Serious Gaming: Wie die Multimedia

Transcription

Serious Gaming: Wie die Multimedia
Serious Gaming: Wie die Multimedia-Plattform SilverGame die
Lebensqualität älterer Menschen spielerisch steigert.
Serious Gaming: Enhancing the quality of life among the elderly
through play with the multimedia platform SilverGame.
Joachim Senger, Timo Wälisch, Exozet Berlin GmbH, Oberbaum City, Rotherstraße 20, 10245 Berlin, Deutschland,
joachim.senger@exozet.com
Dr. Michael John, Hui Wang, Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST, Kekuléstraße 7,
12489 Berlin, Deutschland, michael.john@first.fraunhofer.de
Dr. Ahmed Nabil Belbachir, Dr. rer. nat. Bernhard Kohn, New Sensor Technologies, Safety & Security Department,
AIT Austrian Institute of Technology, Tech Gate Vienna, Donau-City-Straße 1/5, A-1220 Wien, Österreich, nabil.belbachir@ait.ac.at
Andreas Smurawski, Reha-Zentrum
a.smurawski@rehazentrum.com
Lübben,
Postbautenstraße
50,
15907
Lübben,
Deutschland,
Kurzfassung
Das Projekt SilverGame hat zum Ziel, eine Multimedia-Plattform zu entwickeln, die genau auf die Bedürfnisse von älteren Menschen ausgerichtet ist. Sie soll spielbasierte Applikationen mit webbasierten Informations- und Kommunikations-Services verbinden und somit die geistige und körperliche Fitness sowie die soziale Interaktion älterer Menschen
fördern. Die Nutzer sollen die Möglichkeit bekommen, attraktive Freizeitbeschäftigungen wie Singen, Tanzen und Autofahren alleine oder gemeinsam mit anderen Nutzern auszuüben und sich über integrierte Online-Kanäle zu den jeweiligen Themengebieten zu informieren und auszutauschen. Das Projekt entwickelt prototypisch eine MultimediaPlattform und drei Serious Games für die Nutzung auf dem Fernseher. Die Bedienung erfolgt über ein intuitives und
zielgruppengerechtes Touchscreen-Interface auf einem handlichen Tablet-Computer. Die Multimedia-Plattform soll als
Komplettsystem inklusive leicht zu installierender und zu nutzender Hardware angeboten werden. Die Spielanwendungen sowie die Dienstleistungen sollen modular zu erwerben und jederzeit erweiterbar sein.
Abstract
This paper reports the SilverGame project objectives and activities for fostering the social inclusion and well-being of
elderly persons. The technological advances of information and communication technologies for building an interactive
platform are obious. Information and communication technologies can help avoiding social isolation of elderly persons.
This SilverGame platform will host entertainment and multimedia activities like gaming, singing, dancing and driving
for initiating and promoting leisure activities for social interactions of elderly persons. The targeted multimedia platform will be developed within the SilverGame initiative during 26 months where end-users, psychologists and sociologists will contribute to define ease-to-use services for social interactions and well-being of elderly persons.
1
Konzeption: Ziele und Ansätze
SilverGame hat ein klares Ziel: Die Multimedia-Plattform
soll die Lebensqualität von älteren Menschen verbessern.
Um dieses Ziel zu erreichen, setzt SilverGame einen anderen Schwerpunkt als die meisten AAL-Applikationen,
die Themen wie Gesundheit oder Sicherheit in den Fokus
stellen. SilverGame will in erster Linie Spaß machen. Die
Home-Entertainment-Plattform soll die Lebensfreude
steigern, indem sie interaktive spielbasierte MultimediaAnwendungen bietet, die genau auf die sozialen Bedürfnisse von älteren Menschen ausgerichtet sind.
Doch was sind die Bedürfnisse älterer Menschen? Welche
Eigenschaften müssen die Plattform und die Spiele besitzen, um ältere Menschen glücklich zu machen? Diesen
Fragen sind die Projektpartner im Vorfeld des Projekts
nachgegangen und haben Antworten gefunden, die bei der
Entwicklung von SilverGame die Richtung vorgeben.
1.1
Community: Wege aus der Isolation
Nach dem Arbeitsleben beginnt für Senioren eine neue
Lebensphase, die häufig als Ruhestand bezeichnet wird.
Doch dieser Begriff vermittelt ein falsches Bild. „Die
heutigen Älteren erreichen den so genannten Ruhestand
im Durchschnitt in besserer gesundheitlicher Verfassung,
mit besseren Qualifikationen und mit einer besseren materiellen Absicherung als frühere Generationen.“ [1]
Die Lebensphase 60plus gewinnt also im 21. Jahrhundert
nicht nur an Länge, sondern auch an Bedeutung. Untersuchungen zeigen aber, dass ältere Menschen diesen Spielraum häufig nicht nutzen können, weil sie in sozialer Isolation leben. So ist rund ein Viertel der 70- bis 85Jährigen den ganzen Tag zu Hause – mit Ausnahme von
kurzen Einkäufen oder Spaziergängen. Bei den 55‐ bis
69‐Jährigen liegt der Anteil der „Stubenhocker“ bei immerhin 14 Prozent [2]. Die lange ersehnte Flexibilität beziehungsweise der Wunsch nach mehr Freizeit wird häufig nicht aktiv wahrgenommen.
An dieser Stelle setzt SilverGame an. Die Plattform soll
nicht nur Spiele bieten, mit denen sich ältere Menschen zu
Hause die Zeit vertreiben können, sie soll vielmehr dazu
anregen, Kontakte zu knüpfen: zunächst in einer medial
vermittelten Welt und dann zunehmend in der realen
Welt. Um das zu erreichen, müssen drei Anforderungen
erfüllt werden:



Die Spiele müssen typische Freizeitbeschäftigungen von älteren Menschen aufgreifen, um die
Basis für gemeinsame Aktivitäten zu schaffen.
