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Baedeker WISSEN PRADO Hort der Kunst STIERKAMPF Blutiges Relikt STADTENTWICKLUNG Von maurisch bis modern REAL MADRID – FC BARCELONA Spaniens Fußballrivalen MADRID Baedeker Wissen Baedeker Wissen i Ende 2011 war das groß angelegte Stadtbegrünungsprojekt vollendet: An den Ufern des Manzanares erstreckt sich heute eine 120 ha große Grünanlage, wo früher die berüchtigte Stadtautobahn M-30 verlief. Den Fluss überqueren interessante Brücken von historisch bis modern. Seite 138 Baedeker Wissen … … zeigt, was man über Madrid wissen sollte. Unterhaltung – Aus gehen, traditionelle Spektakel, Fußball – ist dabei genauso wichtig wie Geschichte, Architektur und Kunst. e t e ¡Viva la noche! Vielleicht ist das Madrider Nacht leben nicht mehr so legendär wie in den 1980er-Jahren, als die Marcha Madrileña internationalen Ruf genoss. Trotzdem lässt es keine Wünsche offen – für jeden Geschmack ist etwas dabei. r Seite 82 o o Real Madrid vs. FC Barcelona Höhepunkte der spanischen Fußballiga Primera División sind die Clásicos, die direkten Duelle der beiden Fußball giganten. Seite 108 p Spaniens Royals r Die Zarzuela Die Zarzuela ist ein urwüchsiges Madrider Genre, eine Bühnengattung, bei der sich Gesang (Solo und Chor) mit gesprochenem Dialog munter abwechseln. Seite 276 t Blutiges Relikt Nach wie vor ist für viele Spanier der Stierkampf ein fester Bestandteil ihrer kulturellen Identität. Doch immer mehr lehnen das blutige Spektakel heute ab. Seite 312 Affären, peinliche Auftritte – sie kommen in Spaniens Königshaus kaum vor. Oder nur nicht ans Licht? Traditionsgemäß behandelt die spanische Presse ihre Royals mit Samthandschuhen. Seite 42 a Alcázar von Segovia Auf der Spitze eines Felsvorsprungs zwischen den beiden Flüssen Río Ersema und Río Clamores thront der Alcázar von Segovia, Paradebeispiel eines kastilischen Castillo. Seite 292 u El Escorial u i Die Rückkehr des Manzanares Es war Kloster für Hieronymiten mönche, Grablege für Kaiser Karl V. und seinen Sohn Philipp II., Symbol für Philipps Sieg über Heinrich II. von Frankreich und für die Macht der Habsburger. Seite 188 a p MADRID www.baedeker.com Verlag Karl Baedeker 2 INHALT Top-Sehenswertes Top-Sehenswertes Kunst in atemberaubender Dichte im »Kunstviereck« aus Prado, Thyssen-Bornemisza, Caixa Forum und Reina Sofia. Bühne der Genuss- und Lebensfreude mit Tresen, Theken und Terrazzas, eine wilde Mischung aus dröhnendem Verkehr, grünen Oasen, Prachtboulevards, volkstümlichen Barrios und Altstadtplätzen. e o u t M M Ermita de San Antonio de la Florida In nur 120 Tagen malte Francisco de Goya die Kuppel der kleinen Ka‑ pelle aus; hier ist er auch begraben. Seite 182 u M M El Escorial Das Klosterschloss Phillips II. in den Ausläufern der Sierra de Guadar‑ rama ist UNESCO-Welterbe. Seite 183 e M M Aranjuez Im nahen Städtchen findet man die einstige königliche Sommer‑ residenz und zauberhafte Gärten. Seite 169 i M M Monasterio de las Descalzas Reales Eine der prächtigsten Kunst‑ sammlungen Spaniens hinter Klostermauern Seite 201 r M M Centro de Arte Reina Sofia Im Tempel der spanischen Gegen‑ wartskunst hängt Picassos »Guernica« Seite 175 o M M Museo Arqueológico Spanische Kulturgeschichte von der Altsteinzeit bis ins 19. Jahrhundert Seite 206 Top-Sehenswertes INHALT p M M Museo del Prado Eine überwältigende Fülle an Meisterwerken vom 12. bis 19. Jahrhundert Seite 211 s a M M Museo ThyssenBornemisza Ein Spaziergang durch 800 Jahre Geschichte der Kunst Seite 242 s M M Palacio Real Das Schloss der spanischen Könige ist bis unter die Decke angefüllt mit den erlesensten Kunstgegenständen. Seite 245 g d M M Parque del Retiro Im 17. Jh. als königlicher Park angelegt, ist er längst einer der beliebtesten Treffpunkte der Hauptstadtbewohner. Seite 253 : f M M Plaza Mayor Ein Salon unter freiem Himmel und einer der schönsten Plätze Spaniens Seite 269 g M M El Rastro Sonntagvormittag ist Rastro-Tag. Seite 275 p : M M Segovia In dem kastilischen Städtchen sind vor allem der römische Aquädukt und der Alcázar einen Besuch wert. Seite 287 ; M M Toledo Einzigartiges »Freilichtmuseum« kastilisch-spanischer Geschichte Seite 297 3 4 INHALT Lust auf ... Lust auf … … Erholung vom turbulenten Stadtleben in Madrids grünen Oasen oder in atmosphärischen Wellnes-Tempeln, auf Einblicke in die moderne Architektur, auf den ultimativen Ausblick, die völlige Entspannung oder darauf, mit eigenen Augen zu