für kinder - Droemer Knaur

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für kinder - Droemer Knaur
DIE NEUE
ILLUSTRIERTE
BIBEL
K
FÜR
INDER
PETER ATKINSON
DIE NEUE
Für Lynne,
James, Elizabeth und Leo
P. G. A.
ILLUSTRIERTE
BIBEL
K
FÜR
INDER
Übersetzt von
Corinna Vierkant
Inhalt
Titel der englischen Originalausgabe:
„The Lion Encyclopedia of the Bible“
Lion Hudson plc, Oxford, England
© Lion Hudson plc 2009
Text © 2009 Peter Atkinson
Illustration © 2009 Peter Dennis
Für die deutsche Lizenzausgabe:
© 2010 Pattloch Verlag GmbH & Co. KG, München
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Herstellung und Satz:
Vornehm Mediengestaltung GmbH, München
Ins Deutsche übertragen von: Corinna Vierkant
Redaktion: Angela Reinders
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-629-01480-1
Bitte besuchen Sie uns im Internet: www.pattloch.de
Textnachweis
Bibelstellen wurden aus der Einheitsübersetzung zitiert.
© •••
© Hoffnung für alle, S. •••
Bildnachweis
l = links, r = rechts, M = Mitte, o = oben, u = unten
Cobris: 86 o/© Araldo de Luca.
The Dean and Chapter of Chichester: 38 Ml.
Kirsten Etheridge: 91 und 104 o.
Getty Images: 6 u/China Photos; 16/Tommaso Masaccio/The Bridgeman Art
Library; 19 M/De Agostini Picture Library; 21 u/David Silverman; 22/William Blake/
The Bridgeman Art Library; 28 ol/Ralph Notaro; 56 ul/Jane Sweeney/Lonely Planet
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AFP; 65 o/Persian School/The Bridgeman Art Library; 73 u/Bushnell/Soifer/Stone;
78 u/M. Bertinetti/De Agostini Picture Library; 81 or/Gary Cralle/Stone; 82 ul/Roman/
The Bridgeman Art Library; 84 u/Master of the Female Half Lengths/The Bridgeman
Art Library; 90 u/Stephen Studd/Stone; 95/Alistair Duncan/Dorling Kindersley;
116 –117/Pietro Perugino/The Bridgeman Art Library; 118 –119/DEA/W. Buss
(De Agostini Picture Library); 104 u/French School/The Bridgeman Art Library.
Lion Hudson: 11 o, 82 Ml und 83 o/David Townsend; 33 o; 62 ol; 102;
Graphiken 65 u, 92 ol.
Rex Nicholls: 38 (alle Instrumente).
The Photolibrary Group: 6 o und 9 u/The Print Collector/Imagestate; 13 o/
Miro Vintoniv/Index Stock Imagery; 15 u/Lee C. Combs/Phototake Science; 14/IFABilderteam GmbH/IFA Animals; 15 o/Kathie Atkinson/Oxford Scientific (OSF);
17/Juniors Bildarchiv; 18 –19/Bowman/F1 Online; 27/Robert Harding/Robert
Harding Travel; 30 u/Botanica; 39 ur/Jochen Schlenker/Robert HardingTravel; 45/
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British Library; 11 u/Fine Art Museum Bilbao/Alfredo Dagli Orti; 12 u und 25 or/
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Gianni Dagli Orti; 18 M, 26 ol und 86 u/Gianni Dagli Orti; 30 o/British Museum/
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Z. Radovan/www.BibleLandPictures.com: 9 o, 12 o, 23 u, 33 u, 36, 41 or, 47 Mr,
46 o, 56 Mr, 79, 103 u, 109 ul, 117 o.
Mary Evans Picture Library: 53.
1 Was ist die Bibel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6
31 Weitere Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 66
2 Starke Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8
32 Die Zusammenstellung der
Bücher des Alten Testaments . . . . . . . . . Seite 68
3 Verbreitung: Abschrift,
Druck und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . Seite 10
33 Die „versteckten“ Bücher . . . . . . . . . . . . . Seite 70
4 Was ist das Alte Testament? . . . . . . . . . . . . Seite 12
34 Der Makkabäeraufstand . . . . . . . . . . . . . Seite 72
5 Der Anfang: Genesis . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14
35 Was ist das Neue Testament? . . . . . . . . . . Seite 74
6 Die Geschichte vom Sündenfall . . . . . . . . Seite 16
36 Die Welt der Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 76
7 Eine Welt des Bösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 18
37 Palästina zur Zeit Jesu . . . . . . . . . . . . . . . Seite 78
8 Auszug in die Fremde: Abraham . . . . . . . . Seite 20
38 Der Jüdische Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 80
9 Ein Gelobtes Land: Isaak und Jakob . . . . . Seite 22
39 Jesus: eine historische Figur . . . . . . . . . . Seite 82
10 Die Reise nach Ägypten: Josef . . . . . . . . . . Seite 24
40 Wer Jesus nachfolgte . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 84
11 Sklaverei und Freiheit: Moses – 1 . . . . . . . Seite 26
41 Der Apostel Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 86
12 In die Wüste: Moses – 2 . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28
42 Wie Paulus seine Briefe schrieb . . . . . . . . Seite 88
13 Rückkehr nach Kanaan:
Josua und die Richter . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30
43 Die Paulusbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 90
14 Ein Mädchen sucht Asyl: Rut . . . . . . . . . . Seite 32
45 Das Markusevangelium . . . . . . . . . . . . . . Seite 94
15 Die Wahl des Königs: Samuel und Saul . . Seite 34
46 Das Matthäusevangelium . . . . . . . . . . . . Seite 96
16 Der große König: David . . . . . . . . . . . . . . . Seite 36
47 Das Lukasevangelium . . . . . . . . . . . . . . . Seite 98
17 Die Lieder des Königreichs: Die Psalmen . Seite 38
48 Die Apostelgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . Seite 100
18 Der weise König: Salomo . . . . . . . . . . . . . . Seite 40
49 Das Johannesevangelium
und die Johannesbriefe . . . . . . . . . . . . . . Seite 102
United Nations Photo Library: 66/Andrea Brizzi.
World Council of Churches: 69 o.
Alamy: 118 ol/Jeff Greenberg.
Still Pictures: 119 or/Sarah Filbey/Christian Aid.
19 Die Sprüche der Weisen:
die Weisheitsbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 42
20 Ein weiser Mann hadert mit Gott: Ijob . . . Seite 44
21 Ein geteiltes Königreich: Israel und Juda . Seite 46
44 Wie die Evangelien entstanden . . . . . . . . Seite 92
50 Die Offenbarung des Johannes . . . . . . . . Seite 104
51 Die Briefe am Ende
des Neuen Testaments . . . . . . . . . . . . . . . Seite 106
23 Gericht und Gnade: Amos und Hosea . . . . Seite 50
52 Die Zusammenstellung
der Bücher des Neuen Testaments . . . . . Seite 108
24 Der große Prophet: Jesaja . . . . . . . . . . . . . Seite 52
53 Jesu Geburt im Neuen Testament . . . . . . Seite 110
25 Der widerwillige Prophet: Jona . . . . . . . . . Seite 54
54 Jesu Lehre im Neuen Testament . . . . . . . Seite 112
26 Das Ende des Königreichs . . . . . . . . . . . . . Seite 56
55 Der Tod Jesu im Neuen Testament . . . . . Seite 114
27 Der leidende Prophet: Jeremia . . . . . . . . . Seite 58
56 Jesu Auferstehung im Neuen Testament Seite 116
28 Der Prohphet mit Visionen: Ezechiel . . . . Seite 60
57 Die Bibel heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 118
29 Exil und Heimkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 62
Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 120
30 Geschichten aus der Gefangenschaft:
Ester und Daniel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 64
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 124
22 Die frühen Propheten: Elija und Elischa . Seite 48
1
Was über die Bibel
gesagt wird:
Wir überreichen Euch dieses Buch, das
Allerheiligste, das diese Welt zu bieten
hat. Hier ist die Weisheit. Dies ist das
königliche Gesetz. Dies sind die
lebendigen Worte Gottes.
Mit diesen Worten wird engl. Königen
oder Königinnen die Bibel übergeben.
Was ist die Bibel?
Die Bibel ist das heilige Buch der Christen. Die Christen glauben, dass sie
in der Bibel die Wahrheit über Gott und eine Anleitung für ein gutes Leben
finden.
„Die Bibel“ klingt nach nur einem Buch, doch der Name leitet sich von
biblia ab, dem griechischen und lateinischen Wort für „Bücher“. Die Bibel
besteht aus zwei Teilen: dem Alten Testament und dem Neuen Testament.
Beide bestehen aus jeweils vielen Büchern unterschiedlicher Verfasser.
Ein anderer Name für die Bibel ist „Heilige Schrift“.
Das Alte Testament erzählt die Geschichte des Volkes Israel (später Juden
genannt) bis zur Zeit des Römischen Reichs. Im Neuen Testament geht es um
den jüdischen Lehrer namens Jesus und seine Anhänger – die ersten
Christen –, die im ersten Jahrhundert lebten.
Auch Angehörige anderer Religionen beschäftigen sich mit der Bibel oder
Teilen davon. Was bei den Christen Altes Testament heißt, ist auch den Juden
heilig. Und auch für die Muslime sind die Geschichten der Bibel bedeutsam,
obwohl sie ihr eigenes heiliges Buch haben, den Koran.
Dieses Bibellexikon beschäftigt sich aber hauptsächlich mit der Rolle der
Bibel als dem heiligen Buch der Christen.
Die Bücher der Bibel sind sehr alt. Sie wurden über einen langen Zeitraum
geschrieben und gesammelt. Um sie richtig zu verstehen, muss man Sprachen
und Bräuche dieser Zeiten kennen. Kenntnisse aus Archäologie und Geschichte
müssen mit einbezogen werden. Dazu brauchen wir die Hilfe von Experten,
die sich auf diesem Gebiet gut auskennen.
Vieles in der Bibel ist nicht leicht zu verstehen. Zum Beispiel tun sich viele
Menschen damit schwer, wie Gott in manchen Teilen der Bibel dargestellt wird.
Doch nicht alle Stellen der Bibel haben für Christen die gleiche Bedeutung.
Jesus Christus ist die zentrale Hauptfigur. Seine Geschichte hilft, den Rest der
Bibel besser zu verstehen.
Die Christen gehören Gemeinschaften an, die man Kirchen nennt (wie auch
das Gebäude, in dem Christen ihren Gottesdienst feiern). Verschiedene Kirchen
lesen und deuten die Bibel auf unterschiedliche Art und verwenden teilweise
verschiedene Übersetzungen. Doch das Vorlesen aus der Bibel beim Gottesdienst ist allen gemeinsam. Vor Zeiten des Buchdrucks, als noch nicht jeder
Christ eine Bibel zu Hause hatte, erfuhr man den Inhalt der Bibel nur durch das
laute Lesen in der Kirche. Und selbst heute, da es die Bibel gedruckt und online
gibt, halten es Christen für wichtig, die Bibel gemeinsam zu lesen und zu deuten.
Auch Bücher über die Bibel können beim Lesen und Verständnis helfen.
Das ist auch das Ziel dieses Bibellexikons.
Eine Seite aus dem Buch der Kelten, einer
kolorierten Handschrift der vier Evangelien
von ungefähr 800 n. Chr. aus Irland. Vor dem
Buchdruck musste jede Bibel einzeln von
Hand abgeschrieben werden.
Bücher, Kapitel
und Verse
F
ast alle Bücher der Bibel sind
in Kapitel unterteilt und diese
wiederum in Verse. Diese Unterteilung hilft beim Suchen und
Finden von Bibelstellen. Aber man
sollte wissen, dass sie nicht von
den ursprünglichen Verfassern
stammt. Sie erfolgte im Mittelalter
in der lateinischen Übersetzung.
Die Unterteilung in Kapitel
schreibt man Stephen Langton zu,
dem Erzbischof von Canterbury
(1207 bis 1228), einem berühmten
Bibelgelehrten. Die Unterteilung in
Verse kam im sechzehnten Jahrhundert hinzu.
Genesis 1,1 bedeutet: im
Buch Genesis, Kapitel 1, Vers 1.
Genesis 2 – 6 heißt: im Buch
Genesis, Kapitel 2 bis Kapitel 6.
Genesis 32,22 – 33,17 steht für: im
Buch Genesis, Kapitel 32, Vers 22
bis Kapitel 33, Vers 17.
Manche Bücher haben den
gleichen Namen. Zum Beispiel
schrieb Paulus zwei Briefe an die
Korinther. Deshalb bezeichnet
1 Korinther seinen ersten Brief,
2 Korinther seinen zweiten.
1 Könige heißt das erste Buch der
Könige, 2 Könige das zweite Buch
der Könige.
Die Bibelzitate in diesem Buch
stammen aus der Einheitsübersetzung.
Handlungsort der Bibel ist der östliche
Mittelmeerraum und der heute
sogenannte Mittlere Osten – vom
heutigen Italien bis zum heutigen Iran.
Jerusalem
Eine moderne Taschenbuchausgabe der Bibel
in chinesischen Schriftzeichen. Kein Buch wurde
so oft gedruckt wie die Bibel.
6
7
2
Schlage nach
David und Goliat:
1 Samuel 17
Daniel in der Löwengrube:
Daniel 6
Jona wird vom Fisch verschluckt, Bibelillustration
aus dem zwölften Jahrhundert. Ohne Zweifel
hatte der Künstler Spaß an der Darstellung,
so wie der Leser
Spaß an dieser
Geschichte hat –
ohne sich viele
Gedanken darüber
zu machen,
ob das wirklich
passiert ist.
Schriftgelehrte
E
inige Teile der Bibel wurden
lange Zeit mündlich überliefert und
erst später niedergeschrieben, oft
von Leuten, die im Alten Testament
„Schriftgelehrte“ oder „Schreiber“
heißen. Sie waren ein bisschen
wie heutige Beamte. Im Neuen
Testament heißen sie „Schriftgelehrte“ (oder „Gesetzeslehrer“),
unterrichten die Menschen in
Religion und sind wie die Pharisäer
oft gegen Jesus eingestellt (aber
nicht immer – siehe Markus
12,28 – 34).
8
Starke Geschichten
Die Bibel ist eine Sammlung von Büchern mit ganz unterschiedlichem
Inhalt: Da gibt es Gesetze, Geschichte, Prophezeiungen (besondere
Botschaften von Gott), Lieder und weise Sprüche. Doch vor allen Dingen ist
die Bibel eine Geschichtensammlung. Von der Schöpfungsgeschichte am
Anfang im Buch Genesis bis hin zur Offenbarung am Schluss erzählt die Bibel
starke Geschichten. Selbst wenn manche davon lustig sind (z. B. ein paar der
Geschichten, die Jesus erzählte), haben sie doch eine ernste Aussage und
klare Botschaft. Es sind Geschichten, die das Leben der Menschen verändern
können.
Ist das wirklich passiert?
Oft wird bei Geschichten gefragt: „Ist das
wirklich passiert?“ Diese Frage stellt man
sich auch bei den Geschichten der Bibel.
Die Antwort lautet bei manchen ja, bei
anderen nein. Viele Geschichten aus der Bibel
entsprechen historischen Begebenheiten.
Das wissen wir dank archäologischer Funde
und geschichtlicher Aufzeichnungen anderer
alter Völker. Andere Texte sind einfach nur
Geschichten – so wie die Geschichten, die
Jesus erzählt hat. Sie sind nicht wörtlich
zu verstehen und also nicht „wirklich
geschehen“. Zum Beispiel erzählt Jesus die
Geschichte eines Mannes, den Räuber auf
einer Wüstenstraße überfallen und liegen
lassen. Zwei Leute aus seinem Heimatland kommen vorbei. Sie kümmern sich
aber nicht um ihn und gehen einfach weiter. Da kommt ein Mann aus einem
anderen Land. Obwohl ihre beiden Länder verfeindet sind, hilft ausgerechnet
dieser Mann dem Verletzten. Mit dieser Geschichte wollte Jesus zeigen,
dass Menschen aus anderen Ländern unsere Nächsten sein können. Die
Geschichte hat eine deutliche Aussage und Botschaft, obwohl sie gar nicht
„wirklich passiert“ ist.
Hoffnung für die Zukunft
Menschen haben sich schon immer Geschichten aus der Vergangenheit
erzählt, um ihre aktuelle Situation besser zu verstehen und Hoffnung für die
Zukunft zu schöpfen. Das jüdische Volk, das oft unter anderen leiden musste,
gewann viel Kraft und Mut aus seinen Geschichten.
Die Archäologie bestätigt viele
Erzählungen der Bibel. Das TaylorPrisma, das in Sanheribs Palast in Ninive
entdeckt wurde und heute im British
Museum in London steht, beschreibt
seinen Feldzug gegen König Hiskija
von Juda.
Zum Beispiel erzählten sie sich in den
schrecklichen Tagen des Zweiten Weltkriegs,
als Millionen Juden gefangen genommen und
ermordet wurden, gegenseitig die Geschichten
von David gegen Goliat und Daniel in der
Löwengrube. Diese Geschichten aus der
Vergangenheit halfen ihnen, mit ihrer Situation
besser zurechtzukommen. Sie fühlten sich wie
Daniel, der den Löwen gegenüberstand, oder wie
David, der gegen Goliat antrat. Die Geschichten
gaben ihnen Hoffnung für die Zukunft. Sie
halfen ihnen, an ihrem Glauben festzuhalten und
darauf zu vertrauen, dass Gott sie retten würde,
so wie in den Zeiten von Daniel und David.
Auch Christen sind Opfer von Verfolgung
gewesen – während des Römischen Reichs
und auch später – bis heute. In schweren Zeiten
schöpften Christen Hoffnung aus einem Buch
wie der Offenbarung des Johannes.
Geschichten als Quelle der Weisheit
Die Geschichten der Bibel helfen nicht
nur in schlechten Zeiten. Auch in Friedenszeiten finden
Menschen Anleitung zu einem guten Leben darin.
Die Sprichworte (oder Weisheiten) des Alten
Testaments und die Geschichten von Jesus
enthalten viel Lebensweisheit. Auch die
Geschichten derer, die sich um ein gutes
Leben bemühen, wie zum Beispiel
Abraham, Josef, Rut, Ijob, Petrus und
Paulus. Die Gesetzesbücher des Alten
Testaments haben vielen Ländern
bei der Festlegung ihrer Gesetze
geholfen, obwohl nicht alle
Gesetze des Alten Testaments für
die Welt von heute noch passend
sind. In den Psalmen findet sich zu
jeder Stimmung und jedem Anlass eine
Weisheit, weswegen sie die beliebtesten
Lieder der Welt sind. Man kann sagen, die
Bibel bietet zu jeder Stimmung und jedem
Anlass eine Weisheit. Deshalb ist sie
auch eines der meistgelesenen Bücher
der Welt.
Gleichnisse
Jesu veranschaulichte seine
Lehre mit Geschichten, die man
„Gleichnisse“ nennt. Zum Beispiel
erklärte er denen, die ihm nachfolgten:
Auch ist es mit dem Himmelreich wie
mit einem Kaufmann, der schöne Perlen
suchte. Als er eine besonders wertvolle
Perle fand, verkaufte er alles, was er
besaß, und kaufte sie.
Matthäus 13,45 – 46
Mit diesem Gleichnis erklärt Jesus
die Kostbarkeit und Bedeutung des
Himmelreichs. Es ist so wertvoll,
dass es für den Menschen das
Teuerste im Leben sein sollte:
So wie die kostbare Perle, für
die der Kaufmann all seine Habe
verkauft.
Die Geschichte von Daniel
in der Löwengrube ist seit
Generationen sehr beliebt
bei Juden und Christen.
Dies ist ein Ausschnitt aus
einem römischen
Mosaik aus
dem fünften
Jahrhundert.
9
3
Verbreitung: Abschrift, Druck und Übersetzung
Schlage nach
Die Übersetzung
von Hieronymus:
siehe Kapitel 32
Die Jahreszählung
(v. Chr. / v. u. Z.):
siehe Kapitel 39
Verschiedene
Übersetzungen
V
ergleiche Markus 10:13 -16 in der
Einheitsübersetzung und der Bibel
„Hoffnung für alle“.
Einheitsübersetzung:
Da brachte man Kinder zu ihm, damit
er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger
aber wiesen die Leute schroff ab. Als
Jesus das sah, wurde er unwillig und
sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir
kommen; hindert sie nicht daran! Denn
Menschen wie ihnen gehört das Reich
Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das
Reich Gottes nicht so annimmt wie ein
Kind, der wird nicht hineinkommen.
Und er nahm die Kinder in seine Arme;
dann legte er ihnen die Hände auf und
segnete sie.
Hoffnung für alle:
Einige Eltern brachten ihre Kinder zu
Jesus, damit er sie segnete. Die Jünger
aber wollten sie wegschicken. Als Jesus
das merkte, wurde er zornig: „Lasst die
Kinder zu mir kommen und haltet sie
nicht zurück, denn für Menschen wie
sie ist Gottes neue Welt bestimmt. Hört,
was ich euch sage: Wer sich die neue
Welt Gottes nicht wie ein Kind schenken
lässt, dem bleibt sie verschlossen.“ Dann
nahm er die Kinder in seine Arme, legte
ihnen die Hände auf und segnete sie.
10
Vor Erfindung des Buchdrucks musste jedes Buch
von Hand geschrieben
werden. Diese Handschriften nennt man
„Manuskripte“. Zu der
Zeit, als die Geschichten
der Bibel niedergeschrieben
wurden, gab es in den
entsprechenden Ländern
noch keinen Buchdruck.
Er wurde in Europa erst im
fünfzehnten Jahrhundert
n. Chr. erfunden, obwohl
die Chinesen schon Jahrhunderte vorher eine Form
des Drucks verwendeten.
Das Abschreiben der
Texte war langwierig, mühVor Erfindung des Buchdrucks wurde jede Bibel einzeln von Hand
sam und teuer. Einfache
abgeschrieben. Eine Darstellung des heiligen Dunstan, Erzbischof
Leute hatten keine Bücher.
von Canterbury, im zehnten Jahrhundert, an seinem Schreibpult.
Zu neutestamentlichen
Zeiten besaß jede jüdische
oder christliche Gemeinde eine Reihe heiliger Bücher, lauter Handschriften.
Manchmal sammelten Herrscher oder andere wohlhabende Menschen
Bücher. Und es gab ein paar große Bibliotheken in der antiken Welt. Die alten
Schriften der griechischen und römischen Autoren wurden sorgfältig gehütet,
doch nicht immer sorgfältig genug. Manche Bibliothek fiel dem Feuer zum
Opfer. Oft gingen dabei unbezahlbare Bücher unwiederbringlich verloren. Im
Mittelalter befanden sich einige der wichtigsten Bibliotheken in christlichen
Klöstern.
Manchmal war den Besitzern der Bücher gar nicht bewusst, wie einzigartig
und kostbar ihr Besitz war. Wenn sie Papier für ein anderes Buch brauchten –
Papier war damals teuer –, schabten sie manchmal einfach die Seiten blank
und verwendeten sie neu.
Bücher abzuschreiben war keine leichte Aufgabe. Es war anstrengend und
manchmal auch langweilig, und so schlichen sich immer wieder Fehler in der
Abschrift ein. Manchmal fügten die Leute eigene Kommentare ein, vor allem
wenn sie anderer Meinung waren als ihre Vorlage!
Viele gedruckte Bibeln enthalten Fußnoten, die mögliche Mehrdeutigkeiten
von Worten aufzeigen. Auf fast jeder Seite der Bibel steht ein Wort oder ein
Satz, der sich in einer Handschrift findet, in einer anderen jedoch nicht.
Es ist Aufgabe der Sprachwissenschaftler, den bestmöglichen Text herauszuarbeiten. Doch selbst wenn sich auf jeder Seite der Bibel ein, zwei zweifelhafte Worte oder Sätze finden, zeigt dies nur, dass über den Großteil des
Bibeltextes Klarheit und Einigkeit herrscht.
Mit Erfindung des Buchdrucks änderte sich natürlich alles. Fehler
wurden seltener (obwohl auch Drucker Fehler machen!), Bücher wurden
in Massen produziert und dadurch billiger. Zum ersten Mal konnten sich
auch gewöhnliche Leute eine eigene Bibel leisten. In vielen Ländern war die
„Familienbibel“ gängig, die vom ganzen Haushalt geteilt und über
Generationen vererbt wurde.
Natürlich wurde die Bibel schon früh aus ihren Ursprungssprachen übersetzt. Die Juden aus Alexandria (in Ägypten) übersetzten die hebräische Bibel
ins Griechische. Und lange Zeit später übersetzte der christliche Gelehrte
Hieronymus das Alte und das Neue Testament ins Lateinische (die Sprache
der Römer). Im Mittelalter verwendete man in Westeuropa hauptsächlich die
lateinische Übersetzung, obwohl Teile der Bibel auch in Volkssprachen übertragen wurden. Seither wurde die Bibel in mehr als 2000 Sprachen übersetzt.
Die erste deutsche Bibel druckte Johannes Mentelin 1466 in Straßburg.
1534 erschien die erste Gesamtausgabe der deutschsprachigen Übersetzung
von Martin Luther.
Eine Übersetzung kann
das Original nie ganz genau
wiedergeben. Aus diesem
Grund können zwei Übersetzungen des gleichen
Buches sehr unterschiedlich
ausfallen. Jeder Übersetzer
muss überlegen, wie er die
Aussagen des Originals am
besten überträgt. Für manche
Worte des Originals gibt es in
der zu übersetzenden
Sprache vielleicht kein
entsprechendes Wort. Oder
es gibt mehrere und der
Übersetzer muss sich für
eines entscheiden. Für eine
Übersetzung braucht man
viele Experten, die sich
Der heilige Hieronymus, ein Bibelgelehrter, übersetzt die Bibel
in den alten Sprachen gut
im vierten Jahrhundert ins Lateinische. Darstellung in einem
flämischen Gemälde aus dem sechzehnten Jahrhundert.
auskennen.
Der Codex Sinaiticus ist eines der wichtigsten
griechischen Bibel-Manuskripte, angefertigt
in Ägypten im vierten Jahrhundert n. Chr.
Heute im British Museum in London.
Die Schriftrolle
und der Codex
D
ie Bücher des Alten Testaments
wurden auf Schriftrollen
geschrieben, so wie es damals
üblich war. Im Alten und Neuen
Testament werden viele Schriftrollen erwähnt. Doch im zweiten
Jahrhundert n. Chr. entwickelten
Christen eine neue Methode der
Buchherstellung. Anstatt ein Blatt
einzurollen und eine neue Rolle zu
beginnen, beschrieben sie ein Blatt
nach dem anderen und nähten sie
dann an einer Seite zusammen.
Für uns ist das ein normales Buch
(auf Latein: „Codex“), doch erst
durch die Christen fand diese
Form Verbreitung! Wir wissen nicht
genau, warum sich die Christen
so für den Codex begeisterten.
Natürlich ist das eine ziemlich
praktische Buchform, weswegen
sie sich auch bis heute hält. Aber
im zweiten Jahrhundert war der
Codex eine der Besonderheiten, die
Christen von Anhängern anderer
Religionen unterschied.
11
Gelobtes Land
siehe Kapitel 9
Das geteilte Königreich
siehe Kapitel 21
Die Sprache des
Alten Testaments
F
ast alle Bücher des Alten
Testaments wurden auf Hebräisch
verfasst, in der Sprache des Volkes
Israel. Teile des Buchs Daniel und
anderer später Schriften wurden
auf Aramäisch oder auf Griechisch
geschrieben.
Das Aramäische ist eng mit dem
Hebräischen verwandt und war
weitverbreitet in den Ländern, die
von den Assyrern erobert wurden.
Jesus wuchs wahrscheinlich mit
Aramäisch auf. In den Evangelien
finden sich ein paar Worte, die er
auf Aramäisch gesagt hat, zum
Beispiel: Abba, das heißt: „Vater“.
Oben: Ein Fragment (Teilstück) aus
dem Buch Jesaja auf Hebräisch,
ungefähr 100 v. Chr. entstanden,
aus den Schriftrollen vom Toten
Meer, die man in Qumran
entdeckte.
12
IEN
Kohelet 3
Jordan
Weisheit
OZ
Psalm 150
ÄA
Lieder
GALIL
Amos 3
ÖN
Propheten
PH
2 Könige 24
E
in großer Teil der Geschichte
des Alten Testaments dreht sich um
ein Land. Das Volk Israel glaubte,
Gott habe Abraham versprochen
(gelobt), ihm dieses Land zu geben.
Deshalb heißt es auch das „Gelobte
Land“. Hier siedelten die ersten
Nachfahren Abrahams. Dann
gingen sie nach Ägypten. Doch
später kehrten sie zurück und
siedelten erneut in diesem Gebiet.
Im Alten Testament wird das
Land oft Kanaan genannt und
Die hebräische Bibel wird jeden Sabbat in Synagogen der ganzen Welt laut vorgelesen.
seine Bewohner Kanaaniter. Das
Volk Israel nannte das Land
Israel nach einem der Beischreiben, zu bearbeiten und zu
namen Jakobs. Später spaltete
Sidon
sammeln. Erst nach der Eroberung
Damascus
sich Israel in die zwei KönigJerusalems durch die Römer 70 n. Chr.
reiche Israel und Juda.
Tyrus
Dan
war alles abgeschlossen.
Ein weiterer Name für
Das Alte Testament besteht aus vielen
Mittelmeer
das Land ist Palästina. Diese
ARAM
verschiedenen Arten von Büchern. Da gibt
Bezeichnung verwendeten die
See
Griechen und Römer nach den
es Gesetzesbücher (Gesetze und Bräuche
Berg Karmel
Gennesaret
Philistern, einem anderen dort
des Volkes Israel) und Geschichtsbücher
Megiddo
ansässigen Volk.
(die Aufzeichnungen des Volkes Israel,
ISRAEL
Heute bezeichnet „Israel“
die überlieferten Geschichten von ihren
Samaria
den 1948 gegründeten jüdischen
Anfängen und die Worte ihrer Propheten
Staat. Seine Bewohner heißen
im weiteren Verlauf ihrer Geschichte).
„Israelis“. Mit „Palästina“
AMMON
Die Weisheitsbücher beinhalten
bezeichnet man die Gebiete,
Jerusalem
die die Heimat der arabischen
Sprichworte, Lieder und Betrachtungen
Völker des Landes bilden.
Gaza
Totes
Meer
über das Leben. Sie alle zusammen bilden
J U D A*
Zwischen der israelischen und
die große Geschichte des Volkes Israel,
Beerscheba
der palästinensischen Regierung
von der das Alte Testament erzählt.
schwelt ein langer Streit über
die Grenzen zwischen den
Gebieten.
A
Geschichte
Das Land des
Alten Testaments
TÄ
Exodus 20,1–17
Sprichwörter 10,1
IS
Gesetz
D
ie Bücher des Alten Testaments scheinen nach einem einfachen Prinzip
geordnet zu sein. Sie beginnen mit der Erschaffung der Welt in Genesis 1.
Dann erwählt Gott Abraham zum Stammvater eines neuen Volkes, das
„Israel“ oder „die Israeliten“ genannt wird, „die Hebräer“ und später „Juden“.
Im Folgenden erzählt die Bibel die Geschichte dieses Volkes mit seinen
Bräuchen und Gesetzen sowie von den Worten ihrer großen Lehrer, den
„Propheten“, und den Schriften anderer, die „Weise“ genannt
werden. Die Anordnung scheint einfach und logisch. Sie
entspricht aber nicht der Reihenfolge, in der die Bücher der Bibel
geschrieben wurden. Geschichten wurden mündlich überliefert,
von einer Generation zur nächsten, bevor sie jemand schriftlich
festhielt. Nach und nach sammelte man sie in Büchern. Einige
Bücher des Alten Testaments bestanden ursprünglich aus
mehreren Büchern, die später zusammengefügt wurden. Noch
später vereinte man alle heiligen Bücher von Israel in einer
Sammlung und legte die Reihenfolge fest. Das Buch Genesis steht nun
an erster Stelle im Alten Testament. Doch das bedeutet nicht, dass es auch als
erstes geschrieben wurde. Einer der ältesten Texte des Alten Testaments ist
etwa das Debora-Lied im Buch der Richter, dem siebten Buch des Alten
Testaments.
Von vielen Verfassern der Bücher des Alten Testaments kennen wir die
Namen nicht. Manchmal wurden auch Schriften aus verschiedenen Zeiten
unter dem Namen eines Schriftgelehrten zusammengefasst. Zum Beispiel
nennt man die ersten fünf Bücher des Alten Testaments „die Bücher Mose“,
obwohl sie Hinweise enthalten, dass sie über einen
größeren Zeitraum hinweg allmählich
zusammengefügt wurden. Das fünfte „Buch
Mose“, Deuteronomium, beschreibt den
Tod des Moses und wurde also ganz
bestimmt nicht von Moses selbst
geschrieben! Es zog sich über mehrere
Jahrhunderte hin, die Bücher, aus
denen das Alte Testament besteht, zu
IL
Ein paar Beispiele unterschiedlicher Schriften
im Alten Testament:
E
in kluger Sohn macht dem
Vater Freude, ein dummer Sohn
ist der Kummer seiner Mutter.
H
Schlage nach
Sprichwörter
Was ist das Alte Testament?
P
4
Das Alte Testament wurde größtenteils auf Hebräisch verfasst,
anders als das Neue Testament, das
in Griechisch geschrieben wurde –
wie dieses Manuskript-Fragment aus
dem Lukasevangelium.
Das Land des Alten Testaments ist unter vielen
Namen bekannt. Dies ist eine Karte der Königreiche Israel und Juda nach der Zeit von König
Salomo mit den umliegenden Königreichen.
0
0
60 km
40 miles
* Juda heißt später Judäa und hat
eine etwas andere Ausdehnung
13
5
Schlage nach
Wie Gott die Welt in sechs
Tagen erschafft:
Genesis 1,1– 31; 2,1– 3
Wie Gott den Garten Eden
erschafft:
Genesis 2,4 – 25
„Es war sehr gut“
S
owohl in Genesis 1 als auch in
Genesis 2 heißt es, dass Gottes Welt
gut war. In Genesis 1,31 steht:
„Gott sah alles an, was er gemacht
hatte: Es war sehr gut.“ Das ist ein
wichtiger Bestandteil des Glaubens
von Juden und Christen. Es gab
andere Religionen, die das Gegenteil
behaupteten. Sie sagten, die
stoffliche Welt sei schlecht. Doch
Judentum und Christentum lehren,
dass die Welt und der lebendige
menschliche Leib Gottes Geschenke
sind.
Der Anfang: Genesis
D
ie ersten Worte der Bibel sind: „Im Anfang . . .“ Genesis ist griechisch und
bedeutet „Anfang“. Das Buch Genesis beginnt mit zwei Geschichten über die
Entstehung des Universums.
Genesis 1 erzählt, wie Gott in sechs Tagen die Welt erschafft und sich
dann am siebten Tag ausruht. Gott beginnt mit dem Licht, dann macht er
die Sterne, die Erde, die Tiere und schließlich den Menschen. Gott betrachtet
seine Schöpfung und sieht, dass sie „sehr gut“ ist.
In Genesis 2 wird dieselbe Geschichte auf ganz andere Art erzählt. Hier
beginnt Gott damit, einen Mann namens Adam zu formen (Adam ist das
hebräische Wort für „Mann“). Dann legt er in einem Land namens Eden einen
Garten für ihn an. Gott formt die Tiere, die Adam Gefährten sein sollen, und
dann eine Frau, die Adam Eva nennt, „Leben“, die „Mutter alles Lebenden“.
Sie wohnen zusammen im Garten Eden und essen die Früchte der Bäume,
auch die vom Baum des Lebens. Gott sagt ihnen, dass sie von jedem Baum
essen dürfen, aber nicht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gott
will sie vor der Erkenntnis bewahren, was böse ist.
Die beiden Geschichten unterscheiden sich stark. Viele Forscher meinen,
dass die Genesis aus verschiedenen Geschichten zusammengefügt wurde.
Doch wie sie auch entstanden sein mögen, die beiden Schöpfungsgeschichten
ergänzen einander. Beide vermitteln auf ihre Weise die gleiche Botschaft: dass
der Mensch eine Sonderstellung in Gottes Plan hat. In Genesis 1 heißt es, dass
Gott die Menschen nach seinem Abbild schuf und dazu, die Erde
zu pflegen. In Genesis 2 wird die Natur als Heimat für den
Menschen dargestellt und Adam benennt die Tiere. In
keiner der Geschichten heißt es, der Mensch könne
mit der Erde machen, was er will. Er soll in Gottes
Auftrag auf sie aufpassen.
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber
war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes
Geist schwebte über dem Wasser.
Die
Wunder
der Natur
haben dem
Menschen
schon
immer
Ehrfurcht
eingeflößt.
Menschen, die an
Gott glauben, sehen
in der Natur ein
Zeichen seiner Größe.
14
Genesis 1,1– 2
Schöpfung
und Evolution
Fossilien belegen das
hohe Alter der Erde.
G
enesis 1 und 2 beschreiben
die Entstehung des Universums
anders als die meisten Wissenschaftler. Der Großteil der Wissenschaftler (unter ihnen viele
Christen) glaubt, dass sich das
Universum über eine riesige Zeitspanne hinweg entwickelte.
Viele Christen sind derselben
Meinung. Sie glauben, dass Gott
die Entstehung des Universums
veranlasste (und das verstehen
sie unter „Schöpfung“). Die
Erzählungen im Buch Genesis sind
die poetische Beschreibung einer
Entwicklung, die sich über Jahrmillionen hinzog. Andere Christen
glauben, das Universum sei tatsächlich in sechs Tagen von Gott
erschaffen worden (was sie unter
„Schöpfung“ verstehen). In ihren
Augen ist die Evolutionstheorie
falsch.
Die Milchstraße. Das erste Kapitel der
Genesis erzählt, wie Gott das „Licht“
erschuf, das dann in Sterne, Sonnen
und Monde zerfiel . . .
6
Die Geschichte vom Sündenfall
Schlage nach
Die Geschichte vom
Sündenfall:
Genesis 3
Wer ist die Schlange?
Die Schlange, die Eva überredet,
vom verbotenen Baum zu essen,
ist eines der vielen Tiere im Garten
Eden. In der Geschichte wird die
Schlange nicht als böse, sondern
nur als schlau beschrieben. Sie
stellt geschickte und unerwartete
Fragen. Nirgends steht im Alten
Testament, die Schlange
sei der Teufel, Satan oder
gar ein Feind Gottes. Erst
in der Offenbarung des
Johannes im Neuen
Testament wird der Teufel
„der Drachen, die alte
Schlange“ genannt. In
diesem Buch wird Satan
vom Erzengel Michael
geschlagen. Er stürzt vom
Himmel und kommt in
großem Zorn zur Erde.
Später haben Christen die
Geschichte vom Garten
Eden mit der Geschichte
von Michael und dem
Drachen vermischt,
sodass es schien, als sei die
Schlange im Garten Eden
der getarnte Teufel.
Kapitel 3 des Buches Genesis erzählt, wie Adam und Eva von der schlauen
Schlange überredet werden, die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut
und Böse zu essen.
Damit widersetzen sie sich Gott und müssen deshalb den Garten Eden
verlassen. Von nun an muss Adam hart arbeiten, um sie durch Ackerbau
zu ernähren, und Eva bringt ihre Kinder fortan unter Schmerzen zur Welt.
Auf einmal schämen sie sich, Gott nackt gegenüberzustehen, und fertigen
einen Schurz aus Feigenblättern an. Dies ist die Geschichte vom „Sündenfall“.
Sie erzählt, wie die Menschen „in Ungnade fielen“ und ihre Nähe zu Gott
verlieren. Doch obwohl Adam und Eva den Garten verlassen müssen,
kümmert sich Gott weiter um sie. Er bekleidet sie mit Tierfellen.
Viele Menschen erkennen in ihrem Leben wieder, was schon in der
Geschichte von Adam und Eva steht. Für sie steckt das Leben voller Trauer
und Enttäuschung. Die Arbeit ist oft mühsam und eintönig. Die Geburt
eines Kindes ist schmerzhaft und manchmal gefährlich. Die Geschichte
vom Garten Eden sagt aus, dass Gott ein besseres Leben vorgesehen hatte.
In vielen Menschen hat das die Sehnsucht geweckt, die Nähe zu Gott zu
finden, die Adam und Eva im Garten Eden genossen.
Ein berühmter Lehrer des frühen Christentums war Augustinus (354 – 430).
Er beschreibt die Sehnsucht nach dieser Nähe zu Gott in einem Gebet:
„Unruhig ist unser Herz, bis es in dir ruht; denn für dich hast du uns
geschaffen.“
Die Geschichte der Genesis erinnert
daran, dass die Natur vom Menschen
umsorgt und nicht ausgebeutet werden
soll.
Die Benennung
der Tiere
In Genesis 2 steht, dass Gott die
Tiere und Vögel zu Adam bringt,
um sie von ihm benennen zu
lassen. In der antiken Welt drückte
man mit dem Benennen einer
Sache oft aus, dass man Macht über
sie besaß. Als also Gott die Tiere
zu Adam bringt, damit er ihnen
Namen gibt, verleiht er ihm die
Kontrolle über die Natur. Doch er
verleiht den Menschen nicht das
Recht, mit Tieren und Vögeln zu
tun, was sie wollen. Er gibt sie
vielmehr in deren Obhut. Als sich
der Prophet Jesaja die Erde ausmalt,
wie Gott sie vorgesehen hat, denkt
er an ein friedliches Zusammenleben von Tier und Mensch.
Auf diesem Gemälde von
Masaccio, einem Künstler aus dem
fünfzehnten Jahrhundert, sieht man
die Trauer in den Gesichtern von
Adam und Eva, als sie den Garten
Eden verlassen müssen.
16
17
7
Schlage nach
Die Geschichte von der
Arche Noah:
Genesis 6 –10
Die Geschichte vom Turmbau
zu Babel:
Genesis 11,1– 9
Die Geschichte der Arche Noah ist seit Jahrhunderten bei Künstlern besonders beliebt.
Dies ist ein frühes Buntglasfenster aus
dem siebzehnten Jahrhundert in der Kirche
St. Etienne du Mont in Paris.
Eine Welt des Bösen
L aut dem Buch Genesis wird die Menschheit bald immer gewalttätiger.
Adam und Eva haben zwei Söhne namens Kain und Abel. Kain ermordet Abel
in einem Anfall von Eifersucht. Mit der Ausbreitung der Menschheit nehmen
auch Gewalt und Zorn zu und alles, was in der Bibel „Sünde“ genannt wird.
Die Geschichte von der Arche Noah
Genesis 6 beschreibt Gottes Beschluss, die Menschheit auszulöschen und
noch mal neu zu beginnen. Dafür wählt er den rechtschaffenen Mann Noah
mit seiner Familie und ein Pärchen jeder Tierart aus. Eine Sintflut zerstört
alles Leben auf der Erde. Doch auf Gottes Wunsch hin baut Noah ein Schiff
(eine „Arche“) für sich, seine Familie und die
Tiere. So können sie sich retten. 40 Tage lang
treiben sie auf der Flut. Dann sinkt das Wasser
langsam wieder. Die Geschichte erzählt, wie die
Arche auf den Bergen von Ararat aufläuft und
Noah und seine Familie die Erde von neuem
besiedeln können.
