brennpunkt 3-2016

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brennpunkt 3-2016
brennpunkt
3/2016 5,00 Euro
32. Jahrgang
Magazin für Fotografie
Juli bis September 2016
Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene
Portfolio Thomas Nitz
FÜR ORIGINALE
„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen
Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal
zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere
mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen
oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke
mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de
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brennpunkt 3/2016
P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .
Impressum:
brennpunkt
Magazin für Fotografie
Erscheint vierteljährlich,
erhältlich in Fotogalerien,
Geschäften, Buchhandlungen
und über Abonnement.
Jahresabo 20,00 Euro
Einzelpreis 5,00 Euro
Konten:
Postbank Berlin
Konto-Nr. 375 106 104
BLZ 100 100 10
Redaktionsschluss:
jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat
Herausgeber:
edition buehrer
c/o Dietmar Bührer, DGPh
Odenwaldstraße 26
12161 Berlin-Friedenau
Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27
e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de
Internet: www.edition-dibue.de
Copyright bei Edition
Druck:
schöne drucksachen
Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin
Redaktion:
Dietmar Bührer V.i.S.d.P.
Michael Gebur
Klaus Rabien
Manfred Kriegelstein
Udo Rzadkowski
Hinweis:
Für unverlangt eingesandte
Manuskripte und Fotografien
wird keine Haftung übernommen.
Regina Relang, Jaques Griffe, 1953,
© Münchner Stadtmuseum,
Sammlung Fotografie Archiv Relang
Galerien
 Josephine Ernst, Else Vinæs, Erik Jørgensen »Berlin« ...............................................
 Susanne Schleyer, Michael J. Stephan »POOR WHITES« ....................................
 NatureCultures ..................................................................................................
 Anja Schäfer, Elisabeth Putz »Millionaires of time...« ..........................................
 Gesche Würfel »Oppressive Architecture« .........................................................
 Pavel Sticha »Made by Natur« .............................................................................
 Alice Springs, Helmut Newton, Mart Engelen .....................................................
 Thomas Bak, Das Photographische Capriccio .....................................................
 Monika Schulz-Fieguth »LUMEN ET UMBRA« ...................................................
 Helsingforser Platz für Kunst 2016 ......................................................................
 Danila Tkachenko »Restricted Areas« ................................................................
 Christoph Kohlmann »Weltreise« .......................................................................
 Tilman Brembs »Zeitmaschine I Analog Rave« ....................................................
 Isa Marcelli »Le laboratoire des rêves« ................................................................
 Luzia Simons »Schnittmengen« ..........................................................................
 FRAMMENTI 20X25, Toni Meneguzzo ..............................................................
 WINFRIED MUTHESIUS, NOLI ME TANGERE - New Photographs.......................
 Kai Wiedenhöfer »WARonWALL« .......................................................................
 Brigitte Tast »Tage wie die endlos schwarze See...« .................................................
 Cofrades – Zeitgenössische Maya, Gesellschaften in Guatemala .........................
 The (Im)Personal Landscape ..............................................................................
 Thomas Struht »Nature & Politics« .....................................................................
 Berenice Abbott »Fotografien« ............................................................................
 Allure (frz. Stil, Eleganz), Fotografien aus der Collection Susanne von Meiss .......
 »Querdurch« – von der Romantik bis zur Realität................................................
 INSIDE/OUT BERLIN .........................................................................................
 Frank-Rüdiger Berger ..........................................................................................
 Rina Castelnuovo »Bereaved – Hinterblieben« ....................................................
 Israel-Palestine Presence of the Void ...................................................................
 Sony World Photography Awards 2016 ...............................................................
 Rainer König »Berlinische Fragmente« .................................................................
 Bernd Heyden »Berlin Prenzlauer Berg«..............................................................
 MACHT / POWER – MAUER / WALL ..................................................................
 The Best of Czech Press Photo 1995-2015...........................................................
 Jan Šibík »Der Teufel in uns«...............................................................................
 AKTGALERIE – Verschiedene Autoren ................................................................
 Elena Ternovaja – Die Verstrickung der Zeit ........................................................
 Enrico Pietracci »Fließende Körper« ....................................................................
 Marga van den Meydenberg »POP UP PHOTOSTUDIO III« ..............................
 Silvia Sinha »Abstraktion des Raumes« ...............................................................
 Oliver S. Scholten »about photography (and me)« ..............................................
 Das Camera Obscura Prinzip ..............................................................................
 Welcome to the World of Anderson & Low .......................................................
 GESELLSCHAFT – ACH WAS – LEUTE ................................................................
 »UrbanISTanbul« – Der Blick auf die Stadt ..........................................................
 Jewgeni Roppel »MAGNIT« ................................................................................
 Christoph Boecken »Auf Augenhöhe« .................................................................
 Loredana Nemes »Nadelstreifen« .......................................................................
 20 Jahre argus fotokunst – Highlights aus 20 Jahren .............................................
Berliner Galerien ...............................................................................................................
Galeriebesprechungen
 Europa stößt an seine Grenzen (Klaus Rabien) ...................................................
Ausstellungen
 Regina Relang »Inszenierte Eleganz« ...................................................................
 Johanna Henning »EVOKING SPIRITS« ....................................................................
 Manfred Paul »Werkzyklen« ......................................................................................
 Fotosommer in Görlitz .................................................................................................
Portfolio
 Atelierbesuch bei Thomas Nitz ..........................................................................
Fotoszene
 Pepper´s Photo Chat – Christian Reister interviewt Pepper...................................
 Vernissagen »Rückblicke« ...................................................................................
 Notizen aus Warschau (Pepper) .................................................................................
 Kunst und Konzept – Darmstädter Tage der Fotografie (Manfred Kriegelstein) .....
Buchbesprechungen
 Leidenschaft Aktfotografie – Der Rote Faden – Faszination Fotografie .................
Vorschau 4-2016 ...............................................................................................................
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Galerien
Josephine Ernst
Else Vinæs
Erik Jørgensen
»BERLINEXPERIMENTE«
Berlin bleibt doch Berlin - oder?
© Josephine Ernst
© Else Vinæs
»BERLIN-EXPERIMENTE« ist die persönliche fotografische Interpretation einer
Stadt und ihrer Plätze durch die dänischen Fotografen Josephine Ernst, Else
Vinæs und Erik Jørgensen.
Durch ihre experimentellen Ausdrucksformen nehmen die Fotokünstler den
Besucher mit auf einen Rundgang durch
Berlin, in welchem sie Fiktion und Wirklichkeit in einer neuen Ganzheit verschmelzen lassen.
Die ausgewählten Ansichten spiegeln
scheinbar das uns bekannte Berlin wider.
Diese Orte sind zwar noch erkennbar,
aber durch künstlerische Bearbeitung in
eine neue Realität versetzt - eine Realität, die so nicht existiert.
© Erik Jørgensen
Die drei dänischen Künstler arbeiten alle mit der Fotografie als künstlerischem Ausdrucksmittel. Die Bilder
werden gemischt und bearbeitet in
einer Interpretation, in welcher Phantasie und Wirklichkeit zusammenfließen und etwas Neues und Unerwartetes entsteht!
In ihren Werken werden die fotografischen Grenzen aufgehoben und neue
Stimmungen erzeugt.
© Erik Jørgensen
12. Juli bis 22. Juli 2016
© Josephine Ernst
DENCKER und SCHNEIDER
Art Gallery
Kalckreuthstrasse 14
10777 Berlin-Schöneberg
Vernissage
15. Juli 2016, 17 Uhr bis 20 Uhr
Di – Sa
13 – 18 Uhr
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Galerien
Susanne Schleyer
Michael J. Stephan
»POOR WHITES /
ARME BLANKES«
Fotografie/ Sound
Installation
Der Sprechsaal ist hocherfreut, sich bis
zum 15. Juli 2016 einer Komplexität zu
stellen, die wirklich arm und unsexy ist.
Freiwillig/ unfreiwillig ausgeschlossen
und extrem degeneriert. So läßt sich das
Problem der »Armen Weißen« in Südafrika ungenau aber prägnant zusammenfassen.
David G., 76 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
Monique B., 42 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
Ausführlicher und genauer hieße es:
Schon 1920 gab es ein weißes Armutsproblem, doch das blieb marginal, denn
allein durch den unverhohlenen Rassismus waren Weiße auf Kosten der
schwarzen Mehrheit der Bevölkerung
bevorzugt. Rassismus war die Grundsäule der Apartheidspolitik bis 1994,
was auch dafür sorgte, dass ungebildete
oder verarmte Weiße zwar durch Hilfe
des Staates überleben konnten, sich
aber kaum weiterentwickelten. Sie blieben dauerhaft auf Armut gestellte Menschen, die aus dem gesellschaftlichen
Blickfeld geraten und mit dem Stigma
der Überflüssigkeit behaftet sind.
Die demokratische Umwandlung Südafrikas traf diese Bevölkerungsschicht
bis ins Mark. Heute geht man davon
aus, dass ca. eine Million Weiße, etwa
20% der weißen Bevölkerung Südafrikas, sich nicht selbst ernähren können. Ivan K., 30 Jahre alt
Hendrik H., 36 Jahre alt
Gründe dafür gibt es viele, doch wird © S. Schleyer / M.J. Stephan
© S.Schleyer / M.J. Stephan
diese Entwicklung kaum beachtet, da
das meiste Kapital noch immer in den zumeist außerhalb der Städte, verste- ein Fotostudio improvisiert. Sie baten die
Händen der weißen Minderheit liegt cken sich in Hinterhöfen von Farmen Mitwirkenden vor eine »White Wall«.
und auch die schwarze Mehrheit in oder in Elendsquartieren irgendwo in Einige erschienen in der Kleidung, die
überwiegender Zahl mit katastrophaler der Natur. In den Camps sind Trinkwas- sie nur sonntags zum Kirchgang tragen
Armut kämpfen muss.
ser und Strom selten.
- es gab keinerlei Vorgaben, wie sich die
Porträtierten darstellen sollten.
»Arme Weiße«, »White Trash« oder Susanne Schleyer und Michael J. Ste- In Bild und Ton werden 30 Bewohner
»Arme Blankes« werden die Verlierer phan haben mehrere Wochen diese ver- aus den Squatter-Camps »Eagles Nest«
der Gesellschaft genannt. Sie leben lorenen Orte besucht und dort jeweils und »Maranata«, der Stadt Springs und
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Galerien
Netta R., 19 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J.Stephan
Neville Henry F., 60 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
Susana Elisabeth K., 68 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
Die glücklicheren Weissen, denen der
Umbruch der Gesellschaft nur zu noch
mehr Reichtum verhalf, kommen indes
nicht zu Wort. Doch es geht natürlich
auch um sie, die einen Teil ihrer oder
jeder anderen Klasse billigend scheitern
lassen, die dabei zusehen und selbst
das für gottgewollt verkaufen. Dieser
Fakt macht die »Poor Whites« zu einer
Beschreibung der Entsolidarisierung,
die vielleicht auch uns in der »Alten
Welt« treffen könnte.
Die Ausstellung entstand mit
Unterstützung der Sylt Foundation in
Johannesburg.
Dennis D., 77 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
Paul S., 51 Jahre alt
© S. Schleyer / M.J. Stephan
dem »Care Center Manger« portrai- schnell Gott oder »die Schwarzen« für
tiert. Die hörbaren Biografien sind in ihre Misere schuldig sprechen. Sie leben
Blöcke gefasst und im Stil einer anti- isoliert in ihren Siedlungen in panischer
ken Tragödie arrangiert, weil die »Poor Angst vor den Schwarzen. Trennung und
Whites« genau dies zu ihrem Mantra Intoleranz bleiben die Parameter ihres
machen - das unverschuldete Schei- sozialen Umfelds.
tern. Leicht ist erkennbar, dass die Verlierer des neuen Südafrikas noch immer
vom alten System geprägt sind und sehr
bis 15. Juli 2016
Sprechsaal
Marienstraße 26
10117 Berlin-Mitte
Mi – Sa
14 – 22 Uhr
www.sprechsaal.de
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Galerien
»NatureCultures«
Mit Arbeiten von
Brandon Ballengée,
Katya Gardea
Brownes und Pinar
Yoldas
Kuratiert von Regine Rapp &
Christian de Lutz
Die Ausstellung »NatureCultures« untersucht die verflochtene Struktur menschlicher und nichtmenschlicher Akteure
im 21. Jahrhundert. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf den gleichnamigen Begriff der amerikanischen Wissenschaftlerin Donna Haraway, die
für eine Überwindung der unproduktiven Dichotomie von Kultur und Natur
appelliert. Die Auswirkungen menschlicher Technologie dringen in alle Bereiche der Umwelt ein und verändern das
Gleichgewicht und damit auch den
Aufbau dessen, was wir einmal »Natur«
nannten. Angesichts der großen ökologischen Katastrophen überrascht wiederum die Widerstandsfähigkeit unzähliger Lebensformen auf unserem Planeten. Das Ausstellungsprojekt stellt drei
Künstler vor, die den Bereich zwischen
Naturwissenschaft und künstlerischer
Forschung sowie die Schnittstellen von
Kultur und Natur erkunden.
Als Künstler und Biologe beschäftigt
sich Brandon Ballengée gleichermaßen
mit den Bereichen Natur, Naturwissenschaft und Ökologie. Seine professionelle Auseinandersetzung mit dem Niedergang und gradueller Auslöschung
vieler Amphibien verbindet Feldforschung, Bürgerwissen und die Fähigkeit,
wissenschaftliche Methoden mit ästhetischer Produktion zu verbinden. Für
die Untersuchung von Fröschen, Salamandern und seit kurzem auch großen
Wassertieren verwendet er den historischen chemischen Prozess »Säubern &
Färben«, bei dem Knochen und Knorpel in leuchtenden Farben und Muskeln transparent erscheinen. Dies nutzt
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Pinar Yoldas, Regnum alba, 2014
Druck auf Hadernpapier 85 x 115 cm,
© Pinar Yoldas, (O.i.F.)
Brandon Ballengée, Ghosts of the Gulf:
Pompano, 2014, Giclée-Druck auf
handgeschöpftem japanischen Reispapier
45,7 x 61cm, © Brandon Ballengée / Courtesy
Ronald Feldman Fine Arts, New York, NY,
(O.i.F.)
er auf künstlerischer Ebene, um großformatige Portraits deformierter Tiere zu
schaffen und in wissenschaftlicher Hinsicht, um die Ursachen der Deformati- plinär arbeitende Künstlerin und Wisonen zu verstehen. Seine jüngste For- senschaftlerin ist spezialisiert in Kunst,
schung über die weiteren Auswirkun- Architektur, Interface-Design, Inforgen der Ölpest von 2010 auf die Bio- matik und Neurowissenschaften. Ihre
diversität des Golfs von Mexiko hat künstlerischen Arbeiten übersetzen
ebenfalls zu einer Reihe neuer künstle- Yoldas’ Forschungsprozess über biologirischer Arbeiten geführt – so zum Bei- sche Systeme und ökologische Katastrospiel die Serie Ghosts of the Gulf – was phen. Sie begreift unsere Gegenwart als
eine bemerkenswerte Verbindung von ein posthumanes Ökosystem und entwinaturwissenschaftlicher Forschung und ckelt dafür in ihrer künstlerischen Praxis
künstlerischer Praxis darstellt.
spekulative Organismen. Ihrer aktuellen
Arbeit Regnum Alba liegt ein interessanLokale, ortsspezifische Themen aus tes Thema zugrunde: die Vorliebe vieler
Zentralamerika, insbesondere Mexiko, Laborforscher für künstlich gezüchtete
stellen die Grundlage für Katya Gardea Albino-Organismen. Diese Form »kultiBrownes hochästhetische Arbeiten vierter« Organismen – zugunsten einer
in Fotografie und Video dar. Um die symbolischen Form der Reinheit – deckt
bekannte Dichotomie Natur und Kultur eine pervers anmutende ideologische
zu überwinden, konzentriert sie sich auf Seite der naturwissenschaftlichen Forpräkoloniale (agri)kulturelle Praktiken, schung auf. Bei ihren Recherchen zur
welche Haraways Begriff »Naturecul- technologisierten Natur bewegt sie sich
tures« in weite Vergangenheit rücken nicht selten im Bereich des spekulativen
lässt. Angesichts der gegenwärtigen Designs, so zum Beispiel bei ihrer Serie
ökologischen Krise wiederum emp- der Designer Babies. Diese beschreibt
fiehlt Gardea Brownes Arbeit, aktuelle die Künstlerin als einen »schnellen Blick
Probleme durch die Wertschätzung in die Zukunft des Transhumanismus«.
und Wiederbelebung alter mesoameri- Regine Rapp & Christian de Lutz
kanischer agrikultureller Technologien
zu lösen. Ihre Werkserie Xochimilco Eröffnung:
in Fotografien und Videoarbeiten zeigt Freitag, 1. Juli 2016, 19 Uhr
nicht nur eine interessante Form künstlerischer Forschung über jene Wasserstraßen der mexikanischen Hauptstadt 2. Juli bis 4. September 2016
auf. Die gleichnamigen Arbeiten vermitteln auch jenen unverkennbaren kine- Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststraße 75
matografischen Blick der Künstlerin.
10117 Berlin-Mitte
11 – 18 Uhr
In ihrer künstlerischen Praxis erkundet Di – So
Do
11 – 21 Uhr
Pinar Yoldas die Verbindung zwischen
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de
Technologie und Natur. Die interdiszi-
Galerien
Millionaires of time...
