Bewegungserziehung und Sport - Die Foren auf sonderpaed.de
Transcription
Bewegungserziehung und Sport - Die Foren auf sonderpaed.de
0 Peter Glas 1999 1 ÜBERSICHT: 1. Bewegung als eine Grundlage der Gesamtentwicklung 1.1. 1.2. 1.3. Bewegung und Entwicklung Problematisierung einzelner Beschreibungen über das Bewegungsverhalten von Menschen mit einer geistigen Behinderung Motorische Retardierung und ihre Konsequenz 2. Sport in der Schule für Geistigbehinderte - muss das sein?! 2.1. 2.2. Bildungsplanbezug Handeln, Freizeit, Kooperation und Integration, Gesundheit 3. Exkurs zur Psychomotorik 3.1. 3.2. 3.3. „ganz kurz in die Geschichte“ Motopädagogik, Mototherapie, Psychomotorik ... „und wie bitte im Unterricht?“ 4. Basale Bewegungsförderung 5. Eine Geräteauswahl und deren Anwendungsmöglichkeiten 6. Literaturliste Peter Glas 1999 2 1. Bewegung als Grundlage der Gesamtentwicklung 1.1 Bewegung und Entwicklung Bewegung könnte - um ein Bild zu verwenden - als ein Motor unserer Gesamtentwicklung betrachtet werden. Bereits Neugeborene kommunizieren über Bewegung mit ihrer Umwelt unbewusst über die Neuromotorik über angeborene Reflexe. Diese „unbewusste“ Kommunikation erzielt Wirkungen auf die Gegenüber, schon sehr früh entsteht ein „typisches“ Bild des Neugeborenen - nicht nur für die Eltern. Reflexe - wie der „Moro - Reflex“ - ermöglichen eine lehrreiche Erfahrung verschiedenster Zustände des eigenen Körpers, hier der Beugung und Streckung der Extremitäten. Bewegung sei hier nicht verstanden als bloße Lageveränderung einzelner Körperteile oder des ganzen Körpers, vielmehr ermöglicht sie eine Orientierung im Raum, ist Ausdruck der Persönlichkeit und hilft beim Aufbau eines Kontakts zur Umwelt. Die Qualität menschlicher Bewegungen verändert sich im Laufe der motorischen Entwicklung ständig. Von unbewusst ablaufenden Reflextätigkeiten bis hin zu exakt ausgeführten feinmotorischen Bewegungen und der Darstellung innerer Stimmungen , Empfindungen (Pantomime, Mimik ) reicht die menschliche Bewegungsentwicklung. Diese enorme Entwicklung der Motorik geschieht durch einen ständig ablaufenden Adaptionsprozess. Dies bedeutet, dass innerhalb dieses Adaptionsprozesses die Faktoren • Erbanlagen, Gene • Reifungs-, Wachstumsprozesse • Umweltreize, Übungsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle spielen. Die Bewegungsentwicklung kann so als Prozess zunehmender Befähigung des Individuums in Wechselwirkung von Wahrnehmung und Sich-Bewegen, Reize aus der Umwelt wahrzunehmen zu verarbeiten und alternativ zu gestalten gesehen werden. Bedingungen für einen optimal ablaufenden Adaptionsprozess sind: • • • • • ein intaktes Sensorium eine intakte kognitive Verarbeitungsmöglichkeit der sensorischen Reize eine intakte zentralmotorische Steuerung eine intakte emotionale Verarbeitungsmöglichkeit der sensorischen Reize Umweltstimuli müssen in ausreichendem ,Maße vorhanden sein Das gesamte Bewegungsverhalten ist als Reaktion auf Informationen der Umwelt maßgeblich von der Funktionsfähigkeit und -tüchtigkeit der Wahrnehmungsorgane abhängig. Es leuchtet ein, dass Bewegungen und ihre qualitativen und quantitativen Veränderungen im Laufe der motorischen Entwicklung einen entscheidenden Einfluss auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung haben. Mittels Bewegung kommuniziert der Mensch von Beginn an mit der Umwelt, erschließt sich die zunächst unbekannte neue Welt. Peter Glas 1999 3 Die Entwicklung der Kognition, Emotionalität und des Sozialverhaltens hängt wesentlich von der Qualität und der Quantität des jeweiligen individuellen Bewegungsverhaltens ab. 1.2 Problematisierung einzelner Beschreibungen über das „Bewegungsverhalten von Menschen mit einer geistigen Behinderung“ Es gibt zahlreiche Untersuchungen zum Bewegungsverhalten von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Solche Untersuchungen sind meiner Ansicht nach nicht unproblematisch, da hier u.U. von einer homogenen Personengruppe ausgegangen wird, die tatsächlich so wohl nicht umfassend beschrieben werden kann. Hier einige Untersuchungsergebnisse im Überblick: Das Bewegungsverhalten geistig behinderter Menschen ist laut dem Gutachterurteil von 1974 des Deutschen Bildungsrates in den ,,Dimensionen Qualität und Quantität gestört. Schilling stellte in einer 1979 durchgeführten Untersuchung fest, dass ,,96% aller Geistigbehinderten pathologische Bewegungsmuster aufweisen , dagegen die Alltagsmotorik, mit weniger Anforderungen an koordinative Fähigkeiten, weniger gestört und beeinträchtigt ist als die Gesamtkörperbewegungen, bei denen eben diese höheren koordinativen Fähigkeiten notwendig sind. Adolph 1 beschreibt bei Geistigbehinderten meist auftretende psychomotorische Störungen (Psychomotorik: Systematische Koordination aller an einer Bewegungshandlung beteiligten Teilprozesse wie Regelung, Steuerung, Antriebe, Einstellung) wie: • • • • Feinkoordination Anpassung / Umstellfähigkeit Koordination von Wahrnehmung Handlungsplanerstellung für eine motorische Handlung Gleichzeitig weist sie auf den wichtigen Defizitbereich infolge geistiger Behinderung, die Bewegungsmangelkrankheiten, hin. Schilling 2 kam zu dem Ergebnis, dass das Bewegungsverhalten am meisten in • Geschwindigkeit Reaktionszeit • Körperschema • Raum-, Zeitorientierung gestört sei. Kiphard 3 beschreibt, dass vor allem • die Kraft (bis zu 50% weniger als bei Nichtbehinderten) • die Koordination • die Balance bei Menschen mit einer geistigen Behinderung beeinträchtigt sind. Dazu sei vermerkt, dass die beobachtbare Diskrepanz zwischen der motorischen Entwicklung Nichtbehinderter und geistig Behinderter im Laufe der Jahre größer wird. Das bedeutet, der 1 Literaturliste Nr.1 Literaturliste Nr.11 3 Literaturliste Nr.4 2 Peter Glas 1999 4 motorische Entwicklungsrückstand vergrößert sich im Laufe der gesamten Persönlichkeitsentwicklung eines Geistigbehinderten. Das hat natürlich Auswirkungen auf den geistig behinderten Menschen wie auch auf seine nächsten Bezugspersonen Als in Frage kommende Ursachen für das gestörte Bewegungsverhalten Geistigbehinderter nennt das Gutachterurteil des Deutschen Bildungsrates folgende Ursachengruppen • Geistige Behinderung • parallel auftretendes gestörtes Bewegungsverhalten • als Folgeerscheinung auftretendes gestörtes Bewegungsverhalten Riebel4 beschreibt folgende Ursachenmöglichkeiten: • • • • • • motorische Insuffizienz mangelndes Instruktionsverständnis mangelndes Kurzzeitgedächtnis Wahrnehmungsbehinderungen gestörte Wahrnehmungsselektion mangelnde Kompensationsfähigkeit des Organismus Geistigbehinderter Da eine geistige Behinderung selten als eine Schädigung eines begrenzten Hirnbereichs diagnostizierbar ist, sondern meist umfassende Störungen angenommen werden müssen, sind häufig vielfältige motorische Dimensionen betroffen. Dabei ist es dem Beobachter oft nicht möglich, mögliche Ursachen und beobachtbare Wirkungen voneinander zu trennen. Allzu oft findet gerade im motorischen Bereich eine Wechselwirkung statt, die oft als Teufelskreis bezeichnet werden muss. Es ist zu betonen, dass zwischen Ursache und Wirkung eine dauernde Wechselwirkung besteht. So ist es sehr schwer zu diagnostizieren, welche motorischen Retardierungen ursächlich mit der geistigen Behinderung zusammenhängen und welche mehr aus ständiger Unterforderung, fehlender Umweltreize, fehlendem Selbstbewusstsein resultieren. 1.3 Motorische Retardierung und ihre Konsequenz Die Folgen der motorischen Retardierung für die gesamte Entwicklung des Menschen mit einer geistigen Behinderung sind bedeutsam. Eine gestörte Bewegungsentwicklung in Qualität und Quantität wirkt sich sicherlich negativ auf die Bereiche der Kognition, Emotionalität und des Sozialverhaltens aus. So versucht Adolph diesen Zusammenhang von Ursache und Wirkung in den Bereichen • • • • Wahrnehmung, Funktionstüchtigkeit der Wahrnehmungsorgane Kognition Emotionalität affektiver Bereich zu beschreiben. Sie sieht in einzelnen, isoliert auftretenden Störungen immer auch die Kombination und die Wechselwirkung untereinander, kombiniert mit Sekundärschäden. Nach Adolph ist der Umkehrschluß zwingend, eine gestörte Bewegungsentwicklung hat entscheidende Auswirkung auf die Wahrnehmung, die Kognition und die Emotionalität des geistigbehinderten Menschen. 4 Literaturliste Nr.10 Peter Glas 1999 5 Sie betont dabei, dass das Phänomen der geistigen Behinderung in letzter Zeit immer mehr als Mehrfachbehinderung beschrieben wird, womit die wechselseitige Abhängigkeit der nebeneinander beobachtbaren Einzelbehinderungen verdeutlicht werden soll. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine globale Skizzierung des Bewegungsverhaltens geistigbehinderter Menschen für einen auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler bezogenen Unterricht nur als allgemeiner Wegweiser sinnvoll und gewinnbringend ist. Eine allgemeine Beschreibung möglicher Bewegungseinschränkungen und therapeutisch/medizinisch zu beachtender Gesichtspunkte ( z.B.: bei Menschen mit einem Down – Syndrom ein vermehrt auftretender Herzfehler ) kann dabei als Hinweis auf mögliche Einschränkungen und Schädigungen dienen. Im Einzelnen sollte das Bewegungsverhalten in all seinen Ausdrucksformen bei dem einzelnen Mensch mit Behinderung angeschaut und diagnostiziert werden. Die Bedeutung regelmäßiger und adäquater Bewegungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler der Schule für Geistigbehinderte sollte dabei betont und berücksichtigt werden. 