Am Ende der Geschichte verspricht Gott, nie
mehr wieder alles Leben mit einer Flut auszulöschen. Noah erkennt im Regenbogen, der so
oft bei den ersten Sonnenstrahlen nach einem
Gewitter erscheint, Gottes Versprechen:
Die Sintflut ist für immer überstanden.
Die Geschichte von Noah wirft die Frage auf, ob Gott den Menschen
wirklich mit Fluten oder Katastrophen bestraft.
Noahs Geschichte wurde zu einer Zeit aufgeschrieben, als viele Menschen
glaubten, alles Mächtige, ob gut oder schlecht, käme von Gott. Eine schreckliche Flut musste also von Gott kommen. Und wenn sie von Gott kam, dann
wohl, weil er die Menschen bestrafen wollte. Manche Leute denken bis heute
so, aber insgesamt vermittelt die Bibel eine andere Vorstellung von Gott. Im
Buch Ijob erfährt Ijob zum Beispiel, dass auch guten Menschen Schreckliches
widerfahren kann. Und in den Evangelien sagt Jesus, dass Katastrophen und
Krankheiten nicht Gottes Strafe für schlechte Menschen sind.
Die Geschichte vom Turmbau zu Babel
Ein späteres Kapitel der Genesis erzählt, wie die Menschen beschließen, einen
großen Turm bis in den Himmel zu bauen. Das Unternehmen ist ein Zeichen
von Stärke und Stolz. Doch Gott verwirrt die Sprachen der Menschen, sodass
sie einander nicht mehr verstehen. Sie zerstreuen sich und leben schließlich
in verschiedenen Teilen der Welt mit unterschiedlichen Sprachen. Bis heute
gehören Sprachdifferenzen zu den größten Hindernissen für ein gegenseitiges
Verstehen und
friedliches
Zusammenleben
der Menschen.
Die Zikkurat war eine
typische Tempelform im
alten Sumer, Babel und
Assyrien. Die Geschichte
des Turmbaus zu Babel
könnte sich auf ein solches
Bauwerk stützen.
Andere
Flutgeschichten
Zahlreiche andere alte Kulturen
kennen auch Geschichten einer
großen Flut. Die Griechen erzählen,
wie der Gott Zeus die Bosheit
der Menschen bestraft, indem er
die Welt überflutet. Doch König
Deukalion entkommt, indem er
eine Arche baut, die auf dem Berg
Parnassus aufläuft.
Auch im Gilgamesch-Epos,
einer babylonischen Geschichte,
entkommt ein Mann namens
Utnapischtim in einer Arche der
Flut.
Es gibt keine archäologischen
Belege einer großen Flut, die
die gesamte Erde bedeckte und
alle Menschen bis auf wenige
auslöschte. Aber
es gibt Belege
für verheerende
örtlich begrenzte
Fluten in tiefliegenden
Gebieten wie
Mesopotamien
(dem heutigen
Irak). Erinnerungen an solche
Fluten waren
wahrscheinlich
Grundlage für
die Geschichte
der Sintflut.
Der Berg Ararat, an der Grenze der
heutigen Länder Türkei, Armenien und
Iran, ist Schauplatz der Geschichte von
der Arche Noah.
18
19
Auszug in die Fremde: Abraham
Z
u Jesu Lebzeiten bezog das Volk
Israel seinen Stolz daher, Nachkommen Abrahams zu sein. Doch
Johannes der Täufer, Jesus und
seine Jünger warnten das Volk
Israel, dass Gott dennoch von
ihnen erwarte, ein gutes und rechtschaffenes Leben zu führen und
sich nicht allein darauf zu berufen,
dass sie „Abraham zum Vater“
haben (Lukas 3,7– 9). Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Euer Vater
Abraham jubelte, weil er meinen
Tag sehen sollte. Er sah ihn und
freute sich“ (Johannes 8,56). Im
Brief an die Galater (4,21– 5,1)
macht Paulus darauf aufmerksam,
dass Abraham zwei Söhne hatte –
nicht nur Isaak, von dem das Volk
Israel abstammt, sondern auch
Ismael. „Von Abraham abzustammen“, argumentiert Paulus,
bedeutet mehr als eine Blutsverwandtschaft: Es bedeutet,
genauso an Gott zu glauben, wie
Abraham es tat.
AN
Jordan
NA
KA
O
T
Damaskus
Jerusalem
Babel
A
M
I
BABYLONIEN
Totes Meer
Gizeh
Ur
Sinai
ÄGYPTEN
Arabische
Wüste
er
sc h
rsi f
Pe Gol
Abrahams Kinder
Tyrus
Ni
l
siehe Kapitel 40
P
N
Johannes der Täufer:
und den frühen Abenteuern und Erfahrungen der Menschheit. Es sind
Geschichten, deren Wurzeln sich im Nebel der Zeit verlieren. Doch von
Kapitel 12 an beginnt eine neue Geschichte. Gott erwählt einen Mann, der
ursprünglich Abram heißt und im Gebiet des heutigen Irak lebt, um sich auf
die Reise in ein unbekanntes Land zu machen. In diesem Land sollen seine
Nachfahren, so verheißt ihm Gott, ein großes Volk bilden – das Volk Israel
(oder die Hebräer oder Juden). Das Land, das Gott ihm verspricht, ist das
heutige Israel und Palästina. Das Alte Testament erzählt von hier an die
Geschichte dieses Volkes und des Landes, das Gott ihnen ihrem Glauben nach
gegeben hat.
Abrams Familie lebt in Ur und zieht später nach Haran. Dort fordert
Gott Abram auf, sich auf die Suche nach einem neuen Land für sein Volk zu
machen. Abrams Frau Sarai ist kinderlos. Deshalb ist schwer vorstellbar, wie
sich Gottes Versprechen erfüllen und Abrams Nachkommen ein großes Volk
bilden sollen. Wie damals üblich, hat Abram ein Kind mit Sarais Magd Hagar.
Es heißt Ismael. Doch Gott spricht erneut zu Abram und sagt ihm, dass Sarai
doch noch den Sohn gebären wird, dessen Nachkommen das auserwählte
Volk bilden wird. Gott änderte Abrams Namen zu Abraham und Sarais Name
zu Sara. In hohem Alter bekommt Sara einen Sohn, Isaak. Abraham ist der
erste der drei „Patriarchen“, der Stammväter des Volkes Israel.
In der Geschichte von Abraham gibt es zwei erschreckende Stellen.
In Genesis 22 fordert Gott Abraham auf, ihm Isaak zu opfern und zu töten.
Das ist eine Glaubensprobe von Gott. Denn wie sollte sich Gottes Versprechen
einer großen Nachkommenschaft erfüllen, wenn Abrahams
Sohn tot ist? Die Geschichte erzählt, wie
Abraham kurz davor ist, Isaak zu töten,
als Gott ihn in letzter Minute aufhält.
Mittelmeer
SO
Abraham zog von Ur über Haran nach Kanaan.
In einer anderen Geschichte (Genesis 18) plant Gott, die Stadt Sodom zu
zerstören, weil sie voller schlechter Menschen ist. Doch dort wohnt auch
Abrahams Neffe Lot mit seiner Familie. Abraham bittet Gott, die Stadt um
der unschuldigen Menschen willen, die dort leben, zu verschonen. Abraham
verhandelt mutig mit Gott und sagt zu ihm: „Sollte sich der Richter über
die ganze Erde nicht an das Recht halten?“ Gott gestattet Lots Familie zu
entkommen. Doch den Rest der Stadt zerstört er.
In diesen Geschichten tritt ein schrecklicher und rachsüchtiger Gott auf.
Doch es kommen auch Leute wie Abraham darin vor, die dieses Gottesbild
zum ersten Mal in Frage stellen. Es ist von großer Bedeutung, dass jemand
fragt: „Sollte sich der Richter über die ganze Erde nicht an das Recht halten?“
In diesen Geschichten zeichnet sich langsam die Botschaft ab, dass der Gott
der Schöpfung auch barmherzig und gerecht ist.
Abrahams Berufung
D
Namensänderungen
In der Bibel bekommen Leute
E
Genesis 11,10 – 25,11
Die Kapitel 1 bis 11 des Buches Genesis erzählen vom Beginn der Welt
E
Eu
fr a
t
Die Geschichte von Abraham:
Kaspisches
Meer
Haran
M
Schlage nach
Urmiasee
ris
Tig
8
er Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem
Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich
segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein.
Ich will segnen, die dich segnen;
wer dich verwünscht, den will ich verfluchen.
Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.
häufig an wichtigen Stationen ihres
Lebens neue Namen. Gott ändert
Abrams Namen in Abraham und
Sarais zu Sara. Auf Hebräisch
bedeutet Abram „der Vater ist
erhaben“. Abraham bedeutet
„Vater einer Menge“. Sowohl Sarai
als auch Sara bedeutet „Fürstin“.
Aber der Namenwechsel markiert
auch für sie einen Neuanfang.
In den Evangelien gibt Jesus
Simon einen neuen Namen, als er
sein Jünger wird: Petrus. Und in
der Apostelgeschichte nennt der
Verfasser Saulus zu Beginn bei
seinem jüdischen Namen. Erst
als er die christliche Botschaft
verbreitet, wird er Paulus genannt.
Beschneidung
In Genesis 17,9 –14 sagt Gott zu
Abraham, dass all seine männlichen Nachfolger im Alter von acht
Tagen beschnitten werden sollen.
Bei der Beschneidung wird die
Vorhaut entfernt, was manchmal
auch aus medizinischen Gründen
gemacht wird. Lukas vermerkt die
Beschneidung des neugeborenen
Jesus (Lukas 2,21). Paulus beharrt
darauf, dass sich Heiden nicht
beschneiden lassen müssen, um
Christen zu werden – sie müssen
nicht erst Juden werden, bevor sie
Christen werden können.
Genesis 12,1– 3
Die Geschichte von
Abraham und Sara
erzählt, wie Gott den
beiden in hohem Alter ein
Kind schenkt, dessen
Nachkommenschaft
Gottes auserwähltes
Volk ist.
20
In Genesis 19 wird erzählt, wie Lots Frau
zu einer Salzsäule wird, als Lot und seine
Familie aus Sodom fliehen. Die Stadt Sodom
lag nahe des Toten Meers, einem salzigen
See, an dessen Ufern sich das Salz ablagert.
21
9
Ein Gelobtes Land: Isaak und Jakob
Schlage nach
Isaaks Geschichte:
Genesis 24 – 28:9; 35,27– 29
Jakobs Geschichte:
Genesis 25,19 – 37,2
Jakob in Bet-El
Jakob erwachte aus seinem Schlaf und
sagte: »Wirklich, der Herr ist an diesem
Ort und ich wusste es nicht.“
Furcht überkam ihn und er sagte:
»Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser
Ort! Hier ist nichts anderes als das
Haus Gottes und das Tor des Himmels.“
Genesis 28,16 –17
D
ie zwei anderen großen „Patriarchen“ waren Abrahams Sohn Isaak und
Isaaks Sohn Jakob.
In Genesis wird beschrieben, wie Abraham, der nun im Land Kanaan
ansässig ist, seinem Diener aufträgt, zur Stadt Haran zurückzugehen. Er soll
dort in der Familie Abrahams eine Frau für Isaak finden. Der Diener kehrt mit
Rebekka zurück, der Tochter von Abrahams Neffen. Isaak liebt Rebekka und
die beiden bekommen zwei Söhne: die Zwillinge Esau und Jakob. Von Anfang
an besteht eine Rivalität zwischen den Brüdern. Und als Isaak als sehr alter
Mann kaum noch sehen kann, bringt Jakob ihn mit einer List dazu, ihm den
Segen zu erteilen, der eigentlich dem erstgeborenen Sohn Esau vorbehalten
ist. Jakob muss vor Esau fliehen, auch wenn sie sich nach vielen Abenteuern
wieder versöhnen.
Eine berühmte Geschichte von Jakob erzählt, wie er eines Nachts einschläft.
Er träumt von einer Leiter, die von der Erde in den Himmel reicht, auf der
Gottes Engel hinauf- und herabsteigen. Gott spricht im Traum zu Jakob und
gibt ihm das gleiche Versprechen wie seinem Großvater Abraham: dass das
Land seinen Nachfahren gehören und sie ein großes Volk bilden würden.
„Der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht!“, sagt Jakob zu sich,
als er aufwacht. „Hier ist nichts anderes als das Haus
Gottes und das Tor des Himmels“. Mit „der Herr“ meint
Jakob Gott. Er nennt den Ort Bet-El, was auf Hebräisch
„Gotteshaus“ heißt. Später wird daraus eine bedeutsame
Stadt.
In einer anderen Geschichte ringt Jakob die ganze
Nacht mit einem Fremden, der sich als Engel Gottes
entpuppt, oder gar als Gott selbst. Jakob fragt den
Fremden nach seinem Namen, doch der will ihn nicht
verraten. Am Ende des Kampfes segnet er ihn und gibt
ihm einen neuen Namen: Israel. Das Bild eines Menschen
im Kampf mit Gott überrascht. Aber wie die Geschichte
von Abrahams Streit mit Gott zeigt sie, dass es nicht
einfach oder bequem ist, an Gott zu glauben. Es kann
ein Kampf, kann schmerzhaft sein. Die Geschichte von
Jakob will sagen, dass es am Ende aber Segen bringt.
Jakobs Traum, aus einem Gemälde des englischen
Künstlers William Blake aus dem frühen neunzehnten
Jahrhundert.
22
Jakob will Rahel heiraten, die
jüngere Tochter seines Onkels
Laban, für den er arbeitet. Laban
lässt ihn sieben Jahre für sich
arbeiten, bevor er der Hochzeit
zustimmt. Dann bringt er
ihn mit einer List dazu,
seine ältere Tochter Lea
zu heiraten. So wird der
listige Jakob einmal selbst
überlistet. Lea, Rahel und
ihre zwei Mägde schenken
Jakob insgesamt zwölf
Söhne. Ihre Nachkommen
sind die zwölf Stämme des
Volkes Israel. Zehn werden
nach Söhnen von Jakob
benannt und zwei nach
Ephraim und Manasse, den
beiden Söhnen Josefs. Der Stamm
Levi, der Priester Israels, die kein eigenes Land
besitzen, wird als zusätzlicher Stamm betrachtet.
Die Brüder Jakob und
Esau, versöhnt nach
jahrelanger Feindschaft.
Bet-El
Im frühen zwanzigsten Jahrhundert wurde Bet-El von Archäologen ausgegraben. Sie fanden
Belege für eine florierende Stadt
im mittleren Bronzezeitalter
(2000 –1500 v. Chr.), ungefähr zur
Zeit der Patriarchen Abraham,
Isaak und Jakob.
Die Ausgrabungsstätte Bet-El heute.
10
Die Reise nach Ägypten: Josef
Schlage nach
Josefs Geschichte:
Genesis 37– 50
Eine ägyptische Ernteszene aus
dem Grab des Mennah in Theben,
wahrscheinlich von 1390 v. Chr.
Dieses Wandgemälde aus dem Grab von KhnumHotep III. in Beni Hasan (ungefähr 1890 v. Chr.)
zeigt asiatische Reisende, die in „bunten
Gewändern“ nach Ägypten kommen.
Josef und der
bunte Rock
Im Buch Genesis heißt es, dass
Die folgenden Kapitel des Buches Genesis befassen sich mit einer der
längsten Geschichten im Alten Testament: der Geschichte Josefs. Wir wissen
nicht, wer sie geschrieben hat, aber sie hat die Dramatik und Spannung
eines guten Romans. Es wird die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der
durch seine Klugheit überlebt und zu hohem Rang im Königreich Ägypten
aufsteigt.
Josef ist der zweitjüngste von Jakobs zwölf Söhnen. Nur er und sein
jüngerer Bruder Benjamin stammen von Jakobs geliebter Rahel ab. Josef ist
Jakobs Lieblingssohn und seine älteren Brüder hassen ihn dafür. Eines Tages
verkaufen sie ihn an Sklavenhändler, die auf dem Weg nach Ägypten sind,
und erzählen Jakob, ein wildes Tier habe ihn getötet.
24
In Ägypten ist Josef Sklave des obersten Leibwächters im Palast. Die Frau
des Leibwächters will Josef in ihr Bett locken. Als er sich weigert, behauptet
sie, er habe sie zwingen wollen. Der Leibwächter lässt Jakob daraufhin ins
Gefängnis werfen. Doch als Jakob als Einziger die Träume des Pharaos
deuten kann, wird er wieder freigelassen. Die Träume künden eine furchtbare Hungersnot an und Josef wird mit dem Anlegen von Getreidevorräten
betraut, damit das Land nicht hungern muss.
Die Hungersnot erreicht auch das Land Kanaan und Jakob schickt seine
älteren Söhne aus, um in Ägypten Getreide zu kaufen. Sie kommen zu Josef,
erkennen ihn aber nicht. Josef lässt sie bei ihrem nächsten Besuch den
jüngsten Bruder Benjamin mitbringen. Diesmal wendet Josef eine List an:
sein Silberbecher wird in Benjamins Getreidesack entdeckt, sodass dieser
wie ein Dieb dasteht. Einer der Brüder, Juda, bietet sein Leben für das von
Benjamin. Josef ist zutiefst gerührt und gibt sich schließlich zu erkennen.
Er versöhnt sich mit seinen Brüdern und die ganze Familie zieht nach
Ägypten, wo Josef ihnen Land für ihre Schafe gibt und den
sehr alten Vater Jakob versorgt. So lebt die Familie Jakobs
(der auch Israel genannt wird) in Ägypten, fern des
Landes, das Gott Abraham versprochen hatte.
Jakob Josef einen Ärmelrock
schenkt. Das Hebräische ist ziemlich schwer zu übersetzen und
eine traditionelle Übersetzung ist
„bunter Rock“ oder auch „Mantelkleid“. Doch wie man es auch
nennt, es war eindeutig ein vornehmes Kleidungsstück und für
jemanden gedacht, von dem keine
harte Feldarbeit erwartet wurde wie
von den übrigen Söhnen Jakobs.
25
11
Sklaverei und Freiheit: Moses – 1
Schlage nach
Die Geschichte von Moses und
der Auszug aus Ägypten:
Exodus 1–15
Sklaven bei der Herstellung von Ziegeln.
Eine Wandmalerei aus einem Grab der
Noblen in Qurna, ungefähr 1400 v. Chr.
Die Städte von Ägypten
Im Buch Exodus heißt es, dass
die hebräischen Sklaven Pitom
und Ramses bauen. Historiker
wissen nicht, wo Pitom war,
aber Ramses lag wahrscheinlich
im Nildelta (wo der Nil ins
Mittelmeer mündet). Dort
entdeckte man einen Palast von
Pharao Ramses II. und andere
große Bauwerke. In Ramses II.
(manchmal auch „der Große“
genannt) vermutet man den
Pharao zur Zeit des
Exodus. Er herrschte
von 1279 bis ungefähr
1212 v. Chr. über
Ägypten und ist
berühmt für seinen
großen Sieg über die
Hethiter in Kadesch
am Orontes in Syrien
um 1286.
26
Das zweite Buch des Alten Testaments heißt Exodus (lateinisch „Auszug“).
Es handelt davon, wie das Volk Israel (oder die Hebräer, wie sie in diesem
Teil der Geschichte oft genannt werden) aus Ägypten flieht, wo es zu Sklaven
geworden ist.
Eine Weile leben Jakobs Söhne und ihre Familien friedlich in Ägypten.
Doch mit der Zeit bildet sich unter den Ägyptern Hass auf die Fremden in
ihrer Mitte. Nach dem Tod Josefs versklavt ein späterer Pharao (König) die
Hebräer und zwingt sie, die großen Städte Pitom und Ramses zu bauen.
Die Ägypter fürchten die Hebräer noch immer. Und so befiehlt der Pharao
die Tötung aller neugeborenen hebräischen Jungen. Eine Familie versteckt
ihr Neugeborenes in einem Binsenkörbchen am Nil. Dort entdeckt ihn
die Tochter des Pharao und nimmt ihn mit in ihren Palast. Er wird Moses
genannt und als Prinz großgezogen. Doch seiner Mutter wird
erlaubt, sich um ihn zu kümmern. Von ihr erfährt Moses,
dass die Hebräer sein eigentliches Volk sind.
Als erwachsener Mann wird Moses eines Tages Zeuge, wie ein Ägypter
einen hebräischen Sklaven tötet. Moses tötet daraufhin den Ägypter und
versteckt seine Leiche. Doch er wird dabei gesehen. Moses flieht in die Wüste
Sinai und wird Hirte. Eines Tages bemerkt er einen brennenden Dornbusch
auf dem Berg Sinai (auch Horeb genannt).
Und als er ihn ansieht, spricht Gott
zu ihm. Gott trägt ihm auf, nach
Ägypten zurückzukehren und das
Volk Israel aus der Sklaverei
ins Gelobte Land zu führen.
Moses schreckt vor dieser
Aufgabe zurück. Doch Gott
sagt, sein Bruder Aaron
werde ihm dabei helfen.
Gott nennt Moses
auch seinen Namen.
Sein Name, so Gott, sei
„ICH BIN DA“.
Moses und Aaron treten
vor den Pharao und bitten
ihn, das Volk Israel aus der
Sklaverei zu befreien und aus
Ägypten fortziehen zu lassen.
Wie zu erwarten, lehnt der Pharao
ab. Da schickt Gott Plagen über das
Land – Frösche, Stechmücken, Hagel; und
Dieser Ausschnitt zeigt Tutanchamun auf
der Jagd auf einer Kiste aus seinem Grab
das Wasser des Nils verwandelt sich in Blut.
im Tal der Könige und erinnert an die
Die letzte Plage tötet alle erstgeborenen Söhne
ägyptische Streitmacht, die den fliehenden Hebräern hinterhergeschickt wurde.
der Ägypter, so, wie der Pharao die Söhne
der Hebräer getötet hatte.
Moses ist überzeugt, dass der Pharao sie jetzt endlich ziehen lässt. Er
erklärt dem Volk Israel, dass es ein eiliges Mahl essen und sich zum Aufbruch
bereithalten soll. Die Todesplage trifft tatsächlich nur Ägypter. Das Volk Israel
wird verschont. Dieses eilige „Pascha“-Mahl (Pascha = „Vorübergang“ des
Herrn) wird nie vergessen und jedes Jahr als Fest in Erinnerung gerufen.
Das Volk Israel zieht aus Ägypten aus. Doch sofort bereut der Pharao seine
Entscheidung und schickt ein Heer von Streitwagen hinter ihm her. Dem
Volk Israel gelingt es, das Rote Meer (oder Schilfmeer) zu überqueren, wo
ihnen das Wasser einen Durchlass erlaubt. Die ägyptischen Streitwagen
jedoch bleiben stecken und viele der Soldaten ertrinken.
Das Volk Israel, geführt von Moses, macht sich nun auf die lange Reise
durch die Wüste, zurück nach Kanaan.
Das Paschamahl
Pascha (Pessach, „Vorübergang
des Herrn“) ist eines der drei
großen Feste im Alten Testament.
Die anderen beiden sind das
Wochenfest (Schawuot) und das
Laubhüttenfest (Sukkot, siehe
Kapitel 29). Jedes Frühjahr
wird das schnelle Mahl
nachgespielt, das Moses
dem Volk Israel
anordnete, bevor
sie aus Ägypten
entkamen. Das
Paschamahl besteht
aus Lamm und
ungesäuertem oder
nicht aufgegangenem Brot. Die Juden
feiern das jährliche
Pascha bis heute.
Das „letzte Abendmahl“, das Jesus mit
seinen Jüngern hielt
(siehe Kapitel 43 und 44),
war ein solches Paschamahl.
Der Name Gott
Gott offenbart Moses seinen
Namen: „ICH BIN DA“. Auf
Hebräisch hatte dieser Name
nur vier Buchstaben: JHWH,
gewöhnlich Jahwe ausgesprochen.
Auf Deutsch wurde der Name
teilweise auch – jedoch falsch –
als „Jehova“ wiedergegeben.
Dem Volk Israel war dieser Name
zu heilig, um ihn laut auszusprechen, deshalb sagten sie „der
Herr“. In deutschen Bibelfassungen
wird JHWH manchmal als Jahwe
wiedergegeben, meistens jedoch als
„der Herr“.
27
12
Schlage nach
Die Reise nach Kanaan:
Exodus 16 –19; 24; 32 – 40
In die Wüste: Moses – 2
Mit dem Auszug aus Ägypten sind die Probleme für die Hebräer allerdings
noch nicht vorbei. In der Wüste leiden sie unter Hunger und Durst. Das
Buch Exodus beschreibt, wie Gott sich um sie kümmert: Essbares („Manna“
genannt) fällt vom Himmel. Als die Hebräer der Durst plagt, lässt Gott Moses
mit seinem Stab auf den Fels klopfen und Wasser sprudelt daraus hervor.
Schließlich überqueren sie die Sinai-Halbinsel und kommen zum Berg Sinai,
wo Gott aus dem brennenden Dornbusch zu Moses gesprochen hat.
Moses besteigt den Berg und auf dem Gipfel gibt ihm
Gott die Vorschriften, nach denen das Volk Israel
leben soll. Ein großer Teil des Buches Exodus
behandelt diese Gesetze. Die „Zehn Gebote“
sind die bekanntesten von ihnen.
Sie wurden auf zwei Steintafeln
geschrieben.
Eine Truhe, die an Stangen getragen wurde, aus
dem Grab von Tutanchamun. So ähnlich hat
vielleicht die Bundeslade ausgesehen.
Die Bundeslade ist die heilige
28
V
3. Du sollst den Namen des Herrn,
deines Gottes, nicht missbrauchen.
4. Gedenke des Sabbats: Halte ihn
heilig!
5. Ehre deinen Vater und deine Mutter.
6. Du sollst nicht morden.
7. Du sollst nicht die Ehe brechen.
8. Du sollst nicht stehlen.
9. Du sollst nicht falsch gegen deinen
Nächsten aussagen.
10. Du sollst nicht nach dem Haus
deines Nächsten verlangen [. . .]
oder nach irgendetwas, das deinem
Nächsten gehört.
Die Bundeslade
Truhe, die das Volk durch die
Wüste trug und später in den
Tempel in Jerusalem brachte.
In Deuteronomium steht, dass die
zwei Steintafeln, auf denen die
Zehn Gebote standen, in dieser
Truhe lagen. Für das Volk Israel
war Gott immer dort, wo auch die
Bundeslade war. Als die Babylonier
586 v. Chr. Jerusalem eroberten,
wurde die Bundeslade entweder
aus dem Tempel verschleppt oder
zerstört. Später entstanden viele
Legenden darüber. Sie besagen, dass
die Bundeslade so lange versteckt
bliebe, bis Gott sein ganzes Volk
wieder aus dem Exil versammelt
und zurückgeführt habe (siehe
2 Makkabäer 2,4 – 8).
Gott gibt Moses außerdem Anweisungen, ein Zelt (oder „Tabernakel“) zu
Harte Strafe
bauen, das sein Volk auf seiner Reise mitnehmen soll. In diesem Zelt darf es
iele Strafen für Verstöße gegen
kein Bildnis von Gott geben wie in den Tempeln anderer Völker. Stattdessen
die Gesetze des Alten Testaments
soll dort eine Truhe stehen, die so genannte „Bundeslade“. Darin sollen die
erscheinen uns als sehr hart. Zum
Beispiel steht in Deuteronomium,
zwei Steintafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt werden.
dass eine Frau für Ehebruch mit
Doch als Moses vom Berg herabsteigt, hat das Volk Gott bereits vergessen
dem Tod bestraft werden soll. Viele
und verehrt stattdessen das goldene Bild eines Kalbs. In seinem Zorn zerbricht
antike und primitive Kulturen
Moses die Steintafeln. Doch das Volk bereut seine Taten und wendet sich
hatten strenge Gesetze. Die Strafen
Gott wieder zu. Nach Gottes Anleitung bauen sie den Tabernakel und
in anderen Ländern waren aber oft
die Bundeslade und schreiben neue Steintafeln. Gottes Geist erfüllt den
noch härter als die des Alten
Tabernakel und umhüllt ihn mit einer Wolke. Solange das
Testaments.
Dennoch wird
Volk Israel die Wolke sieht, weiß es, dass Gott da ist. Zieht
Die Zehn Gebote
an der Bibel oft
die Wolke weiter, setzen auch sie ihre Reise fort und
1. Du sollst neben mir keine anderen
kritisiert, dass
folgen Gott ins Land Kanaan.
Götter haben.
sie so harte
In den Büchern Levitikus, Numeri und Deuteronomium
2. Du sollst dir kein Gottesbild machen
Bestrafungen
gibt es weitere Gesetzesvorschriften. Sie belegen die
und keine Darstellung von irgendenthält.
etwas am Himmel droben, auf der
verschiedenen Epochen in der Geschichte Israels und
Christen sind
Erde unten oder im Wasser unter
nicht an alle
wurden nach und nach als das „Gesetz des Mose“
der Erde.
Gesetze des
zusammengetragen.
aus Exodus 20,3 –17
Diese angeschnittene
Innenansicht zeigt,
wie die Bundeslade
im Tabernakel
ausgesehen haben
könnte. Rundherum
sind die Zelte
des Volkes Israel
aufgeschlagen.
Mose gebunden.
Zum Beispiel
wurde in
Kapitel 8 erklärt,
dass sich zum
Christentum
bekehrte
Heiden nicht
beschneiden
lassen mussten,
obwohl das
Bestandteil des
mosaischen
Gesetzes ist.
Und nicht alle
mosaischen
Gesetze sind
hart. Viele sind
mitfühlend – und in vielem würden
Menschen aller Religionen und
Kulturen übereinstimmen. Gesetze
wie „Du sollst nicht töten” und
„Du sollst nicht stehlen” sind auch
heute noch Bestandteil dessen, was
als internationales Recht gilt.
29
13
Rückkehr nach Kanaan: Josua und die Richter
Schlage nach
Josua führt den Angriff
auf Jericho an:
Josua 6
Jaël tötet Sisera:
Richter 4
Gideon schlägt die Midianiter:
Richter 7
Simson und die
Philister:
Richter 14 –16
Die Wahl des
Königs:
siehe Kapitel 15
Der berühmte Richter Gideon
führt einen Angriff gegen die
Midianiter. Dieses assyrische
Relief (ungefähr 645 v. Chr.)
zeigt Midianiter-Soldaten
auf Kamelen.
Josuas letzte Rede
„Wenn es euch aber nicht gefällt,
dem Herrn zu dienen, dann entscheidet
euch heute, wem ihr dienen wollt: den
Göttern, denen eure Väter jenseits des
Stroms dienten, oder den Göttern der
Amoriter, in deren Land ihr wohnt.
Ich aber und mein Haus, wir wollen
dem Herrn dienen.”
Moses selbst setzte nie einen Fuß in das Gelobte Land. Nach vierzig Jahren
Wanderung, so steht es im Buch Numeri, erreicht das Volk Israel den Jordan,
die Grenze zu Kanaan. Doch während der langen Wanderung ist sogar Moses
einmal ungehorsam Gott gegenüber; Gott sagt ihm, dass er das Land selbst
nie betreten werde. Vom Gipfel eines Berges aus sieht Moses das Land, zu
dem er das Volk geführt hat. Dort stirbt er und wird begraben, aber, so heißt
es im Deuteronomium, „bis heute kennt niemand sein Grab“.
Nach Moses’ Tod führt Josua das Volk an. Das Buch Josua erzählt davon,
wie sie den Jordan überqueren und das Land
nach und nach einnehmen, denn Kanaan
ist nicht unbewohnt. Es sind bereits andere
Völker dort ansässig. Eine der bekanntesten
Erzählungen aus dem Buch Josua ist die
Eroberung der Stadt Jericho. Sieben Tage lang
marschieren die Israeliten um die Mauern von
Jericho und tragen die Bundeslade. Am siebten
Tag stoßen alle Priester in die Hörner, das Volk
stimmt ein Kriegsgeschrei an – und die Mauern
von Jericho stürzen ein. Die Stadt ist wehrlos
und wird schnell eingenommen. Außer einer
Frau namens Rahab und ihrer Familie, die
einigen israelitischen Kundschaftern geholfen
hat, werden alle Menschen in Jericho
umgebracht. Einige Städte werden von den
Israeliten erobert, Bewohner von anderen Städten werden überzeugt, sich
ihnen anzuschließen.
So siedelt das Volk Israel schließlich wieder in Kanaan. Bevor es Könige
hat, wird das Land von Richtern regiert. Von diesen Zeiten erzählt das Buch
der Richter. Die drei bekanntesten Richter waren Debora, Gideon und
Simson.
Debora ist eine starke Herrscherin. Unter ihr erringt das israelitische Heer
einen großen Sieg über das Heer der Kanaaniter. Der kanaanitische Heerführer
Sisera flieht vom Schlachtfeld und wird von Jaël, einer anderen tapferen Frau,
getötet: Sie treibt ihm einen Pflock in die Schläfe, als er erschöpft am Boden
liegt.
Gideon ist für seinen gewagten Angriff gegen die Midianiter bekannt.
Er besiegt sie mit einem kleinen Heer von ausgewählten Soldaten und einer
geschickten Einschüchterungstaktik.
Simson ist legendär für seine ungeheuerliche Kraft, die er einsetzt, um die
Philister zu besiegen. Doch Simson liebt Delila, die von den Philistern bezahlt
wird. Es gelingt ihr, ihm das Geheimnis seiner Kraft zu entlocken: Seine
Eltern hatten ihn bei seiner Geburt Gott geweiht und als Zeichen dafür
versprochen, ihm niemals die Haare zu schneiden. Eines Tages schneidet
ihm Delila im Schlaf das lange Haar ab – und Simson verliert seine Kraft.
Die Philister nehmen ihn gefangen, blenden ihn und stellen ihn bei einem
Fest als Attraktion aus. Doch mit einer letzten Kraftanstrengung zerschlägt
er die Säulen des Hauses und es stürzt über seinen Feinden zusammen.
Ist Gott wirklich so?
In diesem Teil des Alten
Testaments befiehlt Gott dem Volk
Israel nicht nur, die ansässigen
Völker aus Kanaan zu vertreiben,
sondern auch, sie zu töten. Es ist
ein furchterregendes Bild eines
Gottes, der Massaker befiehlt –
noch schlimmer als in der
Geschichte der Sintflut (siehe
Kapitel 7).
Das Gottesbild ändert und
entwickelt sich jedoch im Laufe der
Zeit. Für die Israeliten wandelt er
sich vom blutrünstigen Gott eines
Volkes zum Herrn der ganzen
Erde und schließlich zum Gott für
alle Menschen. Dieser Wandel
spiegelt sich zum Beispiel in den
Geschichten von Abraham, Ijob,
Jesaja und Jona wider.
In der christlichen Lehre kommt
der Wandel im Gottesbild mit dem
Leben Jesu zur Vollendung. Die
Entwicklung des Gottesbildes ist
eines der wichtigsten Themen der
Bibel.
Aus archäologischer Perspektive
ist es umstritten, ob eine gewaltsame Invasion des Landes
Kanaan jemals stattgefunden
hat. Die frühen Israeliten waren
vielleicht weniger mörderisch, als
sie es in ihren eigenen Geschichten
darstellen!
Das kanaanitische Heer von
Streitwagen wurde am Fluss
Kischon von den Israeliten
besiegt (Richter 4).
Josua 24,15
Ein Ausblick über das heutige
Jericho und das Jordantal.
30
31
14
Ein Mädchen sucht Asyl: Rut
Moab
An anderer Stelle des Alten Testaments werden Kriege
Schlage nach
Ruts Geschichte:
Rut 1– 4
Die Regelung der Nachlese:
Levitikus 19,9 –10
König David:
siehe Kapitel 16
Ruts Versprechen
an Noomi
R
ut antwortete: „Dränge mich nicht,
dich zu verlassen und umzukehren.
Wohin du gehst, dahin gehe auch ich,
und wo du bleibst, da bleibe auch ich.
Dein Volk ist mein Volk und dein Gott
ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe
auch ich, da will ich begraben sein.
Der Herr soll mir dies und das
antun – nur der Tod wird mich
von dir scheiden.”
Rut 1,16 –17
32
zwischen Israel und Moab erwähnt. Deswegen überrascht
es umso mehr, dass David von einer jungen Moabiterin
abstammt. Moab lag östlich des Toten Meeres (im heutigen
Jordanien). Kemosch, der Gott der Moabiter, wird mehrfach
im Alten Testament erwähnt. 1868 wurde eine Stele (eine
Steintafel mit Inschrift) entdeckt. Die Inschrift stammt
von König Mescha von Moab (siehe 2 Könige 3) und dankt
Kemosch für den Sieg über seine Feinde.
Die Geschichte von Rut ist ein stiller Kontrast zu den blutigen Schlachten
im Buch der Richter. Viele Bibelgeschichten handeln von Männern (normalerweise von den Männern Israels). Das Buch Rut ist die Geschichte zweier
Frauen. Und eine von ihnen ist eine Fremde. Manche Bibelgeschichten
erzählen von Wundern, erstaunlichen Begebenheiten, die Gott geschehen
lässt. Das Buch Rut ist eine Geschichte von Menschen, die an Gott glauben.
Doch Gott selbst tritt nicht in Erscheinung. Sie bewältigen ihr Leben in
schwierigen Zeiten, treffen ihre Entscheidungen nach bestem Gewissen
und versuchen, ihr Glück zu finden. Die große Überraschung am Ende der
Geschichte ist, dass Ruts Kind der Großvater des Jungen ist, der einmal
der wichtigste König in der Geschichte Israels sein wird: König David.
Also stammt der größte König Israels von einem mittellosen Mädchen ab,
das in einem fremden Land um Asyl bat.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang, als ein Israelit während einer
Hungersnot in Israel ins Nachbarland Moab zieht, um dort Arbeit und Brot
zu finden. Er nimmt seine Frau Noomi und ihre beiden Söhne mit. Die Söhne
heiraten die zwei Moabiterinnen Orpa und Rut. Doch der Vater und die zwei
Söhne sterben – und die drei Frauen bleiben allein zurück. Noomi entscheidet,
ins Land der Israeliten heimzukehren, um dort nach ihren Verwandten zu
suchen. Rut begleitet sie.
Rut ist ihrer Schwiegermutter Noomi treu ergeben. „Wohin du gehst,
dahin gehe auch ich“, sagt sie. „Wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein
Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott.“ Die beiden
ziehen in Noomis Heimatstadt Betlehem. Die Ernte hat
soeben begonnen und Rut sieht sich nach Arbeit in den
Feldern um. Ein Gesetz im Buch Levitikus bestimmt,
dass arme Menschen die Felder nach der Ernte
nachlesen dürfen, das heißt: Sie dürfen die
Ähren aufsammeln, die von den Schnittern
übriggelassen werden. Auf diese
Weise konnten sich Arme
und Fremde Nahrung
beschaffen.
Das Kind aus Betlehem
Ruts Geschichte hat eine besondere Bedeutung für
„Betlehem” bedeutet
„Haus des Brotes”.
Das Wort für „Haus”
steckt auch im Ortsnamen Bet-El, das
„Haus Gottes” bedeutet.
Christen: Jesus gehörte zur Familie des Königs David (und
damit zu Ruts Familie). Ruts Sohn kommt in Betlehem
zur Welt, genauso wie später König David und auch Jesus.
Das Buch Rut erzählt, wie die Leute von Betlehem Rut
aufnehmen und die Geburt ihres Kindes feiern. Das Lukasevangelium erzählt, wie die Hirten von Betlehem zu Maria
gingen, um ihren neugeborenen Sohn Jesus zu begrüßen.
Rut arbeitet in den Feldern eines reichen Mannes namens Boas. Er bemerkt
die junge Frau und weist seine Männer an, viel Getreide für ihre Nachlese
übrigzulassen. Rut erzählt Noomi von den Erlebnissen ihres Tages
und nennt ihr den Namen des Bauern. Da fällt Noomi auf, dass er
zu ihrer Familie gehört. Noomi hält Rut an, sich den Landarbeitern anzuschließen, wenn sie nachts alle zusammen
im Stall schlafen. Dort soll sie Boas zur richtigen Zeit daran
erinnern, dass er ein naher Verwandter ist und sich um sie
kümmern sollte. Boas möchte Rut gerne heiraten, doch ein
Problem taucht auf: Es stellt sich heraus, dass Noomi noch
einen näheren Verwandten als Boas hat. Gemäß dem
damaligen Brauch muss Boas erst ihn fragen, ob er Rut
heiraten möchte. Doch der andere Verwandte lehnt ab und
Boas und Rut können heiraten. Rut bringt einen kleinen
Jungen zur Welt. Noomi hilft bei der Erziehung. Der Junge
wächst in Betlehem auf. Und so auch sein Sohn Isai und
dessen Sohn David.
An viel späterer Stelle in der Bibel wird Josef, ein Nachfahre von Rut, seine Frau Maria nach Betlehem bringen. Dort
wird ihr Kind geboren, und die Feldarbeiter von Betlehem
dürfen sich einmal mehr über die Geburt eines Kindes
freuen.
Die Inschrift auf der Mescha-Stele (auch
Moabiterstein genannt), gefunden 1868,
stammt von König Mescha
von Moab.
Auch Rut kam
aus Moab.
33
15
Die Wahl des Königs: Samuel und Saul
Schlage nach
Gott ruft den jungen Samuel:
1 Samuel 3
Das Volk verlangt
einen König:
1 Samuel 8
Saul wird zum König gesalbt:
1 Samuel 16
Wie soll der König sein?
I
m Buch Deuteronomium, das zur
Zeit des Mose spielt, wird bereits
angekündigt, dass das Volk Israel
eines Tages nach einem König
verlangen könnte. Doch wenn sie
einen König haben, so heißt es im
Buch Deuteronomium, muss er
nach dem Gesetz regieren. Der
König steht nicht „über” dem
Gesetz. Er kann nicht tun, was er
will. Die Vorstellung von einem
König, der an das Gesetz gebunden
ist, überrascht in dieser Zeit:
Andere Kulturen brauchten
sehr lange, um auf den
Stand des Alten
Testaments zu
kommen.
34
D
er letzte große Richter ist Samuel. Zu seiner Zeit wird die Bundeslade
an einem Ort namens Schilo aufbewahrt. Dort wächst Samuel auf. Als
Neugeborener wird er Gott geweiht und als junger Mann in Gottes Dienst
gerufen. Samuel ist Richter, Priester und Prophet zugleich. Doch nach Jahren
unter der Regierung verschiedener Richter will das Volk nun einen
Kriegskönig wie andere Völker.
Der Anfang des ersten Buches Samuel erzählt, wie Samuel das Volk davor
warnt, einen König zu ernennen. Doch schließlich befiehlt Gott Samuel, einen
starken Mann namens Saul auszuwählen. Samuel salbt Saul mit Öl, als
Zeichen, dass er jetzt König ist. Gott befiehlt Saul, gegen den Nachbarstamm
der Amalekiter in die Schlacht zu ziehen und ihn vollständig zu vernichten.
