Sei kein Frosch - Hilf uns!

Transcription

Sei kein Frosch - Hilf uns!
Sei kein
Frosch
Hilf uns!
Materialien
und Hintergründe
zum weltweiten
Amphibiensterben
Was wir dagegen
tun können
Sei kein Frosch - Hilf uns!
1
Impressum
Herausgeber
Stiftung Artenschutz / Verband
deutschsprachiger Zoopädagogen, VZP
Autoren
Jürgen Birtsch, Jürgen Wolters
Redaktion der Arbeitsblätter /
redaktionelle Mitarbeit
Lothar Philips, VZP
Layout
Wolfgang Kuhlmann, ARA
Titelbild
Lehmanns Baumsteiger (Dendrobates
lehmanni) Foto: Gerado Garcia
Inhalt
Titelbildgestaltung
Sven Zähle, www.novumnatur.de
Einleitung
3
Das Schweigen der Frösche
Ursachen des weltweiten Amphibiensterbens
4
Für die Amphibien:
gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
Unkenrufe werden selten
Wie es um unsere Kröten und Frösche steht
9
© 2008
1. Auflage 20.000
Arche Noah aktuell
Die Rettungsaktion der internationalen
Zoogemeinschaft
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Jeder kann helfen
Amphibienschutz im Alltag
15
Packen wir's an
Ideenbörse für aktive Krötenfreunde
18
Was ist ein Frosch, was eine Kröte?
22
Was nutzen uns Frösche?
28
Spendenkonto der
Amphibienkampagne
Stiftung Artenschutz
Konto-Nr. 40 477
bei der Sparkasse Bielefeld
BLZ 480 501 61
Für Nachbestellungen wenden Sie sich an:
Vom Wert der Amphibienvielfalt
2
Vom Kröten schlucken und dem Frosch im Hals
Amphibien in Märchen, Sprache und Kultur
33
Stiftung Artenschutz
Sentruper Straße 315
D-48161 Münster
Arbeitsblätter rund um die Amphibien
36
Tel.
Mail
Kontaktadressen und weiterführende Hinweise
39
Schutzgebühr 3,- Euro zzgl. Versand
0251-8570057
office@stiftung-artenschutz.de
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Frosch und Lurch, Molch und Salamander
– wohl jeder von uns verbindet mit diesen
Namen seine eigenen Vorstellungen, hatte mit
diesen Organismen irgendwann Berührung,
freundliche oder missliche Begegnung.
Amphibien, weltweit verbreitet, haben in
allen menschlichen Kulturen einen Platz gefunden, gehören zum Natur- und Kulturgut. Groß
ist die Fülle ihrer Formen, ihrer Lebensweisen,
ihrer Farben, ihrer Laute. Diese alte Tiergruppe, angesiedelt zwischen Wasser und Land,
diese Wunder der Evolution sind schon bemerkenswerte Wesen. Wir wollen und dürfen sie
nicht missen, sie haben ihren angestammten
Platz in den verschiedensten Ökosystemen.
In unserer Zeit, da die menschliche Zivilisation den letzten Winkel unserer Erde erobert, die Menschheit mit ihrem ungebremsten Wachstum und immer größer werdenden
Bedürfnissen unseren Planeten Erde verändert, fangen wir an zu begreifen, dass wir
mit unserer Lebensgrundlage Natur maßvoller
umzugehen haben, und dass wir gut daran
täten, nicht weiter so massiv in den Naturhaushalt einzugreifen. Letztendlich müssen
wir uns darüber im Klaren sein, beim Schutz
der Natur geht es um unsere eigene Zukunft
und die Zukunft der menschlichen Zivilisation.
Für den notwendigen Kurswechsel bleibt uns
nicht mehr viel Zeit.
Gerade bei den Amphibien zeigt sich
weltweit ein rasantes Aussterben von Arten,
ein dramatischer Rückgang ihrer Populationen. Ursachen sind die fortschreitenden Lebensraumzerstörungen, die immer intensiver
werdenden Landnutzungsformen mit ihrer
Chemisierung und Technisierung. Auch in unserer mitteleuropäischen intensiv genutzten
Agrarlandschaft gibt es keinen Platz mehr für
Foto: Michael Succow Stiftung
Einleitung
Frosch und Molch, und mit ihnen schwinden
viele andere Arten.
Andererseits wächst die Zahl der Menschen, denen das nicht gleichgültig ist, die
sich verantwortlich fühlen für unsere Mitgeschöpfe, die angetreten sind, die Lebensfülle
unseres Planeten zu bewahren.
Diese Broschüre will mit ihrer weltweiten
Betrachtung Wissen über die Amphibien vermitteln, das Maß ihrer Bedrohung, die Verletzlichkeit ihrer Populationen aufzeigen. Die
Schrift animiert zum Handeln, gibt Anweisung
zum Schutz der Arten und ihrer Lebensräume.
Wissenschaftliche Kompetenz, reiche praktische Erfahrungen, aber auch eine tiefe Liebe
zu dieser Organismengruppe zeichnen die
Publikation aus.
So bleibt mir nur, Dank zu sagen den Autoren, Dank zu sagen all denen, die sich mit Herz
und Verstand für die Bewahrung der Biodiversität unserer Erde einsetzen, die uneigennützig
aus Achtung zur Natur wirken. Möge diese
Schrift viele erreichen, zum Segen von Frosch
und Lurch, von Molch und Salamander!
Möge diese Aufgabe nicht nur Sorge und
Ärger, sondern auch Freude und Beglückung
schenken.
Greifswald, im Oktober 2008
Prof. em. Dr. Michael Succow
Träger des Alternativen Nobelpreises,
Vorsitzender der Michael Succow Stiftung
zum Schutz der Natur
Sei kein Frosch - Hilf uns!
3
Das Schweigen
der Frösche
Ursachen des weltweiten
Amphibiensterbens
Die Bedrohungsursachen für das Amphibiensterben sind Lebensraumschwund, Klimawandel
und landwirtschaftliche Gifte. Hinzu kommt, dass durch Menschen verschleppte, nicht einheimische Tiere und Pflanzen die ursprünglichen Lebensräume der Lurche beeinflussen. Eine neue
Gefahr geht von einer Pilzerkrankung aus, die aktuell zu einem weltweiten Sterben der
Amphibien führt.
Lebensraumschwund und Klimawandel
Foto: A. Gebauer
Die größte Bedrohung der Artenvielfalt
weltweit, nicht nur der Amphibien, ist der Verlust natürlicher Lebensräume. Derzeit werden
zum Beispiel Urwälder in allen Klimazonen der
Erde und ohne Rücksicht auf den Arten- und
Klimaschutz abgeholzt. Die Welternährungsorganisation FAO gibt für den Zeitraum 2000
bis 2005 an, dass jährlich 13 Millionen Hektar
Wald gefällt wurden. Das entspricht der Größe
von 35 Fußballfeldern pro Minute.
Die Bäume fallen zur Gewinnung von
Brenn- und Industrieholz oder für Papierfabriken. Ganze Waldökosysteme verschwinden, um Platz
zu schaffen für die Produktion von Soja, mit
dem die Schweinetröge der westlichen Welt
gefüllt werden. Oder sie müssen weichen, um
Ölpalmen anzubauen, aus deren Samen Margarine, Waschpulver oder Biosprit hergestellt
werden. Hauptabnehmer dafür sind die Länder
der Europäischen Union. In den wachsenden
Monokulturen ist kein Platz mehr für Wildnis,
kein Lebensraum mehr für eine vielfältige Amphibienfauna.
Weltweit breiten sich menschliche Siedlungen und Industriegebiete immer stärker zu
Lasten von Naturräumen aus. Neue Straßen
zerschneiden die Landschaft, Flüsse werden
begradigt und vertieft, und der für Lurche so
wichtige amphibische Lebensraum zwischen
Wasser und Land wird immer weiter eingeschränkt.
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Sei kein Frosch - Hilf uns!
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: W. Kuhlmann (ARA)
Umweltgifte
Sie heißen „Basta“ oder „Roundup“ und
ihr Name ist Programm: Pestizide, die in der
konventionellen Landwirtschaft „Schluss mit
Unkräutern“ machen – aber leider auch mit
Amphibien. Nicht ohne Grund sind solche Mittel im Ökolandbau verboten.
Wissenschaftler haben herausgefunden,
dass geringe Dosen dieser Gifte ausreichen,
um Kaulquappen in den Laichgewässern zu
töten. Natürlich sollten keine Agrargifte in
Gewässer gelangen. Doch bei der engen Verzahnung von Natur- und Kulturraum kommt
es immer wieder durch Ausschwemmungen
und Winddrift zum Eintrag von Spritzmitteln
in Gewässer.
Atrazin, ein anderes Pestizid, führt bei
männlichen Fröschen zu starken Veränderungen im Sexualhormonhaushalt. Schon geringe
Mengen genügen, um aus ihnen Zwitter zu ma-
Tropische Regenwälder
sind Zentren der Artenvielfalt. Ihr Verlust ist
besonders dramatisch.
Während der Wanderzeit
der Amphibien wurde
dieses Feld mit Herbiziden
besprüht. Unkenntnis oder
Starrsinn?
Foto: J. Birtsch (ARA)
Unbestritten ist heute auch, dass der
Mensch die Atmosphäre bzw. das Klimageschehen massiv beeinflusst. Die Zerstörung
der Ozonschicht , die die solare Einstrahlung
der energiereichen ultravioletten Strahlung
vermindert, ist eine Folge davon. Ein zu hohes Maß an UV-Strahlung führt zu Zellschädigungen, die ihrerseits zu Hautkrebs führen
können. Orte mit sehr hoher UV-Einstrahlung
findet man in polnahen Gebieten der Erde
und in Gebirgen, aber auch in Australien, wo
sommertags kaum noch Menschen ohne Kopfbedeckung und sonnengeschützte Haut das
Haus verlassen.
Solche Veränderungen der Biosphäre betreffen nicht zuletzt die Amphibien. Forscher
fanden im mehr als 1.200 Meter hohen Kaskadengebirge Oregons bei dem dort heimischen
Kaskadenfrosch (Rana cascadae) und der
Nordkröte (Bufo boreas) heraus, dass deren
befruchtete Eier in großen Mengen abstarben.
Beide Amphibienarten sind der UV-Strahlung
besonders stark ausgesetzt, namentlich ihre
Brut, die im flachen Wasser abgelegt wird.
Die Forscher entdeckten auch, dass viele der
unter Strahlungsstress lebenden Amphibien
besonders anfällig für Krankheiten und Parasitenbefall waren. Die Bestände von Kaskadenfrosch und Nordkröte sind jedenfalls durch
die verstärkte UV-Bestrahlung im Rückgang
begriffen.
Man kann sich gut vorstellen, dass vom
Klimawandel bedingte Wetterkapriolen wie
deutlich überdurchschnittliche Niederschläge
oder unnatürlich lange Trockenzeiten an spezielle Lebensräume angepassten Tieren und
Pflanzen arg zu schaffen machen. Für Amphibien kann ein nach einer Regenzeit gefüllter
Tümpel entscheidend für den Fortpflanzungserfolg sein. Trocknet ein solcher Tümpel zu
schnell aus, stirbt der komplette Nachwuchs
einer Saison. Geschieht das gehäuft, kann eine
ganze Population verschwinden.
Dr. Alan Pounds, Wissenschaftler eines
amerikanischen Klimaforschungsprojektes
und Amphibienexperte, hat einen weiteren
Zusammenhang zwischen Klimawandel und
Amphibiensterben herausgefunden. Er untersuchte Harlekinfrösche (Gattung Atelopus), die
in tropischen Bergregenwäldern Mittelamerikas vorkommen. Pounds stellte fest, dass die
nächtlichen Temperaturen dort anstiegen und
tagsüber die Bewölkung zunahm. Von beiden
Phänomenen profitiert der „Amphibien-Killerpilz“ Batrachochytrium dendrobatidis, der sich
rasant vermehrt und den Amphibien immer
mehr zu schaffen macht.
5
Fremde Arten – immer ein Risikofaktor
Foto: I. Morris
Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und
Giftigkeit entwickeln sich
Aga-Kröten (Bufo marinus)
in fremden Lebensräumen
hervorragend – leider zu
Lasten von vielen
anderen Arten.
chen, so Forscher der Universität von Berkley,
die dies an nordamerikanischen Leopardenfröschen (Rana pipiens) feststellten. Atrazin
ist bislang erst in Deutschland und einigen
anderen Ländern der Europäischen Union verboten, spielt aber weltweit als Totalherbizid
unverändert eine bedeutende Rolle.
Selbst scheinbar ungefährliche landwirtschaftliche Maßnahmen können zum Amphibiensterben beitragen. Zur Wanderzeit der
Lurche ausgebrachte Mineraldünger führen
gerade bei sich langsam fortbewegenden
Tieren wie Molchen zu Verätzungen und anschließend zum Tod. Bei einer entsprechenden
Untersuchung an wandernden Amphibien in
der brandenburgischen Uckermark wurden am
Tag nach einer Düngung nur noch tote Lurche
gefunden.
Neben der konventionellen Landwirtschaft
tragen auch andere Verursacher wie Haushalte, Verkehr und Industrie mit ihren zumeist
aus Verbrennungen entstandenen Schadstoffen zur Belastung der Amphibienbestände bei.
Stickstoffemissionen oder schwefelige Säuren
aus Verbrennungsgasen wirken auf Laichgewässer und deren Lebensgemeinschaften ein.
Teiche und Tümpel erleiden durch Überdüngung einen massiven Sauerstoffverlust oder
versauern und werden zu amphibienfeindlichen Lebensräumen.
6
Wir nennen sie „Aliens“, invasive Arten
oder weniger spektakulär auch Fremdarten.
Das sind Tiere oder Pflanzen, die zumeist
durch menschliches Handeln an Orte verschleppt wurden, wo sie ursprünglich nicht
vorkamen und dort nicht selten heimischen
Arten ernsthafte Probleme bereiten.
So brachten frühe Seefahrer Ziegen als
Proviantreserve auf Inseln, die dort kein Stiel
und kein Blatt der ursprünglichen Vegetation
übrig ließen. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass mit dem Verschwinden der Vegetation auch die einheimischen Tierarten ausgelöscht wurden.
Fremdarten sind als Gefährdungsursache
für biologische Vielfalt ein wachsendes Problem. Mal konkurrieren die Neubürger um die
gleichen Ressourcen wie heimische Arten, mal
treten die „Aliens“ als Räuber auf und vertilgen diese. Besonders gefährdet sind Arten, die
als Inselbewohner nur vergleichsweise geringe
Populationsgrößen aufweisen oder Arten, die
an ganz spezielle Lebensräume (ökologische
Nischen) angepasst sind.
Beim Amerikanischen Ochsenfrosch (Rana
catesbiana), der an einigen Gewässern des
Oberrheins ausgesetzt wurde, ist noch nicht
vollständig geklärt, warum er sich so negativ
auf die Bestände anderer Amphibien auswirkt.
Zunächst dachte man, dass das Verschwinden der einheimischen Verwandten mit dem
unstillbaren Appetit der zu einer gewaltigen
Größe heranwachsenden Ochsenfrösche zusammenhängt. Doch bei Untersuchungen des
Mageninhaltes fand man zwar auch Frösche,
aber nicht in den Mengen, die man erwartet
hatte. Weitere Forschungen wiesen in eine andere Richtung. Hielt man in einem Aquarium
Kaulquappen des Ochsenfrosches zusammen
mit denen einheimischer Arten, so entwickelte
sich von diesen ein ungewöhnlich hoher Anteil
nicht zu fertigen Fröschen. Offensichtlich hemmen also die anwesenden Ochsenfroschlarven
die Entwicklung der anderen Spezies.
