Monatszeitschrift des Studentenwerks Berlin
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Monatszeitschrift des Studentenwerks Berlin
werkblatt Monatszeitschrift des Studentenwerks Berlin 02 Gratismagazin Juli 2003 1. Jahrgang Editorial Sommerzeit – Reisezeit !?! Der Sommer reizt viele Menschen, an weißen Stränden, in fremden Städten oder in unbekannten Gebirgen Erholung und Entspannung zu finden, neue Erfahrungen und damit Kräfte für kommende Aufgaben zu sammeln. Was gibt es Schöneres, als es sich in unbekannten Gefilden gut gehen zu lassen und „die Seele baumeln zu lassen“ ? Aber immer mehr Studierende haben inzwischen Reisepläne ganz anderer Art: Die Sommermonate sind Höhepunkt anderer Reisevorbereitungen – der Reise zum Studium in ein anderes Land. Nicht nur deutsche Studierende entschließen sich, ihre Studien im Ausland fortzusetzen bzw. zu ergänzen; die Zahl der ausländischen Studierenden, deren Reiseziel und damit Studienziel Berlin ist, steigt ständig. Unser werkblatt 02 berichtet über diese Studierenden, über ihre Erlebnisse, ihre Eindrücke, über ihren Alltag im anderen Land. In dieser Ausgabe wollen wir auch über die Angebote des Studentenwerks Berlin berichten, ausländischen Studierenden das Leben in einer ungewohnten und unbekannten Umgebung einfacher zu gestalten. An dieser Stelle möchte ich besonders auf die Arbeitsvermittlung „Heinzelmännchen“ des Studentenwerks Berlin hinweisen: Hier werden vielen ausländischen Studierenden Jobs angeboten, die ihnen helfen, ihr Studium in Berlin zu finanzieren. Diese studentischen Beschäftigten sind in vielen Unternehmen gefragt: Rasche Einarbeitung in unterschiedliche Aufgabengebiete ist das tägliche Brot des Studiums, die Studierenden sind deswegen in der Lage, neue Aufgaben schnell und flexibel zu bearbeiten. Durch die Beschäftigung von studentischem Personal können Berliner Unternehmen mit dazu beitragen, den Universitätsstandort Berlin trotz hoher Lebenshaltungskosten für motivierten Wissenschaftsnachwuchs attraktiv zu halten. Die „Heinzelmännchen“ vermitteln Jobs an Studierende, beraten Arbeitgeber und übernehmen für Arbeitgeber wie für Studierende Dienstleistungen, die bis zur Berechnung der Steuern reichen und somit die Beschäftigung von Studierenden auch für Privatpersonen und Kleinstbetriebe interessant machen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist das Angebot an Jobs leider nicht ausreichend – meine „Eigenwerbung“ will auf die Potenziale der „Heinzelmännchen“ hinweisen und soll dazu beitragen, die Zahl der zu vermittelnden Jobs im Interesse der Studierenden zu erhöhen . Küchenfrauen als Models Inhalt Seite1 Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6 Seite 7 Seite 8 Seite 9 Seite 10 Seite 11 Seite 12 Seite 13 Seite 14 Seite 15 Seite 16 - Zum Tag der offenen Tür an der FHTW am 18. Juli 2003 präsentierten die Mitarbeiterinnen der Cafeteria eine neue Berufsbekleidung „einTracht“, die von Studierenden um Daniel D. Kroh mit Unterstützung des Studentenwerks Berlin entworfen wurde. Der Beifall der Gäste war wohlverdient. Cover Produktinformation Editorial/Pinwand Information/Kurznachrichten Information/Psychoberatung Reportage/Studieren im Ausland - Studienwahl/Soundtrack - Information/Ausländische Studierende - Musik/Spillsburry vs. Virgina Jetzt! - Rezension/Buch/Konsole Kultur/Streetart Information/Zukunft/Verlosung Produktinformation Produktinformation Petra Mai-Hartung Geschäftsführerin Studentenwerk Berlin Impressum Herausgeber, V.i.S.d.P.: Studentenwerk Berlin, Seiten 2-5, Verlag Junges Berlin, Jason Krüger, Seiten 6-16 Redaktion: Aida Kadrispahic, Dirk M. Oberländer, Jürgen Morgenstern, Lukas C. Fischer, Daniel Kreuscher, Janis Voss Autoren dieser Ausgabe: Dorit Beyersdorff, Klaus Esterluß, Stephan König Gestaltung: genauso.und.anders° graphical wellness Satz und Layout: Stephan König, Ibitz Helfer Fotos: Jan Ganschow, Stephan König, Lukas C- Fischer Anzeigen: Jason Krüger, Tel.: 030 - 44 35 28 60 freie Anzeigenberater: Samir Omar, Tanja Hiller Vertrieb: Studentenwerk Berlin Druck: Frotscher Druck, Leipzig Kontakt: werkblatt, Ueckermünderstr. 16, 10439 Berlin, Tel.: 030 44 67 36 75, Mail redaktion@werkblatt.de Das werkblatt erscheint monatlich in Berlin und Potsdam. In den Semesterferien erscheint eine Doppelausgabe für zwei Monate. Das werkblatt liegt an den Berliner Hochschulen aus. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.studentenwerk-berlin.de. Editorial 3 Alles wird neu. Umbau der Mensa Hardenbergstraße Das Studentenwerk Berlin plant im kommenden Jahr die Umgestaltung der Mensa Hardenbergstraße. Modernere Technik, eine Neugestaltung der Essensausgabe und der Mensavorhalle sind geplant. Besonders Letztere vermittelt gegenwärtig noch den Eindruck eines düsteren Betonbunkers im Stile der Siebzigerjahre. Damit sich das ändert, hat sich am 2. Juli bereits eine kleine Arbeitsgruppe des Studentenwerks konstituiert. Erste Zielvorgaben für Architekten und Ingenieure wurden besprochen. Die MensaVorhalle soll ein freundlicher Aufenthaltsort werden, an dem sich mit kulinarischen Angeboten aus der Cafeteria gut verweilen lässt, der aber auch das Informationsbedürfnis der Studierenden befriedigt. So soll der Info-Point, an dem über die Angebote des Studentenwerks wie z. B. Wohnen oder BAföG informiert wird, hierher verlegt werden. Auch die Einrichtung verschiedener Geschäfte (Zeitungskiosk, studentisches Reisebüro, Copyshop) ist denkbar. Alle Studierenden sind aufgerufen, sich mit Ideen und Vorschlägen an der Umbauplanung der Mensa-Vorhalle zu beteiligen. Die besten drei Vorschläge werden mit je einem Mensagutschein in Höhe von 50 belohnt. Eure Vorschläge könnt ihr bis zum 15. November direkt ans Studentenwerk mailen (j.morgenstern@studentenwerk-berlin.de), viel Glück! [Studentenwerk] Abfallmanagement im Studentenwerk Das Studentenwerk Berlin will die Abfallmenge (besonders in den Mensen und Cafeterien) weiter senken. Dazu gibt es ein Umweltprogramm, das zur Senkung des Restmüllaufkommens in Wohnheimen um 10% und in den weiteren Mensen um 50% führen soll. Das Studentenwerk Berlin, seit 2002 ÖkoprofitBetrieb, realisierte in den Jahren 2000 bis 2002 in den Mensen Hardenbergstraße und Otto-von-Simson-Straße (FU II) konsequent die Abfalltrennung, das