Naturstein Architekturzeitschrift Steintime Österreich
Transcription
Naturstein Architekturzeitschrift Steintime Österreich
Architektur + Naturstein November 2006 ÖSTERREICH 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 1996 bis 2007 Naturstein und . . . Raum Stadt Bewegung Macht Glas Energie Wasser Farbe Mensch Kult Geld Luxus Editorial Ausblick wagen! »Hart wie Granit« – das ist in Österreich nicht nur ein geflügeltes Wort, sondern Naturstein gewordene Baugeschichte. Wie kaum ein anderer Baustoff prägt Naturstein unsere alltägliche Umgebung. Wie vielfältig Naturstein heute zum Einsatz kommt, dies konnte man in den vergangenen Jahren und kann man heute in Österreich an vielen Stellen beobachten – an der Fassade, am Boden, auf Mauern und an Flüssen. In Österreich wurde und wird mit Naturstein gebaut. »Architektur entsteht, wenn man zwei Steine sorgfältig aufeinanderlegt«, so der Architekt und Steinmetzmeister Mies van der Rohe zu Beginn des 20. Jahrhundets. Dieser Satz gibt einen Eindruck davon, wie man einfach und zeitgemäß mit Stein bauen kann. Die Natur selbst mit ihrem Grundprinzip der Symmetrie und des Ausgleichs zeigten uns den Weg. Wie in der Vergangenheit brauchen wir auch in der Zukunft Baukonzepte, die es uns erlauben, die Interessen von Ökonomie und Ökologie, von Mensch und Natur, von moderner Zivilisation und gewachsener Umwelt symmetrisch zu wahren. Für Architekturtheoretiker sicher ein weites Feld. Zehn Jahre bauen mit Naturstein in Österreich und anderswo zeigt uns, dass Architekten dem Material Naturstein in der zeitgenössischen Architektur mehr als nur eine dekorative Rolle zuerkannt haben. Naturstein ist in den vergangenen zehn Jahren zum Träger einer Botschaft geworden. Mit Naturstein bauen hieß und heißt, ökologisch und ökonomisch vernünftig bauen. Dr. Anton Helbich-Poschacher Vorsitzender der Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke 3 Inhalt 7 Die Vorliebe für Naturstein in der Vielfalt seiner Farben und Strukturen nahm in den vergangenen Jahren deutlich zu. Sicher ist es noch zu früh, das Bauen zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu bewerten. Doch ist heute schon abzusehen, dass der Baustoff Naturstein an Bedeutung gewonnen hat. 38 45 Mit dem Kunstmuseum in Stuttgart wurde die Chance für eine städtebauliche Aufwertung des wichtigsten zentralen Bereichs der Stuttgarter Innenstadt genutzt. Der weithin sichtbare Glaskubus, der in sich einen Kern aus naturgebrochenem Jura-Kalkstein (Krusten) birgt, ist kontrastreich gestaltet. Der Hauptbahnhof von Klagenfurt zählt mit einer Frequenz von 14 000 Reisenden und 190 Zügen täglich zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Kärntens. Der Umbau zählt zu den wichtigsten Infrastrutkurprojekten Österreichs der letzten Jahre. 58 4 In Österreich gibt es überall Natursteine: bekannte und unbekannte – im Norden und im Süden, im Osten und im Westen. Die Steine sind über die Grenzen hinaus bekannt und es gibt sie in allen Farben. Eine Reise in Österreichs Welt der Steine. 10 Jahre Bauen mit Naturstein STEIN geschichte 7 STEIN heute 33 34 36 38 41 45 48 Naturstein in der Architektur von heute Shoppingpassage Münster Arkaden Hotel Suvretta House im Oberengadin Kunstmuseum Stuttgart Hauptbahnhof Berlin Hauptbahnhof Klagenfurt Entree des Parlaments in Wien STEIN detail 53 Natursteinpflaster – eine Einführung STEIN farben 58 25 Steine aus Österreich STEIN preview 66 Vorschau Impressum Fotonachweis Redaktion Willy Hafner, Nicole Heindl, Robert Stadler, Ariane Suckfüll, Gabriele Waldmann, Richard Watzke; Scheyerner Weg 1 · D-80638 München Tel. +49 89/17 80 96 58 Fax +49 89/17 16 59 w.hafner@s-stein.com www.s-stein.com Verlag Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 · D-81673 München Tel. +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.callwey.de Herausgeber Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke Scharitzerstraße 5 · A-4020 Linz Für die Zukunft gestalten. 5 STEIN geschichte 1996 bis 2007: Häuser 96 97 98 99 00 19962007 Stein und Sein 01 02 PLÄTZE 03 04 05 06 07 Ü ber Steine zu reden ist immer noch schwierig. Am Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die Frage »in welchem Material sollen wir bauen?« zu einer ideologischen entwickelt. Die Kunst- und Architekturhistorikerin Karin Wilhelm sprach sich dafür aus, das Material Naturstein zu entideologisieren. Denn: Steine an sich können keine Sünde sein! 7 STEIN geschichte Safe in Salzburg Naturstein und Wasser S alzburg-Schallmoos kann mit Wilhelm Holzbauers Safe-Gebäude ein besonderes Stück Architektur sein eigen nennen. Grundlage der Bauidee ist ein etwa 100 Meter messendes Quadrat, offen am Haupteingang. Besonderheit ist hier ein großes mehrfach gekantetes Wasserbassin. Naturstein findet sich an aus- gewählten Stellen: Am Eingang wie am Lastverteiler verwendet Holzbauer Platten aus Tauerngrün. Durch ihre starke Maserung wirken sie ausgesprochen edel und lebendig. Des Weiteren wurde das gesamte Wasserbecken sowie ein um das Gebäude herumlaufender Sockel in dem Granit Gebhartser-Fein- korn ausgeführt. Das zentrale Natursteinerlebnis bietet allerdings der Wasserfall, eine 25 Meter lange und 9 Meter hohe Skulptur. Sie besteht ebenfalls aus grauen, an ihrer Oberfläche geschliffenen Granitplatten, die auf der Seite des Wasserfalls bewusst unregelmäßig geschnitten und mit Bohrungen gegliedert sind. Standort A-5020 Salzburg-Schallmoos Architekt Professor Wilhelm Holzbauer A-1060 Wien Bauherr Salzburger AG für Energiewirtschaft, Bayerhamerstraße 16 A-5020 Salzburg Natursteine Gebhartser Feinkorn, Tauerngrün Natursteinarbeiten Lauster Steinbau GmbH Natursteinwerke, A-9541 Einöde/Villach Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG A-4222 St. Georgen Bekleidet wurde der »Wasserfall« mit dem Granodiorit Gebhartser Feinkorn (links). Im Innenhof wurde der Serpentinit Tauerngrün verwendet (rechts). I N T E RV I E W S STEIN TIME sucht und suchte immer den Dialog mit Architekten. In ausführlichen Interviews diskutierte man über aktuelle Bauvorhaben, Architekturphilosophien und natürlich den Einsatz des Materials Naturstein. Ein Auszug von 1996 bis heute: 1996 sprach STEIN TIME mit Wilhelm Holzbauer, dem »Steinbaumeister« unter den österreichischen »Großbaumeistern«. Er steht in 1996 8 DAS HAUS der österreichischen Architekturszene für »Kontext und Kontinuität«. Holzbauer wurde am 3. September 1930 in Salzburg geboren. Zwischen 1950 und 1953 studierte er Architektur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. 1953 erhielt er sein Diplom und den Staatspreis. Von 1969 bis 1988 hatte er ein eigenes Büro in Amsterdam. Zwischen 1977 und 1998 war er Professor an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Ober- oder Niederösterreich An vielen Orten U 1996 nser Ort soll schöner werden – seit 1987 galt dies auch für Gemeinden in Oberösterreich. Antiesenhofen, Eggelsberg, Waldzell oder Ried im Innviertel, überall in dieser Region soll wieder ein »Dorfplatz« zum Mittelpunkt der Ortschaft werden. Die Steine für den »neuen Ort« im Ort kommen meist »vom Ort«: Perg, Neu- haus oder Schärding, das sind die bekanntesten Granitorte in Oberösterreich. Hier gibt es Steinbrüche und sie sollen mit dazu beitragen, daß auch diese Orte wieder schöner werden. Denn warum in die Ferne schweifen, wenn es so nah auch harte Steine gibt: Variskisches Gebirge heißt die geologische Formation, ein Rumpfgebirge, das sich durch ganz Mitteleuropa zieht; von den Vogesen bis zu den Ardennen, vom Spessart in den Thüringer Wald, vom Harz bis nach Böhmen. Feldspat, Quarz und Glimmer heißen die Mineralien, die den Granit machen. Vom Mühlviertel bis ins südlich der Donau gelegene Innviertel gibt es Steine, Steinbrüche und natürlich eine alte Steintradition. Bis vor 100 Jahren wurden die Steine genommen, die aus der Erde hervorragten – Findlinge nannte und nennt man die riesigen Felsen. Doch seit dem 19. Jahrhundert gibt es auch hier richtige Steinbrüche und richtig große Blöcke. Die Gemengeteile der Granite sind hier regelmäßig angeordnet, die Steine homogen. Die 800 Grad heiße Magmamasse wurde vor 300 Millionen Jahren in die Höhe gepresst und erkaltete langsam 10 bis 15 Unser Ort soll schöner werden: unter diesem Motto wurden seit 1987 »Dorfplätze« wieder als Mittelpunkt der Ortschaft gestaltet. Unser Ort soll schöner werden: In Taufkirchen und Schärding zum Beispiel. Treppenstufen und Pflastersteine aus Schärdinger Granit in Verbindung mit braun-rotem Porphyrpflaster Kilometer unter der Erdoberfläche. Durch Erosion kamen die so entstandenen Hartgesteine wieder an die Oberfläche und zerklüfteten durch die Entspannung. Die Mineralien bestimmen die Farbe der Steine. Die Feldspäte machen das Grau, dunklere Glimmerteilchen sorgen für den Kontrast und die Verwitterung an der »frischen Luft« lässt die Steine leicht gelblich werden. Die Granite lassen sich besonders gut spalten: für Pflastersteine, Bodenplatten und Randsteine. DER PLATZ STEIN TIME: Stein oder nicht Stein? Wann fällt die Entscheidung für ein Material? STEIN TIME: Dies ist dann die »Architektur der Nerven und des Gespürs«? Wilhelm Holzbauer: Das geht ziemlich schnell. Für mich gleicht die Arbeit an einem Entwurf der Arbeit an einer Komposition. So wie es bei einem Komponisten Vorentscheidungen gibt, ob er ein Andante, ein Scherzo oder etwas anderes komponieren möchte, so gibt es auch beim Architekten Vorentscheidungen, die vom Gespür abhängen. Wilhelm Holzbauer: Und die des Budgets! Stein oder nicht Stein ist natürlich auch eine Frage des Geldes. Ich versuche, wie etwa bei der Universität Salzburg, große Bereiche mit einem einfachen Material auszustatten; da verwende ich Putz. Hier spare ich dann das Geld, um besondere Bereiche besonders ausstatten zu können. 9 STEIN geschichte Architekt Ernst Hoffmann wollte mit den einzelnen Häusern des Landhausprojektes etwas Zeitloses schaffen. Landhausprojekt und Kulturbezirk in St. Pölten Naturstein und Macht I Über 20 000 m2 Naturstein wurden an den Fassaden des Landhauses und am Landhausboulevard verbaut. m Jahr 1989 wird in St. Pölten die 1. Stufe eines internationalen Wettbewerbs für das Projekt »Niederösterreichisches Landhaus« ausgeschrieben. Der Architekt Ernst Hoffmann aus Wien erhält den Durchführungsauftrag. Der Gebäudekomplex erhält eine großzügige Verkleidung aus Betonwerkstein; lediglich die Haupteingänge sind mit grünlichem Andeer-Gneis betont. Dieser wird dann zum bestimmenden Material, je näher wir dem »Zentrum der Demokratie« kommen. Der großflächige Einsatz – auch an Unter- und Obersichten – zeugt von einem klaren Bekenntnis für Dauerhaftigkeit und Haltbarkeit. Parallel zu der Überlegung, die Regierung Niederösterreichs nach St. Pölten zu holen, entstand die Idee der Schaffung eines Kulturbezirks. Am Ende eines internationalen Wettbewerbs gab es drei Sieger, die jeweils mit einer Bauaufgabe betraut wurden: Hans Hollein mit Landesmuseum und Kunsthalle, Klaus Kada mit dem FestSpielHaus und Paul Katzberger und Michael London mit dem Landesarchiv und der Landesbibliothek. Die völlig eigenständige Architektur des FestSpielHauses spiegelt eine formal höchst gelungene organische Bauform wider. Das gläserne Foyer ist der einzige Raum, in dem Naturstein als Bodenbelag Verwendung fand. Die Wahl des Verde Velmalentio ist für den Grazer Architekten durchaus verständlich; gilt Kadas Liebe doch den norditalienischen Steinen. I N T E RV I E W S Schon bei den ersten Skizzen werden die entscheidenden Stellen hervorgehoben, die Hierarchie der Räume findet in der Materialwahl ihren Niederschlag. Oder deutlicher: Beim Landhaus in Bregenz verwendete ich erstmals großflächig Untersberger Marmor; etwa 16 000 Quadratmeter. Hier hat die Architektur eine repräsentative Aufgabe. Ein Gebäude, in dem sich das Land Vorarlberg politisch präsentiert – repräsentieren muss. Ich suchte dafür dauerhafte Materialien. 1997 10 Standort Landhaus: Landhausplatz 1, A-3100 St. Pölten FestSpielHaus: Kulturbezirk 2, A-3109 St. Pölten Architekten Landhaus: Ernst Hoffmann, A-1020 Wien FestSpielHaus: Klaus Kada, D-52062 Aachen Bauherr Landesregierung von Niederösterreich Natursteine Andeer Gneis, Schremser Feinkorn, Verde Velmalentio Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St.Georgen DAS HAUS Deshalb wählte ich für die außenliegenden Fensterelemente Bronze und Untersberger Marmor. Thema war »In-Würde-Altern«. Stein hat eben diese außerordentliche Qualität der Dauerhaftigkeit. Er behält seine Würde. Mit Patina wird Stein fast sogar noch schöner. Wenn diese Materialien dann mit Bronze, wie beim Bregenzer Landhaus, oder mit rostfreiem Stahl, wie bei der Nationalbank in Wien, kombiniert werden, dann drücken diese Gebäude das aus, was ich von 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In St. Pölten Der Rathausplatz Ö 1997 ffentliche Räume waren einst die zentralen Lebensräume der Menschen. Sie waren die ursprünglichen Bereiche der Konzentration des gemeinschaftlichen Lebens. Für den Architekten Boris Podrecca ist die Wiedergewinnung des öffentlichen Raumes als Markt-, Fest- und Alltagsplatz zu einer herausragenden Aufgabe zeitgenössischer Stadtplanung geworden. Am Rathausplatz in St. Pölten entwickelt er mit dem Prinzip »zweier Teppiche«, die sich etwa im nördlichen Viertelpunkt verflechten, einen als Ganzes erfahrbaren Großraum. Die formgebenden Momente werden hier nicht mehr von der Verkehrsführung bestimmt. Die Platzgestaltung wird städtebaulich interpretiert. Das Platzmobiliar wird in den Randbereichen konzentriert, so dass die übrige Fläche für das »Platzleben« zur Verfügung steht. Die Dreifaltigkeitssäule gewinnt so, ohne versetzt zu werden, wieder ihre zentrale Position zurück. Über 5000 Quadrat- meter Granit waren nötig, um den Rathausplatz in St. Pölten neu zu gestalten. Im Fischgrätmuster wurden die Granite Herschenberger und Verde Fontain, jeweils in den Plattengrößen 60 cm oder 80 cm lang, 40 cm breit und 8 cm stark verlegt. Im Randbereich wurde Gebhartser Syenit verwendet. Vor der Franziskanerkirche legte Boris Podrecca einen »Teppich« aus rotem, schwedischem Vanga-Granit aus. Der gesamte Bodenbelag ist an der Oberfläche beflammt und wurde im Mörtelbett verlegt. Zur Gliederung des Platzes wurden 17 Kugeln aus Neuhauser und Vanga Granit aufgestellt. Über 5000 Quadratmeter Granit wurden am Rathausplatz in St. Pölten verbaut. Standort A-3100 St. Pölten Architekt Prof. Mag. Boris Podrecca A-1070 Wien Bauherr Stadt St. Pölten Natursteine Herschenberger Granit, Verde Fontain, Gebhartser Syenit, Vanga-Granit, Neuhauser Granit Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG A-4222 St. Georgen Das Platzmobiliar ist in den Randbereichen konzentriert, um die Fläche für das »Platzleben« nicht einzuschränken. DER PLATZ ihnen verlange – sie bleiben ansehnlich und schön. Sie überdauern die Zeit unbeschadet. STEIN TIME: Sie arbeiten schon lange mit Natursteinen. