für kinder - Droemer Knaur
Transcription
für kinder - Droemer Knaur
DIE NEUE ILLUSTRIERTE BIBEL K FÜR INDER PETER ATKINSON DIE NEUE Für Lynne, James, Elizabeth und Leo P. G. A. ILLUSTRIERTE BIBEL K FÜR INDER Übersetzt von Corinna Vierkant Inhalt Titel der englischen Originalausgabe: „The Lion Encyclopedia of the Bible“ Lion Hudson plc, Oxford, England © Lion Hudson plc 2009 Text © 2009 Peter Atkinson Illustration © 2009 Peter Dennis Für die deutsche Lizenzausgabe: © 2010 Pattloch Verlag GmbH & Co. KG, München Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München Herstellung und Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München Ins Deutsche übertragen von: Corinna Vierkant Redaktion: Angela Reinders Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-629-01480-1 Bitte besuchen Sie uns im Internet: www.pattloch.de Textnachweis Bibelstellen wurden aus der Einheitsübersetzung zitiert. © ••• © Hoffnung für alle, S. ••• Bildnachweis l = links, r = rechts, M = Mitte, o = oben, u = unten Cobris: 86 o/© Araldo de Luca. The Dean and Chapter of Chichester: 38 Ml. Kirsten Etheridge: 91 und 104 o. Getty Images: 6 u/China Photos; 16/Tommaso Masaccio/The Bridgeman Art Library; 19 M/De Agostini Picture Library; 21 u/David Silverman; 22/William Blake/ The Bridgeman Art Library; 28 ol/Ralph Notaro; 56 ul/Jane Sweeney/Lonely Planet Images; 61/John Roddam Spencer Stanhope/The Bridgeman Art Library; 64/Jack Guez/ AFP; 65 o/Persian School/The Bridgeman Art Library; 73 u/Bushnell/Soifer/Stone; 78 u/M. Bertinetti/De Agostini Picture Library; 81 or/Gary Cralle/Stone; 82 ul/Roman/ The Bridgeman Art Library; 84 u/Master of the Female Half Lengths/The Bridgeman Art Library; 90 u/Stephen Studd/Stone; 95/Alistair Duncan/Dorling Kindersley; 116 –117/Pietro Perugino/The Bridgeman Art Library; 118 –119/DEA/W. Buss (De Agostini Picture Library); 104 u/French School/The Bridgeman Art Library. Lion Hudson: 11 o, 82 Ml und 83 o/David Townsend; 33 o; 62 ol; 102; Graphiken 65 u, 92 ol. Rex Nicholls: 38 (alle Instrumente). The Photolibrary Group: 6 o und 9 u/The Print Collector/Imagestate; 13 o/ Miro Vintoniv/Index Stock Imagery; 15 u/Lee C. Combs/Phototake Science; 14/IFABilderteam GmbH/IFA Animals; 15 o/Kathie Atkinson/Oxford Scientific (OSF); 17/Juniors Bildarchiv; 18 –19/Bowman/F1 Online; 27/Robert Harding/Robert Harding Travel; 30 u/Botanica; 39 ur/Jochen Schlenker/Robert HardingTravel; 45/ Karl Ammann/Picture Press; 59 ur/N. Jaubert; 81 M/Hanan Isachar/Jon Arnold Travel; 87/De Agostini Editore; 89/Anders Tukler/Nordic Photos; 108/Ivan Vdovin/Jon Arnold Travel. Lois Rock: 98 o. Adrian Walmsley: 48 l, 97 M, 111 u, 115 r. Alamy: 98 u/© The London Archive; 106/© Stock Italia. David Alexander: 46 u, 50 l, 55 o, 57 o, 63 M, 80. The Art Archive: 8/Bibliothèque Municipale Moulins/Gianni Dagli Orti; 10/ British Library; 11 u/Fine Art Museum Bilbao/Alfredo Dagli Orti; 12 u und 25 or/ Musée du Louvre Paris/Gianni Dagli Orti; 24 Ml/Bibliothèque Musée du Louvre/ Gianni Dagli Orti; 18 M, 26 ol und 86 u/Gianni Dagli Orti; 30 o/British Museum/ Alfredo Dagli Orti; 44/Mediathèque Francois Mitterand Poitiers/Gianni Dagli Orti; 49/Kathedrale von Anagni Italien/Alfredo Dagli Orti; 60/Bodleian Library Oxford, Bodley 352 folio 13 r/The Bodleian Library; 69 u/Stein am Rhein Schweiz; 70/National Gallery London/Eileen Tweedy; 77 o/Staatliche Glyptothek München/Alfredo Dagli Orti; 85/Santa Maria del Carmine Florenz/Alfredo Dagli Orti; 88 ol/Archäologisches Museum Châtillon-sur-Seine/Gianni Dagli Orti; 92 ul, 92 ur, 93 ul und 93ur/Bibliothèque Municipale Abbeville/Gianni Dagli Orti; 103 o/ National Museum of Sculpture Valladollid/Alfredo Dagli Orti; 109 or/Alfredo Dagli Orti; 110 o/Museo del Prado Madrid; 111 M/San Francesco Assisi/Alfredo Dagli Orti; 113/San Appolinare Nuovo Ravenna/Alfredo Dagli Orti. Richard Watts: Karten 6 –7, 13 u, 21 o, 37 or, 47 Ml, 55 u, 57 u, 72, 76, 78 o, 90 o, 100, 105, 110 u. Z. Radovan/www.BibleLandPictures.com: 9 o, 12 o, 23 u, 33 u, 36, 41 or, 47 Mr, 46 o, 56 Mr, 79, 103 u, 109 ul, 117 o. Mary Evans Picture Library: 53. 1 Was ist die Bibel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 6 31 Weitere Propheten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 66 2 Starke Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 8 32 Die Zusammenstellung der Bücher des Alten Testaments . . . . . . . . . Seite 68 3 Verbreitung: Abschrift, Druck und Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . Seite 10 33 Die „versteckten“ Bücher . . . . . . . . . . . . . Seite 70 4 Was ist das Alte Testament? . . . . . . . . . . . . Seite 12 34 Der Makkabäeraufstand . . . . . . . . . . . . . Seite 72 5 Der Anfang: Genesis . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14 35 Was ist das Neue Testament? . . . . . . . . . . Seite 74 6 Die Geschichte vom Sündenfall . . . . . . . . Seite 16 36 Die Welt der Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 76 7 Eine Welt des Bösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 18 37 Palästina zur Zeit Jesu . . . . . . . . . . . . . . . Seite 78 8 Auszug in die Fremde: Abraham . . . . . . . . Seite 20 38 Der Jüdische Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 80 9 Ein Gelobtes Land: Isaak und Jakob . . . . . Seite 22 39 Jesus: eine historische Figur . . . . . . . . . . Seite 82 10 Die Reise nach Ägypten: Josef . . . . . . . . . . Seite 24 40 Wer Jesus nachfolgte . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 84 11 Sklaverei und Freiheit: Moses – 1 . . . . . . . Seite 26 41 Der Apostel Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 86 12 In die Wüste: Moses – 2 . . . . . . . . . . . . . . . Seite 28 42 Wie Paulus seine Briefe schrieb . . . . . . . . Seite 88 13 Rückkehr nach Kanaan: Josua und die Richter . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 30 43 Die Paulusbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 90 14 Ein Mädchen sucht Asyl: Rut . . . . . . . . . . Seite 32 45 Das Markusevangelium . . . . . . . . . . . . . . Seite 94 15 Die Wahl des Königs: Samuel und Saul . . Seite 34 46 Das Matthäusevangelium . . . . . . . . . . . . Seite 96 16 Der große König: David . . . . . . . . . . . . . . . Seite 36 47 Das Lukasevangelium . . . . . . . . . . . . . . . Seite 98 17 Die Lieder des Königreichs: Die Psalmen . Seite 38 48 Die Apostelgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . Seite 100 18 Der weise König: Salomo . . . . . . . . . . . . . . Seite 40 49 Das Johannesevangelium und die Johannesbriefe . . . . . . . . . . . . . . Seite 102 United Nations Photo Library: 66/Andrea Brizzi. World Council of Churches: 69 o. Alamy: 118 ol/Jeff Greenberg. Still Pictures: 119 or/Sarah Filbey/Christian Aid. 19 Die Sprüche der Weisen: die Weisheitsbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 42 20 Ein weiser Mann hadert mit Gott: Ijob . . . Seite 44 21 Ein geteiltes Königreich: Israel und Juda . Seite 46 44 Wie die Evangelien entstanden . . . . . . . . Seite 92 50 Die Offenbarung des Johannes . . . . . . . . Seite 104 51 Die Briefe am Ende des Neuen Testaments . . . . . . . . . . . . . . . Seite 106 23 Gericht und Gnade: Amos und Hosea . . . . Seite 50 52 Die Zusammenstellung der Bücher des Neuen Testaments . . . . . Seite 108 24 Der große Prophet: Jesaja . . . . . . . . . . . . . Seite 52 53 Jesu Geburt im Neuen Testament . . . . . . Seite 110 25 Der widerwillige Prophet: Jona . . . . . . . . . Seite 54 54 Jesu Lehre im Neuen Testament . . . . . . . Seite 112 26 Das Ende des Königreichs . . . . . . . . . . . . . Seite 56 55 Der Tod Jesu im Neuen Testament . . . . . Seite 114 27 Der leidende Prophet: Jeremia . . . . . . . . . Seite 58 56 Jesu Auferstehung im Neuen Testament Seite 116 28 Der Prohphet mit Visionen: Ezechiel . . . . Seite 60 57 Die Bibel heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 118 29 Exil und Heimkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 62 Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 120 30 Geschichten aus der Gefangenschaft: Ester und Daniel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 64 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 124 22 Die frühen Propheten: Elija und Elischa . Seite 48 1 Was über die Bibel gesagt wird: Wir überreichen Euch dieses Buch, das Allerheiligste, das diese Welt zu bieten hat. Hier ist die Weisheit. Dies ist das königliche Gesetz. Dies sind die lebendigen Worte Gottes. Mit diesen Worten wird engl. Königen oder Königinnen die Bibel übergeben. Was ist die Bibel? Die Bibel ist das heilige Buch der Christen. Die Christen glauben, dass sie in der Bibel die Wahrheit über Gott und eine Anleitung für ein gutes Leben finden. „Die Bibel“ klingt nach nur einem Buch, doch der Name leitet sich von biblia ab, dem griechischen und lateinischen Wort für „Bücher“. Die Bibel besteht aus zwei Teilen: dem Alten Testament und dem Neuen Testament. Beide bestehen aus jeweils vielen Büchern unterschiedlicher Verfasser. Ein anderer Name für die Bibel ist „Heilige Schrift“. Das Alte Testament erzählt die Geschichte des Volkes Israel (später Juden genannt) bis zur Zeit des Römischen Reichs. Im Neuen Testament geht es um den jüdischen Lehrer namens Jesus und seine Anhänger – die ersten Christen –, die im ersten Jahrhundert lebten. Auch Angehörige anderer Religionen beschäftigen sich mit der Bibel oder Teilen davon. Was bei den Christen Altes Testament heißt, ist auch den Juden heilig. Und auch für die Muslime sind die Geschichten der Bibel bedeutsam, obwohl sie ihr eigenes heiliges Buch haben, den Koran. Dieses Bibellexikon beschäftigt sich aber hauptsächlich mit der Rolle der Bibel als dem heiligen Buch der Christen. Die Bücher der Bibel sind sehr alt. Sie wurden über einen langen Zeitraum geschrieben und gesammelt. Um sie richtig zu verstehen, muss man Sprachen und Bräuche dieser Zeiten kennen. Kenntnisse aus Archäologie und Geschichte müssen mit einbezogen werden. Dazu brauchen wir die Hilfe von Experten, die sich auf diesem Gebiet gut auskennen. Vieles in der Bibel ist nicht leicht zu verstehen. Zum Beispiel tun sich viele Menschen damit schwer, wie Gott in manchen Teilen der Bibel dargestellt wird. Doch nicht alle Stellen der Bibel haben für Christen die gleiche Bedeutung. Jesus Christus ist die zentrale Hauptfigur. Seine Geschichte hilft, den Rest der Bibel besser zu verstehen. Die Christen gehören Gemeinschaften an, die man Kirchen nennt (wie auch das Gebäude, in dem Christen ihren Gottesdienst feiern). Verschiedene Kirchen lesen und deuten die Bibel auf unterschiedliche Art und verwenden teilweise verschiedene Übersetzungen. Doch das Vorlesen aus der Bibel beim Gottesdienst ist allen gemeinsam. Vor Zeiten des Buchdrucks, als noch nicht jeder Christ eine Bibel zu Hause hatte, erfuhr man den Inhalt der Bibel nur durch das laute Lesen in der Kirche. Und selbst heute, da es die Bibel gedruckt und online gibt, halten es Christen für wichtig, die Bibel gemeinsam zu lesen und zu deuten. Auch Bücher über die Bibel können beim Lesen und Verständnis helfen. Das ist auch das Ziel dieses Bibellexikons. Eine Seite aus dem Buch der Kelten, einer kolorierten Handschrift der vier Evangelien von ungefähr 800 n. Chr. aus Irland. Vor dem Buchdruck musste jede Bibel einzeln von Hand abgeschrieben werden. Bücher, Kapitel und Verse F ast alle Bücher der Bibel sind in Kapitel unterteilt und diese wiederum in Verse. Diese Unterteilung hilft beim Suchen und Finden von Bibelstellen. Aber man sollte wissen, dass sie nicht von den ursprünglichen Verfassern stammt. Sie erfolgte im Mittelalter in der lateinischen Übersetzung. Die Unterteilung in Kapitel schreibt man Stephen Langton zu, dem Erzbischof von Canterbury (1207 bis 1228), einem berühmten Bibelgelehrten. Die Unterteilung in Verse kam im sechzehnten Jahrhundert hinzu. Genesis 1,1 bedeutet: im Buch Genesis, Kapitel 1, Vers 1. Genesis 2 – 6 heißt: im Buch Genesis, Kapitel 2 bis Kapitel 6. Genesis 32,22 – 33,17 steht für: im Buch Genesis, Kapitel 32, Vers 22 bis Kapitel 33, Vers 17. Manche Bücher haben den gleichen Namen. Zum Beispiel schrieb Paulus zwei Briefe an die Korinther. Deshalb bezeichnet 1 Korinther seinen ersten Brief, 2 Korinther seinen zweiten. 1 Könige heißt das erste Buch der Könige, 2 Könige das zweite Buch der Könige. Die Bibelzitate in diesem Buch stammen aus der Einheitsübersetzung. Handlungsort der Bibel ist der östliche Mittelmeerraum und der heute sogenannte Mittlere Osten – vom heutigen Italien bis zum heutigen Iran. Jerusalem Eine moderne Taschenbuchausgabe der Bibel in chinesischen Schriftzeichen. Kein Buch wurde so oft gedruckt wie die Bibel. 6 7 2 Schlage nach David und Goliat: 1 Samuel 17 Daniel in der Löwengrube: Daniel 6 Jona wird vom Fisch verschluckt, Bibelillustration aus dem zwölften Jahrhundert. Ohne Zweifel hatte der Künstler Spaß an der Darstellung, so wie der Leser Spaß an dieser Geschichte hat – ohne sich viele Gedanken darüber zu machen, ob das wirklich passiert ist. Schriftgelehrte E inige Teile der Bibel wurden lange Zeit mündlich überliefert und erst später niedergeschrieben, oft von Leuten, die im Alten Testament „Schriftgelehrte“ oder „Schreiber“ heißen. Sie waren ein bisschen wie heutige Beamte. Im Neuen Testament heißen sie „Schriftgelehrte“ (oder „Gesetzeslehrer“), unterrichten die Menschen in Religion und sind wie die Pharisäer oft gegen Jesus eingestellt (aber nicht immer – siehe Markus 12,28 – 34). 8 Starke Geschichten Die Bibel ist eine Sammlung von Büchern mit ganz unterschiedlichem Inhalt: Da gibt es Gesetze, Geschichte, Prophezeiungen (besondere Botschaften von Gott), Lieder und weise Sprüche. Doch vor allen Dingen ist die Bibel eine Geschichtensammlung. Von der Schöpfungsgeschichte am Anfang im Buch Genesis bis hin zur Offenbarung am Schluss erzählt die Bibel starke Geschichten. Selbst wenn manche davon lustig sind (z. B. ein paar der Geschichten, die Jesus erzählte), haben sie doch eine ernste Aussage und klare Botschaft. Es sind Geschichten, die das Leben der Menschen verändern können. Ist das wirklich passiert? Oft wird bei Geschichten gefragt: „Ist das wirklich passiert?“ Diese Frage stellt man sich auch bei den Geschichten der Bibel. Die Antwort lautet bei manchen ja, bei anderen nein. Viele Geschichten aus der Bibel entsprechen historischen Begebenheiten. Das wissen wir dank archäologischer Funde und geschichtlicher Aufzeichnungen anderer alter Völker. Andere Texte sind einfach nur Geschichten – so wie die Geschichten, die Jesus erzählt hat. Sie sind nicht wörtlich zu verstehen und also nicht „wirklich geschehen“. Zum Beispiel erzählt Jesus die Geschichte eines Mannes, den Räuber auf einer Wüstenstraße überfallen und liegen lassen. Zwei Leute aus seinem Heimatland kommen vorbei. Sie kümmern sich aber nicht um ihn und gehen einfach weiter. Da kommt ein Mann aus einem anderen Land. Obwohl ihre beiden Länder verfeindet sind, hilft ausgerechnet dieser Mann dem Verletzten. Mit dieser Geschichte wollte Jesus zeigen, dass Menschen aus anderen Ländern unsere Nächsten sein können. Die Geschichte hat eine deutliche Aussage und Botschaft, obwohl sie gar nicht „wirklich passiert“ ist. Hoffnung für die Zukunft Menschen haben sich schon immer Geschichten aus der Vergangenheit erzählt, um ihre aktuelle Situation besser zu verstehen und Hoffnung für die Zukunft zu schöpfen. Das jüdische Volk, das oft unter anderen leiden musste, gewann viel Kraft und Mut aus seinen Geschichten. Die Archäologie bestätigt viele Erzählungen der Bibel. Das TaylorPrisma, das in Sanheribs Palast in Ninive entdeckt wurde und heute im British Museum in London steht, beschreibt seinen Feldzug gegen König Hiskija von Juda. Zum Beispiel erzählten sie sich in den schrecklichen Tagen des Zweiten Weltkriegs, als Millionen Juden gefangen genommen und ermordet wurden, gegenseitig die Geschichten von David gegen Goliat und Daniel in der Löwengrube. Diese Geschichten aus der Vergangenheit halfen ihnen, mit ihrer Situation besser zurechtzukommen. Sie fühlten sich wie Daniel, der den Löwen gegenüberstand, oder wie David, der gegen Goliat antrat. Die Geschichten gaben ihnen Hoffnung für die Zukunft. Sie halfen ihnen, an ihrem Glauben festzuhalten und darauf zu vertrauen, dass Gott sie retten würde, so wie in den Zeiten von Daniel und David. Auch Christen sind Opfer von Verfolgung gewesen – während des Römischen Reichs und auch später – bis heute. In schweren Zeiten schöpften Christen Hoffnung aus einem Buch wie der Offenbarung des Johannes. Geschichten als Quelle der Weisheit Die Geschichten der Bibel helfen nicht nur in schlechten Zeiten. Auch in Friedenszeiten finden Menschen Anleitung zu einem guten Leben darin. Die Sprichworte (oder Weisheiten) des Alten Testaments und die Geschichten von Jesus enthalten viel Lebensweisheit. Auch die Geschichten derer, die sich um ein gutes Leben bemühen, wie zum Beispiel Abraham, Josef, Rut, Ijob, Petrus und Paulus. Die Gesetzesbücher des Alten Testaments haben vielen Ländern bei der Festlegung ihrer Gesetze geholfen, obwohl nicht alle Gesetze des Alten Testaments für die Welt von heute noch passend sind. In den Psalmen findet sich zu jeder Stimmung und jedem Anlass eine Weisheit, weswegen sie die beliebtesten Lieder der Welt sind. Man kann sagen, die Bibel bietet zu jeder Stimmung und jedem Anlass eine Weisheit. Deshalb ist sie auch eines der meistgelesenen Bücher der Welt. Gleichnisse Jesu veranschaulichte seine Lehre mit Geschichten, die man „Gleichnisse“ nennt. Zum Beispiel erklärte er denen, die ihm nachfolgten: Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie. Matthäus 13,45 – 46 Mit diesem Gleichnis erklärt Jesus die Kostbarkeit und Bedeutung des Himmelreichs. Es ist so wertvoll, dass es für den Menschen das Teuerste im Leben sein sollte: So wie die kostbare Perle, für die der Kaufmann all seine Habe verkauft. Die Geschichte von Daniel in der Löwengrube ist seit Generationen sehr beliebt bei Juden und Christen. Dies ist ein Ausschnitt aus einem römischen Mosaik aus dem fünften Jahrhundert. 9 3 Verbreitung: Abschrift, Druck und Übersetzung Schlage nach Die Übersetzung von Hieronymus: siehe Kapitel 32 Die Jahreszählung (v. Chr. / v. u. Z.): siehe Kapitel 39 Verschiedene Übersetzungen V ergleiche Markus 10:13 -16 in der Einheitsübersetzung und der Bibel „Hoffnung für alle“. Einheitsübersetzung: Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie. Hoffnung für alle: Einige Eltern brachten ihre Kinder zu Jesus, damit er sie segnete. Die Jünger aber wollten sie wegschicken. Als Jesus das merkte, wurde er zornig: „Lasst die Kinder zu mir kommen und haltet sie nicht zurück, denn für Menschen wie sie ist Gottes neue Welt bestimmt. Hört, was ich euch sage: Wer sich die neue Welt Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt, dem bleibt sie verschlossen.“ Dann nahm er die Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie. 10 Vor Erfindung des Buchdrucks musste jedes Buch von Hand geschrieben werden. Diese Handschriften nennt man „Manuskripte“. Zu der Zeit, als die Geschichten der Bibel niedergeschrieben wurden, gab es in den entsprechenden Ländern noch keinen Buchdruck. Er wurde in Europa erst im fünfzehnten Jahrhundert n. Chr. erfunden, obwohl die Chinesen schon Jahrhunderte vorher eine Form des Drucks verwendeten. Das Abschreiben der Texte war langwierig, mühVor Erfindung des Buchdrucks wurde jede Bibel einzeln von Hand sam und teuer. Einfache abgeschrieben. Eine Darstellung des heiligen Dunstan, Erzbischof Leute hatten keine Bücher. von Canterbury, im zehnten Jahrhundert, an seinem Schreibpult. Zu neutestamentlichen Zeiten besaß jede jüdische oder christliche Gemeinde eine Reihe heiliger Bücher, lauter Handschriften. Manchmal sammelten Herrscher oder andere wohlhabende Menschen Bücher. Und es gab ein paar große Bibliotheken in der antiken Welt. Die alten Schriften der griechischen und römischen Autoren wurden sorgfältig gehütet, doch nicht immer sorgfältig genug. Manche Bibliothek fiel dem Feuer zum Opfer. Oft gingen dabei unbezahlbare Bücher unwiederbringlich verloren. Im Mittelalter befanden sich einige der wichtigsten Bibliotheken in christlichen Klöstern. Manchmal war den Besitzern der Bücher gar nicht bewusst, wie einzigartig und kostbar ihr Besitz war. Wenn sie Papier für ein anderes Buch brauchten – Papier war damals teuer –, schabten sie manchmal einfach die Seiten blank und verwendeten sie neu. Bücher abzuschreiben war keine leichte Aufgabe. Es war anstrengend und manchmal auch langweilig, und so schlichen sich immer wieder Fehler in der Abschrift ein. Manchmal fügten die Leute eigene Kommentare ein, vor allem wenn sie anderer Meinung waren als ihre Vorlage! Viele gedruckte Bibeln enthalten Fußnoten, die mögliche Mehrdeutigkeiten von Worten aufzeigen. Auf fast jeder Seite der Bibel steht ein Wort oder ein Satz, der sich in einer Handschrift findet, in einer anderen jedoch nicht. Es ist Aufgabe der Sprachwissenschaftler, den bestmöglichen Text herauszuarbeiten. Doch selbst wenn sich auf jeder Seite der Bibel ein, zwei zweifelhafte Worte oder Sätze finden, zeigt dies nur, dass über den Großteil des Bibeltextes Klarheit und Einigkeit herrscht. Mit Erfindung des Buchdrucks änderte sich natürlich alles. Fehler wurden seltener (obwohl auch Drucker Fehler machen!), Bücher wurden in Massen produziert und dadurch billiger. Zum ersten Mal konnten sich auch gewöhnliche Leute eine eigene Bibel leisten. In vielen Ländern war die „Familienbibel“ gängig, die vom ganzen Haushalt geteilt und über Generationen vererbt wurde. Natürlich wurde die Bibel schon früh aus ihren Ursprungssprachen übersetzt. Die Juden aus Alexandria (in Ägypten) übersetzten die hebräische Bibel ins Griechische. Und lange Zeit später übersetzte der christliche Gelehrte Hieronymus das Alte und das Neue Testament ins Lateinische (die Sprache der Römer). Im Mittelalter verwendete man in Westeuropa hauptsächlich die lateinische Übersetzung, obwohl Teile der Bibel auch in Volkssprachen übertragen wurden. Seither wurde die Bibel in mehr als 2000 Sprachen übersetzt. Die erste deutsche Bibel druckte Johannes Mentelin 1466 in Straßburg. 1534 erschien die erste Gesamtausgabe der deutschsprachigen Übersetzung von Martin Luther. Eine Übersetzung kann das Original nie ganz genau wiedergeben. Aus diesem Grund können zwei Übersetzungen des gleichen Buches sehr unterschiedlich ausfallen. Jeder Übersetzer muss überlegen, wie er die Aussagen des Originals am besten überträgt. Für manche Worte des Originals gibt es in der zu übersetzenden Sprache vielleicht kein entsprechendes Wort. Oder es gibt mehrere und der Übersetzer muss sich für eines entscheiden. Für eine Übersetzung braucht man viele Experten, die sich Der heilige Hieronymus, ein Bibelgelehrter, übersetzt die Bibel in den alten Sprachen gut im vierten Jahrhundert ins Lateinische. Darstellung in einem flämischen Gemälde aus dem sechzehnten Jahrhundert. auskennen. Der Codex Sinaiticus ist eines der wichtigsten griechischen Bibel-Manuskripte, angefertigt in Ägypten im vierten Jahrhundert n. Chr. Heute im British Museum in London. Die Schriftrolle und der Codex D ie Bücher des Alten Testaments wurden auf Schriftrollen geschrieben, so wie es damals üblich war. Im Alten und Neuen Testament werden viele Schriftrollen erwähnt. Doch im zweiten Jahrhundert n. Chr. entwickelten Christen eine neue Methode der Buchherstellung. Anstatt ein Blatt einzurollen und eine neue Rolle zu beginnen, beschrieben sie ein Blatt nach dem anderen und nähten sie dann an einer Seite zusammen. Für uns ist das ein normales Buch (auf Latein: „Codex“), doch erst durch die Christen fand diese Form Verbreitung! Wir wissen nicht genau, warum sich die Christen so für den Codex begeisterten. Natürlich ist das eine ziemlich praktische Buchform, weswegen sie sich auch bis heute hält. Aber im zweiten Jahrhundert war der Codex eine der Besonderheiten, die Christen von Anhängern anderer Religionen unterschied. 11 Gelobtes Land siehe Kapitel 9 Das geteilte Königreich siehe Kapitel 21 Die Sprache des Alten Testaments F ast alle Bücher des Alten Testaments wurden auf Hebräisch verfasst, in der Sprache des Volkes Israel. Teile des Buchs Daniel und anderer später Schriften wurden auf Aramäisch oder auf Griechisch geschrieben. Das Aramäische ist eng mit dem Hebräischen verwandt und war weitverbreitet in den Ländern, die von den Assyrern erobert wurden. Jesus wuchs wahrscheinlich mit Aramäisch auf. In den Evangelien finden sich ein paar Worte, die er auf Aramäisch gesagt hat, zum Beispiel: Abba, das heißt: „Vater“. Oben: Ein Fragment (Teilstück) aus dem Buch Jesaja auf Hebräisch, ungefähr 100 v. Chr. entstanden, aus den Schriftrollen vom Toten Meer, die man in Qumran entdeckte. 12 IEN Kohelet 3 Jordan Weisheit OZ Psalm 150 ÄA Lieder GALIL Amos 3 ÖN Propheten PH 2 Könige 24 E in großer Teil der Geschichte des Alten Testaments dreht sich um ein Land. Das Volk Israel glaubte, Gott habe Abraham versprochen (gelobt), ihm dieses Land zu geben. Deshalb heißt es auch das „Gelobte Land“. Hier siedelten die ersten Nachfahren Abrahams. Dann gingen sie nach Ägypten. Doch später kehrten sie zurück und siedelten erneut in diesem Gebiet. Im Alten Testament wird das Land oft Kanaan genannt und Die hebräische Bibel wird jeden Sabbat in Synagogen der ganzen Welt laut vorgelesen. seine Bewohner Kanaaniter. Das Volk Israel nannte das Land Israel nach einem der Beischreiben, zu bearbeiten und zu namen Jakobs. Später spaltete Sidon sammeln. Erst nach der Eroberung Damascus sich Israel in die zwei KönigJerusalems durch die Römer 70 n. Chr. reiche Israel und Juda. Tyrus Dan war alles abgeschlossen. Ein weiterer Name für Das Alte Testament besteht aus vielen Mittelmeer das Land ist Palästina. Diese ARAM verschiedenen Arten von Büchern. Da gibt Bezeichnung verwendeten die See Griechen und Römer nach den es Gesetzesbücher (Gesetze und Bräuche Berg Karmel Gennesaret Philistern, einem anderen dort des Volkes Israel) und Geschichtsbücher Megiddo ansässigen Volk. (die Aufzeichnungen des Volkes Israel, ISRAEL Heute bezeichnet „Israel“ die überlieferten Geschichten von ihren Samaria den 1948 gegründeten jüdischen Anfängen und die Worte ihrer Propheten Staat. Seine Bewohner heißen im weiteren Verlauf ihrer Geschichte). „Israelis“. Mit „Palästina“ AMMON Die Weisheitsbücher beinhalten bezeichnet man die Gebiete, Jerusalem die die Heimat der arabischen Sprichworte, Lieder und Betrachtungen Völker des Landes bilden. Gaza Totes Meer über das Leben. Sie alle zusammen bilden J U D A* Zwischen der israelischen und die große Geschichte des Volkes Israel, Beerscheba der palästinensischen Regierung von der das Alte Testament erzählt. schwelt ein langer Streit über die Grenzen zwischen den Gebieten. A Geschichte Das Land des Alten Testaments TÄ Exodus 20,1–17 Sprichwörter 10,1 IS Gesetz D ie Bücher des Alten Testaments scheinen nach einem einfachen Prinzip geordnet zu sein. Sie beginnen mit der Erschaffung der Welt in Genesis 1. Dann erwählt Gott Abraham zum Stammvater eines neuen Volkes, das „Israel“ oder „die Israeliten“ genannt wird, „die Hebräer“ und später „Juden“. Im Folgenden erzählt die Bibel die Geschichte dieses Volkes mit seinen Bräuchen und Gesetzen sowie von den Worten ihrer großen Lehrer, den „Propheten“, und den Schriften anderer, die „Weise“ genannt werden. Die Anordnung scheint einfach und logisch. Sie entspricht aber nicht der Reihenfolge, in der die Bücher der Bibel geschrieben wurden. Geschichten wurden mündlich überliefert, von einer Generation zur nächsten, bevor sie jemand schriftlich festhielt. Nach und nach sammelte man sie in Büchern. Einige Bücher des Alten Testaments bestanden ursprünglich aus mehreren Büchern, die später zusammengefügt wurden. Noch später vereinte man alle heiligen Bücher von Israel in einer Sammlung und legte die Reihenfolge fest. Das Buch Genesis steht nun an erster Stelle im Alten Testament. Doch das bedeutet nicht, dass es auch als erstes geschrieben wurde. Einer der ältesten Texte des Alten Testaments ist etwa das Debora-Lied im Buch der Richter, dem siebten Buch des Alten Testaments. Von vielen Verfassern der Bücher des Alten Testaments kennen wir die Namen nicht. Manchmal wurden auch Schriften aus verschiedenen Zeiten unter dem Namen eines Schriftgelehrten zusammengefasst. Zum Beispiel nennt man die ersten fünf Bücher des Alten Testaments „die Bücher Mose“, obwohl sie Hinweise enthalten, dass sie über einen größeren Zeitraum hinweg allmählich zusammengefügt wurden. Das fünfte „Buch Mose“, Deuteronomium, beschreibt den Tod des Moses und wurde also ganz bestimmt nicht von Moses selbst geschrieben! Es zog sich über mehrere Jahrhunderte hin, die Bücher, aus denen das Alte Testament besteht, zu IL Ein paar Beispiele unterschiedlicher Schriften im Alten Testament: E in kluger Sohn macht dem Vater Freude, ein dummer Sohn ist der Kummer seiner Mutter. H Schlage nach Sprichwörter Was ist das Alte Testament? P 4 Das Alte Testament wurde größtenteils auf Hebräisch verfasst, anders als das Neue Testament, das in Griechisch geschrieben wurde – wie dieses Manuskript-Fragment aus dem Lukasevangelium. Das Land des Alten Testaments ist unter vielen Namen bekannt. Dies ist eine Karte der Königreiche Israel und Juda nach der Zeit von König Salomo mit den umliegenden Königreichen. 0 0 60 km 40 miles * Juda heißt später Judäa und hat eine etwas andere Ausdehnung 13 5 Schlage nach Wie Gott die Welt in sechs Tagen erschafft: Genesis 1,1– 31; 2,1– 3 Wie Gott den Garten Eden erschafft: Genesis 2,4 – 25 „Es war sehr gut“ S owohl in Genesis 1 als auch in Genesis 2 heißt es, dass Gottes Welt gut war. In Genesis 1,31 steht: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ Das ist ein wichtiger Bestandteil des Glaubens von Juden und Christen. Es gab andere Religionen, die das Gegenteil behaupteten. Sie sagten, die stoffliche Welt sei schlecht. Doch Judentum und Christentum lehren, dass die Welt und der lebendige menschliche Leib Gottes Geschenke sind. Der Anfang: Genesis D ie ersten Worte der Bibel sind: „Im Anfang . . .“ Genesis ist griechisch und bedeutet „Anfang“. Das Buch Genesis beginnt mit zwei Geschichten über die Entstehung des Universums. Genesis 1 erzählt, wie Gott in sechs Tagen die Welt erschafft und sich dann am siebten Tag ausruht. Gott beginnt mit dem Licht, dann macht er die Sterne, die Erde, die Tiere und schließlich den Menschen. Gott betrachtet seine Schöpfung und sieht, dass sie „sehr gut“ ist. In Genesis 2 wird dieselbe Geschichte auf ganz andere Art erzählt. Hier beginnt Gott damit, einen Mann namens Adam zu formen (Adam ist das hebräische Wort für „Mann“). Dann legt er in einem Land namens Eden einen Garten für ihn an. Gott formt die Tiere, die Adam Gefährten sein sollen, und dann eine Frau, die Adam Eva nennt, „Leben“, die „Mutter alles Lebenden“. Sie wohnen zusammen im Garten Eden und essen die Früchte der Bäume, auch die vom Baum des Lebens. Gott sagt ihnen, dass sie von jedem Baum essen dürfen, aber nicht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gott will sie vor der Erkenntnis bewahren, was böse ist. Die beiden Geschichten unterscheiden sich stark. Viele Forscher meinen, dass die Genesis aus verschiedenen Geschichten zusammengefügt wurde. Doch wie sie auch entstanden sein mögen, die beiden Schöpfungsgeschichten ergänzen einander. Beide vermitteln auf ihre Weise die gleiche Botschaft: dass der Mensch eine Sonderstellung in Gottes Plan hat. In Genesis 1 heißt es, dass Gott die Menschen nach seinem Abbild schuf und dazu, die Erde zu pflegen. In Genesis 2 wird die Natur als Heimat für den Menschen dargestellt und Adam benennt die Tiere. In keiner der Geschichten heißt es, der Mensch könne mit der Erde machen, was er will. Er soll in Gottes Auftrag auf sie aufpassen. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Die Wunder der Natur haben dem Menschen schon immer Ehrfurcht eingeflößt. Menschen, die an Gott glauben, sehen in der Natur ein Zeichen seiner Größe. 14 Genesis 1,1– 2 Schöpfung und Evolution Fossilien belegen das hohe Alter der Erde. G enesis 1 und 2 beschreiben die Entstehung des Universums anders als die meisten Wissenschaftler. Der Großteil der Wissenschaftler (unter ihnen viele Christen) glaubt, dass sich das Universum über eine riesige Zeitspanne hinweg entwickelte. Viele Christen sind derselben Meinung. Sie glauben, dass Gott die Entstehung des Universums veranlasste (und das verstehen sie unter „Schöpfung“). Die Erzählungen im Buch Genesis sind die poetische Beschreibung einer Entwicklung, die sich über Jahrmillionen hinzog. Andere Christen glauben, das Universum sei tatsächlich in sechs Tagen von Gott erschaffen worden (was sie unter „Schöpfung“ verstehen). In ihren Augen ist die Evolutionstheorie falsch. Die Milchstraße. Das erste Kapitel der Genesis erzählt, wie Gott das „Licht“ erschuf, das dann in Sterne, Sonnen und Monde zerfiel . . . 6 Die Geschichte vom Sündenfall Schlage nach Die Geschichte vom Sündenfall: Genesis 3 Wer ist die Schlange? Die Schlange, die Eva überredet, vom verbotenen Baum zu essen, ist eines der vielen Tiere im Garten Eden. In der Geschichte wird die Schlange nicht als böse, sondern nur als schlau beschrieben. Sie stellt geschickte und unerwartete Fragen. Nirgends steht im Alten Testament, die Schlange sei der Teufel, Satan oder gar ein Feind Gottes. Erst in der Offenbarung des Johannes im Neuen Testament wird der Teufel „der Drachen, die alte Schlange“ genannt. In diesem Buch wird Satan vom Erzengel Michael geschlagen. Er stürzt vom Himmel und kommt in großem Zorn zur Erde. Später haben Christen die Geschichte vom Garten Eden mit der Geschichte von Michael und dem Drachen vermischt, sodass es schien, als sei die Schlange im Garten Eden der getarnte Teufel. Kapitel 3 des Buches Genesis erzählt, wie Adam und Eva von der schlauen Schlange überredet werden, die Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Damit widersetzen sie sich Gott und müssen deshalb den Garten Eden verlassen. Von nun an muss Adam hart arbeiten, um sie durch Ackerbau zu ernähren, und Eva bringt ihre Kinder fortan unter Schmerzen zur Welt. Auf einmal schämen sie sich, Gott nackt gegenüberzustehen, und fertigen einen Schurz aus Feigenblättern an. Dies ist die Geschichte vom „Sündenfall“. Sie erzählt, wie die Menschen „in Ungnade fielen“ und ihre Nähe zu Gott verlieren. Doch obwohl Adam und Eva den Garten verlassen müssen, kümmert sich Gott weiter um sie. Er bekleidet sie mit Tierfellen. Viele Menschen erkennen in ihrem Leben wieder, was schon in der Geschichte von Adam und Eva steht. Für sie steckt das Leben voller Trauer und Enttäuschung. Die Arbeit ist oft mühsam und eintönig. Die Geburt eines Kindes ist schmerzhaft und manchmal gefährlich. Die Geschichte vom Garten Eden sagt aus, dass Gott ein besseres Leben vorgesehen hatte. In vielen Menschen hat das die Sehnsucht geweckt, die Nähe zu Gott zu finden, die Adam und Eva im Garten Eden genossen. Ein berühmter Lehrer des frühen Christentums war Augustinus (354 – 430). Er beschreibt die Sehnsucht nach dieser Nähe zu Gott in einem Gebet: „Unruhig ist unser Herz, bis es in dir ruht; denn für dich hast du uns geschaffen.