Mit großer Lust und dem nötigen Ernst - Hu
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Mit großer Lust und dem nötigen Ernst - Hu
HUMBOLDT Die Zeitung der Alma Mater Berolinensis Ausgabe 6 – 2009/2010 www.hu-berlin.de/pr/zeitung Jahrgang 54 · 22. April 2010 „Mit großer Lust und dem nötigen Ernst“ Konzil wählt Jan-Hendrik Olbertz zum neuen Präsidenten Die Humboldt-Universität zu Berlin hat einen neuen Präsidenten gewählt: Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz. Der NochKultusminister Sachsen-Anhalts hat am 20. April 2010 überwältigende Zustimmung vom Konzil erhalten: Er bekam 49 Ja-Stimmen, sechs Konzilsmitglieder stimmten mit Nein, es gab zwei ungültige Stimmen. Amtsinhaber Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies gratulierte seinem Nachfolger herzlich und gab bekannt, dass er die Amtsgeschäfte zum 18. Oktober an den neuen Präsidenten übergeben wird und damit zwei Monate vor Ablauf seiner Amtszeit ausscheidet. Wie an dieser Stelle schon berichtet, wurde an der HumboldtUniversität vorzeitig gewählt, um dem neuen Präsidenten die Mitwirkung an der Bewerbung für die dritte Förderlinie der zweiten Runde der Exzellenzinitiative zu ermöglichen. Olbertz, der Mitglied der Martin-LutherUniversität in Halle-Wittenberg ist, nahm die Wahl mit Freude an und betonte, dass er das Amt mit „großer Lust und dem nötigen Ernst“ antreten wird. „Nur die Humboldt-Universität konnte mich dazu reizen, jetzt einen beruflichen Wechsel zu wagen“, erklärte der 55-Jährige, der in den nächsten Wochen durch die Universität reisen wird, um sie detailliert Im Rahmen der Humboldt-Reden zu Europa spricht Václav Klaus Neben der Bewerbung für die dritte Säule der Exzellenzinitiative gehört dazu auch ein neuer Zuschnitt des Präsidiums. So überlegt Olbertz, das Amt des Vizepräsidenten für Lehre und Internationales wieder in die Hände von zwei Kollegen zu legen. Denn besonders wichtig ist dem Erziehungswissenschaftler, ein neues Konzept für die Lehre zu formulieren, das den rasanten Entwicklungen und Veränderungen im Bereich der Wissenschaft Stand hält. Präsident Markschies (links) gratuliert Olbertz: „Ein überzeugendes Wahlergebnis für einen überzeugenden Nachfolger“ Foto: Prusowski kennenzulernen. Schon bei seinen Vorgesprächen zur Wahl sei ihm die große Identifikation der Humboldtianer mit ihrer Institution quer durch alle Statusgruppen aufgefallen. Dies hätte ihm auch den Mut gegeben, sich den neuen Herausforderungen, aber auch den hohen Erwartungen, die er bei diesen Gesprächen gespürt habe, zu stellen. Der designierte Präsident formulierte drei Hauptaufgaben für die nächste Zeit. Jan-Hendrik Olbertz absolvierte nach einem Intermezzo als Erzieher ein Studium zum Diplom-Lehrer für Deutsch und Musik. Danach folgte eine Assistenz an der Martin-Luther-Uni in HalleWittenberg in der Sektion Erziehungs wissenschaften. 1992 wurde er Professor für Erziehungswissenschaft in Halle und war im Akademischen Senat, im Konzil und im Landesschulbeirat Sachsen-Anhalts aktiv. Er ist Gründungsdirektor des Instituts für Hochschulforschung (HoF) in Wittenberg gewesen, bevor er zum Direktor der Franckeschen Stiftungen in Halle berufen wurde, einem christlichen Sozial- und Bildungswerk. Nach der Landtagswahl 2002 wurde der parteilose Olbertz als Kultusminister in die Landesregierung von Sachsen-Anhalt berufen. Dieses Amt wird er voraussichtlich zum Sommer niederlegen. Red. Französische Comics als Brücke zwischen Schule und Universität Erste Schülergesellschaft in den Geisteswissenschaften gegründet Präsident der Tschechischen Republik zum Thema: „Die Form der heutigen europäischen Integration“ am 29. April 2010 um 11 Uhr im Auditorium maximum der HumboldtUniversität zu Berlin. Der Vortrag findet in deutscher Sprache statt. www.whi-berlin.de Helmholtz-Vorlesungen Prof Dr. Gerald H. Haug ETH Zürich „Wer führt wen, wozu – und wie? Governance und Handlungsspielräume der Universität des 21. Jahrhunderts“ Donnerstag, 6. Mai 2010, 18.30 Uhr Wista Management GmbH, Rudower Chaussee 17, 12489 Berlin-Adlershof, Einstein-Newton-Kabinett In seinem Vortrag bringt Gerald Haug Licht in den Argumentationsdschungel um den Klimawandel und zeigt auf, welchen Einfluss der Mensch aus geowissenschaftlicher Sicht auf den Klimawandel hat. www.kulturtechnik.hu-berlin.de/hvl-aktuell Mit freundlicher Unterstützung der Berliner Zeitung Doping für jedermann? Längst bezieht sich der Begriff Doping auch auf Manager, Banker oder gar Studenten. Ein Verbundprojekt untersucht den Missbrauch von Stimulanzien in Sport und Alltag Seite 3 Eine Einführung in die französische Sprachwissenschaft und in verschiedene Berufsfelder bekommen interessierte Schülerinnen und Schüler seit dem Sommersemester 2010 am Institut für Romanistik in der ersten geisteswissenschaftlichen Schülergesellschaft der HU. „Die Schülergesellschaft versteht sich als Bindeglied zwischen Schule und Hochschule, vor allem aber als Labor für den Berufseinstieg. Die Entscheidung bei der Wahl des Studiums soll den Gymnasiasten damit erleichtert werden“, sagt Xavier Bihan, Gründer der Schülergesellschaft. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der 11. bis 13. Klassen mit sehr guten Französischkenntnissen. Jeder Teilnehmer bekommt am Ende des Semesters eine Teilnahmebescheinigung. Die Teilnehmenden sollen sich einen Einblick in die UniWelt schon vor dem Abitur verschaffen. Ihnen werden verschiedene Arbeits- und Forschungsgebiete im Fachbereich Französisch sowie eine Auswahl an möglichen Berufsfeldern vorgestellt, etwa Comic- oder Filmübersetzer, Sprachwissenschaftler, Lektor oder Dolmetscher. Offizieller Partner ist das Institut Français de Berlin. Red. Erziehungswissenschaftlerin erhielt Bundesverdienstkreuz Für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und vor allem für ihren kontinuierlichen Einsatz für die Förderung des weiblichen Wissenschafts-Nachwuchses erhielt Prof. Dr. Wiltrud Gieseke das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. „Mit ihrem großen Engagement hat Frau Prof. Dr. Wiltrud Gieseke einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Frauenförderung geleistet. Zu ihrem Verdienst gehört auch, dass sie Geschlechterperspektiven und Geschlechtergerechtigkeit in die Forschung im Bereich der Erwachsenenbildung integriert hat“, so Staatssekretärin Almuth Nehring-Venus. „Gerade im Berufsfeld Bildung klaffen die hohe Präsenz von Frauen in der Praxis und das Fehlen weiblicher Definitions- und Deutungsmacht in der Forschung eklatant auseinander. Frau Prof. Dr. Wiltrud Gieseke hat durch ihr berufliches Wirken wesentliche Verbesserungen erreicht.“ Sie hat sich insbesondere für die Einrichtung von Studiengängen zur berufsbegleitenden Weiterbildung engagiert und damit Möglichkeiten für Menschen mit brüchigen Bildungsbiographien eröffnet. Insbesondere Frauen profitieren von Studiengängen, die große Flexibilität in Bezug auf Zeitstrukturen und Anwesenheit erfordern. Red./SenWiTeFr Flüssigkeitsströme im Takt: Die Pumpe „Acuros“ zweier Jungunternehmer ermöglicht pulsationsfreie Ströme von Flüssigkeiten, die Zellkulturtechnik und Nananalytik vorantreiben. Seite 4 Krankheiten, Therapien und Schicksale: Im Berliner Medizinhistorischen Museum ist die Ausstellung „Charité. 300 Jahre Medizin in Berlin“ zu sehen. Zur Schau ist eine Festschrift erschienen. Seite 7 Feierliche Schlüsselübergabe in der Humboldt Graduate School Am 21. April 2010 feierte die Humboldt Graduate School (HGS), die Dachorganisation für Promo tionsprogramme der Humboldt-Universität zu Berlin, die Hausübergabe nach der Renovierung und den Auftakt des Mentoring Programms für Promovierende „Raum für Perspektiven in der Wissenschaft“. Die im Jahr 2006 gegründete HGS findet in dem historischen und aufwändig restaurierten Gebäude der ehemaligen Tierarzneischule aus dem 19. Jahrhundert in der Luisenstraße 56 einen festen Standort. Optimale Arbeitsbedingungen wurden hier sowohl für das Management und viele Mitgliedsprogramme der HGS als auch für zahlreiche Promovierende geschaffen. Gemeinschaftsbereiche und kurze Wege fördern den Austausch und die Netzwerkbildung. Als Zentraleinrichtung ist die HGS für das zentrale Qualitätsmanagement sowie den außerfachlichen Servicebereich verantwortlich. Foto: Matthias Heyde Tag der Informatik Am 6. Mai 2010 findet ab 13 Uhr der Tag der Informatik statt. Neben fachlichen Vorträgen zu Themen, wie „Trends in effizienten Algorithmen“, „Die in Hirndaten verborgene Information – eine Herausforderung an die Signalanalyse“ und „Neue 3D-Technologien: Vom flachen Bild in die dritte Dimension“, werden auch die besten Diplomarbeiten prämiert. In der „Hum- boldt Informatik Gong Show“ werden in Zwei-Minuten-Vorträgen Diplomund Promotionsprojekte vorgestellt. Ab 17.30 Uhr findet ein geselliges Bei sammensein statt. Erwin-Schrödinger-Zentrum, Konferenzraum 0‘119, Rudower Chaussee 26, Campus Adlershof. u ni kate Ein wenig verwundert reibt man sich deutschen Professors gehört, daß er schon die Augen: Als ich im Oktober höchst unkollegial mit seinen Fach2005 zum Präsidenten unserer Univerkollegen (und natürlich erst recht mit sität gewählt wurde, gab es gerade nur den Fachkolleginnen …) umgeht. Da einen geschäftsführenden Präsidenten. streitet man sich um die ZimmerEingearbeitet von meinem Vorgänger zahl von Büros, die Verteilung der wurde ich aus bekannten GrünHilfskraftmittel der Fakultät, die den nicht. Wohl hat er mir auf Prädikate bei Korrekturen von Anfrage immer wieder guten und Arbeiten für die eigenen Schüler klugen Rat gegeben, aber an eiUnter der Überschrift – und natürlich und immer wienen wöchentlichen jour-fixe war „Unikate“ schreibt der der um Berufungen. Inzwischen beispielsweise angesichts der Präsident der gibt es sogar die früher verpönFülle seiner neuen Aufgaben gar Humboldt-Universität ten Kollegenrezensionen. Wahrnicht zu denken. Nun habe ich zu Berlin, Prof. Dr. scheinlich gehen alle Gerüchte aus dieser meiner Situation vor Christoph Markschies, über Unkollegialität deswegen nahezu fünf Jahren den Schluß regelmäßig über Erlebso gut, weil man vom deutschen gezogen, meinem Nachfolger nisse aus seinem univerProfessor so etwas implizit erdie Einarbeitung (beispielsweisitären Alltag, die von wartet, irgendwie. Ich habe unse in Form eines solchen jour allgemeinerem Interesse sere Humboldt-Universität in fixe) anzubieten. Wir haben kolsind. Er freut sich über den vergangenen Jahren meist legial verabredet, das auch so Reaktionen: ziemlich anders erlebt: Viele praesident@hu-berlin.de zu halten. Und prompt melden Projekte, Graduiertenschulen, sich wieder Menschen, die der Sonderforschungsbereiche und Ansicht sind, so etwas könne gar nicht gehen, Exzellenzcluster, aber auch viele Institute sind