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Material gemacht? Wilhelm Holzbauer: Mit Naturstein bauen, das muss man lernen. Naturstein ist nicht einfach zu detaillieren, da sind Handwerker und Archi- tekten gefragt, die Erfahrung haben und fasziniert sind von den Steinen. Ein »Stein-Architekt« muss in die Brüche gehen. Der Besuch eines Bruchs gehört zum normalen Ablauf der Umsetzung eines Projektes. Ich gehe in den Steinbruch, um mir die Blöcke anzusehen und bin immer wieder fasziniert; von Carrara zum Beispiel. Einmal war ich ganz oben, dort wo angeblich Michelangelo seine Steine her hat. Die total veränderte Landschaft ist beängstigend 11 STEIN geschichte Die verlorene Decke im großen Redoutensaal schuf Josef Mikl neu als abstrakte Malerei auf Plattenträgern im Riesenformat von etwa 440 Quadratmetern. Redoutensäle in Wien Naturstein und Mensch H Gohare, ein Kalkstein aus Persien, wurde im neu gestalteten Dachgeschoss verwendet. Eingangshalle im Erdgeschoss des Redoutensaaltraktes mit einem Fußboden aus Solnhofener Plattenkalk ier tanzte einst der Kongress. Hier haben Ludwig van Beethoven Klavierkonzerte und Nicolo Paganini Violinkonzerte gegeben. Im November 1992 versanken die Redoutensäle in Wien dann in Schutt und Asche. Im Oktober 1997 waren die umfangreichen Renovierungsarbeiten beendet. Architekt Manfred Wehdorn über seinen Ansatz und seine Einstellung zu Naturstein: »Ich glaube, dass die neue Architektur eine Weiterentwicklung des historischen Ansatzes sein muss. Ich habe auch in den Neubauteilen bewusst traditionelle österreichische Materialien verwendet. Am schönsten sieht man dies bei den Bodenbelägen: Naturstein und Wiener Terrazzo in einer zeitgemäßen Verarbeitung und in zeitgemäßen Formen. Neu ist neu, heute ist heute, dies war ein Grundsatz bei der Redoutensaal-Restaurierung. Restauriert wurde nur das, was den Brand überlebt hat. Es wurde aus der Tradition Neues geschöpft und weiterentwickelt. Meine Architektursprache ist einfach und im Prinzip bescheiden. Ich habe I N T E RV I E W S und schön zugleich. Ein unglaublicher Eingriff in die Natur geht nahtlos in eine faszinierende Schönheit über. 1997 interviewte STEIN TIME Hans Kollhoff, geboren 1946 in Lobenstein/Thüringen. Er gründete 1978 nach seinem Architekturstudium an der Universität Karlsruhe und an der Technischen Universität das Büro Kollhoff & Ovaska. Seit 1990 ist er Professor Standort Heldenplatz, A-1014 Wien Architekt Manfred Wehdorn, A-1050 Wien Bauherr Stadt Wien Natursteine Kalkstein Gohare, Solnhofener Plattenkalk Natursteinarbeiten Rada Steinwerk und Treppenbau GmbH A-2170 Poysdorf DAS HAUS für Architektur und Konstruktion an der ETH Zürich. In den 1990ern gründete er die Prof. Kollhoff Generalplanungs-GmbH in Berlin, das Atelier Prof. Hans Kollhoff GmbH mit Sitz und Büro in Rotkreuz/Schweiz und 2000 des Kantoor Kollhoff in Rotterdam. Seine Gebäude überzeugen durch die Verbindung handwerklicher Perfektion mit einer Architektur, die konsequent aus der »inneren Logik« der Bauaufgabe entwickelt wird. 1998 12 gerade in den Redoutensälen gezeigt, dass im Sinne eines Sich-Bescheidens Naturstein am besten zu verwenden ist. Naturstein ist eben nicht nur der Protz und Prunk von polierten Platten. Naturstein ist kein teures Material. Naturstein ist oft auch eine wirtschaftliche Alternative. Es hat sich bei Bauherren herumgesprochen, dass die Baukosten in der Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht alles sind. Da gibt es auch die Betriebskosten. In diesem Punkt ist Naturstein unschlagbar.« 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Gmunden Die Altstadt I 1998 m Jahr 1990 wurde ein Architektenwettbewerb zur Gestaltung der Uferzone der Altstadt Gmundens durchgeführt. Bei diesem Wettbewerb ging das Architekturbüro Hinterwirth, Gmunden, als Sieger hervor. 1993 wurde mit der Realisierung und Neugestaltung des Schubertplatzes, eines Seitenplatzes des Rathausplatzes, begonnen. Hier wurden etwa 2 000 Quadratmeter Bodenplatten aus Neuhauser Granit in freien Längen verlegt. Die Platten sind 35 bis 40 Zentimeter breit und an ihrer Oberfläche beflammt. Die Plattenstärke wurde mit fünf bis acht Zentimeter gewählt, da die Befahrbarkeit mit Schwerfahrzeugen gewährleistet werden musste. Die anschließende Sparkas- Kugeln aus Traunstein-Marmor sorgen für eine optische Abgrenzung der Blockstufen. sengasse wurde im Fahrbereich mit Granitkleinsteinpflaster und im Gehbereich mit gestrahlten Neuhauser Granitbahnen ausgeführt. Am Schubertplatz wurden Bahnen aus an ihrer Oberflächen sandgestrahlten Platten aus Neuhauser Granit verlegt und die Felder mit gesägtem blau-grünem Carat geschmückt. Eine Dominante bildet das Diagonalband aus Traunstein-Marmorplatten. Dies deshalb, da die Verbindung zwischen Esplanade und Rathausplatz diagonal über den Schubertplatz läuft und somit der übliche Gehweg besonders hervorgehoben wird. Weitere Details ergeben sich durch die Traunstein-Marmor-Kugeln, die eine optische Abgrenzung der Blockstufen ergeben, welche wiederum die Niveausprünge überbrücken. Ein weiterer Gehweg wurde entlang des Cafés Brandl und des Hotels Austria hervorgehoben, in dem die Materialien des Platzes gewechselt wurden und die Bänderung mittels blau-grünem Carat und die Felder mittels gestrahltem Neuhauser Granit ausgeführt wurden. Gehweg vor dem Hotel Austria: Bänderung aus blau-grünem Carat und Neuhauser Granit Standort Schubertplatz, A-4810 Gmunden Architekt Architekturbüro Hinterwirth, A-4810 Gmunden Bauherr Stadt Gmunden Natursteine Blau-Grüner Carat, Neuhauser Granit Natursteinarbeiten Josef Kogler Natursteinbruch und Schotterwerk GmbH, A-9560 Feldkirchen Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St.Georgen DER PLATZ STEIN TIME: Kann man mit Naturstein innovativ sein? Massive Elemente in Stein, die beim diesjährigen Natursteinpreis gesucht wurden, scheinen für viele nicht sehr zeitgemäß zu sein. Hans Kollhoff: Wir probieren durchaus Neues mit Stein, das wiederum – im Prinzip – etwas sehr Altes ist. Das ist unser Thema, und wir sind glücklich, dass dies auf fruchtbaren Boden fällt; auch bei der Fachkritik. STEIN TIME: Gleichwohl arbeiten nur wenige Architekten so bewusst mit dem Material Naturstein. Hans Kollhoff: Ich weigere mich ja nicht mit Glas zu arbeiten, so wie Behnisch sagt, dass er nicht mit Steinen baut. Für mich gehören Stahl und Glas genauso zu den Materialien, die in der Architektur verwendbar sind, wie Naturstein, Backstein oder Putz. Wir sind seit geraumer 13 STEIN geschichte Nationalbank in Wien Naturstein und Geld D er Neubau der Nationalbank in Wien ist der erste »Granitbau« des Architekten Wilhelm Holzbauer. Bestimmten bei früheren Bauten Kalksteine wie Untersberger »Marmor« das Erscheinungsbild der Fassaden, so setzt Holzbauer hier erstmals »aus eher emotionellen Gründen« auf den harten, in Struktur und Farbe sehr homogenen Granit aus dem Mühlviertel. Das in einer schwierigen, von Putzbauten geprägten, städtebaulichen Situation entstandene, von vielen Sicherheitsaspekten mitbestimmte, »kantige« Gebäude, das in seiner plastischen Durchbildung jedoch viele verschiedene Aspekte aufweist, soll, so der Architekt, durch den hellen, homogenen, fast zeichnungs- losen Neuhauser Granit eine Einfachheit und Klarheit erhalten. Das Gebäude, so wollten es die Sicherheitsvorschriften, sollte weder Leibungsplatten noch Vorsprünge oder Gesimse aufweisen. Es entstand eine dem Architekten sehr entgegenkommende, große Flächigkeit, die nur durch den Naturstein eine gewissen Plastizität erhält. Daneben signalisiert das harte Material Granit die einem Bank-Gebäude angemessene Würde, Solidität und Unverwüstlichkeit nach außen. Innen bieten die Glasfassaden den Mitarbeitern eine offene, transparente Arbeitsstätte. Die Fassade wurde außen mit etwa 9 000 Quadratmetern an ihrer Oberfläche sandgestrahlten, vier Zentimeter starken, im Regelmaß 1,25 x 0,74 Meter großen Platten aus Neuhauser Granit bekleidet. An der Nordostfassade, im Bereich der Garagenaus- und -einfahrt, wurde ein 1,36 mal 0,74 Meter großer, von 0–70 Zentimeter starker, massiver »Steinspitz« in die Fassade integriert. I N T E RV I E W S Zeit daran interessiert, möglichst mit natürlichen Materialien zu arbeiten und sie möglichst auch in ihrer natürlichen Beschaffenheit, Qualität und Ausstrahlung zu zeigen. Damit reduziert sich schon das Spektrum der Materialien. Wir arbeiten also ausgesprochen zögerlich mit der sogenannten Thermohaut, und wir sind nicht bereit, mit Kunststoff zu arbeiten, weder bei Fenstern, noch sonst irgendwo. Wir schaffen es Der U-förmige Baukörper ist mit Neuhauser Granit verkleidet. Kristalliner Marmor bestimmt das Bild im Haupttreppenhaus. Standort Garnisongasse 15, A-1090 Wien Architekt Wilhelm Holzbauer, A-1060 Wien Bauherr Österreichische Nationalbank Naturstein Neuhauser Granit Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen DAS HAUS inzwischen auch, vollkommen auf Beschichtungen von Aluminium und Stahl zu verzichten, weil wir meinen, dass diese Beschichtungen die natürliche Materialität abtöten und sie, wie übrigens auch Kunststoff, nicht altern können, sondern einfach nur vergammeln oder verrotten. Wir glauben, dass natürliche Materialien, wenn sie richtig verarbeitet werden, in ihrer Schönheit eigentlich nur gewinnen und Patina anlegen. 1999 14 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Wiener Neustadt Der Marktplatz D 1999 ie Geschichte des Hauptplatzes in Wiener Neustadt reicht bis ins Mittelalter zurück, und bis heute ist er zum Teil von stattlichen Bürgerhäusern mit Laubengängen umrahmt. Allerdings entwickelte sich der rechteckige Platz dank Würstchenbuden und Kübelgrün zu einem Unort, auf dem sich niemand gern aufhielt. Die grundlegende Entwurfsidee des Architekturbüros Eichinger und Knechtl bestand darin, dem Platz seine eigene, identifizierbare Identität zurückzugeben und ihn zu diesem Zweck zunächst einmal freizuräumen. Ein neuer Bodenbelag markiert heute den Platz. Etwa 8 000 Quadratmeter Schwarzer Gebhartser Syenit und ebenfalls etwa 8 000 Quadratmeter Herschenberger Granit wurden ausgewählt und in zehn etwa 30 cm breiten Streifen in Ost-West-Richtung verlegt – eine Anspielung auf die Hauptvermessungsachse Österreichs. Zwei Platanen spenden den kreisrund aufgefädelten Sitzbänken Schatten, Bushaltestelle und Telefonzelle sind in zwei Pavillons zusam- mengefasst. Die Stadtmöbel und Materialien mit ihrer klaren und einfachen Formensprache schaffen Ordnung auf dem Platz. Tagsüber gibt sich der Platz gelassen, nachts dagegen wirkt er dank einer perfekt inszenierten Lichtführung stimulierend. Tag und Nacht auf dem Marktplatz: gelassene Ruhe und stimulierende Lichtinszenierung Standort Hauptplatz, A-2700 Wiener Neustadt Architekt Architekturbüro Eichinger und Knechtl, A-1010 Wien Bauherr Stadt Wiener Neustadt Natursteine Gebhartser Syenit, Herschenberger Granit Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen DER PLATZ STEIN TIME: Wie lassen sich Sinnlichkeit und Rationalität in der Architektur verbinden? Hans Kollhoff: Wenn man über Wohnlichkeit nachdenkt, werden natürliche Materialien sehr wichtig. Ich kann mir vorstellen, dass sich ein intellektueller Architekt in Aluminium und Glas einrichtet, aber Jedermanns Sache ist das nicht. Das ist ja die Doppelbödigkeit vieler Architekten: Ich wohne selbst auch gerne in einer Gründerzeitwohnung, aber ich stehe dazu und ziehe die Konsequenzen daraus. Ich verordne niemandem etwas, was ich nicht selber für mich beanspruche. Material und sinnliche Erfahrung sind ein wesentlicher Aspekt von Architektur. Gerade das wollte übrigens auch das Bauhaus, das sicher seine Defizite hatte und später der Abstraktion verfallen war. Das ist eine Spur, von der man heute nicht mehr zehren kann. 15 STEIN geschichte Der Quertrakt zwischen den Stiftshöfen zählt zu den ältesten Teilen des barocken Neubaus. Bodenbelag aus Wachauer Marmor Kapelle in Herzogenburg Naturstein und Kult D ie Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer gestalteten im Barockstift Herzogenburg eine neue Osterkapelle. Das Resultat beeindruckt weniger durch Masse und Volumen als durch die modellhafte Bearbeitung einer kleinen, aber höchst anspruchsvollen Aufgabe. Beneder und Fischer entwerfen im Geist der Moderne, das heißt mit dem Verzicht auf bildhafte, stilistische Effekte, – konzentriert auf die puren Faktoren der Raumbildung. Diese Autonomie des Neuen setzt in der Konfrontation auch das Alte frei: Prandtauers Gewölbe und Fenster der Osterkapelle blieben unangetastet. Je weniger an Form-Sprache stattfindet, desto intensiver muss an den materiellen Fakten gearbeitet werden. So wurden hier die heimischen Natursteinsorten (Gollinger Konglomerat und Wachauer Marmor) sorgfältig von den Architekten ausgesucht, die Fugenteilung der Bodenplatten mit allen Raum- und Türachsen koordiniert, das Quadrat der Altarnische farblich dadurch differenziert, dass der Wachauer Marmor in anderer Richtung als bei den übrigen Platten geschnitten wurde. Beim Ambo, der auch die Funktion des »Ewigen Lichts« integriert, ist das rote Glas durch eine innere Schicht aus Sicherheitsglas Verwandlung des Materiellen: Altar und Nische aus Gollinger Konglomerat verstärkt und an den Stoßkanten auf Gehrung spurlos mit Gießharz verklebt. Die Konglomeratteile sind aus einem einzigen, speziell gewählten Dreimaldreimeter-Block von den Gollinger Steinbrüchen herausgeschnitten. So wenig diese Details sich auf den ersten Blick aufdrängen, so viele solcher Punkte wurden hier akkurat gelöst. I N T E RV I E W S Ebenfalls 1997 entstand ein Interview mit Christoph Mäckler, geboren 1951 in Frankfurt/Main. Er studierte Architektur in Darmstadt und Aachen. 1981 gründete er das Architekturbüro Prof. Christoph Mäckler Architekten in Frankfurt/Main. Nach mehrjähriger Lehrtätigkeit als Gastprofessor erhielt er 1998 eine Ordentliche Professur an der Universität Dortmund. Christoph Mäckler will die Rematerialisierung der Moderne. Fassaden müssen für ihn eine ganz Standort Augustiner Chorherrenstift, Stiftsgasse 3 A- 3130 Herzogenburg Architekten Dipl.-Ing. Ernst Beneder, Dipl.-Ing. Anja Fischer, A-1010 Wien Bauherr Augustiner Chorherrenstift, Herzogenburg Natursteine Wachauer Marmor, Gollinger Konglomerat Natursteinlieferung Marmor-Industrie Kiefer GmbH, A-5411 Oberalm DAS HAUS bestimmte Qualität aufweisen, müssen Tiefe haben, Schatten zeigen und »altern können«. STEIN TIME: Der Lindencorso in Berlin, Ihr erster Bau mit einer Natursteinfassade, war der Jury des diesjährigen Natursteinpreises eine lobende Erwähnung wert. Sind Sie stolz darauf? Christoph Mäckler: Beim Lindencorso wurde ein völlig neuer Weg der Natursteinbear- 2000 16 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Altmünster Die Marktstraße I 2000 m Jahr 1998 wurde die Marktstraße in Altmünster umgestaltet. Von besonderer Bedeutung als Orts- und Geschäftszentrum ist dabei die Untere Marktstraße. Sie führt über drei Plätze (Gemeinde-, Kirchenplatz und Münsterpark) und wurde entsprechend aufwendiger gestaltet. So wählten die Architekten Heimo Grusch, Gerhard Steinkogler und Wolfgang Steinkogler für den Gemeindeplatz eine lineare Struktur durch Steinbänder, für den Kirchenplatz eine Quadratstruktur mit Steinstreifen. Der Bereich des Münsterparks liegt am Fuß des Kirchhügels, hier wird im Fahrbahnbereich die Gestaltung des Kirchenplatzes durch einige quadratische Steinflächen angedeutet. Alle Plätze weisen große Höhenunterschiede auf, die durch Stiegenanlagen abgefangen wurden. Der Kirchenplatz ist außerdem durch Schwerverkehr stark beansprucht. Unterbau, Oberbau, Steinstärken und -formate sowie Fugen sind entsprechend ausgelegt. Die Gehsteige und Plätze sind mit Herschenberger Plattenbahnen in verschiedenen Breiten belegt, dazu kommen Steinstreifen aus Vanga-Granit. Die Platzfelder bestehen aus Herschenberger-GranitGroßpflastersteinen. Für die Stiegenanlagen wurden Herschenberger Blockstufen auf Unterbeton verwendet. Alle Steine sind an der sichtbaren Oberflächen und an den Seitenflächen sandgestrahlt. Der Höhenunterschied des Gemeindeplatzes wurde mit einer Stiegenanlage mit dazwischen gesetzten Bäumen abgefangen. Eine kleine Brunnenanlage bestimmt das Bild. Die Trennung zum Platz erfolgt mit Herschenberger-Granit-Kugeln. Standort Marktstraße, A-4813 Altmünster Architekten ARGE Grusch & Steinkogler, Arch. DI Heimo Grusch, Ried, und Steinkogler PlanungsgesmbH, A-4813 Altmünster Bauherr Marktgemeinde Altmünster Natursteine Herschenberger Granit, Vanga Granit Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen DER PLATZ beitung gegangen. Ich dachte immer, die Natursteinindustrie müsste daran interessiert sein, die Technologie für massive Elemente weiterzubringen. Die Preisgerichte bewerten aber weniger das Handwerk als die Architektur; ein falscher Ansatz für diesen Preis. STEIN TIME: Offenbar hat selbst die Industrie ganz festgelegte Vorstellungen von Naturstein … Christoph Mäckler: Für viele scheint es interessanter zu sein, dünne Platten zu verarbeiten, Ecken zu verkleben und durch geschickte Anordnung Massivität vorzutäuschen. Doch wo bleibt die Qualität? Auch die Fassade des Lindencorsos ist in einem industriellen Prozess entstanden, kein Stein wurde zurechtgemeißelt. Trotzdem hat sie die Fügung und Kraft, die man von einer Steinfassade erwartet. 