“ Die Geschichte der Genesis erinnert daran, dass die Natur vom Menschen umsorgt und nicht ausgebeutet werden soll. Die Benennung der Tiere In Genesis 2 steht, dass Gott die Tiere und Vögel zu Adam bringt, um sie von ihm benennen zu lassen. In der antiken Welt drückte man mit dem Benennen einer Sache oft aus, dass man Macht über sie besaß. Als also Gott die Tiere zu Adam bringt, damit er ihnen Namen gibt, verleiht er ihm die Kontrolle über die Natur. Doch er verleiht den Menschen nicht das Recht, mit Tieren und Vögeln zu tun, was sie wollen. Er gibt sie vielmehr in deren Obhut. Als sich der Prophet Jesaja die Erde ausmalt, wie Gott sie vorgesehen hat, denkt er an ein friedliches Zusammenleben von Tier und Mensch. Auf diesem Gemälde von Masaccio, einem Künstler aus dem fünfzehnten Jahrhundert, sieht man die Trauer in den Gesichtern von Adam und Eva, als sie den Garten Eden verlassen müssen. 16 17 7 Schlage nach Die Geschichte von der Arche Noah: Genesis 6 –10 Die Geschichte vom Turmbau zu Babel: Genesis 11,1– 9 Die Geschichte der Arche Noah ist seit Jahrhunderten bei Künstlern besonders beliebt. Dies ist ein frühes Buntglasfenster aus dem siebzehnten Jahrhundert in der Kirche St. Etienne du Mont in Paris. Eine Welt des Bösen L aut dem Buch Genesis wird die Menschheit bald immer gewalttätiger. Adam und Eva haben zwei Söhne namens Kain und Abel. Kain ermordet Abel in einem Anfall von Eifersucht. Mit der Ausbreitung der Menschheit nehmen auch Gewalt und Zorn zu und alles, was in der Bibel „Sünde“ genannt wird. Die Geschichte von der Arche Noah Genesis 6 beschreibt Gottes Beschluss, die Menschheit auszulöschen und noch mal neu zu beginnen. Dafür wählt er den rechtschaffenen Mann Noah mit seiner Familie und ein Pärchen jeder Tierart aus. Eine Sintflut zerstört alles Leben auf der Erde. Doch auf Gottes Wunsch hin baut Noah ein Schiff (eine „Arche“) für sich, seine Familie und die Tiere. So können sie sich retten. 40 Tage lang treiben sie auf der Flut. Dann sinkt das Wasser langsam wieder. Die Geschichte erzählt, wie die Arche auf den Bergen von Ararat aufläuft und Noah und seine Familie die Erde von neuem besiedeln können. Am Ende der Geschichte verspricht Gott, nie mehr wieder alles Leben mit einer Flut auszulöschen. Noah erkennt im Regenbogen, der so oft bei den ersten Sonnenstrahlen nach einem Gewitter erscheint, Gottes Versprechen: Die Sintflut ist für immer überstanden. Die Geschichte von Noah wirft die Frage auf, ob Gott den Menschen wirklich mit Fluten oder Katastrophen bestraft. Noahs Geschichte wurde zu einer Zeit aufgeschrieben, als viele Menschen glaubten, alles Mächtige, ob gut oder schlecht, käme von Gott. Eine schreckliche Flut musste also von Gott kommen. Und wenn sie von Gott kam, dann wohl, weil er die Menschen bestrafen wollte. Manche Leute denken bis heute so, aber insgesamt vermittelt die Bibel eine andere Vorstellung von Gott. Im Buch Ijob erfährt Ijob zum Beispiel, dass auch guten Menschen Schreckliches widerfahren kann. Und in den Evangelien sagt Jesus, dass Katastrophen und Krankheiten nicht Gottes Strafe für schlechte Menschen sind. Die Geschichte vom Turmbau zu Babel Ein späteres Kapitel der Genesis erzählt, wie die Menschen beschließen, einen großen Turm bis in den Himmel zu bauen. Das Unternehmen ist ein Zeichen von Stärke und Stolz. Doch Gott verwirrt die Sprachen der Menschen, sodass sie einander nicht mehr verstehen. Sie zerstreuen sich und leben schließlich in verschiedenen Teilen der Welt mit unterschiedlichen Sprachen. Bis heute gehören Sprachdifferenzen zu den größten Hindernissen für ein gegenseitiges Verstehen und friedliches Zusammenleben der Menschen. Die Zikkurat war eine typische Tempelform im alten Sumer, Babel und Assyrien. Die Geschichte des Turmbaus zu Babel könnte sich auf ein solches Bauwerk stützen. Andere Flutgeschichten Zahlreiche andere alte Kulturen kennen auch Geschichten einer großen Flut. Die Griechen erzählen, wie der Gott Zeus die Bosheit der Menschen bestraft, indem er die Welt überflutet. Doch König Deukalion entkommt, indem er eine Arche baut, die auf dem Berg Parnassus aufläuft. Auch im Gilgamesch-Epos, einer babylonischen Geschichte, entkommt ein Mann namens Utnapischtim in einer Arche der Flut. Es gibt keine archäologischen Belege einer großen Flut, die die gesamte Erde bedeckte und alle Menschen bis auf wenige auslöschte. Aber es gibt Belege für verheerende örtlich begrenzte Fluten in tiefliegenden Gebieten wie Mesopotamien (dem heutigen Irak). Erinnerungen an solche Fluten waren wahrscheinlich Grundlage für die Geschichte der Sintflut. Der Berg Ararat, an der Grenze der heutigen Länder Türkei, Armenien und Iran, ist Schauplatz der Geschichte von der Arche Noah. 18 19 Auszug in die Fremde: Abraham Z u Jesu Lebzeiten bezog das Volk Israel seinen Stolz daher, Nachkommen Abrahams zu sein. Doch Johannes der Täufer, Jesus und seine Jünger warnten das Volk Israel, dass Gott dennoch von ihnen erwarte, ein gutes und rechtschaffenes Leben zu führen und sich nicht allein darauf zu berufen, dass sie „Abraham zum Vater“ haben (Lukas 3,7– 9). Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich“ (Johannes 8,56). Im Brief an die Galater (4,21– 5,1) macht Paulus darauf aufmerksam, dass Abraham zwei Söhne hatte – nicht nur Isaak, von dem das Volk Israel abstammt, sondern auch Ismael. „Von Abraham abzustammen“, argumentiert Paulus, bedeutet mehr als eine Blutsverwandtschaft: Es bedeutet, genauso an Gott zu glauben, wie Abraham es tat. AN Jordan NA KA O T Damaskus Jerusalem Babel A M I BABYLONIEN Totes Meer Gizeh Ur Sinai ÄGYPTEN Arabische Wüste er sc h rsi f Pe Gol Abrahams Kinder Tyrus Ni l siehe Kapitel 40 P N Johannes der Täufer: und den frühen Abenteuern und Erfahrungen der Menschheit. Es sind Geschichten, deren Wurzeln sich im Nebel der Zeit verlieren. Doch von Kapitel 12 an beginnt eine neue Geschichte. Gott erwählt einen Mann, der ursprünglich Abram heißt und im Gebiet des heutigen Irak lebt, um sich auf die Reise in ein unbekanntes Land zu machen. In diesem Land sollen seine Nachfahren, so verheißt ihm Gott, ein großes Volk bilden – das Volk Israel (oder die Hebräer oder Juden). Das Land, das Gott ihm verspricht, ist das heutige Israel und Palästina. Das Alte Testament erzählt von hier an die Geschichte dieses Volkes und des Landes, das Gott ihnen ihrem Glauben nach gegeben hat. Abrams Familie lebt in Ur und zieht später nach Haran. Dort fordert Gott Abram auf, sich auf die Suche nach einem neuen Land für sein Volk zu machen. Abrams Frau Sarai ist kinderlos. Deshalb ist schwer vorstellbar, wie sich Gottes Versprechen erfüllen und Abrams Nachkommen ein großes Volk bilden sollen. Wie damals üblich, hat Abram ein Kind mit Sarais Magd Hagar. Es heißt Ismael. Doch Gott spricht erneut zu Abram und sagt ihm, dass Sarai doch noch den Sohn gebären wird, dessen Nachkommen das auserwählte Volk bilden wird. Gott änderte Abrams Namen zu Abraham und Sarais Name zu Sara. In hohem Alter bekommt Sara einen Sohn, Isaak. Abraham ist der erste der drei „Patriarchen“, der Stammväter des Volkes Israel. In der Geschichte von Abraham gibt es zwei erschreckende Stellen. In Genesis 22 fordert Gott Abraham auf, ihm Isaak zu opfern und zu töten. Das ist eine Glaubensprobe von Gott. Denn wie sollte sich Gottes Versprechen einer großen Nachkommenschaft erfüllen, wenn Abrahams Sohn tot ist? Die Geschichte erzählt, wie Abraham kurz davor ist, Isaak zu töten, als Gott ihn in letzter Minute aufhält. Mittelmeer SO Abraham zog von Ur über Haran nach Kanaan. In einer anderen Geschichte (Genesis 18) plant Gott, die Stadt Sodom zu zerstören, weil sie voller schlechter Menschen ist. Doch dort wohnt auch Abrahams Neffe Lot mit seiner Familie. Abraham bittet Gott, die Stadt um der unschuldigen Menschen willen, die dort leben, zu verschonen. Abraham verhandelt mutig mit Gott und sagt zu ihm: „Sollte sich der Richter über die ganze Erde nicht an das Recht halten?“ Gott gestattet Lots Familie zu entkommen. Doch den Rest der Stadt zerstört er. In diesen Geschichten tritt ein schrecklicher und rachsüchtiger Gott auf. Doch es kommen auch Leute wie Abraham darin vor, die dieses Gottesbild zum ersten Mal in Frage stellen. Es ist von großer Bedeutung, dass jemand fragt: „Sollte sich der Richter über die ganze Erde nicht an das Recht halten?“ In diesen Geschichten zeichnet sich langsam die Botschaft ab, dass der Gott der Schöpfung auch barmherzig und gerecht ist. Abrahams Berufung D Namensänderungen In der Bibel bekommen Leute E Genesis 11,10 – 25,11 Die Kapitel 1 bis 11 des Buches Genesis erzählen vom Beginn der Welt E Eu fr a t Die Geschichte von Abraham: Kaspisches Meer Haran M Schlage nach Urmiasee ris Tig 8 er Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. häufig an wichtigen Stationen ihres Lebens neue Namen. Gott ändert Abrams Namen in Abraham und Sarais zu Sara. Auf Hebräisch bedeutet Abram „der Vater ist erhaben“. Abraham bedeutet „Vater einer Menge“. Sowohl Sarai als auch Sara bedeutet „Fürstin“. Aber der Namenwechsel markiert auch für sie einen Neuanfang. In den Evangelien gibt Jesus Simon einen neuen Namen, als er sein Jünger wird: Petrus. Und in der Apostelgeschichte nennt der Verfasser Saulus zu Beginn bei seinem jüdischen Namen. Erst als er die christliche Botschaft verbreitet, wird er Paulus genannt. Beschneidung In Genesis 17,9 –14 sagt Gott zu Abraham, dass all seine männlichen Nachfolger im Alter von acht Tagen beschnitten werden sollen. Bei der Beschneidung wird die Vorhaut entfernt, was manchmal auch aus medizinischen Gründen gemacht wird. Lukas vermerkt die Beschneidung des neugeborenen Jesus (Lukas 2,21). Paulus beharrt darauf, dass sich Heiden nicht beschneiden lassen müssen, um Christen zu werden – sie müssen nicht erst Juden werden, bevor sie Christen werden können. Genesis 12,1– 3 Die Geschichte von Abraham und Sara erzählt, wie Gott den beiden in hohem Alter ein Kind schenkt, dessen Nachkommenschaft Gottes auserwähltes Volk ist. 20 In Genesis 19 wird erzählt, wie Lots Frau zu einer Salzsäule wird, als Lot und seine Familie aus Sodom fliehen. Die Stadt Sodom lag nahe des Toten Meers, einem salzigen See, an dessen Ufern sich das Salz ablagert. 21 9 Ein Gelobtes Land: Isaak und Jakob Schlage nach Isaaks Geschichte: Genesis 24 – 28:9; 35,27– 29 Jakobs Geschichte: Genesis 25,19 – 37,2 Jakob in Bet-El Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sagte: »Wirklich, der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht.“ Furcht überkam ihn und er sagte: »Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels.“ Genesis 28,16 –17 D ie zwei anderen großen „Patriarchen“ waren Abrahams Sohn Isaak und Isaaks Sohn Jakob. In Genesis wird beschrieben, wie Abraham, der nun im Land Kanaan ansässig ist, seinem Diener aufträgt, zur Stadt Haran zurückzugehen. Er soll dort in der Familie Abrahams eine Frau für Isaak finden. Der Diener kehrt mit Rebekka zurück, der Tochter von Abrahams Neffen. Isaak liebt Rebekka und die beiden bekommen zwei Söhne: die Zwillinge Esau und Jakob. Von Anfang an besteht eine Rivalität zwischen den Brüdern. Und als Isaak als sehr alter Mann kaum noch sehen kann, bringt Jakob ihn mit einer List dazu, ihm den Segen zu erteilen, der eigentlich dem erstgeborenen Sohn Esau vorbehalten ist. Jakob muss vor Esau fliehen, auch wenn sie sich nach vielen Abenteuern wieder versöhnen. Eine berühmte Geschichte von Jakob erzählt, wie er eines Nachts einschläft. Er träumt von einer Leiter, die von der Erde in den Himmel reicht, auf der Gottes Engel hinauf- und herabsteigen. Gott spricht im Traum zu Jakob und gibt ihm das gleiche Versprechen wie seinem Großvater Abraham: dass das Land seinen Nachfahren gehören und sie ein großes Volk bilden würden. „Der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht!“, sagt Jakob zu sich, als er aufwacht. „Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels“. Mit „der Herr“ meint Jakob Gott. Er nennt den Ort Bet-El, was auf Hebräisch „Gotteshaus“ heißt. Später wird daraus eine bedeutsame Stadt. In einer anderen Geschichte ringt Jakob die ganze Nacht mit einem Fremden, der sich als Engel Gottes entpuppt, oder gar als Gott selbst. Jakob fragt den Fremden nach seinem Namen, doch der will ihn nicht verraten. Am Ende des Kampfes segnet er ihn und gibt ihm einen neuen Namen: Israel. Das Bild eines Menschen im Kampf mit Gott überrascht. Aber wie die Geschichte von Abrahams Streit mit Gott zeigt sie, dass es nicht einfach oder bequem ist, an Gott zu glauben. Es kann ein Kampf, kann schmerzhaft sein. Die Geschichte von Jakob will sagen, dass es am Ende aber Segen bringt. Jakobs Traum, aus einem Gemälde des englischen Künstlers William Blake aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert. 22 Jakob will Rahel heiraten, die jüngere Tochter seines Onkels Laban, für den er arbeitet. Laban lässt ihn sieben Jahre für sich arbeiten, bevor er der Hochzeit zustimmt. Dann bringt er ihn mit einer List dazu, seine ältere Tochter Lea zu heiraten. So wird der listige Jakob einmal selbst überlistet. Lea, Rahel und ihre zwei Mägde schenken Jakob insgesamt zwölf Söhne. Ihre Nachkommen sind die zwölf Stämme des Volkes Israel. Zehn werden nach Söhnen von Jakob benannt und zwei nach Ephraim und Manasse, den beiden Söhnen Josefs. Der Stamm Levi, der Priester Israels, die kein eigenes Land besitzen, wird als zusätzlicher Stamm betrachtet. Die Brüder Jakob und Esau, versöhnt nach jahrelanger Feindschaft. Bet-El Im frühen zwanzigsten Jahrhundert wurde Bet-El von Archäologen ausgegraben. Sie fanden Belege für eine florierende Stadt im mittleren Bronzezeitalter (2000 –1500 v. Chr.), ungefähr zur Zeit der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob. Die Ausgrabungsstätte Bet-El heute. 10 Die Reise nach Ägypten: Josef Schlage nach Josefs Geschichte: Genesis 37– 50 Eine ägyptische Ernteszene aus dem Grab des Mennah in Theben, wahrscheinlich von 1390 v. Chr. Dieses Wandgemälde aus dem Grab von KhnumHotep III. in Beni Hasan (ungefähr 1890 v. Chr.) zeigt asiatische Reisende, die in „bunten Gewändern“ nach Ägypten kommen. Josef und der bunte Rock Im Buch Genesis heißt es, dass Die folgenden Kapitel des Buches Genesis befassen sich mit einer der längsten Geschichten im Alten Testament: der Geschichte Josefs. Wir wissen nicht, wer sie geschrieben hat, aber sie hat die Dramatik und Spannung eines guten Romans. Es wird die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der durch seine Klugheit überlebt und zu hohem Rang im Königreich Ägypten aufsteigt. Josef ist der zweitjüngste von Jakobs zwölf Söhnen. Nur er und sein jüngerer Bruder Benjamin stammen von Jakobs geliebter Rahel ab. Josef ist Jakobs Lieblingssohn und seine älteren Brüder hassen ihn dafür. Eines Tages verkaufen sie ihn an Sklavenhändler, die auf dem Weg nach Ägypten sind, und erzählen Jakob, ein wildes Tier habe ihn getötet. 24 In Ägypten ist Josef Sklave des obersten Leibwächters im Palast. Die Frau des Leibwächters will Josef in ihr Bett locken. Als er sich weigert, behauptet sie, er habe sie zwingen wollen. Der Leibwächter lässt Jakob daraufhin ins Gefängnis werfen. Doch als Jakob als Einziger die Träume des Pharaos deuten kann, wird er wieder freigelassen. Die Träume künden eine furchtbare Hungersnot an und Josef wird mit dem Anlegen von Getreidevorräten betraut, damit das Land nicht hungern muss. Die Hungersnot erreicht auch das Land Kanaan und Jakob schickt seine älteren Söhne aus, um in Ägypten Getreide zu kaufen. Sie kommen zu Josef, erkennen ihn aber nicht. Josef lässt sie bei ihrem nächsten Besuch den jüngsten Bruder Benjamin mitbringen. Diesmal wendet Josef eine List an: sein Silberbecher wird in Benjamins Getreidesack entdeckt, sodass dieser wie ein Dieb dasteht. Einer der Brüder, Juda, bietet sein Leben für das von Benjamin. Josef ist zutiefst gerührt und gibt sich schließlich zu erkennen. Er versöhnt sich mit seinen Brüdern und die ganze Familie zieht nach Ägypten, wo Josef ihnen Land für ihre Schafe gibt und den sehr alten Vater Jakob versorgt. So lebt die Familie Jakobs (der auch Israel genannt wird) in Ägypten, fern des Landes, das Gott Abraham versprochen hatte. Jakob Josef einen Ärmelrock schenkt. Das Hebräische ist ziemlich schwer zu übersetzen und eine traditionelle Übersetzung ist „bunter Rock“ oder auch „Mantelkleid“. Doch wie man es auch nennt, es war eindeutig ein vornehmes Kleidungsstück und für jemanden gedacht, von dem keine harte Feldarbeit erwartet wurde wie von den übrigen Söhnen Jakobs. 25 11 Sklaverei und Freiheit: Moses – 1 Schlage nach Die Geschichte von Moses und der Auszug aus Ägypten: Exodus 1–15 Sklaven bei der Herstellung von Ziegeln. Eine Wandmalerei aus einem Grab der Noblen in Qurna, ungefähr 1400 v. Chr. Die Städte von Ägypten Im Buch Exodus heißt es, dass die hebräischen Sklaven Pitom und Ramses bauen. Historiker wissen nicht, wo Pitom war, aber Ramses lag wahrscheinlich im Nildelta (wo der Nil ins Mittelmeer mündet). Dort entdeckte man einen Palast von Pharao Ramses II. und andere große Bauwerke. In Ramses II. (manchmal auch „der Große“ genannt) vermutet man den Pharao zur Zeit des Exodus. Er herrschte von 1279 bis ungefähr 1212 v. Chr. über Ägypten und ist berühmt für seinen großen Sieg über die Hethiter in Kadesch am Orontes in Syrien um 1286. 26 Das zweite Buch des Alten Testaments heißt Exodus (lateinisch „Auszug“). Es handelt davon, wie das Volk Israel (oder die Hebräer, wie sie in diesem Teil der Geschichte oft genannt werden) aus Ägypten flieht, wo es zu Sklaven geworden ist. Eine Weile leben Jakobs Söhne und ihre Familien friedlich in Ägypten. Doch mit der Zeit bildet sich unter den Ägyptern Hass auf die Fremden in ihrer Mitte. Nach dem Tod Josefs versklavt ein späterer Pharao (König) die Hebräer und zwingt sie, die großen Städte Pitom und Ramses zu bauen. Die Ägypter fürchten die Hebräer noch immer. Und so befiehlt der Pharao die Tötung aller neugeborenen hebräischen Jungen. Eine Familie versteckt ihr Neugeborenes in einem Binsenkörbchen am Nil. Dort entdeckt ihn die Tochter des Pharao und nimmt ihn mit in ihren Palast. Er wird Moses genannt und als Prinz großgezogen. Doch seiner Mutter wird erlaubt, sich um ihn zu kümmern. Von ihr erfährt Moses, dass die Hebräer sein eigentliches Volk sind. Als erwachsener Mann wird Moses eines Tages Zeuge, wie ein Ägypter einen hebräischen Sklaven tötet. Moses tötet daraufhin den Ägypter und versteckt seine Leiche. Doch er wird dabei gesehen. Moses flieht in die Wüste Sinai und wird Hirte. Eines Tages bemerkt er einen brennenden Dornbusch auf dem Berg Sinai (auch Horeb genannt). Und als er ihn ansieht, spricht Gott zu ihm. Gott trägt ihm auf, nach Ägypten zurückzukehren und das Volk Israel aus der Sklaverei ins Gelobte Land zu führen. Moses schreckt vor dieser Aufgabe zurück. Doch Gott sagt, sein Bruder Aaron werde ihm dabei helfen. Gott nennt Moses auch seinen Namen. Sein Name, so Gott, sei „ICH BIN DA“. Moses und Aaron treten vor den Pharao und bitten ihn, das Volk Israel aus der Sklaverei zu befreien und aus Ägypten fortziehen zu lassen. Wie zu erwarten, lehnt der Pharao ab. Da schickt Gott Plagen über das Land – Frösche, Stechmücken, Hagel; und Dieser Ausschnitt zeigt Tutanchamun auf der Jagd auf einer Kiste aus seinem Grab das Wasser des Nils verwandelt sich in Blut. im Tal der Könige und erinnert an die Die letzte Plage tötet alle erstgeborenen Söhne ägyptische Streitmacht, die den fliehenden Hebräern hinterhergeschickt wurde. der Ägypter, so, wie der Pharao die Söhne der Hebräer getötet hatte. Moses ist überzeugt, dass der Pharao sie jetzt endlich ziehen lässt. Er erklärt dem Volk Israel, dass es ein eiliges Mahl essen und sich zum Aufbruch bereithalten soll. Die Todesplage trifft tatsächlich nur Ägypter. Das Volk Israel wird verschont. Dieses eilige „Pascha“-Mahl (Pascha = „Vorübergang“ des Herrn) wird nie vergessen und jedes Jahr als Fest in Erinnerung gerufen. Das Volk Israel zieht aus Ägypten aus. Doch sofort bereut der Pharao seine Entscheidung und schickt ein Heer von Streitwagen hinter ihm her. Dem Volk Israel gelingt es, das Rote Meer (oder Schilfmeer) zu überqueren, wo ihnen das Wasser einen Durchlass erlaubt. Die ägyptischen Streitwagen jedoch bleiben stecken und viele der Soldaten ertrinken. Das Volk Israel, geführt von Moses, macht sich nun auf die lange Reise durch die Wüste, zurück nach Kanaan. Das Paschamahl Pascha (Pessach, „Vorübergang des Herrn“) ist eines der drei großen Feste im Alten Testament. Die anderen beiden sind das Wochenfest (Schawuot) und das Laubhüttenfest (Sukkot, siehe Kapitel 29). Jedes Frühjahr wird das schnelle Mahl nachgespielt, das Moses dem Volk Israel anordnete, bevor sie aus Ägypten entkamen. Das Paschamahl besteht aus Lamm und ungesäuertem oder nicht aufgegangenem Brot. Die Juden feiern das jährliche Pascha bis heute. Das „letzte Abendmahl“, das Jesus mit seinen Jüngern hielt (siehe Kapitel 43 und 44), war ein solches Paschamahl. Der Name Gott Gott offenbart Moses seinen Namen: „ICH BIN DA“. Auf Hebräisch hatte dieser Name nur vier Buchstaben: JHWH, gewöhnlich Jahwe ausgesprochen. Auf Deutsch wurde der Name teilweise auch – jedoch falsch – als „Jehova“ wiedergegeben. Dem Volk Israel war dieser Name zu heilig, um ihn laut auszusprechen, deshalb sagten sie „der Herr“. In deutschen Bibelfassungen wird JHWH manchmal als Jahwe wiedergegeben, meistens jedoch als „der Herr“. 27 12 Schlage nach Die Reise nach Kanaan: Exodus 16 –19; 24; 32 – 40 In die Wüste: Moses – 2 Mit dem Auszug aus Ägypten sind die Probleme für die Hebräer allerdings noch nicht vorbei. In der Wüste leiden sie unter Hunger und Durst. Das Buch Exodus beschreibt, wie Gott sich um sie kümmert: Essbares („Manna“ genannt) fällt vom Himmel. Als die Hebräer der Durst plagt, lässt Gott Moses mit seinem Stab auf den Fels klopfen und Wasser sprudelt daraus hervor. Schließlich überqueren sie die Sinai-Halbinsel und kommen zum Berg Sinai, wo Gott aus dem brennenden Dornbusch zu Moses gesprochen hat. Moses besteigt den Berg und auf dem Gipfel gibt ihm Gott die Vorschriften, nach denen das Volk Israel leben soll. Ein großer Teil des Buches Exodus behandelt diese Gesetze. Die „Zehn Gebote“ sind die bekanntesten von ihnen. Sie wurden auf zwei Steintafeln geschrieben. Eine Truhe, die an Stangen getragen wurde, aus dem Grab von Tutanchamun. So ähnlich hat vielleicht die Bundeslade ausgesehen. Die Bundeslade ist die heilige 28 V 3. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen. 4. Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! 5. Ehre deinen Vater und deine Mutter. 6. Du sollst nicht morden. 7. Du sollst nicht die Ehe brechen. 8. Du sollst nicht stehlen. 9. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen. 10. Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen [. . .] oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört. Die Bundeslade Truhe, die das Volk durch die Wüste trug und später in den Tempel in Jerusalem brachte. In Deuteronomium steht, dass die zwei Steintafeln, auf denen die Zehn Gebote standen, in dieser Truhe lagen. Für das Volk Israel war Gott immer dort, wo auch die Bundeslade war. Als die Babylonier 586 v. Chr. Jerusalem eroberten, wurde die Bundeslade entweder aus dem Tempel verschleppt oder zerstört. Später entstanden viele Legenden darüber. Sie besagen, dass die Bundeslade so lange versteckt bliebe, bis Gott sein ganzes Volk wieder aus dem Exil versammelt und zurückgeführt habe (siehe 2 Makkabäer 2,4 – 8). Gott gibt Moses außerdem Anweisungen, ein Zelt (oder „Tabernakel“) zu Harte Strafe bauen, das sein Volk auf seiner Reise mitnehmen soll. In diesem Zelt darf es iele Strafen für Verstöße gegen kein Bildnis von Gott geben wie in den Tempeln anderer Völker. Stattdessen die Gesetze des Alten Testaments soll dort eine Truhe stehen, die so genannte „Bundeslade“. Darin sollen die erscheinen uns als sehr hart. Zum Beispiel steht in Deuteronomium, zwei Steintafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt werden. dass eine Frau für Ehebruch mit Doch als Moses vom Berg herabsteigt, hat das Volk Gott bereits vergessen dem Tod bestraft werden soll. Viele und verehrt stattdessen das goldene Bild eines Kalbs. In seinem Zorn zerbricht antike und primitive Kulturen Moses die Steintafeln. Doch das Volk bereut seine Taten und wendet sich hatten strenge Gesetze. Die Strafen Gott wieder zu. Nach Gottes Anleitung bauen sie den Tabernakel und in anderen Ländern waren aber oft die Bundeslade und schreiben neue Steintafeln. Gottes Geist erfüllt den noch härter als die des Alten Tabernakel und umhüllt ihn mit einer Wolke. Solange das Testaments. Dennoch wird Volk Israel die Wolke sieht, weiß es, dass Gott da ist. Zieht Die Zehn Gebote an der Bibel oft die Wolke weiter, setzen auch sie ihre Reise fort und 1. Du sollst neben mir keine anderen kritisiert, dass folgen Gott ins Land Kanaan. Götter haben. sie so harte In den Büchern Levitikus, Numeri und Deuteronomium 2. Du sollst dir kein Gottesbild machen Bestrafungen gibt es weitere Gesetzesvorschriften. Sie belegen die und keine Darstellung von irgendenthält. etwas am Himmel droben, auf der verschiedenen Epochen in der Geschichte Israels und Christen sind Erde unten oder im Wasser unter nicht an alle wurden nach und nach als das „Gesetz des Mose“ der Erde. Gesetze des zusammengetragen. aus Exodus 20,3 –17 Diese angeschnittene Innenansicht zeigt, wie die Bundeslade im Tabernakel ausgesehen haben könnte. Rundherum sind die Zelte des Volkes Israel aufgeschlagen. Mose gebunden. Zum Beispiel wurde in Kapitel 8 erklärt, dass sich zum Christentum bekehrte Heiden nicht beschneiden lassen mussten, obwohl das Bestandteil des mosaischen Gesetzes ist. Und nicht alle mosaischen Gesetze sind hart. Viele sind mitfühlend – und in vielem würden Menschen aller Religionen und Kulturen übereinstimmen. Gesetze wie „Du sollst nicht töten” und „Du sollst nicht stehlen” sind auch heute noch Bestandteil dessen, was als internationales Recht gilt. 29 13 Rückkehr nach Kanaan: Josua und die Richter Schlage nach Josua führt den Angriff auf Jericho an: Josua 6 Jaël tötet Sisera: Richter 4 Gideon schlägt die Midianiter: Richter 7 Simson und die Philister: Richter 14 –16 Die Wahl des Königs: siehe Kapitel 15 Der berühmte Richter Gideon führt einen Angriff gegen die Midianiter. Dieses assyrische Relief (ungefähr 645 v. Chr.) zeigt Midianiter-Soldaten auf Kamelen. Josuas letzte Rede „Wenn es euch aber nicht gefällt, dem Herrn zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms dienten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.” Moses selbst setzte nie einen Fuß in das Gelobte Land. Nach vierzig Jahren Wanderung, so steht es im Buch Numeri, erreicht das Volk Israel den Jordan, die Grenze zu Kanaan. Doch während der langen Wanderung ist sogar Moses einmal ungehorsam Gott gegenüber; Gott sagt ihm, dass er das Land selbst nie betreten werde. Vom Gipfel eines Berges aus sieht Moses das Land, zu dem er das Volk geführt hat. Dort stirbt er und wird begraben, aber, so heißt es im Deuteronomium, „bis heute kennt niemand sein Grab“. Nach Moses’ Tod führt Josua das Volk an. Das Buch Josua erzählt davon, wie sie den Jordan überqueren und das Land nach und nach einnehmen, denn Kanaan ist nicht unbewohnt. Es sind bereits andere Völker dort ansässig. Eine der bekanntesten Erzählungen aus dem Buch Josua ist die Eroberung der Stadt Jericho. Sieben Tage lang marschieren die Israeliten um die Mauern von Jericho und tragen die Bundeslade. Am siebten Tag stoßen alle Priester in die Hörner, das Volk stimmt ein Kriegsgeschrei an – und die Mauern von Jericho stürzen ein. Die Stadt ist wehrlos und wird schnell eingenommen. Außer einer Frau namens Rahab und ihrer Familie, die einigen israelitischen Kundschaftern geholfen hat, werden alle Menschen in Jericho umgebracht. Einige Städte werden von den Israeliten erobert, Bewohner von anderen Städten werden überzeugt, sich ihnen anzuschließen. So siedelt das Volk Israel schließlich wieder in Kanaan. Bevor es Könige hat, wird das Land von Richtern regiert. Von diesen Zeiten erzählt das Buch der Richter. Die drei bekanntesten Richter waren Debora, Gideon und Simson. Debora ist eine starke Herrscherin. Unter ihr erringt das israelitische Heer einen großen Sieg über das Heer der Kanaaniter. Der kanaanitische Heerführer Sisera flieht vom Schlachtfeld und wird von Jaël, einer anderen tapferen Frau, getötet: Sie treibt ihm einen Pflock in die Schläfe, als er erschöpft am Boden liegt. Gideon ist für seinen gewagten Angriff gegen die Midianiter bekannt. Er besiegt sie mit einem kleinen Heer von ausgewählten Soldaten und einer geschickten Einschüchterungstaktik. Simson ist legendär für seine ungeheuerliche Kraft, die er einsetzt, um die Philister zu besiegen. Doch Simson liebt Delila, die von den Philistern bezahlt wird. Es gelingt ihr, ihm das Geheimnis seiner Kraft zu entlocken: Seine Eltern hatten ihn bei seiner Geburt Gott geweiht und als Zeichen dafür versprochen, ihm niemals die Haare zu schneiden. Eines Tages schneidet ihm Delila im Schlaf das lange Haar ab – und Simson verliert seine Kraft. Die Philister nehmen ihn gefangen, blenden ihn und stellen ihn bei einem Fest als Attraktion aus. Doch mit einer letzten Kraftanstrengung zerschlägt er die Säulen des Hauses und es stürzt über seinen Feinden zusammen. Ist Gott wirklich so? In diesem Teil des Alten Testaments befiehlt Gott dem Volk Israel nicht nur, die ansässigen Völker aus Kanaan zu vertreiben, sondern auch, sie zu töten. Es ist ein furchterregendes Bild eines Gottes, der Massaker befiehlt – noch schlimmer als in der Geschichte der Sintflut (siehe Kapitel 7). Das Gottesbild ändert und entwickelt sich jedoch im Laufe der Zeit. Für die Israeliten wandelt er sich vom blutrünstigen Gott eines Volkes zum Herrn der ganzen Erde und schließlich zum Gott für alle Menschen. Dieser Wandel spiegelt sich zum Beispiel in den Geschichten von Abraham, Ijob, Jesaja und Jona wider. In der christlichen Lehre kommt der Wandel im Gottesbild mit dem Leben Jesu zur Vollendung. Die Entwicklung des Gottesbildes ist eines der wichtigsten Themen der Bibel. Aus archäologischer Perspektive ist es umstritten, ob eine gewaltsame Invasion des Landes Kanaan jemals stattgefunden hat. Die frühen Israeliten waren vielleicht weniger mörderisch, als sie es in ihren eigenen Geschichten darstellen! Das kanaanitische Heer von Streitwagen wurde am Fluss Kischon von den Israeliten besiegt (Richter 4). Josua 24,15 Ein Ausblick über das heutige Jericho und das Jordantal. 30 31 14 Ein Mädchen sucht Asyl: Rut Moab An anderer Stelle des Alten Testaments werden Kriege Schlage nach Ruts Geschichte: Rut 1– 4 Die Regelung der Nachlese: Levitikus 19,9 –10 König David: siehe Kapitel 16 Ruts Versprechen an Noomi R ut antwortete: „Dränge mich nicht, dich zu verlassen und umzukehren. Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein. Der Herr soll mir dies und das antun – nur der Tod wird mich von dir scheiden.” Rut 1,16 –17 32 zwischen Israel und Moab erwähnt. Deswegen überrascht es umso mehr, dass David von einer jungen Moabiterin abstammt. Moab lag östlich des Toten Meeres (im heutigen Jordanien). Kemosch, der Gott der Moabiter, wird mehrfach im Alten Testament erwähnt. 1868 wurde eine Stele (eine Steintafel mit Inschrift) entdeckt. Die Inschrift stammt von König Mescha von Moab (siehe 2 Könige 3) und dankt Kemosch für den Sieg über seine Feinde. Die Geschichte von Rut ist ein stiller Kontrast zu den blutigen Schlachten im Buch der Richter. Viele Bibelgeschichten handeln von Männern (normalerweise von den Männern Israels). Das Buch Rut ist die Geschichte zweier Frauen. Und eine von ihnen ist eine Fremde. Manche Bibelgeschichten erzählen von Wundern, erstaunlichen Begebenheiten, die Gott geschehen lässt. Das Buch Rut ist eine Geschichte von Menschen, die an Gott glauben. Doch Gott selbst tritt nicht in Erscheinung. Sie bewältigen ihr Leben in schwierigen Zeiten, treffen ihre Entscheidungen nach bestem Gewissen und versuchen, ihr Glück zu finden. Die große Überraschung am Ende der Geschichte ist, dass Ruts Kind der Großvater des Jungen ist, der einmal der wichtigste König in der Geschichte Israels sein wird: König David. Also stammt der größte König Israels von einem mittellosen Mädchen ab, das in einem fremden Land um Asyl bat. Die Geschichte nimmt ihren Anfang, als ein Israelit während einer Hungersnot in Israel ins Nachbarland Moab zieht, um dort Arbeit und Brot zu finden. Er nimmt seine Frau Noomi und ihre beiden Söhne mit. Die Söhne heiraten die zwei Moabiterinnen Orpa und Rut. Doch der Vater und die zwei Söhne sterben – und die drei Frauen bleiben allein zurück. Noomi entscheidet, ins Land der Israeliten heimzukehren, um dort nach ihren Verwandten zu suchen. Rut begleitet sie. Rut ist ihrer Schwiegermutter Noomi treu ergeben. „Wohin du gehst, dahin gehe auch ich“, sagt sie. „Wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott.“ Die beiden ziehen in Noomis Heimatstadt Betlehem. Die Ernte hat soeben begonnen und Rut sieht sich nach Arbeit in den Feldern um. Ein Gesetz im Buch Levitikus bestimmt, dass arme Menschen die Felder nach der Ernte nachlesen dürfen, das heißt: Sie dürfen die Ähren aufsammeln, die von den Schnittern übriggelassen werden. Auf diese Weise konnten sich Arme und Fremde Nahrung beschaffen. Das Kind aus Betlehem Ruts Geschichte hat eine besondere Bedeutung für „Betlehem” bedeutet „Haus des Brotes”. Das Wort für „Haus” steckt auch im Ortsnamen Bet-El, das „Haus Gottes” bedeutet. Christen: Jesus gehörte zur Familie des Königs David (und damit zu Ruts Familie). Ruts Sohn kommt in Betlehem zur Welt, genauso wie später König David und auch Jesus. Das Buch Rut erzählt, wie die Leute von Betlehem Rut aufnehmen und die Geburt ihres Kindes feiern. Das Lukasevangelium erzählt, wie die Hirten von Betlehem zu Maria gingen, um ihren neugeborenen Sohn Jesus zu begrüßen. Rut arbeitet in den Feldern eines reichen Mannes namens Boas. Er bemerkt die junge Frau und weist seine Männer an, viel Getreide für ihre Nachlese übrigzulassen. Rut erzählt Noomi von den Erlebnissen ihres Tages und nennt ihr den Namen des Bauern. Da fällt Noomi auf, dass er zu ihrer Familie gehört. Noomi hält Rut an, sich den Landarbeitern anzuschließen, wenn sie nachts alle zusammen im Stall schlafen. Dort soll sie Boas zur richtigen Zeit daran erinnern, dass er ein naher Verwandter ist und sich um sie kümmern sollte. Boas möchte Rut gerne heiraten, doch ein Problem taucht auf: Es stellt sich heraus, dass Noomi noch einen näheren Verwandten als Boas hat. Gemäß dem damaligen Brauch muss Boas erst ihn fragen, ob er Rut heiraten möchte. Doch der andere Verwandte lehnt ab und Boas und Rut können heiraten. Rut bringt einen kleinen Jungen zur Welt. Noomi hilft bei der Erziehung. Der Junge wächst in Betlehem auf. Und so auch sein Sohn Isai und dessen Sohn David. An viel späterer Stelle in der Bibel wird Josef, ein Nachfahre von Rut, seine Frau Maria nach Betlehem bringen. Dort wird ihr Kind geboren, und die Feldarbeiter von Betlehem dürfen sich einmal mehr über die Geburt eines Kindes freuen. Die Inschrift auf der Mescha-Stele (auch Moabiterstein genannt), gefunden 1868, stammt von König Mescha von Moab. Auch Rut kam aus Moab. 33 15 Die Wahl des Königs: Samuel und Saul Schlage nach Gott ruft den jungen Samuel: 1 Samuel 3 Das Volk verlangt einen König: 1 Samuel 8 Saul wird zum König gesalbt: 1 Samuel 16 Wie soll der König sein? I m Buch Deuteronomium, das zur Zeit des Mose spielt, wird bereits angekündigt, dass das Volk Israel eines Tages nach einem König verlangen könnte. Doch wenn sie einen König haben, so heißt es im Buch Deuteronomium, muss er nach dem Gesetz regieren. Der König steht nicht „über” dem Gesetz. Er kann nicht tun, was er will. Die Vorstellung von einem König, der an das Gesetz gebunden ist, überrascht in dieser Zeit: Andere Kulturen brauchten sehr lange, um auf den Stand des Alten Testaments zu kommen. 