Alles im Fluss - Union Investment Real Estate GmbH

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Alles im Fluss - Union Investment Real Estate GmbH
Ausgabe 2/2008
Finanzkrise
Neue Strategien
sind gefragt
Airport-Citys
Wenn aus Flughäfen
Städte werden
Alles im
Fluss
Der japanische Immobilienmarkt
birgt Chancen und Risiken
Raum & mehr _3
I n h a lt
Eines von Yokohamas Wahrzeichen
ist der Landmark Tower.
Zur Sache
Shoppingcenter: Erhebliche Nebenwirkungen
Titel
4 Alles im Fluss Der japanische Immobilienmarkt
spürt die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise.
Von Monika Walther
Märkte
10 Frostiges Klima Die Krise der globalen Finanzmärkte
setzt auch Immobilieninvestoren zu.
14 Anflug auf Aerotropolis Flughäfen rüsten sich für
die Zukunft. Sie wollen selbst das Reiseziel werden.
16 Interview Professor Rudolf Juchelka.
Der Flughafen als
Aufenthaltsort?
konzepte
Warum eigentlich
nicht! Singapur
18 Phönix aus der Asche Warum es manchmal besser
ist, ein Gebäude abzureißen und neu zu bauen.
macht es vor.
22 Für morgen bauen Der Megatrend der Immobilienwirtschaft heißt Nachhaltigkeit.
25 Interview Jerry Yudelson.
26 Sinnliche Bauten In Flagship-Stores gehen Kunden
auf Tuchfühlung mit Marken und Produkten.
Shoppingcenter liegen in Deutschland nach wie vor im
So sind in den meisten untersuchten Städten kaum nennens­
Trend. Sowohl die Entwickler als auch die international agierenden
werte Umsatzsteigerungen infolge von Centeransiedlungen in In­
Investoren sehen in Deutschland – trotz der insgesamt vergleichs­
nenstadtlage feststellbar. Wohl aber sind teilweise sehr deutliche
weise hohen Verkaufsflächenausstattung – noch beachtliches Po­
Mietpreisrückgänge und Immobilienwertverluste zu verzeichnen.
tenzial für moderne Centerkonzepte. Selbstverständlich sollen die­
Mittelfristig treten häufig Verschiebungen im innerstädtischen
se in städtebaulich integrierten Innenstadtlagen entstehen und
Branchenmix zulasten der cityprägenden modischen Sortimente
hier zu einer Stärkung und Belebung der urbanen Zentren bei­
auf, die dann mit entsprechenden Verlagerungen der Passanten-
tragen – so verlangen es jedenfalls die bundesweit gültigen Leit­
und Kundenströme in Richtung Center einhergehen. Naturge­
linien der nationalen Stadtentwicklung ebenso wie die kommu­
mäß fallen diese Effekte umso stärker aus, je kleiner die Stadt ist.
nalen Genehmigungsinstanzen. Doch wie sieht es in der Praxis
Entscheidend ist jedoch vor allem, wie sich das Verhältnis von ge­
aus? Ist das ursprünglich als „Zentralitätsmaschine für die Zwi­
planter Ladenanzahl im Shoppingcenter zu Anzahl, Qualität und
schenstadt“ konzipierte Shoppingcenter wirklich geeignet, dem
räumlicher Verteilung der Ladenlokale in den 1a-Lagen darstellt.
hochzentralen Ort Innenstadt noch mehr Anziehungskraft zu
Selbst bei einem quantitativ noch ausgeglichenen Verhältnis droht
verleihen?
das sensible innerstädtische Gleichgewicht schon gefährlich ins
In erster Linie nämlich stehen nicht etwa die kränkelnden oder
Wanken zu geraten, denn in puncto Management und funktio­
gar schrumpfenden Städte im Fokus der Developer, sondern vor
nale Flächenorganisation ist das Shoppingcenter den traditionellen
allem die Erfolg versprechenden umsatzstarken Standorte. Dort
Geschäftslagen zweifelsohne weit überlegen.
übersteigt die Mieternachfrage das begrenzte, oftmals kleinteilig
strukturierte Flächenangebot in den Hauptgeschäftslagen deutlich,
die Mieten sind entsprechend hoch und die Vermietungsaussichten
portfolio
Prime Property
Award: der Seewürfel in Zürich.
Rubriken
3 Zur Sache Shoppingcenter: Erhebliche Nebenwirkungen.
32 Nachrichten Telekommunikationsanbieter bevor- zugen Citylage, Miet- und Kaufpreisentwicklung,
Sustainable Investment Conference, Jahrbuch Energieeffizienz, Immobilienstudium, Hotelinvestments,
Studie zu Offenen Immobilienfonds.
34 Impressum/Kontakt
Titelbild
Designer zeigen ihre
Mode im New Yorker
Stadtteil Soho.
gut. Welche Wirkungen entfaltet dann aber ein Shoppingcenter im
30 Immobilien im Stresstest Risiken zu managen gehört zum Tagesgeschäft Offener Immobilienfonds.
Yokohama ist die zweitgrößte Stadt Japans. Sie gehört zum
Ballungsgebiet ihrer großen Schwester Tokio. Der Landmark Tower im Stadtteil Minato Mirai 21 ist mit fast 296
Metern das höchste Gebäude des Landes.
innerstädtischen Funktionsgefüge, in stadträumlicher, handelsbe­
trieblicher und immobilienökonomischer Hinsicht? Wann und unter
Titelcover: LOOK / age fotostock; drr.net/Munshi Ahmed; PR; laif/The
New York Times/Redux; privat
Nominiert für den
Siehe auch „Miet- und Kaufpreisentwicklung“, Seite 32
welchen Voraussetzungen überwiegen die positiven oder negativen
Effekte? Und aus wessen Perspektive eigentlich: aus Sicht des Bür­
germeisters und der Kommunalpolitiker, die ihre Entscheidungen
im Nachhinein immer als Erfolg verkaufen (müssen)? Aus Sicht des
Grundeigentümers, der sich um eine angemessene Nachvermietung
seines Ladenlokals sorgen muss und noch dafür gescholten wird,
dass er nicht in einen neuen Fassadenanstrich investieren will (oder
kann)? Oder aber aus Sicht des Konsumenten, der sich zwar über
den neuen Multi­mediamarkt und genügend Parkplätze im Center
freut, jedoch darüber ärgert, dass die Auswahl vor allem an Textil­
geschäften in der Fußgängerzone nach und nach immer dürftiger
wird? Fragen, denen wir seit 2006 nachgehen – und auf die unsere
noch laufende Studie bereits erste Antworten liefert.
Monika Walther ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HafenCity
Universität Hamburg. Sie begleitet das seit September 2006 auf über
drei Jahre angelegte und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) geförderte Projekt „Auswirkungen Innerstädtischer Shopping
Center auf die gewachsenen Strukturen der Zentren“.
www.hcu-hamburg.de/stadtplanung/projektmanagement
Tradition im Schintoschrein und
quirliges Leben im Vergnügungspark Odaiba an der Bucht von To-
Titel
kio prägen gleichermaßen das Bild
der japanischen Hauptstadt. In der
weltweit größten Metropolregion
leben 34,4 Millionen Menschen.
Alles im Fluss
Deutsche Investoren zeigten zuletzt zunehmendes Interesse
am japanischen Immobilienmarkt. Nun aber spürt man auch in
Nippon die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise
robertharding.com/Panoramic Images/Steve Petsch; Deepol/Marco Bohr
Raum & mehr 4_
Chancen für den UniImmo: Global: das Geschäftshaus
Solado Harajuku im Einkaufsviertel Takeshita-Dori, Tokio (oben).
Der Bezirk Umeda, Osaka (Mitte) und wehende Fahnen
zum Knabenfest (unten).
Titel
Jahrelang suchte man Japan auf der Mental Map deutscher Immobilieninvestoren vergeblich. Aus gutem Grund hatten institutionelle Anleger das Land auf ihrer geistigen Weltkarte zumindest
vorübergehend ausgeblendet. Eine schwere Wirtschaftskrise ließ die
Immobilienblase Mitte der 1990er-Jahre jäh platzen. Die Preise stürzten
ab und erholten sich lange nicht: Gut zehn Jahre lang hielt die „bleierne Zeit“ auf Japans Immobilienmärkten an. Seit knapp drei Jahren
nun geht es wieder bergauf. Grund genug auch für deutsche Investoren, das Land von Ikebana und Sushi neu zu entdecken.
Angelockt werden die Kapitalanleger vor allem von der guten
wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre, aber auch der
Innovationskraft des Landes. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt
befindet sich in der längsten Aufschwungphase der Nachkriegszeit.
Infolge der Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten und
pessimistischeren Konjunkturaussichten stellt sich allerdings die Frage,
wie es auf dem japanischen Immobilienmarkt weitergehen wird. Denn
die Auswirkungen der amerikanischen Immobilien- und Finanzkrise
sind auch in Nippon zu spüren, wie Jürgen Maurer von der Bundes­
agentur für Außenwirtschaft (bfai) aus Tokio berichtet. „In Japan geht
die Angst vor einer Stagflation um“, lautet seine Einschätzung. Nun
hoffe man darauf, dass der Höhepunkt der internationalen Finanzkrise erreicht sei, weil die japanische Volkswirtschaft dann relativ unbeschadet davongekommen wäre. „Nach dem gegenwärtigen Stand
der Informationen haben die Geldhäuser in Japan wenig Appetit auf
riskante Papiere entwickelt – im Gegensatz zu den amerikanischen
und europäischen Banken“, berichtet Maurer. Dennoch haben die
acht großen Bankengruppen Japans für das vergangene Geschäftsjahr 2007 infolge der Subprime-Krise Abschreibungen von mehr als
900 Milliarden Yen (rund 5,6 Milliarden Euro) vornehmen müssen.
Insgesamt bescherte die US-Subprime-Krise den weltgrößten Finanz­
instituten Abschreibungen und Kreditverluste von 468 Milliarden
Dollar (300 Milliarden Euro).
Japans größte Städte
Millionen Menschen in Japan.
Davon fast 34,4 Millionen in der
Metropolregion Tokio.
Japan
Osaka
Nagoya
Tokio
B ü r o m a r k t g e w i nnt a n D y n a m i k
Yokohama
Innerstädtische Büromarktzonen Tokios
Bürofläche in den zentralen Stadtbezirken
in 1.000 m2
1 Minato-ku
4
5
2
1
3
6.760
2 Chiyoda-ku
6.398
3 Chuo-ku
4.206
4 Shinjuko-ku
2.847
5 Shibuya-ku
1.787
Quelle: DTZ Research, März 2008
mer. Besonders wichtig: Die Unternehmen benötigen eine staatliche
Lizenz. Nachholbedarf gibt es auch hinsichtlich der Markttransparenz.
„Informationen über Immobilienkäufe sind kaum zu erhalten. Auch
die öffentliche Hand stellt keine Marktdaten zur Verfügung“, berichtet
Kaneko. Zudem ist der Markt bisher fest in der Hand einiger weniger
großer Unternehmen und Projektentwickler, etwa Mitsubishi Estate,
die an Tokios Topstandort Marunouchi im Stadtbezirk Chiyoda-ku zu
den größten Grundbesitzern gehören.
Z i n s n i v e a u i n J a p a n b l e i bt n i e dr i g
Auch die Konjunkturabkühlung in vielen westlichen Ländern bekommt Japan zu spüren. „Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten
sind bereits gesunken, höhere Materialkosten und ein starker Yen
haben die Profitaussichten der Unternehmen verschlechtert“, meint
Maurer. Die Kosten für die Kapitalaufnahme blieben indes moderat.
„Die Politik der niedrigen Zinsen wird von der Bank of Japan beibehalten.“ Dennoch rechne die Zentralbank für dieses Jahr nur noch
mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent.
Neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielen das
Marktumfeld, die Investitionssicherheit und die Markteintrittsbarrieren
für Immobilieninvestoren eine wichtige Rolle. Auf eine neue gesetzliche
Beschränkung, die seit April 2008 für in- und ausländische Investoren
gilt, weist Yoshiki Kaneko, Chef von DTZ Japan in Tokio, hin. Demnach müssen Investoren, die eine Zweckgesellschaft (SPC) gründen,
welche als Käuferin und Eigentümerin der Immobilie fungiert, eine
lokale Asset-Management-Gesellschaft als Partner beauftragen. Diese
Asset-Management-Gesellschaften übernehmen die Betreuung der
Mieter, überwachen Mietverträge und Mietzahlungen, managen die
gebäudebezogenen Dienstleistungen und berichten an den Eigentü-
Grundsätzlich bestehen für ausländische Immobilieninvestoren keine Beschränkungen beim Kauf von Grund und Boden. Beim Erwerb
von Immobilien gilt es allerdings manche Besonderheit des Markts
zu beachten. „Im Prinzip kann ein Kaufvertrag direkt mit dem Eigentümer abgeschlossen werden“, erläutert Maurer. Da der Erwerb
von Grundeigentum jedoch eine Vielzahl bürokratischer Schritte und
Dokumente erfordere, werde in der Regel ein lizenzierter Immobilienmakler zum Kauf hinzugezogen.
Sapporo
Im Januar 2008 lebten 127,7
In den vergangenen Jahren hat der Immobilienmarkt in Japan
wieder an Dynamik gewonnen. „Die Bautätigkeit in den Ballungszentren hat zugenommen“, beschreibt Maurer die Lage. Das Angebot an Büro- und Gewerbeimmobilien sei ebenso wie die Nachfrage
deutlich gestiegen. Neben Büro- und Wohngebäuden geht in den
Geschäftsbezirken der wichtigsten Wirtschaftsmetropolen Tokio,
Osaka, Nagoya und Sapporo die Entwicklung hin zu Multifunktionskomplexen mit Büros, Einzelhandel, Restaurants und zum Teil auch
Hotels und Wohnungen. Die Dynamik kommt nicht von ungefähr.
„Die von der Regierung unterstützte städtische Entwicklungsplanung spielt eine wichtige Rolle“, erläutert Maurer die Anreizmechanismen. Baurechtliche Bestimmungen für kommerzielle Flächen seien
erleichtert worden.
Doch sind in Tokio in diesem Jahr erste Bremsspuren feststellbar.
Potenzielle Büromieter halten sich mit Entscheidungen zurück, um
zu sehen, in welche Richtung sich der Markt entwickelt. Nachdem
die Büromieten im vergangenen Jahr aufgrund des relativ geringen
Angebots kräftig gestiegen sind, verläuft der Anstieg nun langsamer,
wie Jane Murray, Leiterin Research für die Region Asien-Pazifik bei
Jones Lang LaSalle (JLL), berichtet. Die kommenden zwölf Monate
werden aus ihrer Sicht spannend. Viel hänge jetzt von den Veränderungen der weltwirtschaftlichen Lage ab. „Allerdings sind die Fundamentaldaten auf den asiatischen Immobilienmärkten gut. Das un-
Deregulierung der japanischen Wirtschaft nimmt zu
Union Investment; robertharding.com/Panoramic
Images/Steve Petsch; drr.net/JTB Photo
Raum & mehr _7
Drei Regionen an der Ostküste Japans
Versuch, die Wirtschaft entsprechend be-
ten wirtschaftspolitischen Zielen zählten
stellen mehr als 60 Prozent der Bevölke-
stimmten Zielvorstellungen zu beeinflus-
die Förderung ausländischer Direktinvesti­
rung und über zwei Drittel der Wirtschafts-
sen. Seit den 80er-Jahren tritt diese Poli-
tionen, die Vertiefung der wirtschaftlichen
leistung, berichtet Frank Robaschik von
tik zunehmend zugunsten einer bewussten
Integration mit den ostasiatischen Nach-
der Bundesagentur für Außenwirtschaft
Deregulierung und Privatisierung in den
barn, Umweltschutz und Energieeinspa-
(bfai). Hierzu zählen Kanto mit der Haupt-
Hintergrund“, beschreibt Robaschik die
rungen. Generell ist der Staat nur noch in
stadt Tokio, die zugleich das wichtigste
Politik des Landes. In den 90er-Jahren und
wenigen Bereichen unternehmerisch tätig.