Eine audiovisuelle
Ausstellung
Fotografien
Anja Schäfer
/ Audioporträts
Elisabeth Putz
In dem audiovisuellen Ausstellungsprojekt Millionaires of time… zeichnen die
Fotografin Anja Schäfer und die Hörfunkautorin Elisabeth Putz jenseits gängiger Fremdzuschreibungen ein vieldimensionales Bild der Roma, die nahe
der ostslowakischen Stadt Košice in šaca
bzw. Luník IX leben. Letzteres gilt als
eines der größten Ghettos von Roma in
Europa.
Mirka, Košice-Luník IX, Slowakei, 2015
Robert, Košice-Šaca Slowakei, 2016
© Anja Schäfer, (O.i.F.)
© Anja Schäfer, (O.i.F.)
tet sie als freie Fotografin und hat zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland
realisiert. Ein DAAD Stipendium führte
sie 2008/09 zu einem FotoprojektaufDie atmosphärischen fotografischen enthalt nach St. Petersburg/Russland.
und auditiven Portraits zeigen die Men- 2013 kam sie durch eine Künstlerresischen in ihrer Individualität. Sie lassen denz des Goethe-Instituts nach Košice/
einen Mikrokosmos lebendig werden, Slowakei. Seither begleitet die Künstder auf übergeordnete gesellschaftspo- lerin die Situation der Roma in Košice
litische Strukturen verweist.
mit ihrer Kamera. Anja Schäfer lebt in Košice-Luník IX, Slowakei, 2015
© Anja Schäfer, (O.i.F.)
Berlin.
In der Ausstellungsinstallation aus Fotografien und mobilen Hörstationen ent- Elisabeth Putz (*1982), arbeitet als freie
steht ein Raum, in dem das Publikum Autorin, Regisseurin und Journalistin
hörend, sehend und assoziierend ent- für zahlreiche Radiosender (Deutschdecken kann.
landradio, NDR, SRF, Radio Österreich
1 u.a.). Ihre Hörspiele und Features
Rund 250.000 Roma leben in der Slo- wurden mehrfach ausgezeichnet (darwakei. »Wir können kommen, wann unter: Hörspielpreis der Kritik, Hörspiel
immer wir wollen«, sagt František, denn des Jahres, Hörspiele des Monats etc.).
er sei »ein Millionär der Zeit«. Man hört Elisabeth Putz lebt in Österreich.
Rišo, Košice-Šaca ,Slowakei, 2015
oft, Roma seien aus der Zeit gefallen, sie
©
Anja Schäfer, (O.i.F.)
wüssten nicht was Zeit bedeute oder
aber sie hätten alle Zeit der Welt. Und Eine Ausstellung des Fachbereichs Kunst,
František, einer der porträtierten Perso- Kultur und Museen Tempelhof-Schönenen, weiß von diesem Klischeebild und berg, gefördert durch den Ausstellungs- bis 31. Juli 2016
spielt damit. Wer sind »DIE ROMA«? fonds Kommunale Galerien. Das Projekt
Ein Volk? Eine Nation ohne Land – aber wurde unterstützt vom Goethe-Institut HAUS AM KLEISTPARK
mit Flagge und Hymne? Die Ausstellung Bratislava, dem österreichischen Kultur- Projektraum
ist der Versuch, hinter eine Mauer aus forum Bratislava, dem Deutschlandra- Grunewaldstraße 6/7
Klischees zu blicken, an der lange und dio Kultur in Koproduktion mit dem RBB 10823 Berlin-Schöneberg
von vielen Seiten gearbeitet wurde.
und dem ORF.
Di – So 11 – 18 Uhr
Die Fotografin Anja Schäfer (*1983) stuwww.hausamkleistpark.de
dierte Fotografie und Medien in Bielewww.anjaschaefer.com
feld. Seit ihrem Studienabschluss arbeibrennpunkt 3/2016
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Galerien
Gesche Würfel
»Oppressive
Architecture«
Die deutsch-amerikanische Künstlerin
Gesche Würfel dokumentiert mit ihrem
Projekt »Oppressive Architecture«,
welche Formen der Architektur das NSRegime für sein sich stetig erweiterndes
Terrorsystem nutzte. Die von ihr fotografierten Bauten machen deutlich, auf
welch unmenschliche Weise die Menschen in den Konzentrations-, Arbeitsund Todeslagern leben und arbeiten
mussten.
Zu sehen sind unter anderem Fotos der
ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen, Ravensbrück, Dachau und
Auschwitz sowie Aufnahmen des ehemaligen KZ Flossenbürg und des dazugehörigen Steinbruchs, in dem Häftlinge
unter menschenunwürdigen Bedingungen Granitsteine für NS-Großbauprojekte wie das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und die in Berlin von Albert
Speer geplante »Reichshauptstadt Germania« produzieren mussten.
© Gesche Würfel, Barackenruinen, Gedenkstätte and Museum Auschwitz-Birkenau, (O.i.F.)
© Gesche Würfel, Waschbecken,
Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, (O.i.F.)
© Gesche Würfel, Seziertisch, Gedenkstätte
und Museum Sachsenhausen, (O.i.F.)
© Gesche Würfel, Ehemaliges Hausgefängnis der Gestapo-Zentrale, Topographie des Terrors, (O.i.F.)
Die Fotos stellen dar, wie die architektonischen Überreste noch heute die Landschaft, ihre Bewohner_innen und unseren Umgang mit der Geschichte beeinflussen. Der Beitrag des Projekts besteht
in der Dokumentation einer Vielzahl
physischer Strukturen der Unterdrückung. Es erkennt auch den historischen
Wert der fotografierten Bauten an und
stellt die Frage, inwieweit Architektur
genutzt werden kann, um an die Vergangenheit eines Landes zu erinnern und
sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Die Fotografien werden an einem passenden historischen Ort ausgestellt,
dem Schwerbelastungskörper in BerlinSchöneberg, einem baulichen Überrest
der »Germania«-Planungen von Albert
Speer. Dieser wurde 1941 errichtet,
vermutlich unter Einsatz von französischen Zwangsarbeitern. Mit Hilfe des
über 12.000 Tonnen schweren Betonzylinders sollte die Belastbarkeit des
Bodens für den von Speer geplanten Tri10
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Veranstalter:
Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg
Abteilung Bildung, Kultur und Sport
Museen Tempelhof-Schöneberg
bis 30. Oktober 2016
Informationsort
Schwerbelastungskörper
General-Pape-Straße, Ecke Loewenhardtdamm
12101 Berlin-Schöneberg
© Gesche Würfel, Schwerbelastungskörper,
Berlin-Schöneberg, 2016, (O.i.F.)
Di, Mi
14 – 18 Uhr
Do
10 – 18 Uhr
So
10 – 18 Uhr
Eintritt frei
umphbogen ermittelt werden. Die Fotos
werden im und unter dem Schwerbelaswww.schwerbelastungskoerper.de
tungskörper zu sehen sein.
www.geschewuerfel.com
Galerien
Pavel Sticha
»Made by Natur«
Der Westen und Südwesten der Vereinigen Staaten von Amerika sind bekannt
für die vielen glücklosen Goldsucher
während der Jahre des Goldrausches.
Doch Pavel Sticha und sein Sohn Philip
zogen nicht nach Westen, um Gold
oder Edelsteine zu suchen, sondern
um reich an fotografischen Schätzen
nach Hause zurückzukehren. Sie befuhren endlose Highways, holprige Sandpisten und so manches ausgetrocknete
Flussbett, liefen kilometerweit durch
heiße Wüsten, kletterten auf Bergplateaus, zwängten sich durch Felsspalten.
Mehr als 40.000 km haben sie zurück-
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
gelegt, um die Wüstenlandschaften von
Arizona, Colorado, Kalifornien, Nevada,
New Mexico und Utah nach fotografischen Kostbarkeiten zu durchsuchen.
Und sie sind fündig geworden! Ein Meer
von Farben hat sich ihnen aufgetan –
von Weiß über Ocker bis hin zu Orange
und Rot. Doch nicht nur das Farbspiel
der bizarren Wüstenlandschaften faszinierte sie, sondern auch die Formenvielfalt der Landschaft und Steine. Das
ein oder andere Mal hatten der Fotograf
und sein Assistent den Eindruck, Amerika neu entdeckt zu haben. Ob in den
Steinwüsten Arizonas oder in den entlegenen Indianerreservaten Utahs, ob in
der einsamen Wildnis Nevadas oder in
den weißen Wanderdünen New Mexicos – überall entdeckten sie märchenhafte Welten aus Sand und Stein.
Katrin Starke
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
bis 23. August 2016
Auto&Art | Form Consulting
Nachtalbenweg 61
13088 Berlin-Pankow
Mo – Fr 10 – 18 Uhr
Sa
10 – 14 Uhr
www.autoundart.de
www.pavelsticha.com
© Pavel Sticha, (Original in Farbe)
Telefon 030 863 182 01
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Galerien
Alice Springs
»The MEP Show«
Helmut Newton
»Yellow Press«
Mart Engelen
»Portraits«
Am 1. Juni 2016 eröffnete die Sommerausstellung der Berliner Helmut
Newton Stiftung. Unter dem Titel
»Alice Springs: The MEP Show / Helmut
Newton: Yellow Press, / Mart Engelen:
Portraits« vereint sie nicht nur drei Bildautoren, sondern auch drei unterschiedliche fotografische Ansätze.
Alice Springs, Melrose Avenue, Los Angeles,
1984 © Alice Springs, (O.i.F.)
Seit 1970 arbeitete June Newton, Witwe
des legendären Mode- und Aktfotografen, unter dem Pseudonym Alice Springs
selbst als Fotografin. Mehrfach haben
sie und Helmut Newton zusammen ausgestellt, insbesondere das gemeinsame
Projekt »Us and Them«. 2010 wurde die
erste Alice Springs-Retrospektive in der
Helmut Newton Stiftung realisiert; nun
wird die 2015 vom Pariser Maison Européenne de la Photographie (MEP) organisierte zweite Retrospektive ebenfalls
in Berlin gezeigt und von einer Publikation im Taschen-Verlag begleitet. In den
zahlreichen Porträts ihrer Fotografenkollegen – darunter Richard Avedon, Brassaï, Ralph Gibson und natürlich Helmut
Newton – sowie anderer Prominenter
wie Nicole Kidman, Audrey Hepburn,
Christopher Lambert oder Claude Chabrol gelingt es Alice Springs nicht nur, das
Aussehen der Dargestellten einzufangen, Alice Springs, Malibu, 1983, © Alice Springs
sondern auch deren Aura. Der wortlose
Dialog, der zu den außergewöhnlichen aufmerksam dokumentierte. Diese anarPorträts führt, scheint auf einer Art See- chische Jugendkultur, gekennzeichnet
lenverwandtschaft zu fußen.
durch teilweise radikale Frisuren und
schrille Piercings, verweigerte sich der
Die intensiven Bildnisse in Schwarz- Idee einer kapitalistischen Gesellschaft.
Weiß und Farbe werden durch eine Nur einige Jahre später verebbte die
umfangreiche Bildserie von Straßen- musikalisch und modisch fundierte Profotografien ergänzt, die in der Melrose testbewegung in Kalifornien wieder; was
Avenue in Los Angeles entstanden, wo von ihr blieb, ist die ausgestellte künstAlice Springs in den 1980er-Jahren die lerische Bestandsaufnahme, bei der die
kalifornische Punk- und HipHop-Szene Punks posierten und die Fotografin ins12
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Alice Springs, Helmut Newton with Lisa Lyon,
Venice, California, 1981 © Alice Springs
Mart Engelen, Pete Doherty, Montreux, 2008
© Mart Engelen
zenierte. Stets sind es Menschenbilder
voller Empathie, die spürbare Mischung
aus Einfühlung und Neugierde macht
das Werk von Alice Springs bis heute
so interessant.
Helmut Newton arbeitete nicht nur
im Auftrag von Modezeitschriften oder
Modedesignern. Er interessierte sich
auch für Abseitiges, für Paparazzi-Bilder,
Galerien
Alice Springs, Helmut Newton with models,
Monte Carlo, 1997 © Alice Springs, (O.i.F.)
Helmut Newton, The Woman on Level 4,
Monte Carlo, 2000 © Helmut Newton Estate
für Polizei-Fotografie oder Kriminalgeschichten, kurzum: für die Yellow Press,
der Mischung aus Sensationspresse und
den Artikeln aus der Rubrik »Vermischtes« der Tageszeitungen. Die gleichnamige Ausstellung »Yellow Press«, die
noch vom Fotografen persönlich zusammengestellt und erstmals 2002 in seiner
damaligen Züricher Galerie präsentiert
wurde, ist eine ungewöhnliche Melange
aus unterschiedlichen Werkgruppen,
entstanden zwischen 1973 und 2002.
Darunter finden sich mehrere Bildserien, die zuvor nicht in den Büchern
von Newton veröffentlicht wurden,
etwa eine Reihe, die er »Self-Appropriation« nannte, eine Aktserie zum Thema
»Lolita« für den »Playboy« oder eine
Reportage im Auftrag von »Paris Match«
über eine aufsehenerregende Gerichtsverhandlung in Monaco.
Die rätselhafte, 18-teilige S/W-Bildserie
»The Woman on Level 4« dreht sich hingegen um eine junge Frau, die Newton
in einem kleinen, fensterlosen Raum
exponiert. Mal ist sie nackt, mal mit
semi-transparentem BH und zugeklebten Augen inszeniert, mal sieht man sie
mit einer Pistole oder in dunkler Lederjacke. Zusammengenommen entspricht
die Serie einer Art Kriminalgeschichte in
Bildern ohne Anfang und Ende. Ebenfalls zu sehen sind Newtons kurzer
Werbefilm für den italienischen Reissverschlusshersteller Lanfranchi aus den
1980er-Jahren sowie die Polaroids, die
Newton von diesem auf einem Monitor laufenden Film als Form der Selbstaneignung des eigenen Werks machte.
Zusammen paraphrasieren Film und
Polaroid-Bilder eine Sadomaso-Phantasie. Viele Motive, die uns hier begegnen,
würde man nicht unbedingt mit Helmut
Newton in Verbindung bringen – umso Mart Engelen, Willem Dafoe, Amsterdam, 2012
mehr bereichern sie das Bild, das man © Mart Engelen
von Newton und seinem Werk gemeinhin hat. Da es sich um die letzte vom ellen Porträtsitzungen, der ArbeitsproFotografen selbst zusammengestellte zess verläuft meist schnell und spontan,
Bildauswahl handelt, kommt »Yellow ganz ähnlich der Arbeitsweise von Alice
Press« einer Art Vermächtnis gleich.
Springs. Und auch wenn der Bildaufbau
als traditionell oder klassisch bezeichAuch diesmal wird posthum Newtons net werden kann, sticht gelegentlich
Wunsch entsprochen und ein weiterer etwas Besonderes in Engelens visuelFotograf eingeladen, in »June’s Room« ler Personenschilderung heraus, etwas,
auszustellen: Mart Engelen aus Amster- das der geübte Rezipient erspüren, aber
dam zeigt erstmals in Berlin mehr als 20 nicht immer in Worte fassen kann.
Schwarz-Weiß-Porträts der zeitgenössi- Vielleicht ist es diese unnachahmliche
schen Kulturszene, inspiriert u. a. durch Verbindung aus Selbstbewusstsein und
den französischen Film noir, darunter Verletzlichkeit, die wir in der DarstelSchriftsteller wie Michel Houellebecq, lung erahnen.
Künstler wie Gilbert & George und
Matthias Harder
Julian Schnabel, Regisseure wie John
Waters oder Schauspieler wie Willem
Dafoe. Mit Anfang 20 kam Engelen zur Zur Ausstellung erscheint eine PublikaFotografie, zehn Jahre später begann tion im TASCHEN-Verlag: Alice Springs.
seine Karriere als freier Fotograf mit »The MEP Show«, Hardcover, 21,0 x
einer Reihe von Auftragsarbeiten für Phi- 27,5 cm, 112 Seiten, Euro 39,99; ISBN
lips und Canon sowie für Magazine wie 978-3-8365-3973-9 (Deutsch, Englisch,
»Esquire“ oder „Vanity Fair«. Seit 2009 Französisch)
veröffentlicht er das exklusive Fotomagazin #59 mit zahlreichen eigenen Bildern in jeder Ausgabe – eine interessante Verbindung zu Helmut Newton, bis 20. November 2016
der zwischen 1985 und 1995 die ebenfalls großformatige Zeitschrift »Helmut Helmut Newton Stiftung
Newton´s lllustrated« herausgab. Enge- im Museum für Fotografie
lens Aufnahmen der Schönen und Rei- Jebensstraße 2
chen entstehen mal in deren Wohnun- 10623 Berlin-Charlottenburg
gen oder Ateliers, mal auf dem Filmfestival von Venedig oder auf Vernissa- Di, Mi, Fr, Sa, So 11 – 19 Uhr
gen. Damit unterscheiden sich die Auf- Do
10 – 20 Uhr
nahmesituationen deutlich von offizi- Eintritt: 10 Euro, ermässigt: 5 Euro
brennpunkt 3/2016
13
Galerien
Thomas Bak
Das Photographische
Capriccio
Blätter aus den Jahren
1998 – 2008
Bis zum 16. September 2016 zeigt die
Galerie Hilaneh von Kories die nostalgisch anmutenden und höchst irritierenden Arbeiten des Künstlers Thomas Bak.
Seine Figuren, Objekte, Landschaften
und Räume konfrontieren den Betrachter mit manieristischen, exzentrischen
wie enigmatisch-erotischen Bildwelten.