Restmüllaufkommen wurde um 49 t gesenkt, die damit verbundene Kosteneinsparung betrug 11.600 im Jahr. sowie den Verwaltungseinrichtungen durch eine Optimierung der Behälterkonfiguration und eine Umgestaltung sowie verbesserte und einheitliche Kennzeichnungen von Müllplätzen, durch die Auswahl kostengünstiger Entsorger und eine umfassende Information der studentischen Klientel. Mit der Firma ALBA Consult wurde nunmehr ein Vertrag über ein Abfallmanagement für das gesamte Studentenwerk abgeschlossen. Die Firma ALBA Consult wird Ansprechpartner für alle Entsorgungsfragen sein und umgekehrt alle Mitarbeiter über die anstehenden Probleme und Veränderungen informieren. Es ist geplant, Schulungen und Informationsveranstaltungen in den einzelnen Organisationsbereichen durchzuführen sowie Informationsmaterial für die Gäste der Mensen und Cafeterien sowie die Mieter und Mieterinnen in den Wohnheimen zu entwickeln und bereitzustellen. [Studentenwerk] Der Vertrag hat zum Ziel, die Gesamtentsorgungskosten für den Abfall zu senken und das Engagement für Umweltschutz auch nach außen deutlicher zu machen. Erreicht werden kann dies über eine bessere Abfalltrennung in den Einrichtungen der Abteilungen Speisebetriebe und Wohnwesen Internationaler Studentenausweis. Reiselustige und Sparfüchse aufgepasst. Ab sofort bekommt man den Internationalen Studentenausweis (ISIC) auch direkt beim Studentenwerk Berlin. Das von der EU und UNESCO anerkannte Dokument kostet 9,20 , gilt max. 16 Monate lang und sichert einem viele Vorteile: Sondertarife für internationale Linienflüge, Ermäßigungen bei Bahn, Bus und Fähren in vielen Ländern, Hilfe bei Ticketverlust und Umbuchungen in über 5.000 studentischen Reisebüros in 93 Ländern, Ermäßigungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben, ermäßigter oder freier Eintritt in Museen, Galerien und kulturhistorischen Einrichtungen, ermäßigter oder freier Eintritt in Theater, Kinos, Diskotheken und bei Sportveranstaltungen, Studententarife in Tausenden von Geschäften, weltweit kostenlose telefonische Helpline rund um die Uhr, Auslands-Unfallversicherung inklusive, gebührenfreier Währungstausch bei TRAVELEX auf vielen Flughäfen. 4 Information/Zufriedenheitsumfrage/Wohnheime Bekommen könnt ihr den Internationalen Studentenausweis an folgenden Orten: Informations- und Beratungs-Point, Hardenbergstr. 34, 10623 Berlin, Tel: 3112-317 Vertretung : Sozialberatung, Hardenbergstr. 34 Raum 19 - 20, 10623 Berlin Tel.: 31 12 -230 Sozialberatung, Thielallee 38, Raum 202, 14195 Berlin (Dahlem), Tel.: 83 00 2 -498/-499 Sozialberatung; Franz-Mehring-Platz 2, 10243 Berlin (Friedrichshain) Tel.: 29 30 2 -281/-282 [Studentenwerk] Lernprobleme, Redeangst, Selbstunsicherheit und Identitätsfindung. Studieren ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Neben den zahlreichen Fakten und Informationen, die wir lernen und verarbeiten müssen, dreht sich ein Großteil unserer akademischen Ausbildung um die Aneignung sozialer und organisatorischer Kompetenzen, die uns auf das anschließende Eintauchen in die Arbeitswelt vorbereiten soll. Dabei werden viele mit ihren eigenen Ängsten und Defiziten konfrontiert, ohne zu wissen, wie man mit solchen negativen Begleiterscheinungen im Hochschulalltag am besten umzugehen hat. Die psychologisch-psychotherapeutische Kompetenz des Studentenwerks Berlin. Die psychologisch-psychotherapeutische Beratungsstelle des Studentenwerks Berlin bietet Hilfe für diejenigen, die durch Stress, Belastung und Angst an ihre Grenzen stoßen. In zahlreichen Kursen wird professionelle Unterstützung bei der Problembewältigung geboten. Vier Beispiele: Redeangst Wenn bei Seminaren regelmäßig Angst aufkommt, wenn es heißt, ein Referat zu halten, eine Arbeit zu präsentieren oder an der Diskussion teilzunehmen, sollten man einen Blick in die neue Gruppe „Redeangst“ werfen, die ab diesem Sommersemester angeboten wird. Da sich die behindernde Angst meistens auf mehreren Ebenen zeigt und sowohl als negative Selbstbewertung, als phantasiertes Fremdurteil und als befürchtete Erwartung zeigt, werden in diesem Gruppenkurs verschiedene Methoden vorgestellt und geübt, die sich als Bewältigungsstrategien bewährt haben, u.a. Reden halten als Probehandeln im geschützten Rahmen und Entspannungsübungen. Studentische Lebenswelt und Identitätsfindung Durch das Abitur eröffnen sich viele Möglichkeiten für das weitere Leben. Zugleich stellt die neu gewonnene Freiheit auch hohe Anforderungen. Man muss sich entscheiden, was und wo man studiert. Hat man sich entschieden, unterliegt die Gestaltung des Studiums in vielen Fächern persönlichen Entscheidungen. Dabei erhält man oft wenig Rückmeldung. Insgesamt werden hohe Anforderungen an die eigene Selbststeuerung gestellt. Sein Leben in diesem Ausmaß selbst zu verantworten ist neu. Dabei liegt es nahe, dass man mit einzelnen Schritten nicht zufrieden ist. Vieles geht mit inneren Konflikten einher. Man lebt in einer Übergangssituation vom Heranwachsenden zum Erwachsenen. Es geht also um sehr viel mehr als den Erwerb aneinander gereihter Fertigkeiten. Die hier angeschnittenen Themen kann man oft mit anderen besser angehen. Diese Gruppe stellt eine Möglichkeit dar, sich selbst im Kontext mit anderen neu zu entdecken und sich neue Perspektiven zu erarbeiten. Lernprobleme und Selbstunsicherheit Das Semester hat mit Energie und guten Vorsätzen begonnen, aber Selbstunsicherheit bedingt oft Konzentrationsschwierigkeiten oder Motivationsschwankungen. Häufig ist nicht mehr klar voneinander zu trennen, bewältige ich die Aufgabe aus Unsicherheit nicht, bin ich überfordert, frustriert mich nur ein Misserfolg, so dass ich nicht mehr lernen kann? Manchmal geht dabei auch der Kontakt zu den Kommilitonen verloren, die Seminarteilnahme wird vermieden, Referate und Hausarbeiten werden aufgeschoben. Ziel der Gruppenarbeit wird sein, sich konstruktiv mit seinen Ängsten und Blockaden auseinander zu setzen, nach inneren Ressourcen zur Erarbeitung individueller Lösungen zu suchen, die Selbstkompetenz zu stärken. Die Gruppe ist offen für Studierende aller Universitäten und Fachhochschulen Berlins. Prüfungsangst Wer kennt nicht das Herzklopfen vor einer Prüfung? Das Herzklopfen mag normal sein, aber das Ausmaß und die Qualität unserer Ängste können einem das Leben schwer machen – sowohl vor wie in einer Prüfung. Diese Gruppe bietet den teilnehmenden Studierenden Möglichkeiten, sich mit unterschiedlichen Dimensionen der eigenen Prüfungsängste auseinanderzusetzen. Im Sinne einer Angstreduzierung bzw. eines bewussten Umgangs mit ihnen, erlernen wir Methoden gegen Angst, Stress und Lampenfieber. Wir suchen nach den „positiven“ Aspekten unserer Person - einem angemessenen Selbstvertrauen und dem Mut zu einer realistischen Form der Hoffnung. Anmeldung: Psychologisch-Psychotherapeutische Beratungsstellen des Studentenwerks Berlin, Franz-Mehring-Platz 2, 10243 Berlin Tel. 29302-271 und Hardenbergstr. 