Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015
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Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015
1 Flick Gocke Schaumburg Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015 UmsatzsteuerRundschreiben In dieser Ausgabe Editorial Gesetzgebung Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Steueränderungsgesetz 2015 verabschiedet . . . . . . . . . . . . 2 „Steueränderungsgesetz 2015“: endlich wieder ein unmissverständlicher Titel. Schluss mit Zollkodexanpassungsgesetz oder Protokollerklärungsumsetzungsgesetz. Für die Umsatzsteuer enthält das Gesetz einen neuen § 2b, der die (Nicht-)Besteuerung der öffentlichen Hand unionsrechtskonform umsetzen soll. Dem Einen ist das zu wenig, dem Anderen zu viel. Es wird sich zeigen, wie der Versuch einer Definition des Nichtvorliegens von Wettbewerbsverzerrungen auszulegen und abzugrenzen ist. Die ewige Diskussion um ein Zurückdrängen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand wird dadurch nicht beendet. Rechtsprechung Verkäufe auf eBay – Unternehmereigenschaft . . . . . . . . . 2 Ortsverlagerung bei Sendungen von geringem Wert (Schuldner der EUSt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Strohmann als leistender Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Keine Rückwirkung bei Vorlage der berichtigten Rechnung erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Keine AdV trotz Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Bonn Johanna-Kinkel-Straße 2-4 53175 Bonn Telefon +49 228/95 94-0 bonn@fgs.de Frankfurt MesseTurm, Friedrich-Ebert-Anlage 49 60308 Frankfurt a.M. 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Nicht zum ersten Mal hat der BFH den Begriff der nachhaltigen Tätigkeit zur Begründung der Unternehmereigenschaft allein an der Nutzung moderner Vermarktungsmaßnahmen festgemacht. Unabhängig von der höchstrichterlich noch zu klärenden Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG, scheint sich in der Rechtsprechung abzuzeichnen, dass der noch nicht verjährte Anspruch des bauleistenden Unternehmers gegen den Bauträger auf USt-Zahlung an den Fiskus zur Auszahlung von dessen Erstattungsanspruch abgetreten werden kann. Damit reduziert sich das Risiko des Fiskus auf Fälle der Insolvenz des Bauunternehmers und die Erstattung der Zinsen für zu Unrecht gezahlte USt des Bauträgers. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Ihr FGS Umsatzsteuer-Kompetenzteam UmsatzsteuerRundschreiben 2 Flick Gocke Schaumburg Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015 Gesetzgebung Rechtsprechung Steueränderungsgesetz 2015 verabschiedet Verkäufe auf eBay — Unternehmereigenschaft BR-Drs. 418/15 BFH-Urteil vom 12.8.2015, XI R 43/13 Die umsatzsteuerlichen Änderungen betreffen einerseits den nunmehr normierten Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bei Bauleistungen an Betriebsvorrichtungen (entgegen BFH vom 28.8.2014, V R 7/14, BStBl 2015 II S. 682). Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern, werden zu diesem Zweck als Grundstücke angesehen. Somit erhält die bisherige Sichtweise der Finanzverwaltung ihre gesetzliche Grundlage (vgl. den Nichtanwendungserlass des BMF vom 13.5.2015, BStBl. I 2015, 623). Wer planmäßig, wiederholt und mit erheblichem Organisationsaufwand mindestens 140 fremde Pelzmäntel über eine elektronische Handelsplattform (z.B. eBay) in eigenem Namen verkauft, wird damit unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig. Hinzugekommen ist ein neuer § 2b UStG, der die Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts unionsrechtskonform umsetzen soll. Vor allem Beistandsleistungen zwischen kommunalen Einrichtungen werden weiterhin von der Umsatzsteuer ausgenommen, wenn sie auf der Grundlage langfristiger öffentlicher Vereinbarungen zum Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ausschließlich gegen Kostenerstattung erfolgen. Der Gesetzgeber schöpft den sich aus der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ergebenden Rahmen voll aus. Es bleibt abzuwarten, ob private Unternehmen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen benachteiligt werden, wenn sie bei einem vergleichbaren Leistungsspektrum einschließlich Umsatzsteuer mit höheren Preisen anbieten müssen. Der BFH hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob die im Streitfall zu beurteilenden Umsätze schon deshalb steuerbar und steuerpflichtig sind, weil die Klägerin in den Streitjahren ohnehin als Finanzdienstleisterin Unternehmerin war. Er bezieht sich aber auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach eine natürliche Person, die bereits mit ihrer Haupttätigkeit als Steuerpflichtiger gilt, für jede weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit als Steuerpflichtiger i.S. der Mehrwertsteuer anzusehen sei. Daher sei fraglich, ob an der bisherigen Rechtsprechung des BFH, festgehalten werden könne, dass Leistungen, die sich als Nebenfolge einer nicht unternehmerischen Betätigung ergeben, wie z. B. der Verkauf gebrauchter Gegenstände aus dem Privatbereich — grundsätzlich als nicht unternehmerisch anzusehen, sofern sie keinen „geschäftlichen Rahmen“ erreichen. Der BFH konnte diese Frage jedoch im Streitfall offen lassen, da allein die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Verkäufe auf eBay zur Überzeugung des Gerichts einen Umfang erlangt hatten, die für sich eine unternehmerische Tätigkeit begründeten. Zwar sei die bloße Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber als solche nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen. Allerdings könne hieraus nicht geschlossen werden, dass der von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verkauf eines Gegenstands, den er seinem Privatvermögen zugeordnet hat, allein aus diesem Grund nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Ein maßgebliches Beurteilungskriterium dafür, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, bestehe darin, dass der Eigentümer aktive Schritte zur Vermarktung unternimmt, in dem er sich ähnlicher Mittel bedient, wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleister, z. B. bewährte Vermarktungsmaßnahmen durchführt. Dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden habe, sei nicht erforderlich. Ortsverlagerung bei Sendungen von geringem Wert (Schuldner der EUSt) BFH, Urteil vom 16.6.2015, XI R 17/13 Liefern Unternehmer Waren aus dem Drittland ins Inland und kann der Empfänger unter keinen Umständen aus dem Einfuhrvorgang wirtschaftlich belastet werden, greift grds. die Ortsverlagerung des § 3 Abs. 8 UStG ein. Somit scheidet eine gänzlich steuerbefreite Lieferung von Waren, deren Wert innerhalb der 22-Euro-Grenze liegt (§ 1a EUStBV), aus dem Drittland künftig weitestgehend aus. Die Ortsregelung des § 3 Abs. 8 UStG ist auch dann anwendbar, wenn keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt, weil die Einfuhr umsatzsteuerfrei ist. Voraussetzung für eine Ortsverlagerung nach § 3 Abs. 8 UStG ist eine zumindest theoretische Zollschuldnerschaft des Lieferers. Eine solche ist nicht gegeben, soweit der Lieferer Zollanmeldungen namens und für Rechnung des Kunden abgegeben hat (direkte Vertretung iSv Art. 5 Abs. 2, 1. Spiegelstrich Zollkodex). An einer Anmeldung für Rechnung des Kunden fehlt es, wenn der Vertreter im Innenverhältnis für alle im UmsatzsteuerRundschreiben Flick Gocke Schaumburg Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015 Zusammenhang mit der Einfuhr stehenden Zölle, Steuern und Gebühren aufkommt und den Vertretenen insoweit von allen Verpflichtungen befreit. Somit ist mangels direkter Vertretung der Lieferer Anmelder und damit Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, was eine Ortsverlagerung iSv § 3 Abs. 8 UStG nach sich zieht. Weiter führt der BFH aus, dass ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts im Sinne des § 42 AO auch auf dem Gebiet der Umsatzsteuer in Betracht kommt, wenn zum einen die in Rede stehenden Umsätze trotz formaler Rechtsanwendung einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit den betreffenden Bestimmungen verfolgten Ziel zuwider liefe, und zum anderen anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Strohmann als leistender Unternehmer FG München, Urteil vom 23.6.2015, 2 K 1691/12 Ein Unternehmer erwarb Gegenstände und veräußerte diese nach Auffassung des Finanzamtes zu überhöhten Preisen. Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog der Erwerber als Vorsteuer ab. Zu einer Besteuerung beim leistenden Unternehmer, der die Ist-Besteuerung nutzte, war es im Ergebnis nicht mehr gekommen, nachdem über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der leistende Unternehmer lediglich ein vorgeschobener „Strohmann“ gewesen und insofern zur Ausstellung einer Rechnung im umsatzsteuerrechtlichen Sinn nicht berechtigt gewesen sei. Im Übrigen seien die veräußerten Gegenstände zu einem überhöhten Preis veräußert worden. Die ausgestellten Rechnungen hätten lediglich der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in überhöhtem Umfang dienen sollen. Da insoweit Gefälligkeitsrechnungen vorlägen, schulde der leistende Unternehmer den überhöht ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag nach § 14c Abs. 2 UStG. Dieser Argumentation folgte das Finanzgericht nicht. Auch ein sogenannter „Strohmann“ komme als leistender Unternehmer in Betracht, wenn er aus dem fraglichen Rechtsgeschäft zivilrechtlich berechtigt und verpflichtet ist. Das Entgelt sei selbst dann die maßgebliche Bemessungsgrundlage, wenn es dem objektiven Wert der bewirkten Leistung nicht entspricht. § 14c Abs. 2 UStG könne nicht im Wege der Rechtsfortbildung analog angewendet werden, wenn ein Steuerausfall dadurch eingetreten ist, dass dem leistenden Unternehmer die Ist-Versteuerung bewilligt wurde und der Leistungsempfänger nach Geltendmachung des Vorsteuerabzugs und vor vollständiger Bezahlung der Rechnung insolvent geworden ist. Der Fall der Angabe einer zu hohen Bemessungsgrundlage in einer Rechnung sei nicht vom gesetzlichen Tatbestand des § 14c UStG erfasst. Wenn der Rechnungsaussteller bezüglich der abgerechneten Leistung Unternehmer ist und die Leistung tatsächlich ausgeführt wurde, läge kein unberechtigter Steuerausweis vor. Bei einer Gesamtbetrachtung wirke sich der hohe Verkaufspreis nur deshalb zum Nachteil des Fiskus aus, weil der Klägerin die Ist-Versteuerung bewilligt worden sei, der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug aus dem höheren ausgewiesenen Entgelt geltend gemacht habe und der Vorsteuerabzug wegen Insolvenz nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Diese Gefährdung des 3 Steueraufkommens werde nicht vom Sinn und Zweck des § 14c UStG erfasst. Keine Rückwirkung bei Vorlage der berichtigten Rechnung erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.6.2015, 7 K 7377/11, Rev. anh. Az. BFH V R 26/15 Die für den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen erforderliche ausreichende Leistungsbeschreibung muss sich aus dem Rechnungsdokument selbst oder aus darin konkret in Bezug genommenen anderen Dokumenten ergeben. Sie kann nicht durch mündliche Angaben des Rechnungsempfängers oder des Leistenden oder anderer Personen ersetzt werden. Die Klägerin hatte je einen Beratervertrag mit einer Anwaltskanzlei und einer weiteren Gesellschaft geschlossen, ausweislich derer Beratungsleistungen für ein monatliches bzw. vierteljährliches Pauschalhonorar zuzüglich Umsatzsteuer zu leisten waren. In den Rechnungen waren die jeweils erbrachten Beratungsleistungen nicht konkret bezeichnet. Es wurde lediglich auf den jeweiligen Beratervertrag verwiesen. Die leistenden Unternehmen berichtigten ihre Rechnungen zu einem späteren Zeitpunkt in der Weise, dass nunmehr die gesetzlichen Voraussetzungen an eine Rechnung vorlagen. Die Berichtigungen erfolgten aber erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung über die Versagung des Vorsteuerabzugs. Das Gericht sah in diesem Fall keine Möglichkeit einer Rückwirkung der Rechnungskorrektur, weil die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug zu einem Zeitpunkt, in UmsatzsteuerRundschreiben 4 Flick Gocke Schaumburg Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015 dem eine (ordnungsgemäße) Rechnung (noch) nicht vorliegt, nicht gegeben seien. Eine andere Beurteilung folge auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 15.7.2010, Az. C-368/99, Pannon Gep, bzw. die zu dieser Rechtsfrage ergangenen Beschlüsse des BFH vom 20.7.2012, V E 82/11, und des FG Berlin-Brandenburg vom 29.8.2013, 7 V 7096/13). Keine AdV trotz Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG FG Nürnberg, Beschluss vom 26.8.2015 Die Antragstellerin führte im Streitjahr Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG an einen Bauträger aus. Mit Bezug auf die Entscheidung des BFH vom 22.8.2013, V R 37/10, berichtigte der Bauträger seine Steuererklärung und forderte die Umsatzsteuer aus den genannten Umsätzen zurück. Daraufhin forderte das Finanzamt die Antragstellerin auf, ihrerseits die Steuererklärungen zu berichtigen und auf diese Umsätze Umsatzsteuer zu entrichten. Da sie dieser Aufforderung nicht nachkam, änderte das Finanzamt die streitigen Festsetzungen mit Änderungsbescheiden unter Berufung auf § 27 Abs. 19 UStG. Das Gericht lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Zwar sei aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 3.6.2015 (Az. 5 V 5028/15) offensichtlich, dass gewisse Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 28 Abs. 19 UStG bestehen. Bei der Prüfung, ob ein berechtigtes Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen bestehe, ist dies mit den gegen die Gewährung von AdV sprechenden Gründen abzuwägen. Dabei komme es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Einflusses beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer AdV hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an. Das Gewicht der ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Vorschrift sei bei der Abwägung nicht von ausschlaggebender Bedeutung. § 27 Abs. 19 UStG sei nicht nur haushalterischen Zwecken geschuldet. Die Vorschrift verfolge auch den unionsrechtlich verankerten Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer. Auch die Frage, ob der Eingriff in die Rechtspositionen des Steuerpflichtigen angesichts von zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Leistungsempfänger als schwerwiegend zu beurteilen ist, beurteilt der Senat angesichts von § 199 BGB abweichend vom Finanzgericht BerlinBrandenburg. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass der Verjährungsbeginn für den Zahlungsanspruch der Antragstellerin an die Veröffentlichung der Entscheidung des BFH anknüpft und die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren mit Schluss des Jahres 2013 beginnt. Eine Verjährung erscheine daher ausgeschlossen. Somit bleibt für die Antragstellerin faktisch nur das Insolvenzrisiko, welches sie aber gem. § 27 Abs. 19 UStG durch eine Abtretung des Nachforderungsanspruches gegen den Leistungsempfänger auf den Staat abwälzen kann. Da Sie von dieser gesetzlich eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe, vermag der Senat im summarischen Verfahren keine Beeinträchtigung zu erkennen. Kein Anspruch des Leistungsempfängers auf Erstattung nicht geschuldeter Umsatzsteuer BFH, Urteil vom 30.6.2015, VII R 30/14 Die Vertragspartner gingen von der Steuerbarkeit und Steuerpflicht der Leistungen im Inland aus. Der Leistende führte die Umsatzsteuer an das für ihn zuständige Finanzamt ab. Der Leistungsempfänger zog die ihm in Rechnung gestellte Vorsteuer ab. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dieser Umsatz im Inland nicht steuerbar war, so dass sowohl die Umsatzsteuer auf Seiten des Leistenden als auch der Vorsteuerabzug auf Seiten des Leistungsempfängers zu berichtigen war. Der Leistungsempfänger zahlte die abgezogene Vorsteuer an das für ihn zuständige Finanzamt zurück und machte gegenüber dem Finanzamt des Leistenden einen Anspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 1 AO geltend. Über das Vermögen des Leistenden war mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so dass die Geltendmachung eines zivilrechtlichen Rückzahlungsanspruches als überwiegend nicht Erfolg versprechend erschien. Nach der Entscheidung des BFH kann der Leistungsempfänger seinen Erstattungsanspruch nicht auf § 37 Abs. 2 AO stützen. Diese Norm regele