Ein anderes Beispiel ist die „Einbürgerung“
der Aga-Kröte (Bufo marinus) in Australien.
Als man diese 1935 in Queensland aussetzte, tat man das, um den Zuckerrohrkäfer
zu bekämpfen und so den Farmern bessere
Ernten zu bescheren. Doch die Einführung der
auch „Cane toad“ genannten Kröte beruhte
auf einem Irrtum. Man glaubte nämlich, auf
eine bereits in Puerto Rico gemachte Erfahrung
zurückgreifen zu können. Dort wurde die AgaKröte einige Jahre zuvor ausgesetzt und die
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Bestände der Zuckerrohrkäfer gingen zurück.
ders hohen Artenvielfalt - aus, weil dort eine
Später stellte sich heraus, dass der Rückgang
rasche Infektion erfolgen kann.
der Pflanzenschädlinge vor allem klimatische
Der Pilz befällt die Amphibien an ihrer
Ursachen hatte.
empfindlichen Haut. Die Zoosporen, FortpflanDoch da war das Unglück in Australien
zungsstadien des Pilzes, bewegen sich aktiv
schon geschehen: Hier fraß die besonders
im Wasser. Treffen sie auf die Lurche, bohren
anpassungsfähige Aga-Kröte, die zu den größsie sich in die Haut und infizieren diese. Es
ten Lurchen der Welt gehört, bereits alles,
bilden sich dann Zoosporangien, die erneut
was kleiner als sie selbst war - darunter eben
Zoosporen an das Wasser abgeben. Die Neuauch viele heimische Amphibienarten. Hinzu
ansteckung nimmt ihren Lauf.
kommt, dass die Aga-Kröte höchst giftig ist
Der Chytridpilz befällt die oberen keraund dadurch ihre Fressfeinde quasi mit in den
tinhaltigen Hautschichten. Dies ist auch der
Tod reißt. Denn bereits kleine Kröten sind so
Grund, warum Kaulquappen nur an ihren
giftig, dass ein Räuber daran verendet. Neben
Mundpartien infiziert werden können, da sie
Amphibien sind es Schlangen und Warane,
lediglich an dieser Stelle Keratin eingelagert
die durch Fressen dieser Gifttiere zu Tode
haben. Häufig sterben diese Tiere in oder
kommen. Weil Aga-Kröten keine wirklichen
kurz nach ihrer Metamorphose, nach der der
Feinde in Australien haben, sind
die Zuwachsraten ihres Bestandes
Art
Eingeführt als...
enorm.
Bufo marinus
Schädlingsbekämpfer
Apokalypse Chytrid-Pilz
Häuf ig sind eingewanderte Arten Generalisten. Das sind
Arten, die wenig spezialisiert in
einem breiten Lebensraumspektrum überleben können und oft
auch sehr robust sind. Diese Eigenschaft invasiver Arten birgt
eine weitere Gefahr. Oft können
sie einheimische Arten mit Krankheiten infizieren, ohne selbst nennenswerten Schaden zu erleiden.
Kröten und Frösche könnten ein
trauriges Lied davon quaken.
„Fröschen droht die Ausrottung“ titelte Anfang 2008 der
Spiegel in seiner Online Ausgabe. Gemeint war die Bedrohung,
die von dem Pilz Batrachochytrium dendrobatidis ausgeht, der in
weiten Teilen der Welt Amphibien
befällt und sehr oft zu einem Massensterben führt. Experten wissen
schon seit 1998 von diesem Phänomen und versuchen seitdem,
die genauen Hintergründe des
zunächst rätselhaften Sterbens
zu ergründen.
Infektionen, die Chytridomykose genannt werden, konnten
fast weltweit festgestellt werden.
Besonders verheerend wirkt sich
der Befall an so genannten „Hot
Spots“ - Orten mit einer besonSei kein Frosch - Hilf uns!
Rana catesbeiana
Xenopus laevis
Eleuthrodactylus coqui
Pelophylax ridibunda
Pelophylax esculenta
Mesotriton alpestris
Alytes muletensis
Alytes obstetricans
Dendrobates auratus
Rana clamitans
Rana sphenocephla
Taricha granulosa
Necturus makulosus
Ambystoma tigrinum
Hymenochiros boettgeri
Litoria aurea
Litoria raniformis
Litoria ewingii
Pseudacris regilla
Rana pipiens
Limnodynastes dumerilii
Litoria caerulea
Nahrung, Schädlingsvertilger,
Schmucktier, Haustier,
Forschungsobjekt
Haustier, Forschungsobjekt
Grund nicht bekannt
Nahrung und Forschungsobjekt
Nahrung und Forschungsobjekt
Schmucktier, Haustier,
Forschungsobjekt
Wiedereinführung
Grund nicht bekannt
Schädlingsvertilger, Haustier
Nahrung, Forschungsobjekt
Nahrung, Forschungsobjekt
Grund nicht bekannt
Angelköder, Haustier
Angelköder, Haustier,
Forschungsobjekt
Haustier, Schmucktier
Haustier
Haustier, Schmucktier
Haustier, Schmucktier
Haustier, Schmucktier
Nahrung, Forschungsobjekt,
Wiedereinführung
Unbekannt
Haustier, Schmucktier
Einige Beispiele für freigesetzte Amphibienarten,
die als Überträger des
Chytridpilzes gelten (nach
Fisher, Trenton, Garner)
Eingeführt in...
Hawaii, USA, Puerto Rico,
Australien 1
Europa, Asien,
Amerika
Europa, Amerika
Karibik, Hawaii und Florida
Weissrussland, Spanien,
Schweiz, GB, Sibirien
Spanien, GB
Spanien, Frankreich, GB
Mallorca, Spanien
Niederlande, GB
Hawaii, USA
Westkanada, USA,
Neufundland
Bahamas
Rocky Mountains, Idaho 2
Neuengland
Zentralkalifornien
Florida 3
Hawaii 3, Neuseeland
Adelaide Hills, Neuseeland
Neuseeland
British Columbia
Westliches Nordamerika
Neuseeland 3
Neuseeland 3, USA
1: Die meisten Freisetzungen geschahen als frühe Versuche der Schädlingsbekämpfung gegen verschiedene
Käferplagen in Zuckerrohr-, Bananen- und anderen Kulturen.
2: Mögliche Freisetzung von Amphibien.
3: Tiere wurden freigelassen, konnten sich jedoch nicht etablieren.
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restliche Teil der Haut befallen wird. Ausgewachsene Tiere werden auf der Bauchseite,
zwischen den Zehen und Beinen oder in der
Leistengegend befallen.
Bisher ist über die Zoosporen von Batrachochytrium bekannt, dass sie 7 Wochen
im Wasser (natürlich auch im Wasser von
Aquarien) und bis zu 12 Wochen im feuchten Sand überdauern können und so ein lang
andauerndes Infektionsrisiko darstellen. Im
Prinzip kann der Pilz jede Amphibienart befallen. Eine australisch-amerikanische Forschergruppe fand aber in einem Versuch, bei dem
vier australische Amphibienarten bezüglich
ihres Infektionsrisikos untersucht wurden, heraus, dass die Tiere sehr unterschiedlich auf
die Infektion mit den Pilzsporen reagierten.
Während sich drei Arten infizierten und nach
unterschiedlichen Zeiträumen bis auf wenige
Ausnahmen starben, blieb die Versuchsgruppe
der Art Lymnodynastes tasmaniensis vom Pilz
verschont und alle Tiere überlebten.
In anderen Untersuchungen stellte sich
heraus, dass Ochsenfrösche (Rana catesbeiana) zwar infiziert wurden, selbst aber nicht erkrankten. Umgekehrt konnten sie andere Arten
durchaus anstecken, die dann eingingen.
Der Todeszug des Chytridpilzes
Zunächst kursierten zwei Theorien zur Herkunft des Amphibien tötenden Pilzes. Erste
Vermutungen gingen dahin, dass Batrachochytrium die Mutation eines überall vorkomEin zynischer Umgang von
Werbestrategen mit der
Bedeutung des Wortes
Nachhaltigkeit. Es gibt
viele Indizien dafür, dass
dieses Agrargift für den
Rückgang von Amphibien
mit verantwortlich ist.
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menden Pilzes und plötzlich gefährlich für
Amphibien geworden ist.
Viele Indizien sprechen heute für eine
andere Herkunftsversion. Und wieder einmal
scheint menschliches Handeln die Ursache des
Problems zu sein.
Seit Mitte der dreißiger Jahre des letzten
Jahrhunderts fand der Afrikanische Krallenfrosch Xenopus laevis rege Anwendung bei der
Diagnose menschlicher Schwangerschaften.
In jedem westlichen Land wurden dafür bis
zum Aufkommen von anderen Diagnoseverfahren in den siebziger Jahren Krallenfrösche
verwendet. Doch aus Südafrika stammt nicht
nur der Krallenfrosch, sondern auch der die
Chytridomykose auslösende Pilz. Batrachochytrium befällt auch die Krallenfrösche, allerdings ohne ihnen ernsthaft zu schaden. Die
Seuchenverbreitung nahm ihren Lauf.
Das südafrikanische Fischereiministerium
hat über die Krallenfrosch-Wildfänge und deren Handel Buch geführt. Daher weiß man,
dass seit 1949 jedes Jahr zwischen 3.000 und
5.000 Frösche - und mit ihnen der todbringende Pilz - von Südafrika aus in alle Welt
verbreitet wurden.
Der wichtigste Faktor für die Ausbreitung
der Chytridomykose über den Erdball war also
augenscheinlich der Jahrzehnte dauernde Handel mit infizierten Krallenfröschen. Als diese
in der Schwangerschaftsdiagnostik nicht mehr
benötigt wurden, bildeten sich in zahlreichen
Ländern Populationen des Afrikanischen Krallenfrosches aus. Offensichtlich hat man die
Tiere, die im Labor ihren Dienst getan hatten,
massenhaft ausgesetzt. So gibt es heute im
Südwesten der USA, aber auch in den Niederlanden frei lebende Bestände des Afrikanischen Krallenfrosches.
Der Chytridpilz hat außer in Australien,
Mittel- und Südamerika bereits einmal in Europa in einem spanischen Nationalpark zu einem
Massensterben geführt. Dort verendeten Erdund Geburtshelferkröten. Es ist derzeitig noch
nicht erklärbar, wie und warum es zu durch
den Chytridpilz ausgelösten Massensterben
kommen konnte. Inzwischen ist der Chytridpilz
bei lebenden Amphibien in Deutschland und
der Schweiz nachgewiesen worden.
Bislang ist es noch nicht gelungen, die
Ausbreitung des Chytridpilzes in der Natur zu
stoppen. Eine Chance könnten die Rettungsversuche der „Amphibien Arche“ sein. Doch
davon später mehr.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Unkenrufe
werden selten
Wie es um unsere
Kröten und Frösche steht
Von den etwa 6.300 Amphibienarten ist ein Drittel vom Aussterben bedroht. Obwohl im
deutschsprachigen Raum nur zwei Dutzend Arten beheimatet sind, gibt es nur wenige, die nicht
gefährdet sind. Das Beispiel der Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) zeigt, warum Amphibien es
auch in Europa schwer haben.
Nach Erhebungen der Weltnaturschutzunion IUCN ist derzeitig weltweit ein Drittel aller
etwa 6.300 Amphibienarten vom Aussterben
bedroht. Obwohl in Europa nur ein geringer
Teil der Frösche, Kröten und Molche beheimatet ist, scheint bereits der Schutz dieser
wenigen Arten den Naturschutz vor große
Aufgaben zu stellen.
Die Tabelle auf Seite 11 zeigt die Gefährdungssituation der Amphibien in Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Danach sind in
Deutschland lediglich sieben Arten in keiner
Gefährdungskategorie aufgeführt. In Österreich gelten alle Amphibien als gefährdet und
in der Schweiz ist lediglich der Grasfrosch nicht
bedroht. Eine Art gilt dort als ausgestorben.
Wie konnte es in Ländern, in denen auf
Natur- und Artenschutz sehr viel Wert gelegt
wird, so weit kommen?
Wie die Knoblauchkröte sich langsam aus unserer
Landschaft verabschiedete
Am Beispiel des Froschlurchs des Jahres
2007, der Knoblauchkröte, lässt sich anschaulich beschreiben, wie ihr Lebensraum immer
kleiner und ihre Lebensbedingungen immer
schlechter wurden.
Stellen wir uns ein Knoblauchkrötenrevier
in der westfälischen Münsterländer Bucht vor
(es könnte auch ganz woanders sein). Auf
einer Ruderalfläche, so nennt man landwirtschaftlich ungenutzte Randflächen, lebt eine
Knoblauchkröte. Sie ist natürlich nicht allein.
Am Waldrand, in einer alten nach der Eiszeit
entstandenen Düne, ist eine weitere Kröte ein-
In der Schreckstellung
biegt die Gelbbauchunke
(Bombina variegata) ihre
Unterseite nach oben und
präsentiert Feinden schillernde Warnfarben.
Wo viele Menschen leben und arbeiten,
verändern sie die Landschaft besonders intensiv. Sie roden und ackern, planieren, bauen
und entlassen Schadstoffe in die Umwelt.
Typische Amphibienlebensräume haben
dadurch in Mitteleuropa stark abgenommen.
Amphibien, die in Offenlandschaften leben,
sind davon besonders stark betroffen, da hier
die Landwirtschaft seit den fünfziger Jahren
des letzten Jahrhunderts enorme Anstrengungen unternommen hat, ihre Erträge zu erhöhen. Agrarökosysteme wurden durch Entwässerung, Kunstdüngereinsatz und Beseitigung
von Ackerrandflächen zu höchst unwirtlichen
Lebensräumen, nicht nur für Amphibien.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: A. Gebauer
Gründe für die Gefährdung
9
Die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) benötigt
sandiges Substrat, um
sich eingraben zu können.
gegraben und wartet dort auf die Nacht, da
Knoblauchkröten erst dann auf Futtersuche
gehen. Die beiden gehören zu einer großen
Population, die im weiten Umfeld lebt.
In einer kleinen Senke auf einer naheliegenden feuchten Wiese sammelt sich im
Frühjahr immer das Wasser. Doch es gibt Jahre, wo im Sommer das kleine Gewässer ganz
trocken fällt. In diesem Gewässer treffen sich
je nach Temperatur zwischen Februar und Mai
die Knoblauchkröten zur Paarung. Früher waren manchmal auch Tiere einer benachbarten
Population im Gewässer. Das war gut, da es
dadurch zu einem genetischen Austausch zwischen den unterschiedlichen Gruppen kam.
Doch seitdem eine Schnellstraße die beiden
Gruppen voneinander trennt, ist schon lange
kein „Irrläufer“ mehr im anderen Tümpel aufgetaucht.
Eigentlich sind Knoblauchkröten mit den
Menschen immer recht gut klar gekommen,
denn die Kröte ist Steppenbewohner, und auch
wo Menschen leben, gab es am Rande von
Getreidefeldern und anderen Ackerkulturen
durchaus geeigneten Lebensraum. Von Kasachstan bis in das nördliche Westfrankreich
reicht das Verbreitungsgebiet der Knoblauchkröte. Hohe Siedlungsdichten erreicht sie auf
sandigen Böden, denn der Austrocknung und
Feinden entkommt sie durch flinkes Eingraben.