Die Spiele müssen leicht zu bedienende Interaktions- Funktionen besitzen. Das gemeinsame Erleben der Freizeitbeschäftigung muss wie selbstverständlich dazu gehören.
Die Spiele müssen Wege in die reale Welt bieten. Aktuelle Informationen rund um die Freizeitbeschäftigung, wie zum Beispiel Adressen
und Termine, müssen in das Spielgeschehen integriert werden.
Das Konzept von SilverGame erfüllt diese Aspekte. Die
Plattform soll die spielebasierten Applikationen mit webbasierten Informations- und Kommunikations-Diensten
verbinden:



Über typische Community-Features und ein integriertes Audio-/Video-Konferenzsystem können die Nutzer im wahrsten Sinne des Wortes
spielend einfach Freunde finden und (wieder) am
gesellschaftlichen Leben partizipieren.
Die Telepräsenz von Freunden und Familienmitgliedern während des Spielens bietet den Nutzern die Möglichkeit, Emotionen unmittelbar am
Bildschirm mitzuerleben und Erfahrungen live
auszutauschen.
Ergänzende Informationen helfen bei der Anbahnung von realen Treffen; die Senioren werden zum Beispiel zum Besuch einer Veranstaltung in der näheren Umgebung aufgefordert.
1.2
Serious Games: Spiele mit Mehrwert
Wie schon erwähnt, ist in den letzten Jahrzehnten nicht
nur die Lebenserwartung deutlich gestiegen, sondern auch
das Bedürfnis, im Alter noch aktiv zu sein. Ältere Menschen wollen geistig und körperlich fit bleiben, um den
Ruhestand genießen zu können. Ein Bedürfnis, das spielerisch gelöst werden kann: mit Serious Games.
Serious Games sind digitale Spiele, die auf unterhaltsame
Art und Weise Informationen, Wissen und Fertigkeiten
vermitteln. Sie sind somit die perfekten Fitnesstrainer für
Senioren. Sie machen Spaß, schulen physische und/oder
kognitive Fähigkeiten, sind zu Hause jederzeit verfügbar
und kosten relativ wenig Geld. Kein Wunder also, dass
sie bei Senioren beliebt sind. Laut einer Umfrage von Feierabend.de, einem der größten sozialen Netzwerke für ältere Menschen, stehen Denk- und Lernspiele sowie Geschicklichkeitsspiele ganz oben auf der Beliebtheitsskala
[3].
Das Problem ist nur, dass die am Markt befindlichen
Spieltechnologien und -titel auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von jungen Menschen ausgerichtet sind. Sie
sind häufig sehr komplex und überfordern die Generation
60plus. Auch inhaltlich sprechen sie die älteren Menschen
nicht ausreichend an; es werden weder die Lebenswelten
noch die Erfahrungen der älteren Zielgruppe berücksichtigt [4].
Diese Lücke soll SilverGame schließen: Die offene Plattform soll bereits als Prototyp drei Serious Games beinhalten, die konsequent die Bedürfnisse der Generation 60plus
ansprechen und als Vorbild für weitere zielgruppengerechte Spiele dienen sollen:
Singing Club: Die Nutzer können alleine im Karaoke-Modus
oder gemeinsam mit anderen im
Chor-Modus singen und an Live-Events teilnehmen. Die Ergebnisse können aufgezeichnet und veröffentlicht werden.
Dance/Fitness Training: Die
Nutzer können aus unterschiedlichen Tanz- und Fitnessprogrammen auswählen und sich die
Übungen von einem Trainer vorführen lassen. Beim Training bekommen sie ein sensorgestütztes Feedback.
Driving Simulator: Die Nutzer
können alleine oder gemeinsam
mit einem anderen Nutzer eine
simulierte Autofahrt machen. Dabei können sie zwischen unterschiedlichen Szenarien wählen. Auf
Wunsch bekommen sie ein sensorgestütztes Feedback.
1.3
Musik und Bewegung: positive Auswirkungen auf Körper und Seele
Die einzelnen Serious Games des Projektes SilverGame
richten sich auch an den gesellschaftlichen Herausforderungen des demographischen Wandels aus. Mit den Modulen „Singing Club“ und „Dance/Fitness Training“ wird
den Senioren eine gemeinschaftliche Aktivierungsform zu
mehr und freudvoller Bewegung angeboten – mit dem Effekt, ganz nebenbei die Gesundheit zu fördern.
Wie wichtig ein Zusammenspiel von Musik und Bewegung ist, wurde in einer Studie über die Anwendung eurythmischer Bewegungsprogramme nachgewiesen. Sie
sagt unter anderem aus, dass mittels Eurythmie das Gangbild von Senioren stabilisiert und die Sturzwahrscheinlichkeit reduziert werden kann [5].
Musik und Bewegung wirken auch bei beginnender Demenz. So wurde in einer Studie des Mannheimer Zentralinstituts für Seelische Gesundheit der Einfluss von Singen auf die Gedächtnisfähigkeit untersucht und positive
Effekte beim Singen vertrauter Volkslieder festgestellt
[6]. Bei allen Studienteilnehmern wurde nach einem mittelfristigen Zeitraum von 15 Wochen eine Verbesserung
der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten festgestellt. Abgesehen davon kräftigt die Kombination von Gesang und Bewegung die Atemhilfsmuskulatur und führt
zu einer deutlichen Verbesserung der Atmung und damit
der Sauerstoffversorgung der älteren Menschen.