34, 10623 Berlin, Tel. 31 12 - 491 Deutsch in Amsterdam, französisch in Berlin. Allein im Ausland. Raus aus der gewohnten Umgebung, weg von den alten Freunden und sich das erste Mal wirklich einsam fühlen. Fremde Länder kennen lernen, verlaufen mit dem Stadtplan in der Hand und viersprachig Partymachen. Schulenglisch vs. zwei Brocken Französisch. Eine Fernbeziehung über 1.000 Kilometer. Und das nicht nur für die zwei typischen Urlaubswochen, sondern richtig: ein Jahr leben in der Fremde. Julian studiert in Amsterdam Wann geht das besser, als zu Studentenzeiten? Nie. Später arbeiten wir, sind fest gekettet an einen mehr oder weniger flexiblen Job, haben Kinder und unsere Abenteuerlust ist irgendwo zwischen Diplomarbeit und Steuererklärung verloren gegangen. Also raus aus den Pantoffeln, rein in die Wanderstiefel. Am einfachsten ist der Auslandsaufenthalt mittels einer Organisation wie Erasmus. Der für Studenten zuständige Teil von Sokrates, dem EU-Aktionsprogramm für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, hilft bei der Anerkennung der Scheine, übernimmt die Studiengebühren und sorgt für eine monatliche Unterstützung von bis zu 200 Euro. Einziges Problem: Du musst natürlich bereits Student sein, um dich für das Stipendium zu bewerben. Einziges Problem: Du musst natürlich bereits Student sein, um dich für das Stipendium zu bewerben. Aber wie beginnt man ein Studium im Ausland? Was macht einer, für den es in Deutschland wieder nicht für den gewünschten Studienplatz gereicht hat und bei dem sich die Ablehnungsbescheide der ZVS auf dem Schreibtisch türmen? „In Deutschland wurde ich schon zweimal für Psychologie abgelehnt, in Holland ist das Studium zulassungsfrei“, sagt Julian. Er ist 21 Jahre alt und ist vor den harten deutschen Zugangskriterien nach Amsterdam geflohen. „Die Freie Universität von Amsterdam hat einen sehr guten Ruf und außerdem ist die Stadt cool“, berichtet er und grinst. In Holland gilt lediglich für Medizin und Zahnmedizin eine Zulassungsbeschränkung. Einzige Bedingung für das Studium: die flüssige Beherrschung des Niederländischen. Das ist auch dringend vonnöten, sprechen die Holländer doch nur sehr ungern Deutsch. Julian nimmt an einem Sprachkurs der Uni teil. Ein Crashkurs für Deutsche: in sechs Wochen zum Niederländisch-Examen. Er stöhnt über drei Stunden Hausaufgaben pro Tag, aber es lohnt sich, winkt am Ende doch der lang ersehnte Studiengang. 6 Reportage/Studieren im Ausland Auch erste Freundschaften lassen sich schnell über die gemeinsamen Wochen im Sprachkurs schließen. Weit von zu Hause entfernt, ist Freundschaft das Wichtigste, um sich in der neuen Umgebung wohl zu fühlen. Julian lebt erst seit kurzer Zeit in der Stadt, im Vergleich zu seiner ebenso maritimen Heimatstadt Hamburg, erwartete ihn hier aber kein Kulturschock. Amsterdam riecht nach Meer, in den Grachten dümpeln Schiffe und es regnet auch die ganze Zeit. Julian erzählt: „Ich habe mir schon vor einiger Zeit beide Amsterdamer Unis angeguckt und die wunderbare Stimmung der Stadt hat mich verzaubert.“ Anfangs ist es gar nicht so einfach, sich zurechtzufinden. Nicht nur die Sprachbarriere ist dabei hinderlich: „Am schwersten ist es, die Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens zu organisieren, vieles ist sehr bürokratisch und voneinander abhängig.“ So pendelt er zwischen Bank, Studienberatung und Meldestelle. Und zwischendurch immer wieder Wohnungssuche, das ist das größte Problem in Amsterdam. „Es herrscht hier eine riesige Wohnungsnot. Die Studenten müssen nehmen, was sie kriegen können“, meint Julian. Die Zimmer in Amsterdam sind klein und extrem teuer. Für einen neun Quadratmeter großen Raum im Studentenwohnheim zahlt man 350 Euro und das bei einer Wartezeit von über einem Jahr. Also sucht Julian über sämtliche Makler und Vermittlungsagenturen der Stadt. Das kostet viel Geld. Andere wohnen in Jugendherbergen oder schlafen im Auto. Manche geben schließlich ganz auf und kehren nach Deutschland zurück. Die Beratungsstelle für ausländische Studenten versucht zu helfen, wo sie nur kann: „Man hat als EU-Bürger das Anrecht auf ein Auslandsbafög von etwa 200 Euro, außerdem werden die Studiengebühren zur Hälfte übernommen“, freut sich Julian. Insgesamt gefällt ihm die dörfliche Weltstadt bisher sehr gut, besonders das spannende Potpourri der verschiedenen Kulturen. An jeder Ecke findet man in Amsterdam exotische Läden, Märkte und natürlich Coffeeshops. „Ich kann mir gut vorstellen mein Studium hier abzuschließen“, meint er und freut sich auf die kommenden Jahre. [Janis Voss] Sophie studiert in Berlin Die Stadt, in der Sophie zwei Semester lang studiert hat, hört sich traumhaft an: immer in Bewegung, viel Grün, viel Kultur und dabei trotzdem relaxt, cool und preiswert. In den Seminaren gibt es keine Anwesenheitspflicht und das Studiensystem ist im Gegensatz zu ihrer französischen Heimat viel freier und mehr an der Praxis orientiert. Die 22-jährige Jurastudentin ist von ihrem Auslandsaufenthalt begeistert und auch als Zuhörer bekommt man große Lust, in diesem sagenhaften Ort der Vielfalt zu leben und zu studieren. Kein Problem, wir tun es bereits, denn die junge Französin hat die letzte Zeit in keinem weit entfernten Paradies verbracht. Sophie studiert dank Erasmus an der Humboldt Uni und wohnt in einer WG in Friedrichshain. „Ich hatte mir schon immer gewünscht, eines Tages in Berlin zu leben“, sagt sie. In ihrer Bewerbung hatte sie zwar noch Amsterdam und Bristol als Alternativen angegeben, doch sie muss kurz überlegen, bevor ihr diese Namen einfallen: „Über andere Städte habe ich nie ernsthaft nachgedacht.