An das Laichgewässer stellen die, nach ihrer
Eigenschaft des Eingrabens auch Schaufelfuß
genannten Tiere, gar nicht mal so große Ansprüche.
Die Europäische Union fördert nun die
Landwirte nach der Größe der Ackerflächen.
Der Landwirt, dem die Ruderalfläche gehört,
hat darum entschieden, diese umzupflügen,
obwohl sie sich eigentlich kaum zur Beackerung eignet.
In der Landwirtschaft hat es viele Veränderungen gegeben. Mit Kunstdünger kann
man nun auch sehr gut sandige Böden intensiv
bearbeiten. Traktoren und andere Geräte sind
größer geworden, die Ackerschläge ebenfalls.
Aus vielen Teilstücken wurden große Felder
und die dazwischen liegenden Ackersäume
werden jetzt auch beackert, denn das ist wirt-
Foto: A. Gebauer
10
Sei kein Frosch - Hilf uns!
schaftlicher. Keine guten Entwicklungen für die
Knoblauchkröte.
Neben der Düne wird übrigens gerade ein
Mehrfamilienhaus gebaut. Die nahe liegende
Stadt wächst und es wird attraktiver Wohnraum im Grünen benötigt. Die Kröte aus der
Düne wird sich nun bei ihrer Nahrungssuche
ein neues Jagdrevier suchen müssen.
Da, wo ehemals die Düne gewesen ist,
befindet sich bereits der Parkplatz des Mehrfamilienhauses. Die feuchte Wiese am Laichgewässer der Knoblauchkröten wurde trocken
gelegt und ebenfalls in Ackerland verwandelt.
Manchmal ist im Frühjahr noch etwas Wasser
im Tümpel. Ein älterer Spaziergänger, der nach
den Knoblauchkröten gefragt wurde, wusste
zu erzählen: „Ja, ja, die hat es hier früher
häufiger gegeben“.
Status der heimischen Amphibien
Art
Alpenkammmolch
Alpensalamander
Bergmolch
Donau-Kammmolch
Erdkröte
Fadenmolch
Feuersalamander
Geburtshelferkröte
Gelbbauchunke
Grasfrosch
Ital. Springfrosch
Kammmolch
Kleiner Wasserfrosch
Knoblauchkröte
Kreuzkröte
Laubfrosch
Moorfrosch
Rotbauchunke
Seefrosch
Springfrosch
Teichfrosch
Teichmolch
Wechselkröte
...und im restlichen Europa?
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Österreich
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
sensterben trat in der Schweiz auf. Im Moment
ist noch unklar, unter welchen Umständen der
Chytridpilz in Europa zuschlägt.
Ein hohes Aussterberisiko haben besonders Arten mit einer geringen Verbreitung.
Dazu zählt zum Beispiel die nur auf Mallorca
heimische Geburtshelferkröte Alytes muletensis. Die Art galt als ausgestorben, doch
in einigen engen Schluchten der Ferieninsel
konnte sie überleben. Ein Arterhaltungsprogramm stützt heute den Bestand.
Schweiz
gefährdet
gefährdet
gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
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nicht gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
nicht heimisch
nicht heimisch
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
gefährdet
ausgestorben
Die Männchen der Mallorca Geburtshelferkröte
(Alytes muletensis) übernehmen von den Weibchen die Eier und tragen
sie bis zum Schlupf der
Kaulquappen mit sich
herum.
Foto: Gerado Garcia
Auch in anderen Teilen Europas sind nach
der Roten Liste der IUCN 30 Prozent der Amphibien gefährdet. Auch hier sind Lebensraumschwund und -veränderung als Hauptgrund
für den Rückgang der Amphibien zu verzeichnen. Eine Studie über das Vorkommen von
Kreuzkröten (Bufo calamita) im estländischen
Küstenfeuchtland beschreibt einen Rückgang
der Art um 91 Prozent. Als Estland sich von
der Sowjetunion trennte und sich der Europäischen Union zuwandte, änderte sich auch
der Lebensstil der Esten. Der Lebensraum
der Kreuzkröten, eben dieses küstennahe
Feuchtland mit lückiger Vegetation, musste
Hotelbauten mit den dazu gehörigen Promenaden weichen. An den Küsten des westlichen
Europas haben diese Amphibien schon früher
ihren Lebensraum verloren.
Auch fremde Arten stellen in Europa für
heimische Amphibien eine Bedrohung dar.
Besonders prominent ist das Beispiel des
Ochsenfrosches. Inzwischen verboten, wurde
der aus dem östlichen Nordamerika stammende Frosch früher in Zoohandlungen verkauft
und offensichtlich auch häufiger ausgesetzt.
In Südwestfrankreich und der italienischen
Poebene hat er weite Bereiche besiedelt, heimische Amphibien gefressen und verdrängt.
Forscher erkannten den Ochsenfrosch inzwischen auch als Träger des Chytridpilzes.
Zu größeren Verlusten durch den Chytridpilz kam es im 2.000 Meter hoch gelegenen
spanischen Nationalpark Peñalara, wo massenhaft Geburtshelfer- und Erdkröten sowie
Feuersalamander starben. Ein weiteres Mas-
Deutschland
gefährdet
gefährdet
nicht gefährdet
nicht heimisch
nicht gefährdet
nicht gefährdet
nicht gefährdet
gefährdet
gefährdet
nicht gefährdet
nicht heimisch
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
gefährdet
nicht gefährdet
nicht gefährdet
gefährdet
11
Arche Noah aktuell
Die Rettungsaktion der
internationalen Zoogemeinschaft
Wie soll mit dem größten Aussterben seit dem der Dinosaurier umgegangen werden? Können
erkrankte Tiere behandelt werden? Zoos und Aquarien können als Arche dienen, gefährdete
Arten unter Schutz nehmen und gemeinsam mit Naturschutzverbänden dem Artensterben entgegentreten. Natürlich muss und soll auch der Schutz der Lebensräume intensiviert werden.
Der Antillen Ochsenfrosch
(Leptodactylus fallax) ist
inzwischen sehr gut untersucht. Seine Bestände
sind durch menschlichen
Konsum sowie durch den
Chytridpilz bedroht.
„Wir stehen möglicherweise vor einem
Aussterbegeschehen, wie es die Erde seit dem
Verschwinden der Dinosaurier noch nicht erlebt hat.“ Wenn Wissenschaftler sich zu solch
dramatischen Vorhersagen über die Zukunft
der Amphibien verleiten lassen, dann muss
es ernst sein.
Es steht in der Tat schlecht für die Amphibien. Jede dritte Art ist heute bereits in ihrem Überleben gefährdet und von immer mehr
Arten verliert sich im Freiland jede Spur. Gut
möglich, dass wir schon bald vor dem „Aus“
für jede zweite Amphibienart stehen.
Grundsätzlich drohen Amphibien die
gleichen Gefahren wie vielen anderen Wirbeltieren: der Verlust von Lebensraum, die
Auswirkungen von Umwelt- und Agrargiften,
die Übernutzung einzelner Arten durch den
Menschen und nicht zuletzt die Folgen des
gegenwärtigen Klimawandels. Deutlich mehr
Amphibien sind gefährdet als Vögel oder Säugetiere. Eine besondere Gefahr stellt der bereits beschriebene weltweite Seuchenzug des
Chytridpilzes dar.
Seuchen sind in der Natur nichts Außergewöhnliches. Normalerweise erholen sich die
Bestände davon mehr oder weniger schnell.
Im Fall des Chytridpilzes sieht das anders aus.
Er befällt gleich die Mehrzahl der Arten einer
ganzen Tierordnung und wütet so radikal und
schnell, dass sich natürliche Abwehrmechanismen offensichtlich gar nicht erst einstellen
können.
Foto: G. Garcia
Ein Hoffnungsschimmer durch ein Bakterium ?
12
Mitte des Jahres 2008 berichteten amerikanische Mikrobiologen, dass in einer Population von Gebirgs-Gelbschenkelfröschen (Rana
muscosa), die in den Bergen der Sierra Nevada
heimisch sind, Teile des Bestandes unter dem
Chytridpilz litten, andere aber davon unbehelligt blieben. Nähere Untersuchungen zeigten,
dass der Grund bestimmte Bakterien waren,
die sich nur auf der Haut von gesunden Tieren
fanden. Laboruntersuchungen ergaben, dass
diese Bakterien Chemikalien produzieren, die
ihrerseits wirksam gegen den Chytridpilz sind.
Die Idee, die die Forscher entwickelten, klingt
einfach: Man muss nur einen Teil einer gefährdeten Population einfangen, in einem Wasserbad mit dem hilfreichen Bakterium Pedobacter
cryoconitis künstlich infizieren und die Tiere
wieder in die Natur entlassen. So könne die
Verbreitung des Pilzes gestoppt werden.
Was wie ein Hoffnungsschimmer klingt,
Sei kein Frosch - Hilf uns!
dürfte in der Praxis oft nur schwer durchführbar sein und außerdem für viele Amphibienarten definitiv zu spät kommen, für jene nämlich,
für die es bereits 5 vor 12 ist.
Aber auch für die gibt es Hoffnung: Bringt
man nämlich gefährdete oder auch bereits infizierte Amphibien in Menschenobhut, so lässt
sich der Chytridpilz dort durch die Behandlung
mit ganz gewöhnlichen Antimykotika (Antipilz-Medikamente) wirkungsvoll bekämpfen.
Ohne Frage könnten möglicherweise Hunderte
bedrohter Amphibienarten durch die Aufnahme in die „Arche Zoo“ vor dem Aussterben
bewahrt und später wieder in die Natur entlassen werden.
Wir stehen also vor der Frage, ob wir
dem todbringenden Treiben des Chytridpilzes tatenlos zusehen wollen, oder ob wir die
Errungenschaften von Tiermedizin und Wildtiermanagement einsetzen wollen, um den Untergang der Amphibien zu stoppen. Manche
Zeitgenossen sind der Auffassung, dass der
Mensch das Sterben einer Art in der Natur
hinnehmen und Zoos oder andere Institutionen in solchen Fällen nicht helfend eingreifen
sollten, zumindest nicht durch die Aufnahme
und Weiterzucht in Menschenobhut.
Die Frage muss allerdings erlaubt sein, ob
das auch in einem Fall richtig sein kann, wo der
Mensch selbst - wenn auch ungewollt - durch
sein Verhalten entscheidend dazu beigetragen hat, dass Hunderten von Spezies binnen
kürzester Zeit der Artentod droht.
Zoos und Aquarien gehen voran
Die internationale Gemeinschaft der Zoos,
Tierparks und Aquarien, die Weltnaturschutzunion IUCN und zahlreiche andere Umweltund Naturschutzverbände haben sich jedenfalls längst zum Handeln entschlossen. Im
deutschsprachigen Raum haben die nationalen
Zooverbände unter der Flagge des Weltzooverbandes (WAZA) zusammen mit der Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde
ein gemeinsames, langfristiges Programm in
Angriff genommen, bei dem über 50 weitere Institutionen mitwirken: das Aktionsprogramm
„Amphibian Ark“ (Amphibienarche).
Ein wichtiger Bestandteil dieses Programms ist der Aufbau von Erhaltungszuchtprogrammen in Zoologischen Gärten, in Tierparks und Aquarien – und zwar für jene Arten,
die in ihrem Lebensraum nicht so schnell wie
erforderlich geschützt werden können. Dabei
kann und soll auch auf die Hilfe von privaten Fachleuten für die Amphibienhaltung und
-zucht zurückgegriffen werden.
Die Herausforderung, der sich Zoos und
andere Einrichtungen dabei stellen wollen, ist
groß. Die Anzahl der Lurch-Arten, für die Erhaltungszuchten in Zoos akut notwendig sein
dürften, wird auf etwa 500 geschätzt. Das
gegenwärtige Potenzial zur Durchführung notwendiger Erhaltungsprogramme beläuft sich
derzeit auf nur gut 50 Arten. Würde allerdings
nur jeder der 500 größten Zoos weltweit die
Pflegepatenschaft für eine Art übernehmen,
Foto: G. Garcia
Durch dieses im Moment
etwas unangenehme Bad
entgehen diese beiden
Frösche dem sicheren
Tod. Wissenschaftler sind
auf der Suche nach der
richtigen Therapie gegen
den Chytridpilz.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
13
Foto: E. Wiesenthal
Dieser Spendenfrosch
wurde vom Deutschen
Wildgehegeverband
entwickelt.
Erfolge, die Mut machen
Dass der Weg der Erhaltungszucht erfolgreich beschritten werden kann, beweisen einige bereits erfolgreich verlaufene Programme,
bei denen bedrohte Amphibien in Menschenobhut aufgenommen, planmäßig gezüchtet
und auch schon wieder erfolgreich ausgewildert wurden. Der Weg verspricht also sehr
wohl Erfolg.
Natürlich beschränkt sich das Amphibienschutzprogramm nicht auf die Pflege, Zucht
und hoffentlich später mögliche Auswilderung
von Fröschen und Kröten. So wie die akute
Bedrohung durch den Seuchenzug des Chytridpilzes nur eine - wenn auch höchst gefährliche
- Bedrohungsursache darstellt, so widmet sich
das Gesamtprogramm natürlich auch anderen
nicht minder wichtigen Aspekten des Amphibienschutzes.
Intensive Aufklärungsarbeit über die Bedrohungsursachen und notwendige Strategien
zum Erhalt von Frosch und Co. im Freiland gehören ebenso zum Gesamtprogramm der „Am-
Foto: M. Juschka
Zoos machen mobil: Fortbildung des Berufsverbandes
der Zootierpfleger im Zoo
Köln in Sachen Amphibienhaltung. Inzwischen
wurde unter den deutschsprachigen Zoos eine Reihe
von Erhaltungszuchtprogrammen vereinbart und
verschiedene Schutzprojekte im Freiland auf den Weg
gebracht.
so wäre das Ziel bereits erreicht.
Weltweit finden deshalb
derzeit Aus- und Fortbildungsprogramme statt, um Mitarbeiter
von Zoos und Aquarien für die wichtige Aufgabe zu qualifizieren. Denn,
auch wenn der Aufwand für Haltung
und Zucht von Amphibien geringer ist
als etwa für Gorillas oder Nashörner, die fachliche Herausforderung für eine artgerechte Haltung und Zucht ist bei
Amphibien höchst unterschiedlich
und stellt durchaus eine große tiergärtnerische Herausforderung dar.
14
phibien-Arche“ wie etwa dringend notwendige
Studien zur Ökologie und insbesondere zur
genauen Verbreitung der verschiedenen Amphibienarten. Auch die Durchführung weiterer
Untersuchungen zu den genauen Ursachen und
Rahmenbedingungen des gegenwärtigen Amphibiensterbens gehört zum Programm. Wichtig ist auch eine konsequente Überwachung
des kommerziellen Amphibienfangs und internationalen Handels sowie Maßnahmen zur
Förderung der Schaffung und Durchsetzung
effektiverer Gesetze zu ihrem Schutz.
Nicht zuletzt gehört zum Programm auch
die Sicherung und Wiederherstellung von Lebensräumen sowie die Einrichtung von besonderen Schutzgebieten für Amphibien.