1.4
Fahrtraining: mehr Mobilität und Sicherheit
Am Beispiel des spielerischen Fahrtrainers (Driving Simulator) kann verdeutlicht werden, wie sich das Spektrum
der SilverGame-Plattform konsequent an kommenden
Trends sowie der Bedürfnislage älterer Menschen ausrichtet. Die PKW-Nutzung hat in den letzten drei Jahrzehnten
in allen Altersgruppen und bei den Älteren besonders unter Frauen zugenommen [7]. In Prognosen wird davon
ausgegangen, dass sich der Anteil an Fahrern über 65 Jahren in den nächsten drei Jahrzehnten weiterhin deutlich
erhöhen wird [8].
Autofahren macht den meisten Senioren viel Spaß. Neben
dem Spaß ist Autofahren aber auch ein wesentlicher Aspekt, seine Mobilität im Alter aufrecht zu erhalten und
soziale Kontakte zu Angehörigen und Freunden zu pflegen. Gesundheitliche Einschränkungen, die das Fahrvermögen beeinträchtigen könnten, versucht man mit entsprechenden Hilfsmitteln auszugleichen (Brille, Hörgerät,
Automatik-Getriebe, Einparkhilfen etc.). Dennoch fühlen
sich ältere Verkehrsteilnehmer beim Autofahren mit zunehmendem Alter unsicherer. Das Navigieren in einem
unvertrauten Stadtverkehr überfordert ältere Männer wie
Frauen. Frauen fühlen sich auf Autobahnen oft bedrängt
[9].
Genau an diesem Punkt setzt der spielerische Fahrtrainer
an. Der ältere Verkehrsteilnehmer erfährt hier eine motivierende Hilfestellung, die ihm erlaubt Fahrsituationen
wiederholt zu trainieren, um so für reale Situationen mehr
Sicherheit zu erhalten. Durch den spielerischen und interaktiven Ansatz wird das Trainieren des Fahrvermögens
sowie der Reaktionsfähigkeit zu einem willkommenen
Zeitvertreib. Gemeinsam spielerisch Fahren macht einfach Spaß und kann auch dazu dienen, gender-spezifische
Aspekte des Alterns zu berücksichtigen. Schließlich können die Nutzer ihr Wissen über (aktuelle) Verkehrsregeln
in einem spannenden Quiz testen und trainieren.
1.5
Einfache Bedienung: Nutzer im Fokus
Die meisten Senioren sind noch nicht sehr versiert im
Umgang mit Computern und Spielkonsolen. Sie nutzen
deshalb in erster Linie einfache Spiele, die sie bereits
kennen [10]. Auch die überaus beliebte Spielkonsole
„Wii“ des japanischen Herstellers Nintendo ist nicht konsequent auf die Zielgruppe älterer Menschen ausgerichtet.
Sie bietet zwar Spiele, die die geistigen und motorischen
Fähigkeiten trainieren, die Spiele sind bezüglich der Usability und der vorgegebenen Bewegungen aber nicht als
kontrollierte und sichere Anwendungen für Senioren konzipiert. Das gilt auch für die Bedienung der Plattform.
Studien mit Senioren haben gezeigt, dass sie mit der Benutzerführung und der Steuerung der Spielkonsole überfordert sind.
Die Untersuchungen machen deutlich, dass hier noch viel
Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht. Es wird
Zeit, auf die Zielgruppe 60plus zuzugehen und gemeinsam mit ihnen Plattformen und Spiele zu entwickeln, die
für sie einfach zu verstehen und zu bedienen sind. Das
Projekt SilverGame setzt deshalb auf einen nutzerzentrierten Entwicklungsprozess. Bereits in der Konzeptionsphase wurden die Bedürfnisse der Zielgruppe 60plus
in Befragungen und Fokusgruppen evaluiert. Die Ergebnisse dieser ersten Evaluationsphase und die daraus resultierenden Anforderungen an die Umsetzung sollen im
Folgenden vorgestellt werden.
2
Evaluation: Anforderungen der
Endnutzer
Bei der Entwicklung einer Multimedia- und Kommunikations-Plattform für ältere Menschen ist vor allem auf die
zielgruppengerechte Produktentwicklung zu achten. Die
Geräte müssen leicht zu bedienen sein, die Nutzeroberflächen den kognitiven Bedürfnissen und Fähigkeiten der
Zielgruppe 60plus angepasst werden und die Inhalte den
Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen.
Das Reha-Zentrum Lübben begleitet das gesamte Projekt
SilverGame hierzu mit einer nutzerorientierten Evaluation
von Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen potentieller Endnutzer. Außerdem werden Expertengespräche
mit medizinischen Fachkräften (Arzt, Psychologe, Sportund Physiotherapeuten) und Fahrsicherheitstrainern des
ADAC durchgeführt, um die Anforderungen an eine altersgerechte Ausgestaltung zu evaluieren.
Die Golden-Oldies Charity in Großbritannien spricht mit
ihren professionell organisierten Gesangs- und Bewegungstreffen Hunderte von Senioren an. Sie ist ein wertvoller Partner für die Erprobung der entwickelten Dienste
in dem SilverGame-Projekt
In einer ersten Phase der Evaluation wurde ein Fragebogen entwickelt, der erste Anforderungen und Bedürfnisse
bei der Zielgruppe erhob. Aus insgesamt vier europäischen Ländern (Finnland, Großbritannien, Österreich und
Deutschland) konnten 193 Personen mittels dieses Fragebogens befragt und so erste Gestaltungshinweise für die
Umsetzung des Projektes gewonnen werden.
