias Schwab
Produktion Janine Jackowski (Komplizen Film
GmbH), Maren Ade (Komplizen Film GmbH),
Katrin Schlösser (öFilm)
Verleih StadtkinoFilmverleih
Länge 91 Min.
Technik 35mm / Farbe / 1:1,85
Fassung OmU
Auszeichnung Silberner Bär für die beste
Regie bei der Berlinale 2011
Ab 16. Dezember 2011 im Stadtkino.
Preview am 13. Dezember im
Filmhaus Kino.
Ulrich Köhler, „Schlafkrankheit“
StadtkinoZeitung
03
Privilegierte Aussenseiter
Entwicklungshilfe, Nilpferde, stilistische Brüche: Regisseur Ulrich Köhler
im Gespräch über seinen Spielfilm „Schlafkrankheit“.
Du erzählst die Geschichte eines Menschen, der sich
zwischen den Welten verliert.War Ebbos Figur der
Ausgangspunkt der Geschichte?
Am Anfang stand für mich die Lebenswelt der
internationalen Helfer in Afrika. Ich habe mich
gefragt, wie Menschen in einer Umgebung leben, in der sie immer privilegierte Außenseiter
bleiben. Meine Eltern waren Entwicklungshelfer in Zaire. Ich bin einige Jahre in einem
kleinen Dorf an einem Nebenfluss des Kongo
aufgewachsen. Mein Bruder und ich haben
sehr viel Zeit auf dem Wasser und sehr wenig
in der Schule verbracht. Meine Mutter hat uns
unterrichtet.
Ulrich Köhler: „Dies ist
kein Film über Afrika.
Es ist ein Film über
Europäer in Afrika. Ein
Film über Europa.“
Menschen mit afrikanischen Wurzeln gibt es
in allen Schichten und Berufen. Aber beim
Casting habe ich gemerkt, dass dunkelhäutige
Schauspieler auch dort meistens Klischees von
illegalen Einwanderern oder Drogendealern
bedienen müssen. Eine Figur wie Alex ist selten.
Habt ihr eure afrikanischen Darsteller in Kamerun
gefunden?
Das Casting war sehr aufwändig. Ulrike Müller
und Kris de Bellair haben Großes geleistet.
Schauspielregie ist zu 80% Besetzungsarbeit,
das wird häufig unterschätzt. Mit einem guten
Drehbuch und der richtigen Besetzung kann
der Regisseur nicht viel kaputt machen. Das
war an manchen Tagen meine Rettung. Die
afrikanischen Darsteller kommen alle aus
dem Land. Kris de Bellair hat sie in Kamerun
gesucht. Wir wollten auf Laien setzen. Profis in
Kamerun lieben illustratives Spiel und übertriebene Gesten. Am Ende haben wir doch
einige Schauspieler besetzt. Wir haben gemerkt, dass sie sich sehr gut umstellen können,
wenn wir sie bitten, sich auf die Spielsituation
einzulassen.
Kommt daher die Erzählung über das Nilpferd?
Ja, es gab dort Nilpferde und mein Vater ist mit
uns Kindern in einem kleinen Einbaum hinter
ihnen her gepaddelt. Die Menschen im Dorf
haben uns gewarnt, aber mein Vater hat das
nicht ernst genommen. Nachdem wir das Dorf
verlassen hatten, ist eine amerikanische Ärztin
von einem der Tiere getötet worden und die
Leute haben behauptet, der Leiter des Krankenhauses habe sich in das Nilpferd verwandelt, um sie zu töten.
Das klingt nach einer aufregenden Kindheit.
Umso brutaler war die Rückkehr nach
Deutschland. Wir verloren unsere Freunde und
tauschten ein freies Leben in der Natur gegen
die Enge einer hessischen Kleinstadt. Es war
auch moralisch ein Schock: die ungerechte
Verteilung des Wohlstandes zwischen den
Kontinenten war selbst für einen Neunjährigen nicht zu übersehen.
Ich begann zu verdrängen und verlernte in
kürzester Zeit Kituba, den lokalen Dialekt,
der zu einer zweiten Muttersprache geworden
war. Meine Eltern hingegen wollten unbedingt zurück. Sie haben in Kamerun an dem
Krankenhaus gearbeitet, an dem wir den Film
gedreht haben. Hätte ich sie nicht besuchen
wollen, wäre ich wahrscheinlich nie wieder
nach Afrika gekommen.
Und jetzt hast du einen Film dort gedreht.
Ja, das habe ich mir lange nicht vorstellen
können. Mein erster Besuch in Kamerun
war zwar ein starkes Erlebnis, aber es schien
mir vermessen als Europäer einen Film über
Afrika zu drehen. Ich wollte das nicht thematisch ausbeuten.Vielleicht war es der Roman
„Season of Migration to the North“ des
Sudanesen Tayeb Salih, der mir den Mut gab,
mein Verhältnis zu Afrika zu untersuchen. Er
handelt von einem Sudanesen der nach lange
Jahren in England zurückkehrt und feststellt,
dass er seine Heimat verloren hat. Für mich ist
Schlafkrankheit kein Film über Afrika, es ist ein
Film über Europäer in Afrika. Es ist ein Film
über Europa.
Du beginnst den zweiten Teil Deines Film mit dem
Vortrag eines Entwicklungshilfe Kritikers.Teilst Du
seine Haltung?
Nein. Afrikanische Experten, die für die
Abschaffung der Hilfen plädieren, sind populär
in der westlichen Presse. Ihre neoliberalen
Rezepte sind für mich genauso suspekt wie
der paternalistische Aktionismus von Bono
und Bob Geldof. Auf meinen Recherchereisen
bin ich vielen ausländischen Experten begegnet, die in einer schizophrenen Situation sind:
Sie empfinden ihre konkrete Arbeit als sinnvoll,
zweifeln aber am Sinn von Entwicklungshilfe
im Allgemeinen. Ich glaube nicht an einfache
Antworten und es ist vielleicht auch nicht unsere Aufgabe, Antworten zu geben. Wir sollten
vor allem ehrlicher sein und untersuchen,
mit welchen Regierungen wir aus welchen
Gründen zusammenarbeiten. Reiche Länder
könnten die Situation der Armen verbessern,
aber das verlangt Opfer, zu denen wir nicht
bereit sind. So sind sich die meisten Experten
einig, dass Agrarsubventionen in den Industrieländern die Entwicklung Afrikas behindern.
Die zweite Hauptfigur, Alex, regt sich über den
neoliberalen Vortrag auf. Schon bei seiner ersten Reise
als Gutachter nach Afrika verliert er alle Illusionen.
Alex steht am Ende ziemlich hilflos da...
Für mich hat seine Figur hohes Identifikationspotential, so habe ich mich oft gefühlt auf
meinen Reisen in Afrika. Der Wunsch, sich
richtig zu verhalten und einen natürlichen
Umgang mit den Menschen zu haben, gerät in
Widerspruch zur Angst ausgenutzt oder betrogen zu werden. Der Gutachter Alex Nzila muss
erkennen, dass er die Dinge aus seiner europäischen Perspektive nicht beurteilen kann.
Alex ist in gewisser Weise ein Pendant zu Ebbo.
Ein Mensch zwischen zwei Welten. Die Unterhaltung in der Kantine des Instituts zeigt, dass Europa
eine schwierige Heimat für ihn ist.
Alex fühlt sich als Außenseiter, auch wenn er
die Provokationen seiner Kollegen mit Humor
zu parieren weiß. Die französische Gesellschaft
ist trotz Sarkozy weltoffener als die deutsche,
Mit Patrick Orth arbeitest du schon lange zusammen. Habt ihr die Auflösung vorher ausgearbeitet
oder habt Ihr von Situation zu Situation entschieden?