17 STEIN geschichte Rathaus in Ternberg Naturstein und Farbe D en Erweiterungsbau des Rathauses im österreichischen Ternberg gestalteten die Architekten als radikalen Gegensatz, und zwar nicht nur von historisch und modern, sondern auch im Kontrast von Schwarz zu Weiß. Das cremefarben gestrichene, mit Gesimsen, Lisenen und einem in den Putz gekratzten Rusticosockel reich gegliederte ehemalige Schulgebäude aus der Kaiser-Franz-JosephZeit, das heute als Rathaus dient, erhielt mit dem Abriss einer Aufstockung aus der NS-Zeit wieder seine ursprüngliche Zeltdachform zurück. Anstelle der alten WC- und Treppenanlagen ent- stand nun an der Ostseite der moderne Anbau, der als schmale, kompakte Scheibe mit spiegelnd glatten schwarzen Fassadenflächen einen klaren Gegensatz zur »Prachtarchitektur« des Altbaus bildet. Die Fassaden sind mit großformatigen Platten aus dem schwarzgrauen brasilianischen Gneis »Verde Tropical Maritaca« mit Korn 220 fein geschliffen verkleidet. Die tief liegenden Fensterflächen ordnen sich der mit ihren kaum sichtbaren Fugen wie ein exotischer Panzer wirkenden Verkleidung unter und lassen deren lebendige Maserung mit dekorativen olivgrünen Einschlüssen gut zur Geltung kommen. Bei Tageslicht spiegelt sich in den Fassaden die Umgebung wider. Nur die Fensterläden aus Lärchenholz nehmen Bezug auf die ländliche Umgebung. Sind sie geschlossen, wird der Anbau zum völlig glatten Block. Auch die große Glasfläche an der Ostseite ist fassadenbündig. Im Gebäudeinnern dient der dunkle brasilianische Gneis in den öffentlichen Bereichen als Bodenbelag. Fassadenbündig ist die große Glasfläche in die Ostfront eingefügt. An der Platzfront treffen Alt und Neu als pointierter Gegensatz aufeinander. Standort Hauptstraße 25, A-4452 Ternberg Architekten Peter Riepl, Gabriele Riepl, Linz, A-4020 Linz Bauherr VKB Leasing Projekterrichtungs GmbH, A-4020 Linz Natursteine Verde Tropical, Verde Maritaca I N T E RV I E W S STEIN TIME: … die man in Berlin erwartet? Christoph Mäckler: Unter den Linden baut man nur einmal in seinem Leben. Man baut für den Ort. Dieser Ort ist bestimmt von einem gelben Sandsteinton. Hier ist eine Natursteinfassade angebracht, die noch in hundert Jahren stehen wird, ohne Beschädigung. Diese Fassade ist sehr detailliert durchdacht und durchgearbeitet. Sie hat Festigkeit und Massivität. Eine Putz- DAS HAUS fassade war ausgeschlossen, weil der Bauherr – das ist wohl allgemein gültig – Putz als ein minderes Material ansieht. Ich habe vorher noch nie eine Steinfassade gebaut. Also bin ich stundenlang durch Berlin gelaufen und habe überlegt, was eigentlich den Charakter einer Steinfassade ausmacht. Wir haben uns sehr genau überlegt, wie wir diese Fassade zusammenfügen, um den typischen Steincharakter zu erreichen. 2001 18 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Völkermarkt Der Hauptplatz D 2001 er Hauptplatz von Völkermarkt erhielt durch den Enwurf des Grazer Architekten Herfried Peyker wieder Identität und Authentizität und wird so zum Mittelpunkt des öffentlichen Lebens. Er gliedert sich in den unteren Hauptplatz und den neuen Rathausvorplatz. Das Rathaus bekam einen Rathausvorplatz, der seiner Höhe und Bedeutung angemessen ist und auf dem die Mariensäule zukünftig ihren neuen Platz bekommen soll. Der untere Hauptplatz bietet eine große freie Fläche für vielerlei Nutzungen. Als Natursteinmaterial wird österreichischer Granit in unterschiedlichen Farbabstufungen verwendet. Struktur, Füllung, Einfassungen und eingelegte Markierungsbereiche sind in feinen Farbnuancen zueinander verlegt. Von den ursprünglich aus Kostengründen vorgesehenen Betonplatten für den Füllbelag wurde nach der Bemusterung schnell wieder Abstand genom- Durch die gezielte Konzentrierung der Parkplätze wurden andere Bereiche des Hauptplatzes entlastet und neue Bereiche mit neuen Nutzungen konnten entstehen. men, zugunsten des hochwertigen Granitbelags. Dimensionen und Verlegeart der Belagplatten sind so bemessen, dass durch Verkehr und Veranstaltungen keine Beschädigungen auftreten werden. Insgesamt wurden etwa 4000 Quadratmeter Bodenplatten und 500 Laufmeter Randsteine aus österreichischem Neuhauser Granit sowie Gebhartser Syenit geliefert und verlegt. Durch eine besondere Beleuchtung bei Dämmerung und Dunkelheit bekommt der Hauptplatz am Abend eine interessante Atmosphäre. Standort Hauptplatz, A-9100 Völkermarkt Architekt Arch. Dipl.-Ing. Herfried Peyker, A-8010 Graz Bauherr Stadtgemeinde Völkermarkt Natursteine Neuhauser Granit, Gebhartser Syenit Natursteinarbeiten Poschacher GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen DER PLATZ STEIN TIME: In den unteren Etagen überrascht die Versetztechnik. Christoph Mäckler: Die Steine sind verdeckt übereinander geschoben. Bei Plattenfassaden hat das Material keine Tiefe. In allem, was das Auge sieht, drückt sich da eine Billigkeit und Leichtigkeit aus, die dem Stein eigentlich nicht ansteht. Denn Naturstein braucht eine beständige Konstruktion. Er muss altern können. Die schönsten Gebäude in Berlin-Mitte sind die, die diesen Alterungsprozess hinter sich haben. Wenn Naturstein an der Fassade überhaupt einen Vorteil gegenüber Aluminium oder Glas hat, ist es die Möglichkeit, Patina als ästhetische Qualität anzusetzen. Andere Materialien können nicht altern, sie verrotten. STEIN TIME: Obwohl dies Ihr erster Natursteinbau ist, sind Sie mit der Steinbearbeitung 19 STEIN geschichte Museen in Wien Naturstein und Stadt H Kunst und Naherholung, Barock und Cyberspace im Museumsquartier Wien Gleichmäßig und homogen: die Fassade aus dem bulgarischen Kalkstein Bianco Sive ier trifft Barock auf Cyberspace: Das MuseumsQuartier Wien ist eines der zehn größten Kulturareale der Welt. Vor allem aber ist es auch ein zukunftsweisendes, innerstädtisches Kulturviertel mit enormer Signalwirkung, das verschiedene Kunstsparten und Naherholungseinrichtungen zu einem spektakulären Ganzen vereint. Mit dabei: Naturstein. Zum Beispiel der helle Kalkstein des Museum Leopold, fast ein wenig glänzend in der Sonne. Der Stein strahlt zurück und wirft in seinen Kanneluren kleine Schattenstreifen. Die anthrazitgraue Basaltlava des nahezu geschlossenen Museums Moderner Kunst offenbart ein ganz besonderes Eigenleben. Die Steine aus den verschiedenen Eifelbrüchen und Lagen sind nämlich von leicht differierender Färbung. Die Sonnenstrahlen heben diese kleinen Unterschiede hervor, aus dem dunklen monolithischen Block wird eine vielfältig schattierte, lebendige Fassade. Der Rundgang im Inneren der Museumsneubauten offenbart die unterschiedlichen Lichtkonzepte, die die I N T E RV I E W S gut vertraut. Haben Sie das in Ihrer Ausbildung gelernt? Christoph Mäckler: Ich habe die gleiche schlechte Ausbildung wie alle anderen deutschen Architekten. Die Studenten lernen in erster Linie Entwerfen und erst in zweiter Linie, mit Material umzugehen. Das führt zu einem völligen Unverständnis oder gar Nichtwissen von dem, was Bauqualität ausmacht. Wenn ich 20 Architekten Ortner & Ortner mit Manfred Wehdorn verfolgen. Das Sonnenlicht wird in den Sammlungsbereichen im Museum Moderner Kunst nahezu ausgesperrt, im Museum Leopold nur indirekt zugelassen. Licht spielt in der neunstöckigen, leicht verschachtelten Eingangshalle des Museum Moderner Kunst, im großen oberen Saal der Kunsthalle und natürlich auch in den diversen Schausälen der Sammlung Leopold eine zentrale Rolle. Standort Museumsplatz 1, A-1070 Wien Architekten ARGE Architekten: Prof. Laurids Ortner, Prof. Manfred Ortner, Prof. Dr. Manfred Wehdorn Bauherr Museumsquartier Errichtungsund Betriebsgesellschaft mbH, A-1070 Wien Natursteine Donaukalkstein, Rheinische Basaltlava Natursteinarbeiten Naturstein Montage GmbH & Co. KG, A-1120 Wien DAS HAUS den Studenten etwas von Scharrieren oder Stocken erzähle, kennen sie das nicht. Da stehen mir manchmal die Haare zu Berge. Das spielt aber eine große Rolle für unsere Architektur. In meinem Büro arbeiten fast ausschließlich Leute, die eine Handwerkslehre hinter sich haben. Solche Leute haben einfach ein ganz anderes Gefühl für Material. Die heutige Architektur geht zu wenig mit Materialien um und wenn, dann ideologisch. 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Wien Die Hofburg E 2002 rst vor wenigen Jahren wurde der Platz »In der Burg« von parkenden Autos befreit. Übrig blieb eine unansehnliche und sanierungsbedürftige Asphaltfläche. Ein neues Konzept musste gefunden werden, das allen Nutzern gerecht werden sollte. Die Lösung: eine einheitliche Fläche, die einzig durch die technisch notwendige Fahrbahn durchschnitten wird, wobei Metallpoller ein unbefugtes Befahren verhindern. Der Platz soll sich großzügig geben, ohne zu den Fassaden der Hofburg in Konkurrenz zu treten. Das Natursteinmaterial wurde den denkmalschützerischen und heutigen Anforderungen entsprechend ausgewählt. Die Entscheidung fiel auf Hartberger Granitplatten aus Niederösterreich, farblich schattiert, im Format 60 x 60 Zentimeter. Die Plattenkanten sind gespalten, die Oberfläche ist sandgestrahlt, wodurch auch die Kanten leicht gerundet sind. Die Plattenfugen haben aufgrund der naturgemäß etwas unregelmäßigen Steinspaltung eine Breite von etwa vier Zentimetern. Um dem städtischen Charakter zu entsprechen und auch zur besseren Begehbarkeit wurden die Fugen mit zementstabilisiertem grauem Füllungsmaterial hergestellt. Roter Teppich für den Staatsbesuch: auf Platten aus Hartberger Granit aus Niederösterreich Einer der bedeutendsten Plätze Wiens: der »Platz in der Burg«. Auf dem Boden: Granitplatten aus Niederösterreich. Standort A-1010 Wien Architekt Atelier Kordon-Roth, A-1150 Wien Bauherr Burghauptmannschaft Österreich, A-1010 Wien Naturstein Hartberger Granit Natursteinlieferung Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen DER PLATZ Anfang 2003 konnte STEIN TIME Manfred Ortner zum Deutschen Natursteinpreis 2003 für die Sächsische Landesbibliothek gratulieren. Manfred Ortner (geboren 1943 in Linz) führt zusammen mit seinem Bruder Laurids Ortner (geboren 1941 in Linz) seit 1990 das Büro Ortner & Ortner Baukunst Ges.m.b.H. in Wien und Linz und seit 1994 das Büro Ortner & Ortner in Berlin. Seit 1994 ist er Mitglied der Architektenkammer Berlin und Professor für Entwerfen, an der Architekturfakultät an der Fachhochschule in Potsdam. STEIN TIME: Herr Professor Ortner, herzliche Gratulation zum Deutschen Naturstein-Preis 2003! Für Sie ein Preis unter vielen oder doch eine ganz besondere Auszeichnung? Manfred Ortner: Er ist für uns sicherlich eine große Ehre, denn erstens haben wir bisher 2002 21 STEIN geschichte Congress Center Salzburg Naturstein und Reden Der Entwurf eines kompakten Baukörpers basiert auf den begrenzten Raumverhältnissen sowie dem umfangreichen Raumprogramm. D Das Salzburg Congress Center ist eines der modernsten Kongresszentren in Europa. ie Architekten Ernst Maurer, Hollabrunn, und Friedrich Brandstätter, Salzburg, planten das neue Kongresshaus in der Stadt Salzburg am zentral gelegenen Standort des alten Kongresszentrums entlang der Verbindung Festspielbezirk – Domplatz – Altstadt – Musikhochschule und Bahnhof. Der Entwurf eines kompakten Baukörpers basiert auf den begrenzten Raumverhältnissen. Die Tragkonstruktion besteht aus einem Stahlbetonskelett. Höchste Transparenz und Leichtigkeit wird durch die Gebäudehülle aus großzügig proportionierten Glas- und Natursteinfassadenflächen erreicht. Spezielle Beleuchtungseffekte betonen die Außenschale des Hauptsaals, der so als eigener Baukörper nach außen sichtbar wird. Diese großzügige Glasfassade ist als PfostenRiegel-Konstruktion mit Warmwasser führenden Stahlprofilen ausgeführt. Dadurch wird die sonst bei großen Glaskonstruktionen übliche Kälteabstrahlung verhindert. Der vorspringende Baukörper des ehemaligen Humboldt- trakts wird bewusst als gestalterische Zäsur im Anschluss an das benachbarte Hotel durch eine vorgehängte Sonnenschutzkonstruktion gegliedert. Die über Sonnenwächter gesteuerte Außenbeschattungsanlage gibt der Fassade eine besondere Struktur. Zur Rainerstraße hin wird die Fassade mit einer glatten Natursteinfläche aus etwa 1 400 Quadratmeter Untersberger Marmor abgeschlossen. Die Platten sind an ihrer Oberfläche fein geschliffen und wurden in wechselnden Schichten von 40,5, 51,5 und 66,5 Zentimeter hohen Platten konventionell verankert. I N T E RV I E W S wenige Auszeichnungen erhalten (lacht), und zweitens genießt der Deutsche Naturstein-Preis – so merkwürdig das für eine materialbezogene Auszeichnung vielleicht auch klingen mag – ein sehr hohes Ansehen, ja er ist tatsächlich einer der begehrtesten Preise, die in Deutschland vergeben werden. Das Wissen um die Tatsache, dass in Deutschland viele Architekten schon lange und sehr erfolgreich mit Naturstein umgehen, macht ihn für uns noch wertvoller. 22 Standort Auerspergstraße 6, A-5020 Salzburg Architekten Arch. Dipl.-Ing. Ernst Maurer, A-2020 Hollabrunn, Arch. Dipl.-Ing. Friedrich Brandstätter, A-5020 Salzburg Bauherr Stadt Salzburg Naturstein Untersberger Marmor Natursteinarbeiten Marmor Industrie Kiefer GmbH, A-5411 Oberalm DAS HAUS STEIN TIME: Es gab dieses Jahr eine Rekordbeteiligung und zahlreiche Einreichungen von hohem Niveau. Was, glauben Sie, gab schließlich den Ausschlag zu Gunsten der Sächsischen Landesbibliothek? Manfred Ortner: Es liegt vielleicht an unserem etwas anderen, etwas weniger traditionellen Umgang mit Naturstein. Möglicherweise haben wir mit der Sächsischen Landesbibliothek, wie 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Graz Der Hauptplatz F 2003 ast zwei Jahre lang lag der Hauptplatz in Graz, das Herz der Stadt, offen. Während der Grabungsarbeiten war man auf überraschend viele archäologische Funde gestoßen. Die mittelalterlichen Mauerreste verschwanden nach der wissenschaftlichen Analyse unter einer Granitoberfläche, auf der nun einheitliche Marktstände und Haltestellen aus Glas und Stahl stehen. Die Neugestaltung dieses historischen Stadtmittelpunkts bedeutete für Graz eine deutliche Steigerung des städtischen Selbstverständnisses. In der Wiederherstellung und Pflege dieses historisch gewachsenen Orts war Naturstein zu einem wichtigen, »identitätsstiftenden« Baustoff geworden. Wichtig war es dabei, die richtigen Maße zu finden und Profile in richtigen Proportionen und stilgerechten Formen zu entwerfen. In vielen Fällen unterschätzt man diese Forderung, hier wurde sie bewältigt. Es entstand eine moderne, zeitgemäße Gestaltung, die mit den alten Formen konkurrieren kann. Es wurde ein Gespür für eine Harmonie zwischen beiden entwickelt. Die angemessene Oberflächenbearbeitung zeigt es: Es wurde nicht »zu viel« bearbeitet. Die grob geschliffenen oder beflammten Flächen bringen sich ein in ein harmonisches Ganzes. Naturstein ist hier zu einem herausragenden Gestaltungsmittel geworden, bei dem die Individualität das Maß aller Dinge ist. Standort Hauptplatz, A-8010 Graz Architekt Architekt Markus Pernthaler, A-8010 Graz Bauherr Stadt Graz Natursteine Gebhartser Syenit, Hartberger Granit Natursteinlieferung Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, 4222 A-St. Georgen Naturstein ist der identitätsstiftende Baustoff des Hauptplatzes in Graz. DER PLATZ zuvor ähnlich schon mit dem Museum Moderne Kunst in Wien, so etwas wie ein Fenster für eine neue Anwendung des Steines geöffnet. Ich meine das nicht technisch, da gibt es sicherlich viele Architekten, die mehr davon verstehen als wir, sondern in einem rein gestalterischen Sinn. Die Sächsische Landesbibliothek zeigt Naturstein nicht einfach nur als Ausdruck von Qualität und Werthaltigkeit – was der Stein grundsätzlich ja ohnehin schon beinhaltet –, sondern in einer besonders ausgeprägten Dichte. Der Stein strahlt hier nicht jene kommerziell motivierte Dauerhaftigkeit aus, wie dies beispielsweise eine polierte Granitfassade tut, sondern stellt ganz bewusst die Veränderlichkeit des Materials durch die Witterung und das Licht massiv in den Vordergrund. Architektur wird plötzlich zu einem Spiegel auch der Witterung; es kommt ein Wechselspiel zu Stande, wie man es mit anderen Materialien nie erreichen würde. 