Das Durchschnittsalter der befragten Personen betrug
67,5 Jahre, wobei sich unter den Befragten deutlich mehr
Frauen (62,2%) als Männer befanden (37,8%). Etwa die
Hälfte der Befragten verfügte bereits über einen Internetanschluss, weitere fast 20 Prozent bekundeten Interesse
daran, das Internet in Zukunft zu Hause zu nutzen.
In den folgenden Kapiteln werden die Ergebnisse der Befragung thematisch gebündelt beschrieben.
2.1
Controller für Plattform und Spiele
Die Bedienung der SilverGame-Plattform und Applikationen sollte laut den Teilnehmern an der ersten
Evaluationsphase über eine TV-Fernbedienung erfolgen;
fast 90% gaben diese Form der Bedienung als bevorzugte
Form an. Dieses hohe Ergebnis ist darauf zurückzuführen,
dass den Befragten die TV-Fernbedienung sehr vertraut
ist – im Gegensatz zum Touchscreen. Trotzdem stieß die
Bedienung über einen Touchscreen bei rund 40% der Befragten auf großes Interesse. Deshalb wurde im Projekt
festgelegt, dieses System für die Steuerung zu verwenden.
Der Vorteil bei der Verwendung eines Touchscreens liegt
in der möglichen Gestaltung der (virtuellen) Bedienelemente. Knöpfe, Schrift und andere Elemente, die für die
Steuerung wichtig sind, können altersgerecht dargestellt
werden, was bei einer klassischen TV-Fernbedienung
nicht zu leisten wäre.
2.2
Serious Gaming Module
Insgesamt stießen die drei vorgeschlagenen Module Fahrtrainer, Gesangsverein und Tanz- und Fitnesstrainer
auf großes Interesse. Jeweils rund 50% der befragten Personen könnten sich vorstellen, ein Gerät zu kaufen, das
ihnen die genannten Freizeitaktivitäten trotz zunehmenden Bewegungseinschränkungen ermöglicht.
Auffallend ist, dass ältere Menschen nicht nur einfach
spielen, sondern dabei vor allem auch üben und trainieren
wollen. Sie wünschen sich Spiele mit Mehrwert. So äu-
ßerten sie beispielsweise den Wunsch, den virtuellen
Fahrsimulator als Trainingsgerät zu verwenden. Dies ist
eine große Herausforderung für die Entwicklung dieses
Moduls, denn die Literaturrecherche sowie die Experteninterviews mit dem ADAC zeigen Grenzen bei diesem
Vorhaben auf. Kognitive Fähigkeiten wie Wissen rund
um das Thema Fahren können spielerisch geübt und verbessert werden, Trainingseffekte im Bezug auf die reale
Fahrtüchtigkeit können jedoch nur mit einer möglichst
realistischen und damit aufwendigen Simulation von Verkehrssituationen erzielt werden.
Bei allen drei Modulen wünschen sich die Nutzer Feedback-Systeme, die eine gewisse Rückkopplung an die
Nutzereingabe sowie die Nachverfolgbarkeit und Kontrolle zu ihren Übungserfolgen erlauben. Eine kleine Einschränkung zu einem Feedback-System gibt es allerdings
im Modul Singen. Hier tritt der Wunsch einer Leistungsbeurteilung in den Hintergrund und der Spaß am Singen
in den Vordergrund, wenn der Nutzer gemeinsam mit anderen in einem virtuellen Chor singen möchte. Ebenso in
allen drei Modulen möchten die Nutzer die Möglichkeit
haben, aus verschiedenen Schwierigkeitsstufen wählen zu
können.
Aus der Analyse der Fragebögen und Experteninterviews
ergeben sich die folgenden Anforderungen an die Modulentwicklung:
2.2.1 Spielerischer Fahrtrainer
Die technische Konstruktion des Fahrtrainers sollte einige
wesentliche Punkte beachten. Trainingseffekte sind unter
anderem in den Bereichen Spurhalten, Vorfahrtsentscheidungen, Abstandhalten, wirtschaftliches Fahren und Verkehrsregeln zu erwarten. Die Auswahl möglicher
Übungsszenarien sollte sich dabei an dem Fahrkönnen,
also dem aktuellen Leistungsstand, orientieren. Auch sollten die verschiedenen Problembereiche verschiedener Altersgruppen berücksichtigt werden; 60-65-Jährige haben
andere Voraussetzungen als 75-80-Jährige.
2.2.2 Interaktiver Gesangsverein
Beim Singen sollten Erwärmungsübungen - ähnlich dem
Einsingen - angeboten werden, damit der Nutzer seine
Stimme auf eine zu erbringende Leistung vorbereiten
kann. Das Feedback-System sollte einen Vergleich zwischen richtiger und gesungener Melodie ermöglichen.
Auch eine Auswahlmöglichkeit verschiedener Leistungsstufen sollte vorhanden sein, um dem Nutzer zu ermöglichen, dass er sein Leistungsniveau selbst bestimmen
kann. Steht das gemeinsame Singen mit anderen Teilnehmern des Moduls im Vordergrund, dann kann auf eine
Rückmeldung der Gesangsleistung verzichtet werden.
2.2.3 Tanz- und Fitnesstrainer
Bei der Konstruktion des Tanz- und Fitnessmoduls sind
ebenso verschiedene Leistungsstufen der Nutzer zu berücksichtigen, da die Gruppe der über 60-jährigen sehr
heterogen ist. Es empfiehlt sich die Gestaltung von gymnastischen Übungen und Tänzen im Stehen und Sitzen.
Bei jüngeren Senioren können Ausdauer, Beweglichkeit
und Koordination im Vordergrund stehen. Bei älteren
Menschen (80plus) sollte die Sturzprophylaxe hinzukommen und die Ausdauer in den Hintergrund treten. Die
Übungen sollten weiterhin so gestaltet sein, dass sie das
Training alltäglicher Situationen sicherstellen.