sehen, warum spanische Fußballer so erfolgreich sind? In Madrid sind Sie richtig. Parks • Jardin del Príncipe de Anglona Lauschige Oase mitten im quirligen Zentrum Madrids (an der Nordseite der Plaza de la Paja) Seite 283 • Parque del Retiro ▶ Weitläufige Grünanlage zum Ausspannen. Auf dem künstlichen See zu Füßen des Monuments zu Ehren von Alfonso XII. gibt es einen Ruderbootverleih. Seite 253 • Casa de Campo Wo einst die spanischen Könige ihrer Jagdleidenschaft nachgingen, erstreckt sich heute der größte Park Madrids. Seite 172 Moderne Architektur • Puente de Arganzuela Die Brücke über den Manzanares wurde im Zuge des Begrünungsprojekts Madrid Río gebaut. Sie sieht aus wie ein Korkenzieher. Seite 50 • Estación de Atocha Der Jugendstilbahnhof wurde aus grauem Marmor, Glas und Hightech zu einem Symbol moderner Architektur umgestaltet. Seite 193 ◀◀ Caixa Forum Siebenstöckiges Kulturzentrum, das unter Einbeziehung eines alten Elektrizitätswerks entstand Seite 48 Lust auf... INHALT tolle Ausblicke • Mirador del Puente Die neue Grünanlage Madrid Río bietet einen Aussichtspunkt, von dem man die Stadt überblickt. Seite 139 • Hotel Room Mate Oscar ▶ Große Terrasse mit Pool und weißen Liegeflächen (Plaza Vázquez de Mella 12, Metro: Gran Vía) • CentroCentro Zu dem neuen Kulturzentrum gehört ein 70 m hoher Aussichtsturm über der Plaza de Cibeles. Seite 260 Wellness SpitzenfuSSball • Real Madrid, Stadion Santiago Bernabéu ▶ Karten bekommt man nur schwer, aber Stadion und Ciudad Real Madrid lohnen auch so einen Blick. Seite 106 • Atlético de Madrid, Stadion Vicente Calderón Manchmal Heimspielrestkarten Seite 106 • CF Getafe, Coliseum Alfonso Pérez Erstklassiger Fußball auch im Süden Madrids (www.getafecf.com) Seite 106 • Hotel Hospes Kleines, aber feines Spa mit allen erdenklichen Massagen und Schönheitsbehandlungen Seite 145 • Hammam Al Andalus Arabisches Bad mitten im Centro Seite 140 ◀◀ Auditorium Spa Moderne Spa-Anlage, in der man den Körper pflegen und die Seele baumeln lassen kann. Seite 141 5 66 INHALT Inhaltsverzeichnis Hintergrund 12 Bühne der Lebenslust 14 Fakten 15 Bevölkerung · Politik · Wirtschaft 20 Willkommen im Alltag! 24 Madrid auf einen Blick 28 Stadtgeschichte 38 Infografik: Madrids Stadtentwicklung 42 Special: Spaniens Royals 46 Kunst und Kultur 47 Erlebbare Kulturgeschichte 52 Berühmte Persönlichkeiten Spanische Spezialität: Schinken Erleben und genieSSen 66 Am Abend 67 Spanische Nächte 82 Special: ¡Viva la noche! 84 Essen und Trinken 85 Genussreiches Madrid 88 Special: Die kastilische Küche 90 Special: Madrid tischt auf 92 Special: Schinken – In der Eichel steckt das Geheimnis 102 Feiertage · Feste · Events 103 Immer ein Grund zu feiern 104 Special: Suma Flamenca 106 Special: König Fußball 108 Infografik: El Clásico – Real Madrid vs. FC Barcelona 114 Mit Kindern unterwegs 115 Vergnügen für die Kleinen 118 Museen 119 Große Kunst und kleine Schätze 120 Special: Galerienszene – Zwischen provinziell und international 126 Shopping 127 Spanischer Chic 128 Special: Madrids Mercados – Sich neu erfinden oder sterben 136 Stadtbesichtigung 137 Madrid entdecken 138 Special: Die Rückkehr des Manzanares Inhaltsverzeichnis INHALT Typisch spanisch: Flamencomusik mit Gitarre, Gesang und Rhythmus 142 Übernachten 143 Hotels für jeden Geschmack Touren 152 154 155 157 158 Touren durch Madrid Unterwegs in Madrid Im historischen Zentrum Museen und Monumente Zwischen Atocha und Retiro – das grüne Madrid 160 Salamanca-Viertel – Shoppingfreuden 161Ausflüge Sehenswertes von A bis Z 166 Alcalá de Henares 169Aranjuez 172 Ateneo Artístico, Científico y Literario 172 Casa de Campo 174 Casa de Lope de Vega 174 Catedral de la Almudena 175 Centro de Arte Reina Sofía 177 Círculo de Bellas Artes 177 Ciudad Universitaria 178 Congreso de los Diputados 179 Convento de la Encarnación Preiskategorien Restaurants (Preis für ein Hauptgericht) A A A A = über 40 € A A A = 25 – 40 € A A = 12 – 25 € A = unter 12 € Hotels (Preis für ein DZ) A A A A = über 170 € A A A = 100 – 170 € A A = 60 – 100 € A = unter 60 € Hinweis Gebührenpflichtige Service nummern sind mit einem Stern gekennzeichnet: *0180 … 7 8 INHALT Inhaltsverzeichnis Rüstungen in der Real Armería 180 Convento de las Trinitarias 181 Cuartel del Conde-Duque 182 Ermita de San Antonio de la Florida ∙ Panteón de Goya 183 El Escorial 188 3D: El Escorial – Symbolträchtiges Monument 193 Estación de Atocha 194 La Granja de San Ildefonso 196 Gran