keinen Rückzahlungsanspruch des Leistungsempfängers, der die in der ihm gestellten Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer dem Rechnungsaussteller gezahlt hat. Der leistende Unternehmer habe die Steuer auf eigene Rechnung, nämlich in Erfüllung seiner eigenen Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt bezahlt. Demnach stünde dem Leistenden nach Berichtigung der Rechnungen gem. § 17 UStG der Anspruch auf Erstattung der nunmehr rechtsgrundlos UmsatzsteuerRundschreiben 5 Flick Gocke Schaumburg Umsatzsteuer-Rundschreiben — Ausgabe 05/2015 gewordenen Umsatzsteuerzahlungen an das Finanzamt gem. § 37 Abs. 2 AO zu. Der Anspruch des Leistungsempfängers sei auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Reemtsma begründet. Dieser Entscheidung ließe sich kein unionsrechtliches Gebot entnehmen, einen Anspruch des Leistungsempfängers aus § 37 Abs. 2 AO auf Erstattung zu Unrecht vom Leistenden in Rechnung gestellter Umsatzsteuer gegen den Fiskus zu gewähren, wenn eine Erstattung vom Leistenden wegen der Insolvenz nicht(vollständig) erreicht werden kann. Nur für den Fall, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer vom Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert wird, fordere der EuGH, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel vorsehen müssen, die es dem Leistungsempfänger ermöglichen, zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Die Billigkeitsregelungen der §§ 163 und 227 AO böten eine hinreichende Möglichkeit, trotz nicht Vorliegens der materiell umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen den Vorsteuerabzug – jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis — geltend zu machen, um auf diesem Weg den im Insolvenzverfahren nicht zu realisierenden Teil der gegen den Rechnungsaussteller gerichteten, zivilrechtlichen Forderung vom Finanzamt gutgebracht zu bekommen. Verwaltungsanweisungen Rückzahlung eines zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrags BMF-Schreiben vom 7.10.2015, III C 2 – S 7282/13/10001 Mit Urteil vom 18. September 2008, V R 56/06, BStBl 2009 II S. 250, hat der BFH unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass sich in Fällen, in denen der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts vereinbaren, die Bemessungsgrundlage i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur insoweit mindert, als das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum der Rückgewähr vorzunehmen ist. Hat der Unternehmer das „Soll“-Entgelt bereits vereinnahmt, ändert sich die Bemessungsgrundlage nicht schon durch (bloße) Vereinbarung einer „Entgeltminderung“, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts. Diese Grundsätze sind auch im Zusammenhang mit der Berichtigung von unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer i.S.v. § 14c Abs. 1 UStG zu beachten. In Fällen, in denen unberechtigt i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG Steuer ausgewiesen wurde, erfolgt die Berichtigung des geschuldeten Betrags wie bisher nach § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG. Anstelle einer Rückzahlung eines zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrags kommt es in diesen Fällen also auf die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens an. Umsatzsteuer-Rundschreiben Ansprechpartner USt-Kompetenzteam: Dr. Ulrich Grünwald Dr. Jens Eric Gotthardt Dr. Matthias Winter Dr. Barbara Fleckenstein-Weiland, LL.M. Dr. Andreas Erdbrügger Nicole Kapeller Rainald Vobbe Dr. Bastian Liegmann Katharina Weber Charlotte Pötters Friderike Stiehr Dr. Tobias Schöppner Pia Beaucamp Anna Judith Kaiser, LL.M. Adressänderung/ Abbestellung: Möchten Sie unsere Umsatz steuer-Rundschreiben unter einer anderen E-Mail-Adresse erhalten? Sie kennen andere interessierte Empfänger? Dann lassen Sie uns bitte Ihre Kontaktdaten zukommen per E-Mail an: umsatzsteuer@fgs.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen des Einzelfalls gerecht zu werden. Sie stellt keine Beratung oder Auskunft dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. 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