Der Drehbedingungen waren anstrengend
und die Vorbereitungszeit kurz.Viele Entscheidungen sind am Drehtag gefallen. Ich war mit
den Darstellern beschäftigt, Patrick musste mir
viel abnehmen. Es gibt eine große Vertrautheit
zwischen uns. Ein paar grundlegende Dinge
hatten wir festgelegt. Die Nachtszenen sollten
realistisch sein. Wir wollten viel mit Taschenlampen arbeiten. Klar war auch, dass wir einige
Szenen höher auflösen würden. Das Abendessen beim Chinesen war der erste klassische
Schuss-Gegenschuss, den ich je gedreht habe.
Ich bin überrascht, wie gut der Film mit diesen
stilistischen Brüchen funktioniert.
Der Film beginnt mit dem Abtransport von Tropenholz auf riesigen LKW. Nichts ist an seinem Platz.
Niemand hat eine Heimat. Sogar die traditionellen
afrikanischen Kleider kommen aus China. Erst
ganz am Ende hat man das Gefühl, dass Ebbo da
ist, wo er hingehört.Wer ist das Nilpferd?
Ich bin leider nicht dazu gekommen es zu
fragen. Es hat nicht einmal gemerkt, dass es
gefilmt wird.
ABENDLAND
ein film von
nikolaus geyrhalter
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la valeur de l’exportation la
Episode III - ‘Enjoy Poverty’ examine
filmée.
plus lucrative d’Afrique: la pauvreté
joue
Poverty’, d’après la sculpture de néon qui
Episode III, aussi connue comme ‘Enjoy
des activités de Renzo Martens
une part essentielle dans le film, est l’enregistrement
à travers les marais, les institutions et champs
au Congo. Au cours d’un périple épique
entreprend de monter un tout nouveau
de bataille du Congo, l’artiste hollandais
vise à conscientiser la population locale
programme d’émancipation. Ce programme
Alors que l’entreprise échoue, le film
de leur capital principal: leur propre pauvreté.
quo semé d’échecs similaires.
devient la représentation réaliste d’un status
„Ein Meilenstein
des Kinos.“
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English, Dutch, French, German
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IMA907
THE NETHERLANDS - BELGIUM
GH667:A
- Peter Krüger,
Menselijke Activiteiten (The Netherlands)
Martens - Producers Renzo Martens
Raf Enckels
Written, directed and filmed by Renzo
- On-line facilities Condor - Sound editor
- Editing consultant Eric Vander Borght
- Produced
Inti Films (Belgium) - Editor Jan De Coster
Activiteiten, Inti Films, VPRO, Lichtpunt
- A co-production Renzo Martens Menselijke
Betrekkingen
Sound mixing Federik Van de Moortel
Nationale Commissie voor Internationale
Fund, The Flanders Audiovisual Fund,
VPRO,
with the support of The Netherlands Film
Architecture, Prins Bernard Cultuur Fonds,
Foundation for Visual Arts, Design and
en Duurzame Ontwikkeling, The Netherlands
Lichtpunt, YLE, TSR, ORF.
JETZT IM HANDEL UND AN UNSEREN KINOKASSEN • 14,99
grand succès à la
L’œuvre a été projeté et exposé avec
d’Amsterdam,
Biennale de Berlin, le Stedelijk Museum
Londres, l’IDFA à
le Kunsthaus Graz, la Tate Modern à
et nombreux
Amsterdam, le Centre Pompidou à Paris
dans une série de
autres lieux. Le film est le troisième
leur propre rôle
trois films qui tentent de questionner
les activités
dans un monde filmé. Episode I représentait
a eu sa première
de Renzo Martens en Tchétchénie et
annoncée pour
en 2003. Aucune date de sortie n’est
Episode II.
to wide critical
The piece was screened and exhibited,
Museum
acclaim, at the Berlin Biennal, The Stedelijk
Tate Modern
in Amsterdam, Kunsthaus Graz in Graz,
Centre Pompidou
in London, IDFA in Amsterdam, the
film is the third in
in Paris, and many other places. The
with the role of
a series of three films that try to deal
in that series,
the camera in a filmed world. The first
Renzo Martens’
Episode I, was the registration of
in 2003. For
activities in Chechnya. It was first shown
Episode II, no date is known.
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met veel
Het werk is vertoond en tentoongesteld,
het Stedelijk
reactie als gevolg, op de Berlijn Biennale,
Tate Modern,
museum in Amsterdam, Kunsthaus Graz,
in Parijs.
IDFA in Amsterdam, en het Centre Pompidou
van drie films
Episode III is de derde in een serie
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die de rol van de camera in een gefilmde
van Martens’
onderzoeken. Episode I, de registratie
in 2003. Voor
activiteiten in Tstetsjenie, kwam uit
Episode II is geen releasedatum bekend.
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EPISODE III - ‘ENJOY POVERTY’
Films
Martens Menselijke Activiteiten & Peter Krüger/Inti
a film by Renzo Martens produced by Renzo
BONUS: interview
Film format: 1:85 Video format: 16/9
The Netherlands / Belgium 2009 90 min
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den Wert von Afrikas
Episode III - ‘Enjoy Poverty’ untersucht
gefilmte Armut.
lukrativstem Exportmittel : die
Wie kommt es, dass das ins Land geflossene
Mitten im Kongo, Fragen über Fragen:
der Geldgeber zurückfließt? Weshalb sind
Geld mit Gewinn wieder in die Taschen
und des Krieges begehrt? Und wem gehört
Hochzeitsfotos wertlos und Bilder des Elends
als advocatus diaboli, sich den Markt der
die Armut? Renzo Martens rät den Einheimischen
quo als Chance zu betrachten. Sarkastische
aufgeregten Bilder zu erobern und den Status
endet.
Lethargie begonnen hat und die Geduld
Rollenspiele rund um die Frage, wann die
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IMA907
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aufgeführt und
Das Werk wurde mit grossem Erfolg
in Berlin,
ausgestellt unter anderem auf der Biennale
dem Kunsthaus
dem Stedelijk Museum in Amsterdam,
der IDFA in
Graz, der Tate Modern in London,
Paris. Der Film ist
Amsterdam, dem Centre Pompidou in
die ihre eigene
der dritte in einer Reihe von drei Filmen,
versuchen.
Rolle in einer gefilmten Welt zu hinterfragen
Aktivitäten von
Episode I war die Aufzeichnung der
hatte 2003 seine
Renzo Martens in Tschetschenien und
Datum bekannt.
Premiere. Für Episode II ist noch kein
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naar de waarde van Afrika’s
Episode III - ‘Enjoy Poverty’ peilt
gefilmde armoede.
meest lucratieve exportartikel:
naar de neonsculptuur die een belangrijke
Epiosde III, ook bekend als ‘Enjoy Poverty’,
een
Renzo Martens’ activiteiten in Congo. In
rol speelt in de film, is de registratie van
slagvelden en instituten start de kunstenaar
epische reis doorheen Congo’s wouden,
helpt de lokale bevolking hun vooreen emancipatieprogramma op. Dit programma
Het programma faalt jammerlijk, en de
armoede.
naamste kapitaal te omarmen: hun
status quo gevuld met zulke mislukkingen.
film blijkt een realistisch verslag van een
a film by Renzo Martens
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EPISOD E III
the value of Africa’s most
Episode III - ‘Enjoy Poverty’ investigates
lucrative export: filmed poverty.
after the neon sculpture that plays a seminal
Episode III, also known as ‘Enjoy Poverty’,
Martens’ activities in the Congo. In an
role in the film, is the registration of Renzo
artist
institutions and battlefieds, the Dutch
epic journey through Congo’s swamps,
to
program should help the local population
launches an emancipation program. This
fails, the film is no more
endeavor
the
As
poverty.
their
capital:
embrace their biggest
quo filled with such failures.
than an accurate representation of a status
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04
Astrid Heubrandtner, „Mein Haus stand in Sulukule“
„Ich habe keinen Film
über Roma gemacht“
Regisseurin Astrid Heubrandtner im Gespräch mit Clara Landler.