“ Für Berlin als Studienort sprach zudem, dass Sophie bereits in der Schule als erste Fremdsprache Deutsch gelernt und vor vier Jahren schon einmal für drei Monate in Münster gelebt hatte. Berlin war also nicht der Sprung ins ganz kalte Wasser – zumindest was die Sprache angeht. Allerdings erinnert sich auch Sophie eher mit Unbehagen an die erste Woche in der Stadt: „Die Leute hier sind etwas kalt“, bescheinigt sie der Berliner Bevölkerung. „Anders als in Frankreich wirken die Menschen hier anfangs oft grob und unhöflich.“ Da fällt es so manchem Erasmus-Studenten anscheinend schwer, Kontakt aufzunehmen und viele bleiben in ihrem Auslandsjahr unter sich. Apropos Erasmus: Völkerverständigung hin oder her – jetzt möchten wir wissen, ob es sich dabei um eine bedenkenlos weiter zu empfehlende Organisation handele. „Es gibt ein bisschen zu wenig Betreuung und es ist furchtbar bürokratisch – aber sonst ist Erasmus super“, erklärt die angehende Juristin. Trotz ihres Stipendiums musste Sophie sich dennoch einen Nebenjob suchen, denn mit 200 Euro monatlicher Förderung kommt man auch in Berlin nicht weit. Schon gar nicht, wenn man sich für einen ungewohnt harten Winter neu einkleiden muss. Die aus der Normandie importierte Garderobe war den sibirischen Verhältnissen an der Spree nicht gewachsen. Auch als Zuhörer bekommt man große Lust, in diesem sagenhaften Ort der Vielfalt zu leben. Sophie jobbte als Kellnerin, gab Unterricht an einer Sprachschule und kaufte sich mit dem verdienten Geld eine warme Jacke. So ausgerüstet konnte sie dem Berliner Winter dann auch noch etwas Positives abgewinnen: „Hier hat es geschneit, das gibt es bei mir zu Hause gar nicht. Das war für mich etwas Besonderes.“ „Hier hat es geschneit, das gibt es bei mir zu Hause gar nicht. Das war für mich etwas Besonderes.“ Inzwischen ist es Sommer und das Semester ist vorbei. Da Sophie aber noch bis Ende August in Berlin bleiben möchte, sucht sie wieder einen Job und bietet uns spontan Sprachunterricht an, was wir mangels Geld und Begabung aber dankend ablehnen müssen. Bald ist die Zeit des Jobbens für Sophie jedoch vorbei, ihr Studium nähert sich dem Ende. Danach wünscht sie sich einen Beruf, bei dem sie viel reisen kann, am liebsten als Diplomatin. Ihr Auslandsaufenthalt in Berlin kann ihr dafür nur nützlich sein, denn im Rückblick auf das vergangene Jahr bleibt für Sophie die Erkenntnis, selbstbewusster, reifer und offener geworden zu sein. Was bleibt ist auch ein kleiner Bierbauch. „Den bekommen hier alle Erasmus-Studenten“, sagt sie und lacht. [Lukas - C. Fischer, Daniel Kreuscher] Reportage/Studieren im Ausland 7 Studieren im Ausland, der Soundtrack. Mit Musik geht alles leichter. Den Studienplatz im Ausland sollte der Musikgeschmack bestimmen. 01. Amsterdam Song: David Bowie - Port of Amsterdam Zitat: In the port of amsterdam There‘s a sailor who sings Of the dreams that he brings From the wide open sea Coffeeshop - City Amsterdam ist nicht nur gut, um sich die Birne weich zu rauchen, man kann auch hervorragend in der Metropole der Niederlande studieren. Natur-, Geisteswissenschaften und Wirtschaft stehen hoch im Kurs und werden zum Großteil sogar in Englisch gelehrt. Allerdings kostet es Studiengebühren. 02. Tokio Song: Arrogant Worms - Tokyo Love Song Zitat: ahhh, ahhh, ahhhh, AHHHHHH GODZILLA! Banzai! In Japan zu studieren bedarf einiger Vorbereitung. Bewerbungen in Japanisch, mindestens aber in Englisch sind notwendig und Prüfungen müssen absolviert werden. Nicht zu vergessen, dass Japan nicht gerade preiswert ist. Dann doch lieber Godzillavideos gucken? 03. Barcelona Song: Paperboys - Barcelona Zitat: I‘m leavin (where you gonna go?) Barcelona Anywhere it don‘t snow (sure) Feel the sun glow (ohh) Ladies lookin like the models from a video Auch hier gilt: Wer die Aufnahmeprüfung 8 Studienwahl/Soundtrack besteht, der darf. Spanisch sprechen ist natürlich Pflicht. Die meisten deutschen Studenten in Spanien sind über Austausch- und Stipendienprogramme im Land. Informationen dazu gibt es an der eigenen Hochschule. 04. Paris Song: Queensryche - Last Time In Paris Zitat: Last time in Paris was a little strange, Had time to myself. Headed out to see the city sights. Met a little thing on the Champs-Elysees, Stole my heart away In Frankreich entscheidet die Universität, wer studieren darf oder nicht. Wichtig ist die Einhaltung der Bewerbungsfristen und natürlich ein Nachweis, die Sprache zu beherrschen. Wer einen Französischleistungskurs befriedigend abgeschlossen hat, braucht übrigens keinen Sprachtest: Vive la France. 05. Moskau Song: Kim Wilde - Suburbs of Moscow Zitat: Out on my own In the suburbs of Moscow Out in the rain Walking down this long avenue In Moskau zu studieren ist noch einfacher. Eine Anfrage an die entsprechende Uni reicht und man bekommt die erforderlichen Bewerbungsunterlagen zugeschickt. Eine Aufnahmeprüfung ist auch nicht notwendig. Die Sprache muss aber gekonnt werden. 06. Prag Song: Damien Rice- Prague Zitat: I pack my suit in a bag I‘m all dressed up for prague Zum Teil gibt es Kurse in Deutsch, Französisch oder Englisch. Trotzdem kommt man wohl nicht um eine gute Kenntnis der tschechischen Sprache herum. Das wird auch getestet. Wer studieren darf liegt einzig in der Entscheidungsgewalt der entsprechenden Hochschule. 07. Washington Song: The Get Up Kids - Washington Square Park Zitat: It‘s better than nothing, it‘s better than you can get. Da wo Bush Junior sitzt, lässt es sich anständig studieren. Allerdings wird ein Abschluss von überm Teich hier nicht immer anerkannt. Darüber sollte man sich also rechtzeitig informieren und am besten vorher viel arbeiten. Denn ohne Stipendium wird es mehr als teuer. 