Vía 199 Inmaculada Concepción de Mercedarias Descalzas 200 Jardín Botánico 200 Mercado de San Miguel 201 Monasterio de las Descalzas Reales 204 Montaña del Príncipe Pío 205 Museo de América 206 Museo Arqueológico Nacional 208 Museo Arte Público de Madrid 209 Museo Cerralbo 210 Museo de Historia 210 Museo Lázaro Galdiano 211 Museo del Prado 214 Infografik: Museo del Prado – Hort der Kunst 240 Museo Romántico 242Museo Thyssen-Bornemisza 244 Oratorio del Caballero de Gracia 244 Palacio de Liria 245 Palacio Real 250 Panteón de Hombres Ilustres 250 El Pardo 252 Parque del Oeste 253 Parque del Retiro 254Parque-Jardín El Campo del Moro 255 Paseo de la Castellana 257 Paseo del Prado 259 Plaza de la Cibeles 261 Plaza de Colón 263 Plaza de España 264 Plaza de la Villa 266 Plaza de Oriente 268 Plaza del Dos de Mayo 269 Plaza Mayor 270 Puente de Segovia 271 Puente de Toledo 272 Puerta de Alcalá 272 Puerta de Toledo 273 Puerta del Sol 275 El Rastro 276 Special: Die Zarzuela 277 Real Academia de Bellas Artes de San Fernando 278 Real Fábrica de Tapices 279 Special: Königliche Teppichmanufaktur – Malen mit farbigen Fäden 280Riofrío 281 Las Salesas Reales Inhaltsverzeichnis INHALT 281 San Andrés 283 San Antonio de los Alemanes 284 San Francisco el Grande 285 San Ginés 286 San Isidro 287Segovia 292 3D: Alcázar von Segovia – Mächtiges Castillo 295 Teatro Español 297Toledo 310 Las Ventas 311Viaducto 312 Infografik: Stierkampf – Blutiges Relikt Praktische Informationen 316 Anreise ∙ Reiseplanung 319Auskunft 321Elektrizität 321Etikette 322Geld 323Gesundheit 323Literaturempfehlungen 324Medien 325Notrufe 325Öffnungszeiten 326 Post und Telekommunikation 328 Preise und Vergünstigungen 328Reisezeit 329Sprache 339Verkehr 343Zeit 344Glossar 346Register 353atmosfair 354Verzeichnis der Karten und Grafiken 355Bildnachweis 356Impressum 360 Kurioses Madrid Abendliche Stimmung auf der Plaza San de Andrés 9 Hintergrund Hier erfährt man kurz und knapp Wissenswertes über Spaniens Landeshauptstadt, über ihre Bewohner, Wirtschaft, Politik und Geschichte. 12 PORTRÄT Bühne der Lebenslust Bühne der Lebenslust Kaum zu glauben, dass sich im Mittelalter in dieser Gegend einsame Landstriche erstreckten. In Wäldern tummelte sich reichlich Wild, in den Flüssen gab es Fische im Überfluss. Dann erhob Spaniens König Philipp II. den verschlafenen Marktflecken 1561 aus politischen Gründen zur Hauptstadt – und Madrid wurde allmählich zu dem, was es heute ist. Die Madrilenen von heute sind zu jeder Tages- und Nachtzeit hellwach. Stets bereit für ein Häppchen, einen angeregten Plausch und einen süffigen Wein – Madrid ist eine Stadt der Kneipen und Kinos, der Straßencafés und Discos, der Oper und der Theater. Musicalproduktionen brennen auf den Bühnen Feuerwerke ab, Studententheater scheuen sich längst nicht mehr vor dem literarischen Griff unter die Gürtellinie, in Szenetreffs und Discos gibt die neueste Mode den Ton an. Andererseits geben sich Madrileños ebenso traditionsverhaftet. Ob als Zaungäste bei einer Zarzuela-Aufführung, dem typischen spanischen Singspiel, oder während der Karwoche, der Semana Santa, wenn sich die Mitglieder der Laienbruderschaften in Bußgewänder hüllen und zu ergreifenden Prozessionen formieren. In den RestauDer Retiro-Park: beliebte Freilichtbühne vor schöner Kulisse Bühne der Lebenslust PORTRÄT rants wetteifern baskische Spezialitäten mit mediterraner Leichtigkeit und katalanischer Raffinesse. Die Madrileños lieben das! Genuss- und Lebensfreude überall, die Preise sind im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen erschwinglich. Plätze und Prachtboulevards sind eine große Bühne der Lebenslust, der selbst der dröhnende Verkehr nichts anhaben kann. Man lebt nur einmal, hier und heute. Wen interessieren noch die puritanischen Zeiten unter Franco? Man gibt nicht viel auf verstaubte Geschichte. Stattdessen saugt man gierig alles Neue auf. Fächer sind mehr als folkloristische Gerade das macht Madrid so mo- Überbleibsel ... (hier vorgeführt von der Tänzerin Sandra Logga). dern, so weltgewandt. Stadt für jede Jahreszeit Was tun in Madrid? Kunstliebhaber tauchen in grandiose Museen ein. Die »großen Vier«, Prado, Reina Sofía, Thyssen-Bornemisza und La Caixa Forum, stehen mit Velázquez’ »Las Meñinas«, den »Schwarzen Malereien« von Goya und Picassos »Guernica« an der Spitze. Verstecktere Schätze hebt man bei Besuchen der Königlichen Kunstakademie San Fernando und der im Herzen der Stadt