„Mein Haus stand in Sulukule“...
S
ulukule war im prüden Istanbul jenes
Viertel, in dem bis in die frühen Morgenstunden gefeiert, getanzt und gelacht
werden konnte, was Türken wie Touristen gleichermaßen zahlreich zu schätzen wussten. Die
seit Jahrtausenden ansässigen Roma verarmten
zusehends, nachdem diese Art der Lebenserhaltung per Gesetz ab den 1990er Jahren verboten wurde. Im Hinblick auf Istanbuls Status
als Weltkulturerbe 2010 wurde schließlich ein
Stadtsanierungsplan vorgelegt, der die völlige
Schleifung des inzwischen verelendeten Stadtteils Sulukule beinhaltete. Die Bewohner/
innen hatten die Wahl, sich ihre Grundstücke
weit unter dem Marktwert abkaufen zu lassen
– oder schlicht enteignet zu werden. Am Ende
siegte hier die von staatlicher Seite erzwungene und akut forcierte Gentrifizierung.
Astrid Heubrandtners Dokumentation begleitet im Zeitraum von 2008 bis 2010 die letzten
drei Jahre des aussichtslosen Kampfes der ursprünglichen Bewohner/innen von Sulukule
gegen ihre übermächtigen Gegner und ist ab 8.
Dezember im Filmhaus Kino zu sehen. Am 14.
Dezember findet nach der Filmvorführung ein
offenes Gespräch mit Expert/innen zu Fragen
rund um Roma-Kultur sowie Gentrifizierung
statt. Für weitere Infos besuchen Sie bitte die
Website zum Film www.sulukule.poool.at. •
Wie kam es dazu, dass du als Österreicherin einen
Film über ein Romaviertel in Istanbul gemacht hast?
Die Idee zu dem Film entstand durch einen
Zeitungsartikel über die Vorgänge in Sulukule,
auf den Peter (Anm.: Peter Röhsler, Produzent)
aufmerksam wurde. Initiiert wurde dieser Artikel
von einer Gruppe Aktivist/innen, die auch die
Sulukule Plattform betreiben und die längste
Zeit versuchten, einerseits zu helfen, andererseits
in der Welt auf die zunehmend dramatische
Situation vor Ort aufmerksam zu machen.
Ich hatte kurze Zeit davor mit Marhaba Cousine meinen ersten eigenen Film fertiggestellt,
in dem ich mich auf die Spuren meiner Cousine begeben habe, die in der Schweiz geboren
wurde, zum Islam konvertierte, nach Damaskus
übersiedelte und dort nun streng gläubig lebt.
Ihre Geschichte hatte mich fasziniert und beschäftigt, also wollte ich diesen Film machen.
So ähnlich ging es mir auch mit Sulukule, als
klar wurde, dass dort gerade eine jahrhundertealte, und in dieser Form wirklich einzigartige
Kultur einfach zerstört wird.
Wir beantragten also eine Projektentwicklungsförderung und sind für eine erste Recherche in die Türkei gefahren.
Was waren eure ersten Stolpersteine auf dem Weg
zum Film?
Im Nachhinein betrachtet gingen wir völlig
naiv an das Projekt heran. In Istanbul angelangt, wollten wir Sulukule zu Fuß erkunden – und mussten feststellen: das Viertel war
unmöglich zu finden! Tatsächlich ist Sulukule
gerade mal einen Quadratkilometer groß.
Also nahmen wir Kontakt zu den Aktivist/innen der Sulukule Plattform auf, was sich später
als echter Glücksfall herausstellte, weil ohne
sie der Film niemals zustande hätte kommen
können. Zeit nahmen sich Neşe Ozan und
Hacer Foggo, die in Sulukule schon seit Jahren
als Streetworkerinnen ehrenamtlich halfen,
wo es ging. Die beiden genossen das Vertrauen
heißt, mit der Kamera unterwegs sein. Damit
war es möglich, das gesamte mitwirkende
Team sehr klein zu halten. In minimalistischer
Besetzung und nur mit sehr kleinen Kameras
bestückt, war es deutlich einfacher, sich vor
Ort relativ frei zu bewegen ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Wie oft wart ihr in Sulukule und wie gestalteten
sich die Dreharbeiten dort?
Inklusive unserer Recherchereise fuhren wir
innerhalb von drei Jahren zehn Mal nach
Sulukule. Manchmal war ich alleine unterwegs,
manchmal fuhren wir zu zweit, einmal sogar
zu dritt.
Wir nahmen uns von Anfang an Hotels
außerhalb und fuhren abends, anders als manche andere Filmteams die wir vor Ort trafen,
immer aus dem Viertel raus. Das war, wie sich
später zeigte, eine sinnvolle Entscheidung. Einerseits wurde das Viertel, je weiter die Abrisse
fortgeschritten waren, zunehmend unsicherer,
andererseits erlebten wir bei einem türkischen
Filmteam, die während der Dreharbeiten vor
Ort auch gewohnt hatten, einen plötzlichen
Stimmungsumschwung seitens der Bewohner/
innen. Das Team wurde verdächtigt, Spitzel der
Polizei zu sein und musste den Dreh schließlich abbrechen.
Astrid Heubrandtner
Was waren deine Ziele mit dem Film?
Für mich war von Anfang an klar, dass ich mit
meinem Film keinen journalistischen Blick
anstrebe. Ich wollte nur die Sichtweise der
Betroffenen verfolgen, die Position der Stadtverwaltung interessierte mich nicht. Der Abriss
Sulukules war für die Bewohner/innen eine
klare Verlustgeschichte, und die wollte ich, so
weit es geht in Augenhöhe zu den betroffenen
Bewohner/innen erzählen.
der Bewohner/innen, was sich als unbezahlbar
herausstellte. Mit uns hätte niemand vor Ort
so offen gesprochen, oder uns gar in ein Haus
eingeladen. Darüberhinaus war nichts planbar,
da es unmöglich war, Informationen von der
Stadtverwaltung zu bekommen, was wann oder
wie geplant war. Die Abrisse wurden langsam,
Stück für Stück vorgenommen. Dank Neşe
und Hacer blieben wir immer am Laufenden,
was in den Drehpausen, wenn wir nicht vor
Ort waren, passierte.
Neşe hatte Deutsch studiert und in Istanbul
für den ZDF bereits einmal als Aufnahmeleiterin gearbeitet. Somit konnte sie einerseits
übersetzen und wusste andererseits, was es
Wie war dein Verhältnis zu den Bewohner/innen?
Ich habe mich in Sulukule irrsinnig wohl
gefühlt, auch wenn klar war, dass ich immer
eine Fremde bleibe. Ich mochte die Menschen sehr, die ich kennenlernte, konnte aber
nicht in ihr Universum vordringen.Vieles
bleibt mir fremd und schwer nachvollziehbar. Mir ist dort ein ganz anderes Denken,
ein völlig anderer Umgang mit dem Leben
begegnet. Sulukule war ein Mikrokosmos
mit Dorfstruktur, zu Hause in einer Megacity.Viel Zeit verbrachte ich dort auch
ohne zu drehen, dann setzte ich mich meist
stundenlang irgendwo auf die Straße und
beobachtete das Geschehen rund um mich.
StadtkinoZeitung
Auch in diesem Mikrokosmos fielen mir
deutliche Hierarchien auf. So war es für uns beispielsweise wesentlich einfacher, zu den Frauen
einen Draht zu finden, als zu den Männern. So
weit ich das beurteilen kann, war es doch ein
sehr patriarchales System, in dem „Männerehre“
einen sehr hohen Stellenwert hat.