08. London Song: The Clash - London Calling Zitat: London calling, yes, I was there, too An‘ you know what they said? Well, some of it was true! Das Vereinigte Königreich ist studientechnisch ausgesprochen beliebt. Schließlich ist es nah an der Heimat und trotzdem weit genug im Ausland. Und Fremdsprachen sprechen die da auch. Meistens Englisch. Das sollte man auch beherrschen und beweisen können: Fish`n`chips, please. [Klaus Esterluß] Welche Angebote bietet die Sozialberatung ausländischen Studierenden? Im Interview erklärt uns Iris Breuel von der Sozialberatung, wie das Studentenwerk Berlin ausländische Studierende unterstützt. Von den etwa 140.000 Studierenden in Berlin kommen ca. 19.200, also immerhin 13,7 %, aus dem Ausland - mit steigender Tendenz. Dabei ist es mitunter nicht so leicht, wie man denkt: Die Finanzierung des täglich Brot, der Miete und des Semestertickets ist für unsere ausländischen Kommilitonen häufig nicht unproblematisch. Eine Hilfestellung in dieser Situation bietet die Sozialberatung des Studentenwerks, die bei der Vermittlung von Jobs, Kinderbetreuung, der finanziellen Unterstützung, aber auch bei Problemen in Alltagssituationen weiterhilft, bei Bedarf auch auf Englisch. Im Interview erklärt uns Iris Breuel von der Sozialberatung, wie das Studentenwerk Berlin ausländische Studierende unterstützt. Welche Angebote bietet die Sozialberatung ausländischen Studierenden? Die Sozialberatung hilft ausländischen Studierenden vor allem bei der Vermittlung von kleinen Jobs ohne den üblichen bürokratischen Aufwand, vergibt Sozialzuschüsse bzw. Darlehen in Prüfungs- oder Notsituationen, vermittelt Plätze in den studentenwerkseigenen Kitas mit verlängerten Betreuungszeiten, bietet Beratung für behinderte Studierende und ist Ansprechpartner bei Alltagsproblemen (Krankenkasse, Probleme mit Ämtern, Profs, Kommilitonen...). Die Sozialberatung vermittelt bei Bedarf auch andere Hilfsangebote. Wie und unter welchen Voraussetzungen kann ich einen Sozialzuschuss oder ein Darlehen beantragen? Ausländische Studierende mit regelmäßigem Einkommen können in Prüfungssituationen, also bei Zwischen- oder Diplomprüfungen einen Sozialzuschuss von max. 465 beantragen. In besonderen Notsituationen, also z.B. zur Begleichung des Semestertickets, kann ein unverzinsliches Darlehen gewährt werden, das dann in Raten zurückgezahlt wird. Welche Unterlagen werden benötigt? Die Beantragung der finanziellen Hilfen muss persönlich bei der jeweiligen Sozialberatung erfolgen. Benötigt werden folgende Unterlagen: Verdienstnachweis, Immatrikulationsbescheinigung und Pass mit gültiger Aufenthaltsbescheinigung. Für den Zuschuss in Prüfungssituationen zusätzlich die entsprechenden Prüfungsunterlagen. Ein Antragsformular wird mit dem/r Bearbeiter/in vor Ort gemeinsam ausgefüllt. Die Situation ausländischer Studierender soll mit dem „Wohnheimtutorenprogramm“ (das werkblatt berichtete) ab September in zunächst vier Wohnheimen durch die Betreuung vor Ort auch innerhalb der Studentenwohnheime verbessert werden. Die Anleitung und Betreuung der „Wohnheimtutoren“ erfolgt dabei durch die Mitarbeiter/innen der Sozialberatungen des Studentenwerks Berlin. Weitere Infos im Netz unter: www.studentenwerk-berlin.de, Dorit Beyersdorff Sozialberatung für Studierende der TU, HdK: Fr. Rosaria Pelliccia, Hardenbergstr. 34, Raum 19-20, 10623 Berlin, Tel.: 030/3112-230, eMail: r.pelliccia@studentenwerk-berlin.de Sozialberatung für Studierende der FU, KHB, HfM, HfSK, FHW, ASFH, EFB, KFB: Fr. Iris Breul, Hr. Manfred Klos, Thielallee 38, Raum 202, 14195 Berlin, Tel.: 030/830 02-498, eMail: i.breul@studentenwerk-berlin.de Strutzberg, Franz-Mehring-Platz 2, 10243 Berlin, Tel.: 030/293 02-281, eMail: m.strutzberg@studentenwerk-berlin.de Sprechzeiten für die Beantragung von Zuschüssen/Darlehen: Mo und Do 8.30 - 11.30 Uhr (in der für die jeweilige Uni/FH zuständigen Beratungsstelle) Beratung auch außerhalb dieser Sprechzeiten oder nach Vereinbarung (in jeder Beratungsstelle für Studierende aller Unis/FHs). Sozialberatung für Studierende der HU, FHTW, TFH: Fr. Marianne Information/Ausländische Studierende 9 P 18 Anders sein. Hamburg vs. Berlin, Punk vs. Pop, Spillsbury vs. Virginia Jetzt! Zwei junge Bands, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Spillsbury und Virginia Jetzt!. Die Hamburger Band Spillsbury wird als der norddeutsche Gegenentwurf zu den aktuellen Berliner Retropunk-Bands „Wir Sind Helden“ und „Mia“ gehandelt. Das Duo rockt über elektronische Beats in Punkmanier, die 80er Jahre Synthesizer dominieren den Sound und es bleibt kaum eine Sekunde zum Luftholen. Immer weiter, niemals stillstehen. Spillsbury rules. Doch Bassist und Songwriter Tobias Asche und Sängerin Zoe Meißner wollen von alldem nichts wissen. Zoe singt: „Alles was wir tun und machen geht euch überhaupt nichts an“. Beide sind nach eigener Aussage vom Mitschwimmen auf irgendwelchen Modewellen genauso weit entfernt, wie ihre Lieder von den zuckersüßen Balladen der Berliner Band Virginia Jetzt!. Deren Mitglieder haben zwar ihren Zwanzigsten, genauso wie bei Spillsbury, noch nicht allzu lange hinter sich und auch bei ihnen stehen reihenweise Tocotronic-Platten im Schrank, trotzdem ist ihre Musik der pure Antagonismus. Virginia Jetzt! spielen Zuckerwatte-Pop, singen Liebeslieder und bringen Mädchenherzen zum Schmelzen. Die vier Berliner sind extrovertiert und immer zu Späßen bereit, Spillsbury kommen erst auf der Bühne so richtig aus sich heraus. Während die Hamburger sich keiner Szene zuordnen lassen möchten, sind VJ! immer in der erster Gitarrenpop-Front zu finden. Zwei passend unpassende Interviews: Tobi: Ja, das war schon ein großer Einfluss für mich. Tocotronic war eine Initialzündung, selber Texte zu schreiben und Musik zu machen. Ich habe durch sie das erste Mal gesehen, dass man auch über einfache Dinge Texte schreiben kann. Man muss keine hoch trabenden Inhalte haben und sein Instrument nicht perfekt beherrschen, um selbst Musik zu machen. Es kommt nicht auf eine ausgefeilte Produktion an, sondern wie viel Energie man reinsteckt und dass die Leute merken, dass man Spaß dabei hat. (Tocotronic) (Tocotronic) (Tocotronic) (Tocotronic) Ihr veröffentlich jetzt euer Debütalbum, wie ging’s bei euch los? Zoe: Anfangs war es nur ein Experiment, wir hatten nicht geplant eine Band zu gründen und einen Plattenvertrag abzuschließen. Wir hatten zusammen in der Punkband One Thirty gespielt, vor anderthalb Jahren hat Tobi dann angefangen auf dem Computer Musik zu machen. Wir saßen in seinem WG-Zimmer und bastelten gemeinsam am Rechner: Mit einem Lied haben wir damals angefangen und alles andere hat sich plötzlich daraus entwickelt. Ich finde es seltsam, dass Bands wie Spillsbury, WSH oder Mia, die alle gleichzeitig Debütalben veröffentlicht haben, sich immer von