2003 23 STEIN geschichte Messe in Wien Naturstein und Bewegung S ympathisch, freundlich, in manchen Details heiter, nach diesem Credo konzipierte Gustav Peichl das 192 Millionen teure Prestigeprojekt Wiener Messe. Auf einem Areal von 15 Hektar wurden drei quadratische Der Zugang zum Kongressgebäude erfolgt über das im Erdgeschoss des Messeturms liegende Foyer. Hier wurden Bodenplatten aus dem Marmor Rauchkristall verlegt. Ausstellungshallen, eine multifunktionelle Messehalle, das Kongresszentrum mit seiner geschwungenen Fassade und der Messeturm als architektonischer Akzent an der Ausstellungsstraße errichtet. Ein eingeschossiges, 450 Meter langes, sogenanntes Mallgebäude verbindet einerseits die Hauptzugänge und erschließt die Messehallen. Über die Mall sind auch zusätzliche Zugänge zum angrenzenden Kongresszentrum im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss möglich. Am Boden der Mall wurden etwa 1600 Quadratmeter 50 x 50 große und drei Zentimeter starke Bodenplatten aus dem österreichischen Marmor Rauchkristall, etwa 6500 Quadratmeter 50 x 50 große und drei sowie vier Zentimeter starke Platten aus dem österreichischen Serpentinit Dorfergrün und fast 7000 Quadratmeter ebenfalls 50 x 50 große und drei sowie vier Zentimeter starke Platten aus dem Neuhauser Granit verlegt. Die Platten sind an ihrer Oberfläche matt geschliffen. Die Mall verbindet die beiden Hauptzugänge und erschließt die Messehallen. Am Boden wurden Neuhauser Granit und Dorfergrün verlegt. I N T E RV I E W S Gleichzeitig wird dem Baukörper eine sinnliche Kostbarkeit verliehen. STEIN TIME: Welchen Stellenwert räumen Sie Naturstein generell in der heutigen Architektur ein? Manfred Ortner: Der Naturstein hat als Gestaltungsmaterial in der Architektur klar an Bedeutung gewonnen. Im Gegensatz zu den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren des letzten 24 Standort Messeplatz 1, A-1021 Wien Architekten Peichl & Partner ZT GmbH, A-1010 Wien Bauherr Stadt Wien Natursteine Marmor Rauchkristall, Serpentinit Dorfergrün, Neuhauser Granit Natursteinarbeiten ARGE Lauster Steinbau GmbH Natursteinwerke, A-9541 Einöde/Villach NMP, Naturstein Montage GmbH, A-1020 Wien DAS HAUS Jahrhunderts, als er als Kennzeichen vor allem für meist wenig aussagende kommerzielle Gebäude diente, steht er heute vermehrt für Lebendigkeit und in vielen Fällen auch für geschichtliche Kontinuität. Da ist ein Wertewandel eingetreten. Während man früher hinter dem Naturstein vor allem das Praktische und Repräsentative sah, ist er inzwischen als Material entdeckt, das vollkommen andere – städtische Qualitäten – besitzt. 96 97 98 99 00 01 02 03 Der Theaterplatz D 2004 05 06 07 Standort Theaterplatz, A-2500 Baden bei Wien Architekt Dipl.-Ing. Gerhard Lindner, A-2500 Baden Bauherr Stadt Baden Natursteine Gebhartser Syenit, Hartberger Granit Natursteinlieferant Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen In Baden as Stadttheater bildet heute gemeinsam mit der Sommerarena und dem mit Naturstein neu gestalteten Theaterplatz das Herzstück der Operettenmetropole Baden. Die warmen Schwefelquellen bildeten seit Jahrtausenden die wirtschaftliche Grundlage der Stadt an den Hängen der Thermenalpen. Im 18. Jahrhundert beginnt mit der Erwerbung der Ursprungsquelle und des Herzoghofes durch die Stadt eine zielstrebige Kurortpolitik, die am Beginn des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht. Um dem Anspruch an moderne Kurorte gerecht zu werden, gab die Stadtverwaltung 1965 eine Reihe von Studien in Auftrag, die von der eigentlichen Stadtplanung über ein Fremdenverkehrsgutachten, eine Überprüfung der Infrastruktur auf elektronischem Wege bis zu einer denkmalanalytischen Aufnahme reichten. Daraus entstand ein kommunales Leitbild, das als Aufgabe die Weiterentwicklung der Funktionen Badens als Kur- und Erholungszentrum, Kongress- 04 zentrum, Wohnort mit hohem Freizeitwert, regionales Bildungszentrum, regionales Versorgungs-, Verwaltungsund Gewerbezentrum und als beliebten Weinort vorsah. In einzelnen Etappenplänen wurde dieses Leitbild während einer der größten Bauphasen der Stadt in die Wirklichkeit umgesetzt. Daneben wendet die Stadt sehr viel Sorgfalt für ein Altstadterhaltungskonzept auf, da sie sich ihrem histori- schen Stadtbild nicht nur aus Tradition verbunden fühlt, sondern darin auch ein wesentliches Kapital für ihren Fremdenverkehr erblickt. Eine umfassende denkmalpflegerische Erneuerung setzte ein. Damit ist die Gemeinde Baden bei Wien eine moderne Stadt im alten Kleid, die ihre Fremdenverkehrsgeltung als einer der bedeutendsten Kurorte Österreichs zurückgewonnen hat. Sehr viel Sorgfalt wird in Baden auf ein Altstadterhaltungskonzept gelegt. DER PLATZ 2005 suchte STEIN TIME das Gespräch mit Jan Kleihues, geboren 1962 in Berlin. Er studierte an der Hochschule der Künste in Berlin und arbeitete in den Büros von Peter Eisenman, Daniel Libeskind und Rafael Moneo. 1996 gründete er zusammen mit seinem jüngst verstorbenen Vater Josef Paul Kleihues und Norbert Hensel das Büro Kleihues + Kleihues Gesellschaft von Architekten mbH. Für Jan Kleihues ist Naturstein zeitgemäß. Für den Einsatz der natürlichen Steine in seiner Architektur sieht er klare sachliche und vor allem funktionale Gründe. STEIN TIME: Was spricht für Stein in der Architektur? Jan Kleihues: In erster Linie sein Variantenreichtum. Ich meine damit nicht nur die unterschiedlichen Steinsorten, sondern vielmehr die 2004 25 STEIN geschichte Verwaltung in Salzburg Naturstein und Energie E nergiegeladen präsentiert sich die neue Firmenzentrale von Red Bull in Fuschl. Für die Gebäudeform standen Vulkankegel Pate. Auf dem 13 000 Quadratmeter großen Areal erheben sich zwei kegelförmige Gebäude mit Kegeldächern, die mit Naturstein verkleidet sind. Vorgabe bei der Verkleidung der Kegeldächer war ein »zurückhaltender« Naturstein, so der Salzburger Architekt Volkmar Burgstaller. Die anthrazitfarbene Basaltlava aus der Eifel erfüllt diesen Anspruch und stellt gleichzeitig einen direkten petrografischen Bezug zum Vulkanthema her. Insgesamt wurden 3 370 Quadratmeter geschliffener Basaltlava verwendet. Die drei Zentimeter starken Platten sind hinterlüftet. Durch wechselnde Formate und einen leichten Höhenversatz einzelner Platten entsteht ein lebhaftes Gesamtbild der Dächer. Im Inneren der Gebäude wurden zwei unterschiedliche Natursteine kombiniert. Für den Bodenbelag kam der schwarze Schiefer Ardesia Monleone aus der Nähe von Genua zum Einsatz. Die konzentrisch geschnittenen Platten sind zwei Zentimeter stark, die Oberfläche ist mit Korn 400 fein geschliffen. Beim zweiten Stein handelt es sich um den schwarzen Granit Shanxi Black, ebenfalls zwei Zentimeter stark und mit Schliff C 800 fast poliert. Standort A-5330 Fuschl im Salzkammergut Architekt Atelier Volkmar Burgstaller ZT GmbH, A-5026 Salzburg Bauherr Red Bull GmbH, A-5330 Fuschl am See Naturstein Tauerngrün Natursteinarbeiten Steinmetzbetriebe Franz Bamberger GmbH, A-2514 Traiskirchen I N T E RV I E W S unglaubliche Bandbreite der Bearbeitungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Das fängt bei der Bearbeitung mit oder gegen das Lager an, reicht über die immensen Möglichkeiten der Oberflächenbearbeitung bis hin zu den modernen Schneide- und Montagetechniken. Dies bietet mir kein anderes Material. STEIN TIME: Warum wählten Sie eine Natursteinfassade für das neue Maritim-Hotel in Berlin? 26 Blick vom Dach des Hauptkegels auf die rückwärtigen Bürotrakte. Aufgelockerte Dachfläche mit wechselnden Plattenlängen und Höhenversatz. DAS HAUS Jan Kleihues: Wir hatten es mit einem sehr heterogenen Umfeld zu tun: Da war zum einen Fahrenkamps Shellhaus, eine Ikone der klassischen Moderne in Berlin. Darum gruppierten sich der Bendler-Block, die Gemäldegalerie von Hilmer & Sattler, eine Wohnbebauung von Ackermann und das Wissenschaftszentrum von James Stirling. Unser Ziel war es, den Neubau behutsam in dieses heterogene Umfeld einzupassen und mit dem Shellhaus ein Ensemble zu 96 97 98 99 00 01 03 02 04 05 06 07 In Innsbruck Der Theaterplatz 2005 A Standort Theaterplatz, A-6020 Innsbruck Architekten terra.nova Landschaftsarchitektur und Wich Architekten D-81543 München Bauherr Stadt Innsbruck Naturstein Herschenberger Granit Natursteinarbeiten Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen Herschenberger Granit graugelb: durchgehendes Material in verschiedenen Formaten und Oberflächen m Rand der Innsbrucker Altstadt spielt sich der Theaterplatz vor historischer Gebäudekulisse ins Rampenlicht. Die Bühne ist aus Naturstein. Die Münchner Arbeitsgemeinschaft terra.nova Landschaftsarchitektur und Wich Architekten konzipierte eine großzügige und moderne Lösung für den Stadtraum zwischen Landestheater, Schloss, Kongresszentrum und Hofgarten sowie für den darauf vorgesehenen Pavillon. Für eine ruhige Platzfläche sorgt der einheitliche Belag aus graugelbem Granit, unterschiedliche Plattenformate und Oberflächenbehandlungen gliedern die einzelnen Zonen. Unter diesem Teppich versteckt sich eine Tiefgarage, auf dem Platz will die Stadt Innsbruck ihren Bürgern und Gästen kulturelle Großveranstaltungen unter freiem Himmel bieten. Freiluftkonzerte und Theateraufführungen in Zusammenarbeit mit dem angrenzenden Landestheater erfordern eine entsprechende Ausstattung: Wasser, Kanalanschluss und Strom sind vorgesehen, aber auch Standorte für die Ü-Wagen des öster- reichischen Rundfunks. Der gesamte Platz befindet sich auf einem Niveau – stufenlos und damit völlig barrierefrei. Das ist praktisch und wirkt großzügig. Entfernbare Pollerreihen verhindern, dass Autofahrer den Bereich aus alter Gewohnheit beparken. DER PLATZ bilden. Dies haben wir durch die Übernahme von Höhenlinien und Fluchten, aber auch durch die Wahl des richtigen Materials, nämlich des römischen Travertins, erreicht. STEIN TIME: Suchen Sie Ihr Material schon im Steinbruch aus? Jan Kleihues: Ich weiß, dass es einige Kollegen gibt, die das für unverzichtbar halten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass großformatige Musterplatten und Fassadenmodelle im Originalstein für die Materialauswahl ausreichen. Natürlich muss man die materialspezifischen Eigenschaften, die ja u.a. auch die Plattenformate bestimmen, kennen. Wir haben hier vor unserem Büro Platten stehen, anhand derer wir beobachten können, wie sie zu verschiedenen Tageszeiten und unter unterschiedlichen Witterungsbedingungen wirken 2005 27 STEIN geschichte Kirche in Gallspach Naturstein und Glas D ie Pfarrkirche der Marktgemeinde Gallspach ist das jüngste Werk im sakralen Bauprogramm der Diözese Linz. Die größte Herausforderung bestand in der Bewältigung der Topografie des steil ansteigenden Baugrundes. Die neue Kirche sollte von der Hauptstraße her zugänglich sein und zugleich den denkmalgeschützten Turm und das zur Aufbahrungshalle umgewidmete, ehemalige Presbyterium oben am Hang einbeziehen. Die Lösung besteht aus einem ringförmigen Baukörper, der auf elliptischem Grundriss den gesamten steil ansteigenden Kirchhügel umschließt. Über einer massiven Sockelzone aus Naturstein erhebt sich eine strahlenförmig ausgerichtete Holzrahmenkonstruktion aus 88 Leimbindern. Auch die Sockelzone innen ist mit Platten aus Gollinger Konglomerat verkleidet. Der Boden im Kirchenraum besteht aus teils radial, teils in Bahnen verlegtem Porfirico Noce. Der Altar ist massiv in Naturstein ausgeführt und vereint in ver- tikaler Schichtung mehrere Bedeutungsebenen. Die massive Sockelzone besteht aus demselben Konglomerat wie die Wandverkleidungen und verankert den Altar topografisch im Kirchenraum. Darüber liegt eine vom ehemaligen Altar übernommene und aufgearbeitete Sandsteinplatte. Standort A-4713 Gallspach Architekten Dipl.-Ing. Ernst Beneder, Dipl.-Ing. Anja Fischer, A-1010 Wien Bauherr Katholisches Pfarramt A-4713 Gallspach Natursteine Gollinger Konglomerat, Porfirico Noce Natursteinlieferung Marmor-Industrie Kiefer GmbH, A-5411 Oberalm Natursteinarbeiten Liturgische Ausstattung: Kienesberger GmbH A-4710 Grieskirchen Die restaurierte Apsis dient als Aufbahrungshalle für den Ortsfriedhof. I N T E RV I E W S und sich verändern. Ich glaube, dass die Kontrolle so besser ist und man sich in der Entscheidung sehr viel sicherer sein kann. Erst vor Kurzem sprach STEIN TIME mit Karin Wilhelm (geboren 1947) über das Material Naturstein in der Architektur. Sie studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Soziologie in Heidelberg, München, Berlin und Marburg a.d.L. Seit 2001 ist sie Professorin für 28 DAS HAUS Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt an der TU Braunschweig. STEIN TIME: Bedingt durch seine Schwere ist Stein doch eher ein konservatives, statisches, undurchdringliches Material? Karin Wilhelm: Wer sagt das eigentlich? Vielleicht sollte man die ganze Sache sehr viel emotionsloser sehen. Vergessen wir die Materialge- 2006 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 In Osttirol Aussichten am Großglockner W as macht ein mehrere Meter langes Ruderboot aus Bronze auf der rund 2400 Meter hoch gelegenen Franz-Joseph-Höhe, dem schönsten Aussichtspunkt zum Großglockner? Das Boot ist Teil einer Skulptur, die der Neumarkter Bildhauer Johann Weyringer in dieser luftigen Höhe errichtet hat. Mehrere Jahre arbeitete Johann Weyringer an diesem Projekt. 