Die konsequente Durchführung all dieser
Maßnahmen kostet viel Geld – Geld, über das
die Zoos, Tierparks und Aquarien sowie ihre
Verbündeten in Naturschutzverbänden alleine
nicht verfügen. Vielleicht sind Sie bei Ihrem
letzten Zoobesuch auf eine Ausstellung zum
Amphibienschutz gestoßen oder haben Aktionsprogramme zum Amphibienschutz miterleben können. Viele Zoos und Natur- und
Artenschutzverbände engagieren sich zur Zeit
in Aufklärungskampagnen. Einige besonders
pfiffige Ideen, die dabei zum Tragen kamen,
werden in dieser Broschüre vorgestellt, nicht
zuletzt mit dem Ziel, möglichst viele Privatpersonen, Verbände oder lokale Initiativen zu
motivieren, bei der Rettung der Amphibienvielfalt mitzuwirken, sich persönlich dafür zu
engagieren.
Das Geld, dass die Zoos und ihre Helferstrukturen mit unserer Hilfe für den Amphibienschutz einwerben, soll nicht nur zur
unmittelbaren Finanzierung einzelner Amphibienschutzprogramme dienen, sondern soll
auch in einen großen Fonds fließen, aus dem
längerfristig Maßnahmen zum Amphibienschutz finanziert werden können. Ein internationales Gremium von Naturschutz- und
Amphibienexperten erarbeitet dazu konkrete
Vorschläge und überwacht die Fortschritte der
praktischen Naturschutzarbeit.
Medien, Firmen und mehr und mehr Prominente stellen sich inzwischen in den Dienst
dieser so wichtigen Kampagne. Doch das wird
nicht reichen. Jeder von uns ist gefordert, selbst
dabei mitzumachen. Zahlreiche Anregungen
dazu finden sich in dieser Broschüre.
Ist es nicht eine verlockende Vision, dass
wir vielleicht in zehn Jahren sagen können, wir
hätten verhindert, dass die Amphibienvielfalt
der Erde das gleiche Schicksal erleiden musste
wie die Dinosaurier?
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Jeder kann helfen
Amphibienschutz im Alltag
Jeder kann mithelfen, den Amphibienschwund aufzuhalten - ob es darum geht, mit kreativen
Ideen und Geld die weltweite Amphibienkampagne zu unterstützen oder heimische Kröten,
Frösche und Molche durch die Einrichtung eines Laichgewässers zu unterstützen.
Zumindest die noch häufigeren Amphibienarten leben weit verbreitet in unserer
Kulturlandschaft. Somit kann jeder etwas
für Frosch und Co. tun. Mögliche Aktivitäten
reichen von der zeitweiligen Betreuung eines
Krötenzaunes über die Anlage eines Laichgewässers im eigenen Garten oder auf einem
Schulgelände bis zum persönlichen Einsatz
für den Erhalt einer intakten, unzerschnittenen
Landschaft.
Aber auch andere kreative Ideen sind
gefragt. Eine Schulklasse könnte eine Werbekampagne für die Frösche ihrer Umgebung
starten und so Aufmerksamkeit auf die Probleme der Amphibien lenken. Oder es wird
ein Flohmarkt zu Gunsten von Fröschen und
Kröten ausgerichtet - vielleicht mit dem Motto
„Ein paar Kröten für die Kröten“. Der Fantasie
für sinnvolle Maßnahmen sind gerade in diesem Bereich keine Grenzen gesetzt.
Sie haben noch Platz im Garten? Oder in
Ihrem Schulumfeld gibt es noch kein Amphibiengewässer? Dann sind die folgenden Zeilen
für Sie besonders wichtig.
ßiger Laubeinfall zu einer Überdüngung des
Gewässers und über längere Zeiträume zum
frühzeitigen Verlanden führt.
Bevor zum Spaten gegriffen wird, steht die
Überlegung an, welche Abdichtung zum Einsatz
kommt. Neben im Handel angebotenen FertigTeichbecken, die lediglich eingegraben werden
müssen, gibt es die Möglichkeit, eigene Vorstellungen von Größe und Form des Gewässers
mit Ton, Bentonit oder Teichfolie zu verwirklichen. Vorgeformte Beckenteiche eignen sich
als Kleinstlösungen für Flächen von drei bis
vier Quadratmetern. Darüber hinaus sollte man
mit den angesprochenen Materialien ein wasserhaltendes Becken ausformen. Ton sollte in
einer Stärke von bis zu 30 Zentimeter Dicke die
Teichwand auskleiden. Bei dieser Arbeit muss
sehr sorgfältig vorgegangen werden, damit der
Teich das Wasser hält. Bentonit ist eine Alternative zum oft recht nährstoffreichen Ton. Es
handelt sich hierbei um ein Tonmineral, dass
unter Wasserzugabe aufquillt und so einen
dichten Untergrund entstehen lässt. Bei der
Teichfolie muss beim Verlegen darauf geachtet
werden, dass scharfkantige Steine oder Wurzeln zunächst sorgfältig entfernt werden, um
eine Beschädigung des späteren Teichgrundes
zu vermeiden. Verwenden Sie möglichst bei
den Beckenteichen und der Folie kein PVC. Das
Jede Wasserfläche, sei sie auch noch
so klein, bereichert einen Garten oder ein
Schulgelände. Ganz kleine Tümpel dienen zumindest Kleinsttieren wie Taumelkäfer oder
Wasserläufer als Lebensraum und vielleicht
Vögeln als Badestellen. Etwas größere Gewässer werden auch schon von wandernden
Amphibien angenommen, wobei gilt: je größer,
desto besser.
Der Teich benötigt, wenn er für Molche
und Frösche attraktiv sein soll, eine mehrstündige Sonneneinstrahlung, da Amphibien und
deren Larven als wechselwarme Tiere erst bei
richtig temperiertem Wasser in Fahrt kommen.
Auch sollte ein Froschteich nicht direkt unter
einem Baum angelegt werden, da ein übermäSei kein Frosch - Hilf uns!
Es gibt nichts Gutes,
außer man tut es.
Hätten Sie in Ihrem Garten
auch noch Platz?
Foto ARA-Archiv
Ein Amphibienbiotop im eigenen Garten
oder auf dem Schulgelände
15
Geld, welches beim Kauf zunächst eingespart
wird, stecken Sie bzw. Ihre Kinder im Nachhinein in die Entsorgung dieses Problemstoffs. Es
gibt Alternativangebote aus Polyethylen (PE)
und Synthese-Kautschuk (EPDM). Eine präzise
Anleitung zum Bau eines Gartenteiches finden
Sie zum Beispiel unter: www.nua.nrw.de/nua/
content/de/oeffentl/publikat/info_02.htm
Verzichten Sie auf Fische im Gartenteich.
Amphibienlarven sind die Nahrung von Fischen. Außerdem reichern die Ausscheidungen
der Fische den kleinen Wasserlebensraum so
stark mit Nährstoffen an, dass Eintrübungen
durch Algenwuchs vorhersehbar sind.
Auf das Umfeld kommt es an
Es nützt den Fröschen wenig, wenn sie nur
ein schönes Laichgewässer haben. Als Gartenbesitzer oder Leiter eines Schulprojektes
können und sollten Sie Fröschen und anderen
Amphibien auch geeigneten Landlebensraum
bieten. Denn spätestens, wenn der Nachwuchs
an Land geht, müssen genügend Verstecke
und auch Nahrung vorhanden sein.
Ihr Garten sollte zumindest in Teilen reich
strukturiert sein. Man muss nicht auf Tulpenrabatten und englischen Zierrasen verzichten
– aber ein Stück des Gartens sollte einer Wiese
vorbehalten bleiben, auf der Wildblumen zur
Blüte kommen, bevor gemäht wird.
Besitzen Sie eine Hecke mit einheimischen
Gehölzen, unter der im Herbst und Winter die
Blätter liegen bleiben dürfen? Gibt es in ihrem
Garten eine Ecke, wo das Schnittgut der Obstbäume und Büsche auf einem Totholzhaufen
verrotten kann? Ihre Amphibienuntermieter
werden sich freuen.
Amphibien reagieren aufgrund der Durchlässigkeit ihrer Haut sehr empfindlich auf Gifte.
Darum sollten Sie Ihren Garten ohne Gift und
Kunstdünger bewirtschaften. Nicht nur die
Amphibien werden es ihnen mit dem Verzehr
von allerlei Getier, welches man im Garten
nicht so gerne hat, danken. Ein solcher Garten
bietet als Nebeneffekt übrigens auch anderen
Tieren wie Vögeln und Schmetterlingen einen
willkommenen Lebensraum.
Noch eine etwas banal erscheinende Anmerkung: Frösche quaken. Und dies können
sie unter Umständen auch mal recht laut und
auch nachts tun. Ob man dies als wohlklingend
oder als ruhestörend empfindet, hängt von
der persönlichen Einstellung zur Ursache ab.
Rufen Sie sich einfach in Erinnerung, dass Sie
mit ihrer Gartengestaltung etwas Bedeutendes
für selten gewordene Tiere tun. Dann wird das
Froschkonzert der reinste Wohlklang in ihren
Ohren sein. Wetten, dass . . .
Und wenn das Laichgewässer fertig ist...
...setzen Sie keine Amphibien oder deren
Laich ein!
Foto: A. Gebauer
16
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Krötenzäune und Krötenhelfer
Die Fläche, auf der eine Erdkrötenpopulation lebt, beträgt etwa 1.500 Hektar (ein Hektar entspricht etwa einem Fußballfeld). Man
kann sich leicht vorstellen, dass die meisten
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: J. Birtsch (ARA)
Für viele Laien, die sich dem Naturschutz
verpflichtet fühlen, scheint es eine ungeheure
Verlockung zu sein, dem selbst gegrabenen
Gewässer mit dem Einsetzen von Amphibien
die Krone aufzusetzen. Diese „wilden“ Aussetzungen erfolgen oft ohne Kenntnisse der ökologischen Zusammenhänge. Häufig ist nicht
einmal bekannt, welche Arten versetzt werden.
Somit ist auch nicht klar, welche Ansprüche
an den Lebensraum gegeben sein müssen.
Einige Arten sind etwa an besondere Höhenlagen oder Bodenarten gebunden. Außerdem
können durch das Umsetzen von Amphibien
Krankheiten wie z. B. der Chytridpilz verbreitet
werden.
Der eigentlichen Absicht, dem Schutz
der Amphibien, wird ein Bärendienst geleistet, wenn aus einer bestehenden Population
plötzlich vielleicht entscheidende Mengen
entnommen werden und in deren Folge dann
Bestände zusammenbrechen. Ausreden wie
„das waren so viele“ oder „dieser Tümpel
wäre sowieso ausgetrocknet“ geben Zeugnis
von der mangelnden Sachkunde. Es ist die
Überlebensstrategie einzelner Arten, viele Eier
zu legen, von denen nur einige wenige die
Geschlechtsreife erlangen. Auch die Eiablage
in temporäre Gewässer zählt zu den Taktiken
der Amphibien.
Aus den vorgenannten Gründen ist das
Umsetzen von allen Amphibien, ihres Laichs
und ihrer Larven in Deutschland und Österreich verboten. In der Schweiz ist die Entnahme von Amphibien nur mit Genehmigung der
zuständigen Schutzbehörde gestattet. Statt
sich in Konflikt mit dem Gesetz zu begeben,
könnten Sie gemeinsam mit dem professionellen Naturschutz an einem Strang ziehen.
Wenden Sie sich an die Naturschutz- und Biostationen vor Ort. Dort wird man mit Freude
zur Kenntnis nehmen, dass die Amphibien
einen weiteren Lobbyisten gewonnen haben.
Regelmäßig werden Veranstaltungen zum Themenkreis Amphibien angeboten.
Ein Schlusssatz zum Trost. Wenn Sie sorgfältig gearbeitet haben und alle erwähnten
Bedingungen erfüllt sind, werden die passenden Amphibien nach kurzer Zeit den für
sie geschaffenen neuen Lebensraum dankbar
annehmen.
dieser Lebensräume bei uns irgendwo von
Straßen durchschnitten sind. Zur Laichzeit,
wenn gleichzeitig Massen von Amphibien zu
bestimmten Gewässern unterwegs sind, werden leider viele der Tiere überfahren. Da für
die Querung einer Straße bis zu zehn Minuten
benötigt werden, können schon wenige Autos
einen großen Schaden anrichten.
Seit über 20 Jahren werden deshalb an
zahlreichen Stellen, wo Wanderwege Straßen
queren, Krötenzäune aufgestellt: Kunststoffnetze, die, parallel zum Straßenverlauf vor der
Laichzeit aufgestellt, wandernde Amphibien in
eingegrabene Eimer leiten. Die Eimer werden
von ehrenamtlichen Kräften zweimal täglich
kontrolliert und die Amphibien auf die andere
Straßenseite getragen. Auf diese Weise wurde schon Millionen von Amphibien das Leben
gerettet.
Jedes Jahr werden Freiwillige gesucht, die
den Amphibien bei ihren Wanderungen helfen.
Wenden Sie sich doch einfach an ihre Naturschutzbehörde oder eine Naturschutzorganisation vor Ort und werden Sie zum Krötenhelfer.
Auf der Linkliste am Ende des Heftes finden Sie
über die Homepage der Naturschutzverbände
den Ansprechpartner in Ihrer Stadt.
Kurz- und mittelfristig können Krötenzäune Lösungen darstellen. Langfristig sollten die
dafür zuständigen Unteren Naturschutzbehörden nicht voraussetzen, dass Menschen vor
und nach ihrer Arbeit „Zusatzschichten“ im Naturschutz leisten. Es gilt Dauerquerungshilfen
zu planen und zu bauen. Das sind Betonröhren
und Leitsysteme, die unter der Straße verlegt
werden und so den Amphibien die unfallfreie
Querung ermöglichen. Es gibt inzwischen verschiedene erprobte Systeme. Damit der entsprechende Etat bei kommunalen Haushaltsplanungen durchgesetzt werden kann, bedarf
es wiederum Leute, die sich für die Interessen
der Amphibien lokalpolitisch einsetzen. Wann
werden Sie zum Froschlobbyisten?
Ohne Schutzzaun kann
ein einziges Auto viele
Amphibien töten.
Wichtige Wanderwege
sollten langfristig mit
Dauerquerungshilfen
ausgestattet werden.
17
Packen wir's an
Ideenbörse für aktive
Krötenfreunde
Sie wollen helfen, wissen aber nicht wie? Vielleicht mit einer eigenen Kampagne für die Frösche oder doch lieber aktiv am Krötenzaun. Aktionsbeispiele aus den Zoos und dem Naturschutz liefern interessante Anregungen.
Weltweit sterben die Amphibien, weltweit
brauchen sie Freunde - Menschen, die gewillt
sind, etwas zum Schutz dieser Tiergruppe
beizutragen. Einige pfiffige Ideen, wie man
andere Menschen dazu bewegt, Frosch und
Co. zu helfen, sollen deshalb hier vorgestellt
werden. Neben dem Informieren von Menschen ist das Sammeln von Geld zur Rettung
der Frösche eine wichtige Möglichkeit, ganz
konkret zu helfen.
Wer kann eigentlich was tun?
Jeder natürlich: Schulen, Umweltzentren,
außerschulische Lernorte, Angelvereine und
Jäger – auch Gruppen, an die man nicht sofort
denkt wie zum Beispiel Behörden.
Aber auch als Einzelperson kann man viel
erreichen. Wenn man sich umhört, stellt man
oft fest, dass man mit seinem Anliegen gar
nicht allein ist.
Wie plane ich eine Aktion oder
eine Kampagne?
Jede öffentliche Mobilisierung oder Kampagne beginnt damit, dass man sich selbst
kundig macht. Diese Broschüre und die weiterführenden Hinweise auf Seite 39 sind dafür
schon mal eine gute Basis.