Die völlig andere Art zu leben, die ich dort
erlebt habe, bringt eindeutig andere Lebensqualitäten zum Vorschein und stellte für mich
unser Wertesystem durchaus in Frage.
Noch mal zurück zur Distanz.Wie gut ist dir
schließlich gelungen, Distanz zu wahren? Bist du
noch in Kontakt mit deinen Protagonist/innen?
Beeindruckt haben mich viele der Menschen,
die ich dort getroffen habe.
Eine Freundschaft entwickelte sich zu Neşe
und Hacer, mit ihnen bin ich auch weiterhin
in Kontakt. Über die beiden erfahre ich auch,
was unsere Protagonist/innen tun und wo
sie sind. Die meisten von ihnen leben vorerst
bei Verwandten am Rande Sulukules. Es war
schmerzhaft, mitzuerleben, wie sich diese
Kultur auflöste.
Besonders schwierig war das aber für die
Aktivist/innen vor Ort, die sich so lange um
die Menschen bemühten. Sie arbeiteten ohne
Bezahlung, aus reinem Idealismus, neben ihren
regulären Jobs und ohne professionelle Unterstützung, wie sie beispielsweise in Supervisionen üblich ist.
Bist du durch den Film auf die weltweite Situation
von Roma aufmerksamer geworden?
Natürlich hat mich der Film auf das Thema
sensibilisiert. Dass die Situation der Roma
beispielsweise in Frankreich, Ungarn und der
Slowakei oft tatsächlich lebensbedrohend ist,
finde ich wirklich erschütternd.
Ich habe aber im Grunde keinen Film über
Roma gemacht. In Sulukule fand man in
vielerlei Hinsicht eine einzigartige Situation vor. Ich erfuhr zum Beispiel, dass sich die
Roma dort in erster Linie als Türken sahen,
sie waren auch insofern integriert, als Sulukule
schließlich über sehr lange Zeit ein blühender
Stadtteil war. Natürlich war der Analphabetismus auch dort sehr hoch, viele schicken ihre
Kinder nicht in die Schule; aber sie erlangten
über ihre Musik und die Feste Reputation und
waren seit Jahrhunderten sesshaft, mitten im
Stadtzentrum, nicht wie in anderen Städten
irgendwo am Stadtrand.
Ein echtes Bewusstsein über die eigene Kultur als etwas Einzigartiges, Schützenswertes, entstand erst mit den Aktivist/innen, die durchaus
so argumentierten. Auch eine Vernetzung mit
transnationalen Roma-Hilfen fand erst über die
Sulukule-Plattform der Aktivist/innen statt.
Hat sich die Situation für Roma in Istanbul seit
dem Abriss Sulukules verändert?
Seit der Schleifung von Sulukule hat sich die
Situation für die ansässigen Roma deutlich
verschlechtert. Sie sind nun als Minderheit
eindeutig angreifbarer, bekommen keine Hilfe
von außen, auch, weil Kontakte mit offiziellen
Stellen ihrerseits vermieden werden, nachdem
sie inzwischen schon so viele schlechte Erfahrungen machen mussten.
Umgekehrt verstehe ich das alles nicht ganz,
denn einen „echten Türken“ muss man in
Istanbul erst einmal finden. Die Stadt besteht
im Grunde aus Minderheiten, ob man nun an
Kurden, Griechen oder Armenier denkt.
Darüberhinaus über Roma zu sprechen, begebe ich mich aber auf dünnes Eis. Ich kann hier
nur von meinen eigenen Eindrücken berichten, ich bin einfach keine Roma-Expertin.
Astrid Heubrandtner
Mein Haus stand in Sulukule
(Österreich 2010)
Regie und Drehbuch Astrid Heubrandtner
Kamera Peter Roehsler, Astrid Heubrandtner
Produktion nanookfilm
Verleih poool Filmverleih
Länge 94 Min.
Technik digital / Farbe
Fassung OmU
Ab 9. Dezember im Filmhaus Kino.
Wien-Premiere im Rahmen von „this
human world“ am 8. Dezember 2011.
„FALTER Kino-Dienstag im Filmhaus Kino“
StadtkinoZeitung
05
Horror, (fast) klassisch und demnächst bei uns in den Kinos: Amber Heard in „John Carpenter‘s The Ward“.
Schlafkrankheit & Horror
Die neue cinephile Reihe im Filmhaus Kino wartet mit höchst unterschiedlichen Programmen auf
29. November 2011, 21 Uhr
Preview:
John Carpenter’s The Ward
Auch zehn Jahre nach seinem letzten Kinofilm
Ghosts of Mars hat Klassiker-Regisseur John
Carpenter (Halloween) seine Kunst noch nicht
verlernt. Auch in The Ward, einem Schocker
in einem psychiatrischen Krankenhaus, geht
es weniger um die Spezialeffekte als um den
Schrecken, der sich in der klassischen Kunst der
Inszenierung ausdrückt. Zwar wirkt das Drehbuch (für das er nicht verantwortlich zeichnet)
wie eine B-Variante eines erfolgreichen Hollywoodfilms aus dem vergangenen Jahr – seinen
Titel zu nennen, würde bedeuten, die markante
Pointe zu verraten.
Aber der Zuschauer darf
lustvoll rätseln, was im North Bond Psychiatric
Hospital vorgeht: Ist es wirklich der Geist einer
früheren Insassin, der hier Rache nimmt an den
Mädchen? Und was hat Kristin damit zu tun, die
zu Beginn eingewiesen wird, weil sie ein Farmhaus in Brand gesteckt hat, sich aber an nichts
mehr erinnern kann, was zuvor passierte? Diese
Fragen spannend in der Schwebe zu halten, das
kann Carpenter noch immer. (Frank Arnold)
6. Dezember 2011, 22 Uhr
Preview im Rahmen von this human world:
Der Papst ist kein Jeansboy von
Sobo Swobodnik
„...Das Leiden eines Mannes zu schönen Bildern machen, das kennt man sonst von der Katholischen Kirche.
Und so orientiert sich der Film auch an den
Stationen eines Kreuzweges, die unterbrochen
werden von eingeblendeten „Kontaktwünschen“ die Männer an den Wänden öffentlicher
Wiener Toiletten hinterließen – eine Reminiszenz an Hermes Phettberg, wie er einmal
war. Nun sehen wir ihn durch seine Wohnung
schlurfen, klagend:
„Das ist alles vorbei.“ Ja, ja das „Sudern“, die
k.u.k. Disziplin der Lebens- und Selbstverachtung, die beherrscht er meisterhaft.
Wir sehen ihn an seinem Stammplatz in der
Krankenhauskantine sitzen, einmal in der Woche speist er dort und immer sitzt er zu Füßen
des gekreuzigten Jesus.
Er läuft selbst durch die Gegend wie ein Gekreuzigter. Die Erlösung ist aber nah. Mann
kann sie hören, wenn Josef Hader aus dem Off
aus der sogenannten Gestion vorliest, einer Art
Onlinegtagebuch, das auf Phettbergs Homepage
veröffentlicht wird – jeden Sonntag natürlich.
Da erhebt sich ein Kapriolen schlagender Geist
über den kranken Körper und das schwache
Fleisch, wie es einem Heiland gebührt.“
Die Vorführung findet in Anwesenheit von Regisseur Sobo Swobodnik, Hermes Phettberg und Josef
Hader statt.
13. Dezember 2011, 21 Uhr
Preview:
Schlafkrankheit von Ulrich Köhler
Der Sieger des Silbernen Bären der Berlinale
2011, präsentiert im Rahmen des „FALTER
Kino-Dienstag“, ein paar Tage vor dem regulären Start. Lesen Sie mehr zu diesem Meisterwerk auf den Seiten 1 bis 3!