gelegenen Klöster Descalzas Reales und Encarnación. Im Königspalast wandelt man durch prachtvolle Säle, die Plaza Mayor ist der Inbegriff eines spanischen Altstadtplatzes und rund um die Plaza de Santa Ana schmecken die Drinks besonders gut. In der Kapelle San Antonio de la Florida spürt man der Fährte des Hofmalers Francisco de Goya nach, im Literatenviertel nimmt man die Spur des Dichters Lope de Vega auf. Wem all das zu kulturlastig ist, der findet im Botanischen Garten, im Parque del Retiro oder ein wenig außerhalb in der Casa de Campo Zerstreuung. Auf den Wegen halten sich Jogger und Spaziergänger fit, künstliche Seen animieren zu Bootspartien – unter dem oftmals strahlend blauen Himmel der Meseta. Bunter Alltag herrscht auf den Märkten. Für beste Shoppingadressen bürgen Straßen wie die Calle de Serrano, im alten Gerberviertel um die Ribera de Curtidores steht sonntags der bunte Rastro-Markt an. Und eine Zug- oder Autostunde entfernt locken Toledo, Alcalá de Henares, der Escorial oder Aranjuez und Segovia. Es gibt viele gute Gründe für eine Reise in Spaniens Herz. 13 14 HINTERGRUND Bühne der Lebenslust Fakten Bevölkerung · Politik · Wirtschaft HINTERGRUND 15 Bevölkerung · Politik · Wirtschaft An Madrid kommt niemand vorbei: Spaniens größte Metropole in der geografischen Mitte der Iberischen Halbinsel ist Landeshauptstadt und Sitz des Königshauses, Polit- und Handelszentrum, Kunst- und Kulturpol, Verkehrsdrehscheibe und Heimat von 3,16 Mio. Menschen aus aller Herren Länder. Madrid ist auch der Name der umliegenden autonomen Region Co- Verlockende munidad de Madrid mit 8028 km² und über 6 Mio. Einwohnern. Hauptstadt Die Stadt lockt mit magnetischer Kraft, ist zum Schmelztiegel der Nationen geworden und zur Essenz des gesamten Landes. Das macht die Definition eines typischen Madrileño fast unmöglich. Überall spiegelt sich die Vielfalt des Landes samt den Eigenheiten seiner zugewanderten Bewohner wider: Andalusier und Galicier wohnen hier, Menschen aus Kastilien und der Extremadura, natürlich auch Ausländer. Größter Antrieb, sich hier niederzulassen: die Suche nach Arbeit. Davon gibt es allerdings infolge der Wirtschaftskrise längst nicht mehr so reichlich wie noch vor wenigen Jahren. Hauptstadt auf der Hochebene Madrid liegt im Zentrum der Iberischen Halbinsel auf einer karstigen Hochfläche, etwas über dem Río de Manzanares. Im Norden wird die Stadt durch die Sierra de Guadarrama begrenzt, deren höchste Gipfel bis zu 2400 m emporragen, nach Süden und Osten hin erstreckt sich die weite Fläche der Mancha. Erst der Habsburger Philipp II. hatte 1561 die Stadt zur Única Corte erklärt und seinen Hof nach Madrid verlegt. Mit seiner Entscheidung, die jüngste der spanischen Städte zur Reichshauptstadt zu machen, hatte er sich gegen das aragonische Zaragoza, das kastilische Burgos und León und das westgotische Toledo und auch gegen das maurische Córdoba und Sevilla entschieden. Heute ist Madrid die größte Stadt der Iberischen Halbinsel und der politische und kulturelle Finanz-, Handels- und Verkehrsmittelpunkt des Landes. Zentrum der Macht Auch auf den Gebieten Foschung, Wissenschaft und Bildung ist die Landeshauptstadt führend. Madrid ist nicht nur der Sitz des Obersten Wissenschaftlichen Forschungsrates, der Königlichen Spanischen Akademie, der Akademien der Schönen Künste, der Geschichte, der Universitäten Blick aus der Seilbahn in der Casa de Campo auf das Schloss und die Almudena-Kathedrale 16 HINTERGRUND Bevölkerung · Politik · Wirtschaft Sprachen, der Naturwissenschaften, der Jurisprudenz, der Philosophie und Politik. Die Stadt hat darüber hinaus vier Universitäten. Insgesamt werden etwa 25 % aller spanischen Studenten an den hauptstädtischen Universitäten ausgebildet, zu denen die Universidad Complutense de Madrid gehört. Sie ist die Nachfolgerin der berühmten, 1508 in Alcalá de Henares gegründeten Universität, die 1836 nach Madrid geholt wurde. Ursprünglich befand sie sich in der Calle San Bernardo, bis sie 1927 in die nordwestlich gelegene Universitätsstadt (Ciudad Universitaria) verlegt wurde. Zweite Universität ist die Universidad Autónoma de Madrid; sie wurde 1968 im Vorort Canto Blanco zur Entlastung der überfüllten Universidad Complutense eröffnet; weiterhin gehören die päpstliche Universidad Comillas sowie die Fernuniversität UNED, die 1972 gegründet wurde, hinzu. Zehntausende Studenten bereichern in jederlei Hinsicht das kulturelle Geschehen, viele