Untitled - Jusos München
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1 2 3 4 5 1 6 7 8 9 0 TICKER +++ start ticker +++ Der RV Süd hat einen neuen Vorstand gewählt: Alex Ben Chaouch (Vorsitz und UBVotum), Sebastian Hanke, Andreas Brünnert, Sarah Eydel und Tina Bögl. Der RV West hat einen neuen Vorstand gewählt: Markus Wanger (Vorsitz), Simona Winkler (UB-Votum), Katharina Wegener, Ortrun Merkle, und Lukas Vidoni. Der RV Ost hat einen neuen Sprecherrat gewählt: Boris Stark (UB-Votum), Konstantin Jakob, Maximilian Engel, Vera Götz und Lala Pringsheim. +++ ende ticker +++ Impressum: Links im Druck - Die Mitgliederzeitschrift der Münchner Jusos Druck: V.i.S.d.P. : Redaktion: Layout: Auflage: Erscheinungsweise: Osiris Druck, Karl-Heine-Str. 99, 04229 Leipzig Markus Henn, c/o Jusos München, Oberanger 38/IV, 80331 München Viola Unger, Simone Burger, Hanna Kappstein Markus Henn, Michael Raab (Cover) 500 11 Ausgaben pro Jahr Wir freuen uns über Mitarbeit, Kritik, Artikel und andere Rückmeldungen; Kontakt über jim@jusosmuenchen.de oder über Markus Henn, tel. 79 109 947. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Die Redaktion behält sich vor, Artikel abzulehnen oder zu kürzen. Wenn Sie spenden wollen: Jusos München, Konto-Nr. 111 500, Stadtsparkasse München, BLZ 701 500 00. Wir stellen Ihnen unaufgefordert eine steuerabzugsfähige Spendenquittung aus. 1 2 3 4 5 2 6 7 8 9 0 EDITORIAL Inhalt Kommunalpolitik 4 Schwerpunkt Wohin treiben die Münchner Krankenhäuser? von Klaus Peter Rupp 7 Schwerpunkt Bildung von AusländerInnen von Markus Henn 8 Schwerpunkt Der Kunstpark ist tot - es lebe der Kunstpark! von Nikolaus Gradl 9 Veranstaltung About war & more von Christian Schiffer und Simone Burger 11 Positionen Können wir uns Bildung wirklich sparen? von Viola Unger 12 Positionen Aus der Krise lernen! von Christian Schiffer 14 Anzeige 15 Das letzte Wort von Christian Schiffer 1 2 3 4 5 3 Diese Ausgabe widmet sich München, der Kommunalpolitik: Krankenhäuser, AusländerInnen, Jugendkultur. Auch die nächste Ausgabe wird sich München, der Kommunalpolitik widmen: Soziales, Stadtentwicklung, Mobilität. Dass sich gleich zwei Ausgaben einem Thema widmen, hat einen Grund: Februar 2004 soll die Kommunalpolitik auf der Jahreshauptversammlung verhandelt werden. Markus Henn 6 7 8 9 0 SCHWERPUNKT Wohin treiben die Münchner Krankenhäuser? Mit der Gesundheitsreform 2000 (nicht zu verwechseln mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom Sommer diesen Jahres) wurde u.a. festgelegt, dass die Entgeltabrechnung für Krankenhausleistungen ab 2004 auf ein pauschales Abrechnungssystem umgestellt wird. Statt wie bisher mit tagesgleichen Pflegesätzen für jeden Aufenthaltstag in einer Klinik, wird dann für jeden Fall in einem Krankenhaus eine Pauschale von den Krankenkassen gezahlt. Unabhängig davon, wie lange der Patient oder die Patientin im Krankenhaus bleiben muss. Die Höhe einer solchen Fallpauschale (auch DRG = Diagnosis Related Group genannt) ist insbesondere von der Art und Schwere der Erkrankung und vom allgemeinen Zustand des Patienten abhängig. Bemerkenswert ist vor allem, dass der Erlös in einem Bundesland für einen Fall immer gleich hoch sein wird. Egal ob die Behandlung in einem kleineren Krankenhaus stattfindet oder in einer hochspezialisierten Klinik, wie z.B. Universitätsklinika oder auch die vier großen städtischen Krankenhäuser Münchens: Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Schwabing. Ziel des Gesetzgebers ist es die Verweildauer in den bundesdeutschen Krankenhäusern drastisch zu reduzieren, um somit Kosten im Krankenhaus einsparen zu können. Aufgrund von Erfahrungswerten in anderen Ländern wird davon ausgegangen, dass die Verweildauer von derzeit ca. 10 Tagen (Bundesdurchschnitt) auf 5-6 Tage verringert werden kann. In den Krankenhäusern wird dies zu einer erheblichen Leistungsverdichtung und zu einem Abbau der vorgehaltenen Betten führen. Radikaler Umbruch Die Krankenhauslandschaft befindet sich deshalb bundesweit in einem radikalen Umbruch. Private Klinikbetreiber zeigen ein intensives Interesse daran Krankenhäuser von kommunalen oder frei-gemeinnützigen Trägern zu übernehmen. Es entsteht ein lukrativer Markt, wo insbesondere mit überschaubaren und unkomplizierten Fällen sehr gute Verdienstmöglichkeiten bestehen. Dem gegenüber stehen multimorbide und chronisch kranke Patienten, die aufgrund der Vielfältigkeit ihrer Erkrankung nur schwer kalkulierbar sind und somit ein gewisses ökonomisches Risiko haben. Es ist jedoch eine ethisch-moralische Pflicht, dass Schwerstkranken eine qualitativ op- 1 2 3 4 5 timale medizinische und pflegerische stationäre Versorgung zuteil wird. Nach der Gemeindeordnung sind die Kommunen ohnehin verpflichtet für ihre Bürgerinnen und Bürger ausreichend Kapazitäten zur stationären Krankenversorgung vorzuhalten. Aufgrund dieses Versorgungsauftrags ist zu befürchten, dass die kommunalen Träger in ihren Kliniken hauptsächlich kostenintensive Patientinnen und Patienten behandeln müssen, die finanziell lukrativen