Doch Saul schont das Leben des Königs der Amalekiter und die besten seiner
Schafe und Rinder. Gott ist wütend auf Saul, weil er nicht gehorcht hat. Und
er befiehlt Samuel, einen anderen König auszusuchen. Samuel erwählt David,
den jüngsten Sohn von Isai, der aus Betlehem kommt. Er salbt David zum
Zeichen dafür, dass er nach Sauls Tod König sein wird.
Als erster König von Israel hatte Saul
keine Hauptstadt. In 1 Samuel 11
wird Sauls Haus in Gibea erwähnt,
im Stammesgebiet Benjamin, im
Norden von Jerusalem. Archäologische
Ausgrabungen haben mehrere Gebäude
in mehreren Schichten an diesem Ort
freigelegt, inklusive einer Festung mit
Türmen und Mauern aus der Zeit
um Saul. Saul lebte weiterhin inmitten
seines Stammes Benjamin. Seine
Familie verdiente ihren Lebensunterhalt
wahrscheinlich mit Landarbeit.
Samuel wird berufen
In 1 Samuel 1 wird beschrieben, wie Samuel als Neugeborener von seinen
Eltern Gott geweiht wird und in Schilo aufwächst, wo die Bundeslade
aufbewahrt wird. Samuel dient dem Priester Eli, der die Bundeslade hütet.
Eli ist sehr alt und hat zwei Söhne, die sich nicht an Gottes
Gesetz halten. Eines Nachts hört der junge Samuel,
wie Gott ihn beim Namen ruft. Er glaubt, es
sei Eli. Also geht er zu ihm, um sich zu
erkundigen, was er will. Zweimal sagt ihm
Eli, er solle sich wieder hinlegen; doch
beim dritten Mal erkennt Eli, dass
Samuel von Gott gerufen wird. Also
trägt er Samuel auf zu antworten:
„Rede, Herr; denn dein Diener hört.”
Als Gott ihn erneut ruft, sagt Samuel:
„Rede, denn dein Diener hört”, und
Gott sagt ihm, dass Elis Söhne ihm
niemals dienen würden. Als Samuel
größer wird, erkennen alle, dass Gott
zu ihm spricht, und sie erwählen ihn zum
Richter. Der alte Eli stirbt und seine zwei Söhne
kommen in der Schlacht ums Leben.
Gesalbte Könige
D
ie Könige des Alten Testaments
wurden mit Öl gesalbt: Das war
das Zeichen, dass sie Könige
waren, obwohl auch Priester
gesalbt wurden. Auf Hebräisch
heißt „gesalbt” mashiah, wovon
sich das deutsche Wort „Messias”
herleitet. Als die Menschen zur
Zeit Jesu auf einen Messias
hofften, erwarteten sie einen
„gesalbten König”. Das griechische
Wort für „gesalbt” ist christos,
von dem unser Wort „Christus”
abstammt. Also bedeutet „Jesus
Christus” Jesus, der Messias, oder
Jesus, der gesalbte König.
35
16
Schlage nach
Die Geschichte Davids:
1 Samuel 16 – 31; 2 Samuel 1– 24,
1 Könige 1– 2,12
Davids schlimmstes
Vergehen . . .
Davids schlimmstes Vergehen
ist, einen Soldaten namens Urija
töten zu lassen, weil er sich in
seine Frau Batseba verliebt hat.
Von seinem Flachdach aus
erblickt David Batseba beim
Baden. Sie wird von ihm
schwanger und David gibt
den geheimen Befehl, Urija in
der nächsten Schlacht an die
gefährlichste Stelle zu stellen.
Die anderen Soldaten sollen sich
zurückziehen und Urija ohne
Deckung stehen lassen. Als
Urija tot ist, heiratet David
Batseba. Ihr Kind stirbt, doch
später gebiert Batseba David
einen zweiten Sohn: Salomo.
Der mutige Natan kommt
zu David und erzählt ihm eine
Geschichte. Sie handelt von
einem reichen Mann, der alles
hat, was er braucht, und einem
armen, der nur ein kleines
Lamm besitzt. Dennoch nimmt
der reiche Mann dem Armen
sein Lamm. David wird sehr
wütend und droht, den reichen
Mann zu bestrafen. Doch Natan
sagt zu ihm: „Du selbst bist
der Mann.” Da erkennt David,
welch schlimmes Vergehen er
begangen hat.
36
Der große König: David
David gilt als der größte König Israels und beliebtester Held des Alten
Testaments. Er regierte ungefähr tausend Jahre vor Jesu Lebzeit. Außerhalb
der Bibel ist wenig über ihn bekannt, obwohl Archäologen 1993 eine Inschrift
in Galiläa fanden, die sowohl das „Haus David“ als auch den „König von
Israel“ erwähnt. Sie stammt aus einer Zeit hundert Jahre nach seiner
Regierungszeit. In der Bibel erzählt ein unbekannter Schriftsteller, einer
der hervorragendsten Autoren der Antike, von David.
Die Geschichte dieses anonymen Schriftgelehrten steckt voller Abenteuer.
Die berühmteste Geschichte über David ist die von seinem
Kampf gegen den Riesen Goliat. Goliat ist ein Soldat der
Philister und fast drei Meter groß. Keiner der israelitischen
Soldaten will es mit ihm aufnehmen, doch David, der
gerade mal ein Junge ist, tötet ihn mit seiner
Steinschleuder. David wird für das Volk Israel zum Helden.
Er ist ein enger und ergebener Freund Jonatans, des
Königssohns. König Saul ist furchtbar eifersüchtig und
versucht, David zu töten. Doch er entkommt mit einer
Gruppe von Anhängern in die Wüste. Saul und Jonatan
sterben beide in der Schlacht. Davids Wehklage über diesen
Verlust ist eine der poetischsten Stellen der Bibel.
Dann wird David König und regiert das Volk streng, aber
nicht immer gut. Er verliebt sich in die Frau einer seiner
Kommandeure und fädelt es so ein, dass dieser in der
Schlacht getötet wird, damit er seine Frau heiraten kann.
Abschalom, einer seiner Söhne, lehnt sich gegen ihn auf.
Er wird in der Schlacht besiegt und dann getötet, als er mit
seinem langen Haar in einem Baum hängen bleibt. David
trauert um Abschalom, wie er auch um Saul getrauert
hatte, obwohl er sie beide bezwungen hat. David entreißt
die Stadt Jerusalem der Herrschaft des Stammes der
Jebusiter und macht sie zu seiner Hauptstadt. Er besiegt
die Philister und schafft Frieden für sein Volk.
Der unbekannte Autor erzählt die Geschichte von Davids
Kindheit in Betlehem bis zu seinem Lebensabend in
Goliat war Soldat der
Philister. Diese Figur
Jerusalem. Er beschreibt Davids Leistungen, ohne sie zu
eines Philisters stammt
verklären, und seine Schwächen, ohne sie zu beschönigen.
aus dem Tempel von
Ramses III., Pharao von
Das macht die Geschichte umso faszinierender.
1187 bis 1156 v. Chr.
In den nun folgenden turbulenten Jahrhunderten blickt
das Volk auf Davids Regierungszeit zurück wie auf ein
goldenes Zeitalter. Es klammert sich an Gottes Versprechen, das der Prophet
Natan David verkündet (2 Samuel 7,16): „Dein Haus und dein
Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein
Thron soll auf ewig Bestand haben.“ Später sagt der Prophet
Jesaja: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein
Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln
bringt Frucht“ (Jesaja 11,1). Das wurde als
Versprechen verstanden, dass es eines Tages
einen neuen König in Israel geben
würde, der das Königreich von David
wiederherstellt. So eine Person
wäre wie David ein von Gott
Gesalbter – der Messias.
David tanzt vor der Bundeslade, als sie in seine neue
Hauptstadt Jerusalem getragen
wird.
B E TRE HOB
GE SCHUR
ISRAE L
Jerusalem
Betlehem
J UDA
AM M ON
Tot e s
Meer
M OAB
E D OM
Juda und Israel
von David eroberte Gebiete
David ist dafür bekannt, dass er die Grenzen
Israels ausweitete und Jerusalem zu seiner
Hauptstadt machte. Diese Größe erreichte
das Königreich später nie mehr.
Davids beste Tat
Eine von Davids großmütigsten
Handlungen betrifft den Sohn
seines geliebten Freundes Jonatan,
den Sohn von König Saul. Nachdem Saul und Jonatan in der
Schlacht ums Leben gekommen
sind, wird ein Sohn von Jonatan
zum König von Israel ernannt.
Es kommt zu weiteren Kämpfen
zwischen seinen Anhängern und
dem Heer Davids. Jonatans Sohn
wird von Davids Männern besiegt
und ermordet. Doch Jonatan hat
noch einen anderen Sohn, MeribBaal, der gerade mal fünf Jahre alt
ist und auf der Flucht vor Davids
Männern so verletzt wird, dass
seine Beine für immer gelähmt
bleiben. Als überlebender Enkel
von König Saul hätte man ihn
zum König ausrufen können und
für David wäre es am sichersten
gewesen, ihn ebenfalls umbringen
zu lassen. Doch in Gedenken an
seinen Vater Jonatan erbarmt sich
David. Er holt Merib-Baal in seinen
Palast und sorgt für den
Rest seines Lebens
für ihn.
37
17
Die Lieder des Königreichs: Die Psalmen
Schlage nach
Ein Freudenpsalm:
Psalm 1
Ein Klagepsalm:
Psalm 51
Ein Psalm des Vertrauens:
Psalm 84
Ein Psalm der Dankbarkeit:
Psalm 104
Das Buch der Psalmen enthält
Ein Beispiel aus Psalm 24:
Der bekannteste Psalm:
Psalm 23
Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis
und seine Bewohner.
D
er Herr ist mein Hirte, nichts wird
mir fehlen.
Denn er hat ihn auf Meere gegründet, ihn über Strömen
befestigt.
die Loblieder des Alten Testaments.
Ein „Psalm“ ist ein Lied, das zur
Harfe gesungen wird. Einige der
Psalmen wurden für mehrere
Sänger geschrieben – vielleicht
Hunderte von Pilgern, die den
Tamburin, Flöte und Posaune
Tempel besuchten. Andere sind für
einzelne Personen gedacht. Manche sind Loblieder, andere drücken Klage
oder Reue aus oder sind Bitten an Gott in Zeiten der Not. Einige sind
Gebete für den König und besingen zum Beispiel den Sieg in der Schlacht.
In den Psalmen kommen Glück, Hoffnung, Zorn und Verzweiflung
zum Ausdruck. Die Verfasser der Psalmen hatten keine Scheu, Gott
ihre Gefühle zu zeigen.
Die Psalmen stammen aus verschiedenen Zeiten und von
verschiedenen Verfassern. Einige heißen „Psalmen Davids“.
Andere werden Salomo oder anderen Persönlichkeiten
zugeschrieben. Es ist leicht, sich vorzustellen, wie
König David (der sowohl Hirtenjunge als auch
Harfenspieler war) den berühmtesten Psalm singt,
der mit den Worten „Der Herr ist mein Hirte“
beginnt (Psalm 23).
In vielen Psalmen wird die Aussage einer
Zeile in der nächsten noch mal aufgenommen
Schalmeien
und in anderen Worten wiederholt.
und Schofar
Er lässt mich lagern auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz am
Wasser.
Wer darf hinaufziehn zum Berg des Herrn, wer darf stehn
an seiner heiligen Stätte?
Er stillt mein Verlangen.
Der reine Hände hat und ein lauteres Herz, der nicht
betrügt und keinen Meineid schwört.
Er leitet mich auf rechten Pfaden, treu
seinem Namen.
Er wird Segen empfangen vom Herrn und Heil von
Gott, seinem Helfer.
Muss ich auch wandern in finsterer
Schlucht, ich fürchte kein Unheil;
denn du bist bei mir, dein Stock und
dein Stab geben mir Zuversicht.
Das sind die Menschen, die nach ihm fragen, die dein
Antlitz suchen, Gott Jakobs.
Auf diese Weise blieben die
Psalmen leichter im Gedächtnis,
denn die Leute, die sie
ursprünglich sangen, mussten
sie auswendig lernen. Auch
heute werden die Psalmen in
jüdischen und christlichen
Gottesdiensten gesungen und
bieten ein Gebet für jede
Stimmung und Gelegenheit.
Du deckst mir den Tisch vor den Augen
meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst
mir reichlich den Becher.
Lauter Güte und Huld werden mir
folgen mein Leben lang und im Haus
des Herrn darf ich wohnen für lange
Zeit.
David ging als König und
Musiker in die Geschichte
ein, als „Lieblingsheld der
Lieder Israels“.
Jesus und die Psalmen
Jesus wuchs mit den Psalmen auf. Er liebte sie und zitierte sie oft. Am Kreuz
Ei B
Ein
Buntglasfester
l f
iin dder K
Kathedrale
h d l von
Chichester von Marc Chagall (1978)
illustriert Psalm 150, ein Loblied. Es zeigt
alle Musikinstrumente, die in dem Psalm
erwähnt werden, und auch die Menora,
den siebenarmigen Leuchter.
Lyra
sprach er die Anfangsworte von Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warum
hast du mich verlassen?“ Die ersten Christen sangen die Psalmen in ihren
Gottesdiensten, denn in vielen Psalmen sahen sie Hinweise auf Jesus. So
heißt es zum Beispiel in Psalm 8:
Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst,
des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?
Rassel,
Klanghölzer,
Harfe und
Zimbeln
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott,
hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.
Zimbeln und Panflöte
38
Das erinnerte die ersten Christen an Jesus, der oft „der Menschensohn“
genannt wurde.
Schafe grasen an einem stillen See.
39
18
Der weise König: Salomo
Davids Nachfolger ist sein Sohn Salomo. Salomos Mutter ist Batseba, die
Schlage nach
Die Herrschaft Salomos:
1 Könige 1–11
Die Weisheitsbücher:
siehe Kapitel 19
Das Buch der Weisheit:
siehe Kapitel 33
Salomos Tempel
D
er Tempel von Salomo wird in
1 Könige 6 – 8 beschrieben. Daher
wissen wir, dass es ein rechteckiges
Gebäude war, circa 30 Meter lang,
15 Meter hoch und 10 Meter breit.
Vorgelagert war die Halle vor dem
Hauptraum (der ’Ulam), flankiert
von zwei Bronze-Säulen. Drinnen
gab es zwei Räume. Der erste war
„das Heilige“ (der Hikhal). Hier
stand ein Altar, auf dem morgens
und abends Weihrauch verbrannt
wurde. Der hintere Raum war „das
Allerheiligste“ (das Debir). Hier
wurde die Bundeslade in
vollkommener Dunkelheit
aufbewahrt. Die Deckplatte der
Lade, flankiert von zwei
„Kerubim“, also zwei Engeln,
betrachtete man als den Thron
Gottes.
David zur Frau nahm, nachdem er ihren Mann in der Schlacht umkommen
ließ. Salomo wächst an einem Hof voller Verschwörungen und Intrigen auf.
Er lernt, listig und weise zu sein. Das Erste Buch der Könige erzählt, wie
Salomo durch kluges Vorgehen sein Königreich stärkt. Er fördert den Handel
mit anderen Ländern und vergrößert und verschönert Jerusalem. Salomo
hat viele Ehefrauen, auch Frauen aus anderen Ländern, wofür er später von
den Verfassern des Alten Testaments kritisiert wird. Die Tat, für die er heute
wohl am meisten im Gedächtnis geblieben ist, ist der Bau des Tempels
in Jerusalem – mit einem festen Standort für die Bundeslade.
Vor allem aber ist Salomo für seine „Weisheit“ bekannt,
die sich zum Beispiel in der berühmten Geschichte
über zwei sich streitende Frauen zeigt:
Jede hat ein Baby. Doch eines ist in
der Nacht gestorben. Nun streiten
sich die Mütter um das
40
Die Menora, der goldene siebenarmige
Leuchter, stand als Zeichen der Anwesenheit
Gottes im Tempel.
Psalm 122
5
Psalm 122 ist ein Loblied auf
Gott, das die Pilger singen, die
den Tempel besuchen.
Ich freute mich, als man mir sagte:
„Zum Haus des Herrn wollen wir
pilgern.“
7
6
4
Schon stehen wir in deinen Toren,
Jerusalem: Jerusalem, du starke
Stadt, dicht gebaut und fest gefügt.
Dorthin ziehen die Stämme hinauf,
die Stämme des Herrn, wie es Israel
geboten ist, den Namen des Herrn
zu preisen.
8
Denn dort stehen Throne bereit für
das Gericht, die Throne des Hauses
David.
3
Eine Rekonstruktion
von Salomos Tempel.
1. Das „Meer“ aus Bronze
2. Der Altar
3. Die Vorhalle
4. Das Heilige
5. Das Allerheiligste
6. Die Bundeslade
7. Die Kerubim
8. Die Menora
Baby, das noch lebt. Salomo befiehlt, das Kind in zwei Teile zu hacken! Eine
Frau stimmt zu, da dies schließlich gerecht sei. Auf diese Weise hätte keine ein
ganzes Kind. Die andere Frau schreit entsetzt auf und bittet den König, das
Kind der ersten Frau zu geben, anstatt es zu töten. Da weiß Salomo: Die
zweite Frau ist die wirkliche Mutter des Kindes und er gibt es ihr zurück.
Die Leute kamen von nah und fern an seinen Hof. „So übertraf König
Salomo alle Könige der Erde an Reichtum und Weisheit“, heißt es im ersten
Buch der Könige und: „Alle Welt begehrte ihn zu sehen und die Weisheit zu
hören, die Gott in sein Herz gelegt hatte.“
Sein berühmtester Gast war die Königin von Saba.
1
2
Wir wissen nicht, wo Saba lag, aber
wenn es das Land der Sabäer ist, das
ebenfalls in der Bibel erwähnt wird, lag es
wahrscheinlich auf der südlichen
arabischen Halbinsel. Wegen der ihm
nachgesagten Weisheit ist Salomo
Namensstifter mehrerer Weisheitsbücher
und des „Buches der Weisheit“ oder der
„Weisheit Salomos“ im Alten Testament.
Erbittet für Jerusalem Frieden!
Wer dich liebt, sei in dir geborgen.
Friede wohne in deinen Mauern,
in deinen Häusern Geborgenheit.
Wegen meiner Brüder und Freunde
will ich sagen: In dir sei Friede.
Wegen des Hauses des Herrn, unseres
Gottes, will ich dir Glück erflehen.
41
19
Die Sprüche der Weisen: die Weisheitsbücher
Schlage nach
Ein Gedicht als Lob
der Weisheit:
Sprichwörter 8
Ein Liebesgedicht:
Hohelied 8
Klage über die Mühen
des Alterns:
Kohelet 11,9 –12,8
Das Buch Kohelet
I
m Buch Kohelet wird das Leben
als kurz und manchmal freudlos
dargestellt. Das Buch Kohelet
ist geradezu das Gegenteil vom
Hohelied. Die Anfangsworte sind:
„Windhauch, Windhauch,
sagte Kohelet, Windhauch,
Windhauch, das ist alles
Windhauch.“ Dennoch
steckt es voller „Weisheit“
und endet mit dem Rat:
„Fürchte Gott und achte
auf seine Gebote!
Das allein hat jeder
Mensch nötig.“
Der Begriff „Weisheit“ hat im Alten Testament viele Bedeutungen. Er
bezeichnet das Wissen darüber, wie man das Beste aus seinem Leben macht.
Er bezeichnet Menschenkenntnis, mit der man Leute anleiten und für sich
gewinnen kann. Er bezeichnet das Talent eines Künstlers oder Handwerkers.
Weisheit bedeutet, alles einzusetzen, was Gott dem Menschen gegeben hat.
Im Alten Testament kommt die Weisheit von Gott und wird erworben,
indem man sich mit Gott auseinandersetzt. „Die Furcht des Herrn ist der
Anfang der Weisheit; alle, die danach leben, sind klug“ (Psalm 111,10).
Das Alte Testament enthält Weisheit in Form von Sprichwörtern. Das
sind kurze Sätze, leicht zu merken, die von Generation zu Generation
weitergegeben werden. Hier ein paar Beispiele: „Ein Zuchtloser ist der Wein,
ein Lärmer das Bier; wer sich hierin verfehlt, wird nie weise“ (Sprichwörter
20,1). „Manche Freunde führen ins Verderben, manch ein lieber Freund ist
anhänglicher als ein Bruder“ (Sprichwörter 18,24). „Liebe nicht den Schlaf,
damit du nicht arm wirst; halte deine Augen offen und du hast Brot genug“
(Sprichwörter 20,13). „Geheimnisse verrät, wer als Verleumder
umhergeht. Darum lass dich nicht ein mit einem
Schwätzer!“ (Sprichwörter 20,19). Weitere Sprichwörter
finden sich im Buch der Weisheit und im Buch Jesus
Sirach.
„Jede Arbeit
bringt Erfolg . . .“
Weisheit brauchten alle, die für den König arbeiteten. Jeder königliche Hof
hatte seine Hofbeamten – Würdenträger, die mit der Verwaltung des Königreichs betraut waren. Viele der „Lehrweisheiten“ im Alten Testament
stammen von diesen Hofbeamten. Zum Beispiel wurde das Kapitel 25 aus
dem Buch der Sprichwörter von den „Männern Hiskijas, des Königs von Juda,
gesammelt“. Diese Schriften weisen starke Ähnlichkeit mit den Schriften des
alten Ägyptens auf.
Auch Geschichten über die „Weisen“ waren
beliebt. Im Buch Genesis wird Josef als
vorbildlicher „weiser Mann“
dargestellt, der am königlichen
Hof dient, seinen Verstand
einsetzt und mit Menschen
umzugehen weiß. Daniel
überlistet die babylonischen
Weisen, weil er weiser ist
als sie. In 2 Samuel und
1 Könige geht es um das
Leben am Hof von
König David und
König Salomo und
um die Beamten
und Soldaten, die
ihnen dienten.
„ . . . leeres Geschwätz
führt nur zu Mangel“
(Sprichwörter 14,23)
Alles hat seine Zeit
Alles hat seine Stunde. Für jedes
„Weisheit“ am Hof
des Pharaos
D
er Verfasser von 1 Könige belegt
die „Weisheit“ König Salomos
folgendermaßen: „Er verfasste
dreitausend Sprichwörter und die
Zahl seiner Lieder betrug tausendundfünf. Er redete über die Bäume,
von der Zeder auf dem Libanon
bis zum Ysop, der an der Mauer
wächst. Er redete über das Vieh,
die Vögel, das Gewürm und die
Fische . . .“ Solche Auflistungen
waren typisch für die „Weisheits“-Schriften des alten
Ägyptens. Ein Beispiel ist das
Onomastikon des Amenope, das
um 1085 v. Chr. verfasst wurde
und 610 Dinge auflistet, aus
denen das Universum besteht,
von Himmel, Wasser und Erde bis
hin zu Städten Ägyptens, Landarten und den Bestandteilen eines
Ochsen!
Das Hohelied
Auch das Hohelied wird Salomo
zugeschrieben. Es ist ein wunderschönes Liebesgedicht. Obwohl Gott
in diesem Buch nicht erwähnt wird,
sagt doch die Tatsache, dass es Teil
der Bibel ist, etwas Wichtiges über
Gott aus. Es bedeutet, dass die
zwischenmenschliche Liebe und
die Freude, die Liebende am Körper
des anderen finden können, gute
Gaben Gottes sind.
Geschehen unter dem Himmel gibt
es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum
Gebären und eine Zeit zum Sterben,
eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit
zum Abernten der Pflanzen, eine Zeit
zum Töten und eine Zeit zum Heilen,
eine Zeit zum Niederreißen und eine
Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen
und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für
die Klage und eine Zeit für den Tanz . . .
Kohelet 3,1– 4
42
43
20
Ein weiser Mann hadert mit Gott: Ijob
Schlage nach:
Ijobs Leben wird zerstört:
Ijob 1– 2
Ijob klagt zu Gott:
Ijob 3,1– 26
Gottes Antwort an Ijob:
Ijob 38 – 41
Ijobs Reichtum wird
wiederhergestellt:
Ijob 42,10 –17
Schriften über das Leid
in der damaligen Zeit
Das Buch Ijob ist nicht das erste,
das sich mit der Frage befasst,
warum unschuldige Menschen
leiden müssen. Auch Texte aus
dem alten Sumer im heutigen
Irak (3000 – 2000 v. Chr.) und aus
Ägypten (2000 –1800 v. Chr.)
behandeln diese Frage. Doch die
vielleicht größten Parallelen
weist ein Text aus Babel auf: Die
Babylonische Theodizee (von ungefähr
1100 v. Chr.) ist ein Gedicht, in dem
ein Mann sein Leid klagt und sein
Freund versucht, ihn zu trösten.
Zusammen überlegen sie, warum
die Götter solches Leid zulassen,
doch sie finden keine überzeugende
Antwort.
Es gibt keinen Beweis dafür,
dass der Verfasser des Buches Ijob
die Babylonische Theodizee kannte.
Beide Texte gehen aus Kulturen
hervor, die wichtige Fragen
in nachgestellten Gesprächen
behandeln.
Viele Sprichwörter versichern, dass sich Weisheit immer auszahlt und von
Gott belohnt wird, zum Beispiel: „Der Segen des Herrn macht reich“ oder
„Wenn der Sturm daherbraust, ist der Frevler verloren, der Gerechte ist fest
gegründet für immer“ (Sprichwörter 10,22;25).
Es ist nicht bekannt, wer das Buch Ijob geschrieben hat; fest steht nur,
dass der Autor diese „Weisheit“ anzweifelte. Es wird die Geschichte eines
guten Mannes erzählt, der ohne eigenes Verschulden leiden muss.
Der Mann heißt Ijob. „An Ansehen übertraf dieser Mann alle Bewohner
des Ostens.“ Er verehrt Gott und „mied das Böse“ – wie es sich für einen
„weisen“ Mann gehört. Gott ist sehr stolz auf Ijob und zeigt ihn dem Satan.
Satan bedeutet in diesem Fall „Ankläger“. Im Buch Ijob ist er nicht der Teufel,
sondern ein Himmelswesen, das Vorwürfe gegen den Menschen erhebt. Satan
meint abschätzig, dass Ijob Gott nur verehre, weil er alles habe. Ijob wäre ein
ganz anderer, so Satan, wenn es ihm nicht so blendend ginge.
Bald stoßen Ijob
schlimme Dinge
zu: Seine Kinder
sterben, sein Besitz
wird gestohlen und
eine schreckliche
Krankheit befällt
ihn. Seine Frau
rät ihm, Gott
abzuschwören und
zu sterben. Doch
Ijob hält an seinem
Glauben fest, selbst
im größten Leid,
und wünscht sich
nur, er wäre nie
geboren worden.
Freunde versammeln sich um ihn und geben Ratschläge.
Sie sagen ihm, dass er etwas sehr Schlimmes getan haben
muss, dass er jetzt so leiden muss. Doch Ijob weiß, dass er
nichts getan hat, was solches Leid verdient, und will die
Schuld nicht auf sich nehmen. Schließlich wird Ijob wütend
auf Gott. „Gäbe es doch einen, der mich hört. Das ist mein
Begehr, dass der Allmächtige mir Antwort gibt: Hier ist das
Schriftstück, das mein Gegner geschrieben. Ich täte die Zahl
meiner Schritte ihm kund, ich nahte mich ihm wie ein Fürst“
(Ijob 31,35.37).
Gott reagiert, aber ohne Ijobs Fragen richtig zu
beantworten. Er erinnert Ijob an die Wunder und Schönheit
der Schöpfung. Er führt Ijob vor Augen, wie wenig er weiß.
Bald fühlt sich Ijob sehr klein. Doch am Schluss wird Ijob
mit einer neuen Familie und neuem Reichtum belohnt und
kehrt zu alter Größe zurück.
Das Buch Ijob findet ein gutes Ende, doch es liefert
keine Antwort darauf, warum Menschen leiden müssen.
Verschiedene Personen treten mit verschiedenen Ansichten
auf – Ijob, Ijobs Frau, Ijobs Freunde, Satan, Gott – und tragen
ihre Meinungen vor. Doch niemand gewinnt das Streitgespräch. Selbst der glückliche Ausgang wirkt unwirklich.
Ijobs ängstlicher und wütender Schrei bleibt in der Luft
schweben: „Gäbe es doch einen, der mich hört!“
Ijob und Jesus
A
uch Christen sind sich nicht sicher,
warum unschuldige Menschen wie Ijob
leiden müssen. Aber für Christen hat
Gott etwas getan, von dem der Verfasser
des Buches Ijob nichts wissen konnte:
Die Geschichte Jesu erzählt, wie Gott ein
menschliches Leben führt und es „von
innen heraus“ erlebt. Durch Jesus erfährt
Gott, was es heißt, als Mensch zu leiden
und sogar zu sterben. Jesu Schrei nach
seinem Vater „Warum hast du mich
verlassen?“ geht weiter als Ijobs Wutschrei. Denn selbst im Angesicht von Leid
und Tod spricht Jesus von Vergebung und
Liebe. Diese Vorstellung wurde noch von
einem anderen „Weisheits“-Verfasser
ausgedrückt: „Stark wie der Tod ist die
Liebe . . . Auch mächtige Wasser können
die Liebe nicht löschen; auch Ströme
schwemmen sie nicht weg“ (Hohelied
8,6 –7).
Das Vogel-Strauß-Weibchen „gibt der Erde ihre Eier
preis, lässt sie erwärmen im Sand“ (Ijob 39,14). Gott
mahnt Ijob, die Wunder der Natur zu bedenken.
In seiner Not versammeln sich Ijobs Freunde um ihn.
Aus einem illustrierten Manuskript aus dem fünfzehnten
Jahrhundert aus Poitiers in Frankreich.
44
45
21
Ein geteiltes Königreich: Israel und Juda
Schlage nach
Die Teilung des Königreichs:
1 Könige 12
Sanheribs Invasion:
2 Könige 18 – 20
Jesaja:
siehe Kapitel 24
Sanherib erobert die
judäische Stadt Lachisch.
Ein Relief aus Sanheribs
Palast in Ninive.
Sanheribs Darstellung der
Belagerung Jerusalems
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Ninive
Berg Karmel
Samaria
ISRAEL
Jerusalem
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Pe
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Me
assyrische Landgewinne bis 650 v. Chr.
olf
rG
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unter assyrischer Herrschaft, 710 v. Chr.
he
unter assyrischer Herrschaft, ca. 850 v. Chr.
Ro
N
Nil
TE
sc
YP
er
46
1880 entdeckten zwei Jungen
im Tunnel von Hiskija diese
Inschrift aus Hiskijas Zeit.
Sie beschreibt, wie Arbeiter
von beiden Enden aus
gruben und sich in der
Mitte trafen.
D
er Verfasser von 2 Könige schreibt,
dass der Engel Gottes nachts auszog
und das Heer Sanheribs erschlug.
200 Jahre später schreibt der griechische
Historiker Herodot, Mäuse hätten
während einer Mäueplage alle Bogensehnen und Sandalenriemen durchgebissen, sodass die Soldaten kampfunfähig waren. Die Ägypter töteten
Tausende von assyrischen Soldaten.
Herodot berichtet, dass es noch zu
seiner Zeit eine Statue des Pharaos in
Ägypten gab, die eine Maus hielt und
sagte: „Sieh mich an und lerne Achtung
vor den Göttern.“
I
K a spische s
Meer
JUDA
Was geschah
mit Sanheribs Heer?
Die Datierung
im geteilten Reich
Die Königreiche Israel und
Juda und ihre mächtigen
Nachbarn – Ägypten,
Syrien (Aram), Assyrien,
Babylonien.
ÄG
tafeln (Taylor-Prisma), die man in
der assyrischen Hauptstadt Ninive
entdeckte, kennen wir Sanheribs
eigene Darstellung seiner Invasion:
„Und Hiskia vom Lande Juda, der
sich meinem Joch nicht gebeugt
hatte, . . . schloss ich wie einen
Käfigvogel inmitten der Stadt
Jerusalem ein, der Stadt seines
Königtums . . . Die Furcht
vor dem Glanz
meiner Herrschaft
überwältigte
ihn . . . Zur Abgabe
des Tributs und zur
Erklärung der
Botmäßigkeit
schickte er seinen
Gesandten.“
Nachfolge an. Er ist ein törichter junger Mann im Gegensatz zu seinem
weisen Vater. Rehabeam weigert sich, auf die Ratgeber seines Vaters zu hören,
und umgibt sich mit seinen eigenen Freunden. Diese raten ihm, sein Volk
streng zu regieren. Als Folge rebellieren die Nordstämme Israels und wählen
einen eigenen König: Jerobeam. Rehabeams Reich besteht nun nur noch
aus den Stämmen Juda und
Benjamin. Die Nordstämme,
regiert von Jerobeam und
seinen Nachfolgern, nannten
sich Israel und ihre Hauptstadt
war Samaria. Das südliche
Reich, jetzt Juda genannt,
wurde von Rehabeam und
seinen Nachfolgern aus der
Verwandtschaftslinie Davids
regiert. Seine Hauptstadt war
Jerusalem.
Das nördliche Reich Israel währte nur 200 Jahre, bis es die Assyrer
722 v. Chr. eroberten. Die Könige von Juda regierten bis zur babylonischen
Eroberung von 586 n. Chr. weiter, oft jedoch unter assyrischer Herrschaft.
Die zwei Bücher der Könige erzählen die Geschichte der beiden Königreiche. Von der Herrschaft Hiskijas, der von 727 bis 698 v. Chr. über Juda
regierte, weiß man viel. In seiner Zeit eroberten die Assyrer das Nordreich
Israel und beherrschten praktisch das südliche Königreich Juda. Doch im
Jahr 705 rebellierte Hiskija mit Unterstützung der Ägypter gegen Sanherib,
den König von Assur. Hiskija verstärkte die Mauern Jerusalems und grub
einen Tunnel, damit die Stadt im Falle einer Belagerung an Wasser kommt.
Eu
Von Aufzeichnungen auf Ton-
Im Jahr 922 v. Chr. stirbt König Salomo und sein Sohn Rehabeam tritt seine
Sanheribs Heer eroberte alle Städte in Juda, bis es 701 n. Chr. vor
Jerusalem steht. Was dann geschah, ist unklar. Hiskija gab den
Assyrern eine große Menge Geld und Schätze. Der Prophet
Jesaja bedrängte Hiskija, sich nicht zu ergeben. Die
Assyrer konnten die Stadt nicht einnehmen und
zogen sich schließlich wieder zurück. Laut
einem Bericht kamen Tausende assyrische
Soldaten in ihrem Lager um. Das Volk in
Juda feierte das als Sieg. Aber Juda
war nicht frei von den mächtigen
Nachbarreichen. Kurze Zeit später
machte sich Babylonien daran,
Juda unter seine Macht zu
bekommen.
m zweiten Buch der Könige wird
das Jahr des Regierungsantritts eines
Königs in einem der Reiche immer
durch das Regierungsjahr des Königs
im jeweils anderen Reich angegeben.
Zum Beispiel: Im dritten Jahr Hoscheas,
des Sohnes Elas, des Königs von Israel,
wurde Hiskija, der Sohn des Ahas,
König von Juda (2 Könige 18,1). Durch
diese komplizierte Art der Datierung
sind die Geschichten der Bibel oft nur
schwer mit historischen Ereignissen in
Einklang zu bringen, von denen wir aus
anderen Quellen wissen – zum Beispiel
einige große Schlachten der Zeit. Daraus
ergibt sich eine gewisse Unsicherheit
über die Zeitabläufe im geteilten Reich.
Viele Forscher verwenden die Jahreszahlen, die hier in diesem Buch stehen.
Doch in anderen Büchern finden sich
manchmal auch andere Datierungen.
„Hiskija . . . [hat] den Teich und die Wasserleitung
angelegt und das Wasser in die Stadt geleitet . . .“
(2 Könige 20,20).
Hiskijas Tunnel nach Jerusalem und der „Teich
Schiloach“ werden im Johannesevangelium
erwähnt.
47
22
Die frühen Propheten: Elija und Elischa
Schlage nach
Elija und die Baalspropheten:
1 Könige 18
Gott spricht zu Elija auf dem
Berg Sinai:
1 Könige 19
Ahab und Nabots Weinberg:
1 Könige 21
Einen großen Teil des Alten Testaments nehmen die Bücher der Propheten
ein. Propheten überbringen den Menschen Botschaften von Gott. Manche
von ihnen hatten Anhänger, die „Prophetenjünger“ hießen. Die Könige
von Israel und Juda beschäftigten feste Propheten an ihren Höfen. Sie
sollten Botschaften überbringen, die den König unterstützten. Viele mutige
Propheten aus dem Alten Testament überbrachten jedoch auch Botschaften,
die nicht gern gehört wurden und ihnen Probleme bereiteten.
Elijas Himmelfahrt:
2 Könige 2
Elischa und Naaman:
2 Könige 5
Der Berg Karmel heute, mit Blick auf den
Hafen von Haifa und einem Bahá’í-Tempel
im Zentrum. Der Karmel ist ein heiliger
Berg für Juden, Christen, Muslime und
Bahá’ís.
Lateinische Namen
der Propheten
Auf Lateinisch heißt Elija
Elias und Elischa Eliseus.
Manchmal werden auch diese
Schreibweisen in der Bibel
verwendet. So erscheint auch
Jesaja manchmal als Jesaias
und Jeremia als Jeremias.
48
Elija
Elija lebte unter König Ahab und Königin
Isebel im Nordreich Israel. Elijas Geschichte
wird im Ersten Buch der Könige erzählt.
Ahab und Isebel verehren Baal, einen
der alten Götter aus Kanaan. Isebel
hat viele Propheten Gottes aufgespürt,
getötet und dann durch
Propheten Baals ersetzt. Elija,
der Gott treu ergeben ist, fordert
die Propheten Baals auf, ihn
auf dem Berg Karmel zu
treffen. Er bereitet
einen Opferstier
vor und fordert die
Propheten Baals auf,
Feuer vom Himmel
herabzurufen, um ihn
zu verbrennen. Doch
sosehr sie sich bemühen,
ihr Gott antwortet nicht.
Dann ruft Elija
zu Gott – und der
Opferstier geht
in Flammen
auf.
„Ahab . . . wurde König von Israel . . . und
tat, was dem Herrn missfiel, mehr als alle
seine Vorgänger“ (1 Könige 16,29 – 30).
In einer anderen Geschichte will König
Ahab einen Weinberg haben, der einem
Mann namens Nabot gehört.
Er will ihn so gern besitzen,
dass Königin Isebel Nabot
fälschlich einer Schuld
bezichtigen und steinigen
lässt, sodass Ahab den
Weinberg bekommt.
Elija geht Ahab
auf dem Weinberg
entgegen. „Hast du
mich gefunden,
mein Feind?“, fragt
Ahab. „Ich habe dich
gefunden“, antwortet
Elija und stellt ihn
mutig für sein Verbrechen
zur Rede.
An Elija wird die ganze
Bibel hindurch erinnert – als
den größten Propheten des Alten
Testaments. Er machte sich stark für die
Unterdrückten, die von den Reichen und
Mächtigen ungerecht behandelt wurden. Darin folgten
ihm andere Propheten nach wie Amos. Und auch
Johannes der Täufer und Jesus taten das Gleiche.
Elija fährt
in den Himmel auf
In der Geschichte von
Elija fährt auf einem „feurigen
Wagen“ in den Himmel.
Eine Darstellung auf einem
Fresko aus dem dreizehnten
Jahrhundert in der Kathedrale
von Anagni in Italien.
Elischa
Elija erwählt einen jungen Mann namens Elischa zum Jünger.
Die Geschichten von Elischa finden sich im Zweiten Buch der Könige.
Die bekannteste ist die von Naaman, dem Feldherrn des Königs von Syrien.
Naaman litt unter Lepra, einer schlimmen Hautkrankheit. Und Elischa war
für seine Heilkunst berühmt. Naaman fährt also mit großem Aufgebot vor
Elischas Haus vor. Elischa sagt ihm, er solle sich im Jordan waschen. Erst
will Naaman nicht glauben, dass etwas so Einfaches helfen soll, doch dann
überzeugen ihn seine Diener. Hätte Elischa etwas Schwieriges von ihm
verlangt, so argumentieren sie, hätte er es doch auch befolgt. Warum also
nicht etwas so Bescheidenes tun wie sich im Jordan waschen? Naaman
lässt sich überzeugen, wäscht sich im Jordan und ist von der Lepra geheilt.
Mit dieser Geschichte erklärt Jesus später, dass Gott sich nicht nur um das
von ihm erwählte Volk kümmert, sondern auch um Fremde wie Naaman.
Elijas Tod in 2 Könige 2
wird er von einem
„feurigem Wagen
mit feurigen
Pferden“ in
den Himmel
„entrückt“.
Der Prophet
Maleachi
kündigt an
späterer Stelle
an, dass Elija
vor dem „Tag
des Herrn“
zurückkommen
würde. Zu Jesu
Zeiten, als die
Leute den Messias
erwarteten, hielten sie
folglich auch nach Elija
Ausschau. Johannes der
Täufer wurde gefragt, ob er
Elija sei (Johannes 1,21). Johannes
verneinte, doch in Matthäus 11,14
sagt Jesus seinen Jüngern, dass sie
Johannes durchaus als „Elija, der
wiederkommen soll“ betrachten
können. Der Jünger Petrus
berichtet, dass manche Jesus für
Elija halten (Matthäus 16,14). Als
Jesus gekreuzigt wird und Gott auf
Aramäisch anruft („Eloi, eloi . . .“),
meinen die Soldaten, er rufe nach
Elija, der kommen und ihn retten
solle.
Die Idee von Elija, der in den
Himmel fährt, verfestigte sich in
den Köpfen der Menschen. In den
frühen Jahrhunderten nach
Jesu Lebzeiten entstand ein Buch
namens „Elias-Apokalypse“.
Darin malte man sich Elijas Zeit
im Himmel aus und die Dinge,
die er dort über das Ende der Welt
erfuhr.
49
23
Gericht und Gnade: Amos und Hosea
Schlage nach
Die Geschichte von Amos:
Amos 7
Die Geschichte von Hosea:
Hosea 1– 3
Amos spricht
von Gottes Urteil
D
er Herr spricht: „Ich hasse eure Feste,
ich verabscheue sie und kann eure Feiern
nicht riechen. Wenn ihr mir Brandopfer
darbringt, ich habe kein Gefallen an
euren Gaben und eure fetten Heilsopfer
will ich nicht sehen. Weg mit dem Lärm
deiner Lieder! Dein Harfenspiel will ich
nicht hören, sondern das Recht ströme
wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie
versiegender Bach.“
Amos 5,21– 24
Ein Fragment von einem Möbelstück aus Elfenbein aus der Zeit des Amos. Amos schimpfte
über alle, die „auf Betten aus Elfenbein“ liegen –
dem Gipfel des Luxus.
50
Amos ist der älteste Prophet des Alten Testaments, dem ein Buch
gewidmet ist. Er lebte zur Regierungszeit von König Usija von Juda und
König Jerobeam II. von Israel (Mitte des achten Jahrhunderts v. Chr.).