Stipendiaten geben dem Ganzen ein internationales Flair. Die spanische Hauptstadt ist auch Sitz der Nationalbibliothek sowie einer Reihe weiterer Bibliotheken. Boomtown der Zuwanderer De Madrid al cielo … Madrid ist seit jeher eine Stadt der Zuwanderer. Im 16. und noch mehr im 17. Jh. war sie als Verwaltungszentrum eines blühenden Kolonialreichs, Sitz des Hofs und Umschlagplatz für Waren und Ideen der Mittelpunkt einer beweglichen, zum Teil auch entwurzelten Bevölkerung, die zum festen Bestandteil der Villa y Corte (Stadt und Hof) gehörte. Einen Höhepunkt erlebte ihre Anziehungskraft mit der industriellen Revolution. Während der Industrialisierungswelle der 1950er- und 1960er-Jahre entwickelte sich Madrid dann zum industriellen Ballungsraum. Die Einwohnerzahl stieg unablässig, gespeist von Zuwanderern aus Andalusien, Asturien, der Extremadura oder aus Galicien. Stets trieb sie die Suche nach besseren Lebensbedingungen in die Hauptstadt, gemäß dem Sprichwort »de Madrid al cielo«, »von Madrid direkt in den Himmel«. Durch die Wirtschaftskrise ist die Einwohnerzahl seit 2012 zurückgegangen. Heute hat die Stadt 3,16 Mio. Einwohner und steht landesweit unangefochten an der Spitze. Vielvölkerstadt und religiöse Vielfalt Ob Senegal, Russland oder Chile – in Madrid sind Menschen aus aller Herren Länder beheimatet. Über viele Jahre hat der Ausländeranteil neue Rekordzuwächse verzeichnet. 2011 ist er erstmals wieder rückläufig gewesen. Heute leben über 400 000 Ausländer in Madrid, mehrheitlich aus Rumänien, lateinamerikanischen Ländern wie Ecuador und Kolumbien und Marokko. 6200 Deutsche sind gemeldet. Jedoch sind in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit selbst Niedriglohnjobs für Emigranten kaum noch zu ergattern. Die ethnische Vielfalt wird Bevölkerung · Politik · Wirtschaft HINTERGRUND Trotz Dominanz des Katholizismus ist die Religiosität auf dem Rückzug. ergänzt durch die religiöse. Bereits im mittelalterlichen Spanien lebten Christen, Juden und Muslime beieinander, doch dieses Zusammenleben wurde nach der Eroberung des letzten maurischen Reiches, Granada, durch die Katholischen Könige (1492) beendet. Die Ausweisung der Mauren und Juden (1492 – 1494 und 1614) besiegelte die religiöse Einheit, die durch die Inquisitionstribunale durchgesetzt wurde. Die europäische Reformation stieß im Spanien Karls V. und Philipps II. auf großen Widerstand. Die Gegenreformation hielt das Land in den Bahnen des orthodoxen Katholizismus. Dieser blieb Staatsreligion auch unter den aus Frankreich stammenden Bourbonen (ab 1713). Die Erste Republik (1873 – 1874) unternahm einen kurzlebigen Versuch zur Liberalisierung der Religionsausübung, die jedoch in der spanischen Restauration unter A lfons XII. wieder rückgängig gemacht wurde. Die antikirchliche Gesetzgebung und die Enteignung des Kirchenbesitzes 1931 – 1935 zu Beginn der Zweiten Republik durch die linksrepublikanische Koalition fand ihre Gegenbewegung im Wahlsieg der Rechtskoalition CEDA von 1933, die wiederum von der republikanischen Volksfront bei den letzten demokratischen Wahlen vor dem Bürgerkrieg verdrängt wurde. Unter der Diktatur Francos erlangte die Kirche erneut großen Einfluss auf Politik und Bildung. Erst mit der demokratischen Verfassung wird die Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung ebenso verankert wie die Trennung zwischen Staat und Kirche. Der katholische 17 18 HINTERGRUND Bevölkerung · Politik · Wirtschaft Glaube herrscht weiterhin in Spanien vor, doch gibt es immer weni- ger praktizierende Christen. Landesweit sind auch Andersgläubige vertreten, nicht zuletzt in Madrid, was sich u. a. an dem großen Centro Cultural Islámico ablesen lässt. Auch jüdische Gemeinden haben das Land ihrer sephardischen Vorfahren wieder entdeckt. Das im Bemühen um gegenseitige Toleranz wieder erstarkte spanisch-islamische Verhältnis wurde 2004 gerade in Madrid auf eine schwere Belastungsprobe gestellt. Als Vergeltung für den von Regierungschef José María Aznar (Partido Popular) gutgeheißenen Krieg gegen den Irak sprengten am 11. März jenes Jahres islamische Extremisten mehrere Vorortzüge in die Luft und rissen knapp 200 Menschen in den Tod. Wenige Tage später verlor Aznars konservative Volkspartei die Parlamentswahlen. Madrid ist Residenz des spanischen Königs Felipe VI., Sitz von Regierung und Parlament sowie eine der 17 spanischen Comunidades Autónomas (Autonome Regionen), deren Status mit dem der