Fälle hingegen überwiegend in Krankenhäusern privater Klinikketten versorgt werden. Eine solche Situation würde einen erheblichen Zuschussbedarf für die kommunalen Kliniken aus Steuermitteln der jeweiligen Kommune erfordern. Dies ist aufgrund der bekannt schlechten Lage der öffentlichen Haushalte auf Dauer nicht zu bewerkstelligen. Des weiteren ist bei der Europäischen Kommission in Brüssel die Beschwerde eines privaten Klinikbetreibers anhängig, dass ein Zuschuss der öffentlichen Hand zu den Betriebskosten eine unerlaubte Subvention im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts darstellen würde. Über diese Beschwerde soll in 2004 entschieden werden. Um diesem Problem zu begegnen versuchen nahezu alle Kliniken 4 6 7 8 9 0 SCHWERPUNKT durch strukturelle Umorganisation und Prozessoptimierungen ihre Arbeitsabläufe zu verbessern. Dies soll sicherstellen, dass auch bei einer geringeren Verweildauer eine qualitativ hochwertige Versorgung geleistet werden kann. Es ist auch der Wunsch der Patientinnen und Patienten nur solange in einer Klinik zu bleiben, wie dies medizinisch auch tatsächlich erforderlich ist. München steht gut da Das Krankenhaus in Schwabing Die städtischen Krankenhäuser Münchens stehen im Vergleich zu anderen Häusern in bundesdeutschen Großstätten noch gut da. In der jüngsten Vergangenheit haben die hohe Leistungsbereitschaft aller Beschäftigten und kluges wirtschaftliches Handeln dazu beigetragen, dass zu den allgemeinen Betriebskosten keine Zuschüsse aus dem Stadthaushalt gezahlt werden mussten. Lediglich besondere Leistungen der Stadt, die nicht über die Pflegsätze abgedeckt sind, werden aufgrund eines Ratsbeschlusses auf Initiative der SPD-Fraktion von 1999 durch den Hoheitshaushalt übernommen. Hierzu zählen beispielsweise die Finanzierung von Planstellen für besondere innovative Projekte in den Krankenhäusern oder auch Zuschüsse für Betriebskindertagesstätten und Personalwohnungen. Allerdings wird sich diese positive Situation kurzfristig ändern, wenn seitens der Stadt München als Träger der Krankenhäuser auf die sich ändernden Rahmenbedingungen nicht umfassend reagiert wird. Im Jahre 2002 wurde bereits eine haus- 1 2 3 4 5 5 übergreifende Strukturkommission unter der Federführung des Referats für Gesundheit und Umwelt (RGU) eingesetzt. Die Aufgabe dieser Kommission ist es Vorschläge zu erarbeiten, wie die Leistungsspektren der vier großen Krankenhäuser Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Schwabing besser aufeinander abgestimmt werden können und in welchen Bereichen eine Zusammenlegung und Konzentration sinnvoll und zweckmäßig ist. Erste Ergebnisse liegen vor, und der Gesundheitsausschuss des Stadtrats wird im Dezember 2003 hierüber entscheiden. Derzeit werden die genannten vier großen Krankenhäuser als jeweils eigenständige Kliniken in der Rechtsform des Eigenbetriebes geführt. Sie treten somit in Konkurrenz zueinander, was zu unnötigen Reibungsverlusten und erheblichen Koordinationsproblemen führt. Daher ist bereits entschieden, dass unabhängig von der Rechtsform es künftig nur mehr ein Unternehmen „Städtische Krankenhäuser Mün- 6 7 8 9 0 chens“ geben wird. Hierüber haben alle Parteien im Gesundheitsausschuss Einigung erzielt. Zu diesem Unternehmen sollen auch das Krankenhaus an der Thalkirchner Straße, die Zentralwäscherei, das Institut für Pflegeberufe und der Blutspendedienst gehören. Eine Zusammenfassung zu einem Unternehmen wird Synergieeffekte mit sich bringen, die nicht unerhebliche Kostenreduzierungen bewirken. So können durch eine gemeinsame Einkaufsstrategie bei medizinischpflegerischen Materialien und Lebensmitteln im Sachkostensektor Einsparungen erzielt werden. Auch die Konzentration von sogenannten Sekundärleistungen, wie z.B. Labor und Apotheke sowie Technik und ITBereiche beinhalten Einsparpotentiale, die dazu beitragen die Wirtschaftlichkeit der städtischen Krankenhäuser zu sichern. Kostenfaktor Personal Mit rund 75% an den Gesamtkosten SCHWERPUNKT ist Personalkostensektor der größte Posten im Krankenhaus. Es ist bereits derzeit erforderlich auch hier Kostenreduzierung vornehmen zu müssen. Aufgrund der Einführung des neuen Fallpauschalensystems gibt es keine Anpassung der Krankenhausbudgets an die jährliche Kostenentwicklung. Die Steigerungsrate wird jährlich vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung festgelegt. Sie beträgt für 2004 0,02%. Hiermit sind nicht einmal die üblichen Kostensteigerungen wie z.B. bei der Energieversorgung gedeckt. Keinesfalls die Erhöhung der Personalkosten durch den Tarifvertrag. Diesem Problem kann fast ausschließlich dadurch begegnet werden, dass freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt werden. Somit lassen sich betriebsbedingte Kündigungen derzeit noch vermeiden. Allerdings führt diese Maßnahme zu einer massiven Leistungsverdichtung insbesondere im ärztlichen Bereich und beim Pflegepersonal. Worauf geachtet werden muss Das künftige Unternehmen „Städtische Krankenhäuser Münchens“ muss in die Lage versetzt werden zeitnah auf