Amos ist kein offizieller Prophet vom königlichen Hof des nördlichen oder
südlichen Reichs. Doch er geht in den Tempel des Königs von Israel in Bet-El
und verkündet dort Gottes Wort. Amazja, der Priester von Bet-El, ist wütend
darüber. Er meldet ihn dem König und sagt zu Amos, dass er zurück nach
Juda gehen solle, wo er herkäme, wenn er wie ein Prophet reden wolle.
Amos antwortet, dass er kein offizieller Prophet sei, sondern Schafzüchter
und Maulbeerfeigenpflanzer. „Aber“, fährt er fort, „der Herr hat mich von
meiner Herde weggeholt und zu mir gesagt: ,Geh und rede als Prophet zu
meinem Volk Israel!’“
Warum war Amos so unbeliebt? Er verkündete, das Volk Israel sei vom
rechten Weg abgekommen. Es behandle seine Armen schlecht und seine
Religion sei nur noch Fassade. Deshalb würde Gott sie nicht vor Unheil
bewahren. Das Volk Israel hatte sich immer darauf berufen, dass Gott sie
eigens aus Ägypten ins Gelobte Land geführt hatte. Amos setzt dem entgegen,
dass Gott auch andere Völker wie die Philister aus fernen Ländern gebracht
habe. Es reiche nicht aus, sich als auserwähltes Volk zu sehen. Das Volk
Israel müsse sich auch so benehmen. Es sei nicht genug, Gott mit Musik
und Opfern zu dienen. „Weg mit dem Lärm deiner Lieder!“, sagt Gott.
„Dein Harfenspiel will ich nicht hören, sondern das Recht ströme wie Wasser,
die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“
Hosea lebte kurze Zeit nach Amos im Nordreich Israel. Wie Amos sprach
auch er davon, dass Gott das Reich verurteile, weil es so verdorben sei.
Wie Amos ruft auch Hosea zu Gerechtigkeit, gutem Handeln und
Religion ohne Heuchelei auf. Doch Hosea spricht mehr von Gottes Liebe
und Vergebung als Amos, denn er hat eine ganz andere Erfahrung gemacht.
Gott sagt zu Hosea, dass Israel sich wie eine Dirne benehme. Eine Dirne
schläft für Geld mit Leuten, nicht aus Liebe. Das Volk Israel müsste Gott
eigentlich lieben. Doch stattdessen ist es ihm untreu und einzig auf den
eigenen Reichtum bedacht.
Gott fordert Hosea auf, eine Dirne zu heiraten und zu lieben. Das tut
Hosea. Seine Frau, mit der Hosea auch Kinder hat, heißt Gomer. Auf diese
Weise versteht Hosea, wie es Gott
mit Israel ergeht. Obwohl das Volk
Israel viele verschiedene Götter
verehrt, liebt Gott es immer noch –
so wie Hosea Gomer liebt. Das Volk
Israel glaubt, dass die angebeteten
Götter es beschützt hätten, doch
Gott sagt: „Ich . . . war [es], dem ihr
das Korn und den Wein und das
Öl gabt . . . Wie könnte ich dich
aufgeben, Israel? . . . Mein Herz
wendet sich gegen mich, mein
Mitleid lodert auf.“ Hoseas
Botschaft ist, dass Gott nie
aufhört, sein Volk zu lieben.
Hosea spricht von
Gottes Vergebung
A
ls Israel jung war, gewann ich ihn
lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten.
Je mehr ich sie rief, desto mehr liefen
sie von mir weg.
Sie opferten den Baalen und brachten
den Götterbildern Rauchopfer dar.
Ich war es, der Efraim gehen lehrte,
ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber
haben nicht erkannt, dass ich sie heilen
wollte.
Mit menschlichen Fesseln zog ich sie
an mich, mit den Ketten der Liebe.
Ich war da für sie wie die
(Eltern), die den Säugling
an ihre Wangen heben.
Ich neigte mich ihm zu
und gab ihm zu essen.
Hosea 11,1– 4
Hosea und Gomer: „Geh, nimm dir eine Kultdirne zur Frau und (zeuge) Dirnenkinder!
Denn das Land hat den Herrn verlassen und ist zur Dirne geworden“ (Hosea 1,2).
51
24
Der große Prophet: Jesaja
Das Friedensreich
Schlage nach
Jesajas Berufung:
Jesaja 6
Das Friedensreich:
Jesaja 11,1–10
Die Verheißung der Heimkehr:
Jesaja 40,1– 9
Der leidende Gottesknecht:
Jesaja 52,13 – 53,12
Die Zukunft Jerusalems:
Jesaja 60
Jesaja und Jesus
Christen sahen im Buch
Jesaja immer eine Vorankündigung von Jesus.
Zu Weihnachten und an
Karfreitag werden bis
heute Stellen aus Jesaja
im Gottesdienst vorgelesen.
Für Christen ist es Jesus,
der von einer Jungfrau
geboren wird und der
„Immanuel“ oder „Gott
mit uns“ heißen soll (Jesaja
7,10 –14). Für Christen ist
es Jesus, der als „Fürst des
Friedens“ angekündigt
wird (Jesaja 9,1–7). Für sie
ist es Jesus, der als großer
König aus Davids Stamm
hervorgehen soll (Jesaja
11,1–10). Für sie ist Jesus
der „Gottesknecht“, der
leidet und errettet wird
(Jesaja 52,13 – 53,12). Und
das „Licht“, durch das die
ganze Menschheit Gott
kennenlernt, ist die frohe
Kunde von Jesus (Jesaja
60,1– 3).
Das Buch Jesaja ist mit insgesamt 66 Kapiteln das längste der Prophetenbücher. Viele Forscher glauben, dass es ursprünglich zwei oder sogar drei
Bücher waren, wobei das zweite und dritte bei Kapitel 40 und 55 beginnen,
die von verschiedenen Personen geschrieben und später zu einem Buch
zusammengefügt wurden.
Das Buch beginnt mit den Worten: „Vision des Jesaja, des Sohnes des Amoz,
über Juda und Jerusalem, die er zu der Zeit hatte, als Usija, Jotam, Ahas und
Hiskija Könige von Juda waren.“ Diese vier Könige regierten Juda von 740 bis
698 v. Chr. Zu dieser Zeit wurde Juda sowohl vom Nordreich Israel als auch
von dem noch mächtigeren Aram (Syrien) bedroht, das noch weiter nördlich
lag. Dieser Teil des Buches Jesaja spielt also im achten Jahrhundert v. Chr.
Eine berühmte Stelle in Kapitel 6 erzählt, wie Jesaja im Tempel von
Jerusalem eine Vision von Engelswesen hat, die sich Serafim nennen. Er hört
die Stimme Gottes, die sagt: „Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen?“
Jesaja antwortet: „Hier bin ich, sende mich!“ Damit beginnt Jesajas Wirken
als Prophet. Jesaja selbst wird auch in 2 Könige und 2 Chronik erwähnt.
Der zweite Teil des Buches spielt zu späterer Zeit. Jerusalem liegt in
Trümmern (52,9). Das Volk Israel wurde verschleppt (45,13). Der Feind ist
Babel (47,1). Es heißt, der große persische Eroberer Kyrus II. würde die Stadt
wiederaufbauen. Kyrus (oft auch Kyros) ist eine bekannte historische Figur.
Er eroberte Babel im Jahr 539 v. Chr. und machte es zum Teil seines Reichs.
Er erlaubte den jüdischen Exilanten, aus Babel heimzukehren und Jerusalem
wiederaufzubauen. Also spielt dieser Teil des Buches im sechsten Jahrhundert
v. Chr., zwei Jahrhunderte später als die Kapitel 1 bis 39.
Sollte die Teile des Buches von unterschiedlichen Verfassern aus unterschiedlichen Zeiten stammen, so hat irgendwann jemand entschieden, sie zu
einem Buch zusammenzufassen. Vielleicht haben die Verfasser der späteren
Teile ihre Beiträge einfach an den ersten Teil angehängt. Auf jeden Fall passen
die Teile gut zusammen. In diesem Buch mahnt Gott sein Volk zu gerechtem
Handeln. Sollte es sich gegen ihn auflehnen, will Gott es nicht vor seinen
mächtigen Nachbarn beschützen. Doch Gottes Vergebung übertrifft seinen
Unmut, heißt es in diesem Buch, und am Ende wird er sein Volk zurück in
sein Land bringen. Ein König aus Davids Familie wird eine Zeit des Friedens
bringen. Ein „Gottesknecht“ wird kommen, der viel erleiden muss, sich jedoch
im Triumph erheben wird. Und das Volk Israel wird ein „Licht“ für alle
Welt werden – alle Länder der Erde werden Gott durch sein erwähltes Volk
kennenlernen.
Jesaja 11,1– 9 ist die Vision eines herrlichen Reichs, das der Nachfahre von
König David errichten wird. „Dann wohnt der Wolf beim Lamm“, verkündet der
Prophet, „der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen,
ein kleiner Knabe kann sie hüten.“ Damit wird auf poetische Weise ausgedrückt,
dass der neue König (der „Messias“) Frieden und Versöhnung für die ganze Welt
bringt. Diese Vision erinnert an den Garten Eden aus Genesis – eine Welt, so wie
Gott sie eigentlich vorgesehen hat.
Friede
Dieses Gemälde von William Strutt (1825 –1915)
stellt Jesajas Vision eines Reichs des Friedens dar.
52
53
25
Der widerwillige Prophet: Jona
Also vergibt Gott den Menschen
von Ninive und die Stadt wird
verschont. Doch anstatt sich zu
ie Pharisäer verlangten von
Jesus ein Zeichen als Beweis, dass
freuen, fühlt sich Jona von Gott
er wirklich von Gott kommt.
vorgeführt. Er hat die Zerstörung
Jesus antwortete, sie bekämen kein
der Stadt prophezeit – und nun
Zeichen außer dem „Zeichen des
steht sie immer noch. Er ist so
Jona“. Darunter versteht Lukas, dass
wütend und beschämt, dass er sich
die Leute von Ninive zu Gott zurückden Tod wünscht. Er geht vor die
fanden, als Jona ihnen predigte,
und dass die Leute in Jesu Tagen das
Stadt und setzt sich hin, um mit
Gleiche tun sollten. Matthäus sieht
Gott zu hadern.
eine andere Bedeutung im „Zeichen
Doch Gott erteilt Jona eine
des Jona“: Jona verbrachte drei Tage
zweite Lektion. Die Sonne ist heiß
im Bauch des Fisches, bevor er sicher
und Gott lässt einen Strauch
an Land kam. Matthäus deutet
wachsen, der Jona Schatten
das als Hinweis auf Jesu eigenes
spendet. Doch am nächsten Tag
Begräbnis in der Grabhöhle und
seine Auferstehung am dritten Tag.
verkümmert der Strauch. Jona
Matthäus 12,38 – 42; Lukas 11,29 – 32
schwitzt und ist wütend. Gott
macht Jona darauf aufmerksam,
wie traurig er wegen eines
einfachen Strauches ist, der ohne sein Zutun wuchs und starb. Könne es
Gott da nicht leidtun um all die Menschen in Ninive? Waren sie denn nicht
wichtiger als ein Strauch?
Diese Geschichte wurde wahrscheinlich zu der Zeit niedergeschrieben,
als das Volk Israel im Exil lebte oder als ihr Land zu einem anderen großen
Reich gehörte; viele Forscher vermuten, im vierten Jahrhundert v. Chr.
Das Volk Israel gewöhnte sich daran, sich mit anderen Völkern und Religionen
zu vermischen – genau wie die Seeleute, die zu ihren unterschiedlichen
Göttern beten. Das Buch Jona sagt aus, dass Gott andere Völker genauso
wichtig sind wie das Volk Israel.
Jona als Zeichen
D
Schlage nach
Jona flieht vor Gott:
Jona 1
Jona geht nach Ninive:
Jona 3 – 4
Was für eine
Geschichte ist das?
J
ona wird in 2 Könige 14,25 als
historische Figur erwähnt. Und
die Städte Jafo, Tarschisch und
Ninive gab es wirklich. Doch andere
Elemente der Geschichte sind nicht
realistisch. Beispielsweise der Fisch,
der einen ganzen Mann verschluckt
und ihn drei Tage später lebendig
an Land spuckt, oder Tiere, die
sich in Bußgewänder hüllen. Diese
Geschichte sollte die Leute zum
Lachen bringen. Juden sind für
ihren Humor und ihre lustigen
Geschichten, die trotzdem eine
ernste Aussage enthalten, bekannt.
Dieser jüdische Verfasser macht
sich auf behutsame Weise über jene
lustig, die sich wünschen, dass
Gott ihre Feinde bestraft, und dabei
niemals auf die Idee kommen, dass
Gott vielleicht will, dass ihre Feinde
zu Freunden werden!
Jona, Sohn des Amittai, lebte unter König Jerobeam II. (786 bis 746 v. Chr.)
in Israel. Doch seine Geschichte wurde wahrscheinlich erst viel später niedergeschrieben, zu einer Zeit, als die Großstadt Ninive nur noch eine blasse
Erinnerung war.
Das Buch Jona erzählt die Geschichte eines widerwilligen Propheten und
einer Stadt, die unerwartet zum Glauben umkehrt, sowie eines Gottes, dessen
Vergebung größer ist als seine Wut. Obwohl es eine ernste Aussage hat, steckt
das Buch Jona voll lustiger Details.
Gott befiehlt Jona, nach Ninive zu gehen, in die Hauptstadt des großen
assyrischen Reichs. Er soll die schlechten Menschen dort zur Umkehr
bewegen. Jona erschrickt so sehr über Gottes Befehl, dass er ein Schiff von
Jafo nach Tarschisch besteigt – so weit wie möglich von Ninive entfernt.
Doch Jona kommt nie in Tarschisch an. Gott schickt einen Sturm und das
Schiff geht beinahe unter. Die Seeleute beten zu ihren Göttern und versuchen
herauszufinden, welcher Gott den Sturm geschickt hat. Sie werfen das Los
und es fällt auf Jona. Jona weiß, dass er Schuld an dem Sturm hat, und bittet
die Seeleute, ihn über Bord zu werfen. Der Sturm legt sich, die Seeleute sind
gerettet. Für Jona schickt Gott einen großen Fisch, der ihn verschluckt. Drei
Tage später spuckt der Fisch Jona an Land.
Gott trägt Jona ein zweites Mal auf, nach Ninive zu gehen und den Leuten
zu predigen, Buße zu tun. Dieses Mal befolgt Jona Gottes Befehl. Er geht
nach Ninive und verkündet: „Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!“
Zu seinem Erstaunen hören alle auf ihn. Der König ordnet eine Fastenzeit an.
Die Menschen hüllen sich in Bußgewänder zum Zeichen der Reue und beten
zu Gott. Selbst die Tiere fasten und tragen Bußgewänder!
Ein Relief zeigt eine assyrische Löwenjagd in
Ninive aus der Herrschaftszeit von Assurbanipal
(669 – 627 v. Chr.). Heute steht es im British
Museum.
Ninive
Ninive wurde unter Sanherib
(ungefähr 700 v. Chr.) zur Hauptstadt des assyrischen Reichs.
612 v. Chr. wurde es von den
Medern und Babyloniern zerstört.
Ninive wurde spätestens 2200
v. Chr. gegründet, am Ufer des
Tigris im heutigen Nord-Irak, in
der Nähe von Mosul. Im Buch Jona
heißt es, man brauche drei Tage,
um die Stadt zu durchqueren,
obwohl die heute noch erhaltenen
Ruinen nur dreizehn Kilometer
Durchmesser haben.
Bevor Reisende ein Schiff besteigen
konnten, mussten sie mit dem Schiffsbesitzer ein Fahrgeld aushandeln.
Tarschisch
Tig
r
is
Ninive
Tarschisch war so
weit westlich, wie man
es sich zu dieser Zeit
nur vorstellen konnte.
Gat-Hefer wird in
2 Könige 14,25 als
Jonas Heimatort
erwähnt.
Gat-Hefer
Jafo
Jerusalem
55
Jordan
Das Ischtar-Tor, ein Nachbau in Babil, dem
heutigen Babel (Irak). Das Originaltor zeugte
von der Pracht des babylonischen Reichs.
Das Reich Juda wurde ein Teil davon.
ARON
N
ebukadnezzar II. herrschte von
605 bis 562 v. Chr. über Babylon.
Er war ein großer Krieger. Unter
ihm gelangte das Reich zu seiner
größten Macht und höchstem
Reichtum. Babylon war eine große
Stadt im heutigen Irak. Die alte
Stadt wurde von Archäologen
gründlich erforscht. Man entdeckte
drei Paläste, die Nebukadnezzar
gebaut hat, ebenso wie das
prächtige Ischtar-Tor, das sowohl
in einem Museum in Berlin als
auch in Babil nachgebaut wurde.
Aseka
Lachisch
HÜGE
LLAND
VON JU
DA
Nebukadnezzar
SCH
2 Könige 25
den Assyrern erobert wurde und wie Hiskija, König des Südreichs Juda, gegen
sie rebellierte. Zu dieser Zeit verehrten die Menschen Gott an Dorfaltären,
sogenannten „Kulthöhen“. Die Verfasser des Buches der Könige loben Hiskija
dafür, dass er diesem Brauch ein Ende setzt und darauf besteht, dass alle
Menschen nach Jerusalem kommen, um Gott im Tempel zu verehren.
Hiskijas Urenkel Joschija, ein weiterer judäischer König, beseitigte
während seiner langen Herrschaft von ungefähr 639 bis 609 v. Chr. alle
Kultstätten anderer Götter,
die man seit der Zeit Salomos
und davor angebetet hatte.
In 2 Könige 22 wird von einem
„Gesetzbuch“ erzählt, das man
im Tempel entdeckt hat. Dieses
Buch beschreibt genau, wie
die Leute Gott verehren sollen.
Das Buch wird König Joschija
gebracht. Er richtet sich als
Erster danach.
Im vierten Jahrhundert
n. Chr. vermutet der christliche
Verfasser Hieronymus das Buch
Deuteronomium in diesem
Gesetzbuch. Und die meisten
Eine Rekonstruktion der Bundeslade im Tempel
von Jerusalem. Das Modell steht in Almog in Israel.
Forscher stimmen mit ihm
überein. Das Buch Deuteronomium erscheint heute als „Fünftes Buch Mose“ im Alten Testament. Es hat
die Form einer langen Ansprache von Moses an das Volk Israel – bevor sie das
Land Kanaan betreten, kurz vor Moses’ Tod. Viele Wissenschaftler glauben,
dass es in seiner jetzigen Form in Joschijas Zeit oder ein wenig früher
geschrieben wurde. Sie denken, dass die Schriftgelehrten von Jerusalem, die
die Geschichte des Reichs niederschrieben, auch begannen, die Schriften der
Propheten zu sammeln. Zu dieser Zeit wurden die heiligen Bücher von Israel
und Juda zum ersten Mal zu dem zusammengetragen, was später das Alte
Testament sein sollte.
VON
Die letzten Tage des
Königreichs Juda:
Im Kapitel 21 wurde beschrieben, wie das Nordreich Israel 722 v. Chr. von
Die Eroberung Jerusalems
Das Reich Juda hatte den Angriff von König Sanherib von Assur
(Assyrien) überlebt. Dann wurden die Assyrer ihrerseits besiegt.
612 v. Chr. fällt die assyrische Hauptstadt Ninive an die Babylonier.
Doch auch das ist keine günstige Entwicklung für das Volk Juda. Ein
ägyptisches Heer kommt den Assyrern zu Hilfe und König Joschija
marschiert ihm mutig entgegen. 609 treffen die beiden Heere in der
Schlacht bei Megiddo aufeinander und Joschija stirbt. Sein Sohn Joahas
wird König. Doch die Ägypter erobern das Land und bringen Joahas als
Gefangenen nach Ägypten. Der König von Ägypten setzt Joahas’ Sohn
Jojakim als neuen König in Juda ein und erwartet von ihm Treue und
sehr hohe Abgaben an Ägypten.
Die Ägypter und Babylonier kämpfen weiter um die Vorherrschaft in
der Region. König Nebukadnezzar II. von Babel schlägt die Ägypter in
Karkemisch und Jojakim nutzt die Gelegenheit, um Juda noch einmal
zu befreien. Nach Jojakims Tod wird sein Sohn Jojachin Nachfolger.
Doch 597 v. Chr. erobert Nebukadnezzars Heer Jerusalem. Jojachin wird
gefangen genommen und nach Babel gebracht – zusammen mit
jüdischen Herrschern, Gelehrten und Handwerkern. Unter ihnen war
auch ein Priester namens Ezechiel.
Die Babylonier machen
Jojachims Onkel Zidkija zum
Sidon
König von Juda und erwarten
von ihm Gehorsam. Als sich
Zidkija auflehnt, kehrt das
babylonische Heer zurück
EBENE VON
und erobert die wenigen
HAZOR
verbliebenen Städte Judas.
See
Galiläa
Ge nne sa r e t
Dann richtet es seinen
Megiddo
Zorn gegen Jerusalem. Um
586 wird die Stadtmauer
eingerissen und der Tempel
SAMARIEN
zertrümmert. König Zidkija
BERGLAND N
IE
wird nach Babel gebracht.
VON S AMAR
ISRAEL
Das ist das Ende des Reichs
Juda.
NE
Schlage nach
Das Ende des Königreichs
EBE
26
JUDA
Route von Nebukadnezzars Heer
Jerusalem
To t e s
Meer
Diese Tonscherbe aus
Lachisch stammt aus
der Zeit der Belagerung.
Die Belagerung
von Lachisch
Lachisch und Aseka (Jeremia
34,7) waren zwei der Städte,
die das babylonische Heer
eroberte. Als man Lachisch 1935
ausgrub, entdeckte man Ostraka
(beschriebene Tonscherben).
Es waren Briefe von Hoschajahu,
einem Unteroffizier, an seinen
Vorgesetzten, den Truppenführer
Jaosch, der in Lachisch stationiert
war und einen Außenposten
verwaltete. Auf einer Scherbe
wird die Botschaft eines Propheten
erwähnt, die lautet: „Sei vorsichtig!“ Auf einer anderen heißt
es, dass man auf Zeichen aus
Lachisch achte, da man von Aseka
nichts mehr höre und sehe. Es
sind lebhafte Momentaufnahmen
einzelner Menschen im Tumult
eines Königreichs kurz vor dem
Untergang.
Landkarte zur Invasion durch Nebukadnezzar.
57
27
Schlage nach
Jeremia spricht gegen den
König:
Jeremia 22,13 –17
Jeremia spricht gegen die
falschen Propheten:
Jeremia 23,9 – 32
Jeremias Tempelrede:
Jeremia 7,1–15
Jeremias Gleichnis vom
Töpfer:
Jeremia 18,1–12
Jeremia wird gefangen
genommen:
Jeremia 37,11– 38,28
Die Klagelieder
Das kurze Buch, das dem Buch
Jeremia folgt, heißt „Klagelieder“.
In diesen Klageliedern wird der
Untergang Jerusalems nach der
Eroberung durch die Babylonier
betrauert. Die Klagelieder
wurden ursprünglich Jeremia
zugeschrieben. Aber sie sind
anonym und wurden wahrscheinlich von Menschen verfasst und
gesungen, die in Juda blieben,
nachdem alle anderen ins Exil
gegangen waren.
Die Klagelieder beginnen mit
den Worten: „Weh, wie einsam
sitzt da die einst so volkreiche
Stadt . . . Die Wege nach Zion
trauern, niemand pilgert zum
Fest, verödet sind all ihre Tore . . .
Gewichen ist von der Tochter Zion
all ihre Pracht.“
Der leidende Prophet: Jeremia
Jeremia lebte in der dunklen Zeit, als Jerusalem 586 v. Chr. an die Babylonier
fiel. Als junger Mann wurde Jeremia Prophet in seiner Heimatstadt Anatot
im Reich Juda. Eifrig verfolgte er die politischen Entwicklungen seiner Zeit.
Er wusste von der ägyptischen Niederlage gegen
die Babylonier bei Karkemisch von 605 v. Chr.
Als Prophet versuchte er, die Rolle Gottes bei
diesen Ereignissen zu verstehen.
Jeremia warnt Zidkija, den letzten König
von Juda, davor, gegen Babel zu rebellieren.
Die königlichen Berater hingegen befürworten eine Rebellion mit Unterstützung der
Ägypter, weil sie sich sicher sind, dass Gott
ihnen zum Sieg verhelfen wird. König
Zidkija ist hin- und hergerissen
zwischen seinen Beratern und
Jeremia.
Die königlichen Berater
beschuldigen Jeremia
schließlich, für die Babylonier zu arbeiten und die
Soldaten zu entmutigen,
die Jerusalem verteidigen.
Sie stecken ihn in ein
Verlies, in dem er
wohl verhungert wäre.
König Zidkija wagt
nicht, Jeremia
freizulassen, bringt
ihn aber in
ein besseres
Gefängnis.
Jeremias Feinde lassen nicht von ihm ab und bestehen auf seiner Hinrichtung.
Sie stecken ihn in einen morastigen Brunnen im Palasthof. Doch wieder
veranlasst der König seine Rettung. Die Männer des Königs ziehen Jeremia
mit Seilen heraus, die Achseln werden mit alten Lumpen geschützt, und
bringen ihn zurück ins Gefängnis. Dort bleibt Jeremia, bis Nebukadnezzar
Jerusalem erobert und er freigelassen wird.
Nachdem er Jerusalem erobert und König Zidkija nach Babel gebracht
hat, setzt Nebukadnezzar den Juden Gedalia als Statthalter in Jerusalem
ein. Doch Gedalia wird von einer Gruppe Judäer erschlagen, die immer noch
gegen Babel rebelliert. Sie entkommen nach Ägypten und nehmen Jeremia
und seinen Sekretär, einen Mann namens Baruch, mit sich.
Warum wollte Jeremia keine Rebellion gegen Nebukadnezzar?
Er glaubte, dass Juda bereits gegen Gott rebellierte und Gott es
deswegen nicht vor den Babyloniern schützen würde. Der König von
Juda lebte in einem vornehmen Palast und kümmerte sich wenig
um die Unterdrückten und Armen. Die Propheten des Hofes
unterstützten den König und erzählten den Menschen, Gott
stünde auf ihrer Seite, egal, was der König und sein Gefolge
täten. Das machte Jeremia wütend. Gott wäre nur mit
ihnen, so Jeremia, wenn sie aufhörten, Arme zu unterdrücken, Unschuldige zu töten und falsche Götter
anzubeten.
Eines Tages sieht Jeremia einem Töpfer bei
der Arbeit zu. Das Gefäß, das er formt, gelingt
nicht, also beginnt er von neuem. Jeremia
erkennt, dass Gottes Volk wie Ton in seinen
Händen ist. Wenn es nicht so wird,
wie er möchte, musst er von vorne
beginnen und etwas Besseres aus
ihm formen. Für Jeremia war der
Sturz Jerusalems eine Gelegenheit
für Gott, neu mit seinem Volk
anzufangen und etwas Besseres
daraus zu machen.
„Dann rief der Kuschiter Ebed-Melech Jeremia zu:
,Leg die Stücke der abgelegten und zerrissenen Kleider
in deine Achselhöhlen unter die Stricke!‘ Jeremia tat es.
Nun zogen sie Jeremia an den Stricken hoch und brachten
ihn aus der Zisterne herauf“ (Jeremia 38,12 –13).
58
Wie entstand
das Buch Jeremia?
In Jeremia 36 wird erzählt, wie
Jeremia seinem Sekretär Baruch
diktiert, was Gott ihm über das
Reich Juda und die umliegenden
Länder offenbart hat. Diese Buchrolle liest Baruch im Tempel vor
und bekommt Ärger mit König
Jojachin, der die Schriftrolle mit
seinem Messer zerschneidet und
verbrennt. Später schreibt Baruch
die Worte auf eine neue Buchrolle. Dieses Kapitel zeichnet ein
lebhaftes Bild davon, wie die Worte
der Propheten niedergeschrieben
und von ihren Jüngern gesammelt
wurden.
In seiner heutigen Form ist
das Buch Jeremia eine Mischung
aus Jeremias Worten, von denen
viele in Gedichtform stehen,
und erzählten Passagen, die von
seiner Lebensgeschichte handeln.
Wahrscheinlich fing Baruch mit
diesen Teilen an. Es gibt aber auch
Hinweise, dass sie von anderen
später umgeschrieben wurden.
„So ging ich zum Haus des
Töpfers hinab. Er arbeitete
gerade mit der Töpferscheibe“ (Jeremia 18,3).
59
28
Der Prophet mit Visionen: Ezechiel
Schlage nach:
Ezechiel wird zum Propheten
berufen:
Ezechiel 1– 3
Die Vision von der Ebene
der Totengebeine:
Ezechiel 37
Ezechiels Vision der
Tempelquelle:
Ezechiel 47
Das Buch Ezechiel
und die Offenbarung
des Johannes
Ezechiels Vision von der
Tempelquelle erinnert an den
Garten Eden im Buch Genesis.
Ähnliche Anklänge finden sich
auch in der Offenbarung des
Johannes, dem letzten Buch
des Neuen Testaments. Doch
zwischen den drei Bildern gibt es
auch Unterschiede. In Genesis
fließt ein Fluss aus dem Garten
Eden, um der ganzen Welt
Wasser zu bringen. In Ezechiels
Vision fließt das Wasser unter
dem Tempel hervor, denn für
Ezechiel sind Mann und Frau
im Tempel, nicht im Garten Eden
bei Gott zu Hause. In der Offenbarung des Johannes gibt es
keinen Tempel in der Stadt,
„denn der Herr, ihr Gott, der
Herrscher über die ganze
Schöpfung, ist ihr Tempel, er
und das Lamm.“ Gott ist nun
ganz bei seinem Volk zu Hause
und braucht keinen gesonderten
Ort mehr, um es zu treffen.
60
Ezechiel war Priester und wurde im Zuge von Nebukadnezzars Einfall
in Juda 597 v. Chr. nach Babylonien verschleppt. Er ließ sich an einem Ort
namens Tel Abib am Fluss Kebar nieder, südöstlich von Babel. Im Exil hatte
Ezechiel sonderbare Visionen. Er begann, seinen Landsleuten die Botschaft
Gottes aus seinen Visionen zu erzählen. Gott nannte ihn „Wächter“ für sein
Volk.
In Ezechiel 1– 24 droht der Prophet der Stadt Jerusalem, die zu diesem
Zeitpunkt noch nicht ganz an Babylonien gefallen war. In Ezechiel 25 – 32
droht er den Völkern, die sich über die Eroberung Jerusalems freuten. In den
Kapiteln 33 – 48 verkündet er, wie Gott seinem Volk eines Tages seine Heimat
zurückgeben wird.
In Ezechiel 36 verspricht Gott, sein Volk aus allen Ländern zu vereinen, in
die es verstreut wurde. „Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle
euch aus allen Ländern und bringe euch in euer Land“, sagt er. „Ich gieße
reines Wasser über euch
aus . . . Ich schenke euch
ein neues Herz und
lege einen neuen Geist
in euch. Ich nehme das
Herz von Stein aus eurer
Brust und gebe euch
ein Herz von Fleisch.“
In einer Vision sieht
Ezechiel eine Ebene
voll toter Knochen.
Gott befiehlt ihm,
zu den Knochen zu
sprechen, und sie
Das himmlische Jerusalem, wie es
in der Offenbarung des Johannes
beschrieben wird, mit edelsteinbesetzten Mauern, den vier Lebewesen und Jesus als Lamm Gottes.
Aus einer Handschrift aus dem
zwölften Jahrhundert, die heute in
der Bodleian Bibliothek in Oxford
(England) liegt.
fangen an, sich neu zu verbinden. Sie überziehen sich mit Fleisch und
Haut, beginnen zu atmen und richten sich auf, ein großes Heer. Das war
eine Vision vom Volk Israel, das von den Babyloniern vernichtet worden
war und nun wieder ein Volk bildete.
In Ezechiel 47 wird ein prächtiges Bild vom Tempel in Jerusalem
gezeichnet, aus dem ein riesiger Fluss entspringt, der frisches Wasser in die
Wüste bringt und Bäume sprießen lässt. Die Bäume geben den Menschen
Nahrung und ihre Blätter haben Heilkraft. Es ist die Vision davon, wie
Gott sein Volk eines Tages zurück in die Heimat führt und es der ganzen
Welt Frieden und Glückseligkeit bringt.
Der gute Hirte
I
n Ezechiel 34 nennt der Prophet
die Herrscher des Volkes „Hirten“.
Er sagt, sie seien schlechte Hirten,
die nicht auf ihre Schafe aufpassen.
Eines Tages, verkündet Ezechiel,
wird sich Gott selbst um sein Volk
kümmern: „Jetzt will ich meine
Schafe selber suchen und mich
selber um sie kümmern . . .
[Ich] hole sie zurück von all den
Orten, wohin sie sich am dunklen,
düsteren Tag zerstreut haben . . .
Ich führe sie in den Bergen Israels
auf die Weide, in den Tälern und
an allen bewohnten Orten des
Landes . . . Auf gute Weide will ich
sie führen.“ Im Matthäus- und
Lukasevangelium greift Jesus
Ezechiels Vision auf und erzählt die
Geschichte eines Hirten, der sich
auf die Suche nach dem verlorenen
Schaf macht. Und im Johannesevangelium nennt sich Jesus selbst
den „guten Hirten“.
Ezechiel in der Ebene der Totengebeine
(Ezekiel in the Valley of the Dry Bones),
aus einem Gemälde von John Roddam
Spencer Stanhope (1829 –1908).
61
29
Schlage nach
Jeremias Brief an die
Verbannten:
Jeremia 29
Der Kyrus-Erlass:
Esra 1
Der neue Tempel wird
geweiht:
Esra 6
Nehemia bittet darum,
nach Jerusalem zurückkehren zu dürfen:
Nehemia 1– 2
Exil und Heimkehr
Als die Babylonier in Juda einfielen und Jerusalem um 597 v. Chr.
eroberten, wurde König Jojachin als Gefangener nach Babel gebracht,
zusammen mit der jüdischen Führungsschicht, den Gelehrten und Handwerkern. Neun Jahre später wurde Jerusalem zerstört und weitere Judäer
kamen nach Babel. Die Zeit danach wird Verbannung genannt. Tausende
Juden, die man nach Babel gebracht hatte, dachten traurig an ihre Heimat
und sehnten sich zurück.
Psalm 137 ist ein Klagelied und handelt von der Stadt, die sie zurückgelassen haben (Jerusalem heißt hier Zion):
An den Strömen von Babel, da saßen wir und weinten, wenn
wir an Zion dachten.
Wir hängten unsere Harfen an die Weiden in jenem Land.
Das Laubhüttenfest
Das Laubhüttenfest (auf
Hebräisch Sukkot) ist eines der
drei großen Jahresfeste des Alten
Testaments. Die anderen sind
das Paschafest (Pessach – siehe
Kapitel 11) und das Wochenfest
(Schawuot). Das Laubhüttenfest
wird im Frühherbst zum Abschluss
der Kornernte und Traubenlese
gefeiert. Das Buch Levitikus
(23,39 – 43) schreibt vor, dass sich
die Menschen Hütten aus Zweigen
bauen sollen, in denen sie während
der einwöchigen Feiern wohnen,
um sich an ihre Wanderschaft
durch die Wüste zu erinnern.
Das Buch Nehemia erzählt, wie das
Fest wieder gefeiert wird, nachdem
Jerusalem neu aufgebaut war
(siehe Nehemia 8,13 –18). Juden
feiern Sukkot auch heute noch.
62
Dort verlangten von uns die Zwingherren Lieder,
unsere Peiniger forderten Jubel: „Singt uns Lieder
vom Zion!“
Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn,
fern, auf fremder Erde?
Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem,
dann soll mir die rechte Hand
verdorren.
Die Zunge soll mir am Gaumen
kleben, wenn ich an dich nicht
mehr denke, wenn ich
Jerusalem nicht zu
meiner höchsten
Freude
erhebe.
Jeremia schrieb einen Brief an die Juden in Babel. Er forderte sie auf, sich
niederzulassen und nicht auf eine baldige Rückkehr zu hoffen. Er sagte ihnen,
was Gott ihm aufgetragen hatte: „Bemüht euch um das Wohl der Stadt, in die
ich euch weggeführt habe, . . . denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl.“ Jeremia
kündigte an, dass Gott seinem Volk in 70 Jahren erlauben würde, nach
Jerusalem zurückzukehren.
Tatsächlich sollte es nicht so lange dauern. Nur 50 Jahre nach dem Fall
Jerusalems ging Babel seinerseits zugrunde. 539 v. Chr. fiel es an Kyrus, den
König von Persien. Und alle von Nebukadnezzar eroberten Gebiete gehörten
fortan zum persischen Reich. Kyrus war ein weiser und toleranter Herrscher,
dem am Wohl seiner Untertanen gelegen war. 538 erlaubte er den jüdischen
Verschleppten in Babel, langsam nach Jerusalem zurückzukehren und sogar
den Tempel wiederaufzubauen. Bei der Tempelweihe jubelten manche
vor Freude, während andere weinten, weil sie sich an den alten Tempel
erinnerten.
Nach Verbannung und Heimkehr gab es viel zu tun. Die Juden mussten
ihre Religion neu organisieren. Der „zweite“ Tempel wurde gebaut und
geweiht, die heiligen Bücher wurden gesammelt und stellenweise neu
geschrieben. Die beiden Bücher der Chronik erzählen Teile der Bücher
Samuel und Könige nach, wobei dem Tempel eine besondere Bedeutung
zukommt. Auch längere Abschnitte in Levitikus spiegeln diese Zeit, obwohl
manches in diesem Buch auch in viel frühere Zeiten zurückreicht. Zur Zeit
des zweiten Tempels kehrte Gottes auserwähltes Volk also in sein Gelobtes
Land zurück und gewann wieder an Zuversicht, dass Gott ihm beistand.
Darum war man sehr darauf
bedacht, Gott aufs
höchste zu verehren.
Nehemia und Esra
Zwei Bücher berichten von der
Rückkehr aus dem Exil: Eines
beschreibt den Wiederaufbau
des Tempels durch einen
Priester namens Esra. Das andere
beschreibt den Wiederaufbau
der Mauern von Jerusalem durch
Nehemia. Dieser war Jude und
Mundschenk von König Artaxerxes, einem Nachfolger von
Kyrus in Babel. Es ist schwierig,
die Bücher Esra und Nehemia in
Einklang zu bringen und festzustellen, ob nun die Mauer oder der
Tempel zuerst wiederaufgebaut
wurde.
Kyrus, der große König
E
ine Inschrift aus Babel
beschreibt, wie Kyrus verbannte
Völker in ihre Heimatländer
zurückkehren ließ und ihnen die
Tempel ihrer Götter zurückgab:
„Ich bin Kyrus – der König des
Weltreichs, der große und mächtige
König, der König von Babylonien,
der König von Sumer und
Akkad, der König der vier
Weltsektoren . . . Die jenseits
des Tigris wohnenden Götter
brachte ich zurück. Alle ihre
Leute versammelte ich und
brachte sie zurück zu ihren
Wohnorten.“
Der Kyrus-Zylinder wurde 1879 in den Ruinen des
Tempels des Gottes Marduk in Babel entdeckt. Der
Text darauf erklärt, dass die verbannten Völker, darunter
die Juden, in ihre Heimatländer zurückkehren dürfen.
63
30
Schlage nach
Ester tritt mutig vor den
König:
Ester 5,1– 8
Geschichten aus der Gefangenschaft:
Ester und Daniel
Es gibt jede Menge Geschichten über jüdische Helden – männliche wie
weibliche – aus der Zeit der Verbannung. Sie berichten von Weisheit und
Mut der Juden und wie diese ihre fremden Herrscher oftmals überlisteten.
Daniel findet Gunst am Hof:
Daniel 1– 2
Der glühende Feuerofen:
Daniel 3
Das Gastmahl Belschazzars:
Daniel 5
Daniel in der Löwengrube:
Daniel 6
Visionen vom Ende:
Daniel 7–12
Die Verschleppung nach
Babel:
siehe Kapitel 29
Die makkabäische Revolte:
siehe Kapitel 34
Das Purimfest
M
it dem Purimfest feiern Juden
bis heute die Geschichte von
Ester. Pur bedeutet „Los“ und
erinnert daran, dass der Tag, an
dem alle Juden getötet werden
sollten, durch Loswurf entschieden
werden sollte. Beim Purimfest wird
die Geschichte von Ester erzählt.
Immer, wenn dabei der Name
Haman fällt, wird er mit Ratschen
und Rasseln übertönt. Das Purimfest findet im März oder April statt.
Das Purimfest im heutigen Israel.
64
Das Buch Ester
Dieses Buch, das wahrscheinlich aus dem vierten Jahrhundert v. Chr. stammt,
erzählt, wie König Artaxerxes von Persien (vermutlich König Xerxes) die
schöne Ester zur Frau nimmt, ohne sich ihrer jüdischen Herkunft bewusst zu
sein. Als ein Mann namens Haman den Plan ausheckt, alle Juden im Königreich zu töten, will Ester das unbedingt verhindern. Doch nicht einmal die
Königin durfte sich ohne Einladung dem König nähern. Dennoch tritt Ester
mutig vor den König – und er empfängt sie freundlich. Es gelingt ihr, ihr
Volk zu retten und den Spieß umzudrehen, sodass Haman hingerichtet wird.
Die Geschichte von Ester ist eine von vielen über starke und mutige jüdische
Frauen. Andere sind beispielsweise die Geschichten von Debora im Buch
der Richter und Judit im Buch Judit.
Bogenschützen im Palast von Darius dem Großen (548 – 486 v. Chr.)
in Susa im heutigen Iran. Susa ist der Schauplatz von Esters Geschichte.
Das Buch Daniel
Daniel in der Löwengrube ist eine der bekanntesten
Geschichten der Bibel. Doch wer war Daniel und was
machte er bei den Löwen?
Das Buch Daniel spielt zur Zeit der Verbannung, ist
aber nur schwer mit dem zu vereinbaren, was historisch
aus dieser Zeit bekannt ist. Viele Forscher datieren das
Buch in der heute vorliegenden Form auf die Zeit des
Makkabäeraufstandes und vermuten in dem König aus
Daniel 11 eine Anspielung auf Antiochus IV. Epiphanes.
Das Buch erzählt von Daniel und seinen Freunden
am Hof von Nebukadnezzar. Wie einst Josef am Hof
des Pharaos ist auch Daniel ein mutiger junger Jude,
der auf Gott vertraut, die königlichen Beamten überlistet und die Träume des Königs deutet. Daniels
Freunde Schadrach, Meschach und Abed-Nego weigern
sich, den König zu verehren, und werden deshalb in
einen glühenden Feuerofen geworfen, aus dem sie
jedoch unverletzt wieder herauskommen.
Einem späteren König, Belschazzar, prophezeit
Daniel die Niederlage und den Untergang des Königreichs, als merkwürdige Worte an den Palastwänden
erscheinen. Manchmal ist von einem „Menetekel“ die
Rede, von einem bedeutsamen Zeichen – dieser Begriff
stammt daher.