Vorgänger und Nachfolger könnten gewiß von einer ganz heiteren Kooperation geprägt, nicht kooperieren und einer müsse schließlich in der Kolleginnen und Kollegen verschiedendas Sagen haben. Griechisch heißt das, wenn ster Herkunft, wissenschaftlicher Prägung und einer das Sagen hat, übrigens: Monarchie. Die Lebenserfahrung gemeinsam manchen Karren deutsche Universität ist, auch wenn das außerziehen und manchen Stein einen Berg herhalb Berlins gelegentlich anders gesehen wird, aufschieben, ohne daß er zurückrollt. Anders keine Monarchie. Sie war es während ihrer wäre Universität unter den schwierigen BeGeschichte auch nur in sehr finsteren Zeiten, dingungen Berlins weder gegenwärtig noch in in Zeiten, als die Staatsform keine Monarchie den vergangenen zweihundert Jahren möglich war. Wieso können sich manche Menschen gewesen. Und ich bin ganz zuversichtlich, daß so schlecht vorstellen, daß deutsche Profesdas auch in den nächsten Monaten und Jahren soren zusammenarbeiten, gut, heiter, kollefür unsere Humboldt-Universität gilt. gial? Wahrscheinlich, weil es zum Bild des Ihr Christoph Markschies Die Humboldt-Universität präsentiert ihre Jubiläumsausstellung „Mittendrin. Eine Ausstellung macht Geschichte“. Auf einer thematischen Zeitreise werden die Besucher Zeugen einer stolzen, aber auch gebrochenen Universitätsgeschichte. Seite 8 HU200.DE Aktuell Seite 2 Die Umzugswagen rollten HUMBOLDT · 22. April 2010 Energiesicherheit im Ostseeraum Internationale Sommer-Universität am Nordeuropa-Institut Aufgrund der anstehenden, mehrjährigen Baumaßnahmen im Hauptgebäude zogen das Institut für Geschichtswissenschaften, das Institut für Klassische Philologie und die Verwaltung der Philosophischen Fakultät I in das Quartier Stadtmitte, Friedrichstraße 191-193 (Ecke Leipziger Straße) um. Hiervon sind neben allen Einrichtungen und Lehrstühlen der Institute auch die Prüfungsämter sowie einige Lehrveranstaltungen ab dem Sommersemester 2010 betroffen. Bitte beachten Sie die neuen Telefonnummern. Infos: www.philfak1.hu-berlin.de, www2.hu-berlin.de/klassphil Foto: Martin Ibold Personalia Postdoc der Wenner Gren-Foundation Seit dem 5. April 2010 ist Dr. Susanne Dodillet vom Institut für Literatur, Ideengeschichte und Religion der Universität Göteborg, mit Förderung der Wenner Gren-Foundation als Postdoc an der Abteilung Vergleichende Erziehungswissenschaft des Instituts für Erziehungswissenschaften tätig. Mit Ausgangspunkt in einer aktuellen schwedischen Schulreform untersucht sie in ihrem Postdocprojekt „How to explain advanced placement tracks. A comparative history of educational science in Sweden, East and West Germany“ erziehungswissenschaftliche Kontroversen über Spezialklassen sowie Eliten- und Hochbegabtenförderung in Schweden, Westdeutschland und der DDR. Arno Langenbach verstorben Am 11. Februar 2010 ist Prof. Dr. Arno Langenbach im Alter von 81 Jahren verstorben. Von 1965 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 war er Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Analysis an der Humboldt-Universität zu Berlin. Mit seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Humboldt-Universität und am KarlWeierstrass-Institut schuf er eine international anerkannte wissenschaftliche Schule zur nichtlinearen Funktionalanalysis sowie zu nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen und deren Anwendungen in Naturwissenschaft und Technik. Viele seiner zahlreichen Schüler und deren Schüler arbeiten heute an Hochschulen, wissenschaftlichen Instituten und in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrie. In den 1990er Jahren setzte er sich als Mitglied der Strukturkommission maßgeblich für die Neugestaltung der Mathematik an der Humboldt-Universität ein. Vor mehr als 50 Jahren gründete Arno Langenbach ein Seminar am damaligen Forschungsinstitut für Angewandte Mathematik der Akademie der Wissenschaften, das er bis zu seiner Emeritierung leitete und das noch heute als „Berliner Oberseminar Nichtlineare Partielle Differentialgleichungen (LangenbachSeminar)“ seinen Namen trägt. Das Institut für Mathematik Foto: Portraitsammlung UB/Waltraud Harre Hans-Rosenberg-Gedächtnis-Preis Die Heinrich-August-und-Dörte-WinklerStiftung in der Friedrich-Ebert-Stiftung verlieh am 22. März 2010 in der Humboldt-Universität zum vierten Mal den mit 5.000 Euro ausgestatteten Hans-Rosenberg-Gedächtnis-Preis zur Förderung von Nachwuchshistorikern. Diese alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung ging an den Historiker Dr. Sebastian Ullrich für seine Dissertation: „Der Weimar-Komplex. Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie und die politische Kultur der frühen Bundesrepublik 1945–1959“. Ullrich, Jahrgang 1975, studierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Berlin und Cambridge und promovierte 2008 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Historiker hat den „Weimar-Komplex“ für die unmittelbare Nachkriegszeit und das Gründungsjahrzehnt der Bundesrepublik erstmals umfassend und quellennah untersucht. Dabei wird deutlich, wie umstritten die „Lehren aus Weimar“ zunächst waren und was für unterschiedliche Wert- und Ordnungsvorstellungen miteinander in den Debatten um das Scheitern der ersten deutschen Demokratie konkurrierten. Erst im Laufe der 1950er Jahre bildete sich der spezifisch bundesrepublikanische Weimarbezug heraus, dessen Überreste sich bis heute in den historisch-politischen Debatten beobachten lassen. Name gesucht Die Humboldt-Universität bekommt eine neue Serviceeinrichtung: Zum 1. Juni 2010 wird das Call Center für Studierende an den Start gehen. Wenn Sie einen Vorschlag für den Namen des Call Centers haben, schicken Sie ihn bis zum 15. Mai 2010 an jochen.ley@uv.hu-berlin.de. Für die besten zehn Vorschläge gibt es ein Präsent aus dem HumboldtStore. Impressum Herausgeber: Der Präsident Redaktion: Heike Zappe (verantw.), Constanze Haase, Ljiljana Nikolic, Thomas Richter, Silvio Schwartz (online) Unter den Linden 6, 10099 Berlin Tel. (030) 2093-2948, Fax -2107 hu-zeitung@uv.hu-berlin.de www.hu-berlin.de/pr/zeitung Layout, Anzeigenverwaltung: Unicom Werbeagentur GmbH hello@unicommunication.de www.unicommunication.de Tel.: (030) 509 69 89 - 0 Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 01.02.2005, www.hochschulmedia.de Erscheinungsweise: semestermonatlich Auflage: 10.000 Ex. Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Haftung übernommen. Gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Bei Nachdruck Quellenangabe und Beleg erbeten. HUMBOLDT erscheint wieder am 20. Mai 2010 (Redaktionsschluss: 4. Mai 2010) Frauen und Männer sollen sich von dieser Pub likation gleichermaßen angesprochen fühlen. Allein zur besseren Lesbarkeit werden häufig geschlechterspezifische Formulierungen auf die maskuline Form beschränkt. Wie kann die Energieversorgung in den Ostseestaaten sicher gestellt werden? Diese und andere Fragen waren Gegenstand der ersten internationalen Sommer-Universität des Nordeuropa-Instituts der HU und Københavns Universitet im vergangenen Jahr. Aufgrund der positiven Resonanz der Partner, Teilnehmer und Dozenten wird das interdisziplinäre Erasmus-Intensivprogramm vom 1. bis 12. September 2010 ein zweites Mal in Berlin angeboten. Der Schwerpunkt der englischsprachigen Sommer-Universität sind Themen der europäischen Energiepolitik, Energienetze und erneuerbaren Energien. Ebenfalls thematisiert werden in den Seminaren und Exkursionen Kooperationen innerhalb der Ostseeregion, Aspekte der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit oder der Bau der Nord Stream Pipeline. Exkursionen führen ins Bundeskanzleramt, ins Europäische Energie-Institut Berlin und zu einer nachhaltig angelegten Wohnsiedlung. Kostenfrei teilnehmen können Masterstudierende aller Fachrichtungen der HU und der Universitäten Kopenhagen, Turku, Tartu und Gdansk. Für externe Interessenten wird eine geringe Teilnehmergebühr erhoben. Für die erfolgreiche Beteiligung erhalten die Studierenden fünf ECTS. Inken Dose Bewerbungsschluss ist der 15. Juni 2010, alle Unterlagen sind auf Englisch einzu reichen: ip_energy@staff.hu-berlin.de http://international.hu-berlin.de/an_die_ hu/sommer-winter-unis/sommeruniversitat/ energy/index_htm. Politische Praxis studieren Berufsbegleitender Studiengang „Humboldt-Viadrina School of Governance“ Wie lassen sich für die wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart in der Praxis möglichst gute Lösungen finden? Die Berliner HumboldtViadrina School of Governance bietet mit dem berufsbegleitenden Studium zum Master of Public Policy (MPP) einzigartige Möglichkeiten, wegweisende Lösungen zu entwickeln und konkret umzusetzen. Die Humboldt-Viadrina School of Governance ist ein Gemeinschaftsprojekt der Humboldt-Universität zu Berlin und der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Im Kraftfeld von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft existiert hier eine einmalige Kombination aus Forschung, Lehre und Forum. Zentral für die Studierenden ist das eigene politische Projekt, das sie aus ihrer beruflichen Praxis mit- bringen und mit dem sie sich bewerben. Individuell gefördert von der Hochschule und im Austausch mit anderen Studierenden entwickeln sie Lösungen und realisieren sie in der Praxis. Durch das eigene Projekt bekommen das im Masterstudiengang vermittelte Wissen und die insbesondere in den Präsenzphasen entwickelten Fähigkeiten einen lebendigen Bezug. Das zweijährige Studium ist gleichzeitig intellektuell anspruchsvoll, praktisch wertvoll und höchst partizipativ. Entwerfen, Kommunizieren und Umsetzen gesellschaftlich wertvoller Projekte sind die entscheidenden vermittelten Qualifikationen. Bewerbungsschluss für den nächsten Jahrgang ist der 31. Mai 2010. www.humboldt-viadrina.org Adlershofer Dissertationspreis Der mit 3.000 Euro dotierte Adlershofer Dissertationspreis 2009 geht an Dr. Robert Gaschler vom Institut für Psychologie für seine mit summa cum laude bewertete Arbeit „Information Reduction as Item-general Strategy Change“. Bereits zum achten Mal würdigen damit die Humboldt-Universität, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Adlershof (Igafa) und die Wista-Management GmbH herausragende Leistungen ihres wissenschaftlichen Nachwuchses. Der Preis wird am 28. April 2010 verliehen. Den Festvortrag hält Prof. Dr. Gerd Gigerenzer vom MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung über „Bauchentscheidungen: die Intelligenz des Unbewussten“. Ab 16 Uhr, im Erwin-SchrödingerZentrum, Rudower Chaussee 26. Symposium zu Genetikerin Elisabeth Schiemann „Vom AufBruch der Genetik und der Frauen in den UmBrüchen“ lautet der Titel eines interdisziplinären Symposiums, das der Berliner Pflanzengenetikerin Elisabeth Schiemann (1881-1972) gewidmet ist und am 6. und 7. Mai 2010 stattfindet. Schiemann war eine der ersten Studentinnen und Professorinnen in Deutschland, gehörte der ersten Genetikergeneration an und gilt als Wegbereiterin der Archäobotanik. Die Veranstaltung findet im Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Geschwister-Scholl-Str. 1/3, beziehungsweise in der Dorotheenstraße 24, Raum 1308 statt. www.gender.hu-berlin.de Gespräch über Literatur „Liebe in Zeiten des Umbruchs“ – Caroline und Wilhelm von Humboldt. Eine öffentliche Abendveranstaltung mit Christoph Markschies, Jürgen Trabant und der Autorin Hazel Rosenstrauch am 6. Mai 2010 um 19 Uhr im Senatssaal der Humboldt-Universität im Hauptgebäude, Unter den Linden 6, 10117 Berlin. Das Buch „Wahlverwandt und ebenbürtig. Caroline und Wilhelm von Humboldt“ von Hazel Rosenstrauch ist im EichbornVerlag erschienen. Symposium zu Bildungsökonomie Am 26. Mai 2010 veranstaltet das Humboldt-Forum Wirtschaft e.V. (HUFW) unter der Schirmherrschaft von Gesine Schwan von 9 bis 19 Uhr sein 10. Ökonomisches Symposium zum Thema „Wa(h)re Bildung – Von der Wissensgesellschaft zur Wissenswirtschaft?