Finanzzentrum des Landes ist; des Wei-
zu Anfang des 21. Jahrhunderts habe die
Dazu gehören das Finanzwesen mit staat-
teren Kinki mit Osaka sowie Chubu mit der
staatliche Unterstützung bei der Sanierung
lichen Kreditinstituten und Versicherungen
Verwaltungshauptstadt Nagoya, wo To-
des Bankensystems und von Unternehmen
sowie die Wasserver- und -entsorgung,
yota angesiedelt ist. „Japan ist bekannt
mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten im
der Verkehr, aber auch Aktivitäten im Bil-
für seine Industrie­politik, das heißt den
Vordergrund gestanden. Zu den wichtigs-
dungs- und Gesundheitswesen.
Raum & mehr 8_9
terscheidet die Situation von anderen Zyklen in Japan, in denen die
Leerstandsraten höher und die Profitabilität der Unternehmen geringer waren“, meint Murray.
Wirtschaftsmacht Japan
im August war man für den Offenen Immobilienfonds UniImmo:
Global – erneut in Tokio – erfolgreich: Im Stadtteil Harajuku, mit
seinem Einzelhandelsstandort Takeshita-Dori das Zentrum der japanischen Teenagerkultur und Trendsetter für die globale Manga­Szene, wurde für 91 Millionen Euro das Geschäftshaus Solado
Harajuku erworben. Die Mietfläche von 1.380 Quadratmetern ist
komplett an Fashion- und Food-Händler vermietet.
Trotz vereinzelter deutscher Engagements sind es aber immer
noch US-Amerikaner und im vergangenen Jahr erstmals Australier, die bei ausländischen Investoren in Japan den Ton angeben. Zu
den aktivsten Unternehmen zählen die AIG Group, GE Real Estate
und Morgan Stanley. Insgesamt flossen 2007 etwa 2,7 Milliarden
Dollar aus dem Ausland auf den japanischen Immobilienmarkt,
ermittelten die Analysten von DTZ. Im Jahr zuvor waren es gerade
einmal 1,35 Milliarden Dollar.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 4,6 Billiarden Dollar,
mehr als einem Zehntel der globalen Wertschöpfung, ist Ja-
Hinzu kommt, dass die Japaner nach der letzten Finanz- und
Immobilienkrise nicht zu Übertreibungen neigen. In den begehrtesten Lagen, zu denen auch das Wirtschaftszentrum (CBD) von Tokio
zählt, kommen nach Angaben von JLL in diesem Jahr nur zwei neue
Gebäude auf den Markt. Hierzu gehört der Akasaka Biz Tower mit
rund 99.000 Quadratmetern Fläche, der im Januar fertiggestellt wurde und voll vermietet ist. Die Leerstandsrate im CBD ist im Vergleich
zum vierten Quartal 2007 leicht von 2,1 auf 3 Prozent gestiegen.
Mit einem weiteren spürbaren Anstieg des Leerstands sei 2008 jedoch nicht zu rechnen. Auch in den Tokioter Teilmärkten Otemachi
und Marunouchi im Bezirk Chiyoda-ku ergänzt in diesem Jahr nur
der Marunouchi Trust Tower das Angebot. Etwa 50.000 Quadratmeter Fläche verteilen sich auf 37 Stockwerke. Entwickelt wird das Gebäude von Mori Trust. Mieter ist Shangri-La Hotels and Resorts. Die
Leerstandsquote in Otemachi und Marunouchi ist mit knapp unter
1 Prozent extrem niedrig.
An Dynamik hat auch der Wohnimmobilienmarkt gewonnen. Vor
allem die Zahl der Eigentumswohnungen ist in den vergangenen drei
Jahren gestiegen. Denn die Mieten sind in den zentralen Lagen Tokios inzwischen so hoch, dass viele Erwerbstätige in den Vorstädten
leben: Auf mehr als 31 Euro pro Quadratmeter kletterte die Miete
für Topobjekte, ermittelte DTZ. Mit dem Kauf eines Wohnimmobilienportfolios in bester Innenstadtlage von Tokio hat auch die Union Investment Real Estate AG ihren Eintritt in den Markt vollzogen.
Das Immobilienpaket wurde für den Offenen Immobilienfonds
ImmoInvest: Europa von Fleg Future Life Entry Group International erworben, einem am Tokioter Markt etablierten Entwickler
von Wohn- und Geschäftshäusern. Der Kaufpreis für ein Bestandsgebäude und fünf weitere im Bau befindliche Wohnobjekte mit
rund 140 Wohneinheiten beträgt umgerechnet rund 50,7 Millionen Euro.
In diesem Jahr hat Union Investment ihr Engagement in Japan
weiter ausgebaut und ein Bürogebäude für den Fonds UniImmo: Global erworben. Das Investitionsvolumen für das elfgeschossige Shiomi
pan nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Anteil der G8-Staaten an der Weltwirtschaft
Angaben für 2005 in Mrd. Dollar
16.442
12.498
übrige Welt
USA
4.609
Japan
gesamt
44.317
Mrd. Dollar
753
2.792
Deutschland
Russland
Großbritannien
Kanada
1.728
2.127
Italien
Frankreich
Quelle: Bundesfinanzministerium
Koyama Office Building im Tokioter Innenstadt­bezirk Koto-ku beträgt
rund 130 Millionen Euro. Das 1995 fertiggestellte Grade-A-Gebäude
ist vollständig vermietet. „Der Leerstand in diesem Segment beträgt
am Nebenstandort Koto-ku zurzeit lediglich 1 Prozent. Damit sind in
Koto-ku, wie auch in Zentral-Tokio, faktisch keine freien Büroflächen
verfügbar“, sagt Steffen Wolf, Leiter der Niederlassung Singapur der
Union Investment Real Estate AG. „Die expansive Strategie sowohl
der einheimischen als auch der ausländischen Unternehmen lässt
eine weitere Verknappung hochwertiger Büroflächen und damit
Ertragssteigerungen bei auslaufenden Mietverträgen erwarten“,
prognostiziert Wolf. Vor diesem Hintergrund ist das Interesse der
Gesellschaft an Japan nach wie vor hoch. „Wir wollen in diesem
Jahr weitere Abschlüsse in Japan, aber auch in Südostasien tätigen“, sagt Wolf. „Vorrang wird die breite Streuung der Investments
in der Region haben“, beschreibt er die Ankaufstrategie. Bereits
Japans Volkswirtschaft im Überblick
Jahr
Bruttoinlandsprodukt
1
1,9
2006
Privater
2
Verbrauch
3
Verfügbare
1
Einkommen
Inflationsrate
(Konsumpreisindex)
1,7
0,3
Arbeitslosen7
quote
Kreditzinsen
4
(Prime)
0,1
4,1
1,8
Staats5
verschuldung
149,0
1,5
1,2
0
0,2
3,8
2,4
150,0
2008
6
1,4 – 1,6
0,8 – 1,0
0
1,0 – 1,2
3,8
2,1
148,0
2009
6
1,7 – 2,0
1,0 – 1,5
0,2
0,5 – 1,0
3,7
2,4
145,0
2007
Kein Wunder, dass dieser Ansturm auf die japanischen Immobilienmärkte 2007 zu einem harten Wettbewerb um gute
Objekte führte. Die Folgen waren Preissteigerungen und damit
sinkende Renditen. Inzwischen ist die Nachfrage nach Immobilien
aufgrund der internationalen Finanzkrise leicht gesunken. Banken finanzieren, ähnlich wie in Deutschland, selektiv und prüfen
genau, ob eine Immobilie marktgängig ist. „Kredite sind teurer
geworden. Die Margen der Banken liegen bis zu 100 Basispunkte
höher als im vergangenen Jahr“, sagt Kaneko von DTZ. Die fehlende Liquidität könnte auch Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben und zu steigenden Renditen führen. Für Investoren
mit Eigenkapital sind das gute Aussichten. Seinen Nimbus hat
sich Japan damit auch unter Immobilienanlegern zurückerobert:
Land der aufgehenden Sonne.
Christiane Harriehausen
2.260
1.108
1) reale Veränderung zum Vorjahr in Prozent 2) nominale Veränderung pro Haushalt und Kalenderjahr
3) Veränderung in Prozent 4) langfristige Kredite, jeweils Januar des Kalenderjahres in Prozent 5) in Prozent des BIP 6) Prognose 7) in Prozent
Quelle: bfai, Regierungsangaben, 2008
Das 2006 eröffnete Tokioter National Art Center von Stararchitekt Kisho Kurokawa (oben). Japanisches Kulturdenkmal:
die jahrhunderte­alte Brücke im Garten des Kaiserpalastes in Kioto (unten).
laif/Zenit/Jan-Peter Boening;
robertharding.com/Panoramic Images/Alvis Upitis
G e r i n g e r L e e r s t a nd
Titel
R a u m & m e h r 1 0 _ 1 1 M ä r k t e
Frostiges Klima
Die Zukunft der globalen Immobilienmärkte sieht derzeit nicht rosig aus.
Investoren passen ihre Strategien an
Die europäischen und US-amerikanischen Immobilienmärkte befinden sich in der Sackgasse: Weil die globale Finanzkrise
weiter um sich greift, bleiben Investoren misstrauisch. In der Folge fallen die Immobilienpreise auf fast allen Märkten, doch auch
dies macht es für Anleger nicht leichter: Von günstigem Fremdkapital können sie nämlich derzeit nur noch träumen. Kein Zweifel:
Investoren müssen sich in Zukunft wohl deutlich stärker ins Zeug
legen, um Werte zu schaffen.
Leicht wird es nicht: Laut der New Yorker Immobilienforschungs- und -beratungsfirma Real Capital Analytics (RCA) brachen die Immobilienumsätze im ersten Quartal 2008 weltweit um
46 Prozent ein. Zwischen Januar und März wurden rund um den
Globus Immobilienverkäufe im Volumen von 154 Milliarden Dollar
getätigt – fast eine Halbierung dessen, was im gleichen Zeitraum
des Vorjahres umgesetzt wurde: Hier summierte sich das Transaktionsvolumen auf 283 Milliarden Dollar.
In den USA sorgte noch dazu die Tatsache für Unruhe, dass Eu­
ropa laut RCA im ersten Quartal Nordamerika den Rang als aktivster
Markt für Immobiliengeschäfte ablief. Gleichwohl erscheint dies
eher als Pyrrhussieg, inbesondere dann, wenn man berücksichtigt,
dass die europäischen Umsätze zwischen Januar und März 2008
um 40 Prozent in den Keller gingen. „Schon als sich im August
2007 die Kreditkrise ausbreitete, war dies das Ende vom Lied”,
meint Robert White, Präsident und Gründer von RCA.
Doch während die globalen Immobilienmärkte eine große
Herausforderung bleiben, gibt es immer noch lohnende Anlageklassen, die man im Auge behalten sollte. So bewahrt sich zum
Beispiel London weiterhin seine internationale Anziehungskraft –
und das bei fallenden Preisen und steigenden Erträgen, sodass
London heute preiswerter ist als noch vor einem Jahr. Laut Tony
Horrell, Leiter Capital Markets Europe bei Jones Lang LaSalle (JLL)
in London, sind die Erträge in der City of London von 4,5 Prozent
im Sommer des vergangenen Jahres inzwischen auf circa 5,75
Prozent gestiegen.
Und es werden nach wie vor große Deals abgeschlossen. Im
vergangenen Mai zum Beispiel verkaufte British Land das Willis
Building – ein Gebäude mit Kultstatus in der City of London – für
400 Millionen Pfund an die Londoner St. Martins Property Group.
Der direkt gegenüber dem Lloyd’s Building gelegene Komplex von
Stararchitekt Lord Norman Foster bietet insgesamt rund 46.000
Quadratmeter Nutzfläche in zwei aneinandergrenzenden Gebäuden. Ebenfalls im Mai 2008 wurde Londons größtes Messe- und
Konferenzzentrum, das ExCeL Exhibition and Conference Centre,
für 321 Millionen Pfund an eine britische Tochter der Abu Dhabi
Absturz der Umsätze
Zwei Quartale dauerte es, dann hinterließ der Schock der
Infolge der US-Subprime-Krise hat sich das
weltweite Immobilienklima deutlich abgekühlt.
Corbis/Arcaid/Natalie Tepper
W e i t e r h i n l o h n e n d e A n l a g e zi e l e
Auch das zweite Quartal 2008 brachte keine Erholung:
Laut RCA stürzten die Immobilienumsätze in Europa im April
um 71 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab. Allerdings traf
es einige Märkte weniger stark als andere. Während die Umsätze in Belgien, Deutschland, Großbritannien und Irland in
den ersten vier Monaten dieses Jahres in Abhängigkeit von
der Anlageklasse zwischen 40 Prozent und 70 Prozent fielen,
widersetzten sich einige Märkte dem Trend – und das mit
überraschenden Ergebnissen. Spanien, die Türkei, Rumänien
und Bulgarien gehörten zu den wenigen Ländern, die einen
Umsatzanstieg verzeichnen konnten. So stieg die Zahl der
Büro-Deals in Spanien während dieses Zeitraums um das Dreifache, wenn auch das Ergebnis durch den Kauf des ­Boadilladel-Monte-Finanzkomplexes am Stadtrand von Madrid durch
Propinvest für mehr als 1,9 Milliarden Euro im Februar leicht
verzerrt wird.
US-Subprime-Krise seine Spuren in den Statistiken. Im
ersten Quartal 2008 brachen die Immobilieninvestitionen
weltweit abrupt ein. Besonders hart traf der Absturz die
Märkte auf dem amerikanischen Kontinent.
Weltweite Immobilieninvestitionen
in Mrd. Dollar
Asien
Europa
149,3
95,2
38,1
I/2007
* Prognose
Amerika
144,7
104,6
53,2
II/2007
130,6
84,2
61,1
III/2007
127,3
75,0
72,8
IV/2007
56,0
48,5 48,6
I/2008*
Quelle: Real Capital Analytics
R a u m & m e h r 1 2 _ 1 3 M ä r k t e
Die Krise auf den internationalen Finanz-
Punkte auf 49,8 Punkte einbrechen, und
reicht: 36 Prozent der britischen Investo-
märkten hat die konjunkturelle Großwet-
auch der Erwartungsindex deutscher Im-
ren erwarten, dass sich das Investitions-
terlage in Europa deutlich verschlechtert.
mobilienprofis rutschte um 11 Punkte auf
klima für heimische Büroimmobilien bis
Besonders hart traf es Großbritannien,
den allerdings immer noch vergleichs-
zum Frühjahr 2009 weiter verschlechtern
doch auch Deutschland und Frankreich
weise günstigen Wert von 67,4 Punkten.
wird. „Der britische Immobilienmarkt hat
müssen sich auf ein Tiefdruckgebiet ein-
Schlusslicht ist – wie kaum anders zu er-
das Vertrauen der Investoren noch nicht
stellen. Entsprechend beeinträchtigt zeigt
warten – Großbritannien. Hier gab der Er-
zurückgewinnen können“, kommentiert
sich das Klima für Immobilieninvestiti-
wartungsindikator noch einmal um fast
Reinhard Kutscher, Vorstandssprecher der
onen in den drei größten europäischen
9 Punkte auf 40,6 Punkte nach – tiefster
Union Investment Real Estate AG, das Er-
Volkswirtschaften. Der von Union Invest-
Wert seit Beginn der Erhebung des Im-
gebnis. Anders in Deutschland: Hier ma-
ment im Frühjahr erhobene Investitions-
mobilieninvestitionsklima-Index im Jahr
chen sich Preisanpassungen oder Finan-
klima-Index sank in Großbritannien signi-
2005. Und die Talsohle ist noch nicht er-
zierungsengpässe noch bei Weitem nicht
fikant von 65,4 auf nur noch 60,6 Punkte
(siehe Grafik Seite 13). Dagegen fielen
die Rückgänge in Deutschland und Frank­
in dem Maße bemerkbar wie in Groß­
zent der befragten deutschen Investoren
Entwicklung seit 2005 in Punkten
Deutschland
reich mit jeweils etwa 3 Punkten Verlust
zum Herbst 2007 vergleichsweise mo-
britannien. Entsprechend wollen 43 Pro-
Investitionsklima-Index Europa
Frankreich
Großbritannien
Frühjahr
75
70
in diesem Jahr mehr in Immobilien investieren als im Vorjahr. In Frankreich und
derat aus. Wesentlich deutlicher aller-
65
in Großbritannien planen dies gerade 25
dings verschlechterten sich die Zukunfts-
60
beziehungsweise 28 Prozent. In diesem
erwartungen der befragten Investoren:
Frankreichs Immobilieninvestoren ließen
den Teilindikator gleich um mehr als 17
55
Herbst werden die großen europäischen
50
2005
2006
2007
Quelle: Union Investment Real Estate AG, Studie „Immobilieninvestitionen in Europa 2008“
2008
Immobilienanleger erneut nach ihrer Einschätzung zum Investitionsklima befragt.