20. Dezember 2011. 21 Uhr
Julius Deutschbauer und Josef Winkler
Videothek ungesehener Filme
Auftakt einer neuen Serie im Rahmen des „Kino-Dienstag“ Julius Deutschbauer interviewt
den Büchner-Preisträger Josef Winkler sowie
Freiwillige aus dem Publikum zu Filmen, die
sie nicht gesehen haben, anschließend liest Josef
Winkler verstreute Filmtexte aus seinen Büchern wie z.B. Roppongi. Requiem für einen Vater.
Julius Deutschbauer: „,Wer ihn [den Möglichkeitssinn] besitzt, sagt beispielsweise nicht:
Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muss geschehen; sondern er erfindet: Hier
könnte, sollte oder müsste geschehn; und wenn
man ihm von irgendetwas erklärt, dass es so
sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte
wahrscheinlich auch anders sein. So ließe sich
der Möglichkeitssinn geradezu als Fähigkeit definieren, alles, was ebenso gut sein könnte, zu
denken und das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist. [...] Solche Möglichkeitsmenschen leben, wie man sagt, in einem
feineren Gespinst, in einem Gespinst von Dunst,
Einbildung, Träumerei und Konjunktiven.’ Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften).
Ebenso lassen sich die Personen, die sich von
mir zu einem Film interviewen lassen, den sie
nicht gesehen haben, auf ein solch feines Gespinst von Dunst, Einbildung, Träumerei und
Konjunktiven ein. Dabei hantiere ich mit einem
Katalog von etwa 300 Fragen, die ich zu einem
Gutteil aus Literatur von Jean-Luc Godard abgezwirnt habe (stark modifiziert, versteht sich,
und in den Konjunktiv übersetzt), aber auch
von Autoren wie Diderot, Handke oder Jonke.
Aus diesem Fundus suche ich mehr oder weniger willkürlich Fragen aus, die ich auf mein
Gegenüber loslasse. Die Interviews dauern im
Durchschnitt 15 – 20 min.
Das Herz der Videothek sind nicht die ungesehenen Filme, sondern ein MP3-Player, über
den man sich all die Interviews anhören kann,
die ich inzwischen geführt habe. Die Videothek
ungesehener Filme hat primär Sprecher und
Hörer: Sprecher, die über einen Film sprechen,
den sie nicht gesehen haben; Hörer, die sich das
anhören, was jene zu sagen hatten. Der jeweilige Sprecher dreht am Werk des ihm dunklen
Regisseurs weiter. Er darf parteilich und ungerecht sein, weil er ständiger Gegenspieler des
Regisseurs seines ungelesenen Buches ist. Eine
Hörerin überlegt beim Hören vielleicht, welchen Film sie wohl genannt hätte. Auf visuelle
Medien wird weitgehend verzichtet. Die Videothek ungesehener Filme verbürgt eine Seligkeit des bloßen Hörensagens.
Nichts desto trotz wird jeder Film angekauft
und pedantisch mit dem Vermerk „Diesen Film
hat diese und jene Person noch nicht gesehen“
versehen, sowie mit einer Nummer, unter der
man das Interview im Audioarchiv anwählen
kann. Dieses Archiv ist im Stadtkino frei zugänglich.
Die erste Frage in den Interviews ist: „Welches
Wetter haben wir heute?“ Diese Frage verschafft mir das Gehör der anderen und schärft
mein eigenes und ermöglicht es mir, „aus
hunderttausend Wetterberichten einen Mörtel zu stampfen“, auf dem sich eine Videothek
ungesehener Filme errichten lässt, auch wenn
dazu „mehr als ein Menschenleben und mehr
als Menschengeduld gehörte“ (Heinrich Heine,
Elementarteilchen).
Daran schließt schon die Frage an: „Welchen
Film haben Sie noch nicht gesehen?“
Alle Filme sind erlaubt: geliebte ungesehene
Filme, ungeliebte ungesehene Filme, übel beleumdete ungesehene Filme, in den Himmel
gelobte ungesehene Filme, verbotene ungese-
hene Filme. „Wäre mittels Ihres ungesehenen
Films irgendwer aus seinem Schlupfwinkel hervorzulocken? – Wer ist der Kerl?“ Genügte es,
Ihren ungesehenen Film zu sehen oder müssten
Sie über das reden, was Sie gesehen hätten?“
„Inwiefern sind Sie bereits Teil des Films, den
Sie nicht gesehen haben?“
„Wie viel Energie wendeten Sie bereits auf,
sich Ihren ungesehenen Film nicht anzusehen?“
„Welche Bilder könnte Ihr ungesehener Film
in Ihnen bzw. von Ihnen erzeugen?“ usf. Nur
auf eine Frage wartet man vergeblich: „Warum
haben Sie Ihren ungesehenen Film noch nicht
gesehen?“
Die meisten Interviews finden anlässlich der
einmal im Monat stattfindenden Interviewmarathons im Stadtkino statt, aber auch in Wohnungen, Ateliers, Ämtern, Cafés usw. Von Zeit
zu Zeit wird die Videothek ungesehener Filme
nomadisch und vagabundiert zu Filmfestivals
und ähnlichen Anlässen ziehen.
Die Ergebnisse der Veranstaltungen - Listen,
Auszüge aus Interviews usw. - werden regelmäßig in der Stadtkino-Zeitung veröffentlicht,
nebst Filmkritiken über Filme, die ich nicht
gesehen habe. Schon wieder ein Film, den ich
noch nicht gesehen habe.“
27. Dezember 2011, 21 Uhr
Preview:
ANFANG 80 von Sabine Hiebler und
Gerhard Ertl
Für junge Liebe kann man gar nicht alt genug
sein. Die Geschichte eines Neubeginns, einer
Liebe gegen alle Widerstände: Bruno und die
krebskranke Rosa sind beide 80 und haben nur
noch wenig Perspektive. Da begegnen sich die
beiden, verlieben sich leidenschaftlich ineinander und lassen sich trotz der ungünstigen Umstände auf diese Beziehung ein. Als Bruno vor
die Entscheidung gestellt wird, verlässt er seine
Frau, entführt Rosa aus dem Pflegeheim und
taucht mit ihr in einer neuen Wohnung unter. Sie leben trotz aller Schwierigkeiten ihre
späte, unverhoffte Liebe - bis zu Rosas letztem
Tag.
Anfang 80 vereint in den Hauptrollen die
österreichischen Publikumslieblinge Karl Merkatz und Christine Ostermayer, Erni Mangold
und Branko Samarovski – ab 30. Dezember regulär österreichweit im Kino.
•
Fundierte Analysen zur österreichischen Innenpolitik. Jede Woche.
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03.11.2011 14:08:06 Uhr
Festival: „this human world“
06
StadtkinoZeitung
Die Augen öffnen
Erstmals ist auch das Filmhaus Kino am Spittelberg einer der Schauplätze des in den letzten Jahren
zunehmend erfolgreichen Festivals „this human world“. Ein Statement der Organisatoren.
B
ereits zum vierten Mal findet dieses
Jahr vom 30. November bis 10. Dezember das Internationale Filmfestival
der Menschenrechte this human world statt. In
insgesamt fünf Wiener Kinos werden an den elf
Festivaltagen die Rechte des Menschen in den
Mittelpunkt gestellt, visuell als auch in Form
von Publikumsdiskussionen & Vorträgen. Auf
dem Programm stehen auch dieses Jahr wieder
über 80 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme,
zum größten Teil Österreich-Premieren, die
ein klares Ziel haben: die Augen zu öffnen auch außerhalb des Kinosaals.
ein erschreckend bis faszinierendes Bild dessen, in eindrucksvollen Szenen.