Veränderungen bei den Rahmenbedingungen und auf dem Krankenhausmarkt reagieren zu können. Gleichzeitig muss seitens des Stadt geklärt werden, inwieweit sie als Trägerin noch unmittelbaren Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann und will. Vor dem Hintergrund dieser beiden Aspekte muss die Rechtsformfrage geklärt und entschieden werden. Um diese Frage zu klären, befasst sich ein interfraktioneller Arbeitskreis intensiv mit den möglichen Rechtsformen. Neben externen Beraterfirmen sind auch die Personalvertretungen der Krankenhäuser und die Gewerkschaft ver.di eng in diesen Prozess eingebunden. Neben der derzeitigen Rechtsform des Eigenbetriebes befinden sich noch das „Kommunale Unternehmen“ und die „GmbH“ in der Diskussion. Während es fraglich erscheint, ob in einem Eigenbetrieb die notwendigen unternehmerischen Strukturen aufgrund der weitreichenden Einflussnahme durch den Stadtrat sichergestellt werden können, sind in einem Kommunalen Unternehmen die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Personalvertretungen und somit 1 2 3 4 5 der Beschäftigten erheblich eingeschränkt. Die Rechtsform der GmbH ruft bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Ängste hervor. Hier steht insbesondere die Furcht des Arbeitsplatzverlustes im Vordergrund. Dem kann jedoch durch eine entsprechende Ausgestaltung von Überleitungstarifverträgen und durch eine Sicherstellung der Arbeitnehmerrechte nach Betriebsverfassungs- und Mitbestimmungsgesetz begegnet werden. Verbleib in städtischer Hand Der Stadtrat wird hierüber im Februar/März 2004 endgültig entscheiden. Sichergestellt ist bereits jetzt, dass bei dieser anstehenden Neuordnung der städtischen Krankenhäuser diese zu 100 % in städtischen Händen bleiben werden. Klaus Peter Rupp ___________________________ Klaus Peter Rupp ist Stadtrat, stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion und Vorsitzender der ASG München und Oberbayern. 6 6 7 8 9 0 SCHWERPUNKT Bildung von AusländerInnen Sich bilden heißt kämpfen: um Noten, Abschlüsse im elementaren, um Selbstbewusstsein, Wahrheit im höheren Sinne. Um den elementaren Kampf soll es hier gehen. Zahlen dazu für junge münchner AusländerInnen enthält die Studie „Der Beitrag der ausländischen Bevölkerung zur Wirtschaft Münchens und der Region“, im Auftrag des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München 2002 erstellt: 12,8 % von ihnen schaffte im Schuljahr 96/97 die (Fach-) Hochschulreife (zum Vergleich die Zahlen für Deutsche: 38,4 %), 21,0 % schaffte die mittlere Reife (37,5 %), 45,9 % schaffte den Hauptschulabschluss (20,5 %). 20,3 % schaffte überhaupt nichts (3,6 %). Im gesamten Bundesgebiet schlugen sich ausländische SchülerInnen den Zahlen nach ein wenig besser als in München. Allerdings urteilte die bildungspolitische Höchstinstanz PISA, dass in Bayern AusländerInnen zwar formal schlechter abschneiden als in manch anderem Bundesland, in Wirklichkeit aber die Verhältnisse umgekehrt sind. Die berliner Realschülerin ist somit laut PISA-Urteil der münchner Hauptschülerin nur auf dem Papier überlegen. An den Berufsschulen beträgt der ausländische Anteil 16,8 %, wobei Schätzungen zufolge ein nicht geringer Teil der AusländerInnen im Lau- 1 2 3 4 5 7 fe der Ausbildung scheitert und gar keinen Beruf erlernt. Soweit dies gelingt, sind es in erster Linie einfachere Dienstleistungs- und Fertigungsberufe, die nur wenig Schulbildung voraussetzen. Im September 2002 waren beim münchner Arbeitsamt 38 % der Ausbildungsplatzsuchenden ausländisch. An der Universität sieht es so aus: Die LMU hat einen Anteil von ca. 16,5 %, die TU von ca. 18 % (Sommersemester 2003). Dass es an der TU 1995 noch 6 % waren, zeigt dabei: es handelt sich weniger um Alt- als um Studien-Münchner, was den Unversitätspräsidenten Wolfgang Herrmann sehr freut, weil er es als die „vornehme Pflicht der Universitäten“ ansieht, „Beiträge zur internationalen Verständigung zu leisten“. Den altmünchner AusländerInnen fällt die Verständigung anscheinend zunehmend schwerer. Es deutet einiges darauf hin, dass sich deren Bildung eher verschlechtert als verbessert. Der GymasiastInnenanteil in München lag 2000 nur noch bei 9,9 %. Das Deutsch der dritten GastarbeiterInnen-Generation ist nach Einzelaussagen teils schlechter als das der zweiten. So entstehen AusländerInnen. Die Stadt bemüht sich natürlich, mit Sprachförderung, Ein- und Übergangsklassen, Hausaufgabenbetreuungen, Schulsozialarbeit, Be- 6 7 8 9 0 rufsvorbereitungsangeboten, Beratungen, Informationen, Qualifizierungen und durch Zusammenarbeit mit Vereinen und Initiativen um Verbesserung. Cumali Naz, Vorsitzender des münchner Ausländerbeirates, fordert außerdem eine noch stärkere Einbindung der Eltern, welchen die Wichtigkeit von Bildung nähergebracht werden müsse. Naz selbst berät Jugendliche zum Thema (Infos unter www.jiz-muenchen.de), und der Ausländerbeirat hat ein Projekt „Mobilisierung von Ausbildungsplätzen in ausländischen Unternehmen“ ins Leben gerufen. All das soll den Jugendlichen dabei helfen, „den Kampf nicht so einfach aufzugeben.