dem 80er Modetrend distanzieren, auf der anderen Seite aber immer in diese Schublade gesteckt werden. Das Gegenargument ist dann meistens: „Bei der NDW war ich vier Jahre alt, da habe ich keinen Bezug zu“. Könnt ihr euch das erklären? Tobi: Ich habe da erst drüber angefangen nachzudenken, als mich jemand darauf angesprochen hat. Beim ersten Hören erinnert es vielleicht an NDW, aber ich kann mich damit nicht identifizieren. Die Synthis waren ehrlich gesagt die ersten, die ich ausprobiert hatte. Da sie sich gut anhörten, haben wir sie auch gleich genommen. Ich denke, wir sind zur falschen Schubladenzeit rausgekommen. Als ich euch live gesehen habe, hatte Tobi ein Tocotronic T-Shirt an... Zoe singt parolenhaft: „Alles was wir tun und machen geht euch überhaupt nichts an“. Heißt 10 Musik/Spillsburry vs. Virgina Jetzt! das, ihr macht eure Musik, aber alles Private geht die Hörer nichts an? Tobi: Nicht in Hinsicht auf „Finger weg“ von unserem Privatleben, sondern dass die Hauptsache die Musik ist. Nicht was wir als Person, oder als Band, für ein Image haben ist wichtig, sondern es geht einzig um die Musik. Es ist egal, was ich für eine Hose anhabe oder welchen Pullover ich trage. Außerdem geht es gegen die kleinen Feindbilder, die jeder von uns hat. Also nicht von uns gegen die Hörer, sondern von den Hörern gegen ihr Lieblingsfeindbild. Was ist denn euer Lieblingsfeindbild? Tobi: Ich finde eine typische Phrasendrescherei wie „Gegen das System“ oder „Gegen den Staat“ sehr platt. Die Sachen, die einen runterziehen sind doch immer die kleinen Sachen aus dem Alltag, die Ignoranz von irgendwelchen Leuten zum Beispiel. Und dafür ist der Song gedacht. Zoe: Auch dass man sich selber die Freiheit nimmt, nicht immer auf die Meinung der anderen zu achten und sich von anderen etwas aufzwängen zu lassen. Versteht ihr eure Musik als Punk? Tobi: Wir verarbeiten ganz sicher Elemente des Punkrock, weil wir ja vorher auch in einer Punkband gespielt haben. Die Musik ohne Kommentar als Punk zu bezeichnen, würde ich aber nicht machen, dafür ist sie zu poppig und elektronisch. Ich habe ein altmodisches Verständnis von Punkrock, mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Auch im Politischen? Tobi: Natürlich bedeutet sein eigenes Ding machen auch, das unabhängig von der herrschenden Politik zu tun. Im Grunde gegen alles „Obrige“. Punk ist umfassender, als sich immer nur einzuschießen auf bestimmte Personen oder Geschehnisse. Ganz allgemein gegen Regeln, Obrigkeit und Ordnungszwang. Zoe: Ich würde unsere Musik aber niemals instrumentalisieren, um eine Meinung kundzutun. Unsere Musik soll immer im Vordergrund stehen. Wir treffen Virginia Jetzt! im Backstagebereich des Immergut Festivals. Es ist heiß, Staub schwebt wie Nebel über dem Boden. Bauwagen sind im Kreis zu einer „Lucky Luke“-artigen Wagenburg aufgestellt und dienen als Homebase der Bands. Hier haben sie einen Vorrat gekühltes Bier, mehrere Sofas, ihre Rockstar-Klamotten und geben Interviews. Wir schwitzen, Bassist Mathias Hielscher spendiert Bier. Vor drei Jahren waren VJ! noch nicht einmal in Berlin so richtig bekannt. Doch die vier Jungs aus Elsterwerda sind ehrgeizig: Sie touren sich den Arsch ab, quer durch Deutschland, immer mit anderen Bands zusammen, sammeln Kontakte. Wenig später verbreiten sie ihren harmoniesüßen Gitarrenpop als Support der Sportfreunde Stiller. Die EP „Mein Sein“ wird auf Blickpunkt Pop veröffentlicht, das Video läuft bei Fast Forward, ab jetzt geht’s schnell aufwärts. Aktueller Stand: Kürzlich wurden sie von dem Major-Label Motor Music gesignt und veröffentlichten Anfang Juni ihr Debüt-Album „Wer hat Angst vor Virginia Jetzt!“ Innerhalb der Band scheint es eine Rollenverteilung zu geben, während im Interview hauptsächlich Mathias unterhaltsam plaudert und Nino auf der Bühne den Frontmann gibt, ist Thomas der kreative Kopf. „Thomas schreibt die Texte und die Musik. Kommt dann zu uns ins Studio und spielt uns den Song vor, so wie wenn wir zusammen am Lagerfeuer sitzen würden“, beschreibt Mathias den Entstehungsprozess der Lieder. Kontinuierliche Weiterentwicklung ist ihnen wichtiger als der schnelle Hype, wie uns Mathias bestätigt: „Wir haben gemeinsam mit Motor versucht einen Maßanzug zu schneidern, der nicht der fette Plattenvertrag mit viel Geld im Hintergrund ist. Es läuft jetzt nicht mit großem Krawall, keine ganzseitigen Anzeigen und keine hohen Marketingkosten. In den letzten drei Jahre haben wir viel selbst gemacht und es ist uns wichtig, dass es Schritt für Schritt weitergeht.“ deren Fragen lassen die vier kalt: „Wer uns fragt welchen Frauentyp wir bevorzugen, muss auch damit rechnen, dass wir eventuell auf Männer stehen.“ Ein Vorurteil mit dem die Band öfter konfrontiert wird, ist der Vorwurf sie spielten Mädchenmusik. Aber Thomas kann darüber sogar lachen: „Wir sind in den Texten ziemlich direkt und eindeutig, auch wenn wir viele Bilder verwenden. Außerdem sind wir sehr positiv. Ich glaube, dass Mädchen so was mögen, auch wenn man weiß, dass sie nicht besonders gut im Direktsein sind.“ Und Nino meint: „Die stehen vorn in der ersten Reihe und machen sich sogar fein für uns und sind dadurch sehr präsent.“ Nino seinerseits trägt ein buntes Hawaiihemd, Mathias hat sich ein Achtzigerjahrestirnband mit neon-blauem Sonnenschirm aufgesetzt und stellt fest: „Wir machen uns aber auch fein für sie.“ [Janis Voss] Neuerdings meldet sich sogar die Boulevardpresse zum Interview an, doch Musik/Spillsburry vs. Virgina Jetzt! 