Radioactivists (8. Dez, 18:00 Uhr Top Kino)
ist ein sehr gelungener Dokumentarfilm zweier junger deutscher Regisseurinnen, die die
japanische post-Fukushima Gesellschaft portraitieren und uns ein ungewöhnliches Bild
von Japan zeigen.
Ebenfalls mit der Thematik Ressourcen beschäftigen sich die beiden großen Produkti-
kuratierten Programms, wird der tunesische
Film No more fear (1. Dez, 20:30 Top Kino)
laufen. Er wurde während den Revolutionstagen gedreht und lässt einen Blick hinter die
Kulissen zu. Wir freuen uns sehr als Gast den
tunesischen Blogger und Revolutionär Sami
Ben Gharbia im Rahmen der anschließenden
Podiumsdiskussion begrüßen zu können.
Es ist uns eine besondere Freude, auch dieses
Jahr wieder einen Film von Rosa von Praun-
Hier ein paar Herzenstipps
des Festivalteams:
Wir freuen uns sehr auf die PhettbergPremiere Der Papst ist kein Jeansboy ...
2011 eröffnet der preisgekrönte Dokumentarfilm Bombay Beach (30. Nov, 20:00 Uhr,
Gartenbaukino), der Regisseurin Alma Har´el,
das Festival. Bombay Beach ist ein Hybrid von
einem Film – zum einen zeigt der Film in
phantastischen Bildern, die harte Realität
des unerfüllten amerikanischen Traums, der
von großartigen ProgtagonistInnen in Tanzsequenzen zur Filmmusik von Zach Condon
und Liedern von Beirut und Bob Dylan wieder zum Leben erweckt wird. Im Mittelpunkt
stehen dabei Menschen am äußersten Rand
der Gesellschaft, denen ein liebevolles und einfühlsames Denkmal gesetzt
Der Film Gasland von Josh Fox (1. Dez,
18:00 Uhr Top Kino) hat in den USA sehr
große Wellen geschlagen und wurde mit dem
Jury Preis des Sundance Filmfestivals 2010 ausgezeichnet. Er beschäftigt sich mit Hydraulic
Fraking und seinen Nachwehen und zeichnet
onen Even the Rain (8. Dez, 20:30 Uhr, Top
Kino), mit Gael Garcia Bernal in der Hauptrolle, der sich der Thematik der Wasserprivatisierung in Südamerika widmet, sowie der
Film Hunger (3. Dez, 19:30, Filmhauskino)
Marcus Vetter, Karin Steinberger, der erzählt,
wie Menschen, Gruppen und Organisationen
darum ringen, eine der schlimmsten sozialen,
politischen und ökonomischen Tragödien unserer Tage zu lösen: den Hunger in der Welt.
Gleich drei Filme widmen sich dieses Jahr
dem Arabischen Frühling. 18 Days (5. Dez, 21:00
Uhr Top Kino) und Tarier 2011, the good, the bad
and the politican (2. Dez, 20:30 Uhr Top Kino)
zeigt die Sicht von jungen RegisseurInnen,
die selbst Teil der Revolutionsbewegung in
Ägypten waren. Im Rahmen des vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte
heim zeigen zu können. In Die Jungs vom
Bahnhof Zoo (3. Dez, 20:00 Uhr Schikaneder),
erzählt er die Geschichten von Berliner Strichern. Ausserdem freuen wir uns sehr über die
Premiere des österreichischen Films Der Papst
ist kein Jeansboy (6. Dez, 22:00 Uhr, Filmhauskino), der das Leben von Hermes Phettberg
porträtiert.
Einer der eindrucksvollsten und zugleich
härtesten Filme in diesem Jahr ist bestimmt
You don´t like the truth. 4 Days in Guantanamo
(2. Dez, 17:00 Uhr, Filmhauskino und 9. Dez,
20:30 Uhr, Top Kino), über den jüngsten Insassen von Guantanamo, der die Fragen nach
der Gerechtigkeit und der Funktionalität der
Justiz in einer demokratischen Gesellschaft
aufwirft, denen wir auch in der anschließenden
Podiumsdiskussion nachgehen möchten.
Ein besonderes Anliegen ist es uns jedes Jahr
auch Österreichische Produktionen einen gebührenden Raum zu geben und blicken gespannt der Weltpremiere des Filmes War on
Terror (5. Dez, 19:30 Uhr, Gartenbaukino), sowie der Preview von Evolution der Gewalt (02.
Dez, 21:00 Uhr, Stadtkino), von Fritz Ofner
entgegen.
Zum Schluss möchten wir noch ein besonderes Highlight des Festivals vorstellen, ein
thematischer Abend zur sozialen Diskriminierung durch die städtische Raumplanung. Anschließend an den französischen Kultfilm Hate
(La Haine) (4. Dez, 20:30 Uhr, Top Kino) von
Matthieu Kassovitz mit Vincent Cassel, zeigen
wir die aktuelle amerikanische Produktion
The Pruitt-Igoe myth (4. Dez, 23:00 Uhr, Top
Kino). Der Film erzählt mit Hilfe von Archiv
Bildern, Interviews und Expertsanalysen, die
Geschichte des Untergangs eines der größten
amerikanischen öffentlichen Sozialbauprojekte.
•
Das vollständige Programm gibt es unter
www.thishumanworld.com.
Kartenvorverkauf
ab 25.11. im Top Kino, 6., Rahlgasse 1
(täglich von 15:00 – 20:00)
und Schikaneder, 4., Morgaretenstraße 24
(täglich von 18:00 - 22:00)
Kartenvorverkauf
während das Festivals
täglich eine Stunde vor der ersten Vorstellung
in allen Spielstätten.
PROGRAMMÜBERSICHT
GARTEN
BAUKINO
20:00
TOPKINO
KLEINER SAAL
MI 30.11.
19:00
21:00
DO 01.12.
FR 02.12.
SA 03.12.
MO 05.12.
ERÖFFNUNG
19:30
BOMBAY BEACH
80 Min (OmeU)
IM ANSCHLUSS PARTY
WAR ON TERROR
90 Min (OmdU)
+ Poduimsdiskussion
DI 06.12.
MI 07.12.
ABUELOS
93 Min (OmeU)
THE WELL
56 Min (OmeU)
THE REDEMPTION OF
GENERAL BUTT NAKED
85 Min (OF Englisch)
MY SO-CALLED ENEMY
89 Min (OmeU)
BROTHER
96 Min (OmeU)
WASTE LAND
98 Min (OmeU)
GENERATION KUNDUZ
80 Min (OmdU)
+ Q&A
STILL WATER
58 Min (OmdU)
+ Q&A
DUST. THE GREAT
ABESTOS TRIAL
84 Min (OmeU)
RECIPES FOR DISASTER
85 Min (OF Englisch)
WINDFALL
83 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
18 DAYS
125 Min (OmeU)
SUBVERSES
+ GUANAPE SUR
sum: 68 Min (OmeU)
THE MICRO DEBT
57 Min (OmeU)
AUNG SAN SUU KYI LADY OF NO FEAR (2)
64 Min (OF Englisch)
MAJORITY
102 Min (OmeU)
18:00
20:30
NO MORE FEAR
74 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
78 Min (OmdU)
+ Q&A
THE PRUITT-IGOE MYTH
83 Min (OF Englisch)
+ Publikumsgespräch
SOLAR TAXI (2)
78 Min (OmdU)
OUR SCHOOL
94 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
THE PRICE OF SEX
73 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
RADIOACTIVISTS
72 Min (OmdU)
+ Podiumsdiskussion
TAHRIR 2011
90 Min (OmdU)
+ Podiumsdiskussion
12TH AND DELAWARE
87 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
HATE
98 Min (OmdU)
A FEW BRAVE PEOPLE
87 Min (OmeU)
+ Q&A
SOLAR ECLIPSE
83 Min (OmeU)
+ Q&A
PRISON ISLAND BASTØY
EVEN THE RAIN
104 Min (OmdU)
YOU DON´T LIKE ...