Am Beginn jeder Aktion sollte klar sein,
welche Ziele erreicht werden sollen und können. Möchte man Amphibien vor Ort schützen
oder möglichst viel Geld für die weltweite Kampagne sammeln oder beides? Die Zielsetzung
sollte von der Bereitschaft zur Mitarbeit in der
Kampagnengruppe abhängen.
Gemeinsam überlegt man, welche Aktionen stattfinden sollen. In den Überlegungen
können witzige, vielleicht auch zunächst verrückt klingende Vorschläge gemacht werden.
Hieraus entwickeln sich manchmal die besten
Ideen.
Foto: Zoo Leipzig
Die Kinder waren begeistert, als eine echte
Prinzessin den Frosch
küsste. Prinzessin Xenia
von Sachsen zu Gast bei
Zoodirektor Jörg Junhold
im Leipziger Zoo.
18
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Fotos: Tiergarten Schönbrunn
Wichtig ist, dass genau definiert ist, welche Zielgruppe angesprochen werden soll.
Wenn man erreichen möchte, dass endlich
ein Krötentunnel für wandernde Amphibien
angelegt wird, sind Behörden und Politiker
die Zielgruppe. Wenn man Sammelbüchsen
aufstellen möchte, sind es zum Beispiel Ladenbesitzer und deren Kunden.
Zusammenarbeit mit anderen ist sinnvoll.
Fähigkeiten sind oft unterschiedlich verteilt.
Die einen haben Ideen und die Energie, Aktionen durchzuführen, andere vielleicht die
Verbindungen zu Kaufleuten, Behörden oder
Sponsoren. Führt man die Fähigkeiten der Einzelpersonen zusammen, arbeitet man ungleich
effektiver und erreicht die Ziele schneller.
Mit gutem Beispiel voran
Rein in die Öffentlichkeit,
neue Leute auf Frösche
und Co. ansprechen. Das
machte ein Team des
Allwetterzoos Münster.
Foto: Allwetterzoo Münster
Nach den Naturschutzverbänden, die sich
bereits seit vielen Jahren mit praktischen Maßnahmen vom Lebensraumschutz bis zur Öf-
fentlichkeitskampagne wie der „Amphibie des
Jahres“ für den Amphibienschutz engagieren,
haben inzwischen viele Zoos und Tierparks
Aktivitäten zur Unterstützung der weltweiten
Kampagne zur Rettung bedrohter Amphibien
gestartet. Als Anregung für die Entwicklung
eigener Ideen stellen wir hier einige Beispiel
vor.
Sie kennen doch bestimmt die Geschichte
von der Prinzessin, die nach einem Versprechen einen Frosch zu küssen hatte. Prinzessin
Xenia von Sachsen fand sich bereit, ebenso
wie ihre Vorgängerin aus dem Märchen diesen Froschkuss vor versammelter Presse zu
zelebrieren. In diesem Fall durfte es jedoch
ein Tier aus Kunststoff sein – sie bekam allerdings auch keinen Prinzen dafür. Aber der
Zoo Leipzig, wo die Aktion stattfand, startete
damit eine öffentlichkeitswirksame Kampagne
zur Aufklärung über die Amphibienproblematik
– und zur Sammlung von Spendenmitteln.
Keine Angst, Schweiß zu vergießen, hatte
Große Sprünge auch für
Amphibien - das Laufteam
des Tierparks Schönbrunn
und die österreichische
Meisterin im Hochsprung
Marina Schneider.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
19
Foto: Zoo Landau
Ein Bussi für den Frosch:
Weinprinzessin Anna I im
Zoo Landau.
Foto: U. Manzke
Mit einem Malwettbewerb
kreativ für den Amphibienschutz: der NABU
Regionalverband
Hannover.
eine Gruppe des Wiener Tiergartens Schönbrunn. In einem Sponsorenlauf trabten Tierärzte, Biologen, Tierpfleger, Zoopädagogen und
weitere Mitarbeiter des Zoos mit der Unterstützung der sportlichen Miss Austria Marina
Schneider viele Euros zusammen. Für jeden
erlaufenen Kilometer fanden sich Geldgeber.
Für den Amphibienschutz kam eine beachtliche Summe zusammen.
Oft ist es gar nicht so einfach, die Menschen mit einem Thema zu erreichen. Ein Team
des Allwetterzoos Münster fand sich deshalb
dort ein, wo automatisch viele Menschen einund ausgingen. In einem Münsteraner Großkino gab es neben einem Infostand auch Vieles
für junge Besucher rund um den Frosch.
Der Naturschutzbund Hannover betreut
das Laubfroschprojekt „Ein König sucht sein
Reich“. Dem Laubfrosch, der in Niedersachsen
einst einen Verbreitungsschwerpunkt hatte
20
und heute hier fast gar nicht mehr
vorhanden ist, soll Lebensraum
und auch Akzeptanz in der Bevölkerung zurückgegeben werden.
Um dies zu unterstützen, veranstaltete der NABU einen großen
Malwettbewerb, bei dem Kinder
kreativ zeigen konnten, was sie
von Fröschen und ihren Lebensräumen wissen.
Zoo und Naturschutz Hand
in Hand: Freiwillige des Kölner
Zoos sowie die Ortsgruppe des
Naturschutzbundes Köln befreiten in einer großen (genehmigten) Naturschutzaktion Teiche von einem zu
dichten Bewuchs. Inzwischen werden diese
Teiche wieder als Laichgewässer genutzt. Der
Naturschutzbund (NABU) veranstaltet nun regelmäßig Exkursionen zu den Gewässern, in
denen Grasfrösche, Erd- und Wechselkröten
bereits wieder abgelaicht haben.
Der Tierpark Görlitz veranstaltete eine
Froscholympiade. Eine der Disziplinen war
das Falten von Papierfröschen. Dieses Event
wurde von einer Krankenkasse mit „Kröten“
unterstützt. Der Görlitzer Tierpark bot seinen
Besuchern überhaupt recht viel Information
und Aktion zum Thema Amphibien an. So
wurde ein Schauspiel um „Die Prinzessin mit
der goldenen Kugel“ inszeniert und an einem
weiteren Tag wurde der zuvor ausgelobte Preis
für den besten Krötenretter vergeben.
Der Zoo Landau widmete sein großes Sommerfest dem Thema „Ein Jahr für Frosch und
Co.“. Eine besondere Chance, diesen tollen
Tieren die Beachtung zukommen zu lassen,
die sie verdienen. Übrigens hat auch der Zoo
Landau eine Prinzessin, die Frösche küsst. Die
Landauer Weinprinzessin Anna I setzte ihre
Prominenz gerne für den weltweiten Amphibienschutz ein.
Gegen eine kleine Spende für den Amphibienschutz konnte man sich im Aquazoo
Düsseldorf mit dem Basketball-Spitzensportler
Zuri Williams im Froschsprung messen. Aus
dem Stand und mit Flossen an den Füssen
konnte man es den Fröschen gleichtun. „Quakfidel – der Aquazoo“ lautete das Motto der Veranstaltung, auf der Vieles rund um Amphibien
stattfand. Die Erfahrungen dieser Aktionen
zeigen, dass mit kreativen Ideen zur Sammlung
von Geldern für Amphibienschutzmaßnahmen
gleichzeitig vielen Menschen diese spannende
Tiergruppe näher gebracht werden konnte.
Dieser Aspekt kann gar nicht hoch genug
bewertet werden, da man nur das, was man
Sei kein Frosch - Hilf uns!
kennt, schätzen lernen kann, um dann die Bereitschaft zu entwickeln, es zu schützen.
Kreative Anregungen zum Nachmachen
und viele aktuelle Hinweise zu Amphibien und
zum Amphibienschutz findet man auf der Homepage der Zoodirektoren und der Stiftung
Artenschutz:
Foto: K. Simon
www.zoodirektoren.de
www.stiftung-artenschutz.de
Sich mal ganz anders
auf Frösche konzentrieren: Bastelaktionen in
Görlitz und Stuttgart.
Ohne Anlauf, aus der Hocke: sportliche Aktivitäten
im Aquazoo Düsseldorf.
Foto: Aquazoo Düsseldorf
Fotos: Tierpark Görlitz (oben), Stuttgarter
Wilhelma (rechts), Zoo Landau (unten)
Wiederherstellung eines
amphibiengerechten
Teiches durch den Kölner
Zoodirektor Theo Pagel
und seine Mitstreiter von
Zoo und NABU.
Viel Spaß machte das
Filzen von Fröschen
in Landau.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
21
Was ist ein Frosch,
was eine Kröte?
Amphibien sind eine weit verbreitete Tiergruppe. Das allein zeigt, welch große Anpassungsleistungen sie entwickelt haben. Schwerpunkt der Amphibienverbreitung sind die feuchten Tropen, in denen sie mit größter Artendichte vertreten sind. Aber man findet Amphibien selbst in
Wüsten und anderen Lebensräumen, wo man Frosch und Co. eigentlich nicht vermuten würde.
Der Europäische Laubfrosch (Hyla arborea) ist
ein typischer Vertreter der
Froschlurche.
Wer Lurchi, den Feuersalamander aus der
Schuhwerbung, kennt oder den Frosch einer
weithin bekannten Schuhcreme, dem sind
bereits zwei der drei Amphibienordnungen
vertraut.
Eine davon bilden die Schwanzlurche mit
den Molchen und Salamandern. Zu den Froschlurchen zählen die Kröten, Frösche und Unken.
Die dritte Ordnung der Amphibien, die Blindwühlen, ist fast nur Fachleuten bekannt.
Das Wort Amphibie [amphi = beidseitig;
bios = Leben] deutet schon unmissverständlich auf die besondere Lebensweise dieser
Tiergruppe hin. Den ersten Teil ihres Lebens
verbringen sie, nachdem sie aus einem Ei geschlüpft sind, als Larve zumeist in einem Gewässer. Nach einer Verwandlung, bei der unter
anderem Kiemen und Flossen gegen Lungen
und Beine „ausgetauscht“ werden, sind die
Tiere zum Landleben befähigt.
Amphibien sind wechselwarm. Das heißt,
ihre Körpertemperatur ist von der Umgebungstemperatur abhängig. Das ist auch der Grund,
warum die meisten Arten in warmen oder sommerwarmen Gegenden beheimatet sind.
Die Haut der Amphibien ist glatt bis warzig, in jedem Fall sehr drüsenreich und unbehaart. Sie ist eine weitere Besonderheit der
Amphibien, da sie einen mehr oder weniger
starken Sauerstoffaustausch zulässt. Fachleute sprechen von Hautatmung.
Verbreitet in fast allen Erdregionen
Amphibien haben bis auf die Antarktis
alle Kontinente erobert. Die weitaus höchste
Artenvielfalt findet sich in tropischen Regionen. In Richtung Dauerfrostregionen nimmt die
Artenvielfalt der Amphibien drastisch ab. Auch
die salzigen Meere wurden von Fröschen oder
Foto: A. Gebauer
22
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Ordnung
Artenzahl
Anura:
Frösche, Kröten und Unken
5617
Caudata:
Salamander und Molche
570
Gymnophiona:
Blindwühlen
176
Gesamt
6363
Quelle: http://amphibiaweb.org/lists/
index.shtml (Stand 24. August 2008)
Foto: G. Garcia
Kröten nie besiedelt. Eine Ausnahme ist der in
den Mangroven Asiens lebende Krabbenfrosch
(Fejervarya cancrivora), der es geschafft hat,
sich an eine salzige bzw. brackige Umgebung
anzupassen.
Die zur dritten Ordnung gehörenden
Blindwühlen sind nur in tropischen Gegenden
beheimatet. In Anpassung an ihre unterirdische Lebensweise haben sie einen wurm- bis
schlangenartigen Körperbau mit stark rückgebildeten Augen und keine Extremitäten.
Gerade einmal 21 der weltweit gut 6.300
bekannten Amphibienarten sind in Mitteleuropa heimisch. Frösche und Kröten, Salamander
und Molche haben dennoch die meisten unserer Naturräume besiedelt. Von den Küsten,
der Tiefebene, den Mittelgebirgen und sogar
bis ins Hochgebirge leben Amphibien.
Die genaue Anzahl der weltweit existierenden Arten lässt sich nicht benennen, da
gerade weite Teile tropischer Regenwälder
immer noch ungenügend erforscht sind. Relativ regelmäßig werden neue Amphibienarten
entdeckt. Zur Zeit werden wegen einer inten-
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: G. Garcia
Zahl der bekannten Amphibienarten
siveren Forschung pro Jahr 50 bis 100 „neue“
Arten wissenschaftlich beschrieben. Manche
werden auch wiederentdeckt – zum Beispiel
vor Kurzem der als ausgestorben vermutete
nur 5 Zentimeter messende südamerikanische
Carrikeri-Harlekinfrosch Atelopus carrikeri.
Umgekehrt können wir fast sicher davon
ausgehen, dass wir wegen der fortschreitenden Zerstörung natürlicher Lebensräume zahlreiche Frosch- oder Krötenarten erst gar nicht
kennen lernen werden.
Schwanzlurche, wie dieser
Salamander, sind langgestreckt und tragen, wie
der Name schon sagt,
einen Schwanz. Zu den
Schwanzlurchen gehören
auch die Molche.
(Abb.: Boliotoglossa biseriata)
Was fressen eigentlich Amphibien?
Frösche, Kröten, Molche und andere Amphibien sind als erwachsene Tiere karnivor.
Das bedeutet, sie sind Fleischfresser. Überwiegend handelt es sich bei ihren Beutetieren um wirbellose Tiere wie Insekten, Spinnen
oder Schnecken. Bei größeren Amphibienarten
passen aber auch kleinere Wirbeltiere ins Nahrungsspektrum.
Ganz anders ernähren sie sich im Larvenstadium. Frosch- und Krötenlarven nennt man Kaulquappen. Aufgrund ihres
Fressapparates sind diese
nur in der Lage zu raspeln.
Sie fressen überwiegend
pflanzliche Kost, aber auch
tote Tiere werden von ihnen
nicht verschmäht.
Kröten wie Frösche sind
Augentiere. Sie bemerken
kleinste Bewegungen, wie
etwa die Fühlerbewegung
eines Insektes, die dann
eine Schnappreaktion auslöst. Je nach Größe des Futtertieres kommt es zu einem
Zungenschnappen, bei der
die klebrige Zunge heraus-
„Ein Aal, eine Schlange“,
meinen viele Menschen,
wenn sie eine Blindwühle
sehen. Die dritte der drei
Amphibienordnungen
zeichnet sich dadurch aus,
dass sie keine Beine hat.
(Abb.: Dermorphis mexicanus)
23
Vielfalt der Amphibienarten
Abwehrverhalten und die restlichen 5 zeigten
sich unentschlossen gegenüber der möglichen
Beute. Bei einer Reptillänge von 35 cm war
bei keiner Kröte mehr ein Jagdverhalten zu
beobachten. Die Ergebnisse zeigen: Ob für
Amphibien etwas als Beute wahrgenommen
wird, hängt davon ab, ob es sich bewegt und
wie groß es ist. Natürlich gibt es davon Ausnahmen. Zum Beispiel fällt die nach Australien
eingeführte Aga-Kröte Bufo marinus nachts mit
Vorliebe über gefüllte Futternäpfe von Hunden
und Katzen her.
