ARD - Ratgeber Recht
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ARD-Ratgeber Recht aus Karlsruhe Sendung vom: 02. Februar 2013, 17.03 Uhr im Ersten VERSCHENKEN ODER VERERBEN? Zur Beachtung! Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers/der Empfängerin hergestellt. Jede andere Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des/der Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verbreitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. ARD-Ratgeber RECHT vom 02.02.2013 Seite 2 SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe Moderation: Dr. Frank Bräutigam In der Rangliste unserer Zuschauerfragen zum Erbrecht, da steht eine wirklich ganz oben. Ist es nicht besser, vielleicht schon zu Lebzeiten sein Vermögen an die Kinder zu verschenken, anstatt es später zu vererben? Vielleicht um Steuern zu sparen? Das höre ich immer wieder, egal, ob es um kleine Geldbeträge oder große Immobilien geht. Um diese Frage mal zu klären, habe ich mich auf den Weg gemacht. Beitrag: Autor: Verschenken oder vererben? Kolja Schwartz Ich bin unterwegs in Rheinland Pfalz, in dem kleinen Ort Herxheim-Hayna. In den nächsten Jahren wird in Deutschland so viel Vermögen vererbt, wie nie zuvor. Doch viele denken auch darüber nach, schon zu Lebzeiten, etwas an ihre Kinder zu verschenken. Ich bin verabredet mit Dagmar und Stefan W. Das Ehepaar hat zwei Kinder: Philipp ist 32 und Benjamin 28 Jahre alt. Seit über dreißig Jahren leben die W.s im eigenen Haus. Das wurde stetig ausgebaut und verschönert. Obwohl Dagmar und Stefan W. mit 57 Jahren noch jung sind, haben sie sich bereits Gedanken zum Thema Vererben gemacht. Frank Bräutigam Stefan W. „Frau W., Herr W., das macht hier so den Eindruck von so einem richtigen Familienzuhause.“ „Da können sie von ausgehen. Wir wohnen seit rund dreißig Jahren hier, fühlen uns richtig wohl und haben natürlich unser Familiendomizil hier aufgeschlagen.“ Neben dem eigenen Haus haben die W.s noch eine weitere Immobilie, die sie vermieten. Und, so erzählen sie mir, irgendwann wird Dagmar W. auch noch ihr Elternhaus erben. Frank Bräutigam „Sie haben zwei erwachsene Kinder. Käme es irgendwann mal in Betracht, auch schon, bevor man es vererbt, etwas vom Vermögen noch zu Lebzeiten zu verschenken?“ Stefan W. "Man wird zum richtigen Zeitpunkt natürlich schon überlegen müssen, wie man es anstellt, damit man ganz fair und sauber, natürlich ohne steuerliche Nachteile in diese Situation kommt. Man kann ja auch in Portionen verschenken. Da ist sicherlich der Zeitpunkt noch nicht da, um sich da intensiv Gedanken zu machen. Aber der wird bestimmt kommen.“ Wer etwas erbt in Deutschland, muss dafür Erbschaftssteuern zahlen. Allerdings gibt es gewisse Beträge, die so genannten Freibeträge, für die keine Steuern anfallen. Und die sind höher, als man gemeinhin glaubt: ARD-Ratgeber RECHT vom 02.02.2013 Seite 3 SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe Erbt ein Ehepartner vom anderen, so zahlt er bei einem Vermögen mit einem Wert bis zu 500.000 Euro keine Steuern. Bei Kindern beträgt der steuerfreie Betrag 400.000 Euro. Das Finanzamt bekommt in diesen Fällen also nichts vom Erbe. Frank Bräutigam „Nun denken vielleicht viele: Um Steuern zu sparen ist es grundsätzlich besser, zu verschenken, statt später zu vererben. Aber dazu muss man wissen: Die Steuern beim Verschenken sind genauso hoch wie beim vererben und auch die Freibeträge sind die gleichen. Wenn ihr Vermögen also nicht an die Freibeträge ran kommt, dann brauchen sie sich um das Thema Steuern überhaupt keine Gedanken zu machen.