Bak zählt mittlerweile zu den Klassikern
künstlerischer Photographie, die zum
surrealistischen Spiel zwischen Authentizität und Autonomie im Gewand historisch anmutender Daguerreotypien einlädt. Bak nennt seine Vorgehensweise
»das Wiederbeleben atavistischer und
scheinbar verlorener Bilder«. Die Resultate dieses totemisierenden Prozesses
sind melancholische, poetische Metaphern; »alchemystische« Allegorien aus
der Perspektive unserer Zeit. Baks Ikonographie ist mit Symbolen, Fetischen
und Zitaten der Kunstgeschichte, Literatur und Hermetik aufgeladen.
Mit dem Ausstellungstitel »Das Photographische Capriccio« bezieht sich der
Photograph auf die Kunstform des Capriccio, die sich vom 16. bis ins späte
18.Jahrhundert als Kampf um künstlerische Freiheit entwickelte und in der
Kunsttheorie als vielschichtiger Wegbereiter der Moderne gilt: Capriccio-Maler
und -Grafiker setzten sich über die geltenden akademischen Regeln hinweg.
Sie stellten jenseits jeder Wirklichkeitsnähe die Ausgeburten ihrer abgründigen Träume und Phantasien dar und
verwendeten dafür unterschiedlichste
Bildgegenstände. Viele Künstler nutzten diesen postulierten künstlerischen
Freiraum auch für gesellschaftskritische und politische Aussagen. So heißt
zum Beispiel eine von Baks Bildserien
14
brennpunkt 3/2016
© Thomas Bak, TST00 41
»Arche=Nada«: ein bizarrer Gegenent- Baks Arbeiten für den ehemaligen Bauwurf zu der tröstlichen Vorstellung der haus-Sänger Peter Murphy sowie Dalis
Arche Noah.
Car etablierten ihn in der MusikindustDer Photograph, der auch Literat, Musi- rie weltweit. Nach längeren Aufenthalker und Zeichner ist, entwirft seine Bilder ten in Los Angeles und Paris lebt er seit
zunächst in Skizzen, die er dann für das 2015 in Spanien und Deutschland, wo
Photographieren aufwändig inszeniert. er sich gegenwärtig vermehrt seinem
Verlag, den Buchkünsten und photoThomas Bak wurde im polnischen Szc- graphischen Projekten widmet.
zecin (Stettin) geboren. Er studierte in
Bremen an der Hochschule für Künste
Design, Fotografie und Buchkunst und
machte seinen Abschluss bei Professor Fritz Haase. 2004 wurde Bak mit
den renommiertesten deutschen Nachwuchs-Preisen für Fotografie ausgezeichnet: dem BFF- und dem ReinhardWolf-Preis. Seine Bilder wurden international ausgestellt und sind in staatlichen Sammlungen vertreten.
Galerien
© Thomas Bak, TST00 12
© Thomas Bak, TST00 02
© Thomas Bak, TST00 03
9. Juli bis 16. September 2016
Galerie Hilaneh von Kories
Belziger Straße 35
10823 Berlin-Schöneberg
© Thomas Bak, A=N00 14
© Thomas Bak, A=N00 24
Di – Fr
14 – 19 Uhr
Sa
12 – 15 Uhr
und nach Vereinbarung
www.galeriehilanehvonkories.de
brennpunkt 3/2016
15
Galerien
Monika SchulzFieguth
»LUMEN ET UMBRA«
Mit der Retrospektive »LUMEN et
UMBRA« würdigt das Potsdam Museum
das umfangreiche OEuvre von Monika
Schulz-Fieguth. Auf dem bildsprachlichen Prinzip Licht und Schatten gründet jegliche Fotografie. Es sind aber auch
die menschlichen Licht- und Schatten
seiten, die Extreme und Gegensätze des
Lebens wie Freude und Trauer, Glück
und Leid, Leben und Tod, die SchulzFieguth in ihrer künstlerischen Arbeit
anregen.
Die 1949 geborene Potsdamer Fotografin absolvierte ihr Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.
Ihrem Lehrer und Mentor, dem Leipziger
Maler Arno Rink, verdankt sie die einfühlsame und durchdringende Art, mit
der sie sich ihren Themen und Modellen
widmet und die ihren Fotografien einen
besonderen, nachhallenden Klang verleihen.
Ein Schwerpunkt ihrer künstlerischen
Arbeit liegt auf der Porträtfotografie.
Sie fokussiert Momente menschlicher
Nähe und Verwundbarkeit und setzt sie
unprätentiös in Szene.
© Monika Schulz-Fieguth, »unterwegs«, 1982
Dabei begegnet sie ihren Modellen – ob
Wissenschaftlern oder Künstlerfreunden, ob Menschen mit Behinderungen © Monika Schulz-Fieguth, »Jürgen Kuczynski
oder im hohen Alter – stets respektvoll. und Hans-Jürgen Treder«, 1979
Voyeurismus ist ihr fremd; ihre Arbeiten zeugen von Vertrautheit mit den Ebenso behutsam und sinnlich dokumenAbgebildeten. Sie entfalten im Zusam- tiert sie mit ihrer Kamera das städtische
menspiel aus natürlicher Schönheit und Leben, hält architektonische Spuren und
Verletzbarkeit eine ergreifende, mitun- Überreste vergessener Zeiten und den
ter verstörende Ästhetik.
Lauf der Jahreszeiten fest. Ihre Motive
findet sie immer wieder in ihrem HeiVielfältig lotet Monika Schulz-Fieguth matort Potsdam. Sie führt Zwiesprache
auch die Möglichkeiten und Grenzen mit den kriegszerstörten und doch liebsozialen Zusammenlebens aus. Sie lich anmutenden Skulpturen des Potsdabegleitet den Alltag in einer Kommune, mer Stadtschlosses und beobachtet die
in der Menschen mit und ohne Behinde- jahreszeitlichen Stimmungen am Heilirungen zusammenlebten, erzählt behut- gen See, an dessen Ufer sie ihren Rücksam den leidvollen Prozess des Sterbens zugsort gefunden hat.
und gibt vertrauliche, atmosphärische
Einblicke in das Innenleben des Zister www.schulzfieguth.de
zienserklosters Heiligenkreuz.
www.schulz-fieguth.com
16
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© Monika Schulz-Fieguth, »Selbstporträt mit
Manfred Nitsche«, 1979
© Monika Schulz-Fieguth, »Petra«, 1987
Galerien
© Monika Schulz-Fieguth, »Vater«, 2004
© Monika Schulz-Fieguth,
»Marlene«, 2014, (O.i.F)
© Monika Schulz-Fieguth, »Franziska Knuppe«,
2014, (O.i.F)
© Monika Schulz-Fieguth, »Frater Kilian«, 2008
bis 21. August 2016
Potsdam Museum
Am Alten Markt 9
14467 Potsdam
© Monika Schulz-Fieguth, »Schmerz«, 2007
© Monika Schulz-Fieguth, »Willy Brandt und
Oskar Lafontaine«, 3. Oktober 1990
Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr
Do
10 – 19 Uhr
Sa + So
10 – 18 Uhr
Montag geschlossen
Eintritt: 5 Euro
brennpunkt 3/2016
17
Galerien
»Helsingforser Platz
für Kunst 2016«
Jugendfotografie
aus FriedrichshainKreuzberg
Die Fotogalerie Friedrichshain zeigt
zum Ende des Berliner Schuljahres
2015/2016 in einer zweiwöchigen Ausstellung die interessantesten Ergebnisse
aus verschiedenen Foto-Workshops mit
Jugendlichen. Bereits im März gab Fotografin Laure Gilquin einen LochkameraWorkshop für geflüchtete Jugendliche
aus Syrien und Afghanistan mit dem
Titel »Eine neue Sicht auf Friedrichshain«. Die Teilnehmer bauten sich
jeweils eine eigene Lochkamera, fotografierten damit rund um den Helsingforser Platz und entwickelten die Bilder
im Anschluss selbst im temporären
Labor der Fotogalerie. Die besondere
Ästhetik und Formensprache der Lochkamera ermöglicht dabei einen anderen, fast surrealen Blick auf die Umgebung der Galerie.
© C. Menne, (O.i.F.)
Ende Juni fand unter dem Label Helsingforser Platz für Kunst zum zweiten
Mal eine Aktion des Kulturring in Berlin
e.V. mit und für Jugendliche des Bezirks
statt. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt
auf Portraitfotografie und die Ergebnisse
aus diesen Workshops bilden den Kern © Michy, (O.i.F.)
© Michy, (O.i.F.)
der Ausstellung. Jugendliche zwischen
12 und 18 Jahren kamen über verschie- aktiv in die Organisation und Gestaltung
dene Schulen und Freizeiteinrichtun- der Ausstellung mit einzubinden. Ange- Vernissage:
gen des Bezirks in die Fotogalerie und fangen bei der Klärung der Bildrechte, Donnerstag, 7. Juli 2016, 18 Uhr
wählten aus den in Zweiergruppen ent- über das Einsenden der Fotos im richti- Einführung: Felix Hawran (Leiter der
standenen Portraits ihre Favoriten für die gen Format mit Bildreferenzen, die Aus- Fotogalerie)
Ausstellung aus.
wahl der Größe für den Druck, das richtige Papier und die Produktion, die AusDarüber hinaus wurden Jugendliche aus wahl der Rahmen bis hin zur Hängung
dem Bezirk eingeladen, sich mit ihren und begleitenden Texten. So lernen sie 8. Juli bis 21. Juli 2016
Fotos zu präsentieren. Sowohl Einzel- den ganzen Prozess kennen, der zwipersonen als auch Fotokurse im Rahmen schen einem guten Foto und einer pro- Fotogalerie Friedrichshain
des Kunstunterrichts reichten ihre Bei- fessionellen Ausstellung liegt.
Helsingforser Platz 1
träge ein, von denen einige die Ausstel10243 Berlin-Friedrichshain
lung vervollständigen.
Die Produktion der Ausstellung wurde
unterstützt von Louis@Nicéphore Foto- Di – Sa
14 – 18 Uhr
Teil des Konzeptes des Helsingforser pioniere in Friedrichshain und Hahne- Do
10 – 20 Uhr
Platz für Kunst ist es, die Jugendlichen mühle.
facebook/fotogaleriefriedrichshain
18
brennpunkt 3/2016
Galerien
Danila Tkachenko
»Restricted Areas«
Zum Europäischen Monat der
Photographie 2016 zeigt die Fotogalerie
Friedrichshain die dokumentarische
Serie Restricted Areas des jungen
Moskauer Fotografen Danila Tkachenko,
welche bereits mit zahlreichen Preisen
ausgezeichnet wurde.
Danila Tkachenkos Fotoprojekt Restricted Areas beschäftigt sich mit dem utopischen Streben der Menschheit nach
technologischem Fortschritt, angetrieben von einer unstillbaren Gier und
dem Wunsch auf ein besseres Leben.
Restricted Areas nimmt den Betrachter
mit auf Spurensuche nach Orten, die
für den technologischen Fortschritt in
der Sowjetunion von großer Bedeutung waren - und heute verlassen sind.
Geheime Städte, die auf keiner Karte zu
sehen sind, vergessene wissenschaftliche Triumphe, geheim gehaltene Nuklearkatastrophen, verlasse Gebäude
von fast unmenschlicher Komplexität –
eine Reise quer durch die unendlichen
Weiten der ehemaligen Sowjetunion.
Jeder Fortschritt kommt früher oder
später zum Stillstand, sei es durch Wirtschaftskrisen, Atomkrieg oder Umweltkatastrophen... was bleibt zurück?
© Danila Tkachenko, (O.i.F.)
© Danila Tkachenko, (O.i.F.)
Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien werden ergänzt durch Archivmaterial und Bücher über den technologischen Fortschritt in der Nachkriegszeit.
Informationen unter:
http://www.danilatkachenko.com/
© Danila Tkachenko, (O.i.F.)
Vernissage:
6. Oktober 2016, 19 Uhr
DJ-Set mit elektronischer Musik aus
den 70er und 80er Jahren
© Danila Tkachenko, (O.i.F.)
16. September bis 28. Oktober 2016
Fotogalerie Friedrichshain
Helsingforser Platz 1
10243 Berlin-Friedrichshain
Di – Sa
14 – 18 Uhr
Do
10 – 20 Uhr
facebook/fotogaleriefriedrichshain
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19
Galerien
Christoph Kohlmann
»Weltreise«
Die Arbeit »Weltreise« beschäftigt sich
mit der Wahrnehmung der alltäglichen
Außenwelt in einer von digitaler Kommunikation geprägten Wohlstandsgesellschaft. Leise Gesellschaftskritik und
eine große Portion Bewunderung für die
Welt gehen Hand in Hand und münden
in nüchtern beobachtete Bilder voll subtiler Besonderheiten. Eine Weltreise überwiegend in Berlin und Umgebung
fotografiert – da lässt sich eine gewisse
Ironie natürlich nicht leugnen. Doch
wirft der Titel auch ernstgemeinte philosophische Fragen auf: Wo hört der Alltag
auf, wo fängt die Reise an? Ist »hier«
nicht auch schon »die Welt«? Kann und
darf etwas nur faszinierend sein, wenn
es ungewohnt und exotisch ist?
© Christoph Kohlmann, (O.i.F.)
Auch die Motive selbst stellen Fragen,
welche jedoch grundsätzlich unbeantwortet bleiben. Es ist nicht entscheidend,
alles erklären zu können; viel wichtiger ist es, die Welt und ihre alltäglichen
Vorgänge mit der Neugier eines Kindes
zu hinterfragen, anstatt in vermeintlich »erwachsener« Art die Dinge einfach als gegeben hinzunehmen. Oder
in den Worten von Hannes Wanderer
(25books, Peperoni Books): »Kohlmann
reiht die Banalitäten und Kuriositäten
kommentarlos aneinander und in der
Summe erzählen sie doch eine ganze
Menge über die »Welt«.
Die Arbeit wurde erstmals im Oktober 2015 in der Gruppenausstellung
»OHO« (9. Jahrgang der Ostkreuzschule für Fotografie) im HO|Berlin
gezeigt und zeitgleich als Buch in einer
Auflage von 200 Exemplaren im Selbstverlag publiziert.
© Christoph Kohlmann, (O.i.F.)
18. Mai bis 12. Juli 2016
Das Buch kann über den Fotografen
bezogen werden:
www.ckohlmann.de
FENSTER61
Torstraße 61
10119 Berlin-Mitte
© Christoph Kohlmann, (O.i.F.)
20
brennpunkt 3/2016
© Christoph Kohlmann, (O.i.F.)
www.fenster61.de
Galerien
Tilman Brembs
»Zeitmaschine |
Analog Rave«
Der Fotograf und Wahlberliner Tilman
Brembs lebt seit 30 Jahren in der Hauptstadt und begleitet fotografisch fast
ebenso lang die Entwicklung Berlins.
Als »Hausfotograf« des Techno-Magazins Frontpage war Tilman Brembs
immer ganz nah dran und nicht nur ein
Chronist des frühen Technojahre, sondern vielmehr integraler Bestandteil
dieser Musikszene und Partykultur. In
seinem Archiv von ca. 20.000 analogen
Fotos, hat er die Entwicklung der frühen
Technoszene von 1991 - 1997 in einmaligen Bildern festgehalten. Seine Fotografien aus 25 Jahren Technogeschichte
zeichnen damit die Ethnographie dieser
einstigen Subkultur nach.
© Tilman Brembs, (O.i.F.)
Treibstoff dieser Zeitmaschine sind bis
dahin persönliche Erinnerungen, individuelle Erlebnisse und kollektive Erfahrungen. Die Fotografie dient als Katalysator, diesen Geschichten wieder zu
einem Bild zu verhelfen oder vergangene Bilder neu heraufzubeschwören. Meine Fotografien dokumentieren,
informieren, übermitteln Botschaften
- interpretieren muss sie jeder für sich,
denn ein Foto ist auch immer Dokumentation eines Dialogs zwischen dem
Fotograf und dem Objekt vor seinem
Objektiv.
Die Zeitmaschine stellt also eine Chronik dieser Zeit dar, präsentiert die Menschen, die diese Zeit lebendig gemacht
haben, inszeniert die Mode, das Lebensgefühl und die Künstler. Die gänzlich andere Art der Inszenierung als
im Gegenwärtigen der Sozialen Netzwerke macht es zu etwas ganz Besonderem, denn der Fokus liegt auf der Darstellung von Subkultur und Kunst ohne
den Hintergrund der dauernden Verfügund Abrufbarkeit und dem Bewusstsein
des Fotomotivs, sich am nächsten Tag
weltweit im Netz betrachten (lassen) zu
können.
© Tilman Brembs, (O.i.F.)
13. Juli bis 13. September 2016
FENSTER61
Torstraße 61
10119 Berlin-Mitte
© Tilman Brembs, (O.i.F.)
www.fenster61.de
brennpunkt 3/2016
21
Galerien
Isa Marcelli
»Le laboratoire des
rêves«
Wenn wir fortgehen – hinweg über das
Laub des Sommers und die Wiesen, die
sich getrost und stechend der Sonne hingaben – hallen in all unseren Schritten
Erinnerungen wider. Rücklings ließen
wir Bedauern und Sehnsucht zurück;
während im Gestrüpp vor uns das Kommende lauert. Und dies ist nur ein Bild
aus einem verlorenen Garten – aus
einem Gewebe, gepflanzt aus Blüten
und Sommersprossen. Die 1958 in
Algerien geborene Photographin Isa Marcelli hat noch dutzende solcher Bilder
parat. Bilder, die wie kleine Rückblenden wirken. Reminiszenzen an eine
in uns schlummernde Landschaft der
Kindheit. Da ist der leere Gartenstuhl,
der seine Geschichten nie auserzählen
durfte. Da ist die Allee, über die wir
mit schwerem Herzen ins Heute fortgingen. All diese Bilder sind gespickt
mit unzähligen Verweisen und kleinen
Rätseln. Voller Nebel und Verzitterungen. Als wären es die Elementarteilchen
unserer frühesten Träume.