“ (Naz) Was aber hilft der redlichste Kampf, wenn Niederlagen viel mit der sozialen Lage zu tun haben, wie es im Armutsbericht des münchner Sozialreferats zu lesen ist? In München beziehen 8,6 % (2001) der AusländerInnen Sozialhilfe, darunter viele Kinder; unter ihnen ist die Arbeitslosigkeit überproportional hoch, besonders bei unter 25-Jährigen (2002: 33,8%). Unter diesen Bedingungen machen wohl Maßnahmen wie die Agenda 2010 sämtliche individuellen und kommunalen Bemühungen hinfällig. Der elementare Kampf wird verschärft. Markus Henn SCHWERPUNKT Der Kunstpark ist tot – es lebe der Kunstpark! Münchens Hallenkulturszene ist im ständigen Umbruch Vor einem Jahr war das Lamento groß, dass dem Kunstpark Ost das Aus drohte, denn Hallen-Mogul Wolfgang Nöth hatte seinen Vertrag mit Grundstücksbesitzer Eckard nicht verlängert. Aber es geht weiter auf dem Gelände an der Grafinger Straße! Der kleinere Teil der Clubs von Nöth und Scheffel zog auf das benachbarte Optimol-Gelände an der Rosenheimer Straße. Das Team um Werner Eckard (Sohn von Grundstücksbesitzer und Konsul Eckard) und Ani Ruth Lugani kopierte das Erfolgskonzept von Wolgang Nöth und zog auf dem ehemaligen KPOGelände die Kultfabrik auf. Der Kunstpark ist tot – es lebe der Kunstpark! Nach anfänglicher Verunsicherung durch die Schließungsdiskussion, strömen jedes Wochenende wohl annähernd genauso viele Partybe- sucher auf das Areal an der Grafinger Str. wie zu alten Zeiten. Aber gerade die Großdiskotheken wie Babylon 2 oder das neu eröffnete KPO (ehemals Babylon 1 bzw. MGM) laufen nicht gut. Kein Wunder, ist die Konkurrenz von Nachtgalerie, Nachtwerk, der Domagkstraße doch groß. Ab Mitte Dezember eröffnet auch noch das 4000 m² große „4004“ an der Landsberger Straße. Der Trend geht also wieder hin zu kleinen Clubs, die dezentral ein gewisses Szenepublikum ansprechen. „The Garden“ von den MilchbarMachern Faltenbacher und Neueröffnung „apartment 11“ von den Nachtgalerie Machern zeigen den Weg. Zunehmend erobert sich die Partykultur auch wieder die Innenstadt: Neben dem legendären „Atomic Cafe“, kommen z.B. Läden wie die „Erste Liga“ an der Hochbrük- Wer sich für das Thema interessiert: Die Jusos veranstalten gemeinsam mit der SPD-Stadtratsfraktion am 16.12. ein Fachgespräch Hallenkultur. Wer teilnehmen will, kann sich bei gradl@jusos-m.de anmelden. 1 2 3 4 5 kenstr. und „Funky Kitchen“ in den alten SWM-Gebäuden an der Blumenstraße. Zwischen Blumenstraße und Unterer Anger ist innerhalb kürzester Zeit ein Eldorado für Münchner junge Künstler entstanden: junge Filmemacher und Softwareschmieden, Wohnzimmer-Kino und Tanzschule bevölkern den Verwaltungsbau. Die Mieten sind mit unter 10 Euro/m² (warm) sehr billig, dafür droht die Kündigung jeweils zum Monatsletzten. Das Nomadentum der Partyszene wird wohl kein Ende finden: Es ist schon absurd, dass vor zwei Jahren das „Backstage“ von der Helmholzstraße an die Friedenheimer Brücke weichen musste und das Gelände bis heute nahezu brach liegt. Aber wenn die Baukonjunktur wieder anspringt, steht wohl ein weiterer Umzug an: Das „Backstage“ muss seine neue Heimat (kaum heimisch geworden) für dem Bau von 5 Hochhäusern am Birketweg aufgeben. Die „Nachtgalerie“ muss dem Bau des Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) weichen. Es gibt zwar genügend leer stehende Hallen, aber fast alle städtischen Brachflächen sind bereits überplant (wie etwa die wunderbare Jutierhalle an 8 6 7 8 9 0 SCHWERPUNKT der Dachauer Straße). Hier müssen intelligente Lösungen gefunden werden: Wie etwa Zwischennutzungsverträge, die einen rechtzeitigen Auszug durch eine schmerzvolle Bürgschaft garantieren und damit eine Nutzung bis kurz vor Baubeginn ermöglichen. Aber die Stadt München ist auch für dauerhafte Lösungen aufgeschlossen: Wolfgang Nöth bewirbt sich mit einem Konzept aus Veranstaltungshallen, Ateliers und Bandübungsräumen um das Gelände südlich des neuen Fußballstadions in Fröttmaning. Dort entsteht der neue Kunstpark Nord mit direktem UBahn-Anschluss und den Parkhäu- sern des Stadions. Es gibt zwar noch einen erbitterten Streit um die Höhe der Erbpacht (das Gelände fällt nach 60 Jahren zurück an die Stadt) zwischen Kommunalreferat und den Pächtern Nöth-Scheffel-Scheffel aber es sieht so aus, als ob es zu einer Einigung kommen wird. Nikolaus Gradl, Stadtrat About war & more 1. Münchner Anti-Kriegskongress am 25. Oktober 2003 im DGB-Haus Veranstaltet wurde der Kongress vom Proletarischen Jugendkartell München. Hinter dem Namen verbergen sich die DGB-Jugend München, das Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt, die Falken – Sozialistische Jugend Deutschlands und die Jusos1. Entstanden ist die Idee für den Kongress während den Demonstrationen gegen den Irakkrieg, um der oftmals vorherrschenden inhaltlichen Sprachlosigkeit Informationen entgegenzusetzen. Der Kongress sollte – jenseits platter Demoparolen – Hintergrundwissen und Analyse vermitteln. Ein Schwerpunkt galt der Frage, wo die Friedensbewegung ein halbes Jahr nach dem Irak-Krieg