“ im Audimax der HU, Unter den Linden 6. Die Bildungsökonomie ist eine junge Teildisziplin der Volkswirtschaftslehre, die Effekte der Bildung auf den Einzelnen und die Gemeinschaft untersucht, in- dem sie die Renditen der Bildung schätzt. Wichtige Forschungsfelder sind außerdem die Nachfrage sowie Bereitstellung und Finanzierung von Bildungsangeboten. Vor diesem Hintergrund diskutieren die Teilnehmer des Symposiums über die Themen Humankapital, Studiengebühren, die Zukunft der Bildungsinstitutionen, den Status der Universitäten in der Forschungslandschaft und die Kontro verse über Eliten- oder Breitenförderung. www.hufw.de Mit einem Koffer nach Berlin Das Mentorenprogramm „Studis4Studis“ für internationale Studierende „Dann machen wir einen auf dicke Hose“, schlägt Maraike ihrer polnischen Austauschstudentin Natalia vor. Jetzt, zu Semesterbeginn, sitzen die beiden gemeinsam in einem Café in Mitte und unterhalten sich über ihren gemeinsamen Studiengang Psychologie in Deutschland und Polen und über das Berliner Nachtleben. „Aber verstehst du was ‚einen auf dicke Hosen machen’ bedeutet?” hakt Maraike noch mal nach. Seit Anfang März wohnt Natalia in Berlin und studiert mit dem Erasmus-Austauschprogramm an der Humboldt-Universität zu Berlin. Als Natalia in Berlin ankam, kannte sie lediglich die Adresse des Wohnheims, in dem sie das Sommersemester wohnen würde. Aber wo sollte sie eine deutsche Handykarte kaufen? Oder ein gebrauchtes Fahrrad? Und eine günstige Bettdecke mit Kissen? Um die Ankunft in der neuen Stadt zu erleichtern, wurde Natalia über das Mentorenprogramm „Studis4Studis“ der Abteilung Internationales die HU-Studentin Maraike zugeteilt. Bereits seit zwei Jahren bietet das Programm internationalen Neuankömmligen Hilfestellung im Uni-Alltag. Die Universität übernimmt eine Vermittlerrolle. Im Sommersemester 2010 meldeten sich 127 Mentoren, denen Studierende aus Ländern aller Kontinente zugewiesen wurden. Das Engagement der Mentoren bleibt dabei unentgeltlich und geht meist weit über Starthilfeschwierigkeiten hinaus. Maraike und Natalia beispielsweise treffen sich öfter, um gemeinsam die Stadt zu erkunden. Dabei sprechen die beiden immer deutsch. „Sonst hätte ich auch nicht nach Deutschland kommen müssen. Die alltägliche Sprachpraxis hilft sehr“, meint Natalia und lacht über Maraikes Erklärungen deutscher Redewendungen. Oft treten während des Semesters Fragen auf, wie beispielsweise an einer deutschen Hochschule ein Essay zu schreiben sei oder ein Referat gehalten werde. Auch die Universitätsverwaltung und Visabürokratie sorgen des Öfteren für Unklarheiten bei den Austauschstudierenden. Wiebke, eine der Organisatorinnen des Mentorenprogramms, kennt die Unsicherheiten und Verwirrungen, mit denen man anfänglich in einem unbekannten Land umgehen muss. An zwei Händen zählt sie die Sprachen ab, die sie durch ihre Auslandsaufenthalte spricht. Sie erzählt von zwei kubanischen Studentinnen, die in diesem Semester kein Zimmer im Wohnheim bekommen konnten und nun in ihrem Zimmer Unterschlupf gefunden haben. „Dafür wurde ich gleich im Sommer nach Kuba eingeladen“, erklärt Wiebke. Doch wie rege der Kontakt zwischen den einzelnen Berliner und internationalen Studierenden ausfällt, bleibt allen Teilnehmenden selber überlassen. Bei der Anmeldung für das Mentorenprogramm können – je nach Zeitmöglichkeit und Aufwandsbereitschaft - von beiden Seiten Präferenzen – wie „Hilfe bei der Wohnungssuche“, „Sightseeing“, „UniTour“, „Party“ oder auch „Sprachtande“ angegeben werden. Manchmal kommen über „Studis4Studis“ Freundschaften zustande, manchmal findet auch einfach eine halbstündige Tour durch das Hauptgebäude, die Bibliothek und die Mensa statt. Und manchmal folgt nach einer Begrüßungsemail gar kein Kontakt mehr. Doch wer schon einmal sich länger im Ausland aufgehalten hat, wird wissen, wie beruhigend es sein kann, einfach um jemanden zu wissen, der einem im Notfall bei Fragen zur Seite stehen kann. Mit einer großen Party heißt die Abteilung Internationales alle Neuankömmlinge am 23. April 2010 in der Kalkscheune willkommen. Wer Lust hat, kann dort auch „einen auf dicke Hose machen“ – wie Maraike Natalia erklärte. Lisa O‘Conner evz.hu-berlin.de/studierende/orbis/ studis4studis Forschung / Campus HUMBOLDT · 22. April 2010 Seite 3 Doping für jedermann? ilinx wirbelt durch die Kulturwissenschaft Neue Zeitschrift mit HU-Beteiligung erscheint nun jährlich Ein Verbundprojekt untersucht den Missbrauch von Stimulanzien im Sport und Alltag Claudia Pechstein, Jan Ullrich und Dieter Baumann haben eines gemeinsam: sie wurden des Dopings verdächtigt. Wer dopt, der betrügt, oder etwa nicht? Längst bezieht sich der Begriff Doping nicht mehr nur auf Hochleistungs- oder Fitnesssportler, sondern ebenso auf Manager, Banker oder gar Studenten. „Die Bedeutung des Begriffes Doping hat eine bemerkenswerte Erweiterung erfahren. Doping am Arbeitsplatz oder Hirndoping sind in den Sprachgebrauch eingegangen“, sagt Elk Franke. Der Sportwissenschaftler ist Leiter des transdisziplinären Verbundprojektes „Translating Doping – Doping übersetzen“ zwischen HumboldtUniversität und Technischer Universität, das vom Ministerium für Bildung und Forschung finanziert wird. Das Projekt verfolgt das Ziel, das Wissen über Doping risiken für die Gesellschaft durch geisteswissenschaftliche Übersetzungsleistung verständlich und anwendbar zu machen – durch Aufklärung von Dopingpraktiken und Präventionsmöglichkeiten. Leistungssportler, die ihr Potenzial durch die Einnahme unerlaubter Substanzen steigern, werden in der Öffentlichkeit diffamiert. Hält sich ein Manager oder Student mit zwei Nebenjobs Geist und Körper mit Amphetaminpräparaten (Weckamine) wie Ritalin „wach“, wird sein Verhalten mit einer Leistungssteigerung entschuldigt, die der Gesellschaft zu Gute kommt. Wie passen diese Ansichten zusammen? „Das Motto höher, weiter, schneller ist kennzeichnend für unsere produkt- und ergebnisorientierte Dienstleistungsgesellschaft geworden. Was früher der Kaffee war, sind heute Aufputschmittel“, so Franke. Der ursprünglich moralisch gekennzeichnete Begriff Doping ist zu einem deskriptiven Fachliche Kompetenzen angehender Mathematiklehrkräfte mittelmäßig Deutsche Grundschullehrkräfte und Gymnasiallehrer, die Mathematik als Fach studiert haben, zeigen im internationalen Vergleich am Ende ihrer Ausbildung gute bis sehr gute Leistungen. Grundschullehrkräfte ohne eine solche Vertiefung sowie Hauptund Realschullehrer bleiben dagegen hinter vergleichbaren Lehrkräften in anderen Ländern zurück. Diese Diskrepanz deckte die internationale Vergleichsstudie TEDS-M (Teacher Education and Development Study in Mathematics) auf, in deren Rahmen mehr als 20.000 Mathematiklehrer im letzten Jahr der Lehrerausbildung zu ihren fachlichen und didaktischen Kompetenzen getestet wurden. „Ein Teil unserer Lehrkräfte wird damit unzureichend auf ihre anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet, Schülerinnen und Schüler zu den staatlich gesetzten Bildungsstandards zu führen“, resümiert Sigrid Blömeke, HU-Professorin und Leiterin der Studie. In kaum einem Land zeigen sich so große Unterschiede in den fachbezogenen Kompetenzen der Lehrkräfte einer Schulstufe wie in Deutschland. Info: sigrid.bloemeke@staff.hu-berlin.de Höher, weiter, schneller durch Tabletten? Begriff geworden. „Es geht nicht mehr darum, ob man dopt, sondern darum, einen Grenzwert nicht zu übersteigen.“ Fünf Millionen Deutsche trainieren in Fitnesscentern, rund eine Million davon dopt regelmäßig – Studien zufolge. Ob beim Sport, vor der Vorlesung oder im Büro: das Neuartige ist, dass gesunde, leistungsbereite Menschen freiwillig Psychopharmaka zu sich nehmen, ohne therapeutischen Zweck. Das Phänomen wird unter dem Schlagwort „Enhancement“ diskutiert. „Die selbst verantwortete Einnahme und Dosierung von solchen Mitteln könnte epidemisch zunehmen, wenn die diskutierte Liberalisierung Foto: photodisc als Freigabe verstanden wird“, glaubt Verbundkoordinator Giselher Spitzer. Parallelen zum Missbrauch von Schmerz- und Rheumamitteln gibt es. Zumal die Doping- und EnhancementDebatte auch den Sport- und Freizeitbereich bei Kindern und Jugendlichen erreicht hat. Ist die Anwendung von Ritalin bei Kindern mit Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) tatsächlich ausschließlich Therapie oder gezielte Leistungssteigerung, fragen sich die Wissenschaftler. „Bisher weiß man kaum etwas über die Langzeitwirkung des Medikaments, aber die Verschreibungen nehmen weiter zu. Immer mehr Kinder und Jugendliche in Sportvereinen verstoßen durch die Einnahme gegen das Dopingverbot. Bei einem offiziellen Wettkampf würden sie disqualifiziert und mit Sperre bestraft“, erklärt Spitzer. Diese Entwicklung ist unter anderem mit mangelnder Aufklärung zu erklären. In der letzten Phase des auf drei Jahre angelegten Projekts werden die Verbundpartner daher zielgruppenorientiert Materialien ausarbeiten, die zur Präventionsarbeit genutzt werden können. Ein Etappenziel haben die HU-Wissenschaftler bereits erreicht: unter maßgeblicher Beteiligung der Rechts- und Rehabilitationswissenschaftler der Universität haben die Sportwissenschaftler Forschungs ergebnisse zusammengestellt, die im Sinne eines „Vademecum Anti-Doping“ die rechtlichen Grundlagen und das naturwissenschaftliche Wissen über Doping bündelt – ausgehend von dem Begriff „Natürlichkeit“ als Maßstab für den Dopingdiskurs. „Nur wenn davon ausgegangen werden kann, dass im Wettkampf die natürlichen Veranlagungen das Handeln bestimmen, ist auch jene sinnstiftende Identifizierung mit dem