2. Sportunterricht in der Schule für Geistigbehinderte muss das sein ??!! 2.1 Bildungsplanbezug Der Bildungsplan der Schule für Geistigbehinderte führt im 4. Lernbereich den Themenbereich Bewegungserziehung/Sport als eigenständigen Bereich auf. Es werden folgende Zielsetzungen formuliert: Räume oder Teile eines Raumes für Spiel, Sport oder Arbeit herrichten Spiele oder Tätigkeiten vorschlagen, durchführen, variieren und zu Ende führen Freizeit zur Entspannung und Erholung nutzen Freizeit zu kreativem Tun nutzen Befolgen von notwendigen Regeln Regeln veränderten Situationen entsprechend anwenden Grenzen seiner Leistungsfähigkeit erleben und danach handeln Geräte und technische Einrichtungen der Wohnung/Schule kennen, sich ihrer bedienen und sie zweckgerecht behandeln Als grundlegende Bewegungsformen werden genannt: Peter Glas 1999 6 mit dem ganzen Körper (liegen, sitzen, knien, stehen, beugen, strecken, ruhen, krabbeln, kriechen, gehen, laufen, springen, hüpfen, steigen, klettern, hangeln, rutschen, gleiten, schwimmen) mit Händen und Füßen (greifen, halten, loslassen, klatschen, ziehen, drücken, rollen, drehen, fangen, werfen, prellen, strampeln, planschen) mit Geräten (Ball, Seil, Reifen, Keulen, Wasserspielzeug, Bänke, Balken, Treppe, Leiter, Trampolin, Kinderfahrzeuge) Sportspiele: Geschicklichkeitsspiele (balancieren, Hüpfspiele, Hindernislauf) Laufspiele (Fangspiel, Wettlauf, Staffellauf) Ballspiele (Prellball, Jägerball, Fußball, Handball, Tischtennis, Federball) Sportarten: Schwimmen Leichtathletik Gymnastik/Turnen Folgende Hinweise finden sich: Bewegungsfähigkeit ist Grundlage der kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklung. Die bei geistigbehinderten Schülern vorliegenden Bewegungsbeeinträchtigungen erfordern grundlegende und durchgehende Bewegungserziehung. Die früh einsetzende und kontinuierliche Bewegungserziehung unter besonderer Berücksichtigung der Ziele des Lernbereichs ,,Basale Förderung" versucht, der Gefahr der Verfestigung von Bewegungsbeeinträchtigungen entgegenzuwirken und bestehende Bewegungsbeeinträchtigungen zu vermindern. Bewegungserziehung muss in der Gesamtförderung Geistigbehinderter enthalten sein. Sie wird in eigens ausgewiesenen Unterrichtsanteilen im Hinblick auf sportliche Betätigung weitergeführt. Sportlich ausgerichtete Bewegungserziehung hat die körperliche Belastungsfähigkeit der geistigbehinderten Schüler zu verbessern. Im Einzelfall sind konstitutionelle Gegebenheiten (z.B. Herz- oder Anfallsleiden, motorische und sensorische Schädigungen) im Zusammenwirken mit dem Arzt abzuklären und zu berücksichtigen. Bewegungserziehung steht in engem Zusammenhang und in Wechselwirkung mit dem musikalisch-rhythmischen Bereich, mit dem Spiel- und Freizeitbereich. Im Rahmen der Bewegungserziehung ergeben sich zahlreiche Lernanlässe, an denen vor allem Ziele des Lernbereichs - Selbsterfahrung/Selbstversorgung verwirklicht werden können (Kleidung ausund anziehen, Körperpflege, Toilettenbenutzung vor dem Schwimmen). Bewegungserziehung geht sowohl vom freien, spielenden Tun als auch von gezielten, auf Leistungssteigerung angelegten Übungen aus. Leistungssteigerung soll der Gesunderhaltung dienen, aber auch dem geistigbehinderten Schüler die Möglichkeit gehen, seine Fähigkeiten in Peter Glas 1999 7 eigener Selbsteinschätzung und im Wettbewerbsvergleich mit anderen kennenzulernen. Hierbei sind Überforderungen und einseitige Beanspruchungen auszuschließen. Im Bereich der Bewegungserziehung bietet sich die Zusammenstellung von klassenübergreifenden Neigungsgruppen an. Bewegungserziehung durch Wassergewöhnung und Schwimmenlernen hat für geistigbehinderte Schüler einen besonderen Stellenwert. Im Wasser sind zusätzliche wesentliche Körper- und Bewegungserfahrungen möglich. Sportliches Können trägt zum Aufbau eines Selbstzutrauens bei und führt damit zur Reduzierung vorhandener Ängste. Sportunterricht an der Schule für Geistigbehinderte fällt - wie an anderen Schulen ebenso -des öfteren organisatorischen und personellen Engpässen zum Opfer. Der Aufstellung des Bildungsplans als Begründung für ein eigenständiges Fach Sport und Bewegungserziehung muss nichts hinzugefügt werden, außer vielleicht der Bemerkung, sich an der Schule für eine Durchführung des Sportunterrichts einzusetzen. 2.2 Handeln, Freizeit, Kooperation und Integration, Gesundheit Eine wichtige Grundlage jeden Lernens - nicht nur in der Schule für Geistigbehinderte der handelnde Umgang mit der Umwelt. Dieser wesentliche Baustein jeder sonderpädagogischen Arbeit ist im Rahmen eines Bewegungs- - und Sportunterrichts ideal verwirklichbar. Sicherlich ist die theoretische Betrachtung des Mediums „Ball“ und seiner physikalischen Eigenschaften eine Möglichkeit des Umgangs damit - näher liegt aber sicherlich handelnd damit zu agieren, in irgend einer Form damit Erfahrungen zu sammeln. Der Stellenwert den Sport und Bewegung in unserer Freizeit einnehmen ist immens, die Möglichkeiten SchülerInnen zu Handlungskompetenzen innerhalb dieser Bereiche zu führen liegen auf der Hand. In unterschiedlicher Weise können SchülerInnen dazu befähigt werden, ihre Freizeit auch mit sportlichem Tun für sie sinnvoll zu gestalten. Darüber hinaus ergeben sich im Bereich des Sports und der Bewegung vielfältige Möglichkeiten der Kooperation ( innerhalb der Schule, mit anderen Schulen, mit örtlichen Sportvereinen, mit Freizeiteinrichtungen ) und der Integration ( im Sportverein, in der Nachbarschaft, im Freundeskreis ). Der gesundheitliche Aspekt einer regelmäßigen sportlichen Betätigung ist unbestritten, in vielen speziellen Aufgabenfeldern der Sonderpädagogik und angrenzender Disziplinen kann eine gezielte Bewegungsförderung sinnvoll eingesetzt werden ( Bewegungsmangelkrankheiten, cerebrale Bewegungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Übergewicht, Ängste, progressive Erkrankungen ) 3. Exkurs zur Psychomotorik 3.1 „ganz kurz in die Geschichte“ Peter Glas 1999 8 Der Ansatz der Psychomotorik entwickelte sich hauptsächlich aus einer grundsätzlichen Kritik der bestehenden Sportpädagogik Ende der 60 er Jahre und in den 70 er Jahren. Leistungsvergleich mit anderen, Drill, Methoden des „Turnvaters Jahn“, für alle gleich geltende Lernziele im Sportunterricht - um nur einige Merkmale zu nennen, kennzeichnete das Fach Sport an den Schulen und machten es für die Mehrzahl der SchülerInnen unbeliebt. Innerhalb des Ansatzes der Psychomotorik werden die vielfältigen Möglichkeiten der Bewegungserziehung für die Gesamtentwicklung des Menschen betont. Wichtige Leitprinzipien sind u.a.: der hohe Aufforderungscharakter von Bewegungsangeboten der spielerische, explorative, lustvolle Zugang zur Bewegung kein Gegeneinander sondern ein Miteinander die Leistung des Einzelnen wird gewürdigt die eigene Leistungsverbesserung wird in den Vordergrund gestellt und nicht der Vergleich mit anderen oder übergeordneten Leitzielen der Mensch wird innerhalb eines Regelkreises Mensch - Umwelt - Sinneswahrnehmung Bewegung beschrieben Betonung der Wechselwirkung Psyche - Motorik sonderpädagogische Grundsätze werden betont wie z.B.: vom Einfachen zum Komplizierten vom Vertrauten zum Fremden vom Nahen zum Fernen vom unmittelbar erlebten zum Abstrakten Inzwischen finden sich viele Inhalte dieser damalige Gegenbewegung in neueren Ansätzen der Sportpädagogik. 3.2 Motopädagogik, Mototherapie, Psychomotorik.... kleine BEGRIFFSKLÄRUNG: Peter Glas 1999 9 MOTORIK: Das bewusste und unbewusste Haltungs- und Bewegungsgesamt des Menschen in der Funktionseinheit von Wahrnehmen, Erleben und Handeln. PSYCHOMOTORIK: Die enge Wechselwirkung von innerseelischen Vorgängen ( Stimmungen, Gefühle, Affekte ) und Bewegungsäußerungen ( Gestik, Mimik, sprachliche Ausdrücke, Körperhaltungen, spontane Aktionen, Handlungen ). Außerdem der Zusammenhang zwischen motorischen Entwicklungsmöglichkeiten und der Entwicklung der Kognition. PSYCHOMOTORISCHE ÜBUNGSBEHANDLUNG: Förderung von sensomotorisch entwicklungsgestörten und in ihrer psychomotorischen Entfaltung behinderten Kindern. ( fand zunächst vornehmlich bei Kindern mit einer „minimalen cerebralen Dysfunktion“ - „MCD“ Anwendung ). MOTOPÄDAGOGIK: „ Erziehung durch Bewegung“ „Konzept der Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse“. Auf der Basis der psychomotorischen Übungsbehandlung entwickeltes pädagogisches Konzept, das inzwischen in allen Bereichen der Sonderpädagogik und der Allgemeinpädagogik zur gezielten Förderung von psychomotorisch entwicklungsgestörten Menschen zur Anwendung kommt. MOTOTHERAPIE: Gezielte- meist - Einzelförderung von psychomotorisch entwicklungsgestörten Kindern. Dies kann notwendig und sinnvoll sein, wenn auf Grund einer ausgeprägten Entwicklungsver zögerung, einer schweren Mehrfachbehinderung oder gravierenden Verhaltensschwierigkeiten eine Betreuung innerhalb einer motopädagogischen Übungsgruppe nicht sinnvoll erscheint. MOTOPATHOLOGIE: Die Lehre vom abnormen Bewegungsverhalten. MOTOSKOPIE: Das Beobachten, Beurteilen und Vergleichen einer Bewegungs auffälligkeit mit der regelrechten Bewegungsentwicklung. Von der Neuromotorik zur Psychomotorik Neuromotorik Peter Glas 1999 10 Damit ist vornehmlich die Reflexmotorik des Säuglings gemeint. Sie