34 D er letzte große Richter ist Samuel. Zu seiner Zeit wird die Bundeslade an einem Ort namens Schilo aufbewahrt. Dort wächst Samuel auf. Als Neugeborener wird er Gott geweiht und als junger Mann in Gottes Dienst gerufen. Samuel ist Richter, Priester und Prophet zugleich. Doch nach Jahren unter der Regierung verschiedener Richter will das Volk nun einen Kriegskönig wie andere Völker. Der Anfang des ersten Buches Samuel erzählt, wie Samuel das Volk davor warnt, einen König zu ernennen. Doch schließlich befiehlt Gott Samuel, einen starken Mann namens Saul auszuwählen. Samuel salbt Saul mit Öl, als Zeichen, dass er jetzt König ist. Gott befiehlt Saul, gegen den Nachbarstamm der Amalekiter in die Schlacht zu ziehen und ihn vollständig zu vernichten. Doch Saul schont das Leben des Königs der Amalekiter und die besten seiner Schafe und Rinder. Gott ist wütend auf Saul, weil er nicht gehorcht hat. Und er befiehlt Samuel, einen anderen König auszusuchen. Samuel erwählt David, den jüngsten Sohn von Isai, der aus Betlehem kommt. Er salbt David zum Zeichen dafür, dass er nach Sauls Tod König sein wird. Als erster König von Israel hatte Saul keine Hauptstadt. In 1 Samuel 11 wird Sauls Haus in Gibea erwähnt, im Stammesgebiet Benjamin, im Norden von Jerusalem. Archäologische Ausgrabungen haben mehrere Gebäude in mehreren Schichten an diesem Ort freigelegt, inklusive einer Festung mit Türmen und Mauern aus der Zeit um Saul. Saul lebte weiterhin inmitten seines Stammes Benjamin. Seine Familie verdiente ihren Lebensunterhalt wahrscheinlich mit Landarbeit. Samuel wird berufen In 1 Samuel 1 wird beschrieben, wie Samuel als Neugeborener von seinen Eltern Gott geweiht wird und in Schilo aufwächst, wo die Bundeslade aufbewahrt wird. Samuel dient dem Priester Eli, der die Bundeslade hütet. Eli ist sehr alt und hat zwei Söhne, die sich nicht an Gottes Gesetz halten. Eines Nachts hört der junge Samuel, wie Gott ihn beim Namen ruft. Er glaubt, es sei Eli. Also geht er zu ihm, um sich zu erkundigen, was er will. Zweimal sagt ihm Eli, er solle sich wieder hinlegen; doch beim dritten Mal erkennt Eli, dass Samuel von Gott gerufen wird. Also trägt er Samuel auf zu antworten: „Rede, Herr; denn dein Diener hört.” Als Gott ihn erneut ruft, sagt Samuel: „Rede, denn dein Diener hört”, und Gott sagt ihm, dass Elis Söhne ihm niemals dienen würden. Als Samuel größer wird, erkennen alle, dass Gott zu ihm spricht, und sie erwählen ihn zum Richter. Der alte Eli stirbt und seine zwei Söhne kommen in der Schlacht ums Leben. Gesalbte Könige D ie Könige des Alten Testaments wurden mit Öl gesalbt: Das war das Zeichen, dass sie Könige waren, obwohl auch Priester gesalbt wurden. Auf Hebräisch heißt „gesalbt” mashiah, wovon sich das deutsche Wort „Messias” herleitet. Als die Menschen zur Zeit Jesu auf einen Messias hofften, erwarteten sie einen „gesalbten König”. Das griechische Wort für „gesalbt” ist christos, von dem unser Wort „Christus” abstammt. Also bedeutet „Jesus Christus” Jesus, der Messias, oder Jesus, der gesalbte König. 35 16 Schlage nach Die Geschichte Davids: 1 Samuel 16 – 31; 2 Samuel 1– 24, 1 Könige 1– 2,12 Davids schlimmstes Vergehen . . . Davids schlimmstes Vergehen ist, einen Soldaten namens Urija töten zu lassen, weil er sich in seine Frau Batseba verliebt hat. Von seinem Flachdach aus erblickt David Batseba beim Baden. Sie wird von ihm schwanger und David gibt den geheimen Befehl, Urija in der nächsten Schlacht an die gefährlichste Stelle zu stellen. Die anderen Soldaten sollen sich zurückziehen und Urija ohne Deckung stehen lassen. Als Urija tot ist, heiratet David Batseba. Ihr Kind stirbt, doch später gebiert Batseba David einen zweiten Sohn: Salomo. Der mutige Natan kommt zu David und erzählt ihm eine Geschichte. Sie handelt von einem reichen Mann, der alles hat, was er braucht, und einem armen, der nur ein kleines Lamm besitzt. Dennoch nimmt der reiche Mann dem Armen sein Lamm. David wird sehr wütend und droht, den reichen Mann zu bestrafen. Doch Natan sagt zu ihm: „Du selbst bist der Mann.” Da erkennt David, welch schlimmes Vergehen er begangen hat. 36 Der große König: David David gilt als der größte König Israels und beliebtester Held des Alten Testaments. Er regierte ungefähr tausend Jahre vor Jesu Lebzeit. Außerhalb der Bibel ist wenig über ihn bekannt, obwohl Archäologen 1993 eine Inschrift in Galiläa fanden, die sowohl das „Haus David“ als auch den „König von Israel“ erwähnt. Sie stammt aus einer Zeit hundert Jahre nach seiner Regierungszeit. In der Bibel erzählt ein unbekannter Schriftsteller, einer der hervorragendsten Autoren der Antike, von David. Die Geschichte dieses anonymen Schriftgelehrten steckt voller Abenteuer. Die berühmteste Geschichte über David ist die von seinem Kampf gegen den Riesen Goliat. Goliat ist ein Soldat der Philister und fast drei Meter groß. Keiner der israelitischen Soldaten will es mit ihm aufnehmen, doch David, der gerade mal ein Junge ist, tötet ihn mit seiner Steinschleuder. David wird für das Volk Israel zum Helden. Er ist ein enger und ergebener Freund Jonatans, des Königssohns. König Saul ist furchtbar eifersüchtig und versucht, David zu töten. Doch er entkommt mit einer Gruppe von Anhängern in die Wüste. Saul und Jonatan sterben beide in der Schlacht. Davids Wehklage über diesen Verlust ist eine der poetischsten Stellen der Bibel. Dann wird David König und regiert das Volk streng, aber nicht immer gut. Er verliebt sich in die Frau einer seiner Kommandeure und fädelt es so ein, dass dieser in der Schlacht getötet wird, damit er seine Frau heiraten kann. Abschalom, einer seiner Söhne, lehnt sich gegen ihn auf. Er wird in der Schlacht besiegt und dann getötet, als er mit seinem langen Haar in einem Baum hängen bleibt. David trauert um Abschalom, wie er auch um Saul getrauert hatte, obwohl er sie beide bezwungen hat. David entreißt die Stadt Jerusalem der Herrschaft des Stammes der Jebusiter und macht sie zu seiner Hauptstadt. Er besiegt die Philister und schafft Frieden für sein Volk. Der unbekannte Autor erzählt die Geschichte von Davids Kindheit in Betlehem bis zu seinem Lebensabend in Goliat war Soldat der Philister. Diese Figur Jerusalem. Er beschreibt Davids Leistungen, ohne sie zu eines Philisters stammt verklären, und seine Schwächen, ohne sie zu beschönigen. aus dem Tempel von Ramses III., Pharao von Das macht die Geschichte umso faszinierender. 1187 bis 1156 v. Chr. In den nun folgenden turbulenten Jahrhunderten blickt das Volk auf Davids Regierungszeit zurück wie auf ein goldenes Zeitalter. Es klammert sich an Gottes Versprechen, das der Prophet Natan David verkündet (2 Samuel 7,16): „Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben.“ Später sagt der Prophet Jesaja: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht“ (Jesaja 11,1). Das wurde als Versprechen verstanden, dass es eines Tages einen neuen König in Israel geben würde, der das Königreich von David wiederherstellt. So eine Person wäre wie David ein von Gott Gesalbter – der Messias. David tanzt vor der Bundeslade, als sie in seine neue Hauptstadt Jerusalem getragen wird. B E TRE HOB GE SCHUR ISRAE L Jerusalem Betlehem J UDA AM M ON Tot e s Meer M OAB E D OM Juda und Israel von David eroberte Gebiete David ist dafür bekannt, dass er die Grenzen Israels ausweitete und Jerusalem zu seiner Hauptstadt machte. Diese Größe erreichte das Königreich später nie mehr. Davids beste Tat Eine von Davids großmütigsten Handlungen betrifft den Sohn seines geliebten Freundes Jonatan, den Sohn von König Saul. Nachdem Saul und Jonatan in der Schlacht ums Leben gekommen sind, wird ein Sohn von Jonatan zum König von Israel ernannt. Es kommt zu weiteren Kämpfen zwischen seinen Anhängern und dem Heer Davids. Jonatans Sohn wird von Davids Männern besiegt und ermordet. Doch Jonatan hat noch einen anderen Sohn, MeribBaal, der gerade mal fünf Jahre alt ist und auf der Flucht vor Davids Männern so verletzt wird, dass seine Beine für immer gelähmt bleiben. Als überlebender Enkel von König Saul hätte man ihn zum König ausrufen können und für David wäre es am sichersten gewesen, ihn ebenfalls umbringen zu lassen. Doch in Gedenken an seinen Vater Jonatan erbarmt sich David. Er holt Merib-Baal in seinen Palast und sorgt für den Rest seines Lebens für ihn. 37 17 Die Lieder des Königreichs: Die Psalmen Schlage nach Ein Freudenpsalm: Psalm 1 Ein Klagepsalm: Psalm 51 Ein Psalm des Vertrauens: Psalm 84 Ein Psalm der Dankbarkeit: Psalm 104 Das Buch der Psalmen enthält Ein Beispiel aus Psalm 24: Der bekannteste Psalm: Psalm 23 Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner. D er Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Denn er hat ihn auf Meere gegründet, ihn über Strömen befestigt. die Loblieder des Alten Testaments. Ein „Psalm“ ist ein Lied, das zur Harfe gesungen wird. Einige der Psalmen wurden für mehrere Sänger geschrieben – vielleicht Hunderte von Pilgern, die den Tamburin, Flöte und Posaune Tempel besuchten. Andere sind für einzelne Personen gedacht. Manche sind Loblieder, andere drücken Klage oder Reue aus oder sind Bitten an Gott in Zeiten der Not. Einige sind Gebete für den König und besingen zum Beispiel den Sieg in der Schlacht. In den Psalmen kommen Glück, Hoffnung, Zorn und Verzweiflung zum Ausdruck. Die Verfasser der Psalmen hatten keine Scheu, Gott ihre Gefühle zu zeigen. Die Psalmen stammen aus verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Verfassern. Einige heißen „Psalmen Davids“. Andere werden Salomo oder anderen Persönlichkeiten zugeschrieben. Es ist leicht, sich vorzustellen, wie König David (der sowohl Hirtenjunge als auch Harfenspieler war) den berühmtesten Psalm singt, der mit den Worten „Der Herr ist mein Hirte“ beginnt (Psalm 23). In vielen Psalmen wird die Aussage einer Zeile in der nächsten noch mal aufgenommen Schalmeien und in anderen Worten wiederholt. und Schofar Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Wer darf hinaufziehn zum Berg des Herrn, wer darf stehn an seiner heiligen Stätte? Er stillt mein Verlangen. Der reine Hände hat und ein lauteres Herz, der nicht betrügt und keinen Meineid schwört. Er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Er wird Segen empfangen vom Herrn und Heil von Gott, seinem Helfer. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Das sind die Menschen, die nach ihm fragen, die dein Antlitz suchen, Gott Jakobs. Auf diese Weise blieben die Psalmen leichter im Gedächtnis, denn die Leute, die sie ursprünglich sangen, mussten sie auswendig lernen. Auch heute werden die Psalmen in jüdischen und christlichen Gottesdiensten gesungen und bieten ein Gebet für jede Stimmung und Gelegenheit. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit. David ging als König und Musiker in die Geschichte ein, als „Lieblingsheld der Lieder Israels“. Jesus und die Psalmen Jesus wuchs mit den Psalmen auf. Er liebte sie und zitierte sie oft. Am Kreuz Ei B Ein Buntglasfester l f iin dder K Kathedrale h d l von Chichester von Marc Chagall (1978) illustriert Psalm 150, ein Loblied. Es zeigt alle Musikinstrumente, die in dem Psalm erwähnt werden, und auch die Menora, den siebenarmigen Leuchter. Lyra sprach er die Anfangsworte von Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Die ersten Christen sangen die Psalmen in ihren Gottesdiensten, denn in vielen Psalmen sahen sie Hinweise auf Jesus. So heißt es zum Beispiel in Psalm 8: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Rassel, Klanghölzer, Harfe und Zimbeln Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Zimbeln und Panflöte 38 Das erinnerte die ersten Christen an Jesus, der oft „der Menschensohn“ genannt wurde. Schafe grasen an einem stillen See. 39 18 Der weise König: Salomo Davids Nachfolger ist sein Sohn Salomo. Salomos Mutter ist Batseba, die Schlage nach Die Herrschaft Salomos: 1 Könige 1–11 Die Weisheitsbücher: siehe Kapitel 19 Das Buch der Weisheit: siehe Kapitel 33 Salomos Tempel D er Tempel von Salomo wird in 1 Könige 6 – 8 beschrieben. Daher wissen wir, dass es ein rechteckiges Gebäude war, circa 30 Meter lang, 15 Meter hoch und 10 Meter breit. Vorgelagert war die Halle vor dem Hauptraum (der ’Ulam), flankiert von zwei Bronze-Säulen. Drinnen gab es zwei Räume. Der erste war „das Heilige“ (der Hikhal). Hier stand ein Altar, auf dem morgens und abends Weihrauch verbrannt wurde. Der hintere Raum war „das Allerheiligste“ (das Debir). Hier wurde die Bundeslade in vollkommener Dunkelheit aufbewahrt. Die Deckplatte der Lade, flankiert von zwei „Kerubim“, also zwei Engeln, betrachtete man als den Thron Gottes. David zur Frau nahm, nachdem er ihren Mann in der Schlacht umkommen ließ. Salomo wächst an einem Hof voller Verschwörungen und Intrigen auf. Er lernt, listig und weise zu sein. Das Erste Buch der Könige erzählt, wie Salomo durch kluges Vorgehen sein Königreich stärkt. Er fördert den Handel mit anderen Ländern und vergrößert und verschönert Jerusalem. Salomo hat viele Ehefrauen, auch Frauen aus anderen Ländern, wofür er später von den Verfassern des Alten Testaments kritisiert wird. Die Tat, für die er heute wohl am meisten im Gedächtnis geblieben ist, ist der Bau des Tempels in Jerusalem – mit einem festen Standort für die Bundeslade. Vor allem aber ist Salomo für seine „Weisheit“ bekannt, die sich zum Beispiel in der berühmten Geschichte über zwei sich streitende Frauen zeigt: Jede hat ein Baby. Doch eines ist in der Nacht gestorben. Nun streiten sich die Mütter um das 40 Die Menora, der goldene siebenarmige Leuchter, stand als Zeichen der Anwesenheit Gottes im Tempel. Psalm 122 5 Psalm 122 ist ein Loblied auf Gott, das die Pilger singen, die den Tempel besuchen. Ich freute mich, als man mir sagte: „Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.“ 7 6 4 Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem: Jerusalem, du starke Stadt, dicht gebaut und fest gefügt. Dorthin ziehen die Stämme hinauf, die Stämme des Herrn, wie es Israel geboten ist, den Namen des Herrn zu preisen. 8 Denn dort stehen Throne bereit für das Gericht, die Throne des Hauses David. 3 Eine Rekonstruktion von Salomos Tempel. 1. Das „Meer“ aus Bronze 2. Der Altar 3. Die Vorhalle 4. Das Heilige 5. Das Allerheiligste 6. Die Bundeslade 7. Die Kerubim 8. Die Menora Baby, das noch lebt. Salomo befiehlt, das Kind in zwei Teile zu hacken! Eine Frau stimmt zu, da dies schließlich gerecht sei. Auf diese Weise hätte keine ein ganzes Kind. Die andere Frau schreit entsetzt auf und bittet den König, das Kind der ersten Frau zu geben, anstatt es zu töten. Da weiß Salomo: Die zweite Frau ist die wirkliche Mutter des Kindes und er gibt es ihr zurück. Die Leute kamen von nah und fern an seinen Hof. „So übertraf König Salomo alle Könige der Erde an Reichtum und Weisheit“, heißt es im ersten Buch der Könige und: „Alle Welt begehrte ihn zu sehen und die Weisheit zu hören, die Gott in sein Herz gelegt hatte.“ Sein berühmtester Gast war die Königin von Saba. 1 2 Wir wissen nicht, wo Saba lag, aber wenn es das Land der Sabäer ist, das ebenfalls in der Bibel erwähnt wird, lag es wahrscheinlich auf der südlichen arabischen Halbinsel. Wegen der ihm nachgesagten Weisheit ist Salomo Namensstifter mehrerer Weisheitsbücher und des „Buches der Weisheit“ oder der „Weisheit Salomos“ im Alten Testament. Erbittet für Jerusalem Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen. Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit. Wegen meiner Brüder und Freunde will ich sagen: In dir sei Friede. Wegen des Hauses des Herrn, unseres Gottes, will ich dir Glück erflehen. 41 19 Die Sprüche der Weisen: die Weisheitsbücher Schlage nach Ein Gedicht als Lob der Weisheit: Sprichwörter 8 Ein Liebesgedicht: Hohelied 8 Klage über die Mühen des Alterns: Kohelet 11,9 –12,8 Das Buch Kohelet I m Buch Kohelet wird das Leben als kurz und manchmal freudlos dargestellt. Das Buch Kohelet ist geradezu das Gegenteil vom Hohelied. Die Anfangsworte sind: „Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch.“ Dennoch steckt es voller „Weisheit“ und endet mit dem Rat: „Fürchte Gott und achte auf seine Gebote! Das allein hat jeder Mensch nötig.“ Der Begriff „Weisheit“ hat im Alten Testament viele Bedeutungen. Er bezeichnet das Wissen darüber, wie man das Beste aus seinem Leben macht. Er bezeichnet Menschenkenntnis, mit der man Leute anleiten und für sich gewinnen kann. Er bezeichnet das Talent eines Künstlers oder Handwerkers. Weisheit bedeutet, alles einzusetzen, was Gott dem Menschen gegeben hat. Im Alten Testament kommt die Weisheit von Gott und wird erworben, indem man sich mit Gott auseinandersetzt. „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Weisheit; alle, die danach leben, sind klug“ (Psalm 111,10). Das Alte Testament enthält Weisheit in Form von Sprichwörtern. Das sind kurze Sätze, leicht zu merken, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Hier ein paar Beispiele: „Ein Zuchtloser ist der Wein, ein Lärmer das Bier; wer sich hierin verfehlt, wird nie weise“ (Sprichwörter 20,1). „Manche Freunde führen ins Verderben, manch ein lieber Freund ist anhänglicher als ein Bruder“ (Sprichwörter 18,24). „Liebe nicht den Schlaf, damit du nicht arm wirst; halte deine Augen offen und du hast Brot genug“ (Sprichwörter 20,13). „Geheimnisse verrät, wer als Verleumder umhergeht. Darum lass dich nicht ein mit einem Schwätzer!“ (Sprichwörter 20,19). Weitere Sprichwörter finden sich im Buch der Weisheit und im Buch Jesus Sirach. „Jede Arbeit bringt Erfolg . . .“ Weisheit brauchten alle, die für den König arbeiteten. Jeder königliche Hof hatte seine Hofbeamten – Würdenträger, die mit der Verwaltung des Königreichs betraut waren. Viele der „Lehrweisheiten“ im Alten Testament stammen von diesen Hofbeamten. Zum Beispiel wurde das Kapitel 25 aus dem Buch der Sprichwörter von den „Männern Hiskijas, des Königs von Juda, gesammelt“. Diese Schriften weisen starke Ähnlichkeit mit den Schriften des alten Ägyptens auf. Auch Geschichten über die „Weisen“ waren beliebt. Im Buch Genesis wird Josef als vorbildlicher „weiser Mann“ dargestellt, der am königlichen Hof dient, seinen Verstand einsetzt und mit Menschen umzugehen weiß. Daniel überlistet die babylonischen Weisen, weil er weiser ist als sie. In 2 Samuel und 1 Könige geht es um das Leben am Hof von König David und König Salomo und um die Beamten und Soldaten, die ihnen dienten. „ . . . leeres Geschwätz führt nur zu Mangel“ (Sprichwörter 14,23) Alles hat seine Zeit Alles hat seine Stunde. Für jedes „Weisheit“ am Hof des Pharaos D er Verfasser von 1 Könige belegt die „Weisheit“ König Salomos folgendermaßen: „Er verfasste dreitausend Sprichwörter und die Zahl seiner Lieder betrug tausendundfünf. Er redete über die Bäume, von der Zeder auf dem Libanon bis zum Ysop, der an der Mauer wächst. Er redete über das Vieh, die Vögel, das Gewürm und die Fische . . .“ Solche Auflistungen waren typisch für die „Weisheits“-Schriften des alten Ägyptens. Ein Beispiel ist das Onomastikon des Amenope, das um 1085 v. Chr. verfasst wurde und 610 Dinge auflistet, aus denen das Universum besteht, von Himmel, Wasser und Erde bis hin zu Städten Ägyptens, Landarten und den Bestandteilen eines Ochsen! Das Hohelied Auch das Hohelied wird Salomo zugeschrieben. Es ist ein wunderschönes Liebesgedicht. Obwohl Gott in diesem Buch nicht erwähnt wird, sagt doch die Tatsache, dass es Teil der Bibel ist, etwas Wichtiges über Gott aus. Es bedeutet, dass die zwischenmenschliche Liebe und die Freude, die Liebende am Körper des anderen finden können, gute Gaben Gottes sind. Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen, eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz . . . Kohelet 3,1– 4 42 43 20 Ein weiser Mann hadert mit Gott: Ijob Schlage nach: Ijobs Leben wird zerstört: Ijob 1– 2 Ijob klagt zu Gott: Ijob 3,1– 26 Gottes Antwort an Ijob: Ijob 38 – 41 Ijobs Reichtum wird wiederhergestellt: Ijob 42,10 –17 Schriften über das Leid in der damaligen Zeit Das Buch Ijob ist nicht das erste, das sich mit der Frage befasst, warum unschuldige Menschen leiden müssen. Auch Texte aus dem alten Sumer im heutigen Irak (3000 – 2000 v. Chr.) und aus Ägypten (2000 –1800 v. Chr.) behandeln diese Frage. Doch die vielleicht größten Parallelen weist ein Text aus Babel auf: Die Babylonische Theodizee (von ungefähr 1100 v. Chr.) ist ein Gedicht, in dem ein Mann sein Leid klagt und sein Freund versucht, ihn zu trösten. Zusammen überlegen sie, warum die Götter solches Leid zulassen, doch sie finden keine überzeugende Antwort. Es gibt keinen Beweis dafür, dass der Verfasser des Buches Ijob die Babylonische Theodizee kannte. Beide Texte gehen aus Kulturen hervor, die wichtige Fragen in nachgestellten Gesprächen behandeln. Viele Sprichwörter versichern, dass sich Weisheit immer auszahlt und von Gott belohnt wird, zum Beispiel: „Der Segen des Herrn macht reich“ oder „Wenn der Sturm daherbraust, ist der Frevler verloren, der Gerechte ist fest gegründet für immer“ (Sprichwörter 10,22;25). Es ist nicht bekannt, wer das Buch Ijob geschrieben hat; fest steht nur, dass der Autor diese „Weisheit“ anzweifelte. Es wird die Geschichte eines guten Mannes erzählt, der ohne eigenes Verschulden leiden muss. Der Mann heißt Ijob. „An Ansehen übertraf dieser Mann alle Bewohner des Ostens.“ Er verehrt Gott und „mied das Böse“ – wie es sich für einen „weisen“ Mann gehört. Gott ist sehr stolz auf Ijob und zeigt ihn dem Satan. Satan bedeutet in diesem Fall „Ankläger“. Im Buch Ijob ist er nicht der Teufel, sondern ein Himmelswesen, das Vorwürfe gegen den Menschen erhebt. Satan meint abschätzig, dass Ijob Gott nur verehre, weil er alles habe. Ijob wäre ein ganz anderer, so Satan, wenn es ihm nicht so blendend ginge. Bald stoßen Ijob schlimme Dinge zu: Seine Kinder sterben, sein Besitz wird gestohlen und eine schreckliche Krankheit befällt ihn. Seine Frau rät ihm, Gott abzuschwören und zu sterben. Doch Ijob hält an seinem Glauben fest, selbst im größten Leid, und wünscht sich nur, er wäre nie geboren worden. Freunde versammeln sich um ihn und geben Ratschläge. Sie sagen ihm, dass er etwas sehr Schlimmes getan haben muss, dass er jetzt so leiden muss. Doch Ijob weiß, dass er nichts getan hat, was solches Leid verdient, und will die Schuld nicht auf sich nehmen. Schließlich wird Ijob wütend auf Gott. „Gäbe es doch einen, der mich hört. Das ist mein Begehr, dass der Allmächtige mir Antwort gibt: Hier ist das Schriftstück, das mein Gegner geschrieben. Ich täte die Zahl meiner Schritte ihm kund, ich nahte mich ihm wie ein Fürst“ (Ijob 31,35.37). Gott reagiert, aber ohne Ijobs Fragen richtig zu beantworten. Er erinnert Ijob an die Wunder und Schönheit der Schöpfung. Er führt Ijob vor Augen, wie wenig er weiß. Bald fühlt sich Ijob sehr klein. Doch am Schluss wird Ijob mit einer neuen Familie und neuem Reichtum belohnt und kehrt zu alter Größe zurück. Das Buch Ijob findet ein gutes Ende, doch es liefert keine Antwort darauf, warum Menschen leiden müssen. Verschiedene Personen treten mit verschiedenen Ansichten auf – Ijob, Ijobs Frau, Ijobs Freunde, Satan, Gott – und tragen ihre Meinungen vor. Doch niemand gewinnt das Streitgespräch. Selbst der glückliche Ausgang wirkt unwirklich. Ijobs ängstlicher und wütender Schrei bleibt in der Luft schweben: „Gäbe es doch einen, der mich hört!“ Ijob und Jesus A uch Christen sind sich nicht sicher, warum unschuldige Menschen wie Ijob leiden müssen. Aber für Christen hat Gott etwas getan, von dem der Verfasser des Buches Ijob nichts wissen konnte: Die Geschichte Jesu erzählt, wie Gott ein menschliches Leben führt und es „von innen heraus“ erlebt. Durch Jesus erfährt Gott, was es heißt, als Mensch zu leiden und sogar zu sterben. Jesu Schrei nach seinem Vater „Warum hast du mich verlassen?“ geht weiter als Ijobs Wutschrei. Denn selbst im Angesicht von Leid und Tod spricht Jesus von Vergebung und Liebe. Diese Vorstellung wurde noch von einem anderen „Weisheits“-Verfasser ausgedrückt: „Stark wie der Tod ist die Liebe . . . Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen; auch Ströme schwemmen sie nicht weg“ (Hohelied 8,6 –7). Das Vogel-Strauß-Weibchen „gibt der Erde ihre Eier preis, lässt sie erwärmen im Sand“ (Ijob 39,14). Gott mahnt Ijob, die Wunder der Natur zu bedenken. In seiner Not versammeln sich Ijobs Freunde um ihn. Aus einem illustrierten Manuskript aus dem fünfzehnten Jahrhundert aus Poitiers in Frankreich. 44 45 21 Ein geteiltes Königreich: Israel und Juda Schlage nach Die Teilung des Königreichs: 1 Könige 12 Sanheribs Invasion: 2 Könige 18 – 20 Jesaja: siehe Kapitel 24 Sanherib erobert die judäische Stadt Lachisch. Ein Relief aus Sanheribs Palast in Ninive. Sanheribs Darstellung der Belagerung Jerusalems A S S YR I E N Tig fra ris t S YR I E N M it t e lme e r Ninive Berg Karmel Samaria ISRAEL Jerusalem Babel BABYLON I E N Pe rsi Me assyrische Landgewinne bis 650 v. Chr. olf rG tes unter assyrischer Herrschaft, 710 v. Chr. he unter assyrischer Herrschaft, ca. 850 v. Chr. Ro N Nil TE sc YP er 46 1880 entdeckten zwei Jungen im Tunnel von Hiskija diese Inschrift aus Hiskijas Zeit. Sie beschreibt, wie Arbeiter von beiden Enden aus gruben und sich in der Mitte trafen. D er Verfasser von 2 Könige schreibt, dass der Engel Gottes nachts auszog und das Heer Sanheribs erschlug. 200 Jahre später schreibt der griechische Historiker Herodot, Mäuse hätten während einer Mäueplage alle Bogensehnen und Sandalenriemen durchgebissen, sodass die Soldaten kampfunfähig waren. Die Ägypter töteten Tausende von assyrischen Soldaten. Herodot berichtet, dass es noch zu seiner Zeit eine Statue des Pharaos in Ägypten gab, die eine Maus hielt und sagte: „Sieh mich an und lerne Achtung vor den Göttern.“ I K a spische s Meer JUDA Was geschah mit Sanheribs Heer? Die Datierung im geteilten Reich Die Königreiche Israel und Juda und ihre mächtigen Nachbarn – Ägypten, Syrien (Aram), Assyrien, Babylonien. ÄG tafeln (Taylor-Prisma), die man in der assyrischen Hauptstadt Ninive entdeckte, kennen wir Sanheribs eigene Darstellung seiner Invasion: „Und Hiskia vom Lande Juda, der sich meinem Joch nicht gebeugt hatte, . . . schloss ich wie einen Käfigvogel inmitten der Stadt Jerusalem ein, der Stadt seines Königtums . . . Die Furcht vor dem Glanz meiner Herrschaft überwältigte ihn . . . Zur Abgabe des Tributs und zur Erklärung der Botmäßigkeit schickte er seinen Gesandten.“ Nachfolge an. Er ist ein törichter junger Mann im Gegensatz zu seinem weisen Vater. Rehabeam weigert sich, auf die Ratgeber seines Vaters zu hören, und umgibt sich mit seinen eigenen Freunden. Diese raten ihm, sein Volk streng zu regieren. Als Folge rebellieren die Nordstämme Israels und wählen einen eigenen König: Jerobeam. Rehabeams Reich besteht nun nur noch aus den Stämmen Juda und Benjamin. Die Nordstämme, regiert von Jerobeam und seinen Nachfolgern, nannten sich Israel und ihre Hauptstadt war Samaria. Das südliche Reich, jetzt Juda genannt, wurde von Rehabeam und seinen Nachfolgern aus der Verwandtschaftslinie Davids regiert. Seine Hauptstadt war Jerusalem. Das nördliche Reich Israel währte nur 200 Jahre, bis es die Assyrer 722 v. Chr. eroberten. Die Könige von Juda regierten bis zur babylonischen Eroberung von 586 n. Chr. weiter, oft jedoch unter assyrischer Herrschaft. Die zwei Bücher der Könige erzählen die Geschichte der beiden Königreiche. Von der Herrschaft Hiskijas, der von 727 bis 698 v. Chr. über Juda regierte, weiß man viel. In seiner Zeit eroberten die Assyrer das Nordreich Israel und beherrschten praktisch das südliche Königreich Juda. Doch im Jahr 705 rebellierte Hiskija mit Unterstützung der Ägypter gegen Sanherib, den König von Assur. Hiskija verstärkte die Mauern Jerusalems und grub einen Tunnel, damit die Stadt im Falle einer Belagerung an Wasser kommt. Eu Von Aufzeichnungen auf Ton- Im Jahr 922 v. Chr. stirbt König Salomo und sein Sohn Rehabeam tritt seine Sanheribs Heer eroberte alle Städte in Juda, bis es 701 n. Chr. vor Jerusalem steht. Was dann geschah, ist unklar. Hiskija gab den Assyrern eine große Menge Geld und Schätze. Der Prophet Jesaja bedrängte Hiskija, sich nicht zu ergeben. Die Assyrer konnten die Stadt nicht einnehmen und zogen sich schließlich wieder zurück. Laut einem Bericht kamen Tausende assyrische Soldaten in ihrem Lager um. Das Volk in Juda feierte das als Sieg. Aber Juda war nicht frei von den mächtigen Nachbarreichen. Kurze Zeit später machte sich Babylonien daran, Juda unter seine Macht zu bekommen. m zweiten Buch der Könige wird das Jahr des Regierungsantritts eines Königs in einem der Reiche immer durch das Regierungsjahr des Königs im jeweils anderen Reich angegeben. Zum Beispiel: Im dritten Jahr Hoscheas, des Sohnes Elas, des Königs von Israel, wurde Hiskija, der Sohn des Ahas, König von Juda (2 Könige 18,1). Durch diese komplizierte Art der Datierung sind die Geschichten der Bibel oft nur schwer mit historischen Ereignissen in Einklang zu bringen, von denen wir aus anderen Quellen wissen – zum Beispiel einige große Schlachten der Zeit. Daraus ergibt sich eine gewisse Unsicherheit über die Zeitabläufe im geteilten Reich. Viele Forscher verwenden die Jahreszahlen, die hier in diesem Buch stehen. Doch in anderen Büchern finden sich manchmal auch andere Datierungen. „Hiskija . . . [hat] den Teich und die Wasserleitung angelegt und das Wasser in die Stadt geleitet . . .“ (2 Könige 20,20). Hiskijas Tunnel nach Jerusalem und der „Teich Schiloach“ werden im Johannesevangelium erwähnt. 47 22 Die frühen Propheten: Elija und Elischa Schlage nach Elija und die Baalspropheten: 1 Könige 18 Gott spricht zu Elija auf dem Berg Sinai: 1 Könige 19 Ahab und Nabots Weinberg: 1 Könige 21 Einen großen Teil des Alten Testaments nehmen die Bücher der Propheten ein. Propheten überbringen den Menschen Botschaften von Gott. Manche von ihnen hatten Anhänger, die „Prophetenjünger“ hießen. Die Könige von Israel und Juda beschäftigten feste Propheten an ihren Höfen. Sie sollten Botschaften überbringen, die den König unterstützten. Viele mutige Propheten aus dem Alten Testament überbrachten jedoch auch Botschaften, die nicht gern gehört wurden und ihnen Probleme bereiteten. Elijas Himmelfahrt: 2 Könige 2 Elischa und Naaman: 2 Könige 5 Der Berg Karmel heute, mit Blick auf den Hafen von Haifa und einem Bahá’í-Tempel im Zentrum. Der Karmel ist ein heiliger Berg für Juden, Christen, Muslime und Bahá’ís. Lateinische Namen der Propheten Auf Lateinisch heißt Elija Elias und Elischa Eliseus. Manchmal werden auch diese Schreibweisen in der Bibel verwendet. So erscheint auch Jesaja manchmal als Jesaias und Jeremia als Jeremias. 48 Elija Elija lebte unter König Ahab und Königin Isebel im Nordreich Israel. Elijas Geschichte wird im Ersten Buch der Könige erzählt. Ahab und Isebel verehren Baal, einen der alten Götter aus Kanaan. Isebel hat viele Propheten Gottes aufgespürt, getötet und dann durch Propheten Baals ersetzt. Elija, der Gott treu ergeben ist, fordert die Propheten Baals auf, ihn auf dem Berg Karmel zu treffen. Er bereitet einen Opferstier vor und fordert die Propheten Baals auf, Feuer vom Himmel herabzurufen, um ihn zu verbrennen. Doch sosehr sie sich bemühen, ihr Gott antwortet nicht. Dann ruft Elija zu Gott – und der Opferstier geht in Flammen auf. „Ahab . . . wurde König von Israel . . . und tat, was dem Herrn missfiel, mehr als alle seine Vorgänger“ (1 Könige 16,29 – 30). In einer anderen Geschichte will König Ahab einen Weinberg haben, der einem Mann namens Nabot gehört. Er will ihn so gern besitzen, dass Königin Isebel Nabot fälschlich einer Schuld bezichtigen und steinigen lässt, sodass Ahab den Weinberg bekommt. Elija geht Ahab auf dem Weinberg entgegen. „Hast du mich gefunden, mein Feind?“, fragt Ahab. „Ich habe dich gefunden“, antwortet Elija und stellt ihn mutig für sein Verbrechen zur Rede. An Elija wird die ganze Bibel hindurch erinnert – als den größten Propheten des Alten Testaments. Er machte sich stark für die Unterdrückten, die von den Reichen und Mächtigen ungerecht behandelt wurden. Darin folgten ihm andere Propheten nach wie Amos. Und auch Johannes der Täufer und Jesus taten das Gleiche. Elija fährt in den Himmel auf In der Geschichte von Elija fährt auf einem „feurigen Wagen“ in den Himmel. Eine Darstellung auf einem Fresko aus dem dreizehnten Jahrhundert in der Kathedrale von Anagni in Italien. Elischa Elija erwählt einen jungen Mann namens Elischa zum Jünger. Die Geschichten von Elischa finden sich im Zweiten Buch der Könige. Die bekannteste ist die von Naaman, dem Feldherrn des Königs von Syrien. Naaman litt unter Lepra, einer schlimmen Hautkrankheit. Und Elischa war für seine Heilkunst berühmt. Naaman fährt also mit großem Aufgebot vor Elischas Haus vor. Elischa sagt ihm, er solle sich im Jordan waschen. Erst will Naaman nicht glauben, dass etwas so Einfaches helfen soll, doch dann überzeugen ihn seine Diener. Hätte Elischa etwas Schwieriges von ihm verlangt, so argumentieren sie, hätte er es doch auch befolgt. Warum also nicht etwas so Bescheidenes tun wie sich im Jordan waschen? Naaman lässt sich überzeugen, wäscht sich im Jordan und ist von der Lepra geheilt. Mit dieser Geschichte erklärt Jesus später, dass Gott sich nicht nur um das von ihm erwählte Volk kümmert, sondern auch um Fremde wie Naaman. Elijas Tod in 2 Könige 2 wird er von einem „feurigem Wagen mit feurigen Pferden“ in den Himmel „entrückt“. Der Prophet Maleachi kündigt an späterer Stelle an, dass Elija vor dem „Tag des Herrn“ zurückkommen würde. Zu Jesu Zeiten, als die Leute den Messias erwarteten, hielten sie folglich auch nach Elija Ausschau. Johannes der Täufer wurde gefragt, ob er Elija sei (Johannes 1,21). Johannes verneinte, doch in Matthäus 11,14 sagt Jesus seinen Jüngern, dass sie Johannes durchaus als „Elija, der wiederkommen soll“ betrachten können. Der Jünger Petrus berichtet, dass manche Jesus für Elija halten (Matthäus 16,14). Als Jesus gekreuzigt wird und Gott auf Aramäisch anruft („Eloi, eloi . . .