Dann übernimmt der Meder Darius die Königsherrschaft in Babel. Er verleiht Daniel eine hohe Machtposition (wieder wie bei Josef). Doch Daniels Feinde
erfinden ein Gesetz, nach dem der König einen Monat
lang von allen verehrt werden muss. Als Daniel
sich weigert, wird er in eine Löwengrube geworfen.
Er kommt aber lebendig wieder heraus.
Die späteren Kapitel des Buches Daniel bestehen
aus eigenartigen Visionen, die an das Buch
Ezechiel erinnern. Man bezeichnet diese Texte als
„apokalyptisch“ (nach dem griechischen Wort für
„Offenbarung“). Vieles davon ist schwer zu deuten,
aber einige Punkte sind klar. Die Grundaussage des
Buches ist das Versprechen Gottes, sein Volk aus aller
Not zu erretten, auch wenn es schwere Zeiten durchlebt. „Dann kommt eine Zeit der Not, wie noch keine
da war, seit es Völker gibt.“ In Daniel 12 heißt es:
„Von denen, die im Land des Staubes schlafen,
werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben,
die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu. Die
Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt;
und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt
haben, werden immer und ewig wie die Sterne
leuchten.“
Das Buch Daniel steht in der Mitte des Alten
Testaments, obwohl der Text als einer der letzten
entstand. Er ist voller Hoffnung darauf, dass Gott
seinem Volk irgendwann Frieden schenken wird und
selbst die Toten auferstehen, um an Gottes neuem
Reich teilzuhaben.
Mene mene tekel u-parsin: „Gezählt, gezählt (Bedeutung
der Doppelung: gründlich gezählt), gewogen, geteilt“
. . . die hebräischen Worte, die an der Palastwand
erscheinen und die Zerstörung von Belschazzars Reich
ankündigen.
65
31
Schlage nach:
Schwerter zu Pflugscharen:
Micha 4
Ich werde meinen Geist
ausgießen:
Joël 3
Der Herr ist mein Retter:
Habakuk 3,17–18
Ein Tag des Zorns:
Zefanja 1,14 –16
Baut den Tempel wieder auf!
Weitere Propheten
Noch weitere Bücher, die hier noch nicht erwähnt wurden, sind nach
Propheten benannt. Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über diese
Propheten. Sie lebten zu verschiedenen Zeiten vor und nach der Verbannung.
Joël
Das Buch Joël erzählt von einer Heuschreckenplage, die der Prophet als
Gottes Strafe deutet. Joëls bewegenden Aufruf zur Rückbesinnung auf Gott
verlesen Christen bis heute am Aschermittwoch. Außerdem beschreibt Joël
den Tag, an dem Gott seinen Geist über die Menschen ausgießt. Mit dieser
Passage (Joël 3) erklärt Petrus, was Gott an Pfingsten geschehen lässt.
Haggai 1,3 – 8
Euer König kommt:
Sacharja 9,9
Ich sende euch Elija:
Maleachi 3,19 – 24
Micha
Der Prophet Micha
lebte zur Zeit von König
Hiskija und wird im Buch
Jeremia erwähnt, als er
nach Jerusalem kommt. Die
berühmteste Stelle im Buch
Micha ist das vierte Kapitel.
Hier wird ein Bild von Friedenszeiten gezeichnet:
Menschen bauen Schwerter
und Speere zu landwirtschaftlichen Geräten um,
keiner erlernt mehr das
Kriegshandwerk und alle
leben in Frieden: „Jeder
sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem
Feigenbaum und niemand
schreckt ihn auf.“
„Schwerter zu Pflugscharen“ – diese
Statue des russischen Bildhauers Yevgeny
Vuchetich (1959) stellt den Vers aus
Micha dar. Sie steht am Hauptquartier
der Vereinten Nationen in New York.
66
Obadja
Das kürzeste Buch des Alten Testaments ist eine Kunde (oder
Botschaft) von Gott, die sich gegen das Nachbarland Edom
richtet. Den Edomiten wird nachgesagt, den Babyloniern
bei der Eroberung Jerusalems geholfen zu haben.
Nahum
Das Buch Nahum richtet sich vor dem Fall von
Ninive 612 v. Chr. gegen das Reich Assur.
Habakuk
Dieses kurze Buch betont, wie wichtig
es ist, auch in harten Zeiten auf Gott zu
vertrauen: „Zwar blüht der Feigenbaum
nicht, an den Reben ist nichts zu ernten,
der Ölbaum bringt keinen Ertrag, die
Kornfelder tragen keine Frucht; im
Pferch sind keine Schafe, im Stall
steht kein Rind mehr. Dennoch will
ich jubeln über den Herrn und mich
freuen über Gott, meinen Retter.“
Zefanja
Zefanja lebte zur Regierungszeit von Joschija. Der Prophet mahnt die
Menschen von Juda und Jerusalem, sich auf Gott zurückzubesinnen.
Er prophezeit einen schrecklichen „Tag“ des Herrn, einen Tag des Zorns gegen
sein untreues Volk. Auf Lateinisch heißt Zefanja 1,15 („Ein Tag des Zorns ist
jener Tag“) dies irae, dies illa. Mit diesen Worten beginnt der mittelalterliche
Hymnus Dies Irae, in dem das Jüngste Gericht am Ende der Welt beschrieben
wird.
Haggai
Der Prophet Haggai lebte zu der Zeit, als die Juden langsam aus der Verbannung heimkehrten, der Tempel jedoch noch nicht wiederaufgebaut war.
Er tadelt die Leute, die sich schöne Wohnhäuser bauen, ohne an Gottes
Haus zu denken. „Ihr sät viel und erntet wenig“, sagt er ihnen. „Ihr esst und
werdet nicht satt . . . Überlegt also, wie es euch geht. Geht ins Gebirge, schafft
Holz herbei und baut den Tempel wieder auf! Das würde mir gefallen und
mich ehren, spricht der Herr.“
Maleachi
Maleachi ist nicht der Name des Propheten, sondern das hebräische Wort
für „Bote“. Gott kündigt an, dass er seinen „Boten“ schicken wird, um den
Weg zu bereiten, auf dem Gott persönlich zu seinem Volk kommen wird.
An diesem Tag wird Gott all jene bestrafen, die es verdienen. „Für euch aber,
die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen
und ihre Flügel bringen Heilung.“ Christen sehen in diesen Worten einen
Hinweis auf die Auferstehung Jesu. Außerdem sagt „Maleachi“, dass Gott
Elija senden wird, um sein Volk auf sein Kommen vorzubereiten.
„Deshalb hält der Himmel über euch den Tau
zurück und die Erde hält ihren Ertrag zurück“
(Haggai 1,10). Im Hintergrund der unvollendete
Tempel.
Sacharja
W
ie Haggai lebte auch Sacharja
zur Zeit der Heimkehr aus der
Verbannung. Seine Prophezeiungen
haben wie die von Ezechiel die
Form von seltsamen Visionen
und werden – genau wie Ezechiels
Visionen – in der Offenbarung des
Johannes wieder aufgenommen.
Seine berühmteste Vorhersage
betrifft den König, der eines Tages
kommt. „Er ist gerecht und hilft;
er ist demütig und reitet auf einem
Esel.“ Diese Ankündigung erfüllt
Jesus, als er in Jerusalem einreitet
(siehe Kapitel 55).
67
32
Die Zusammenstellung der Bücher des
Alten Testaments
Schlage nach
Die Liste der apokryphen
(oder „deuterokanonischen“)
Bücher variiert je nach
Bibelfassung.
Die Pseudepigrafen
Wie die „apokryphen“ oder
„deuterokanonischen“ Bücher
haben auch andere jüdische
Schriften aus den letzten zwei
Jahrhunderten v. Chr. und den
ersten drei Jahrhundert n. Chr.
überlebt. Diese Bücher werden
auch „Pseudepigrafen“ (Bücher
unter falschen Namen) genannt,
denn viele von ihnen erscheinen
unter dem Namen bekannter
Persönlichkeiten aus dem Alten
Testament. Zum Beispiel heißt es
im „Zwölfprophetenbuch“ (um
150 v. Chr., vielleicht zur gleichen
Zeit wie das Buch Daniel), dies
seien die letzten Worte der zwölf
Söhne von Jakob.
Obwohl sie nicht zum Kanon
gehören, vermitteln diese Bücher
einen lebendigen Eindruck
religiöser Vorstellungen der Juden
dieser Zeit.
Im dritten Jahrhundert v. Chr. lebten die Juden nicht nur in Juda und
Israel, sondern auch in vielen anderen Ländern. Viele Völker verständigten
sich mittlerweile auf Griechisch. Damals übersetzten jüdische Gelehrte in
Alexandria in Ägypten die hebräische Bibel ins (Alt-)Griechische. Einer
Legende nach geschah dies auf Befehl des ägyptischen Königs, der die Bücher
Mose für seine Bibliothek wollte. Die gleiche Legende besagt, dass 70 (oder
72) Gelehrte mit der Übersetzung beschäftigt waren, warum sie manchmal
die „Septuaginta“ (vom lateinischen Zahlwort für „70“) genannt wird.
Viele Ausgaben des Alten Testaments enthalten 39 Bücher. Doch in der
Septuaginta sind es mehr. Für die Juden Alexandrias waren die „Fünf Bücher
Mose“ der heiligste Teil der Sammlung. Dann folgten die „Propheten“ und
schließlich die „Schriften“. Doch man weiß nicht, welche Bücher zu den
„Schriften“ gezählt wurden und welche nicht.
Nach dem Niedergang von Jerusalem und der Zerstörung des Tempels
70 n. Chr. spielte sich das religiöse Leben der Juden Palästinas (Palästina war
die griechische Bezeichnung für Israel und Juda) in örtlichen Gotteshäusern,
den Synagogen, ab. Als man in den Tempeln keine Opfer mehr darbrachte,
gewann das Vorlesen der Schrift noch mehr an Bedeutung und man wollte
genau wissen, welche Bücher zu den heiligen Schriften zählten. Schließlich
einigte man sich auf die 39 Bücher, die sich in den meisten Ausgaben des
Alten Testaments finden (obwohl manche zusammengezählt wurden, sodass
sie 24 ergaben). Die Liste der Bücher, aus denen das Alte Testament besteht,
heißt „Kanon“ (griechisch für „Regel“ oder „Maßstab“).
Lange vor 70 n. Chr. waren auch die anderen Bücher der Septuaginta den
Christen wohl bekannt, besonders Menschen wie Paulus, die Griechisch lesen
konnten. Zwar wird im Neuen Testament keines dieser Bücher direkt zitiert,
doch die paulinischen Briefe erinnern stellenweise stark an das „Buch
der Weisheit“. Im zweiten, dritten und vierten Jahrhundert n. Chr. waren
Christen diese Bücher genauso vertraut wie die Bücher des Alten Testaments.
Übersetzung durch Hieronymus
Hieronymus, ein Bibelgelehrter im vierten Jahrhundert n. Chr., übersetzte die
Bibel ins Lateinische (meist „Vulgata“ genannt). Seiner Meinung nach sollten
Christen nur jene Bücher ins Alte Testament aufnehmen, auf die sich die
Juden von Palästina nach 70 n. Chr. geeinigt hatten.
68
Die anderen Bücher nannte er die „Apokryphen“ (griechisch für
„versteckt“). Augustinus, ein anderer wichtiger Bibelgelehrter und Zeitgenosse des Hieronymus, war gegenteiliger Ansicht und nahm all diese
Bücher in die Bibel auf. Augustinus setzte sich durch und bis zur Reformation
im sechzehnten Jahrhundert nahmen Christen wenig Notiz von der Unterscheidung, die Hieronymus gemacht hatte.
Nach der Reformation vertraten die verschiedenen Kirchen unterschiedliche
Meinungen. Manche Bibelfassungen enthalten heute nur die 39 Bücher
des Alten und die 27 des Neuen Testaments. Andere nehmen ein paar der
„apokryphen“ (oder „deuterokanonischen“) Bücher unter den Büchern des
Alten Testaments auf oder fügen sie in einem eigenen Abschnitt zwischen
Altem und Neuem Testament ein.
In diesem Punkt konnten sich die christlichen Kirchen nie ganz einigen.
Bei den wichtigsten Büchern herrscht Einigkeit, doch manche Bücher sind
nach wie vor strittig.
Ulrich Zwingli (1484 –1531) war eine führende
Persönlichkeit der Reformation im sechzehnten
Jahrhundert.
Das Logo des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Verschiedene Kirchen
Seit Jesu Lebzeiten haben sich
verschiedene Kirchen (Christengemeinden) ausgebildet. Manchmal kam es zur Trennung, weil
Christen in verschiedenen Ländern
lebten, verschiedene Sprachen
benutzten, verschiedene Bräuche
kannten und einander nicht mehr
verstanden. Manchmal entstanden
hitzige Debatten über den christlichen Glauben. Zwischen 500 und
1000 n. Chr. entfremdeten sich
die Griechisch sprechende Ostkirche und die Latein sprechende
westliche Kirche nach und nach.
Im sechzehnten Jahrhundert
spaltete die Reformation die Kirche
im westlichen Europa. Das waren
Trennungen, die sich später auch
in anderen Teilen der Welt vollzogen. Heute gibt es jedoch eine
große Bewegung („ökumenische
Bewegung“ genannt), die christliche Kirchen wieder vereinen und
versöhnen will. Viele Bestrebungen
gehen dabei vom Ökumenischen
Rat der Kirchen (ÖRK) aus. Der
ÖRK fördert den Dialog zwischen
den Kirchen und unterstützt
gemeinsame Projekte, um gegen
Hunger, Armut und Rassismus zu
kämpfen. Die meisten Christen
glauben, dass die Gemeinsamkeiten
der Christen wichtiger sind als die
Unterschiede.
33
Schlage nach
Lob der ehrwürdigen Männer:
Jesus Sirach 44,1–7
Die Seelen der Gerechten:
Weisheit 3,1– 3
Die „versteckten“ Bücher
Auch wenn unter christlichen Kirchen keine endgültige Einigkeit darüber
herrscht, welche Bücher „kanonisch“ oder „apokryph“ oder „deuterokanonisch“
sind, so sind doch alle Bücher Teil des christlichen Erbes. Manche evangelische
Bibelausgaben verzichten auf folgende Bücher. In anderen sind sie zwischen
Altem und Neuem Testament eingefügt. In katholischen Bibelausgaben
finden sich die meisten folgender Bücher inmitten der „kanonischen“.
Lob der Väter Israels
Die ehrwürdigen Männer will ich
preisen, unsere Väter, wie sie aufeinanderfolgten. Viel Ehre hat der Höchste
ausgeteilt, viel von seiner Größe, seit den
Tagen der Vorzeit: Männer, die über die
Erde als Könige herrschten und die
berühmt waren durch ihre Macht; die
Rat erteilten durch ihre Einsicht, die
prophetisch alle Dinge erschauten;
Fürsten des Volkes wegen ihrer Klugheit,
angesehen wegen ihres Scharfsinns;
redekundig durch ihre Kenntnis der
Schriften, Lehrer von Sinnsprüchen
durch ihre Lebenserfahrung; Dichter
von Liedern in Versmaß, Verfasser von
geschriebenen Sinnsprüchen; tüchtige
Männer, auf Macht gestützt, unbehelligt
in ihrem Wohnsitz: Sie alle waren
geehrt zu ihrer Zeit und ihr Ruhm
blühte in ihren Tagen.
Jesus Sirach 44,1–7
Das Buch Tobit
Diese Geschichte wurde wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert v. Chr.
ursprünglich auf Aramäisch geschrieben. Sie erzählt von einem Mann
namens Tobit, der nach Ninive verschleppt wird, nachdem die Assyrer Israel
erobert haben. Tobit erblindet dort. Er erinnert sich an Geld, das er einst im
Nachbarland Medien versteckt hat, und schickt seinen Sohn Tobias aus,
danach zu suchen. Begleitet wird Tobias von seinem Hund und dem Engel
Rafael. Tobias heiratet ein Mädchen namens Sara. Sara wird von einem
Dämon belästigt. Tobias vertreibt den Dämon, findet das Geld und kehrt zu
Tobit zurück. Dieser wird durch Rafael geheilt. Diese Geschichte war sehr
beliebt bei Künstlern des Mittelalters und der Renaissance.
Das Buch Judit
Judit ist eine mutige jüdische Heldin im Stil von Debora und Jaël. Das Buch
stimmt nicht mit historischen Ereignissen überein und war wahrscheinlich
nur als spannende Geschichte gedacht. Es wurde vermutlich im ersten
Jahrhundert v. Chr. geschrieben und erzählt, wie Judit einen assyrischen
Oberbefehlshaber namens Holofernes gefangen nimmt und köpft. Er war
nicht nur in ihr Land eingefallen, sondern hatte versucht, sie zu verführen.
Auch diese Geschichte liebten die Künstler.
Zusätze zum Buch Ester
Das sind Erweiterungen des Buches Ester, die sich in der griechischen Bibel
(Septuaginta) finden, nicht aber im hebräischen Original. Sie geben dem
Buch einen religiösen Charakter, denn im Hauptteil des Buches Ester wird
Gott nicht erwähnt!
Tobias und der Engel: Ein Gemälde von Andrea
del Verrocchio (1435 –1486), heute in der
National Gallery in London. Tobias ist nach
der Mode der Zeit des Künstlers gekleidet.
70
Paulus hat das Buch möglicherweise gekannt. Und manche frühen Christen
ordneten es eher dem Neuen als dem Alten Testament zu. Es entstand wahrscheinlich zu Beginn des ersten Jahrhunderts n. Chr. und wurde sicher nicht
von Salomo geschrieben, auch wenn es manchmal „Weisheit Salomos“ heißt.
Das Buch Jesus Sirach
Dieses Buch wird auch „Ecclesiasticus“ oder kurz „Sirach“ genannt und
darf nicht mit Ecclesiastes verwechselt werden, dem Buch Kohelet im Alten
Testament. „Jesus, Sohn von Sirach“ ist der Name des Autors, obwohl sein
Name oft in der hebräischen Form Ben Sira erscheint. Wie er zu Beginn
erklärt, schreibt Ben Sira das Buch im zweiten Jahrhundert v. Chr. auf
Hebräisch und sein Enkel übersetzt es ins Griechische. Das Buch steht in
der Tradition jüdischer „Weisheit“ und enthält viele Sprichwörter.
Die Geschichte, die erzählt,
wie Judit Holofernes enthauptet
(Judit 13), gehört zu den
sogenannten „versteckten“
Büchern der Bibel.
Baruch und der Brief des Jeremia
Im Buch Baruch heißt es, es stamme vom Sekretär des Jeremias. Doch
wahrscheinlich wurde es im zweiten Jahrhundert v. Chr. geschrieben.
Der Brief von Jeremia ist, wie Baruch, ein Zusatz zu Jeremias Geschichte und
erscheint in manchen Bibelausgaben als Kapitel 6 des Buches Baruch.
Zusätze zum Buch Daniel
Das Gebet Asarjas, der Lobgesang der drei jungen Männer, die Geschichte von
Susanna, von Bel und der Drache sind allesamt Anhänge zur griechischen
Fassung des Buches Daniel.
Das erste und zweite Buch der Makkabäer
Diese beiden wichtigen Bücher werden in Kapitel 34 behandelt.
Andere Zählungen und apokryphe Texte
Manche Bibelforscher nehmen an, dass es sich bei den Büchern 1 und 2
Chronik sowie bei den Büchern Esra und Nehemia um ein ursprünglich in
sich geschlossenes Werk gehandelt hat. Manchmal werden die Bücher deshalb
als 1 bis 4 Chronik gezählt.
Andere apokryphe Texte sind das Gebet des Manasse
und Psalm 151, die manche Kirchen anerkennen.
Sie sind jedoch weitgehend unbekannt und werden
selten gelesen.
Das Buch der Weisheit
Der jüdische Verfasser dieses langen Buches war mit der griechischen
Philosophie vertraut. Er beschreibt seinen Glauben verständlich für andere
Kenner des griechischen Gedankenguts. Manche der Vorstellungen erinnern
an das Johannesevangelium, die Paulusbriefe und den Brief an die Hebräer.
71
34
Der Makkabäeraufstand
Einer der mächtigsten Herrscher der antiken Welt war Alexander der Große,
Schlage nach
König von Makedonien in Griechenland. 334 v. Chr. machte er sich an die
Eroberung des großen persischen Reichs, dem damals alle Länder der Bibel
angehörten. Alexander nahm den Persern Ägypten und gründete dort die
Stadt Alexandria. Sein Heer marschierte bis nach Indien. Obwohl dieses
riesige Reich noch vor Alexanders Tod wieder zerfiel, verbreiteten sich die
griechische Sprache und Kultur sehr schnell. Gebildete Menschen fanden
Gefallen an griechischen Bräuchen und ihrem Ideengut.
Die Region Syrien und Palästina wurde von den Seleuziden regiert, der
Familie eines Generals von Alexander. Einer von ihnen, König Antiochus IV.
Epiphanes, wollte, dass die Juden ihre Religion zugunsten griechischer
Götterverehrung aufgeben. Er ordnete in allen jüdischen Städten Opfergaben
an griechische Gottheiten an und baute einen Zeus-Tempel in Jerusalem.
Antiochus will die Juden zur
Verehrung fremder Götter
zwingen:
1 Makkabäer 1
Mattatias und seine Söhne
beginnen den Aufstand:
1 Makkabäer 2
Judas erobert den Tempel:
1 Makkabäer 4
Der Tod der sieben Brüder:
2 Makkabäer 7
Der Tod Eleasars:
2 Makkabäer 6
Schwarzes Meer
sc
Kaspi
Mi
tte
lme
er
Me
hes
Gordion
er
Ekbatana
(Hagmetana,
Achmeta) Z A
Tyrus
Babel
Damghan
GR
O
SG
Susa
EB
IR
G
E
I nd
Alexandria
Samarkand
us
Pella
Persepolis
Alexanders Route
Nil
ptolemäisches Herrschaftsgebiet, ca. 270 v. Chr.
seleuzidisches Herrschaftsgebiet, ca. 270 v. Chr.
Alexander der Große und seine Nachfolger
W
enn die Forscher recht haben und Daniel 11 eine Anspielung
auf den Zerfall des Alexanderreichs ist (siehe Kapitel 30), dann ist
besagter vierter König König Xerxes I. Dieser war von 486 bis 465
v. Chr. an der Macht und versuchte, Griechenland zu erobern und
schlug die Spartaner 480 v. Chr. in der Schlacht bei den Thermopylen. Ein Kriegskönig (Alexander) tritt auf: „Dann wird ein
kraftvoller König kommen; er herrscht mit großer Macht und tut,
was er will“ (er führte sein Heer bis nach Indien). Doch sein Reich
zerfällt und wird aufgeteilt, aber nicht unter seinen Erben.
Alexander starb im Alter von 33 Jahren, und die Gebiete,
72
die ererobert hatte, wurden unter den Generälen aufgeteilt.
Der „König des Südens“ aus Daniel 11 ist Ptolemäus, dessen
Dynastie über Ägypten herrschte, bis die Römer es eroberten.
Der „König des Nordens“ bezieht sich auf die SeleuzidenFamilie, die Persien, Syrien und Palästina beherrschte. Und
schließlich ist da noch ein König, ein „verächtlicher Mensch.
Ihm überträgt man die Würde des Königtums nicht; er kommt
aber unversehens und reißt die Herrschaft durch List an sich . . .
Er wird übermütig und prahlt gegenüber allen Göttern . . . Dann
geht er seinem Ende zu und niemand ist da, der ihm hilft“. Das
ist eine verdeckte Anspielung auf König Antiochus IV. Epiphanes.
Das Chanukkafest
J
Judas, der Makkabäer, erobert den
Tempel in Jerusalem zurück.
Das erste Buch der Makkabäer erzählt die Geschichte vom Aufstand der
gläubigen Juden gegen Antiochus 167 v. Chr. Er wird von dem alten Priester
Mattatias und seinen Söhnen angeführt. Nach dem Tod des Mattatias
übernimmt sein Sohn Judas, der „Makkabäer“ (der Name bedeutet „der
Hammer“) die Führung. Judas ist ein kluger Feldherr. Unter seinem
Kommando besiegt das jüdische Heer die Streitmächte von Antiochus und
erobert Jerusalem. Der Zeus-Altar wird zerstört und der Tempel wieder dem
jüdischen Gott geweiht.
Im Jahr 161 stirbt Judas in der Schlacht, doch seine Brüder führen den
Kampf fort. Der letzte Bruder, Simeon, wird Hoherpriester und Fürst der
Juden. Die Familie des Mattatias ist besser bekannt als „Makkabäer“ und
„Hasmonäer“. Die Erbfolge, die mit Simeon beginnt, heißt die „Hasmonäische
Dynastie“.
Der Verfasser von 1 Makkabäer möchte zeigen, dass die Helden des Makkabäeraufstandes in der Tradition von Josua, Gideon und David stehen, den
gläubigen Kriegern des Alten Testaments. Wie die beschriebenen Makkabäer
hält der Verfasser leidenschaftlich an jüdischem Glauben, Gesetz und Brauchtum fest. Andere Schriften, wie das Buch der Weisheit oder das Buch Jesus
Sirach, betonen die Ähnlichkeit von griechischem und jüdischem Denken.
Doch 1 Makkabäer betont die Unterschiede und hatte großen Einfluss auf die
Stimmung im jüdischen Volk in der Zeit, als Jesus geboren wurde und
aufwuchs.
Das zweite Buch der Makkabäer ist keine Fortsetzung des ersten, sondern
eine Sammlung anderer Schriften über den Makkabäer-Aufstand. Sie
enthalten Geschichten von Juden, die sich lieber foltern und ermorden lassen,
als ihren Glauben aufzugeben.
uden feiern die Wiedereinweihung des Tempels von
Jerusalem 164 v. Chr. beim
jährlichen Chanukkafest. Es heißt
auch „Lichterfest“, weil Kerzen
angezündet werden, um daran
zu erinnern, wie die Lampen im
Tempel wieder angezündet wurden.
In Johannes 10 besucht Jesus
den Tempel an Chanukka (im
Johannesevangelium „Tempelweihfest“ genannt).
Chanukka, wie es heute von jüdischen Familien
gefeiert wird.
73
35
Was ist das Neue Testament?
Schlage nach
Das Neue Testament ist wesentlich kürzer als das Alte. Während das Alte
Davids Bund mit Jonatan:
Testament die Geschichte des Volkes Israel über Jahrhunderte hinweg erzählt
und dokumentiert, geht es im Neuen Testament um die Geschichte eines
Mannes und einige seiner ersten Anhänger. Für Christen ist das der
wichtigste Teil der Bibel. Aber ohne Kenntnisse des Alten Testaments bleibt
er unverständlich.
Das sind die Bücher des Neuen Testaments:
1 Samuel 18
Jeremias spricht von einem
Bund:
Jeremia 31,31
Der Bund bei Jesu letztem
Abendmahl:
Lukas 22,20; 1 Korinther 11,25
Was ist ein Testament?
Das Wort „Testament“ erscheint
häufig in älteren Übersetzungen
der Bibel. In moderneren
Fassungen wird das Wort
üblicherweise mit „Bund“ übersetzt. Ein Testament oder Bund ist
eine Abmachung oder bindende
Übereinkunft. Menschen können
miteinander einen Bund eingehen,
wie den Bund der Freundschaft,
den David mit Jonatan schließt
(1 Samuel 18). Doch der wichtigste
Bund im Alten Testament ist
der „Bund“ zwischen dem Volk
Israel und seinem Gott. Gott
verspricht, sein Volk zu leiten und
zu beschützen, und das Volk
verspricht im Gegenzug, Gottes
Gesetz zu befolgen.
Der Prophet Jeremia prophezeite
einen „neuen Bund“, den Gott mit
seinem Volk schließen würde. Als
Jesus seinen Jüngern beim letzten
Abendmahl Brot und Wein als
seinen Leib und sein Blut reicht,
spricht er vom „Neuen Bund“.
Deshalb nennen Christen die Zeit
vor Jesus den „Alten Bund“ oder
das „Alte Testament“ und die Zeit
von Jesus an den „Neuen Bund“
oder das „Neue Testament“.
74
Die Evangelien und die Apostelgeschichte
Das Evangelium nach Matthäus
Das Evangelium nach Markus
Das Evangelium nach Lukas
Das Evangelium nach Johannes
Die Apostelgeschichte
Matthäus, Markus, Lukas und Johannes werden traditionell als Verfasser
der vier Evangelien verstanden. Die Gründe dafür werden in den Kapiteln
45 – 47 erklärt. Die Namen der Evangelien werden oft abgekürzt, z. B. mit
„Matthäusevangelium“ oder einfach „Matthäus“ oder „Mt“.
Die vier Evangelien handeln vom Leben, Sterben und der Auferstehung
Jesu Christi. Zwischen den Evangelien gibt es Überschneidungen, doch jeder
Verfasser erzählt die Geschichte auf seine Weise. Die Apostelgeschichte (eine
Fortsetzung des Lukasevangeliums) berichtet davon, wie die ersten Anhänger
Jesu, insbesondere Petrus und Paulus, die Botschaft von Jesus im Römischen
Reich verbreiteten.
Die Briefe:
Die Paulinischen Briefe
Der Brief an die Römer
Der erste Brief an die Korinther
Der zweite Brief an die Korinther
Der Brief an die Galater
Der Brief an die Epheser
Der Brief an die Philipper
Der Brief an die Kolosser
Der erste Brief an die Thessalonicher
Der zweite Brief an die Thessalonicher
Der erste Brief an Timotheus
Der zweite Brief an Timotheus
Der Brief an Titus
Der Brief an Philemon
Der Brief an die Hebräer
Andere Briefe
Der Brief des Jakobus
Der erste Brief des Petrus
Der zweite Brief des Petrus
Der erste Brief des Johannes
Der zweite Brief des Johannes
Der dritte Brief des Johannes
Der Brief des Judas
Die Briefe wurden an christliche Gemeinden geschrieben, um sie im christlichen Leben zu unterrichten und sie zu ermutigen. Die meisten von ihnen
stammen von Paulus und richten sich an die von ihm gegründeten oder
besuchten christlichen Gemeinden (oder „Kirchen“).
Die Offenbarung des Johannes
Die Offenbarung (oder die „Apokalypse“) wurde geschrieben, um Christen
insbesondere in Zeiten der Verfolgung Mut zu machen.
In dieser Reihenfolge erscheinen die Bücher in der Bibel. Man liest also erst
über Jesus und danach über das Leben der ersten Christen und ihre
Gemeinden. Die Reihenfolge erscheint logisch, aber man kann das Neue
Testament auch anders lesen, denn wie im Alten Testament sind die ersten
Bücher nicht die ältesten. Paulus hatte vermutlich bereits alle seine Briefe
geschrieben, bevor mit der Niederschrift der Evangelien begonnen wurde.
Die folgenden Kapitel behandeln erst die Geschichte von Jesus und seine
Zeit. Die Kapitel danach befassen sich mit den ersten
Jüngern Jesu, insbesondere mit Paulus. Er ist der erste
Christ, der ein schriftliches Zeugnis hinterließ. Dann
werden die Bücher des Neuen Testaments einzeln
betrachtet gemeinsam mit ein paar anderen
frühchristlichen Schriften, die nicht im Neuen
Testament erscheinen. Die letzten Kapitel fügen
zusammen, was im Neuen Testament über Jesus
steht – seine Geburt, seine Lehre, seine Kreuzigung
und seine Auferstehung von den Toten.
Griechisch, die Sprache
des Neuen Testaments
Nach der Eroberung durch
Alexander den Großen verbreitete
sich die griechische Sprache und
Kultur in allen Ländern der Bibel.
Einige apokryphe und alle neutestamentlichen Bücher wurden in
einer einfachen Umgangsversion
des Griechischen, dem „KoineGriechisch“, verfasst. Die Koine
wurde von Völkern im östlichen
Mittelmeerraum benutzt, die noch
ihre eigenen Sprachen hatten.
Jesus ist mit mindestens vier
Sprachen aufgewachsen: Hebräisch,
der Sprache der Bibel; Aramäisch,
der Sprache, die er wahrscheinlich
zu Hause sprach; Latein, der
Sprache der römischen Regierung,
Armee und ihrer Beamten;
Griechisch, der Bildungssprache
sowie gebräuchlichsten Verkehrsund Handelssprache zwischen den
Ländern. In manchen Versionen
des Lukasevangeliums heißt es,
dass die Anschuldigung gegen
Jesus (dass er sich als König der
Juden ausgab) in Lateinisch,
Griechisch und Hebräisch (oder
Aramäisch) an seinem Kreuz
angebracht wurde.
Schreibmaterial in
neutestamentlichen
Zeiten.
75
36
Die Welt der Römer
Die Bücher des Alten Testaments wurden zu verschiedenen Zeiten und an
Schlage nach
verschiedenen Orten geschrieben. Die Bücher des Neuen Testaments hingegen
entstanden alle innerhalb weniger Jahrzehnte. Mit Ausnahme des Autors des
Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte, der Heidenchrist gewesen sein
könnte, waren sämtliche Verfasser des Neuen Testaments jüdische Christen
aus dem Römischen Reich.
Der Machtbereich Roms hatte sich in den fünf Jahrhunderten vor Christus
beständig ausgeweitet. Zu Jesu Lebzeiten beherrschten die Römer alle Länder
um das Mittelmeer, von Frankreich und Spanien im Westen bis Ägypten und
Syrien im Osten. 43 n. Chr. fielen die Römer in Britannien ein und machten es
zur Provinz. Im zweiten Jahrhundert n. Chr. weiteten sie ihren Machtbereich
ins östliche Europa aus, wie auch nach Armenien und Mesopotamien.
Der Hauptmann von
Kafarnaum:
Lukas 7,1–10
Die Verhandlung vor Pontius
Pilatus:
Markus 15,1– 20
Paulus wird als Gefangener
nach Rom gebracht:
Apostelgeschichte 27– 28
Paulus schreibt aus einer
Gefängniszelle:
Philipper 1,3 –14
B R I TA N N I E N
Das Römische Reich,
1. Jahrhundert n. Chr.
Danube
GALLIEN
ILL
ITALIEN
Rom
YR
IC
Schwarzes Meer
UM
MA Z EDO NI EN
ASIEN
Eufrat
HISPANIEN
S YRIEN
AC H A I A
76
Das erste Mal werden die
Römer in der Bibel in
1 Makkabäer 8
erwähnt, als Judas
der Makkabäer „von
ihren Feldzügen
und von ihren
kühnen Unternehmungen gegen
die Galater“ hört.
Judas erkennt in
den Römern einen
geeigneten Bündnispartner gegen
Antiochus IV. Epiphanes
und schickt Botschafter
nach Rom, um ein Abkommen
zu schließen. Zu dieser Zeit weiten
die Römer ihr Reich in den
östlichen Mittelmeerraum aus.
63 v. Chr. erobert der römische
Feldherr Pompeius Syrien und
macht Palästina zu einem Teil
dieser Provinz. Im Jahr 47 v. Chr.
wird Herodes Gouverneur von
Galiläa und 40 v. Chr. König von
Judäa.
Römische Soldaten blicken von
ihrer Garnison, der Burg Antonia,
auf den Tempel in Jerusalem.
CYRENAICA
Ä GY P T E N
Das Römische Reich im ersten
Jahrhundert n. Chr.
Die Römer kommen nach
Palästina
Jerusalem
Mittelmeer
MAURE TA NIE N
schuldig befunden wird, wird er zum römischen Statthalter Pontius Pilatus
gebracht, denn nur die Römer können das Todesurteil verhängen.
Jesus wird von römischen Soldaten gekreuzigt.
Die Römer werden aber nicht immer als Feinde von
Jesus dargestellt. Im Lukasevangelium tritt ein
freundlicher, großzügiger Hauptmann auf, der in
Kafarnaum eine Synagoge gebaut hat (eine Stätte für
den jüdischen Gottesdienst). Als sein Lieblingsdiener
erkrankt, kommen die jüdischen Ältesten der Stadt
zu Jesus und bitten ihn, dem Hauptmann zu helfen.
Das zeigt, dass einzelne Römer gut mit der
einheimischen jüdischen Bevölkerung auskamen,
obwohl die Römer Besatzungsmacht in Palästina
waren.
Die Briefe und die Apostelgeschichte erzählen, wie
Jesu Jünger nach seinem Tod durch das Römische Reich
ziehen und seine Botschaft verbreiten. Paulus wird von
Emperor
Augustus
römischen Soldaten gefangen genommen und mit einem
Wachtrupp nach Rom gebracht, wo er vom Kaiser selbst gerichtet wird (als
römischem Bürger stand Paulus dieses Recht zu). Die römischen Statthalter
Felix und Festus, die in der Apostelgeschichte genannt sind, werden auch von
dem jüdischen Historiker Josephus erwähnt.
Die Offenbarung des Johannes wurde geschrieben, um christliche
Gemeinden in einer Zeit zu ermutigen, in der sie von der römischen
Regierung verfolgt wurden, zum Beispiel unter der Herrschaft von Nero
(54 – 68 n. Chr.) und Domitian (81– 96 n. Chr.). Der römische Schriftsteller
Plinius der Jüngere (61–112 n. Chr.), Senator von Bithynien, beschreibt in
Briefen an seinen Freund Kaiser Trajan seine Schwierigkeiten mit Christen,
die sich weigern, ihren Glauben aufzugeben.
Ni
l
Die Römer tauchen immer wieder auf in den Geschichten, die von Jesus
handeln. So wird zum Beispiel im Lukasevangelium von der Reise von Maria
und Josef nach Betlehem erzählt, wo Jesus zur Welt kommt. Es heißt,
die Reise sei nötig, weil Kaiser Augustus die Eintragung in Steuerlisten
angeordnet hatte. An späterer Stelle versuchen Gegner Jesu, ihm eine Falle zu
stellen, indem sie ihn fragen, ob man Steuern an den Kaiser zahlen soll oder
nicht. Und als Jesus schließlich vom jüdischen Gericht in Jerusalem für
77
Schlage nach
Eine Geschichte über einen
Samariter:
Lukas 10,25 – 37
Eine Geschichte über einen
Pharisäer und einen Zöllner:
Lukas 18,9 –14
Die Schriftrollen vom
Toten Meer
Z
wischen 1947 und 1960 wurden
hunderte Schriftrollen in Höhlen in
der Nähe des Toten Meeres, in
Qumran, entdeckt. Die Schriftrollen
beinhalten Bücher des Alten
Testaments und andere, bis dahin
unbekannte Schriften. Die frühesten
stammen von 200 v. Chr., die
ältesten von 70 n. Chr. Die
Schriftrollen gehörten einer
jüdischen Gemeinde, die in Qumran
lebte, und geben Aufschluss über
ihr Leben. Die Gemeinde erwartete
die Ankunft zweier Messiasse. In
den Schriftrollen gibt es viele
Formulierungen, die sich auch in
den Evangelien finden. Die
Gemeinde nannte sich etwa „Söhne
des Lichts“. Diese Formulierung
gebrauchte auch Jesus in zwei
seiner Gleichnisse. Das bedeutet
aber nicht, dass Jesus zur Gemeinde
von Qumran gehörte oder dass die
Qumran-Gemeinde Anhänger von
Jesus waren. Es zeigt aber, dass die
Evangelien und die Schriftrollen in
eine Zeit gehören. Die QumranSchriftrollen belegen, wie manche
Juden im Palästina des ersten
Jahrhunderts nach Christus
dachten, sprachen und handelten.
Höhlen in Qumran. In diesen Höhlen wurden
die Schriftrollen vom Toten Meer („QumranRollen“) entdeckt.
78
Palästina zur Zeit Jesu
Die Römer besetzten das Land
Kafarnaum
See
des jüdischen Volkes und nannten
Gennesaret
G
A
L
I
L
Ä
A
es Palästina, nach den Philistern,
Nazaret
die dort in alttestamentlichen
Zeiten gelebt hatten. Bei den Juden
hieß der südliche Landesteil um
SAMARIEN
Jerusalem herum Juda – oder
auf Lateinisch Judäa. Es war ein
kleineres Gebiet als das frühere
südliche Königreich Juda. Die
Jericho
nördliche Region, in der Jesus aufJerusalem
wuchs, hieß Galiläa. Galiläa war
Betlehem
grün, fruchtbar und grenzte an
den See Gennesaret (auch See von
Totes
JUDÄA
Meer
Tiberias). Judäa, das sich bis zum
Toten Meer erstreckte, war trocken
und unfruchtbar. Die Judäische
Wüste zwischen Jerusalem und
Jericho, in der Jesu Gleichnis vom
barmherzigen Samariter spielt, ist
sehr karg.
Palästina zur Zeit Jesu.
Zur Zeit Jesu gab es viele religiöse Gruppierungen unter den Juden. Zum
Teil unterschieden sie sich stark voneinander und übten ihren Glauben auf
sehr verschiedene Art und Weise aus. Die Evangelien erwähnen drei: die
Schriftgelehrten, die Pharisäer und die Sadduzäer.
Jordan
37
Die Schriftgelehrten waren religiöse Lehrer, deren Aufgabe es war, den
Menschen Gottes Gesetze zu erklären. Bei Matthäus und Lukas werden sie
oft mit einer anderen Gruppe in Verbindung gebracht, den Pharisäern, die
oft als Hauptgegner Jesu dargestellt werden. Tatsächlich stand Jesus den
Pharisäern aber in vielen Dingen näher als anderen Gruppierungen. Zum
Beispiel glaubten sowohl Jesus als auch die Pharisäer, dass Gott eines Tages
die Toten auferwecken und den Gerechten ewiges Leben schenken würde.
Eine andere Gruppe, die Sadduzäer, glaubte das nicht; diese wollten auch
keinen Aufstand gegen Rom, scheint es.
Doch ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung ersehnte die Freiheit von
der römischen Vorherrschaft und hoffte, dass Gott seinem Volk eines Tages das
prächtige Reich aus den Zeiten von König David zurückgeben würde. Einige
Gruppierungen hielten nach einem König Ausschau, der die Römer schlagen
würde. Manche warteten darauf, dass einer vom Himmel herabstieg und den
„Tag des Herrn“ einläutete. Manche warteten auf mehrere Personen. Es wurde
oft vom „Gesalbten“ gesprochen. Auf Hebräisch hieß das mashiah, zu Deutsch
„Messias“. Auf Griechisch heißt „Gesalbter“ christos, woher das deutsche
„Christus“ kommt. Also erwarteten viele Menschen die Ankunft des Messias
oder Christus. Doch es gab keine Einigkeit darüber, wer das sein könnte.
In den Jahren vor dem Jüdischen Krieg bildete sich eine organisierte
Gruppe unter dem Namen Zeloten und plante einen bewaffneten Widerstand. Bereits davor hatte es Gewaltausbrüche gegen die Römer gegeben. Mit
„Zelot“ bezeichnete man wahrscheinlich jene, die sich daran beteiligt hatten.
Bei Lukas und in der Apostelgeschichte steht, dass Simon, ein Jünger Jesu,
Zelot (gewesen) war.
Der jüdische Historiker Josephus, der am Jüdischen Krieg teilnahm,
beschreibt eine andere Gruppe, die nicht in den Evangelien
erwähnt wird: die Essener. Diese scheinen der Gemeinde von
Qumran nahegestanden zu haben, welche möglicherweise
die Schriftrollen vom Toten Meer verfasste. Eine weitere
Gruppe waren die Samariter, die in der Region
zwischen Galiläa und Judäa lebten.