Für die französische Künstlerin Isa Marcelli ist Photographie wie die Arbeit in
einem märchenhaften Laboratorium.
Aus Ethanol und Ether, Kollodiumwolle
und Bromsalzen erschafft sie Bilder, die
weit zurückreichen zu den Archetypen
des Unbewussten. »Meine Aufnahmen«,
sagt Marcelli, »sind Bild für Bild Skizzen
einer eigenen Welt. Sie sind Ausdrucksweisen jener Person, die ich hinter allen
Hüllen wirklich bin.« Seitdem sich die
heute in einem Dorf nahe Paris lebende
Isa Marcelli mit dem Medium der Photographie beschäftigt, hat sie immer wieder
mit historischen Aufnahme- und Druckverfahren experimentiert – zunächst mit
Polaroids, Holgas und selbst gebauten
Lochbildkameras, später mit Ferrotypien und Kollodiumnassplatten. Verfahren aus der Mitte des 19. Jahrhunderts
hat sie hinübergerettet in die Gegenwart der glattgerechneten Pixelwelten.
So sind unter Rückgriff auf oft unvorstellbare Belichtungszeiten, mit viel
Empathie und Freude am photochemischen Experiment in den zurückliegen22
brennpunkt 3/2016
© Isa Marcelli, Le jardin, 2016, Courtesy Johanna Breede / PHOTOKUNST
den acht Jahren Abzüge entstanden, die
reich sind an Empfindung, Zartheit und
Fragilität.
Unter dem Titel »Le laboratoire des
rêves« sind Marcellis Photographien
in der Berliner Galerie Johanna Breede
PHOTOKUNST zu sehen. Melancholisch, verspielt und oft surreal erzählen
sie von einer merkwürdigen Welt, die
bereits dicht hinter der Oberfläche der
Wirklichkeit schlummert. »Ich möchte
einen Weg finden, auf dem man die
Wirklichkeit vergessen kann. Ich liebe
es, wenn sich meine Bilder den Träumen oder den subjektiven Empfindungen öffnen.« Mal gelingt dies der Autodidaktin, indem sie auf ungewohnte Montagen zurückgreift, mal indem sie ihre
Bildausschnitte zu poetischen Arrangements verdichtet. Obwohl Marcellis Aufnahmen stets einen magisch-narrativen
Sog entwickeln, bleiben alle Geschich-
ten Andeutungen. Letztlich sind sie
so geheimnisvoll und verzaubert wie
die Gärten der tief in uns verschütteten Kindheit. Gewebe, so fein und zerbrechlich, dass sie einzig im Laboratorium unserer Träume gedeihen konnten.
(Ralf Hanselle)
Vernissage:
15. Juli 2016, 18 bis 21 Uhr
in Anwesenheit der Photographin
16. Juli bis 24. September 2016
Johanna Breede PHOTOKUNST
Fasanenstraße 69
10719 Berlin-Charlottenburg
Di – Fr
11 – 18 Uhr
Sa
11 – 16 Uhr
www.johanna-breede.com
Galerien
Luzia Simons
»Schnittmengen
Zeitgenössische
Kunst und die
Überlieferung«
Luzia Simons‘ Blumenbilder sind keine
klassischen Fotografien. Die Künstlerin komponiert ihre Bilder mit echten
Blüten, die sie direkt auf dem Scanner
anordnet. Die Stellen, an denen die
Blumen auf dem Glas aufliegen, werden
mikroskopisch genau abgebildet. Dort,
wo es einen größeren Abstand gibt,
entsteht eine abstrakte Unschärfe. Die
meist großformatigen Bilder bestechen
durch frappante räumliche Tiefe, eindringliche Plastizität und farbliche Brillanz. Im Gegensatz zur intensiven Präsenz dieser Scanogramme stehen ihre
fragilen Zeichnungen, die in ihrer unbestimmten Dynamik vom Betrachter weitergedacht werden wollen.
© Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 4 - 1/1, 2013, Scannogramm auf Büttenpapier, 47 x 83 cm
Bild-Kunst Bonn 2016, (O.i.F.)
Migration, Wandel und Adaption sind
Themen, die Luzia Simons beschäftigen.
In ihren Darstellungen dekonstruiert sie
herkömmliche Bildvorstellungen, indem
© Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 3 - 1/1
sie die Blumen aus ihrem natürlichen
2013, Scannogramm, Fine Art Print auf
Kontext isoliert und zu einem abstraktAwagami Bamboo Papier, 47 x 47 cm,
ästhetischen Motiv erhebt, das eine
VG Bild-Kunst Bonn, 2016
ganze Palette an Bedeutungen transportiert. In diesem Verzicht auf eine Verankerung in Raum und Zeit sind ihre Bilder © Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 2 - 1/1
ostasiatischer Malerei geistesverwandt. 2013, Scannogramm auf Büttenpapier, 47 x 33
Die traditionell ein eigenes Genre bil- cm, VG Bild-Kunst Bonn, 2016
dende Blumenmalerei Ostasiens zeigt
Blumen und andere Pflanzen häufig bilder bekannt geworden. Neben diesen
ihrer natürlichen Umgebung enthoben Scanogrammen entwirft sie auch raumund metaphorische Bedeutungen reprä- greifende, ortsbezogene Installationen
sentierend.
und beschäftigt sich mit Video- und Performance-Kunst. Ihre Werke wurden in bis 8. Januar 2017
Luzia Simons wurde 1953 in Quixadá, Einzel- und Gruppenausstellungen in
Brasilien, geboren und lebt in Berlin. Sie zahlreichen Museen und Galerien in Museum für asiatische Kunst
studierte bis 1981 Geschichte und von Europa, Brasilien, den USA, Kuba und Staatliche Museen in Berlin
1984 bis 1986 Bildende Kunst an der Sor- Japan gezeigt und fanden Eingang in Museum Dahlem
bonne in Paris. Nach dem Studium ver- viele private und öffentliche Sammlun- Lansstraße 8
legte sie ihren Hauptwohnsitz zunächst gen weltweit. Luzia Simons wird von 14195 Berlin-Dahlem
nach Stuttgart, später nach Berlin. Die den Galerien Fabian & Claude Walter
Künstlerin ist in den letzten Jahren vor (Zürich) und Alexander Ochs Private Di – Fr 10 – 17 Uhr
allem durch ihre großformatigen Tulpen- (Berlin) repräsentiert.
Sa + So 11 – 18 Uhr
brennpunkt 3/2016
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Galerien
FRAMMENTI 20X25 Die Polaroids von Toni
Meneguzzo
kuratiert von Harald
Theiss
Anlässlich der Fashion Week Berlin eröffnet die GALERIE 206 im Departmentstore Quartier 206 am 29. Juni 2016 mit
FRAMMENTI 20X25 erstmalig in Berlin
eine Auswahl stilprägender Modefotografien des italienischen Künstlers Toni
Meneguzzo.
Toni Meneguzzo, Vogue, Pelle, 1986,
© + courtesy Toni Meneguzzo, (O.i.F.)
Meneguzzo (*1949 in Portogruaro/
Venezien) ist ein international wir- geschieht an der Luft. Für ihn ist die
kender Fotokünstler, der seit über 30 Fotografie ein Handwerk, mit der er verJahren vor allem als Modefotograf für sucht, eine Magie zu erzeugen und sie
die Vogue, Harper‘s Bazaar, Harpers gleichzeitig festzuhalten. Es entstehen
& Queen, Arena und New York Times künstlerisch inszenierte und einmalige
tätig ist. Seine Polaroids im Großformat, Kompositionen. Seine Bilder sind nicht
welche in den Editorials der Modema- nur atmosphärisch stilvolle Modefotogazine zu sehen waren, machten ihn grafien, glanzvolles Dokument, sonschnell bekannt. Sie wurden zu Mene- dern auch zeitlose Porträts. Später entguzzos unverwechselbaren Markenzei- deckte Meneguzzo die digitale Fotograchen. Der Titel der Berliner Ausstellung fie sowie das Medium Film und widmete
»FRAMMENTI 20X25« bezieht sich sich in den letzten Jahren verstärkt der
darauf, aber auch auf das Genre, das er Architekturfotografie. Er publizierte u.a.
weitgehend mit den Polaroids geprägt in der New York Times, der AD, World of
hat. Gleichzeitig verweist der Fotograf Toni Meneguzzo, Vogue, oder Architekselber auf seine Zeit als Modefotograf; tur & Wohnen. 2010 erschien der Fotoein Fragment innerhalb seiner künstle- band Go Shala nach einer intensiven
rischen Karriere.
Beschäftigung mit dem Hinduismus und
den damit verbundenen Riten und ZereMeneguzzos erste Schau hatte er in monien, bei denen die heiligen Kühe
London bereits 1975. In dieser Zeit bemalt und geschmückt werden.
begann seine enge und langjährige
Zusammenarbeit mit der Vogue Condé Die Galerie 206 freut sich ganz besonNast Group. Darüber hinaus war er ver- ders, Toni Meneguzzo mit dieser Ausantwortlich für viele große Modekam- stellung wieder zu entdecken und in
pagnen, wie die für Jil Sander, Issey Berlin zu begrüßen.
Miyake, Gianfranco Ferré oder auch für
Guerlain, eines der ältesten Parfumhäu- Über die GALERIE 206:
ser der Welt. Es folgten unzählige inter- Die Fotokunst war von Beginn an ein
nationale Ausstellungen und Beteiligun- zentraler Bestandteil des exklusiven
gen an Foto-Biennalen, in denen seine Departmentstore Quartier 206 in der
Arbeiten zunehmend Anerkennung in Berliner Friedrichstraße, unweit der hisder zeitgenössischen Fotografie bekom- torischen Mitte mit dem Gendarmenmen. Mit der Polaroidkamera 20X25 zu markt und der weltberühmten Musearbeiten, bezeichnet Meneguzzo als umsinsel. 1997 eröffnete auf Initiative
unverfälscht und pur. Er benötige dafür der Gründerin und Kunstsammlerin
kein Fotolabor, denn die Entwicklung Anne Marie Jagdfeld die GALERIE 206
24
brennpunkt 3/2016
Toni Meneguzzo, L.A. Style, 1992,
© + courtesy Toni Meneguzzo, (O.i.F.)
mit dem bekannten New Yorker Fotografen Steven Klein ihre erste Ausstellung.
Es folgten Peter Beard mit seinen Afrika
Bildern, Leni Riefenstahls Dokumentarfotografien, Modefotografien von F.C.
Gundlach und Horst P. Horst, die heute
zusammen mit den 2007 ausgestellten
Fotos von Michel Comte zu den Klassikern des Genres gehören, sowie die
Arbeiten von Esther Haase und Ralph
Mecke. Porträts wurden u.a. von dem
Magnum Fotografen Elliot Erwitt, Diane
Arbus und Sheila Rock gezeigt und von
Denis Brihat die stillen Naturbilder. Von
der jungen Generation der Fotokünstler wurden u.a. Werke von Frauke Eigen,
Silke Lauffs und Nick Brandt, die mittlerweile zu den auf dem Kunstmarkt etablierten Fotografen gehören, gezeigt.
bis 10. September 2016
GALERIE 206 im
DEPARTMENTSTORE QUARTIER 206,
1st floor
Friedrichstraße 71
10117 Berlin-Mitte
Mo – Fr
Sa
11 – 20 Uhr
10 – 18 Uhr
www.dsq206.com
Galerien
WINFRIED
MUTHESIUS
NOLI ME TANGERE –
New Photographs
Die Galerie Springer Berlin freut sich,
Ihnen neue fotografische Arbeiten des
Künstlers Winfried Muthesius zu präsentieren. An der Schnittstelle von Malerei
und Fotografie nimmt Muthesius eine
äußerst spannende Position ein, die sich
perfekt in das Programm der Galerie einreiht und daher bereichert. Der Entwicklungsweg eines jeden einzelnen Werkes
unterliegt mehreren Arbeitsschritten.
Der Ursprung der gezeigten Arbeiten © Winfried Muthesius, Noli Me Tangere III, 124 x 164 cm
der Ausstellung sind großformatige (O.i.F.)
Malereien des Künstlers aus der Serie
»Schädelbilder«. Diese Bilder werden kann, ein Sakralbau in einen saugenan unterschiedliche, meist öffentliche den Abyss. Diese Bildwelten umfassen
Orte gebracht und von Muthesius dort unsere Zeit.«
fotografiert. Die jeweils entstandenen
Fotografien werden nun auf das Maß Diese kurze, prägnante Beschreibung
von ca. 30 x 40 cm vergrößert. Diese von Christoph Tannert, künstlerischer
Bilder werden jetzt in weiteren Schrit- Leiter des Künstlerhaus Bethanien,
ten erst übermalt, dann gescannt und umfasst das Werk von Winfried Mutheabschließend im endgültigen Format sius ausgesprochen gut.
reproduziert und verarbeitet.
»Was Muthesius ästhetisch organisiert,
ist im besten Sinne die Verschmelzung
von Gegensätzlichem: Oberflächenbewegungen im malerischen Fluss und
Bildtiefe, die durch das fotografische
Bild hergestellt wird. So beginnen Überlagerungen zu wuchern, die kein Hirn
vorab planen oder imaginieren kann.
Kleinste Teilchen kollidieren innerhalb
der Bildräume. Was damit erreicht wird,
ist atemberaubend. Und zeigt die wichtigste Identität des Künstlers - die mit
seinem Werk. Unterschiedliche Bildelemente auf mehreren Ebenen werden miteinander verwoben. Zufallsräume überlagern sich. Muthesius verbindet BildFlächen und Bild-Segmente und setzt
sie unter Spannung bis sie Bilder hervorrufen und dann Welt werden. Keine
schöne, sondern eine unberechenbare
Welt, in der sich binnen Sekunden ein
Weinberg in eine Wüste verwandeln
Über Winfried Muthesius:
1957 in Berlin geboren, lebt und arbeitet in Berlin und Drewen / Brandenburg.
Winfried Muthesius studierte von 1979
– 1984 Malerei an der HDK (der heutigen UDK) Berlin. Es folgten zahlreiche
Ausstellungen im In- und Ausland. Die
Arbeiten von Winfried Muthesius sind
in zahlreichen privaten und öffentlichen
Sammlungen vertreten, u.a. der Berlinischen Galerie, Berlin.
Ed.3, Fine art print, acrylic face mount,
© Winfried Muthesius, X-3, 180x 120 cm, Ed.3,
Fine art print, acrylic face mount, (O.i.F.)
bis 30. Juli 2016
Galerie Springer Berlin
Fasanenstraße 13
10623 Berlin-Charlottenburg
Di – Fr 12 – 18 Uhr
Sa
12 – 15 Uhr
www.galeriespringer.de
brennpunkt 3/2016
25
Galerien
Die Gesellschaft
für Humanistische
Fotografie (GfHF)
zeigt:
»WARonWALL«
Fotografien und Texte
vom Krieg in Syrien
auf der Berliner
Mauer
Eine Arbeit von Kai
Wiedenhöfer
Im Frühjahr 2016 wütete der Bürgerkrieg in Syrien seit fünf Jahren. Über
eine Million Menschen sind seither verletzt worden, rund eine Viertelmillion
sind tot.
Es sind Menschen wie Sundus Hawarna
(11), die ihre ganze Familie, ihre drei
Brüder und ihre Eltern, durch die Explosion einer Fassbombe verlor. Auch die
elfköpfige Familie ihres Onkels, der
einen Stock über ihr wohnte, kam um.
Khalid (42) wurde verletzt, als sein Heimatdorf beschossen wurde und er seine
Familie mit dem Motorrad in Sicherheit
bringen wollte. Iman (40) wurde von
der Kugel eines Scharfschützen gelähmt
und lebt nun in ständiger Angst, dass ihr
Mann sie aufgrund der Behinderung verlässt. Sie alle erzählen von dem Augenblick, der ihr Leben zerstörte.
Ein Jahr lang porträtierte der international renommierte Fotograf Kai Wiedenhöfer kriegsversehrte syrische Geflüchtete
in Jordanien und im Libanon: Männer,
Frauen und Kinder. Ganz unmittelbar
spricht aus seinen Bildern die Gewalt,
die für sie alles mit einem Mal verändert hat. Sie sitzen im Rollstuhl, tragen
Prothesen oder erlitten Verbrennungen. Ihre körperlichen Wunden kann
man sehen, die seelischen nicht. Viele
von ihnen haben Angehörige verloren:
Mutter, Vater, Geschwister, Freunde.
26
brennpunkt 3/2016
Fast alle ihr Zuhause. Trotzdem stellen
die Porträts von Kai Wiedenhöfer einen
Augenblick der Würde her. Schaut man
den Menschen in die Augen, so sieht
man Kraft und Stolz und nicht selten
ein Lächeln.
Panoramabilder der zerstörten Stadt
Kobane ergänzen die Porträts und
zeigen die ganze Wucht der Zerstörung.
Trümmer schichten sich auf Trümmer zu
endlosen Schutthaufen.
Wie eine leblose Mondlandschaft
wirken die zerbombten Behausungen,
in denen einst die Menschen lebten,
die aus ihrer Heimat fliehen mussten.
Im Zusammenspiel der Fotografien versehrter Menschen und zerstörter Häuser
lässt sich die ganze Unmenschlichkeit
moderner Kriege erahnen.
Eine beschönigende Ästhetik verbietet
sich angesichts der Grausamkeit der Realität von selbst. Kai Wiedenhöfers schonungslose Bilder sind ein leidenschaftliches Plädoyer für den Frieden. Mit ihnen
will er den Krieg in Syrien hierzulande
erfahrbarer machen und die Aufmerksamkeit auf all jene lenken, die auf der
ganzen Welt ihr Leben lang unter den
Folgen moderner Kriege leiden.