steht und wie die politische Linke auf dem Feld der Friedenspolitik wieder eingriffsfähig werden kann. Auf dem Kongress gab es auch fünf verschiedene Workshops, die durchgehend mit hochkarätigen 1 2 3 4 5 9 Referenten besetzt waren: „Dabei sein ist alles – Die verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr“: Hier sprach Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung e.V. Er klärte vor allem darüber auf, wie einfach es in Zukunft sein könnte ohne parlamentarische Rückkopplung die Bundeswehr zu entsenden. Bei dem Workshop „Wer braucht den Krieg? - Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln“ sprach Dr. Ernst Wolowicz, Politikwissenschaftler und Chef des Direktoriums der Landeshauptstand München, über die Frage, welche Ursachen Kriege haben. In seinem umfangreichen Referat ging er nicht nur auf die Geschichte kriegerischer Auseinandersetzungen ein, sondern zeigte an unterschiedlichen Beispielen die ökonomischen Interessenslagen auf, welche Kriege verursachen. Jürgen Wagner von der Informati- 6 7 8 9 0 onsstelle Militarisierung zeigte im Workshop „Spannungsfeld EU und USA - Strategien, Interessen und Methoden“ auf, welche unterschiedlichen Interessen die EU und die USA verfolgen und welche Ziele die EU durch den Aufbau einer eigenen militärischen Infrastruktur vorantreibt. Der Workshop „Es geht auch anders - Prävention von Konflikten und Kriegen“ beschäftigte sich unter der Leitung von Ralf Mattes, welcher einigen als ehemaliger Pressesprecher der Münchner SPD noch in Erinnerung sein dürfte, mit der Frage, wie man Konflikte bereits vor der Eskalation verhindern kann. Für die Kundgebung, welche wir am nächsten Tag vorbereitet hatten, bereitete der Workshop „Antimilitarismus konkret“ eine Aktion vor. Die Workshops waren – wie der gesamte Kongress – durchgehend gut besucht. Nach dem Abendessen VERANSTALTUNG chen des Krieges auseinandersetzen. Mann muss die Welt zuerst interpretieren, um sie dann zu verändern. b) Wurzelbehandlung Wer den Krieg nachhaltig bekämpfen will, muss sich auf die Ebene der Ursachen begeben und auch dort Veränderungen einfordern. c) stay rational wurden auf der Abschlussdiskussion die Möglichkeiten des Kampfes gegen Krieg und Militarismus diskutiert. In einer kontroversen, aber trotzdem produktiven und niveauvollen Diskussion wurde über die Frage diskutiert, in wie weit die Friedens- bzw. Antikriegsbewegung eine „Eintagsfliege“ bleibt oder ob sich das Widerstandspotential gegen den Irak-Krieg kanalisieren und für ein fortschrittliches Projekt weiterentwikkeln lässt. Auf der Abschlussdiskussion wurden 7 Thesen vorgestellt, welche die Position der Veranstalter zum Thema Antimilitarismus skizzieren: Wer überzeugen und verändern will muss sachlich mit Hintergründen und genau argumentieren. Reine Betroffenheitshysterie oder Verschwörungstheorien schaden jeder fortschrittlichen Bewegung. d) no nation Wer Frieden will, darf nicht nationalistisch argumentieren. Nationalismus verschleiert Herrschaftsverhältnisse und bringt neue Kriege hervor. e) sag mir, wo du stehst Fight war – step forward Eine fortschrittliche Friedensbewegung muss sich genau anschauen, wer mitspielen will und welche Interessen verfolgt werden. Auch wenn nationalistische oder rassistische Kräfte gegen den Irak-Krieg waren: sie sind kein Bündnispartner – zu keiner Zeit. a) check out the roots f) fight militarism Die Friedensbewegung muss sich genau mit den ökonomischen Ursa- Wer Frieden erreichen will, muss sich daran machen die militärische 1 2 3 4 5 Logik und die Militarisierung der Gesellschaft zu stoppen. Ein reines Gewaltverzichtsdogma ist ehrenwert, hilft aber nicht wirklich weiter. g) change it not yourself Gesellschaftliche Präsenz ist richtig, um etwas zu verändern. Gesellschaftliche Präsenz darf aber nicht die eigenen Positionen bis zur Unkenntlichkeit verändern. Der Kongress wurde durch eine Party abgerundet, auf der es noch sehr hoch herging. Insgesamt war der Kongress ein riesiger Erfolg. Die Beteiligung war gut, die Organisationen hatten eine ideale Plattform um sich zu präsentieren und die Diskussionen und Vorträge waren spannend und lehrreich. Vor allem die Tatsache, dass es viele junge Menschen gibt, die sich für solch ein hochpolitisches Thema interessieren, sollte uns zuversichtlich stimmen. Christian Schiffer, Simone Burger ___________________________ Anmerkungen: 1 Der Name „Proletarisches Jugendkartell“ stammt angeblich aus den 20er Jahren und wurde bei der Wiedergründung 1999 aus der Versenkung hervorgezogen. Wer den Namen für antiquiert hält, beschwere sich also nicht beim aktuellen Vorstand. Uns trifft keine Schuld. 