3
Realisation: Plattform und Multimedia-Module
3.1
Mensch-Maschine-Schnittstellen: intuitive User-Interfaces
Die Evaluation zeigt, dass neben der inhaltlichen Ausrichtung auf die Bedürfnisse von älteren Menschen vor allem
die zielgruppengerechte Bedienung für den Erfolg des
Projekts ausschlaggebend ist. Das Produkt wird nur akzeptiert, wenn die Nutzung einfach ist und von Anfang an
kein Gefühl von Überforderung aufkommt. Deshalb setzt
SilverGame bei der Auswahl der Hardware auf eine
Kombination aus Altbewährtem und Neuem:
Insgesamt entsteht so ein System, das einfach zu installieren und zu nutzen ist und durch die Kombination aus
Fernsehgerät und Tablet-PC eine neue, positive UserExperience – insbesondere für ältere Menschen – bietet.
3.2
Technisches Konzept: innovative Systemarchitektur
In dem Projekt SilverGame entwickeln die Projektpartner
eine offene Plattform für interaktive MultimediaApplikationen und webbasierte Informations- und Kommunikations-Dienste. Neben der Set-Top-Box, dem TVGerät und dem Tablet-PC kommen in der Grundausstattung eine Webcam, ein stereoskopischer Visionsensor und
ein Mikrophon zum Einsatz. Optional können weitere
Sensoren wie zum Beispiel ein Lenkrad oder weitere Bewegungssensoren in die Plattform integriert werden. Bild
1 zeigt einen Überblick über die Komponenten und Module des Systems.
Die Basis von SilverGame bildet ein Mini-PC beziehungsweise eine leistungsstarke Set-Top-Box, die bereits
konfiguriert und mit Spielen ausgestattet ausgeliefert
wird. Sie muss einfach nur an ein Fernsehgerät angeschlossen und per Kabel oder W-LAN mit dem Internet
verbunden werden. Mit nur einem Knopfdruck startet die
Multimedia-Plattform und führt den Nutzer Schritt für
Schritt zu den gewünschten Inhalten.
Angezeigt werden die Inhalte auf einem herkömmlichen
Fernsehgerät. Der Fernseher ist in so gut wie allen Haushalten vorhanden und gerade älteren Menschen sehr vertraut. Zudem eignet er sich durch seine Größe sehr gut als
zentrales Ausgabegerät. Ein Manko des Fernsehgeräts ist
jedoch die Fernbedienung. Sie weist in der Regel eine
Unmenge von kleinen Tasten auf und überfordert damit
ältere Menschen. Bei SilverGame wird sie deshalb durch
einen handlichen Tablet-PC mit Touchscreen ersetzt. Er
ist Fernbedienung und Game-Controller in einem.
Fernsehgerät und Tablet-PC interagieren miteinander. Sobald der Nutzer eine Entscheidung treffen kann, beispielsweise welches Lied er singen möchte, erscheinen
die Handlungsoptionen in Form von großen, übersichtlichen Buttons auf dem Touchscreen. Zudem wird der Nutzer auf dem TV-Bildschirm darauf hingewiesen, dass er
einen Button auf dem Touchscreen drücken muss.
Der Vorteil des Touchscreens gegenüber einer herkömmlichen Fernbedienung besteht in der kontextuellen Steuerung: Dem Nutzer wird immer nur eine sehr übersichtliche Anzahl von „Knöpfen“ angezeigt – und zwar nur die,
die akut benötigt werden.
Bild 1 SilverGame System-Überblick
Die Plattform beinhaltet eine von Exozet in Unity 3D
modellierte Spielumgebung, die zusätzlich die Möglichkeit bietet, Nachrichten und Inhalte über ein ContentManagement-System einzubinden. Diese Mitteilungen
können in Form von Text oder Ton- und Bildaufnahmen
gestaltet sein. Ergänzend zu den Mitteilungen ist es möglich, auch eine direkte Kommunikation mit einzelnen
Nutzern der Plattform via Videokonferenz beziehungsweise Voice over IP durchzuführen. Über eine WebSchnittstelle, wie zum Beispiel RSS-Feeds, können auch
Nachrichten und Inhalte externer Anbieter integriert werden.
eingebunden werden kann. Diese Einbindung geschieht in
der mittleren Schicht, in der die entsprechenden Treiber
für die eingesetzten Geräte liegen. Gleichzeitig dienen die
Treiber als Programmierschnittstelle für die eigentlichen
Module (oberste Schicht) der SilverGame-Plattform.
Das technische Konzept der Multimedia-Plattform ist bewusst einfach gehalten. Im Mittelpunkt steht ein herkömmliches TV-Gerät. Ergänzt wird es durch eine SetTop-Box, die die eigentliche Intelligenz und damit Steuerung der SilverGame-Plattform ermöglicht. Über die SetTop-Box wird sämtliche Hardware-Zusatzausstattung in
die Silver-Game-Plattform eingebunden. Um die Bedienung der Silvergame-Plattform und –Applikationen zu
erleichtern, wird ein Tablet-Computer (zum Beispiel ein
iPad) als Fernbedienung verwendet. Auf dem Bildschirm
des Tablets können ergänzende Information angezeigt
werden.
Dazwischen liegt optional eine weitere Schicht, die für
die Sensorfusion genutzt werden kann. Die Sensorfusions-Schicht ermöglicht es, verschiedene einzelne Sensoren zusammenzufassen, die erhobenen Daten zu kombinieren, auszuwerten und dann als Feedback der ModulSchicht zur Verfügung zu stellen.