11 Annika Reich: Teflon. Die Autorin (ent-)führt uns in die vermeintlich heile Welt einer Mittelstandsfamilie, deren gemeinsames Leben sich vor allem am Frühstückstisch abspielt. Die Ehe der Eltern ist zerrüttet, es herrscht eine allgemeine Sprachlosigkeit und die beiden jugendlichen Töchter des Hauses leben in einer Art Vakuum, abgeschirmt von sämtlichen Emotionen. Hannah, die Jüngere der Beiden, noch Schülerin, verliebt sich eines Abends in Stefan, einen Balettchoreographen mittleren Alters. Zwar ist dieser, wir ahnen es bereits, in festen Händen – spielt jedoch trotzdem gerne mit der Damenwelt und somit auch mit Hannah. Doch auch Schwester Nora ist dem Charme des bösen Kulturmenschen erlegen, was naturgemäß zu Verwicklungen führen muss. Schließlich erweist sich der Meister der Inszenierung auch noch als Auslöser der elterlichen Ehekrise. Hannah und Nora versuchen derweil, ihre Gefühle gemeinsam zu bewältigen und den Schmerz zu besiegen, der einzig nicht teflongleich an ihnen abzuperlen scheint. In poetisch schönen Sätzen erzählt die Autorin ihre Geschichte über Liebe, emotionale wie physische Verletzlichkeit und die Qualen des Erwachsenwerdens. Dabei spart sie nicht an Metaphern, so wird der Frühstückstisch schon mal zur Projektionsfläche des Lebens. Bild- und facettenreich wirkt die Sprache, schön und liebenswert und kontrastiert damit die eiskalte Gefühllosigkeit der Eltern. Leider kann die Handlung hier nicht mithalten. Die Personenkonstellation wirkt streckenweise vorhersehbar und konstruiert. Hier die unschuldigen Frauen, dort der selbstverliebte Choreograph, dessen Motivation bis zum Schluss im Unklaren bleibt. Ist für ihn das Leben nur ein Tanz? Geht es um Macht, Sex, Begierde oder ist Stefan vielleicht doch nicht so stark, wie er scheint? Kann er überhaupt lieben? Vieles bleibt bei ihm im Dunkeln, während der Rezipient Hannahs und Noras Gefühle so hautnah miterlebt, dass er schon fast gezwungen wird, eine schützende Distanz zu beiden aufzubauen. Müsste man die Romanhandlung in einem Satz zusammenfassen, böte es sich an, bei der englischen Band „Placebo“ abzuschreiben: „Protect me from what I want.“ Annika Reich: Teflon. Roman, Paperback, 128 Seiten, Suhrkamp Verlag, 6,50 [Dirk M. Oberländer] Upgrade your Third Place Mit den Hardwarekomponenten Network-Adapter und EyeToy erweitert Sony die Produktpalette seiner Konsole PS2. Der Network-Gaming-Service ermöglicht es dem Spieler, einer Online-Community beizutreten. Per Adapter und Breitbandanschluss loggt man sich ins Netz ein und betritt die virtuelle Spielhalle. Je nachdem wie viel andere User gerade online sind, hat man es mit einer mehr oder weniger großen Zahl von Gegnern aus Fleisch und Blut zu tun. Bisher gibt es für den deutschen Markt mit SOCOM: U.S. Navy Seals und Twisted Metal Black zwei Spiele, die online genutzt werden können. Andere sollen folgen. Worin das „verstärkte Gemeinschaftserlebnis“ (Sony) bestehen soll, wenn die Mitspieler hunderte Kilometer weit entfernt auf einer Couch sitzen, ist aber noch nicht ganz klar. Außerdem ist es uns bei unserem Selbstversuch nicht gelungen, mit anderen zu spielen – irgendwie wollten die alle unter sich bleiben. Derartige Probleme hat man bei EyeToy nicht, denn das Eye Toy ist eine Art Web-Cam, die das Joypad ersetzt. Die Kamera überträgt dabei die Bewegungen des Spielers in Echtzeit auf den Bildschirm. Hier müssen durch Verrenkungen vor dem Monitor diverse Geschicklichkeitsspiele gemeistert werden. Die Bildqualität hängt jedoch stark von den Lichtverhältnissen im 12 Rezension/Buch/Konsole Raum ab und ist insgesamt eher unbefriedigend. Auch die Auswahl der Spiele ist mehr etwas für Kinder, und ob man hier „spielend Pfunde verliert“ (Sony), darf bezweifelt werden. Mehr Spaß als das Daddeln an sich macht es jedenfalls, den Spielern bei ihren Verrenkungen zuzusehen. Def Jam Vendetta Electronic Arts Getestet auf: PS2 Du hast Fight Club gesehen, magst (virtuelle) Schlägereien, stehst auf Goldkettchen und fette Hip-Hop-Beats? Dann bist du mit Def Jam Vendetta gut bedient. Denn hier kann man sich ganz nach oben schlagen, an die Spitze des aggressiven Mobs sozusagen. Dabei stehen dem geneigten Spieler nicht nur zahlreiche Musikgrößen des Kultlabels ‚Def Jam’ als Wrestler zur Auswahl, sondern im Getümmel kann man mit 1.500 Fighttechniken entsprechend punkten. Diese Vielfalt schützt Def Jam Vendetta jedoch nicht vor einer gewissen Eintönigkeit, die eingefleischte Fans des Genre allerdings kaum stören wird. Formel Eins 2003 Sony Getestet auf: PS2 Stundenlang als Schumacher oder Montoya im Kreis fahren, minutiös geplante Boxenstopps und ein authentisches Formel-1-Fahrgefühl gefällig? Sony hat einen geschickten Move hingelegt und sich bis 2004 die Rechte am Rennzirkus gesichert. Wer also die aktuellsten Wagen und Fahrer auf den Wohnzimmerschirm bringen möchte, muss zu Formel Eins 2003 greifen. Nach drei Runden kann das Spiel für nicht Motorsportbegeisterte allerdings langweilig werden. Tomb Raider – The Angel of Darkness Eidos Getestet auf: PS2 Lara Croft ist zurück. Schlagkräftig, jung, gut aussehend und intelligent wie eh und je, steht die Dame, die laut eines deutschen Nachrichtenmagazins als Vorbild für weibliche Jugendgangs dient (eher unwahrscheinlich) , wieder vor einem neuem Abenteuer. Anders als die Vorgänger spielt sich ‚The Angel of Darkness’ [Lukas - C. Fischer, Daniel Kreuscher] Alle kennen und wenige schätzen sie – die Werbung in unseren Städten. Sowohl größen-, als auch zahlenmäßig gab es in den letzten zehn Jahren für Außerwerbung nur eine Tendenz: stark steigend. Der öffentliche Raum wird heute massiv von Bildern und Zeichen gefüllt, die sich allein der Verkaufsförderung verschrieben haben. Offensichtlich ist, dass Werbetafeln an strategisch gewählten Plätzen das Stadtbild dominieren. Um die inzwischen völlig übersättigten Konsumenten zu erreichen, müssen immer größere Geschütze aufgefahren werden. Tausende, quadratmetergroße, bedruckte Vinylnetzgitter hängen an riesigen Häuserwänden. Unzählige Werbeflächen in den Städten, im öffentlichen Raum, penetrieren dauerhaft ihre Umgebung mit immergleichen Botschaften. Nur der Endverbraucher wird nicht gefragt, ob er an der Rezeption der Werbebotschaften interessiert sei. Wer bezahlt, der darf bebildern. Eine Rechtsauffassung, die erfreulicherweise nicht von allen Bewohnern dieser Stadt akzeptiert wird. Eine wachsende Gruppe setzt Marken und bricht das erkaufte Bildmonopol. Ihre Werkzeuge: Pinsel, Kleister, Sprühdosen, Schablonen, Stifte, Aufkleber und Plakate. Das Ganze hat auch einen schmucken, englischen Namen: Streetart - sprich Straßenkunst. Berlins Straßen sind voll von Bildern und Zeichen der zumeist jungen Künstler. Einige implizite Fragen rücken die Arbeiten der Straßenkünstler in den Vordergrund: „Wem gehört die Stadt? - Wer darf sie mit Bildern füllen?“ Die Antwort scheint simpel: „Jeder, der klebt oder malt, darf die Stadt mit Bildern füllen.