In der Regel mischten sich die Römer nicht in
die Religionen der ansässigen Bevölkerung ein. Sie
wollten Frieden und Ordnung im Reich erhalten.
Doch manche Juden wünschten den Abzug der Römer
und waren bereit, dafür zu kämpfen. Andere wollten
zwar ihren Abzug, konnten sich aber gut mit ihnen
arrangieren und machten das Beste aus der Situation.
Wieder andere glaubten, dass Gott die Römer eines Tages
vertreiben würde. Und einige, so wie die Zöllner, arbeiteten
bereitwillig für die Römer und verdienten gut dabei.
Deshalb waren sie sehr unbeliebt.
Und dann war da Jesus, der in keine dieser Gruppen passte.
Die Samariter
D
ie Samariter – die Menschen aus
dem Gebiet Samarien – kommen
in allen Evangelien vor. Obgleich
sowohl Samariter als auch Juden
von den zwölf Stämmen Israels
abstammen, betrachteten sie
einander als Fremde und wollten
offensichtlich nichts miteinander
zu tun haben. Josephus schreibt,
dass die Samariter keinen Zugang
zum Tempel in Jerusalem hatten.
Sie feierten ihren Gottesdienst
auf dem Berg Gerizim und
erkannten nur die fünf „Bücher
Mose“ (Genesis, Exodus, Levitikus,
Numeri, Deuteronomium) als
heilige Schriften an. Jesus empfing
und heilte Samariter. Eines
seiner bekanntesten Gleichnisse
(Geschichten) handelt vom „barmherzigen Samariter“, der seine
Reise unterbricht, um einem
verletzten Juden zu helfen.
Die Samariter gibt es bis heute.
7000 leben treu nach ihrem alten
religiösen Brauch auf dem Berg
Garizim, nahe der Stadt Nablus
(Sichem in der Bibel), und in
Holon nahe Tel Aviv.
Einer der Krüge, in
denen die Schriftrollen
vom Toten Meer
gefunden wurden.
Unter dem Rand steht
das hebräische Wort
für „Rom“.
79
38
Schlage nach
Jesus spricht von der
Zerstörung des Tempels:
Matthäus 24; Markus 13;
Lukas 19,41– 44;
Lukas 21,20 – 24
Ein letzter Blick auf die Menora. Der siebenarmige Leuchter aus dem Tempel in Jerusalem
wird beim Triumphzug des Titus weggetragen.
Ein Relief auf dem Titusbogen in Rom.
80
Der Jüdische Krieg
Nach Jesu Tod wurden die Römer noch unbeliebter in Palästina.
Viele römische Statthalter („Prokuratoren“) wie Felix, der in der Apostelgeschichte erwähnt wird, waren grausam und korrupt. 66 n. Chr. entwendete
der Prokurator Florus einen großen Goldbetrag aus dem Tempel und löste
damit einen Aufstand in Jerusalem aus. Die Römer mussten sich in die
Küstenstadt Caesarea zurückziehen. Als sich der Aufstand über Palästina
ausbreitete, schickte man im Jahr 67 den römischen Feldherrn Vespasian
mit einem Heer, um den Aufstand niederzuschlagen. Vespasian eroberte den
größten Teil von Palästina zurück und bereitete einen Angriff auf Jerusalem
vor, das sich in den Händen aufständischer Juden befand. Doch dann starb
Kaiser Nero und es herrschte zwei Jahre lang Unklarheit über seine Nachfolge. 69 wurde Vespasian selbst Kaiser und überließ es seinem Sohn Titus,
Jerusalem im Frühjahr 70 n. Chr. zu belagern.
In der Stadt kämpften verschiedene jüdische Rebellengruppen gegeneinander. Das schwächte die jüdische Abwehr und machte es den
Römern leichter. Dennoch brauchten sie drei Monate, um Jerusalem
einzunehmen. Sie brannten den Tempel nieder und töteten die
Stadtbevölkerung. Titus brachte die jüdischen Rebellenführer als
Gefangene nach Rom. Außerdem nahmen die Römer den siebenarmigen Leuchter (die „Menora“) und andere Tempelschätze und
stellten sie in den Tempel der Friedensgöttin in Rom.
Der Tempel war zerstört und die täglichen Opfergaben hörten auf.
Jerusalem lag in Trümmern und war unbewohnbar. Die Anführer
des jüdischen Volkes waren tot. Das bedeutete das Ende der Pharisäer,
Sadduzäer und Essener. Die christliche Gemeinde von Jerusalem war
zerschlagen.
Sowohl Matthäus als auch Markus und Lukas erwähnen, dass
Jesus von der bevorstehenden Zerstörung des Tempels sprach. Bei
Lukas heißt es, Jesus habe geweint, weil die Menschen von Jerusalem
nicht erkannten, dass sie sich in falscher Sicherheit wägten. Sie
dachten, Gott würde ihnen gewiss den Sieg schenken, wenn sie gegen
die Römer kämpften. Doch Jesus wusste, dass es zur Katastrophe
käme, wenn sie sich gewaltsam auflehnten.
Doch nicht einmal mit dem schrecklichen Krieg von 70 n. Chr. waren die
Kämpfe vorbei. 132 n. Chr. kam es erneut zum Aufstand. Der römische Kaiser
Hadrian wollte eine römische Stadt namens Aelia Capitolina an der Stelle
von Jerusalem erbauen, mit einem Tempel, der dem römischen Gott Jupiter
geweiht sein sollte. Das löste einen weiteren jüdischen Aufstand aus. Der
Anführer war Simon bar Kochba (auch Ben Kosiba). Wieder verteidigten
jüdische Kämpfer die Stadt gegen ein übermächtiges römisches Heer.
Und wieder gewannen die Römer.
Tausende Juden wurden getötet und weitere Tausende als Sklaven
verkauft. Hadrian setzte den Bau seiner Aelia Capitolina fort und verbot die
Ausübung des jüdischen Glaubens in ganz Palästina. Juden lebten weiter in
anderen Teilen des Römischen Reichs, doch es gab keinen jüdischen Krieg
gegen die Römer mehr.
Die Westmauer („Klagemauer“) in Jerusalem:
Alles, was von der Außenwand des Tempels
übrig ist. Für heutige Juden ist es die heiligste
Gebetsstätte.
Josephus
V
iele Dinge über den Krieg von
66 bis 70 n. Chr. sind durch einen
jüdischen Historiker bekannt,
der üblicherweise mit seinem
römischen Namen Flavius
Josephus genannt wird. Er lebte
von ca. 37 n. Chr. bis 100 n. Chr.
Im Jahr 66 wurde er Anführer der
aufständischen Juden in Galiläa.
Er geriet in Gefangenschaft, entging aber der Todesstrafe, indem er
dem römischen General Vespasian
vorhersagte, dass er Kaiser würde.
Von diesem Zeitpunkt an misstrauten ihm die aufständischen Juden
und er diente dem römischen
General Titus als Übersetzer. Nach
dem Krieg schrieb er einen langen
Bericht darüber, genannt Der
Jüdische Krieg, und ein weiteres
Geschichtsbuch namens Jüdische
Altertümer. Er erwähnt Jesus,
Johannes den Täufer und Jakobus,
den Bruder Jesu, obwohl seine
Schriften vielleicht zum Teil von
späteren christlichen Verfassern
umgeschrieben wurden.
Masada nahe dem Toten Meer. Die Festungsstadt war während des Ersten Jüdischen Kriegs
von Hunderten von Zeloten besetzt. Anstatt sich
den Römern zu ergeben, begingen die meisten
Selbstmord.
39
Schlage nach
Lukas nimmt eine historische
Einordnung vor:
Lukas 2,1; 3,1– 3
Pontius Pilatus:
Matthäus 27; Markus 15; Lukas 13,1– 5;
Johannes 18 –19; 1 Timotheus 6,13
Wie lässt sich das Leben
Jesu zeitlich einordnen?
H
erodes („der Große“) wurde
von den Römern als Gouverneur in
Galiläa eingesetzt. 40 v. Chr. machten ihn die Römer zum „König der
Juden“ und er blieb ihnen immer
treu ergeben. Da Herodes 4 v. Chr.
starb, muss Jesus also vor diesem
Datum geboren sein.
Bei Lukas heißt es, Jesus
habe sein Wirken im fünfzehnten
Regierungsjahr von Kaiser Tiberius,
28 –29 n. Chr., begonnen,
als er „etwa dreißig
Jahre alt“ war.
Wenn Jesus
4 v. Chr. oder
davor geboren
und 28 n. Chr.
getauft wurde,
dann war er zu
Beginn seiner öffentlichen Predigt um die 32 Jahre alt.
Eine Goldmünze
zeigt Kaiser Tiberius.
82
Jesus: eine historische Figur
„Und er [Jesus] zog durch
ganz Galiläa, predigte in den
Synagogen“ (Markus 1,39).
Die Ruinen der Synagoge
von Gamla in Galiläa.
Der Herr Jesus Christus
Jesus hat viele Namen im
Das meiste über Jesus wissen wir aus den vier Evangelien. Doch es gibt
auch Zeugnisse römischer und jüdischer Schriftsteller aus dieser Zeit.
Der römische Historiker Sueton (70 –140 n. Chr.) beschreibt Unruhen in der
jüdischen Gemeinde in Rom zur Zeit des Kaisers Claudius, die durch einen
gewissen „Chrestos“ hervorgerufen wurden. Das bezieht sich vermutlich
auf die Christen und mit „Chrestos“ ist wahrscheinlich „Christus“ gemeint.
Tacitus (ca. 55 –120 n. Chr.), ein anderer römischer Historiker, schreibt, dass
Kaiser Nero den Christen die Schuld am Großbrand von Rom im Jahr 66 in
die Schuhe schob. Außerdem erklärt Tacitus, dass ihr Gründer von Pontius
Pilatus in Judäa zum Tode verurteilt wurde. Tacitus’ Freund und Zeitgenosse
Plinius der Jüngere, römischer Senator von Bithynien, schreibt Kaiser Trajan
im Jahr 122 n. Chr. von den Schwierigkeiten mit den Christen in seiner
Provinz, die sich gesetzeswidrig treffen, um Christus „als Gott“ zu
verehren.
Pontius Pilatus war zwischen 26 und 36 n. Chr.
Präfekt (Statthalter) von Judäa. 1961 entdeckte
man seinen Namen auf einer Inschrift in
der Küstenstadt Caesarea Maritima.
Eine Inschrift in Caesarea Maritima
an der Mittelmeerküste, die 1961
entdeckt wurde. Sie erwähnt Pontius
Pilatus.
Die beiden jüdischen Historiker Philo (20 v. Chr.–50 n. Chr.) und Josephus
(37–100 n. Chr.) beschreiben Pilatus als grausamen Mann, den der Kaiser von
seinem Posten entfernen musste. Bei Josephus finden sich auch Erwähnungen
von Johannes dem Täufer und Jesus. Doch Forscher sind sich nicht einig,
ob diese Passagen wirklich von Josephus stammen oder nachträglich von
christlichen Verfassern hinzugefügt wurden.
Die christliche Bewegung war im ersten nachchristlichen Jahrhundert also auch Schriftstellern jenseits der Bibel bekannt.
Das Jesusbild, das in den vier Evangelien gezeichnet wird,
fügt sich gut in das ein, was aus dem Palästina des
ersten Jahrhunderts bekannt ist. Die vier Evangelien
stimmen zwar nicht in allem überein (siehe
Kapitel 44), doch sie zeichnen ein historisch
stimmiges Bild von dem Gebiet und der
Zeit, in der Jesus lebte. Hätte man die
Geschichten über Jesus lange nach
seinem Wirken erfunden, wäre das
nicht möglich.
Die anderen Bücher des Neuen
Testaments enthalten keine weiteren
Informationen über das Leben Jesu.
Aber sie lassen erkennen, was die
ersten Christen glaubten. Die letzten
vier Kapitel dieses Buches befassen
sich damit, was das Neue Testament
über seine Geburt, seine Lehre,
seine Kreuzigung und seine
Auferstehung sagt.
„Jesus stieg in das Boot,
das dem Simon gehörte“
(Lukas 5,3).
Neuen Testament. Der üblichste
ist „Christus“ oder „Messias“
(siehe Anmerkung Kapitel 15).
Eine andere häufige Bezeichnung
ist „der Herr“. Sie wird im Alten
Testament für Gott verwendet.
Manchmal wird Jesus im Neuen
Testament auch selbst Gott genannt.
Zu Beginn des Johannesevangeliums wird Jesus als „Wort Gottes“
beschrieben und der Autor schreibt
weiter: „Im Anfang war das Wort
und das Wort war bei Gott und
das Wort war Gott.“ Am Ende
des Johannesevangeliums, als der
Jünger Thomas den auferstandenen
Jesus trifft, spricht er ihn so an:
„Mein Herr und mein Gott!“
Die Zählung der Jahre
Sechs Jahrhunderte nach der
Geburt Jesu kam der christliche
Gelehrte Dionysius Exiguus auf die
Idee, die Jahre von der Geburt Jesu
an zu zählen. Bis zu diesem Zeitpunkt zählten die Römer die Jahre
von der Gründung Roms an (753
vor Christus oder v. Chr.). Die Jahre
von der Geburt Christi an wurden
jetzt vorwärts gezählt und mit
AD bezeichnet – Anno Domini,
lateinisch: „im Jahr des Herrn“.
Nachdem Herodes im Jahr 4 v. Chr.
starb, Jesus aber vor seinem Tod
geboren sein muss, waren Dionysius’ Berechnungen nicht ganz
korrekt. Heute kürzen Historiker
und Archäologen die Zeit nach
Christi Geburt manchmal mit
„n. u. Z.“ ab (nach unserer Zeitrechnung), die Zeit vorher mit
„v. u. Z.“ (vor unserer Zeitrechnung). Die Zählung entspricht
jedoch derjenigen, die Dionysius
Exiguus vornahm.
83
40
Schlage nach
Die Zwölf:
Matthäus 10,1– 4, Markus 3,13 –19;
Lukas 6,12 –16; Apostelgeschichte 1,12 – 26
Die Frauen, die Jesus folgten:
Markus 15,40; Lukas 8,1– 3;
Lukas 10,38 – 42
Die Frauen,
die Jesus folgten
Jesus hatte viele Jüngerinnen,
manche von ihnen begleiteten ihn
auf seinen Reisen. Die bekannteste
ist Maria Magdalena. In allen vier
Evangelien wird berichtet, dass
sie Jesus nach seiner Auferstehung
sah. Aus den Paulusbriefen geht
hervor, dass Frauen führende
Positionen in den Gemeinden
hatten, die Paulus gegründet hat,
sowie in der Kirche in Rom.
Hofdame
beim Lautenspiel oder
Die heilige
Magdalena
beim Lautenspielen.
Gemälde des
unbekannten
„Meisters der
weiblichen
Halbfiguren“
aus dem frühen
sechzehnten
Jahrhundert,
Kunsthalle
Hamburg.
84
erweckt. Alle, die Jesus nachfolgten, würden dann mit
ihm vereint sein und auf der Welt wäre endlich das
Reich Gottes verwirklicht.
Wer Jesus nachfolgte
Alle vier Evangelisten beschreiben, wie Jesus
eine Gruppe von Anhängern oder „Jüngern“ um
sich versammelt. Sie begleiten ihn auf seinem
Weg durch Palästina, wo er predigt und heilt.
Es sind sowohl Männer als auch Frauen.
Eine besondere Gruppe unter den Jüngern sind
„die Zwölf“. Ihre Namen werden bei Matthäus,
Markus, Lukas und in der Apostelgeschichte
genannt. Drei Menschen von diesen Zwölf
standen Jesus besonders nah: Simon Petrus und
die Brüder Jakobus und Johannes. Bei Matthäus,
Lukas und in der Apostelgeschichte heißen
die Zwölf „Apostel“ (nur bei Markus nicht).
Die Bezeichnung „Apostel“ wird im Neuen
Testament auch für andere verwendet, z. B. für
Jesus berief seine Apostel
aus den unterschiedlichsten
Paulus. Apostel bedeutet: „Einer, der ausgeschickt
Berufsständen, so auch bei
wird“ – ein Gesandter, ein Missionar.
den verhassten Zöllnern.
Die Evangelien berichten, dass auch andere
Menschen von Jesus angezogen und zu seinen Freunden und Anhängern
wurden, obwohl sie nicht Heim und Beruf aufgaben, um mit ihm zu ziehen.
Manche empfingen Jesus in ihren Häusern. Der „Raum im Obergeschoss“
in Jerusalem, wo Jesus und seine Jünger das letzte Abendmahl teilten, gehörte vielleicht einem dieser Anhänger.
Die Apostelgeschichte erzählt, wie die Schar der Jünger
stetig wuchs. Seine Anhänger nannten sich „der Weg“.
In Antiochia bezeichnete man sie zum ersten Mal als
Christen (Anhänger des Christus). Christen trafen sich an
vielen Orten und nannten ihre Zusammenkünfte „Kirche“,
was „Versammlung“ oder „Zusammenkunft“ heißt. Sie
beteten, fasteten, sangen Loblieder und lasen die Schriften
(das Alte Testament). Am ersten Tag der Woche feierten
sie das heilige Abendmahl, indem sie Brot brachen und
Wein segneten, wie Jesus es beim letzten Abendmahl getan
hatte. Trat jemand der Gemeinde bei, wurde er getauft.
Wenn eine Kirche einen Brief von Paulus erhielt, wurde
er sicherlich bei diesen Zusammenkünften vorgelesen.
Die Christen glaubten, dass Jesus von den Toten auferstanden war und eines Tages in aller Herrlichkeit Gottes
erscheinen würde. Dann würden die Toten zu neuem Leben
Johannes der Täufer
Johannes der Täufer war ein Prophet und Prediger,
der das Volk Israel aufrief, sich vom Schlechten
abzukehren. Zum Zeichen der neuen Lebensführung
taufte er sie im Jordan oder tauchte sie darin ein. Er
taufte auch Jesus (siehe zum Beispiel Markus 1,1–11)
und ermunterte seine Jünger, Jesus nachzufolgen.
Petrus
I
m Johannesevangelium heißt es, Petrus stamme aus
Betsaida am See Gennesaret und sei von seinem Bruder
Andreas zu Jesus gebracht worden. Zu dieser Zeit hieß
er noch „Simon“, was ein weitverbreiteter jüdischer Name
war. Jesus gab ihm einen neuen Namen: Kephas, das
aramäische Wort für „Fels“. Auf Griechisch heißt das
Petros, auf Deutsch: Petrus.
Alle vier Evangelien stimmen darin überein, dass Simon
Petrus Fischer war. Bei Matthäus, Markus und Lukas wird er
von Jesus aufgefordert, ihm zu folgen. Jesus sagt ihm, dass er
von jetzt an Menschen fischen bzw. fangen wird (was heißt,
dass er sie zu Jesus bringt).
Im Matthäusevangelium sagt
Jesus zu ihm: „Auf diesen Felsen
werde ich meine Kirche bauen.“
Im Lukasevangelium: „Stärke
deine Brüder.“ Im Johannesevangelium sagt der auferstandene
Jesus zu Petrus, dass er sich um
seine Lämmer (Jesu Jünger)
kümmern und sie weiden soll. In
der Apostelgeschichte verkündet
Petrus als Erster den Menschen in
Jerusalem die frohe Botschaft von
der Auferstehung. Seine führende
Rolle unter den Jüngern ist also
unumstritten.
Doch Petrus verhielt sich nicht
immer wie ein Fels. Als Jesus
Er sprach sich laut gegen König Herodes Antipas aus
und wurde später von ihm geköpft (Markus 6,14 – 29).
Nach dem Lukasevangelium war er der Vetter Jesu
(Lukas 1,5 – 80). Paulus begegnete auf seinen Reisen
manchmal Jüngern des Johannes (Apostelgeschichte
19,1–7) und auch der jüdische Historiker Josephus
erwähnt Johannes.
gefangen genommen wurde, stritt Petrus dreimal aus Angst
ab, Jesus zu kennen. Doch Jesus vergab ihm.
Bei Johannes 21,18 sagt Jesus zu Petrus: „Als du noch
jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen,
wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du
deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten
und dich führen, wohin du nicht willst.“ Und der Verfasser
des Evangeliums fügt hinzu: „Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde.“
Petrus wurde vermutlich während der Christenverfolgung
nach dem großen Brand von Rom 64 n. Chr. hingerichtet.
Der römische Historiker Tacitus beschreibt die grausamen
Strafen, die sie erlitten, darunter die Kreuzigung.
Es heißt, Petrus sei kopfüber gekreuzigt
worden. Dieses Gemälde stammt von
Filippo Lippi (1457–1504), Florenz.
85
41
Schlage nach
Paulus erzählt seine Lebensgeschichte – Geburt und
Jugend:
Philipper 3,4 – 6
Seine Bekehrung und die
Jahre danach:
Galater 1,13 – 2,21
Seine Abenteuer bei der
Verkündung des Evangeliums:
2 Korinther 11,23 –12,13
Die Apostelgeschichte:
siehe Kapitel 48
Wie lässt sich das Leben
des Paulus zeitlich
einordnen?
I
n der Apostelgeschichte 18,12 –17
wird Gallio als Prokonsul (Statthalter) der römischen Provinz
Achaia (im heutigen Griechenland)
erwähnt. Von einer Inschrift in
Delphi wissen wir, dass Gallio von
51– 52 n. Chr. Statthalter war.
Paulus schreibt, dass er drei Jahre
nach seiner Bekehrung
in Jerusalem war und dann wieder
weitere vierzehn Jahre später.
Wenn dieser zweite Besuch in
Jerusalem ungefähr im Jahr 52
stattfand, fällt seine Bekehrung auf
das Jahr 33 n. Chr., drei oder vier
Jahre nach dem Kreuzestod Jesu.
Die Ruinen des alten Korinth. Hier lebte das
mit Paulus befreundete Paar Priszilla und Aquila
nach ihrer Flucht aus Rom.
86
Der Apostel Paulus
Paulus ist eine der
wichtigsten Persönlichkeiten des Neuen Testaments. Seine Briefe sind
die ältesten Bücher des
Neuen Testaments. Er
verkündete die christliche
Botschaft an Orten, wo
man sie vorher noch
nicht gehört hatte, und
vertrat die revolutionäre
Idee, dass Heiden (Nichtjuden) Christen werden
konnten, ohne alle
Gesetze der jüdischen
Religion anzunehmen.
Obwohl er selbst Jude
war, war ihm die Bekehrung der Heiden ein
besonderes Anliegen.
Um mehr über das
Die Bekehrung des Paulus von Caravaggio (1571–1610) zeigt, wie Paulus
auf der Straße nach Damaskus von einem Lichtstrahl getroffen wird.
Leben des Paulus zu
erfahren, gibt es zwei Quellen: seine eigenen Briefe und die Beschreibung
durch Lukas in der Apostelgeschichte. Aus den Paulusbriefen geht klar
hervor, dass er Jude aus dem Stamm Benjamin war und Pharisäer wurde.
In der Apostelgeschichte heißt es, er komme aus Tarsus, einer Stadt in der
römischen Provinz Zilizien (der heutigen Türkei) und sei römischer Bürger.
Außerdem erfahren wir, dass sein jüdischer Name Saulus ist. Paulus war
sein römischer Name. Als die ersten Jünger Jesu die christliche Botschaft
verbreiten, verfolgte Paulus nach eigenen Worten noch „voll Eifer die Kirche“
als Gegner.
Paulus macht sich sogar nach Damaskus auf, einer großen Stadt, um dort
Christen festnehmen und einsperren zu lassen. Aber auf dem Weg dorthin
erscheint ihm Jesus. Er wird zum Glauben daran bekehrt, dass Jesus der
Christus (Messias) ist. Paulus wird Christ und verkündet fortan die christliche
Botschaft. Er zieht durch die Städte des östlichen Römischen Reichs und
gründet neue Kirchen (Christengemeinden).
Die Apostelgeschichte erzählt, wie Paulus viele Jahre später nach Jerusalem
kommt, um die führenden Christen zu besuchen. Doch Gegner der christlichen Lehre verschwören sich, um Paulus gefangen zu nehmen und zu töten.
Er wird von den römischen Obrigkeiten verhaftet, bittet jedoch darum, am
kaiserlichen Hof in Rom gerichtet zu werden. Mit einem Wachtrupp wird
er nach Rom überführt. In seinem Brief an die Römer schreibt Paulus, dass
er eigentlich nach Spanien wollte, und vielleicht gelang ihm das später
sogar. Wie Paulus starb, ist nicht im Neuen Testament überliefert, aber in
2 Timotheus heißt es: „Denn ich werde nunmehr geopfert und die Zeit meines
Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet,
die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit
bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird.“
Diese Worte lassen vermuten, dass Paulus wegen
seines Glaubens hingerichtet wurde.
Wie ist Paulus gestorben?
Im Neuen Testament endet die
Geschichte des Paulus damit,
dass er in Rom auf sein Verfahren
wartet. Dreißig Jahre später
schreibt Clemens, Bischof von
Rom, an die Kirche von Korinth
über die „edlen Beispiele unseres
Geschlechts.“ Sie wurden „verfolgt
[. . .] und haben bis zum Tode
gekämpft.“ Insbesondere erwähnt
er Petrus, der „– nachdem er
Zeugnis abgelegt hatte – gelangt
ist an den (ihm) gebührenden Ort
der Herrlichkeit“. Und zu Paulus
schreibt er: Er habe „Zeugnis
abgelegt vor den Führenden; so ist
er aus der Welt geschieden und ist
an den heiligen Ort gelangt“. Die
schlimmste Christenverfolgung
zur Zeit der Gefangennahme und
des Prozesses von Paulus fanden
unter Kaiser Nero nach dem
schrecklichen Brand von 64 n. Chr.
statt. Es heißt, dass sowohl Petrus
als auch Paulus im Zuge dieser
Verfolgung hingerichtet wurden.
Als römischer Bürger wurde Paulus
wahrscheinlich durch das Schwert
getötet. Heute kann man in Rom
die große Kirche Sankt Paul vor den
Mauern besuchen, die an der Stelle
errichtet wurde, an der man sein
Grab verehrte.
Die Basilika „Sankt Paul vor den Mauern“ in
Rom über dem vermuteten Paulusgrab. 1854
wurde sie fertiggestellt. An der gleichen Stelle
wurde bereits im vierten Jahrhundert eine
Kirche gebaut, doch sie wurde im Jahr 1823
bei einem Brand zerstört.
42
Schlage nach:
Eine der bekanntesten
Botschaften des Paulus –
was die Liebe bedeutet:
1 Korinther 13
„Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig“
(Kolosser 4,18). Paulus fügte den Briefen,
die andere für ihn schrieben, ein paar Worte
in eigener Handschrift hinzu.
Tychikus und Onesimus bringen einen Brief
von Paulus nach Kolossä (Kolosser 4,7– 9).
Wie Paulus seine Briefe schrieb
Paulus zog von Ort zu Ort, besuchte bereits bestehende Kirchen (Christengemeinden) und gründete neue. Er betreute alle diese Kirchen; wenn er sie
nicht besuchen konnte, schrieb er ihnen Briefe (auch „Epistel“ genannt).
Sein erster Brief war wahrscheinlich der erste Brief an die Thessalonicher
(in der Stadt Thessalonich im heutigen Nordgriechenland). Damit ist es
das erste Buch des Neuen Testaments, entstanden um 50 n. Chr., ungefähr
20 Jahre nach Jesu Kreuzigung.
An zahlreichen Stellen gibt Paulus neben seinem eigenen Namen auch
diejenigen seiner Reisegefährten an (siehe 1 Thessalonicher 1: „Paulus,
Silvanus und Timotheus“). Oft hat er seine Briefe diktiert und manchmal
gibt er an, wer für ihn geschrieben hat. In Römer 16,22 fügt sein Sekretär
hinzu: „Ich, Tertius, der Schreiber dieses Briefes, grüße euch im Namen
des Herrn.“ Manchmal fügte Paulus noch etwas in seiner eigenen Handschrift hinzu, um sicherzustellen, dass der Brief auch wirklich von ihm kam.
Am Ende des Briefes an die Galater schreibt er, vielleicht scherzhaft: „Seht,
ich schreibe euch jetzt mit eigener Hand; das ist meine Schrift.“
In der antiken Welt war der Brief ein wichtiges Mittel, um Freundschaften
über große Distanzen aufrechtzuerhalten. Das Reisen war noch mühsam und
gefährlich, und den Menschen standen keine modernen Kommunikationsmittel zur Verfügung. So war die Ankunft eines Briefes ein Großereignis, zu
dem sich die gesamte Gemeinde versammelte. Die Briefe wurden
laut vorgelesen (Kolosser 4,16) und sicher sorgsam von den
Gemeinden verwahrt. Später wurden sie gesammelt, abgeschrieben und von Kirche zu Kirche weitergereicht. Im Brief
an die Kolosser 4,16 wird dennoch ein Brief an die Kirche
der Laodizener erwähnt, der verlorenging.
Paulus schrieb nur dann Briefe, wenn es
nötig war. Als er an die Römer schrieb, wollte
er sich der christlichen Gemeinde in Rom vor
seinem Besuch dort vorstellen.
An die von ihm gegründeten Kirchen schrieb
Paulus, um sie in ihrem Glauben zu bestärken
oder um sie zu warnen, wenn er den Eindruck
hatte, dass sie einen falschen Weg einschlugen.
Oft lässt sich aus seinen Briefen folgern, was
in den einzelnen Kirchen vor sich ging. Zum
Beispiel hatten einige Christen in Korinth die
Auferstehung Jesu angezweifelt und die
Vorstellung als lachhaft bezeichnet. In
1 Korinther 15 begründet Paulus, warum er
daran glaubt, dass Jesus wirklich auferstanden
ist.
Heutigen Lesern fällt es oft schwer, Paulus
zu verstehen. Den Lesern seiner Zeit ging es
nicht anders. Im zweiten Brief des Petrus schreibt
der Verfasser: „Das hat euch auch unser geliebter
Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit
geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in
denen er davon spricht. In ihnen ist manches
schwer zu verstehen . . .“
Hat Paulus all seine Briefe
selbst geschrieben?
Normalerweise diktierte Paulus
seine Briefe. Oftmals führt er
zu Beginn die Namen anderer
Personen neben dem eigenen
auf. Eine andere Wortwahl, ein
abweichender Stil oder eine
Ausgangssituation, die sich nicht
mit den Lebensdaten von Paulus
zu decken scheint, hat manche
Forscher zu der Annahme verleitet,
dass nicht alle Briefe von Paulus
selbst stammen. Die umstrittenen
Briefe sind 2 Thessalonicher, Kolosser, Epheser, 1 und 2 Timotheus
und Titus. Die Verfasserschaft des
Briefes an die Hebräer, in dem der
Name Paulus gar nicht erscheint,
wird ihm teilweise abgesprochen.
Nachfolger des Paulus haben seine
Ansichten möglicherweise übernommen und die ursprünglichen
Briefe ergänzt. In der Überzeugung,
die Lehre des Paulus fortzuführen,
waren sie vielleicht zu bescheiden,
den eigenen Namen zu erwähnen.
Das ausgezeichnete römische Straßennetz
erleichterte Paulus das Reisen im Reich.
Manche Straßen waren gepflastert, doch
zwischen den Dörfern waren sie unwegsamer.
Das Bild zeigt die Via Appia, über die Paulus
nach Rom gelangte (Apostelgeschichte
28,14 –15).
88
89
43
Die Paulusbriefe
Schlage nach
In der Bibel erscheinen die Paulusbriefe nicht in der Reihenfolge ihrer
Paulus schreibt an die Römer:
Entstehung, sondern grob nach ihrer Länge geordnet.
Römer 1,1–7
Paulus schreibt an die
Korinther:
2 Korinther 7,2 –16
Paulus schreibt an Philemon:
Philemon 1– 25
Brief an die Römer
Das ist der längste Paulusbrief. Er schrieb ihn an die Christen in der Hauptstadt des Reichs. Dort bestand schon Jahre vor dem Besuch des Paulus eine
Gemeinde. Paulus legt in dem Brief ausführlich dar, was es für Juden und
Heiden bedeutet, an Jesus zu glauben.
Erster und zweiter Brief
an die Korinther
Die Stadt Korinth war ein
G A L AT I E N
wichtiger Knotenpunkt für
Laodizea
Ephesus
Land- und Seehandel in der
Korinth
Kolossä
ACHAIA
Provinz Achaia (im heutigen
Griechenland). Den ersten Brief
schrieb Paulus zwischen 52 und
54 n. Chr. Darin beschreibt er
Mittelm
Gemeinden, denen Paulus schrieb
eer
das letzte Abendmahl und zählt
Jerusalem
auf, wer Jesus nach seiner Auferstehung von den Toten sah.
Dieser Brief enthält auch die berühmte Passage über die Bedeutung der Liebe.
Das Forum Romanum, Zentrum des alten Roms.
Im zweiten Brief beschreibt er seine eigenen Erfahrungen, unter anderem,
wie er ausgepeitscht wurde und Schiffbruch erlitt.
Rom
Philippi
Thessalonich
Brief an die Galater
Galatien war eine Provinz des römischen Asiens (in der heutigen Türkei) und
der Brief des Paulus richtete sich an alle Kirchen der Provinzstädte.
Paulus erzählt ausführlicher über seine ersten
Jahre als Christ und betont, dass Heiden Christen
werden können, ohne sich vorher zum Judentum
zu bekennen. Dieser Brief entstand wahrscheinlich
um die gleiche Zeit wie der Römerbrief.
Brief an die Epheser
Ephesus war eine Stadt in der römischen Provinz
Asien. Was Paulus predigte, brachte die Stadtbevölkerung auf, insbesondere die Silberschmiede, die
Silberstatuen der Göttin Artemis herstellten. Dennoch
wird Ephesus an keiner Stelle der frühesten Handschriften im heute sogenannten „Brief an die Epheser“
erwähnt. Viele Forscher vermuten, dass dieser Brief
nicht von Paulus stammt und die Probleme einer
anderen Zeit betrifft. Der Brief spricht auch über die
Versöhnung zwischen Juden und Heiden und darüber,
wie sich das ganze Universum in Jesus vereint.
Brief an die Philipper
Die christliche Gemeinde in Philippi, die erste
Gründung des Paulus auf dem heutigen europäischen
Kontinent um 50 n. Chr., lag Paulus besonders am
Herzen. Seinen Brief schrieb er aus der Gefangenschaft, wahrscheinlich in Rom in den frühen 60ern.
Er enthält Details zu seinem Leben, zum Beispiel, dass
Paulus zum Stamm Benjamin gehörte.
Brief an die Kolosser
Epaphroditus (oder Epaphras),
Gefährte von Paulus, hatte die
christliche Botschaft in Kolossä
gepredigt, einer Stadt im LycusTal in der römischen Provinz
Asien. Wie andere Paulusbriefe
befasst sich auch dieser mit der
Frage, ob heidnische Christen
alle Gesetze des Alten Testaments
einhalten sollen.
Briefe an die Thessalonicher
Die Stadt Thessalonich liegt im heutigen Nordgriechenland. In der Apostelgeschichte, Kapitel 17,
wird erzählt, wie Paulus und Silas aus Philippi dort
ankommen. Dann ziehen sie nach Korinth weiter,
von wo aus Paulus vermutlich seinen ersten Brief an
die Thessalonicher schrieb. Damit ist er mit größter
Wahrscheinlichkeit der früheste Paulusbrief und
das älteste christliche Schriftstück. Paulus erklärt
unter anderem, was Christen nach dem Tod erwartet.
Der zweite Brief handelt von der Wiederkunft Jesu.
Briefe an Timotheus und Titus
Diese drei kurzen Briefe nennt man auch „Pastoralbriefe“. Der Verfasser schreibt über die kirchliche
Organisation. Viele Wissenschaftler meinen, dass sie
erst nach dem Tod von Paulus entstanden sind, als
diese Fragen wichtiger wurden. Timotheus und Titus
waren Gefährten des Paulus, die er in anderen Briefen
erwähnt.
Brief an Philemon
Diesen kürzesten und persönlichsten Brief an den
befreundeten Christen namens Philemon schrieb
Paulus aus der Gefangenschaft. Es geht um den
Sklaven Onesimus („nützlich“), der Philemon
möglicherweise davongelaufen war. Onesimus war
Paulus im wörtlichen Sinne „nützlich“ gewesen und
war durch ihn Christ geworden. Nun bittet Paulus
Philemon in seinem Brief,
Onesimus nicht nur als
Sklaven wiederaufzunehmen, sondern als „geliebten
Bruder“.
Das Amphitheater in Ephesus. Dort versammelten sich die
Bürger von Ephesus und protestierten gegen die Predigt des
Paulus (Apostelgeschichte 19,21– 40).
90
91
44
Wie die Evangelien entstanden
Bevor die Evangelien aufgeschrieben wurden, gaben Christen mündlich
Schlage nach
Die drei synoptischen
Erzählungen von der
Berufung der ersten Jünger:
Matthäus 4,18 – 22; Markus 1,16 – 20;
Lukas 5,1–11
Markus
Matthäus
Lukas
nur bei Markus
bei Markus und auch bei Matthäus und Lukas
aus „Q“, einer verlorenen Quelle, die Matthäus
und Lukas verwendeten
nur bei Matthäus
nur bei Lukas
Die Grafik stellt die Anteile
der Überschneidungen
in den Evangelien nach
Markus, Matthäus und
Lukas dar.
92
aus anderen Schriften und
Berichten der Geschehnisse
weiter, was sie von Jesus wussten. Als Paulus Christ wurde, erzählte man
ihm von Jesu letztem Abendmahl, Tod, Begräbnis und Auferstehung. Auch
andere Geschichten über Jesus waren in Umlauf. Wir wissen nicht sicher,
wann die Überlieferungen zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurden,
doch die meisten Forscher setzen dies kurz vor oder nach dem Sturz
Jerusalems 70 n. Chr. an.
Zwei Verfasser (oder „Evangelisten“) erklären, warum sie ihre Evangelien
schreiben. Lukas richtet sein Buch an einen gewissen Theophilus und
schreibt: „So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen,
in der du unterwiesen wurdest.“ Johannes wollte, dass sein Leser „glaubt,
dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes“ und „durch den Glauben das
Leben [. . .] in seinem Namen“ hat. Bei Lukas heißt es, „schon viele“ hätten
Berichte über Jesus aufgeschrieben, und Johannes meint: „Wenn man alles
aufschreiben wollte, so könnte [. . .] die ganze Welt die Bücher nicht fassen,
die man schreiben müsste.“
Einer der vielen Berichte, die Lukas erwähnt, war mit großer Sicherheit
das Markusevangelium. Sechzig Prozent des Markusevangeliums erscheinen
nahezu im gleichen Wortlaut bei Lukas. Achtzig Prozent des Markusevangeliums stehen auch bei Matthäus.
Es sieht danach aus, als hätten sowohl Matthäus als auch Lukas das Markusevangelium gekannt und Material aus anderen Quellen hinzugefügt. Deshalb
vermuten die meisten Forscher, dass zuerst das Markusevangelium geschrieben
wurde. Es gibt so viele Ähnlichkeiten zwischen den drei Evangelien, dass man
sie nebeneinanderlegen und gemeinsam („synoptisch“) betrachten kann. In der
Wissenschaft heißen sie deshalb die „synoptischen Evangelien“.
Das Johannesevangelium ist da anders. Hier gibt es nicht so viele
Übereinstimmungen mit dem Markusevangelium wie bei Matthäus und
Lukas. Und die meisten Erzählungen über Jesus unterscheiden sich von den
„synoptischen“ Evangelien. Doch im Großen und Ganzen ist der Verfasser
mit dem Leben Jesu, seinen Lehren, seinem Tod und seiner Auferstehung
vertraut.
Papias war Christ und Bischof von Hierapolis in Kleinasien. Er wurde
ungefähr 30 Jahre nach Jesu Tod geboren und starb um 130 n. Chr. In einem
heute verlorenen Buch, das andere frühe christliche Schriftsteller jedoch
zitierten, sagt Papias, dass Markus in seinem Evangelium aufschrieb, was
Petrus ihn gelehrt hatte, und dass Matthäus die „Aussprüche“ Jesu festhielt.
Ob diese Aussage des Papias stimmt, ist unsicher, aber sie zeigt, wie die
nächste Generation über die Niederschrift der Evangelien urteilte.
Um 150 n. Chr. stellte ein Christ namens Tatian die vier Evangelien zu
einem zusammenhängenden Buch zusammen. Es hieß Diatessaron. Obwohl
es eine Zeitlang gelesen wurde, kam man schließlich darin überein, die
Evangelien wieder getrennt zu lesen, da sie auch unabhängig voneinander
entstanden waren. Deshalb gibt es vier Berichte vom Leben Jesu, nicht einen,
und jeder wirft ein anderes Licht auf ihn.
Q – eine verlorene Quelle
zum Leben Jesu?
E
inige Stellen (größtenteils Reden
Jesu) erscheinen in ähnlicher Form
bei Matthäus und Lukas, kommen
aber nicht bei Markus vor. Manche
Forscher vermuten deshalb eine
verlorene Quelle, aus der Matthäus
und Lukas zitierten. Sie wurde Q
genannt (als Abkürzung für Quelle),
doch nie wurde ein entsprechendes
Buch gefunden. Andere Forscher
gehen davon aus, dass es sich
um mündliche Überlieferungen
handelt, die Matthäus und Lukas
unabhängig voneinander hörten.
Laut Papias sammelte Matthäus
die Aussprüche Jesu. Doch damit
beschreibt er das Matthäusevangelium nicht sehr treffend, da es
viel mehr enthält als nur Reden.
Mit „Q“ hingegen hätte es eine
solche Sammlung geben können –
dachte Papias vielleicht tatsächlich
an „Q”?
In der Offenbarung des
Johannes ist die Rede von
vier Flügelwesen rings um
Gottes Thron, in Gestalt
von Mann, Löwe, Stier
und Adler. Seit dem fünften
Jahrhundert glaubt man,
dass sie die vier Evangelisten
Matthäus, Markus, Lukas
und Johannes symbolisieren.
Diese Bilder stammen aus
einem Buch, das „AngilbertEvangeliar von Abbeville“
heißt, und stammen
ungefähr aus dem Jahr
800 n. Chr.
93
45
Schlage nach
Wie beginnt Markus sein
Evangelium?
Markus 1,1– 8
Wie beschließt Markus sein
Evangelium?
Markus 16,1– 8 oder Markus 16,9 – 20
94
Das Markusevangelium
D
as Markusevangelium ist mit großer Wahrscheinlichkeit das älteste
Evangelium. Wer es schrieb, ist unklar. Laut Papias hat Markus aufgezeichnet,
was er von Petrus wusste. Doch wer war Markus? In der Apostelgeschichte
gibt es einen Johannes mit dem Beinamen Markus, Sohn einer Maria, in
deren Haus in Jerusalem sich die ersten Jünger Jesu treffen. Johannes
Markus schließt sich Paulus und Barnabas auf einer ihrer Predigtreisen an,
verlässt sie jedoch nach einer Weile und kehrt nach Hause zurück. Später
will Barnabas Markus wieder mitnehmen, doch Paulus lehnt ab. Dennoch
erwähnt Paulus in mehreren Briefen Markus als Gefährten und auch in
1 Petrus kommt Markus vor. Doch „Markus“ (Marcus) war ein weitverbreiteter
römischer Name und es ist weder klar, ob es sich bei allen um den gleichen
Markus handelt, noch, ob einer von ihnen das Markusevangelium verfasst
hat.