Präsentiert werden die Fotografien und
Texte – in der bundesweit größten Ausstellung im öffentlichen Raum – auf 350
laufenden Metern direkt auf der ehemaligen Berliner Mauer.
In Zusammenarbeit mit der Stiftung
STERN werden in der Ausstellung Gelder
für syrische Kriegsopfer gesammelt.
Kai Wiedenhöfer, geb. in Schwenningen am Neckar, studierte Fotografie und
Buchgestaltung an der Folkwangschule
der Universität Essen und Arabisch in
Damaskus. Im Nahen Osten liegt seit
1989 sein Arbeitsschwerpunkt. Für seine
Arbeit erhielt er zahlreiche Stipendien
und Preise, darunter die Leica Medal of
Excellence, mehrfach den World Press
Photo Award, den Eugene Smith Grant
in Humanistic Photography, den Carmignac Gestion Photojournalism Award
sowie den Deutschen Fotobuchpreis.
Im renommierten Steidl- Verlag, Göttingen, hat er insgesamt vier Bücher veröffentlicht.
»WARonWALL« wird gefördert von:
ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ), Heinrich-Böll-Stiftung, Brot für
© Kai Wiedenhöfer, aus dem Projekt
WARonWALL, (Original in Farbe)
die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, VG Bild-Kunst, Landesstelle für
Entwicklungszusammenarbeit Berlin,
Michael-Horbach-Stiftung.
Die Gesellschaft für Humanistische
Fotografie (GfHF) wurde 2006 gegründet, sie fördert engagierte Autorenfotografie, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzt.
In Ausstellungen, die sie in Kooperation
mit Museen und Kulturinstitutionen im
In- und Ausland realisiert, präsentiert sie
die Arbeiten renommierter und aufstrebender zeitgenössischer Fotografinnen
und Fotografen.
Weitere Informationen unter:
www.gfhf.eu
www.facebook.com/GFHF.eu
bis 30. September 2016
West Side Gallery – der Spree
zugewandte Seite der East Side
Gallery
Mühlenstraße | Oberbaumbrücke |
10243 Berlin-Friedrichshain
Mo – So ganztägig frei zugänglich
Galerien
Brigitte Tast
»Tage wie die endlos
schwarze See, ein
Hafen stets so schwer
zu finden«
In den letzten Jahren hat sich die Fotokünstlerin Brigitte Tast mehrmals mit
außergewöhnlichen Kinowerken auseinandergesetzt, Dabei entstanden subjektive Schwarzweiß-Serien zu dem ultimativen Fotografen-Spielfilm »BlowUp« (1966) von Michelangelo Antonioni, zu der in Marokko gedrehten Shakespeare-Verfilmung »Othello« (1953)
von Orson Welles sowie zu »Fährmann
Maria« (1936) von Frank Wysbar.
Brigitte Tast, »Tage wie die endlos schwarze See, ein Hafen stets so schwer zu finden«I, (11/2015)
Die Hauptdarstellerin in diesem HeideDrama, Sybille Schmitz, eine rätselhafte,
androgyne Schönheit in den 1930-50er
Jahren, irritiert bis heute. Auch durch
ihre tragische Lebensgeschichte.
Ungewöhnliche Filmrollen, Erfolge auf Brigitte Tast, »Tage wie die endlos schwarze See, ein Hafen stets so schwer zu finden«III, (11/2015)
der Leinwand, ruinierte Beziehungen,
Schwermütigkeit und Süchte. Ihre letz- »Ein wenig lebt sie nun weiter in einem
ten Lebensmonate nahm Rainer Werner reich illustrierten Heft, das sich ihrer
Fassbinder 1982 als Vorlage für »Die ebenso poetisch wie kenntnisreich
Sehnsucht der Veronika Voss«.
annimmt. Die Fotografin Brigitte Tast
und ihr Mann Hans-Jürgen machen seit
»Meine eigenen Empfindungen zu ihrer Jahrzehnten vom kleinen niedersächsi- Eröffnung:
melancholischen Ausstrahlung in Leben schen Ort Schellerten aus eine Publi- Freitag, 23. September 2016, 19 Uhr.
und Film habe ich im Jahr 2015 u.a. mit kationsreihe, die es immer wieder in Es spricht die Literaturwissenschaftlerin
Hilfe einer Darstellerin, der Schauspie- sich hat. ‚Kulleraugen - Visuelle Kom- Rike Felka
lerin Maria Schubert, in eine Diptychen- munikation‘ heißt sie, umfasst meist 60
Sequenz umgesetzt. Auf diese Weise ist Seiten und kombiniert journalistische
in mehreren Schritten die Assoziations- Darstellung mit fotografischen Assozikette ‚Tage wie die endlos schwarze See, ationsketten, was oft ein seltsam schöein Hafen stets so schwer zu finden‘ ent- nes Flirren ergibt, einen fast traumhafstanden, die nun zum ersten Mal als Aus- ten Zustand, wenn man sich in die Hefte
stellung zu sehen ist.« (Brigitte Tast)
vertieft. Oder gar in eine der in winzigen Auflagen entstehenden VorzugsausKonzipiert war diese in Schwarzweiß gaben, oft mit einer beiliegenden Foto- 24. September bis 22. Oktober 2016
gehaltene Serie als künstlerische grafie in Museumsqualität versehen.«
Ergänzung für die Broschüre »Dem Licht, (AM, culturmag.de, 3. Mai 2016)
galerie beate brinkmann
dem Schatten so nah« von Brigitte Tast
Fasanenstraße 69
und Hans-Jürgen Tast (Kulleraugen - Vis.
10719 Berlin-Charlottenburg
Komm. Nr. 46, ISBN 978-3-88842-0467, EUR 8,90) über die Schauspielerin
Di – Fr 12 – 18 Uhr
Sybille Schmitz.
Sa
12 – 16 Uhr
www.kulleraugen-verlag.de
www.beatebrinkmannberlin.com
brennpunkt 3/2016
27
Galerien
Cofrades
Zeitgenössische Maya
Gesellschaften in
Guatemala
Die Ausstellung bietet an der Schnittstelle von Fotografie, Anthropologie und
Kunsthandwerk einen Einblick in zeitgenössische Maya Gesellschaften in Guatemala. Ausgangspunkt bilden die Portraits von spirituellen Maya-Führern des
spanischen Fotografen Santiago Albert,
graviert und gedruckt mit der Technik
der Heliogravur. Über die Laufzeit entsteht eine wissenschaftliche wie künstlerische Darstellung der Maya Cofradías in Guatemala. Durch Gesprächsrunden, Filmprojektionen, Mini-Installationen und Workshops wird das Projekt erweitert und ein tieferer Blick in die
Kultur gewährt. Im Rahmen der Ausstellung wird ein Künstlerbuch entstehen.
Der Kontext
Cofradías sind religiöse Bruderschaften innerhalb des Maya Volks, die sich
gegen Ende des 15. Jahrhunderts als
Reaktion auf die spanische Invasion
bildeten. Der für Lateinamerika typische Synkretismus führte dazu, dass
in den Cofradías die gezwungenermaßen angenommenen katholischen Bräuche mit indigenem Glauben verschmelzen. Als Priester, Führer und Schamanen werden die cofrades, wortwörtlich
»Mitglieder der Bruderschaft«, wegen
ihres Glaubens und ihrer moralischen
Achtbarkeit gewählt. Während ihres
Mandats wachen sie in totaler Hingabe
über das kulturelle und religiöse Leben
ihrer Gemeinde, geben Rat, schlichten
und führen Festlichkeiten an.
Heliogravur und Künstlerbuch
Der spanische Fotograf Santiago Albert
(*1965) lebt seit 1996 in Guatemala.
Die cofrades haben ihm das seltene
Privileg gewährt, ihre Gesichter
und Geschichten in die Welt zu
tragen. Graviert und gedruckt mit
der seltenen Technik der Heliogravur,
werden zu Beginn der Ausstellung
28
brennpunkt 3/2016
Heliogravur: Tomás, Cofrade, Chichicastenango,
Guatemala, mit einem Foto von Santiago
Albert. Foto Katrin Hammer, 2016
Tomás, Cofrade, Chichicastenango,
Guatemala. Foto Santiago Albert, 2014
Kupfermatrize der Fotografien und
ihr Druck ausgestellt. Diese wurden
von Antonin Pons Braley (*1988) von
Tumuult und Fanny Boucher (*1976),
Élève-Maître d’Art (Meisterschülerin) im
Pariser Atelier Hélio’g angefertigt. Die
aus dem 19. Jahrhundert stammende Copper matrix, heliogravure by Antonin Pons
Heliogravur-Technik, von der UNESCO Braley & Fanny Boucher. Foto Éric Chenal,
als immaterielles Kulturerbe geschützt, 2016. (O.i.F.)
wird traditionell für die Reproduktion
von Fotografien verwendet. Ein Highlight ist der Besuch von cofrade
Künstlerbuch mit 13 heliogravierten Manuel Xiloj Tol, der im November über
Portraits ist zeitgleich zur Ausstellung sein Volk, seine Wurzeln und seinen
im Entstehungsprozess. Es wird in einer Weg sprechen wird.
Schachtel präsentiert, ausgelegt mit Das umfangreiche Programm, in KooStoffen die speziell für diesen Zweck von peration mit der Botschaft Guatemala,
den Maya aus dem Ort Chichicastenango kann online unter: www.tumuult.com
gewebt wurden. Durch die Vorstellung eingesehen werden.
des Künstlerbuchs im Oktober 2016
wird die Ausstellung in der Tumuult Tumuult
Galerie komplettiert.
Das unabhängige art&research Lab
Tumuult, gegründet 2014 von Antonin
Die Ausstellung im prozesshaften Dialog Pons Braley und Lena Gudd in Berlin,
– das Programm
arbeitet an der Schnittstelle von AnthroIm Dialog mit Santiago Albert’s pologie, Fotografie und Kunsthandwerk.
fotografischer Arbeit werden im Juni die Neben Gudds und Pons Braleys StuPortraits des deutsch-amerikanischen dien von Gegenwartsgesellschaften in
Fotografen Hans Namuth (1915-1990) nördlichen Regionen, erkundet Tumugezeigt. Seine Serie Los Todos Santeros ult mit Ausstellungen und Gesprächsist eine sensible anthropologische runden die wechselseitige Beziehung
Bestandsaufnahme der Bevölkerung von zwischen dem Menschen und seinem
Todos Santos, die er von 1947 bis 1987 Lebensraum.
aufgenommen hat. Rituelle indigene
Masken werden im Juli ausgestellt, bis 13. Dezember 2016
bevor der Dokumentarfilm Corazón
del Cielo, Corazón de la Tierra in der Tumuult Galerie
Anwesenheit der Regisseure Frauke Heinrich-Roller-Straße 8
Sandig und Eric Black im August gezeigt 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
wird. Im September findet eine Lesung
der Gedichte von dem K’iche’ Maya Di – Fr
14 – 18 Uhr
Dichter Humberto Ak’abal statt. Das und nach Absprache
Galerien
The (Im)Personal
Landscape
Morgan Ashcom, Josee Schryer,
Daniel Reuter, Susan Hayre,
Leo Goddard
Im Sommer 2016 wird der fünfte
Jahrgang das International LimitedResidency Photography MFA Programm
der Hartford Art School / University
of Hartford (USA) absolvieren. Um
diesen Meilenstein zu feiern, werden
eine Reihe von Ausstellungen
mit Abschlussarbeiten ehemaliger
Studenten an mehreren Standorten auf
der ganzen Welt stattfinden. Die erste
wird in Deutschland in der Galerie
exp12 / exposure twelve, Berlin vom
10. September bis zum 8. Oktober
2016 gezeigt werden. Die zweite
Ausstellung in São Paulo, Brasilien, ist
in Vorbereitung.
Jede Ausstellung wird sich einem
größeren Themenkreis widmen. Das
Thema in Berlin heißt: The (Im)Personal
Landscape. Landschaft und Natur
dienen seit jeher als Inspirationsquelle
und Sujets für Künstler. In der Malerei
stellten Landschaften Kulissen für große
Schlachten dar oder sie gemahnten durch
die Darstellung kleinerer Bauwerke oder
Figuren an die Erhabenheit und Macht
eines größeren Ganzen. In der Geschichte
der Fotografie wurden ähnliche Themen
erforscht und dargestellt.
© Josee Schryer, (O.i.F.)
© Morgan Ashcom, (O.i.F.)
© Daniel Reuter
© Daniel Reuter
Die Künstler, die in dieser Ausstellung
vertreten sind, betrachten Landschaften © Josee Schryer, (O.i.F.)
als Ausgangspunkt, um tief in ihre
eigenen Biographien einzutauchen, sei Da das Hartford MFA-Programm einen
es auf sehr persönliche Art und Weise starken Fokus auf das Fotobuch hat - zum
oder durch die Arbeit mit größeren Zeitpunkt der Ausstellung werden drei
gesellschaftlichen Themen. Vordergrün- der Fotografen ihre Bücher veröffentlicht
dig eine Sammlung von Landschaftsauf- haben – wird die Ausstellung durch
nahmen handelt The (Im)Personal Land- die Präsentation von Büchern ergänzt.
scape von den Auseinandersetzungen Besucher haben daher die Möglichkeit,
der Menschen mit der Welt, wie sie die Arbeit der Absolventen auch durch
durch die Augen von fünf Absolventen dieses besondere Medium zu erfahren.
gesehen werden: Morgan Ashcom
(USA), Leo Goddard (GB), Susan Hayre
(USA), Daniel Reuter (D / ISL), Josee
Schryer (CAN).
www.hartfordphotomfa.org
© Josee Schryer, (O.i.F.)
Vernissage:
10. September 2016, 19 Uhr
11. September bis 8. Oktober 2016
exp 12 / exposure twelve
Greifswalder Straße 217
10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Sa
15 – 19 Uhr
und nach Vereinbarung
www.exp12.com
brennpunkt 3/2016
29
Galerien
Thomas Struth
»Nature & Politics«
Thomas Struth ist einer der bekanntesten Fotografen der Gegenwart. Erstmals
sind seine Arbeiten im Martin-GropiusBau in Berlin zu sehen.
Gezeigt werden etwa 35 zum Teil großformatige Fotografien aus den Jahren
2007 bis 2015. Die Motive sind industrielle Produktionsanlagen, Operationssäle und Forschungslabore, aber auch
Alltagsarchitektur oder Erlebnisparks.
Struth untersucht in seinen Bildern der
letzten Jahre, wie Ehrgeiz und menschliche Vorstellungswelten zu räumlicher,
objekthafter Wirklichkeit werden.
Sachlich und nüchtern zeigen sie uns
hochkomplexe Apparaturen, Strukturen
und Konstruktionen, die unsere Gegenwart prägen, aber dem Blick der Öffentlichkeit meist unzugänglich sind.
Seestück, Donghae City 2007, Chromogenic print, 160,0 x 205,2 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.)
Basilica of the Annunciation, Nazareth, 2014
Inkjet print, 144,0 x 206,2 cm,
© Thomas Struth, (O.i.F.)
Tokamak Asdex Upgrade Interior 2, Max Planck IPP, Garching, 2009, Chromogenic print
141,6 x 176,0 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.)
bis 18. September 2016
Martin Gropius Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin-Kreuzberg
Research Vehicle, Armstrong Flight,
Research Center, Edwards 2014, Inkjet print,
142,0 x 192,9 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.)
30
brennpunkt 3/2016
Mi – Mo 10 – 19 Uhr
Di geschlossen
Galerien
Berenice Abbott
»Fotografien«
Berenice Abbott (1898 – 1991) gilt als
eine der wichtigsten Dokumentarfotografinnen Amerikas. Ihr Werkzyklus
»Changing New York« hat sie berühmt
gemacht. Er entstand zwischen 1929
und 1939. Die Bildserie dokumentiert
New York im Umbruch: hier die viktorianische Architektur und CowboySalons, dort die Moderne mit hochaufstrebenden Wolkenkratzern und erste
große Werbetafeln. Straße für Straße
hat sie fotografiert. Dabei ging sie ähnlich vor wie ihr großes Vorbild Eugène
Atget, der um die Jahrhundertwende
das alte Paris aufnahm und den sie, in
den 1920er Jahren als sie von New York
aus nach Paris emigrierte, kennen und
schätzen lernte. Sein Nachlass erwarb
sie später, um ihn zu publizieren.
Drei Jahre lang war sie Man Rays Assistentin. Auf sein Anraten, begann sie zu
fotografieren. Abseits des Dokumentarischen arbeitete sie auch als Wissenschaftsfotografien und als Portraitistin
bekannter Künstler und Schriftsteller:
Edward Hopper, James Joyce, Jean Cocteau, Sylvia Beach, Djuna Barnes ließen
sich von ihr portraitieren. Mit 82 Aufnahmen gibt der Martin-Gropius-Bau
Einblick in das Œeuvre einer großen
Künstlerin.
Berenice Abbott, Floating Oyster Houses, South Street and Pike Slip, 1931-32,
© Berenice Abbott/ Commerce Graphics, courtesy Howard Greenberg Gallery, NY.
bis 3. Oktober 2016
Berenice Abbott, James Joyce, 1928,
© Berenice Abbott/ Commerce Graphics,
courtesy Howard Greenberg Gallery, NY.
Berenice Abbott, Gunsmith and Police
Department, 6 Centre Market Place and 240
Centre Street, Manhattan, 1937,
© Berenice Abbott/ Commerce Graphics,
courtesy Howard Greenberg Gallery, NY.