99 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
AUNG SAN SUU KYI
-LADY OF NO FEAR
64 Min (OF Englisch)
COMRADE DUCH
90 Min (OmeU)
BLOOD IN THE MOBILE
(2)
82 Min (OmeU)
MERRY-GO-ROUND
93 Min (OmeU)
THE MARKET
55 Min (OF Englisch)
WASTE LAND (2)
98 Min (OmeU)
FRAGMENTS OF A
REVOLUTION
55 Min (OmeU)
+ Publikumsgespräch
17:30
17:30
THE CASTLE
90 Min (OmeU)
KURZFILMPROGRAMM I
72 Min (OmeU)
DOOMAN RIVER
89 Min (OmeU)
WHO WILL TEACH ME...
91 Min (OmeU9)
+Q&A
IMPUNITY
85 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
THE VERDICT OF THE
AUGUST WAR
54 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
KARLA´S ARRIVAL
90 Min (OmeU)
+ Q&A
CIRKUS COLUMBIA
113 Min (OmdU)
GOOD BYE TIBET
90 Min (OF Deutsch)
ARRANGED HAPPINESS
89 Min (OmdU)
+ Q&A
THE BOY MIR
90 Min (OmeU)
FAMILY PORTRAIT ... (2)
99 Min (OmeU)
55 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
A SCREAMING MAN
92 Min (OmdU)
NA WA
NA WA
20:00
THEY CALL IT MYANMAR
90 Min (OmeU)
+ Q&A
THE SISTERS
70 Min (OmdU)
+ Podiumsdiskussion
RENT BOYS
83 Min (OF Deutsch)
+ Q&A
THE ADVOCATE FOR ...
92 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
IF A TREE FALLS
85 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
INTO OUR OWN HANDS
90 Min (OmeU)
ENRAGED DECEMBER
63 Min (OmeU)
THE MARRIAGE
71 Min (OmeU)
MOVING TO MARS
84 Min (OmeU)
WAYS OF THE SEA (2)
78 Min (OmeU)
17:00
YOU DON´T LIKE THE
TRUTH
99 Min (OmeU)
THE LAND LEFT BEHIND
76 Min (OmdU)
+ Q&A
IM JAHR DES HASEN
90 Min (OmdU)
+ Q&A
DER ALBANER
104 Min (OmdU)
GREENLIT
50 Min (OF Englisch)
19:30
BLOOD IN THE MOBILE
82 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
HUNGER
89 Min (OmdU)
+ Podiumsdiskussion
BETWEEN TWO FIRES
135 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
OTHER EUROPE
75 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
FAMILY PORTRAIT IN ...
99 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
TALIBE
57 Min ()
+ Q&A
A ROAD NOT TAKEN
66 Min (OmdU)
ALL YOUR DEAD ONES
88 Min (OmeU)
22:30
FORGOTTEN SPACE
112 Min (OmdU)
THE POPE IS NOT A
JEANSBOY
74 Min (OF Deutsch)
+ Podiumsdiskussion
THE COLORS OF THE
MOUNTAIN
93 Min (OmeU)
21.00
SCHIKANEDER
KIMJONGILIA
74 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
THE PIPE
83 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
FILMHAUSKINO
SOLAR TAXI
18:00
LEGENDE
SA 10.12.
GASLAND (2)
107 Min (OF Englisch)
STADT
KINO
23:00
22:00
FR 09.12.
BOMBAY BEACH
80 Min (OF Englisch)
GASLAND
107 Min (OF Englisch)
+ Podiumsdiskussion
22:30
DO 08.12.
WAYS OF THE SEA
78 MIN (OmeU)
ERÖFFNUNG NAWA
TOPKINO GROSSER SAAL
SO 04.12.
EVOLUTION OF VIOLENCE
77 Min (OmeU)
+ Q&A
MAYBE ARMENIA ONLY
EXISTS ...
48 Min (OmeU) + Q&A
THE END OF THE LINE KURZFILMPROGRAMM II
90 Min (OF Englisch)
79 Min (OmeU)
RAINMAKERS
75 Min (OmeU)
+ Q&A
AMNESTY, WHEN
THEY´RE ALL FREE
68 Min (OmeU)
+ Podiumsdiskussion
THIS HUMAN FIGHT FOR RESOURCES THIS HUMAN FUTURE THIS HUMAN BODY THIS HUMAN RIOTS AND REVOLUTIONS THESE HUMAN RIGHT
Diskussion! > Podiumsdiskussion mit Filmschaffenden/ ExpertInnen/AktivistInnen/ProtagonistInnen
Q&A! > Question and Answers (Publikumsgespräch mit FilmemacherInnen)
MAJORITY
102 Min (OmeU)
20:00
OVALHALLE IM
MQ
BROTHER (2)
96 Min (OmeU)
PREISVERLEIHUNG
SIEGERFILME UND
MENSCHENRECHTSPREIS 2011
IM ANSCHLUSS
ABSCHLUSSFEIER
StadtkinoZeitung
Special Guests im Filmhaus Kino
07
DOUBLE TAKE MedienkunstpionierInnen in Österreich
E
IM SECHSTEN TEIL DER MEDIENWERKSTATT-REIHE IST PETER WEIBEL ZU GAST IM FILMHAUS KINO
ine Veranstaltungsreihe der Medienwerkstatt Wien in Kooperation mit
dem Stadtkino Wien und dem ZKM
| Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Karlsruhe
ben sich für Weibel nämlich daraus, dass die
Kunst definitiv ihre traditionellen geschlossenen Räume verlassen hat und inmitten der
heutigen technisierten, medialisierten Welt
agieren muss.
(Boris Groys in: Peter Weibel. „das offene werk“,
Ausst.-Kat. Neue Galerie Graz, 2006)
Konzept: Eva Brunner-Szabo, Gerda LampalzerOppermann, Wilbirg Brainin-Donnenberg, Programmzusammenstellung: Peter Weibel
Die erst relativ junge Geschichte der Video/
Medienkunst bietet die besondere Situation,
dass - aufgrund ihres exponentiellen Entfaltungstempos - die Entwicklung von der
„Pionierphase“ bis zur diversifizierten Ausformung innerhalb einer Generation von
KünstlerInnen vollzogen wurde. Dies führt
zur glücklichen Situation, dass ein Austausch sozusagen aus erster Hand möglich
wird, mit den Künstlern und Künstlerinnen,
die die Arbeit mit elektronischen Medien
entwickelt, erforscht und bis heute geprägt
haben.
[6] PETER WEIBEL
prä-, para-, post-kino
die welt ist in sinnesmodalitäten aufgespalten
(split). der film ist das produkt der technischen aufspaltung in bild- und ton-welt:
split-reality. (P.W. 1966)
wenn der ort des films nicht die leinwand
ist, können körper wieder auf körper, häuser
wieder auf häuser projiziert werden. decken
sich abbild und objekt, werden aufnahme und
zelluloid überflüssig. das zelluloid dispensiert,
entsteht film ohne film: realfilm. (P.W. 1966)
film ist ein verband von kalkülen, der durch
algoritmen erweiterbar ist.
(P.W. 1968)
PROGRAMM
Montag, 19. Dezember 2011
Filmhaus Kino am Spittelberg
Weibel at his best....