“), meinen die Soldaten, er rufe nach Elija, der kommen und ihn retten solle. Die Idee von Elija, der in den Himmel fährt, verfestigte sich in den Köpfen der Menschen. In den frühen Jahrhunderten nach Jesu Lebzeiten entstand ein Buch namens „Elias-Apokalypse“. Darin malte man sich Elijas Zeit im Himmel aus und die Dinge, die er dort über das Ende der Welt erfuhr. 49 23 Gericht und Gnade: Amos und Hosea Schlage nach Die Geschichte von Amos: Amos 7 Die Geschichte von Hosea: Hosea 1– 3 Amos spricht von Gottes Urteil D er Herr spricht: „Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie und kann eure Feiern nicht riechen. Wenn ihr mir Brandopfer darbringt, ich habe kein Gefallen an euren Gaben und eure fetten Heilsopfer will ich nicht sehen. Weg mit dem Lärm deiner Lieder! Dein Harfenspiel will ich nicht hören, sondern das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ Amos 5,21– 24 Ein Fragment von einem Möbelstück aus Elfenbein aus der Zeit des Amos. Amos schimpfte über alle, die „auf Betten aus Elfenbein“ liegen – dem Gipfel des Luxus. 50 Amos ist der älteste Prophet des Alten Testaments, dem ein Buch gewidmet ist. Er lebte zur Regierungszeit von König Usija von Juda und König Jerobeam II. von Israel (Mitte des achten Jahrhunderts v. Chr.). Amos ist kein offizieller Prophet vom königlichen Hof des nördlichen oder südlichen Reichs. Doch er geht in den Tempel des Königs von Israel in Bet-El und verkündet dort Gottes Wort. Amazja, der Priester von Bet-El, ist wütend darüber. Er meldet ihn dem König und sagt zu Amos, dass er zurück nach Juda gehen solle, wo er herkäme, wenn er wie ein Prophet reden wolle. Amos antwortet, dass er kein offizieller Prophet sei, sondern Schafzüchter und Maulbeerfeigenpflanzer. „Aber“, fährt er fort, „der Herr hat mich von meiner Herde weggeholt und zu mir gesagt: ,Geh und rede als Prophet zu meinem Volk Israel!’“ Warum war Amos so unbeliebt? Er verkündete, das Volk Israel sei vom rechten Weg abgekommen. Es behandle seine Armen schlecht und seine Religion sei nur noch Fassade. Deshalb würde Gott sie nicht vor Unheil bewahren. Das Volk Israel hatte sich immer darauf berufen, dass Gott sie eigens aus Ägypten ins Gelobte Land geführt hatte. Amos setzt dem entgegen, dass Gott auch andere Völker wie die Philister aus fernen Ländern gebracht habe. Es reiche nicht aus, sich als auserwähltes Volk zu sehen. Das Volk Israel müsse sich auch so benehmen. Es sei nicht genug, Gott mit Musik und Opfern zu dienen. „Weg mit dem Lärm deiner Lieder!“, sagt Gott. „Dein Harfenspiel will ich nicht hören, sondern das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ Hosea lebte kurze Zeit nach Amos im Nordreich Israel. Wie Amos sprach auch er davon, dass Gott das Reich verurteile, weil es so verdorben sei. Wie Amos ruft auch Hosea zu Gerechtigkeit, gutem Handeln und Religion ohne Heuchelei auf. Doch Hosea spricht mehr von Gottes Liebe und Vergebung als Amos, denn er hat eine ganz andere Erfahrung gemacht. Gott sagt zu Hosea, dass Israel sich wie eine Dirne benehme. Eine Dirne schläft für Geld mit Leuten, nicht aus Liebe. Das Volk Israel müsste Gott eigentlich lieben. Doch stattdessen ist es ihm untreu und einzig auf den eigenen Reichtum bedacht. Gott fordert Hosea auf, eine Dirne zu heiraten und zu lieben. Das tut Hosea. Seine Frau, mit der Hosea auch Kinder hat, heißt Gomer. Auf diese Weise versteht Hosea, wie es Gott mit Israel ergeht. Obwohl das Volk Israel viele verschiedene Götter verehrt, liebt Gott es immer noch – so wie Hosea Gomer liebt. Das Volk Israel glaubt, dass die angebeteten Götter es beschützt hätten, doch Gott sagt: „Ich . . . war [es], dem ihr das Korn und den Wein und das Öl gabt . . . Wie könnte ich dich aufgeben, Israel? . . . Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf.“ Hoseas Botschaft ist, dass Gott nie aufhört, sein Volk zu lieben. Hosea spricht von Gottes Vergebung A ls Israel jung war, gewann ich ihn lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten. Je mehr ich sie rief, desto mehr liefen sie von mir weg. Sie opferten den Baalen und brachten den Götterbildern Rauchopfer dar. Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die (Eltern), die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen. Hosea 11,1– 4 Hosea und Gomer: „Geh, nimm dir eine Kultdirne zur Frau und (zeuge) Dirnenkinder! Denn das Land hat den Herrn verlassen und ist zur Dirne geworden“ (Hosea 1,2). 51 24 Der große Prophet: Jesaja Das Friedensreich Schlage nach Jesajas Berufung: Jesaja 6 Das Friedensreich: Jesaja 11,1–10 Die Verheißung der Heimkehr: Jesaja 40,1– 9 Der leidende Gottesknecht: Jesaja 52,13 – 53,12 Die Zukunft Jerusalems: Jesaja 60 Jesaja und Jesus Christen sahen im Buch Jesaja immer eine Vorankündigung von Jesus. Zu Weihnachten und an Karfreitag werden bis heute Stellen aus Jesaja im Gottesdienst vorgelesen. Für Christen ist es Jesus, der von einer Jungfrau geboren wird und der „Immanuel“ oder „Gott mit uns“ heißen soll (Jesaja 7,10 –14). Für Christen ist es Jesus, der als „Fürst des Friedens“ angekündigt wird (Jesaja 9,1–7). Für sie ist es Jesus, der als großer König aus Davids Stamm hervorgehen soll (Jesaja 11,1–10). Für sie ist Jesus der „Gottesknecht“, der leidet und errettet wird (Jesaja 52,13 – 53,12). Und das „Licht“, durch das die ganze Menschheit Gott kennenlernt, ist die frohe Kunde von Jesus (Jesaja 60,1– 3). Das Buch Jesaja ist mit insgesamt 66 Kapiteln das längste der Prophetenbücher. Viele Forscher glauben, dass es ursprünglich zwei oder sogar drei Bücher waren, wobei das zweite und dritte bei Kapitel 40 und 55 beginnen, die von verschiedenen Personen geschrieben und später zu einem Buch zusammengefügt wurden. Das Buch beginnt mit den Worten: „Vision des Jesaja, des Sohnes des Amoz, über Juda und Jerusalem, die er zu der Zeit hatte, als Usija, Jotam, Ahas und Hiskija Könige von Juda waren.“ Diese vier Könige regierten Juda von 740 bis 698 v. Chr. Zu dieser Zeit wurde Juda sowohl vom Nordreich Israel als auch von dem noch mächtigeren Aram (Syrien) bedroht, das noch weiter nördlich lag. Dieser Teil des Buches Jesaja spielt also im achten Jahrhundert v. Chr. Eine berühmte Stelle in Kapitel 6 erzählt, wie Jesaja im Tempel von Jerusalem eine Vision von Engelswesen hat, die sich Serafim nennen. Er hört die Stimme Gottes, die sagt: „Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen?“ Jesaja antwortet: „Hier bin ich, sende mich!“ Damit beginnt Jesajas Wirken als Prophet. Jesaja selbst wird auch in 2 Könige und 2 Chronik erwähnt. Der zweite Teil des Buches spielt zu späterer Zeit. Jerusalem liegt in Trümmern (52,9). Das Volk Israel wurde verschleppt (45,13). Der Feind ist Babel (47,1). Es heißt, der große persische Eroberer Kyrus II. würde die Stadt wiederaufbauen. Kyrus (oft auch Kyros) ist eine bekannte historische Figur. Er eroberte Babel im Jahr 539 v. Chr. und machte es zum Teil seines Reichs. Er erlaubte den jüdischen Exilanten, aus Babel heimzukehren und Jerusalem wiederaufzubauen. Also spielt dieser Teil des Buches im sechsten Jahrhundert v. Chr., zwei Jahrhunderte später als die Kapitel 1 bis 39. Sollte die Teile des Buches von unterschiedlichen Verfassern aus unterschiedlichen Zeiten stammen, so hat irgendwann jemand entschieden, sie zu einem Buch zusammenzufassen. Vielleicht haben die Verfasser der späteren Teile ihre Beiträge einfach an den ersten Teil angehängt. Auf jeden Fall passen die Teile gut zusammen. In diesem Buch mahnt Gott sein Volk zu gerechtem Handeln. Sollte es sich gegen ihn auflehnen, will Gott es nicht vor seinen mächtigen Nachbarn beschützen. Doch Gottes Vergebung übertrifft seinen Unmut, heißt es in diesem Buch, und am Ende wird er sein Volk zurück in sein Land bringen. Ein König aus Davids Familie wird eine Zeit des Friedens bringen. Ein „Gottesknecht“ wird kommen, der viel erleiden muss, sich jedoch im Triumph erheben wird. Und das Volk Israel wird ein „Licht“ für alle Welt werden – alle Länder der Erde werden Gott durch sein erwähltes Volk kennenlernen. Jesaja 11,1– 9 ist die Vision eines herrlichen Reichs, das der Nachfahre von König David errichten wird. „Dann wohnt der Wolf beim Lamm“, verkündet der Prophet, „der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.“ Damit wird auf poetische Weise ausgedrückt, dass der neue König (der „Messias“) Frieden und Versöhnung für die ganze Welt bringt. Diese Vision erinnert an den Garten Eden aus Genesis – eine Welt, so wie Gott sie eigentlich vorgesehen hat. Friede Dieses Gemälde von William Strutt (1825 –1915) stellt Jesajas Vision eines Reichs des Friedens dar. 52 53 25 Der widerwillige Prophet: Jona Also vergibt Gott den Menschen von Ninive und die Stadt wird verschont. Doch anstatt sich zu ie Pharisäer verlangten von Jesus ein Zeichen als Beweis, dass freuen, fühlt sich Jona von Gott er wirklich von Gott kommt. vorgeführt. Er hat die Zerstörung Jesus antwortete, sie bekämen kein der Stadt prophezeit – und nun Zeichen außer dem „Zeichen des steht sie immer noch. Er ist so Jona“. Darunter versteht Lukas, dass wütend und beschämt, dass er sich die Leute von Ninive zu Gott zurückden Tod wünscht. Er geht vor die fanden, als Jona ihnen predigte, und dass die Leute in Jesu Tagen das Stadt und setzt sich hin, um mit Gleiche tun sollten. Matthäus sieht Gott zu hadern. eine andere Bedeutung im „Zeichen Doch Gott erteilt Jona eine des Jona“: Jona verbrachte drei Tage zweite Lektion. Die Sonne ist heiß im Bauch des Fisches, bevor er sicher und Gott lässt einen Strauch an Land kam. Matthäus deutet wachsen, der Jona Schatten das als Hinweis auf Jesu eigenes spendet. Doch am nächsten Tag Begräbnis in der Grabhöhle und seine Auferstehung am dritten Tag. verkümmert der Strauch. Jona Matthäus 12,38 – 42; Lukas 11,29 – 32 schwitzt und ist wütend. Gott macht Jona darauf aufmerksam, wie traurig er wegen eines einfachen Strauches ist, der ohne sein Zutun wuchs und starb. Könne es Gott da nicht leidtun um all die Menschen in Ninive? Waren sie denn nicht wichtiger als ein Strauch? Diese Geschichte wurde wahrscheinlich zu der Zeit niedergeschrieben, als das Volk Israel im Exil lebte oder als ihr Land zu einem anderen großen Reich gehörte; viele Forscher vermuten, im vierten Jahrhundert v. Chr. Das Volk Israel gewöhnte sich daran, sich mit anderen Völkern und Religionen zu vermischen – genau wie die Seeleute, die zu ihren unterschiedlichen Göttern beten. Das Buch Jona sagt aus, dass Gott andere Völker genauso wichtig sind wie das Volk Israel. Jona als Zeichen D Schlage nach Jona flieht vor Gott: Jona 1 Jona geht nach Ninive: Jona 3 – 4 Was für eine Geschichte ist das? J ona wird in 2 Könige 14,25 als historische Figur erwähnt. Und die Städte Jafo, Tarschisch und Ninive gab es wirklich. Doch andere Elemente der Geschichte sind nicht realistisch. Beispielsweise der Fisch, der einen ganzen Mann verschluckt und ihn drei Tage später lebendig an Land spuckt, oder Tiere, die sich in Bußgewänder hüllen. Diese Geschichte sollte die Leute zum Lachen bringen. Juden sind für ihren Humor und ihre lustigen Geschichten, die trotzdem eine ernste Aussage enthalten, bekannt. Dieser jüdische Verfasser macht sich auf behutsame Weise über jene lustig, die sich wünschen, dass Gott ihre Feinde bestraft, und dabei niemals auf die Idee kommen, dass Gott vielleicht will, dass ihre Feinde zu Freunden werden! Jona, Sohn des Amittai, lebte unter König Jerobeam II. (786 bis 746 v. Chr.) in Israel. Doch seine Geschichte wurde wahrscheinlich erst viel später niedergeschrieben, zu einer Zeit, als die Großstadt Ninive nur noch eine blasse Erinnerung war. Das Buch Jona erzählt die Geschichte eines widerwilligen Propheten und einer Stadt, die unerwartet zum Glauben umkehrt, sowie eines Gottes, dessen Vergebung größer ist als seine Wut. Obwohl es eine ernste Aussage hat, steckt das Buch Jona voll lustiger Details. Gott befiehlt Jona, nach Ninive zu gehen, in die Hauptstadt des großen assyrischen Reichs. Er soll die schlechten Menschen dort zur Umkehr bewegen. Jona erschrickt so sehr über Gottes Befehl, dass er ein Schiff von Jafo nach Tarschisch besteigt – so weit wie möglich von Ninive entfernt. Doch Jona kommt nie in Tarschisch an. Gott schickt einen Sturm und das Schiff geht beinahe unter. Die Seeleute beten zu ihren Göttern und versuchen herauszufinden, welcher Gott den Sturm geschickt hat. Sie werfen das Los und es fällt auf Jona. Jona weiß, dass er Schuld an dem Sturm hat, und bittet die Seeleute, ihn über Bord zu werfen. Der Sturm legt sich, die Seeleute sind gerettet. Für Jona schickt Gott einen großen Fisch, der ihn verschluckt. Drei Tage später spuckt der Fisch Jona an Land. Gott trägt Jona ein zweites Mal auf, nach Ninive zu gehen und den Leuten zu predigen, Buße zu tun. Dieses Mal befolgt Jona Gottes Befehl. Er geht nach Ninive und verkündet: „Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!“ Zu seinem Erstaunen hören alle auf ihn. Der König ordnet eine Fastenzeit an. Die Menschen hüllen sich in Bußgewänder zum Zeichen der Reue und beten zu Gott. Selbst die Tiere fasten und tragen Bußgewänder! Ein Relief zeigt eine assyrische Löwenjagd in Ninive aus der Herrschaftszeit von Assurbanipal (669 – 627 v. Chr.). Heute steht es im British Museum. Ninive Ninive wurde unter Sanherib (ungefähr 700 v. Chr.) zur Hauptstadt des assyrischen Reichs. 612 v. Chr. wurde es von den Medern und Babyloniern zerstört. Ninive wurde spätestens 2200 v. Chr. gegründet, am Ufer des Tigris im heutigen Nord-Irak, in der Nähe von Mosul. Im Buch Jona heißt es, man brauche drei Tage, um die Stadt zu durchqueren, obwohl die heute noch erhaltenen Ruinen nur dreizehn Kilometer Durchmesser haben. Bevor Reisende ein Schiff besteigen konnten, mussten sie mit dem Schiffsbesitzer ein Fahrgeld aushandeln. Tarschisch Tig r is Ninive Tarschisch war so weit westlich, wie man es sich zu dieser Zeit nur vorstellen konnte. Gat-Hefer wird in 2 Könige 14,25 als Jonas Heimatort erwähnt. Gat-Hefer Jafo Jerusalem 55 Jordan Das Ischtar-Tor, ein Nachbau in Babil, dem heutigen Babel (Irak). Das Originaltor zeugte von der Pracht des babylonischen Reichs. Das Reich Juda wurde ein Teil davon. ARON N ebukadnezzar II. herrschte von 605 bis 562 v. Chr. über Babylon. Er war ein großer Krieger. Unter ihm gelangte das Reich zu seiner größten Macht und höchstem Reichtum. Babylon war eine große Stadt im heutigen Irak. Die alte Stadt wurde von Archäologen gründlich erforscht. Man entdeckte drei Paläste, die Nebukadnezzar gebaut hat, ebenso wie das prächtige Ischtar-Tor, das sowohl in einem Museum in Berlin als auch in Babil nachgebaut wurde. Aseka Lachisch HÜGE LLAND VON JU DA Nebukadnezzar SCH 2 Könige 25 den Assyrern erobert wurde und wie Hiskija, König des Südreichs Juda, gegen sie rebellierte. Zu dieser Zeit verehrten die Menschen Gott an Dorfaltären, sogenannten „Kulthöhen“. Die Verfasser des Buches der Könige loben Hiskija dafür, dass er diesem Brauch ein Ende setzt und darauf besteht, dass alle Menschen nach Jerusalem kommen, um Gott im Tempel zu verehren. Hiskijas Urenkel Joschija, ein weiterer judäischer König, beseitigte während seiner langen Herrschaft von ungefähr 639 bis 609 v. Chr. alle Kultstätten anderer Götter, die man seit der Zeit Salomos und davor angebetet hatte. In 2 Könige 22 wird von einem „Gesetzbuch“ erzählt, das man im Tempel entdeckt hat. Dieses Buch beschreibt genau, wie die Leute Gott verehren sollen. Das Buch wird König Joschija gebracht. Er richtet sich als Erster danach. Im vierten Jahrhundert n. Chr. vermutet der christliche Verfasser Hieronymus das Buch Deuteronomium in diesem Gesetzbuch. Und die meisten Eine Rekonstruktion der Bundeslade im Tempel von Jerusalem. Das Modell steht in Almog in Israel. Forscher stimmen mit ihm überein. Das Buch Deuteronomium erscheint heute als „Fünftes Buch Mose“ im Alten Testament. Es hat die Form einer langen Ansprache von Moses an das Volk Israel – bevor sie das Land Kanaan betreten, kurz vor Moses’ Tod. Viele Wissenschaftler glauben, dass es in seiner jetzigen Form in Joschijas Zeit oder ein wenig früher geschrieben wurde. Sie denken, dass die Schriftgelehrten von Jerusalem, die die Geschichte des Reichs niederschrieben, auch begannen, die Schriften der Propheten zu sammeln. Zu dieser Zeit wurden die heiligen Bücher von Israel und Juda zum ersten Mal zu dem zusammengetragen, was später das Alte Testament sein sollte. VON Die letzten Tage des Königreichs Juda: Im Kapitel 21 wurde beschrieben, wie das Nordreich Israel 722 v. Chr. von Die Eroberung Jerusalems Das Reich Juda hatte den Angriff von König Sanherib von Assur (Assyrien) überlebt. Dann wurden die Assyrer ihrerseits besiegt. 612 v. Chr. fällt die assyrische Hauptstadt Ninive an die Babylonier. Doch auch das ist keine günstige Entwicklung für das Volk Juda. Ein ägyptisches Heer kommt den Assyrern zu Hilfe und König Joschija marschiert ihm mutig entgegen. 609 treffen die beiden Heere in der Schlacht bei Megiddo aufeinander und Joschija stirbt. Sein Sohn Joahas wird König. Doch die Ägypter erobern das Land und bringen Joahas als Gefangenen nach Ägypten. Der König von Ägypten setzt Joahas’ Sohn Jojakim als neuen König in Juda ein und erwartet von ihm Treue und sehr hohe Abgaben an Ägypten. Die Ägypter und Babylonier kämpfen weiter um die Vorherrschaft in der Region. König Nebukadnezzar II. von Babel schlägt die Ägypter in Karkemisch und Jojakim nutzt die Gelegenheit, um Juda noch einmal zu befreien. Nach Jojakims Tod wird sein Sohn Jojachin Nachfolger. Doch 597 v. Chr. erobert Nebukadnezzars Heer Jerusalem. Jojachin wird gefangen genommen und nach Babel gebracht – zusammen mit jüdischen Herrschern, Gelehrten und Handwerkern. Unter ihnen war auch ein Priester namens Ezechiel. Die Babylonier machen Jojachims Onkel Zidkija zum Sidon König von Juda und erwarten von ihm Gehorsam. Als sich Zidkija auflehnt, kehrt das babylonische Heer zurück EBENE VON und erobert die wenigen HAZOR verbliebenen Städte Judas. See Galiläa Ge nne sa r e t Dann richtet es seinen Megiddo Zorn gegen Jerusalem. Um 586 wird die Stadtmauer eingerissen und der Tempel SAMARIEN zertrümmert. König Zidkija BERGLAND N IE wird nach Babel gebracht. VON S AMAR ISRAEL Das ist das Ende des Reichs Juda. NE Schlage nach Das Ende des Königreichs EBE 26 JUDA Route von Nebukadnezzars Heer Jerusalem To t e s Meer Diese Tonscherbe aus Lachisch stammt aus der Zeit der Belagerung. Die Belagerung von Lachisch Lachisch und Aseka (Jeremia 34,7) waren zwei der Städte, die das babylonische Heer eroberte. Als man Lachisch 1935 ausgrub, entdeckte man Ostraka (beschriebene Tonscherben). Es waren Briefe von Hoschajahu, einem Unteroffizier, an seinen Vorgesetzten, den Truppenführer Jaosch, der in Lachisch stationiert war und einen Außenposten verwaltete. Auf einer Scherbe wird die Botschaft eines Propheten erwähnt, die lautet: „Sei vorsichtig!“ Auf einer anderen heißt es, dass man auf Zeichen aus Lachisch achte, da man von Aseka nichts mehr höre und sehe. Es sind lebhafte Momentaufnahmen einzelner Menschen im Tumult eines Königreichs kurz vor dem Untergang. Landkarte zur Invasion durch Nebukadnezzar. 57 27 Schlage nach Jeremia spricht gegen den König: Jeremia 22,13 –17 Jeremia spricht gegen die falschen Propheten: Jeremia 23,9 – 32 Jeremias Tempelrede: Jeremia 7,1–15 Jeremias Gleichnis vom Töpfer: Jeremia 18,1–12 Jeremia wird gefangen genommen: Jeremia 37,11– 38,28 Die Klagelieder Das kurze Buch, das dem Buch Jeremia folgt, heißt „Klagelieder“. In diesen Klageliedern wird der Untergang Jerusalems nach der Eroberung durch die Babylonier betrauert. Die Klagelieder wurden ursprünglich Jeremia zugeschrieben. Aber sie sind anonym und wurden wahrscheinlich von Menschen verfasst und gesungen, die in Juda blieben, nachdem alle anderen ins Exil gegangen waren. Die Klagelieder beginnen mit den Worten: „Weh, wie einsam sitzt da die einst so volkreiche Stadt . . . Die Wege nach Zion trauern, niemand pilgert zum Fest, verödet sind all ihre Tore . . . Gewichen ist von der Tochter Zion all ihre Pracht.“ Der leidende Prophet: Jeremia Jeremia lebte in der dunklen Zeit, als Jerusalem 586 v. Chr. an die Babylonier fiel. Als junger Mann wurde Jeremia Prophet in seiner Heimatstadt Anatot im Reich Juda. Eifrig verfolgte er die politischen Entwicklungen seiner Zeit. Er wusste von der ägyptischen Niederlage gegen die Babylonier bei Karkemisch von 605 v. Chr. Als Prophet versuchte er, die Rolle Gottes bei diesen Ereignissen zu verstehen. Jeremia warnt Zidkija, den letzten König von Juda, davor, gegen Babel zu rebellieren. Die königlichen Berater hingegen befürworten eine Rebellion mit Unterstützung der Ägypter, weil sie sich sicher sind, dass Gott ihnen zum Sieg verhelfen wird. König Zidkija ist hin- und hergerissen zwischen seinen Beratern und Jeremia. Die königlichen Berater beschuldigen Jeremia schließlich, für die Babylonier zu arbeiten und die Soldaten zu entmutigen, die Jerusalem verteidigen. Sie stecken ihn in ein Verlies, in dem er wohl verhungert wäre. König Zidkija wagt nicht, Jeremia freizulassen, bringt ihn aber in ein besseres Gefängnis. Jeremias Feinde lassen nicht von ihm ab und bestehen auf seiner Hinrichtung. Sie stecken ihn in einen morastigen Brunnen im Palasthof. Doch wieder veranlasst der König seine Rettung. Die Männer des Königs ziehen Jeremia mit Seilen heraus, die Achseln werden mit alten Lumpen geschützt, und bringen ihn zurück ins Gefängnis. Dort bleibt Jeremia, bis Nebukadnezzar Jerusalem erobert und er freigelassen wird. Nachdem er Jerusalem erobert und König Zidkija nach Babel gebracht hat, setzt Nebukadnezzar den Juden Gedalia als Statthalter in Jerusalem ein. Doch Gedalia wird von einer Gruppe Judäer erschlagen, die immer noch gegen Babel rebelliert. Sie entkommen nach Ägypten und nehmen Jeremia und seinen Sekretär, einen Mann namens Baruch, mit sich. Warum wollte Jeremia keine Rebellion gegen Nebukadnezzar? Er glaubte, dass Juda bereits gegen Gott rebellierte und Gott es deswegen nicht vor den Babyloniern schützen würde. Der König von Juda lebte in einem vornehmen Palast und kümmerte sich wenig um die Unterdrückten und Armen. Die Propheten des Hofes unterstützten den König und erzählten den Menschen, Gott stünde auf ihrer Seite, egal, was der König und sein Gefolge täten. Das machte Jeremia wütend. Gott wäre nur mit ihnen, so Jeremia, wenn sie aufhörten, Arme zu unterdrücken, Unschuldige zu töten und falsche Götter anzubeten. Eines Tages sieht Jeremia einem Töpfer bei der Arbeit zu. Das Gefäß, das er formt, gelingt nicht, also beginnt er von neuem. Jeremia erkennt, dass Gottes Volk wie Ton in seinen Händen ist. Wenn es nicht so wird, wie er möchte, musst er von vorne beginnen und etwas Besseres aus ihm formen. Für Jeremia war der Sturz Jerusalems eine Gelegenheit für Gott, neu mit seinem Volk anzufangen und etwas Besseres daraus zu machen. „Dann rief der Kuschiter Ebed-Melech Jeremia zu: ,Leg die Stücke der abgelegten und zerrissenen Kleider in deine Achselhöhlen unter die Stricke!‘ Jeremia tat es. Nun zogen sie Jeremia an den Stricken hoch und brachten ihn aus der Zisterne herauf“ (Jeremia 38,12 –13). 58 Wie entstand das Buch Jeremia? In Jeremia 36 wird erzählt, wie Jeremia seinem Sekretär Baruch diktiert, was Gott ihm über das Reich Juda und die umliegenden Länder offenbart hat. Diese Buchrolle liest Baruch im Tempel vor und bekommt Ärger mit König Jojachin, der die Schriftrolle mit seinem Messer zerschneidet und verbrennt. Später schreibt Baruch die Worte auf eine neue Buchrolle. Dieses Kapitel zeichnet ein lebhaftes Bild davon, wie die Worte der Propheten niedergeschrieben und von ihren Jüngern gesammelt wurden. In seiner heutigen Form ist das Buch Jeremia eine Mischung aus Jeremias Worten, von denen viele in Gedichtform stehen, und erzählten Passagen, die von seiner Lebensgeschichte handeln. Wahrscheinlich fing Baruch mit diesen Teilen an. Es gibt aber auch Hinweise, dass sie von anderen später umgeschrieben wurden. „So ging ich zum Haus des Töpfers hinab. Er arbeitete gerade mit der Töpferscheibe“ (Jeremia 18,3). 59 28 Der Prophet mit Visionen: Ezechiel Schlage nach: Ezechiel wird zum Propheten berufen: Ezechiel 1– 3 Die Vision von der Ebene der Totengebeine: Ezechiel 37 Ezechiels Vision der Tempelquelle: Ezechiel 47 Das Buch Ezechiel und die Offenbarung des Johannes Ezechiels Vision von der Tempelquelle erinnert an den Garten Eden im Buch Genesis. Ähnliche Anklänge finden sich auch in der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch des Neuen Testaments. Doch zwischen den drei Bildern gibt es auch Unterschiede. In Genesis fließt ein Fluss aus dem Garten Eden, um der ganzen Welt Wasser zu bringen. In Ezechiels Vision fließt das Wasser unter dem Tempel hervor, denn für Ezechiel sind Mann und Frau im Tempel, nicht im Garten Eden bei Gott zu Hause. In der Offenbarung des Johannes gibt es keinen Tempel in der Stadt, „denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm.“ Gott ist nun ganz bei seinem Volk zu Hause und braucht keinen gesonderten Ort mehr, um es zu treffen. 60 Ezechiel war Priester und wurde im Zuge von Nebukadnezzars Einfall in Juda 597 v. Chr. nach Babylonien verschleppt. Er ließ sich an einem Ort namens Tel Abib am Fluss Kebar nieder, südöstlich von Babel. Im Exil hatte Ezechiel sonderbare Visionen. Er begann, seinen Landsleuten die Botschaft Gottes aus seinen Visionen zu erzählen. Gott nannte ihn „Wächter“ für sein Volk. In Ezechiel 1– 24 droht der Prophet der Stadt Jerusalem, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz an Babylonien gefallen war. In Ezechiel 25 – 32 droht er den Völkern, die sich über die Eroberung Jerusalems freuten. In den Kapiteln 33 – 48 verkündet er, wie Gott seinem Volk eines Tages seine Heimat zurückgeben wird. In Ezechiel 36 verspricht Gott, sein Volk aus allen Ländern zu vereinen, in die es verstreut wurde. „Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch in euer Land“, sagt er. „Ich gieße reines Wasser über euch aus . . . Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch.“ In einer Vision sieht Ezechiel eine Ebene voll toter Knochen. Gott befiehlt ihm, zu den Knochen zu sprechen, und sie Das himmlische Jerusalem, wie es in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird, mit edelsteinbesetzten Mauern, den vier Lebewesen und Jesus als Lamm Gottes. Aus einer Handschrift aus dem zwölften Jahrhundert, die heute in der Bodleian Bibliothek in Oxford (England) liegt. fangen an, sich neu zu verbinden. Sie überziehen sich mit Fleisch und Haut, beginnen zu atmen und richten sich auf, ein großes Heer. Das war eine Vision vom Volk Israel, das von den Babyloniern vernichtet worden war und nun wieder ein Volk bildete. In Ezechiel 47 wird ein prächtiges Bild vom Tempel in Jerusalem gezeichnet, aus dem ein riesiger Fluss entspringt, der frisches Wasser in die Wüste bringt und Bäume sprießen lässt. Die Bäume geben den Menschen Nahrung und ihre Blätter haben Heilkraft. Es ist die Vision davon, wie Gott sein Volk eines Tages zurück in die Heimat führt und es der ganzen Welt Frieden und Glückseligkeit bringt. Der gute Hirte I n Ezechiel 34 nennt der Prophet die Herrscher des Volkes „Hirten“. Er sagt, sie seien schlechte Hirten, die nicht auf ihre Schafe aufpassen. Eines Tages, verkündet Ezechiel, wird sich Gott selbst um sein Volk kümmern: „Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern . . . [Ich] hole sie zurück von all den Orten, wohin sie sich am dunklen, düsteren Tag zerstreut haben . . . Ich führe sie in den Bergen Israels auf die Weide, in den Tälern und an allen bewohnten Orten des Landes . . . Auf gute Weide will ich sie führen.“ Im Matthäus- und Lukasevangelium greift Jesus Ezechiels Vision auf und erzählt die Geschichte eines Hirten, der sich auf die Suche nach dem verlorenen Schaf macht. Und im Johannesevangelium nennt sich Jesus selbst den „guten Hirten“. Ezechiel in der Ebene der Totengebeine (Ezekiel in the Valley of the Dry Bones), aus einem Gemälde von John Roddam Spencer Stanhope (1829 –1908). 61 29 Schlage nach Jeremias Brief an die Verbannten: Jeremia 29 Der Kyrus-Erlass: Esra 1 Der neue Tempel wird geweiht: Esra 6 Nehemia bittet darum, nach Jerusalem zurückkehren zu dürfen: Nehemia 1– 2 Exil und Heimkehr Als die Babylonier in Juda einfielen und Jerusalem um 597 v. Chr. eroberten, wurde König Jojachin als Gefangener nach Babel gebracht, zusammen mit der jüdischen Führungsschicht, den Gelehrten und Handwerkern. Neun Jahre später wurde Jerusalem zerstört und weitere Judäer kamen nach Babel. Die Zeit danach wird Verbannung genannt. Tausende Juden, die man nach Babel gebracht hatte, dachten traurig an ihre Heimat und sehnten sich zurück. Psalm 137 ist ein Klagelied und handelt von der Stadt, die sie zurückgelassen haben (Jerusalem heißt hier Zion): An den Strömen von Babel, da saßen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten. Wir hängten unsere Harfen an die Weiden in jenem Land. Das Laubhüttenfest Das Laubhüttenfest (auf Hebräisch Sukkot) ist eines der drei großen Jahresfeste des Alten Testaments. Die anderen sind das Paschafest (Pessach – siehe Kapitel 11) und das Wochenfest (Schawuot). Das Laubhüttenfest wird im Frühherbst zum Abschluss der Kornernte und Traubenlese gefeiert. Das Buch Levitikus (23,39 – 43) schreibt vor, dass sich die Menschen Hütten aus Zweigen bauen sollen, in denen sie während der einwöchigen Feiern wohnen, um sich an ihre Wanderschaft durch die Wüste zu erinnern. Das Buch Nehemia erzählt, wie das Fest wieder gefeiert wird, nachdem Jerusalem neu aufgebaut war (siehe Nehemia 8,13 –18). Juden feiern Sukkot auch heute noch. 62 Dort verlangten von uns die Zwingherren Lieder, unsere Peiniger forderten Jubel: „Singt uns Lieder vom Zion!“ Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn, fern, auf fremder Erde? Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem, dann soll mir die rechte Hand verdorren. Die Zunge soll mir am Gaumen kleben, wenn ich an dich nicht mehr denke, wenn ich Jerusalem nicht zu meiner höchsten Freude erhebe. Jeremia schrieb einen Brief an die Juden in Babel. Er forderte sie auf, sich niederzulassen und nicht auf eine baldige Rückkehr zu hoffen. Er sagte ihnen, was Gott ihm aufgetragen hatte: „Bemüht euch um das Wohl der Stadt, in die ich euch weggeführt habe, . . . denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl.“ Jeremia kündigte an, dass Gott seinem Volk in 70 Jahren erlauben würde, nach Jerusalem zurückzukehren. Tatsächlich sollte es nicht so lange dauern. Nur 50 Jahre nach dem Fall Jerusalems ging Babel seinerseits zugrunde. 539 v. Chr. fiel es an Kyrus, den König von Persien. Und alle von Nebukadnezzar eroberten Gebiete gehörten fortan zum persischen Reich. Kyrus war ein weiser und toleranter Herrscher, dem am Wohl seiner Untertanen gelegen war. 538 erlaubte er den jüdischen Verschleppten in Babel, langsam nach Jerusalem zurückzukehren und sogar den Tempel wiederaufzubauen. Bei der Tempelweihe jubelten manche vor Freude, während andere weinten, weil sie sich an den alten Tempel erinnerten. Nach Verbannung und Heimkehr gab es viel zu tun. Die Juden mussten ihre Religion neu organisieren. Der „zweite“ Tempel wurde gebaut und geweiht, die heiligen Bücher wurden gesammelt und stellenweise neu geschrieben. Die beiden Bücher der Chronik erzählen Teile der Bücher Samuel und Könige nach, wobei dem Tempel eine besondere Bedeutung zukommt. Auch längere Abschnitte in Levitikus spiegeln diese Zeit, obwohl manches in diesem Buch auch in viel frühere Zeiten zurückreicht. Zur Zeit des zweiten Tempels kehrte Gottes auserwähltes Volk also in sein Gelobtes Land zurück und gewann wieder an Zuversicht, dass Gott ihm beistand. Darum war man sehr darauf bedacht, Gott aufs höchste zu verehren. Nehemia und Esra Zwei Bücher berichten von der Rückkehr aus dem Exil: Eines beschreibt den Wiederaufbau des Tempels durch einen Priester namens Esra. Das andere beschreibt den Wiederaufbau der Mauern von Jerusalem durch Nehemia. Dieser war Jude und Mundschenk von König Artaxerxes, einem Nachfolger von Kyrus in Babel. Es ist schwierig, die Bücher Esra und Nehemia in Einklang zu bringen und festzustellen, ob nun die Mauer oder der Tempel zuerst wiederaufgebaut wurde. Kyrus, der große König E ine Inschrift aus Babel beschreibt, wie Kyrus verbannte Völker in ihre Heimatländer zurückkehren ließ und ihnen die Tempel ihrer Götter zurückgab: „Ich bin Kyrus – der König des Weltreichs, der große und mächtige König, der König von Babylonien, der König von Sumer und Akkad, der König der vier Weltsektoren . . . Die jenseits des Tigris wohnenden Götter brachte ich zurück. Alle ihre Leute versammelte ich und brachte sie zurück zu ihren Wohnorten.“ Der Kyrus-Zylinder wurde 1879 in den Ruinen des Tempels des Gottes Marduk in Babel entdeckt. Der Text darauf erklärt, dass die verbannten Völker, darunter die Juden, in ihre Heimatländer zurückkehren dürfen. 63 30 Schlage nach Ester tritt mutig vor den König: Ester 5,1– 8 Geschichten aus der Gefangenschaft: Ester und Daniel Es gibt jede Menge Geschichten über jüdische Helden – männliche wie weibliche – aus der Zeit der Verbannung. Sie berichten von Weisheit und Mut der Juden und wie diese ihre fremden Herrscher oftmals überlisteten. Daniel findet Gunst am Hof: Daniel 1– 2 Der glühende Feuerofen: Daniel 3 Das Gastmahl Belschazzars: Daniel 5 Daniel in der Löwengrube: Daniel 6 Visionen vom Ende: Daniel 7–12 Die Verschleppung nach Babel: siehe Kapitel 29 Die makkabäische Revolte: siehe Kapitel 34 Das Purimfest M it dem Purimfest feiern Juden bis heute die Geschichte von Ester. Pur bedeutet „Los“ und erinnert daran, dass der Tag, an dem alle Juden getötet werden sollten, durch Loswurf entschieden werden sollte. Beim Purimfest wird die Geschichte von Ester erzählt. Immer, wenn dabei der Name Haman fällt, wird er mit Ratschen und Rasseln übertönt. Das Purimfest findet im März oder April statt. Das Purimfest im heutigen Israel. 