Athleten möglich“, sagt Elk Franke. Gemeinsam mit deutschen Sportverbänden wollen die HU-Wissenschaftler regelmäßige Bluttests auf den Weg bringen, die bisher rechtlich nur schwer durchzusetzen waren, da sie aus juristischer Sicht eine Körperverletzung darstellen. Hier ist dem Verbund ein Durchbruch geglückt, indem Strafrecht, Kriminalprävention und Sport ethik zum selben Ergebnis kommen: Zur Erhaltung des Rechtsgutes „Sport“ erscheinen Bluttests zumutbar – per Vertrag. Constanze Haase www2.hu-berlin.de/translating-doping „Ich denke niemals in Worten“ Ein Tableau zum bildnerischen Denken bei Charles Sanders Peirce Charles Sanders Peirce (1839-1914) war Naturwissenschaftler und Logiker, Erfinder der Philosophie des Pragmatismus und Schöpfer einer umfangreichen Zeichentheorie (semeiotic). Die Unterscheidung von Icon, Index und Symbol des auf dem Campus der Harvard-Universität aufgewachsenen, hoch begabten Theoretikers hat Schule gemacht. Umso erstaunlicher ist es, dass das auf insgesamt 30 Bände angelegte Editionsprojekt von Peirces Nachlass, das die Texte seiner Manuskripte chronologisch erfasst, seit den 1980er Jahren bis heute erst bei Band 8 angekommen ist. Wer sich aber die bis zu 100.000 handschriftlich verfassten Manuskriptseiten genauer anschaut, entdeckt beim Durchblättern von Peirces monumentalem handschriftlichen OEuvre jedoch weit mehr als nur Text. Denn Peirces Notizbücher enthalten eine unglaubliche Fülle an ikonischen Formen, die über rein textliche Notationen hinausgehen: beiläufig, wie zur Entspannung hingeworfene Randzeichnungen, präzise graphische, tabel- Anzeige Labyrinth mit Minotaurus, Ms. 1521, undatiert, Houghton Library, Harvard University ilinx, das ist griechisch und bedeutet „Wirbel“. Wirbel und Turbulenzen entstehen dort, wo temporär und momenthaft verschiedene Einflüsse aufeinander treffen. ilinx, Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft: Wirbel, Ströme, Turbulenzen, eine neue Zeitschrift, lanciert vom Institut für Kulturwissenschaft der HU wendet diese Dynamik kulturtheoretisch mit dem Anspruch auf experimen telle und anspruchsvolle Neuadressierungen relevanter Themen an. „ilinx ist auf der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst positioniert“, sagt Redaktionsmitglied Sebastian Gießmann. 313 Seiten umfasst die Zeitschrift, deren Erstausgabe damit eher das Format eines Buches angenommen hat. „ilinx versammelt alle Formen intellektueller Auseinandersetzung von international bekannten Künstlerinnen Foto: Gießmann wie der Fotografin Zoe Leonard bis hin zu Theoretikern wie dem französischen Philosophen Michel Serres, von dem eine Erstübersetzung zur „Geburt der Physik bei Lukrez“ veröffentlicht wurde, auf die wir besonders stolz sind“, erläutert Gießmann. 16 Beiträge, darunter ausführliche Aufsätze, essayistische Betrachtungen und pointierte Analysen wie etwa zur Wetterlage der Börsenturbulenzen stehen neben ästhetisch herausragenden Comics wie Marc-Antoine Mathieus „Der Wirbel“. Surrealistisch angehauchte Meditationen zur Kulturtheorie des Spiels überkreuzen sich mit präzisen Auswertungen von Theaterexperimenten wie der Utopienbörse USE im Berliner Theater Hebbel am Ufer. „Neben einem wissenschaftlichen Publikum soll ilinx die deutschsprachige Kulturszene in Medien, Museen und Politik sowie ein internationales Publikum mit Interesse an experimentellen Formen wie dem Mix aus Theorie mit künstlerischen Formaten ansprechen“, so Gießmann. Entsprungen ist ilinx einer Initiative von Nachwuchswissenschaftlern des Instituts für Kulturwissenschaft der HU, das die Zeitschrift gemeinsam mit der Redaktion, die sich aus der Initiative gegründet hat, herausgibt. „Innovativ ist von der wissenschaftlichen Seite her vor allem das Peer Review-System der Redaktion – ein Novum in der historischen Kulturwissenschaft“, weiß Gießmann. Dabei werden die Artikel vor Veröffentlichung durch ebenbürtige Wissenschaftler untersucht. So sollen gute Texte noch den nötigen Feinschliff bis zur Exzellenz erhalten. Gleichzeitig machen die Gutachter inhaltliche Vorschläge zur Verbesserung der eingereichten Arbeiten. „Epistemy“, Ms. 1538, undatiert, Houghton Library, Harvard University larische und diagrammatische Überlegungen, bis hin zu fein ausgearbeiteten Darstellungen naturwissenschaftlicher Probleme; daneben Fratzen, Masken, Grimassen und Karikaturen von unmittelbarer Ausdrucksstärke. Bemerkenswert ist dabei, dass die Zeichnungen bisher nicht nur weitgehend von der Forschung ignoriert wurden, sondern noch nicht einmal systematisch erfasst worden sind. Peirces bildnerisches Denken scheint sich demnach in die Liste der unzähligen Neuentdeckungen wissenschaftlicher Werke einzureihen, deren Bilder und Abbildungen allzu lang von den Geisteswissenschaften vernachlässigt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist nun erstmals eine Auswahl von 35 seiner Zeichnungen in den Räumen der Kolleg-Forschergruppe „Bildakt und Verkörperung“ zu sehen, die 2008 von dem Philosophen John Michael Krois und dem Repros: Kolleg-Forschergruppe. Kunsthistoriker Horst Bredekamp ins Leben gerufen wurde. Die im Rahmen eines Workshops zu Peirces bildnerischem Denken präsentierten Reproduktionen aus der Microfilm-Ausgabe der Houghton Library der Harvard University sind als Tableau konzipiert, dessen Anordnung rearrangierbar ist. Der Betrachter ist eingeladen, sich sein eigenes Bild zu machen, um die Zusammenhänge der Bilder zu erforschen. Die Zeitschrift erscheint nun jährlich. 2010 entsteht die zweite Ausgabe unter dem Titel Mimesen. Wieder werden wissenschaftliche mit künstlerischen Beiträgen verbunden. Gefragt ist dabei nach Techniken, Agenten und Methoden, mit denen Ähnlichkeiten erzeugt werden – in künstlerischen oder kultischen, technischen oder wissenschaftlichen Prozessen. Constanze Haase ilinx 1, 2009: „Wirbel, Ströme, Turbulenzen“. Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft, Philo Fine Arts, Hamburg, ISBN 978-3-86572-588-2, 14 Euro www.ilinx-kultur.org Franz Engel und Moritz Queisner Zeichnungen von Charles Sanders Peirce (1839-1914) Die Tafeln können nach Absprache bis Semesterende besichtigt werden. Charlottenstraße 42/Ecke Dorotheenstr., 10117 Berlin Tel. 2093-99150 Anzeige Campus Seite 4 Planen in schwierigen Zeiten Projektmanager aus Kultur und Wirtschaft berichten aus ihrem Arbeitsleben In der bildungspolitischen Debatte der letzten Jahre wird oft bedauert, dass Hochschulabsolventen keine oder nur wenige praktische Fähigkeiten in ihr Berufsleben mitbringen. Eine von Studierenden organisierte Veranstaltung „Projektmanagement für die Praxis“ im Rahmen eines Career Center Kurses in Kooperation mit der proventis GmbH bot im März mehr als 60 Unternehmensvertretern und Studenten Gelegenheit, sich über das Thema auszutauschen. Die Grundproblematik des Projektmanagements brachte Eiko Feuerhak auf den Punkt: „Wir haben im Bereich des Bauwesens die Erfahrung gemacht, dass die Termine immer straffer werden, die Kosten minimiert werden sollen, aber die Qualität nicht leiden darf.“ Architektin Dana Knauer unterstrich die Wichtigkeit von Projektvorlagen, Entscheidungsprotokollen und besonders der Kommunikation. BWL-Student Christian Berger berichtete, dass ihm Wissen im Bereich Projektmanagement bei der Planung und Durchführung des Fundraising Projekts „platzstiften.de“ an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sehr geholfen habe, dessen Initiator er ist. Am Beispiel des Militärtransportflugzeugs A400M, das von Airbus mit Beteiligung der P3 Ingenieurgesellschaft geplant und gebaut wird, illustrierte Ingenieur Gunnar Dröscher, dass das beste Projektmanagement bei Großprojekten mit höchster Komplexität an seine Grenzen stößt, weil die ursprüngliche Planung durch verteilte gleichzeitige Entwicklung immer wieder geändert werden muss. Die Studenten lernten bei der Planung der Veranstaltung zunächst grundsätzliche Techniken zur Steuerung von Projekten unter hohen Qualitätsanforderungen, Zeit- und Kostendruck kennen. Ein weiterer Schwerpunkt bestand in der Reflexion der Kommunikation in der Gruppe. Einzigartig wurde der Kurs dadurch, dass die Studenten ihr Wissen sofort in praktische Arbeit umsetzen und mit der Planung und Durchführung eines realen Projektes beschäftigt waren. Der nächste Kurs „Projektmanagement“ beginnt am 6. August 2010. Lucia Vachek www.careercenter.hu-berlin.de Fallstudienwettbewerb 2010 Die Studentenorganisationen AIESEC und IAESTE organisieren wieder einen Fallstudienwettbewerb, genannt Case Study Competition. Dieses Jahr wird er am 27. Mai 2010 im Bundespresseamt Berlin stattfinden. Vier renommierte Unternehmen – Deutsche Telekom, PricewaterhouseCoopers, Deloitte, Ernst & Young – stellen jeweils eine Fallstudie zur Verfügung, die dann von je 15 Studenten in Gruppen bearbeitet und am Ende des Tages präsentiert wird. Im Anschluss wird zu jeder Fallstudie eine Siegergruppe ermittelt. Diese Veranstaltung bietet Studierenden die Möglichkeit, Kontakt zu hochrangigen Unternehmen zu knüpfen und ihre fachlichen Kompetenzen zu beweisen. Außerdem ist die Teilnahme inklusive Verpflegung für Studierende kostenlos. Bewerbungsschluss ist der 7. Mai 2010. Bewerbungen: www.aiesec-berlin.de/CSC Katja Schult HUMBOLDT · 22. April 2010 Flüssigkeitsströme nach dem Osmoseprinzip Erfindung von „Acuros“ ermöglicht pulsationsfreie Ströme von Flüssigkeiten für Zellkulturtechnik und Nanoanalytik Wenn Helge Adleff durch Deutschland reist und sein Produkt in wissenschaftlichen Institutionen präsentiert, dann hält er ein Gerät in den Händen, das er selbst entwickelt hat – zusammen mit einem Professor vom Institut für Biologie der Humboldt-Universität und seinem Geschäftspartner. Der rechteckige Kasten ist etwa so groß wie ein Schuhkarton, trägt den Schriftzug Acuros und ist in der Lage, Flüssigkeitsströme pulsationsfrei zu befördern – eine Eigenschaft, die im biologischen oder chemischen Labor, in der Zellkulturtechnik, Nanoanalytik oder auch bei chemischen Analysen auf einem Mikrochip, eine herausragende Rolle spielt. Allerdings gelingt es mit herkömmlichen elektromechanischen Mikropumpen aufgrund von Reibungseffekten oder Unregelmäßigkeiten in der Mechanik nicht, einen kontinuierlichen Fließprozess herzustellen. Typische Flussraten bewegen sich zwischen wenigen Nanolitern und einigen Mikrolitern pro Minute. „Es kann zu Ungenauigkeiten kommen, die umso stärker ins Gewicht fallen, je kleiner die Fließgeschwindigkeit ist“, erklärt der Jungunternehmer. Helge Adleff mit der Mikropumpe, die Flüssigkeitsströme pulsationsfrei befördert. Fotos: Humboldt-Innovation Auf das Problem in der fluidischen Mikrotechnik ist Adleff als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biologie gestoßen, wo er die Porosität von