Überlebenskünstler in der Wüste
Niemand denkt an Amphibien, wenn vom
Lebensraum Wüste die Rede ist. Wüsten und
Halbwüsten zeichnen sich durch hohe Temperaturunterschiede im Tag-Nachtwechsel und
extrem niedrige, oft unregelmäßige Niederschläge aus. Für Tiere, die mindestens Teile
ihres Lebenszyklus an das Vorhandensein
eines Gewässers gebunden haben, scheint
dies kein geeigneter Lebensraum zu sein. Doch
auch diese unwirtlichen Lebensräume haben
sich Kröten und Frösche erschlossen.
Extreme Bedingungen erfordern allerdings
besondere Anpassungen. Säugetiere, Vögel
und auch Reptilien schützen ihren Körper
durch Haare, Federn oder eine dicke Hautschicht vor der Austrocknung.
Amphibien dagegen besitzen lediglich
Foto: E. Pickett
Alles eine Frage der
Technik. Dieser Frosch
der Gattung Cyclorana
beherrscht das Überleben
in der Wüste.
schnellt, die Beute fest umklammert und so
ins Maul transportiert. Größere Tiere werden
mit einem Greifschnappen überwältigt.
Der Verhaltensforscher Eibl-Eibesfeldt hatte schon vor vielen Jahren in einem interessanten Versuch herausgefunden, ab welcher
Größe und bis zu welcher Größe Erdkröten
(Bufo bufo) Tiere als Nahrung erkennen. Er bot
20 Erdkröten verschieden lange Blindschleichen an (die Blindschleichen waren hinter
einer Glasscheibe gesichert) und prüfte die
Reaktion der Kröten auf die Echsen. Bei einer
Länge der Blindschleichen von 10 cm gerieten alle Kröten in Jagdstimmung. Bei einer
Körperlänge von 22-23 cm wiesen nur noch 8
Kröten Jagdverhalten auf, 7 Kröten zeigten ein
24
Sei kein Frosch - Hilf uns!
eine Hautschicht, die sehr durchlässig ist,
damit am Boden oder in der Luft vorhandene
Feuchtigkeit aufgenommen werden kann. Diese Aufnahme von Wasser ist so erfolgreich,
dass Amphibien nicht trinken müssen. Auch
Sauerstoff wird bei Amphibien über die Haut
aufgenommen. Es gibt sogar Salamanderarten,
die ganz auf Lungen verzichten, da für sie die
Hautatmung ausreicht.
Wer Wasser durch die Haut aufnehmen
kann, kann auch Körperflüssigkeit durch die
Haut verlieren. Amphibien haben unterschiedlichste Mechanismen entwickelt, um auch in
Trockengebieten leben zu können. Der im südamerikanischen Trockengebiet Gran Chaco
lebende Laubfrosch Phyllomedusa sauvagei
dichtet zum Beispiel seine Haut mit einem
wachsartigen Überzug ab, um Verdunstung
zu minimieren. Und er tut etwas, was bislang
noch bei keinem anderem Amphibium beobachtet wurde: Er trinkt Wasser.
Eine weitere Anpassung an das Wüstenmilieu ist eine reduzierte Harnabgabe. Viele
landlebende Amphibien können Wasser aus
der Harnblase in den Körperkreislauf zurückführen. In Mangelzeiten wird die Urinabgabe
sogar ganz eingestellt. Schadstoffe werden
dann einfach in anderen Körperflüssigkeiten
angereichert.
Eine andere Strategie, der Austrocknung
durch Sonneneinstrahlung vorzubeugen,
ist die Umstellung des Lebensrhythmus auf
Nachtaktivität. In der Tat sind die meisten Amphibien, die in Wüsten oder Steppen leben,
nachtaktiv. Tagsüber vor Sonnenstrahlen unter
Gestein verborgen oder gar tief eingegraben,
überdauern sie die Hitze des Tages.
Manche Arten überdauern so ganze
Trockenperioden. Der Nichollsfrosch
(Notaden nicollsii), ein kleiner rundlicher Frosch, wurde schon 'mal
aus einer Tiefe von über einen Meter ausgegraben. Diese
Art lebt in westaustralischen
Wüstengebieten, meistens in
lehmigen Böden, wo pfannenartige Vertiefungen ausgebildet
sind, die sich bei sporadischen
Regenfällen mit Wasser füllen. Sobald das Nass den Frosch erreicht,
gräbt er sich aus und nutzt die kurze
feuchte Zeit zur Futtersuche, zur Paarung und zur Eiablage. Das sogenannte
Gelegenheitslaichen ist ebenfalls eine
Anpassung an den Extremlebensraum
Wüste.
Andere Wüstenfrösche bilden regelrechte
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Kokons aus abgestoßenen Hautschichten, die
der Isolierung vor der Hitze und damit dem
Verdunstungsschutz dienen. Diese Technik
verwenden u.a. Frösche der Gattung Cyclorana. Außerdem speichern sie in ihrer Blase eine
größere Menge Wasser. Wenn sie sich in ihre
Hitzeruhephase begeben, haben diese Wasserspeicherfrösche ein um ein Drittel höheres
Gewicht als normalerweise. Diesen Wasserspeicher machten sich übrigens in Notzeiten
durstige Aborigines zu Nutzen, indem sie die
Frösche ausgruben und wie Trinkpäckchen
aussaugten.
Frosch mit Locken
Keine Regel ohne Ausnahme. Der Afrikanische Haarfrosch (Trichobatrachus robustus)
kommt weit verbreitet im westlichen Teil Zentralafrikas vor. Er lebt bis auf die Fortpflanzungszeit terrestrisch, kann bis 18 cm groß
werden – und er trägt als einziger Frosch „Haare“. Jedenfalls tragen die männlichen Tiere
der Art an ihren Flanken und Oberschenkeln
zur Laichzeit haarähnliche Hautanhänge. In
Wirklichkeit handelt es sich nicht um Haare,
sondern um gut durchblutete, dicht stehende
Hautausstülpungen.
Wozu der Afrikanische Haarfrosch diese
Haarpracht trägt, kann bislang nur vermutet
werden. Sie könnte der Verbesserung der Hautatmung dienen. Aber das würde nicht erklären,
warum die Weibchen keinen Haarwuchs besitzen. Ein Erklärungsversuch ist, dass durch die
Amphibien sind zu besonderen Anpassungsleistungen fähig. Dies zeigt der
u.a. in Kamerun lebende
Haarfrosch.
Foto: Mutschmann
25
größere, Sauerstoff aufnehmende Oberfläche
das Männchen länger unter Wasser bleiben
kann, um so den Laich besser schützen zu
können.
Zum Schutz vor Fressfeinden legen Makifrösche
ihren Laich außerhalb des
Wassers ab.
26
So unterschiedlich die Anpassungsleistungen von Amphibien an die verschiedenen Lebensräume sind, so vielgestaltig sind auch ihre
Fortpflanzungsstrategien. Frosch oder Kröte
ziehen in einer als Krötenwanderung bekannten Formation in ihr seit jeher angestammtes
Gewässer, verpaaren sich und legen Eier in
Form von Schnüren oder Laichballen, aus denen sich nach einer geraumen Zeit Kaulquappen entwickeln. Nach der Entwicklungszeit im
Wasser wandern die Tiere an Land. So oder so
ähnlich kennen wir die Vermehrung der Amphibien.
Fotos: N. Hasenbein
Die Sorge um den „Kindersegen“
Doch die Vermehrungsstrategien der Amphibien sind, wie die Arten selbst, Musterbeispiele der biologischen Vielfalt. Gründe für die
Vielfältigkeit liegen vor allem in der
Anpassung an verschiedene Lebensräume und dem Schutz vor
Fressfeinden. Man nimmt an,
dass der in der Evolution
von den Amphibien vollzogene Schritt vom reinen
Wasser- zum Landleben
dazu diente, räuberischen Tieren auszuweichen und neue
Nahrungsquellen
zu erschließen. Die
wassergebundenen Entwicklungsphasen von Ei und
Larvenstadium
sind im Leben
eines Frosches
diejenigen mit
der geringsten
Überlebensrate. Für Frösche
und Kröten ist
es also sinnvoll,
möglichst eine
kurze Ver weildauer oder exklusive Orte für
den Nachwuchs
im Wasser zu haben.
So legen Makiund Glasf rösche
ihre Eier erst gar
nicht ins Wasser,
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Sei kein Frosch - Hilf uns!
versorgen, pendelt das Weibchen sechs bis
acht Wochen zwischen den verschiedenen Bromelien hin und her und legt unbefruchtete
Eier hinzu, die den heranwachsenden Tieren
als Nahrung dienen.
Für eine Reihe von Arten scheint es ein
Vorteil zu sein, die Kaulquappenphase gleich
im Ei zu verbringen und als fertiger kleiner
Frosch zu schlüpfen. Diese Form der direkten
Entwicklung ist gar nicht so selten. Etwa 800
zumeist tropische Arten, sowie der in den Alpen beheimatete Alpensalamander (Salamandra atra) vollziehen diese Direktentwicklung.
Wissenschaftler kennen inzwischen über
30 unterschiedliche Strategien bzw. Verhaltensweisen von Fröschen und Kröten, sich zu
vermehren oder Brutfürsorge zu betreiben.
Von einer Verhaltensbesonderheit der Gattung Rheobatrachus muss leider in der Vergangenheitsform gesprochen werden. Die Weibchen dieser Art bewahrten die befruchteten
Eier in ihrem Magen auf. Während der Ei- und
Kaulquappenphase stellten sie die Tätigkeit
ihres Magens und natürlich auch das Fressen
ein. Sie fraßen erst wieder, wenn wie durch ein
Wunder aus ihrem Maul lauter kleine Frösche
das Licht der Welt erblickten. Die zwei australischen Arten des Magenbrüterfrosches, die
dieses unglaubliche Verhalten zeigten, sind
leider ausgestorben.
Der Erdbeerfrosch sieht
nicht nur attraktiv aus.
Er hat außerdem noch
eine interessante Fortpflanzungsbiologie, die
in einigen Zoologischen
Gärten in Europa zu bewundern ist.
Foto: J. Clarke
sondern lediglich dicht am oder über dem
Gewässer ab. Sobald die Larven schlüpfen,
plumpsen sie ins Wasser.
Eine weitere Taktik, die Eier vor Fressfeinden zu schützen, ist die, sie so gut einzupacken, dass mögliche Feinde gar nicht erst
herankommen. Einige Froschfamilien legen
hierzu Schaumnester an. Dazu strampeln die
Elterntiere während der Eiablage mit den Hinterbeinen derart, dass eine Mischung aus den
Eiern, dem Sperma und noch anderen Kloakensekreten zu einem klebrigen Schaumklumpen
verdickt. Darin können sich die Eier sicher
entwickeln. Bei diesem Trick unterscheiden
Experten zwischen im Wasser, an Land und in
Bäumen geschlagenen Schaumnestern.
Exklusivität im Laichgewässer haben die
Amphibien meistens dann, wenn das Wasser
nur für kurze Zeit vorhanden ist. Das kann eine
Pfütze nach einem Regenschauer sein, aber
auch vollgelaufene Baumhöhlen oder Blattkelche von Bromelien. All diese Wasserstellen
werden von bestimmten Amphibien zur Eiablage genutzt. Trocknet ein temporäres Gewässer
aus, geht die Brut natürlich verloren. Aber der
Vorteil, Feinden auf diesem Weg zu entgehen,
hat die Entwicklung solcher Brutverhaltensmuster offensichtlich begünstigt. Die Art Epipedobates tricolor, ein Baumsteigerfrosch, hat
für den Fall der Austrocknung sogar noch eine
besondere Strategie entwickelt: Die Kaulquappen werden auf den Rücken genommen und in
die nächste Bromelienpfütze getragen.
Brutfürsorge und -pflege ist den meisten
von uns nur von Säugetieren oder Vögeln bekannt. Doch inzwischen weiß man, dass Arten
aus vielen Tiergruppen die Pflege ihres Nachwuchses betreiben und daraus Vorteile ziehen
– auch Amphibien, die dabei besondere, teilweise faszinierende Spielarten herausgebildet
haben.
Ein Beispiel hierfür sind die Geburtshelferkröten: Die Männchen nehmen die befruchteten Eischnüre auf, umwickeln ihre Beine damit
und tragen den Laich umher. Dabei sorgen sie
für Feuchtigkeit und Sicherheit.
Ein ganz besonderes Verhalten zeigt der
Erdbeerfrosch (Dendrobates pumilio). Die Eier
dieses kleinen, in Costa Rica vorkommenden
Pfeilgiftfrosches werden an Land abgelegt.
Männchen und Weibchen schützen die Eier mit
Flüssigkeit aus ihrer Kloake vor dem Austrocknen. Nach dem Schlüpfen trägt das Weibchen
je eine einzelne Larve in eine mit Wasser gefüllte Bromelie. Die Jungtiere müssen getrennt
voneinander aufwachsen, da sie kannibalisch
sind. Um die Kaulquappen mit Nahrung zu
27
Was nutzen uns
Frösche?
Vom Wert der Amphibienvielfalt
Amphibien besitzen Eigenschaften, die auch für den Menschen von großem Wert sind. Manche
Zeitgenossen verwenden sie als Nahrung, andere sehen ihren Nutzen für die Landwirtschaft.
Ein weithin unbekannter Wert liegt in den für medizinische Zwecke nutzbaren chemischen Verbindungen ihrer Hautsekrete.
rungsspektrum der Amphibien nicht gerade
gerne in seinen Gemüsekulturen begegnet.
Denn Amphibien fressen im Prinzip alles, was
kleiner ist als sie selbst. In den meisten Fällen
handelt es sich um wirbellose Tiere, zu denen
Würmer, Insekten und deren Larven, Spinnen,
aber auch Schnecken gehören.
Was Amphibien vertilgen, kann sich sehen
lassen. Für ein kleines Naturschutzgebiet in
der Nähe von Bonn hat man ermittelt, dass
75 Kilogramm (Biomasse) an Amphibien vorhanden waren. Daraus kann man schließen,
dass diese in ihrem Leben etwa 750 Kilogramm Wirbellose gefressen haben mussten.
Nähme man an, dass sich die Amphibien nur
von 2 Milligramm schweren Mücken ernährt
hätten, ergäbe dies die unglaubliche Zahl von
Foto: L. Fucsko
Amphibien spielen im
Ökosystem eine
wichtige Rolle.
Machte man eine Umfrage, welchen Nutzen Amphibien für den Menschen haben, so
würden die meisten Befragten wohl mit den
Achseln zucken. Vielleicht fielen dem ein oder
anderen noch Froschschenkel als besondere
Delikatesse ein. Als nützlich jedenfalls würde sie wohl kaum jemand bezeichnen. Dabei
macht es ausgesprochen Sinn, nach der Bedeutung von Amphibien für das Wohlergehen
des Menschen zu fragen. Man kann es an dieser Stelle schon vorwegnehmen: Der Nutzen
von Frosch und Co. ist immens.
Jedes Fachbuch zum Thema Amphibien
offenbart, was Frösche, Kröten, Molche oder
Salamander fressen. Und jedem Gartenbesitzer fällt dabei sofort auf, dass er einigen von
den dabei erwähnten Tieren aus dem Nah-
28
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Amphibien als Grundnahrungsmittel?
Die französische Küche zählt Froschschenkel zu ihren Leckerbissen. Auch bei uns finden
sie sich unverändert auf den Speisekarten von
Gourmetrestaurants. Wer sich daran ergötzen
möchte, tut gut daran, erst einmal nachzufragen, woher die Froschschenkel eigentlich
stammen. Es ist gut möglich, dass es sich um
importierte Froschschenkel aus Asien handelt, bei denen keineswegs klar
ist, ob sie aus einer nachhaltigen Naturentnahme stammen.