64 Das Buch Ester Dieses Buch, das wahrscheinlich aus dem vierten Jahrhundert v. Chr. stammt, erzählt, wie König Artaxerxes von Persien (vermutlich König Xerxes) die schöne Ester zur Frau nimmt, ohne sich ihrer jüdischen Herkunft bewusst zu sein. Als ein Mann namens Haman den Plan ausheckt, alle Juden im Königreich zu töten, will Ester das unbedingt verhindern. Doch nicht einmal die Königin durfte sich ohne Einladung dem König nähern. Dennoch tritt Ester mutig vor den König – und er empfängt sie freundlich. Es gelingt ihr, ihr Volk zu retten und den Spieß umzudrehen, sodass Haman hingerichtet wird. Die Geschichte von Ester ist eine von vielen über starke und mutige jüdische Frauen. Andere sind beispielsweise die Geschichten von Debora im Buch der Richter und Judit im Buch Judit. Bogenschützen im Palast von Darius dem Großen (548 – 486 v. Chr.) in Susa im heutigen Iran. Susa ist der Schauplatz von Esters Geschichte. Das Buch Daniel Daniel in der Löwengrube ist eine der bekanntesten Geschichten der Bibel. Doch wer war Daniel und was machte er bei den Löwen? Das Buch Daniel spielt zur Zeit der Verbannung, ist aber nur schwer mit dem zu vereinbaren, was historisch aus dieser Zeit bekannt ist. Viele Forscher datieren das Buch in der heute vorliegenden Form auf die Zeit des Makkabäeraufstandes und vermuten in dem König aus Daniel 11 eine Anspielung auf Antiochus IV. Epiphanes. Das Buch erzählt von Daniel und seinen Freunden am Hof von Nebukadnezzar. Wie einst Josef am Hof des Pharaos ist auch Daniel ein mutiger junger Jude, der auf Gott vertraut, die königlichen Beamten überlistet und die Träume des Königs deutet. Daniels Freunde Schadrach, Meschach und Abed-Nego weigern sich, den König zu verehren, und werden deshalb in einen glühenden Feuerofen geworfen, aus dem sie jedoch unverletzt wieder herauskommen. Einem späteren König, Belschazzar, prophezeit Daniel die Niederlage und den Untergang des Königreichs, als merkwürdige Worte an den Palastwänden erscheinen. Manchmal ist von einem „Menetekel“ die Rede, von einem bedeutsamen Zeichen – dieser Begriff stammt daher. Dann übernimmt der Meder Darius die Königsherrschaft in Babel. Er verleiht Daniel eine hohe Machtposition (wieder wie bei Josef). Doch Daniels Feinde erfinden ein Gesetz, nach dem der König einen Monat lang von allen verehrt werden muss. Als Daniel sich weigert, wird er in eine Löwengrube geworfen. Er kommt aber lebendig wieder heraus. Die späteren Kapitel des Buches Daniel bestehen aus eigenartigen Visionen, die an das Buch Ezechiel erinnern. Man bezeichnet diese Texte als „apokalyptisch“ (nach dem griechischen Wort für „Offenbarung“). Vieles davon ist schwer zu deuten, aber einige Punkte sind klar. Die Grundaussage des Buches ist das Versprechen Gottes, sein Volk aus aller Not zu erretten, auch wenn es schwere Zeiten durchlebt. „Dann kommt eine Zeit der Not, wie noch keine da war, seit es Völker gibt.“ In Daniel 12 heißt es: „Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten.“ Das Buch Daniel steht in der Mitte des Alten Testaments, obwohl der Text als einer der letzten entstand. Er ist voller Hoffnung darauf, dass Gott seinem Volk irgendwann Frieden schenken wird und selbst die Toten auferstehen, um an Gottes neuem Reich teilzuhaben. Mene mene tekel u-parsin: „Gezählt, gezählt (Bedeutung der Doppelung: gründlich gezählt), gewogen, geteilt“ . . . die hebräischen Worte, die an der Palastwand erscheinen und die Zerstörung von Belschazzars Reich ankündigen. 65 31 Schlage nach: Schwerter zu Pflugscharen: Micha 4 Ich werde meinen Geist ausgießen: Joël 3 Der Herr ist mein Retter: Habakuk 3,17–18 Ein Tag des Zorns: Zefanja 1,14 –16 Baut den Tempel wieder auf! Weitere Propheten Noch weitere Bücher, die hier noch nicht erwähnt wurden, sind nach Propheten benannt. Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über diese Propheten. Sie lebten zu verschiedenen Zeiten vor und nach der Verbannung. Joël Das Buch Joël erzählt von einer Heuschreckenplage, die der Prophet als Gottes Strafe deutet. Joëls bewegenden Aufruf zur Rückbesinnung auf Gott verlesen Christen bis heute am Aschermittwoch. Außerdem beschreibt Joël den Tag, an dem Gott seinen Geist über die Menschen ausgießt. Mit dieser Passage (Joël 3) erklärt Petrus, was Gott an Pfingsten geschehen lässt. Haggai 1,3 – 8 Euer König kommt: Sacharja 9,9 Ich sende euch Elija: Maleachi 3,19 – 24 Micha Der Prophet Micha lebte zur Zeit von König Hiskija und wird im Buch Jeremia erwähnt, als er nach Jerusalem kommt. Die berühmteste Stelle im Buch Micha ist das vierte Kapitel. Hier wird ein Bild von Friedenszeiten gezeichnet: Menschen bauen Schwerter und Speere zu landwirtschaftlichen Geräten um, keiner erlernt mehr das Kriegshandwerk und alle leben in Frieden: „Jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand schreckt ihn auf.“ „Schwerter zu Pflugscharen“ – diese Statue des russischen Bildhauers Yevgeny Vuchetich (1959) stellt den Vers aus Micha dar. Sie steht am Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. 66 Obadja Das kürzeste Buch des Alten Testaments ist eine Kunde (oder Botschaft) von Gott, die sich gegen das Nachbarland Edom richtet. Den Edomiten wird nachgesagt, den Babyloniern bei der Eroberung Jerusalems geholfen zu haben. Nahum Das Buch Nahum richtet sich vor dem Fall von Ninive 612 v. Chr. gegen das Reich Assur. Habakuk Dieses kurze Buch betont, wie wichtig es ist, auch in harten Zeiten auf Gott zu vertrauen: „Zwar blüht der Feigenbaum nicht, an den Reben ist nichts zu ernten, der Ölbaum bringt keinen Ertrag, die Kornfelder tragen keine Frucht; im Pferch sind keine Schafe, im Stall steht kein Rind mehr. Dennoch will ich jubeln über den Herrn und mich freuen über Gott, meinen Retter.“ Zefanja Zefanja lebte zur Regierungszeit von Joschija. Der Prophet mahnt die Menschen von Juda und Jerusalem, sich auf Gott zurückzubesinnen. Er prophezeit einen schrecklichen „Tag“ des Herrn, einen Tag des Zorns gegen sein untreues Volk. Auf Lateinisch heißt Zefanja 1,15 („Ein Tag des Zorns ist jener Tag“) dies irae, dies illa. Mit diesen Worten beginnt der mittelalterliche Hymnus Dies Irae, in dem das Jüngste Gericht am Ende der Welt beschrieben wird. Haggai Der Prophet Haggai lebte zu der Zeit, als die Juden langsam aus der Verbannung heimkehrten, der Tempel jedoch noch nicht wiederaufgebaut war. Er tadelt die Leute, die sich schöne Wohnhäuser bauen, ohne an Gottes Haus zu denken. „Ihr sät viel und erntet wenig“, sagt er ihnen. „Ihr esst und werdet nicht satt . . . Überlegt also, wie es euch geht. Geht ins Gebirge, schafft Holz herbei und baut den Tempel wieder auf! Das würde mir gefallen und mich ehren, spricht der Herr.“ Maleachi Maleachi ist nicht der Name des Propheten, sondern das hebräische Wort für „Bote“. Gott kündigt an, dass er seinen „Boten“ schicken wird, um den Weg zu bereiten, auf dem Gott persönlich zu seinem Volk kommen wird. An diesem Tag wird Gott all jene bestrafen, die es verdienen. „Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung.“ Christen sehen in diesen Worten einen Hinweis auf die Auferstehung Jesu. Außerdem sagt „Maleachi“, dass Gott Elija senden wird, um sein Volk auf sein Kommen vorzubereiten. „Deshalb hält der Himmel über euch den Tau zurück und die Erde hält ihren Ertrag zurück“ (Haggai 1,10). Im Hintergrund der unvollendete Tempel. Sacharja W ie Haggai lebte auch Sacharja zur Zeit der Heimkehr aus der Verbannung. Seine Prophezeiungen haben wie die von Ezechiel die Form von seltsamen Visionen und werden – genau wie Ezechiels Visionen – in der Offenbarung des Johannes wieder aufgenommen. Seine berühmteste Vorhersage betrifft den König, der eines Tages kommt. „Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel.“ Diese Ankündigung erfüllt Jesus, als er in Jerusalem einreitet (siehe Kapitel 55). 67 32 Die Zusammenstellung der Bücher des Alten Testaments Schlage nach Die Liste der apokryphen (oder „deuterokanonischen“) Bücher variiert je nach Bibelfassung. Die Pseudepigrafen Wie die „apokryphen“ oder „deuterokanonischen“ Bücher haben auch andere jüdische Schriften aus den letzten zwei Jahrhunderten v. Chr. und den ersten drei Jahrhundert n. Chr. überlebt. Diese Bücher werden auch „Pseudepigrafen“ (Bücher unter falschen Namen) genannt, denn viele von ihnen erscheinen unter dem Namen bekannter Persönlichkeiten aus dem Alten Testament. Zum Beispiel heißt es im „Zwölfprophetenbuch“ (um 150 v. Chr., vielleicht zur gleichen Zeit wie das Buch Daniel), dies seien die letzten Worte der zwölf Söhne von Jakob. Obwohl sie nicht zum Kanon gehören, vermitteln diese Bücher einen lebendigen Eindruck religiöser Vorstellungen der Juden dieser Zeit. Im dritten Jahrhundert v. Chr. lebten die Juden nicht nur in Juda und Israel, sondern auch in vielen anderen Ländern. Viele Völker verständigten sich mittlerweile auf Griechisch. Damals übersetzten jüdische Gelehrte in Alexandria in Ägypten die hebräische Bibel ins (Alt-)Griechische. Einer Legende nach geschah dies auf Befehl des ägyptischen Königs, der die Bücher Mose für seine Bibliothek wollte. Die gleiche Legende besagt, dass 70 (oder 72) Gelehrte mit der Übersetzung beschäftigt waren, warum sie manchmal die „Septuaginta“ (vom lateinischen Zahlwort für „70“) genannt wird. Viele Ausgaben des Alten Testaments enthalten 39 Bücher. Doch in der Septuaginta sind es mehr. Für die Juden Alexandrias waren die „Fünf Bücher Mose“ der heiligste Teil der Sammlung. Dann folgten die „Propheten“ und schließlich die „Schriften“. Doch man weiß nicht, welche Bücher zu den „Schriften“ gezählt wurden und welche nicht. Nach dem Niedergang von Jerusalem und der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. spielte sich das religiöse Leben der Juden Palästinas (Palästina war die griechische Bezeichnung für Israel und Juda) in örtlichen Gotteshäusern, den Synagogen, ab. Als man in den Tempeln keine Opfer mehr darbrachte, gewann das Vorlesen der Schrift noch mehr an Bedeutung und man wollte genau wissen, welche Bücher zu den heiligen Schriften zählten. Schließlich einigte man sich auf die 39 Bücher, die sich in den meisten Ausgaben des Alten Testaments finden (obwohl manche zusammengezählt wurden, sodass sie 24 ergaben). Die Liste der Bücher, aus denen das Alte Testament besteht, heißt „Kanon“ (griechisch für „Regel“ oder „Maßstab“). Lange vor 70 n. Chr. waren auch die anderen Bücher der Septuaginta den Christen wohl bekannt, besonders Menschen wie Paulus, die Griechisch lesen konnten. Zwar wird im Neuen Testament keines dieser Bücher direkt zitiert, doch die paulinischen Briefe erinnern stellenweise stark an das „Buch der Weisheit“. Im zweiten, dritten und vierten Jahrhundert n. Chr. waren Christen diese Bücher genauso vertraut wie die Bücher des Alten Testaments. Übersetzung durch Hieronymus Hieronymus, ein Bibelgelehrter im vierten Jahrhundert n. Chr., übersetzte die Bibel ins Lateinische (meist „Vulgata“ genannt). Seiner Meinung nach sollten Christen nur jene Bücher ins Alte Testament aufnehmen, auf die sich die Juden von Palästina nach 70 n. Chr. geeinigt hatten. 68 Die anderen Bücher nannte er die „Apokryphen“ (griechisch für „versteckt“). Augustinus, ein anderer wichtiger Bibelgelehrter und Zeitgenosse des Hieronymus, war gegenteiliger Ansicht und nahm all diese Bücher in die Bibel auf. Augustinus setzte sich durch und bis zur Reformation im sechzehnten Jahrhundert nahmen Christen wenig Notiz von der Unterscheidung, die Hieronymus gemacht hatte. Nach der Reformation vertraten die verschiedenen Kirchen unterschiedliche Meinungen. Manche Bibelfassungen enthalten heute nur die 39 Bücher des Alten und die 27 des Neuen Testaments. Andere nehmen ein paar der „apokryphen“ (oder „deuterokanonischen“) Bücher unter den Büchern des Alten Testaments auf oder fügen sie in einem eigenen Abschnitt zwischen Altem und Neuem Testament ein. In diesem Punkt konnten sich die christlichen Kirchen nie ganz einigen. Bei den wichtigsten Büchern herrscht Einigkeit, doch manche Bücher sind nach wie vor strittig. Ulrich Zwingli (1484 –1531) war eine führende Persönlichkeit der Reformation im sechzehnten Jahrhundert. Das Logo des Ökumenischen Rats der Kirchen. Verschiedene Kirchen Seit Jesu Lebzeiten haben sich verschiedene Kirchen (Christengemeinden) ausgebildet. Manchmal kam es zur Trennung, weil Christen in verschiedenen Ländern lebten, verschiedene Sprachen benutzten, verschiedene Bräuche kannten und einander nicht mehr verstanden. Manchmal entstanden hitzige Debatten über den christlichen Glauben. Zwischen 500 und 1000 n. Chr. entfremdeten sich die Griechisch sprechende Ostkirche und die Latein sprechende westliche Kirche nach und nach. Im sechzehnten Jahrhundert spaltete die Reformation die Kirche im westlichen Europa. Das waren Trennungen, die sich später auch in anderen Teilen der Welt vollzogen. Heute gibt es jedoch eine große Bewegung („ökumenische Bewegung“ genannt), die christliche Kirchen wieder vereinen und versöhnen will. Viele Bestrebungen gehen dabei vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) aus. Der ÖRK fördert den Dialog zwischen den Kirchen und unterstützt gemeinsame Projekte, um gegen Hunger, Armut und Rassismus zu kämpfen. Die meisten Christen glauben, dass die Gemeinsamkeiten der Christen wichtiger sind als die Unterschiede. 33 Schlage nach Lob der ehrwürdigen Männer: Jesus Sirach 44,1–7 Die Seelen der Gerechten: Weisheit 3,1– 3 Die „versteckten“ Bücher Auch wenn unter christlichen Kirchen keine endgültige Einigkeit darüber herrscht, welche Bücher „kanonisch“ oder „apokryph“ oder „deuterokanonisch“ sind, so sind doch alle Bücher Teil des christlichen Erbes. Manche evangelische Bibelausgaben verzichten auf folgende Bücher. In anderen sind sie zwischen Altem und Neuem Testament eingefügt. In katholischen Bibelausgaben finden sich die meisten folgender Bücher inmitten der „kanonischen“. Lob der Väter Israels Die ehrwürdigen Männer will ich preisen, unsere Väter, wie sie aufeinanderfolgten. Viel Ehre hat der Höchste ausgeteilt, viel von seiner Größe, seit den Tagen der Vorzeit: Männer, die über die Erde als Könige herrschten und die berühmt waren durch ihre Macht; die Rat erteilten durch ihre Einsicht, die prophetisch alle Dinge erschauten; Fürsten des Volkes wegen ihrer Klugheit, angesehen wegen ihres Scharfsinns; redekundig durch ihre Kenntnis der Schriften, Lehrer von Sinnsprüchen durch ihre Lebenserfahrung; Dichter von Liedern in Versmaß, Verfasser von geschriebenen Sinnsprüchen; tüchtige Männer, auf Macht gestützt, unbehelligt in ihrem Wohnsitz: Sie alle waren geehrt zu ihrer Zeit und ihr Ruhm blühte in ihren Tagen. Jesus Sirach 44,1–7 Das Buch Tobit Diese Geschichte wurde wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert v. Chr. ursprünglich auf Aramäisch geschrieben. Sie erzählt von einem Mann namens Tobit, der nach Ninive verschleppt wird, nachdem die Assyrer Israel erobert haben. Tobit erblindet dort. Er erinnert sich an Geld, das er einst im Nachbarland Medien versteckt hat, und schickt seinen Sohn Tobias aus, danach zu suchen. Begleitet wird Tobias von seinem Hund und dem Engel Rafael. Tobias heiratet ein Mädchen namens Sara. Sara wird von einem Dämon belästigt. Tobias vertreibt den Dämon, findet das Geld und kehrt zu Tobit zurück. Dieser wird durch Rafael geheilt. Diese Geschichte war sehr beliebt bei Künstlern des Mittelalters und der Renaissance. Das Buch Judit Judit ist eine mutige jüdische Heldin im Stil von Debora und Jaël. Das Buch stimmt nicht mit historischen Ereignissen überein und war wahrscheinlich nur als spannende Geschichte gedacht. Es wurde vermutlich im ersten Jahrhundert v. Chr. geschrieben und erzählt, wie Judit einen assyrischen Oberbefehlshaber namens Holofernes gefangen nimmt und köpft. Er war nicht nur in ihr Land eingefallen, sondern hatte versucht, sie zu verführen. Auch diese Geschichte liebten die Künstler. Zusätze zum Buch Ester Das sind Erweiterungen des Buches Ester, die sich in der griechischen Bibel (Septuaginta) finden, nicht aber im hebräischen Original. Sie geben dem Buch einen religiösen Charakter, denn im Hauptteil des Buches Ester wird Gott nicht erwähnt! Tobias und der Engel: Ein Gemälde von Andrea del Verrocchio (1435 –1486), heute in der National Gallery in London. Tobias ist nach der Mode der Zeit des Künstlers gekleidet. 70 Paulus hat das Buch möglicherweise gekannt. Und manche frühen Christen ordneten es eher dem Neuen als dem Alten Testament zu. Es entstand wahrscheinlich zu Beginn des ersten Jahrhunderts n. Chr. und wurde sicher nicht von Salomo geschrieben, auch wenn es manchmal „Weisheit Salomos“ heißt. Das Buch Jesus Sirach Dieses Buch wird auch „Ecclesiasticus“ oder kurz „Sirach“ genannt und darf nicht mit Ecclesiastes verwechselt werden, dem Buch Kohelet im Alten Testament. „Jesus, Sohn von Sirach“ ist der Name des Autors, obwohl sein Name oft in der hebräischen Form Ben Sira erscheint. Wie er zu Beginn erklärt, schreibt Ben Sira das Buch im zweiten Jahrhundert v. Chr. auf Hebräisch und sein Enkel übersetzt es ins Griechische. Das Buch steht in der Tradition jüdischer „Weisheit“ und enthält viele Sprichwörter. Die Geschichte, die erzählt, wie Judit Holofernes enthauptet (Judit 13), gehört zu den sogenannten „versteckten“ Büchern der Bibel. Baruch und der Brief des Jeremia Im Buch Baruch heißt es, es stamme vom Sekretär des Jeremias. Doch wahrscheinlich wurde es im zweiten Jahrhundert v. Chr. geschrieben. Der Brief von Jeremia ist, wie Baruch, ein Zusatz zu Jeremias Geschichte und erscheint in manchen Bibelausgaben als Kapitel 6 des Buches Baruch. Zusätze zum Buch Daniel Das Gebet Asarjas, der Lobgesang der drei jungen Männer, die Geschichte von Susanna, von Bel und der Drache sind allesamt Anhänge zur griechischen Fassung des Buches Daniel. Das erste und zweite Buch der Makkabäer Diese beiden wichtigen Bücher werden in Kapitel 34 behandelt. Andere Zählungen und apokryphe Texte Manche Bibelforscher nehmen an, dass es sich bei den Büchern 1 und 2 Chronik sowie bei den Büchern Esra und Nehemia um ein ursprünglich in sich geschlossenes Werk gehandelt hat. Manchmal werden die Bücher deshalb als 1 bis 4 Chronik gezählt. Andere apokryphe Texte sind das Gebet des Manasse und Psalm 151, die manche Kirchen anerkennen. Sie sind jedoch weitgehend unbekannt und werden selten gelesen. Das Buch der Weisheit Der jüdische Verfasser dieses langen Buches war mit der griechischen Philosophie vertraut. Er beschreibt seinen Glauben verständlich für andere Kenner des griechischen Gedankenguts. Manche der Vorstellungen erinnern an das Johannesevangelium, die Paulusbriefe und den Brief an die Hebräer. 71 34 Der Makkabäeraufstand Einer der mächtigsten Herrscher der antiken Welt war Alexander der Große, Schlage nach König von Makedonien in Griechenland. 334 v. Chr. machte er sich an die Eroberung des großen persischen Reichs, dem damals alle Länder der Bibel angehörten. Alexander nahm den Persern Ägypten und gründete dort die Stadt Alexandria. Sein Heer marschierte bis nach Indien. Obwohl dieses riesige Reich noch vor Alexanders Tod wieder zerfiel, verbreiteten sich die griechische Sprache und Kultur sehr schnell. Gebildete Menschen fanden Gefallen an griechischen Bräuchen und ihrem Ideengut. Die Region Syrien und Palästina wurde von den Seleuziden regiert, der Familie eines Generals von Alexander. Einer von ihnen, König Antiochus IV. Epiphanes, wollte, dass die Juden ihre Religion zugunsten griechischer Götterverehrung aufgeben. Er ordnete in allen jüdischen Städten Opfergaben an griechische Gottheiten an und baute einen Zeus-Tempel in Jerusalem. Antiochus will die Juden zur Verehrung fremder Götter zwingen: 1 Makkabäer 1 Mattatias und seine Söhne beginnen den Aufstand: 1 Makkabäer 2 Judas erobert den Tempel: 1 Makkabäer 4 Der Tod der sieben Brüder: 2 Makkabäer 7 Der Tod Eleasars: 2 Makkabäer 6 Schwarzes Meer sc Kaspi Mi tte lme er Me hes Gordion er Ekbatana (Hagmetana, Achmeta) Z A Tyrus Babel Damghan GR O SG Susa EB IR G E I nd Alexandria Samarkand us Pella Persepolis Alexanders Route Nil ptolemäisches Herrschaftsgebiet, ca. 270 v. Chr. seleuzidisches Herrschaftsgebiet, ca. 270 v. Chr. Alexander der Große und seine Nachfolger W enn die Forscher recht haben und Daniel 11 eine Anspielung auf den Zerfall des Alexanderreichs ist (siehe Kapitel 30), dann ist besagter vierter König König Xerxes I. Dieser war von 486 bis 465 v. Chr. an der Macht und versuchte, Griechenland zu erobern und schlug die Spartaner 480 v. Chr. in der Schlacht bei den Thermopylen. Ein Kriegskönig (Alexander) tritt auf: „Dann wird ein kraftvoller König kommen; er herrscht mit großer Macht und tut, was er will“ (er führte sein Heer bis nach Indien). Doch sein Reich zerfällt und wird aufgeteilt, aber nicht unter seinen Erben. Alexander starb im Alter von 33 Jahren, und die Gebiete, 72 die ererobert hatte, wurden unter den Generälen aufgeteilt. Der „König des Südens“ aus Daniel 11 ist Ptolemäus, dessen Dynastie über Ägypten herrschte, bis die Römer es eroberten. Der „König des Nordens“ bezieht sich auf die SeleuzidenFamilie, die Persien, Syrien und Palästina beherrschte. Und schließlich ist da noch ein König, ein „verächtlicher Mensch. Ihm überträgt man die Würde des Königtums nicht; er kommt aber unversehens und reißt die Herrschaft durch List an sich . . . Er wird übermütig und prahlt gegenüber allen Göttern . . . Dann geht er seinem Ende zu und niemand ist da, der ihm hilft“. Das ist eine verdeckte Anspielung auf König Antiochus IV. Epiphanes. Das Chanukkafest J Judas, der Makkabäer, erobert den Tempel in Jerusalem zurück. Das erste Buch der Makkabäer erzählt die Geschichte vom Aufstand der gläubigen Juden gegen Antiochus 167 v. Chr. Er wird von dem alten Priester Mattatias und seinen Söhnen angeführt. Nach dem Tod des Mattatias übernimmt sein Sohn Judas, der „Makkabäer“ (der Name bedeutet „der Hammer“) die Führung. Judas ist ein kluger Feldherr. Unter seinem Kommando besiegt das jüdische Heer die Streitmächte von Antiochus und erobert Jerusalem. Der Zeus-Altar wird zerstört und der Tempel wieder dem jüdischen Gott geweiht. Im Jahr 161 stirbt Judas in der Schlacht, doch seine Brüder führen den Kampf fort. Der letzte Bruder, Simeon, wird Hoherpriester und Fürst der Juden. Die Familie des Mattatias ist besser bekannt als „Makkabäer“ und „Hasmonäer“. Die Erbfolge, die mit Simeon beginnt, heißt die „Hasmonäische Dynastie“. Der Verfasser von 1 Makkabäer möchte zeigen, dass die Helden des Makkabäeraufstandes in der Tradition von Josua, Gideon und David stehen, den gläubigen Kriegern des Alten Testaments. Wie die beschriebenen Makkabäer hält der Verfasser leidenschaftlich an jüdischem Glauben, Gesetz und Brauchtum fest. Andere Schriften, wie das Buch der Weisheit oder das Buch Jesus Sirach, betonen die Ähnlichkeit von griechischem und jüdischem Denken. Doch 1 Makkabäer betont die Unterschiede und hatte großen Einfluss auf die Stimmung im jüdischen Volk in der Zeit, als Jesus geboren wurde und aufwuchs. Das zweite Buch der Makkabäer ist keine Fortsetzung des ersten, sondern eine Sammlung anderer Schriften über den Makkabäer-Aufstand. Sie enthalten Geschichten von Juden, die sich lieber foltern und ermorden lassen, als ihren Glauben aufzugeben. uden feiern die Wiedereinweihung des Tempels von Jerusalem 164 v. Chr. beim jährlichen Chanukkafest. Es heißt auch „Lichterfest“, weil Kerzen angezündet werden, um daran zu erinnern, wie die Lampen im Tempel wieder angezündet wurden. In Johannes 10 besucht Jesus den Tempel an Chanukka (im Johannesevangelium „Tempelweihfest“ genannt). Chanukka, wie es heute von jüdischen Familien gefeiert wird. 73 35 Was ist das Neue Testament? Schlage nach Das Neue Testament ist wesentlich kürzer als das Alte. Während das Alte Davids Bund mit Jonatan: Testament die Geschichte des Volkes Israel über Jahrhunderte hinweg erzählt und dokumentiert, geht es im Neuen Testament um die Geschichte eines Mannes und einige seiner ersten Anhänger. Für Christen ist das der wichtigste Teil der Bibel. Aber ohne Kenntnisse des Alten Testaments bleibt er unverständlich. Das sind die Bücher des Neuen Testaments: 1 Samuel 18 Jeremias spricht von einem Bund: Jeremia 31,31 Der Bund bei Jesu letztem Abendmahl: Lukas 22,20; 1 Korinther 11,25 Was ist ein Testament? Das Wort „Testament“ erscheint häufig in älteren Übersetzungen der Bibel. In moderneren Fassungen wird das Wort üblicherweise mit „Bund“ übersetzt. Ein Testament oder Bund ist eine Abmachung oder bindende Übereinkunft. Menschen können miteinander einen Bund eingehen, wie den Bund der Freundschaft, den David mit Jonatan schließt (1 Samuel 18). Doch der wichtigste Bund im Alten Testament ist der „Bund“ zwischen dem Volk Israel und seinem Gott. Gott verspricht, sein Volk zu leiten und zu beschützen, und das Volk verspricht im Gegenzug, Gottes Gesetz zu befolgen. Der Prophet Jeremia prophezeite einen „neuen Bund“, den Gott mit seinem Volk schließen würde. Als Jesus seinen Jüngern beim letzten Abendmahl Brot und Wein als seinen Leib und sein Blut reicht, spricht er vom „Neuen Bund“. Deshalb nennen Christen die Zeit vor Jesus den „Alten Bund“ oder das „Alte Testament“ und die Zeit von Jesus an den „Neuen Bund“ oder das „Neue Testament“. 74 Die Evangelien und die Apostelgeschichte Das Evangelium nach Matthäus Das Evangelium nach Markus Das Evangelium nach Lukas Das Evangelium nach Johannes Die Apostelgeschichte Matthäus, Markus, Lukas und Johannes werden traditionell als Verfasser der vier Evangelien verstanden. Die Gründe dafür werden in den Kapiteln 45 – 47 erklärt. Die Namen der Evangelien werden oft abgekürzt, z. B. mit „Matthäusevangelium“ oder einfach „Matthäus“ oder „Mt“. Die vier Evangelien handeln vom Leben, Sterben und der Auferstehung Jesu Christi. Zwischen den Evangelien gibt es Überschneidungen, doch jeder Verfasser erzählt die Geschichte auf seine Weise. Die Apostelgeschichte (eine Fortsetzung des Lukasevangeliums) berichtet davon, wie die ersten Anhänger Jesu, insbesondere Petrus und Paulus, die Botschaft von Jesus im Römischen Reich verbreiteten. Die Briefe: Die Paulinischen Briefe Der Brief an die Römer Der erste Brief an die Korinther Der zweite Brief an die Korinther Der Brief an die Galater Der Brief an die Epheser Der Brief an die Philipper Der Brief an die Kolosser Der erste Brief an die Thessalonicher Der zweite Brief an die Thessalonicher Der erste Brief an Timotheus Der zweite Brief an Timotheus Der Brief an Titus Der Brief an Philemon Der Brief an die Hebräer Andere Briefe Der Brief des Jakobus Der erste Brief des Petrus Der zweite Brief des Petrus Der erste Brief des Johannes Der zweite Brief des Johannes Der dritte Brief des Johannes Der Brief des Judas Die Briefe wurden an christliche Gemeinden geschrieben, um sie im christlichen Leben zu unterrichten und sie zu ermutigen. Die meisten von ihnen stammen von Paulus und richten sich an die von ihm gegründeten oder besuchten christlichen Gemeinden (oder „Kirchen“). Die Offenbarung des Johannes Die Offenbarung (oder die „Apokalypse“) wurde geschrieben, um Christen insbesondere in Zeiten der Verfolgung Mut zu machen. In dieser Reihenfolge erscheinen die Bücher in der Bibel. Man liest also erst über Jesus und danach über das Leben der ersten Christen und ihre Gemeinden. Die Reihenfolge erscheint logisch, aber man kann das Neue Testament auch anders lesen, denn wie im Alten Testament sind die ersten Bücher nicht die ältesten. Paulus hatte vermutlich bereits alle seine Briefe geschrieben, bevor mit der Niederschrift der Evangelien begonnen wurde. Die folgenden Kapitel behandeln erst die Geschichte von Jesus und seine Zeit. Die Kapitel danach befassen sich mit den ersten Jüngern Jesu, insbesondere mit Paulus. Er ist der erste Christ, der ein schriftliches Zeugnis hinterließ. Dann werden die Bücher des Neuen Testaments einzeln betrachtet gemeinsam mit ein paar anderen frühchristlichen Schriften, die nicht im Neuen Testament erscheinen. Die letzten Kapitel fügen zusammen, was im Neuen Testament über Jesus steht – seine Geburt, seine Lehre, seine Kreuzigung und seine Auferstehung von den Toten. Griechisch, die Sprache des Neuen Testaments Nach der Eroberung durch Alexander den Großen verbreitete sich die griechische Sprache und Kultur in allen Ländern der Bibel. Einige apokryphe und alle neutestamentlichen Bücher wurden in einer einfachen Umgangsversion des Griechischen, dem „KoineGriechisch“, verfasst. Die Koine wurde von Völkern im östlichen Mittelmeerraum benutzt, die noch ihre eigenen Sprachen hatten. Jesus ist mit mindestens vier Sprachen aufgewachsen: Hebräisch, der Sprache der Bibel; Aramäisch, der Sprache, die er wahrscheinlich zu Hause sprach; Latein, der Sprache der römischen Regierung, Armee und ihrer Beamten; Griechisch, der Bildungssprache sowie gebräuchlichsten Verkehrsund Handelssprache zwischen den Ländern. In manchen Versionen des Lukasevangeliums heißt es, dass die Anschuldigung gegen Jesus (dass er sich als König der Juden ausgab) in Lateinisch, Griechisch und Hebräisch (oder Aramäisch) an seinem Kreuz angebracht wurde. Schreibmaterial in neutestamentlichen Zeiten. 75 36 Die Welt der Römer Die Bücher des Alten Testaments wurden zu verschiedenen Zeiten und an Schlage nach verschiedenen Orten geschrieben. Die Bücher des Neuen Testaments hingegen entstanden alle innerhalb weniger Jahrzehnte. Mit Ausnahme des Autors des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte, der Heidenchrist gewesen sein könnte, waren sämtliche Verfasser des Neuen Testaments jüdische Christen aus dem Römischen Reich. Der Machtbereich Roms hatte sich in den fünf Jahrhunderten vor Christus beständig ausgeweitet. Zu Jesu Lebzeiten beherrschten die Römer alle Länder um das Mittelmeer, von Frankreich und Spanien im Westen bis Ägypten und Syrien im Osten. 43 n. Chr. fielen die Römer in Britannien ein und machten es zur Provinz. Im zweiten Jahrhundert n. Chr. weiteten sie ihren Machtbereich ins östliche Europa aus, wie auch nach Armenien und Mesopotamien. Der Hauptmann von Kafarnaum: Lukas 7,1–10 Die Verhandlung vor Pontius Pilatus: Markus 15,1– 20 Paulus wird als Gefangener nach Rom gebracht: Apostelgeschichte 27– 28 Paulus schreibt aus einer Gefängniszelle: Philipper 1,3 –14 B R I TA N N I E N Das Römische Reich, 1. Jahrhundert n. Chr. Danube GALLIEN ILL ITALIEN Rom YR IC Schwarzes Meer UM MA Z EDO NI EN ASIEN Eufrat HISPANIEN S YRIEN AC H A I A 76 Das erste Mal werden die Römer in der Bibel in 1 Makkabäer 8 erwähnt, als Judas der Makkabäer „von ihren Feldzügen und von ihren kühnen Unternehmungen gegen die Galater“ hört. Judas erkennt in den Römern einen geeigneten Bündnispartner gegen Antiochus IV. Epiphanes und schickt Botschafter nach Rom, um ein Abkommen zu schließen. Zu dieser Zeit weiten die Römer ihr Reich in den östlichen Mittelmeerraum aus. 63 v. Chr. erobert der römische Feldherr Pompeius Syrien und macht Palästina zu einem Teil dieser Provinz. Im Jahr 47 v. Chr. wird Herodes Gouverneur von Galiläa und 40 v. Chr. König von Judäa. Römische Soldaten blicken von ihrer Garnison, der Burg Antonia, auf den Tempel in Jerusalem. CYRENAICA Ä GY P T E N Das Römische Reich im ersten Jahrhundert n. Chr. Die Römer kommen nach Palästina Jerusalem Mittelmeer MAURE TA NIE N schuldig befunden wird, wird er zum römischen Statthalter Pontius Pilatus gebracht, denn nur die Römer können das Todesurteil verhängen. Jesus wird von römischen Soldaten gekreuzigt. Die Römer werden aber nicht immer als Feinde von Jesus dargestellt. Im Lukasevangelium tritt ein freundlicher, großzügiger Hauptmann auf, der in Kafarnaum eine Synagoge gebaut hat (eine Stätte für den jüdischen Gottesdienst). Als sein Lieblingsdiener erkrankt, kommen die jüdischen Ältesten der Stadt zu Jesus und bitten ihn, dem Hauptmann zu helfen. Das zeigt, dass einzelne Römer gut mit der einheimischen jüdischen Bevölkerung auskamen, obwohl die Römer Besatzungsmacht in Palästina waren. Die Briefe und die Apostelgeschichte erzählen, wie Jesu Jünger nach seinem Tod durch das Römische Reich ziehen und seine Botschaft verbreiten. Paulus wird von Emperor Augustus römischen Soldaten gefangen genommen und mit einem Wachtrupp nach Rom gebracht, wo er vom Kaiser selbst gerichtet wird (als römischem Bürger stand Paulus dieses Recht zu). Die römischen Statthalter Felix und Festus, die in der Apostelgeschichte genannt sind, werden auch von dem jüdischen Historiker Josephus erwähnt. Die Offenbarung des Johannes wurde geschrieben, um christliche Gemeinden in einer Zeit zu ermutigen, in der sie von der römischen Regierung verfolgt wurden, zum Beispiel unter der Herrschaft von Nero (54 – 68 n. Chr.) und Domitian (81– 96 n. Chr.). Der römische Schriftsteller Plinius der Jüngere (61–112 n. Chr.), Senator von Bithynien, beschreibt in Briefen an seinen Freund Kaiser Trajan seine Schwierigkeiten mit Christen, die sich weigern, ihren Glauben aufzugeben. Ni l Die Römer tauchen immer wieder auf in den Geschichten, die von Jesus handeln. So wird zum Beispiel im Lukasevangelium von der Reise von Maria und Josef nach Betlehem erzählt, wo Jesus zur Welt kommt. Es heißt, die Reise sei nötig, weil Kaiser Augustus die Eintragung in Steuerlisten angeordnet hatte. An späterer Stelle versuchen Gegner Jesu, ihm eine Falle zu stellen, indem sie ihn fragen, ob man Steuern an den Kaiser zahlen soll oder nicht. Und als Jesus schließlich vom jüdischen Gericht in Jerusalem für 77 Schlage nach Eine Geschichte über einen Samariter: Lukas 10,25 – 37 Eine Geschichte über einen Pharisäer und einen Zöllner: Lukas 18,9 –14 Die Schriftrollen vom Toten Meer Z wischen 1947 und 1960 wurden hunderte Schriftrollen in Höhlen in der Nähe des Toten Meeres, in Qumran, entdeckt. Die Schriftrollen beinhalten Bücher des Alten Testaments und andere, bis dahin unbekannte Schriften. Die frühesten stammen von 200 v. Chr., die ältesten von 70 n. Chr. Die Schriftrollen gehörten einer jüdischen Gemeinde, die in Qumran lebte, und geben Aufschluss über ihr Leben. Die Gemeinde erwartete die Ankunft zweier Messiasse. In den Schriftrollen gibt es viele Formulierungen, die sich auch in den Evangelien finden. Die Gemeinde nannte sich etwa „Söhne des Lichts“. Diese Formulierung gebrauchte auch Jesus in zwei seiner Gleichnisse. Das bedeutet aber nicht, dass Jesus zur Gemeinde von Qumran gehörte oder dass die Qumran-Gemeinde Anhänger von Jesus waren. Es zeigt aber, dass die Evangelien und die Schriftrollen in eine Zeit gehören. Die QumranSchriftrollen belegen, wie manche Juden im Palästina des ersten Jahrhunderts nach Christus dachten, sprachen und handelten. Höhlen in Qumran. In diesen Höhlen wurden die Schriftrollen vom Toten Meer („QumranRollen“) entdeckt. 