Zellwänden erforscht hat und anfing, eine Mikropumpe zu entwickeln, die ohne mechanische Elemente und elektrischen Antrieb funktioniert. Unterstützt wurde er nicht nur von seinem Professor, Rudolf Ehwald, er kam auch mit Thilo Guschauski in Kontakt, der gerade beim Abschluss seines Maschinenbaustudiums war, und sich ebenso wie Adleff eine Unternehmensgründung vorstellen konnte. Zusammen haben sie später die Acuros GmbH gegründet hat, die seit 2008 ihren Sitz im Innovations- und GründerZentrum an der Rudower Chaussee am Wissenschafts- und Technologiestandort Adlerhof hat. Nachdem klar war, dass die Erfindung Innovationspotenzial in sich trägt, haben die beiden Jungunternehmer an EXISTSEED teilgenommen, einem Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, mit dem Existenzgründungen aus Hochschulen in der Vorphase fachlich und persönlich unterstützt und finanziell gefördert werden. „Wir haben viel gelernt Asterix und Obelix auf Pikardisch HumboldtFoto wandert durch Berlin Studentin Annette Hilscher untersucht die Vitalität der französischen Regionalsprache Champagnisch, Wallonisch, Normannisch, Pikardisch: Die Franzosen sprechen viele Dialekte. Letzterer, das Pikardische, ist eine nordfranzösische Regionalsprache; sie wird in der Picardie, dem Artois, in FranzösischFlandern und in Belgien im Westen Walloniens gesprochen. Studentin Annette Hilscher hat sich dem Pikardischen im wahrsten Sinne des Wortes verschrieben – ihre Bachelorarbeit wird eine soziolinguistische Studie über die pikardische Sprache, mit besonderem Schwerpunkt auf Spracherwerb, Sprachkompetenz und dem kulturellen Leben. „Französische Regionalsprachen sind heute fast vollständig durch das Hochfranzösisch verdrängt. Deshalb entstehen wie beim Pikardischen nur regionale Akzente, so genannte Aussprachevarianten mit einer eigenen Lautentwicklung und Besonderheiten in Wortschatz und Grammatik“, erklärt die Studentin der Romanistik und Sozialwissenschaften. Um zu analysieren, wie dieser Dialekt weitergegeben wird, hat die 23-Jährige in Schulen und der Université de Picardie hospitiert. Sie führte Interviews mit Lehrern und Schülern, aber auch Aktiven des kulturellen Lebens, wie Buchhändlern, Musikern und Schriftstellern. „Mein großes Glück aber war, dass ich zum 30-jährigen Jubiläum der Zeitschrift ,Ch’Lanchron´ einen Fragebogen beilegen durfte, der an 1.500 Haushalte verschickt wurde“, sagt die Studentin. Einen ersten Kontakt hatte ihr betreuender Professor, Peter Stein, vom Institut für Romanistik hergestellt. 180 ausgefüllte Fragebögen kamen zurück – derzeit wertet Annette Hilscher die Antworten aus, im Mai wird sie die Arbeit abgeben. „Im Pikardischen gibt es keine einheitliche Orthografie, da über die Hälfte aller Befragten den Dialekt mündlich, beispielsweise über die Großeltern, beigebracht bekommen“, sagt die angehende Absolventin über ihre Ergebnisse. Sie will Antworten finden auf die zentrale soziolinguistische Fragestellung nach Joshua Fishman, einem amerikanischen Soziolinguisten: Wer spricht welche Sprache wann und mit wem? Annette Hilscher unterscheidet zwischen formalisiertem – etwa über den Wahlunterricht – und informellem Spracherwerb über Familie und Freunde, sowie aktiver (Sprechen und Schreiben) und passiver Sprachkompetenz (Hör- und Leseverstehen). „Pikardisch war lange eine mündliche Sprache – zu Hause in der Familie oder beim Kommunizieren mit Freunden. In der alltäglichen Kommunikation ist es heute weitgehend verloren gegangen.“ Dennoch hat sie einen Aufschwung der Regionalsprache festgestellt. „Es gibt Unmengen Autoren, die wieder auf Pikardisch schreiben. Asterix und Obelix und ‚Der kleine Prinz’ wurden ins Pikardische übersetzt; Theater- und Musikgruppen gründen sich verstärkt“, erzählt Hilscher. Die Basis ist der kulturelle Wert der Sprache: Er wird mit Heimat, Kultur und Gemeinschaft verbunden. Dass sich eine Deutsche aus Berlin für ihre Sprache interessiert, fanden die Nordfranzosen so prestigeträchtig, dass ein Team vom Dritten Französischen Fernsehprogramm eine Reportage über Annette Hilschers Forschungen drehte. „Ich vermute, die Franzosen betrachten meine Arbeit als Form einer erfolgreichen europäischen Integration“, sagt sie. Constanze Haase Akademische Kreuzfahrt von Rotterdam nach Berlin Geographiestudenten erkunden europäische Hafenstandorte vor dem Hintergrund des Strukturwandels Flüsse sind seit Jahrhunderten wichtige Transportadern und nicht zuletzt mitverantwortlich für die Prosperität vieler Städte in Mittel- und Nordeuropa – man erinnere sich nur an die Hansezeit. Die Binnenschifffahrt ist ein fester Bestandteil zur Bewältigung des Verkehrsaufkommens. Der Transport auf dem Wasser ist wirtschaftlich und umweltschonend zugleich – ein modernes Binnenschiff ersetzt etwa 150 Lastkraftwagen. Cirka 10.000 Jeanshosen passen in einen 20-Fuß-Container. Doch nicht nur die Logistiknetze befinden sich im Wandel, auch Hafenstandorte und Wasserstraßen müssen den neuen Ansprüchen genügen. Mit einer Verbreiterung der Kanäle, dem Bau größerer Schleusen, der Erhöhung von Brücken und der Verlagerung von Hafenstandorten aus den historischen Zentren sollen diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden. und 2006 beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg mitgemacht, wo wir unter die ersten Zehn kamen“, erklärt Adleff. Das Prinzip der Pumpe der Acuros GmbH, die bis zu einem halben Jahr in Funktion sein kann, basiert auf dem Prozess der Osmose. Pflanzen nehmen beispielsweise durch Osmose Wasser in ihr Leitgewebe auf und leiten es von den Wurzeln bis in die Spitze. Die miniaturisierte Pumpe funktioniert mittels einer Hohlfaser, die sich um einen Behälter mit einem Osmotikum windet und wasserdurchlässig ist. Auf dem Weg durch die Hohlfaser wird die Konzentration der Lösung aufgrund des Osmoseprozesses kontinuierlich verändert, um am Ende in verdünnter Form auf das Reservoir, in dem sich die zu pumpende Flüssigkeit befindet, zu drücken. Das Prinzip der Osmose ist aber nicht nur für den Einsatz in der Labortechnik interessant, auch Patienten können davon profitieren. „Wir bieten auch eine Einwegminipumpe an, die beispielsweise für Schmerzpatienten eine kontinuierliche Medikamentengabe ermöglicht, ohne ihre Mobilität einzuschränken“, erklärt Helge Adleff. Zusammen mit Kooperationspartnern an der TU Dresden arbeiten die zwei Jungunternehmer außerdem an einem miniaturisierten Labor für Zellkulturtechnik, mit der niedergelassene Ärzte in die Lage versetzt werden sollen, Material für kleinere Haut- und Knochentransplantationen herzustellen. Die beiden Unternehmer arbeiten hart daran, dass der Schriftzug Acuros in vielen Arztpraxen, die im Bereich der regenerativen Medizin arbeiten, zu lesen sein wird. Ljiljana Nikolic Dabei wurde analysiert, welche Potenziale sich im Güterverkehr durch den Ausbau der Wasserwege ergeben oder welche Nachnutzungsmöglichkeiten für ehemalige innerstädtische Hafenstandorte vorhanden sind. Die Exkursiongruppe auf dem Reiseschiff MS Fluvius im Rotterdamer Hafen. Vor diesem Hintergrund bereisten Studierende der Humboldt-Universität und der Universität Tübingen zwei Wochen unter Leitung der Wirtschaftsgeographen Sebastian Kinder, Lech Suwala und Dennis Klo- Foto: privat se auf einem Binnenschiff Flüsse, Kanäle, Hafenstädte und trafen dabei auf Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die zum Thema Strukturwandel Rede und Antwort standen. Während in Rotterdam beispielsweise auf einem ehemaligen Hafengelände ein hochmoderner Dienstleistungsstandort mit preisgekrönten Prestigebauten von Rem Koolhaas und Norman Foster entsteht, wird in Duisburg am Innenhafen oder in Münster am Stadthafen versucht, durch kreative Industrien eine Wiederbelebung dieser Quartiere durch Künstler, Musiker, Architekten unter Erhaltung der historischen Bausubstanz voranzutreiben. Die Ergebnisse werden in einem Projektbericht und mehreren Publikationen münden. Lech Suwala Christoph Heyl: Unter den Linden II Alltag und Alltägliches. Ungewöhnliches und Überraschendes. Stille Einsichten und Trubel. So stellt sich die Auswahl an Fotografien dar, die an der HumboldtUniversität in den vergangenen zwei Jahren entstanden sind und zu dem Fotowettbewerb „HumboldtFoto“ eingereicht wurden. Im 200. Jubiläumsjahr der Universität ist diese Bildauswahl in einer Wanderausstellung auf Reisen. Im Abgeordnetenhaus von Berlin wurde sie am 13. April eröffnet. Bis zum 28. April 2010 ist sie dort zu sehen, Abgeordnetenhaus von Berlin, Wandelhalle, Niederkirchnerstraße 5, 10117 Berlin, geöffnet Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr. Die nächste Station: 4. bis 15. Mai 2010, Campus Adlershof, Erwin-SchrödingerZentrum, Rudower Chaussee 26, 12489 Berlin. Im Rahmen der HU200-Jubiläumswoche vom 20. bis 29. Mai 2010 in den Potsdamer Platz Arkaden, Alte Potsdamer Straße 7, 10785 Berlin, geöffnet Montag bis Samstag 9 bis 21 Uhr. Vor Ort und in einer Online-Galerie besteht die Möglichkeit, einen Publikumspreis zu vergeben, der Ende des Jahres verliehen wird. www.hu-berlin.de/fotowettbewerb Campus HUMBOLDT · 22. April 2010 Seite 5 Ein Statistiker der ersten Stunde Ti p p s & Ter mine Zum Gedenken an Ladislaus von Bortkiewicz wurde ein Lehrstuhl eingerichtet Kubanische Sommer-Filmreihe Am 23. April startet mit dem preisgekrönten Melodram Erdbeer und Schokolade (Originaltitel: Fresa y chocolate) des kubanischen Regisseurs Tomás Gutiérrez Alea aus dem Jahr 1993 eine Filmreihe der HU und der Botschaft Kubas. „Mit der Sommer-Filmreihe haben wir ein kleines feines Programm aufgelegt, das uns die vielfältigen Aspekte der kubanischen Kultur und des gesellschaftlichen Lebens der Karibik-Insel auf unterhaltsame und intelligente Weise näherbringt“, sagt Ursula Hans, Leiterin der Abteilung Internationales. Im September 2010 ist eine wissenschaftliche Studienreise von „Humboldt Exkursionen“ nach Kuba geplant: Der Archäologe Veit Stürmer wird einen kurzen Einblick in das Programm der Reise geben. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Foyer des Kinosaals, Hauptgebäude, Unter den Linden 6. Korruption beleuchten Die Mosse-Lectures im Sommersemester Korruption schafft eigene Systeme von Abhängigkeiten, etwa bei der Mafia. Im unternehmerischen Bereich schafft sie Marktanteile und sichert Arbeitsplätze, im Sport sorgt sie für Höchstleistungen, oft allerdings im Schatten von Dopingaffären. Ist diese Dynamik von Korruption nicht nur ein Störfall der Gesellschaft, sondern ihr fester Bestandteil, ein Streit der Gesellschaft mit sich selbst? Die Mosse-Lectures, präsentiert vom Institut für deutsche Literatur, werden diesen Fragen nachgehen. Den Auftakt am Donnerstag, 29. April 2010, 19 Uhr c.t., macht Stephan A. Janse, Präsident der Zeppelin Universität, Professor für strategische Organisation und Finanzierung zu „Tabuisierung, Medialisierung und Moralisierung der Korruption“, Senatssaal, Hauptgebäude, Unter den Linden 6. Weitere Termine: www.mosse-lectures.de Im Vorlesungsraum 109 hing viele Jahre ein Portrait von ihm. Aber im Februar 1938 hatte der Pedell (wir würden heute Hausmeister sagen) dem Direktor berichten müssen, dass das Portrait „verschwunden“ war. Er merkte an, dass das Portrait vermutlich gestohlen wurde, „weil die Täter annahmen, er sei nicht deutschblütig“ gewesen. Ladislaus von Bortkiewicz hielt fast 30 Jahre lang im Gebäude Unter den Linden seine Vorlesungen und war auch in der Spandauer Straße tätig – im gleichen Gebäude befindet sich heute der nach ihm benannte Lehrstuhl. Der Ladislaus von Bortkiewicz Chair of Statistics am Centre for Applied Statistics and Economics (C.A.S.E.) wurde 2009 in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eingerichtet. Im Januar wurde die Benennung feierlich bekannt gegeben. Als Kind polnischer Eltern wurde Ladislaus von Bortkiewicz am 7. August 1868 in St. Petersburg, der Hauptstadt des Russischen Zarenreiches geboren. Er erhielt eine ausgezeichnete Schulbildung und studierte Jura, anschließend Staatswissenschaften beziehungsweise Nationalökonomie, Statistik und Mathematik an der Universität Göttingen. Von 1895 bis 1897 bereitete er seine Habilitation an der – damals Preußischen – Universität Straßburg vor und wurde Privatdozent. Sein besonderes Interesse an Statistik wurde von seinem Doktorvater in Göttingen, dem berühmten Wilhelm Lexis, geweckt. In Straßburg beeinflusste ihn Georg Friedrich Knapp. Mit seinem 1898 publizierten Büchlein „Das Gesetz der kleinen Zahlen“ wurde Bortkiewicz weltweit bekannt. In dieser Broschüre behandelte er vor allem die Poisson-Verteilung. Nach seiner Habilitation kehrte er nach St. Petersburg zurück und arbeitete für die Eisenbahn, bis er die Chance erhielt, in Berlin zu wirken – und fast 30 Jahre lang blieb. Ladislaus von Bortkiewicz war ein außergewöhnlicher Ökonom, Statistiker und Mathematiker. Er lehrte sowohl an der Friedrich-Wilhelms-Universität als auch an der Der Ökonom Ladislaus von Bortkiewicz (1868-1931) Abb: Porträtsammlung UB 1906 gegründeten Berliner Handelshochschule. 1901 wurde er außerordentlicher Professor für Staatswissenschaft und Statistik an der Berliner Universität. Von 1913 bis 1931 war er einer der vier Direktoren des Staatswissenschaftlich-Statistischen Seminars; zusammen mit Max Sering, Heinrich Herkner und Ludwig Bernhard. Erst 1920 erhielt er eine ordentliche Professur, ein persönliches Ordinariat, was dazu führte, dass es ab 1931 keine Professur für Statistik mehr gab, da diese nach seinem Tod nicht wieder besetzt werden konnte. Von 1906 bis zum Wintersemester 1922/23 war Ladislaus von Bortkiewicz außerdem Professor für Mathematik und Statistik an der Handelshochschule Berlin – der heutigen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Anzeige Ladislaus von Bortkiewicz arbeitete zu sehr verschiedenen Gebieten, zur klassischen Ökonomie und zur Bevölkerungsstatistik, außerdem zur Wahrscheinlichkeitstheorie, mathematischen Ökonomie und physikalischen Statistik. Er leistete wesentliche Beiträge zur Entwicklung all dieser Gebiete und manche seiner Publikationen wurden zu klassischen Arbeiten in der mathematischen Statistik. Leider publizierte er viele seiner Arbeiten in unterschiedlichsten Zeitschriften, und schon seine Kollegen beklagten, dass er keine Werkausgabe hinterließ. Neben vielen anderen wurde Bortkiewicz von zwei Kollegen wertgeschätzt, die wegen des NS-Regimes ins Exil getrieben wurden: von dem Wiener Ökonomen Joseph Schumpeter und dem Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel; dieser hatte sich 1931 vergeblich um die Nachfolge als Professor in Berlin beworben. Im Exil in den USA verfassten Schumpeter und Gumbel Skizzen zum Werk von Ladislaus von Bortkiewicz und erinnerten an ihn und sein Werk, insbesondere zur politischen Ökonomie. SAY HI TO BERLIN! BER EINLADUNG INVITATION LIN THE OFFICIAL WELCOME PARTY FOR INTERNATIONAL STUDENTS SAY HI TO BERLIN! BER 23.04.2010 Die Humboldt-Uni lädt ein zur großen Welcome Party LIN für INVITATION internationale Studierende undTHE Freunde OFFICIAL WELCOME PARTY FOR INTER- NATIONAL STUDENTS Tanz auf mehreren floors Kalkscheune Johannisstraße 2, 10117 Berlin 23.04.2010 Einlass ab 22.00 Uhr Die Humboldt-Uni lädt ein Eintritt 5,00 | 7,00 Euro zur großen Welcome Party für internationale Studierende www.international.hu-berlin.de/orbis und Freunde Tanz auf mehreren floors Kalkscheune Johannisstraße 2, 10117 Berlin Einlass ab 22.00 Uhr Eintritt 5,00 | 7,00 Euro www.international.hu-berlin.de/orbis Ladislaus von Bortkiewicz lebte in BerlinHalensee und verstarb nach langer Krankheit am 15. Juli 1931. Die zahlreichen Nachrufe in Berliner Tageszeitungen zeugen von seiner Berühmtheit. Annette Vogt und Wolfgang Härdle hu_karte_pf_240210.indd 2 Berlin von allen Seiten erleben! 4 Wochen Infotainment für nur € 9,90 – sichern Sie sich jetzt unser StudentenaboPlus bestehend aus Berliner Zeitung + tip Berlin. und n e r a p 33 % s n sichern! chö Dankes hu_karte_pf_240210.indd 2 € 7,50 hu_karte_pf_240210.indd 2 oder Bestellen Sie noch heute: (030) 23 27 61 76 im Internet: www.berliner-zeitung.de/ studentenangebote HUMBOLDT_AZ_BLZ+tipAbo_285x216.i1 1 18.03.2009 9:58:18 Uhr Bereiten Sie sich und anderen eine Freude... Ja, ich möchte den Tagesspiegel verschenken oder Ich bestelle den Tagesspiegel für 4 Wochen zum Preis von 27,90 € (28,20 € überregional; inkl. MwSt. und Zustellung innerhalb Deutschlands). Die Zustellung endet automatisch. selbst lesen. Adresse des Geschenkempfängers: Bitte liefern Sie den Tagesspiegel ab für 4 Wochen an folgende Adresse: Meine Angaben: Name/Vorname Name/Vorname Straße/Nr. oder Postfach Straße/Nr. oder Postfach PLZ/Ort PLZ/Ort Telefon Telefon E-Mail Als Geschenk erhalte ich das edle Parker-Schreibset mit Kugelschreiber und Drehbleistift. (Solange der Vorrat reicht.) E-Mail Ich zahle per Bankeinzug. Konto-Nr. BLZ Bank 0901M103/104HU Ich zahle per Rechnung. Datum/Unterschrift Ich bin damit einverstanden, dass mir schriftlich, per E-Mail oder telefonisch weitere interessante Angebote der Tagesspiegel-Gruppe unterbreitet werden und dass die von mir angegebenen Daten für Beratung, Werbung und zum Zweck der Marktforschung durch die Verlage gespeichert und genutzt werden. Vertrauensgarantie: Eine Weitergabe meiner Daten zu Marketingzwecken anderer Unternehmen erfolgt nicht. Meine Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Verschenken Sie jetzt 4 Wochen den Tagesspiegel für 27, 90 €. Das edle Parker-Schreibset bestehend aus Kugelschreiber und Drehbleistift mit lackschwarzem Gehäuse ist unser Dankeschön für Ihre Bestellung! Gleich bestellen und Geschenk sichern! Einfach den Coupon ausfüllen, abtrennen und einsenden: Verlag Der Tagesspiegel GmbH, Leserservice, 10 876 Berlin Telefon (030) 290 21 - 555 · Fax (030) 290 21- 599 www.tagesspiegel.de/lesen Geschichte HUMBOLDT · 22. April 2010 Seite 7 Krankheiten, Therapien und Schicksale Ausgewählte Jubiläen im April Die Charité begeht ihr 300-jähriges Jubiläum – eine Ausstellung und ein Buch würdigen es Armprothese nach Sauerbruch, um 1940, Berliner Medizinhistorisches Museum Foto: Thomas Bruns Im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité kann seit März die Ausstellung „Charité. 300 Jahre Medizin in Berlin“ besucht werden. Sie führt in zwei Sälen und zwei zeitlichen Durchläufen durch die Geschichte der Medizin in Berlin. Das Schild „Nach Berlin“ und eine Ratte sehen die Besucher der Ausstellung zuerst. Das possierlich scheinende Tier steht für die Infektionsgefahr, und das Schild weist darauf hin, dass die Charité für einige Jahrzehnte vor den Toren der Stadt zu finden war. Der erste Saal ist den verschiedenen Krankheiten und den jeweiligen Heilungsmöglichkeiten gewidmet: Erkrankungen des Brustraums im 18. Jahrhundert werden in den Blick genommen, die Syphilis wird in Moulagen beispielhaft vorgeführt. Im beginnenden Industriezeitalter sind Diphtherie und die Verletzungen durch Unfälle relevant. Durch die Jahrzehnte hindurch geht es bis hin zu den heutigen Volkskrankheiten Rheuma und Krebs. Sonderausstellung bis 27. Februar 2011 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité, Charitéplatz 1, Berlin-Mitte, Öffnungszeiten: Di, Do, Fr, So 10 - 17 Uhr, Mi/Sa 10 - 19 Uhr, Mo geschlossen Daneben wird die Breite der medizinischen Einrichtungen in Berlin gezeigt: so die Militärärztliche Akademie und das Institut für Infektionskrankheiten. Es wird deutlich gemacht, dass die Medizin ganz im Virchowschen Sinn eine soziale Wissenschaft ist und die oft genug prekären Lebensbedingungen der Berliner werden ein Stück weit sichtbar. Für den zweiten Saal hat Kuratorin Isabel Atzl zwei Frauen und 40 Männer ausgewählt, die beispielhaft für Leistungen der Berliner Medizin stehen. Franziska Tiburtius (1843-1927) war die erste niedergelassene Ärztin in Berlin überhaupt. Die zweite Ärztin an der Charité war Rahel Hirsch (1870-1953). Sie war 1913 die erste Frau, die Professor der Medizin in Preußen wurde. Gut 200 Jahre waren also vergangen, bis Frauen solche Positionen erreichen konnten. Bei den anderen Forschern sei nur kurz auf Ferdinand Sauerbruch (1875-1951) eingegangen. Er steht wie vielleicht kein anderer für die im beginnenden 20. Jahrhundert erreichten Möglichkeiten und für die Verstrickungen in der Zeit des Nationalsozialismus. So war er der erste, der ein Verfahren etablierte, mit dem man den Brustkorb operativ öffnen kann. Er entwickelte eine Oberarmprothese, die als Sauerbruch-Arm bekannt wurde. Ab 1933 unterstützte er die neuen Machthaber, indem er einen eigenen Brief „An die Buc h t ip p Ärzteschaft der Welt“ am „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und zum Nationalsozialismus“ verfasste. Andererseits sprach er sich gegen das so genannte Euthanasie-Programm aus. Die Charité Die Geschichte eines Krankenhauses Hrsg. Johanna Bleker und Volker Hess Akademie Verlag Berlin 2010, 299 S., 52 Abb., 69,80 Euro, ISBN 978-3-05-004525-2 Die Ausstellung gelangt schließlich in der Gegenwart an und gibt Einblicke in die vielfältigen Tätigkeitsfelder der Medizin mit ihren aktuellen Möglichkeiten. Tom Werner Krankenjournal aus der Charité für die Jahre 1857 bis 1860 Foto: Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité Die Ausstellungsbesucher werden danach vielleicht noch mehr wissen wollen, und diesen sei eine Neuerscheinung ans Herz gelegt. Johanna Bleker und Volker Hess haben „Die Charité – Geschichte(n) eines Krankenhauses“ herausgegeben. In neun Kapiteln stellen verschiedene Autoren in Schritten von 20 bis 80 Jahren