Schon früh hat Weibel erkannt, dass die avancierte Kunst in unserer Gesellschaft keinen
stabilen Ort hat, dass dieser Ort erst geschaffen werden muss - und zwar auf allen Ebenen der aktuellen künstlerischen Praxis. Peter
Weibel hat die Chance der Neubestimmung
der Künste, die sich dadurch bot, sehr früh
begriffen und ergriffen. Die Rückkehr der
Kunst zur Technik, zum Können und zum
Wissen haben viele Künstler und Theoretiker
in den Zeiten der Postmoderne der 1970er
und 1980er Jahre gepredigt. Allerdings war
damit fast immer bloß eine – meistens ironisch angehauchte – Rückkehr zu den traditionellen künstlerischen Techniken gemeint.
Man wollte sich von der Übermacht der
heutigen Massenmedien schützen und durch
die Anwendung der traditionellen Kunsttechniken andere, alternative Räume definieren. Weibel schließt seine Kunst dagegen
gerade aus dem Grund an die Traditionen der
Avantgarde an, der von vielen anderen dazu
benutzt wird, den Abschied von der Avantgarde zu legitimieren. Die Möglichkeit und
sogar die Notwendigkeit der Reaktualisierung des avantgardistischen Programms erge-
19.00 SCREEN
welcome (1964), 8 mm, farbe u. s/w, auszug: 3 min.
gut und gerne (1966), 16 mm, doppelprojektion in raumeck, auszug: 4 min.
actionlecture no. 1 (1966), der
menschliche körper als filmleinwand, expanded
movie, auszug: 3 min.
nivea (1966), erweiterte filmform, 1 min.,
uraufführung 26.1.1967 wien
der mythos des 21. jahrhunderts (1967), interaktives ereignisfeld aus
endlichen regeln, auszug: 5 min.
erlebnisfilm no. 1 (1967), 1 min.
expansiver film no. 1 (1967), 1 min.
filmbrille (1967), 1 min.
synthesis zweier sequentieller maschinen (1967), 1 min.
wor(l)d cinema: grüss gott
(1967), video, 1 min.
die natur der erklärung (1967),
video, 1 min.
fingerprint (1968), 8 mm, 16 mm, 35
mm, s/w od. farbig, 1 min.
hör zu (1968), 8 mm, 3 min.
brandmauer (1968), ein horrorfilm, video, 1 min.
toter spiegel (1968), 1 min.
way way out (1968), multiple projektion,
filmenvironment, auszug: 3 min.
denkakt (1968), 16 mm, 3 min., kamera:
ernst schmidt jr.
exit (1968), filmaktion, auszug: 3 min.
lichtpeitsche (1969), filmobjekt, 5 min.
possible (1969), 1 min.
sturm über (1969), 16 mm, 6 min.
das publikum als exponat (1969), video, auszug
5 min.
lichtstrahl: leinwand (1971), 16
mm, 4 min.
rekonstruktion
der stoppages-étalon von marcel duchamp (1971), video, 1:20 min.
körpermasse als eigentumsverhältnisse (1972),
video, 2:50 min.
vulkanologie der emotionen
(1971/73), video, 7:20 min.
eroberung der natur (1973), video, auszug: 3 min.
sprachspiegelungen (1973), video,
auszug 10 min.
selbstbezeichnung (1973), video, 2
min.
selbstbeschreibung (1973), video,
8 min.
parenthetische identität (1973),
video, 3 min.
tritität (1974/75), video, 8:30 min.
augentexte (1974), video, 1:10 min.
mundtext (1974), video, 0:42 min.
Im Anschluss an das selten in diesem Umfang
gezeigte Programm aus dem medienkünstlerischen Frühwerk Peter Weibels
21.00 TALK
PETER WEIBEL im Gespräch mit Claus
Philipp
Kino & Bausteine
Farocki/Diederichsen diskutieren „Zum Vergleich“
I
n Afrika, Indien und Europa werden Ziegelsteine produziert, aus denen Krankenstationen,
Kinderheime, Schulen und Wohnhäuser entstehen. Harun Farocki beobachtet die Arbeitsschritte bei der Herstellung des Baumaterials. Per
Hand, Maschine oder Roboter wird es gegossen,
gebrannt oder gepresst. Je nach Produktionsland
sind dabei ein einzelner oder viele Arbeiterinnen
und Arbeiter beteiligt. Der Titel des Films teilt
etwas Entscheidendes mit: Farocki bietet lediglich Material an, der Akt des Vergleichens zwischen traditioneller, früh- und hochindustrieller
Gesellschaft liegt beim Zuschauer. Die kleinste
Einheit, auf die sich der Film ausschließlich konzentriert, ist der Ziegelstein. Das verbindende
Element sind Texttafeln, die knapp über den jeweiligen Ort und die Bauweise informieren. Ein
weiterer Vergleich drängt sich auf: Die kleinste
Einheit des 16mm-Bildes ist das Korn. Es verbindet sich mit dem Pixel, der in der Schweiz
am Computer generiert wird, um einen Ziegel
darzustellen, ebenso wie mit der Bleistiftzeichnung einer europäischen Architekturstudentin
in Indien. Analoge und digitale Bildwelten sind
mehr als Informationsträger, sie sind Teil der Produktion. (Berlinale Katalog, 2009)
•
Harun Farocki Zum Vergleich
(Deutschland/Österreich 2009)
Regie Harun Farocki
Drehbuch Harun Farocki, Matthias Rajmann
Kamera Ingo Kratisch
Produktion Farocki; Navigator Film Produktion
Länge 61 Min.
Am 28. November 2011: Harun Farocki
präsentiert gemeinsam mit Diedrich
Diederichsen „Zum Vergleich“ im Filmhaus Kino. Der reguläre Start (demnächst) wird noch bekannt gegeben.
Impressum Telefonische Reservierungen Kino 712 62 76 (Während der Kassaöffnungszeiten) Büro 522 48 14 (Mo. bis Do. 8.30–17.00 Uhr Fr. 8.30–14.00 Uhr) 1070
Wien, Spittelberggasse 3 www.stadtkinowien.at / office@stadtkinowien.at Stadtkino 1030
Wien, Schwarzenbergplatz 7–8, Tel. 712 62 76 Herausgeber, Medieninhaber Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H., 1070 Wien, Spittelberggasse 3
Graphisches
Konzept
Markus
Raffetseder
Redaktion
Claus
Philipp
Druck Goldmann Druck, 3430 Tulln, Königstetter Straße 132 Offenlegung
gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von Informationen auf dem Sektor Film und Kino-Kultur. Ankündigung von Veranstaltungen des Stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
„Zum Vergleich“ von Harun Farocki
CHRISTINE
OSTERMAYER
KARL
MERKATZ
Für junge Lsiepbäet.ist
es nie zu
AB .
30K.I1N2O
IM
ERNI MANGOLD • BRANKO SAMAROVSKI
JOSEPH LORENZ • SUSI STACH • CLAUDIA MARTINI
MIT:
SABINE
EIN FILM VON
HIEBLER UND GERHARD
ERTL
REGIE UND BUCH: SABINE HIEBLER UND GERHARD ERTL • KAMERA: WOLFGANG THALER • SZENENBILD: CONRAD MORITZ REINHARDT
KOSTÜM: DIETLIND ROTT • MASKE: DANIELA LANGAUER • TON: KLAUS KELLERMANN • CASTING: EVA ROTH • SCHNITT: KARIN HAMMER
MUSIK: MILOS TODOROVSKI, WOLFGANG SCHLÖGL • SOUNDDESIGN: KONRAD GLAS • TONMISCHUNG: BERNHARD MAISCH
PRODUKTIONSLEITUNG: GERHARD HANNAK • HERSTELLUNGSLEITUNG: MICHAEL KITZBERGER
PRODUZENTEN: NIKOLAUS GEYRHALTER, MARKUS GLASER, MICHAEL KITZBERGER, WOLFGANG WIDERHOFER
EINE PRODUKTION DER NGF GEYRHALTERFILM.COM
WWW.ANFANG80.AT