deutschen Bundesländer vergleichbar ist. Die bedeutendsten Parteien des Landes waren vier Jahrzehnte lang die sozialdemokratisch orientierte PSOE (Partido Socialista Obrero Español) und die konservative PP (Partido Popular). Zwei Aufsteigerparteien haben das Zweiparteiensystem jedoch aufgebrochen: die linke PODEMOS (= Wir können) und die bürgerliche Ciudadanos (Bürger). Beide Bewegungen gibt es landesweit erst seit 2014. Ein Bär, der Erdbeeren nascht Im Moncloa-Palast regieren seit November 2011 die Konservativen Im Mittelalter wurde das Land in und das mit absoluter Mehrheit. Reund um Madrid zwischen dem gierungschef ist Mariano Rajoy Klerus (Erdbeerbaum) und dem (Volkspartei PP). Die mit Spannung Adel (Bär) aufgeteilt. Madrids erwarteten nächsten Wahlen zum Stadtwappen, ein Bär, der an gesamtspanischen Parlament finden einem Erdbeerbaum nascht, stand im Herbst 2015 statt. symbolisch für die Einigkeit und Im Mai 2015 fanden in dreizehn der für die tragende Bedeutung von siebzehn »Autonomen Regionen« Klerus und Adel. und in allen Städten und Gemeinden Wahlen statt. Die Krise und vor allem Korruptionsskandale haben der PP einen Schlag versetzt, auch die PSOE wurde emfindlich abgestraft. Sowohl in der Stadt Madrid als auch in der Autonomen Region verlor die PP ihre absolute Mehrheit und wird in Zukunft maßgeblich auf die Unterstützung der Ciudadanos angewiesen sein. Auch in der Stadt Madrid, die 24 Jahre konservativ regiert wurde, kam es zu einem Wechsel. Die frisch gekürte Bürgermeisterin heißt Manuela Carmena. Die pensionierte Richterin wurde von einem breiten Linksbündniss, angeführt von PODEMOS, unterstützt. WISSEN Stadt und autonome Gemeinschaft Bevölkerung · Politik · Wirtschaft HINTERGRUND Madrid und seine Viertel Im Bezirk »Centro« liegt rund um die Plaza Mayor und die Plaza de la Villa jener Teil Madrids, der weitgehend von der Herrschaft der habsburgischen Könige geprägt ist. Er reicht vom Palacio Real im Westen, der freilich erst im 18. Jh. unter den Bourbonen seine heutige Form erhielt, über die Calle Segovia zur Puerta del Sol im Osten und weiter von der Plaza de Callao zurück bis zu den Gärten des Königspalasts. Spätmittelalter und Renaissance prägen das Viertel von der Plaza Mayor entlang der Calle del Sacramento, Barock und Klassizismus das Palast-Viertel mit der Oper. Zwischen Puerta del Sol, der Oper und Gran Vía vermischen sich spätmittelalterliche Stadtstrukturen mit der modernen Einkaufswelt. Madrid der Habsburger 19 20 HINTERGRUND Alltagsbegegnungen Willkommen im Alltag! Madrid einmal abseits der Touristenpfade erleben und »ganz normale« Leute treffen – dazu einige Tipps von der BaedekerRedaktion. Spanisches Marktleben Weinkenner Spanische Weine stehen weltweit hoch im Kurs. Wer schon immer mal wissen wollte, was die Begriffe »Crianza«, »Gran Reserva« oder »Tempranillo« bedeuten, dem sei ein Einführungskurs in die Weinlehre empfohlen. Natürlich handelt es sich dabei nicht um schlichte Trockenübungen. Jeder Tropfen darf – und soll! – probiert werden. Restaurante Brix Calle de Antonio Acuña 7 nach telefonischer Anmeldung (Tel. 91 5 77 88 07) Sa. ab 12.00 Uhr Ein Kurs dauert etwa zwei Stunden, getestet werden vier Weine. Kosten: 35 € Madrid besitzt knapp 50 Stadtteilmärkte, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Touristenmagnet Nummer eins ist zweifelsohne der Mercado San Miguel neben der Plaza Mayor. Viel über die Stadt verrät dieser Markt nach dem Umbau aber nicht mehr. Deutlich ursprünglicher und authentischer ist da schon der Mercado La Cebada. Ein Besuch lohnt sich schon deshalb, weil seine Dimension tatsächlich beeindruckend ist. Mit Leben füllt sich der Markt besonders an den Samstagen, wenn vor allem die jungen Leute aus dem gefragten Viertel La Latina auf Shoppingstour gehen. Plaza Cebada s/n, Tel. 91 3 66 69 66, www.mercadodelacebada.com Metro: La Latina Mo. – Fr. 9.00 – 14.00, 17.30 – 20.30, Sa. 9.00 – 15.00 Uhr Alltagsbegegnungen HINTERGRUND Stadtführung einmal anders Dass Stadtführungen richtig spannend und auch sehr persönlich sein können, beweisen Madrilenen, die Besuchern ihre Heimat vorstellen. Vor der Kulisse der Oper wird dann nicht nur über den Architekturstil des Gebäudes referiert, sondern vielleicht auch das Liebesleben von Königin Isabel II. (die den Bau in Auftrag gab) erwähnt. Bei einigen Anbietern sind die Touren gratis – in diesen Fällen leben die Guides von den Trinkgeldern. Einige Anbieter: freewalkingtourmadrid.com; Treffpunkt Puerta del Sol an der Bären-Statue um 11.00 Uhr, die Führer tragen rote T-Shirts mit Bären-Logo. Ogotours.es; Treffpunkt Puerta del Sol um 10.45 Uhr, die Führer tragen grün. Weitere Touren: www.newmadrid-tours.com; Anmeldung nicht unbedingt erforderlich. Zwei Touren täglich um 11.00 und 14.00 Uhr, Treffpunkt vor dem Touristeninformationsbüro auf der Plaza Mayor www.viatorcom.de; buntes Angebot Mitbewohner auf Zeit Dank Internet öffnen sich auch in Madrid Privatwohnungen für Touristen. Diverse Internetseiten bieten eine reiche Auswahl an Schlafmöglichkeiten, von der WG bis zum Loft. Der Kontakt zu den ständigen Bewohnern ist sozusagen gratis und garantiert. www.airbnb.com www.housetrip.com Kochen auf spanisch Wie vielseitig die neue iberische Küche ist, zeigen Profis seit Jahren in Kochkursen für jedermann. Den Anfang machte das Einrichtungshaus Alambique. Von traditioneller bis japanischer Küche wird dort so ziemlich alles gelehrt. Inzwischen gibt es aber eine ganze Reihe von (oft kostenlosen) Anbietern. Alambique, Plaza de Encarnación 2 Tel. 91 5 47 42 20 www.alambique.com, Metro: Ópera Tageskurse kosten etwa 50, mehrtägige Kurse 90 €. Gracia Mama, Calle de Mayor 32 Tel. 91 3 66 52 74, www.graciasmama.com, Metro: Sol 21 22 HINTERGRUND Bevölkerung · Politik · Wirtschaft Lavapiés ist eines der authentischen Barrios von Madrid. Madrid der Bourbonen Dem westlichen Teil des Bezirks von der Puerta del Sol bis zum Paseo del Prado drückten seit dem 18. Jh. die bourbonischen Könige ihren Stempel auf, auch wenn die hier liegenden Viertel – Sol, Cortes und Las Huertas – schon im Barock zum Stadtkern gehörten. Während die Calle de Alcalá und Gran Vía im Norden die großzügige Stadtplanung des 18. und 19. Jh.s erkennen lassen, die jenseits des Paseo del Prado voll zur Entfaltung kam, ist das Huertas-Viertel um die Plaza de Santa Ana von kleinen Gassen mit Bürgerhäusern geprägt, in denen sich ein guter Teil des Madrider Nachtlebens abspielt. Im Barock waren hier die wichtigsten Theater der Stadt, daher wird das Viertel auch Las Musas, Viertel der Dichter, genannt. Lavapiés, Embajadores, Latina und Rastro Die Viertel Lavapiés und Embajadores, nach Plätzen im Süden des Bezirks Zentrum benannt, sowie der Bezirk Latina südlich der Calle de Segovia bilden einen eigenen Abschnitt auf der Landkarte Madrids. Latina ist der volkstümliche Teil des Madrids der Habsburger. Seine wichtigsten Baudenkmäler entstanden im Mittelalter rund um die Plaza de la Paja auf den Fundamenten des maurischen Viertels. Bevölkerung · Politik · Wirtschaft HINTERGRUND 23 Die Altstadtsanierung hat das Viertel, in dem Madrids Stadtpatron San Isidro verehrt wird, wieder aufleben lassen. Östlich schließt sich mit ebenso viel »solera« das Rastro-Viertel an, das an der Calle de Embajadores in das Lavapiés-Viertel übergeht, das bis zum Centro de Arte Reina Sofía reicht. Touristen sollten sich nicht wundern, wenn zweifelhafte Gestalten ihnen auf offener Straße zu nächtlicher Stunde Drogen anbieten. Eine reelle Gefahr geht von den Klein dealern aber im Regelfall nicht aus. Bis zum Paseo del Prado reichten die bereits unter Philipp II. angelegten Reales Sitios del Buen Retiro. Unter Karl III. bekam dieser Abschnitt sein urbanes Gesicht, das mit seiner Weitläufigkeit mit den Vierteln im Zentrum kontrastiert. Entlang dem Prachtboulevard Paseo del Prado liegen die vier großen Museen der Stadt – Prado, Reina Sofía, Thyssen-Bornemisza und La Caixa Forum. Der Retiro-Park wird im Norden und Osten von bürgerlichen Wohnvierteln umschlossen, in denen Kunstgalerien, Modegeschäfte und gepflegte T apa-Bars auf Besucher warten. Im Westen liegen Monumentalbauten wie der Palacio de Comunicaciones und die Börse. Im Südwesten schließen sich der Botanische Garten und der Atocha-Bahnhof an. Retiro Die nördliche Fortsetzung des bürgerlichen Retiro-Viertels bilden das Recoletos- und das Salamanca-Viertel. Hier finden sich im geometrischen Netz von Straßen und Alleen exklusive Modeläden, Restaurants, bürgerliche Wohnhäuser und Stadtpaläste des 19. Jh.s. Der Paseo de la Castellana bildet die westliche Grenze dieser Stadtteile. Recoletos und Salamanca Im Justicia- und Malasaña-Viertel, die ebenfalls zum Zentrumsbezirk gehören, durchdringen sich auch alle Epochen Madrids. Sie reichen von der Gran Vía im Süden und dem Paseo de Recoletos bis hinauf zu den »Boulevares«, die die Plaza de Colón mit der Glorieta de Bilbao