Wahrscheinlicher ist, dass der
Anbieter selbst nicht weiß, wo
die Frösche ihr Leben gefristet
haben. Spätestens dann sollte
man in der Speisekarte weiterblättern.
Anders sieht es in vielen
südlichen Ländern aus, wo Amphibien durchaus die Rolle eines
wichtigen Eiweißlieferanten in
der Versorgung der ländlichen
Bevölkerung spielen können. Vor
allem die kräftige Sprungmuskulatur von Ranaiden, den Echten Fröschen,
liefert einiges an tierischem Eiweiß. Gegen
eine kontrollierte, nachhaltige Nutzung in
dieser Form ist im Gegensatz zur häufig unkritischen westlichen Gourmetküche natürlich
nichts einzuwenden.
Die Aga-Kröte: In ihrem
natürlichen Lebensraum
hoch geschätzt, als
eingeführte Fremdart
inzwischen gefürchtet.
Foto: P. Dollinger
37,5 Millionen verzehrter Tiere.
In den 1970er Jahren haben amerikanische Agrarökonomen versucht, den „Wert“
einer einzigen Aga-Kröte (Bufo marinus) zu
ermitteln. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das von Südtexas über Mittelamerika
bis in den Amazonasbereich reicht, wird die
Aga Kröte als Schädlingsvernichter, speziell
in Zuckerrohrkulturen, sehr geschätzt. Man
errechnete damals einen ökonomischen
Wert für die Landwirtschaft
zwischen 20 und 50 US$
pro Jahr und Kröte. Leider hat man diese Krötenart in andere Teile der
Welt verschleppt, wo sie
als Fremdart häufig mehr
Schaden als Nutzen erzeugte, ja sogar zur existenziellen Gefahr für andere Amphibienarten wurde.
In tropischen Gegenden
ist der Schädlingsdruck auf
Kulturpflanzen durch ein
erheblich höheres Vorkommen von Insekten deutlich
größer als in gemäßigten Zonen.
Die Rolle, die Amphibien hier als Schädlingsvernichter spielen, muss als sehr bedeutsam
eingeschätzt werden.
Als ebenso wertvoll ist der Nutzen von
Amphibien zur Eindämmung der Verbreitung
von Tier- und Menschenseuchen einzustufen.
Bei einer Analyse des Mageninhaltes des Reisfelder bewohnenden Asiatischen Schwarzfleckenfroschs (Rana nigromaculata) stellte sich
heraus, dass neben vielen Pflanzenschadinsekten Mücken und deren Larven einen
gewichtigen Teil ihrer Nahrung ausmachen.
Mücken übertragen bekanntermaßen in tropischen Ländern Malaria und andere gefährliche
Volksseuchen. Aus Kotproben hier heimischer
Frösche weiß man, dass auch sie Mücken und
Fliegen in beachtlicher Menge vertilgen und so
manchen Stich im Vorfeld verhindern.
Amphibien treten in der Natur nicht nur als
Räuber auf. Für viele andere Arten stellen sie
willkommene Beutetiere dar und sind damit in
allen Feuchtbiotopen der Erde wichtige Glieder in Nahrungsketten beziehungsweise Nahrungsnetzen. Sie stabilisieren maßgeblich das
biologische Gleichgewicht, was direkt oder indirekt auch den umgebenden Kulturlandschaften, beziehungsweise der landwirtschaftlichen
Produktion, wenn sie auf Pestizide verzichtet,
zu Gute kommt.
29
Amphibien als Umweltindikatoren
Foto: C. Higgins
Der Afrikanische Krallenfrosch: Aus dem
„Apothekerfrosch“ wurde
der Hauptverbreiter des
Chytridpilzes.
Amphibien zeigen an, wie gesund unsere
Umwelt ist. So sagt ihre Anwesenheit sowie
die Artenzusammensetzung viel über die Qualität eines Lebensraumes aus. Im Naturschutz
dienen einzelne Arten oft als so genannte
Leit- oder Zielarten. Das bedeutet, dass natur- und umweltschützende Maßnahmen auf
die Bedürfnisse dieser Zielarten abgestimmt
werden, beziehungsweise ihre Wirkungsweise
an solchen Arten gemessen wird.
Amphibien leben im Wasser und an Land.
Also können Einwirkungen von Schadstoffen
auf beide Bereiche an Amphibien abgelesen
werden. Die Eigenschaft, die sie so empfindlich auf Außeneinflüsse reagieren lässt, ist
die Durchlässigkeit und Empfindlichkeit ihrer
Haut.
Welche Schadstoffe können das sein? Neben den Schadstoffen aus Industrie, Verkehr
und Haushalten müssen hier vorrangig Einträge aus der Landwirtschaft genannt werden.
Wenn zum Beispiel Gülle in zu großen Mengen
und zu geringem Abstand zu Laichgewässern
ausgebracht wird, kann dieser Stickstoffeintrag zum Verpilzen des Laichs, bei größeren
Einträgen zum direkten Verenden der erwachsenen Tiere und zum Absterben ganzer Amphibienpopulationen führen.
Aber nicht nur Folgen landwirtschaftlicher
Schadstoffe werden durch Amphibien angezeigt. Eine andere Natur gefährdende Wirkstoffgruppe sind Hormone. Als Medikament
30
oder als Verhütungsmittel eingenommen, verlassen sie auf dem für Ausscheidungen üblichen Wege unseren Körper und eben auch
unser Interesse. Klärwerke werden nur schwer
mit diesen stabilen, schlecht abbaubaren Stoffen fertig. Schlecht abbaubar bedeutet, dass
die hormonelle Wirksamkeit bestehen bleibt
und es zu einer Anreicherung in der Natur und
den Nahrungsketten kommt, an deren Ende
wieder der Mensch steht.
Amphibien sind höchst sensible Indikatoren für diese Hormonrückstände. Krallenfrösche der Gattung Xenopus werden deshalb
heute als Bioindikatoren für den experimentellen Nachweis von Umweltverschmutzungen genutzt, weil sie bei diesen Tieren die Hodenentwicklung und die Ausprägung des Geschlechts
beeinflussen. So konnten beispielsweise im
Wasser eines Schwarzwaldflüsschens mit Hilfe des Krallenfrosches Xenopus laevis noch
sehr geringe Hormonmengen nachgewiesen
werden.
Wussten Sie eigentlich...
dass Krallenfrösche früher zum Anzeigen
von Schwangerschaften genutzt wurden? Bis
etwa 1975 standen in den Hinterzimmern der
Apotheken Aquarien, in denen Frösche auf ihren „Einsatz“ warteten. Mit einer Injektion von
Urin unter die Haut des Frosches konnte geklärt werden, ob die betreffende Frau schwanger war oder nicht. Legte der Lurch innerhalb
von 24 Stunden Eier, bedeutete dies, dass die
Frau sich in froher Erwartung befand. Die in
dieser Zeit auch als Apothekerfrosch bekannte
Amphibie reagiert auf das im Urin enthaltende Schwangerschaftshormon Gonadotropin.
Jedes Jahr wurden tausende Exemplare vom
Xenopus laevis, so lautet der wissenschaftliche
Name des im südlichen Afrika beheimateten
Frosches, gefangen und in die westliche Welt
verkauft.
Nachdem andere Schwangerschaftstests
entwickelt wurden, kam es zu Massenfreilassungen dieser Amphibienart. Seitdem ist er in
weiten Teilen der Welt verbreitet.
Der Krallenfrosch machte nach seiner Zeit
als Apothekerfrosch noch einmal „Karriere“,
dieses Mal als Versuchstier in der Grundlagenforschung. Die einfache Haltung und die gute
Kenntnis über seine Fortpflanzungsbiologie
bescheren dem Krallenfrosch bis heute eine
besondere Bedeutung in der Entwicklungsphysiologie und der experimentellen medizinischen Forschung. Wenn da nicht seine traurige
Rolle als Verbreiter des Chytridpilzes wäre...
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Amphibien als Hoffnungsträger in der Medizin
Für die Herstellung eines
Medikaments werden
dann keine Frösche mehr
benötigt, wenn die am
Tier entdeckte Substanz
im Labor chemisch nachgebaut werden kann.
Foto: G. Garcia
„Dosis sola venenum facit” (Nur die Menge entscheidet, wie ein Gift wirkt). Diese weise Erkenntnis wird dem Mediziner Paracelsus
(1493 -1541) zugeschrieben. Sie besagt, dass
lediglich die Menge eines Stoffes dafür entscheidend ist, ob eine Substanz toxisch oder
heilend wirkt. So ist beispielsweise Kochsalz
in geringen Mengen für den menschlichen Körper lebenswichtig, in erhöhten Gaben gesundheitsschädlich und in hohen Konzentrationen
sogar tödlich.
Amphibien produzieren in ihren Hautdrüsen eine ungewöhnlich große Zahl von Stoffen,
die – wie wir heute wissen – in geringen Dosierungen Wunderwaffen der Biomedizin sein
können. Sie produzieren diese aus zweierlei
Gründen: Zum Einen dient ihnen ein wahrer
Giftcocktail als Schutz vor Fressfeinden, zum
Anderen muss die zumeist feuchte, sehr empfindliche Haut vor Schaderregern und Pilzbefall wirksam geschützt werden. Indigene Völker Südamerikas wissen sich diese Gifte bei
der Jagd schon seit Jahrhunderten zu Nutze
zu machen. Die Namensgebung der Pfeilgiftfrösche verweist auf die Funktion, die diese
Amphibien heute noch innehaben.
Die medizinische Forschung erkennt immer mehr, welche Schätze die Drüsen der
Amphibienhaut zu bieten haben. Und entsprechend der Amphibienvielfalt gibt es eine
große Anzahl an chemischen Verbindungen,
die, entsprechend präpariert und dosiert, in
verschiedenen Bereichen zur Anwendung kommen könnten.
Als Medizinwissenschaftler Krallenfrösche
selbst nach schweren chirurgischen Eingriffen
zurück in ihre Bassins setzten, stellten sie fest,
dass die Wunden der Tiere trotz des hoch
infektiösen Wassers schnell und problemlos
verheilten. Irgendetwas schien es zu geben,
was die Frösche extrem widerstandsfähig gegen Keime jeglicher Art machte. Man fand die
Ursache in Eiweißen, die sich in spezifischen
Zusammensetzungen auf der Amphibienhaut
befinden. Der Mediziner Michael Zassloff prägte für diese Eiweiße den Begriff Magainin.
Magainin leitet sich aus dem Hebräischen ab
und bedeutet Schutzschild.
Natürlich entwickelten die Wissenschaftler
den Plan, diesen Schutzschild auch für den
Menschen nutzbar zu machen. Sowohl gegen
bakterielle Keime wie Escherichia coli, Staphylococcus epidermidis oder Staphylococcus
aureus, als auch für Pilze wie den bekannten
Candida albicans, ja sogar gegen einige Parasiten, wie das für die Malaria verantwortliche
einzellige Plasmodium, zeigten die auf der Amphibienhaut befindlichen Stoffe Wirksamkeit.
Einige Studien lassen hoffen, dass Magainin
auch bei einigen Autoimmunkrankheiten zur
Anwendung gebracht werden kann.
Ein weiterer Wirkstoff, der gefunden
wurde, heißt Xenopsin (benannt nach dem
Krallenfrosch Xenopus). Xenopsin wurde in
vielen Gewebearten des Frosches entdeckt.
Dies deutet darauf hin, dass Xenopsin für die
Sei kein Frosch - Hilf uns!
31
Phyllobates terribilis
produziert eines der
stärksten Gifte, ist aber
gerade deshalb ein Hoffnungsträger der Medizin.
Wundheilungsfähigkeiten verantwortlich ist
und als Endzündungshemmer wirkt.
In einem so genannten in vitro Experiment
konnte gezeigt werden, dass Substanzen aus
der Amphibienhaut tumorzerstörend wirken.
Das Besondere an diesem Versuch war, dass
die wirksame Konzentration der Substanz so
gering war, dass gesunde Zellen nicht geschädigt wurden.
Aus Hautsekreten der Baumfrösche Phyllomedusa bicolor und Phyllomedusa sauvagei
konnten so genannte opioide Schmerzmittel
gewonnen werden. An Mäusen wurde die Wirksamkeit als Schmerzmittel bereits erfolgreich getestet.
John W. Daly, Mediziner am amerikanischen National
Institute of
Health,
fand
in
der Haut des Ecuadorianischen Pfeilgiftfrosches Epipedobates tricolor ein Schmerzmittel,
welches 200 mal stärker wirkt als Morphin.
Diese ebenfalls neue Substanz heißt Epibatidin und soll nach ersten Erkenntnissen nicht
süchtig machen. Ein kleiner Wermutstropfen
ist, dass die Substanz bislang für den Einsatz
am Menschen noch zu giftig ist.
In jüngster Zeit sind vermehrt Medienberichte über die so genannten Krankenhausinfektionen erschienen. Eine Ursache dieser
gefährlichen Entwicklung ist, dass zahlreiche
Krankheitserreger nicht zuletzt durch zu häufige oder unsachgemäße Anwendung Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben.
Herkömmliche Medikamente versagen. Neue
antibiotische Substanzen aus Amphibien stellen eine Chance dar, dieser Gefahr zu begegnen. Ausgerechnet eine Amphibie, die bei uns
vor der Haustür lebt, der Teichfrosch Rana
esculenta, scheint hier mit dem nach ihm benannten Wirkstoff Esculatin eine Lösung für
die vorliegenden Probleme zu liefern.
Ein weiterer Frosch aus der Gattung Litoria wird gerade von einem Forscherteam der
Universität in Adelaide auf die Wirkung seiner
Sekrete zur Behandlung von Viruserkrankungen getestet. Hier steht die Hoffnung
im Raum, einmal ein schlagkräftiges Mittel gegen die Volksseuchen Aids und
Herpes zu gewinnen.
Es gibt aus der „Froschapotheke“
eine Vielzahl von Medikamenten, die
sich bereits in der Anwendung befinden. Aus dem Australischen Weißen Baumfrosch Litoraria caerulea
konnte erstmals ein Sulfatpeptid
extrahiert und für die medizinische
Nutzung nachgebaut werden. Der
Wirkstoff mit der Bezeichnung Cerulitide wirkt bei Darmverschluss und
bei Fehlfunktionen der Bauchspeicheldrüse. Verschiedene Arzneien
mit diesem Wirkstoff sind schon im
Handel erhältlich.
Auch in vielen anderen Bereichen
wird mit den in der Amphibienhaut entdeckten neuen Substanzen geforscht.
Natürlich können diese Substanzen nur
entdeckt werden, solange es noch Kröten
und Frösche gibt. Wir verlieren gegenwärtig
also eindeutig mehr als nur bunte Farbtupfer
der Natur und sollten schon deshalb ein reges
Interesse am Erhalt der Vielfalt der Frösche
und Kröten haben.
Foto: R. Gibson
32
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Vom Kröten Schlucken
und dem Frosch im Hals
Amphibien in Märchen,
Sprache und Kultur
Amphibien haben den Menschen zu jeder Zeit umgeben. Dementsprechend tauchen sie auch
heute noch in vielen Bereichen unseres Lebens auf. Von der Bibel bis zur Fernsehserie, von der
Werbung bis hinein in unsere Umgangssprache – Amphibisches ist auch Teil unserer Kultur.