S k a n di n av i e n b l e ib t au f d e m R a da rs c h ir m
Auch Skandinavien haben viele Investoren auf dem Radar.
Das starke wirtschaftliche Wachstum der Region zeigt, dass diese
besser als viele andere europäische Märkte für Krisen gerüstet
ist. Laut Horrell von JLL ist insbesondere der Büromarkt im aktuellen Klima eine gute und sichere Investition, denn in Spitzenlagen erwirtschaften Büros heute eine Anfangsrendite von circa
5 Prozent, gegenüber 4,25 Prozent im letzten Jahr.
Und selbst in den USA zeigen sich einige Immobilien­Anlageklassen trotz schlechter werdender wirtschaftlicher Bedingungen weniger anfällig als andere, so Frank Liantonio, Leiter des
Bereichs US-Capital Transaction Services bei Cushman & Wake­field
in New York. „Für Core-Investoren bieten innerstädtische Büromärkte an der Küste, etwa in Los Angeles und San Francisco, solide
Investitionsmöglichkeiten. Denn die Perspektiven für Angebot und
Nachfrage sind hier gut. Obwohl die Preise zwischen 5 Prozent und
15 Prozent unter denen des Vorjahres liegen, sollten Investoren bedenken, dass der Kaufpreis einem Rabatt auf den Wiederbeschaffungswert gleichkommt“, sagt ­Liantonio. Auch Seattle gehöre in
diese Gruppe, denn sein Büromarkt weise ein stabiles Mietwachstum auf. In Märkten wie Boston und New York können Investoren
darüber hinaus den Wert ihrer Büroimmobilien steigern, indem sie
diese sanieren und neu positionieren, sodass sie höhere Mieten
abwerfen. Laut Liantonio­ sind auch amerikanische Logistikimmobilien ein guter Kauf, insbesondere in Hafengebieten wie dem
nördlichen New Jersey: „Der Bau dieser Immobilien dauert nicht
lange, sodass die Bebauung einfach der Nachfrage entsprechend
vorangetrieben und auch wieder gestoppt werden kann.“
Obwohl es an der Deal-Front bisher ein zähes Jahr war, zeigt
sich eine wachsende Akzeptanz des niedrigeren Preisniveaus. Dazu
Liantonio: „Die Preise werden nicht mehr so stark steigen wie früher.“ Trotzdem lassen sich auch immer noch große Geschäfte machen – wenn der Preis angemessen ist. Erst im vergangenen Mai
Deutsche Investoren weniger skeptisch
Es ist noch nicht allzu lange her, da wurde hiesigen Immobilieninvestoren ihr vermeintlich typisch deutscher Pessimismus vorgehalten. Ein Jahr nach Beginn der Finanzkrise
hat sich das Bild gewandelt. Briten und Franzosen sehen
skeptischer in die Zukunft als ihre deutschen Nachbarn.
Investitionsklima-Index Europa
Umfrageergebnis1 in Punkten
Trend seit 2007
25
Großbritannien
Frankreich
Deutschland
50
75
nst
ig
ve r halt e n
ungü
g
Getrübte Stimmung unter Europas Investoren
­ esearch beim Immobilienberatungsunternehmen DTZ in London,
R
gibt es in den neuen Märkten wie Prag, Moskau, Kiew und Bukarest noch einige gute Anlagemöglichkeiten. In Bukarest liegen
die Spitzenerträge im Einzelhandel heute laut Cushman & Wakefield mit circa 7,5 Prozent genauso hoch wie im letzten Jahr, also
in etwa gleichauf mit Moskau und etwas unter den Erträgen in
Kiew mit 9 Prozent.
„An diesen Märkten gibt es nach wie vor einen gewaltigen
Nachholbedarf“, meint Valente. „Allerdings existiert kein Markt
losgelöst vom anderen, und bis wir wissen, wie lange die globale
Verunsicherung anhält, ist es schwer vorherzusagen, in welchem
Maße die Konsumausgaben beeinträchtigt werden.”
Im Juni 2008 erwarb die seit Januar 2008 zur Aberdeen-Property-Investors-Gruppe gehörende deutsche Immobilienfondsgesellschaft Degi das Iris Shopping Centre Titan in Bukarest
für 140 Millionen Euro. Mit der französischen Supermarktkette
Auchan als Hauptmieter besteht das Center aus zwei miteinander verbundenen Immobilien mit einer Bruttomietfläche von
circa 48.000 Quadratmetern und 2.000 Parkplätzen.
ns t i
großen Stil in Deutschland ein. So erwarb der Whitehall Fonds 2007
insgesamt 37 Immobilien für 2,45 Milliarden Euro vom GrundwertFonds des deutschen Immobilienfondsmanagers Degi.
Im vergangenen Mai warb Corestate Capital, eine Züricher
Immobilienmanagementfirma, 486 Millionen Euro Eigenkapital
für ihren Private-Equity-Immobilienfonds Corestate German Residential Limited ein. Der Fonds, der bis 2014 laufen soll, zog das
Interesse großer institutioneller Kapitalanleger auf sich, darunter
die ING Real Estate Select aus den Niederlanden und die britische
Morley Asset Management.
Corestate hofft, den Fonds, der direkt und indirekt in Wohnimmobilien in ganz Deutschland investiert, mit einer Fremdkapitalaufnahme von 75 Prozent auf ein Zielinvestitionsvolumen von 2
Milliarden Euro anwachsen zu lassen. Laut Christian Schulte Eistrup, Geschäftsführer bei Corestate Capital, bietet Deutschlands
Wohnungssektor „attraktive Preise und gute Chancen, eine ganze Reihe von Mehrfamilienobjekten zu kaufen“.
Trotz rückläufiger Konsumausgaben aufgrund der Belastung
durch die Finanzkrise sowie steigender Nahrungsmittel- und Benzinpreise sind Investoren keineswegs gezwungen, sich vom Einzelhandelssektor abzuwenden. Laut Joe Valente, Leiter Global
gü
National Exhibitions Company (Adnec) verkauft. Auch Deutschlands Büroimmobilienmärkte „trotzen“ laut Horrell von JLL
der Krise und bieten nach wie vor in jeder Beziehung günstige
Gelegenheiten. Laut Cushman & Wake­field liegen die Spitzenerträge für Büros in Berlin genau wie im letzten Jahr bei circa
5,25 Prozent.
Ähnliches gilt nach wie vor für Deutschlands Wohnungsmarkt:
Im Vergleich zu vielen anderen westeuropäischen Märkten bietet er
immer noch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Juni verkaufte
Deutschlands größtes Bundesland Nordrhein-Westfalen seine Wohnungsbaugesellschaft, die Landesentwicklungsgesellschaft NRW
(LEG), für 3,4 Milliarden Euro an den Whitehall-Immobilienfonds
von Goldman Sachs – bundesweit der größte Deal seit Ausbruch
der Finanzkrise im Sommer 2007. Die mit Fremdkapital unterlegte
Transaktion umfasst 93.000 Wohnungen in Städten wie Bonn und
Köln. Der Verkauf ist Teil der Strategie von Nordrhein-Westfalen,
den Haushalt auszugleichen, indem man sich von öffentlichem Eigentum, darunter auch Immobilien, trennt. Marktbeobachtern zufolge gehörte wohl auch das britische Private-Equity-Unternehmen
Terra Firma Capital Partners zu den Bietern. Goldman Sachs und
ihr Whitehall-Fonds kaufen schon seit der Markterholung 2006 im
0
100
Großbritannien
60,6
Frankreich
66,4
Deutschland
68,1
1) Befragungszeitraum: 2. Quartal 2008
Quelle: Union Investment Real Estate AG, Studie „Immobilieninvestitionen in Europa 2008“
stimmte der New Yorker Immobilienentwickler Harry Macklowe
dem Verkauf des General Motors Buildings und dreier weiterer
Wolkenkratzer in Manhattan für 3,95 Milliarden Dollar inklusive
Verbindlichkeiten an Boston Properties zu, um überfällige Kredite
abzahlen zu können. Bei der Transaktion wurde das GM Building
mit fast 3 Milliarden Dollar bewertet und ist damit teuerstes Bürogebäude der Welt. Während der Kauf des GM Buildings im Juni
2008 abgeschlossen wurde, soll laut Boston Properties der Erwerb
der anderen Gebäude in 540 Madison Avenue, 125 West 55th
Street und des Two Grand Central Tower voraussichtlich bis Ende
September abgeschlossen sein.
Investoren schließlich, die auf höhere Erträge um die 7 Prozent
aus sind, sollten nach Meinung von Steve Collins, Geschäftsführer des Bereichs internationale Kapitalmärkte bei JLL in New York,
gezielt Büroimmobilien in den Vorstädten der großen amerikanischen Metropolen wie New York und Boston ins Visier nehmen,
da diese Büros höhere Erträge erwirtschaften als New Yorks Spitzenlagen, die gewöhnlich bei einer Anfangsrendite von circa 5,5
Prozent liegen.
Europas Immobilieninvestoren aber, dies zeigt die aktuelle Investmentklima-Studie von Union Investment (siehe Kasten), konzentrieren sich vorerst wieder auf ihre jeweils etablierten Kernmärkte. Die Risikofreude, so scheint es, hat ihnen die Subprime-Krise
gründlich verdorben.
Sara Seddon Kilbinger
Stadtzentren der Zukunft: der geplante Berliner
Großflughafen BBI (oben) und der Changi Airport
in Singapur mit neuem Terminal.
R a u m & m e h r 1 4 _ 1 5 M ä r k t e
Anflug auf Aerotropolis
Flughäfen sind nicht mehr länger nur Zwischenziel für Reisende –
Die Stadt der Zukunft hat eine Startbahn in die ­weite
Welt, Einkaufszentren an den Landebahnen, Designerboutiquen
zwischen den Terminals, grüne Lounges, Ladenstraßen und
­Luxusrestaurants. „Aerotropolis“ nennt John D. Kasarda die Städte­
der Zukunft. Der Professor an der renommierten Kenan-Flagler
Business School der Universität North Carolina ist seit Anfang der
90er-Jahre einer der Vordenker der neuen Form des Fliegens und
Lebens am Rande der Rollbahn. Der Traum der Aerotropolis-Stadt-
Weltweit größte Flughäfen nach Passagieraufkommen
Passagiere 2006 in Mio.
Rang
Stadt (Flughafen)
Passagiere
1
Atlanta (ATL)
84,8
2
Chicago (ORD)
77,0
3
London (LHR)
67,5
4
Tokio (HND)
65,8
5
Los Angeles (LAX)
61,0
8
Frankfurt/Main (FRA)
52,8
30
München (MUC)
30,8
82
Düsseldorf (DUS)
16,6
Quelle: ADV Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen, 2007
Europäische Non-Aviation-Umsätze im Vergleich
Umsatz 2007 je Passagier in Euro, Passagiere in Mio.
Flughafen
Passagiere
Umsatz
München 1
14,4
33,9
London-Heathrow
13,9
67,3
Oslo
12,8
19,0
Manchester 1
12,2
22,0
AdP-Paris 1, 2
12,2
86,4
London-Gatwick
10,4
32,0
Frankfurt/Main
8,9
54,2
Düsseldorf
7,5
17,8
Amsterdam
7,5
47,8
Köln-Bonn
7,1
10,5
1) enthält Umsätze aus in Eigenregie betriebenen EH- und Gastro-Geschäften
2) Umsatz, Passagieraufkommen für Aéroports de Paris (AdP) sind kombiniert
Quelle: Geschäftsberichte der Flughäfen, A.T. Kearney
entwickler: Der Flughafen soll nicht mehr nur Umsteigeplatz zwischen zwei Terminen oder in den Urlaub sein, sondern das Ziel an
sich. Geschäftsreisende sollen essen, schlafen, Besprechungen abhalten, ins Kino gehen, einkaufen, ja sogar Golf spielen können,
ohne das Flughafengelände verlassen zu müssen. Und auch all
jene, die am Flughafen arbeiten – am Frankfurter Flughafen sind
es etwa 60.000 Menschen – sollen städtisches Flair atmen.
Vor allem in den USA und in Asien verfolgen die Flughäfen das
Aerotropolis-Konzept. Im Hong Kong International Airport Chek
Lap Kok können Reisende in mehr als 30 Designerboutiquen einkaufen. Singapurs Changi Airport hat eigene grüne Inseln mit
Wasserfällen und Schmetterlingspark geschaffen. Das Wüsten­
emirat Dubai plant unter dem bescheidenen Namen Dubai World
Central die größte Aerotropolis der Welt. Insgesamt 1,2 Millionen
Quadratmeter Büro-, Logistik- und Produktionsfläche nebst Wohnungen sollen direkt am Flughafen entstehen.
Auch die europäischen Flughäfen sind von dem neuen Stadtkonzept angetan, wenn auch in kleineren Dimensionen. Vor den
Terminals entstehen vermehrt Stadtteile, die neben Büros oder
Logistikflächen auch Wohnungen, Krankenhäuser und WellnessOasen, Kindergärten, Unterhaltungs- und Freizeiteinrichtungen
bieten. Mit den Einnahmen aus Projektentwicklungen und Vermietungen wollen sich die Flughafenbetreiber unabhängiger machen
von den schwankenden Erträgen der Luftfahrt.
Zum Teil mit Erfolg. Nach Angaben von Peter Rothmann vom
Beratungsunternehmen A.T. Kearney macht das von der Luftfahrt
unabhängige Geschäft bei einigen Top-Flughäfen mittlerweile
mehr als die Hälfte der Umsätze aus. Flughäfen aus der zweiten
Reihe kommen auf einen Anteil von 30 bis 40 Prozent. Neben der
Immobilienentwicklung und -vermietung gehören zu den sogenannten Non-Aviation-Aktivitäten allerdings auch die Wartung
der Flugzeuge und die eigene Gastronomie.
Gute Geschäfte mit Immobilien
Maßgeblicher Treiber, auf den die Flughäfen setzen, ist das Immobiliengeschäft. Für die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport ist die Entwicklung und Vermietung mittlerweile sogar Teil
des Kerngeschäfts. Die Abteilung Retail & Properties steuerte im
vergangenen Jahr immerhin 20 Prozent zum Gesamtumsatz bei.
Beim operativen Ergebnis (Ebit) von 335 Millionen Euro macht der
EVS Digitale Medien/Berliner Flughäfen; drr.net/Munshi Ahmed
sie wollen in Zukunft das Ziel an sich sein. Zum Arbeiten, Einkaufen, Leben
R a u m & m e h r 1 6 _ 1 7 M ä r k t e
Geschäftszweig Immobilien mit fast 245 Millionen Euro sogar den
Löwenanteil aus. Die Gewinne aus der reinen Luftfahrt nehmen
sich mit 45 Millionen Euro dagegen relativ bescheiden aus.
Ähnlich sind die Verhältnisse an den anderen deutschen Drehkreuzen wie Düsseldorf oder München. So will zum Beispiel der
Düsseldorfer Flughafen in den kommenden Jahren die Hälfte des
Gesamtumsatzes mit dem Non-Aviation-Geschäft ­erzielen. Dazu
entstehen in Düsseldorfs Airport-City derzeit Gebäude mit rund
250.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Hotels, ­Büros, ein
Hightech-Medizininstitut und ein neues ­Porsche-Verkaufs­zentrum.