die Veränderungen des Krankenhauses Charité von den Anfängen bis zum Mauerbau dar. Damit wird allerdings die Seite der Universitätsmedizin nicht berücksichtigt. Sehr wohl einbezogen werden politische Aspekte, denn die Charité ist immer auch als politisch gesteuerte und geordnete Struktur zu denken. In jedem Kapitel gibt es neben der Darstellung der medizinhistorischen Perspektiven beispielhaft eine Krankengeschichte, um die allgemeine Entwicklung am besonderen Fall zu zeigen. Ein interessantes und vor allem ein gut zu lesendes Buch. Die Lücke zur Gegenwart ergibt sich aus dem aktuellen Forschungsstand. Derzeit ist es noch nicht möglich, eine Geschichte der Charité bis in die Zeit nach der Wiedervereinigung fortzusetzen. Hier ist noch Arbeit zu leisten. Leidenschaft und Intensität Zum Tod des Malers Wolfgang Frankenstein und seinem Beitrag für die Kunsterziehung Am 6. März 2010 verstarb der Maler Wolfgang Frankenstein mit 91 Jahren in Berlin. In den Jahren 1968 bis 1983 war er Leiter des Bereichs Kunsterziehung an der Humboldt-Universität. aus seinem Arbeitsraum auf die Berliner Museumsinsel und die Spree ist in den Skizzenbüchern mit manch sensationeller Eintragung zu finden. Im Zentrum Frankensteins wissenschaftlicher Arbeit am Bereich Kunsterziehung stand die Erarbeitung theoretischer Positionen, die auf der Basis neu akzeptierter Vielfalt in der Kunst den Einblick in Gestaltungs- und Rezeptionsprozesse ermöglichen und die gängigen Kategorien der Werkanalyse erweitern sollten. Normativen Tendenzen in der kunstpraktischen und kunstpädagogischen Ausbildung entgegen zu wirken, war wesentliches Ziel. Die lebendige Präsenz dieser Persönlichkeit – eines Menschen mit Leidenschaft und Intensität, der unbeirrbar für seine Ziele eintrat – ist allen vertraut geblieben, die mit ihm damals gearbeitet haben. Wir bewunderten seine farbintensiven Bilder, die in zahlreichen Werkausstellungen ihre Kraft entfalteten. Wir schätzten ihn als engagierten Streiter in Sachen Kunst und als Kenner internationaler Kunstprozesse. Wolfgang Frankenstein, am 5. Mai 1918 – auf den Tag genau 100 Jahre nach Karl Marx – geboren, durchlebte das 20. Jahrhundert in niederdrückenden Momenten der Verzweiflung und hoch beglückenden Augenblicken des Erfolgs: In der Nazizeit als rassistisch Verfolgter durch Studienverbot und Haft gequält, war er nach dem Krieg mit Elan in die Kunstszene eingestiegen. Er war künstlerischer Leiter der Galerie Rosen, Autor der Kulturzeitschrift Athena, Mitbegründer des Künstlerkabaretts „Badewanne”, assoziiert mit der Künstlergruppe Cobra. Der Maler war befreundet mit Karl Schmidt-Rottluff, Werner Heldt und Alexandro Camaro, in Sachen Unesco unterwegs, mit Renato Guttuso, Diego Rivera, Gabriele Mucchi und Der Maler Wolfgang Frankenstein (1918-2010) Ende der 1980er Jahre in seinem Atelier. Marino Marini bekannt. Von Künstlern wie Heinrich Ehmsen und Max Kaus wurde er gefördert, nachdem er sich entschlossen hatte, seiner politischen Überzeugungen und Ideale wegen im Ostteil Berlins als Mitkonstrukteur des sozialistischen Experiments auf deutschem Boden zu wirken. Seit 1962 in Greifswald und ab 1968 in Berlin im Rahmen einer künstleri- Foto: privat schen und wissenschaftlichen Professur aktiv, konnte Wolfgang Frankenstein seine künstlerisch-praktischen Erfahrungen direkt in die Lehre und die beliebten Exkursionen und Praktika einbringen. Die Burgstraße 26 erinnerte ihn mit dem schäbigen Charme des Unperfekten, Provisorischen, bohemienhaft an die lebenshungrige Zeit nach Kriegsende. Hier hat Frankenstein Erfolge und Rückschläge erlebt. Der Blick Antifaschisten und Humanisten der Gründergeneration des Instituts hatten starke politische Impulse neben das motivierende Potenzial der Reformpädagogik gestellt. Der komplizierten Wahrnehmung künstlerischer Äußerungen in der Gegenwart gerecht zu werden, galt als neue Herausforderung. In die damalige Hochschullandschaft hat sich der Bereich Kunsterziehung der Humboldt-Universität mit einem unverwechselbaren Profil der Fachlehrerausbildung eingebracht. Der Beitrag Frankensteins ist unbestritten. Wir schätzten die Persönlichkeit, die die kühnen Ideen des Wissenschaftlers mit dem produktiven Schaffen des Künstlers verband. Marieluise Schaum 140. Todestag: Heinrich Magnus 2.5.1802 - 4.4.1870, Physiker und Chemiker Im Mai 1802 wurde Heinrich Magnus als Sohn einer wohlhabenden Berliner Kaufmannsfamilie geboren. Er studierte Chemie und Physik in seiner Heimatstadt und wurde 1827 promoviert. Nach einigen Jahren im Ausland habilitierte er sich 1831 über chemische Technologie. 1834 erhielt Magnus eine außerordentliche und 1845 eine ordentliche Professur für Technologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Er engagierte sich sehr für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Das in seinem Privathaus Am Kupfergraben eingerichtete Privatlaboratorium öffnete er Studenten und Wissenschaftlern. Im Jahr 1843 initiierte Magnus dort ein Physikalisches Kolloquium, das dazu diente, die neuesten Publikationen auf dem Gebiet der Physik zu diskutieren. Im Laufe der Jahre gingen aus diesem Kreis eine Reihe bedeutender Schüler hervor. Darunter auch Hermann von Helmholtz, der Magnus´ Nachfolger am Lehrstuhl Physik der Berliner Universität wurde. Noch heute ist das so genannte Magnushaus der Sitz der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. 120. Geburtstag: Walter Grotrian 21.4.1890 - 3.3.1954, Astrophysiker Walter Grotrian wurde im Jahr 1890 in Aachen geboren. Sein Interesse für die Physik wurde schon früh durch seinen Vater, der Professor für Elektrotechnik war, geweckt. Nach dem Studium in Aachen und Göttingen wurde er über den Gleichstromlichtbogen promoviert. Sein guter Ruf als Spektroskopiker führte Grotrian 1922 an das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam. Zugleich lehrte er an der Berliner Friedrich-WilhemsUniversität, wo er sich auch habilitierte. 1929 nahm Grotrian an einer SonnenfinsternisExpedition nach Sumatra teil, bei der er mit einer eigenen Apparatur das noch völlig unerforschte Spektrum der Sonnenkorona maß. Durch die Analyse der Daten gelang es Grotrian, die Komponenten des Koronaspektrums zu identifizieren und physikalisch richtig zu deuten, was zu dem Schluss führte, dass in der Korona Temperaturen von über einer Million Grad vorherrschen müssen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er am Aufbau eines europäischen Netzes von Stationen zur Erfassung der veränderlichen Strahlungen der Sonne mit. 1954 starb der Astrophysiker im Alter von 63 Jahren. Die Stadt Potsdam hat zu Ehren Walter Grotrians eine Straße nach ihm benannt. 250. Geburtstag: Sigismund Hermbstädt 14.4.1760 - 22.10.1833, Chemiker Der 1760 geborene Hermbstädt studierte Arzneiwissenschaft in Erfurt und arbeitete nach seiner Promotion in verschiedenen deutschen Apotheken. Unter stetiger Fortsetzung seiner Studien hielt er ab 1787 Privatvorlesungen über Chemie, Physik, Technologie und Pharmazie in Berlin. 1791 wurde er als ordentlicher Professor für Chemie und Pharmazie an das Collegium medico-chirurgicum berufen und gleichzeitig mit der Verwaltung der königlichen Hofapotheke betraut. Auf Vorschlag von Alexander von Humboldt wurde Hermbstädt 1810 als außerordentlicher Professor für Technologie an die neu gegründete Berliner Universität berufen. Seit 1811 war er dort ordentlicher Professor für Chemie und Technologie. Hermbstädt hatte wesentlichen Einfluss auf das chemische Denken seiner Zeit. Er beschäftigte sich mit den Anwendungen der Landwirtschaft, der Technologie und der Pharmazie. Seine darüber veröffentlichten Abhandlungen sorgten für die Verbreitung von vorhandenem Praxiswissen. Außerdem bereicherte er die Forschung durch seine Mitgliedschaften in der Leopoldina und der Akademie der Wissenschaften Berlin. Julia Kubowicz Anzeige ·Lehrer/innen für Sek.I ·Grundschul-Lehrer/in zum 01.08.2010 gesucht. biP kreativitätsgrundschule bizetstraße 64, 13088 berlin-Pankow www.bip-kreativ.de telefon 030 / 92 09 22 20 Begabung · Intelligenz · Persönlichkeit PIB 45 * 35 4-2010.indd 1 15.04.2010 12:41:03 Uhr Seite 8 HUMBOLDT · 22. April 2010 Mittendrin. Eine Universität macht Geschichte Die Jubiläumsausstellung im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum Amtskette und Talar, das Zepter des Rektors oder Hegels Schreibtisch – mit solchen Stücken aus den reichen Sammlungen der Universität, aber auch zahlreichen Ton- und Filmdokumenten bezeugt die Ausstellung Kontinuitäten und Brüche der Universitätsgeschichte. Trotz ihrer vergleichweise kurzen Geschichte muss „die Humboldt“, wie Studenten und Lehrende sie nennen, sich nicht hinter traditionsreicheren Universitäten verstecken. Im 19. Jahrhundert beginnt die Reihe klangvoller Namen mit den Brüdern Humboldt, Hegel, Schleiermacher und setzt sich im 20. Jahrhundert mit Medizinern und Naturwissenschaftlern wie Albert Einstein, Lise Meitner, Max Planck und Otto Hahn fort. Mit der Zahl von 29 Nobelpreisträgern unter ihren Lehrenden überflügelt die Humboldt-Universität alle anderen deutschen Hochschulen. Dieser Kubus führt zur Ausstellung in der Universitätsbibliothek. Foto: Heike Zappe Die Besucher des Grimm-Zentrums werden von kräftgen Farben und Kleinoden in den Bann der Ausstellung gezogen. Foto: Heike Zappe Charismatische Geister machen den Ruhm einer Universität aus, und entlang von Personen und Personalien erzählen auch die Kuratorinnen der Ausstellung, Ilka Thom und Kirsten Weining die Geschichte 200-jähriger Wissenschaft und Wissensvermittlung – ohne dabei auf bloßes name-dropping zu verfallen. An Werk und Werdegang von Lehrenden, Studierenden und Mitarbeitern, aber auch an traditionsreichen Lehrorten machen sie brennglasartig einzelne Facetten der Universitätsgeschichte fest. Deshalb entschied man sich gemeinsam mit den Ausstellungsdesignern Tom Duncan und Noel McCauley für die Form dezentraler, autarker Informationseinheiten.„Die Betrachter erfahren etwas über das Leben der Studentenschaft, welche Gepflogenheiten es gab, wer überhaupt daran teilhaben durfte“, erklärt Kuratorin Ilka Thom. „Diese thematischen Zeitreisen sind unabhängig voneinander verständlich, man kann sich beim Gang durch die Ausstellung also ganz von seinen Interessen leiten lassen.