78 Palästina zur Zeit Jesu Die Römer besetzten das Land Kafarnaum See des jüdischen Volkes und nannten Gennesaret G A L I L Ä A es Palästina, nach den Philistern, Nazaret die dort in alttestamentlichen Zeiten gelebt hatten. Bei den Juden hieß der südliche Landesteil um SAMARIEN Jerusalem herum Juda – oder auf Lateinisch Judäa. Es war ein kleineres Gebiet als das frühere südliche Königreich Juda. Die Jericho nördliche Region, in der Jesus aufJerusalem wuchs, hieß Galiläa. Galiläa war Betlehem grün, fruchtbar und grenzte an den See Gennesaret (auch See von Totes JUDÄA Meer Tiberias). Judäa, das sich bis zum Toten Meer erstreckte, war trocken und unfruchtbar. Die Judäische Wüste zwischen Jerusalem und Jericho, in der Jesu Gleichnis vom barmherzigen Samariter spielt, ist sehr karg. Palästina zur Zeit Jesu. Zur Zeit Jesu gab es viele religiöse Gruppierungen unter den Juden. Zum Teil unterschieden sie sich stark voneinander und übten ihren Glauben auf sehr verschiedene Art und Weise aus. Die Evangelien erwähnen drei: die Schriftgelehrten, die Pharisäer und die Sadduzäer. Jordan 37 Die Schriftgelehrten waren religiöse Lehrer, deren Aufgabe es war, den Menschen Gottes Gesetze zu erklären. Bei Matthäus und Lukas werden sie oft mit einer anderen Gruppe in Verbindung gebracht, den Pharisäern, die oft als Hauptgegner Jesu dargestellt werden. Tatsächlich stand Jesus den Pharisäern aber in vielen Dingen näher als anderen Gruppierungen. Zum Beispiel glaubten sowohl Jesus als auch die Pharisäer, dass Gott eines Tages die Toten auferwecken und den Gerechten ewiges Leben schenken würde. Eine andere Gruppe, die Sadduzäer, glaubte das nicht; diese wollten auch keinen Aufstand gegen Rom, scheint es. Doch ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung ersehnte die Freiheit von der römischen Vorherrschaft und hoffte, dass Gott seinem Volk eines Tages das prächtige Reich aus den Zeiten von König David zurückgeben würde. Einige Gruppierungen hielten nach einem König Ausschau, der die Römer schlagen würde. Manche warteten darauf, dass einer vom Himmel herabstieg und den „Tag des Herrn“ einläutete. Manche warteten auf mehrere Personen. Es wurde oft vom „Gesalbten“ gesprochen. Auf Hebräisch hieß das mashiah, zu Deutsch „Messias“. Auf Griechisch heißt „Gesalbter“ christos, woher das deutsche „Christus“ kommt. Also erwarteten viele Menschen die Ankunft des Messias oder Christus. Doch es gab keine Einigkeit darüber, wer das sein könnte. In den Jahren vor dem Jüdischen Krieg bildete sich eine organisierte Gruppe unter dem Namen Zeloten und plante einen bewaffneten Widerstand. Bereits davor hatte es Gewaltausbrüche gegen die Römer gegeben. Mit „Zelot“ bezeichnete man wahrscheinlich jene, die sich daran beteiligt hatten. Bei Lukas und in der Apostelgeschichte steht, dass Simon, ein Jünger Jesu, Zelot (gewesen) war. Der jüdische Historiker Josephus, der am Jüdischen Krieg teilnahm, beschreibt eine andere Gruppe, die nicht in den Evangelien erwähnt wird: die Essener. Diese scheinen der Gemeinde von Qumran nahegestanden zu haben, welche möglicherweise die Schriftrollen vom Toten Meer verfasste. Eine weitere Gruppe waren die Samariter, die in der Region zwischen Galiläa und Judäa lebten. In der Regel mischten sich die Römer nicht in die Religionen der ansässigen Bevölkerung ein. Sie wollten Frieden und Ordnung im Reich erhalten. Doch manche Juden wünschten den Abzug der Römer und waren bereit, dafür zu kämpfen. Andere wollten zwar ihren Abzug, konnten sich aber gut mit ihnen arrangieren und machten das Beste aus der Situation. Wieder andere glaubten, dass Gott die Römer eines Tages vertreiben würde. Und einige, so wie die Zöllner, arbeiteten bereitwillig für die Römer und verdienten gut dabei. Deshalb waren sie sehr unbeliebt. Und dann war da Jesus, der in keine dieser Gruppen passte. Die Samariter D ie Samariter – die Menschen aus dem Gebiet Samarien – kommen in allen Evangelien vor. Obgleich sowohl Samariter als auch Juden von den zwölf Stämmen Israels abstammen, betrachteten sie einander als Fremde und wollten offensichtlich nichts miteinander zu tun haben. Josephus schreibt, dass die Samariter keinen Zugang zum Tempel in Jerusalem hatten. Sie feierten ihren Gottesdienst auf dem Berg Gerizim und erkannten nur die fünf „Bücher Mose“ (Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri, Deuteronomium) als heilige Schriften an. Jesus empfing und heilte Samariter. Eines seiner bekanntesten Gleichnisse (Geschichten) handelt vom „barmherzigen Samariter“, der seine Reise unterbricht, um einem verletzten Juden zu helfen. Die Samariter gibt es bis heute. 7000 leben treu nach ihrem alten religiösen Brauch auf dem Berg Garizim, nahe der Stadt Nablus (Sichem in der Bibel), und in Holon nahe Tel Aviv. Einer der Krüge, in denen die Schriftrollen vom Toten Meer gefunden wurden. Unter dem Rand steht das hebräische Wort für „Rom“. 79 38 Schlage nach Jesus spricht von der Zerstörung des Tempels: Matthäus 24; Markus 13; Lukas 19,41– 44; Lukas 21,20 – 24 Ein letzter Blick auf die Menora. Der siebenarmige Leuchter aus dem Tempel in Jerusalem wird beim Triumphzug des Titus weggetragen. Ein Relief auf dem Titusbogen in Rom. 80 Der Jüdische Krieg Nach Jesu Tod wurden die Römer noch unbeliebter in Palästina. Viele römische Statthalter („Prokuratoren“) wie Felix, der in der Apostelgeschichte erwähnt wird, waren grausam und korrupt. 66 n. Chr. entwendete der Prokurator Florus einen großen Goldbetrag aus dem Tempel und löste damit einen Aufstand in Jerusalem aus. Die Römer mussten sich in die Küstenstadt Caesarea zurückziehen. Als sich der Aufstand über Palästina ausbreitete, schickte man im Jahr 67 den römischen Feldherrn Vespasian mit einem Heer, um den Aufstand niederzuschlagen. Vespasian eroberte den größten Teil von Palästina zurück und bereitete einen Angriff auf Jerusalem vor, das sich in den Händen aufständischer Juden befand. Doch dann starb Kaiser Nero und es herrschte zwei Jahre lang Unklarheit über seine Nachfolge. 69 wurde Vespasian selbst Kaiser und überließ es seinem Sohn Titus, Jerusalem im Frühjahr 70 n. Chr. zu belagern. In der Stadt kämpften verschiedene jüdische Rebellengruppen gegeneinander. Das schwächte die jüdische Abwehr und machte es den Römern leichter. Dennoch brauchten sie drei Monate, um Jerusalem einzunehmen. Sie brannten den Tempel nieder und töteten die Stadtbevölkerung. Titus brachte die jüdischen Rebellenführer als Gefangene nach Rom. Außerdem nahmen die Römer den siebenarmigen Leuchter (die „Menora“) und andere Tempelschätze und stellten sie in den Tempel der Friedensgöttin in Rom. Der Tempel war zerstört und die täglichen Opfergaben hörten auf. Jerusalem lag in Trümmern und war unbewohnbar. Die Anführer des jüdischen Volkes waren tot. Das bedeutete das Ende der Pharisäer, Sadduzäer und Essener. Die christliche Gemeinde von Jerusalem war zerschlagen. Sowohl Matthäus als auch Markus und Lukas erwähnen, dass Jesus von der bevorstehenden Zerstörung des Tempels sprach. Bei Lukas heißt es, Jesus habe geweint, weil die Menschen von Jerusalem nicht erkannten, dass sie sich in falscher Sicherheit wägten. Sie dachten, Gott würde ihnen gewiss den Sieg schenken, wenn sie gegen die Römer kämpften. Doch Jesus wusste, dass es zur Katastrophe käme, wenn sie sich gewaltsam auflehnten. Doch nicht einmal mit dem schrecklichen Krieg von 70 n. Chr. waren die Kämpfe vorbei. 132 n. Chr. kam es erneut zum Aufstand. Der römische Kaiser Hadrian wollte eine römische Stadt namens Aelia Capitolina an der Stelle von Jerusalem erbauen, mit einem Tempel, der dem römischen Gott Jupiter geweiht sein sollte. Das löste einen weiteren jüdischen Aufstand aus. Der Anführer war Simon bar Kochba (auch Ben Kosiba). Wieder verteidigten jüdische Kämpfer die Stadt gegen ein übermächtiges römisches Heer. Und wieder gewannen die Römer. Tausende Juden wurden getötet und weitere Tausende als Sklaven verkauft. Hadrian setzte den Bau seiner Aelia Capitolina fort und verbot die Ausübung des jüdischen Glaubens in ganz Palästina. Juden lebten weiter in anderen Teilen des Römischen Reichs, doch es gab keinen jüdischen Krieg gegen die Römer mehr. Die Westmauer („Klagemauer“) in Jerusalem: Alles, was von der Außenwand des Tempels übrig ist. Für heutige Juden ist es die heiligste Gebetsstätte. Josephus V iele Dinge über den Krieg von 66 bis 70 n. Chr. sind durch einen jüdischen Historiker bekannt, der üblicherweise mit seinem römischen Namen Flavius Josephus genannt wird. Er lebte von ca. 37 n. Chr. bis 100 n. Chr. Im Jahr 66 wurde er Anführer der aufständischen Juden in Galiläa. Er geriet in Gefangenschaft, entging aber der Todesstrafe, indem er dem römischen General Vespasian vorhersagte, dass er Kaiser würde. Von diesem Zeitpunkt an misstrauten ihm die aufständischen Juden und er diente dem römischen General Titus als Übersetzer. Nach dem Krieg schrieb er einen langen Bericht darüber, genannt Der Jüdische Krieg, und ein weiteres Geschichtsbuch namens Jüdische Altertümer. Er erwähnt Jesus, Johannes den Täufer und Jakobus, den Bruder Jesu, obwohl seine Schriften vielleicht zum Teil von späteren christlichen Verfassern umgeschrieben wurden. Masada nahe dem Toten Meer. Die Festungsstadt war während des Ersten Jüdischen Kriegs von Hunderten von Zeloten besetzt. Anstatt sich den Römern zu ergeben, begingen die meisten Selbstmord. 39 Schlage nach Lukas nimmt eine historische Einordnung vor: Lukas 2,1; 3,1– 3 Pontius Pilatus: Matthäus 27; Markus 15; Lukas 13,1– 5; Johannes 18 –19; 1 Timotheus 6,13 Wie lässt sich das Leben Jesu zeitlich einordnen? H erodes („der Große“) wurde von den Römern als Gouverneur in Galiläa eingesetzt. 40 v. Chr. machten ihn die Römer zum „König der Juden“ und er blieb ihnen immer treu ergeben. Da Herodes 4 v. Chr. starb, muss Jesus also vor diesem Datum geboren sein. Bei Lukas heißt es, Jesus habe sein Wirken im fünfzehnten Regierungsjahr von Kaiser Tiberius, 28 –29 n. Chr., begonnen, als er „etwa dreißig Jahre alt“ war. Wenn Jesus 4 v. Chr. oder davor geboren und 28 n. Chr. getauft wurde, dann war er zu Beginn seiner öffentlichen Predigt um die 32 Jahre alt. Eine Goldmünze zeigt Kaiser Tiberius. 82 Jesus: eine historische Figur „Und er [Jesus] zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen“ (Markus 1,39). Die Ruinen der Synagoge von Gamla in Galiläa. Der Herr Jesus Christus Jesus hat viele Namen im Das meiste über Jesus wissen wir aus den vier Evangelien. Doch es gibt auch Zeugnisse römischer und jüdischer Schriftsteller aus dieser Zeit. Der römische Historiker Sueton (70 –140 n. Chr.) beschreibt Unruhen in der jüdischen Gemeinde in Rom zur Zeit des Kaisers Claudius, die durch einen gewissen „Chrestos“ hervorgerufen wurden. Das bezieht sich vermutlich auf die Christen und mit „Chrestos“ ist wahrscheinlich „Christus“ gemeint. Tacitus (ca. 55 –120 n. Chr.), ein anderer römischer Historiker, schreibt, dass Kaiser Nero den Christen die Schuld am Großbrand von Rom im Jahr 66 in die Schuhe schob. Außerdem erklärt Tacitus, dass ihr Gründer von Pontius Pilatus in Judäa zum Tode verurteilt wurde. Tacitus’ Freund und Zeitgenosse Plinius der Jüngere, römischer Senator von Bithynien, schreibt Kaiser Trajan im Jahr 122 n. Chr. von den Schwierigkeiten mit den Christen in seiner Provinz, die sich gesetzeswidrig treffen, um Christus „als Gott“ zu verehren. Pontius Pilatus war zwischen 26 und 36 n. Chr. Präfekt (Statthalter) von Judäa. 1961 entdeckte man seinen Namen auf einer Inschrift in der Küstenstadt Caesarea Maritima. Eine Inschrift in Caesarea Maritima an der Mittelmeerküste, die 1961 entdeckt wurde. Sie erwähnt Pontius Pilatus. Die beiden jüdischen Historiker Philo (20 v. Chr.–50 n. Chr.) und Josephus (37–100 n. Chr.) beschreiben Pilatus als grausamen Mann, den der Kaiser von seinem Posten entfernen musste. Bei Josephus finden sich auch Erwähnungen von Johannes dem Täufer und Jesus. Doch Forscher sind sich nicht einig, ob diese Passagen wirklich von Josephus stammen oder nachträglich von christlichen Verfassern hinzugefügt wurden. Die christliche Bewegung war im ersten nachchristlichen Jahrhundert also auch Schriftstellern jenseits der Bibel bekannt. Das Jesusbild, das in den vier Evangelien gezeichnet wird, fügt sich gut in das ein, was aus dem Palästina des ersten Jahrhunderts bekannt ist. Die vier Evangelien stimmen zwar nicht in allem überein (siehe Kapitel 44), doch sie zeichnen ein historisch stimmiges Bild von dem Gebiet und der Zeit, in der Jesus lebte. Hätte man die Geschichten über Jesus lange nach seinem Wirken erfunden, wäre das nicht möglich. Die anderen Bücher des Neuen Testaments enthalten keine weiteren Informationen über das Leben Jesu. Aber sie lassen erkennen, was die ersten Christen glaubten. Die letzten vier Kapitel dieses Buches befassen sich damit, was das Neue Testament über seine Geburt, seine Lehre, seine Kreuzigung und seine Auferstehung sagt. „Jesus stieg in das Boot, das dem Simon gehörte“ (Lukas 5,3). Neuen Testament. Der üblichste ist „Christus“ oder „Messias“ (siehe Anmerkung Kapitel 15). Eine andere häufige Bezeichnung ist „der Herr“. Sie wird im Alten Testament für Gott verwendet. Manchmal wird Jesus im Neuen Testament auch selbst Gott genannt. Zu Beginn des Johannesevangeliums wird Jesus als „Wort Gottes“ beschrieben und der Autor schreibt weiter: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Am Ende des Johannesevangeliums, als der Jünger Thomas den auferstandenen Jesus trifft, spricht er ihn so an: „Mein Herr und mein Gott!“ Die Zählung der Jahre Sechs Jahrhunderte nach der Geburt Jesu kam der christliche Gelehrte Dionysius Exiguus auf die Idee, die Jahre von der Geburt Jesu an zu zählen. Bis zu diesem Zeitpunkt zählten die Römer die Jahre von der Gründung Roms an (753 vor Christus oder v. Chr.). Die Jahre von der Geburt Christi an wurden jetzt vorwärts gezählt und mit AD bezeichnet – Anno Domini, lateinisch: „im Jahr des Herrn“. Nachdem Herodes im Jahr 4 v. Chr. starb, Jesus aber vor seinem Tod geboren sein muss, waren Dionysius’ Berechnungen nicht ganz korrekt. Heute kürzen Historiker und Archäologen die Zeit nach Christi Geburt manchmal mit „n. u. Z.“ ab (nach unserer Zeitrechnung), die Zeit vorher mit „v. u. Z.“ (vor unserer Zeitrechnung). Die Zählung entspricht jedoch derjenigen, die Dionysius Exiguus vornahm. 83 40 Schlage nach Die Zwölf: Matthäus 10,1– 4, Markus 3,13 –19; Lukas 6,12 –16; Apostelgeschichte 1,12 – 26 Die Frauen, die Jesus folgten: Markus 15,40; Lukas 8,1– 3; Lukas 10,38 – 42 Die Frauen, die Jesus folgten Jesus hatte viele Jüngerinnen, manche von ihnen begleiteten ihn auf seinen Reisen. Die bekannteste ist Maria Magdalena. In allen vier Evangelien wird berichtet, dass sie Jesus nach seiner Auferstehung sah. Aus den Paulusbriefen geht hervor, dass Frauen führende Positionen in den Gemeinden hatten, die Paulus gegründet hat, sowie in der Kirche in Rom. Hofdame beim Lautenspiel oder Die heilige Magdalena beim Lautenspielen. Gemälde des unbekannten „Meisters der weiblichen Halbfiguren“ aus dem frühen sechzehnten Jahrhundert, Kunsthalle Hamburg. 84 erweckt. Alle, die Jesus nachfolgten, würden dann mit ihm vereint sein und auf der Welt wäre endlich das Reich Gottes verwirklicht. Wer Jesus nachfolgte Alle vier Evangelisten beschreiben, wie Jesus eine Gruppe von Anhängern oder „Jüngern“ um sich versammelt. Sie begleiten ihn auf seinem Weg durch Palästina, wo er predigt und heilt. Es sind sowohl Männer als auch Frauen. Eine besondere Gruppe unter den Jüngern sind „die Zwölf“. Ihre Namen werden bei Matthäus, Markus, Lukas und in der Apostelgeschichte genannt. Drei Menschen von diesen Zwölf standen Jesus besonders nah: Simon Petrus und die Brüder Jakobus und Johannes. Bei Matthäus, Lukas und in der Apostelgeschichte heißen die Zwölf „Apostel“ (nur bei Markus nicht). Die Bezeichnung „Apostel“ wird im Neuen Testament auch für andere verwendet, z. B. für Jesus berief seine Apostel aus den unterschiedlichsten Paulus. Apostel bedeutet: „Einer, der ausgeschickt Berufsständen, so auch bei wird“ – ein Gesandter, ein Missionar. den verhassten Zöllnern. Die Evangelien berichten, dass auch andere Menschen von Jesus angezogen und zu seinen Freunden und Anhängern wurden, obwohl sie nicht Heim und Beruf aufgaben, um mit ihm zu ziehen. Manche empfingen Jesus in ihren Häusern. Der „Raum im Obergeschoss“ in Jerusalem, wo Jesus und seine Jünger das letzte Abendmahl teilten, gehörte vielleicht einem dieser Anhänger. Die Apostelgeschichte erzählt, wie die Schar der Jünger stetig wuchs. Seine Anhänger nannten sich „der Weg“. In Antiochia bezeichnete man sie zum ersten Mal als Christen (Anhänger des Christus). Christen trafen sich an vielen Orten und nannten ihre Zusammenkünfte „Kirche“, was „Versammlung“ oder „Zusammenkunft“ heißt. Sie beteten, fasteten, sangen Loblieder und lasen die Schriften (das Alte Testament). Am ersten Tag der Woche feierten sie das heilige Abendmahl, indem sie Brot brachen und Wein segneten, wie Jesus es beim letzten Abendmahl getan hatte. Trat jemand der Gemeinde bei, wurde er getauft. Wenn eine Kirche einen Brief von Paulus erhielt, wurde er sicherlich bei diesen Zusammenkünften vorgelesen. Die Christen glaubten, dass Jesus von den Toten auferstanden war und eines Tages in aller Herrlichkeit Gottes erscheinen würde. Dann würden die Toten zu neuem Leben Johannes der Täufer Johannes der Täufer war ein Prophet und Prediger, der das Volk Israel aufrief, sich vom Schlechten abzukehren. Zum Zeichen der neuen Lebensführung taufte er sie im Jordan oder tauchte sie darin ein. Er taufte auch Jesus (siehe zum Beispiel Markus 1,1–11) und ermunterte seine Jünger, Jesus nachzufolgen. Petrus I m Johannesevangelium heißt es, Petrus stamme aus Betsaida am See Gennesaret und sei von seinem Bruder Andreas zu Jesus gebracht worden. Zu dieser Zeit hieß er noch „Simon“, was ein weitverbreiteter jüdischer Name war. Jesus gab ihm einen neuen Namen: Kephas, das aramäische Wort für „Fels“. Auf Griechisch heißt das Petros, auf Deutsch: Petrus. Alle vier Evangelien stimmen darin überein, dass Simon Petrus Fischer war. Bei Matthäus, Markus und Lukas wird er von Jesus aufgefordert, ihm zu folgen. Jesus sagt ihm, dass er von jetzt an Menschen fischen bzw. fangen wird (was heißt, dass er sie zu Jesus bringt). Im Matthäusevangelium sagt Jesus zu ihm: „Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Im Lukasevangelium: „Stärke deine Brüder.“ Im Johannesevangelium sagt der auferstandene Jesus zu Petrus, dass er sich um seine Lämmer (Jesu Jünger) kümmern und sie weiden soll. In der Apostelgeschichte verkündet Petrus als Erster den Menschen in Jerusalem die frohe Botschaft von der Auferstehung. Seine führende Rolle unter den Jüngern ist also unumstritten. Doch Petrus verhielt sich nicht immer wie ein Fels. Als Jesus Er sprach sich laut gegen König Herodes Antipas aus und wurde später von ihm geköpft (Markus 6,14 – 29). Nach dem Lukasevangelium war er der Vetter Jesu (Lukas 1,5 – 80). Paulus begegnete auf seinen Reisen manchmal Jüngern des Johannes (Apostelgeschichte 19,1–7) und auch der jüdische Historiker Josephus erwähnt Johannes. gefangen genommen wurde, stritt Petrus dreimal aus Angst ab, Jesus zu kennen. Doch Jesus vergab ihm. Bei Johannes 21,18 sagt Jesus zu Petrus: „Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.“ Und der Verfasser des Evangeliums fügt hinzu: „Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde.“ Petrus wurde vermutlich während der Christenverfolgung nach dem großen Brand von Rom 64 n. Chr. hingerichtet. Der römische Historiker Tacitus beschreibt die grausamen Strafen, die sie erlitten, darunter die Kreuzigung. Es heißt, Petrus sei kopfüber gekreuzigt worden. Dieses Gemälde stammt von Filippo Lippi (1457–1504), Florenz. 85 41 Schlage nach Paulus erzählt seine Lebensgeschichte – Geburt und Jugend: Philipper 3,4 – 6 Seine Bekehrung und die Jahre danach: Galater 1,13 – 2,21 Seine Abenteuer bei der Verkündung des Evangeliums: 2 Korinther 11,23 –12,13 Die Apostelgeschichte: siehe Kapitel 48 Wie lässt sich das Leben des Paulus zeitlich einordnen? I n der Apostelgeschichte 18,12 –17 wird Gallio als Prokonsul (Statthalter) der römischen Provinz Achaia (im heutigen Griechenland) erwähnt. Von einer Inschrift in Delphi wissen wir, dass Gallio von 51– 52 n. Chr. Statthalter war. Paulus schreibt, dass er drei Jahre nach seiner Bekehrung in Jerusalem war und dann wieder weitere vierzehn Jahre später. Wenn dieser zweite Besuch in Jerusalem ungefähr im Jahr 52 stattfand, fällt seine Bekehrung auf das Jahr 33 n. Chr., drei oder vier Jahre nach dem Kreuzestod Jesu. Die Ruinen des alten Korinth. Hier lebte das mit Paulus befreundete Paar Priszilla und Aquila nach ihrer Flucht aus Rom. 86 Der Apostel Paulus Paulus ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Neuen Testaments. Seine Briefe sind die ältesten Bücher des Neuen Testaments. Er verkündete die christliche Botschaft an Orten, wo man sie vorher noch nicht gehört hatte, und vertrat die revolutionäre Idee, dass Heiden (Nichtjuden) Christen werden konnten, ohne alle Gesetze der jüdischen Religion anzunehmen. Obwohl er selbst Jude war, war ihm die Bekehrung der Heiden ein besonderes Anliegen. Um mehr über das Die Bekehrung des Paulus von Caravaggio (1571–1610) zeigt, wie Paulus auf der Straße nach Damaskus von einem Lichtstrahl getroffen wird. Leben des Paulus zu erfahren, gibt es zwei Quellen: seine eigenen Briefe und die Beschreibung durch Lukas in der Apostelgeschichte. Aus den Paulusbriefen geht klar hervor, dass er Jude aus dem Stamm Benjamin war und Pharisäer wurde. In der Apostelgeschichte heißt es, er komme aus Tarsus, einer Stadt in der römischen Provinz Zilizien (der heutigen Türkei) und sei römischer Bürger. Außerdem erfahren wir, dass sein jüdischer Name Saulus ist. Paulus war sein römischer Name. Als die ersten Jünger Jesu die christliche Botschaft verbreiten, verfolgte Paulus nach eigenen Worten noch „voll Eifer die Kirche“ als Gegner. Paulus macht sich sogar nach Damaskus auf, einer großen Stadt, um dort Christen festnehmen und einsperren zu lassen. Aber auf dem Weg dorthin erscheint ihm Jesus. Er wird zum Glauben daran bekehrt, dass Jesus der Christus (Messias) ist. Paulus wird Christ und verkündet fortan die christliche Botschaft. Er zieht durch die Städte des östlichen Römischen Reichs und gründet neue Kirchen (Christengemeinden). Die Apostelgeschichte erzählt, wie Paulus viele Jahre später nach Jerusalem kommt, um die führenden Christen zu besuchen. Doch Gegner der christlichen Lehre verschwören sich, um Paulus gefangen zu nehmen und zu töten. Er wird von den römischen Obrigkeiten verhaftet, bittet jedoch darum, am kaiserlichen Hof in Rom gerichtet zu werden. Mit einem Wachtrupp wird er nach Rom überführt. In seinem Brief an die Römer schreibt Paulus, dass er eigentlich nach Spanien wollte, und vielleicht gelang ihm das später sogar. Wie Paulus starb, ist nicht im Neuen Testament überliefert, aber in 2 Timotheus heißt es: „Denn ich werde nunmehr geopfert und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird.“ Diese Worte lassen vermuten, dass Paulus wegen seines Glaubens hingerichtet wurde. Wie ist Paulus gestorben? Im Neuen Testament endet die Geschichte des Paulus damit, dass er in Rom auf sein Verfahren wartet. Dreißig Jahre später schreibt Clemens, Bischof von Rom, an die Kirche von Korinth über die „edlen Beispiele unseres Geschlechts.“ Sie wurden „verfolgt [. . .] und haben bis zum Tode gekämpft.“ Insbesondere erwähnt er Petrus, der „– nachdem er Zeugnis abgelegt hatte – gelangt ist an den (ihm) gebührenden Ort der Herrlichkeit“. Und zu Paulus schreibt er: Er habe „Zeugnis abgelegt vor den Führenden; so ist er aus der Welt geschieden und ist an den heiligen Ort gelangt“. Die schlimmste Christenverfolgung zur Zeit der Gefangennahme und des Prozesses von Paulus fanden unter Kaiser Nero nach dem schrecklichen Brand von 64 n. Chr. statt. Es heißt, dass sowohl Petrus als auch Paulus im Zuge dieser Verfolgung hingerichtet wurden. Als römischer Bürger wurde Paulus wahrscheinlich durch das Schwert getötet. Heute kann man in Rom die große Kirche Sankt Paul vor den Mauern besuchen, die an der Stelle errichtet wurde, an der man sein Grab verehrte. Die Basilika „Sankt Paul vor den Mauern“ in Rom über dem vermuteten Paulusgrab. 1854 wurde sie fertiggestellt. An der gleichen Stelle wurde bereits im vierten Jahrhundert eine Kirche gebaut, doch sie wurde im Jahr 1823 bei einem Brand zerstört. 42 Schlage nach: Eine der bekanntesten Botschaften des Paulus – was die Liebe bedeutet: 1 Korinther 13 „Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig“ (Kolosser 4,18). Paulus fügte den Briefen, die andere für ihn schrieben, ein paar Worte in eigener Handschrift hinzu. Tychikus und Onesimus bringen einen Brief von Paulus nach Kolossä (Kolosser 4,7– 9). Wie Paulus seine Briefe schrieb Paulus zog von Ort zu Ort, besuchte bereits bestehende Kirchen (Christengemeinden) und gründete neue. Er betreute alle diese Kirchen; wenn er sie nicht besuchen konnte, schrieb er ihnen Briefe (auch „Epistel“ genannt). Sein erster Brief war wahrscheinlich der erste Brief an die Thessalonicher (in der Stadt Thessalonich im heutigen Nordgriechenland). Damit ist es das erste Buch des Neuen Testaments, entstanden um 50 n. Chr., ungefähr 20 Jahre nach Jesu Kreuzigung. An zahlreichen Stellen gibt Paulus neben seinem eigenen Namen auch diejenigen seiner Reisegefährten an (siehe 1 Thessalonicher 1: „Paulus, Silvanus und Timotheus“). Oft hat er seine Briefe diktiert und manchmal gibt er an, wer für ihn geschrieben hat. In Römer 16,22 fügt sein Sekretär hinzu: „Ich, Tertius, der Schreiber dieses Briefes, grüße euch im Namen des Herrn.“ Manchmal fügte Paulus noch etwas in seiner eigenen Handschrift hinzu, um sicherzustellen, dass der Brief auch wirklich von ihm kam. Am Ende des Briefes an die Galater schreibt er, vielleicht scherzhaft: „Seht, ich schreibe euch jetzt mit eigener Hand; das ist meine Schrift.“ In der antiken Welt war der Brief ein wichtiges Mittel, um Freundschaften über große Distanzen aufrechtzuerhalten. Das Reisen war noch mühsam und gefährlich, und den Menschen standen keine modernen Kommunikationsmittel zur Verfügung. So war die Ankunft eines Briefes ein Großereignis, zu dem sich die gesamte Gemeinde versammelte. Die Briefe wurden laut vorgelesen (Kolosser 4,16) und sicher sorgsam von den Gemeinden verwahrt. Später wurden sie gesammelt, abgeschrieben und von Kirche zu Kirche weitergereicht. Im Brief an die Kolosser 4,16 wird dennoch ein Brief an die Kirche der Laodizener erwähnt, der verlorenging. Paulus schrieb nur dann Briefe, wenn es nötig war. Als er an die Römer schrieb, wollte er sich der christlichen Gemeinde in Rom vor seinem Besuch dort vorstellen. An die von ihm gegründeten Kirchen schrieb Paulus, um sie in ihrem Glauben zu bestärken oder um sie zu warnen, wenn er den Eindruck hatte, dass sie einen falschen Weg einschlugen. Oft lässt sich aus seinen Briefen folgern, was in den einzelnen Kirchen vor sich ging. Zum Beispiel hatten einige Christen in Korinth die Auferstehung Jesu angezweifelt und die Vorstellung als lachhaft bezeichnet. In 1 Korinther 15 begründet Paulus, warum er daran glaubt, dass Jesus wirklich auferstanden ist. Heutigen Lesern fällt es oft schwer, Paulus zu verstehen. Den Lesern seiner Zeit ging es nicht anders. Im zweiten Brief des Petrus schreibt der Verfasser: „Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen . . .“ Hat Paulus all seine Briefe selbst geschrieben? Normalerweise diktierte Paulus seine Briefe. Oftmals führt er zu Beginn die Namen anderer Personen neben dem eigenen auf. Eine andere Wortwahl, ein abweichender Stil oder eine Ausgangssituation, die sich nicht mit den Lebensdaten von Paulus zu decken scheint, hat manche Forscher zu der Annahme verleitet, dass nicht alle Briefe von Paulus selbst stammen. Die umstrittenen Briefe sind 2 Thessalonicher, Kolosser, Epheser, 1 und 2 Timotheus und Titus. Die Verfasserschaft des Briefes an die Hebräer, in dem der Name Paulus gar nicht erscheint, wird ihm teilweise abgesprochen. Nachfolger des Paulus haben seine Ansichten möglicherweise übernommen und die ursprünglichen Briefe ergänzt. In der Überzeugung, die Lehre des Paulus fortzuführen, waren sie vielleicht zu bescheiden, den eigenen Namen zu erwähnen. Das ausgezeichnete römische Straßennetz erleichterte Paulus das Reisen im Reich. Manche Straßen waren gepflastert, doch zwischen den Dörfern waren sie unwegsamer. Das Bild zeigt die Via Appia, über die Paulus nach Rom gelangte (Apostelgeschichte 28,14 –15). 88 89 43 Die Paulusbriefe Schlage nach In der Bibel erscheinen die Paulusbriefe nicht in der Reihenfolge ihrer Paulus schreibt an die Römer: Entstehung, sondern grob nach ihrer Länge geordnet. Römer 1,1–7 Paulus schreibt an die Korinther: 2 Korinther 7,2 –16 Paulus schreibt an Philemon: Philemon 1– 25 Brief an die Römer Das ist der längste Paulusbrief. Er schrieb ihn an die Christen in der Hauptstadt des Reichs. Dort bestand schon Jahre vor dem Besuch des Paulus eine Gemeinde. Paulus legt in dem Brief ausführlich dar, was es für Juden und Heiden bedeutet, an Jesus zu glauben. Erster und zweiter Brief an die Korinther Die Stadt Korinth war ein G A L AT I E N wichtiger Knotenpunkt für Laodizea Ephesus Land- und Seehandel in der Korinth Kolossä ACHAIA Provinz Achaia (im heutigen Griechenland). Den ersten Brief schrieb Paulus zwischen 52 und 54 n. Chr. Darin beschreibt er Mittelm Gemeinden, denen Paulus schrieb eer das letzte Abendmahl und zählt Jerusalem auf, wer Jesus nach seiner Auferstehung von den Toten sah. Dieser Brief enthält auch die berühmte Passage über die Bedeutung der Liebe. Das Forum Romanum, Zentrum des alten Roms. Im zweiten Brief beschreibt er seine eigenen Erfahrungen, unter anderem, wie er ausgepeitscht wurde und Schiffbruch erlitt. Rom Philippi Thessalonich Brief an die Galater Galatien war eine Provinz des römischen Asiens (in der heutigen Türkei) und der Brief des Paulus richtete sich an alle Kirchen der Provinzstädte. Paulus erzählt ausführlicher über seine ersten Jahre als Christ und betont, dass Heiden Christen werden können, ohne sich vorher zum Judentum zu bekennen. Dieser Brief entstand wahrscheinlich um die gleiche Zeit wie der Römerbrief. Brief an die Epheser Ephesus war eine Stadt in der römischen Provinz Asien. Was Paulus predigte, brachte die Stadtbevölkerung auf, insbesondere die Silberschmiede, die Silberstatuen der Göttin Artemis herstellten. Dennoch wird Ephesus an keiner Stelle der frühesten Handschriften im heute sogenannten „Brief an die Epheser“ erwähnt. Viele Forscher vermuten, dass dieser Brief nicht von Paulus stammt und die Probleme einer anderen Zeit betrifft. Der Brief spricht auch über die Versöhnung zwischen Juden und Heiden und darüber, wie sich das ganze Universum in Jesus vereint. Brief an die Philipper Die christliche Gemeinde in Philippi, die erste Gründung des Paulus auf dem heutigen europäischen Kontinent um 50 n. Chr., lag Paulus besonders am Herzen. Seinen Brief schrieb er aus der Gefangenschaft, wahrscheinlich in Rom in den frühen 60ern. Er enthält Details zu seinem Leben, zum Beispiel, dass Paulus zum Stamm Benjamin gehörte. Brief an die Kolosser Epaphroditus (oder Epaphras), Gefährte von Paulus, hatte die christliche Botschaft in Kolossä gepredigt, einer Stadt im LycusTal in der römischen Provinz Asien. Wie andere Paulusbriefe befasst sich auch dieser mit der Frage, ob heidnische Christen alle Gesetze des Alten Testaments einhalten sollen. Briefe an die Thessalonicher Die Stadt Thessalonich liegt im heutigen Nordgriechenland. In der Apostelgeschichte, Kapitel 17, wird erzählt, wie Paulus und Silas aus Philippi dort ankommen. Dann ziehen sie nach Korinth weiter, von wo aus Paulus vermutlich seinen ersten Brief an die Thessalonicher schrieb. Damit ist er mit größter Wahrscheinlichkeit der früheste Paulusbrief und das älteste christliche Schriftstück. Paulus erklärt unter anderem, was Christen nach dem Tod erwartet. Der zweite Brief handelt von der Wiederkunft Jesu. Briefe an Timotheus und Titus Diese drei kurzen Briefe nennt man auch „Pastoralbriefe“. Der Verfasser schreibt über die kirchliche Organisation. Viele Wissenschaftler meinen, dass sie erst nach dem Tod von Paulus entstanden sind, als diese Fragen wichtiger wurden. Timotheus und Titus waren Gefährten des Paulus, die er in anderen Briefen erwähnt. Brief an Philemon Diesen kürzesten und persönlichsten Brief an den befreundeten Christen namens Philemon schrieb Paulus aus der Gefangenschaft. Es geht um den Sklaven Onesimus („nützlich“), der Philemon möglicherweise davongelaufen war. Onesimus war Paulus im wörtlichen Sinne „nützlich“ gewesen und war durch ihn Christ geworden. Nun bittet Paulus Philemon in seinem Brief, Onesimus nicht nur als Sklaven wiederaufzunehmen, sondern als „geliebten Bruder“. Das Amphitheater in Ephesus. Dort versammelten sich die Bürger von Ephesus und protestierten gegen die Predigt des Paulus (Apostelgeschichte 19,21– 40). 90 91 44 Wie die Evangelien entstanden Bevor die Evangelien aufgeschrieben wurden, gaben Christen mündlich Schlage nach Die drei synoptischen Erzählungen von der Berufung der ersten Jünger: Matthäus 4,18 – 22; Markus 1,16 – 20; Lukas 5,1–11 Markus Matthäus Lukas nur bei Markus bei Markus und auch bei Matthäus und Lukas aus „Q“, einer verlorenen Quelle, die Matthäus und Lukas verwendeten nur bei Matthäus nur bei Lukas Die Grafik stellt die Anteile der Überschneidungen in den Evangelien nach Markus, Matthäus und Lukas dar. 92 aus anderen Schriften und Berichten der Geschehnisse weiter, was sie von Jesus wussten. Als Paulus Christ wurde, erzählte man ihm von Jesu letztem Abendmahl, Tod, Begräbnis und Auferstehung. Auch andere Geschichten über Jesus waren in Umlauf. Wir wissen nicht sicher, wann die Überlieferungen zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurden, doch die meisten Forscher setzen dies kurz vor oder nach dem Sturz Jerusalems 70 n. Chr. an. Zwei Verfasser (oder „Evangelisten“) erklären, warum sie ihre Evangelien schreiben. Lukas richtet sein Buch an einen gewissen Theophilus und schreibt: „So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.“ Johannes wollte, dass sein Leser „glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes“ und „durch den Glauben das Leben [. . .] in seinem Namen“ hat. Bei Lukas heißt es, „schon viele“ hätten Berichte über Jesus aufgeschrieben, und Johannes meint: „Wenn man alles aufschreiben wollte, so könnte [. . .] die ganze Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müsste.