Um einen echten Stadtcharakter zu erzeugen, setzt der ­Flughafen
zudem auf grüne Ruhezonen und Teiche im „Stadt­garten“. „Mit der
Airport-City liegen wir weltweit im Trend“, ist sich ­Flughafenchef
Christoph Blume sicher. In München will ­Rainer Beek als ­Leiter des
Immobilienmanagements der Flughafen­gesellschaft den ­Ausbau
zur Airport-City vorantreiben. In den kommenden zehn Jahren
­sollen bis zu 20.000 Quadratmeter ­Bürofläche entstehen. Der
Non-­Aviation-Anteil soll dann ­mindestens 60 Prozent der ­Umsätze
ausmachen. Am neuen ­Berliner Großflug­hafen Berlin Brandenburg
International (BBI) schließlich planen die ­Entwickler die Airport-City
gleich mit ein. Ab 2009 sollen hier Büros, Konferenzcenter, ­Hallen
für Logistikunternehmen, ­Hotels und ­Wohnungen entstehen. Investoren können entlang einer zentralen ­Plaza sechs- bis siebengeschossige Gebäude mit einer ­Gesamtfläche von bis zu 160.000
zum Jahr 2016 sollen dort Bübei rund 12 Euro. Auch im MünLinks
ros und Läden mit insgesamt
chener Airport Business Park sind
Dubai World Central
www.dwc.ae
die Mieten nicht mit den besten
700.000 Quadratmetern Fläche
Dallas/Fort Worth
www.dfwairport.com
Innenstadtlagen vergleichbar.
entstehen. Im Airrail Center auf
John D. Kasarda
www.aerotropolis.com/author.html
Kein Zweifel, das Konzept
dem Dach des ICE-Fernbahnhofs
Fraport Airrail Center
www.airrail.de
funktioniert nicht überall. An der
sind derzeit noch einmal 140.000
Fraport Gateway Gardens www.gateway-gardens.de
Quadratmeter Büros, Läden, PraZufahrt zum Flughafen in Weeze
Singapur Changi Airport
www.changiairport.com
xen, Restaurants und Hotelzimam Niederrhein etwa prangt zwar
mer im Bau. Nun geht die Angst
unübersehbar das Schild „Welcome to Airport City“. Doch auf dem ehemaligen Gelände der
um, dass etablierte Mieter die neue City attraktiver finden und das
britischen Luftwaffe stehen gerade einmal ein Billigflieger vor
Stadtzentrum verlassen. Experten wie Juchelka und Rothmann se­
Air-Force-Baracken und ein modernes Terminalgebäude. Von eihen in der Konkurrenz zwischen dem Flughafen draußen und der
ner Stadt am Flughafen ist weit und breit nichts zu sehen. Solche
Innenstadt hingegen kein Problem. „Die Flughäfen schaffen sich
zum großen Teil ihre eigene Nachfrage, und die geht nicht zuKonzepte haben in den Augen von Projekt­entwicklern und Inveslasten der Innenstädte“, sagt Rothmann. Auch die notwendige
toren langfristig kaum Aussicht auf Erfolg. Für Ursula Schumacher
Immobilienkompetenz eignen sich die Flughafengesellschaften
von Züblin Development in Düsseldorf ist entscheidend, dass die
mehr und mehr selbst an. „Viele Flughäfen haben verstanden,
Städte hinter dem Flughafen groß genug sind. Außerdem braudass die Projektentwicklung Bestandteil des Kerngeschäfts ist“,
chen die potenziellen Mieter viele Flugverbindungen in alle Welt,
zieht Rothmann ein erstes Fazit.
und sie schätzen die Nähe zur Innenstadt. „Die Airport-City kann
Alexander Heintze
nie eine Strategie für jeden Flughafen sein“, warnt A.T.-KearneyExperte Peter Rothmann. Um attraktiv zu sein, brauche man eine
kritische Größe. Er sieht die Grenze bei mindestens zehn Millionen
Passagieren im Jahr. Die Nähe zur Innenstadt sei eine weitere Voraussetzung. „Ein paar Büros auf die Wiese zu setzen reicht nicht
aus“, sagt Rothmann.
Quadratmetern realisieren. Derzeit macht der Non-­Aviation-Bereich
in den Berliner Flug­häfen rund 30 Prozent des Gesamtumsatzes
aus. Die Hälfte davon kommt aus dem ­Immobilienbereich. Der neue
Hauptstadtflughafen BBI soll bereits mit einem flug­unabhängigen
Anteil von 40 Prozent starten. Nach ­Ansicht von A.T. Kearney
bleibt den Flughäfen gar keine Wahl: Sie müssen sich künftig zu
Airport-Citys entwickeln, um konkurrenzfähig zu bleiben. Auch
Beek in München ist sich sicher, dass der Wettbewerb zwischen
den Drehkreuzen am Boden entschieden wird.
Europäisches Vorbild und Pionier der Entwicklung hin zur Flughafenstadt ist Amsterdams Airport Schiphol. Einzelhandel, Büros
und Freizeitflächen wurden nach und nach ausgebaut. Heute
können Reisende nach der Passkontrolle sogar die Meisterwerke
niederländischer Künstler in einem eigenen Museum betrachten.
Und tatsächlich: Mittlerweile gehört der Standort Schiphol zu den
teuersten Büroadressen in den Niederlanden. Die Spitzenmieten
für Büros am Flughafen stiegen im vergangenen Jahr auf 350 Euro
pro Quadratmeter im Jahr. Damit gehört der Bürostandort Flughafen zu den teuersten in Europa. Auch in Frankfurt stiegen die Spitzenmieten im Flughafenareal unaufhaltsam und könnten durchaus mit der Innenstadt gleichziehen. Doch ist diese Entwicklung
keineswegs garantiert. Am Düsseldorfer Flughafen kosten Büros
zwischen 8 und 12 Euro pro Quadratmeter und Monat. Die besten
Lagen der Innenstadt kommen auf 22 Euro; der Durchschnitt liegt
K o n k u rr e n z z u r I n n e n s t a d t ?
„Internationale Standortqualität entscheidet“
An den deutschen Flughäfen schießen die Airport-Citys aus dem Boden. Ob das Konzept auf Dauer erfolgreich ist, fragte RAUM & mehr
Professor Rudolf Juchelka, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Geographie e. V.
RAUM & mehr: Welche?
Juchelka: Die ist von Standort zu
Standort unterschiedlich. Es gibt
Flughäfen, die haben einen sehr
hohen Anteil an Geschäftsreisenden. Die Büronutzung könnte man
hier wesentlich ausbauen. Bei anderen Flughäfen ist wiederum der
Einzelhandel noch sehr schwach
ausgebildet. Da könnte man viel
mehr tun. Eine Patentlösung gibt
es nicht.
RAUM & mehr: Kann die AirportCity überall erfolgreich sein?
Juchelka: Alle kleinen ehemaligen
Regionalflughäfen entwickeln
derzeit Airport-City-Konzepte.
Das ist ein völlig falscher Ansatz.
Sie sollten sich auf die eigenen
Stärken und auf eine spezielle
Nutzung beschränken. Das mögen
in einem Fall Gewerbe- oder Logistikflächen sein, in einem anderen
Fall ein touristisches Potenzial für
Ferienflieger.
RAUM & mehr: An welchen
Standorten haben Airport-Citys
denn eine Berechtigung?
Juchelka: Wir reden hier über
internationale Verkehrsflughäfen,
die eine entsprechende internationale Standortqualität besitzen und
auch für den normalen Verkehr gut
erreichbar sind.
RAUM & mehr: Können Sie
uns einige erfolgreiche Beispiele
nennen?
Juchelka: Ein sehr gutes Beispiel
ist Amsterdam. Die haben mit dem
Einzelhandel angefangen, sind
aber mittlerweile zu einer riesigen
Flughafenstadt mit Hotels und
Bürodienstleistern gewachsen, die
nichts mit dem Flughafen zu tun
haben. Sehr schön sind teilweise auch die Entwicklungen im
asiatischen Raum. In Singapur geht
man zum Beispiel mittlerweile auf
den Flughafen, um sich zu treffen,
um Lifestyle zu spüren, aber auch
um dort zu arbeiten.
RAUM & mehr: Und in
Deutschland?
Juchelka: Da würde ich im
Moment Frankfurt, München und
Düsseldorf nennen. In München
hat alleine durch die Eröffnung
des neuen Flughafens eine ganze
Region geboomt. Das ist schon
eher eine Airport-Region. Frankfurt
hat tolle Pläne, und die passen
meines Erachtens hervorragend
in die Region, wenn auch die Planung sehr groß angelegt ist. Aber
manchmal muss man auch klotzen.
Düsseldorf hat aus meiner Sicht
mit einer gewissen Bescheidenheit
den richtigen Ansatz gewählt.
www.geographie.de
laif/Hemispheres/Michel Gotin; PR
RAUM & mehr: Gibt es ein
Erfolgsrezept für eine Airport-City?
Rudolf Juchelka: Es gibt für
keine Stadt ein sicheres Konzept.
Städte entwickeln gerade durch
den Mix ihr Charakteristikum.
Dieser Mix macht die Stadt als
urbanen Raum aus. Genauso ist es
bei den Airport-Citys. Wenn ich nur
auf Einzelhandel oder Büros oder
Hotels setze, ist das Konzept zum
Scheitern verurteilt. Sie brauchen
eine ausgewogene Struktur.
Wenn es auch kein Patentrezept gibt, so sehen die Fachleute
doch ein paar Eckpfeiler für den Erfolg. Flughäfen mit einem ­hohen
Anteil an Geschäftsreisenden werden demnach eher mit Hotels,
Parkplätzen und Büros ihre Gewinne machen. Deren Mieter sind
hauptsächlich Firmen, die am Flughafen arbeiten oder deren Mitarbeiter viel unterwegs sind, Unternehmensberatungen und Firmen mit vielen Außendienstmitarbeitern etwa. Frachtdrehkreuze
wie Köln/Bonn, Frankfurt oder Leipzig bemühen sich dagegen um
die Ansiedlung von Logistikunternehmen. Diese Cargo-Citys können aber nach den Erfahrungen von Rothmann nur Erfolg haben,
wenn man auch Frachtgesellschaften für den Airport begeistern
kann. Und auch touristische Erweiterungen können bei einigen
Ferienflughäfen funktionieren, glaubt Geographie-Professor Rudolf Juchelka von der Universität Duisburg-Essen.
Als dritten Weg versuchen einige Betreiber, den Flughafen
selbst zur Stadt zu machen. So ist Frankfurt ganz behutsam auf
dem Weg, zu einer echten Aerotropolis zu werden. Mehr als 4
Milliarden Euro sollen allein in die Immobilienprojekte Airrail Center, Gateway Gardens und Mönchhof-Gelände gesteckt werden.
Über 60.000 Menschen leben und arbeiten bereits heute in der
„Stadt“. Neben Shopping-Erlebniswelten, Büros, Messe- und Ausstellungshallen sollen künftig auch Wellness-, Lifestyle- und Unterhaltungsangebote entstehen.
Nicht immer zur Freude der Städte. So ist man in Frankfurts
City nicht gerade begeistert, dass nur ein paar Kilometer weiter der neue Flughafen-Stadtteil Gateway Gardens entsteht. Bis
Der Frankfurter Flughafen (unten) will bald zur Airport-City
werden, in Dubai (oben) ist man schon so weit: Im Luxushotel
Grand Hyatt ist kein Zimmer kleiner als 39 Quadratmeter.
Raum & mehr 18_19
Ko n z e p t e
Phönix aus der Asche
Der Bürovermietungsmarkt ist hart umkämpft, und die Nutzer werden
immer anspruchsvoller. Statt Bestandsgebäude aufwendig zu sanieren, sind Abriss
und Neubau manchmal die wirtschaftlich bessere Alternative
der auf Sanierungsprojekte spezialisierte Frankfurter Architekt
Peter Bieker, „bedeutet dies zwar viel Fläche pro Etage. Die Nutzung ist aber eingeschränkt, da große Bereiche ohne natürliche
Belichtung sind.“
Räume oft zu niedrig
Hinzu kommt die Raumhöhe. „Heute möchte man eine lichte
Raumhöhe von 2,75 bis 3 Metern haben“, weiß Architekt Engel.
Wenn schon das Bestandsgebäude nur 2,75 Meter aufweist, stehen die Planer vor einem unlösbaren Problem. Denn die Anforderungen an die technische Infrastruktur sind stark gewachsen. Für
die nötigen Kabel sind neue Doppel- oder Hohlraumböden nötig,
und die verkleinern die Raumhöhe zusätzlich. Mit einer weiteren
Schwierigkeit sah sich die Düsseldorfer NPC-Gruppe konfrontiert,
als sie Ende 2007 das Zürichhaus in Düsseldorf erwarb. Das wurde, wie Fred Schelenz, Geschäftsführer der NPC North Property
Consulting, berichtet, 1950 erbaut und 1962 erweitert – wobei
die beiden Bauabschnitte unterschiedliche Raumhöhen aufwiesen. Solche Versprünge sind eine denkbar schlechte Voraussetzung, um anspruchsvolle Mieter für die Flächen zu gewinnen. Die
Sanierung sei deshalb „keine Option“ gewesen, sagt Geschäftsführerin Nicole Nagel: Selbst bei einer aufwendigen Revitalisierung wäre eine Miete von nicht mehr als 15 bis 17 Euro pro Quadratmeter und Monat zu erzielen gewesen. Jetzt aber bewege
man sich auf dem Niveau der Düsseldorfer Spitzenmiete – und
die wird von Maklern auf 22,50 Euro beziffert. Hinzu kommt,
Vorher: Der von Egon
Eiermann entworfene
Firmensitz von Hochtief
(links) stand zwar seit
1997 unter Denkmalschutz, wurde aber abgerissen.
Nachher: Die schlanken
Türme des WestendDuo
sind energieeffizient.
picture-alliance/dpa; fab-pics/Thomas Ott
Wenn Gregor Büchner an die Stätte seines einstigen
Wirkens zurückkehrt, blickt er auf die neuesten Kollektionen eines
Sportartikelherstellers. Denn in der Tauentzienstraße 7 B in Berlins City-West, wo der heutige Direktor Research, Marketing &
Strategy von Jones Lang LaSalle (JLL) mithalf, die Geschäfte von
Jones Lang Wootton im Nachwende-Berlin in Schwung zu bringen, steht jetzt ein Flagship-Store von Nike. Der damalige Eigen­
tümer Investa entschied sich Ende der 90er-Jahre, das nicht mehr
zeitgemäße Bürogebäude aus den Nachkriegsjahren durch einen Neubau mit einem hohen Einzelhandelsanteil und vier Büro­
geschossen zu erset­zen – für Büchner eine nachvollziehbare Entscheidung: „Die Nutzung war nicht mehr der erstklassigen Lage
angemessen.“
Vor der Frage, wie sie mit ihren in die Jahre gekommenen Bürogebäuden umgehen sollen, stehen zahlreiche Eigentümer – und
es werden immer mehr. „Vor allem Bauten aus den 60er- und 70erJahren entsprechen nicht mehr den Anforderungen, die heutige
Nutzer an Ausstattung, energetische Qualität und Raumzuschnitt
stellen“, sagt Jürgen Engel, Gesellschafter des Frankfurter Architekturbüros KSP Engel und Zimmermann. Gerade Klimaschutz und
nachhaltige Bewirtschaftung stellen Eigentümer von Bestandsgebäuden vor neue Herausforderungen (siehe dazu „Klima schützen im Bestand“, Seite 20). Während es früher weniger moderne
Bürogebäude gegeben habe, sei die Konkurrenz durch zahlreiche
Neubauten mittlerweile so groß geworden, dass alte Immobilien
in vielen Fällen „auf dem Mietmarkt nicht mehr platziert werden
können“. Das bestätigt Wulf Meinel, Geschäftsführer der Car­lyle
Group: „Nutzer verlangen durchweg hohe Qualität.“ Diese sei
oftmals durch eine Sanierung nicht in gleichem Maß zu realisieren
wie mit einem Neubau. Das Unternehmen entschied sich daher,
das im vergangenen Jahr erworbene Versatel-Haus in Stutt­gart
nicht zu sanieren, wenn Telekommunikationsanbieter Versatel im
Jahr 2009 auszieht. Das Gebäude wird stattdessen abgerissen und
durch einen modernen Neubau ersetzt.