Martin Gropius Bau
Niederkirchnerstraße 7
10963 Berlin-Kreuzberg
Mi – Mo 10 – 19 Uhr
Di geschlossen
brennpunkt 3/2016
31
Galerien
Allure
[frz. Stil, Eleganz]
Fotografien aus der
Collection Susanne
von Meiss
Zwischen all den schnellen Moden,
Trends und Meinungen schimmert sie
ruhig und zeitlos hervor. In kurzen
Momenten taucht sie in einer flüchtigen
Kombination aus Eleganz, Anmut und
Bewegung auf. »Allure« ist unfassbar,
unbeschreiblich und unerreichbar im
ewigen Rauschen des Zeitgeistes. Und
doch ist sie die Essenz, die tief aus dem
Innersten strahlt. Sie oszilliert zwischen
Coolness und Natürlichkeit, fasziniert
zwischen Inszenierung und Authentizität. Je mehr sie selbst jedoch zum Thema
wird und in den Fokus rückt, umso stärker verflüchtigt sie sich. Diesem Paradox
nehmen sich Fotografen immer wieder
neu an – mit dem Ziel, das ephemere
Phänomen mal spontan, mal arrangiert
visuell zu bannen.
Seit über 25 Jahren sammelt die Schweizer Journalistin, Publizistin und Unternehmerin Susanne von Meiss Fotografien mit dem speziellen Fokus auf
»Allure« und spannt einen repräsentativen Bogen über alle Genres und Stile der
Fotografiegeschichte hinweg – von den
1920er-Jahren bis zur Gegenwart. Ihre
persönliche Auswahl reicht von Diane
Arbus, Richard Avedon, Rene Burri
und Henri Cartier-Bresson über Horst P.
Horst, Irving Penn, Paolo Roversi und
August Sander bis zu zeitgenössischen
Künstlern wie Tracey Emin, Nan Goldin,
Daido Moriyama, Richard Prince und
Juergen Teller.
Die Collection Susanne von Meiss wird
bei C/O Berlin erstmals öffentlich präsentiert. Die Ausstellung umfasst ca. 250
Fotografien – darunter viele Unikate und
Vintageprints – und wurde von Birgit
Filzmaier und Felix Hoffmann kuratiert.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Kehrer Verlag.
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brennpunkt 3/2016
Greg Gorman, Grace Jones with hat, 1991 © Greg Gorman
bis 4. September 2016
C/O
(im Amerika Haus)
Hardenbergstraße 22-24
10623 Berlin-Charlottenburg
Thomas Ruff, neg. india_01, 2014
© VG Bild-Kunst, Bonn 2016 / Courtesy Konrad
Fischer Galerie, Düsseldorf
täglich 11 – 20 Uhr
Eintritt 10 Euro
Galerien
Querdurch« – von
der Romantik bis zur
Realität
»
Fotografie bietet unerschöpfliche Möglichkeiten individueller Sichtweisen
und des eigenen Ausdrucks. Das spontane Festhalten eines »schönen« Motivs
ist ganz nett, die durchdachte Umsetzung eines eigenen Themas hingegen,
ist interessant.
Die gemeinschaftliche Suche nach der
jeweiligen Ausdrucksform brachte der
41. Jahresklasse der imago Fotoschule
kostbare Erkenntnisse und erzeugte
gleichermaßen Reibungspunkte.
Doch Reibung fördert meist den schöpferischen Prozess. Das Ergebnis spricht
für sich.
© René Schröder, (O.i.F.)
© Claudia Brendel, (O.i.F.)
© Raunveig Einarsdóttir, (O.i.F.)
© Dagmar Rehberg, (O.i.F.)
In einer Ausstellung präsentieren die
Absolventen der Fotoklasse einen Teil
ihrer Arbeiten. Thematisch ist diese
Präsentation in einem Wort zu fassen:
»Querdurch«. Das Thema beschreibt
die Individualität der Arbeiten ebenso
wie die Individualität der Menschen.
Diese Ausstellung erzählt von Schönheit, Vergänglichkeit und unausweichlicher Realität.
Doreen Richter
© Uta Maier
bis 20 Juli 2016
und 6. bis 10. September 2016
© Doreen Richter
imago fotokunst
Veteranenstraße 20
10119 Berlin-Mitte
Di – Fr
14 – 19 Uhr
www.imago-fotokunst.de
© Rukan Malas, (O.i.F.)
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Galerien
INSIDE/OUT
BERLIN
Berlino Magazine
Kollektivausstellung
Marta Braga – Daniela
Comparin – Luana De Rosa
Mario Di Nucci – Giulia Filippi
Betty Lapeyre – Nora Matland
Beatrice Meo – Julia Nicotra
Linda Paggi – Mary Rossi
© Beatrice Meo, (O.i.F.)
Giovanna Ruscitti
Das Café Aroma Photogalerie in Zusammenarbeit mit Berlino Magazine lädt Sie
herzlich zur der neuen kollektiven Fotoausstellung »INSIDE/OUT BERLIN«
ein.
Hierbei handelt es sich um eine Auswahl der schönsten Bilder der Schüler
des letzten Street-Photographie Kurses
des Berlino Magazins. Unter Anleitung
der Fotografin Anna Agliardi fand dieser
Kurs statt.
»INSIDE/OUT BERLIN« erzählt von
der Stadt, gesehen durch die Augen
der 12 Künstler. Deren Fotos wurden
während entdeckungsreicher Kursausflüge aufgenommen. Die Ausstellung
stellt auch ein Wechselspiel zwischen
in(side) und out(side) dar. Inside, weil
die Künstler Berliner Bürger sind, outside weil sie irgendwie Ausländer sind.
Aber auch inside, weil die Fotos die
Persönlichkeit und Interessen der Fotografen widerspiegeln, outside weil die
Fotos im Freien entstanden.
Berlino Magazine, das Italienische
Magazin über Berlin, bietet eine breite
Auswahl an nützlichen Informationen
über die Hauptstadt. Berlino Magazine organisiert in den Redaktionsräumen auch verschiedene Aktivitäten und
Kurse auf italienischer Sprache.
http://berlinocacioepepemagazine.com/.
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brennpunkt 3/2016
© Giovanna Ruscitti, (O.i.F.)
bis 30. November 2016
Café Aroma Photogalerie
Hochkirchstraße 8
10828 Berlin-Schöneberg
© Luana De Rosa, (O.i.F.)
täglich ab 17 Uhr
Sonnabends ab 12 Uhr
Sonntags ab 11 Uhr
Galerien
Frank-Rüdiger Berger
Tanzen
ein leerer Raum
weites, glänzendes Parkett
die ersten Schritte
den Alltag hinter sich lassen
der Musik folgen, sie auskosten,
genießen
Bewegung koordinieren
miteinander
den Raum durchmessen
Geschwindigkeit und Ruhe
führen und führen lassen
Abend für Abend, Woche für Woche
Walzer, Slowfox, Cha Cha Cha
gesellschaftliche Verpflichtung,
Spaß und Sport
© Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe)
Paare
im Einklang, sich trennen, sich finden
in der Bewegung
in der Musik
© Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe)
© Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe)
15. September bis 10. November 2016
Vernissage
Donnerstag, 15. September 2016,
18 – 20 Uhr
© Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe)
www.caritas-berlin.de
Caritas-Galerie Berlin
Residenzstraße 90
(Eingang Reginhardstraße)
13409 Berlin-Reinickendorf
Mo – Do 8 – 17 Uhr
Fr
8 – 15 Uhr
und nach Vereinbarung
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Galerien
Rina Castelnuovo
»Bereaved –
Hinterblieben«
»Nach mehr als 30 Jahren, in denen ich
Krieg und Begräbnisse fotografiert habe,
finde ich Hoffnung darin, die trauernden Familien zu treffen und ihren Versöhnungsprozess mitzuerleben. Wenn
sie dies tun können, sollte es jeder
andere ebenfalls können.«
Rina Castelnuovo
Als Fotografin für die New York Times ist
Rina Castelnuovo über drei Jahrzehnte
lang Zeugin des israelisch-palästinensischen Konflikts; dabei hat sie sich zum
Ziel gesetzt, vor allem die menschlichen Opfer zu dokumentieren. Sie entwickelte einen Stil, der möglichst unaufdringlich hinter den politischen Auseinandersetzungen die persönlichen
Schicksale aufspürt.
In ihrer ergreifenden Fotoserie Bereaved porträtiert sie Israelis und Palästinenser, die durch Terrorangriffe, Selbstmordattentate oder dem Militärdienst
Geschwister und Kinder verloren haben.
Sie trauern zusammen und begreifen,
dass es sehr wichtig ist, die Geschichte
der anderen Seite kennenzulernen.
Sie wissen, dass die einzige Möglichkeit, die Barrieren einzureißen und aus
ihrer Dunkelheit zu entkommen, darin
besteht, einander zu verstehen und Versöhnung zu leben.
Rina Castelnuovos Mitgefühl zeigt
sich in der Intimität der Aufnahmen, in
denen es ihr gelingt, für einen kurzen
Moment die Seele der Porträtierten einzufangen.
23. Juni bis 14. August 2016
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus
Willy-Brandt-Haus
Stresemannstaße 28
10963 Berlin-Kreuzberg
Di – So
12 – 18 Uhr
Eintritt frei / Ausweis erforderlich
www.fkwbh.de
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brennpunkt 3/2016
© Rina Castelnuovo, Robi Damelin, links, Israeli, verlor 2002 ihren 27 Jahre alten Sohn David
Damelin. Bushra Awad, rechts, Palästinenserin aus Beit Umar, Westbank, verlor 2008 ihren 17
Jahre alten Sohn Mahmoud.
© Rina Castelnuovo, Hamouda al-Farah, Mitte, Palästinenser, mit seiner Frau Awatef, links, und
seinem Enkel Muhamad, der wegen einer schweren Krankheit im Krankenhaus behandelt wird. Die
Familie al-Farah ist aus Khan Yunis, Gaza, und hat seit dem arabisch-israelischen Krieg 1967 viele
Verluste erlitten. Buma Inbar, rechts, Israeli, verlor seinen 20 Jahre alten Sohn Yotam, der während
seines Dienstes in der israelischen Armee getötet wurde.
Galerien
Israel-Palestine
Presence of the Void
Gegenwart der
Abwesenheit
Die sehr persönlichen Fotografien der
Ausstellung »Presence of the Void«
stammen von zehn palästinensischen
und israelischen Frauen, die alle enge
Familienmitglieder durch den jahrzehntelangen Israelisch-Palästinensischen
Konflikt verloren haben. Der verlorene
Mensch kann in einem Zimmer voller
Erinnerungen gegenwärtig werden,
durch eine stehen gebliebene Armbanduhr, ein Fenster, an dem die Mutter stand
als sie von dem Tod erfuhr, vielleicht
sogar durch ein Kind, das den Namen
des Gestorbenen trägt. Hintergrund
des bilateralen Fotoprojekts ist es, die
Geschichte des Anderen kennenzulernen und auch seinen Verlustschmerz
nachempfinden zu können. So besuchen sich israelische und palästinensische Frauen gegenseitig. Dabei entsteht
ein Foto, das an die geliebte Person erinnert. Das Projekt erzählt aber auch von
der Kraft des Dialogs und der Hoffnung
auf Versöhnung.
© Masha Litvak, Kibbutz Negba/Israel
Verlor ihren Vater und ihren Bruder Arnon - Besuchte Hanan Lubadeh in Nablus / Palästina
Die Armbanduhr ihres Bruders Arnon, nach seinem Tod in seinem Nachlass gefunden, Kibbutz
Negba
Für einige der Frauen war es die erste
Bekanntschaft mit einer Kamera. Begleitet wurden sie von den palästinensischen und israelischen Fotografen Vardi
Kahana, Ata Awwisat und Micky Kretzmann.
Parents Circle-Families Forum (PCFF)
besteht seit 1995. Dem Forum gehören
über 600 Palästinensern und Israelis an,
die Familienmitglieder durch den Konflikt verloren haben. Der PCFF fördert Versöhnung als Alternative zu Rache und
Gewaltspiralen. Die Vision ist, eine Einstellungsveränderung herbei zu führen,
die eine Voraussetzung für ein nachhaltiges Friedensabkommen ist.
© Nasra Shihab, Nablus/ Palästina, Verlor zwei Söhne Tayseer und Kamal, Besuchte Iris Segev in
Ramat Gan / Israel, Die Kleidung meines Sohnes Kamal auf dem Bett in seinem Zimmer, Nablus
bis 14. August 2016
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus
Willy-Brandt-Haus
Stresemannstaße 28
10963 Berlin-Kreuzberg
© Masha Litvak, Kibbutz Negba/Israel,
Weizenfelder, Kibbutz Negba
Di – So
12 – 18 Uhr
Eintritt frei / Ausweis erforderlich
www.fkwbh.de
brennpunkt 3/2016
37
Galerien
Sony World
Photography
Awards 2016
Die besten Fotos des größten Fotowettbewerbs der Welt in Berlin Mit dem
Fokus auf international politisch und
sozial engagierter Fotografie präsentiert der Freundeskreis Willy-BrandtHaus e.V. den größten Fotowettbewerb
der Welt: die Sony World Photography
Awards 2016. Vom 6. Juli bis zum 25.
September 2016 sind rund 200 Fotos
der Preisträger erstmals in Deutschland
zu sehen.
Der internationale, renommierte Wettbewerb zeigt seit nunmehr neun Jahren
jedes Jahr das Beste, was die zeitgenössische Fotografie vom Studenten über
Amateur bis hin zum Profifotografen
zu bieten hat. Aus insgesamt 230.103
Einreichungen haben die Juroren in
diesem Jahr erneut die bewegendsten
und beeindruckendsten Werke ausgewählt.
© Pedro Diaz Molins, Spain, Winner, Open, Enhanced, 2016 Sony World Photography Awards, (O.i.F.)
Kaum ein Fotowettbewerb hält so unterschiedliche Fotografien bereit, die teilweise zum Lachen und teilweise zum
Nachdenken anregen. Mit der Serie
»Fire of Hatred« sicherte sich der iranische Fotograf Asghar Kamseh mit Bildern von Opfern von Säureanschlägen
den Gesamtsieg. Die fesselnde Fotoserie der deutschen Dokumentarfilmerin und Fotografin Kirstin Schmitt
zum Alltagsleben in Kubas Hauptstadt © Michaela Šmidová, Czech Republic, Winner,
© Asghar Khamseh, Iran, Photographer of the
Havanna belegte zum Beispiel in der Open, Nature, & Wildlife, 2016 Sony World
Year, Professional, Contemporary Issues, 2016,
Kategorie »Schnappschuss« den ersten Photography Awards, (O.i.F.)
(O.i.F.)
Platz. Von Naturaufnahmen über ausdrucksstarke Porträts bis hin zu abstrak- studentische Fotografie und bietet der
ten Fotos zeigen die Sony World Photo- Fotoindustrie eine globale Plattform zur
graphy Awards einen Querschnitt zum Kommunikation, Kollaboration und PräThema Fotografie aus 186 Ländern sentation aktueller Trends in den Bereidieser Welt. Im Willy-Brandt-Haus in chen Fotojournalismus, Fine Art und 6. Juli bis 25. September 2016
Berlin werden zum ersten und einzi- kommerzielle Fotografie.
gen Mal in Deutschland die Arbeiten Weitere Informationen gibt es unter Freundeskreis Willy-Brandt-Haus
aller Gewinner sowie der Fotografen der http://worldphoto.org.
Willy-Brandt-Haus
Shortlists zu sehen sein.
Stresemannstaße 28
Die World Photography Awards wurden
10963 Berlin-Kreuzberg
2007 mit Unterstützung von Sony von
der World Photography Organisation
Di – So
12 – 18 Uhr
(WPO) ins Leben gerufen. Die WPO Vernissage:
Eintritt frei / Ausweis erforderlich
fördert die professionelle, Amateur- und 5. Juli 2016, 19.30 Uhr
www.fkwbh.de
38
brennpunkt 3/2016
Galerien
Rainer König
»Berlinische
Fragmente«
Rainer Königs Blick auf Berlin ist der
eines Schmuckmachers, der bei der
Kreation eines ganzen Ensembles die
Details nie aus den Augen verliert. Zahlreiche Aufnahmen von Häusern, Ruinen,
Monumenten und vor allem Details
von Fassaden, Türklinken, Geländern
oder Treppen fügen sich gleichsam zur
Inventarisierung Berlins zusammen.
Es steht weniger die Stadt als Lebensraum, sondern vielmehr als architektonisches Objekt im Mittelpunkt.
König hat auch das Heiligenseer Gartenhäuschen seiner Tante Hannah
Höch nach ihrem Tod 1978 fotografisch dokumentiert. Seine Fotografien von Stadt und Land zeigen Fragmente und Monumente gleichermaßen.
Rainer König, 1926 in Berlin geboren, studierte Architektur. Er arbeitete in verschiedenen Architekturbüros in West-Berlin und begann sich
nebenher mit Fotografie zu beschäftigen. 1966 beendete er seine Arbeit als
Architekt und unterrichtete Fotografie. Von 1970 bis 1991 war er Professor für Ausstellungsgestaltung und Fotografie an der HfbK (heute UdK) in Berlin.
© Rainer König, Berlin-Charlottenburg, S-Bahnhof Savignyplatz, 1966
Eine Ausstellung der Collection Regard,
kuratiert von Gisela Kayser und Antonio
Panetta.