180 Tonnen Serpentinit hat er auf die FranzJoseph-Höhe bringen lassen. Die riesigen Platten wurden vorher von ihm bearbeitet; er formte Stufen, schuf Einbuchtungen als Sitzgelegenheiten und sogar zwei Liegemöglichkeiten für müde Besucher: Couchen aus Stein mit Blick auf den Großglockner. Auf der Franz-Joseph-Höhe baute Johann Weyringer so mit den Unmengen Gesteinsplatten ein Podest, auf dem oben das Ruderboot aus Bronze thront. Achtung Kunstwerk – berühren verboten! Für Weyringers Skulpturen gilt das Berühren verboten! Für Johann Weyringers Skulpturen gilt das nicht. Im Gegenteil. Die Menschen sollen auf die Steine klettern. nicht. Im Gegenteil. »Die Menschen sollen auf die Steine klettern, sich auf den Treppen ausruhen und im Boot sitzend den herrlichen Ausblick zum Großglockner genießen«, meint Johann Weyringer. Standort Franz-Joseph-Höhe, Osttirol Architekt Mag. Arch. Johann Weyringer, A-5202 Neumarkt Natursteine Tauerngrün, Dorfergrün Natursteinlieferung Lauster Steinbau GmbH Natursteinwerke, A-9541 Einöde/Villach Die Skulptur von Johann Weyringer: ein besonderer Rastplatz auf der Franz-Joseph-Höhe. DER PLATZ rechtigkeit, vergessen wir die Würde, zeigen wir doch einfach die Möglichkeiten, die nach wie vor in diesem Material stecken, zeigen wir seine sinnlich-haptische Qualität, seine Schönheit, experimentieren wir mit Stein und vergessen wir die alten Mauern – wenigstens für einen kleinen Augenblick. Was mich für die Zukunft interessiert, das sind Vorschläge dazu, was man heute alles mit Naturstein machen kann; experimentelle Überlegungen, die die klassisch definierten Bahnen verlassen. Daneben sind heute Raumkonzeptionen interessant, die die Wertigkeit materialimmanent behandeln. Die visuelle Präsenz des Materials Stein muss eine gewisse haptische Sensation bei mir oder bei anderen auslösen. Ich muss ein Gespür für das Material sehen. Der Prozess der Bearbeitung sollte demonstriert werden. Der heute übliche industrielle Fertigungsprozess sollte dabei nicht negiert, sondern sichtbar, nachvollziehbar 2006 29 STEIN 96 97 geschichte 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 Wohnhaus in Klosterneuburg Naturstein und Luxus A n einer unverbauten Lichtung auf einem Südhang in Klosterneuburg bei Wien wurde von Architekt Dipl.-Ing. Andreas Schmitzer eine großzügige Villa errichtet. Die Bauherrn wünschten sich ein modernes, funktionales Gebäude, das sich zum Freiplatz und dem Schwimmbadbereich öffnet. Der Erdgeschossbereich gliedert sich dabei in mehrere dem Hang folgende Niveaus, die unterschiedliche Durchblicke auf das umgebende Gelände freigeben. Naturstein wurde im Innen- und Außenbereich verwendet, um einen merkbaren Belagswechsel zu vermeiden. Gewählt wurde das Material Mocca Creme, ein Kalkstein aus Portugal. Die Farbe und die Struktur des Materials harmonierten am besten mit den verwendeten Holzarten im Innenbereich, und im Außenbereich stützte die Struktur des Natursteins die Verwendung in der Sockelzone. Im Innenbereich öffnet sich nach dem Vorzimmer eine weitläufige Wohnlandschaft. Stein und Holz bestimmen den Blick. Im Küchenbereich dominiert ein Die Wände des Elternbades sind mit Mocca Creme verkleidet. Der Waschtisch ist aus massivem Stein gearbeitet. Westansicht der Villa mit Schwimmbadbereich I N T E RV I E W S gemacht werden. Ehrliche Oberflächen, das sollten wir anstreben. An erster Stelle muss die Wirksamkeit einer Oberfläche für ein bestimmtes Raumkonzept, für eine bestimmte Aussage stehen, dann wird auch diese unsägliche Tapetendiskussion aufhören. Harter, schwer zu bearbeitender Granit muss als solcher erkennbar bleiben. Die wirkungsästhetische Aussage muss im Vordergrund stehen. Warum benutze ich Naturstein, warum zeige ich den Stein so glatt mit Nero Assoluto verkleideter Küchenblock, der aber zugleich mit den ebenfalls mit schwarzem Granit verkleideten Arbeitsflächen harmonisch mit den Holzverkleidungen korreliert. Der eigentliche Wohnbereich wird von der Aussicht auf die Freibereiche bestimmt. Raumhohe Fenster vermitteln den Eindruck eines großzügigen Bereiches, sich zur Natur und zu den Freibereichen mit dem Schwimmbad öffnenden Flächen. Auch hier unterstützt der ruhige Charakter des Natursteins die Intentionen des Architekten. Standort A-3400 Klosterneuburg bei Wien Architekt Architekt Dipl.-Ing. Andreas Schmitzer, A-1060 Wien Bauherr Privat Natursteine Mocca Creme, Nero Assoluto Natursteinarbeiten Rada Steinwerk und Treppenbau GmbH, A-2170 Poysdorf DAS HAUS poliert und nehme ihm alles, was an Behandlung, an Arbeit denken lässt. STEIN TIME: Und wie sollen wir in Zukunft mit Stein bauen? Karin Wilhelm: Der Umgang mit Naturstein sollte wieder mehr von der Funktion der Bauteile bestimmt werden; Ziel ist ein zeitgemäßer, auch experimenteller Umgang mit Stein. 2007 30 2007 S öD ile kK reö nru n gM or f ü raI hr r m Heim B a u m a r m o r, B a d , We l l n e s s , G e s u n d h e i t , Sölker Marmor GesmbH, A-8961 Kleinsölk, T: +43(0)3685 222 16 H e i z u n g , Ga r t e n w w w. s o e l ke r. at STEIN heute Plastizität für Fassaden Stein heute N aturstein ist in der zeitgenössischen Architektur ein Gestaltungsfaktor, ein prägendes Baumaterial. Die Vorliebe für Naturstein in der Vielfalt seiner Farben und Strukturen nimmt deutlich zu. Dabei zeichnet sich eine Bevorzugung heimischer Steinmaterialien ab. Die Architekten spielen gezielt mit speziellen gestalterischen Möglichkeiten der Steine. Naturstein bietet darüber hinaus die Möglichkeit, den Fassaden wieder Plastizität zu geben: Dieser Baustoff eignet sich gleichermaßen für flächige und – in Kombination mit massiven Werkstücken – für in die Tiefe gestaffelte Außenwandgestaltungen. Zugleich werden neue technologische Lösungen für den Einsatz großflächiger Fassadenelemente mit Natursteinbekleidung an Großobjekten gefunden. Es ist heute schon abzusehen, dass der Baustoff Naturstein darin stark an Bedeutung gewonnen hat, und zwar in einer neuen, über die übliche Plattenbekleidung hinausgehenden Vielfalt seiner architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten. Zu welch innovativen Ideen der Naturstein Architekten anregen kann, zeigen Fassadenlösungen mit zur Belüftung schräg gestellten Platten, durch sichtbare Plattenbefestigung strukturierte oder aus geschichteten Steinen massiv aufgebaute Fassaden. Bei der Außenwandgestaltung sind massive Bauteile wieder beliebter – sowohl im Die Farbvielfalt von Naturstein lässt viel Gestaltungsfreiraum. Kalk- und Sandsteine: von Architekten vermehrt geschätzt Immer öfter kommen einheimische Steine zum Einsatz. Hinblick auf die Gliederung als auch auf wichtige Baufunktionen: etwa durch eine den Bau gegen Schlag und Spritzwasser schützende, stärker ausgebildete Sockelverkleidung. »Macht die Steine massiver« – diese Forderung nach einer »Rematerialisierung der Fassade« wird nicht nur im Hinblick auf Funktionalität, sondern ganz wesentlich unter dem Aspekt der architek- tonischen Wahrhaftigkeit gefordert. Eine Fassade erfordere eine akzeptable ästhetische Wirkung durch Festigkeit und Körperhaftigkeit. Zu alledem bedarf es einer »steingemäßen« Anwendung von Naturstein. Erkannt wird von den Architekten immer häufiger die Möglichkeit, Naturstein nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ einzusetzen – als gestalterischen Akzent, etwa in Form einer Eckbetonung oder Stützenbekleidung in einer ansonsten verglasten oder verputzten Fassadenfläche. Bemerkenswert ist andererseits, dass die eher unspektakulären Materialien Kalkstein und Sandstein in ihrer vorwiegend homogenen Farbe und Struktur – neben Granit – wieder eine größere Rolle im Architekturgeschehen spielen. Einerseits tritt hier alte Handwerkskunst wieder mehr in Erscheinung, andererseits führt dank moderner Fertigungstechnik ein leichter, aber konsequenter Weg von der Architektenzeichnung direkt in das Natursteinwerk und bis zur Maschine. 33 STEIN heute Von Melanie Schlegel Kontrastreich D er große Anspruch an die Münsterarkaden als innerstädtisches Einkaufszentrum bestand in der harmonischen Integration in die historische Umgebung. Dies wurde erreicht durch die Aufteilung in sechs Einzelgebäude und die Materialwahl bei den Fassaden. Jeder der unterschiedlichen Natursteine sollte farblich zu dem am Prinzipalmarkt vewendeten Baumberger Sandstein passen. O Tauerngrün zeichnet sich durch eine geringe, kleinflächige Wolkung und eine Aderung aus weißem und weißgrünem Calcit aus. 34 b Ludwigshafen, Braunschweig, Essen, Krakau, Schweinfurt, Passau, Erlangen – die Liste der Städte, in denen innerstädtische Einkaufszentren entstehen, ist lang. Hauptargument der Betreiber der neuen Zentren, Arkaden oder Gallerien ist der Kampf gegen die innerstädtische Verödung. In Münster entstanden aus diesem Grund unweit des malerischen Prinzipalmarkts die Münster Arkaden. Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Shoppingpassage mit vierzig Läden, Gastronomie, Büros und einem Bekleidungskaufhaus im Zentrum von Münster. Josef Paul Kleihues und sein Partner Norbert Hensel vom Architektur- Großzügige Verglasungen sorgen für Tageslicht innerhalb der Einkaufsmeile und tragen zu einer hohen Aufenthaltsqualität bei. büro Kleihues + Kleihues schufen eine großzügige dreigeschossige Passage als öffentliche Verbindung zwischen der belebten Rothenburg und der Fußgängerzone in der Ludgeristraße. Herzstück der Passage ist ein runder Platz am Schnittpunkt der beiden Passagenarme, der über eine Glaskuppel von oben belichtet wird. Von hier aus gelangt man über einen vollflächig mit Glas überdachten Hof zum Eingang des PicassoMuseums, das auf diese Weise in das Wegenetz mit eingebunden wird. Der Picassohof bietet im Café abseits des Einkaufstrubels Aufenthaltsmöglichkeiten. Das architektonische Konzept lehnt sich an historische Galerien an, wobei die enorme Baumasse behutsam in die Altstadt eingepasst werden sollte. Aber nicht nur historische Baukonzepte waren für die Architekten ein Vorbild. Auch der alte Grundriss von Münster hatte Einfluss auf den heutigen Status quo: Gemäß dem historischen Stadtgrundriss verjüngt sich der Durchgang zum Prinzipalmarkt auch heute wieder. Der Gebäudekomplex ist entsprechend seiner Nutzung in sechs unterschiedliche Baukörper eingeteilt. Um dies zu verdeutlichen bekam jede Fassade in Bezug auf Material und Gliederung ein eigenständiges Äußeres. So erhielten beispielsweise das Bekleidungskaufhaus eine Fassade aus portugiesischem Kalkstein Creme Sintra und das Medienkaufhaus eine aus gestrahltem Jura-Naturstein. Eine Reminiszenz an die ehemaligen Adelshöfe in der Königsstraße sind die schlanken, vertikalen Fensterelemente. Die Fassade des Eckgebäudes an der Königsstraße ist mit römischem Travertin verkleidet, Innen- wie Außenfassade der Passagen wurden mit Korallenkalkstein Trosselfels ausgeführt, die Schaufenster aus Baubronze gefertigt. Die großzügig klassizistisch gegliederte Innenfassade aus hellem Kalkstein steht im Kontrast zu dem Hingucker der Arkaden: dem Bodenbelag in helldunklem Rautenmuster aus Rauchkristall (Granit) und Tauerngrün (Marmor). Seine geometrische und perspektivische Wirkung verleiht dem Passagenraum seine Unverwechselbarkeit. Das Thema des Rasters setzt sich in immer neuen Variationen im ganzen Gebäude fort. Die besondere Anforderung beim Verlegen des Bodens lag darin, dass ein dreidimensionaler Effekt gewünscht war. Der dunkelgrüne, fast schon schwarze Serpentinit Tauerngrün bildet den farblichen Gegensatz zu dem hellgrauen, fast weißen Rauchkristall mit leichtem Blaustich. Beide Materialien zeichnen sich im Besonderen dadurch aus, dass sie weder vergilben, rosten, noch ausbleichen. Standort Königsstraße, Rothenburg, Ludgeristraße, Hötteweg, Münster Bauherr Sparkassen-Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG, Münster Architekt Kleihues + Kleihues Architekten, Josef Paul Kleihues und Norbert Hensel mit Michael Alshut (Projektleiter) Natursteinlieferung und -ausführung des Bodenbelags Lauster Steinbau GmbH, D-70376 Stuttgart 35 STEIN heute Schöner baden im Grand Hotel B ei Modernisierungsarbeiten erhielt das 5-Sterne-Hotel Suvretta House neue Luxusbäder aus Naturstein. Von Richard Watzke Warme Atmosphäre: Kombination aus Breccia Aurora und Perlato Royal. Ganz in Grün und Weiß: Badausstattung aus dem Quarzit Verde Spluga. 36 D as Suvretta House im Schweizer Oberengadin gehört zur Spitzenkategorie der »Leading Hotels of the World« und der Swiss Deluxe Hotels. Zwei Kilometer abseits von St. Moritz blickt das 1912 errichtete Hotel auf dem SuvrettaPlateau auf eine langjährige Geschichte zurück. Um mit den Ansprüchen der Gäste Schritt halten zu können, wurde das Gebäude kontinuierlich saniert. Die beiden jüngsten Baumaßnahmen von 2003 und 2006 betrafen den Ostflügel sowie den Südwestflügel. Für die Gestaltung der neuen Zimmer und Suiten zeichnet bei beiden Bauabschnitten das auf die Hotelerie spezialisierte Innenarchitektenbüro Richmond International, London, verantwortlich. Möblierung und Materialwahl betonen die Tradition, während die sanften Erdtöne ein zeitloses Farbklima erzeugen. Im Rahmen der jüngsten Modernisierungsmaßnahme von 2006 entstehen im Südwestflügel 44 neue Zimmer einschließlich luxuriöser Suiten. Wie bei der vorangegangenen Bauetappe im Jahr 2003 wurde der zu sanierende Gebäudeteil zuvor vollständig ausgekernt. Im Zuge der Umbauarbeiten wurden auch die Badezimmer erneuert. Die 41 Bäder des ersten Bauteiles wurden in Zusammenarbeit mit dem renommierten Fertigbad-Produzenten Hellweg-Badsysteme aus Paderborn als Fertigbäder in der gemeinsamen neuen Produktlinie H.B Royal hergestellt. Die gesamte Innenausstattung Luxus auf 1850 Meter Höhe: Das Suvretta House verfügt über 189 Zimmer und Suiten. wie Wandverkleidungen, Bodenbeläge, Waschtische und Badewannenverkleidungen und -abdeckungen wurden bereits im Werk gefertigt und montiert. Nach Fertigstellung der gesamten Innenausstattung wurden die LuxusBadezellen verschlossen und dem Bedarf und Baufortschritt entsprechend zur Baustelle transportiert. Die Lieferung erfolgte »just in time«, wobei die Fertigbäder durch eigens dafür hergestellte Dachöffnungen in die jeweilige Etage gehoben und anschließend an die endgültige Montageposition transportiert wurden. Der zweite Umbauabschnitt im Südwestflügel umfasst ein Auftragsvolumen von 38 Fertigbädern sowie sechs in traditioneller Weise errichteten Luxusbädern. Drei verschiedene Steinausstattungen prägen die neuen Bäder. In der ersten Variante besteht die gesamte Natursteinausstattung aus dem italienischen Quarzit Verde Spluga. Bei der zweiten Ausstattungslinie sind Kühle Eleganz: Waschtisch aus Kaschmir White mit integrierten Schubfächern. die Waschtische und Badewannenabdeckungen aus dem indischen Granulit Kashmir White gefertigt. Im Kontrast dazu stehen massive Duschtassen, Türverkleidungen und Böden aus dem brasilianischen Verde Candeias. Die dritte Ausstattungslinie lebt vom Farbspiel der beiden italienischen Kalksteine Breccia Aurora und Perlato Royal. Belle Epoque: Grand Restaurant mit Kassettendecke und Eichenholzsäulen. Standort St. Moritz, Schweiz Architekten Werner Oberholzer + Daniel Brüschweiler, Küssnacht Natursteinarbeiten Steinmetzbetriebe Franz Bamberger, A-2514 Traiskirchen 37 STEIN heute Von Rainer Hascher und Sebastian Jehle Glas und Stein in Eintracht A uf den ersten Blick ein minimalistischer Glaskubus, birgt das Kunstmuseum Stuttgart einen Kern aus Naturstein: JuraKalkstein aus dem Altmühltal in Deutschland. A m Abend illuminiert leuchtet der bruchraue Jura-Kalkstein durch die filigrane Fassade und verbindet den Neubau mit den historischen Gebäuden des Schlossplatzes. Auch der anschließende »Kleine Schlossplatz« wurde durch die neu gestalteten Außenanlagen aufgewertet. Dieser Bereich – die 1968 fertig gestellte Überdeckelung eines Verkehrsknotenpunktes – wurde seit Anfang der Achtzigerjahre mehrfach überplant, nachdem sich die Entwürfe zur Neuordnung des Verkehrs völlig überholt hatten. Mit dem Neubau des Kunstmuseums wurde die Chance für eine städtebauliche Aufwertung des wichtigsten zentralen Bereichs der Stuttgarter Innenstadt genutzt. In einem klassischen städtebaulichen Ansatz fassen und begrenzen die neuen klaren Gebäudekanten Platz und Straßenräume. Als architektonischer Solitär bildet der ruhige, elegante Glaskubus mit den Bauwerken unterschiedlichster Epochen, die 38 Im Kontrast zur feingliedrigen, nahezu immateriellen äußeren Glasfassade steht das innere Natursteinmauerwerk aus bruchrauen goldgelben Jurakalk-Krustenplatten. den Schlossplatz begrenzen, ein Ensemble. Der Ausstellungsbereich befindet sich im Sockel des neuen »Kleinen Schlossplatzes«, in den Tunnelröhren, die in zwei Ebenen