“ Die Stadt wird damit - ob bewusst oder nicht - immer mehr zu einem Platz, in dem die sauberen und glatten Konzepte von Marketingstrategen und Stadtplanern bunt eingefärbt werden. Ähnlich wie braches Bauland mit Grün zuwuchert und damit von der Natur zurück erobert wird, bekommen die unpersönlichen Städte durch Streetart ein Gesicht, das etwas über die Bewohner aussagt. Dass dabei die kommerzielle Bebilderung der Städte angegriffen oder gar in Frage gestellt wird, ist nur erfreulich. Den Künstler, der hinter den Arbeiten auf der Straße steckt, sieht man zumeist nicht. Denn das Sprühen, Zeichnen und Kleben im öffentlichen Raum kann zu bösen zivilrechtlichen Konsequenzen führen, wenn man sich erwischen lässt. Den Künstler, der hinter den Arbeiten auf der Straße steckt, sieht man manchmal aber doch, dann sogar als Star. Durch Berlin zieht gerade die Werbekarawane einer Turnschuhund Livestylefirma. Im Gepäck hat sie, neben Sportschuhen und passenden T-Shirts, einige international bekannte Straßenkünstler. Die Zeiten, in denen die Bilder auf der Straße als Geschmiere einiger abseitiger Gesellen angesehen wurden, sind vorbei. Inzwischen ist Straßenkunst immer zahlreicher in Galerien vertreten. Die Frage, inwieweit die Wurzeln der Straßenkunst dabei erhalten bleiben, kann man sich stellen, muss man aber nicht. Interessant ist, was passiert, wenn der Schritt von der Straßenkunst in eine Galerie angetreten wird. Diese Erfahrung möchten wir der geneigten Leserschaft höchst selbst überlassen und empfehlen folgende Ausstellungen und Internetseiten zum Thema: Am 25.Juli gibt es bei genauso.und.anders° in der Krossener Straße 27 in Friedrichshain eine eintägige Streetartausstellung. Gleich um die Ecke, in der Seumestr. 12, im kosmoskop*, eröffnet am selben Tag für einen Monat eine Ausstellung zum Thema Straßenkunst. Eine gute Adresse im Internet und als Ausstellungsraum in der Stadt, ist die Urban Art Galerie: www.urban-art.info. Die Karawane der international bekannten „Turnschuhkünstler“ hat Berlin verlassen, Arbeiten seht ihr unter: streetwisetwo.com. Für die Revolution auf der Straße, sei euch noch die Seite: www.multisensual-guerilla.org ans Herz gelegt. Nicht vergessen: Seht euch auf der Straße um oder schwingt selbst den Pinsel und färbt die Stadt! [Stephan König] Kultur/Streetart 13 Was wir schon immer über unsere Zukunft wissen wollten. Bundesregierung hin, Agenda 2010 her. Was auch immer für Zukunftspläne hierzulande angedacht werden, im Vergleich mit den globalen Veränderungen erscheinen Diskussionen um Zahnersatz, Rentenreform und Metrorapid eher lächerlich. Jenseits von Ökosteuer und Eigenheimzulage ist eines sicher: Die Welt von morgen wird eine andere sein. Höchste Zeit, einen Blick auf die globale Zukunft zu werfen. Umwelt Die durch CO2 -Ausstoß verursachten Klimaveränderungen führen zu einem Umweltszenario, dass durchaus Hollywoodqualitäten hat: das Abschmelzen der Polkappen und die thermisch bedingte Ausdehnung des Oberflächenwassers der Ozeane lässt bis zum Jahr 2100 den Meeresspiegel um einen Meter ansteigen und flache Küstenregionen wie die Niederlande werden überschwemmt. Durch das langsame Verschwinden der Arktis wird wahrscheinlich der Golfstrom umgeleitet und Nordeuropa in ein zweites Nordkanada verwandelt – nur ohne Eskimos. Auch unser konsequenter Umgang mit der Umwelt trägt Früchte: jährlich verabschieden sich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten auf Nimmerwiedersehen - bis zu 500.000 pro Jahr. Energie In vierzig Jahren geht auf der Welt buchstäblich das Licht aus. Dann werden nämlich die Erdölvorräte global aufgebraucht sein, was bei einem Rohölverbrauch von über 3700 Kilo pro Kopf in Europa und über 8000 Kilo in den USA auch kein Wunder ist. Das Erdgas wird uns noch bis ins Jahr 2050 die Häuser wärmen können, aber dann ist auch hier Schicht im Schacht. Kritiker der Ökosteuer und Kraftfahrzeugfanatiker sollten sich diese Zahl genau merken – denn der hohe Benzinpreis kommt nicht von ungefähr und soll Autofahrern 14 Information/Zukunft/Verlosung nicht nur das Geld aus Tasche ziehen, sondern vielmehr ein energiepolitisches Umdenken erzwingen. Wasser Die Ressource Trinkwasser wird in Zukunft – wo sie es nicht schon ist – zu einem der meistumkämpften Güter werden. Bereits heute herrscht im nördlichen Afrika eine bedrohliche Wasserknappheit, im nahen Osten schwelen diverse Konflikte um die Verfügungsgewalt über das kühle Nass. Im Jahre 2020 wird ein Drittel der Weltbevölkerung unter Wassermangel leiden und auch in Deutschland treten schon heute gelegentliche Versorgungsmängel auf. Der Trend zur Privatisierung von Wasser lässt eher eine Verschärfung der ungleichen Verteilung befürchten als auf Besserung hoffen. Arbeit Bereits 1995 wurde ein Formel durch die Gänge der US-amerikanischen Think Tanks geraunt, die kurz zusammenfasst, wie die Zukunft der Arbeitswelt im neuen Jahrtausend aussehen wird: 20:80. Ausformuliert bedeutet das: 20 Prozent der Weltbevölkerung werden benötigt, um den Motor der Weltwirtschaft auf Touren zu halten – mehr nicht. Der technologische Fortschritt lässt somit das Heer der Arbeitslosen auf weltweit fünf Milliarden anwachsen. Dass nur diejenigen aktiv am Leben in einer kapitalistischen Gesellschaft teilnehmen können, die auch entsprechende Geldmittel, sprich Arbeit haben, ist verständlich. Für den Großteil der Bevölkerung wird es somit heißen: have or be lunch. Gesundheit Alle 30 Sekunden stirbt ein Kind an Malaria, neben Aids und Tuberkulose eine der drei Krankheiten, die weltweit die meisten Opfer fordern. Fast ausschließlich auf der Südhalbkugel, vor allem in Subsahara-Afrika. Das HI-Virus wird zudem in den nächsten Jahren einen erheblichen Teil der Bewohner Afrikas dahinraffen. In einigen Staaten sind bereits mehr als ein Drittel der Erwachsenen infiziert. Für sie stellt Aids/HIV eine nationale Bedrohung dar. Und auch vermeintlich sicheren Industriestaaten kann die Zukunft die eine oder andere Epidemie bescheren. Migrationsströme und Tourismus bringen die Erreger schnell auch auf andere Kontinente. Die Panik um die eher harmlose SARS-Epidemie zeigt, was noch möglich ist. Wer jetzt schon mit der Schlinge um den Hals auf dem Hocker steht, sollte heruntersteigen und sich locker machen. Das werkblatt verlost dreimal eine heile Welt. Stichwort: Apokalypse. [Lukas - C. Fischer, Daniel Kreuscher]