© Rainer König, Berlin-Charlottenburg,
Block 118, 1975
© Rainer König, Berlin-Schulzendorf,
Haus Hannah Höch, 1978
23. September bis 6. November 2016
Katalog Rainer König - Berlinische
Fragmente, Mit einem Text von Janos
Frecot,
Herausgegeben von Collection
Regard, Format: 24 x 22 cm,
45 S/W-Abbildungen/ 48 Seiten, Softcover. Deutsch und English, Lieferbar.
Preis 18,90 Euro, zzgl. Versand
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus
Willy-Brandt-Haus
Stresemannstaße 28
10963 Berlin-Kreuzberg
Vernissage:
22. September 2016, 19.30 Uhr
Di – So
12 – 18 Uhr
Eintritt frei / Ausweis erforderlich
www.fkwbh.de
brennpunkt 3/2016
39
Galerien
Bernd Heyden
»Berlin Prenzlauer
Berg«
Bernd Heydens fotografischer Blick
von damals fasziniert noch heute. Der
Betrachter von heute erlebt nicht nur die
Passanten von damals, sondern erhält
ganz nebenbei einen Einblick in die
Wohn- und Lebensverhältnisse, den
Alltag in Ost-Berlin. Neben den Leuten,
die in den Läden und auf den Straßen
arbeiteten, porträtierte Heyden die
Alten, Gebrechlichen und Gestrandeten
sowie die lustigen, die traurigen und die
frechen Kinder, für die der verfallende
Kiez rings um die Prenzlauer Allee ein
riesiger Abenteuerspielplatz war.
Für den Ost-Berliner Fotografen Bernd
Heyden ist Berlin nur Kulisse, das Leben
spielt sich davor ab. Die Vertrautheit
dieser verlorengegangenen Welt ist in
feinschattierten Grautönen wieder da.
© bpk/Bernd Heyden, Kinder im Hinterhof, Stargarder Straße, Ost-Berlin, 1973
Bernd Heyden, 1940-1984, begann Mitte
der 1960er Jahre zu fotografieren, ab
1967 arbeitete er in dem von Arno Fischer
und Sibylle Bergemann gegründeten
»Club junger Fotografen« mit. Zwischen
1970 und 1980 entstanden nahezu alle
überlieferten Bilder aus dem Prenzlauer
Berg mit weit über 1000 Motiven.
Eine Ausstellung des Freundeskreis WillyBrandt-Haus und der Bildagentur bpk,
Preußischer Kulturbesitz, kuratiert von
Gisela Kayser und Hanns-Peter Frentz.
© bpk/Bernd Heyden, Fleischträger, Bötzowstraße, Ost-Berlin, 1974
Vernissage:
22. September 2016, 19.30 Uhr
Bernd Heyden,
Berlin - Ecke Prenzlauer,
Fotografien 1966-1980,
Lehmstedt Verlag,
Herausgegeben von Mathias Bertram
in Zusammenarbeit mit dem Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, 192
Seiten, 169 ganzseitige Duotone
Abbildungen 24 x 27 cm, Festeinband,
Fadenheftung
ISBN 978-3-937146-61-4
40
brennpunkt 3/2016
2. September bis 6. November 2016
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus
Willy-Brandt-Haus
Stresemannstaße 28
10963 Berlin-Kreuzberg
bpk/Bernd Heyden, Am Bockwurststand
»Konnopke«, Schönhauser Allee, Ost-Berlin, 1970
Di – So
12 – 18 Uhr
Eintritt frei / Ausweis erforderlich
www.fkwbh.de
Galerien
MACHT ⁄ POWER
MAUER ⁄ WALL
Inventarisierung der
Macht.
Die Berliner Mauer
aus anderer Sicht.
Ausstellung und Buch
von Annett Gröschner
und Arwed Messmer
Weite Landschaften, in denen sich Stacheldrahtverhaue oder wacklige Wachtürme seltsam fehlplaziert ausnehmen,
ergänzen die Bilder von vermauerten
Fensteröffnungen und hastig errichteten Blockaden aus Zementplatten. Mit
Inventarisierung der Macht. Die Berliner
Mauer aus anderer Sicht haben Annett
Gröschner und Arwed Messmer ihr
Langzeitprojekt vollendet. Eine lückenlose Ansicht des gesamten Verlaufs der
Berliner Mauer vor 50 Jahren mit dem
Blick von Ost nach West zeigt die Ausstellung im Haus am Kleistpark in Berlin,
ergänzt durch eine zweibändige Publikation mit 1.328 Seiten im Hatje Cantz
Verlag, die zeitgleich erscheint.
Der Titel Inventarisierung der Macht
verweist auf das Methodische der Vorgehensweise. Die Hinterlassenschaft
einer niedergegangenen Macht, im
Archiv konserviert, wird noch einmal
ausgebreitet und unter künstlerischen
Gesichtspunkten neu geordnet. Ausgangsmaterial sind Fotografien, die von
den DDR-Grenztruppen um 1966 angefertigt wurden. Aus diesen Einzelbildern
hat der Fotograf Arwed Messmer Panoramen geschaffen. Die Schriftstellerin
Annett Gröschner verdichtet die Protokolle der Grenztruppen literarisch zu
Bildunterschriften, die zeit- und ortsgleich die Begegnungen zwischen Menschen auf beiden Seiten der Mauer verhandeln. 1995 hatten die beiden Künstler im Militärischen Zwischenarchiv in
Potsdam auf der Suche nach Bildern
Türme | Towers, Arwed Messmer, 2016
aus: »Inventarisierung der Macht« von Annett Gröschner und Arwed Messmer
eines Abschnitts der Berliner Mauer
einen unscheinbaren Pappkarton geöffnet. Sie fanden viele zusammengerollte
Kleinbildfilme – und ahnten nicht, dass
dieses Material sie viele Jahre beschäftigen würde. Die Berliner Mauer Aus
anderer Sicht hatten Gröschner und
Messmer bereits 2011 in einer Ausstellung und einem preisgekrönten Vorgängerband präsentiert. 2012 schließlich
entdeckten sie ein weiteres umfangreiches und bisher unveröffentlichtes Bildkonvolut.
Nun zeigen sie mit 1.059 Panoramen
und Einzelbildern den gesamten Verlauf der Mauer um West-Berlin. Das
neue Ausstellungskonzept verweist auf
die Herkunft des Materials: Die Ausstellung hat Werkstattcharakter, die
Bilder sind teilweise auf dünnem Papier
gedruckt und mit Nadeln an die Wand Türme | Towers, Arwed Messmer, 2016
gepinnt. Eine Lesesaalsituation, wie sie aus: »Inventarisierung der Macht« von Annett
im Archiv gegeben ist, steht als Mittel- Gröschner und Arwed Messmer
punkt der Arbeit im Raum. Die strenge
Geheimhaltung, der diese Wort- und
Bilddokumente einst unterlagen, ist nun
erloschen. Das Archiv wird zur Schatzkiste, aus dem sich die Künstler Material aneignen, um es zeitgenössisch und
als Gegenentwurf zu einer offiziellen
Geschichtsschreibung zu erzählen.
Ergänzt werden die Panoramen durch
weiteres bearbeitetes Material aus dem bis 21. August 2016
Bundesarchiv. So vollendet sich ein
Projekt »dokumentarischer Empathie« HAUS AM KLEISTPARK
(Florian Ebner), von dem der Fotokriti- Grunewaldstraße 6/7
ker Gerry Badger sagte, ihm gelänge es, 10823 Berlin-Schöneberg
»die Interpretation historischer Fakten
in einem kreativen Akt in ein künstle- Di – So 11 – 18 Uhr
risches Werk zu verwandeln«.
www.hausamkleistpark.de
brennpunkt 3/2016
41
Galerien
The Best of Czech
Press Photo
1995–2015
Die Ausstellung zeigt die besten Arbeiten aus der inzwischen 20jährigen
Geschichte des Wettbewerbs um die
besten Pressefotos aus Tschechien und
der Slowakei.Die Auswahl ist zugleich
eine Chronik der wichtigsten Ereignisse
der letzten beiden Jahrzehnte in Tschechien und der Welt. Die Fotos erinnern unter anderem an die verheerenden Jahrhunderthochwasser von 1997
und 2002, an Ausschreitungen gegen
Roma in Nordböhmen im September
2011 oder an das Begräbnis des Staatspräsidenten Václav Havel im Dezember 2011. Zu sehen sind auch Fotografien, die an die Terroranschläge vom
11. September 2001, an den Besuch
Barack Obamas in Prag 2009 oder an
die Flüchtlingskrise im Sommer 2015
zurückdenken lassen.
FILIP SINGER, European Pressphoto Agency (EPA), Beginn, Kiew, Ukraine, Winter 2013
FOTOGRAFIE DES JAHRES 2013, (O.i.F.)
Anliegen des jährlich ausgetragenen
Wettbewerbes ist es, ein unabhängiges visuelles Zeugnis vom Leben in der
Tschechischen Republik und in der Welt
zu bringen, so wie es tschechische und
slowakische Pressefotografen durch das
Objektiv ihrer Kameras sehen. Durch die
Verleihung der Preise soll außerdem das
Interesse am Bildjournalismus als einem
wichtigen Mittler gestärkt werden, der
Wissen vermittelt und zum Kennenlernen zwischen Menschen und Völkern
beitragen kann.
In Zusammenarbeit mit dem Außenministerium der Tschechischen Republik
und Czech Press Photo
JAN ZÁTORSKÝ, Tageszeitung MF Dnes, Flüchtlinge an der ungarisch-serbischen Grenze,
Grenzübergang Röszke-Horgoš, September 2015, FOTOGRAFIE DES JAHRES 2015, (O.i.F.)
bis 2. September 2016
Tschechisches Zentrum
Wilhelmstraße 44
Eingang: Mohrenstraße
10117 Berlin-Mitte
MICHAL ÇÍŽEK, Leben im Prager Stadtzentrum,
Prag, November 2014 – August 2015
42
brennpunkt 3/2016
Di – Sa
14 – 18 Uhr
Eintritt frei
http://berlin.czechcentres.cz/
Galerien
Jan Šibík
»Der Teufel in uns«
Der tschechische Fotoreporter Jan Šibík
ist mit seiner Kamera immer vor Ort,
wenn sich irgendwo in der Welt politische Konflikte oder humanitäre Katastrophen ereignen. Seine beeindruckenden und vielfach ausgezeichneten Fotografien dokumentieren das Weltgeschehen der vergangenen 20 Jahre.
In Schwarz-Weiß-Fotografien erzählt
Jan Šibík vom Ende des Sozialismus in
Osteuropa: vom Fall der Berliner Mauer,
von der Samtenen Revolution in der
Tschechoslowakei, vom Sturz des Ceausescu-Regimes in Rumänien. Seine Aufnahmen aus den 1990er Jahren legen
Zeugnis ab von Hungersnöten im Sudan,
in Somalia und Äthiopien, von Kriegen
in Ruanda oder Tschetschenien. Andere
Aufnahmen dokumentieren die zerstörerische Kraft eines Tsunami, den Krieg
im Irak, in Afghanistan und Liberia oder
das Erdbeben auf Haiti. Neuere Aufnahmen zeigen die Krise in der Ostukraine
und Flüchtlinge auf ihrem beschwerlichen Weg nach Europa.
Jan Šibík (*1963) ist einer der bekanntesten tschechischen Reportagefotografen. Er arbeitete viele Jahre mit der Zeitschrift Reflex zusammen. Seine Arbeiten
waren auf zahlreichen Ausstellungen
in Tschechien, in ganz Europa und in
Afrika zu sehen. In Deutschland werden
sie erstmals gezeigt.
www.sibik.cz
Im Rahmen des EMOP Berlin - European Month of Photography 2016
(www.emop-berlin.eu). Mit freundlicher Unterstützung durch das Außenministerium der Tschechischen Republik.
© Jan Šibík, Erdbeben in Haiti, 2010, Digitalfotografie, C-Print, 60 x 80 cm, (O.i.F.)
© Jan Šibík, Flüchtlingskrise Rözske, 2015, Digitalfotografie, C-Print, 60 x 80 cm, (O.i.F.)
Eröffnung:
Donnerstag, 15. September 2016,
19.00 Uhr in Anwesenheit von Jan
Šibík
16. September bis 19. Oktober 2016
Tschechisches Zentrum
Wilhelmstraße 44
Eingang: Mohrenstraße
10117 Berlin-Mitte
© Jan Šibík, Priština, Kosovo, 1999, Farbe,
manuell vergrößert, 100 x 70 cm, (O.i.F.)
© Jan Šibík, Ngara, Tansania, 1994, Farbe,
manuell vergrößert, 100 x 70 cm, (O.i.F.)
Di – Sa
14 – 18 Uhr
Eintritt frei
http://berlin.czechcentres.cz/
brennpunkt 3/2016
43
Galerien
Jürgen Kobczyk
Günter Krauke
»offen & verhüllt«
Mitglieder des
Arbeitskreises
»Rückschau«
Der Fotograf Jürgen Kobczyk zeigt in
dieser Ausstellung erotische Studioaufnahmen. Sein Fokus liegt dabei stets auf
der ästhetischen Wirkung seiner Fotos.
Sie sind eine Hommage an die Frau und
an die Schönheit. Dadurch wird dem
Betrachter ermöglicht, die die Symbiose zwischen Erotik und Sinnlichkeit zu
erleben.
Die Gemeinschaftsausstellung nimmt Als Berufsfotograf mit technisch-wissenzum aktuellen Anlass die mittlerweile schaftlichem Aufgabengebiet fand Ekkezwei Jahrzehnte andauernde aktive Teil- hard Gollner erst spät auch zur erotihabe des ARBEITSKREISES KÜNSTLE- schen Fotografie, die ihn als Hobby und
RISCHE AKTFOTOGRAFIE e.V. an der Kontrastprogramm zum gewohnten
Berliner Foto- und Galerie-Szene.
Beschäftigungsalltag reizte.
Mit geeigneten Modellen und dem
Arbeitskreismitglieder zeigen in der von Gespür für Sinnlichkeit entstanden,
ihnen seit 16 Jahren geführten AKTGA- seit nun schon 16 Jahren, überwieLERIE einen persönlichen Rückblick auf gend Studio-Aufnahmen, von denen er
die eigene aktfotografische Entwick- jeweils eine Auswahl in bereits zehn
lung.
Einzelausstellungen in der Aktgalerie
zeigen konnte.
In einem verdichteten zeitrafferartigen Seine künstlerisch gestalteten AktQuerschnitt ihres fotografischen Oeu- und Erotik-Fotos haben Pfiff und sind
vres enthüllen die beteiligten Fotogra- zugleich eine Hommage an die Schönfen früheste bis gegenwärtige Beispiele heit weiblicher Formen.
ihrer Bildproduktion zum Thema Akt.
Für Günter Krauke ist die Aktfotografie die Herausforderung Körper, Raum,
Licht und Atmosphäre miteinander zu
verbinden. Er versucht durch seine Inszenierungen eigene Gefühle, Gedanken
und Träume in Bilder umzusetzen.
Wesentlichen Einfluss auf seine Arbeit
haben dabei die Modelle. Ihre Persönlichkeiten, ihre Mitarbeit und ihr Einbringen von Ideen verändern seine
ursprünglichen Konzepte. Dadurch entstehen neue Zusammenhänge. Dieser
gemeinsame Prozess führt immer wieder
zu nicht vorher planbaren Ergebnissen.
Ekkehard Gollner
»Magic Moments 2«
© Jürgen Kobczyk
© Jochen Deckert
© Ekkehard Gollner
Vernissage:
Freitag, den 1. Juli 2016 um 19 Uhr
Vernissage:
Freitag, den 5. August 2016 ab 19 Uhr
Vernissage:
Freitag, den 2. September 2016 um 19 Uhr
1. Juli bis 31. Juli 2016
5. August bis 28. August 2016
2. September bis 2. Oktober 2016
Die Aktgalerie
Krossener Straße 34
10245 Berlin-Friedrichshain
Eintritt frei
Die Aktgalerie
Krossener Straße 34
10245 Berlin-Friedrichshain
Eintritt frei
Die Aktgalerie
Krossener Straße 34
10245 Berlin-Friedrichshain
Eintritt frei
Fr, Sa + So
Fr, Sa + So
Fr, Sa + So
44
15 – 19 Uhr
brennpunkt 3/2016
15 – 19 Uhr
15 – 19 Uhr
Galerien
Elena Ternovaja
Die Verstrickungen der
Zeit
Im Archiv der Erinnerungen
und der Gedanken
Bilder entfalten – genauso wie Persönlichkeiten – ihre eigene und unverwechselbare Wirkung. In einer Mischung aus
Kraft und Zartheit, Monochromie und
Farbigkeit, Rätselhaftigkeit und Materialität erzählen die Fotoarbeiten von
Elena Ternovaja vom Fluss des Lebens,
den Verstrickungen der Zeit und vom
unermüdlichen Forschergeist der Künstlerin. Ihre Bilder haben eine auffallend
malerische Dimension, die sich in den
nuancierten Grau- und Farbwerten und © Elena Ternovaja, Pflanzliche Analogien I,
im subtilen, impressionistisch anmuten- Fotogramm, Albumindruck, 2013, (O.i.F.)
den Duktus von Licht und Schatten in
den Binnenbereichen mitteilt.
In der Ausstellung der aus Odessa
(Ukraine) stammenden Fotokünstlerin
Elena Ternovaja im Max-Planck-Institut für Bildungsforschung werden die
Werkbeispiele ihrer analogen Serie
»Vergessene Menschen« und Bilder
einer kameralosen Fotografie – Fotogramme und Lumenprints, in denen
das Licht als elementares Gestaltungsmittel fungiert, gezeigt. Die Pflanzenmotive der Werkgruppe »Poems about
flowers« sind Ternogramme auf altem
Dokumentenpapier, hier hat sie ihr spezifisches Belichtungsverfahren selbst
entdeckt und entwickelt. Diese Ternogramme, sind ein historischer Beitrag in
der Fotogeschichte. Die neuen Arbeiten
aus dieser Serie werden zum ersten Mal
dem Publikum präsentiert.