“ Klassische Helfer in unserer Frage: Vererben oder lieber verschenken sind die Steuerberater und die Notare. Ich bin verabredet mit Gerd-Jürgen Richter. Er ist seit fast 30 Jahren Notar. Frank Bräutigam „Herr Dr. Richter, in welcher Situation ist es denn vorteilhaft, schon zu Lebzeiten Vermögen zu verschenken?“ Gerd-Jürgen Richter, Notar „Es gibt beim Schenken alle zehn Jahre einen neuen Steuerfreibetrag und beim Erben hat man diesen Steuerfreibetrag nur einmal!“ Frank Bräutigam „Also ich kann die Freibeträge mehrfach nutzen?“ Gerd-Jürgen Richter, Notar „Sie können die Freibeträge mehrfach nutzen. Sie müssen natürlich rechtzeitig anfangen zu schenken. Mit 90 wird der Freibetrag nicht mehr so oft genutzt werden können!“ Mal konkret zu unserer Familie: Philipp und Benjamin W. könnten sich zum Beispiel dieses Jahr, also 2013, von ihrem Vater jeweils Vermögen im Wert von 400.000 Euro schenken lassen, ohne dass dafür Steuern anfallen würden. Nach zehn Jahren, also 2023, dürften sie den Freibetrag von 400.000 Euro noch einmal nutzen, also sich noch einmal von ihrem Vater beschenken lassen. Frank Bräutigam Gerd-Jürgen Richter, Notar „Hat man den Freibetrag gegenüber einem Elternteil oder gegenüber beiden, also quasi doppelt?“ „Man hat den Freibetrag doppelt. Also gegenüber jedem Elternteil besteht der Freibetrag.“ Also: Beim Schenken hat man als Kind zwei Freibeträge. Wollen wir das mal vergleichen mit einer klassischen Situation beim Erben: Dem so genannten Berliner Testament. Dabei vererbt der Vater zum Beispiel sein gesamtes Vermögen zunächst an seine Ehefrau. Stirbt die, erben die Kinder. Diese haben den Freibetrag dann aber nur noch gegenüber einer Person: der Mutter. Vielleicht ist der dann überschritten, so dass Steuern zu zahlen wären. Hier könnte es also sinnvoll sein, schon frühzeitig etwas zu verschenken. ARD-Ratgeber RECHT vom 02.02.2013 Seite 4 SÜDWESTRUNDFUNK FERNSEHEN Postfach 5520 76037 Karlsruhe Das Schenken birgt aber auch Gefahren in sich: Frank Bräutigam „Die Eltern, die sagen: Wir schenken das Haus gern schon zu Lebzeiten, aber wir möchten solange wir leben definitiv auch drin wohnen bleiben, können die das rechtlich absichern?“ Gerd-Jürgen Richter, Notar „Das kann man rechtlich absichern. Es gibt Möglichkeiten die Schenkung mit Sicherheiten für den Schenker zu versehen. Insbesondere bei Immobilien kann man natürlich die Nutzung des Schenkers absichern.“ Wer eine Immobilie verschenken will, muss einen Notar aufsuchen, der das so genannte Schenkungsversprechen beurkundet. Bei einem zu verschenkenden Vermögen von 400.000 Euro kostet das beispielsweise etwa 1.300 €. Dazu kommt die Grundbuchgebühr. Der Notar berät ausführlich, ob die Schenkung im Einzelfall auch sinnvoll ist. Familie W. hat momentan nicht so viel Vermögen, dass sie mit einer Schenkung an ihre Kinder Steuern sparen würden. Wenn Frau W. jedoch irgendwann ihr Elternhaus erbt, müsste die Familie noch einmal nachrechnen. Frank Bräutigam „Nur bei einem relativ hohen Vermögen kann es sich allein aus steuerlichen Gründen lohnen etwas zu verschenken, anstatt es später zu vererben. Aber natürlich kann es fürs Verschenken auch andere Gründe geben, auch kleinerer Summen. Vielleicht wollen Sie ihren Kindern den Einstieg ins Berufs- oder Familienleben erleichtern. Solange sie dabei unter den Freibeträgen bleiben, ist dies steuerfrei möglich.“ Moderation: Dr. Frank Bräutigam Übrigens, das komplette Interview mit unserem Erbrechtsexperten aus dem Beitrag finden Sie auf unserer Internetseite ratgeberrecht.de. Und Infos gibt es auch in unserem Ratgeber-Buch "Richtig vererben und verschenken", erhältlich im Buchhandel oder bei den Verbraucherzentralen.