Nicht nur beim Versatel-Haus stellen dabei Flächenzuschnitt und
Raumstruktur die Eigentümer vor besondere Herausforderungen.
Bis in die 80er-Jahre hinein wurden Bürogebäude auf klassische
Zellenbüros zugeschnitten. Flexible Lösungen mit Großraum- und
Kombibüros sind darin nur schwer zu realisieren, da oftmals tragende Wände im Weg stehen und die Raumtiefe entweder zu
gering oder zu großzügig ist. „Sind Gebäude sehr tief“, erläutert
Raum & mehr 20_21
Ko n z e p t e
dass eine Sanierung nicht unbedingt günstiger ist als ein Neubau. „Wenn Sanierungsmaßnahmen vorgenommen werden, die
umfangreich in die Gebäudestruktur eingreifen, kann das teurer
werden, als wenn das Haus abgerissen und neu gebaut wird“,
sagt Architekt Bieker.
Damit scheint der Fall klar: Der Abriss ist für Bürogebäude
aus den Nachkriegsjahrzehnten die beste Alternative. Doch vor
dieser pauschalen Schlussfolgerung warnen die Fachleute. „Man
muss sich jedes Mal die Situation im Detail anschauen“, betont
Gregor Büchner, JLL-Experte. So mache es zum Beispiel einen
Unterschied, ob ein Eigentümer das Objekt günstig eingekauft
habe und auch mit einer niedrigen Miete einen ordentlichen Ertrag erwirtschafte oder ob das Gebäude zu einem hohen Wert in
den Büchern stehe. „Wenn die Nachfrage so groß ist“, so Carlyle-Geschäftsführer Meinel, „dass für das revitalisierte Objekt
genügend preisbewusste Mieter zu finden sind, kann man auch
auf einen Abriss verzichten.“ Und Oliver Barth, Leiter der Frankfurter Atisreal-Niederlassung, weist darauf hin, dass ein „richtig
gut saniertes Objekt“ eine gleich hohe Miete wie ein Neubau
erzielen könne. Besonders zu beachten ist der Aspekt des Bestandsschutzes. „Gerade in den 50er- und 60er-Jahren wurden
viele Hochhäuser errichtet, die man heute planungsrechtlich so
nicht mehr bauen dürfte“, berichtet Architekt Engel. Wer aber
nach einem Abriss nur noch eine deutlich geringere Geschossfläche realisieren darf, wird sich auf jeden Fall für die Sanierung
seines Objekts entscheiden.
Wie komplex der Umgang mit den in die Jahre gekommenen
Bürogebäuden ist, zeigt sich bei der Frage der Autostellplätze. Ein
wesentlicher Grund für die NPC-Gruppe, das Zürichhaus in Düsseldorf abzureißen, liegt darin, dass es keine Möglichkeit für eine
Tiefgarage bietet, während der Neubau 50 Parkplätze aufweisen
wird. Doch es kann auch genau umgekehrt sein: Während die
Behörden früher im Zuge der autogerechten Stadtplanung oft
großzügig Stellplätze genehmigten, zeigen sie sich heute meist
restriktiv – freilich nicht, ohne vielfach eine hohe Ablösesumme
für fehlende Stellplätze einzufordern. „Ein Gebäude, das ausreichend Parkplätze hat“, sagt deshalb Atisreal-Fachmann Barth,
„wird meist nicht abgerissen.“
Wintergärten ins Gebäude einfügten, um die Belichtungssituation
zu verbessern. Bei vielen Bestandsgebäuden jedoch gehen die technischen Herausforderungen viel weiter. Die heutigen Brandschutzvorschriften etwa können es erforderlich machen, ein zusätzliches
Treppenhaus anzubauen. Sorgen bereitet zudem oft der schlechte
Schallschutz. Und schließlich stellt in vielen Fällen die Tragfähigkeit der Geschossdecken eine Einschränkung für die Nutzung dar.
„Früher“, erläutert Peter Bieker, „wurde die Tragfähigkeit auf 200
Kilogramm pro Quadratmeter angelegt, heute werden 500 Kilogramm für Serverschränke und Archive verlangt.“
„Handlungsbedarf“, so Engel, „besteht im Übrigen auch, weil
die Behörden Gebäude aus den 50er- bis 80er-Jahren verstärkt unter Denkmalschutz stellen. Eigentümer versuchen deshalb, noch
vorher umzuplanen, da sie im Fall des Denkmalschutzes wesentlich eingeschränkter sind.“ Keine Frage also, dass der Umgang
mit alten Büroimmobilien in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben
wird – immerhin, vermutet Engel, „stehen schätzungsweise 60 bis
70 Prozent der Bürogebäude in Deutschland vor dem Problem,
wie sie zukunftsfähig gemacht werden sollen“.
Christian Hunziker
Abr i ss e i n e s D e n k m a l s
Und wie sieht es mit dem Denkmalschutz aus? „Auch in diesem Fall ist ein Abriss nicht ausgeschlossen“, weiß Architekt Bieker.
Bestes Beispiel dafür ist das WestendDuo in Frankfurt am Main:
2002 setzte Hochtief Projektentwicklung den Abriss ihres Firmensitzes in der Bockenheimer Landstraße durch, obwohl das vom renommierten Architekten Egon Eiermann entworfene Gebäude seit
1997 unter Denkmalschutz stand. „Es wies konstruktive Mängel
auf und schottete das Westend ab“, erläutert Jürgen Engel, dessen
Büro den Neubau verantwortete. „Zudem war es in seiner Gestalt
kein authentischer Eiermann-Bau mehr, und es hatte eine problematische Raumstruktur.“ Das an seiner Stelle entstandene WestendDuo dagegen weist eine größtmögliche Flexibilität und eine
effiziente Energieversorgung auf. Allein technische Gründe gaben
auch den Ausschlag dafür, dass der Astraturm auf dem Hamburger
Bavaria-Gelände fallen musste. Ursprünglich planten KSP Engel und
Zimmermann eine Sanierung des Turms. Dann zeigte sich, dass der
unter dem Hochhaus verlaufende Entsorgungskanal sanierungsbedürftig war, weshalb sich die DWI Grundbesitz als Bauherrin aus
Sicherheitsgründen für einen Neubau entschied.
Gleichwohl gibt es Beispiele, in denen die Revitalisierung wirtschaftlich erfolgreich war. Das aus den 70er-Jahren stammende
einstige Hochhaus der hessischen Landesbank in Frankfurt, das
heute den Namen Garden Towers trägt, genügt nach einer Kernsanierung zeitgemäßen Ansprüchen. Das Problem der Raumstruktur lösten KSP Engel und Zimmermann, indem sie zweigeschossige
Die energetische Qualität von Gebäuden
ordnung für die einzelnen Bauteile maxima­
maligen Unilever-Hochhauses in der Ham­
wird bei der Anmietentscheidung immer
le Dämmstandards fest. Ist damit der Abriss
burger Innenstadt an. Doch nicht immer
wichtiger, gleichzeitig werden die gesetz­
veralteter Büroimmobilien unumgänglich?
lässt sich im Bestand das umsetzen, was der
lichen Vorgaben immer strenger. Hamburg
Nein, sagen die Fachleute. „Es gibt zumin­
Umwelt hilft: Der 140 Meter tiefe Brunnen,
beispielsweise verpflichtet in seiner im Juli
dest bei Gebäuden, die nicht unter Denk­
dessen Grundwasser das neue WestendDuo
2008 in Kraft getretenen Klimaschutzver­
malschutz stehen, immer Lösungen, um die
in Frankfurt kühlt und heizt, war nur nach
ordnung Bauherren, energetische Standards
heutigen Energievorschriften einzuhalten“,
dem Abriss seines Vorgängers möglich. Car­
einzuhalten, welche die Vorgaben der Ener­
sagt Architekt Jürgen Engel. Bei denkmal­
lyle-Geschäftsführer Wulf Meinel gibt daher
gieeinsparverordnung um mehr als 30 Pro­
geschützten Objekten könne die energe­
zu bedenken: „Die Nachfrage nach umwelt­
zent unterschreiten. Sie legt fest, wie viel
tische Modernisierung allerdings „sehr
gerechten Standards steigt, sie sind in be­
Heizenergie Gebäude maximal verbrauchen
schwierig und aufwendig“ sein. Möglich ist
stehenden Gebäuden aber häufig nicht zu
dürfen. Dies betrifft nicht nur Neubauten:
sie dennoch. Diesen Beweis tritt Union In­
erreichen.“
Auch bei Komplettsanierungen legt die Ver­
vestment mit der Revitalisierung des ehe­
www.klima.hamburg.de
picture-alliance/dpa/Ullrich Perrey; KSP-architekten/Carsten Brügmann
Klima schützen im Bestand
Vorher: Verloren wirkte das Verwaltungsgebäude (oben) auf dem Gelände
der ehemaligen Bavaria-St.Pauli-Brauerei in Hamburg vor vier Jahren.
Nachher: Heute bietet das Dach des neuen Astraturms einen spektakulären
Blick auf die Hansestadt.
Raum & mehr 22_23
Ko n z e p t e
gap-architekten/Martin Dudeck; Dennis Gilbert; Union Investment (2); Adam Mork
Für morgen bauen
Der Megatrend der internationalen Immobilienwirtschaft heißt Nachhaltigkeit.
Auch in Deutschland gibt es nun ein Gütesiegel für vorausschauendes Bauen
Wer hätte das gedacht? Was noch vor wenigen Jahren
als bestenfalls lobenswerte, doch wenig Erfolg versprechende Idee
einer kleinen Gruppe überzeugter Umweltaktivisten galt, ist heute
zum Leitbild der Immobilienbranche geworden. Das Thema Nachhaltigkeit sei „der Megatrend der nächsten Jahrzehnte“, sagt Knut
Riesmeier, Geschäftsführer einer der größten institutionellen Immobilienanleger Deutschlands, der Meag Munich Ergo AssetManagement.
Auch der Baukonzern Hochtief beobachtet in seinem Kerngeschäftsfeld einen „grundsätzlichen Wandel“ der Kundenanforderungen –
und das weltweit: „Insbesondere große und anspruchsvolle Projekte
werden künftig nur noch nach Nachhaltigkeitskriterien geplant und
realisiert“, lautet die Prognose. Heute erzielen die Essener erst circa
10 Prozent ihrer Leistung mit nachhaltigen Bauvorhaben. 2011 soll
der Anteil in Deutschland bei 50 Prozent, in Europa bei mindestens
25 Prozent liegen.
Das Kalkül könnte aufgehen, denn die Großen der Branche sind
längst eingeschwenkt auf den grünen Kurs. Bei US-Projektentwickler und Global Player Hines etwa werden bereits heute weltweit alle
neuen Entwicklungsprojekte so geplant und ausgeführt, dass sie die
Prime Property Award 2008
Insgesamt 90 Immobilienprojekte aus 18 europäischen Län-
Anforderungen des US-Nachhaltigkeitszertifikats LEED (Leadership
in Energy & Environmental Design) oder eines entsprechenden nationalen Siegels erfüllen. „Eine solche Zertifizierung gibt uns bereits
im Planungsstadium die Sicherheit, dass die anvisierte Qualität eines
Gebäudes bei der Fertigstellung auch umfassend erreicht wird“, begründet Beate Reinartz, Senior Construction Manager bei Hines Immobilien in München, die Bedeutung verbindlicher Gütesiegel aus
Sicht eines Developers.
Während in den USA und Kanada, in Australien, Großbritannien,
Frankreich oder Japan bereits seit Jahren entsprechende Zertifizierungssysteme bestehen, mussten sich interessierte Projektentwickler, Bauunternehmen und Investoren in Deutschland bis zu diesem Sommer
gedulden. Erst im vergangenen Juni stellten die Deutsche Gesellschaft
für nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Bundesbauministerium das
erste deutsche „Gütesiegel für nachhaltiges Bauen“ vor. Erstaunlich,
dass man sich ausgerechnet hierzulande so viel Zeit ließ. Denn ökologisches und energieeffizientes Bauen hat in Deutschland eine lange
Tradition: Schon vor 30 Jahren trat die erste „Wärmeschutzverordnung“ in Kraft, heute heißt sie Energieeinsparverordnung und setzt
Neubauten strenge Grenzen beim Energieverbrauch. Werner Dorß von
der Frankfurter Kanzlei FPS Fritze Paul Seelig, die wie Hines, Hochtief
oder Union Investment zu den Gründungsmitgliedern der DGNB gehört, nennt einen Grund, warum Deutschland länger als einige andere Länder auf ein Zertifikat warten musste: „Dies ist gewiss auch eine
Folge der komplexen Materie, mit der wir es zu tun haben.“
ren aus, die ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltige
Immobilienprojekte in Europa verwirklicht haben. Darunter
sind spektakuläre Neubauten, Entwicklungsmaßnahmen im
Bestand oder umfassende Gebäudesanierungen. Eine elfköpfige Jury ermittelte die Gewinner in einem mehrstufigen
Verfahren. Bekannt gegeben werden die Preisträger des mit
30.000 Euro dotierten Award auf der Expo Real. Gastredner
ist der LEED-Experte Jerry Yudelson aus den USA.
Preisverleihung:
Sustainable Investment Conference
7. Oktober 2008, 10.00 bis 13.00 Uhr
Expo Real, München
Planning & Partnerships Forum (Halle C3)
www.prime-property-award.de
das Paul-Wunderlich-Haus in Eberswalde (oben links), das Blue Fin Building, ein
Bürogebäude auf der Londoner Bankside (oben rechts), der Shopping Square Meydan
dern bewarben sich um den diesjährigen Prime Property
Award. Union Investment zeichnet mit dem Award Investo-
Fünf Teilnehmer der 13 Projekte umfassenden Shortlist des Prime Property Award 2008:
e n e rgi e s p a r e n r e i c h t n i c h t
Nachhaltig nämlich darf sich ein Gebäude nicht allein deshalb
nennen, weil es besonders wenig Heizenergie verbraucht. Will sich
ein Gebäude mit dem Nachhaltigkeitssiegel, einem stilisierten grünen
Blatt, schmücken, muss es deutlich mehr zu bieten haben. „Zu den
Besonderheiten des deutschen Zertifizierungssystems gehört, dass es
auf dem Lebenszyklusgedanken aufbaut“, erklärt Hines-Managerin
Reinartz. Neben ökologischen Aspekten des Green Building bezieht
das Siegel auch ökonomische und soziokulturelle Themen ein. Die
Aussicht auf den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg eines Gebäudes
wird von den Zertifizierungsstellen ebenso bewertet wie umweltverträgliche Baustoffe, die Güte der ingenieurtechnischen Bauausführung oder „weiche“ Faktoren wie Behaglichkeit und Raumqualität.
„Was nützt der perfekte Bau, wenn sich die Menschen, die in ihm
arbeiten oder leben, nicht wohlfühlen, weil sie Fenster nicht öffnen
können und sich daher eingesperrt fühlen“, schildert FPS-Anwalt Dorß
anschaulich die Nachhaltigkeitsphilosophie. Ähnlich wie bei den internationalen Vorläufern – wie das bereits erwähnte US-Siegel LEED,
Istanbul (Mitte links), der Konzertsaal des Alsion im dänischen Sonderborg (Mitte rechts)
und die Institutsgebäude auf dem Campus der Fachhochschule in Salzburg (unten).