ist für den motopädagogischen Bereich praktisch ohne Bedeutung, erhält jedoch in der Mototherapie ihren Stellenwert. Das gilt besonders dort, wo krankhafte Störungen in den Reflexen die motorische Entwicklung behindern. Die rückständige oder in ihrem Ablauf gestörte neurologische Funktion und Organisation des kindlichen Zentralnervensystems kann durch gezieltes neuromotorisches Training verbessert werden. Es sind dies vor allem krankengymnastische Therapieverfahren, die besonders im Säuglingsalter Anwendung finden. Sie bedienen sich der Techniken der Reflexhemmung pathologischer bzw. der Anbahnung normaler Haltungs- und Bewegungsmuster bei hirngeschädigten Säuglingen und Kleinkindern (BOBATH, VOJTA). Im Grunde kann aber ein neuromotorisches Koordinationstraining in jedem Lebensalter angewandt werden. Selbst im Alterssport zielen wesentliche Trainingsreize darauf, der allmählichen Verarmung an Bewegungsmustern und Innervationsschemata entgegenzuwirken. Wenn wir also den Terminus Neuromotorik gebrauchen, so wird damit lediglich der neurologisch-koordinative Aspekt des Bewegungsgeschehens angesprochen. Sensomotorik Hierunter verstehen wir die Funktionseinheit von Input und Output, von Reiz und Reaktion, von Wahrnehmen und Handeln. Dementsprechend zielen sensomotorische Trainingsverfahren auf eine verbesserte Integration zwischen Sinneseindruck und Bewegungsantwort. Ihre Anwendungsmöglichkeiten erstrecken sich von frühkindlichen Entwicklungsförderprogrammen bis zu den gezielten Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen bei Hirngeschädigten. Jede Verbesserung in der Wahrnehmungsfähigkeit hilft die Umwelt besser begreifen. Ein spezifisches Wahrnehmungstraining wirkt sich positiv auf die Bewegungs- und Handlungsfähigkeit auch des gesunden Kleinkindes aus. Deshalb haben wir die Sinnesübungen an den Anfang unserer motopädagogischen Angebote gestellt. Psychomotorik Dieser Terminus weist auf den überaus engen Kontext zwischen psychischer und motorischer Entwicklung im Kindesalter hin. Seelisches und Körperliches stehen miteinander in so enger Wechselbeziehung, dass man sie als zwei Seiten eines einzigen Geschehens ansehen muss. Innerseelische Gehalte wie Stimmungen, Gefühle und Affekte drängen nach außen und drücken sich in Haltung und Bewegung aus. Kinder hüpfen und tanzen häufig spontan, wenn sie sich freuen. Umgekehrt können Verstimmung, Ärger und Traurigkeit durch psychomotorische Übungen der Freude wie Hüpfen oder Tanzen positiv beeinflusst werden. Psychomotorik betont aber nicht nur die Aspekte der Gefühlsbefindlichkeit während des Bewegungserlebnisses. In ihr sind auch kognitive Anteile enthalten, je nachdem, wie stark die betreffende Bewegungsaufgabe das kindliche Problemlösungsverhalten herausfordert. Außerdem spielt dabei immer eine Rolle, wie stark das motorische Handeln verbal reflektiert wird. So finden sich im zweiten dem eigentlichen Hauptteil motopädagogische Lerninhalte mit starkem situativen Aufforderungscharakter zu experimentierender oder vorausdenkender Lösungsfindung. Dabei werden die verfügbaren Bewegungsmuster durch Abwandlung immer Peter Glas 1999 11 neuen Erfordernissen angepasst. Das geschieht um so adäquater, je komplexer die jeweilige Bewegungssituation über intersensorielle Wahrnehmungskoppelung erfasst wird. Das bedeutet, dass der sensorische Input, die Fähigkeit wahrzunehmen das psychomotorische Verhalten mitbestimmt. Der natürliche Bewegungsdrang des Kleinkindes zur expansiven Umwelteroberung kann durch ständige Einschränkungen blockiert und zuletzt als schuldhaft empfunden werden. Dauernd unterdrückte motorische Impulse ziehen eine Verarmung des Ausdruckverhaltens nach sich. Sie führen zu starken inneren Spannungen, die sich wiederum in muskulären Verspannungen äußern. Gefühls- und Bewegungsentwicklung stehen besonders im frühen Kindesalter in engster psychosomatischer Wechselbeziehung. Psychomotorische Selbstverwirklichung und Identitätsfindung impliziert immer auch die Möglichkeit, zur motorischen Expansion und Expression. Motorische Aktivitäten sind notwendig, um innere Antriebe in energetische Entladungen zu überführen. Wegen der Wichtigkeit dieser psychomotorischen Entwicklungsprozesse haben wir den dritten Übungsteil den Gefühlsausdrucksübungen gewidmet. Sie fördern einerseits die Eigenwahrnehmung, Selbstdarstellung und die Durchsetzung eigener Bedürfnisse. Andererseits wird das Kind dabei auch zu Sozialwahrnehmungen geführt. Sie sind notwendig, um andere Meinungen und Bedürfnisse zu achten und anzuerkennen. Soziomotorik Die letztgenannten sozialen Wahrnehmungsprozesse sind die Grundlage einer bewegungsmäßigen Begegnung mit dem Du und dem Wir. Soziomotorik betont in diesem Sinne den Sozialkontakt, die unmittelbare körperliche Interaktion, Kooperation und emotionale Kommunikation. Zwar sind die wissenschaftlichen Grundlagen soziomotoscher Prozesse bisher noch weitgehend unerforscht. Verg1ichen mit der Sozialinguistik, die sich mit der menschlichen Sprache als Kommunikationsmittel befasst, ist die Motorik als elementarstes Ausdrucks- und Kommunikationsmittel bisher noch viel zu wenig beachtet worden. Ehe das Kind reif ist für soziale Kontakte und Beziehungen über die Soziomotorik, sollte es den Entwicklungsprozess einer Individuation vollzogen haben. Dabei übt das Kind im spielerischen Umgang mit sich selbst seine Individualmotorik. Hierdurch erfährt es die Bewegungsmöglichkeiten seines Körpers. Die Ich-Findung beginnt immer körperlich, indem der eigene Leib durch die verschiedenen Tast-, Lage- und Bewegungsempfindungen als ein von der Umwelt sich abgrenzendes Ich erlebt wird. Dazu kommen Beobachtungen und Erlebnisse über die Auswirkungen eigener motorischer Aktivitäten auf Raum und Gegenstände. Ehe das Kind mit anderen zurechtzukommen lernt, muss es gelernt haben, mit sich selbst klarzukommen. Das ist von besonderer Bedeutung für bewegungsbehinderte, aber auch für sprachbehinderte Kinder. Wegen ihrer Behinderungen und Störungen im Bewegungsbereich können sie nicht die Kontakte mit Gleichaltrigen knüpfen, wie es wünschenswert wäre. Außerdem ist ihre motorische Ungeschicklichkeit Anlass zur Ablehnung und Ächtung, so dass diese aufgrund ihrer funktionalen Minderwertigkeit förmlich aus der Gemeinschaft desintegriert werden. Um einem sozial benachteiligtem Kind wirklich helfen zu können, ist es notwendig, seine sozialen Beziehungen in familiären, schulischen und außerschulischen Umfeld genau zu kennen. Und es ist unumgänglich, gerade die Eltern und Erzieher zur Mitarbeit zu gewinnen, damit die Umweltbedingungen, Lebensumstände und Entfaltungsmöglichkeiten gebessert werden können. Das geschieht am kindgemäßesten über Spiel und Bewegung, zunächst individualmotorisch, später aber zunehmend auch sozialmotorisch. Erfolgreiche Erlebnisse und Erfahrungen in der täglichen Umweltmeisterung Peter Glas 1999 12 sind das beste motopadägogische und mototherapeutische Mittel zu positiven Verhaltensänderungen. Je nachdem, welche Entwicklungshemmungen und Störungen bei einem Kind in Vordergrund stehen, werden innerhalb der Bewegungsförderprogramme bestimmte Schwerpunkte gesetzt. Sie zielen entweder auf eine Verbesserung der neuromotorischen bzw. sensomotorischen Koordination oder auf eine Verbesserung des psychomotorischen Individual- bzw. Sozialverhaltens, wie wir es mit den psychomotorischen und soziomotorischen Übungen erreichen können. NEURO MOTORIK Reflexe Koordination SENSO MOTORIK Wahrnehmen Reagieren PSYCHO MOTORIK Gefühlserleben Kognition SOZIO MOTORIK Sozialwahrnehmung Kommunikation Schwerpunkt: Schwerpunkt: Schwerpunkt: Schwerpunkt: Säuglingsalter Kleinkindalter Vorschulalter Grundschulalter UNSER WAHRNEHMUNGSSYSTEM: Vestibuläres System: (Innenreize) Kinästhetisches System: (Innenreize) Taktiles System: (Außenreize) Visuelles System: (Außenreize) Akustisches System: (Außenreize) Gustatorisches System (Außenreize) Olfaktorisches System (Außenreize) ( Innenohr/Bogengänge ) Erfahrungen über die Körperschwerkraft, Körperlageveränderungen und das Körpergleichgewicht ( Reizempfänger in den Muskeln und Gelenken. Erfahrungen über Muskelspannungen, Gelenkstellungen, Körperpositionen, Stellung einzelner Körperteile zueinander ( Haut ) Erfahrungen von Berührungen einzelner Körperteile miteinander, tastende Orientierung mit dem eigenen Körper ( Augen ) Erfahrungen mit dem Ausmaßen des Körpers, Fixieren, Verfolgen eigener Körperbewegungen, Betrachten der Körperstellungen und einzelner Körperteile, Betrachten der Umwelt ( Ohren ) Erfahrungen mit Geräuschen des eigenen Körpers und der umgebenden Umwelt ( Geschmackssinn ) Erfahrungen über die verschiedenen Geschmacksrichtungen von z.B.: Lebensmitteln, Genußmitteln ... ( Geruchssinn ) Erfahrungen über die verschiedenen Geruchseindrücke der Umwelt GEDANKEN ZUM BEGRIFF DER PSYCHOMOTORIK Der Begriff der Psychomtorik ist eingebettet in eine ganzheitliche pädagogische Konzeption. Das bedeutet, dass die kindliche Entwicklung als ein Prozess ständig steigender Ausdifferenzierung, Strukturierung und Organisation zu höherer funktioneller Komplexität verstanden wird. Dieser Prozess vollzieht sich immer in einer Wechselwirkung zur Umwelt. Eine Weiterentwicklung ist abhängig von der Intaktheit der kindlichen Sinnes - und Peter Glas 1999 13 Bewegungsorgane und einer Außenwelt, die mit ihrer Reizfülle und