Die einerseits beängstigende, andererseits
faszinierende Ausstrahlung, die im Mittelalter
von Hexen und heute noch von vielen Schamanen ausgeht, hat zweifellos auch etwas
mit Fröschen und Kröten zu tun. Jedenfalls
wussten und wissen Hexen wie Schamanen
aus den Sekreten von Amphibien Heilmittel
wie Rauschmittel herzustellen. Glück und Segen, Schande und Ekel: Kaum eine andere
Tiergruppe muss für so viele Empfindungen
gleichzeitig herhalten wie die Amphibien – und
das bis in die Gegenwart.
Im alten Ägypten mit seinen Überschwemmungen und Sümpfen entlang des Nils dürften
sich Amphibien in großen Mengen getummelt
haben. Für die Ägypter als Herren waren diese
Tiere mit ihrer seltsamen Metamorphose rätselhaft und heilig. So bildeten sie ihre Göttin
Heket mit einem Froschkopf ab. Für die dort
versklavten Israeliten handelte es sich jedoch
um einen Götzenglauben und Frösche galten
als unrein.
Die Israeliten forderten die Freiheit. Und
als der ägyptische Pharao die Versklavten
nicht gehen lassen wollte, beteten sie zu ihrem
Gott, der ihnen dann zehn Plagen schickte. Die
zweite traf die Ägypter besonders hart:
„Der Herr sprach zu Mose: Sag zu Aaron:
Streck Deine Hand mit dem Stab aus über die
Flüsse, über die Nilarme und die Sümpfe, und
lass die Frösche über Ägypten kommen! ... Da
stiegen die Frösche herauf und bedeckten ganz
Ägypten, ... Man sammelte sie zu riesigen Haufen, und das ganze Land stank davon... .“
aus: Exodus 8, 1-2,10, Einheitsübersetzung
Wie nicht anders zu erwarten, kam es nach
dem Absterben der Frösche als dritte Plage zu
einer massenhaften Vermehrung der Mücken,
die Mensch und Vieh peinigten.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
In der mittelalterlich christlichen Vorstellung unterscheidet sich das Bild von Amphibien deutlich, je nachdem, ob es von der
Amtskirche oder vom Volk gezeichnet wurde.
Sicherlich war den Kirchenoberen, die Frösche
mal als Sinnbild für Geschwätzigkeit, mal als
Vergleich mit einem Sünder, der gleich den Fröschen im Dreck leben muss, heranzogen, der
Lebensraum „Sumpf“ als Brutstätte des Bösen
etwas suspekt. Im Mittelalter galt ja generell
alles Tierische (eben auch Frösche und Kröten)
dem Bösen näher als dem Guten.
Das Kirchenvolk schien ein etwas entspannteres Verhältnis zu Frosch und Co. zu
Im Volksglauben waren
Kröten ein wichtiger
Bestandteil von vielen
Geheimmitteln. Der Krötenstein, so glaubte man,
wächst im Gehirn einer
alten Kröte. Er konnte
gewonnen werden, indem
man die Kröte auf ein
scharlachrotes Tuch setzte. Dann gab sie den Stein
von sich.
Als Krötensteine wurden
die schwarz glänzenden
Zähne fossiler Fische
bezeichnet. Sie wurden
wohl mit den glänzenden
Augen einer Kröte assoziiert. Die Vorstellung, dass
das Tier den Stein fallen
lässt, wenn man es auf
ein rotes Tuch setzt, kann
dadurch erklärt werden,
dass Kröten und Unken
durch helle, rote Farben
angelockt werden können.
33
pflegen. Dort verkörperten Kröten etwas
mütterlich Schützendes. Kröten sollen
auch als Hüter von Schätzen angesehen
worden sein. Manchmal galten sie auch
als gute Hausgeister.
In der mittelalterlichen Volksmedizin schrieb man Kröten und Fröschen für
einen Liebeszauber besondere Wirkung
zu, während anderen Amphibien wie
Molchen und Unken dieser und anderer
medizinische Wert aberkannt wurde.
Vom Froschkönig und anderen
Märchenhelden
Wilhelm Buschs Froschgeschichten, Jim Hensons
Kermit, Salamander
mit Lurchi - alle nutzen
Amphibien als Sympathieträger.
Frösche sind bis heute in vielen Märchen
und Erzählungen gegenwärtig. Das bekannteste ist sicherlich das in vielen Erzählversionen
kursierende Märchen vom Froschkönig. Die
Brüder Grimm schrieben seine Geschichte auf,
so dass diese alte Erzählung bis in die Gegenwart transportiert wurde.
Auch der Meister des Reimes und der spitzen Feder Wilhelm Busch kam am Frosch nicht
vorbei. Eine seiner amüsantesten Reimgeschichten
berichtet von „den
beiden Enten und
dem Frosch“. Busch
erzählt, wie sich der
Frosch des Appetits der Enten nach
Froschschenkeln erwehren muss, und am
Ende - Gott sei Dank
- gut aus der Sache herauskommt.
Fröschen wurde in diesen und zahlreichen
anderen Märchen und Fabeln typisch menschliches Handeln und Denken sowie Sprache zuge-
Foto E. Medium
34
wiesen. Viele dienten dazu,
Lebensweisheiten und manchmal auch unbequeme Wahrheiten zu vermitteln.
Wie man moderne
Märchen heute nutzen
kann, zeigt Lurchi,
der nicht nur
jede Menge
Abenteuer
besteht, sondern nebenbei
noch den Absatz
bestimmter Schuhe
fördert.
Mindestens ebenso
bekannt dürfte Kühlwalda, die Erdkröte, sein. Sie
Abb.: Salamander
begleitete den
mittelalterlichen, redseligen Magier aus der
gleichnamigen TV-Kinderserie Catweazle und
diente ihm als geduldige Zuhörerin.
Der bekannteste Medien-Frosch der
Neuzeit ist sicherlich Kermit,
der ursprünglich in der
Kindersendung Sesamstraße als
„Lehrer“ auf trat,
später dann auch
noch die Moderation in der Muppet
Show übernahm
und so vielen Menschen mit seinen Weisheiten Freude bereitet: „Es ist nicht leicht, ein
Frosch zu sein“.
Karriere in der Werbung
Von einigen als glatt und glitschig verachtet, von vielen anderen geliebt, taucht der
Frosch immer wieder und in vielen Spielarten
in der Werbung auf.
Prominentes Beispiel ist der Frosch, der
viele Jahre für Schuhcreme und andere Pflegeprodukte Pate stand und heute gleich als
Synonym für eine ganze Palette von umweltgerechten Reinigungsmitteln steht.
Frösche scheinen Sympathie- und Gedankenträger einer sauberen und gesunden
Umwelt zu sein. So benutzen selbst Autohersteller Amphibien und deren Image in der
Werbung. Der weit bekannte Kermit darf jedenfalls mit einer bayerischen Luxuskarosse
in einem Werbefilm sportlich die Weite einer
Wüste durchfahren, um dann für einen die
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: J. Birtsch (ARA)
Straße überquerenden realen Frosch forsch zu
bremsen und zu beweisen, dass ein gewisses
Konzernverständnis für den Naturschutz sehr
wohl vorhanden ist.
Auch ein bekannter Bananenanbauer und
–importeur aus Mittelamerika, der eigentlich
für riesige Monokulturen, Pestizideinsatz,
Zerstörung des Regenwaldes und somit die
Vernichtung von Amphibienlebensräumen
steht, lässt in Werbeclips animierte Frösche
auf seinen Bananen lustige Turnübungen vollbringen.
Arbeiten wir also daran, dass es nicht
bald mehr Frösche in der Werbung als in der
Natur gibt.
Krötenweisheiten
Auch in Form von beliebten Redewendungen begegnen uns Amphibien praktisch
jeden Tag. Dabei ist nicht immer klar, welche
Bedeutung dahinter steht.
die Bezeichnung wahrscheinlich nicht von den
Froschlurchen ab, sondern eher vom Niederdeutschen „Groten“, dem Groschen.
Vom Unkenruf
spricht man, wenn jemand eher pessimistische Beiträge zu einer Diskussion beisteuert.
Heute ist das Rufen von Unken ja kaum noch
zu hören, weil sie so selten geworden sind,
wodurch der Sinn des geflügelten Wortes des
Unkenrufes nicht mehr verstanden wird. Die
Redewendung bezieht sich auf das melancholische, immer wiederkehrende Rufen der
Unken.
Wo Frösche sind, da gibt es auch Störche.
Eine vergleichbare Redewendung wie: Wo
Licht ist, gibt es auch Schatten.
Man muss viele Frösche küssen, bevor man
einen Prinzen trifft.
Augenscheinlich eine Lebensweisheit für
Sie und Ihn, die Suche nach dem oder der
Richtigen nicht aufzugeben.
Nichts ist unmöglich...
Frösche haben das Image,
zum Inventar einer sauberen Umwelt zu gehören.
Unken besiedeln auch
Kurzzeitgewässer.
Manchmal kann man ihre
Kaulquappen in mit Wasser gefüllten Radspuren
entdecken.
Sei kein Frosch!
Soll besagen: Stell Dich nicht so an. Eine
Annahme zur Herkunft der Redewendung besagt, dass Frösche am Teich sehr laut quaken,
jedoch schlagartig und scheu verstummen,
sobald jemand das Ufer betritt.
Kröten schlucken müssen
bezeichnet die Notwendigkeit, Kompromisse einzugehen. Ein wahrscheinlicher Erklärungsansatz lautet, dass Menschen im Mittelalter tatsächlich gezwungen wurden, giftige
Kröten zu schlucken.
Hast Du mal ein paar Kröten?
Kröte als Synonym für Geld. Hier leitet sich
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Foto: A. Gebauer
Einen Frosch im Hals haben
Die Herkunft dieser Redewendung ist nicht
sicher geklärt. Ein Erklärungsversuch bezieht
sich auf eine Speicheldrüse, die unter der
Zunge liegt und Ranula (lat. für Fröschchen)
heißt. Schwillt diese Drüse an, kann es zu
Schluckbeschwerden kommen.
35
Arbeitsblätter rund um
die Amphibien
Sie sind Lehrer oder Umweltpädagoge?
Dann schauen sie unter
www.vzp.de/amphibienkrise.htm oder
www.stiftung-artenschutz.de/arbeitsblaetter
36
Hier finden Sie neben Arbeitsblättern auch
weitere Materialien, die sie im Unterricht nutzen können: von Arbeitsblättern zur Biologie
der Amphibien über den „Bastelsalamander“
bis zur Froschgeschichte.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Sei kein Frosch - Hilf uns!
37
JAHR DES�FROSCHS
Idee:
Zoo Leipzig
Das FROSCHJAHR
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Frühlingserwachen ...
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Auf Entdeckungsreise ...
Endlich sind die Beine ent�������� ����� ������ ��� ��t�
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Nachwuchs entsteht ...
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JAHR DES�FROSCHS
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Die Partnersuche ...
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Brr – es wird kalt ...
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Die Entwicklung ...
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Die große Wanderung ...
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Beginn des Lebens ...
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Zeit zum schlafen ...
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Idee:
Zoo Salzburg
Sei kein Frosch - Hilf uns!
Kontaktadressen und
weiterführende Hinweise
Adressen
Verband deutschsprachiger
Zoopädagogen e.V.
1. Vorsitzender Lothar Philips
Zooschule Köln im Zoologischen
Garten Köln
Riehler Str. 173, 50735 Köln,
Deutschland
www.karch.ch
Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der
Schweiz mit Steckbriefen der in der
Schweiz vorkommenden Arten, Amphibienrufen, Roter Liste, Schutzmaßnahmen etc.
www.kaulquappe.de
Informative Seite mit Steckbriefen der dt. Arten, sehr guter Bestimmungsschlüssel für Kaulquappen,
Rote Liste
www.nabu-laubfrosch.de
Eine tolle Seite über den Laubfrosch als Amphibie des Jahres, mit
vielen Hintergrundinformationen
www.amphibienschutz.de
Bundesfachgruppe Feldherpetologie (NABU), Rote Liste
www.feuersalamander.com
Terrarianerseite
Wichtige Links
International
www.WAZA.org
Weltzooverband
www.EAZA.net
Europäischer Zooverband
www.zoodirektoren.de
Deutschsprachiger Zoodirektorenverband - Amphibienschutzaktivitäten von Zoos, Tier- und Wildparks im deutschsprachigen Raum,
Beschreibung von Amphibienarten,
die in VDZ-Zoos gehalten werden.
www.stiftung-artenschutz.de
Beschreibung der Amphibiensituation in der Welt, Arbeitsblätter
Amphibien für die Schule
www.vzp.de/amphibienkrise.htm
Zoopädagogen / Arbeitsblätter
Amphibien für die Schule
www.globalamphibians.org
Weltweite Übersicht über Amphibienbestände, englisch
www.amphibiaweb.org
Wissenschaftliche Seite zu Amphibienbiologie und -schutz, engl.
www.amphibianark.org
Deutsche Seite der Amphibienarche, alle Informationen zur Amphibienkampagne
WAZA – World Association of Zoos
and Aquariums, Lindenrain 3,
CH-3012 Bern, Schweiz
VDZ - Verband Deutscher Zoodirektoren e.V., Postfach 23,
CH-3097 Liebefeld-Bern, Schweiz
Stiftung Artenschutz
Sentruper Str. 315, 48161 Münster,
Deutschland
Naturgarten
www.nua.nrw.de/nua/content/de/
oeffentl/publikat/info_02.htm
Wer seinen Garten nach den
Infoblättern Naturgarten der NUA
gestaltet, bereitet Amphibien einen
hervorragenden Lebensraum
Europäische Amphibien
Technischer Amphibienschutz
www.herpetofauna-nrw.de
www.herpetologie.naturkundemuseum-bw.de
Von dem ausgewiesenen Fachmann Dr. Axel Kwet erstellte hochinformative Seite. Sehr zu empfehlen.
Sei kein Frosch - Hilf uns!
www.bauen-tiere.ch/tier.htm
Sachgerechte Bauanleitungen
für Hausbesitzer, die mit Wildtieren
(und auch Molchen) zusammen leben möchten
Verlage
www.herpetobuch.com
Bietet ein reiches Bücherangebot zu Amphibien
www.laurenti.de
Herpetologischer Fachverlag mit
reichhaltigem Bücherangebot (neu
und gebraucht)
Foren
www.froschnetz.ch
Deutschsprachiges Froschforum
aus der Schweiz. Von der Biologie
bis zum Teichbau, kompetent administriert
Teichbau
www.nua.nrw.de/nua/content/de/
oeffentl/publikat/info_02.htm
NUA Infoblatt Naturgarten Nr.
29: Anlage eines Gartenteiches
http://reflex.at/~biolab
Seite mit guten Informationen
zum Thema Algen im Teich
www.hydro-kosmos.de/natteich/index.htm
Artenschutz am Gartenteich,
mit Deutschlandkarte, wo gelungene Garten-und Schulteiche angelegt
wurden
www.bentonit.de/dichtung.htm
Teichabdichtung mit Bentonit
www.kautschukfolie.de
PVC-freie Teichfolie
Kurioses
www.froggy.ch
Froschmuseum
www.froschfamilie.de/froschcliparts.
html
Private Seite mit vielen Cliparts
www.allaboutfrogs.org
Vieles Lustiges um den Frosch,
englisch
39
Eine gemeinsames
Artenschutzprogramm von:
Verband deutscher
Zoodirektoren
Deutscher Wildgehege
Verband
Deutsche Gesellschaft für
Herpetologie und Terrarienkunde
Bund der Zootierpfleger
Verband deutschsprachiger
Zoopädagogen
Medienpartner:
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Sei kein Frosch - Hilf uns!