verbinden. Barocke Konvente und schrille Architektur der jüngeren Vergangenheit wie die Torres de Colón sorgen hier für Kontraste. Rund um die Calle Almirante ist Spaniens Avantgarde-Modeszene zu Hause, die Plaza Dos de Mayo und Chueca werden vor allem von Szenevolk frequentiert. Justicia und Malasaña Um die Wende zum 20. Jh. entwickelte sich der Bezirk Argüelles zu Madrids sommerfrischer, bürgerlicher Seite über dem Parque del Oeste (Westpark) und dem Río de Manzanares (“Baedeker Wissen S. 138). Rund um die Plaza de España bekam Mitte des 20. Jh.s die Gran Vía mit Hochhäusern ihren urbanen Abschluss. Der MoncloaBezirk geht im Norden in die Ciudad Universitaria, die Universitätsstadt, über. Argüelles und Moncloa WISSEN Madrid auf einen Blick © 25 26 HINTERGRUND Bevölkerung · Politik · Wirtschaft Chamberí und Nuevos Ministerios Der Paseo de la Castellana wird bis zur Puerta de Europa von Verwaltungs- und Geschäftsbauten gesäumt. Während sich hinter dem Fußballstadion Santiago Bernabéu vornehmere Wohngegenden verbergen, erstrecken sich in endlosen Straßenzügen hinter den Türmen des Azca-Viertels und dem Verwaltungskoloss der Nuevos Ministerios mittelständische Wohnviertel. Schließlich haben betuchte Hauptstadtbewohner weit außerhalb feudale Bleiben in topmodernen Villenvierteln wie La Moralejo und Las Rozas gefunden. Spaniens Wirtschafts- und Finanzherz Entwicklung Da Madrid nicht an der Küste liegt und keine eigenen Rohstoffvorkommen besitzt, entwickelte es sich erst spät zu dem heutigen Wirtschafts- und Finanzzentrum. Noch bis in die 1960er-Jahre bestimmten eher kleinere und mittlere Betriebe das wirtschaftliche Leben der Hauptstadt. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Stadt zu einem Industrie- und Dienstleistungspol erster Güte erwachsen. Forschungsinstitute und führende High-Tech-Hersteller sind ebenso vertreten wie multinationale Unternehmen. Neben Kongressen und Messen hat der in- und ausländische Tourismus die Infrastruktur beflügelt. Die Stadt ist Sitz der Spanischen Zentralbank (Banco de España) und großer Privatbanken wie Banco Santander und Banco Popular. Der Palacio de la Bolsa von Madrid ist weit vor Barcelona, Bilbao und Valencia der wichtigste Börsenplatz Spaniens. Auch auf industriellem Gebiet ist Madrid durch Vielfalt gekennzeichnet. Die wichtigsten Arbeitgeber sind Konsumgüterindustrie (Kosmetik, Kleidung), Verlage, Flugzeugbau, Automobilindustrie sowie Elektrogerätehersteller. Die ständig wachsende Großstadt ist eine der wichtigsten Handelszonen Spaniens, ein Zentrum des Wohnungsbaus sowie eine Drehscheibe für den Fremdenverkehr. 2014 besuchten 8,3 Mio. Touristen Madrid und seine Region. Probleme auf dem Wohnungsmarkt Der Aufstieg der spanischen Hauptstadt zu einer internationalen Metropole hat schlimme Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt gehabt. Vor allem im Vorfeld der Euro-Einführung trieb der von Schwarzgeld beflügelte Kaufrausch die Wohnungspreise massiv in die Höhe. Nach fast zwei Jahrzehnten ungebremster Bautätigkeit fiel die weltweite Wirtschaftskrise nun mit dem lang erwarteten Platzen der Immobilienblase zusammen. Damit einher ging eine radikale Preiskorrektur für Wohneigentum. Vor allem in den neuen Randgebieten fielen die Preise binnen eines Jahres um bis zu 20 %. Weitere Korrekturen nach unten schließen Experten für die kommenden Jahre nicht aus. Viele Madrilenen haben die Hauptstadt verlassen und nehmen dafür täglich lange Pendlerwege in Kauf. Obwohl reichlich öffentliche Verkehrsmittel im Einsatz sind, wälzen sich tagtäglich Bevölkerung · Politik · Wirtschaft HINTERGRUND riesige Fahrzeugarmadas in die Stadt hinein und aus ihr hinaus. Konsequenz: eine riesige Luftbelastung des Madrider Raumes durch Abgase. Besonders die südlichen und östlichen Stadtteile bekommen die schlechte Luftqualität zu spüren. Die Bezirke im Norden und Westen hingegen, die von wohlhabenderen Schichten bewohnt werden, profitieren von den meist vorherrschenden West-Nordwest-Winden, die in Madrid nur selten zu Smog-Wetterlagen führen. Auch Armut ist nicht unbekannt in Madrid. Trotz der Umsetzung großer Wohnungsbauprogramme leben die Ärmsten noch immer in so genannten Chabolas: Siedlungen aus provisorischen Hütten sowie Bretter- und Plastikverschlägen. Außerdem haben die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit seit 2012 vermehrt zu Zwangsenteignungen geführt. 27 28 HINTERGRUND Stadtgeschichte Stadtgeschichte