Raum & mehr 24_25
Ko n z e p t e
das britische BREEAM (Building Research Establishment Environmental
Assessment Method) oder das französische HQE (Haute Qualité Environnementale) – gibt es auch das deutsche Siegel in vier Qualitätsstufen:
Bestanden, Bronze, Silber und Gold. Als Benchmark dienen die gesetzlich vorgegebenen Standardanforderungen: Je deutlicher sie übertroffen
werden, umso edler die Farbe der Medaille. Welche Kriterien Bauherr
und Investor erfüllen wollen und welches Siegel sie anstreben, wird im
Vorfeld gemeinsam mit den Zertifzierungsstellen festgelegt. Diese prüfen die Einhaltung der Kriterien kontinuierlich während der gesamten
Bauphase und halten Abweichungen fest. Nur wenn nachgebessert
wird, gibt es das gewünschte Zertifikat. Die erste Zertifizierungsrunde
soll noch in diesem Jahr zu Ende gebracht werden. Die ersten Gütesiegel könnten dann im Januar 2009 vergeben werden.
Das Bürogebäude Capricorn im Düsseldorfer Medienhafen (oben)
bewirbt sich ebenso um den Prime Property Award 2008
Manche Schwäche überwunden
Union Investment; Ferit Kuyas
wie das Wohn- und Büroquartier Seewürfel in Zürich (unten).
Die Jury des Prime Property Award 2008
4 Frank Billand, Mitglied des Vorstands der
Union Investment Real Estate AG, Hamburg
4 Holger Bisgaard, Architekt und Leiter der Abteilung
Stadtplanung im Ministerium für Umwelt, Kopenhagen
4 Joan Busquets, Architekt und Professor
für Stadtplanung, Barcelona
4 Bas van Holten, Mitglied der Geschäftsführung,
OVG Projectontwikkeling, Rotterdam
4 Reinhard Kutscher, Vorstandssprecher der
Union Investment Real Estate AG, Hamburg
4 Garrie Renucci, Partner bei Gardiner & Theobald, London
4 Andreas Schreurs, Managing Director Hines Europe, London
4 László Szekér, Architekt und Leiter der internationalen
Architekturvereinigung UIA, Budapest
4 Werner Sobek, Architekt und Professor am Institut für
Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren, Stuttgart
4 Jörn Walter, Oberbaudirektor Freie und Hansestadt Hamburg
4 Irene Wiese-von Ofen, Präsidentin a. D. der International
Federation for Housing and Planning, Den Haag/Essen
„Da es sich um ein freiwilliges Qualitätssiegel handelt, kommt es
jetzt entscheidend darauf an, dass sich bedeutende Marktteilnehmer
für das DGNB-Zertifikat entscheiden“, sagt Werner Dorß und zeigt
sich überzeugt von der Qualität des Siegels auch im internationalen
Vergleich. Da es schon zur „zweiten Generation“ der Zertifikate gehöre, überwinde es so manches Defizit, die andere Gütesiegel allein
schon aufgrund ihres Alters zeigten. „Überdies können beim deutschen Zertifikat Schwächen in einem Segment nicht durch besondere
Stärken in einem anderen Segment kompensiert werden“, lobt der
Experte die konsequenten Zielvorgaben. Weil das deutsche Siegel
im Unterschied zu allen anderen auch regionale Besonderheiten berücksichtige, sei es weltweit einsetzbar. Mit diesen Voraussetzungen
ist es gut möglich, dass Deutschland einen weiteren Exportschlager
bekommt.
Doch zunächst gilt es, Projektentwickler wie Investoren vom Nutzen des Siegels zu überzeugen. Die Chancen stehen gut. Denn ohne
eines der gängigen Zertifikate sind Topobjekte heute kaum mehr
am Markt zu platzieren – auch wenn die Baukosten für nachhaltige
Objekte um 5 bis 10 Prozent höher liegen als bei konventionellen
Gebäuden. „Bei Ankäufen von Premium-Büroobjekten in Toplagen
können wir es uns gar nicht leisten, die national jeweils geltenden Zertifizierungsstandards außer Acht zu lassen“, sagt Reinhard Kutscher,
Vorstandssprecher der Union Investment Real Estate AG. Auch die
Meag, Immobilien-Vermögensverwalter der Münchener-Rück-Gruppe, schaut auf die globale Zertifizierungslandschaft: „Wir werden uns
länderspezifisch und vielleicht sogar objektspezifisch für ein Zertifikat
entscheiden“, sagt Geschäftsführer Knut Riesmeier und ergänzt: „Wir
setzen große Hoffnungen in das DGNB-Zertifikat.“
Welcher Nachhaltigkeitsstandard sich am Ende durchsetzt oder
ob es sogar einmal ein europäisches Siegel gibt, ist völlig offen. Sicher hingegen ist: In den Anlagestrategien europäischer Immobilieninvestoren spielt das Thema eine zunehmend wichtige Rolle. Das
zeigt unter anderem die im Sommer veröffentlichte repräsentative
Union-Investment-Umfrage unter institutionellen Immobilienanlegern aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien: Fast 60 Prozent der Befragten planen, künftig deutlich mehr in nachhaltige
Immobilien zu investieren.
Anne Wiktorin
„Der Durchbruch ist zum Greifen nah“
Ökologisches Bauen ist kein neues Thema. Einer, der sich seit vielen Jahren mit umweltbewusstem Bauen beschäftigt, ist der US-amerikanische Ingenieur
und Harvard-Absolvent Jerry Yudelson. Wir fragten ihn nach seiner Einschätzung zur Zukunft nachhaltiger Immobilieninvestitionen
RAUM & mehr: Seit 25 Jahren
beschäftigen Sie sich mit grünem
Bauen. Ist nun endlich der Durchbruch erreicht?
Jerry Yudelson: Ja, der Durchbruch ist zum Greifen nah, wenn
auch nicht in jedem Land und
auch nicht bei allen Typen von
Gebäuden und bei jeder Art der
Nutzung. Ich gehe aber davon
aus, dass sich in den kommenden fünf Jahren Green Buildings
zumindest in den entwickelten
Märkten als Standard etablieren werden. Denn ein solcher
Standard wird nicht zuletzt in
zunehmendem Maße auch von
der öffentlichen Hand gefordert.
Besitzer und Entwickler sollten
sich deshalb zum einen selbst
zügig informieren und fortbilden.
Zum anderen sollten sie auf
diesem Weg aber auch ihre Architekten, Ingenieure und Zulieferer
mitnehmen.
RAUM & mehr: Wird sich das
grüne Bauen angesichts der
extrem gestiegenen Energiepreise
zu einem Selbstläufer entwickeln?
Yudelson: Energieverbrauch ist
ja nur einer von vielen wichtigen
Faktoren in der Nachhaltigkeits­
gleichung: Dazu gehören genauso
die Senkung von Flächen- und
Wasserverbrauch, der Schutz von
Ressourcen und die Verbesserung
von Raum- und Luftqualitäten.
Allerdings wird zu Recht erwartet,
dass nach dem Ölpreis auch
die Strompreise rasant steigen
werden. Deshalb bleibt natürlich
die Sorge um die künftige Energieversorgung ein bedeutender
Antrieb der Nachhaltigkeitsdebatte. Elektrizität ist schließlich
die Hauptenergiequelle zum
Betreiben gewerblich genutzter
Immobilien. Und das trägt gewiss
dazu bei, dass besonders hier
nach Möglichkeiten gesucht wird,
Einsparpotenziale zu heben. Doch
über reine Einsparmaßnahmen
hinaus zeichnet sich außerdem
ein Trend zu Null-Energie-Häusern
ab, also zu Gebäuden, die nicht
nur über Einsparungen, sondern
zudem über den Einsatz von vor
Ort nutzbaren regenerativen
Energien eine verbesserte NettoEnergiebilanz erreichen.
RAUM & mehr: Welches Land
hat Ihrer Ansicht nach die Nase
vorn beim Thema nachhaltiges
Bauen?
Yudelson: In Großbritannien gibt
es mittlerweile etwa 1.200 zertifizierte Gewerbeimmobilien. Ebenso viele zählt man in den USA.
Bezieht man diese Zahl allerdings
auf die Gesamtbevölkerung, so
erscheint Großbritannien selbstverständlich führend. Doch wenn
wir die jährliche Zunahme neu
zertifizierter Gewerbeobjekte in
den USA als kumuliertes Gesamtergebnis betrachten, so lässt sich
dort ein Anstieg von jährlich mehr
als 75 Prozent feststellen. Die
USA werden sich daher, davon bin
ich überzeugt, in den kommenden
fünf Jahren als führende Nation
bei der Umsetzung nachhaltiger
Gebäudekonzepte etablieren.
RAUM & mehr: Auch Deutschland hat nun ein Siegel für nachhaltiges Bauen. Halten Sie diese
nationalen Zertifizierungssysteme
für sinnvoll?
Yudelson: Insbesondere für
so große Länder wie Deutschland scheint mir ein nationales
Zertifizierungssystem durchaus
sinnvoll, weil es auf die örtlichen
Gegebenheiten und die Interessen
nationaler und überregionaler
Architekten, Entwicklungs- und
Baufirmen ausgerichtet ist. Ich
gehe davon aus, dass das künftige deutsche Zertifizierungssystem in seiner Bewertung rigoroser
sein wird als sein britisches oder
amerikanisches Pendant. Sollten
die Deutschen ihre Gebäude so
intelligent entwerfen wie ihre
Autos, ist davon auszugehen, dass
die deutsche Immobilienbranche
im weltweiten Vergleich schon
bald zur Musterklasse in Sachen
Nachhaltigkeit aufsteigen wird.
lich eine Fotovoltaikanlage und
habe auch Sonnenkollektoren
installiert. Außerdem nutzen wir
Regenwasser zur Bewässerung
der Außenflächen. Und obschon
das Haus noch keine zehn
Jahre alt ist, habe ich bereits die
Fenster ausgetauscht, damit die
thermische Isolierung noch besser
wird. Außerdem fahre ich einen
Wagen mit Hybridantrieb und
gehe zu Fuß ins Büro.
Interview: Anne Wiktorin
RAUM & mehr: In Deutschland
gibt es viel Kritik am US-amerikanischen LEED-Standard. Er bleibe,
so das Argument, vielfach hinter
Standards zurück, die in Deutschland und anderen europäischen
Ländern längst gesetzt sind. Was
entgegnen Sie auf diese Kritik?
Yudelson: Es ist ein Leichtes,
Standards zu kritisieren, wenn
man sie an hehren Idealen misst.
Doch immer noch werden auf
den meisten fortentwickelten
Märkten Immobilien entworfen,
die nicht nachhaltig sind. Die
Phase der Kritik sollte deshalb
abgeschlossen werden, meine ich.
Wichtiger scheint es mir jetzt, sich
ans Werk zu machen und wirklich
nachhaltige Gebäude und Städte
zu bauen.
RAUM & mehr: Welches ist Ihr
ganz persönliches grünes Lieblingsprojekt?
Yudelson: Ich lebe das, was
ich propagiere: Mein Haus im
Süden Arizonas steht mitten in
der Wüste – die Sonne ist dort
ein perfekter Energie­lieferant. Ich
betreibe deshalb selbstverständ-
Jerry Yudelson ist Berater und
war langjähriges Präsidiumsmitglied des U. S. Green Building Council (USGBC). Yudelson
lebt in Tucson/Arizona.
www.greenbuildconsult.com
Raum & mehr 26_27
Ko n z e p t e
Im Dezember 2001 eröffnete Prada seinen neuen Flagship-Store in Manhattan (links) und setzte damit ein Zeichen im
traumatisierten New York. Ziel nicht nur für Sportfreunde, sondern längst auch für Touristen ist Niketown auf der Berliner
Tauentzienstraße (oben). Selbst Mobilfunkbetreiber wie O2 setzen mittlerweile auf begehbare Werbung (unten).
Sinnliche Bauten
Flagship-Stores sind mehr als nur die Visitenkarte eines Unternehmens: Sie sind
Werbung zum Anfassen und Hineingehen. Hier erleben Kunden eine Marke hautnah
und werden dazu noch mit allerlei technischen Gimmicks unterhalten
laif/The New York Times/Redux/Fred R. Conrad; Saba Laudanna; PR; drr.net/Kenzaburo Fukuhara
Raum & mehr 28_29
In New York trifft man sich bei Hugo Boss zum Kaffeetrinken. In Wien ist der Lunch bei Gartengestalter Lederleitner ein Muss.
Und in Berlin strömen tagtäglich unzählige Touristen zum Nike-Store,
denn der Laden gilt ebenso als Sehenswürdigkeit wie das Brandenburger Tor oder der Reichstag. Die Beispiele ließen sich endlos aneinanderreihen. Jede Metropole kann heute mit sogenannten FlagshipStores – Flaggschiffen der Konsumwelt – aufwarten, die eher Erlebniswelten als Verkaufsfläche sind. „Die Dimension der Flagship-Stores hat
sich eindeutig verändert. Ganz bewusst werden heute in die Boutiquen
Cafés, Ausstellungen und andere Attraktionen integriert“, sagt Jons
Messedat, Leiter des Instituts für Corporate Architecture in Stuttgart.
Flagship-Stores haben eine klare Funktion: Sie sollen Emotionen und
Sympathien wecken, den Kunden en passant in die Welt der Marke
einführen und ihm den Lebensstil, den sie verkörpert, schmackhaft
machen. Entsprechend gekonnt wird sie in Szene gesetzt. „FlagshipStores sind letztlich die dreidimensionale Verkörperung einer Marke
und damit eine wichtige Form der Werbung“, sagt Messedat.
Kurzum: Flagship-Stores sind begehbare Werbung. Und weil es
immer schwieriger wird, mit klassischer Werbung die Konsumenten
zu erreichen, gewinnen Luxustempel als Marketinginstrument zunehmend an Bedeutung. Denn im Gegensatz zur klassischen Werbung
sprechen sie den Konsumenten nicht nur visuell und auditiv an, sondern auch über den Geruchs- und Tastsinn. „Wir werden jeden Tag
mit audiovisuellen Reizen überflutet. Das physische Erlebnis hingegen
ist ein Kanal, der noch nicht so überlastet ist. Deshalb sind wir darüber
empfänglicher“, sagt Frank Roost, Stadtplaner an der Technischen Universität Dortmund und Autor des Buchs „Branding Center“.
Genau das ist der Grund, warum sich inzwischen viele Unternehmen die teuren Geschäfte in den besten Lagen der Metropolen leisten. 40 Millionen Dollar investierte beispielsweise Prada in seinen New
Yorker Flagship-Store, der im Dezember 2001 in der ehemaligen SohoDependance des Guggenheim-Museum eröffnet wurde. Kein Geringerer als Stararchitekt Rem Koolhaas hat den Laden entworfen, dessen Umkleidekabinen ein besonderes Erlebnis bieten: Hier können sich
die Kunden filmen lassen und auf Knopfdruck die unterschiedlichen
Kleidungsstücke noch einmal anschauen. „Mit technischen Gimmicks
arbeiten mittlerweile fast alle Flagship-Stores“, sagt Roost. Auf eine
andere Form des Erlebnisses zielt Adidas ab. In den weltweit rund 60
Flagship-Stores des Sportartikelherstellers wird ein Straßenmarkt inszeniert – als Reminiszenz an jenen Ort, an dem in den 50er- und 60er-
Was ist eigentlich ein Flagship-Store?
Sein Name ist Programm: Er ist das Flaggschiff, das Vorzeigeobjekt eines Unternehmens – oder seiner Marke(n). Hier
will man zeigen, was man kann und was man hat. Und dafür ist nur das Beste gut genug: die beste Lage in den bekanntesten Metropolen, die besten Architekten und Desig­
ner, die luxuriöseste Ausstattung mit den neuesten technischen Finessen – und dem kompletten Sortiment, direkt
und brandneu aus den Werkshallen.