übereinanderliegend früher dem Auto- und Straßenbahnverkehr gedient haben. Dabei sind die ruhigen, introvertierten Kunsträume auf der einen Seite kombiniert mit den gegenüberliegenden kommunikativen Bereichen. Die Räume sind keine monotone Kulisse für die Kunst, sondern variieren in Größe und Proportion. Der weithin sichtbare Glaskubus, der in sich einen Kern aus naturgebrochenem JuraKalkstein (Krusten) birgt, ist kontrastreich gestaltet. Der äußerlich schroff, fast archaisch wirkende Steinwürfel bietet im Inneren Ruhe und Konzentration auf die Kunst. Die technische Perfektion der gläsernen Hülle dagegen ist offen, scheinbar unbestimmt und bespielbar. Die Wirkung der Fassade wechselt: Am Tag zeigt sich durch die Minimie- rung der tragenden Stahlkonstruktion, die auf das Glas gedruckten horizontalen Streifen und das zurückgesetzte Erdgeschoss ein elegant zurückhaltendes Gebäude, abends kehrt sich die Wahrnehmung um: Die äußere Glashülle löst sich auf, der Steinkubus leuchtet in seiner Naturfarbe auf und stellt die Beziehung zum benachbarten Königsbau her. Auf der Oberseite des Steinwürfels bietet das rundum verglaste Museumsrestaurant einen spektakulären Rundblick über die Stadt. Die Oberflächenbeschaffenheit der Steine ergibt sich aus der natürlichen Lagerung im Steinbruch. Im Kontrast zur feingliedrigen, nahezu immateriellen äußeren Glasfassade steht das innere Natursteinmauerwerk aus bruchrauen goldgelben Jurakalk-Krustenplatten. Die Oberflächenbeschaffenheit der Steine ergibt sich aus der natürlichen Lagerung im Steinbruch und wurde beim Versetzen nur partiell nachbearbeitet. Traditionell handelt es sich dabei um das Material, das beim Anschnitt der Steine im Sägegatter zur Gewinnung von Steinen mit glatter Oberfläche ausgesondert Die äußere Glashülle löst sich auf, der Steinkubus leuchtet in seiner Naturfarbe auf und stellt die Beziehung zum benachbarten Königsbau her. 39 STEIN heute Detail Kubusfassade Ansicht, Horizontalschnitt, Vertikalschnitt M 1:33 Wandaufbau im Innenbereich: Natursteinplatten Jura Goldgelb 9–14 cm stark, Oberfläche bruchrau, Rück- und Schmalseiten gesägt, Aufmauerung als Vorsatzschale und Rückverankerung nach DIN 1053 an Stahlbetonwand, Kantennachbearbeitung partiell beim Versetzen wurde. Die 30 bis 60 cm breiten und bis zu 1,10 m hohen Steine wurden in einer Dicke von 9 bis 14 cm selbsttragend als freier Verband aufgemauert und an den Rohbauwänden rückverankert. Der Gesamtwandaufbau beträgt aufgrund der bruchrauen Oberfläche 19 bis 24 cm. Die 8 mm breiten Regelfugen sind vermörtelt und in Abständen von 4 bis 6 m verlaufen durchgehend vertikale, offene 15 mm breite Dehnungsfugen. Die Entscheidung für Mooser Muschelkalk aus dem Raum Würzburg für Platz und Freitreppe entspricht dem Vorschlag des Masterplans für das Areal »Kleiner Schlossplatz« und dessen Umgebung. Im Bereich der senkrechten Projektions- Ecksteine auf Gehrung gesägt, geklebt und nachbearbeitet Regelfugenbreite kleiner als 0,8 cm, vermörtelt und glatt gestrichen, Vertikalfugenversatz größer als 10 cm, Dehnfugen: Steine gegenläufig ca. 4,5 cm ausgesägt, offene, 1,5 cm breite Fuge In Teilbereichen (Südost- und Nordostfassade) liegen in einer Mörtelschicht wasserdurchströmte Heiz- bzw. Kühlschlangen auf 5 cm Wärmedämmung. Die Entscheidung für Mooser Muschelkalk aus dem Raum Würzburg für Platz und Freitreppe entspricht dem Vorschlag des Masterplans für das Areal »Kleiner Schlossplatz« fläche des Kubusumrisses wurde kontrastierend dazu Basaltlava aus dem Raum Mayen gewählt, die den Eingangsbereich des Kunstmuseums markiert. Während die 10 cm dicken, 60 x 60 cm großen Muschelkalkplatten in ungebundener Bauweise als Läuferverband verlegt wurden, ist die Basaltlava in 102 x 102 cm großen Platten in gebundener Bauweise als Kreuzfugenverband ausgeführt. Im Bereich der 40 Freitreppe und des Oberlichtstreifens dienen massive Muschelkalkblöcke als Sitzbänke. Seitlich geht der Platzbelag in eine hinterlüftete Muschelkalk-Vorhangfassade über, wodurch der Naturstein einen homogenen Sockel schafft. Hier bilden liegende Plattenformate unterschiedlicher Größen (20 x 80 bis 35 x 120 cm) einen Läuferverband mit dauerelastisch verschlossenen Fugen. Standort »Kleiner Schloßplatz«, Stuttgart Architekten Hascher Jehle Architektur, Berlin Bauherr Landeshauptstadt Stuttgart Natursteinarbeiten: Lauster Steinbau GmbH, D-70376 Stuttgart STEIN heute Mystische Hallen Von Melanie Schlegel N icht nur auf die Größe kommt es an! Der Berliner Hauptbahnhof ist Europas größter Bahnhof für den Fern-, Regional- und Nahverkehr. Er zeichnet sich jedoch auch durch Meisterhaftigkeit in Technik und Architektur aus. E s ist mehr! Das Gefühl, das sich beim Betreten der Bahnhofshalle, dem Herzstück des Gebäudes, einstellt, scheint nicht von dieser Welt zu sein. Es kommt nicht von ungefähr, dass im 19. Jahrhundert die Bahnhöfe als Kathedralen des Industriezeitalters bezeichnet worden sind, denn auch hier drängen sich Gedanken spiritueller Natur wie Unendlichkeit oder Göttlichkeit förmlich auf. Dabei folgt der Entwurf der Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) lediglich zwei wesentlichen Prinzipien: Städtebaulich werden die zwei dominanten Richtungen Ostwest und Nordsüd der vorhandenen Gleistrassierung markant betont, innerhalb des Gebäudes hat die Gewährleistung von Tageslicht auf allen Ebenen oberste Priorität. Die räumliche Umsetzung erfolgte über große filigrane Glasdächer sowie zwei überbrückende Gebäuderiegel. Doch aus dem, was zunächst recht simpel klingt, komponierten die Architekten einen von Tageslicht durchfluteten Glaspalast, der auf den ersten Blick dem Auge eine mystische Welt à la Piranesi präsentiert: Gewölbe, Aufzüge ohne Anfang und Ende, die in schwindelnde Höhen und Tiefen rasen, nicht enden wollende, sich kreuzende Wege von Gleistrassen, Fußgängerwegen und Treppenanlagen auf unterschiedlichsten Ebenen. Dass Tageslicht sogar bis auf die Bahn- 41 STEIN heute großen, filigranen Glasdach überspannt. Bei derartig vielen unterschiedlichen Ebenen, Wegen, Trassen und Funktionen ist eine gute Orientierung besonders wichtig. So unterliegt auch die Erschließung einer ganz klaren Ordnung. Die Hauptadresse der Bürobügel, die an ihren Stirnseiten über den nördlichen und südlichen Vorplatz erschlossen werden, befindet sich, wie auch die Eingänge der Bahnhofshalle, auf Straßenniveau. Von dort aus können die kommerziellen Flächen und die Büros auf kürzestem Weg erreicht werden. Da das Quartier um den Bahnhof noch nicht bebaut ist und auch in näherer Zukunft nicht mit neuer Bebauung zu rechnen ist, steht der Berliner Hauptbahnhof völlig isoliert vom Rest der Stadt – wie Las Vegas in der Wüste Nevadas. Doch mit einer starken städtebaulichen Geste gelang es GMP, die Stadt in den Bahnhof einzugliedern: Sie schufen mit den Gebäudekanten der Bahnhofshalle ein virtuelles Stadttor und ordneten der Halle damit eine Klammerfunktion zwischen der unmittel- Rund 30 000 m2 Neuhauser Granit wurden beim Lehrter Bahnhof geliefert. steigebenen tief unter der Erde gelangen kann, ermöglichen in allen Ebenen große Öffnungen in den Decken. Auf diese Weise wird gleichzeitig eine gute und klare Orientierung gewährleistet. Besonders wichtig war dies bei der Planung des unterirdischen Fernbahnhofs entlang der Nord-Süd-Trasse, die 15 Meter unter der Erde in einem Tunnel, der auch die Spree und den Tiergarten unterquert, verläuft. Die Ost-West-Trasse dagegen befindet sich zehn Meter über dem Straßenniveau, was dem Verlauf der bisherigen Bahnanlagen entspricht. Die 420 Meter lange Bahnhofshalle dieser Trasse durchschneidet die beiden Büroriegel und wurde in einer Länge von 321 Metern mit einem Der Berliner Hauptbahnhof steht völlig isoliert vom Rest der Stadt – wie Las Vegas in der Wüste Nevada. baren Nachbarschaft des Regierungsviertels und dem Stadtquartier Moabit zu. Ursprünglich sahen die Architekten für den Bodenbelag das Material Holz vor, doch letztlich entschied man sich aus ökonomischen Gründen für Granit. Hierbei handelt es sich um den oberösterreichischen Neuhauser Granit aus dem Steinbruch St. Martin im Mühlkreis. Standort Berlin, Bezirk Tiergarten Architekten GMP, von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg Natursteinlieferung Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, A-4222 St. Georgen 42 B Baumeister Radio Aktivität. Ein neuer Abonnent. Und Sie werden strahlen. Empfehlen Sie einer Kollegin oder einem Kollegen den Baumeister – und wir bedanken uns mit einem Tivoli-Radio. abo+ Eine zusätzliche Prämie für Neuabonnenten der Zeitschrift Baumeister. Die Teilnahme an der Verlosung findet automatisch mit Eingang der Abonnementbestellung statt. Das legendäre Tivoli Radio für zwei Abonnenten oder ein Zwei-Jahres-Abo. Einfach ausfüllen und faxen an 0180 / 52 60 150 oder per Post an: Callwey Verlag, Leserservice, Heuriedweg 19, D - 88131 Lindau Das Tivoli Radio für ein Zwei-Jahres-Abonnement (oder zwei Abonnenten). Am liebsten in der Farbe* electric blue black sunflower yellow pink orange baby blue sunset red moonlight grey Der Versand der Prämie erfolgt nach Zahlung der Abonnementrechnung (und nur im Inland) an: Büro Name / Vorname Straße / Postfach PLZ / Ort Telefon / Telefax Email Ich bin der neue Leser! Und ich möchte Baumeister ab der nächsten Ausgabe beziehen. Ich erhalte das günstige Jahresabonnement (12 Ausgaben) zum Preis von EUR 134,40. Der Preis ist inkl. MwSt und Versandkosten, gültig für 2006. Dieses Angebot gilt nicht für das ermäßigte Studentenabonnement. Das Abonnement gilt für ein Jahr und ist danach jederzeit kündbar. In den letzten 6 Monaten gab es in meinem Haushalt keinen Abonnenten von Baumeister. Büro Name / Vorname Straße / Postfach Land / PLZ / Ort Telefon / Telefax Email Datum / Unterschrift Widerrufsrecht: Ich weiß, dass ich diese Vereinbarung innerhalb von 10 Tagen (rechtzeitige Absendung genügt) schriftlich beim Callwey Verlag, Leserservice, Heuriedweg 19, 88131 Lindau widerrufen kann. Datum / 2. Unterschrift BSTT06 *Alle Farben solange Vorrat reicht. Abgebildete Farben können vom Original abweichen. STEIN heute Der Bahnhof Klagenfurt Am Puls der Zeit Von Willy Hafner A m 1. Juni 1863 wurde die Eisenbahnverbindung von Maribor im heutigen Slowenien nach Klagenfurt eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil des Bahnhofsgebäudes in Klagenfurt zerstört. Bis 1949 erfolgte der Wiederaufbau nach damaligen Gesichtspunkten. In den Jahren 2003 bis 2005 wurde der Hauptbahnhof Klagenfurt im Zuge der Bahnhofsoffensive der Österreichischen Bundesbahnen zu einem modernen, kundenorientierten Mobilitätszentrum umgebaut. Der Umbau des Hauptbahnhofs Klagenfurt zählte dabei zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten Österreichs. Bei einer Frequenz von 14 000 Reisenden und 190 Zügen täglich, zählt der Bahnhof zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Kärntens. Der Bahnhofsumbau war darüberhinaus ein wichtiges Infrastrukturprojekt in der Verkehrsplanung der Stadt Klagenfurt; er erhöht die Attraktivität des Tourismuslandes Kärnten. Die Reisenden gewinnen an Komfort, Mobilität und Lebensqualität. Ein Hauptbahnhof als funktioneller Verkehrsknotenpunkt der Landeshauptstadt, nach modernen und behindertengerechten Gesichtspunkten ausgestattet, so lauteten die Anforderungen an das Projekt »Umbau Klagenfurt Hauptbahnhof«. Die größten Herausforderungen dabei waren die Aufrechterhaltung des laufenden Bahnbetriebes während der Arbeit sowie die Erhaltung der unter Denkmalschutz stehenden Fresken des Malers Giselbert Hoke im Bahnhofsinneren. Insgesamt wurde ein Investitionsvolumen von über 66 Euro Millionen für die Umbau- und Modernisierungsarbeiten aufgebracht. Davon 45 STEIN heute wurden fast 22 Millionen in die Renovierung des Bahnhofsgebäudes und 45 Millionen in die Erneuerung der über 100 Jahre alten Gleisanlagen investiert. In einer zweiten Bauphase wurde das Bahnhofsgebäude modernisiert. Die Bahnhofshalle wurde unter weitgehender Erhaltung der bestehenden Bausubstanz neu gestaltet. Helligkeit und Freundlichkeit spiegeln sich in den neu gestalteten Fassaden der Bahnhofshalle wider. Am Fußboden wurden 800 Quadratmeter 40 x 60–90 Zentimeter große, an ihrer Oberfläche fein geschliffene Natursteinplatten aus dem dunkelgrünen, österreichischen Serpentinit Tauerngrün verlegt. Dabei ist die sogenannte »HokeHalle« zu einer neuen Visitenkarte der Landeshauptstadt Klagenfurt geworden. Die Rolltreppen zum neu errichteten Bahnsteig führen die Kläger« genannt. Das Thema lautet: »Liebe und Tod«. Für die Fertigstellung der Westwand mit dem Thema »Krieg und Frieden« benötigte der Künstler von Winter 1955/56 bis Frühjahr 1956. »Die Wand der Kläger« und »Die Wand der Angeklag- Platten aus dem grünen Serpentinit Tauerngrün bestimmen das Bild in der neuen Kundenhalle des Hauptbahnhofs in Klagenfurt. Eingefräste Laufbänder erleichtern die Orientierung. Der dunkelgrüne Serpentinit ist lebhaft strukturiert. Die Platten an ihrer Oberfläche fein geschliffen. Reisenden direkt an den Hoke-Fresken vorbei. Auf der Plattform kommen Kunstinteressierte auf ihre Kosten. Die von dem österreichischen Maler Giselbert Hoke gestalteten Fresken auf der Wandfläche von rund 300 Quadratmetern wurden während der Bautätigkeit geschützt und vor Ort von der Restauratorin Karma Eder-Hoke von der Staubund Rußverkrustung der vergangenen 50 Jahre befreit und restauriert. Die Ostwand der Fresken entstand 1954/1955 und wird »Die Wand der 46 ten« spiegeln zwei verschiedene Seiten einer Welt wider. Die Fresken wurden am 3. Juni 1956 öffentlich enthüllt. Vehemente Proteste waren das Ergebnis der Eröffnungsfeier. Die Enthüllung löste einen Kunstskandal in ganz Österreich aus. Sie wurden als »entartete« Kunst empfunden. Außerdem steckte hinter der Protesthaltung eine Intellektuellenfeindlichkeit mit dem Ziel, die Fresken zu zerstören. Dies konnte von den wenigen Befürwortern verhindert werden. Standort Bahnhofsplatz Klagenfurt, Kärnten Bauherr und Architekten Baudirektion der Österreichischen Bundesbahnen, Wien Natursteine Tauerngrün, Dorfergrün Natursteinlieferung Lauster Steinbau GmbH, A-9541 Einöde bei Villach 2170 Poysdorf, Johannessiedlung 1, homepage: www.rada.at +43 2552 2400 e-mail: office@rada.at Ihr Partner bei sämtlichen Steinmetzarbeiten 47 STEIN heute Neues Entree für das Parlament D Blick von der Rampe auf den neuen Vorplatz mit 3500 Quadratmeter Bodenplatten aus Gebhartser Syenit und Schremser Granit in 12–14 cm Stärke. 48 urch eine Generalsanierung erhielt das Wiener Parlament einen neuen Haupteingang und Vorplatz. Seit der Fertigstellung zum Nationalfeiertag 2005 betreten externe Besucher das Parlament über Glastüren direkt vom Vorplatz aus. Von Richard Watzke Allegorisch: PallasAthene-Brunnen mit Personifikationen der Flüsse Donau, Inn, Elbe und Moldau. Oben thront Pallas Athene als Göttin der Weisheit. M it dem Wiener Parlamentsgebäude schuf Theophil von Hansen sein bekanntestes Werk. Das Reichratsgebäude, so der ursprüngliche Name, wurde zwischen 1873 und 1884 erbaut. Der als klassische Tempelfront gestaltete Haupteingang ist über eine Rampe an die Ringstraße angebunden. Auf der ursprünglichen Rampe wurde 1918 die Erste Republik Österreich ausgerufen. Witterungseinflüsse und die undichte Anlage des 1902 fertiggestellten Pallas-Athene-Brunnes auf dem Vorplatz hatten der Rampe so stark zugesetzt, dass sie, um einem drohenden Einsturz zuvorzukommen, fast vollständig abgetragen und neu errichtet werden musste. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurde unter der Rampe neuer Raum für das neue Besucherzentrum, einen Tiefspeicher für die Parlamentsbibliothek, ein neues Stadtstudio des ORF und weitere Medienräume geschaffen. Insgesamt nahmen die Sanierungsund Umbauarbeiten knapp zwei Jahre in Anspruch. Planerisch bestand die Herausforderung in der Gestaltung eines Vorplatzes als zentrale Zugangsfläche zum Parlament. Neben dem neuen Aufbau der Parlamentsrampe waren auch die möglichst originalgetreue Wiederherstellung des Parlaments- vorplatzes, die Abdichtung der Brunnenanlage – zuletzt gingen wöchentlich durchschnittlich 8 000 Liter Wasser verloren – und die Restaurierung der Pallas Athene Teil des Gesamtprojekts. Sämtliche Sanierungs- und Umbauarbeiten erfolgten in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Dieses erteilte auch die Genehmigung für den Bau eines neuen Zentraleingangs unter der Parlamentsrampe. Verantwortlich für die Generalsanierung zeichnete der Wiener Architekt Herbert Beier, die Idee für den neuen Zentraleingang kam vom Architektenteam Geiswinkler & Geiswinkler, das auch die Innenraumgestaltung durchführte. Das von Herbert Beier entwickelte gestalterische Konzept schafft einen innerstädtischen Platz unter Beachtung der ursprünglichen Entwurfs– idee von Theophil von Hansen. Wegen der geänderten verkehrstechnischen Gegebenheiten seit dem Entwurf Hansens, insbesondere der Verlegung der Straßenbahngleise, wird versucht, unter Weiterführung der Ringstraßenachsen einen neuen Vorplatz des Parlaments zu gestalten. Basis ist eine im Parlamentsraster rhythmisierte Fläche entlang der Ringfahrbahn, die durch plastische Elemente und die beiden Bischofsstäbe eine Platzbegrenzung bildet. Neu gestaltet wurde auch die Dynamik der Rampe. Alle Oberflächen werden aus Granit verschiedener Schattierung und Plattenformate gebildet. Vorgabe bei der Materialauswahl seitens der staatlichen Bauherr- 49 STEIN heute Neue Sitzbänke entlang der rekonstruierten Rampenverkleidung. Vorgabe für die neue Rampe war die Befahrbarkeit mit Bussen und LKW bis 20 Tonnen. schaft waren österreichische Hartgesteine. Zur Verwendung kamen neben mehr als 2 000 Quadratmeter Altstadtpflaster aus Neuhauser Granit auch Randsteine aus Hartberger Granit sowie Bodenplatten aus Schremser Granit und Gebhartser Syenit. Auf Grünflächen, die einem innerstädtischen Platz nicht entsprechen, wurde bewusst verzichtet. Die Seitenflächen hinter der Rampe bleiben autofrei; die erforderlichen Stellplätze sind in einer neuen Tiefgarage untergebracht. Neben der Neugestaltung des Platzbodens wurden auch alle historischen Platzteile bewahrt und restauriert. 48 Sitzblöcke aus Gebhartser Syenit mit gestrahlter Oberfläche bilden eine Reihe zwischen Ringstraße und Vorplatz. Standort Dr. Karl-Renner-Ring, Wien Generalplaner Arch. DI Herbert Beier, Wien Bauherr Parlamentsdirektion Wien Schnitt durch die neue Rampenanlage mit Besucherzentrum, Rundfunkstudio und Bibliothek. 50 Natursteinlieferung Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG A-4222 St. Georgen STEIN detail Unter unseren Füßen N atursteinpflaster gibt es überall. Gerade darum achten wir kaum mehr darauf, worüber unsere Füße laufen. Dabei bestimmen Material, Format und Verlegemuster den Charakter unserer öffentlichen Plätze und privaten Gärten. Zeit, einmal genauer hinzusehen. Von Stephanie Schickinger D er Bodenbelag prägt ganz entscheidend die Stimmung einer Freifläche. Gerade im Winter gibt ihr vor allem das Pflaster Farbe und setzt interessante Effekte. Bei der Auswahl des geeigneten Pflasterbelages spielen viele Faktoren eine Rolle. Die goldene Regel lautet, örtlich vorkommendes Material zu verwenden, denn ein heimischer Stein fügt sich besser in die Umgebung ein. Zu lokalen Materialien zu greifen hat Tradition, bedeutet jedoch keinesfalls, dass damit altmodisch gestaltet werden muss. Moderne Lösungen sind durchaus mit traditionellen Materia- 52 lien möglich. Viele davon sind Klassiker, Dauerbrenner, die in jedem Gestaltungsstil ihren Platz haben. Auch der Standort beeinflusst die Auswahl. Ländliche, eher rustikallockere Situationen erfordern ein anderes Pflaster als städtische, wo auch exotische Materialien und eine streng architektonische Gestaltung besonders gelungene Effekte erzielen können. Der Baustil und die verwendeten Materialien der umliegenden Gebäude sind ebenfalls wichtige Faktoren. Kontraste zwischen modern und alt sorgen für Spannung, sind aber oft schwierig umzusetzen. Wer sich die bauliche Umge- Materialien Granit Granite stellen die größte und vielfältigste Gruppe an Pflastermaterial. Von grau bis gelb-bunt oder bläulich-grün gibt es viele Zwischenschattierungen. Nach der Korngröße unterscheidet man fein-, mittel- und grobkörnigen Granit. Der Stein wird zu Platten und Pflastersteinen in allen Größen verarbeitet, ist aus heimischer Herkunft unbeschränkt witterungsbeständig und damit für den Freiraum geeignet. Porphyr Der besondere Reiz von Porphyr liegt in seiner ungewöhnlichen Farbgebung von Tiefrot bis Grünlich. Allerdings ist das Gestein nicht uneingeschränkt frostbeständig, gerade wenn er an der Oberfläche abgebaut wurde. Porphyr ist in Form von Platten, Mosaik- und Kleinsteinpflaster erhältlich. Sandstein Die Sandsteine bilden eine große, inhomogene Gruppe. Viele sind witterungsbeständig, andere weniger. Je nach Sorte sind sie als Platten, Großstein-, Kleinstein- oder Mosaikpflaster erhältlich. Die Farbskala reicht von Grau und Hellbeige über Gelblich und Rötlich bis hin zu grünlichen Tönen. Grauwacke Grauwacke wird im Handel hauptsächlich als Klein- und Mosaikpflaster angeboten. Die Farben variieren zwischen Creme-Beige-Hellbraun und einem dunklen Grün, das hier abgebildet ist. Nicht alle Grauwacken sind bei Frost völlig unproblematisch. Kalkstein Obwohl eher als Plattenmaterial in der Innenarchitektur bekannt, eignen sich einzelne Kalksteinsorten auch für den Außenbereich, andere hingegen haben sich als witterungsanfällig erwiesen. Die Farben der angebotenen Kalksteinplatten, Großstein-, Kleinstein- und Mosaikpflastersteine reichen von Dunkelblaugrau bis hin zu hellem Weißbeige. Marmor Marmor wird im Außenbereich hauptsächlich als zierendes Ornament eingesetzt, oft in Verbindung mit Pflastersteinen aus anderen Materialien. Die Marmorarten, die sich in frostempfindlichen Gegenden für den Einsatz im Außenbereich eignen, sind besonders engporig und dadurch frostbeständig. Basalt Basalt gilt als besonders dicht, feinkörnig und hart und erscheint in glattem Schwarz bis Schwarzgrau. Bei starker Sonneneinstrahlung kann er fleckig werden und splittern, deshalb gibt es ihn hauptsächlich in kleinen Formaten. Lange Zeit wurde Basalt für den Bau öffentlicher Anlagen wegen Rutschgefahr abgelehnt, seit Neuestem sind wieder vermehrt Pflastersteine im Handel. Gneis Sowohl Para- als auch Orthogneis werden hauptsächlich als Plattenware angeboten, da das harte Gestein leicht zu spalten ist. Die Farben reichen von Rosa über Grau, Orange und Braun bis Schwarz, in allen Tönen und Kombinationen. 53 STEIN detail Von unten nach oben bung als Leitthema wählt und diese im Freiraum wiedergibt, ist auf der sicheren Seite. Auch Ornamente und Verzierungen der Fassade lassen sich in die ebenerdige Fläche mit aufnehmen. Die Gestaltung schafft eine Verbindung zwischen Bauwerk und Freiraum. Dabei muss der Planer auch die Größe der Fläche mit in seine Überlegungen einbeziehen: Kleine Flächen erscheinen beispielsweise größer, wenn kleinformatiges Material verlegt wird, und auch das Verhältnis zwischen Pflaster und Fuge spielt eine Rolle. Das Stöckelschuhproblem In öffentlichen Anlagen legen die Nutzer viel Wert darauf, auf dem Belag bequem laufen zu können. Viele kritisieren am Natursteinpflaster Unebenheiten und die Gefahr, mit hohen Absätzen stecken zu bleiben. Neben der richtigen Materialauswahl ist die fachgerechte Verlegung ein wichtiges Kriterium, um Probleme zu vermeiden. Jede Fläche hat spezielle Nutzungsansprüche, denen nicht alle Materialien, Formate und Verlegetechniken standhalten. Während Wege im Privatgarten meist nur zu Fuß begangen werden, sind Plätze im öffentlichen Raum oft schwerem Verkehr ausgesetzt. Da streiken manche Beläge, beispielsweise Mosaikpflaster. Auch großformatige Natursteinplatten können bei zu hoher Gewichtbelastung durch schwere Fahrzeuge brechen. 54 Was sich unter der Pflasterdecke verbirgt, ist Voraussetzung für einen dauerhaften und ebenen Belag. Ein fachgerecht ausgeführter stabiler Aufbau der Unterschichten ist wichtig: als wasserdurchlässige Grundlage, zur gleichmäßigen Verteilung des Gewichts und zur Vermeidung von Frostschäden. Die unterste Schicht dabei ist der anstehende Untergrund, der bei Bedarf zum sogenannten Unterbau verbessert, d.h. ausgeglichen und verdichtet wird. Darauf folgt das Planum, eine Wasser führende Schicht aus Kies, die durch ihr Gefälle für die Entwässerung der Pflasterfläche sorgt. Der darüberliegende Oberbau gliedert sich wiederum in verschiedene, jeweils verdichtete Schichten: Die unterste Drän- und Frostschutzschicht aus Kies soll entwässern und verhindern, dass Kapillarwasser in die oberen Schichten aufsteigen und dort gefrieren kann. Darüber verteilt die Tragschicht aus SchotterBrechsand-Gemisch die Verkehrslast. Unter dem fachmännisch auch als Deckschicht bezeichneten eigentlichen Pflasterbelag sorgt eine Ausgleichsschicht aus Sand, Splitt oder Mörtel für die Verbindung zwischen Tragschicht und Flächendecke. Dieser grundsätzliche Aufbau variiert abhängig vom Untergrund sowie von der vorgesehenen Nutzung und von den Belastungsansprüchen an die Fläche. In das fertige Sand- oder Mörtelbett wird der Natursteinbelag verlegt und anschließend verfugt. Auf den richtigen Unterbau kommt es an: Großsteinpflaster auf Sand (oben) und flachverlegte Platten im Splittbett (rechts oben) brauchen eine fachgerecht Unterlage. Als Material für die Fugen kommen Sand oder Splitt in verschiedenen kleinen Körnungen ebenso infrage wie Zementmörtel. Hier wie auch schon beim Pflasterbett gilt: Wo immer es die Nutzungs- und Belastungssituation zulässt, sollten Pflasterfläche und Fugen aus ökologischen und ökonomischen Gründen möglichst wasserdurchlässig blei- ben. Wasser, das hier versickert, spart den Weg durch Kanalisation und Abwasseraufbereitung, was der Umwelt nützt und zugleich auch die Kosten des Bauherrn senkt. »Das Pflasterbuch für den Garten« illustriert die Rolle des Pflasters im Freiraum mit vielen atmosphärischen Farbfotos. Ausführlich und mit vielen Illustrationen wird gezeigt, wie ein Pflasterbelag fachgerecht erstellt wird. Dabei geht es nicht nur um gestalterische, sondern auch um technische und ökologische Aspekte. Heidi Howcroft: Das Pflasterbuch für den Garten – Ideen für schöne Wege, Treppen und Terrassen. Callwey Verlag, München 2006, geb. m. Schutzumschl., 152 S., 150 Abb., 39,95 €, ISBN 3-7667-1671-9 Spaltplatten Spaltplatten, auch als naturgespaltene oder bruchraue Platten angeboten, gibt es in unregelmäßigen Maßen und Formen. Sie zeichnen sich durch ihre rohe, unbearbeitete Optik aus, die den Reiz dieses Materials ausmacht. Nachteil: Wegen ihrer rauen, unregelmäßigen Oberfläche sind sie für Plätze und Terrassen kaum geeignet, vor allem nicht, wenn diese möbliert werden sollen. Gesägte Platten Bei gesägten Platten ist zwischen einseitig gesägten, sogenannten Krustenplatten, und zweiseitig gesägten zu unterscheiden. Je nach Gesteinsart und Belastungsgrad sind sie in unterschiedlichen Stärken erhältlich. Aus den zweiseitig gesägten entstehen die Form- und Bahnenplatten, die am meisten angeboten werden. Formplatten haben regelmäßige Abmessungen, rechteckig oder quadratisch, Bahnenplatten sind durch gleich bleibende Breite und Stärke bei unterschiedlichen Längen gekennzeichnet. Wichtig ist auch die Kantenbearbeitung: Es gibt gebrochene (unregelmäßige), gesägte (regelmäßige) und handbekantete (besonders feine und saubere Kanten) Steine. Auch bei der Oberflächenbearbeitung gibt es Unterschiede: Platten für den Freiraum werden bossiert, gespitzt, gestockt, sandgestrahlt, scharriert und geflammt angeboten. Polierte Steine sind für den Freiraum weniger geeignet. Sie wirken im Freien leicht deplatziert und sind bei Nässe rutschgefährlich. Großsteinpflaster Nach DIN 18502 hat Großsteinpflaster eine zugelassene Breite von 15 bis 17 Zentimetern, eine Länge von 16 bis 22 Zentimetern und eine Höhe von 14 bis 16 Zentimetern. Großsteine werden als Ein- bis Fünfzeiler für Einfassungen und gepflasterte Rinnen verwendet, als Pflaster vor allem für schwer belastete Flächen oder als Rasenpflaster mit breiten Fugen. Kleinsteinpflaster Kleinsteinpflaster gibt es laut DIN in drei verschiedenen Größen, wobei in den gängigen Größenbezeichnungen jeweils eine gewisse Toleranz gegenüber Abweichungen eingerechnet ist. So spricht man von 9/10-er, 8/10-er und 7/9-er Steinen und meint damit die jeweilige Kantenlänge in Zentimetern. Das Kleinsteinpflaster ist der Klassiker unter den Bodenbelägen und kommt nahezu überall zum Einsatz. Mosaiksteinpflaster Das Mosaik ist etwas teurer als das Kleinsteinpflaster. Analog zur Benennung der Kleinsteingrößen wird hier von 5/7-er, 4/6-er und 3/5-er Steinen gesprochen. Es eignet sich für Flächen mit geringer Belastung und wirkt im Zusammenspiel mit anderen Pflasterarten belebend und zierend. Besonders im privaten Garten-bereich wird es wegen seiner vielfältigen Verlege-möglichkeiten geschätzt. Originalsteine Zusätzlich zu den genormten Pflastersteinen gibt es auch solche, die in ihrem Originalzustand verwendet werden. Dazu zählen aufgelesene Feldsteine – Rundsteine mit 15 bis 25 cm Durchmesser, die entweder unbearbeitet verbaut oder zuerst gespalten und dann mit der glatten Fläche nach oben eingesetzt werden. Auch mit kleineren Flusskieseln in den verschiedensten Sorten, Formen und Farben lassen sich, besonders im Garten, interessante künstlerische Effekte erzielen. 55 STEIN detail Reihen- und Läuferverband Traditionell werden Platten gleicher Größe mit versetzten Fugen verlegt, bekannt als Reihen- oder Läuferverband. Es gibt verschiedene spezielle Variationen: Ein Römischer Verband besteht aus Platten, die alle durch ein bestimmtes Maß teilbar sind; von einem Schiffsverband spricht man bei sehr langen und schmalen Platten. Bahnenverband Der Bahnenverband ist eine sehr gängige Spielart des Reihenverbandes. Hier werden Platten von gleich bleibender Breite, aber mit unterschiedlichen Längen verlegt, was je nach Breiten- und Längenvarianz eine interessante, lebendige Rhythmik ergibt. Kreuzverband Für einen streng architektonischen Effekt legt man gleich große Platten, in der Regel mit feiner Oberflächenstruktur, im Kreuzverband. Die entstehende Fläche ist nur bedingt belastbar und somit nur für den Fußverkehr geeignet. Zyklopenpflaster Für das Zyklopenpflaster werden große Platten von unregelmäßigem Format mit möglichst engen Fugen aneinandergesetzt. Wo sich größere Fugen nicht vermeiden lassen, schließt man diese mit kleineren Bruchstücken des gleichen Materials. Vor allem in Italien, Spanien und Griechenland ist dieses Verlegemuster weit verbreitet. 