Durch die Integration einer Webcam in das System können über eine einfach zu bedienende Videokonferenz andere Nutzer sowie Familienmitglieder, Freunde und Bekannte kontaktiert und in das Spielgeschehen eingebunden werden. Zusätzlich kann für das Fahrtraining ein Driving Cockpit oder für das Tanz- und Fitness-Modul ein
spezieller Visionsensor angeschlossen werden. Um das zu
ermöglichen, ist die Set-Top-Box mit Ethernet-, WLAN-,
Bluetooth- und USB-Schnittstellen ausgestattet. So ist
gewährleistet, dass die SilverGame-Plattform auch in Zukunft problemlos um neue Anwendungen erweitert werden kann.
3.3.1 Video-Kommunikation
Als ein Element für die soziale Interaktion innerhalb der
SilverGame-Plattform entwickelt das Fraunhofer FIRST
ein Videokommunikations-Modul. Die Videokommunikation ist über eine Plug-in-Struktur in die grafische Benutzeroberfläche von Unity 3D eingebunden und kann bei
einer bestehenden Internetverbindung direkt aus ihr heraus gestartet werden.
Bild 2 stellt den Aufbau der Software/Hardware-Plattform
in einer Schichtstruktur dar. Insgesamt besteht die Plattform aus fünf Schichten. Die unterste Schicht stellt die
angeschlossenen Zusatzgeräte dar, die in den verschiedenen Modulen verwendet werden. Diese Zusatzgeräte werden über Schnittstellen (zweite Schicht) mit der Set-TopBox verbunden.
Bild 2 Aufbau der Systemarchitektur der SilverGame
Software-/Hardware-Plattform
Die Set-Top-Box ist nichts anderes als ein Mini-PC, auf
dem ein Standard Windows-Betriebssystem (zurzeit
Windows 7 Home Edition) läuft. Dadurch ist sichergestellt, dass sehr einfach neue Technologie in die Plattform
3.3
Plattform: Online-Funktionalitäten
SilverGame ist eine Online-Plattform. Die Kernkomponente bildet dabei der SilverGame-Server, der eine Vielzahl von unabhängigen Serverkomponenten für alle Bereiche der Plattform beherbergt.
Der Austausch von Audio- und Video-Daten erfolgt nicht
auf direktem Weg zwischen den Teilnehmern, sondern
über eine Distributionskomponente auf dem Server. Dieser Ansatz bietet den Vorteil, dass der Kommunikationsweg fest definiert und ein mit Firewalls gesichertes Netzwerk leicht dafür konfiguriert werden kann. Die clientseitige
Implementierung
der
Audio-VideoKommunikation basiert auf der Microsoft DirectShowTechnologie. Mit Hilfe dieser Technologie können einzelne Komponenten der Audio- und VideoVerarbeitungskette leicht miteinander kombiniert werden.
Um die Bandbreite der Kommunikationsdaten in Rahmen
eines verfügbaren Internet-Hausanschlusses (z.B. DSL)
zu halten, werden die Audio- und Video-Daten komprimiert. Hierbei kommt für die Audio-Kompression die
GSM 6.10 Codierung und für die Video-Kompression die
MPEG-4 Codierung zum Einsatz. Der Aufbau der Verbindung erfolgt zurzeit mittels Komponenten von Montivision (Netzwerk DirectShow Filter). Der Transfer der
AV-Daten vom Client zum Server erfolgt über ein verdingungsloses Netzwerkprotokoll (UDP). Im Gegensatz
dazu wird das Session-Handling (vom Server zum Client)
über TCP realisiert.
Die Nutzung eines Distributionsservers eröffnet auch die
Möglichkeit, AV-Daten an mehrere Empfänger zu senden, ohne die Datenlast beim Senden ansteigen zu lassen.
Das Verteilen der Datenströme erfolgt am Server. Hier
können auch die Video-Daten gespeichert, erneut abge-
spielt oder an weitere Teilnehmer im Netzwerk versendet
werden. Das Videokommunikationsmodul wird in allen
drei Modulen eingesetzt und dient zum Beispiel der direkten Kontaktaufnahme der Nutzer untereinander, sowie der
Eröffnung von Gesangsveranstaltungen durch einen Chorleiter.
3.3.2 Redaktionelle Inhalte
Neben der Kommunikation zwischen den Teilnehmern ist
die Hauptaufgabe des Servers die Bereitstellung von Inhalten, die bereits von Benutzern zur Verfügung gestellt
oder auch redaktionell eingestellt wurden.
Für die redaktionellen Inhalte kommt dabei ein von
Exozet entwickeltes Content-Management-System (CMS)
zum Einsatz, welches über den Webbrowser bedient wird
und das Einstellen neuer Inhalte für die SilverGamePlattform in wenigen Schritten ermöglicht. Hierbei soll
jedoch nicht nur die Erweiterung des Systems um neue
Komponenten im Mittelpunkt stehen, vielmehr soll durch
aktive Bewerbung aktueller Freizeitangebote und gemeinsamer Treffen oder Reisen die Kommunikation der Teilnehmer untereinander gefördert werden – auch außerhalb
der SilverGame-Plattform.
3.3.3 Neue Module und Items
Neben neuen Tanzübungen oder Karaoke-Liedern bietet
SilverGame die technische Möglichkeit, sich selbst um
neue Module zu erweitern oder bereits bestehende Module um neue Inhalte zu ergänzen. Diese Angebote werden
in Form von HTML-Inhalten oder aus externen Quellen
(z.B. RSS-Feeds) beworben und können ebenso wie die
Inhalte selbst über das CMS erstellt und verwaltet werden.