Jahren die Sportschuhe und Jacken des Firmengründers Adi Dassler
wiederentdeckt wurden. Gerade weil es Adidas in dieser Zeit nur auf
Flohmärkten zu kaufen gab, erlangte die Marke Kultstatus. Diesen
Mythos greifen die „Original Stores“ auf. Die Produkte liegen auf gro­
ßen Tischen oder hängen an den Wänden. Es gibt keine Umkleidekabinen und keine festen Einbauten. „Auf einem Flohmarkt kauft und
sucht man ganz anders als in einem Laden. Diese Erfahrung wollen wir
vermitteln“, sagt Harald Gründl, Partner des Designers Eoos, der das
Konzept für Adidas entwickelte. Für Gründl ist die größte Herausforderung, eine Marke auf den Punkt zu bringen. „Nicht jedes Konzept
steht jeder Marke gleich gut“, sagt er.
D e r k u n d e s o l l e hrf u r c h t s p ü r e n
Bewusst hat Eoos bei Adidas auf die für den Großteil der FlagshipStores typischen architektonischen Glorifizierungsstrategien verzichtet.
Wer in anderen Flagship-Stores als Kunde den Raum betritt, soll hingegen Ehrfurcht spüren. Von Ralph Lauren ist das Bonmot über seinen Flagship-Store in der Madison Avenue in New York überliefert, das
dieses Phänomen treffend zusammenfasst: „Ich habe so viele Menschen beobachtet, die hereinkommen und sichtlich geblendet sind.“
Kein Wunder: Das „Rhinelander Mansion“, in der Ralph Lauren in
New York seine Marke präsentiert, ist eines der wenigen Jugendstilhäuser New Yorks. Viele alte Stilelemente sind erhalten. Unter anderem die wuchtige Holztreppe, die Holzvertäfelungen und die Kamine.
Die Wände sind mit Kaschmirstoffen bezogen, überall hängen Foto-
Berühmte Flagship-Stores
Flagship-Store
Stadt
Adresse
Bemerkung
Polo Ralph Lauren
New York
867 Madison Avenue
Der 1986 eröffnete Shop an der edlen Madison Avenue gilt als Mutter aller Flagship-Stores.
Berühmt ist sein Interieur, das kunstvoll den Lebensstil wohlhabender Ostküsten-Amerikaner inszeniert.
Prada
New York
575 Broadway, at
Prince St. (Soho)
Prada heuerte den Architekten Rem Koolhaas an, um den neuen Shop in der ehemaligen Soho-Dependance
des Guggenheim-Museum zu gestalten. Entstanden ist ein Laden, der Standards setzte.
Niketown
Berlin
Tauentzienstraße 7 B
1999 öffnete Niketown in Berlin seine Pforten. Was niemand gedacht hätte: Mittlerweile zählt der Laden
an der Tauentzienstraße zu den wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Hermès
Tokio
4–1, Ginza 5-chome,
Chuo-ku
In Japan spielen Flagship-Stores eine besondere Rolle: Sie müssen auch architektonisch ein Zeichen setzen.
Für Hermès schuf Architekt Renzo Piano ein Unikat aus 13.000 Glasbausteinen.
O2
München
Marienplatz 19
Auch Mobilfunkanbieter O2 betreibt in München einen Flagship-Store. Sein Ziel: dem Kunden die neuen
Kommunikationstechnologien zu erklären und erstrebenswert zu machen.
Quelle: eigene Recherche
grafien in edlem Schwarz-Weiß. Hier spürt man das Amerika der Ostküste. Nicht weil Ralph Lauren einer der ersten war, der 1986 einen
Vorzeigeladen eröffnete, gilt das Geschäft in der Madison Avenue als
Mutter aller Flagship-Stores, sondern weil hier die Ehrfurcht besonders
kunstvoll inszeniert wird.
Mittlerweile leisten sich nicht mehr nur die großen Modelabels den
Luxus Flagship-Store. Der Elektronikkonzern Saturn, der Mobilfunkanbieter O2, die Lebensmittelkette Spar, der Strumpfhersteller Falke, die
Kaufhauskette Karstadt, der Fliesenhersteller Bisazza oder der Möbelhersteller ligne roset nutzen Flaggschiff-Immobilien als Marketinginstrument. „Jede Marke wird so physisch und psychisch erlebbar“, sagt
Sabine Keggenhoff, Designerin des Falke-Stores in Berlin. Der japanische Lifestylekonzern Muji hat auf der Düsseldorfer Königsallee und
im Münchener CityQuartier Fünf Höfe auf dem deutschen Markt Fuß
gefasst. „Durch die Läden lernen wir unsere Kunden kennen. Daran,
was sie kaufen, erkennen wir, was ihnen gefällt und was sie zum Leben brauchen. Gleichzeitig kommunizieren wir unser Konzept, unsere
Gedanken und unsere Ideen“, sagt Akihiro Kamogari, DeutschlandManager von Muji.
Doch nicht alles, was sich Flagship-Store nennt, ist auch wirklich ein
Vorzeigegeschäft. „Es gibt die echten Flagship-Stores und einfach nur
gute Shops, die sich trotzdem Flagship-Store nennen“, sagt Christian
Mikunda, Autor des Buchs „Marketing spüren“. Weil der Begriff mittlerweile ein wenig abgegriffen klingt, nennt Prada seine Flagship-Stores
schon „Epicenter“, Adidas „Original Store“ und Karstadt „Idealhaus“.
Das repräsentiere, sagt Kevin Roche, Ladendesigner bei Karstadt, „eine
neue Generation von Warenhäusern“. Vor wenigen Monaten hat das
erste „Idealhaus“ in der Limbecker Straße in Essen eröffnet. „Hier geht
es nicht mehr darum, wie man den Kunden am geschicktesten durchs
Haus führt, sondern wie man die Waren am besten präsentiert.“ Die
Flächen wurden neu aufgeteilt, das Store­design modernisiert. 23 Millionen Euro hat Karstadt investiert.
Gerade weil Unternehmen bereit sind, große Summen für Flagship-Stores auszugeben, sind sie weit mehr als reine Marketinginstrumente. Hier wird experimentiert, avantgardistische Interieurs und
Exterieurs entstehen. Und nicht umsonst gelten sie heute vielfach
als Landmarken der Innenstädte. „Früher waren es die Paläste und
Kirchen, die besucht wurden. Heute sind es Hotellobbys, Flagshipund Concept-Stores“, sagt Marketingprofi Mikunda. Und so entbrennt gelegentlich ein Wettstreit um die mutigsten und originellsten
Bauten – zum Beispiel in Tokio. Hier haben alle großen Marken Zeichen gesetzt. Renzo Piano baute für Hermès einen Turm aus 13.000
Glasbausteinen. Die Baseler Architekten Herzog & de Meuron errichteten für Prada einen sechsgeschossigen Glaskristall, der von der
Presse als „Lichtfest der Sinne“ gefeiert wurde. Armani wiederum
trumpft mit einem 20 Millionen Dollar teuren Turm mit einer Fassade aus milchweißem Plexiglas auf. Entworfen hat das Gebäude
der italienische Stardesigner Massimiliano Fuksas. Aus dem Stadtbild sind die architektonisch oft einzigartigen Flagship-Stores nicht
mehr wegzudenken. Ihr Lebenszyklus indes ist deutlich kürzer als
der von anderen Handelsimmobilien – Zeichen ihrer Beständigkeit
ist allein der Wandel. Und genau diese Dynamik ist es, die den Reiz
der Stores ausmacht – auch und erst recht in Zukunft.
Johanna Lutheroth
K ONZEPTE
In Tokios Stadtteil Ginza steht ein Flagship-Store der Superlative:
Für das französische Luxuslabel Hermès schuf Stararchitekt Renzo
Piano einen Turm aus 13.000 Glasbausteinen.
Raum & mehr 30_31
Portfolio
Immobilien im Stresstest
Immobiliengesellschaften richten ihre Risikomanagementsysteme neu aus.
Für Kapitalanlagegesellschaften verlangt dies das Gesetz. Doch für viele ist das
Risikomanagement bereits wesentlicher Bestandteil ihrer Unternehmenssteuerung und Portfoliooptimierung
Unter professionellen Immobilieninvestoren gilt die Regel: Die Eckpunkte des „magischen Dreiecks“ aus Risiko, Rendite
und Liquidität müssen im rechten Verhältnis zueinander stehen. Die
Liquidität ist dabei noch das kleinste Problem. Diese nämlich ist im
Immobilienmarkt nach wie vor im Überfluss vorhanden. Dagegen
rückt das Verhältnis von Risiko und Rendite immer deutlicher in den
Blickpunkt der Investoren. „Hier war bis vor wenigen Jahren die
Rendite wesentlicher Anlagemaßstab. Heute sind Renditeaussagen
ohne Risikobetrachtung nichts mehr wert“, sagt Andreas Peter von
der Unternehmensberatung Dr. Peter & Company in Offenbach. Das
Unternehmen berät deutsche Großbanken und Sparkassen, Versicherungen und Asset-Management-Gesellschaften bei der Weiterentwicklung ihrer Risikomanagementsysteme.
Bei der Bewertung des Risikos von Immobilieninvestments verlassen sich die Strategen auf harte Daten und Kennzahlen. Alle
denkbaren Risiken werden sachlich durchgerechnet. Zum Beispiel:
Wie verändert sich die Rendite bei einzelnen Objekten, aber auch
im gesamten Portfolio, wenn die Miete sinkt, zugleich aber die Finanzierungskosten steigen? In diese Analysen und Prognosen gehen
steigende Verwaltungs- und Betriebskosten ein, aber auch Worstund Best-Case-Szenarien bei Cashflow, Wertentwicklung und Inflation. „Zudem finden Stresstests für wesentliche wertrelevante
Risiken statt, indem etwa lang andauernde Leerstände wichtiger
Objekte unterstellt und die Folgen für die Fondsrendite berechnet
werden“, betont Anne Keilholz von Ernst & Young Real Estate, Expertin für Offene Immobilienfonds.
s t ä n d i g e A n a ly s e d e r R i s i k e n
Seit jeher steht der Umgang mit spezifischen Immobilienrisiken
bei den Offenen Immobilienfonds weit oben auf der Prioritätenliste. Anspruchsvolle Risikomanagementsysteme wurden entwickelt
und bereits umgesetzt. Neue Herausforderungen – die sich sowohl
aus der Internationalisierung des Geschäfts ergeben wie auch der
aktuellen Finanz- und Immobilienkrise geschuldet sind – machen
eine noch stärkere Professionalisierung und kontinuierliche Weiterentwicklung der Systeme erforderlich. „Immobilien werden zunehmend in unterschiedlichste steueroptimale gesellschaftsrechtliche
Strukturen verpackt“, so Keilholz. „Die Risikomanagementsysteme
der Kapitalanlagegesellschaften müssen diesem Umstand Rechnung
tragen.“ Unternehmensberater Peter ergänzt: „Die Erweiterung des
geografischen Aktionsradius erlaubt zwar eine bessere Diversifizierung der Portfolios, führt meist aber gleichzeitig zu einer erheblichen
Veränderung des Risikoprofils.“
So müssen Anleger bei Investitionen außerhalb der Euro-Zone die
Wechselkursrisiken beachten, ebenso die unterschiedlichen Regeln
und Gepflogenheiten auf den Märkten, die politischen Rahmenbedingungen und alle möglichen anderen Einflussfaktoren. „Deutsche
Investoren müssen ihre Risikomanagementsysteme entsprechend
aufrüsten, womöglich sogar neu ausrichten“, sagt Andreas Peter.
Dass schriftliche Dokumentation und Berichterstattung stimmen,
ebenso die internen Organisationsstrukturen für die Aufgabe richtig konzipiert sind, versteht sich von selbst. „Nur dann ist sichergestellt, dass das Zielportfolio regelmäßig definiert und überprüft werden kann und dass bei An- und Verkauf von Objekten und bei der
Vermietung der Risikoaspekt ausreichend berücksichtigt wird“, so
Frank Hippler, Leiter Risikomanagement bei Deka Immobilien Investment. Auch Fondsanbieter Union Investment verfügt als nationaler
wie internationaler Akteur längst freiwillig über ein systematisches
Risikomanagement. Denn, erläutert Ulla Ruckpaul, Risikomanagerin
bei der Union Investment Real Estate AG: „Durch die Globalisierung
der Immobilienaktivitäten der Offenen Immobilienfonds kann sich
gerade auch ein Risikopotenzial wegen unzureichender Kenntnis
des ausländischen Markts, aber auch wegen rechtlicher und steuerlicher Hindernisse im Ausland ergeben.“
Schon aus diesen naheliegenden Gründen werden Immobilien­
gesellschaften ihr Risikomanagement aus eigenem Antrieb weiter professionalisieren. Auch der Gesetzgeber hat dazu entsprechende Vorschriften definiert: Für Aktiengesellschaften gilt bereits seit
1998 das „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmens­
bereich“ (KonTraG) – also auch für all jene Kapitalgesellschaften
(KAGs), die als AGs firmieren. Für die von den KAGs aufgelegten
Immobilien-­Sondervermögen gilt das KonTraG hingegen nicht. Vielmehr wird das Risikomanagement von Offenen Immobilienfonds
seit 2008 im Investmentgesetz § 80 b geregelt. Neu ist das im
Grunde allerdings nicht, denn bereits seit der ersten Fassung dieses
Gesetzes sind KAGs über die Derivateverordnung verpflichtet, ein
geeignetes Risikomanagementsystem für Sondervermögen zu ha-
„Die Erweiterung des geografischen
ben. Mit der Neufassung reagierte die Bunbeziehungsweise neue Systeme zu installieAktionsradius
erlaubt
zwar
eine
bessere
desregierung auf die Vertrauenskrise der Ofren. Aus gutem Grund: „Wertanpassungen
Diversifizierung der Portfolios, führt meist
fenen Immobilienfonds vor gut zwei Jahren,
bei Immobilien und Finanzierungsengpässe
aber gleichzeitig zu einer erheblichen
als hohe Mittelabflüsse durch verunsicherte
mit negativen Effekten auf Liquidität und/oder
Veränderung des Risikoprofils.“
Anleger zu bewältigen waren und einzelne
Rendite könnten schließlich Folgen der Krise
Fonds erstmals vorübergehend die Rücknahsein“, warnt Berater Andreas Peter.
Andreas Peter, Dr. Peter & Company
Unternehmensberatung, Offenbach
me der Fondsanteile aussetzten mussten. Die
Risiken zu identifizieren ist gut – aber längst
neue Norm verpflichtet seitdem auch Offene
nicht ausreichend. Im zweiten Schritt gilt es,
Immobilienfonds, sicherzustellen, dass alle mit dem Immobiliensie zu bewerten. Zwei simple Beispiele mögen dies verdeutlichen.
Beispiel eins: In einem Wohnungsportfolio mit 400 Parteien stehen
sondervermögen verbundenen Risiken erkannt, beurteilt, gesteuzwei Wohnungen leer, bei drei Mietern gibt es Probleme mit der reert und überwacht werden. Ausdrücklich nimmt die Regierung mit
gelmäßigen Mietzahlung. Beispiel zwei: Ein Gewerbeobjekt hat elf
dem neuen Gesetz die Fondsbranche für das Zinsänderungs- und
kleinere und einen Hauptmieter. Dieser stellt konkursbedingt seine
Ausfallrisiko, das Liquiditäts- und Währungsrisiko sowie sonstige
Mietzahlungen ein, eine Anschlussvermietung ist zunächst schwieMarktpreisrisiken in die Pflicht. Gleiches gilt für Risiken, die sich
rig. In welchem Beispiel das Risiko für die Portfoliorendite höher
aus dem operativen Geschäft ergeben.
ist, das sieht auch der Laie auf den ersten Blick. Doch Anlageprofis
Damit wurde in eine verbindliche Form gegossen, was bei den
betrachten deutlich komplexere Modelle – und brauchen daher zur
meisten Immobilienanlagegesellschaften ohnehin zum TagesgeBewertung entsprechend ausgefeilte Methoden. Die Palette reicht
schäft gehört: kritische Entwicklungen möglichst rasch zu erkennen,
dabei von sogenannten Korrekturverfahren über die Sensitivitätsum vorbeugend oder zeitnah gegensteuern zu können. Das Risiko
und Szenarioanalyse bis hin zu Scoring-Modellen und Monte-Carlowachsender Leerstände etwa lässt sich mindern, indem möglichst
Simulationen, die auch Wahrscheinlichkeiten einbeziehen. Expertin
frühzeitig der Dialog mit dem Mieter gesucht wird – und ihm beiKeilholz: „Die Immobilienbranche arbeitet meist mit der Szenario­
spielsweise ein attraktives Angebot für eine vorzeitige Vertragsveranalyse. Das setzt voraus, dass die richtigen Faktoren berücksichtigt
längerung unterbreitet wird.
werden. Dann können Szenarien mit wesentlichen Risikotreibern
auch bis ans Ende durchgerechnet werden.“ Üblich ist die Einteiverschiedene Szenarien
lung in Standard-, Worst- und Best-Case-Szenario.