“ Einer der vielen Berichte, die Lukas erwähnt, war mit großer Sicherheit das Markusevangelium. Sechzig Prozent des Markusevangeliums erscheinen nahezu im gleichen Wortlaut bei Lukas. Achtzig Prozent des Markusevangeliums stehen auch bei Matthäus. Es sieht danach aus, als hätten sowohl Matthäus als auch Lukas das Markusevangelium gekannt und Material aus anderen Quellen hinzugefügt. Deshalb vermuten die meisten Forscher, dass zuerst das Markusevangelium geschrieben wurde. Es gibt so viele Ähnlichkeiten zwischen den drei Evangelien, dass man sie nebeneinanderlegen und gemeinsam („synoptisch“) betrachten kann. In der Wissenschaft heißen sie deshalb die „synoptischen Evangelien“. Das Johannesevangelium ist da anders. Hier gibt es nicht so viele Übereinstimmungen mit dem Markusevangelium wie bei Matthäus und Lukas. Und die meisten Erzählungen über Jesus unterscheiden sich von den „synoptischen“ Evangelien. Doch im Großen und Ganzen ist der Verfasser mit dem Leben Jesu, seinen Lehren, seinem Tod und seiner Auferstehung vertraut. Papias war Christ und Bischof von Hierapolis in Kleinasien. Er wurde ungefähr 30 Jahre nach Jesu Tod geboren und starb um 130 n. Chr. In einem heute verlorenen Buch, das andere frühe christliche Schriftsteller jedoch zitierten, sagt Papias, dass Markus in seinem Evangelium aufschrieb, was Petrus ihn gelehrt hatte, und dass Matthäus die „Aussprüche“ Jesu festhielt. Ob diese Aussage des Papias stimmt, ist unsicher, aber sie zeigt, wie die nächste Generation über die Niederschrift der Evangelien urteilte. Um 150 n. Chr. stellte ein Christ namens Tatian die vier Evangelien zu einem zusammenhängenden Buch zusammen. Es hieß Diatessaron. Obwohl es eine Zeitlang gelesen wurde, kam man schließlich darin überein, die Evangelien wieder getrennt zu lesen, da sie auch unabhängig voneinander entstanden waren. Deshalb gibt es vier Berichte vom Leben Jesu, nicht einen, und jeder wirft ein anderes Licht auf ihn. Q – eine verlorene Quelle zum Leben Jesu? E inige Stellen (größtenteils Reden Jesu) erscheinen in ähnlicher Form bei Matthäus und Lukas, kommen aber nicht bei Markus vor. Manche Forscher vermuten deshalb eine verlorene Quelle, aus der Matthäus und Lukas zitierten. Sie wurde Q genannt (als Abkürzung für Quelle), doch nie wurde ein entsprechendes Buch gefunden. Andere Forscher gehen davon aus, dass es sich um mündliche Überlieferungen handelt, die Matthäus und Lukas unabhängig voneinander hörten. Laut Papias sammelte Matthäus die Aussprüche Jesu. Doch damit beschreibt er das Matthäusevangelium nicht sehr treffend, da es viel mehr enthält als nur Reden. Mit „Q“ hingegen hätte es eine solche Sammlung geben können – dachte Papias vielleicht tatsächlich an „Q”? In der Offenbarung des Johannes ist die Rede von vier Flügelwesen rings um Gottes Thron, in Gestalt von Mann, Löwe, Stier und Adler. Seit dem fünften Jahrhundert glaubt man, dass sie die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes symbolisieren. Diese Bilder stammen aus einem Buch, das „AngilbertEvangeliar von Abbeville“ heißt, und stammen ungefähr aus dem Jahr 800 n. Chr. 93 45 Schlage nach Wie beginnt Markus sein Evangelium? Markus 1,1– 8 Wie beschließt Markus sein Evangelium? Markus 16,1– 8 oder Markus 16,9 – 20 94 Das Markusevangelium D as Markusevangelium ist mit großer Wahrscheinlichkeit das älteste Evangelium. Wer es schrieb, ist unklar. Laut Papias hat Markus aufgezeichnet, was er von Petrus wusste. Doch wer war Markus? In der Apostelgeschichte gibt es einen Johannes mit dem Beinamen Markus, Sohn einer Maria, in deren Haus in Jerusalem sich die ersten Jünger Jesu treffen. Johannes Markus schließt sich Paulus und Barnabas auf einer ihrer Predigtreisen an, verlässt sie jedoch nach einer Weile und kehrt nach Hause zurück. Später will Barnabas Markus wieder mitnehmen, doch Paulus lehnt ab. Dennoch erwähnt Paulus in mehreren Briefen Markus als Gefährten und auch in 1 Petrus kommt Markus vor. Doch „Markus“ (Marcus) war ein weitverbreiteter römischer Name und es ist weder klar, ob es sich bei allen um den gleichen Markus handelt, noch, ob einer von ihnen das Markusevangelium verfasst hat. Der Verfasser (wer es nun auch war) schrieb und regte mit seinem Buch zu der Frage an: „Wer ist Jesus?“ Das ganze Evangelium hindurch stellen Menschen Fragen wie: „Wie kann dieser Mensch so reden?“ – „Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist?“ – „Wie kann er zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?“ – „Mit welchem Recht tust du das alles?“ – „Was habe ich mit dir zu tun?“ Und auch Jesus stellt Fragen: „Was soll ich dir tun?“ – „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ – „Für wen halten mich die Menschen?“ – „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Petrus antwortet ihm: „Du bist der Messias!“ (8,29). Doch dann sagt Jesus seinen Jüngern, dass der Messias anders ist, als sie erwarten. „Der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen.“ Die Jünger können das kaum glauben. Der Rest des Markusevangeliums beschreibt, wie dies geschieht. Jesus zieht die Wut der Obrigkeiten auf sich, die ihn schließlich hinrichten lassen. Der Mann, der Kranke heilte, Dämonen austrieb und mit Gottes Autorität sprach, der als Messias nach Jerusalem hineinritt, wird gekreuzigt. Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias! (Markus 8,29). Caesarea Philippi, vormals nach dem römischen Gott Pan, den man hier verehrte, „Banyas“ genannt. Die Nischen im Fels sind dem Pan geweihte Schreine. Hier bekannte Petrus, dass Jesus der Messias ist. Dann folgt eines der großen Rätsel im Markusevangelium. Jesus hat seinen Jüngern bereits seine Auferstehung versprochen; also erwartet man, dass die Geschichte auch mit seiner Auferstehung endet. Jesu Leichnam wird beigesetzt. Einige seiner Jüngerinnen besuchen das Grab. Sie finden es leer und eine seltsame Figur (ein „junger Mann“) erzählt ihnen, dass Jesus auferstanden sei. Die Frauen laufen erschrocken davon. An dieser Stelle enden die frühesten erhaltenen Handschriften des Markusevangeliums. Der auferstandene Jesus tritt gar nicht in Erscheinung. Es ist unklar, ob Markus sein Evangelium an diesem Punkt enden lassen wollte oder ob er es nicht vollendet hat. Es könnte aber auch seine Art sein, eine letzte Frage an den Leser zu stellen: „Und was meinst du, was geschehen ist?“ Verschiedene Endungen des Markusevangeliums Auch wenn Markus bei 16,8 aufhören wollte oder das ursprüngliche Ende verlorenging, enden spätere Abschriften des Evangeliums unterschiedlich. In manchen Bibelausgaben gehören sie zum Haupttext, in anderen wird vermerkt, dass hier ein Teil angefügt wurde. In einer Version fordert Jesus seine Jünger auf: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ 95 46 Schlage nach Die Bergpredigt: Matthäus 5 –7 Matthäus wird berufen, Jesus zu folgen: Matthäus 9,9 Das Vaterunser Dieses Gebet, benannt nach seinen Anfangsworten, stammt aus Matthäus 6,9 –13 und wird oft in der folgenden Form gesprochen: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Das Matthäusevangelium Der Verfasser des Matthäusevangeliums ist ebenso wenig bekannt wie der des Markusevangeliums. Laut Papias heißt der Evangelist Matthäus. In den Evangelien fordert Jesus einen Zöllner namens Matthäus auf, ihm zu folgen (obwohl er bei Markus und Lukas Levi heißt), doch das muss nicht der Matthäus sein, der auch das Evangelium verfasste. Denn schließlich hätte sich jemand aus dem engsten Umfeld Jesu wohl kaum so sehr auf das Markusevangelium gestützt. Das Matthäusevangelium war dem Bischof Ignatius von Antiochien um 100 n. Chr. bekannt und wurde höchstwahrscheinlich nach dem Fall von Jerusalem, also nach 70 n. Chr., geschrieben. Damit schrieb Matthäus zu einer Zeit, als sich die Führer der jüdischen Religion (insbesondere der Pharisäer) nach dem Jüdischen Krieg neu organisierten. Zu dieser Zeit fragten sich die Juden, was es hieß, jüdisch zu sein. Die Pharisäer waren der Ansicht, dies bedeute Treue zur Religion ihrer Vorfahren. In der christlichen Botschaft sahen sie einen Verrat am jüdischen Glauben. Matthäus richtete sich insbesondere an Judenchristen. Er wollte ihnen zeigen, dass die christliche Botschaft nicht Verrat, sondern vielmehr Erfüllung des jüdischen Glaubens war. Wahrhaft jüdisch zu sein hieß für ihn, Jesus als Messias anzuerkennen. Matthäus betont, dass sich Jesus an das mosaische Gesetz hielt (5,17– 20) und die Tempelsteuer (17,24 – 27) zahlte. Matthäus betont außerdem, dass die Jünger Jesu zu einer Gemeinschaft gehören – der Kirche. „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“, sagt Jesus, „da bin ich mitten unter ihnen.“ Damals durften Judenchristen vielerorts nicht mehr in die Synagogen. Doch sie hatten ihre eigene Gemeinde. Die bekannteste Passage des Matthäusevangeliums ist die „Bergpredigt“ (5 –7), die mit den „Seligpreisungen“ beginnt. Hier zeichnet Jesus ein Bild der Menschen, die er als „selig“ bezeichnet: Sie hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, sie sind barmherzig, sie haben reine Herzen, sie stiften Frieden. Außerdem sind sie „arm vor Gott“, „Trauernde“ und „verfolgt“. Diese Worte haben den Judenchristen, die von ihren Synagogen ausgeschlossen wurden, sicher viel bedeutet. Doch diese Menschen, so Jesus, sind selig vor Gott und wahrhaft glücklich, denn „ihnen gehört das Himmelreich“. „Geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ In Matthäus 10,5 schickt Jesus seine Jünger aus, um zu missionieren. Die Stelle ähnelt Markus 6,7 und Lukas 9,1. Doch bei Matthäus betont Jesus, seine Jünger sollen nicht zu den Heiden (Nichtjuden) oder den Samaritern gehen, sondern „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“. Bei Matthäus ist Jesu vorrangiges Ziel, das Volk Israel zu Gott zurückzurufen. Erst später fordert er seine Jünger auf: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“ (28,19). Die Seligpreisungen Die Kirche der Seligpreisungen aus dem zwanzigsten Jahrhundert markiert in der Überlieferung den Ort der Bergpredigt. Er sagte: „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. Ein alter Gebetsabschluss wird oft angehängt: Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Matthäus 5,3 –10 96 97 47 Schlage nach Lukas, der Gefährte des Paulus: Kolosser 4,14; Philemon 1,24; 2 Timotheus 4,11 Dieses alte Gebäude zwischen Jerusalem und Jericho ist als „Herberge zum guten Samariter“ bekannt. Solche Gebäude waren den Zuhörern Jesu vertraut. Das Lukasevangelium Im Lukasevangelium finden sich einige der bekanntesten Geschichten über Jesus. Bei der Weihnachtsgeschichte denken viele Leute an die Darstellung bei Lukas mit dem Engel Gabriel, dem Stall und den Hirten. Bei Lukas findet sich auch die einzige überlieferte Geschichte von Jesus als Kind. Und nur bei Lukas erscheinen die Gleichnisse vom barmherzigen Samariter und dem verlorenen Sohn. Nur bei Lukas trägt Simon aus Zyrene das Kreuz für Jesus. Nur bei Lukas vergibt Jesus den Soldaten, die ihn kreuzigen, und verspricht dem Dieb am Kreuz neben ihm einen Platz im Paradies. Nur bei Lukas treffen die zwei Jünger den auferstandenen Jesus auf der Straße nach Emmaus und nehmen ihn mit nach Hause. Viele dieser Geschichten zeigen die Großmut, die Offenheit, Freundlichkeit und Barmherzigkeit, die Jesus im Umgang mit den Menschen zeigt und von ihnen fordert. Es ist eines der zentralen Themen im Buch des Lukas. Doch wer war Lukas? Wie die anderen Evangelisten nennt auch dieser Verfasser keinen Namen. Irenäus, ein christlicher Schriftsteller aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. im heutigen Südfrankreich, nennt als Erster den Verfasser „Lukas“. Der einzige Lukas im Neuen Testament ist ein Arzt und Reisegefährte des Paulus. In Lukas 1,2 bekennt sich der Verfasser deutlich dazu, Jesus selbst nicht gekannt zu haben, sondern sich auf jene zu berufen, „die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren“. Das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte sind beide einem Mann namens Theophilus gewidmet. Das ist einer der Gründe, warum man hinter diesen Büchern denselben Verfasser vermutet. Zur Entstehungszeit des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte wurden Christen von den römischen Herrschern mit Argwohn betrachtet. Der römische Historiker Tacitus berichtet, dass Kaiser Nero die Christen für den großen Brand von Rom verantwortlich machte. Ein Anliegen der Bücher war es, zu zeigen, dass Christen keine Unruhestifter sind. In der Darstellung des Prozesses vor Pontius Pilatus hat der Statthalter zum Beispiel gar keinen Grund, Jesus zu verurteilen. Auf gleiche Weise zeigt der Autor der Apostelgeschichte, dass man vor Gericht in Rom nichts gegen Paulus in der Hand hatte. Ein Hauptthema der Bücher des Lukas ist also, dass weder Jesus noch seine Jünger eine Bedrohung für Rom darstellten. „Die Zwölf begleiteten ihn, außerdem einige Frauen . . . Maria, . . . Johanna, . . . Susanna und viele andere“ (Lukas 8,1– 3). Wer war Theophilus? Sowohl das Lukasevangelium als auch die Apostelgeschichte sind dem „hochverehrten Theophilus“ gewidmet (Lukas 1,3; Apostelgeschichte 1,1). Die Anrede lässt auf einen hochrangigen Beamten schließen – vielleicht jemand, der Paulus beschützen konnte, als er in Rom auf seinen Prozess wartete. Doch Theophilus hatte offenkundig ein persönliches Interesse an der christlichen Lehre, in der er bereits „unterwiesen“ wurde (Lukas 1,4), also war er vielleicht ein neuer Christ und Freund von Lukas, der ihn bat, alles aufzuschreiben, was er von der christlichen Geschichte wusste. Der Landstreicher. Eine Darstellung des verlorenen Sohns von Hieronymus Bosch (1450 –1516). 98 99 48 Die Apostelgeschichte Die Apostelgeschichte erzählt, wie die ersten Christen die Botschaft von Schlage nach Stephanus wird gesteinigt: Apostelgeschichte 6,8 –15; 7,54 – 60 Die Bekehrung des Saulus (Paulus) auf der Straße nach Damaskus: Apostelgeschichte 9,1– 31 Jakobus wird von König Herodes getötet und Petrus flieht aus dem Gefängnis: Apostelgeschichte 12,1–19 Paulus und Silas kommen in Philippi ins Gefängnis und der Gefängniswärter wird Christ: Apostelgeschichte 16,11– 34 Paulus wird in Jerusalem festgenommen und vor einer Mordverschwörung gerettet: Apostelgeschichte 21,27– 23,35 Paulus erleidet Schiffsbruch auf seinem Weg nach Rom: Apostelgeschichte 27,1– 44 Jesus in die Welt hinaustragen. Die Handlung beginnt in Jerusalem, wo Jesus nach der Darstellung der Evangelien starb und wieder auferstand. Der erste Teil des Buches handelt von den Aposteln Petrus, Philippus und Stephanus, die als Erste die christliche Botschaft verbreiteten. Der zweite Teil handelt von Paulus, seiner Bekehrung zum Christentum und davon, wie er die Botschaft zusammen mit seinen Gefährten weit in die Welt hinausträgt – nach Kleinasien und Griechenland, schließlich sogar bis nach Rom. Doch obwohl das Buch „Apostelgeschichte“ heißt, erfährt man nichts vom Schicksal der anderen Apostel – außer von der Hinrichtung des Jakobus. Da Lukasevangelium und Apostelgeschichte beide an „Theophilus“ gerichtet sind, stammen sie mit großer Wahrscheinlichkeit vom gleichen Verfasser. Sollte dieser Verfasser wirklich Lukas sein, der Reisegefährte aus den Paulusbriefen, könnte man erwarten, dass er aus eigener Erfahrung berichtet und die Reisen des Paulus besonders genau beschreibt. Und tatsächlich wechselt der Verfasser der Apostelgeschichte ab Kapitel 16 zum „Wir“. Außerdem beschreibt er die Reisen des Paulus in den letzten Kapiteln des Buches so genau, als erinnere er sich deutlich an diese Ereignisse – ein wichtiger Grund für die Annahme, dass der Autor tatsächlich der Reisegefährte des Paulus war. Andererseits weisen einige Forscher darauf hin, dass sich die Darstellung von Paulus in der Apostelgeschichte stark von dem Bild unterscheidet, das Paulus in seinen Briefen von sich selbst zeichnet. Die Apostelgeschichte erzählt nicht nur, wie Juden zum Christentum finden, sondern auch von der Bekehrung von Nichtjuden („Heiden“). Der Verfasser beschreibt, wie Paulus die christliche Botschaft erst in den Synagogen und anschließend bei den Heiden verkündet. In Athen wendet sich Paulus an die griechischen Philosophiegelehrten und zitiert einen heidnischen Dichter, um sie zu überzeugen. Es ist ein Hauptthema der Apostelgeschichte, dass die Frohe Botschaft Jesu sowohl den Juden als auch den Heiden gilt. Die Apostelgeschichte endet damit, dass Paulus auf seinen Prozess in Rom wartet. Vielleicht war das damals der aktuelle Stand (was bedeuten würde, dass die Apostelgeschichte um 62 n. Chr. verfasst wurde, das Lukasevangelium dementsprechend früher und das Markusevangelium sogar noch früher). Oder aber Lukas plante ein drittes Buch über den Tod des Paulus. Wahrscheinlich lässt er die Geschichte aber bewusst hier enden, weil sie gezeigt hat: Die christliche Botschaft war von Jerusalem ins Herz des Römischen Reichs gelangt. Paulus reiste oft mit dem Schiff. Nach seinen Schilderungen erlitt er dreimal Schiffbruch. Paulus nutzte die ausgezeichneten Landund Seewege des Mittelmeerraums, um sich frei im Römischen Reich zu bewegen. Rom Philippi Thessalonich Puteoli Beröa G A L AT I E N Troas Antiochien Delphi Rhegion Ikonion Ephesus Athen Korinth Milet Patara Syrakus Attalia Derbe Antiochien Myra Salamis Kreta Guter Hafen Malta erste Paulusreise zweite Paulusreise dritte Paulusreise Paulusreise nach Rom 100 Damaskus Tyrus Paphos Sidon Mittelmeer Caesarea Jerusalem 101 49 Das Licht der Welt Das Johannesevangelium und die Johannesbriefe Im Johannesevangelium spricht Jesus teilweise ganz anders von sich selbst als in den anderen drei Evangelien. Zum Beispiel will Jesus im Markusevangelium oftmals gerade nicht, dass die Menschen von ihm und seinen Taten erfahren (siehe 5,43; 7,36; 8,30). Die Zeit war noch nicht reif, um seine Botschaft öffentlich zu verkünden. Doch das Johannesevangelium verfolgt ein anderes Ziel: Es will aller Welt verkünden, wer Jesus ist. Hier sind ein paar Aussagen aus dem Johannesevangelium, die Jesus über sich selbst macht: Schlage nach Was Johannes über seine eigene Schrift sagt: Johannes 20,30 – 31; 21,24 – 25, 1 Johannes 1,1– 4 Der „Jünger, den Jesus liebte“: Johannes 13,21– 30; 19,25 – 27; 20,1–10; 21,20 – 23 Menschen, die Johannes vielleicht kannten Bischof Irenäus von Lyon in Gallien (Frankreich) lebte ungefähr von 130 bis 200 n. Chr. In einem seiner Bücher erwähnt er, dass er als Junge Polykarp gehört hatte, den Bischof von Smyrna in Kleinasien, der von ungefähr 69 bis um 155 lebte. Er wurde aufgrund seines christlichen Glaubens hingerichtet. Irenäus schreibt, Polykarp „lebte mit vielen, die den Herrn gesehen haben“, und er habe Johannes gekannt. Das würde zu der Überlieferung passen, dass sich Johannes in Ephesus niederließ, ungefähr 50 Kilometer von Smyrna entfernt. Irenäus erwähnt auch Papias, einen andern Bischof, der um 60 n. Chr. geboren wurde und sowohl Johannes als auch Polykarp kannte. Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Ich bin das Licht der Welt.“ 102 Das Johannesevangelium dreht sich um den Kern des christlichen Glaubens: Es beschreibt, wer Jesus ist. Er ist das „Wort Gottes“. Das bedeutet, dass sich in Jesus Gottes wahres Wesen zeigt. Weiter heißt es, das Wort habe „unter uns gewohnt“ (1,14). In Jesus war Gott wirklich gegenwärtig und lebte als Mensch unter Menschen. Am Ende des Johannesevangeliums wendet sich der Apostel Thomas an Jesus mit den Worten: „Mein Herr und mein Gott!“ (20,28) Als Nächstes berichtet das Evangelium, auf welche Weise Jesus unter uns wohnte – wie er geboren wurde, aufwuchs, Hunger hatte, müde war, sich mit Freunden ausruhte, weinte, wütend wurde, die Mächtigen und Stolzen angriff, hingerichtet wurde . . . und auferstand. In den Grundzügen stimmt die Geschichte mit den anderen drei Evangelien überein, obwohl Aussagen über Jesus getroffen werden, die sich dort nicht finden. Ähnlich wie im Matthäusevangelium ist die Lehre Jesu auch bei Johannes in langen Reden zusammengefasst. Aber inhaltlich unterscheiden sie sich von den Reden bei Matthäus und sind auch anders als die „Gleichnisse“ der drei „synoptischen“ Evangelien. Wer schrieb das Johannesevangelium? Wahrscheinlich ein Jude, der das Heilige Land gut kannte. Er nennt keinen Namen, doch im Evangelium erscheint ein „Jünger, den Jesus liebte“. Vielleicht hat der Verfasser damit sich selbst gemeint. Vielleicht kannte er aber auch nur die Geschichte dieses Jüngers (siehe 19,35; 21,24). Der „Jünger, den Jesus liebte“ war beim letzten Abendmahl an Jesu Seite (13,23), stand mit der Mutter Jesu am Fuß des Kreuzes (19,26), besuchte zusammen mit Petrus das Grab am Ostermorgen (20,2) und folgte später dem auferstandenen Jesus am Ufer des Sees entlang (21,20). Seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. sah man in dieser Figur den Apostel Johannes. Deshalb heißt es das „Evangelium nach Johannes“. Der erste „Brief des Johannes“ ähnelt dem Johannesevangelium in Wort und Ausdruck und stammt mit größter Wahrscheinlichkeit vom gleichen Verfasser. Die zweiten und dritten „Briefe des Johannes“ sind viel kürzer und stammen vom „Ältesten“, der entweder mit dem Verfasser des Evangeliums und des ersten Briefs identisch ist oder aus der gleichen christlichen Gemeinde kommt. Alle Briefe betonen, wie wichtig es ist, am „Wort des Lebens“ festzuhalten, „was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben“ – wie es im ersten Brief des Johannes heißt. • Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern (6,35). • Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben (8,12). • Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe (10,11). • Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt (11,25). Die Mutter Jesu und „der Jünger, den Jesus liebte“ stehen am Fuß des Kreuzes, wie es im Johannesevangelium beschrieben wird. Eine spanische Holzschnitzerei aus dem dreizehnten Jahrhundert. Das Papyrus P52 Diese älteste bekannte Handschrift des Neuen Testaments ist ein Fragment (Teilstück) aus dem Johannesevangelium. Es wurde im frühen zwanzigsten Jahrhundert in Ägypten entdeckt und befindet sich heute in der John-Rylands-Bibliothek in Manchester in England. Es stammt aus dem frühen zweiten Jahrhundert n. Chr. und ist vielleicht nur 30 oder 40 Jahre jünger als die erste Abschrift des Evangeliums. Es ist ein Ausschnitt aus Kapitel 18: auf einer Seite die Verse 31– 33, auf der anderen die Verse 37– 38. Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. Johannes 1,1– 5 103 50 Schlage nach Die Briefe des Johannes an die sieben Gemeinden von Asien: Ephesus Offenbarung 2,1–7 Smyrna Offenbarung 2,8 –11 Pergamon Offenbarung 2,12 –17 Thyatira Offenbarung 2,18 – 29 Sardes Offenbarung 3,1– 6 Philadelphia Offenbarung 3,7–13 Laodizea Offenbarung 3,14 – 22 Die Offenbarung beschreibt einen langen Kampf zwischen den Mächten von Gut und Böse. Darin besiegt der Erzengel Michael einen Drachen, der symbolisch für den Teufel steht. Diese Illustration stammt aus einer Handschrift aus dem zwölften Jahrhundert in der Bibliothèque Nationale in Paris, Frankreich. 104 Die Offenbarung des Johannes Das letzte Buch im Neuen Testament ist die Apokalypse oder Offenbarung des Johannes. Die Bezeichnung „Apokalypse“ leitet sich vom griechischen Wort für „Offenbarung“ her. Johannes schreibt, dass er auf der griechischen Insel Patmos im Exil war (1,9), „um des Wortes Gottes willen und Eine alte Kirche auf der Insel Patmos markiert die des Zeugnisses für Jesus“ – wahrscheinlich Stelle, an der Johannes seine Offenbarung erfahren als Strafe dafür, dass er die christliche Bot- haben soll. schaft verkündet hatte. Der erste Teil des Buches besteht aus Briefen an sieben christliche Gemeinden in der römischen Provinz Asien (der heutigen Türkei), darunter Ephesus. Den Johannes der Offenbarung setzte man üblicherweise mit dem Verfasser des Johannesevangeliums und der Johannesbriefe gleich. Manche wenden jedoch ein, dass sich der Stil der Offenbarung stark von diesen Büchern unterscheidet und sie deshalb nicht vom gleichen Verfasser stammen können. Doch das Buch der Offenbarung ist in seiner Art ganz anders als das Evangelium und die Briefe. Auch das könnte den unterschiedlichen Stil erklären. Es besteht aus mehreren Visionen oder Offenbarungen darüber, wie der Himmel ist. „Danach sah ich: Eine Tür war geöffnet am Himmel; und die Stimme, die vorher zu mir gesprochen hatte und die wie eine Posaune klang, sagte: Komm herauf und ich werde dir zeigen, was dann geschehen muss.“ In den Visionen des Johannes finden sich viele Anklänge an das Alte Testament, insbesondere an die Bücher Daniel, Ezechiel und Sacharja. Es werden blutige, kosmische Schlachten am Ende der Zeit beschrieben Pergamon (die Begriffe „Apokalypse“ und ASIEN Thyatira „apokalyptisch“ werden für alles verwendet, was mit dem Sardes Ende der Welt zu tun hat). Aber Philadelphia Smyrna Johannes legt sein Hauptaugenmerk nicht auf die Beschreibung Ephesus Laodizea des Weltuntergangs, sondern auf die Ermutigung der Christen, standhaft zu bleiben im Patmos Angesicht der Verfolgung, die „bald“ bevorstehe (1,1). Denn so stark der Feind auch sein mag, so Johannes, Jesus hat den Sieg bereits errungen (5,5). In der von Johannes erwähnte Kirche Offenbarung des Johannes haben Christen zu allen Zeiten Die sieben Gemeinden der Offenbarung: Die sieben eine Ermutigung gesehen, ein frühen Zentren der Christenheit, die in der Offenbarung christliches Leben auch im des Johannes erwähnt werden. Angesicht von Verfolgung und Konflikten zu leben. Das Buch endet mit der Beschreibung der Stadt Gottes, die auf eine neue Erde kommt: „Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde . . . Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen . . . Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: ,Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein . . . Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen‘“ (21,1– 4). Diese Worte erinnern an den Garten Eden im Buch Genesis und an Ezechiels Visionen. Da fließt ein Strom mit dem Wasser des Lebens; da sind Bäume, deren Blätter „zur Heilung der Völker“ da sind; hier können Gottes Diener sein „Angesicht schauen“. „Sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten.“ Aus diesen Worten haben Christen in dunklen Zeiten von Verfolgung, Leid und Tod Trost und Mut geschöpft. Der Himmel In der Bibel wohnt Gott im Himmel, obwohl die Menschen wussten, dass man Gott keinen Ort zuweisen kann. Wie Salomo bei der Weihung des Tempels sagt: „Selbst der Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht“ (1 Könige 8,27). In früher alttestamentlicher Zeit glaubten die Menschen daran, dass sie nach dem Tod an einem traurigen Ort, der Scheol („Grab“), weiterlebten. Zu späten alttestamentlichen Zeit glaubten die Menschen allmählich, die Toten würden am Ende der Welt wieder zu Leben auf Erden erwachen – einige, um bestraft, andere, um belohnt zu werden (Daniel 12,2 – 3). Das verstand man unter „Auferstehung“. In neutestamentlicher Zeit herrschte Uneinigkeit zwischen den verschiedenen jüdischen Gruppierungen: Die Pharisäer glaubten an die Auferstehung, die Sadduzäer nicht. Die Christen glaubten, dass Jesus eine Art „Vorauszahlung“ oder Bedingung für die Auferstehung aller Menschen war. Die Toten betrachteten sie als „Entschlafene“, die auf den Tag der Auferstehung am Jüngsten Tag warten. Später entwickelte sich unter Christen die Vorstellung, dass sie nach dem Tod in den Himmel kämen und Petrus sie am Himmelstor empfinge, doch davon ist in der Bibel keine Rede. 105 51 Die Briefe am Ende des Neuen Testaments Schlage nach Helden des Glaubens: Hebräer 11 Gelebtes Christentum: Jakobus 2,14 – 26 Bei Verfolgung standhalten: 1 Petrus 4,12 –19 D a uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt, wollen auch wir alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt. Hebräer 12,1– 2 Heilige auf einem Mosaik aus dem sechsten Jahrhundert in der Kirche San Apollinare Nuovo in Ravenna. Wer in dieser Kirche steht, hat wirklich das Gefühl, von einer „Wolke von Zeugen“ umgeben zu sein, wie es im Brief an die Hebräer heißt. 106 Der Brief an die Hebräer Dieser lange Brief gegen Ende des Neuen Testaments ist ein wenig rätselhaft: Weder Verfasser noch Adressat werden genannt. Gegen Schluss kommen ein gewisser Timotheus und ein paar Brüder „aus Italien“ vor, doch diese Hinweise reichen als Erklärung nicht aus. In den frühesten erhaltenen Handschriften erscheint dieser Text als »Brief an die Hebräer“, aber es ist nicht klar, ob der Verfasser ihn so adressierte. Aufgrund der Erwähnung von „Timotheus“ wird dieser Brief oft Paulus zugeordnet und erscheint in manchen Bibelübersetzungen unter den paulinischen Briefen. Doch in Schreibstil und Denkart unterscheidet er sich deutlich von den Briefen, die nachweislich von Paulus stammen. Das erste Mal wird dieser Brief von Clemens von Rom erwähnt, also muss er vor Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden sein. Im Brief an die Hebräer wird Jesus „erhabener Hohepriester“ genannt. Der Hohepriester des Volkes Israel betrat einmal im Jahr das Allerheiligste im Tempel und brachte das Blut der Opfertiere dar, um die Vergebung der Sünden der Menschen zu erbitten. Doch Jesus, der wahre Hohepriester, so der Brief an die Hebräer, ist in den wahren Tempel gegangen, nämlich Gottes Wohnung im Himmel. Er hat nicht das Opferblut der Tiere, sondern sein eigenes Blut dargebracht, das er am Kreuz vergossen hat. Er geht nicht einmal im Jahr dorthin, sondern für alle Zeit, um allen Menschen Vergebung zu bringen. Das war es, worauf die Propheten des Alten Testaments gewartet hatten, was sie aber niemals selber erfuhren. In einem Absatz erinnert sich der Verfasser an viele Helden des Alten Testaments – Noah und Abraham, Isaak und Jakob, Josef und Moses, Gideon und Simson, David und Samuel und die Propheten – jene, die „aufgrund des Glaubens Königreiche besiegt . . ., Löwen den Rachen gestopft . . ., Spott und Schläge erduldet“ haben. Die Propheten, „deren die Welt nicht wert war“, wurden „gesteinigt . . ., verbrannt . . ., mit dem Schwert umgebracht“ und wurden doch für all ihre Treue nicht mit dem belohnt, was Gott wirklich versprochen hatte – und was sich erst in Jesus erfüllte. „Da uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt“, meint der Verfasser, „wollen auch wir alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken“ (12,1– 2). „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin“, so heißt es, „für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.“ Das erinnert an Propheten wie Amos und Jeremia aus dem Alten Testament. Der Brief hält dazu an, arme wie reiche Menschen mit dem gleichen Respekt zu behandeln: „Wenn in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung kommt, und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung und ihr blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung und sagt: ,Setz dich hier auf den guten Platz!’, und zu dem Armen sagt ihr: ,Du kannst dort stehen!’, oder: ,Setz dich zu meinen Füßen!’ Macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede und fällt Urteile aufgrund verwerflicher Überlegungen?“ (2,2 – 4) Die Petrusbriefe und der Judasbrief Zweifel daran, dass der erste Petrusbrief wirklich vom Apostel Petrus geschrieben wurde, weckt das gebildete Griechisch, in dem er verfasst ist. Schließlich wird Petrus an anderen Stellen des Neuen Testaments als ungebildet beschrieben („Petrus und [. . .] Johannes [waren] ungelehrte und einfache Leute“ – Apostelgeschichte 4,13). Wie manche Briefe, die Paulus zugeschrieben werden, könnte dieser Brief von einem anderen Verfasser stammen, der als Petrus unterschrieb. Der Brief ermutigt Christen, auch in Zeiten der Verfolgung stark zu bleiben. Der zweite Petrusbrief ist in einem ganz anderen Stil geschrieben als der erste, stammt also vermutlich nicht vom gleichen Verfasser. In weiten Teilen überschneidet er sich mit dem Brief des Judas. Beide Briefe rufen dazu auf, sich falschen Lehrern der Kirche zu widersetzen. „Setz dich hier auf den guten Platz . . . Setz dich zu meinen Füßen!“ Jakobus 2,3 Der Brief des Jakobus Der Brief des Jakobus (der in der Überlieferung als Jesu Bruder gilt) ist beliebt bei vielen Christen, weil er eine handfeste Anleitung zum christlichen Leben liefert. 107 52 Die Zusammenstellung der Bücher des Neuen Testaments Schlage nach Ein junger Christ wird ermahnt, die Heilige Schrift (das Alte Testament) zu lesen: 2 Timotheus 3,10 –17 Die ersten Paulusbriefe werden gesammelt: Kolosser 4,16 –17 Zusammenstellung der Bücher des Alten Testaments: siehe Kapitel 32 Ein früher Versuch, die Bibel zu beschneiden M itte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. gab es in Rom einen Christen namens Markion. Er war der Meinung, das Alte und Neue Testament gehöre zwei verschiedenen Religionen mit unterschiedlichen Göttern an. Er lehnte das Alte Testament ab und den seiner Meinung nach zu großen Einfluss des Alten Testaments auf die Evangelien. Seiner Meinung nach sollten Christen nur die Briefe des Paulus lesen und eine gekürzte Version des Lukasevangeliums. Die Kirche in Rom erklärte Markions Ansicht für falsch. Daher gründete er mit seinen Anhängern eigene Kirchen, die bis ins dritte Jahrhundert n. Chr. bestanden. Doch derlei Vorkommnisse brachten Christen dazu, sich intensiver damit auseinanderzusetzen, welche Bücher sie anerkennen wollen und welche nicht. Eine ganze Generation lang verehrten die Urchristen Jesus, verkündeten seine Botschaft und lebten nach seinem Vorbild; erst dann erschienen die ersten christlichen Bücher. Die ersten Christen hatten das Alte Testament, insbesondere die Septuaginta – die spätere griechische Fassung – und ihre Erinnerung an die Worte und Taten Jesu. Unter den führenden Christen gab es eine lebhafte Diskussion darüber, wie die Lehre Jesu auszulegen sei. Doch sie hatten keine „Bibel“ im heutigen Sinne, auf die sie sich beziehen konnten. Die Bücher, die später zum Neuen Testament zusammengefasst wurden, erschienen ursprünglich in verschiedenen Kirchen und wurden nicht gleich herumgereicht. Vor Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. konnte kein Christ alle Bücher des Neuen Testaments kennen. Und auch danach wurden die 27 Bücher des Neuen Testaments noch nicht als eigene Sammlung betrachtet. Einige Kirchen erkannten einzelne Bücher nicht an, viele lasen zusätzliche Bücher. Erst weitere 100 Jahre später einigten sich die Christen auf die Bücher des heutigen Neuen Testaments. Die erste echte Liste (genannt „Kanon Muratori“) um 200 n. Chr. enthält alle Bücher des Neuen Testaments außer Hebräer, Jakobus, 1 und 2 Petrus, dafür aber das „Buch der Weisheit“. Die Liste (Kanon) mit allen 27 Büchern erscheint zum ersten Mal in einem Brief von Bischof Athanasius aus dem Jahr 367 – über 300 Jahre, nachdem das erste Buch des Neuen Testaments geschrieben wurde. Einige andere frühchristliche Bücher stehen in ihren Ideen den Büchern des Neuen Testaments sehr nahe. Das Fresko zeigt Athanasius, Bischof von Alexandria in Ägypten im vierten Jahrhundert. In einem seiner Briefe erscheint zum ersten Mal die Liste der heutigen 27 Bücher des Neuen Testaments. Zum Beispiel wurde der erste Clemensbrief (verfasst gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr.) im zweiten Jahrhundert genauso im Gottesdienst verlesen wie die Briefe des Neuen Testaments. Ein weiteres frühchristliches Buch ist das Thomasevangelium. Teile davon wurden zwischen 1898 und 1903 entdeckt, der größte Teil jedoch erst im Jahr 1945. Wahrscheinlich wurde es Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. geschrieben, also bestimmt nicht von dem Thomas, der zu den zwölf Aposteln gehörte. Es könnte ein paar echte Aussprüche Jesu enthalten, die in den vier „kanonischen“ Evangelien fehlen. Doch sie vermischen sich mit den gängigen Vorstellungen des zweiten Jahrhunderts n. Chr. So wird im Thomasevangelium die Ansicht vertreten, Frauen könnten nur ins Reich Gottes gelangen, indem sie Männer werden. Das passt kaum zum Bild von dem Jesus der vier kanonischen Evangelien, der Frauen ausgesprochen freundlich entgegentritt. Obwohl das Thomasevangelium im zweiten und dritten Jahrhundert in manchen Gemeinden in Umlauf gewesen sein mag, wurde es nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen und ging irgendwann verloren. Ein Fragment des Thomasevangeliums, das 1945 in Nag Hammadi in Ägypten entdeckt wurde. Die Didache gibt Anweisungen für die Tauffeier. Dieses Mosaik aus dem sechsten Jahrhundert aus Ravenna zeigt, wie Jesus von Johannes getauft wird. Die Didache V iele frühchristliche Schriftsteller zitieren ein verlorengegangenes Buch, das „Zwölf-Apostel-Lehre“ oder Didache (griechisch „Lehrschrift“) heißt. Das Buch war mehrere Jahrhunderte verschollen, doch 1873 entdeckte man eine Abschrift in einem Kloster in Konstantinopel. Die meisten Forscher glauben, dass die Didache im frühen zweiten Jahrhundert in Syrien verfasst wurde. Teile davon könnten auch älter sein. Sie liefert ein farbenfrohes Bild vom Leben einer frühchristlichen Gemeinde mit Anleitungen zum Fasten, zum Vaterunser, zu Taufe und Abendmahl. In ihren Formulierungen und Vorstellungen ähnelt sie stark dem Matthäusevangelium. Auch die Didache hätte gut in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen werden können. 