ihrem Informationsgehalt zur Verfügung stehen muss. Der Mensch und seine Umwelt sind damit immer eng miteinander verknüpft, was folgende Darstellungen deutlich machen sollen: ZNS sensorische SINNESWAHRNEHMUNG situative Information KIND UMWELT Aufnahme *Augen *Ohren EXTEREO*Nase ZEPTOREN *Haut BEWEGUNGSHANDLUNG *Innenohr *Gelenke, Muskeln Sehnen motorische Antwort ( Hände, Beine...) PROPRIOZEPTOREN situative Kommunikation Dies bedeutet, dass über unsere Nah - und Fernsinne ständig eine Vielzahl von Umweltreizen aufgenommen wird. Diese Reize werden aber nicht nur aufgenommen, gefiltert und verarbeitet, sondern es erfolgt eine Reaktion, wir wirken unsererseits wieder handelnd auf die Umwelt ein. Dieses Handeln setzt genauso wie die Aufnahme der Reize aus der Umwelt ein regelrechtes Funktionieren unserer Nah - und Fernsinne voraus. Innerhalb dieser Funktionseinheit von Wahrnehmen und Sich Bewegen ( Definition der Neuromotorik ) werden unsere Sinne durch unsere motorischen Handlungen geschärft und weiterentwickelt. Die Psychomotorik fügt dieser Funktionseinheit eine wichtige Komponente hinzu - die Emotionalität. Wir nehmen wahr, die Filterung und Verarbeitung der Reize geschieht unter Einbeziehung unserer Emotionalität, danach erfolgt unsere motorische Handlung. Ein Beispiel für dieses wechselseitige Geschehen: ° Wir nehmen über unsere Nah - und Fernsinne ( vestibuläres, kinästhetisches und visuelles System ) eine Veränderung der Bodenbeschaffenheit ( z.B. eine schiefe Ebene ) wahr. Diese Veränderung der Umweltreize bewirkt eine Störung unseres organismischen Gleichgewichts ( Homöostasie ).Unser Organismus wird nun versuchen, mit Hilfe einer motorischen Antwort sein Gleichgewicht wiederherzustellen. Je nachdem wie unsere psychische Befindlichkeit, unsere motorischen Vorerfahrungen und motorischen Möglichkeiten sind, wird unsere Antwort ausfallen. Innerhalb dieser sehr komplexen Wechselbeziehung zwischen dem Mensch und seiner Umwelt können eine Vielzahl von Störfaktoren auftreten. Diese Beeinträchtigungen können in Form verschiedenster Behinderungen als auch als Ausdruck eines unzureichenden Wahrnehmungsangebots der Umwelt auftreten. Auch diese möglichen Störfaktoren stehen in einer engen Wechselwirkung, dies bedeutet u.U. eine negative Summierung. Grundsätzlich ist es in der Praxis äußerst schwierig innerhalb dieser vielfältigen Wechselbeziehungen ursächliche Störfaktoren zu diagnostizieren. Peter Glas 1999 14 Grundsätzlich lassen sich folgende hauptsächlichen Störfaktoren beschreiben: ° KÖRPERBEHINDERUNGEN Die Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparats ist in unterschiedlicher Weise eingeschränkt. Hier wird der so eingeschränkte Organismus versuchen durch ein geändertes Bewegungsverhalten sich seiner Umwelt anzupassen. ° BEWEGUNGSBEHINDERUNGEN Trotz körperlicher Unversehrtheit, meist auf Grund einer frühkindlichen Hirnschädigung, kann es zu einem weitreichendem Verlust an Bewegungsqualität kommen. Häufig beobachtete „bizzare“ Bewegungen sind u.U. auf eine Überkompensation zurückzuführen. ° SINNESBEHINDERUNGEN Eine der Hauptursachen psychomotorischer Verhaltensstörungen. Die Störung innerhalb einer Sinnesbehinderung kann in Form eines Funktionsausfalls oder - einschränkung (Blindheit, Sehbehinderung, Taubheit, Hörbehinderung) auftreten. Ebenso kann es bei einem intakten Sensorium zu Leitungs- - und Verarbeitungsstörungen der aufgenommenen Reize kommen (z.B. Autismus). Viele der für uns oft nicht verständlichen Anomalien im Bewegungs- - und Sozialverhalten sinnesbehinderter Menschen ( Stereotypien, Unruhe, Fixierung auf einen einzelnen Reiz, übergroße Ängstlichkeit, Wutausbrüche, Autoaggressionen ) können ihren Ursprung in einer völlig fehlenden Wahrnehmungsmöglichkeit oder in einer unzureichenden Filterung eintreffender Reize ( hilfloses Ausgeliefertsein, Reizüberflutung ) haben. ° KOGNITIVE BEHINDERUNGEN Sehr häufig ist eine hirnorganische Schädigung Ursache für motorische und sensorische Behinderungen. Bei Menschen mit einer geistigen Behinderung ist mit einer zunehmender Ausprägung der kognitiven Leistungsschwäche eine vermehrte Undifferenziertheit und Ungesteuertheit des motorischen Gesamtverhaltens verbunden. ° EMOTIONAL - SOZIALE BEHINDERUNGEN Hier führen exogene, umweltbedingte Faktoren ( Umweltreizentzug bei sozialer Deprivation, Hospitalisierung, Erziehungsschäden ) zu Entwicklungsbehinderungen und damit auch zu motorischen Fehlentwicklungen. Peter Glas 1999 15 Bedeutsam erscheint hier der Hinweis, dass zwischen all den beschriebenen Störfaktoren enge Wechselbeziehungen bestehen. So befindet sich ein behindertes Kind sehr oft in einem regelrechten, sich immer wieder neu aufbauenden Teufelskreis. Ein Beispiel: Eine übergroße Ängstlichkeit eines behinderten Kindes kann zu einer Erschwerung in der Exploration seiner Umwelt führen und damit zu ungenügenden Bewegungs- erfahrungen und ausgeprägtem Meidungsverhalten. Daraus resultierende Negativerfahrungen im gesamten Bewegungsbereich und im sozialen Umfeld verstärken meist diese Ängstlichkeit und damit auch die daraus resultierenden Folgeerscheinungen. Innerhalb dieser sich oft negativ aufschaukelnden Interaktion ist es zudem sehr schwierig Ursache und Wirkung auseinander zu halten. Die psychomotorische Förderung muss versuchen solche oft beobachtbare Negativkreisläufe zu unterbrechen. Zu Beginn muss die genaue Kenntnis des bisherigen Lebenswegs und eine exakte Bewegungsdiagnostik stehen. Danach geht es vornehmlich darum, den behinderten Mensch zu befähigen, die Umweltanpassung und Umweltaneignung trotz bestehender Störungen zu vollziehen. Dies bedeutet, dass es über ein speziell ausgesuchtes Geräte - und Interaktionsangebot dem behinderten Mensch möglich sein soll mit seiner materiellen und sozialen Umwelt zu kommunizieren. Unser Beispiel: Spielerische Bewegungsangebote mit hohem Aufforderungscharakter und ohne Leistungsdruck (u.U. zu Beginn in einer kleinen Gruppe oder innerhalb einer Einzelbetreuung) Leicht zu bewältigende Aufgabenstellungen mit starker positiver Verstärkung. Miteinbeziehung beliebter Spielgeräte in die Bewegungsaktivitäten. Zu Beginn setzt die Förderung dort ein, wo vorhandene Störfaktoren eine Interaktion des Kindes mit seiner dinglichen und sozialen Umwelt behindern. 3.3 „und wie bitte im Unterricht?“ Sportunterricht an der Schule für Geistigbehinderte will und kann keine psychomotorische Übungsbehandlung und keine Mototherapie sein. Lernfelder innerhalb vielfältiger Bewegungssituationen sind stets verknüpft mit anderen Handlungs- - und Lernfeldern der Schule. Querverbindungen drängen sich geradezu auf und sind anzustreben. Nichts desto trotz sind viele Prinzipien und Ideen aus der Motopädagogik sinnbringend in den Bewegungs- - und Sportunterricht der Schule für Geistigbehinderte integrierbar. Vor allem der sehr differenziert mögliche Einsatz vieler Geräte ( siehe Skript ) in Verknüpfung mit sonderpädagogischen Inhalten trägt zu einer Bereicherung des Fachs Bewegungserziehung/Sport bei. Peter Glas 1999 16 Ansätze der Psychomotorik Bewegung als Funktionsgeschehen Bewegungsmodell - Bewegung als Bedeutungsphänomen funktionell persönlichkeitsindifferent - strukturell persönlichkeitsbezogen - sinnverstehend persönlichkeitsintegriert Ziel - Verbesserung von Wahmehmungs und Bewegungsprozessen - Verbesserung von Handlungs- fähigkeit durch vermehrte und flexiblere Wahrnehmungs- - und Bewegungsmuster Selbstvergewisserung durch symbolischen Ausdruck in Bewegung und Spiel Mittel - Übung, Training - - - Anregungsreiche Fördersituationen eigenständiges Ausprobieren Variation der Lösungswege - Stärken, Vorlieben - Inszenierung von Geschichten, Spielen und Landschaften Übertragung innerer Bilder in äußere Bilder Erlebnisse, Gefühle. Konflikte - Ansatzpunkt - Lücken. Schwächen. Symptome Therapeutenverhalten - Therapeut führt, Klient folgt Beziehung bleibt unreflektiert Therapeut leitet indirekt. Klient bringt sich ein - Führen und Folgen wechseln ab Beziehung wird mitreflektiert - Verkürzung des Problemverständnisses Gefahr von schädigenden Wirkungen - Bedeutung der Bewegung bleibt unverstanden zu einseitiges Erklärungsschema - falscher Umgang mit Deutungen und Interpretationen Mißachtung organischer Verursachung Hauptnachteile - Peter Glas 1999 Bewegung als Strukturierungsleistung - 17 4. Basale Bewegungsförderung Bewegungserziehung und Bewegungsförderungen bei Menschen mit einer Schwermehrfachbehinderung Bewegungserziehung und Bewegungsförderung meint hier nicht funktionelle Stimulation sondern Beziehungsförderung und Kommunikationsförderung. Ebenso bezieht sich der unterrichtliche Umgang im Bereich der Bewegung nicht auf eine Leistungs- - und Produktorientierung verbunden mit einer pädagogischen Orientierung am Defekt, sondern die Persönlichkeits- - und Erlebnisbildung, das spielerische Handeln innerhalb einer freien Entwicklung steht im Blickpunkt. Viele Menschen mit einer schweren Mehrfachbehinderung sind auf ihren körpernahen Wirkungs- - und Erlebnisraum begrenzt. Viele Ansätze der Bewegungsförderung ( siehe Aufsatz von S. Kuntz 5 ) haben ihren Ursprung im handelnden Umgang mit motorisch geringfügig eingeschränkten Kindern und Jugendlichen. Die Notwendigkeit einer Übertragung auf den Personenkreis von Menschen mit einer schweren Mehrfachbehinderung setzt eine Schwerpunktsetzung