10 6 7 8 9 0 POSITIONEN Können wir uns Bildung wirklich sparen? Während die CSU vor der Landtagswahl noch die Losung „Wir werden sparen - aber nicht bei Bildung, Familien und Kindern“ ausgab, scheint sie nach der Wahl an akuter Amnesie zu leiden - zumindest was das Bayerische Hochschulwesen anbelangt. Die momentan geplanten Kürzungen im Hochschulsektor in Bayern belaufen sich auf 10 Prozent des Haushalts, was ca. 250 Millionen Euro entspricht. Bis 2008 ist bayernweit eine weitere Kürzung um noch mal 5 Prozent des Hochschul-Etats geplant. Für die LMU bedeutet das folgendes: Im Jahr 2004 sollen ca. 25 Millionen Euro eingespart werden, also 10 Prozent des Haushalts. Unter Einbeziehung der Inflationsrate und der nochmaligen Kürzung von 5 Prozent würde der Etat der LMU bis 2008 um 25 Prozent gekürzt werden. Rektor Huber hat für die LMU einen sofortigen Einstellungs- und Wiederbesetzungsstopp verhängt. Keine der im Moment freien und im nächsten Jahr frei werdenden Lehrstühle und MitarbeiterInnenstellen werden neu bzw. wieder besetzt. Besonders betroffen sind davon AssistentInnen- und Mittelbaustellen sowie studentische Hilfskräfte, aber auch Professuren. Doch noch nicht einmal durch derartige Einsparungen im Personalbe- 1 2 3 4 5 11 reich kann die staatliche Zielvorgabe von 10 Prozent des Uni-Haushalts erreicht werden. Kürzungen bei Uni-Kliniken, Bibliotheken und EDVEinrichtungen, aber auch die Schließung von ganzen Instituten und Studiengängen drohen. Kaputtsparen Doch schon jetzt ist das bayerische Hochschulsystem chronisch unterfinanziert. Die Sparpläne der Bayerischen Staatsregierung gleichen einem Kaputtsparen der bayerischen Hochschulen und provozieren ein Zurechtstutzen der vielfältigen Fachrichtungen nach dem Rasenmäherprinzip. Autonomie der Hochschulen kann jedoch nicht bedeuten, dass sich der Staat aus seiner finanziellen Verantwortung stiehlt! Die Studierendenzahlen werden in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Denn immer noch haben wir im Vergleich zu den anderen OECDLändern eine viel zu niedrige Quote an Hochschulabsolventen. Bayern ist sogar auf Hochschulabsolventen aus anderen Bundesländern angewiesen. Deshalb brauchen wir mehr Geld für Lehre und Forschung für immer mehr Studierende! In der Debatte um die Kürzungen besteht natürlich auch die Gefahr, dass diese instrumentalisiert wird, um Studi- 6 7 8 9 0 engebühren für das Erststudium und für die so genannten „Langzeit“-Studierenden einzuführen. Doch was wir brauchen sind keine Studiengebühren, sondern mehr studentische Mitbestimmung! Zwar gibt es auch in Bayern einmal im Jahr Hochschulwahlen, allerdings dürfen sich der sich aus den Wahlen ergebende studentische Konvent und die studentischen Sprecherräte nur um die sportlichen, kulturellen und sozialen Belange der Studierenden kümmern. Und zwar hinter verschlossenen Türen und ohne Rechenschaftspflicht. Die finanziellen Mittel stellt die Hochschule und allein die Verwaltung kontrolliert ihre Verwendung. Eine effektive Vertretung studentischer Interessen ist unter solchen Bedingungen kaum möglich. Doch von der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft lässt das gebrannte Kind CSU lieber die Finger. Den Protest der Studierenden gilt es nun seitens der SPD und der Jusos zu unterstützen - auf allen Ebenen und unter Berücksichtigung der Zusammenhänge zwischen staatlichen Kürzungen, der Debatte um Studiengebühren und der fehlenden Demokratisierung der bayerischen Hochschulen – und das vor allem laut und deutlich. Viola Unger POSITIONEN Aus der Krise lernen! Die SPD befindet sich seit der Bundestagswahl 2002 in einer tiefen Krise. Bei den Wahlen in Niedersachsen und Hessen wurde die SPD historisch geschlagen, in Bayern in eine existentielle Krise getrieben. nach nicht unwahrscheinlich, dass die SPD nicht nur die nächsten Wahlen verliert sondern darüber hinaus langfristig strukturell nicht in der Lage sein wird gesellschaftlich tragfähige Bündnisse zu organisieren. Die Situation Die Gründe Bei allen Wahlen zeigt sich das selbe Bild: Die SPD verliert massiv an die Gruppe der Nichtwähler – weniger an konkurrierende Parteien, und – besonders schmerzhaft – diese Entwicklung betrifft vor allem die sog. Stammwähler, d.h. Angestellte, Arbeiter, Gewerkschaftsmitglieder, Arbeitslose, Rentner usw. Zusätzlich zu dieser besorgniserregenden Entwicklung auf dem „Wählermarkt“ kommt noch der andauernde Mitgliederverlust unserer Partei. Im Schnitt verliert die SPD pro Monat ein Prozent ihrer Mitgliedschaft, davon sind 2/3 auf Austritte zurückzuführen, Genossinnen und Genossen, die sich in die innere Emigration flüchten, nicht mitgerechnet. Das ist besonders bitter, da die SPD immer als Mitgliedspartei konzipiert war, welche versuchte, durch eine große Anzahl an Mitgliedern und deren Engagement die strukturelle Benachteiligung gegenüber konservativen Politikansätzen in finanzieller und medialer Hinsicht zu kompensieren. Kurz gesagt, die SPD befindet sich momentan in einer desolaten Lage. Es ist meiner Ansicht Die Probleme haben Ursachen: Die Mehrheit der Parteibasis ist mit der Politik der Bundesregierung unzufrieden1, hält sie für sozial unausgewogen und findet sich mit dieser Auffassung an der Seite der bundesdeutschen Bevölkerung wieder, die in der Mehrheit ähnlich denkt. Beschlüsse werden fast wöchentlich über den Haufen geworfen, das Wahlprogramm in schöner Regelmäßigkeit gebrochen. Der Unterschied zu konservativen oder (neo)liberalen Politikansätzen schwindet dahin, die SPD-Basis kann zu Teilen die Politik der Bundesregierung nicht mehr vertreten und fühlt sich weder angehört noch verstanden. Die Berliner Zeitung formuliert das Problem der SPD treffend: „Nicht der dramatische Verfall der Wählersympathien ist das Kardinalsproblem der SPD, sondern der Zusammenbruch des Respekts, den die Partei noch vor kurzer Zeit und mit vollem Recht vor sich selbst und vor ihrer Geschichte empfand. Der Preis ist für jede Partei auf Dauer unbezahlbar.