Der Verfasser (wer es nun auch war) schrieb und regte mit seinem Buch
zu der Frage an: „Wer ist Jesus?“ Das ganze Evangelium hindurch stellen
Menschen Fragen wie: „Wie kann dieser Mensch so reden?“ – „Was ist das
für eine Weisheit, die ihm gegeben ist?“ – „Wie kann er zusammen mit
Zöllnern und Sündern essen?“ – „Mit welchem Recht tust du das alles?“
– „Was habe ich mit dir zu tun?“
Und auch Jesus stellt Fragen: „Was soll ich dir tun?“ – „Warum
habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ – „Für
wen halten mich die Menschen?“ – „Ihr aber, für wen haltet ihr
mich?“ Petrus antwortet ihm: „Du bist der Messias!“ (8,29).
Doch dann sagt Jesus seinen Jüngern, dass der Messias
anders ist, als sie erwarten. „Der Menschensohn müsse
vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern
und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde
getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen.“ Die
Jünger können das kaum glauben.
Der Rest des Markusevangeliums beschreibt, wie
dies geschieht. Jesus zieht die Wut der Obrigkeiten auf
sich, die ihn schließlich hinrichten lassen. Der Mann,
der Kranke heilte, Dämonen austrieb und mit
Gottes Autorität sprach, der als Messias nach
Jerusalem hineinritt, wird gekreuzigt.
Da fragte er sie: Ihr aber, für
wen haltet ihr mich? Simon Petrus
antwortete ihm: Du bist der Messias!
(Markus 8,29).
Caesarea Philippi, vormals nach dem römischen Gott Pan, den man hier verehrte, „Banyas“ genannt. Die
Nischen im Fels sind dem Pan geweihte Schreine. Hier bekannte Petrus, dass Jesus der Messias ist.
Dann folgt eines der großen Rätsel im Markusevangelium. Jesus hat seinen
Jüngern bereits seine Auferstehung versprochen; also erwartet man, dass
die Geschichte auch mit seiner Auferstehung endet. Jesu Leichnam wird
beigesetzt. Einige seiner Jüngerinnen besuchen das Grab. Sie finden es leer
und eine seltsame Figur (ein „junger Mann“) erzählt ihnen, dass Jesus
auferstanden sei. Die Frauen laufen erschrocken davon.
An dieser Stelle enden die frühesten erhaltenen Handschriften des Markusevangeliums. Der auferstandene Jesus tritt gar nicht in Erscheinung. Es ist
unklar, ob Markus sein Evangelium an diesem Punkt enden lassen wollte oder
ob er es nicht vollendet hat. Es könnte aber auch seine Art sein, eine letzte
Frage an den Leser zu stellen: „Und was meinst du, was geschehen ist?“
Verschiedene Endungen
des Markusevangeliums
Auch wenn Markus bei 16,8 aufhören wollte oder das ursprüngliche Ende verlorenging, enden
spätere Abschriften des Evangeliums unterschiedlich. In manchen
Bibelausgaben gehören sie
zum Haupttext, in anderen wird
vermerkt, dass hier ein Teil
angefügt wurde. In einer Version
fordert Jesus seine Jünger auf:
„Geht hinaus in die ganze Welt
und verkündet das Evangelium
allen Geschöpfen!“
95
46
Schlage nach
Die Bergpredigt:
Matthäus 5 –7
Matthäus wird berufen,
Jesus zu folgen:
Matthäus 9,9
Das Vaterunser
Dieses Gebet, benannt nach
seinen Anfangsworten, stammt aus
Matthäus 6,9 –13 und wird oft in
der folgenden Form gesprochen:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren
Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Das Matthäusevangelium
Der Verfasser des Matthäusevangeliums ist ebenso wenig bekannt wie der
des Markusevangeliums. Laut Papias heißt der Evangelist Matthäus. In den
Evangelien fordert Jesus einen Zöllner namens Matthäus auf, ihm zu folgen
(obwohl er bei Markus und Lukas Levi heißt), doch das muss nicht der
Matthäus sein, der auch das Evangelium verfasste. Denn schließlich hätte sich
jemand aus dem engsten Umfeld Jesu wohl kaum so sehr auf das Markusevangelium gestützt. Das Matthäusevangelium war dem Bischof Ignatius von
Antiochien um 100 n. Chr. bekannt und wurde höchstwahrscheinlich nach
dem Fall von Jerusalem, also nach 70 n. Chr., geschrieben.
Damit schrieb Matthäus zu einer Zeit, als sich die Führer der jüdischen
Religion (insbesondere der Pharisäer) nach dem Jüdischen Krieg neu
organisierten. Zu dieser Zeit fragten sich die Juden, was es hieß, jüdisch zu
sein. Die Pharisäer waren der Ansicht, dies bedeute Treue zur Religion ihrer
Vorfahren. In der christlichen Botschaft sahen sie einen Verrat am jüdischen
Glauben.
Matthäus richtete sich insbesondere an Judenchristen. Er wollte ihnen
zeigen, dass die christliche Botschaft nicht Verrat, sondern vielmehr
Erfüllung des jüdischen Glaubens war. Wahrhaft jüdisch zu sein
hieß für ihn, Jesus als Messias anzuerkennen. Matthäus betont,
dass sich Jesus an das mosaische Gesetz hielt (5,17– 20) und
die Tempelsteuer (17,24 – 27) zahlte.
Matthäus betont außerdem, dass die Jünger Jesu zu einer Gemeinschaft
gehören – der Kirche. „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“, sagt Jesus, „da bin ich mitten unter ihnen.“ Damals durften
Judenchristen vielerorts nicht mehr in die Synagogen. Doch sie hatten ihre
eigene Gemeinde.
Die bekannteste Passage des Matthäusevangeliums ist die „Bergpredigt“
(5 –7), die mit den „Seligpreisungen“ beginnt. Hier zeichnet Jesus ein Bild
der Menschen, die er als „selig“ bezeichnet: Sie hungern und dürsten nach
Gerechtigkeit, sie sind barmherzig, sie haben reine Herzen, sie stiften Frieden.
Außerdem sind sie „arm vor Gott“, „Trauernde“ und „verfolgt“. Diese Worte
haben den Judenchristen, die von ihren Synagogen ausgeschlossen wurden,
sicher viel bedeutet. Doch diese Menschen, so Jesus, sind selig vor Gott und
wahrhaft glücklich, denn „ihnen gehört das
Himmelreich“.
„Geht zu den
verlorenen Schafen
des Hauses Israel.“
In Matthäus 10,5 schickt Jesus
seine Jünger aus, um zu missionieren. Die Stelle ähnelt Markus
6,7 und Lukas 9,1. Doch bei
Matthäus betont Jesus, seine
Jünger sollen nicht zu den Heiden
(Nichtjuden) oder den Samaritern
gehen, sondern „zu den verlorenen
Schafen des Hauses Israel“. Bei
Matthäus ist Jesu vorrangiges Ziel,
das Volk Israel zu Gott zurückzurufen. Erst später fordert er seine
Jünger auf: „Geht zu allen Völkern
und macht alle Menschen zu
meinen Jüngern“ (28,19).
Die Seligpreisungen
Die Kirche der Seligpreisungen
aus dem zwanzigsten Jahrhundert
markiert in der Überlieferung den
Ort der Bergpredigt.
Er sagte: „Selig, die arm sind
vor Gott; denn ihnen gehört das
Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie
werden getröstet werden.
Ein alter Gebetsabschluss wird oft
angehängt:
Selig, die keine Gewalt anwenden;
denn sie werden das Land erben.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Selig, die hungern und dürsten nach
der Gerechtigkeit; denn sie werden
satt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie
werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben;
denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn
sie werden Söhne Gottes genannt
werden.
Selig, die um der Gerechtigkeit
willen verfolgt werden; denn
ihnen gehört das Himmelreich.“
Matthäus 5,3 –10
96
97
47
Schlage nach
Lukas, der Gefährte des
Paulus:
Kolosser 4,14; Philemon 1,24; 2
Timotheus 4,11
Dieses alte Gebäude zwischen
Jerusalem und Jericho ist als
„Herberge zum guten Samariter“
bekannt. Solche Gebäude waren
den Zuhörern Jesu vertraut.
Das Lukasevangelium
Im Lukasevangelium finden sich einige der bekanntesten Geschichten über
Jesus. Bei der Weihnachtsgeschichte denken viele Leute an die Darstellung
bei Lukas mit dem Engel Gabriel, dem Stall und den Hirten. Bei Lukas findet
sich auch die einzige überlieferte Geschichte von Jesus als Kind. Und nur
bei Lukas erscheinen die Gleichnisse vom barmherzigen Samariter und dem
verlorenen Sohn. Nur bei Lukas trägt Simon aus Zyrene das Kreuz für Jesus.
Nur bei Lukas vergibt Jesus den Soldaten, die ihn kreuzigen, und verspricht
dem Dieb am Kreuz neben ihm einen Platz im Paradies. Nur bei Lukas treffen
die zwei Jünger den auferstandenen Jesus auf der Straße nach Emmaus und
nehmen ihn mit nach Hause. Viele dieser Geschichten zeigen die Großmut,
die Offenheit, Freundlichkeit und Barmherzigkeit, die Jesus im Umgang mit
den Menschen zeigt und von ihnen fordert. Es ist eines der zentralen Themen
im Buch des Lukas.
Doch wer war Lukas? Wie die anderen Evangelisten nennt auch dieser
Verfasser keinen Namen. Irenäus, ein christlicher Schriftsteller
aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. im heutigen
Südfrankreich, nennt als Erster den
Verfasser „Lukas“. Der einzige Lukas
im Neuen Testament ist ein Arzt
und Reisegefährte des Paulus.
In Lukas 1,2 bekennt sich
der Verfasser deutlich dazu,
Jesus selbst nicht gekannt
zu haben, sondern sich
auf jene zu berufen, „die
von Anfang an Augenzeugen und Diener des
Wortes waren“.
Das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte sind beide
einem Mann namens
Theophilus gewidmet.
Das ist einer der Gründe,
warum man hinter diesen
Büchern denselben Verfasser
vermutet.
Zur Entstehungszeit des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte
wurden Christen von den römischen Herrschern mit Argwohn betrachtet.
Der römische Historiker Tacitus berichtet, dass Kaiser Nero die Christen für
den großen Brand von Rom verantwortlich machte. Ein Anliegen der Bücher
war es, zu zeigen, dass Christen keine Unruhestifter sind. In der Darstellung
des Prozesses vor Pontius Pilatus hat der Statthalter zum Beispiel gar keinen
Grund, Jesus zu verurteilen. Auf gleiche Weise zeigt der Autor der Apostelgeschichte, dass man vor Gericht in Rom nichts gegen Paulus in der Hand
hatte. Ein Hauptthema der Bücher des Lukas ist also, dass weder Jesus noch
seine Jünger eine Bedrohung für Rom darstellten.
„Die Zwölf begleiteten ihn, außerdem einige
Frauen . . . Maria, . . . Johanna, . . . Susanna und
viele andere“ (Lukas 8,1– 3).
Wer war Theophilus?
Sowohl das Lukasevangelium als
auch die Apostelgeschichte sind
dem „hochverehrten Theophilus“
gewidmet (Lukas 1,3; Apostelgeschichte 1,1). Die Anrede lässt
auf einen hochrangigen Beamten
schließen – vielleicht jemand, der
Paulus beschützen konnte, als er
in Rom auf seinen Prozess wartete.
Doch Theophilus hatte offenkundig
ein persönliches Interesse an der
christlichen Lehre, in der er bereits
„unterwiesen“ wurde (Lukas 1,4),
also war er vielleicht ein neuer
Christ und Freund von Lukas,
der ihn bat, alles aufzuschreiben,
was er von der christlichen
Geschichte wusste.
Der Landstreicher. Eine Darstellung des verlorenen Sohns von
Hieronymus Bosch (1450 –1516).
98
99
48
Die Apostelgeschichte
Die Apostelgeschichte erzählt, wie die ersten Christen die Botschaft von
Schlage nach
Stephanus wird gesteinigt:
Apostelgeschichte 6,8 –15; 7,54 – 60
Die Bekehrung des Saulus
(Paulus) auf der Straße nach
Damaskus:
Apostelgeschichte 9,1– 31
Jakobus wird von König
Herodes getötet und Petrus
flieht aus dem Gefängnis:
Apostelgeschichte 12,1–19
Paulus und Silas kommen in
Philippi ins Gefängnis und
der Gefängniswärter wird
Christ:
Apostelgeschichte 16,11– 34
Paulus wird in Jerusalem
festgenommen und vor einer
Mordverschwörung gerettet:
Apostelgeschichte 21,27– 23,35
Paulus erleidet Schiffsbruch
auf seinem Weg nach Rom:
Apostelgeschichte 27,1– 44
Jesus in die Welt hinaustragen. Die Handlung beginnt in Jerusalem, wo Jesus
nach der Darstellung der Evangelien starb und wieder auferstand. Der erste
Teil des Buches handelt von den Aposteln Petrus, Philippus und Stephanus,
die als Erste die christliche Botschaft verbreiteten. Der zweite Teil handelt von
Paulus, seiner Bekehrung zum Christentum und davon, wie er die Botschaft
zusammen mit seinen Gefährten weit in die Welt hinausträgt – nach Kleinasien und Griechenland, schließlich sogar bis nach Rom. Doch obwohl
das Buch „Apostelgeschichte“ heißt, erfährt man nichts vom Schicksal
der anderen Apostel – außer von der Hinrichtung des Jakobus.
Da Lukasevangelium und Apostelgeschichte beide an „Theophilus“
gerichtet sind, stammen sie mit großer Wahrscheinlichkeit vom gleichen
Verfasser. Sollte dieser Verfasser wirklich Lukas sein, der Reisegefährte aus
den Paulusbriefen, könnte man erwarten, dass er aus eigener Erfahrung
berichtet und die Reisen des Paulus besonders genau beschreibt. Und
tatsächlich wechselt der Verfasser der Apostelgeschichte ab Kapitel 16 zum
„Wir“. Außerdem beschreibt er die Reisen des Paulus in den letzten Kapiteln
des Buches so genau, als erinnere er sich deutlich an diese Ereignisse – ein
wichtiger Grund für die Annahme, dass der Autor tatsächlich der Reisegefährte des Paulus war. Andererseits weisen einige Forscher darauf hin, dass
sich die Darstellung von Paulus in der Apostelgeschichte stark von dem Bild
unterscheidet, das Paulus in seinen Briefen von sich selbst zeichnet.
Die Apostelgeschichte erzählt nicht nur, wie Juden zum Christentum
finden, sondern auch von der Bekehrung von Nichtjuden („Heiden“).
Der Verfasser beschreibt, wie Paulus die christliche Botschaft erst
in den Synagogen und anschließend bei den Heiden verkündet.
In Athen wendet sich Paulus an die griechischen Philosophiegelehrten und zitiert einen heidnischen Dichter, um sie zu
überzeugen. Es ist ein Hauptthema der Apostelgeschichte,
dass die Frohe Botschaft Jesu sowohl den Juden als auch den
Heiden gilt.
Die Apostelgeschichte endet damit, dass Paulus auf seinen
Prozess in Rom wartet. Vielleicht war das damals der aktuelle
Stand (was bedeuten würde, dass die Apostelgeschichte um
62 n. Chr. verfasst wurde, das Lukasevangelium dementsprechend früher und das Markusevangelium sogar noch früher).
Oder aber Lukas plante ein drittes Buch über den Tod des
Paulus. Wahrscheinlich lässt er die Geschichte aber bewusst
hier enden, weil sie gezeigt hat: Die christliche Botschaft
war von Jerusalem ins Herz des Römischen
Reichs gelangt.
Paulus reiste oft mit dem Schiff. Nach seinen
Schilderungen erlitt er dreimal Schiffbruch.
Paulus nutzte die ausgezeichneten Landund Seewege des Mittelmeerraums, um
sich frei im Römischen Reich zu bewegen.
Rom
Philippi
Thessalonich
Puteoli
Beröa
G A L AT I E N
Troas
Antiochien
Delphi
Rhegion
Ikonion
Ephesus
Athen
Korinth
Milet
Patara
Syrakus
Attalia
Derbe
Antiochien
Myra
Salamis
Kreta
Guter Hafen
Malta
erste Paulusreise
zweite Paulusreise
dritte Paulusreise
Paulusreise nach Rom
100
Damaskus
Tyrus
Paphos
Sidon
Mittelmeer
Caesarea
Jerusalem
101
49
Das Licht der Welt
Das Johannesevangelium
und die Johannesbriefe
Im Johannesevangelium spricht
Jesus teilweise ganz anders von
sich selbst als in den anderen drei
Evangelien. Zum Beispiel will Jesus
im Markusevangelium oftmals
gerade nicht, dass die Menschen
von ihm und seinen Taten erfahren
(siehe 5,43; 7,36; 8,30). Die Zeit
war noch nicht reif, um seine Botschaft öffentlich zu verkünden.
Doch das Johannesevangelium
verfolgt ein anderes Ziel: Es will
aller Welt verkünden, wer Jesus
ist. Hier sind ein paar Aussagen aus
dem Johannesevangelium, die
Jesus über sich selbst macht:
Schlage nach
Was Johannes über seine
eigene Schrift sagt:
Johannes 20,30 – 31; 21,24 – 25,
1 Johannes 1,1– 4
Der „Jünger, den Jesus
liebte“:
Johannes 13,21– 30; 19,25 – 27;
20,1–10; 21,20 – 23
Menschen, die Johannes
vielleicht kannten
Bischof Irenäus von Lyon in
Gallien (Frankreich) lebte ungefähr
von 130 bis 200 n. Chr. In einem
seiner Bücher erwähnt er, dass er
als Junge Polykarp gehört hatte,
den Bischof von Smyrna in Kleinasien, der von ungefähr 69 bis
um 155 lebte. Er wurde aufgrund
seines christlichen Glaubens
hingerichtet. Irenäus schreibt,
Polykarp „lebte mit vielen, die den
Herrn gesehen haben“, und er habe
Johannes gekannt. Das würde zu
der Überlieferung passen, dass sich
Johannes in Ephesus niederließ,
ungefähr 50 Kilometer von Smyrna
entfernt. Irenäus erwähnt auch
Papias, einen andern Bischof, der
um 60 n. Chr. geboren wurde und
sowohl Johannes als auch Polykarp
kannte.
Im Johannesevangelium sagt
Jesus: „Ich bin das Licht der
Welt.“
102
Das Johannesevangelium dreht sich um den Kern des christlichen Glaubens:
Es beschreibt, wer Jesus ist. Er ist das „Wort Gottes“. Das bedeutet, dass sich
in Jesus Gottes wahres Wesen zeigt. Weiter heißt es, das Wort habe „unter uns
gewohnt“ (1,14). In Jesus war Gott wirklich gegenwärtig und lebte als Mensch
unter Menschen. Am Ende des Johannesevangeliums wendet sich der Apostel
Thomas an Jesus mit den Worten: „Mein Herr und mein Gott!“ (20,28)
Als Nächstes berichtet das Evangelium, auf welche Weise Jesus unter uns
wohnte – wie er geboren wurde, aufwuchs, Hunger hatte, müde war, sich
mit Freunden ausruhte, weinte, wütend wurde, die Mächtigen und Stolzen
angriff, hingerichtet wurde . . . und auferstand. In den Grundzügen stimmt die
Geschichte mit den anderen drei Evangelien überein, obwohl Aussagen über
Jesus getroffen werden, die sich dort nicht finden. Ähnlich wie im Matthäusevangelium ist die Lehre Jesu auch bei Johannes in langen Reden zusammengefasst. Aber inhaltlich unterscheiden sie sich von den Reden bei Matthäus
und sind auch anders als die „Gleichnisse“ der drei „synoptischen“
Evangelien.
Wer schrieb das Johannesevangelium? Wahrscheinlich ein Jude, der
das Heilige Land gut kannte. Er nennt keinen Namen, doch im Evangelium
erscheint ein „Jünger, den Jesus liebte“. Vielleicht hat der Verfasser damit
sich selbst gemeint. Vielleicht kannte er aber auch nur die Geschichte dieses
Jüngers (siehe 19,35; 21,24). Der „Jünger, den Jesus liebte“ war beim letzten
Abendmahl an Jesu Seite (13,23), stand mit der Mutter Jesu am Fuß des
Kreuzes (19,26), besuchte zusammen mit Petrus das Grab am Ostermorgen
(20,2) und folgte später dem auferstandenen Jesus am Ufer des Sees entlang
(21,20).
Seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. sah man in dieser Figur den Apostel
Johannes. Deshalb heißt es das „Evangelium nach Johannes“.
Der erste „Brief des Johannes“ ähnelt dem Johannesevangelium in Wort
und Ausdruck und stammt mit größter Wahrscheinlichkeit vom gleichen
Verfasser. Die zweiten und dritten „Briefe des Johannes“ sind viel kürzer
und stammen vom „Ältesten“, der entweder mit dem Verfasser des
Evangeliums und des ersten Briefs identisch ist oder aus der gleichen
christlichen Gemeinde kommt. Alle Briefe betonen, wie wichtig es ist,
am „Wort des Lebens“ festzuhalten, „was von Anfang an war, was wir
gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut
und was unsere Hände angefasst haben“ – wie es im ersten Brief des
Johannes heißt.
• Ich bin das Brot des Lebens;
wer zu mir kommt, wird nie mehr
hungern (6,35).
• Ich bin das Licht der Welt. Wer
mir nachfolgt, wird nicht in der
Finsternis umhergehen, sondern
wird das Licht des Lebens haben
(8,12).
• Ich bin der gute Hirt. Der gute
Hirt gibt sein Leben hin für die
Schafe (10,11).
• Ich bin die Auferstehung und das
Leben. Wer an mich glaubt, wird
leben, auch wenn er stirbt (11,25).
Die Mutter Jesu und „der Jünger, den Jesus liebte“ stehen am Fuß des Kreuzes, wie es im Johannesevangelium beschrieben wird. Eine spanische Holzschnitzerei aus dem dreizehnten Jahrhundert.
Das Papyrus P52
Diese älteste bekannte
Handschrift des Neuen
Testaments ist ein Fragment (Teilstück) aus dem
Johannesevangelium. Es
wurde im frühen zwanzigsten Jahrhundert in
Ägypten entdeckt und
befindet sich heute in der
John-Rylands-Bibliothek
in Manchester in England.
Es stammt aus dem frühen
zweiten Jahrhundert
n. Chr. und ist vielleicht
nur 30 oder 40 Jahre
jünger als die erste Abschrift des Evangeliums.
Es ist ein Ausschnitt
aus Kapitel 18: auf einer
Seite die Verse 31– 33,
auf der anderen die Verse
37– 38.
Im Anfang war das Wort und das
Wort war bei Gott, und das Wort
war Gott. Im Anfang war es bei
Gott. Alles ist durch das Wort
geworden und ohne das Wort wurde
nichts, was geworden ist. In ihm
war das Leben und das Leben war
das Licht der Menschen. Und das
Licht leuchtet in der Finsternis und
die Finsternis hat es nicht erfasst.
Johannes 1,1– 5
103
50
Schlage nach
Die Briefe des Johannes an
die sieben Gemeinden von
Asien:
Ephesus
Offenbarung 2,1–7
Smyrna
Offenbarung 2,8 –11
Pergamon
Offenbarung 2,12 –17
Thyatira
Offenbarung 2,18 – 29
Sardes
Offenbarung 3,1– 6
Philadelphia
Offenbarung 3,7–13
Laodizea
Offenbarung 3,14 – 22
Die Offenbarung
beschreibt einen langen
Kampf zwischen den
Mächten von Gut und
Böse. Darin besiegt der
Erzengel Michael einen
Drachen, der symbolisch
für den Teufel steht.
Diese Illustration stammt
aus einer Handschrift
aus dem zwölften
Jahrhundert in der
Bibliothèque Nationale
in Paris, Frankreich.
104
Die Offenbarung des Johannes
Das letzte Buch im Neuen Testament
ist die Apokalypse oder Offenbarung des
Johannes. Die Bezeichnung „Apokalypse“
leitet sich vom griechischen Wort für
„Offenbarung“ her.
Johannes schreibt, dass er auf der
griechischen Insel Patmos im Exil war
(1,9), „um des Wortes Gottes willen und
Eine alte Kirche auf der Insel Patmos markiert die
des Zeugnisses für Jesus“ – wahrscheinlich Stelle, an der Johannes seine Offenbarung erfahren
als Strafe dafür, dass er die christliche Bot- haben soll.
schaft verkündet hatte. Der erste Teil des Buches besteht aus Briefen an
sieben christliche Gemeinden in der römischen Provinz Asien (der heutigen
Türkei), darunter Ephesus.
Den Johannes der Offenbarung setzte man üblicherweise mit dem
Verfasser des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe gleich. Manche
wenden jedoch ein, dass sich der Stil der Offenbarung stark von diesen
Büchern unterscheidet und sie deshalb nicht vom gleichen Verfasser stammen
können. Doch das Buch der Offenbarung ist in seiner Art ganz anders als
das Evangelium und die Briefe. Auch das könnte den unterschiedlichen Stil
erklären. Es
besteht aus
mehreren
Visionen oder
Offenbarungen
darüber, wie
der Himmel
ist. „Danach
sah ich:
Eine Tür war
geöffnet am
Himmel; und
die Stimme,
die vorher
zu mir
gesprochen
hatte und die
wie eine
Posaune klang,
sagte: Komm
herauf und ich werde dir zeigen,
was dann geschehen muss.“
In den Visionen des Johannes
finden sich viele Anklänge an
das Alte Testament, insbesondere an die Bücher Daniel, Ezechiel und Sacharja. Es werden
blutige, kosmische Schlachten
am Ende der Zeit beschrieben
Pergamon
(die Begriffe „Apokalypse“ und
ASIEN
Thyatira
„apokalyptisch“ werden für
alles verwendet, was mit dem
Sardes
Ende der Welt zu tun hat). Aber
Philadelphia
Smyrna
Johannes legt sein Hauptaugenmerk nicht auf die Beschreibung
Ephesus
Laodizea
des Weltuntergangs, sondern
auf die Ermutigung der Christen, standhaft zu bleiben im
Patmos
Angesicht der Verfolgung, die
„bald“ bevorstehe (1,1). Denn so
stark der Feind auch sein mag,
so Johannes, Jesus hat den Sieg
bereits errungen (5,5). In der
von Johannes erwähnte Kirche
Offenbarung des Johannes
haben Christen zu allen Zeiten
Die sieben Gemeinden der Offenbarung: Die sieben
eine Ermutigung gesehen, ein
frühen Zentren der Christenheit, die in der Offenbarung
christliches Leben auch im
des Johannes erwähnt werden.
Angesicht von Verfolgung und
Konflikten zu leben.
Das Buch endet mit der Beschreibung der Stadt Gottes, die auf eine neue
Erde kommt: „Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde . . .
Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel
herabkommen . . . Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: ,Seht,
die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen,
und sie werden sein Volk sein . . . Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer,
keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen‘“ (21,1– 4).
Diese Worte erinnern an den Garten Eden im Buch Genesis und an Ezechiels
Visionen. Da fließt ein Strom mit dem Wasser des Lebens; da sind Bäume,
deren Blätter „zur Heilung der Völker“ da sind; hier können Gottes Diener
sein „Angesicht schauen“. „Sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch
das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten.“
Aus diesen Worten haben Christen in dunklen Zeiten von Verfolgung, Leid
und Tod Trost und Mut geschöpft.
Der Himmel
In der Bibel wohnt Gott im
Himmel, obwohl die Menschen
wussten, dass man Gott keinen
Ort zuweisen kann. Wie Salomo
bei der Weihung des Tempels
sagt: „Selbst der Himmel und
die Himmel der Himmel fassen
dich nicht“ (1 Könige 8,27).
In früher alttestamentlicher
Zeit glaubten die Menschen
daran, dass sie nach dem Tod
an einem traurigen Ort, der
Scheol („Grab“), weiterlebten.
Zu späten alttestamentlichen
Zeit glaubten die Menschen
allmählich, die Toten würden
am Ende der Welt wieder zu
Leben auf Erden erwachen –
einige, um bestraft, andere,
um belohnt zu werden (Daniel
12,2 – 3). Das verstand man
unter „Auferstehung“. In neutestamentlicher Zeit herrschte
Uneinigkeit zwischen den
verschiedenen jüdischen
Gruppierungen: Die Pharisäer
glaubten an die Auferstehung,
die Sadduzäer nicht. Die
Christen glaubten, dass Jesus
eine Art „Vorauszahlung“ oder
Bedingung für die Auferstehung
aller Menschen war. Die Toten
betrachteten sie als „Entschlafene“,
die auf den Tag der Auferstehung
am Jüngsten Tag warten.
Später entwickelte sich unter
Christen die Vorstellung, dass sie
nach dem Tod in den Himmel
kämen und Petrus sie am Himmelstor empfinge, doch davon ist in der
Bibel keine Rede.
105
51
Die Briefe am Ende des Neuen Testaments
Schlage nach
Helden des Glaubens:
Hebräer 11
Gelebtes Christentum:
Jakobus 2,14 – 26
Bei Verfolgung standhalten:
1 Petrus 4,12 –19
D
a uns eine solche Wolke von Zeugen
umgibt, wollen auch wir alle Last und
die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst
uns mit Ausdauer in dem Wettkampf
laufen, der uns aufgetragen ist, und
dabei auf Jesus blicken, den Urheber
und Vollender des Glaubens; er hat
angesichts der vor ihm liegenden Freude
das Kreuz auf sich genommen, ohne auf
die Schande zu achten, und sich zur
Rechten von Gottes Thron gesetzt.
Hebräer 12,1– 2
Heilige auf einem Mosaik aus dem sechsten Jahrhundert in der Kirche San Apollinare Nuovo in
Ravenna. Wer in dieser Kirche steht, hat wirklich
das Gefühl, von einer „Wolke von Zeugen“
umgeben zu sein, wie es im Brief an die Hebräer
heißt.
106
Der Brief an die Hebräer
Dieser lange Brief gegen Ende des Neuen Testaments ist ein wenig rätselhaft:
Weder Verfasser noch Adressat werden genannt. Gegen Schluss kommen
ein gewisser Timotheus und ein paar Brüder „aus Italien“ vor, doch diese
Hinweise reichen als Erklärung nicht aus. In den frühesten erhaltenen Handschriften erscheint dieser Text als »Brief an die Hebräer“, aber es ist nicht klar,
ob der Verfasser ihn so adressierte. Aufgrund der Erwähnung von „Timotheus“
wird dieser Brief oft Paulus zugeordnet und erscheint in manchen Bibelübersetzungen unter den paulinischen Briefen. Doch in Schreibstil und Denkart
unterscheidet er sich deutlich von den Briefen, die nachweislich von Paulus
stammen. Das erste Mal wird dieser Brief von Clemens von Rom erwähnt,
also muss er vor Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden sein.
Im Brief an die Hebräer wird Jesus „erhabener Hohepriester“ genannt.
Der Hohepriester des Volkes Israel betrat einmal im Jahr das Allerheiligste im
Tempel und brachte das Blut der Opfertiere dar, um die Vergebung der Sünden
der Menschen zu erbitten. Doch Jesus, der wahre Hohepriester, so der Brief
an die Hebräer, ist in den wahren Tempel gegangen, nämlich Gottes Wohnung
im Himmel. Er hat nicht das Opferblut der Tiere, sondern sein eigenes Blut
dargebracht, das er am Kreuz vergossen hat. Er geht nicht einmal im Jahr
dorthin, sondern für alle Zeit, um allen Menschen Vergebung zu bringen.
Das war es, worauf die Propheten des Alten Testaments gewartet hatten,
was sie aber niemals selber erfuhren. In einem Absatz erinnert sich der
Verfasser an viele Helden des Alten Testaments – Noah und Abraham, Isaak
und Jakob, Josef und Moses, Gideon und Simson, David und Samuel und die
Propheten – jene, die „aufgrund des Glaubens Königreiche besiegt . . ., Löwen
den Rachen gestopft . . ., Spott und Schläge erduldet“ haben. Die Propheten,
„deren die Welt nicht wert war“, wurden „gesteinigt . . ., verbrannt . . ., mit
dem Schwert umgebracht“ und wurden doch für all ihre Treue nicht mit dem
belohnt, was Gott wirklich versprochen hatte – und was sich erst in Jesus
erfüllte. „Da uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt“, meint der Verfasser,
„wollen auch wir alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns
mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei
auf Jesus blicken“ (12,1– 2).
„Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin“, so
heißt es, „für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich
vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.“ Das erinnert an Propheten
wie Amos und Jeremia aus dem Alten Testament. Der Brief hält dazu an,
arme wie reiche Menschen mit dem gleichen Respekt zu behandeln: „Wenn
in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung
kommt, und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung und ihr
blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung und sagt: ,Setz dich hier auf
den guten Platz!’, und zu dem Armen sagt ihr: ,Du kannst dort stehen!’,
oder: ,Setz dich zu meinen Füßen!’ Macht ihr dann nicht untereinander
Unterschiede und fällt Urteile aufgrund verwerflicher Überlegungen?“
(2,2 – 4)
Die Petrusbriefe und der Judasbrief
Zweifel daran, dass der erste Petrusbrief wirklich vom Apostel Petrus
geschrieben wurde, weckt das gebildete Griechisch, in dem er verfasst
ist. Schließlich wird Petrus an anderen Stellen des Neuen Testaments
als ungebildet beschrieben („Petrus und [. . .] Johannes [waren]
ungelehrte und einfache Leute“ – Apostelgeschichte 4,13). Wie
manche Briefe, die Paulus zugeschrieben werden, könnte dieser
Brief von einem anderen Verfasser stammen, der als Petrus
unterschrieb. Der Brief ermutigt Christen, auch in Zeiten der
Verfolgung stark zu bleiben.
Der zweite Petrusbrief ist in einem ganz anderen Stil geschrieben als der erste, stammt also vermutlich nicht vom gleichen
Verfasser. In weiten Teilen überschneidet er sich mit dem Brief des
Judas. Beide Briefe rufen dazu auf, sich falschen Lehrern der Kirche
zu widersetzen.
„Setz dich hier auf den guten
Platz . . . Setz dich zu meinen Füßen!“
Jakobus 2,3
Der Brief des Jakobus
Der Brief des Jakobus (der in der Überlieferung als Jesu Bruder gilt) ist beliebt
bei vielen Christen, weil er eine handfeste Anleitung zum christlichen Leben
liefert.
107
52
Die Zusammenstellung der Bücher
des Neuen Testaments
Schlage nach
Ein junger Christ wird ermahnt,
die Heilige Schrift (das Alte
Testament) zu lesen:
2 Timotheus 3,10 –17
Die ersten Paulusbriefe
werden gesammelt:
Kolosser 4,16 –17
Zusammenstellung der Bücher
des Alten Testaments:
siehe Kapitel 32
Ein früher Versuch, die
Bibel zu beschneiden
M
itte des zweiten Jahrhunderts
n. Chr. gab es in Rom einen
Christen namens Markion. Er war
der Meinung, das Alte und
Neue Testament gehöre zwei
verschiedenen Religionen mit
unterschiedlichen Göttern
an. Er lehnte das Alte Testament ab und den seiner
Meinung nach zu großen
Einfluss des Alten Testaments auf die Evangelien.
Seiner Meinung nach sollten
Christen nur die Briefe des
Paulus lesen und eine
gekürzte Version des Lukasevangeliums. Die Kirche in
Rom erklärte Markions
Ansicht für falsch. Daher
gründete er mit seinen
Anhängern eigene Kirchen,
die bis ins dritte Jahrhundert
n. Chr. bestanden. Doch derlei Vorkommnisse brachten
Christen dazu, sich intensiver
damit auseinanderzusetzen,
welche Bücher sie anerkennen wollen und welche nicht.
Eine ganze Generation lang verehrten die Urchristen Jesus, verkündeten
seine Botschaft und lebten nach seinem Vorbild; erst dann erschienen die
ersten christlichen Bücher. Die ersten Christen hatten das Alte Testament,
insbesondere die Septuaginta – die spätere griechische Fassung – und ihre
Erinnerung an die Worte und Taten Jesu. Unter den führenden Christen
gab es eine lebhafte Diskussion darüber, wie die Lehre Jesu auszulegen sei.
Doch sie hatten keine „Bibel“ im heutigen Sinne, auf die sie sich beziehen
konnten. Die Bücher, die später zum Neuen Testament zusammengefasst
wurden, erschienen ursprünglich in verschiedenen Kirchen und wurden nicht
gleich herumgereicht. Vor Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. konnte kein
Christ alle Bücher des Neuen Testaments kennen.
Und auch danach wurden die 27 Bücher des Neuen Testaments noch nicht
als eigene Sammlung betrachtet. Einige Kirchen erkannten einzelne Bücher
nicht an, viele lasen zusätzliche Bücher. Erst weitere 100 Jahre später einigten
sich die Christen auf die Bücher
des heutigen Neuen Testaments.
Die erste echte Liste (genannt
„Kanon Muratori“) um 200 n. Chr.
enthält alle Bücher des Neuen
Testaments außer Hebräer, Jakobus, 1 und 2 Petrus, dafür aber
das „Buch der Weisheit“. Die Liste
(Kanon) mit allen 27 Büchern
erscheint zum ersten Mal in einem
Brief von Bischof Athanasius aus
dem Jahr 367 – über 300 Jahre,
nachdem das erste Buch des
Neuen Testaments geschrieben
wurde.
Einige andere frühchristliche
Bücher stehen in ihren Ideen den
Büchern des Neuen Testaments
sehr nahe.
Das Fresko zeigt Athanasius, Bischof von Alexandria in Ägypten im vierten Jahrhundert.
In einem seiner Briefe erscheint zum ersten Mal die Liste der heutigen 27 Bücher des
Neuen Testaments.
Zum Beispiel wurde der erste Clemensbrief (verfasst
gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr.) im zweiten
Jahrhundert genauso im Gottesdienst verlesen wie die
Briefe des Neuen Testaments. Ein weiteres frühchristliches Buch ist das Thomasevangelium. Teile davon
wurden zwischen 1898 und 1903 entdeckt, der größte Teil
jedoch erst im Jahr 1945. Wahrscheinlich wurde es Mitte
des zweiten Jahrhunderts n. Chr. geschrieben, also
bestimmt nicht von dem Thomas, der zu den zwölf
Aposteln gehörte. Es könnte ein paar echte Aussprüche
Jesu enthalten, die in den vier „kanonischen“ Evangelien
fehlen. Doch sie vermischen sich mit den gängigen
Vorstellungen des zweiten Jahrhunderts
n. Chr. So wird im Thomasevangelium
die Ansicht vertreten, Frauen
könnten nur ins Reich
Gottes gelangen, indem sie
Männer werden. Das passt
kaum zum Bild von dem
Jesus der vier kanonischen
Evangelien, der Frauen
ausgesprochen freundlich
entgegentritt. Obwohl das
Thomasevangelium im
zweiten und dritten
Jahrhundert in manchen
Gemeinden in Umlauf
gewesen sein mag,
wurde es nicht in den
Kanon des Neuen
Testaments aufgenommen und ging irgendwann verloren.
Ein Fragment des Thomasevangeliums, das 1945 in Nag
Hammadi in Ägypten entdeckt
wurde.
Die Didache gibt Anweisungen für die Tauffeier.
Dieses Mosaik aus dem sechsten Jahrhundert
aus Ravenna zeigt, wie Jesus von Johannes
getauft wird.
Die Didache
V
iele frühchristliche Schriftsteller
zitieren ein verlorengegangenes
Buch, das „Zwölf-Apostel-Lehre“
oder Didache (griechisch „Lehrschrift“) heißt. Das Buch war
mehrere Jahrhunderte verschollen,
doch 1873 entdeckte man eine
Abschrift in einem Kloster in Konstantinopel. Die meisten Forscher
glauben, dass die Didache im
frühen zweiten Jahrhundert in
Syrien verfasst wurde. Teile davon
könnten auch älter sein. Sie liefert
ein farbenfrohes Bild vom Leben
einer frühchristlichen Gemeinde
mit Anleitungen zum Fasten, zum
Vaterunser, zu Taufe und Abendmahl. In ihren Formulierungen
und Vorstellungen ähnelt sie stark
dem Matthäusevangelium. Auch
die Didache hätte gut in den Kanon
des Neuen Testaments aufgenommen werden können.
109
108
Jesu Geburt im Neuen Testament
Schlage nach
Die Kindheitsgeschichte Jesu
nach Matthäus:
Matthäus 1,18 – 2,23
Die Kindheitsgeschichte Jesu
nach Lukas:
Lukas 2
Die selige Jungfrau Maria
B
ei Matthäus und Lukas heißt
es, Maria habe Jesus als Jungfrau
empfangen. Bei Matthäus sagt der
Engel zu Josef: „Das Kind, das sie
erwartet, ist vom Heiligen Geist.“
Bei Lukas sagt der Engel zu Maria:
„Der Heilige Geist wird über
dich kommen, und die Kraft des
Höchsten wird dich überschatten.
Deshalb wird auch das Kind heilig
und Sohn Gottes genannt werden.“
Bei Lukas erfährt Maria als erste
die Frohe Botschaft und ist damit
die erste Jüngerin. An einer Stelle
ruft eine Frau aus der Zuhörermenge Jesus zu: „Selig die Frau,
deren Leib dich getragen und deren
Brust dich genährt hat.“ Jesus
antwortet: „Selig sind vielmehr die,
die das Wort Gottes hören und es
befolgen.“ Maria ist in beiderlei
Hinsicht „selig“. Sie trug den Sohn
Gottes im Leib und stillte ihn, und
sie hörte und befolgte das Wort
Gottes.
Im Lobgesang Marias (auch
„Magnificat“) in Lukas 1,46 – 55
sagt Maria: „Siehe, von nun an
preisen mich selig alle Geschlechter.“ Deshalb heißt sie bei vielen
Christen die »selige Jungfrau
Maria“.
Matthäus und Lukas lassen ihre
Geschichte von Jesus vor seiner Geburt
beginnen, Markus und Johannes setzen
erst mit der Predigt von Johannes dem
Täufer ein, als Jesus bereits erwachsen ist.
Die Weihnachtsgeschichte ist so bekannt,
dass man leicht vergisst, wie stark sich
die Versionen von Matthäus und Lukas
voneinander unterscheiden.
Lukas beschreibt, wie Johannes der
Täufer und Jesus zur Welt kommen,
nachdem ihre Geburt jeweils von Engeln
Anbetung der Heiligen Drei Könige von Diego
verkündet wurde. Dann erzählt er, warum
Velázquez (1599 –1660): Die Sterndeuter
Jesus in Betlehem geboren wird, obwohl
aus dem Matthäusevangelium beim Jesuskind.
seine Mutter Maria in Nazaret lebt. Maria
und Josef reisen nach Betlehem (wo Josefs Familie herkommt), weil die
römische Regierung eine Volkszählung angeordnet hat. Die Herberge ist
voll, daher müssen sich Maria und Josef mit dem Stall begnügen. Die Hirten
kommen sie dort besuchen. Nach einem Besuch des Tempels in Jerusalem
kehren Maria und Josef nach Nazaret zurück.