auf das Erleben und das Erfahren des eigenen Körpers voraus. • • • • • • • • Betasten Berühren Ergreifen Bewegen Erfahrungen über den Mund Reflexe Stellreaktionen ... J. Ayres6 benützt den Begriff der Bildung „körpereigener Landschaften“. Der Ansatz der Psychomotorik unterscheidet drei Handlungskompetenzen: • Ich -Kompetenz • Sach - Kompetenz • Sozial - Kompetenz Diese Einteilung ist entwicklungsbezogen aufgebaut, die Bereiche sind untereinander auf sich bezogen und sie überschneiden sich. Die Erfahrung des eigenen Körpers spielt eine zentrale Erfahrung innerhalb der menschlichen Entwicklung und soll nachfolgend näher beschrieben werden. Kuntz unterteilt die Körpererfahrung in drei Aspekte: • physiologischer Aspekt • emotionaler Aspekt • kognitiver Aspekt 5 6 Literaturliste Nr. 7 Literaturliste Nr. 3 Peter Glas 1999 18 Er nennt vor allem den physiologischen verknüpft mit dem emotionalen Aspekt als bedeutsam für die psychomotorische Förderung von Menschen mit einer Schwermehrfachbehinderung. Körpererfahrung: Eine Fülle von verschiedensten Wahrnehmungseindrücken wird durch Propriozeptoren und Extereozeptoren des menschlichen Körpers aufgenommen und zu einer Informationsaufnahme und Weiterverarbeitung weitergeleitet ( siehe S.36 ). Das Körperschema kann als sich im Gehirn abbildende Information über einzelne Regionen des Körper und die Zusammengehörigkeit einzelner Abschnitte des Körpers angesehen werden. Wichtig dabei zu beachten ist die Annahme von J. Ayres, 7 dass das Körperschema nicht als bloße Summe einzelner Sinneswahrnehmungen zu betrachten ist, sondern als Ergebnis einer intersensorischen Integration zu verstehen ist. Bestehen Probleme oder Einschränkungen in der Aufnahme und/oder in der Verarbeitung von unterschiedlichsten Wahrnehmungseindrücken, besteht die pädagogische Aufgabe in einer gezielten Heranführung an körpereigene und von außen kommende Reize. In einigen neueren Publikationen innerhalb der Psychomotorik wird der Begriff der „basalen Stimulation“ durch „psychomotorischen Dialog“ ersetzt. Dies soll zum Ausdruck bringen, dass jede Förder - und Bewegungssituation eine wechselseitige Beziehung beinhaltet und auf keinen Fall eine, in der auf einer Seite ausschließlich agiert und auf der anderen Seite passiv empfangen wird. Dies bedeutet im gemeinsamen Tun mit Menschen mit einer Schwermehrfachbehinderung, dass eine wechselseitig sich beeinflussende Beziehung entsteht, innerhalb einer Bewegungssituation bei allen Beteiligten Emotionen, neue Erfahrungen, gegenseitiges Kennenlernen entstehen können. 7 Literaturliste Nr. 3 Peter Glas 1999 19 Diese deutliche Betonung einer tragfähigen Beziehung im gemeinsamen Tun führt zu beachtenden Gesichtspunkten: • eine gewachsene Beziehung ist die unbedingte Voraussetzung für viele Bewegungssituationen ( der sogenannte Sprung ins kalte Wasser ist absolut ungeeignet ) • Bewegungssituationen müssen zuallererst auf einer vertrauensvollen, sicherheitsgebenden Basis erlebt werden • eine Ritualisierung und nur sehr vorsichtige Veränderung von Bewegungsangeboten ist oft sinnvoll • eine sensible Beachtung aller Signale meiner Gegenüber ist von großer Bedeutung, viele Bewegungssituationen ( Wasser, Airtramp, Trampolin, fahrende und schaukelnde Objekte ) sind nicht nur sehr wertvoll in ihrem Einsatz sondern nicht selten mit vielen Ängsten besetzt Eine große Bedeutung innerhalb der Bewegungsförderung von Menschen mit einer Schwermehrfachbehinderung spielen Bewegungssituationen im Bereich der Förderung der vestibulären und kinästhetischen Wahrnehmung. Die Notwendigkeit der Förderung innerhalb dieser grundlegenden Wahrnehmungsbereichen ergibt sich häufig auf der Grundlage einer schweren geistigen Behinderung und damit verbunden einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Erfahrungsaufnahme und - weiterverarbeitung innerhalb dieser Wahrnehmungsbereiche. Eine Geräteauswahl und deren Anwendungsmöglichkeiten Peter Glas 1999 20 ΡΟΛΛΒΡΕΤΤ Grundmodell besteht aus einem mehrfach verleimten Holzbrett mit 360 drehbaren Laufrollen, meist farbig lackiert. VARIATIONEN: Größere Ausführungen, runde Modelle, mit Schaumstoffränder abgepufferte Ränder, Skatrollbretter ( mit zwei Achsen wie beim Skateboard - und zwei runden Holzkugeln vorne am Brett als Halt ), runde Bretter mit einem Autoreifen als Puffer integriert ( Profiltiefe spielt keine Rolle !! ). TIPS: Rollbretter sind gut selber herstellbar, vor allem um auf spezielle Bedürfnisse und Voraussetzungen der „FahrerInnen“ eingehen zu können. ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Eines der wichtigsten Geräte innerhalb der Bewegungserziehung, da es in vielen Bereichen der Wahrnehmungs- und Bewegungsförderung einsetzbar ist. Zusätzlich ist es in der Präsentation und Variation der Schwierigkeitsstufen sehr variabel. Schwerpunkte der Anwendungsbereiche: { { { { Fortbewegung Körpergleichgewicht Raumorientierung Visuelle Wahrnehmung Peter Glas 1999 21 { soziale Wahrnehmung Das Rollbrett ermöglicht das aktive Fahren in sehr unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen: { { { verschiedene Sitz- und Liegemöglichkeiten verschiedene Antriebsarten ( Hände, Füße, Ziehen an einem gespanntem Tau, abstoßen, schiefe Ebene hinunterfahren, Stöcke zum abstoßen ...) verschiedenste Fahrzeugkreationen sind möglich ( Rollbrett allein, zwei RB gleichzeitig, 1 RB und ein kleiner Kasten, 2 RB und ein großes Kastenoberteil, mehrere RB und eine Gymnastikmatte, mehrere RB und eine große Weichbodenmatte, 4 RB und eine Langbank, 4 RB und ein umgedrehtes Schaukelbrett ...) Ebenso gibt es viele Möglichkeiten des „passiven Fahrens“ { { PartnerIn schiebt, zieht an Händen/Füßen PartnerIn zieht an einem Gymnastikseil ( RB + Kasten - daran ist das Seil befestigt ) { auf Matte + RB liegend oder sitzend mitfahren { auf kuscheligem Rollbrettwagen ( mit Matte, Decken, Schaumstoffteilen ... ) mitfahren Das Körpergleichgewicht kann in sehr unterschiedlicher Weise angesprochen und gefördert werden: { langsame Bewegungen beim Passivfahren ( vor und zurück, vorsichtige Kreisbewegungen) { schnelle Bewegungen beim Passivfahren ( s.o. , schnelle Drehbewegungen, schnelles Ziehen kombiniert mit Kreiselbewegungen, gemeinsames Hinunterfahren einer schiefen Ebene, ...) { beim aktiven Fahren gute Übungsmöglichkeiten zum Körpergleichgewicht von ganz einfachen Übungen ( auf dem RB sitzen, knien, liegen in verschiedenen Körperlagen ) bis hin zu kleinen Kunststücken ( freihändig knien, ohne Unterstützung der Arme und Füße sitzen, schiefe Ebenen in verschiedener Peter Glas 1999 22 Weise hinunterfahren, schnelle Drehbewegungen selber in Gang setzen, liegend auf dem Rollbrett sich von einer Wand abstoßen ... ) Ein Raum kann mit Hilfe des Rollbretts sehr gut erkundet und kennengelernt werden: { { { an den Wänden entlang fahren von einer Ecke zur anderen fahren versch. Parcours aufbauen und durchfahren ( vorne/hinten, untendurch, drüberweg, rechts/links ) Die visuelle Wahrnehmung kann ebenfalls gezielt angesprochen werden: { { { { { { { versch. Farben der Rollbretter den anderen zuschauen sich selbst im Spiegel beim Fahren zusehen das RB fährt allein, dreht sich, rollt von einer schiefen Ebene hinunter vorfahren - nachfahren ausgelegte Formen nachfahren ... Das Rollbrett bietet schöne Möglichkeiten zum gemeinsam Aktivwerden: { { { { !!! zwei fahren gemeinsam mehrere Gefährte werden zu einem Zug zusammengebunden Riesenrollbrett (Rollbretter und Gymnastik- oder Weichbodenmatte) für eine ganze Gruppe ( Aktive und Passive ) selber gestalten von neuen Gefährten und Parcours nicht auf das Rollbrett stehen ( kann nach vorne wegrutschen- Kind fällt u.U. auf den Rücken ) vor allem beim Passivfahren auf die Intensität der Wahrnehmungsreize achten ( vorher selber ausprobieren ), Passivfahrende geben sich buchstäblich in die Hände von jemand anderem. Die Peter Glas 1999 23 Reize können subjektiv sehr unterschiedlich wahrgenommen und verarbeitet werden, können u.U. auch Ängste auslösen. ΠΕ∆ΑΛΟ VARIATIONEN: wie beschreibe ich das?! Einerpedalos ( ganz schön schwierig ), 2 Doppelpedalos werden mit Verlängerungsbrettern verbunden zu einem längeren Gefährt, verschiedene Ausführungen von Rehapedalos ( verbundene Pedalos mit Halte -und Sitzvorrichtungen ). ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Ein nicht leicht zu bedienendes Gerät. Es ist ratsam nicht zu Beginn mit dem Pedalo zu beginnen, eher mit einem Rehapedalo oder mit den leichter bedienbaren und mit Hilfestellungen kombinierbaren verbundenen Pedalos. Schwerpunkte in der Förderung. { { Körpergleichgewicht Bewegungskoordination Das Pedalo stellt eine hohe Anforderung an das Körpergleichgewicht und der Bewegungskoordination. Nichts desto trotz übt es auf Grund seiner Unbekanntheit meist einen großen Reiz aus ( Motivation ! ) Differenzierungen im Schwierigkeitsgrad sind über den Einsatz der beschriebenen Hilfsmittel und des Rehapedalos gut möglich. Zusätzlich lassen sich beim Kennenlernen des Geräts ungewöhnliche Wege beschreiten ( mit den Händen befahren, andere Materialien darauf transportieren, sich das Pedalo zurollen ... ) !!! beim Aufsteigen immer das Pedalobrett benützen, das sich unten befindet Peter Glas 1999 24 zwei Holzstöcke mit Gummipuffer an einem Ende eignen sich bei der Benützung des Pedalos als Hilfestellung ΤΡΑΜΠΟΛΙΝ VARIATIONEN: es gibt verschiedene Größen von Trampolinen, mit Unterschieden in der Bespannung und Beschaffenheit des Sprungtuchs, sehr kleine Ausführungen werden Trimpolin genannt. TIPS: in größeren Städten gibt es Vereine mit Trampolinabteilungen und/oder Hochschulen, die ältere Trampoline u.U. billig abgeben. ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Das Trampolin als kleine Möglichkeit „ den Traum vom Fliegen“ zu erleben. Das Gerät ist geeignet verschiedenste Wahrnehmungsbereiche anzusprechen und bietet zudem viele Differenzierungsvariationen. Schwerpunkte in der Förderung folgender Wahrnehmungsbereiche: { { { { { Körpergleichgewicht Körperschwerkraft Körperlageveränderungen Körperinnenreize soziale Wahrnehmung Das Trampolin eignet sich nicht nur zum Springen, es bietet viele Bewegungssituationen im Rahmen der basalen Förderung. ( liegen, gewippt und geschaukelt werden, liegen und leicht in die Höhe gewippt werden, Miteinbeziehung anderer Materialien und Medien wie Tücher, Bälle, weiche Felle, Musik ... ) Ebenso kann eine ganze Gruppe auf dem - umbenanntem Gerät ( Trampolinschiff, Trampolinzug, Trampolinraumschiff ... ) - viele „Abenteuer“ erleben ( auf einem Fluss mit ruhigem und reißendem Wasser fahren, auf dem Meer mit wenig und sehr viel Wind, auf einer Straße mit wenigen und vielen Kurven, im Weltraum...) Mit und ohne Hilfestellungen können in verschiedenen Körperstellungen ( liegend, sitzend, stehend ) sehr unterschiedliche Sprünge geübt werden. Peter Glas 1999 25 !!! das Trampolin ist auch ein sehr gefährliches Sportgerät. Ohne eine adäquate Einführung sollte niemand als AnleiterIn aktiv werden. Menschen mit Problemen im Bereich der Wirbelsäule und dem Herz - Kreislaufsystem sollten nur nach Rücksprache mit der Ärztin/dem Arzt aufs Trampolin „ΑΛΤΗΕΡΓΕΒΡΑΧΗ ΤΕ“ ΤΥΡΝΗΑΛΛΕΝΓΕΡΑ ΕΤΕ In vielen Turnhallen befinden sich viele uns allen bekannte Sportgeräte wie z.B.: Reck Barren Matten Klettergerüste Kletterstangen Schwebebalken Verschiedene Transportgeräte Große und kleine Kästen Taue Gymnastikseiler Sprungbretter Korbballständer Volleyballvorrichtungen Ringe Bänke ... Peter Glas 1999 26 Diese Geräte haben uns z.T. in unserer Schulzeit weniger schöne Erfahrungen beschert. Sie sind aber z.B.: innerhalb einer Bewegungslandschaft oder eines Bewegungsparcours sehr gut und für Schülerinnen und Schüler sehr gewinnbringend einsetzbar. ΒΑΥΜΑΤΕΡΙΑΛΙΕΝ Peter Glas 1999 27 Materialien zum Bauen und Konstruieren { { { { TIPS: große Holzbausteine aus Leichthölzern Plastikbausteine in verschiedenen Farben und Größen Spielbauelemente - nylonüberzogene Schaumstoffteile in Quader - Halbkreis - Vollkreis - Keil - und Rollenform Kombibaukästen - Stäbe und Tellerfüße zum Aufbau eines Parcours viele Bestandteile aus Sport - und Gymnastikhallen können ebenfalls zum Bauen und Konstruieren verwendet werden ( z.B. Barren, Reck, Langbänke, Kästen, Leitern, Seile...). ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Schwerpunkte in der Förderung: { { { { taktiles System visuelles System soziale Wahrnehmung Körpergleichgewicht Das Erfinden und Bauen einer Bewegungslandschaft in einer Gymnastik/Sporthalle bietet sehr vielseitige Möglichkeiten der Wahrnehmungsförderung. So kann von einfachen Konstruktionen ( 2 Kästen + 1 Gymnastikmatte = Tunnel, 2 Kästen + Schwungtuch = Höhle...) bis hin zu ausgefeilten Bewegungslandschaften ( schiefe Ebenen, Slalomparcours, Balancierparcours, Kletterparcours, Tunnels, Urwaldnachbauten mit Tauen und Ringen ...) alles - je nach Zielsetzung - kreiert werden. Gerade innerhalb dieses Themenbereichs können die Aspekte des gemeinsamen Tuns, des Kreativen, des Experimentierens, des Planens und Umsetzens, des Unnormierten, des für andere Mitbauen, der Bewegung ohne Leistungsmessung und ohne Leistungsdruck sehr bedeutsam sein. !!! die Bewegungslandschaft sollte immer gut abgesichert sein, vor allem wenn es einmal „hoch hinausgeht“ Peter Glas 1999 28 ΣΧΗΩΥΝΓΤΥΕΧΗΕΡ ΦΑΛΛΣΧΗΙΡ ΜΕ große Tücher aus meist reißfesten, unterschiedlichen Materialien, rund, eckig, in vielen Größenvariationen, mit/ohne Loch in der Mitte, mit dicker Kordel oder einem Bleiband als eingenähter Rand, teilweise mit Halteschlaufen am Rand. TIPS: Baumwolltücher zum selber Herstellen eines Schwungtuchs, Stoffreste aus Textilfabriken, Plastikfolien aus dem Baumarkt !? gute Beziehungen zu einem Fallschirmspringerverein könnten zu einem ausrangierten Fallschirm verhelfen, ebenso zur Bundeswehrwer auf olivgrün steht. ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Materialien mit hohem Motivationscharakter, in vielen Wahrnehmungsbereichen einsetzbar: { visuelle Wahrnehmung { akustische Wahrnehmung { taktile Wahrnehmung { soziale Wahrnehmung { Körpergleichgewicht Das Schwungtuch ermöglicht eine Förderung in sehr basalen, alle Sinne ansprechenden Situationen: { { { Peter Glas 1999 auf/unter dem Tuch liegen mit dem Tuch eingewickelt werden durch das Tuch einzelne Körperteile berühren, massieren... 29 { { { { { { einzelne Körperteile durch das Tuch gezielt berühren um dadurch die Körperwahrnehmung und die Ausbildung des Körperschemas zu fördern im zusammengelegten Tuch schaukeln die Luft spüren durch das Hin und Her , Auf und Ab des Tuchs das Tuch selber spüren kombinieren mit anderen Medien und Materialien ( Musik, etwas erzählen, kuscheln... ) ganz gezielt ruhige, angenehme Situationen schaffen Das Schwungtuch (Fallschirm) hält auch sehr schön eine Gruppe zusammen und bietet viele Möglichkeiten des gemeinsamem Spiels: { { { { { { { { { { windige Situationen schaffen (von eher meditativ bis zu einem Orkan) mit dem Tuch als Gruppe durch den Raum gehen, laufen mit dem Tuch sich als Gruppe im Kreis drehen das Tuch als Zelt ummodeln das Tuch in die Höhe werfen sich mit Hilfe des Tuchs ziehen, tragen auf einem ruhigen/welligen Tuch gehen Tauziehen mit einem eingerollten Tuch sich gegenseitig befühlen unter dem Tuch viele altbekannten Kreisspiele lassen sich mit dem Tuch ebenso spielen und u.U. ganz neu erleben { viele Materialien lassen sich mit dem Schwungtuch ( Fallschirm ) kombinieren ( Bälle, Luftballons, Murmeln, Klangkugeln, Zeitlupenbälle ... !!! das Schwungtuch( Fallschirm ) kann u.U. sehr große Ängste auslösen ( Größe, Platznot, Verlust der visuellen Kontrolle) Peter Glas 1999 Dunkelheit, 30 ΑΙΡΤΡΑΜΠ Peter Glas 1999 31 Luftkissen mit Gebläse, in verschiedenen Größen und Ausführungen ( Höhe, Oberfläche, Farbe, mit und ohne erhöhtem Rand ) ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Bewegungs-Spielideen 1. Basale Förderung / / Schaukeln, Musik dazu hören, singen, sprechen, streicheln. Die Gruppe liegt auf dem Gerät (sitzt), ein Teilnehmer geht vorsichtig umher, wippt die anderen leicht, geht um sie herum, hüpft. Die Gruppe liegt, die einzelnen werden zugedeckt mit Tüchern, einem großen Tuch, weiches Materialien , dazu Musik. Gerät ein- und ausschalten, Gerät leicht hin- und herschaukeln, Musik. Einfache Fortbewegungsarten (robben, krabbeln, drehen, rollen, gehen auf allen vieren, gehen etc.) mit Hilfestellung, aktiv oder auch passiv (gerollt werden, ziehen, kugeln). / / / 2. Erfahrung mit verschiedenen Materialien auf dem Airtramp. / / / / / / / 3. Massage mit Bällen, Tüchern, Bürsten etc. Hantieren mit unterschiedlichen Materialien. Hin- und Herrollen von rollenden Dingen vom Gerät Dinge runterwerfen Spiel mit einem Gegenüber auf weichem Untergrund Augen verbinden, mit Tuch zugedeckt werden, schnuckeln, Körper abtasten, mit Partner auf dem Gerät gehen, wippen, hüpfen rutschen Einfache Fortbewegungsarten / / / / Rollen, krabbeln, kriechen, gehen, laufen, hopsen, springen, hüpfen rutschen, mit einem Partner gemeinsam gehen, hüpfen, springen, verschiedene Tiere spielen (Frosch, Hund, Katze, Schlange, Löwe, Kamel, Tausendfüßler) Füße zusammenbinden von zwei Partner, Arme zusammenbinden. 4. Gleichgewichtsspiele Peter Glas 1999 32 / / / / / / / / / Auf dem Gerät liegen, ein- ausschalten dasselbe im Sitzen, knien, Vierfüßlerstand einer steht, der Partner geht um ihn herum, versucht ihn aus ,,der Ruhe zu bringen". Zwei hüpfen, versuchen, ohne sich zu berühren, sich gegenseitig auf den Hosenboden zu bringen auf verschiedenen Geräten sitzen, liegen, versuchen mit oder ohne Störung das Gleichgewicht zu halten (Autoschläuche, Teppichquadrate, Schaumstoffteile, große Bälle ...) Augen verbunden, Partner geht um einen herum, ,,stört" das Gleichgewicht. Kreis, alle halten sich an den Händen, stehen oder sitzen zu Beginn. Leichte Bewegungen (wippen, drehen, gehen). Kreis bewegt sich bis in die Mitte, alle treffen sich (im Loch), dann wieder zurück. Autoschläuche werden über eine Person drübergestülpt (,,Michelinmännchen"). Anschließend ohne das Michelinmännchen zu berühren, Versuchen es aus dem Gleichgewicht zu bringen, umwerfen, rollen ... Gleichgewichtsspiele mit dem Pushball (sehr großer Ball, Textilüberzug) Bauchlage drauf liegen darauf sitzen darauf stehen darauf gehen 5. Kleine Spiele / Alle möglichen kleinen Spiele, die auf ,,festem Untergrund" spielbar sind, können teilweise variiert - übernommen werden, z.B. Faul Ei, Katz und Maus, Singspiele, kleine Ballspiele im Kreis, Fangspiele, Komm mit - lauf weg, Spiele mit verschieden großen Luftballons, Zeitlupenbälle. sich die Luftballons im Kreis weitergeben, zuprellen die Gruppe versucht den/die Luftballons in der Luft zu halten, keine Bodenberührung jeder bekommt