Durch die Integration eines vereinfachten Webbrowsers in
die Unity3D Engine, der über den Touchscreen des Tablet-PC bedient werden kann, kann der Benutzer diese Inhalte schließlich direkt am Fernseher einsehen, zusätzliche Angebote kaufen und automatisiert installieren lassen.
3.4
Module: sensorbasiertes Feedback
Sensoren und Analyse sind wesentliche Bestandteile der
einzelnen Module des SilverGame-Systems. Im Folgenden werden einige Beispiele der derzeit entwickelten Module der Plattform beschrieben.
3.4.1 Karaoke
Beim Modul „Singing Club“ hat der Benutzer im Karaoke-Modus die Möglichkeit, seinen Gesang in Realzeit beurteilen zu lassen. Am Ende eines Stückes erhält er eine
Gesamtbewertung. Für die Auswertung der Korrektheit
der eigenen Stimme wurde am Fraunhofer FIRST ein
Feedbackalgorithmus entwickelt, der den dominanten Ton
in jeder Epoche in beiden Signalen bestimmt. Verglichen
werden zwei Tonspuren: a) das Signal, das an den Lautsprecher geschickt wird, und b) das Signal, das im Mikro-
fon aufgezeichnet wird. Das Lautsprechersignal ist das
Zielsignal, und der Sänger / die Sängerin ist aufgefordert
mitzusingen.
Für die Stimmanalyse (s. Bild 3)werden die Signale in
den Epochen Fourier-transformiert, und durch Quadrierung der Absolutwerte wird die Leistung auf einer linear
angeordneten Frequenzachse bestimmt. Der Algorithmus
wurde so implementiert, dass es für jeden gesungenen
Ton unerheblich ist, in welcher Oktave er gesungen wird.
In der Echtzeitanalyse wird sowohl der erwartete dominante Ton (bestimmt aus dem Lautsprechersignal) als
auch der tatsächlich gesungene dominante Ton (bestimmt
aus dem Mikrofonsignal) grafisch als rotes Kreuz beziehungsweise blauer Punkt dargestellt. In einem weiteren
Fenster wird lediglich die Abweichung zwischen erwartetem und tatsächlichem Ton dargestellt. Letzteres gibt einen einfacheren Überblick über die Qualität des Gesangs,
erlaubt aber derzeit noch keine Einschätzung der Schwierigkeit des gesungenen Stückes. Am Ende des Stückes
wird der Prozentsatz der korrekten Epochen als Punktezahl zwischen 0 und 100 angegeben.
Bild 3 Echtzeitdarstellung der erwarteten Töne (rote
Kreuze) und der tatsächlich gesungenen Töne (blaue
Punkte). Die X-Achse ist in Sekunden eingeteilt und die
Y-Achse nummeriert zwölf Halbtöne beginnend mit einem C. Die Punktangabe wird am Ende des Stückes hinzugefügt. Rechts: Abweichung von erwarteten und tatsächlichen Tönen
3.4.2 Tanz/Fitness
Das Ziel des Tanz-/Fitness-Moduls liegt im spielerischen
Training der motorischen Fähigkeiten, ein wichtiger
Punkt um die Mobilität im Alter zu halten oder gar zu
verbessern. Um die weniger beweglichen Nutzer anzusprechen, werden auch spezielle Übungen, die im Sitzen
durchgeführt werden können, angeboten. Die Fitnessübungen werden mit Musik unterlegt, als Tanzübungen
werden spezielle Choreographien für unterschiedlichen
Musikgeschmack aufbereitet.
Um ein Feedback zu bekommen, wird ein neuartiger vom
Austrian Institute of Technology entwickelter Dynamic
Vision Sensor (DVS) verwendet [11][12]. Der Sensor
wird auf dem TV-Gerät platziert, die Person steht oder
sitzt in etwa 1,5 bis 2,5 Meter Entfernung davor. Die
Übung wird von einem Trainer vorgeführt (auf dem Fernsehbildschirm zu sehen), die Person macht die Übung
nach. Mit Hilfe des DVS wird eine Gesten-
/Bewegungserkennung entwickelt, um persönliches Feedback hinsichtlich der durchgeführten Übungen zu bekommen. Dabei liegt das Augenmerk bewusst auf ein
nicht-medizinisches Feedback.
Jede Fitness-/Tanzübung besteht aus Figuren, die wenige
Sekunden dauern. Die Figuren werden zu einer Choreographie kombiniert. Das heißt, es müssen die unterschiedlichen Figuren erkannt und die Ausführung bewertet werden. Die Bewertung dient nicht dazu, sich mit dem Trainer zu vergleichen, sondern die eigenen Fortschritte zu
sehen, um so eine nachhaltige Motivation für die Durchführung von weiteren Übungen zu erhalten.
Nach einem intensiven Literaturstudium wurde die Methode der Hidden Markov Modelle verwendet, um die unter-schiedlichen Figuren erkennen zu können [13][14].
Dazu werden die Figuren von unterschiedlichen Personen
mehrmals nachgemacht und aufgenommen. Diese aufgenommenen Daten dienen als Grundlage für die zukünftige
Beurteilung der Übungen und werden in eine Datenbank
abgespeichert. Dadurch kann das System permanent nachträglich um neue Figuren erweitert werden und auch neue
Choreographien und Übungszusammenstellungen eingestellt werden. Denkbar ist auch, zukünftigen Nutzer die
Möglichkeit an die Hand zu geben, eigene Choreographien zu erstellen und mit Freunden oder anderen Nutzern
zu teilen.