56 Wilder Verband Unterschiedliche Formate, die verschiedensten Materialien: Bei dieser Pflasterform ist alles erlaubt; es ergibt sich eine sehr lebhafte Pflasterfläche. Wildpflaster ist aber auch das schwierigste Pflaster, denn man kann sich nicht an Ordnungsprinzipien festhalten. Das Geheimnis liegt im Zufall. Reihenpflaster Das klassische Reihenpflaster gehört zu den ältesten Pflasterarten. Die Steine werden in Reihen verlegt und jede Reihe versetzt, sodass sich keine Kreuzfugen bilden. Passéepflaster Obwohl es sich beim Passéepflaster um kein eindeutiges Reihenpflaster handelt, ist es weder Wild- noch Bogenpflaster. Die Fugenrichtung ändert sich zwar, jedoch sitzt jeder Stein im 45- Grad-Winkel zur Flächenachse. Somit ist bei aller Unregelmäßigkeit doch ein gewisses System vorgegeben. Passéepflaster ist die vorherrschende Verlegeart im Norden und Osten Deutschlands. Segmentbogenpflaster Segmentbogenpflaster sind vor allem im süddeutschen Raum weit verbreitet. Das Konstruktionselement ist ein Viertelkreis in an die jeweilige Situation angepasster Größe. Am Rand der Fläche wird mit einem halben Segment angefangen und aufgehört. KEIM RestauroSystem Riedenburg, Bregenz: vor der Sanierung nach der Sanierung Über 100-jährige Erfahrung bei der Restaurierung historischer Bausubstanz! KEIM Restauro-System – die Komplettlösung für den Baustoff Naturstein: • Reinigungsprodukte • Festiger • Steinersatzmaterial • Dünnschicht-Silikatfarbe • Restauro-Lasur • Nachbehandlung www.keimfarben.at • office@keimfarben.at KEIMFARBEN Ges.m.b.H. Pebering Straß 16 5301 Eugendorf Tel. 06225 8511-0 Fax 06225 7443 STEIN farben 25 aus Österreich I n Österreich gibt es überall Natursteine: bekannte und unbekannte – im Norden und im Süden, im Osten und im Westen. Die Steine sind über die Grenzen hinaus bekannt und es gibt sie in allen Farben. Es gibt Granite, Gneise, Quarzite, Kalksteine, Serpentinite und sogar Marmore. Eine Reise in Österreichs Welt der Steine. Von Willy Hafner G ranite – zum Beispiel: Große Granitbrüche befinden sich im Mühl-, im Innund im Waldviertel. Menschenleer ist diese Landschaft. Ein armes Land, mit einer ruhigen, eher wortkargen Bevölkerung. Endlose Wälder, einsame Seen, geheimnisvolle Moore und natürliche Steine. Freistehende Felsen, die im Halbdunkel wie verzauberte Menschen aussehen, sind es, die einen ersten Hinweis geben auf den »Steinreichtum«. Diese Felsen waren die ersten Steinbrüche. Wer Steine brauchte zum Bauen, der bediente 58 sich. Mit Hammer, Meißel und Sprengkeilen löste man die harten Werksteine in den natürlichen Lagern vom Block. Bis ins späte 19. Jahrhundert wurde so für den »Hausgebrauch« gebrochen. Dann kam die Eisenbahn und das »Wunder der Granite« im Norden Österreichs begann. Richtig große Blöcke konnte man nun gewinnen. Gatterblöcke! Drei Meter lang, 1,60 Meter breit und 1,20 Meter hoch. In Europa gehören diese Blöcke zu den größten. Wo früher oft mit roher Gewalt gebrochen wurde, da war und ist viel Strategie im Spiel. Neuhauser Granit, Granit, Oberösterreich Stein rechts außen: Herschenberger Granit, Granit, Niederösterreich Schremser Granit Feinkorn, Granit, Niederösterreich Dynamit ist out – man will doch keinen Schotter. Steinbrucharbeit ist Wissenschaft und Kunst, oft jedoch reine Glückssache. Keiner kann sagen, wo die besten Steine liegen. Die Experten kennen zwar den geologischen Zusammenhang, haben alles erforscht, kartiert und katalogisiert und wissen auch nicht mehr. Man denkt in Generationen. Wichtig sind die Menschen. Menschen, die mit den Steinen arbeiten, die wirklichen Spezialisten – ohne Ingenieurtitel oder Doktorhut. Kalksteine – zum Beispiel: In der Nähe von Salzburg werden die bekannten Kalksteine Untersberger »Marmor« und Adneter »Marmor« abgebaut. Gleich hinter Salzburg erhebt sich plötzlich und unvermittelt ein breiter Bergrücken aus der Ebene. Höhlen gibt es in diesem Aalfanger Granit, Granit, Niederösterreich STEIN farben Hartberger Granit, Granit, Niederösterreich »hohen Hügel«, viele Geheimnisse erzählt man sich. Doch zuerst die Stadt und dann der Berg: Der Genius loci Salzburgs: die barocken Paläste und Kirchen der Fürsterzbischöfe, die mittelalterlichen Bürgerhäuser und die harmonisch-liebliche Landschaft des Alpenvorlands, das scheint die richtige Kulisse für den kühnen Auftritt. Doch nicht gerade aufregend sieht dieser Berg aus. Eher ein gemütlicher Hügel, um den sich jedoch schon seit Menschengedenken die merkwürdigsten Geschichten ranken. Doch von alledem haben die Steinbrecher, die seit 2 000 Jahren am Nordfuß des Berges mit dem Abbau des Untersberger Marmors beschäftigt sind, noch nichts gesehen. Untersberger »Marmor« ist sicherlich eines der populärsten Baumaterialien Österreichs. Ob die Wiener Ringstraße, die Münchner 60 Gebhartser Syenit, fein und grob, Granodiorit, Niederösterreich Stainzer Hartgneis grau, Orthogneis, Steiermark Gamser Hartgneis, Orthogneis, Steiermark Wachauer Marmor, Marmor, Niederösterreich Tauerngrün, Serpentinit, Tirol Dorfergrün, Serpentinit, Tirol Blaugrüner Carat, Meta Diabas, Kärnten Ludwigsstraße oder Bürgerhäuser in Berlin. Die Verwendung dieses Steins lässt sich durch die gesamte Bau- und Kunstgeschichte Europas verfolgen. Je nach Zeitgeschmack und Baustil tritt das Material mehr oder weniger augenfällig in Erscheinung. Serpentinite – zum Beispiel: Die Alpenregion Hohe Tauern zählt zu den interessantesten Gebirgsgebieten im Alpenbereich. Seit 1971 ist diese knapp 180 Quadratkilometer große Fläche einer der größten Nationalparks in Mitteleuropa. Schon 1966 wurde in einer Außenzone des Nationalparks ein Steinbruch eröffnet. Tauerngrün, so wurde das Material seiner Herkunft wegen genannt, ist ein dunkelgrüner, von hellen Adern durchzogener Serpentinit. Er wird in einer Höhe von 1700 Metern über dem Meer abgebaut und dürfte damit im 61 STEIN farben höchstgelegenen Steinbruch Europas gewonnen werden. Dieser Naturstein ist farbbeständig. Und dies ist selten für einen grünen Stein. Der Stein hat alles, was heute ein marktgerechter Naturstein für das zeitgenössische »Bauen mit Stein« braucht. Nur: Er ist eigentlich zu dunkel! Ein helleres Grün ist oft gefragt. Wo es einen dunkelgrünen Stein gibt, da muss es auch einen hellgrünen Stein geben, so eine Regel. 1995 wurde man fündig am Fuße des Großglockners. Nur wenige hundert Meter unterhalb des »alten« Steinbruchs entdeckte man an einem Hang ein Felsmassiv, das eine deutlich hellere Farbe aufwies. Es begann der »Marsch durch die Instanzen«. Doch Osttirol gehört nicht gerade zu den industriellen »Boomgebieten« in Europa und will es auch gar nicht. Viele Ansprüche der Elektrizitätswirtschaft und des »harten Tourismus« Rauriser Quarzit, grün, Salzburg Schwarzenseer Kalkstein rot, Kalkstein, Oberösterreich Schwarzenseer Kalkstein grau, Kalkstein, Oberösterreich 62 St. Margarethener Kalksandstein, Kalkstein, Niederösterreich Untersberger »Marmor«, Kalkstein, Salzburg Adneter »Marmor«, Lienbacher, Kalkstein, Salzburg konnten hier in den letzten Jahrzehnten Dank des »Nationalparkstatuts« verhindert werden. Keine großen Löcher, keine großen Halden, bereits in den Abbau integrierte Rekultivierungsmaßnahmen und vor allem kein Lärm und so wenig LKW-Verkehr wie möglich, das sind heute die selbstverständlichen Forderungen. Werksteinbrüche sind nur dort ökonomisch und ökologisch interessant, wo es über den nutzbaren Lagen kaum Abraum gibt, wo alles, was in einem Steinbruch abgebaut wird, vor Ort weiterverarbeitet, nutzbar gemacht wird. Optische »Reize« der gewachsenen Landschaft können durch die geschickte Integration des Bruches in die örtliche Topographie vermieden werden. So ist der neue Bruch vom nur wenige hundert Meter entfernten Dorf Hinterbichl nicht einzusehen. Marmor – zum Beispiel: Im Bundesland Kärnten, wenige Kilometer von Villach entfernt, im Krastal, Nahe der Ortschaft Einöde, wird seit 1959 ein mittelkristalliner, weißer, weißgrauer bis mittel- Ternitzer Konglomerat, Konglomerat, Niederösterreich Adneter »Marmor«, rot-grau Schnöll, Kalkstein, Salzburg Lindabrunner Konglomerat, Konglomerat, Niederösterreich 63 STEIN farben grauer, gleichmäßig strukturierter kristalliner Marmor gewonnen. In den Sechzigerjahren gehörte dieses Material zu den populärsten Marmoren in Deutschland. Der Marmor »verbiegt« sich nicht. Durch den seit 1998 im Berginneren durchgeführten Galerieabbau ist der Bruch genau zu gliedern: Im ersten Bereich findet man ein helles Material mit gleichmäßiger Struktur. Daneben liegt eine Zone, in der man Blöcke mit zahlreicheren, dunkleren Einschlüssen gewinnt, zum Schluss folgt dann ein dunkler Stein mit einer gleichmäßigen Struktur. Werksteinbrüche in Österreich sind, so zeigen die Beispiele, nur dort ökonomisch und ökologisch interessant, wo es über den nutzbaren Lagen kaum Abraum gibt, wo alles, was abgebaut wird, nutzbar gemacht wird. Steinbrucharbeit folgt in Österreich heute einem »ganzheitlichen« Konzept. Und: Ein Werksteinburch ist halt kein Schotterbruch! Krastaler Marmor Rauchkristall hell, Marmor, Kärnten unten rechts: Krastaler Marmor Rauchkristall dunkel, Marmor, Kärnten Sölker Marmor grün, Marmor, Steiermark Sölker Marmor rosé, Marmor, Steiermark 64 STEIN preview STEIN architektur Hotel Schloss Fuschl ÖSTERREICH Mitten im Salzkammergut liegt das 1450 erbaute Schloss Fuschl. Zuerst war es Jagdschloss, dann Sommerresidenz der Salzburger Erzbischöfe. Nach umfangreichen Renovierungsmaßnahmen präsentiert sich das Schloss als Luxushotel. Traditionelle österreichische Natursteine spielten bei der Sanierung eine wichtige Rolle. Redaktion Streitfeldstraße 35, D - 81673 München Postfach 80 04 09, D - 81604 München Fon +49 89 / 43 60 05-194, Fax +49 89 / 43 60 05-164 E-Mail: redaktion@s-stein.com Internet: www.s-stein.com Chefredaktion: Willy Hafner (verantw. für den redaktionellen Inhalt, Anschrift: Scheyerner Weg 1, D-80638 München), Fon +49 89 / 17 80 96 58 Redaktion: Robert Stadler, Fon +41 1 / 4 80 03 40 Nicole Heindl, Fon +49 89 / 43 60 05-124 Ariane Suckfüll, Fon +49 89 / 43 60 05-124 Gabriele Waldmann (Geschäftsführende Redakteurin), Fon +49 89 / 43 60 05-194 Richard Watzke, Fon +49 86 54/67 02 03 Ständige Mitarbeiter: Jörg Stephan, München; Anette Ritter-Höll, München Gestaltung: apply, Oppermann, München Abonnementservice Zu beziehen bei: Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke Scharitzerstraße 5/II, A-4020 Linz Fon +43 7 32/65 60 48 und +43 76 12/8 73 36 Fax +43 76 12/8 94 33 Erscheinungsweise: 2 x jährlich Verlag Verlag Georg D.W. Callwey GmbH & Co. KG Streitfeldstraße 35, D - 81673 München Postfach 80 04 09, D - 81604 München Fon +49 89 / 43 60 05-0, Fax +49 89 / 43 60 05-113 Internet: www.callwey.de Persönlich haftende Gesellschafterin: Georg D.W. Callwey Verwaltungs-GmbH Alleiniger Gesellschafter: Helmuth Baur-Callwey, Verleger in München STEIN detail Kommanditisten: Helmuth Baur-Callwey und Dr. Veronika Baur-Callwey, Verleger in München; Dr. Marcella Baur-Callwey, Redakteurin in München; Dominik Baur-Callwey, Student in Köln Stein in der Landschaft Garten- und Landschaftsarchitekten sind nicht zu beneiden, geraten sie doch immer häufiger in Konflikt mit ihrem Aufgabengebiet. Ein Einblick in die Branche zeigt, warum sich eine Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitekt und Natursteinbetrieb lohnt. STEIN detail Gestalten mit Oberflächen Es muss nicht immer nur poliert und geschliffen sein – österreichische Natursteine zeigen ihre gestalterische Vielfalt anhand materialgerechter Bearbeitungen. Von gespitzt bis gestockt, von geriffelt bis antikisiert. 66 Geschäftsführer: Amos Kotte, Fon -155 Herstellungsleitung: Alexander Stix, Fon -167, Fax -164 Druck, Bindung: Kessler Verlagsdruckerei, Michael-Schäffer-Straße 5, D - 86399 Bobingen Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlages. Erfüllungsort und Gerichtsstand: München Für die Zukunft gestalten. Fotonachweis: getty images/C. Squared Studios, Titel; STEIN TIME Österreich 1996 bis 2006, S. 7–30; Stefan Müller, Berlin, S. 34–35; Anne Steioff-Dold, Münster, S. 34–35; Suvretta House, CH-St. Moritz, S. 36–37; Steinmetzbetriebe Franz Bamberger, Traiskirchen, S. 36–37; Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen, S. 38–40, 45–46; Marcus Bredt, Berlin, S. 41–42; Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG, St. Georgen, S. 48–50; George Meister, S. 53, 55–56; Colin Lefteley, S. 54; Heidi Howcraft, S. 54–55; Gesellschaft für technische Kunststoffe, Gebr. von der Wettern mbH, S. 55; Dieter Stork, S. 55–56; Karin Schulze, S. 56; SHK/Papst, D-Gießen, S. 65; Richard Watzke, D-Freilassing, S. 65 Mitarbeiter Aufhauser Natursteinwerk GmbH Perfektastraße 73, 1232 Wien Tel. 01/8 65 17 17, Fax 8 65 17 17 17 www.aufhauser.at, office@aufhauser.at N Steinmetzbetriebe Franz Bamberger GmbH Wr. Neustädter Straße 137–139, 2514 Traiskirchen Tel. 0 22 52/80 52 10, Fax 8 53 52 www.marmorwelt.com, bamberger@naturstein.co.at Tätigkeitsgebiet Natursteinarbeiten Hochbau Natursteinarbeiten Tiefbau und Pflaster NN N N NNNNNN N N N NN N N NNNNNN N Innenausbau Tätigkeitsfeld NN N N N N N NN N N N N N N Steinmetzmeisterbetrieb Wolfgang Ecker Ges.m.b.H. Badener Straße 25, 2514 Traiskirchen Tel. 0 22 52/52 22 40, Fax 52 22 47 www.ecker-stein.at, office@ecker-stein.at N NN N N NNNNNN N NN NN NN N N N N N Komm. Rat. Johann Gersthofer Ges.m.b.H. Schulstraße 4, 2632 Grafenbach Tel. 0 26 30/3 71 13, Fax 3 71 13-19 www.gersthofer.at, stein@gersthofer.at N NN N N NNNNNN N N NN N N N N N N NN N N NNNNNN N NNN NN NNN N N N N N N Marmor-Industrie Kiefer GmbH Messinghammerweg 154, 5411 Oberalm (Salzburg) Tel. 0 62 45/8 35 04, Fax 8 35 05 33 www.marmor-kiefer.at, office@marmor-kiefer.at Kienesberger Steinmetzmeister GmbH & Co KG Au 17, 4710 Grieskirchen Tel. 0 72 48/6 82 95, Fax 6 82 95-7 www.kie-stein.at, n.kienesberger@aon.at N Josef Kogler Natursteinbruch und Schotterwerk GmbH Stattenberg 5, 9560 Feldkirchen/St. Urban Tel. 0 42 77/82 41, Fax 82 41 11 www.kogler-natursteinwerk.at, kogler.naturstein@aon.at NN N N NNNNNN N NN N N NNN N N N N N N N NN N N NNNNNN N NNN NN NNN N N N N N N N NN N N NNNNNN Matschy GmbH Stein & Design Wiener Straße 65, 8605 Kapfenberg Tel. 0 38 62/2 24 52, Fax 22 45 24 www.matschy.com, office@matschy.com N NN N N NNNNNN N NN NN NNN N N N N Naturstein Montage GmbH Engerthstraße 169, 1020 Wien Tel. 01/9 55 14 55, Fax 9 55 14 55 65 office@natursteinmontage.com N NN N N NNNNNN N N N N NN N N N N N N Lauster Steinbau GmbH Natursteinwerke Krastaler Straße 28, 9541 Einöde b. Villach Tel. 0 42 48/27 82, Fax 20 17 krastal@laustersteinbau.at Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG Poschacherstraße 7, 4222 St. Georgen Tel. 0 72 37/33 33, Fax 3 33 34 44 office@poschacher.stone.at N NN N N NNNNNN Rada Naturstein Ges.mbH Johannessiedlung 1, 2170 Poysdorf Tel. 0 25 52/24 00, Fax 2 40 06 www.rada.at, office@rada.at N N N N NNNNNN N Steinmetzunternehmen Reinisch GmbH Hainsdorf 8, 8421 Wolfsberg Tel. 0 31 84/24 08-0, Fax 24 08-24 www.stein.at, office@stein.at N NN N N NNNNNN N Sölker Marmor GmbH Reith 279, 8961 Kleinsölk Tel. 0 36 85/22 21 60, Fax 2 22 16 19 www.soelker.at, office@soelker.at N NN N N NNNN st|one naturstein gmbh Randlstraße 14, 4061 Pasching Tel. 0 72 29/6 13 00, Fax 6 13 01 www.st-one.at, office@st-one.at N N N NNNN Für nähere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Büro Natursteinvereinigung: Scharitzerstraße 5/II · 4020 Linz Tel. 0732/656048 und 07612/87336 · Fax 07612/89433 · www.naturstein.at N N N N NN N N NNN NN NNN N NN NN NNN N N N N N N N N N NN N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N apply – Oppermann, www.applydesign.de MITGLIEDER reg ion a Inla l nd Au sla nd Fas sad Bo en- u den . - u Wand Tü nd r- u Stu verkl ei n fen Fen d Fe bel dung ns en ä ste rbä terum ge Ter nke rah ras mu s ng Ha enbe en l nd we äge u rkl. .A Ma u S rm or- teinm ßenst An i tikm und G etzar egen bei ran arm ten i t o f lies Wa ru nd e sse Ste n rba inm Pfl u ste ast osa in e ike Pfl rstein e ast e erp l Ra nd atten -, Ma Bord -u ssiv nd Le Brü stufe n cke , Bl isten n ste o c Bru kst u. P i ufe ne nn ena ortal n ver Ste nla kle ine gen idu für ng Ga en Re r ten sta ges uri talt eru un ng Kü g u. D che nar enk Bäd bei m a tsp er lpf latt leg e en Eig ene r St Eig ene einbr uch Ve Eig ene rarbe itu Ve ng rse tze r bis 20 20 –10 0 >1 00 Leistungsverzeichnis der Mitglieder der VÖN