einen Luftballon, Spiel und Bewegung auf Musik Luftballons unter den Pullover, rumlaufen, hüpfen, draufspringen Luftballons nur mit einem vorher ausgemachten Körperteil berühren, in der Luft halten zwei Spielfelder durch Zauberschnur markieren, Luftballon darüber prellen, werfen (Volleyball, haltet das Feld frei) / / / / / / / 6. Spiele mit dem Riesenschwungtuch Das Riesenschwungtuch (großes, unzerreißbares Nylontuch) eignet sich besonders gut für viele Bewegungsspiele auf dem Airtramp: / alle sitzen um das Tuch, legen sich hin, decken sich zu, ,,schlafen - wie im Bett" - Wahrnehmungsspiele Gerät ein - aus...was passiert mit mir !? alle knien um das Tuch, halten es mit beiden Händen fest -- ,,Telephonieren" oder ,,Wellenschicken". Einer schickt durch Heben und Senken des Tuchs einer anderen Person eine Welle, telephoniert. Alle machen Wellen, große, kleine / / Peter Glas 1999 33 / / / / / / ein Teil der Gruppe ist unter dem Tuch, die anderen machen Wellen. ein Teil der Gruppe macht Wellen, eine oder mehrere Personen gehen auf den Wellen, mit dem Tuch (zusammengelegt) getragen, geschaukelt werden, verschiedenartige Bälle mit dem Tuch bewegen, hochschleudern sich gegenseitig besuchen (im Kreis), über oder unter dem Tuch ,,Krokodilspiel" - ein Krokodil unter dem Tuch zieht die Menschen (zugedeckt bis zum Bauch) unters Tuch 7. alle Arten von Spiele mit Bällen (Gymnastik-, Schaum-, Tennis-, Weichgummi-, Moosgummi-, Wasser-, Push-, Zeitungs-, Igelbälle 8. Auf dem Airtramp ein Meer voll Kugelbadbällen (Zeit zum Aufräumen !) 9. Bewegung /Ruhe - mit / auf Musik. 10. Wahrnehmungs- und Vertrauensspiele sollte erst gespielt werden, wenn die einzelnen Gruppenmitglieder mit dem Gerät vertraut sind, keine Angst (mehr) haben, untereinander Vertrauen haben. / / / / / / / / / Unter dem Schwungtuch ein Zelt bauen sich mit dem Schwungtuch oder einem kleinen Tuch zudecken lassen, abtasten lassen, Augen verbinden, sich führen lassen, Gleichgewicht üben, sich mit geschlossenen, verbundenen Augen auf Musik entspannen, wiegen lassen (Gerät ein/aus, schaukeln), sich tragen lassen (auch mit Tuch), mit dem Pushball überrollen lassen Massage mit verschiedenen Materialien (Bälle, Tücher etc.) mit Musik, passives Durchbewegen Gerät aus/einschalten, bewusstes Wahrnehmen wie der Körper bewegt wird, wie er sich anfühlt. 11. Partnerspiele / / / / / / / sich gegenseitig helfen zusammen gehen, laufen, hüpfen zusammen sitzen/aufstehen zusammen springen und hinfallen siehe 1 - 5 sich gegenseitig rollen, ziehen Partnerrolle über die Quer- und Längsachse. 12. Kleine Kunststücke, Akrobatik, Clownerie Peter Glas 1999 34 / / / / / / / / / / / / Purzelbaum Hoch- , Weitspringen über Hindernisse hüpfen (Autoschläuche, Schaumstoffblöcke) über Zauberschnur drübersteigen, hüpfen, Flugrolle rückwärts gehen, hüpfen auf Pushball stehen, herunterhüpfen auf Po springen und sofort wieder auf die Füße kommen mit Hüpfseil hüpfen mit Partner zusammen z.B. auf Knie, Rücken stehen, runterspringen Flugrolle bis hin zum Salto Fallen, Stolpern, wie ein Clown über jemanden drüberspringen, über mehrere springen (Rolle, Weitsprung). 13. Sicherheitsregeln / / Zwischen 8 - 10 Personen auf dem Gerät (je nach Leistungsvermögen, Einsicht, Größe der Einzelnen) keine Turnschuhe (Socken oder Gymnastikschuhe) keine Brillen (nur Sportbrillen verwenden) Uhren, Ketten, Schlüssel ablegen bei fehlendem Gefahrenbewusstsein äußerste Vorsicht des Betreuers -- direkte Hilfestellung. Katapulteffekt des Airtramps beachten, in Vorüberlegungen mit einbeziehen (ein großer Dicker kann einen kleinen Schmalen ganz schön in die Luft schleudern!) einige Sprünge sind gefährlich: Bauchlandung Knielandung Airtramp ist ein sehr anstrengendes Gerät, auch wenn die Teilnehmer dies oft selber gar nicht so wahrnehmen (Betreuer müssen hier auf körperliche Erschöpfungsanzeichen achten) Aktivitäts- und Ruhepausen in sinnvollem Wechsel. 14. Auf- und Abstieg / / / / / / / / / Es gibt verschiedene Möglichkeiten auf das Gerät zu gelangen und gefahrlos wieder abzusteigen. Aufstieg / / / / / auf dem luftleeren Gerät liegend (gut verteilt) sich langsam nach oben heben lassen, über eine Weichbodenmatte auf das volle Gerät als Hochspringer auf das volle Gerät mit Partnerhilfe (über die Schulter, „Spitzbubenleiter“) als Akrobat Peter Glas 1999 35 / einfach dem Gerät ,,in die Seite" treten und so aufsteigen. Abstieg / / liegend auf dem Gerät, Luft ablassen sitzend, in Bandlage das volle Gerät verlassen. 15. Wer darf - wer sollte am besten nicht?! Prinzipiell bei Unsicherheiten ob der zu Betreuende körperlich in der Lage ist auf dem Gerät zu turnen - Rücksprache mit dem Arzt!! Ausschlussgründe sind oft: / / / / Erkrankung am Herz hoher Blutdruck schwerwiegende Erkrankungen an der Wirbelsäule Krankheit Vorsicht geboten bei: * * * Epilepsie Sehstörungen Beeinträchtigungen des Gleichgewichtssinns ΒΑΛΛ Peter Glas 1999 36 nach wie vor - wen wundert es - das Material in der Bewegungserziehung. TIPS: Inzwischen gibt es eine Unmenge verschiedenster Variationen, hier eine kleine aber feine Auswahl: ° Softball, es gibt für fast jede Ballart ( Fuß - Volley - Hand Tennisball ... ) eine Softballentsprechung. ° Igelball, mit unterschiedlich großen und festen Noppen, die Größe der Bälle schwankt zwischen handtellergroß und fast Kleinkindgröße. ° „Kooshbälle“ aus Gummifäden, farbig, unterschiedliche Größen ° „Pezzibälle“ größere Gymnastikbälle, versch. Farben und Größen ( nicht nur zum Sitzen am Schreibtisch für ständig lernende RefrendarInnen, StudentInnen und LehrerInnen geeignet ! ) ° Pushball, sehr großer, mit festem Tuch überzogen, sehr schwerer Ball ° Jonglierbälle, nicht nur zum Jonglieren geeignet, in verschiedensten Ausführungen ( Größe, Material, Aussehen ) ° alle „klassischen Bälle“ ( Fuß - Hand - Volley - Basket - Tennis Tischtennisbälle ... ) ° „Aktionsbälle“, Crazyball - rollt und fliegt nicht wie gewohnt -, Katzenbälle ( ähnlich wie der Crazy, kleiner und billiger ), mit Materialien gefüllte durchsichtige Bälle ( z.B. mit Federn, Schellen, kleinen Bällen, Murmeln ... ) ° Hüpfbälle, mit zwei „Hasenohren“ oder einem Haltegriff ° Vollgummibälle, mit enormen Sprungeigenschaften ° Klingelbälle, Gymnastikbälle mit Schellen im Innern ° „Knautschbälle“, lassen sich sehr klein zusammendrücken und entfalten sich nach und nach wieder zur ursprünglichen Form ° Japanische Papierbälle, Peter Glas 1999 37 aus farbigem Papier mit Loch zum Aufblasen ° Zeitlupenbälle, aus Latex, langsame Flugeigenschaften ähnlich einem Luftballon, aufblasbar ° Kugelbadbälle, kleine Plastikbälle, viele Farben, sehr leicht ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Praktisch in allen Wahrnehmungs- und Bewegungsbereichen: { { { { { { { { { { vestibuläres System Pushball, Pezziball, Hüpfball kinästhetisches System Kugelbadbälle, Pushball, Pezziball, Hüpfball taktiles System Kooshbälle, Igelball, Softball, Knautschball, Kugelbadbälle visuelles System Zeitlupenball, Aktionsball, japanischer Papierball, Vollgummibälle, Kooshbälle akustisches System Klingelball, japanischer Papierball, Vollgummibälle gut kombinierbar mit vielen anderen Materialien !!! Vorsicht beim Umgang mit etwas härteren Bällen, bei ängstlichen Kindern lieber auf weiche Softbälle zurückgreifen. Bei einigen Bällen muss auf die chemische Zusammensetzung geachtet werden, vor allem bei MitspielerInnen, die ihre Umwelt hauptsächlich über den Mund erfahren Peter Glas 1999 38 ΣΧΗΑΥΚΕΛ hängt meist an mehreren Seilen, mit sehr verschiedenen Sitz und/oder Liegeflächen TIPS: es gibt mittlerweile eine große Auswahl von sogenannten Therapieschaukeln bei denen auf gepolsterten Unterlagen nicht nur das bequeme und sichere Sitzen sondern auch das Liegen in verschiedenen Positionen möglich ist, teilweise auch mit erhöhten Rändern. In gut ausgerüsteten Sport - oder Gymnastikhallen können mit etwas Fantasie eigene Schaukelkreationen entworfen ( z.B. mit Tauen, Leitern, Holzbalken und Matten ).Eine gute Alternative ist die Hängematte! ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: vor allem in den Bereichen: { { { Vestibuläres System ( Körperschwerkraft, Körperlage, Körpergleichgewicht ) Kinästhetisches System ( Muskelspannungen, Körperposition) Visuelles System Sehr wichtiges Gerät im Rahmen der basalen Förderung (Hängematten, Therapieschaukeln )und innerhalb der selbsttätigen Bewegungsaktivität. Einsetzbar in der direkten und geleiteten Bewegungsaktivität, auch geeignet als Möglichkeit eines zeitweise „festen Platzes“ ( z.B. innerhalb einer Wohngruppe ). Gute Möglichkeiten der Miteinbeziehung anderer Materialien ( Luftballons, Musikinstrumente, taktile Stimulationsmaterialien ... ) Durch die großen Variationsmöglichkeiten können Schaukeln mit sehr weitgehenden Anforderungen an das Körpergleichgewicht und die Körperkoordination kreiert werden. !!! größere Schaukeln sind nicht ungefährlich, auf gute Bodenabsicherung ( Matten ) und eine Sicherheitszone um die Schaukel achten. Peter Glas 1999 39 ΒΑΛΑΝΧΙΕΡΓΕΡΑΕ ΤΕ spezielle Therapiematerialien aus den Bereichen der Motopädagogik und der Mototherapie stammend { { { { TIPS: Schaukelbrett, großes gepolstertes Brett mit zwei gebogenen Holzkufen, die eine Schaukelbewegung in eine Richtung ermöglichen Therapiekreisel, Kunststoffplatte, rund mit Balancierring am Boden, ermöglicht Balance - und Drehbewegungen in alle Richtungen Sportkreisel, Holzplatte, rund mit Aluhalbkugel am Boden, s.o. erhöhter Schwierigkeitsgrad Therapiekreisel groß, gepolsterte Oberfläche, auch zum Sitzen geeignet Schaukelbretter können auch selber hergestellt werden und so auf spezielle Bedürfnisse und Voraussetzungen abgestimmt werden. ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Schwerpunkte in der Förderung: { { { Vestibuläres System ( Körperlage, Körperschwerkraft, Körpergleichgewicht) Kinästhetisches System ( Muskelspannung, Körperposition ) Visuelles System Die Geräte bieten sehr differenzierte Fördermöglichkeiten ( das große Schaukelbrett im Rahmen der basalen Förderung und der Sportkreisel als Herausforderung an das Körpergleichgewicht und - koordination. Peter Glas 1999 40 ΓΨΜΝΑΣΤΙΚ − ΥΝ∆ ΡΗΨΤΗΜΙΚΖΥΒΕΗ ΟΕΡ aus den Bereichen der Rhythmik und der Gymnastik bekanntes Material, gut innerhalb des Sport- und Bewegungsunterrichts einsetzbar { { { { { { { { { TIPS: Gymnastikreifen, versch. Farben und Größen, in Holz oder Kunststoff Gymnastikkeulen, versch. Farben und Größen, in Holz oder Kunststoff Gymnastikseile, natur, farbig, versch. Materialien und Längen Tennisringe, kleine Gummiringe, farbig Sandsäckchen, mit verschiedenen Materialien (nicht nur Sand) gefüllte farbige Säckchen Teppichquadrate, weiche, bunte Sitzunterlagen Gymnastikmatten, aus weichem Schaummaterial Große Gymnastikbälle Tamburin, Schellenkranz, Triangel und viele weitere kleine Rhythmusinstrumente Einige dieser Materialien können selber hergestellt oder nachträglich verändert werden ( Teppichle, Sandsäckchen, kleine Instrumente ) ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Vor allem in den Bereichen: Peter Glas 1999 41 { { { akustische Wahrnehmung taktile Wahrnehmung visuelle Wahrnehmung Viele Instrumente aus dem Orff`schen Instrumentarium lassen sich sehr gut in der basalen akustischen Wahrnehmungsförderung einsetzen. Auch das Ertasten und Erfühlen von Materialien u.U. kombiniert mit akustischen Merkmalen kann in sehr unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen erfolgen. ϑΟΝΓΛΙΕΡΜΑΤΕΡΙΑ ΛΙΕΝ vieles was derzeit auf diesem Markt zu finden ist, lässt sich in der BewegungsErziehung in irgendeiner Form verwenden ( nicht unbedingt „im Sinne des Erfinders“! ). TIPS: Peter Glas 1999 da auch diese Materialien oft sehr teuer sind, lohnt es sich bei einigen selbst Hand anzulegen oder sie aus einem anderen Bereich so z.B. aus dem Freizeit - und Spielwarensektor anzuschaffen ( Holzkeulen - Jonglierkeulen, Tennisbälle Jonglierbälle, Jongliertücher - Mamas Restekiste, Verkleidungsmaterialien - Papas Kleiderschrank ) 42 ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Viele Kinder ( die „Großen“ auch, wenn ihre kindlichen Anteile wieder ans „Tageslicht“ gelangen - das geschieht bei diesem Themenkreis glücklicherweise sehr oft ) reagieren sehr positiv auf die Inhalte Zirkus und Akrobatik. Hier ergeben sich vielfältige Möglichkeiten sich ohne vorgegebene Normen und einengenden Leistungsdruck zu bewegen. Zusätzlich bieten sich viele Anlässe alle Mitglieder einer sehr heterogenen Gruppe in sinnvoller und viele Wahrnehmungsbereiche ansprechenden Weise miteinzubeziehen. Hier einige Tipps: { { { { { { Jonglieren mit Bällen, Keulen, Tüchern, allein und in Gruppen ( das kann auch bedeuten einen Ball von einer Hand in die andere zu legen, zu werfen ! ) unterschiedliche Verkleidungen zu den Themen Akrobatik, Clown, Balancieren, Dompteur... Zaubern ( interessant für die/den ZauberIn und ZuschauerInnen) Planen und Durchführen einer kleinen Vorstellung Miteinbeziehung und /oder Selbergestalten einer Zirkusmusik ΦΡΕΙΖΕΙΤ−ΥΝ∆ ΣΠΙΕΛΜΑΤΕΡΙΑΛΙΕ Ν Viele in der Motopädagogik und aus der Sportpädagogik entwickelten Materialien tauchen immer wieder in diesem Bereich auf und sind oft wesentlich billiger. Zusätzlich gibt es dort auch einige originelle Materialien, die mit etwas Phantasie gut in der Bewegungserziehung eingesetzt werden können. { { { { { { { Peter Glas 1999 Frisbees, aus Hartplastik, Stoff und Schaumstoff Stelzen Sommer - Ski, zwei Holzlatten mit Fußschlaufen und/oder Halteseilen Luftballons, in allen Farben und Größen Rückschlagspiele, Federball, Softball, Familytennis, Tennis, Indiacatennis, Beachball auch mit Klettschlägern... Boccia Ringtennis 43 { { Indiaca .... ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Diese Materialien können in vielen Bewegungssituationen eingesetzt werden. Oft ergeben sich dadurch neuen Motivationen, da diese Materialien aus ganz anderen Bereichen wiedererkannt werden ( Familie, Freizeit, TV, Freundeskreis ). Hier einige Beispiele: { { { { Stelzen innerhalb eines Balancierparcours Holzbocciakugeln zur visuellen und akustischen Wahrnehmungsförderung ( großes Tau, verknotet, als Kreis auf dem Boden, eine/mehrere Kugeln werden innerhalb des Taus bewegt ... ) Glasmurmeln zur akustischen, visuellen und taktilen Stimulation ( Murmelbahn, Murmeln auf der Haut, Murmeln innerhalb eines Holzreifens, Murmeln auf Teppich/Holzboden, Murmeln in Plastikschläuchen, Murmeln auf dem Schwungtuch, Murmeln als Sitz/Balancierunterlage, Murmeln in einer Höhle...) Rückschlagspiele integriert in einer Bewegungslandschaft als eine Station !!! gerade im Bereich der basalen Stimulation und der basalen Förderung auf Größe und Zusammensetzung der Materialien achten ΒΑ∆ΕΣΠΑΣΣΖΥΒΕΗ ΟΕΡ viele bereits beschriebene Materialien sind natürlich auch im Wasser verwendbar ( je nach BademeisterIn !? ) hier ein paar spezielle Wassermaterialien: { { Peter Glas 1999 aufblasbare Großgeräte wie Rutschen, verschiedene Tiere, Inseln, Flöße Schwimmbretter, aus Styropor, versch. Ausführungen 44 { { { { Wasserbälle, aufblasbar, mit/ohne Motiv Tauchmaterialien, wie Tauchringe, Tauchtiere, Hindernisse zum Drumherum oder Drunterwegtauchen Schwimmsprossen, achteckige Schaumstoffelemente, die mit einem steifen Kunststoffstab verbunden werden können Wasserspielklötze, schwimmende Kunststoffklötze, farbig ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN: Das Medium Wasser spielt eine wichtige Rolle im Rahmen der Bewegungserziehung. Das Wasser als ursprünglichste Umgebung des Menschen ermöglicht Erfahrungen in folgenden Wahrnehmungsbereichen, die „an Land“ oft so nicht erlebbar sind: { { { { { { { Körperschwerkraft Körperlageveränderungen Körpergleichgewicht Wahrnehmungen im Bereich des kinästhetischen Systems taktile Wahrnehmungserfahrungen akustische Wahrnehmungserfahrungen visuelle Wahrnehmungserfahrungen Die massive Reduktion der Körperschwerkraft im Wasser bietet viele Möglichkeiten im Rahmen der basalen Förderung ( direkte 1:1 Betreuung im warmen Wasser - wenn möglich mit Variationsmöglichkeiten der Wassertiefe, Erfahrungen in den Bereichen der taktilen Stimulation mit Hilfe des Wassers und anderer Materialien, Erfahrungen der Körperlage und deren Veränderung ). Für viele Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen ( hier vor allem massive körperliche Behinderungen ), ermöglicht das wärmere Wasser und die reduzierte Schwerkraft ( auch für die/den HelferIn sehr hilfreich ) einmalige, sehr angenehme und oft ganz neue Körpererfahrungen. Kombiniert mit den bereits beschriebenen Materialien können im Wasser bedeutsame Ziele innerhalb der Bewegungserziehung anvisiert werden: / / / / / !!! Peter Glas 1999 Angstabbau durch eine behutsame Wassergewöhnung Ermöglichung spielerischer Bewegungssituationen ohne Leistungsdruck wertvolles Training für das Herz/Kreislaufsystem viele kreative Spielmöglichkeiten zum gemeinsamen Planen und Durchführen spielerisches Miteinander für viele Menschen ist das Medium Wasser zu Beginn sehr angsteinflößend ( negative Vorerfahrungen ). Daher ist eine sehr vorsichtige Wassergewöhnung, gerade bei 45 Menschen mit schweren Behinderungen unbedingt erforderlich ( die ersten Male von außen zuschauen, von außen mittun, am Rand/auf der Treppe sitzen, beliebte Materialien mit einbeziehen - wie Lieblingsspielzeuge, Bälle, Sandkastenspielzeug ... ). die Belastung für viele Körperfunktionen im Wasser ist beträchtlich, auf Warnsignale des Körpers achten, nicht zu lange im Wasser verweilen - gerade im Bereich der basalen Förderung. Literaturliste: 1. Adolph, H. Sport mit Geistigbehinderten Limpert Verlag 1981 2. Aucouturier/Lapierre Bruno, Bericht über eine psychomotorische Therapie Reinhardt: München, Basel 1982 3. Ayres, J. Bausteine der kindlichen Entwicklung Berlin, Springer 1984 4. Kiphard, E. J.: Motopädagogik Peter Glas 1999 46 Modernes Lernen: Dortmund 1986 5. Kiphard, E. J.:/ Hünnekens Bewegung heilt Gütersloh: Flöttmann 1975 6. Kuntz, St.: Psychomotorische Förderung bei schwerster Behinderung in Handbuch der Sonderpädagogik Band 12 7. Oberacker ( Hrsg ) Lernen durch Handeln - Psychomotorische Förderung geistig Behinderter Konrad Wittwer Stuttgart 8. Reincke, W.: Zur Integration Geistigbehinderter durch Bewegung, Spiel und Sport, in Sonderpädagogik Heft 3 1994 Zur Abgrenzungsproblematik ... in Höss/Wolf (HRSG.) Psychomotorische Förderung geistig Behinderter S. 127 - 151 in: Riebel H.J. S. 131 - 137 9. Riebel H.J. 10. Schilling, F 11. Steigmaier, E./Tödter, R.: Projekt: “Wir lassen uns nicht aus dem Gleichgewicht bringen“ in „Lernen Konkret“ 5/91 12. Zimmer, R./Cicurs, H.: Psychomotorik Schriftenreihe zur Praxis der Leibeserziehung und Sport Band 190 Schorndorf: Hofmann Peter Glas 1999