3.4.3 Fahrtraining
Für das spielbasierte Fahrtraining werden die Fahrsteuerdaten (Geschwindigkeit, Spurposition, Lenkrad- und Pedalbewegungen) mit den über die grafische Benutzeroberfläche angezeigten Verkehrsobjekte (Ampeln, Kreuzungen, andere Verkehrsteilnehmer etc.) fusioniert und analysiert. Zusätzlich werden physiologische Parameter, wie
die Blickrichtung und die Reaktionsschnelligkeit mit Hilfe von Eye- und Headtracking-Algorithmen erfasst. Dafür
wurden am Fraunhofer FIRST bislang verschiedene Eyeund Headtracking-Systeme evaluiert und ein Demonstrator entwickelt, der die unterschiedlichen Steuersignale aus
Lenkrad, Eye- und Headtracking-Systemen integriert und
für die Entwicklung der Auswertealgorithmen anzeigt.
4
Zusammenfassung und Aussichten
Mit SilverGame entsteht zurzeit ein bisher einmaliges
Angebot: eine Entertainment-Plattform, die konsequent
auf die Bedürfnisse von älteren Menschen ausgerichtet ist.
Sie ist einfach zu bedienen, sie bietet Spiele, die Senioren
ansprechen und ihnen den gewünschten Mehrwert liefern,
und sie fördert das Wohlbefinden von älteren Menschen
durch drei wesentliche Faktoren: Spaß, Training und soziale Interaktion.
Auch technisch ist SilverGame zukunftsweisend. Die
Plattform nutzt Technologien aus unterschiedlichen, aber
zunehmend verschmelzenden Bereichen und verbindet sie
zu einem leistungsstarken System: 3D Game Development, Visual Sensor Technology, Web Technology, Mobile Applications, Audio- und Video-Conferencing und
IPTV. Durch diese Kombination entsteht eine technische
Plattform, die innerhalb kürzester Zeit auf den Markt gebracht werden kann und zugleich offen für zukünftige
Entwicklungen im Bereich Ambient Assisted Living ist.
Erste Gespräche mit potentiellen Kooperationspartnern
für die Distribution der SilverGame-Plattform bestätigen
die Innovationskraft des Gesamtkonzepts. Anbieter von
Set-Top-Boxen sowie Content Provider erkennen zunehmend das wirtschaftliche Potential der Zielgruppe 60plus
und die Möglichkeit, mit zielgruppengerechten Angeboten mehr als nur einen Nischenmarkt zu erreichen. Die
Idee, SilverGame in ihr bestehendes Portfolio zu integrieren, stößt auf großes Interesse.
5
Danksagung
Das Projekt SilverGame (aal-2009-2-113) wird im Rahmen des Ambient Assisted Living Joint Programme (Call
2) von der Europäischen Union und den beteiligten Ländern gefördert. Die Autoren bedanken sich bei allen Projektteilnehmern und Fördereinrichtungen für die Arbeit
und den Beitrag zu dem Projekt.
6
Literatur
[1] Martin Kohli, Harald Künemund, Der Alters-Survey:
Die zweite Lebenshälfte im Spiegel repräsentativer
Daten, Aus Politik und Zeitgeschichte (B 20/2003),
Bundeszentrale für politische Bildung, S.18-25.
[2] Kohli, Künemund
[3] Jetztspielen.de: Spielen im hohen Alter: Senioren
entdecken Games und Konsolen. 2010. URL:
http://www.jetztspielen.de/blog/andere/spielen-imhohen-alter-senioren-entdecken-games-undkonsolen-2/ (Zugriff: 12.03.2011).
[4] Vgl. Dollinger, Vivien: Silver Gaming – der demografische Wandel als Chance. Eine empirische Analyse der Akzeptanz digitaler Spiele im Altersgruppenvergleich. Dissertation an der Technischen Universität München, 2009.
[5] Klatschen und Tanzen für stabilen Gang: Eurhythmie
im Alter halbiert Sturzrate, in: Ärzte Zeitung.de vom
13.04.2010.
[6] Musiktherapie macht Patienten mit Demenz agiler,
in: Ärzte Zeitung.de vom 26.01.2005.
[7] K. Beckmann, C. Holz-Rau, G. Rindsfüser, J. Scheiner, Mobilität älterer Menschen-Analysen und verkehrsplanerische Konsequenzen, in: W. Echterhoff
(Hrsg.), Mobilität älterer Menschen, Strategien zur
Sicherung der Mobilität älterer Menschen, Köln,
2005, TÜV-Verlag GmbH, S. 43-71.
[8] Shell PKW-Szenarien bis 2030. Flexibilität bestimmt
Motorisierung. Shell Deutschland Oil, Hamburg, ohne Jahresangabe, 48 S.
[9] K. Kocherscheid, G. Rudinger, Ressourcen älterer
Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer,
in: W. Echterhoff, Mobilität älterer Menschen. Strategien zur Sicherung der Mobilität älterer Menschen.
Köln, 2005, TÜV-Verlag GmbH, S.19-42.
[10] Vgl. Dollinger, S. 147f.
[11] P. Lichtsteiner, C. Posch and T. Delbrück, “A
128×128 120dB 15us Latency Asynchronous Temporal Contrast Vision Sensor,” IEEE Journal of Solid
State Circuits, Vol. 43, pp. 566 - 576, 2008.
[12] S. Schraml, A.N. Belbachir, N. Milosevic and P.
Schoen, “Dynamic Stereo Vision for Real-time
Tracking,” in Proc. of IEEE ISCAS, June 2010.
[13] LR. Rabiner, BH Juang, “An Introduction to Hidden
Markov Models”, IEEE ASSP Magazine, pp. 4-16,
1986
[14] J. Yamato, J. Ohya, K. Ishii, “Recognizing human
action in time-sequential images using hidden markov model”, Proc. CVPR ’92 IEEE Computer Society Conf. Computer Vision and Pattern Recognition,
pp.379-385, 1992