Wie die KAGs im Detail ihr Risikomanagement ausgestalten,
Neben harten Daten wie Leerstand, Instandhaltungskosten, Verdies überlässt der Gesetzgeber den Unternehmen weitgehend
zinsung des Restwerts oder Diskontierungssatz finden auch weiche
selbst. Schließlich sind Standardlösungen wegen der Komplexität
Faktoren Eingang in die Risikobewertung. Das können Lage und
und der unterschiedlichen Ausrichtung der Geschäfte bei Offenen
Nutzungsart, aber auch eine sich eintrübende Investitionsstimmung
Immobilienfonds nicht praktikabel. Gleichwohl gibt es Versuche der
als Folge der US-Finanzkrise sein. Deutsche Immobilieninvestoren
Vereinheitlichung: Ob gewisse Mindestanforderungen erfüllt werempfinden diese laut einer Umfrage von Union Investment zwar
den müssen, damit beschäftigt sich derzeit eine Arbeitsgruppe beim
„noch nicht als Gefährdung für die Schönwetterlage“. Doch zeigen
BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V.
sie vor dem Hintergrund von Subprime andererseits eine steigende
Alexander Heintze
Bereitschaft, ihre Risikomanagementsysteme weiterzuentwickeln
Wer Risiken managen will, muss sie zuvor
Risiken erkennen und bewerten
identifizieren und strukturieren. Unterschieden
Für das Immobilienportfolio gelten …
Volkswirtschaftliche Risiken
Konjunkturverlauf
Arbeitslosigkeit
Einkommens- und Kaufkraftentwicklung
Änderungen im Zinsniveau
Standortrisiken
Branchenrisiken
Wirtschaftskraft der Gemeinde
Angebot und Nachfrage
Leerstand in der Gemeinde
Nachbarbebauung
Infrastruktur
Angebot und Nachfrage
Baukonjunktur
Leerstand
Mietpreisverfall
Technologische Neuerungen
Planung
Kosten
Termine
Qualität
Verwertung
Flexibilität
Drittverwendung
Veräußerung
dungen und solchen, die sich unmittelbar aus
der Immobilie ergeben. Zu den Metarisiken
gehört die konjunkturelle Entwicklung ebenso wie etwa die Entwicklung des Flächenleer-
Beim Objekt sind zu beachten …
Entwicklung
wird dabei zwischen übergeordneten Gefähr-
Ertragsausfall
Mieterbonität
Inflation
Leerstand
Vertrag
Bewertung
Nutzung
Bewirtschaftung
Verwaltung
Instandhaltung
Funktionsfähigkeit
Quelle: Nico Brocar, „Risikomanagement von Immobilienportfolios mit besonderer Betrachtung der Risikobewertung“, Dipl.-Arbeit 2007
Wertänderung
Kosten
Standort
Bausubstanz
stands im jeweiligen Markt. Objektbezogene
Risiken ergeben sich während des gesamten
Lebenszyklus einer Immobilie: von der Planung
über die Nutzung bis zum Wiederverkauf.
Auf der diesjährigen
Expo Real steht das
Thema Nachhaltigkeit
Raum & mehr 32_33
Nachrichten
auf dem Programm.
Konzepte und Praxisbeispiele
energetischer Sanierung
Telekommunikationsanbieter mieten Läden in bester Citylage
4 Die Telekommunikation ist in den letzten zehn Jahren
tungsunternehmen Kemper’s Jones Lang LaSalle hat das Te-
eine der expansivsten Branchen bei der Anmietung von Ein-
lekommunikationsangebot in den 25 wichtigsten deutschen
4 Was hat die Immobilienwirtschaft von der Europä-
zelhandelsflächen in Innenstadtlagen geworden. Das auf
Einkaufsstraßen untersucht. Noch im Jahr 1998 spielte der
ischen Union in Sachen Energieeffizienz zu erwarten?
Einzelhandelsimmobilien spezialisierte Immobilienbera-
Mobilfunk in Deutschlands 1a-Lagen praktisch keine Rol-
Rechnet sich das Sieben-Liter-Haus für Wohnungsunter-
le. Bis 2004 stieg der Anteil der an Telekommunikations-
nehmen? Wie lassen sich Gebäude auch im laufenden Be-
anbieter vermieteten Ladenlokale bereits auf 4,4 Prozent.
trieb energetisch sanieren? Und welche Vorteile hat das
Durchschnitt rund sechs Mobilfunkanbieter. Besonders bei
Konferenz macht nachhaltiges
Investieren zum Thema
kleinen Ladenlokalen mit 50 bis 100 Quadratmetern Ver-
4 Wie setzen Immobilieninvestoren aus Europa und den
Wirtschaft finden sich in dem Sammelband Beiträge vie-
kaufsfläche ist die Branche die wichtigste Mietergruppe.
USA Nachhaltigkeitskriterien strategisch um? Antworten
ler Experten aus dem Bereich der Energie- und Gebäude-
Die Standorte befinden sich fast ausnahmslos in besten In-
gibt die Sustainable Investment Conference, die erstmals
technik. Dabei überzeugt das Jahrbuch nicht allein durch
nenstadt- oder sehr gut besuchten Stadtteillagen. Stark
auf der Münchener Gewerbeimmobilienmesse Expo Real
seine Fülle an Zahlen, Daten
nachgefragt werden auch Flächen in Shoppingcentern. Mit
stattfindet. Fondsgesellschaften wie die britische Igloo Re-
und Fakten zum Thema En-
einem Anteil von mehr als 10 Prozent der jeweils verfüg-
generation und die Hamburger Union Investment Real
ergieeffizienz. Bestechend
baren Läden sind die Mobilfunkanbieter auf dem Dortmun-
Estate AG sowie Projektentwickler Icade aus Frankreich,
ist insbesondere die Vielzahl
der Westenhellweg, der Limbecker Straße in Essen und der
OVG Projectonwikkeling aus den Niederlanden und Ham-
der Beispiele aus der Praxis
Breiten Gasse in Nürnberg vertreten. Gering ausgeprägt ist
merson aus Großbritannien berichten, wie sich nachhal-
von Planern, Investoren und
der Anteil mit unter 5 Prozent auf den Mannheimer Plan-
tige Investments rechnen. Special Guest ist der LEED-Ex-
Nutzern.
ken und der Petersstraße in Leipzig. Kemper’s Jones Lang
perte Jerry Yudelson, der das US-Zertifikat für nachhaltige
Jürgen Pöschk (Hrsg.),
LaSalle erwartet, dass Unternehmen auch im zweiten Halb-
Immobilien maßgeblich mit entwickelte.
Energieeffizienz in
jahr 2008 zu den wichtigsten Nachfragern von Einzelhan-
Sustainable Investment Conference, Expo Real,
Gebäuden. Jahrbuch
delsflächen in den deutschen Innenstädten gehören wer-
am 7. Oktober 2008, 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr, Planning
2008, Berlin 2008,
In den 25 wichtigsten deutschen Einkaufsmeilen finden sich im
den. Im ersten Halbjahr 2008 gingen 8 Prozent der vermie-
& Partnerships Forum, Halle C3
ISBN: 978-3936062045
Durchschnitt rund sechs Telekommunikationsanbieter.
teten Einzelhandelsflächen an die Branche.
Weitere fünf Jahre später liegt er bei 7,6 Prozent. In den
25 wichtigsten deutschen Einkaufsmeilen finden sich im
Energie-Contracting? Fragen, auf die das aktuelle Jahrbuch „Energieeffizienz in Gebäuden“ umfassende Antworten gibt. Neben Autorenbeiträgen aus Politik und
Masterstudiengang für Immobilienprofis
Miet- und Kaufpreisentwicklung
4 Noch vor 15 Jahren suchten Interessierte einen immo-
Wie Shoppingcenter in Innenstädten wirken
Ladenmiete in 1a-Citylage in Euro/m /Monat
1
4 Innerstädtische Shoppingcenter wirken sich negativ auf die
80
2
Städte mit Shoppingcenter
Städte ohne Shoppingcenter
An der Universität
bilienwirtschaftlichen Studiengang an einer deutschen
Regensburg stu-
Universität vergeblich. Das hat sich geändert: Heute zählt
diert die deutsche
Entwicklung der Ladenmieten und Kaufpreise für Geschäfts-
75
häuser in den gewachsenen Einkaufslagen aus. Dies zeigt
70
lor-­Studiengänge mit immobilienökonomischen Inhalten.
eine Studie der HafenCity Universität Hamburg, in der die
65
Keimzelle der universitären Ausbildung war der Lehrstuhl
Miet- und Wertentwicklung von Einzelhandelsflächen in 15
60
Es zeigt sich, dass die Spitzenmiete in Städten mit InnenstadtCenter gegenüber 1996 im Mittel um 11 Prozent gesunken
ist, in Einzelfällen wie in Karlsruhe sogar um 23 Prozent. Dramatisch sanken die Immobilienwerte für innerstädtische Geschäftshäuser: In den um ein Center ergänzten Innenstädten
büßten Handelsimmobilien fast 20 Prozent ihrer durchschnittlichen Verkehrswerte vor Ansiedlung der neuen Magneten
ein, in Karlsruhe sogar mehr als 30 Prozent.
Siehe auch „Zur Sache“ von Monika Walther, Seite 3
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
1) Ladenlokale größer als 100 m2
Wert-Index, 1996 = 100
110
Städte mit Shoppingcenter
Städte ohne Shoppingcenter
100
90
80
70
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Basis: 15 Städte mit und 27 Städte ohne Shoppingcenter
2006
2007
Quelle: HCU Hamburg
ecopix/Eckel; PR/Andi Schmid; picture-alliance/dpa/Armin Weigel
Städten mit und 27 Städten ohne Center untersucht wurden.
Immobilienelite.
die Gesellschaft für Immobilienforschung (gif) 20 Bache-
für Immobilienökonomie an der European Business School
(EBS) in Oestrich-Winkel. Im vergangenen Jahr wechselte
das Institut unter dem neuem Namen Irebs Institut für Immobilienwirtschaft an die Universität Regensburg. Neben
dem Bachelor-Studiengang bietet das Irebs zum Wintersemester 2008/09 auch den Studiengang „Master of Science
in Real Estate“ an. Die ersten 66 Studierenden starten im
Oktober ihr auf vier Semester angelegtes Programm mit
den Schwerpunkten „Investment & Finance“, „Development & Management“ sowie „Real Estate & Regional Economics“. Kontakt: master@irebs.de
Torre Diagonal
Litoral, Barcelona
Raum & mehr 34_35
Nachrichten
Das Nachbargebäude, der
Torre Diagonal Mar, zählt
schon seit Dezember 2004
zum Immobilienbestand
der Union Investment Real
­Es­tate AG. Nun gehört auch
der Torre Diagonal Litoral
zum Porfolio. Im Juni 2008
wurde das vier Jahre alte,
13-geschossige Gebäude
mit 18.500 Quadratmetern
voll vermieteter Bürofläche für den institutionellen
Immobilien­fonds Immo-Invest: Europa angekauft.
Hotels in Deutschland bleiben für Investoren interessant
4 Unter der weltweiten Finanzkrise
jahr 2008 nur noch Objekte im Wert
weiligen regionalen Hotelmärkten.
leidet auch der Markt für Hotelinvest-
von 13,9 Milliarden Dollar ihre Besit-
Die größte Skepsis zeigen Investo-
ments. So wechselten im ersten Halb-
zer. Im Einjahresvergleich entspricht
ren gegenüber dem amerikanischen
dies einem Rückgang von 76 Prozent,
Markt, optimistischer sind sie in Asien
so die aktuelle Studie „Hotel Investor
und Europa. Auch Deutschland zählt
Sentiment Survey“ von Jones Lang
zu den bevorzugten Investmentstand-
LaSalle (JLL). Auch in der zweiten
orten. Auf „Kaufen“ steht zum Bei-
Hälfte des Jahres 2008 werde sich die
spiel die Investoren-Ampel in Ham-
Zurückhaltung der Investoren nicht
burg und München. An Angeboten
legen, prognostizieren die Analysten.
dürfte es nicht mangeln: Nach einer
Durchaus differenziert bewerten sie
Studie der auf Hotellerie spezialisier-
dabei die Situation auf den je-
ten Beratungsgesellschaft Horeal aus
Berlin werden demnächst fast 2.000
25hours heißt die Hotelidee, die den
Hotels – 13 Prozent des deutschen Be-
Geschmack junger Gäste treffen soll.
stands – zum Verkauf stehen.
Fürstenhof,
Frankfurt am Main
Das repräsentative Premiumbürogebäude in Toplage erwarb Union Investment im Juli 2008 für den
Offenen Immobilienfonds
UniImmo: Deutschland. Direkt im Frankfurter Bankenviertel zwischen Gallusanlage und Kaiserstraße umfasst
der 1900 erbaute Fürstenhof
über 18.000 Quadratmeter
moderne und voll vermietete Nutzfläche.
Offene Immobilienfonds senken die Risiken im Portfolio
4 Wenn die Aktienmärkte kriseln, entfalten Offene Im-
und verbessern damit die sogenannte Diversifikation. Dar-
mobilienfonds ihre Stärken. Zu diesem Schluss kommt ein
unter verstehen Experten die Streuung und Mischung der
Wissenschaftlerteam um Professor Lutz Johanning, Lei-
einzelnen Anlageklassen. Bärbel Schomberg, Mitglied im
ter des Lehrstuhls für Empirische Kapitalmarktforschung
Vorstand des BVI, sagt: „Das Ergebnis unserer Studie zeigt
an der WHU Otto Beisheim School of Management, und
deutlich, dass Offene Immobilienfonds für eine erfolg-
Professor Bernd Rudolph, Vorstand des Instituts für Kapi-
reiche Asset Allocation unverzichtbar sind.“ Ziel der Un-
talmarktforschung und Finanzierung an der Ludwig-Ma-
tersuchung war es, die unter Rendite-Risiko-Gesichtspunk-
ximilians-Universität München. Offene Immobilienfonds,
ten bestmöglichen Anteile Offener Immobilienfonds in
so das Ergebnis der Studie im Auftrag des BVI Bundesver-
privaten und institutionellen Portfolios zu bestimmen. Da-
band Investment und Asset Management e. V., steigern
bei zeigte sich, dass Immobilienfonds die Risiken von Port-
in den Portfolios privater und institutioneller Investoren
folios vor allem deshalb effizient senken können, weil sie
nicht nur die Rendite. Sie reduzieren zudem das Risiko
kaum mit anderen Anlageklassen korrelieren.
Ko n ta k t
RAUM & mehr
Das Immobilienmagazin der
Union Investment Real Estate AG
Chefredaktion
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Marketing und Kommunikation der Union
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Von hier aus steuert Volkswagen sein USA-Geschäft:
Der deutsche Auto­bauer
­sicherte sich das erst im
­Januar 2008 fertiggestellte Gebäude mit rund 17.200
Quadratmetern Bürofläche für eine Mietlaufzeit
von 15 Jahren. Im Juni 2008
­erwarb Union Investment
die weithin sichtbare ­„ClassA“-Immobilie mitten in der
­Metropolregion Balti­more-­­Washington für den
Of­fenen Immobilienfonds
UniImmo: Global.
Wir eröffnen neue Perspektiven.
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Nur wer bereit ist, Dinge auch mal anders zu sehen, kann neue Perspektiven entdecken.
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