“ In dieser Zeit, in der also im Prinzip jeder rational denkende 1 2 3 4 5 Mensch zu dem Schluss kommen müsste, die aktuell betriebene Politik müsse überprüft und gegebenenfalls wieder stärker auf die Grundwerte der SPD – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – ausgerichtet werden, übt sich die Parteiführung in esoterisch anmutenden Durchhalteparolen. Die Politik sei richtig, sie werde nur falsch verstanden, wird dort als häufigste Erklärung genannt. So als habe der Mensch auf der Straße immer noch nicht kapiert, dass ein Abbau der gesellschaftlichen Solidarität zwischen Arm und Reich, Jung und Alt, Krank und Gesund innovativ und zukunftsweisend ist. Die Parteiführung unterschätzt dabei das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung, welches durchaus sensibel reagiert, wenn nur bei unteren und mittleren Einkommensschichten gekürzt und bzw. belastet wird, während gleichzeitig die Wirtschaft ohne nennenswerte Widerstände aus der gesellschaftlichen Verantwortung entlassen wird. Offensichtlich ist die Führung unserer Partei der Realität schon so weit entrückt, dass Wahlanalysen nicht einmal mehr gelesen werden und der Glaube, alles werde sich schon irgendwie zum Besseren wenden, rationale Überlegungen ersetzt. Was tun? Dass durch eine angebotsorientier- 12 6 7 8 9 0 POSITIONEN te Politik der Deregulierung, des Abbaus von sozialen Rechten, der Privatisierung und Umverteilung von unten nach oben nicht mehr Wohlstand, Beschäftigung und Nachhaltigkeit generiert wird, wurde in 16 Jahren Kohl eindrucksvoll dargelegt. Trotzdem hat die Bundesregierung nicht den Mut, eine andere Politik – hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit – durchzusetzen. Einerseits mag dies verständlich sein, schließlich scheint es so zu sein, dass ein großer Teil der Medien neoliberale Politikansätze publizistisch vorantreibt und sozialdemokratische Errungenschaften wie den Sozialstaat, Arbeitnehmerrechte usw. zunehmend zur Disposition stellt. Andererseits ist dies jedoch keine neue Entwicklung der man hilflos ausgesetzt ist. Große Medienkonzerne haben seit jeher versucht ihre Interessen zu wahren, man denke nur an die siebziger Jahre, als es einen regelrechten medialen Ansturm auf die Regierung Willy-Brand gab und die SPD genötigt war die Parole „Mundfunk ist besser als Rundfunk!“ zu erfinden. Die SPD errang damals im „Willy-Wählen!“-Wahlkampf durch eine offensive Strategie („…sind Erfolge von 120 Jahren demokratischer Sozialismus“) das beste SPD-Ergebnis aller Zeiten. Die Strategie war damals richtig und sie wäre es heute noch: Nicht die Übernahme von konservativen Parolen und Politik wird die SPD aus dem Tief führen, sondern eine beherzte sozialdemokratische Politik. Das könnte nicht nur Wähler zurückholen und die Parteibasis wieder motivieren (wenn nicht gar begeistern), sondern würde auch 1 2 3 4 5 13 deutlich machen, dass Politik gegen den neoliberalen Zeitgeist möglich ist. Dadurch würde die SPD als Partei auch wieder attraktiv werden und die Demokratie wieder mehr Akzeptanz erhalten, weil deutlich würde, dass es wesentliche Unterschiede zwischen den Parteien gibt, die über die Frage der Geschwindigkeit auf bestimmten „Reform“wegen hinausgehen und die Frage nach der Richtung der Reformen stellen. Dazu gehört jedoch die innerparteiliche Aufklärung. Hierzu muss es u.a. gelingen ökonomische Alphabetisierung zu betreiben und Bewusstsein für historische Tatsachen und Entwicklungen zu schaffen. Aber auch das Verteidigen der innerparteilichen Demokratie ist eine wichtige Aufgabe. Es kann nicht sein, dass stalinistische2 Methoden – wie sie im Umgang mit den sogenannten „Abweichlern“ erwogen wurden – zur Gewohnheit werden. Wir brauchen in der SPD keine McCarthy-Ära. Stattdessen müssen wir daran arbeiten eine Gegenöffent- 6 7 8 9 0 lichkeit aufzubauen, welche alternative Ansätze zur neoliberalen Hegemonie in Kultur, Wissenschaft und Medien thematisiert. Und dies alles müssen wir mit Kraft und Selbstbewusstsein tun, denn, so sagte schon der Schriftsteller Gerhard Zwerenz:„ Die SPD braucht weniger ein neues Programm als eine aufrechte Haltung, den Verzicht auf Weinerlichkeit und die Überwindung jener den Genossen von oben verordneten Gesichtsblässe, die aus der Angst resultiert, für rot gehalten zu werden. Nur die Feigheit lässt erblassen, Charakter purifiziert.”3 Christian Schiffer ___________________________ Anmerkungen: 1 Vgl.: http://www.n-tv.de/ 5193996.html 2 In der KPD der Weimarer Zeit war es die Regel, dass Abgeordnete bevor sie ihr Mandat antraten eine „blanco“ Rücktrittserklärung unterschreiben mussten, so dass sich die Parteiführung im Falle des Verstoßes gegen die Fraktionsdisziplin des/der unbequemen Abgeordneten problemlos entledigen konnte. 