Matthäus hingegen erwähnt weder eine Volkszählung noch eine Reise
von Nazaret aus, weder den Stall noch die Hirten. Nach seiner Geburt wird
Jesus in einem „Haus“ in Betlehem von weisen Sterndeutern aufgesucht.
Sie kommen aus dem Osten
See
und bringen Geschenke.
Reiseroute von Maria
Gennesaret
und Josef
G
A
L
I
L
Ä
A
Dann versucht König Herodes,
Nazaret
Weg nach Ägypten
Jesus umbringen zu lassen.
Also fliehen Maria und Josef
mit dem Kind nach Ägypten.
Da es in Judäa (wo Betlehem
liegt) auch später nicht sicher
ist, gehen sie nach Nazaret
in Galiläa.
Jordan
53
Jerusalem
Betlehem
Hebron
To t e s
Meer
Soweit einige Unterschiede. Doch worin stimmen Matthäus und Lukas
überein? Bei beiden heißt es, dass Maria zur Zeit der Geburt Jungfrau ist.
Bei beiden heiraten Maria und Josef. Sie stimmen darin überein, dass Jesus in
Betlehem zur Welt kommt und in Nazaret aufwächst. Und darin, dass Maria
und Josef gläubig und Gott gehorsam sind. Sie sind bereit zu tun, was von
ihnen verlangt wird.
Weder Markus noch Johannes beschreiben die Geburt Jesu – obwohl
Johannes Jesus im ersten Kapitel das „Wort“ Gottes nennt, das in die Welt
kommt, Mensch wird und unter uns lebt. Diese Stelle wird im Weihnachtsgottesdienst gelesen.
Im Johannesevangelium ist Jesus für die Menschen der „Sohn Josefs“.
Und an keiner Stelle wird eine Geburt in Betlehem erwähnt. Es gibt sogar
einen Streit darüber (Johannes 7,40 – 44), ob Jesus der Messias sein kann,
weil einige den Messias aus Betlehem erwarteten, während Jesus doch
bekanntermaßen aus Nazaret in Galiläa stamme.
Die anderen Verfasser des Neuen Testaments erwähnen weder die Geburt
Jesu noch Maria
oder Josef oder
den Umstand,
dass Jesu Mutter
Jungfrau war.
Einige Weihnachtsgeschichten, die nicht
in der Bibel stehen
D
ie Sterndeuter aus dem
Matthäusevangelium werden oft
„Könige“ genannt und als Kamelreiter dargestellt. Inspiriert wurde
diese Darstellungsweise wahrscheinlich von Jesaja 60,3 – 6.
Die Namen Kaspar, Melchior und
Balthasar tauchen zum ersten
Mal im sechsten Jahrhundert
n. Chr. auf. Bei Lukas heißt es
nicht, dass Jesus in einer Höhle
zur Welt kommt, wie auf vielen
alten Gemälden dargestellt; diese
Vorstellung leitet sich vom Protevangelium des Jakobus ab, das
um 150 n. Chr. verfasst wurde.
Im gleichen Buch werden
Joachim und Anna als Eltern
Marias angegeben.
Herodes der Große
Herodes („der Große“) war
Die Heimsuchung von einem GiottoSchüler aus dem dreizehnten Jahrhundert: Maria, die Mutter von Jesus,
besucht Elisabet, die Mutter von Johannes
dem Täufer, wie das Lukasevangelium
beschreibt.
unter den Römern Gouverneur
von Galiläa. Seine Frau Mariamne
kam aus der Hasmonäer-Familie.
40 v. Chr. machten die Römer
Herodes zum „König der Juden“
und er blieb ihnen treu verbunden.
Er war ein strenger Herrscher, der
keinen Widerstand duldete und
sogar seine Frau und Söhne töten
ließ. Er plante den neuen Hafen
von Caesarea. Sein berühmtestes
Bauwerk war der neue Tempel in
Jerusalem, den er 20 v. Chr. begann
und der erst 62 n. Chr. vollendet
wurde. Herodes starb 4 v. Chr.,
also muss Jesus vor diesem Jahr
geboren sein (siehe Kapitel 39).
Der Aquädukt, den Herodes der Große baute,
um Wasser in seine neue Stadt Caesarea zu
leiten.
Der Weg von Nazaret nach Betlehem (nach Lukas) und von Betlehem
nach Ägypten nach der Beschreibung im Matthäusevangelium.
110
111
54
Jesu Lehre im Neuen Testament
Schlage nach:
Einige kurze Gleichnisse:
Matthäus 13,31– 54
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter:
Lukas 10,25 – 37
Das Gleichnis vom verlorenen
Sohn:
Lukas 15,11– 32
Jesus spricht mit der
Samariterin:
Johannes 4,1– 42
Jesus vergleicht das Reich Gottes mit einem
großen Baum, in dessen Zweigen viele Vögel
nisten (Lukas 13,18 –19). Was er sagt, erinnert
an Ezechiels Worte (17,22 – 24).
Die Leute nannten Jesus „Lehrer“. In den Evangelien heißt es, die
Menschen seien erstaunt gewesen, dass er mit so viel Kenntnis und Autorität
sprach. Im Johannesevangelium heißt es jedoch auch, dass
die Menschen Jesus nicht mehr folgten, wenn er etwas
schwer Verständliches sagte. Als Jesus seine zwölf
Jünger fragt, ob auch sie gehen wollen, erwidert Petrus:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des
ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und
haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“
Jesus lehrte die Menschen anhand von beispielhaften Geschichten
(„Gleichnissen“). Einige davon sind ziemlich lang – mit mehreren Szenen
und Personen, wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und das
Gleichnis vom verlorenen Sohn. Andere sind kurz, knapp auf den Punkt
gebracht, so wie dieses: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz,
der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber
wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte
den Acker.“
Bei Markus und Lukas spricht Jesus über
das Reich Gottes. Bei Matthäus heißt es
Himmelreich, aber es bedeutet dasselbe. Jesus
sagt, dieses Reich sei „nahe“ (Markus 1,15). Als ein
Schriftgelehrter zu Jesus sagt, Gott und seinen Nachbarn zu
lieben sei wichtiger als zu opfern, erwidert Jesus: „Du bist nicht fern vom
Reich Gottes“ (Markus 12,34). Bei Matthäus 5,3 –12 malt Jesus ein Bild
des Gottesvolkes: Es hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, es ist reinen
Herzens, es stiftet Frieden. Jesus nennt es „selig“ – selig durch Gott und
wahrhaft glücklich.
Jesus erklärt, es könnten auch Leute das Reich erlangen, von denen man
es nicht erwarten würde. Nicht nur die religiösen Führer, nicht nur das Volk
Israel. Es könnten Samariter sein, Römer und Griechen. Sie könnten „von
Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich
Gottes zu Tisch sitzen.“ Es könnten Dirnen dabei sein und Zöllner –
Menschen, die keiner in Gottes Reich erwartet hätte.
Solche Aussagen erzürnten die damaligen religiösen Führer so sehr, dass
sie Jesus aufhalten wollten.
Jesus erzählte nicht nur Gleichnisse, er hielt auch lange Ansprachen
oder Predigten. Johannes gibt die Lehren Jesu in anderen Worten wieder als
die anderen Evangelien (siehe Kapitel 44). Doch auch er beschreibt, dass
Menschen zum Glauben an Jesus finden, von denen man es nicht gedacht
hat. Zum Beispiel war es für Juden schwer vorstellbar, dass Samariter teil
am Gottesreich hätten. Doch so, wie Lukas das Gleichnis vom barmherzigen
Samariter erzählt, spricht Johannes von einer Samariterin, die zum Glauben
an Jesus als den Messias findet.
Jesus lehrte in Wort und Tat. Alle Evangelisten berichten von Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen. Einmal schickt Johannes der Täufer
seine Jünger, um zu erkunden, ob Jesus wirklich der Messias ist. Jesus
antwortet schlicht: „Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und
gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen und Aussätzige werden rein;
Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium
verkündet.“
Paulus erzählt viel über Jesus, aber er zitiert ihn nicht – außer seine
Worte beim letzten Abendmahl und einen anderen Ausspruch, der in keinem
Evangelium erscheint: „In Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der
selbst gesagt hat: ‚Geben ist seliger als nehmen.’“
„Tut dies zu
meinem Gedächtnis.“
Matthäus und Markus berichten,
dass Jesus beim letzten Abendmahl, am Abend vor seinem Tod,
das Brot nahm, dankte und es
seinen Jüngern mit den Worten
gab: „Das ist mein Leib.“ Er sprach
den Lobpreis und gab ihnen den
Wein und sagte: „Das ist mein
Blut.“ Lukas erzählt es ähnlich. Bei
ihm sagt Jesus zu seinen Jüngern:
„Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Die Urchristen begingen dieses
heilige Mahl regelmäßig, wie es
deutlich aus dem erstem Brief des
Paulus an die Korinther hervorgeht.
Dort beschreibt er das letzte Abendmahl in ganz ähnlichen Worten
wie Matthäus, Markus und Lukas
(1 Korinther 10,16 –17; 11,17– 34).
Sie nannten es das „Herrenmahl“
oder das „Brechen des Brotes“.
Christen feiern das Herrenmahl
auch heute. In den verschiedenen
Kirchen heißt es „Eucharistie“,
„Messe“ oder „Abendmahl“.
Ein Mosaik in der Kirche San Apollinare Nuovo
in Ravenna (Italien) zeigt das letzte Abendmahl.
Fische gehörten eigentlich nicht zum Paschamahl. Der Künstler fügte sie ins Bild ein, um
den Zusammenhang zu den Erzählungen zu
schaffen, in denen Jesus nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern Fisch isst.
113
55
Der Tod Jesu im Neuen Testament
Schlage nach
Die Kreuzigung:
Matthäus 27, Markus 15, Lukas 23,
Johannes 19
Was Paulus über die
Kreuzigung schreibt
Der Tod von Jesus war sehr
wichtig für Paulus und wird in
fast all seinen Briefen behandelt.
Er schreibt, dass Jesus sich
„erniedrigte“. Er war „gehorsam
bis zum Tod, bis zum Tod am
Kreuz“. Paulus spricht von den
„Machthabern dieser Welt“,
die den „Herrn der Herrlichkeit“
kreuzigten. Für Paulus ist der Tod
Jesu „machtvoll“, weil Gott auf
dieses Weise der ganzen Welt die
Hand entgegenstreckt. Gott hat
„in Christus die Welt mit sich
versöhnt“, schreibt Paulus.
Laut Johannes würfelten die Soldaten bei der
Kreuzigung aus, wer Jesu Kleider bekäme.
Das war das Recht römischer Soldaten, die
an Kreuzigungen beteiligt waren.
114
Die vier Evangelien stimmen darin überein, dass Jesus während des Paschafestes auf Befehl des römischen Statthalters Pontius Pilatus in Jerusalem
gekreuzigt wurde. Obwohl jeder der vier Evangelisten die Geschichte auf seine
Art erzählt, stimmen sie in der Beschreibung von Jesu Tod genauer überein
als in anderen Teilen.
Alle vier Verfasser berichten übereinstimmend, wie Jesus die jüdischen
Machthaber mit seinen Worten und Taten zunehmend gegen sich aufbringt.
Dass Jesus in Galiläa für Aufruhr sorgte, war eine Sache. Dass er aber
nach Jerusalem kam und seine Lehren dort verbreitete, war weitaus
gefährlicher. Bei allen vier Evangelisten reitet Jesus auf einem Esel in
Jerusalem ein und wird von den Pilgern bejubelt, die zum Paschafest in die
Stadt gekommen sind. Besser hätte Jesus Sacharjas Ankündigung eines
König nicht entsprechen können: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter
Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist
demütig und reitet auf einem Esel.“
Matthäus, Markus und Lukas beschreiben außerdem, wie Jesus den
Tempel einnimmt. Er vertreibt die Händler, die den Tempel wie einen Marktplatz nutzen. Mehrere Tage hält er sich dort auf, heilt Kranke und predigt
(bei Johannes ereignet sich dies bei einem früheren
Besuch in Jerusalem – Johannes 2,13 – 22).
Von da an wollten die jüdischen Machthaber Jesus aus dem Weg schaffen.
Sie mussten Pontius Pilatus davon überzeugen, dass Jesus eine Gefahr
war. Außerdem mussten sie einen Weg finden, Jesus umzubringen, ohne
seine Anhänger gegen sich aufzubringen. Die vier Evangelisten berichten
einstimmig, dass Jesus von Judas, einem seiner Jünger, verraten wurde.
Bei Matthäus und Markus heißt der Ort des Verrats Getsemani, bei Johannes
ist es ein Garten. Die Anführer der Tempelwache nehmen Jesus im Schutz
der Dunkelheit fest. Es folgt ein Eilverfahren vor dem Hohenpriester und
dem Hohen Rat, bei dem man einstimmig urteilt, dass Jesus sich der Gotteslästerung schuldig gemacht hat.
Jesus wird schnell vor Pilatus gebracht und beschuldigt, sich als König der
Juden ausgegeben zu haben. Alle vier Evangelisten schreiben, dass Pilatus
keinen Grund findet, Jesus zu bestrafen. Er stimmt seiner Hinrichtung aber
zu, um einen Volksaufstand zu vermeiden. Also wird Jesus zum Tod am Kreuz
verurteilt, eine der bevorzugten Hinrichtungsmethoden der Römer. Es war
eine grausame und schmerzvolle Art zu sterben. Für Juden waren die körperlichen Schmerzen noch nicht das Schlimmste daran. Denn ihre Lehre sagte:
„Ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter“ (Deuteronomium 21,23).
Bei Markus und Matthäus ist die Kreuzigung sehr trostlos. Jesus spricht
am Kreuz nur einen Vers aus den Psalmen: „Mein Gott, mein Gott, warum
hast du mich verlassen?“ (siehe Kapitel 17). Die Priester, die ihn verurteilen
ließen, Passanten und selbst die Männer, die mit ihm gekreuzigt
werden, verspotten ihn. Die einzige Unterstützung kommt von
seinen Jüngerinnen, die in großer Entfernung stehen.
In der Erzählung nach Lukas sagt Jesus mehr. Er bittet Gott,
seinen Vater, den Männern zu vergeben, die ihn kreuzigen. Dem
Dieb am Kreuz neben seinem eigenen verspricht er einen Platz
bei ihm im „Paradies“ (was hier wahrscheinlich einen Ort der
Ruhe für gerechte Menschen nach dem Tod bedeutet). Als Jesus
stirbt, zitiert er einen weiteren Psalm: „Vater, in deine Hände
lege ich meinen Geist“ (Psalm 31,6). Er ist ergebener und leidet
weniger Todesangst als bei Matthäus und Markus.
Im Johannesevangelium bleibt Jesus immer Herr der Lage.
Er stirbt, doch er gibt sein Leben aus freien Stücken. „Niemand
entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin.“
Am Fuße des Kreuzes stehen der namenlose „Jünger, den
Jesus liebte“ und seine Mutter. Jesus spricht zu den beiden
und sagt, sie sollen sich umeinander kümmern. Als er stirbt,
sagt er: „Es ist vollbracht!“ – Er hat erfüllt, wozu er in die Welt
gekommen ist.
Andere Bücher des
Neuen Testaments
Auch andere Verfasser des Neuen
Testaments sprechen über den
Tod Jesu. Im Brief an die Hebräer
heißt es: „Es war nämlich Gottes
gnädiger Wille, dass er für alle
den Tod erlitt.“ Jesus brachte „mit
lautem Schreien und unter Tränen
Gebete und Bitten“ vor Gott
(was an die Gebete Jesu im Garten
Getsemani erinnert). Jesus litt
„außerhalb des Tores“, das heißt,
er wurde aus der Gemeinschaft des
Gottesvolkes ausgeschlossen.
In der Offenbarung des Johannes erscheint Jesus als „Lamm“
(Opfertier) und „sah aus wie
geschlachtet“. Die Offenbarung
erwähnt die Stadt, in der „auch
ihr Herr gekreuzigt“ wurde.
Ein alter Olivenbaum an dem Ort, der als
Garten Getsemani gilt.
115
56
Jesu Auferstehung im Neuen Testament
Schlage nach
Die vier Evangelisten
erzählen die Geschichte der
Auferstehung in unterschiedlichen Worten:
Matthäus 28, Markus 16, Lukas 24,
Johannes 20 – 21
Und Paulus erzählt sie in
seinen:
1 Korinther 15
Eine Darstellung der Auferstehung von Pietro
Perugino (1446 –1524) im Kloster San Pietro
in Perugia, in Italien. Kleidung und Landschaft entsprechen dem Italien des sechzehnten Jahrhunderts – der Künstler hat die
Auferstehung Jesu in seine Welt versetzt.
116
Die Kreuzigung hätte jedem Glauben daran, dass Jesus der Messias war,
ein Ende setzen können. Wie traurig und verzweifelt die Jünger Jesu sind,
kommt deutlich bei Lukas zum Ausdruck, der beschreibt, wie zwei von ihnen
nach der Kreuzigung die Stadt Jerusalem verlassen: „Wir aber hatten gehofft,
dass er der sei, der Israel erlösen werde“, sagen sie.
Jesu Leichnam wird eilig von seinen Freunden beigesetzt, weil es der Tag
vor dem Sabbat ist, an dem die Arbeit ruhen muss. Bei Matthäus erlaubt
Pilatus den Hohenpriestern, Soldaten als Wachen ans Grab zu stellen.
Auf unterschiedliche Weise erzählen alle vier Evangelisten, wie
Jüngerinnen am Tag nach dem Sabbat früh morgens zum Grab
Jesu gehen. In allen Versionen finden sie ein leeres Grab vor.
Bei Markus, Matthäus und Lukas erscheinen eine oder
zwei weiße Gestalten, die sagen, dass Jesus auferstanden
sei. Bei Markus heißt es weiter, die Frauen würden von
Schrecken erfasst und liefen davon; damit endet die
früheste Version dieses Evangeliums.
Bei Matthäus und Lukas gehen die Frauen
zu den anderen Jüngern, um ihnen davon
zu erzählen. Dann erscheint Jesus selbst
verschiedenen Menschen.
Bei Matthäus fordert Jesus die Jünger auf, nach Galiläa zu gehen, um
ihn dort auf einem Berg treffen. Bei Lukas sagt Jesus, sie sollen in Jerusalem
bleiben, bis sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Lukas erzählt auch,
wie zwei Jünger Jesus auf der Straße nach Emmaus treffen. Im Haus des
Jüngers bricht Jesus ihnen beim Abendessen das Brot und erst da erkennen
sie ihn.
Bei Johannes gibt es keine Gestalten in Weiß, stattdessen erscheint Jesus
selbst Maria Magdalena im Garten. Am gleichen Abend und ein weiteres Mal
eine Woche später kommt er zu den Jüngern. Thomas, der zuerst nicht daran
glaubt, wird von Jesus überzeugt. Dann erzählt Johannes weiter, wie Jesus die
Jünger am See Genesaret trifft.
Paulus, der vor den Evangelisten schreibt, berichtet den Korinthern, was
er selbst gehört hat: dass Jesus starb, begraben wurde und am dritten Tag
von den Toten auferstand. Er benennt alle, denen Jesus erschien: „Kephas“
(Petrus), allen zwölf Aposteln, Jakobus und „mehr als fünfhundert Brüdern
zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben“. Dann erzählt er von
seiner eigenen Begegnung mit Jesus (auf der Straße nach Damaskus). Paulus
spricht noch an vielen anderen Stellen von der Auferstehung. Für ihn hatte
Gott damit gezeigt, dass die Kreuzigung kein Sieg über Jesus war. Es war der
Anfang eines neuen Zeitalters; dank Jesu Auferstehung würden alle, die an
ihn glaubten, schließlich von den Toten auferstehen.
Auch für die anderen Verfasser des Neuen Testaments ist die Auferstehung
von großer Bedeutung. Hier ein Beispiel (1 Petrus 1,3 – 4): „Gepriesen sei der
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinem großen
Erbarmen neu geboren, damit wir durch die Auferstehung Jesu Christi von
den Toten eine lebendige Hoffnung haben und das unzerstörbare, makellose
und unvergängliche Erbe empfangen, das im Himmel
für euch aufbewahrt ist.“
Im vierten Jahrhundert baute Helena, die Mutter
von Kaiser Konstantin, eine Kirche an dem Ort,
wo man Jesu Grab vermutete. Die heutige
Kirche stammt größtenteils aus dem Mittelalter. Das Bild zeigt die Kapelle am Eingang des
Christusgrabes in der Grabeskirche.
Jesu Grab
D
ie Juden begruben ihre Toten.
Reiche Leute ließen sich oft Höhlen
als letzte Ruhestätte ausstatten,
mit einem Sims für den Leichnam.
Manchmal wurden große scheibenförmige Steine vor die Öffnungen
dieser Gräber gerollt. In solch
einer Grabstätte wurde Jesus nach
seinem Tod eilig beigesetzt, bevor
der Sabbat begann (Matthäus
27,57– 66).
Jesu Grab konnte nie eindeutig
bestimmt werden, doch an dem
Ort, an dem man es vermutet,
steht heute die Grabeskirche in
Jerusalem.
117
57
Die Bibel heute
Zu Beginn dieses Buches wurde die Bibel als Geschichtenbuch beschrieben –
Was über die Bibel gesagt
wird:
„Die ganze Heilige Schrift ist ein einziges
Buch und dieses eine Buch ist Christus,
denn die ganze göttliche Schrift spricht von
Christus und die ganze göttliche Schrift
geht in Christus in Erfüllung.“
Hugo von Sankt Viktor (französischer
Theologe des Mittelalters, gestorben 1141)
Die Zehn Gebote haben nicht nur das Judentum
und die Christenheit geformt, sondern die ganze
moderne Welt.
118
mit Geschichten aus der Vergangenheit, die Hoffnung für die Zukunft geben.
Auf diese Weise lesen Juden die hebräische Bibel (die Thora) und Christen
die christliche Bibel (das Alte und Neue Testament).
Manchmal schöpfen Menschen einfach „Hoffnung“ aus der Bibel,
um schwere Zeiten zu überstehen. Zu anderen Zeiten spornt die Bibel
Menschen an, die Welt zu verändern. Zum Beispiel sangen die Sklaven in
den Vereinigten Staaten im neunzehnten Jahrhundert Lieder mit Bibeltexten,
die „Spirituals“, um in ihrer hoffnungslosen Lage nicht aufzugeben. Eine
Kampagne von Christen, die glaubten, dass die Bibel gegen Sklaverei ist,
führte zum Verbot der Sklaverei in den meisten Teilen der Welt. Doch sie
mussten sich mit anderen Christen auseinandersetzen, die aus der Bibel die
Erlaubnis für Sklaverei herauslasen.
Martin Luther King, der sich erfolgreich für die Menschenrechte schwarzer
Amerikaner einsetzte, wurde durch die Bibel ermutigt. Genauso Dietrich
Bonhoeffer, der mutige Pfarrer, der sich im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler
wehrte. Beide setzten ihren Glauben mutig in die Tat um und wurden dafür
getötet – so wie Johannes der Täufer, Jakobus, Petrus und Paulus. Doch King
und Bonhoeffer mussten sich auch mit anderen
Christen auseinandersetzen, die der Ansicht
waren, sie hätten die Bibel falsch
verstanden.
Die Bibel regte Christen zu Protesten gegen die Rassentrennung in Südafrika an, doch andere Christen vertraten die Ansicht, die Bibel spreche für
eine Trennung der Rassen. Das zeigt, wie unterschiedlich Menschen die
Bibel auslegen. Bis heute sind sich Christen uneinig, was die Bibel zu Homosexualität und anderen Themen sagt. Manche finden, die Bibel räume den
Frauen zu wenig Platz ein. Andere finden, die Bibel gebe den Frauen viel
Raum, doch die Christen hätten diesen Stellen im Laufe der Jahrhunderte
zu wenig Beachtung geschenkt.
Die Bibel hat auch Menschen ermutigt, die weder Juden noch Christen
waren. Der Hindu Mahatma Gandhi, der sich für gewaltlosen Widerstand
starkt machte und das heutige Indien formte, meditierte Jesu Bergpredigt
gründlich.
Für Christen sind die Geschichten von Jesus der wichtigste Teil der Bibel.
Das Alte Testament bereitet ihm den Weg, das Neue Testament erzählt von
ihm. Die ganze Bibel ist auf ihn ausgerichtet. Christen erinnern
an Jesu Worte im Johannesevangelium: „Ihr erforscht
die Schriften, weil ihr meint, in ihnen das ewige Leben
zu haben; gerade sie legen Zeugnis über mich ab“
(Johannes 5,39).
Jesus fordert seine Jünger auf, den Hungernden
zu essen zu geben, die Nackten zu bekleiden
und Kranke und Gefangene zu besuchen. Wenn
Menschen einem Mitmenschen helfen, tun sie es
für Jesus selbst (Matthäus 25,31– 40). Hilfsorganisationen wie „Misereor“ oder „Brot für die
Welt“ helfen beim Bau eines Damms, damit
dieses afrikanische Dorf in Mali Wasser hat.
Jerusalem gilt bei Juden, Christen und Muslimen
als Heilige Stadt. Menschen dieser drei
Glaubensgemeinschaften betrachten sich als
„Schriftreligionen“, weil sie einige alte
Geschichten gemeinsam haben.
119
Zeittafel
Die kursiv gesetzten Daten geben geschätzte Jahreszahlen an.
•2000 –1500: Abraham, Isaak, Jakob, Josef
1400 v. Chr.
1200 v. Chr.
1000 v. Chr.
•1000: Samuel, Saul und David
800 v. Chr.
•786 –746: König Jerobeam II. von Israel, Prophet Jona
•786 –736: König Usija von Juda, Propheten Jesaja
und Amos
1350 v. Chr.
1150 v. Chr.
950 v. Chr.
750 v. Chr.
•926: Tod des Salomo. Das
Königreich wird geteilt:
Israel und Juda.
1300 v. Chr.
1100 v. Chr.
900 v. Chr.
•725 – 696: König Hiskija von Juda
•722: Die Assyrer erobern Israel
700 v. Chr.
•705: König Hiskija von Juda lehnt sich
gegen König Sanherib von Assur auf
•701: Sanherib belagert Jerusalem
•1279 –1212: Ramses II. (der Große) Moses
•870 – 851: König Ahab von Israel, Prophet Elija
1250 v. Chr.
1050 v. Chr.
850 v. Chr.
650 v. Chr.
•639 – 609: König Joschija von Juda
•612: Die Babylonier besiegen die Assyrer und nehmen Ninive ein.
•609: Joschija stirbt bei der Schlacht von Megiddo.
•605: Schlacht von Karkemisch
•605 – 562: König Nebukadnezzar von Babel
1200 v. Chr.
120
1000 v. Chr.
800 v. Chr.
600 v. Chr.
121
Zeittafel (Fortsetzung)
Die kursiv gesetzten Daten geben geschätzte Jahreszahlen an.
600 v. Chr.
400 v. Chr.
200 v. Chr.
n. Chr.
•14 – 37: Regierungszeit von Kaiser Tiberias
•597: Nebukadnezzar marschiert in Juda ein
und erobert Jerusalem
•587/ 586: Nebukadnezzar zerstört den Tempel
•26 – 36: Pontius Pilatus ist Statthalter von Judäa
•28: Taufe Jesu
•29/30: Kreuzigung Jesu
•33: Bekehrung des Paulus zum Christentum
•41– 54: Regierungszeit von Kaiser Claudius
•167: Makkabäeraufstand
•164: Tempelweihe
•161: Tod des Judas Makkabäus
550 v. Chr.
350 v. Chr.
50 n. Chr.
100 v. Chr.
100 n. Chr.
•334: Alexander der Große, König von Mazedonien, marschiert
in das Perserreich ein
•323: Tod von Alexander dem Großen und Teilung seines Reichs
•539: Kyrus, König von Persien, besiegt Babel und genehmigt
den Juden die Heimkehr nach Jerusalem
500 v. Chr.
150 v. Chr.
300 v. Chr.
•49: Kaiser Claudius zwingt die Juden, Rom zu verlassen
•50: Paulus schreibt den ersten Brief an die Thessalonicher und gründet
eine Kirche in Philippi
•51– 52: Gallio ist Statthalter von Achaia, Paulus in Korinth
•54 – 68: Regierungszeit von Kaiser Nero
•60: Geburt des Papias
•62: Vollendung des Tempelbaus durch Herodes
•64: großer Brand von Rom, im Anschluss daran Christenverfolgungen
(in Zusammenhang damit evtl das Martyrium von Petrus und Paulus)
•66: Jüdischer Krieg
•69: Geburt des Polykarp
•70: Eroberung Jerusalems durch die Römer, Zerstörung des Tempels
•70: Entstehung der ersten Evangelien
•73: Eroberung der Festung Masada durch die Römer, Ende des Jüdischen
Krieges
•71– 96: Regierungszeit von Kaiser Domitian
•95: Offenbarung des Johannes
•96: Clemensbrief an die Korinther
•90 –100: Didache
•486 – 465: König Xerxes I.
von Persien
•63: Pompeius der Große erobert Palästina
450 v. Chr.
250 v. Chr.
50 v. Chr.
150 n. Chr.
•40: Herodes der Große wird von den Römern zum König
der Juden erklärt
•130: Geburt des Irenäus, Tod des Papias
•144: Markion wird in Rom aus der Kirche ausgeschlossen
•150: Thomasevangelium
•150: Diatessaron des Tatian
•zweites Jahrhundert: Protevangelium des Jakobus
•155: Martyrium des Polykarp
•27 v. Chr.–14 n.Chr: Regierungszeit von Kaiser Augustus
•20: Baubeginn zur Wiedererrichtung des Tempels durch
Herodes den Großen
•4: Tod von Herodes dem Großen
•4: Geburt Jesu
400 v. Chr.
122
200 v. Chr.
n. Chr.
200 n. Chr.
•200: Kanon Muratori, Tod des Irenäus
123
G
Stichwortverzeichnis
A
Aaron 27
Abel 18
Abraham 12, 13, 20, 21, 22
Abschalom 36
Adam 14, 16, 17
Ahab 48, 49
Amos 50, 51, 107
Amoz 52
Apokryphe 68, 69, 70, 71, 75
Aramäisch: siehe Sprachen
Ararat 18
Archäologie 7, 8, 9, 19, 22, 31, 35, 36, 56, 83
Arche Noah 18, 19
Aschermittwoch 66
Athanasius 108
Auferstehung 55, 61, 67, 74, 83, 84, 85, 89, 90,
92, 93, 95, 103, 105, 113, 116, 117
Augustinus 17, 69
B
Baal 48, 51
Babel: siehe Babylon
Babylon 19, 28, 43, 44, 46, 52, 56, 57, 58, 59,
61, 62, 63, 66
Barmherziger Samariter 78, 79, 98, 112
Baruch 59, 71
Batseba 36, 40
Belschazzar 65
Benjamin 24, 25
Benjamin, Stamm 35, 46, 86, 91
Berg Karmel 48
Berg Sinai 27, 28
Bergpredigt 97, 119
Beschneidung 21
Bet-El 22, 50
Betlehem 32, 33, 34, 75, 110, 111
Betsaida 85
Boas 33
Bonhoeffer, Dietrich
118
Böse 14, 16, 18, 44, 104
Buch der Weisheit 41, 42, 43
Bundeslade 28, 29, 30, 34, 37, 40, 56
Bunter Rock 25
124
C
Chanukka 73
Christenverfolgung 9, 85, 87
Clemens von Rom 87, 106
Codex 11
Codex Sinaiticus 11
D
Daniel 9, 12, 43, 64, 65
David 9, 32, 33, 34, 36, 37, 38, 40, 43, 46, 52,
53, 74, 79, 106
Debora/Debora-Lied 12, 31
Didache 109
Dornbusch, brennender 27, 28
Druck 6, 7, 10, 11
E
Ehe 29
Ehebruch 29
Eli 34
Elija 48, 49
Elischa 48, 49
Emmaus 98, 117
Engel 16, 22, 40, 52, 70, 98, 104, 110
Erbe 70, 72, 117
Erzengel: siehe Michael/Gabriel
Esau 22
Esra 63, 71
Essen 14, 16, 27, 28, 65, 74, 117
Essener 79, 80
Ester 64, 65, 70
Eva 14, 16, 17, 18
Evolution 15
Exil 28, 52, 55, 58, 60, 62, 63, 104
Exodus 26, 28, 79
Ezechiel 57, 60, 61
F
Fasten 54, 109
Flut 18, 19
Gabriel 98
Garten Eden 14, 16, 17, 53, 60, 105
Garten Getsemani 115
Gebet – siehe auch Vaterunser 17, 38, 39, 54, 71,
81, 115
Gebot 28, 29, 118
Gelobtes Land 13, 22, 27, 30, 50, 63
Gesetz 9, 28, 29, 32, 34, 56, 79, 86, 91
Gideon 30, 31, 106
Glaube 9, 14, 20, 22, 44, 54, 69, 77, 86, 92,
101, 106, 112, 116
Gleichnisse 9, 79, 98, 112
Goliat 36
Gomer 51
Gott: siehe Kirche, Schöpfung, göttliche Eigenschaften, Glaube, Heiliger Geist, Reich Gottes/
Himmelreich, Zehn Gebote, Gottesdienst 6, 7,
14, 17, 18, 19, 20, 21, 27, 28, 31, 39, 41, 45, 48,
51, 54, 61, 83, 97, 102, 105, 110, 112, 117
Gottesdienst 7, 39, 52, 109
Gotteshaus 22, 33
Göttliche Eigenschaften – Gerechtigkeit 21;
Liebe 43, 45, 51; Gnade 50
Götzendienst 29, 48, 56
Grab 55, 92, 117
Griechisch: siehe Sprachen
H
Hagar 20
Haman 64
Heiliger Geist 14, 29, 60, 66, 110, 117
Heilung 49, 70, 79, 105, 112, 114
Herodes Antipas 85
Herodes der Große 77, 82, 83, 110, 111
Herodot 47
Hieronymus 11, 56, 68, 69
Himmel 9, 19, 22, 49, 105, 112
Hiskija 43, 46, 47, 52, 56, 66
Hoheslied der Liebe 43
Hoschea 47
Hosea 50, 51
Hungersnot 25, 28, 32
I
Ignatius 96
„Ich bin“-Worte Jesu 103
Ijob 19, 44, 45
Irenäus 98, 102
Isaak 20, 22
Isai 33, 37
Ischtar-Tor 56
Isebel 48, 49
Islam 6
Ismael 20
Israel (Königreich) 32, 35, 37, 46, 47, 56
Israel (Land, Stamm und Volk) 6, 12, 13, 20,
22, 27, 50, 59, 97
Israel (Name) 13, 22, 25
J
Jakob 13, 22, 23, 24, 25, 26
Jakobus 81, 84, 106
Jeremia 48, 58, 59, 63, 71, 74
Jericho 30, 78, 98
Jerusalem – Fall 12, 46, 52, 57, 58, 59; Hauptstadt
37, 46; neues 60, 61; Tempel 28, 40, 41, 56, 59, 73
Jesaja 12, 17, 37, 48, 52, 53
Jesse: siehe Isai
Jesus Christus – Auferstehung 55, 74, 83, 84, 85,
89, 90, 92, 95, 103, 105, 113, 116; Geburt 83,
110, 111; Kreuzigung 49; Lehre 6, 9; Taufe 83, 85
Johannes 47, 60, 73, 74, 77, 83, 93, 101, 102, 103,
104, 105
Johannes der Täufer 16, 20, 49, 81, 83, 85, 109, 110
Jona 8, 54, 55
Jonatan 36, 37
Jafo 54
Jordan, Fluss 30, 49, 85
Joschija 56 –57, 67
Josua 30
Josef (Altes Testament) 23 –25
Josef (Neues Testament) 76, 110, 111
Josephus 77, 79, 81, 83, 85
Juda 13, 25, 46 – 47, 48, 50, 56 –57, 58 – 60, 62,
67, 68
Judas (Makkabäer) 73, 77
Judas (Brief) 107
Judas (Jünger, Verräter) 115
Judit 70, 71
Jünger 20, 21, 74, 79, 83, 84, 85, 86, 94, 95, 98,
99, 102, 112, 113, 115
Jungfrau Maria: siehe Maria
K
Kain 18
Kaiser Hadrian 80, 81, 82, 85
Kaiser Nero 77, 80, 82, 85, 87, 99
125
Kaiser Tiberius 82
Kanaan 13, 22, 25, 27, 29, 30, 31, 48, 56
King, Martin Luther 118
Kirche 7, 69, 70 –71, 74, 84, 85, 86, 87, 88, 89,
90, 97, 106, 107, 108, 113, 117
Kirchenfenster 18
Klagen 38, 43, 58, 62, 81, 105
Kleine Propheten 66 – 67
Klöster 109, 116
Kohelet 42, 71
König David: siehe David
König Saul: siehe Saul
Königin von Saba 41
Koran 6
Krankheit /-en 19, 43, 49, 77, 112, 114, 119
Krieg 9, 30, 34, 67, 72, 79, 80 – 81, 96, 118
Kyrus 52, 63
L
Laban 23
Lamm Gottes 60
Langton, Stephen 7
Lea 22
Leiden: siehe auch Verfolgung 28, 44 – 45, 52, 58 –59,
94, 105, 115
Lepra: siehe Krankheit /-en
Letztes Abendmahl 27, 74, 84, 90, 92, 102, 109,
112, 113
Levi (Stamm) 22
Levi (Zöllner) 96
Loblieder 38 –39, 41
Lot 21
Lukas 12, 33, 55, 74, 76, 77, 79, 80, 82, 84, 85,
86, 92, 93, 98 –101, 108, 110
Luther, Martin 11
M
Mahatma Gandhi 119
Makkabäeraufstand 65, 72 –73, 77
Maleachi 49, 67
Manna 28
Maria 33, 76, 110, 111
Maria Magdalena 84
Markion 108
Markus 10, 74, 80, 84, 85, 92 – 93, 94 – 95, 100,
103, 111, 112, 114, 115, 116
Masada 81
Matthäus 61, 74, 79, 80, 84, 85, 92, 93, 96 – 97,
109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117
126
Megiddo, Schlacht 57
Menora 38, 41, 80
Messias 35, 37, 49, 53, 79, 83, 92, 94, 95, 96,
111, 112, 116
Michael 16, 104
Mission/Evangelisierung 97, 100
Moabiterstein 33
Mord 18, 27, 37
Moses 12, 26 –27, 29, 30
Musikinstrumente 38
N
Naaman 49
Nag Hammadi 109
Noomi 32 –33
Natan 36 –37
Nebukadnezzar 56, 57, 59, 60, 63, 65
Nehemia 62, 63, 71
Nil 26, 27
Ninive 9, 46, 54 –55, 57, 66, 70
O
Ökumenischer Rat der Kirchen 69
Opfer 20, 48, 50
P
Palästina 13, 20, 68, 72, 78, 80
Papias 93, 94, 96, 102
Pascha (Pessach) 27, 62, 114
Patmos 104
Paulus 7, 20, 21, 68, 74, 76, 77, 84, 86 – 91, 92, 94,
98, 100 –101, 106 –107, 112, 113, 114, 116, 117
Petrus 21, 49, 66, 74, 84, 85, 87, 94, 95, 100, 102,
105, 107, 112, 117
Pfingsten 66, 85, 100, 117
Pharisäer 8, 55, 78 –79, 80, 96, 105
Philemon 91
Philippus 100
Philister 13, 31, 36, 50, 78
Pitom 26
Plagen 27, 47, 66
Polykarp 102
Pontius Pilatus 77, 82 – 83, 99, 114, 115, 116
Propheten 12, 13, 34, 37, 47, 48 – 67, 74, 85, 106
Psalmen 9, 39 –39, 115
Purim 64
Q
Q (Quelle der Evangelisten) 92 – 93
Qumran 12, 78, 79
Qumran-Rollen 78
R
Rahab 30
Rahel 23, 24
Ramses 26, 36,
Rebekka 22
Reformation 69
Reich Gottes/Himmelreich 85, 112
Reue 38, 54
Richter 12, 30 –31, 34
Rom – Römer/Römisches Reich 72, 76 –77, 79,
80 – 81, 82, 83, 85, 87, 89, 90, 99; Gemeinde 84,
88, 90, 100, 106, 108
Rotes Meer, Durchzug 27
Rut 32 –33
Rylands, John 103
S
Sabbat 13, 29, 116, 117
Sadduzäer 78, 79, 80, 105
Salbung 34, 35, 37, 79
Salomo 13, 36, 40 – 41, 43, 46, 70, 105
Samariter: siehe auch Barmherziger Samariter
79, 97, 112
Simson 30, 31, 106
Samuel 34, 106
Satan 16, 44, 45
Saul 34 –35, 36, 37
Saulus: siehe Paulus
Scheol: siehe Unterwelt/Scheol
Schilo 34
Schlange: siehe Satan
Schöpfung 14 –15, 45
Schriftgelehrte 8, 78, 94, 112
See Gennesaret 78, 85
Seligpreisungen 97
Septuaginta 68, 108
Simon aus Zyrene 98
Singen 38 –39, 41
Sodom 21
Sprachen – Aramäisch 12, 49, 70, 75, 85; Griechisch
6, 11, 12, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 101, 107,
109; Hebräisch 11, 12, 25, 27, 68, 70, 71, 75,
118; Latein 6, 7, 11, 48, 68, 69, 75, 78, 83
Sprichwörter 13, 42, 43, 44
Stephanus 100
Sünde 16 –17, 18, 106
Synagoge 13, 68, 83, 97
T
Tacitus 82, 85, 99
Tarschisch 54 –55
Tarsus 86
Taufe 82, 84, 85, 109
Taylor-Prisma 9, 46
Tempel: siehe Jerusalem, Tempel
Theophilus 92, 98, 99, 100
Thomas 83, 102, 109, 117
Thomasevangelium 109
Tiere 14, 16, 17, 18, 54
Timotheus 88, 91
Tod 12, 26, 27, 45, 49, 73, 83, 85, 91, 101,
105, 114 –115
Totes Meer 12, 33, 78, 79, 81
Träume 22, 25, 65
Trinken 28, 61, 105, 119
Turmbau zu Babel 19
U
Übersetzung 7, 10 –11, 71
Unterwelt/Scheol 105
Urija 36
V
Vaterunser 96, 109
Verfolgung 9, 75, 77, 85, 86, 87, 97, 105, 107
Vergebung 45, 51, 54 –55, 106, 115
W
Wasser 14, 18, 27, 28, 47, 60, 61, 105, 111,
119
Weise 40 – 44
Wunder 45, 49, 84
Z
Zehn Gebote siehe Gebot
Zeloten 79, 81
Zeus 19, 72, 73
Zikkurat 19
Zöllner 79, 84, 96, 112
Zweiter Weltkrieg: siehe auch Krieg 9, 118
127