“ Einen festen Rundgang gibt es nicht, denn den räumlichen Mittelpunkt des Grimm-Zentrums bilden die jeden Tag von vielen hundert Besuchern frequentierten Zugänge zu den Lesesälen. Die S iemensvorlesungen Und jetzt – Richtungen der Zukunft Unter welchen Bedingungen ist in Zukunft ein gutes Leben möglich? Um sich dieser Frage anzunähern, veranstalten die Humboldt-Universität zu Berlin anlässlich ihres Jubiläums und die Siemens Stiftung München die Redereihe „Und jetzt – Richtungen der Zukunft“. Eingeladen sind elf Gäste, die in ihren Vorträgen Fragen nach den Zukunftsaussichten einer immer komplexer werdenden Welt stellen. Ausgangspunkt für ihre Reflexionen bilden die aktuellen globalen Krisen und Gefährdungen. In den Reden werden Modelle und Szenarien vorgestellt, die das Potenzial besitzen, vom Denken zum Handeln zu führen und Anstöße zur Weiterentwicklung offener, verantwortlicher und problemlösungskompetenter Gesellschaften zu bieten. Referenten sind: Baroness Susan Greenfield, Josef Winkler, Sunita Narain, Harald Welzer, Stephan A. Jansen Charles Taylor, Arjun Appadurai, Eva Illouz, Paul Collier, Martin Hoffmann, Marcel Hénaff. Es moderiert Thomas Macho. 28. April bis 30. Juni 2010, mittwochs 19 Uhr, Humboldt-Universität zu Berlin, Hauptgebäude, Kinosaal, Unter den Linden 6. Jutta Allmendinger über Bildung, Geschlecht und ihre Teilnahme am zweiten HumboldtStreitgespräch dokumente und Filme auf integrierten Bildschirmen visualisieren und vertiefen die Erzählung. Einige der Würfel kann man betreten, vor allem da, wo sich die konzentrierte Vertiefung in ein Thema anbietet. Berlin ist keine sonderlich alte Universität, verglichen mit manch anderer Alma Mater klangvollen Namens wie Heidelberg, Tübingen oder Göttingen. Auf ein 200-jähriges Bestehen kann die erste Berliner Universität 2010 zurückblicken. Von dem Theologen Friedrich Schleiermacher und dem Sprachwissenschaftler Wilhelm von Humboldt ging die Initiative zur Gründung maßgeblich aus. Den nächsten Höhepunkt in ihrem runden Jubiläum begeht sie jetzt mit der Ausstellung: „Mittendrin. Eine Universität macht Geschichte“. Gezeigt wird sie im Grimm-Zentrum, der erst vergangenes Jahr eingeweihten Zentralbibliothek am Bahnhof Friedrichstraße. Die im Rotspektrum von Magenta bis Karminrot lackierten hölzernen Kuben geben der Schau eine starke Präsenz. „Die Präsentation ist räumlich verstreut, ich denke aber schon, dass man sie als Einheit erleben kann“, sagt Szenograph McCauley. Die mediengestützt auf und innerhalb der Würfel präsentierten Themen wecken seiner Meinung nach sogar leichter das Interesse eines Bibliotheksbesuchers als eine große, geschlossene Ausstellung. Doch „Mittendrin“ sollte nicht nur Orientierung ermöglichen und Interesse wecken, sie soll eben auch ein Festgeschenk sein, den Glanz Zeitschriftenband aus der Universitätsbibliothek einer erfolgreichen Wissenmit Einschusslöchern aus dem Jahr 1919 oder 1920, Foto: UB schaftsinstitution vermitteln. Deshalb kommt die ergänzenmit der Szenografie der Schau beauftrag- de Farbe Gold ins Spiel. In Gold legen ten Architekten Duncan und McCauley sich an vielen Punkten großformatige entschlossen sich, die Ausstellung de- Bilder über die glatte rote Fläche der Kuzentral um diesen belebte Mitte herum ben – das Portal unter den Linden oder zu gruppieren: Korrespondierend mit Konterfeis berühmter Lehrender sind solFrank Peter Jäger den Rastermaßen von Max Dudlers Bi- che Motive. bliotheksbau entwarfen sie in Rottönen lackierte Kuben in sieben Größen. „Sie Die Ausstellung „Mittendrin. entspringen diesem Raster und springen Eine Universität macht Geschichte“ ist aus ihm heraus“, sagt Noel McCauley, bis zum 15. August 2010 im Jacob-unddenn sie stehen kreuz und quer in der Wilhelm-Grimm-Zentrum, GeschwisterFoyerhalle. Inseln, die Nachbarschaften Scholl-Str. 1/3, 10117 Berlin, zu sehen. bilden, jedoch in sich geschlossen sind, Geöffnet montags bis freitags von 8 bis 24 so wie Denken und Wissensaneignung Uhr, sonnabends und sonntags von 10 bis stets Leistungen des Individuums sind. Auf den Wänden der Kuben wird in Wort und Bild in die Themen eingeführt, Ton- 143 Meter Wandzeitung und eine alte Druckmaschine Zu jedem Jubiläum gehören sinnstiftende Anekdoten. Zur studentischen Ausstellung „stud. Berlin > 200 Jahre Studieren in Berlin“ könnte die folgende Geschichte im kollektiven Gedächtnis haften bleiben: Im Herbst 2007 kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen dem damaligen Vizepräsidenten für Lehre, dem Bildungshistoriker Elmar Tenorth, und dem studentisch gebliebenen Bildungspraktiker Bernd Schilfert von der Humboldt-Initiative (HUI). Der Professor arbeitet an der Jubiläumsausstellung samt einer mehrbändigen Festschrift zur Geschichte der Universität und fragt nach, ob nicht die HU-I die Darstellung der Geschichte der Studierendenschaft übernehmen wolle. So wird es erzählt. Mehr als zwei Jahre später herrscht hektische Betriebsamkeit: In diversen WGs, Bibliotheken, Archiven und RefRat-Büros wird noch an Ausstellungstafeln gearbeitet. Der Countdown läuft. Am 4. Mai 2010 soll die studentische Ausstellung im Foyer des Seminargebäudes am Hegelplatz eröffnet werden. Auf insgesamt 143 Metern in allen sechs Etagen des Seminargebäudes werden erfolgreiche wie gescheiterte, emanzipatorische wie rückwärtsgewandte, demokratische und autoritäre Unternehmungen dargestellt, den studentischen Einfluss in 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. www.hu200.de Studentischer Schläger Krosno Odrzańskie (ehemals Crossen), Polen, Mitte 19. Jh. Stiftung Stadtmuseum Berlin Studentenpack packt aus der Universität, auf die Wissenschaft, aber auch außerhalb des „Elfenbeinturms“, zu organisieren. Längst sind es nicht mehr allein die in der HU-I engagierten Studierenden und Absolventen, die an der Realisation der Ausstellung und der Veranstaltungsreihe „Nachlese – die üble“ arbeiten. Das Studierendenparlament hat eine Kommission eingesetzt und den Großteil der Finanzierung übernommen. Eine Nabelschau soll jedoch vermieden werden, ebenso wie eine Erfolgsgeschichte der Studierendenschaft. Studierende der FU und andere Studierendenausschüsse wurden als Mitveranstalter geworben, und das Berliner Bodoni-Museum spendete eine historische Druckmaschine mit einem Flugblattsatz von 1848. Die Ausstellung wird am 4. Mai 2010 um 18 Uhr im Foyer des Seminargebäudes am Hegelplatz mit Freibier und einer Rede des ehemaligen „Leipziger Studentenführers“ Peer Pasternack eröffnet. Der Titel seines Beitrags ist programmatisch für das ganze Projekt: „Keine Zeit perfekt zu sein – Studierende und ihre Selbstorganisation“. Micha Plöse Ausstellungsdauer: 4. Mai – 31. Oktober 2010 „Streit braucht einen langen Atem“ Auf den Spuren von Einstein, Planck und Helmholtz „Man merkt eben doch noch mehr und mehr an den Dingen als man denkt, daß man sich im Zentrum der eigenen Wissenschaft befindet.“ Dieses emphatische Bekenntnis für Berlin ist in einem Brief von Heinrich Hertz an seine Eltern aus dem Jahre 1880 zu lesen, als dieser Student der Berliner Universität war. Berlin hatte sich in jenen Jahren zu einer europäischen Metropole entwickelt, in der Wissenschaft und Technik von zentraler Bedeutung waren. Namentlich in der Physik repräsentierte die Stadt und ihre Wissenschaftsinstitutionen, allen voran die Berliner Universität, eine Hochkultur, die in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende die allgemeine Geschichte der Physik aufs engste mit der Geschichte der Berliner Physik verknüpfte. Über den Aufstieg und den Niedergang dieser Hochkultur physikalischer Forschung will die Ringvorlesung des Instituts für Physik im Sommersemester informieren. Physik in Berlin Ringvorlesung des Instituts für Physik zum 200. Universitätsjubiläum, Lise-MeitnerHaus, Christian Gerthsen-Hörsaal, Newtonstraße 15, Campus Adlershof, wöchentlich mittwochs um 17:15 Uhr. Nächster Termin: 28. April 2010, Prof. Dr. Werner Ebeling „Die Berliner Schule der Thermodynamik“. Bildung, Arbeit, Armut, Frauen – für Jutta Allmendinger sind das die zentralen gesellschaftlichen Fragen. Die 43-Jährige ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin Die Bildungssoziologin für Sozialforschung Jutta Allmendinger und Professorin Foto: David Ausserhofer für die Bereiche Bildungssoziologie und Arbeitsmarktforschung an der HU. Am 29. April 2010 wird sie als Gast beim zweiten Humboldt-Streitgespräch auf dem Podium sitzen und über die Zukunft der Wissenschaftsgesellschaft streiten. Frau Allmendinger, was brauchen Forscher, um innovativ zu sein? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen beides: Ruhe und Anregung. Sie brauchen Freiräume, um zu lesen, und das weit über ihr spezialisiertes Forschungsthema hinaus. Sie brauchen Zeit für den Dialog und den Streit, mit sich selbst, mit Kollegen und Studenten. Und sie brauchen Zeit zum Forschen und zum Schreiben. Zeit ist das wichtigste Gut. Kann man über Bildung überhaupt streiten? Welche Debatte sollte das Streitgespräch anstoßen? Klar kann man über Bildung streiten, lang und trefflich. Viele Personen meinen, dass wir bereits an die Grenzen der Bildung gestoßen sind und der Anteil gut Gebildeter nicht erhöht, der Sockel von Bildungsarmen nicht abgebaut werden könne. Doch von dem Streitgespräch erwarte ich mir mehr: Wie leben wir in einer Gesellschaft, in der Leben und Arbeiten immer mehr entgrenzt, in der bezahlte und unbezahlte Arbeit immer mehr verschwimmen? Eine Wissensgesellschaft hat andere Takte als die Industriegesellschaft. Leistungsmessung über Zeiteinheiten ist ihr nicht angemessen, man misst in anderen Einheiten. Die Frage ist, welche das sind? Bildung erneuern, wie könnte das in Deutschland gelingen? Wir alle müssen Chancengleichheit als Wert setzen und als Ziel verfolgen. Dabei geht es nicht um Gleichmacherei. Viele Kinder aus bildungsfernen Schichten und Migrantenfamilien bleiben weit unter ihren Möglichkeiten. Hier anzusetzen hilft den Menschen, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Welche Rolle spielt die Gleichstellung der Geschlechter bei diesem Thema? Ich forsche über soziale Ungleichheiten. Das Geschlecht spielt eine wichtige Rolle. Das sieht man in der wissenschaftlichen Praxis, nicht nur an Problemen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern auch an Stereotypisierungen, an der Macht alter Netzwerke, an Führungsstilen. Sie wurden in Harvard promoviert. Was machen die USA in der Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern besser als Deutschland? In den USA hat der Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte viel früher als bei uns begonnen. Die Wertschätzung ist höher, die Akzeptanz von Vielfalt, der Blick auf das ganze Leben – Arbeit und Familie. Methodenstreit, Elitestreit – wird in Deutschlands Wissenschafts- und Forschungslandschaft zu viel oder zu wenig gestritten? Ein Streit muss aufmerksam und ehrlich geführt werden und nicht einfach Dogmen oder Ideologien folgen. Ein Streit braucht den langen Atem, die guten Argumente, eine gute Empirie. Heute erleben wir, dass um die Spitze viel gestritten wird. Wir fragen, was die Guten durch Schulreformen verlieren. Und leider nur selten, was die Bildungsarmen gewinnen. Die Fragen stellte Constanze Haase