3 Zitiert nach „Links und lahm“, Hamburg, 1994 ANZEIGE 1 2 3 4 5 14 6 7 8 9 0 DAS LETZTE WORT Das letzte Wort Schwarz-Braun ist die Haselnuss Herr Homann kennt das Patentrezept. Er weiß, wie man Deutschland aus der Krise führt. Die Krise rührt nämlich daher, „dass man als Deutscher in Deutschland keine Vorzugsbehandlung erfährt“. So weit, so gut. Schuld seien nämlich vor allem die Entschädigungszahlungen an – vor allem jüdische – Opfer des Nationalsozialismus. „Hauptsache, die deutschen Zahlungen gehen auf Auslandskonten pünktlich und ungeschmälert ein. Dafür müssen die Deutschen den Gürtel noch ein wenig enger schnallen“, so die durchdachte Krisentheorie des sympathischen CDU-Abgeordneten und Major der Reserve aus Hessen, in seiner Rede zum 3. Oktober in Neuhaus bei Fulda. Doch sein Anspruch „die Wahrheit zu sagen“ geht noch weiter. So fragt er: „Gibt es auch beim jüdischen Volk, das wir ausschließlich in der Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Seite in der neueren Geschichte, oder waren Juden ausschließlich die Opfer, die Leidtragenden?“. Und beantwortet die Frage gleich selber. Denn: Die Begründer des Kommunismus und des Sozialismus wie etwa Karl Marx, Ferdinand Lassalle, Eduard Bernstein und Rosa Luxemburg seien Juden gewesen. Danach zählt er auf, wie viele Menschen den Sowjets zum Opfer gefallen sind. Der Kausalzusammenhand ist dem gewieften Juristen und Schreiber für die rechtslastige „Junge Freiheit“ natürlich sofort klar: „Daher könnte man die Juden mit einiger Berechtigung als Tätervolk bezeichnen.“ Und weiter: „Das mag erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man die Deutschen als Tätervolk bezeichnet.“ Irgendwie fanden seine Rede dann doch nicht alle so gut1. Viele natürlich schon, denn schließlich sind antisemitische Ressentiments in Deutschland in weiten Teilen der Bevölkerung nicht gänzlich unpopulär, manche großen Persönlichkeiten, wie zum Beispiel hochstehende Generäle und Kollegen aus der CDU, beglückwünschten ihn sogar zu seinen Aussagen. Trotzdem konnten einige den Ausführungen des Nachfolgers Alfred Dreggers2 („Man muß den Sozialismus zu Wasser zu Lande und in der Luft bekämpfen“) als MdB doch nicht so ganz folgen. Dabei war doch alles halb so schlimm: „Ich wollte keine Unstimmigkeiten hervorrufen. Aber wir leben in einem freien Land, in dem man die Wahrheit sagen darf. Und ich bin bei der Wahrheit geblieben.“ Das klingt nach allem, aber nicht nach Einsicht. Christian Schiffer _______________________________________________________________________________________ 1 In diesem Zusammenhang interessant: Seine Rede war bereits drei Wochen alt, als sie in die Schlagzeilen kam. Lokal-Journalisten, die über die Rede berichteten, hatten an ihr offensichtlich genauso wenig auszusetzten wie anwesende Sozialdemokraten. Der Stein kam erst ins Rollen, als amerikanische Juden im Internet auf die Rede stießen und sie an Journalisten weitergaben. 2 Alfred Dregger war von 1967 bis 1982 Landesvorsitzender der CDU in Hessen. Er galt als Rechtsaußen der Union und wurde unter anderem deswegen bekannt, weil er sich für die Freilassung des SS-Hauptsturmführers Ferdinand Hugo einsetzte, der für die Deportation von mehr als 100.000 niederländischen Juden verantwortlich war. Darüber hinaus kreierte er den CDU-Wahlslogan „Freiheit statt Sozialismus“. Alfred Dregger starb 2002. In seinem Nachruf auf Dregger schreibt Hohmann, er sei ein „Frontoffizier, Patriot, Kämpfer“ gewesen und habe die hessische CDU zu einem „Kampfverband“ mit „kameradschaftlichem Zusammenhalt gemacht“ 1 2 3 4 5 15 6 7 8 9 0 D e i n e Christian Schiffer Vorsitzender tel. 85 63 97 96 schiffer@jusos-m.de Angela Greulich Frauenbeauftragte tel. 54 50 83 86 greulich@jusos-m.de A n s p r e c h p a r t n e r Simone Burger Geschäftsführerin tel. 26 02 30 90 burger@jusos-m.de Niclas in der Stroth Pressesprecher Regionalverband Ost tel. 36 10 81 01 niclas@jusos-m.de Simona Winkler Regionalverband West tel. 56 04 63 winkler@jusos-m.de Viola Unger Publikationen, Stellvertretende Vorsitzende tel. 98 10 86 21 unger@jusos-m.de Verena Dietl Mitgliederbetreuung Stellvertretende Vorsitzende tel. 74 36 74 00 dietl@jusos-m.de Jens Röver Politische Bildung tel. 54 76 79 89 roever@jusos-m.de Florian Hiemeyer Öffentlichkeitsarbeit tel. 32 38 76 51 hiemeyer@jusos-m.de Dunja Langer Regionalverband Nord tel. 54 76 79 89 langer@jusos-m.de Alex Ben Chaouch Regionalverband Süd tel. 77 79 53 ben-chaouch@jusos-m.de r ne et ch ebi ün tg M tad S RV Nord Das Münchner Stadtgebiet ist in vier Regionalverbände, entsprechend den Bundestagswahlkreisen, eingeteilt. Für jeden RV gibt es einen Ansprechpartner im Vorstand (s.o.). RV West Büro der Jusos München: RV Ost RV Süd Oberanger 38 / IV, 80331 München Tel. 26 02 30 90, Fax 26 02 30 91 buero@jusos-muenchen.de 1 2 3 4 5 16 6 7 8 9 0