109 108 Jesu Geburt im Neuen Testament Schlage nach Die Kindheitsgeschichte Jesu nach Matthäus: Matthäus 1,18 – 2,23 Die Kindheitsgeschichte Jesu nach Lukas: Lukas 2 Die selige Jungfrau Maria B ei Matthäus und Lukas heißt es, Maria habe Jesus als Jungfrau empfangen. Bei Matthäus sagt der Engel zu Josef: „Das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ Bei Lukas sagt der Engel zu Maria: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.“ Bei Lukas erfährt Maria als erste die Frohe Botschaft und ist damit die erste Jüngerin. An einer Stelle ruft eine Frau aus der Zuhörermenge Jesus zu: „Selig die Frau, deren Leib dich getragen und deren Brust dich genährt hat.“ Jesus antwortet: „Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen.“ Maria ist in beiderlei Hinsicht „selig“. Sie trug den Sohn Gottes im Leib und stillte ihn, und sie hörte und befolgte das Wort Gottes. Im Lobgesang Marias (auch „Magnificat“) in Lukas 1,46 – 55 sagt Maria: „Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.“ Deshalb heißt sie bei vielen Christen die »selige Jungfrau Maria“. Matthäus und Lukas lassen ihre Geschichte von Jesus vor seiner Geburt beginnen, Markus und Johannes setzen erst mit der Predigt von Johannes dem Täufer ein, als Jesus bereits erwachsen ist. Die Weihnachtsgeschichte ist so bekannt, dass man leicht vergisst, wie stark sich die Versionen von Matthäus und Lukas voneinander unterscheiden. Lukas beschreibt, wie Johannes der Täufer und Jesus zur Welt kommen, nachdem ihre Geburt jeweils von Engeln Anbetung der Heiligen Drei Könige von Diego verkündet wurde. Dann erzählt er, warum Velázquez (1599 –1660): Die Sterndeuter Jesus in Betlehem geboren wird, obwohl aus dem Matthäusevangelium beim Jesuskind. seine Mutter Maria in Nazaret lebt. Maria und Josef reisen nach Betlehem (wo Josefs Familie herkommt), weil die römische Regierung eine Volkszählung angeordnet hat. Die Herberge ist voll, daher müssen sich Maria und Josef mit dem Stall begnügen. Die Hirten kommen sie dort besuchen. Nach einem Besuch des Tempels in Jerusalem kehren Maria und Josef nach Nazaret zurück. Matthäus hingegen erwähnt weder eine Volkszählung noch eine Reise von Nazaret aus, weder den Stall noch die Hirten. Nach seiner Geburt wird Jesus in einem „Haus“ in Betlehem von weisen Sterndeutern aufgesucht. Sie kommen aus dem Osten See und bringen Geschenke. Reiseroute von Maria Gennesaret und Josef G A L I L Ä A Dann versucht König Herodes, Nazaret Weg nach Ägypten Jesus umbringen zu lassen. Also fliehen Maria und Josef mit dem Kind nach Ägypten. Da es in Judäa (wo Betlehem liegt) auch später nicht sicher ist, gehen sie nach Nazaret in Galiläa. Jordan 53 Jerusalem Betlehem Hebron To t e s Meer Soweit einige Unterschiede. Doch worin stimmen Matthäus und Lukas überein? Bei beiden heißt es, dass Maria zur Zeit der Geburt Jungfrau ist. Bei beiden heiraten Maria und Josef. Sie stimmen darin überein, dass Jesus in Betlehem zur Welt kommt und in Nazaret aufwächst. Und darin, dass Maria und Josef gläubig und Gott gehorsam sind. Sie sind bereit zu tun, was von ihnen verlangt wird. Weder Markus noch Johannes beschreiben die Geburt Jesu – obwohl Johannes Jesus im ersten Kapitel das „Wort“ Gottes nennt, das in die Welt kommt, Mensch wird und unter uns lebt. Diese Stelle wird im Weihnachtsgottesdienst gelesen. Im Johannesevangelium ist Jesus für die Menschen der „Sohn Josefs“. Und an keiner Stelle wird eine Geburt in Betlehem erwähnt. Es gibt sogar einen Streit darüber (Johannes 7,40 – 44), ob Jesus der Messias sein kann, weil einige den Messias aus Betlehem erwarteten, während Jesus doch bekanntermaßen aus Nazaret in Galiläa stamme. Die anderen Verfasser des Neuen Testaments erwähnen weder die Geburt Jesu noch Maria oder Josef oder den Umstand, dass Jesu Mutter Jungfrau war. Einige Weihnachtsgeschichten, die nicht in der Bibel stehen D ie Sterndeuter aus dem Matthäusevangelium werden oft „Könige“ genannt und als Kamelreiter dargestellt. Inspiriert wurde diese Darstellungsweise wahrscheinlich von Jesaja 60,3 – 6. Die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar tauchen zum ersten Mal im sechsten Jahrhundert n. Chr. auf. Bei Lukas heißt es nicht, dass Jesus in einer Höhle zur Welt kommt, wie auf vielen alten Gemälden dargestellt; diese Vorstellung leitet sich vom Protevangelium des Jakobus ab, das um 150 n. Chr. verfasst wurde. Im gleichen Buch werden Joachim und Anna als Eltern Marias angegeben. Herodes der Große Herodes („der Große“) war Die Heimsuchung von einem GiottoSchüler aus dem dreizehnten Jahrhundert: Maria, die Mutter von Jesus, besucht Elisabet, die Mutter von Johannes dem Täufer, wie das Lukasevangelium beschreibt. unter den Römern Gouverneur von Galiläa. Seine Frau Mariamne kam aus der Hasmonäer-Familie. 40 v. Chr. machten die Römer Herodes zum „König der Juden“ und er blieb ihnen treu verbunden. Er war ein strenger Herrscher, der keinen Widerstand duldete und sogar seine Frau und Söhne töten ließ. Er plante den neuen Hafen von Caesarea. Sein berühmtestes Bauwerk war der neue Tempel in Jerusalem, den er 20 v. Chr. begann und der erst 62 n. Chr. vollendet wurde. Herodes starb 4 v. Chr., also muss Jesus vor diesem Jahr geboren sein (siehe Kapitel 39). Der Aquädukt, den Herodes der Große baute, um Wasser in seine neue Stadt Caesarea zu leiten. Der Weg von Nazaret nach Betlehem (nach Lukas) und von Betlehem nach Ägypten nach der Beschreibung im Matthäusevangelium. 110 111 54 Jesu Lehre im Neuen Testament Schlage nach: Einige kurze Gleichnisse: Matthäus 13,31– 54 Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Lukas 10,25 – 37 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Lukas 15,11– 32 Jesus spricht mit der Samariterin: Johannes 4,1– 42 Jesus vergleicht das Reich Gottes mit einem großen Baum, in dessen Zweigen viele Vögel nisten (Lukas 13,18 –19). Was er sagt, erinnert an Ezechiels Worte (17,22 – 24). Die Leute nannten Jesus „Lehrer“. In den Evangelien heißt es, die Menschen seien erstaunt gewesen, dass er mit so viel Kenntnis und Autorität sprach. Im Johannesevangelium heißt es jedoch auch, dass die Menschen Jesus nicht mehr folgten, wenn er etwas schwer Verständliches sagte. Als Jesus seine zwölf Jünger fragt, ob auch sie gehen wollen, erwidert Petrus: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ Jesus lehrte die Menschen anhand von beispielhaften Geschichten („Gleichnissen“). Einige davon sind ziemlich lang – mit mehreren Szenen und Personen, wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Andere sind kurz, knapp auf den Punkt gebracht, so wie dieses: „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker.“ Bei Markus und Lukas spricht Jesus über das Reich Gottes. Bei Matthäus heißt es Himmelreich, aber es bedeutet dasselbe. Jesus sagt, dieses Reich sei „nahe“ (Markus 1,15). Als ein Schriftgelehrter zu Jesus sagt, Gott und seinen Nachbarn zu lieben sei wichtiger als zu opfern, erwidert Jesus: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes“ (Markus 12,34). Bei Matthäus 5,3 –12 malt Jesus ein Bild des Gottesvolkes: Es hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, es ist reinen Herzens, es stiftet Frieden. Jesus nennt es „selig“ – selig durch Gott und wahrhaft glücklich. Jesus erklärt, es könnten auch Leute das Reich erlangen, von denen man es nicht erwarten würde. Nicht nur die religiösen Führer, nicht nur das Volk Israel. Es könnten Samariter sein, Römer und Griechen. Sie könnten „von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.“ Es könnten Dirnen dabei sein und Zöllner – Menschen, die keiner in Gottes Reich erwartet hätte. Solche Aussagen erzürnten die damaligen religiösen Führer so sehr, dass sie Jesus aufhalten wollten. Jesus erzählte nicht nur Gleichnisse, er hielt auch lange Ansprachen oder Predigten. Johannes gibt die Lehren Jesu in anderen Worten wieder als die anderen Evangelien (siehe Kapitel 44). Doch auch er beschreibt, dass Menschen zum Glauben an Jesus finden, von denen man es nicht gedacht hat. Zum Beispiel war es für Juden schwer vorstellbar, dass Samariter teil am Gottesreich hätten. Doch so, wie Lukas das Gleichnis vom barmherzigen Samariter erzählt, spricht Johannes von einer Samariterin, die zum Glauben an Jesus als den Messias findet. Jesus lehrte in Wort und Tat. Alle Evangelisten berichten von Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen. Einmal schickt Johannes der Täufer seine Jünger, um zu erkunden, ob Jesus wirklich der Messias ist. Jesus antwortet schlicht: „Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen und Aussätzige werden rein; Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet.“ Paulus erzählt viel über Jesus, aber er zitiert ihn nicht – außer seine Worte beim letzten Abendmahl und einen anderen Ausspruch, der in keinem Evangelium erscheint: „In Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der selbst gesagt hat: ‚Geben ist seliger als nehmen.’“ „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Matthäus und Markus berichten, dass Jesus beim letzten Abendmahl, am Abend vor seinem Tod, das Brot nahm, dankte und es seinen Jüngern mit den Worten gab: „Das ist mein Leib.“ Er sprach den Lobpreis und gab ihnen den Wein und sagte: „Das ist mein Blut.“ Lukas erzählt es ähnlich. Bei ihm sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Die Urchristen begingen dieses heilige Mahl regelmäßig, wie es deutlich aus dem erstem Brief des Paulus an die Korinther hervorgeht. Dort beschreibt er das letzte Abendmahl in ganz ähnlichen Worten wie Matthäus, Markus und Lukas (1 Korinther 10,16 –17; 11,17– 34). Sie nannten es das „Herrenmahl“ oder das „Brechen des Brotes“. Christen feiern das Herrenmahl auch heute. In den verschiedenen Kirchen heißt es „Eucharistie“, „Messe“ oder „Abendmahl“. Ein Mosaik in der Kirche San Apollinare Nuovo in Ravenna (Italien) zeigt das letzte Abendmahl. Fische gehörten eigentlich nicht zum Paschamahl. Der Künstler fügte sie ins Bild ein, um den Zusammenhang zu den Erzählungen zu schaffen, in denen Jesus nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern Fisch isst. 113 55 Der Tod Jesu im Neuen Testament Schlage nach Die Kreuzigung: Matthäus 27, Markus 15, Lukas 23, Johannes 19 Was Paulus über die Kreuzigung schreibt Der Tod von Jesus war sehr wichtig für Paulus und wird in fast all seinen Briefen behandelt. Er schreibt, dass Jesus sich „erniedrigte“. Er war „gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“. Paulus spricht von den „Machthabern dieser Welt“, die den „Herrn der Herrlichkeit“ kreuzigten. Für Paulus ist der Tod Jesu „machtvoll“, weil Gott auf dieses Weise der ganzen Welt die Hand entgegenstreckt. Gott hat „in Christus die Welt mit sich versöhnt“, schreibt Paulus. Laut Johannes würfelten die Soldaten bei der Kreuzigung aus, wer Jesu Kleider bekäme. Das war das Recht römischer Soldaten, die an Kreuzigungen beteiligt waren. 114 Die vier Evangelien stimmen darin überein, dass Jesus während des Paschafestes auf Befehl des römischen Statthalters Pontius Pilatus in Jerusalem gekreuzigt wurde. Obwohl jeder der vier Evangelisten die Geschichte auf seine Art erzählt, stimmen sie in der Beschreibung von Jesu Tod genauer überein als in anderen Teilen. Alle vier Verfasser berichten übereinstimmend, wie Jesus die jüdischen Machthaber mit seinen Worten und Taten zunehmend gegen sich aufbringt. Dass Jesus in Galiläa für Aufruhr sorgte, war eine Sache. Dass er aber nach Jerusalem kam und seine Lehren dort verbreitete, war weitaus gefährlicher. Bei allen vier Evangelisten reitet Jesus auf einem Esel in Jerusalem ein und wird von den Pilgern bejubelt, die zum Paschafest in die Stadt gekommen sind. Besser hätte Jesus Sacharjas Ankündigung eines König nicht entsprechen können: „Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel.“ Matthäus, Markus und Lukas beschreiben außerdem, wie Jesus den Tempel einnimmt. Er vertreibt die Händler, die den Tempel wie einen Marktplatz nutzen. Mehrere Tage hält er sich dort auf, heilt Kranke und predigt (bei Johannes ereignet sich dies bei einem früheren Besuch in Jerusalem – Johannes 2,13 – 22). Von da an wollten die jüdischen Machthaber Jesus aus dem Weg schaffen. Sie mussten Pontius Pilatus davon überzeugen, dass Jesus eine Gefahr war. Außerdem mussten sie einen Weg finden, Jesus umzubringen, ohne seine Anhänger gegen sich aufzubringen. Die vier Evangelisten berichten einstimmig, dass Jesus von Judas, einem seiner Jünger, verraten wurde. Bei Matthäus und Markus heißt der Ort des Verrats Getsemani, bei Johannes ist es ein Garten. Die Anführer der Tempelwache nehmen Jesus im Schutz der Dunkelheit fest. Es folgt ein Eilverfahren vor dem Hohenpriester und dem Hohen Rat, bei dem man einstimmig urteilt, dass Jesus sich der Gotteslästerung schuldig gemacht hat. Jesus wird schnell vor Pilatus gebracht und beschuldigt, sich als König der Juden ausgegeben zu haben. Alle vier Evangelisten schreiben, dass Pilatus keinen Grund findet, Jesus zu bestrafen. Er stimmt seiner Hinrichtung aber zu, um einen Volksaufstand zu vermeiden. Also wird Jesus zum Tod am Kreuz verurteilt, eine der bevorzugten Hinrichtungsmethoden der Römer. Es war eine grausame und schmerzvolle Art zu sterben. Für Juden waren die körperlichen Schmerzen noch nicht das Schlimmste daran. Denn ihre Lehre sagte: „Ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter“ (Deuteronomium 21,23). Bei Markus und Matthäus ist die Kreuzigung sehr trostlos. Jesus spricht am Kreuz nur einen Vers aus den Psalmen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (siehe Kapitel 17). Die Priester, die ihn verurteilen ließen, Passanten und selbst die Männer, die mit ihm gekreuzigt werden, verspotten ihn. Die einzige Unterstützung kommt von seinen Jüngerinnen, die in großer Entfernung stehen. In der Erzählung nach Lukas sagt Jesus mehr. Er bittet Gott, seinen Vater, den Männern zu vergeben, die ihn kreuzigen. Dem Dieb am Kreuz neben seinem eigenen verspricht er einen Platz bei ihm im „Paradies“ (was hier wahrscheinlich einen Ort der Ruhe für gerechte Menschen nach dem Tod bedeutet). Als Jesus stirbt, zitiert er einen weiteren Psalm: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Psalm 31,6). Er ist ergebener und leidet weniger Todesangst als bei Matthäus und Markus. Im Johannesevangelium bleibt Jesus immer Herr der Lage. Er stirbt, doch er gibt sein Leben aus freien Stücken. „Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin.“ Am Fuße des Kreuzes stehen der namenlose „Jünger, den Jesus liebte“ und seine Mutter. Jesus spricht zu den beiden und sagt, sie sollen sich umeinander kümmern. Als er stirbt, sagt er: „Es ist vollbracht!“ – Er hat erfüllt, wozu er in die Welt gekommen ist. Andere Bücher des Neuen Testaments Auch andere Verfasser des Neuen Testaments sprechen über den Tod Jesu. Im Brief an die Hebräer heißt es: „Es war nämlich Gottes gnädiger Wille, dass er für alle den Tod erlitt.“ Jesus brachte „mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten“ vor Gott (was an die Gebete Jesu im Garten Getsemani erinnert). Jesus litt „außerhalb des Tores“, das heißt, er wurde aus der Gemeinschaft des Gottesvolkes ausgeschlossen. In der Offenbarung des Johannes erscheint Jesus als „Lamm“ (Opfertier) und „sah aus wie geschlachtet“. Die Offenbarung erwähnt die Stadt, in der „auch ihr Herr gekreuzigt“ wurde. Ein alter Olivenbaum an dem Ort, der als Garten Getsemani gilt. 115 56 Jesu Auferstehung im Neuen Testament Schlage nach Die vier Evangelisten erzählen die Geschichte der Auferstehung in unterschiedlichen Worten: Matthäus 28, Markus 16, Lukas 24, Johannes 20 – 21 Und Paulus erzählt sie in seinen: 1 Korinther 15 Eine Darstellung der Auferstehung von Pietro Perugino (1446 –1524) im Kloster San Pietro in Perugia, in Italien. Kleidung und Landschaft entsprechen dem Italien des sechzehnten Jahrhunderts – der Künstler hat die Auferstehung Jesu in seine Welt versetzt. 116 Die Kreuzigung hätte jedem Glauben daran, dass Jesus der Messias war, ein Ende setzen können. Wie traurig und verzweifelt die Jünger Jesu sind, kommt deutlich bei Lukas zum Ausdruck, der beschreibt, wie zwei von ihnen nach der Kreuzigung die Stadt Jerusalem verlassen: „Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde“, sagen sie. Jesu Leichnam wird eilig von seinen Freunden beigesetzt, weil es der Tag vor dem Sabbat ist, an dem die Arbeit ruhen muss. Bei Matthäus erlaubt Pilatus den Hohenpriestern, Soldaten als Wachen ans Grab zu stellen. Auf unterschiedliche Weise erzählen alle vier Evangelisten, wie Jüngerinnen am Tag nach dem Sabbat früh morgens zum Grab Jesu gehen. In allen Versionen finden sie ein leeres Grab vor. Bei Markus, Matthäus und Lukas erscheinen eine oder zwei weiße Gestalten, die sagen, dass Jesus auferstanden sei. Bei Markus heißt es weiter, die Frauen würden von Schrecken erfasst und liefen davon; damit endet die früheste Version dieses Evangeliums. Bei Matthäus und Lukas gehen die Frauen zu den anderen Jüngern, um ihnen davon zu erzählen. Dann erscheint Jesus selbst verschiedenen Menschen. Bei Matthäus fordert Jesus die Jünger auf, nach Galiläa zu gehen, um ihn dort auf einem Berg treffen. Bei Lukas sagt Jesus, sie sollen in Jerusalem bleiben, bis sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Lukas erzählt auch, wie zwei Jünger Jesus auf der Straße nach Emmaus treffen. Im Haus des Jüngers bricht Jesus ihnen beim Abendessen das Brot und erst da erkennen sie ihn. Bei Johannes gibt es keine Gestalten in Weiß, stattdessen erscheint Jesus selbst Maria Magdalena im Garten. Am gleichen Abend und ein weiteres Mal eine Woche später kommt er zu den Jüngern. Thomas, der zuerst nicht daran glaubt, wird von Jesus überzeugt. Dann erzählt Johannes weiter, wie Jesus die Jünger am See Genesaret trifft. Paulus, der vor den Evangelisten schreibt, berichtet den Korinthern, was er selbst gehört hat: dass Jesus starb, begraben wurde und am dritten Tag von den Toten auferstand. Er benennt alle, denen Jesus erschien: „Kephas“ (Petrus), allen zwölf Aposteln, Jakobus und „mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben“. Dann erzählt er von seiner eigenen Begegnung mit Jesus (auf der Straße nach Damaskus). Paulus spricht noch an vielen anderen Stellen von der Auferstehung. Für ihn hatte Gott damit gezeigt, dass die Kreuzigung kein Sieg über Jesus war. Es war der Anfang eines neuen Zeitalters; dank Jesu Auferstehung würden alle, die an ihn glaubten, schließlich von den Toten auferstehen. Auch für die anderen Verfasser des Neuen Testaments ist die Auferstehung von großer Bedeutung. Hier ein Beispiel (1 Petrus 1,3 – 4): „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinem großen Erbarmen neu geboren, damit wir durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten eine lebendige Hoffnung haben und das unzerstörbare, makellose und unvergängliche Erbe empfangen, das im Himmel für euch aufbewahrt ist.“ Im vierten Jahrhundert baute Helena, die Mutter von Kaiser Konstantin, eine Kirche an dem Ort, wo man Jesu Grab vermutete. Die heutige Kirche stammt größtenteils aus dem Mittelalter. Das Bild zeigt die Kapelle am Eingang des Christusgrabes in der Grabeskirche. Jesu Grab D ie Juden begruben ihre Toten. Reiche Leute ließen sich oft Höhlen als letzte Ruhestätte ausstatten, mit einem Sims für den Leichnam. Manchmal wurden große scheibenförmige Steine vor die Öffnungen dieser Gräber gerollt. In solch einer Grabstätte wurde Jesus nach seinem Tod eilig beigesetzt, bevor der Sabbat begann (Matthäus 27,57– 66). Jesu Grab konnte nie eindeutig bestimmt werden, doch an dem Ort, an dem man es vermutet, steht heute die Grabeskirche in Jerusalem. 117 57 Die Bibel heute Zu Beginn dieses Buches wurde die Bibel als Geschichtenbuch beschrieben – Was über die Bibel gesagt wird: „Die ganze Heilige Schrift ist ein einziges Buch und dieses eine Buch ist Christus, denn die ganze göttliche Schrift spricht von Christus und die ganze göttliche Schrift geht in Christus in Erfüllung.“ Hugo von Sankt Viktor (französischer Theologe des Mittelalters, gestorben 1141) Die Zehn Gebote haben nicht nur das Judentum und die Christenheit geformt, sondern die ganze moderne Welt. 118 mit Geschichten aus der Vergangenheit, die Hoffnung für die Zukunft geben. Auf diese Weise lesen Juden die hebräische Bibel (die Thora) und Christen die christliche Bibel (das Alte und Neue Testament). Manchmal schöpfen Menschen einfach „Hoffnung“ aus der Bibel, um schwere Zeiten zu überstehen. Zu anderen Zeiten spornt die Bibel Menschen an, die Welt zu verändern. Zum Beispiel sangen die Sklaven in den Vereinigten Staaten im neunzehnten Jahrhundert Lieder mit Bibeltexten, die „Spirituals“, um in ihrer hoffnungslosen Lage nicht aufzugeben. Eine Kampagne von Christen, die glaubten, dass die Bibel gegen Sklaverei ist, führte zum Verbot der Sklaverei in den meisten Teilen der Welt. Doch sie mussten sich mit anderen Christen auseinandersetzen, die aus der Bibel die Erlaubnis für Sklaverei herauslasen. Martin Luther King, der sich erfolgreich für die Menschenrechte schwarzer Amerikaner einsetzte, wurde durch die Bibel ermutigt. Genauso Dietrich Bonhoeffer, der mutige Pfarrer, der sich im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler wehrte. Beide setzten ihren Glauben mutig in die Tat um und wurden dafür getötet – so wie Johannes der Täufer, Jakobus, Petrus und Paulus. Doch King und Bonhoeffer mussten sich auch mit anderen Christen auseinandersetzen, die der Ansicht waren, sie hätten die Bibel falsch verstanden. Die Bibel regte Christen zu Protesten gegen die Rassentrennung in Südafrika an, doch andere Christen vertraten die Ansicht, die Bibel spreche für eine Trennung der Rassen. Das zeigt, wie unterschiedlich Menschen die Bibel auslegen. Bis heute sind sich Christen uneinig, was die Bibel zu Homosexualität und anderen Themen sagt. Manche finden, die Bibel räume den Frauen zu wenig Platz ein. Andere finden, die Bibel gebe den Frauen viel Raum, doch die Christen hätten diesen Stellen im Laufe der Jahrhunderte zu wenig Beachtung geschenkt. Die Bibel hat auch Menschen ermutigt, die weder Juden noch Christen waren. Der Hindu Mahatma Gandhi, der sich für gewaltlosen Widerstand starkt machte und das heutige Indien formte, meditierte Jesu Bergpredigt gründlich. Für Christen sind die Geschichten von Jesus der wichtigste Teil der Bibel. Das Alte Testament bereitet ihm den Weg, das Neue Testament erzählt von ihm. Die ganze Bibel ist auf ihn ausgerichtet. Christen erinnern an Jesu Worte im Johannesevangelium: „Ihr erforscht die Schriften, weil ihr meint, in ihnen das ewige Leben zu haben; gerade sie legen Zeugnis über mich ab“ (Johannes 5,39). Jesus fordert seine Jünger auf, den Hungernden zu essen zu geben, die Nackten zu bekleiden und Kranke und Gefangene zu besuchen. Wenn Menschen einem Mitmenschen helfen, tun sie es für Jesus selbst (Matthäus 25,31– 40). Hilfsorganisationen wie „Misereor“ oder „Brot für die Welt“ helfen beim Bau eines Damms, damit dieses afrikanische Dorf in Mali Wasser hat. Jerusalem gilt bei Juden, Christen und Muslimen als Heilige Stadt. Menschen dieser drei Glaubensgemeinschaften betrachten sich als „Schriftreligionen“, weil sie einige alte Geschichten gemeinsam haben. 119 Zeittafel Die kursiv gesetzten Daten geben geschätzte Jahreszahlen an. •2000 –1500: Abraham, Isaak, Jakob, Josef 1400 v. Chr. 1200 v. Chr. 1000 v. Chr. •1000: Samuel, Saul und David 800 v. Chr. •786 –746: König Jerobeam II. von Israel, Prophet Jona •786 –736: König Usija von Juda, Propheten Jesaja und Amos 1350 v. Chr. 1150 v. Chr. 950 v. Chr. 750 v. Chr. •926: Tod des Salomo. Das Königreich wird geteilt: Israel und Juda. 1300 v. Chr. 1100 v. Chr. 900 v. Chr. •725 – 696: König Hiskija von Juda •722: Die Assyrer erobern Israel 700 v. Chr. •705: König Hiskija von Juda lehnt sich gegen König Sanherib von Assur auf •701: Sanherib belagert Jerusalem •1279 –1212: Ramses II. (der Große) Moses •870 – 851: König Ahab von Israel, Prophet Elija 1250 v. Chr. 1050 v. Chr. 850 v. Chr. 650 v. Chr. •639 – 609: König Joschija von Juda •612: Die Babylonier besiegen die Assyrer und nehmen Ninive ein. •609: Joschija stirbt bei der Schlacht von Megiddo. •605: Schlacht von Karkemisch •605 – 562: König Nebukadnezzar von Babel 1200 v. Chr. 120 1000 v. Chr. 800 v. Chr. 600 v. Chr. 121 Zeittafel (Fortsetzung) Die kursiv gesetzten Daten geben geschätzte Jahreszahlen an. 600 v. Chr. 400 v. Chr. 200 v. Chr. n. Chr. •14 – 37: Regierungszeit von Kaiser Tiberias •597: Nebukadnezzar marschiert in Juda ein und erobert Jerusalem •587/ 586: Nebukadnezzar zerstört den Tempel •26 – 36: Pontius Pilatus ist Statthalter von Judäa •28: Taufe Jesu •29/30: Kreuzigung Jesu •33: Bekehrung des Paulus zum Christentum •41– 54: Regierungszeit von Kaiser Claudius •167: Makkabäeraufstand •164: Tempelweihe •161: Tod des Judas Makkabäus 550 v. Chr. 350 v. Chr. 50 n. Chr. 100 v. Chr. 100 n. Chr. •334: Alexander der Große, König von Mazedonien, marschiert in das Perserreich ein •323: Tod von Alexander dem Großen und Teilung seines Reichs •539: Kyrus, König von Persien, besiegt Babel und genehmigt den Juden die Heimkehr nach Jerusalem 500 v. Chr. 150 v. Chr. 300 v. Chr. •49: Kaiser Claudius zwingt die Juden, Rom zu verlassen •50: Paulus schreibt den ersten Brief an die Thessalonicher und gründet eine Kirche in Philippi •51– 52: Gallio ist Statthalter von Achaia, Paulus in Korinth •54 – 68: Regierungszeit von Kaiser Nero •60: Geburt des Papias •62: Vollendung des Tempelbaus durch Herodes •64: großer Brand von Rom, im Anschluss daran Christenverfolgungen (in Zusammenhang damit evtl das Martyrium von Petrus und Paulus) •66: Jüdischer Krieg •69: Geburt des Polykarp •70: Eroberung Jerusalems durch die Römer, Zerstörung des Tempels •70: Entstehung der ersten Evangelien •73: Eroberung der Festung Masada durch die Römer, Ende des Jüdischen Krieges •71– 96: Regierungszeit von Kaiser Domitian •95: Offenbarung des Johannes •96: Clemensbrief an die Korinther •90 –100: Didache •486 – 465: König Xerxes I. von Persien •63: Pompeius der Große erobert Palästina 450 v. Chr. 250 v. Chr. 50 v. Chr. 150 n. Chr. •40: Herodes der Große wird von den Römern zum König der Juden erklärt •130: Geburt des Irenäus, Tod des Papias •144: Markion wird in Rom aus der Kirche ausgeschlossen •150: Thomasevangelium •150: Diatessaron des Tatian •zweites Jahrhundert: Protevangelium des Jakobus •155: Martyrium des Polykarp •27 v. Chr.–14 n.Chr: Regierungszeit von Kaiser Augustus •20: Baubeginn zur Wiedererrichtung des Tempels durch Herodes den Großen •4: Tod von Herodes dem Großen •4: Geburt Jesu 400 v. Chr. 122 200 v. Chr. n. Chr. 200 n. Chr. •200: Kanon Muratori, Tod des Irenäus 123 G Stichwortverzeichnis A Aaron 27 Abel 18 Abraham 12, 13, 20, 21, 22 Abschalom 36 Adam 14, 16, 17 Ahab 48, 49 Amos 50, 51, 107 Amoz 52 Apokryphe 68, 69, 70, 71, 75 Aramäisch: siehe Sprachen Ararat 18 Archäologie 7, 8, 9, 19, 22, 31, 35, 36, 56, 83 Arche Noah 18, 19 Aschermittwoch 66 Athanasius 108 Auferstehung 55, 61, 67, 74, 83, 84, 85, 89, 90, 92, 93, 95, 103, 105, 113, 116, 117 Augustinus 17, 69 B Baal 48, 51 Babel: siehe Babylon Babylon 19, 28, 43, 44, 46, 52, 56, 57, 58, 59, 61, 62, 63, 66 Barmherziger Samariter 78, 79, 98, 112 Baruch 59, 71 Batseba 36, 40 Belschazzar 65 Benjamin 24, 25 Benjamin, Stamm 35, 46, 86, 91 Berg Karmel 48 Berg Sinai 27, 28 Bergpredigt 97, 119 Beschneidung 21 Bet-El 22, 50 Betlehem 32, 33, 34, 75, 110, 111 Betsaida 85 Boas 33 Bonhoeffer, Dietrich 118 Böse 14, 16, 18, 44, 104 Buch der Weisheit 41, 42, 43 Bundeslade 28, 29, 30, 34, 37, 40, 56 Bunter Rock 25 124 C Chanukka 73 Christenverfolgung 9, 85, 87 Clemens von Rom 87, 106 Codex 11 Codex Sinaiticus 11 D Daniel 9, 12, 43, 64, 65 David 9, 32, 33, 34, 36, 37, 38, 40, 43, 46, 52, 53, 74, 79, 106 Debora/Debora-Lied 12, 31 Didache 109 Dornbusch, brennender 27, 28 Druck 6, 7, 10, 11 E Ehe 29 Ehebruch 29 Eli 34 Elija 48, 49 Elischa 48, 49 Emmaus 98, 117 Engel 16, 22, 40, 52, 70, 98, 104, 110 Erbe 70, 72, 117 Erzengel: siehe Michael/Gabriel Esau 22 Esra 63, 71 Essen 14, 16, 27, 28, 65, 74, 117 Essener 79, 80 Ester 64, 65, 70 Eva 14, 16, 17, 18 Evolution 15 Exil 28, 52, 55, 58, 60, 62, 63, 104 Exodus 26, 28, 79 Ezechiel 57, 60, 61 F Fasten 54, 109 Flut 18, 19 Gabriel 98 Garten Eden 14, 16, 17, 53, 60, 105 Garten Getsemani 115 Gebet – siehe auch Vaterunser 17, 38, 39, 54, 71, 81, 115 Gebot 28, 29, 118 Gelobtes Land 13, 22, 27, 30, 50, 63 Gesetz 9, 28, 29, 32, 34, 56, 79, 86, 91 Gideon 30, 31, 106 Glaube 9, 14, 20, 22, 44, 54, 69, 77, 86, 92, 101, 106, 112, 116 Gleichnisse 9, 79, 98, 112 Goliat 36 Gomer 51 Gott: siehe Kirche, Schöpfung, göttliche Eigenschaften, Glaube, Heiliger Geist, Reich Gottes/ Himmelreich, Zehn Gebote, Gottesdienst 6, 7, 14, 17, 18, 19, 20, 21, 27, 28, 31, 39, 41, 45, 48, 51, 54, 61, 83, 97, 102, 105, 110, 112, 117 Gottesdienst 7, 39, 52, 109 Gotteshaus 22, 33 Göttliche Eigenschaften – Gerechtigkeit 21; Liebe 43, 45, 51; Gnade 50 Götzendienst 29, 48, 56 Grab 55, 92, 117 Griechisch: siehe Sprachen H Hagar 20 Haman 64 Heiliger Geist 14, 29, 60, 66, 110, 117 Heilung 49, 70, 79, 105, 112, 114 Herodes Antipas 85 Herodes der Große 77, 82, 83, 110, 111 Herodot 47 Hieronymus 11, 56, 68, 69 Himmel 9, 19, 22, 49, 105, 112 Hiskija 43, 46, 47, 52, 56, 66 Hoheslied der Liebe 43 Hoschea 47 Hosea 50, 51 Hungersnot 25, 28, 32 I Ignatius 96 „Ich bin“-Worte Jesu 103 Ijob 19, 44, 45 Irenäus 98, 102 Isaak 20, 22 Isai 33, 37 Ischtar-Tor 56 Isebel 48, 49 Islam 6 Ismael 20 Israel (Königreich) 32, 35, 37, 46, 47, 56 Israel (Land, Stamm und Volk) 6, 12, 13, 20, 22, 27, 50, 59, 97 Israel (Name) 13, 22, 25 J Jakob 13, 22, 23, 24, 25, 26 Jakobus 81, 84, 106 Jeremia 48, 58, 59, 63, 71, 74 Jericho 30, 78, 98 Jerusalem – Fall 12, 46, 52, 57, 58, 59; Hauptstadt 37, 46; neues 60, 61; Tempel 28, 40, 41, 56, 59, 73 Jesaja 12, 17, 37, 48, 52, 53 Jesse: siehe Isai Jesus Christus – Auferstehung 55, 74, 83, 84, 85, 89, 90, 92, 95, 103, 105, 113, 116; Geburt 83, 110, 111; Kreuzigung 49; Lehre 6, 9; Taufe 83, 85 Johannes 47, 60, 73, 74, 77, 83, 93, 101, 102, 103, 104, 105 Johannes der Täufer 16, 20, 49, 81, 83, 85, 109, 110 Jona 8, 54, 55 Jonatan 36, 37 Jafo 54 Jordan, Fluss 30, 49, 85 Joschija 56 –57, 67 Josua 30 Josef (Altes Testament) 23 –25 Josef (Neues Testament) 76, 110, 111 Josephus 77, 79, 81, 83, 85 Juda 13, 25, 46 – 47, 48, 50, 56 –57, 58 – 60, 62, 67, 68 Judas (Makkabäer) 73, 77 Judas (Brief) 107 Judas (Jünger, Verräter) 115 Judit 70, 71 Jünger 20, 21, 74, 79, 83, 84, 85, 86, 94, 95, 98, 99, 102, 112, 113, 115 Jungfrau Maria: siehe Maria K Kain 18 Kaiser Hadrian 80, 81, 82, 85 Kaiser Nero 77, 80, 82, 85, 87, 99 125 Kaiser Tiberius 82 Kanaan 13, 22, 25, 27, 29, 30, 31, 48, 56 King, Martin Luther 118 Kirche 7, 69, 70 –71, 74, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 97, 106, 107, 108, 113, 117 Kirchenfenster 18 Klagen 38, 43, 58, 62, 81, 105 Kleine Propheten 66 – 67 Klöster 109, 116 Kohelet 42, 71 König David: siehe David König Saul: siehe Saul Königin von Saba 41 Koran 6 Krankheit /-en 19, 43, 49, 77, 112, 114, 119 Krieg 9, 30, 34, 67, 72, 79, 80 – 81, 96, 118 Kyrus 52, 63 L Laban 23 Lamm Gottes 60 Langton, Stephen 7 Lea 22 Leiden: siehe auch Verfolgung 28, 44 – 45, 52, 58 –59, 94, 105, 115 Lepra: siehe Krankheit /-en Letztes Abendmahl 27, 74, 84, 90, 92, 102, 109, 112, 113 Levi (Stamm) 22 Levi (Zöllner) 96 Loblieder 38 –39, 41 Lot 21 Lukas 12, 33, 55, 74, 76, 77, 79, 80, 82, 84, 85, 86, 92, 93, 98 –101, 108, 110 Luther, Martin 11 M Mahatma Gandhi 119 Makkabäeraufstand 65, 72 –73, 77 Maleachi 49, 67 Manna 28 Maria 33, 76, 110, 111 Maria Magdalena 84 Markion 108 Markus 10, 74, 80, 84, 85, 92 – 93, 94 – 95, 100, 103, 111, 112, 114, 115, 116 Masada 81 Matthäus 61, 74, 79, 80, 84, 85, 92, 93, 96 – 97, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117 126 Megiddo, Schlacht 57 Menora 38, 41, 80 Messias 35, 37, 49, 53, 79, 83, 92, 94, 95, 96, 111, 112, 116 Michael 16, 104 Mission/Evangelisierung 97, 100 Moabiterstein 33 Mord 18, 27, 37 Moses 12, 26 –27, 29, 30 Musikinstrumente 38 N Naaman 49 Nag Hammadi 109 Noomi 32 –33 Natan 36 –37 Nebukadnezzar 56, 57, 59, 60, 63, 65 Nehemia 62, 63, 71 Nil 26, 27 Ninive 9, 46, 54 –55, 57, 66, 70 O Ökumenischer Rat der Kirchen 69 Opfer 20, 48, 50 P Palästina 13, 20, 68, 72, 78, 80 Papias 93, 94, 96, 102 Pascha (Pessach) 27, 62, 114 Patmos 104 Paulus 7, 20, 21, 68, 74, 76, 77, 84, 86 – 91, 92, 94, 98, 100 –101, 106 –107, 112, 113, 114, 116, 117 Petrus 21, 49, 66, 74, 84, 85, 87, 94, 95, 100, 102, 105, 107, 112, 117 Pfingsten 66, 85, 100, 117 Pharisäer 8, 55, 78 –79, 80, 96, 105 Philemon 91 Philippus 100 Philister 13, 31, 36, 50, 78 Pitom 26 Plagen 27, 47, 66 Polykarp 102 Pontius Pilatus 77, 82 – 83, 99, 114, 115, 116 Propheten 12, 13, 34, 37, 47, 48 – 67, 74, 85, 106 Psalmen 9, 39 –39, 115 Purim 64 Q Q (Quelle der Evangelisten) 92 – 93 Qumran 12, 78, 79 Qumran-Rollen 78 R Rahab 30 Rahel 23, 24 Ramses 26, 36, Rebekka 22 Reformation 69 Reich Gottes/Himmelreich 85, 112 Reue 38, 54 Richter 12, 30 –31, 34 Rom – Römer/Römisches Reich 72, 76 –77, 79, 80 – 81, 82, 83, 85, 87, 89, 90, 99; Gemeinde 84, 88, 90, 100, 106, 108 Rotes Meer, Durchzug 27 Rut 32 –33 Rylands, John 103 S Sabbat 13, 29, 116, 117 Sadduzäer 78, 79, 80, 105 Salbung 34, 35, 37, 79 Salomo 13, 36, 40 – 41, 43, 46, 70, 105 Samariter: siehe auch Barmherziger Samariter 79, 97, 112 Simson 30, 31, 106 Samuel 34, 106 Satan 16, 44, 45 Saul 34 –35, 36, 37 Saulus: siehe Paulus Scheol: siehe Unterwelt/Scheol Schilo 34 Schlange: siehe Satan Schöpfung 14 –15, 45 Schriftgelehrte 8, 78, 94, 112 See Gennesaret 78, 85 Seligpreisungen 97 Septuaginta 68, 108 Simon aus Zyrene 98 Singen 38 –39, 41 Sodom 21 Sprachen – Aramäisch 12, 49, 70, 75, 85; Griechisch 6, 11, 12, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 101, 107, 109; Hebräisch 11, 12, 25, 27, 68, 70, 71, 75, 118; Latein 6, 7, 11, 48, 68, 69, 75, 78, 83 Sprichwörter 13, 42, 43, 44 Stephanus 100 Sünde 16 –17, 18, 106 Synagoge 13, 68, 83, 97 T Tacitus 82, 85, 99 Tarschisch 54 –55 Tarsus 86 Taufe 82, 84, 85, 109 Taylor-Prisma 9, 46 Tempel: siehe Jerusalem, Tempel Theophilus 92, 98, 99, 100 Thomas 83, 102, 109, 117 Thomasevangelium 109 Tiere 14, 16, 17, 18, 54 Timotheus 88, 91 Tod 12, 26, 27, 45, 49, 73, 83, 85, 91, 101, 105, 114 –115 Totes Meer 12, 33, 78, 79, 81 Träume 22, 25, 65 Trinken 28, 61, 105, 119 Turmbau zu Babel 19 U Übersetzung 7, 10 –11, 71 Unterwelt/Scheol 105 Urija 36 V Vaterunser 96, 109 Verfolgung 9, 75, 77, 85, 86, 87, 97, 105, 107 Vergebung 45, 51, 54 –55, 106, 115 W Wasser 14, 18, 27, 28, 47, 60, 61, 105, 111, 119 Weise 40 – 44 Wunder 45, 49, 84 Z Zehn Gebote siehe Gebot Zeloten 79, 81 Zeus 19, 72, 73 Zikkurat 19 Zöllner 79, 84, 96, 112 Zweiter Weltkrieg: siehe auch Krieg 9, 118 127