Die Bilder der Ausstellung erzählen
von einer Fotografin, die mit voller © Elena Ternovaja, Pflanzliche Analogien III,
Hingabe ihrem eigenen inneren Auf- Fotogramm, Cyanotypie, 2014, (O.i.F.)
trag folgt, der in nichts Geringerem als
im Ausdruck der eigenen Gefühle im Die Ausstellung wird von Frau Petra
Laufe der Lebens-Zeit und im formalen Schröck, Galeristin BrotfabrikGalerie
Ausloten der Möglichkeiten und Gren- kuratiert.
zen des Mediums Fotografie liegt. Darüber hinaus stellen sie Verbindungen Vernissage:
zwischen innerem und äußerem Raum 23. September 2016, 19 Uhr
her, die offen genug bleiben, um dem
Betrachter eigene Assoziationen und www.mpib-berlin.mpg.de
www.ternovaja.photography
Inspirationen zu ermöglichen.
© Elena Ternovaja, Poem about flowers III,
Ternogramm, 2015, (O.i.F.)
© Elena Ternovaja, Poem about flowers I, 4
Ternogramme, 2015
23. September bis 28. Oktober 2016
Max-Planck-Institut für
Bildungsforschung
Lentzeallee 94
14195 Berlin-Dahlem
Mo – Fr 8 – 19 Uhr
brennpunkt 3/2016
45
Galerien
Enrico Pietracci
»Fließende Körper«
Lichtmalerei
Die Arbeiten des visuellen Künstlers
Enrico Pietracci sind das Ergebnis eines
über viele Jahre hinweg verfolgten Prozesses, basierend auf dem experimentellen Erarbeiten einer ästhetischen Ausdrucksform, die sich aus der dynamischen Fusion von »visueller« und »performativer« Kunst, aus Körpern in Bewegung und grafisch-malerischen Spuren
zusammensetzt.
Diese Fusion führt zu dem Entstehen
einer besonderen ästhetischen Form,
die mit der Unmittelbarkeit der dynamischen und emotionalen Aktionen konzipiert und in Interaktionen zwischen
dem visuellen Künstler und dem Sujet,
in diesem Fall einer Tänzerin oder Performerin, umgesetzt wird.
© Enrico Pietracci, (O.i.F.)
Die fotografische Ausdrucksform der
»Licht-Malerei« ist die Fortsetzung
dieser bis dahin durch zahlreiche AktSekundenskizzen umgesetzten Grundidee. Alle Skizzen sind in Gegenwart von
Tänzerinnen in Aktion entstanden und
Ergebnis einer langen Untersuchung
der Bewegungsdynamik als Zusammenspiel von Körperlichkeit und dem Ausdruck der Linie.
Nach Jahren des Experimentierens auf
Basis der durch die reine Linie bestimm- © Enrico Pietracci, (O.i.F.)
ten intuitiven Live-Aktzeichnung von
Tanz und expressiver Bewegung beginnt Die Fotos, die mit einer digitalen Reflex- Vernissage:
für den Künstler im Jahr 2015 eine neue kamera im Atelier des Künstlers entstan- Donnerstag, 11. August 2016, 19 Uhr
kreative Phase. Diese ist der Fotografie, den sind, zeigen das Ergebnis einer sorg- Live-Performance aus Musik, Tanz
genauer gesagt der Fotomalerei gewid- fältigen Beschäftigung mit der Beleuch- und Action-Painting
met. Die Auswahl der aktuell gezeigten tungstechnik und der Belichtungszeit.
fotografischen Arbeiten zeigt die Umset- Sie sind in keiner Weisenachbearbeizung der synthetischen Linie in die chro- tet.
12. August bis 9. September 2016
matische Fülle der Fotografie.
Fotogalerie Friedrichshain
Bei der jeweiligen Fotosession mit perHelsingforser Platz 1
formativem Charakter bewegt sich die
10243 Berlin-Friedrichshain
Tänzerin/Performerin frei. Der Fotograf
verfolgt sie intuitiv, ohne ihr Vorgaben
Di – Sa
14 – 18 Uhr
zu machen und führt die Kamera dabei
Do
10 – 20 Uhr
ausschließlich in der Hand (ohne Stativ).
facebook/fotogaleriefriedrichshain
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brennpunkt 3/2016
Galerien
Marga van den
Meydenberg
»POP UP
PHOTOSTUDIO III«
Ende Juli 2016 führt die Fotografin Marga
van den Meydenberg ihr Portrait-Projekt
in der Carpentier Galerie fort. Arbeiten
dieser Fotografin waren bereits 2014 im
Rahmen der Ausstellungsserie »Berlin
Photographie« in der Carpentier Galerie zu sehen. Dort zeigte sie die Straßen von Berlin als eine große Bühne,
auf der sie mit ihrer Kamera als aufmerksame Zuschauerin die ungewöhnlichen Zufälle und Absurditäten des Alltags festhielt.
2015 eröffnete sie in der Neuköllner
Weserstraße ihr erstes Pop-Up-FotoStudio. Bei diesem experimentellen Projekt wandte sie sich an Passanten, mit
der Bitte sie portraitieren zu können.
Nach der erfolgreichen Fortführung des
Portrait-Projektes 2016 in der Kreuzberger Oranienstraße wechselt sie nun mit
ihrem Pop Up Photostudio in das gutbürgerliche Wilmersdorf.
So erweitert sie den Blickwinkel ihrer
fotografischen Arbeit, mit der sie das
gesamte Spektrum der in Berlin lebenden sozialen Schichten erkunden will.
In dem vom 29. Juli bis zum 28. August
geöffneten Pop Up Studio in der Meinekestraße 12A-13 wächst mit den Portraits
von Anwohnern, Nachbarn und Passanten eine Ausstellung, die von allen Interessierten im Rahmen der Finissage am
29. August besichtigt werden kann.
© Marga van den Meydenberg, Blandina, (O.i.F.)
© Marga van den Meydenberg, Martin, (O.i.F.)
© Marga van den Meydenberg, Freya, (O.i.F.)
© Marga van den Meydenberg, Niels, (O.i.F.)
Finissage / Präsentation
29. August 2016 ab 18 Uhr
29. Juli bis 28. August 2016
Carpentier Galerie
Pop Up Studio III
Meinekestraße 12 A - 13
10719 Berlin-Wilmersdorf
Mo., Mi., Fr. 12 – 18 Uhr
und nach Vereinbarung
www.carpentier-galerie.de
www.meydenberg.com
brennpunkt 3/2016
47
Galerien
Silvia Sinha
»Abstraktion des
Raumes«
Unter dem Titel »Abstraktion des
Raumes« präsentiert die Carpentier
Galerie in einer Einzelausstellung neue
Arbeiten der Berliner Fotokünstlerin
Silvia Sinha, die vom Wahrnehmen und
Erleben eines Raumes erzählen.
In ihren aktuellen Fotografien zeigt
Sinha einmal mehr ihre Hingabe zur
Farbfotografie und den ungewöhnlichen Blick in, wie es scheint, stets
menschenleere Räume. Sie sucht die
Stille im Raum, und dafür ergründet,
observiert und erlebt sie den Ort, bis
der Weg zu »ihrem Raum« freigegeben
wird - von den Menschen, die eigentlich doch da sind; denn die Räume, in
denen Sinha sich bewegt, sind häufig
museale Räume.
Sinhas Interesse gilt vorwiegend der
freien, künstlerischen Architekturfotografie, wobei sie immer wieder den
direkten Dialog mit dem Raum in den
Mittelpunkt rückt. Dabei wendet sie sich
gerne von der Gesamtheit eines architektonischen Bauwerks ab und widmet
sich seiner Ausschnitthaftigkeit und Intimität. Sie sucht dabei stets nach Möglichkeiten der Dekonstruktion eines
vorgegebenen Sujets, ohne dabei den
wesentlichen Charakter einer vorliegenden Ordnung außer Acht zu lassen.
Ihr liegt nicht nur das Analytische, das
Strukturieren von Vorgegebenem, sondern auch das Kombinieren von neu entdeckten Ausdrucksformen.
Leere Räume üben eine besonders
große Anziehung auf sie aus, wenn kontrastierende Farbflächen an Decken und
Böden oder Lichtquellen und Schattenwürfe den Raum mitgestalten und
seine klare Architektur durchbrechen.
Sie sieht sich »außerhalb« des Raumes
um und nimmt dabei neue Bildräume
sinnlich wahr. Was sie sieht, ist die
Interaktion von Raumflächen und grafischen Elementen mit dem jeweils
vorhandenen Umgebungslicht. Sich
48
brennpunkt 3/2016
© Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe)
ausdehnende Lichtreflexe von natürli- Abstraktion des reell vorhandenen
chem wie auch künstlichem Licht auf Raumes. Durch einen häufig streng
leeren Wänden, gelegentlich auch farb- gewählten Bildausschnitt reduziert sie
lich gestaltete oder angestrahlte Wände die ursprünglich vorgefundene Realität
kokettierenmit den vorhandenen Linien und konstruiert eine neue Raumeinheit,
und Formen im Raum. Silvia Sinha löst deren Formen und Flächen sowohl den
sich dabei von der allgemeinen Wahr- Raum selbst als auch den darin verbornehmung des Gegenständlichen und genen Farbraum um ein Vielfaches verexperimentiert mit gezielter Verschie- dichten. Zurück bleibt eine Bildsprabung von Perspektiven.
che, die sich in ihrer minimalistischen
Sie reizt ihre Auffassung von konkre- Form an der Grenze zum Konstruktivistem Raum aus und widmet sich der mus bewegt.
Galerien
© Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe)
Vernissage:
Freitag, 2. September 2016, 19 Uhr
Finissage:
23. September 2016, 16 – 19 Uhr
2. September bis 23. September 2016
Carpentier Galerie
Meinekestraße 13
10719 Berlin-Wilmersdorf
© Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe)
Di – Do 16 – 18 Uhr
Fr
16 – 19 Uhr
(die Künstlerin ist freitags anwesend)
und nach Vereinbarung
www.carpentier-galerie.de
Silvia Sinha
www.in-response.de
brennpunkt 3/2016
49
Galerien
Oliver S. Scholten
»about photography
(and me)«
Seit 30 Jahren widmet sich O.S.Scholten
als Künstler und Dozent dem Medium
Fotografie und dekliniert es in nahezu
jeder erdenklichen Weise. Seine Arbeiten reichen von das Medium selbst hinterfragenden Objekten und Installitionen über klassische dokumentarische
fotografische Arbeiten und Bildzusammenstellungen oder Fotografik bis hin
zur Performance, die dann wieder in
bildhafter Darstellung mündet. Dabei
geht es nicht um Spektakel oder komplizierte Arrangements sondern um den
Bezug, den Fotografie und deren Nutzung zur Welt und zu einem selbst herstellen kann. Auch die Darstellung der
eigenen Person ist bei ihm nicht lediglich
ein Hinweis auf die eigene Geschichte
sondern ein Symbol für den Benutzer
und Betrachter von Fotografie und Kunst
im Allgemeinen.
© Oliver S. Scholten,
total overload, 2011, (O.i.F.)
© Oliver S. Scholten,
Objekt mind machine, 2013, (O.i.F.)
Anlässlich dieses runden Jubiläums
zeigt die Galerie Carpentier mit der Ausstellung »about photography (and me)«
eine Zusammenstellung verschiedener
fotgrafischer und objekthafter Arbeiten
aus verschiedenen Zeiten zum Monat
der Fotografie.
Lee Revos
© Oliver S. Scholten, Now 4 EGO, Blumen an mich selbst, 2013, (O.i.F.)
Vernissage
30. September 2016, 19 Uhr
Finissage
4. November 2016, 14 – 19 Uhr
© Oliver S. Scholten, Obsession 2014
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brennpunkt 3/2016
1. Oktober bis 4. November 2016
Carpentier Galerie
Meinekestraße 13
10719 Berlin-Wilmersdorf
Di – Do 16 – 18 Uhr
und nach Vereinbarung
www.carpentier-galerie.de
www.edition-carpentier.de
Galerien
Das Camera Obscura
Prinzip
Zeitgenössische
Positionen zur
Camera Obscura
Photographie
Thomas Bachler,
georgia Krawiec,
Oliver Möst,
Karen Stuke,
© Oliver Möst, Totensonntag, Videostill, 3,30 min. 2009
Michael Wesely
Als Aristoteles 400 Jahre vor Christus
eine Sonnenfnsternis beobachten wollte,
erkannte er zum erstenMal das Prinzip
der Camera Obscura. Wenn Licht durch
ein kleines Loch in einen dunklen Raum
fällt erzeugt es ein auf dem Kopf stehendes Bild. Leonardo da Vinci stellte 1800
Jahre später fest, dass unser Auge prinzipiell genauso funktioniert.
Die Ausstellung Das »Camera Obscura
Prinzip« beleuchte dieses Phänomen
anhand von zeitgenössischen, künstlerischen Positionen. Neue Blickwinkel,
veränderte Bauweisen und konzeptionelle Strategienzeigen, dass die uralte
Faszination auch heute noch nichts von
ihrer Wirkung eingebüßt hat und weiterhin visionär ist.
In der Ausstellung werden Werke zu
sehen sein, die experimentelle und
aktuelle Zugänge zur historischen Technik deutlich machen. Zum Beispiel zeigt
Michael Wesely Lochkamera Boxen,
deren Seitenwände mit fotosensiblen
Papier ausgestattet sind, die nur den
Umraum und nicht das Objekt zeigen
auf das die Kamera gerichtet ist. Oliver
Möst filmt die Mattscheibe der Lochkamera und schafft so poetische Pinhole-Film-Miniaturen. Karen Stuke
benutzt ihr Auto als Stativ und belichtet
auf Fahrten durch europäische Tunnel
© Michael Wesely, Salzburg, 1990, Lochkamera
Rahmenprogramm:
31. Juli 2016, 12 Uhr:
Werksgespräch mit den Künstlern der
Ausstellung
28. August 2016, 12 Uhr:
Die Geschichte der Camera Obscura
Vortrag von georgia Krawiec
11. September 2016, 12 Uhr:
Vortrag: Michael Wesely
»Das Frühwerk«
16. – 17. September 2016
Das Camera Obscura Prinzip.
Workshop mit Karen Stuke
Anmeldung unter:
www.PhotoWerkBerlin.com
25. September 2016, 12 Uhr:
Kuratorenführung und Finissage
von Ihrem Armaturenbrett. Zeit, Licht
und Raum entwickeln eine Sogwirkung
aus Formen und Farben. georgia Krawiec hat Geschwisterpaare aus Schlesien mit zwei Lochkameras photographiert und die Bilder dann in einem Stereoskop-Guckkasten zusammengeführt. 6. Juli bis 25. September 2016
Sie erzählen von Nostalgie und Absenz.
Thomas Bachler verändert immer wieder Projektraum | PhotoWerkBerlin
die Beschafenheit des Lochs der Camera in Zusammenarbeit mit der
und erzielt in seiner Serie Pixel Trees ein Kommunalen Galerie Berlin
Verwirrspiel, das trotz der analogen Auf- Hohenzollerndamm 176
nahme einen digitalen Efekt erzeugt.
10713 Berlin-Wilmersdorf
Neben Photographien, Videos und handgemachten Apparaten wird in der Aus- Di – Fr
10 – 17 Uhr
stellung auch eine begehbare Camera Mi
10 – 19 Uhr
Obscura zu erleben sein.
So
11 – 17 Uhr
www.PhotoWerkBerlin.com/
Eröffnung:
Projektraum
Dienstag, den 5. Juli 2016 um 19 Uhr
projektraum@photowerkberlin.com
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Galerien
Welcome to the World
of Anderson & Low
Die CWC GALLERY freut sich, die
Ausstellung »Welcome to the World
of Anderson & Low« präsentieren zu
dürfen. Die bis dato umfangreichste
Ausstellung des Künstlerduo Anderson
& Low präsentiert über 100 Arbeiten aus
verschiedenen Werkserien.
Deren gestalterische Palette reicht dabei
von den spektakulären Arbeiten aus der
Serie »Manga Dreams« über die grazil
pittoreske Serie »Nudes« bis hin zur
atemberaubenden Serie »On the Set of
James Bond‘s ‚Spectre‘«, deren Werke
weltweit exklusiv zum ersten Mal ausgestellt sein werden. Die Ausstellung
wird mit ausgewählten Arbeiten aus
den Serien »Architecture«, »Abstraction«, »Athletes«,»Gymnasts – NDGT«
und »New Process« komplettiert.
© ANDERSON & LOW, PALAZZO, ROME, FROM »ON THE SET OF JAMES BOND’S SPECTRE«,
2015, (O.i.F.)
»On the Set of James Bond’s ’Spectre’«
Im vergangenen Jahr wurde Anderson &
Low die außergewöhnliche Ehre zuteil,
ein besonderes Kunstprojekt am Filmset
von »Spectre« – dem jüngsten Teil der
James Bond Reihe – zu realisieren.
Jenseits jeglicher menschlicher Spuren
legen die Künstler in ihrer präzisen
und nüchternen Dokumentation der
Drehorte deren geheimnisvolle Aura
frei. Mit ihrem außergewöhnlichen
Verständnis von Ästhetik und einem
beharrlichen Blick aufs Detail eröffnen
Anderson & Low einzigartige Bildräume,
die zwischen Surrealismus, Illusion
und Wunder schweben. Findet sich
der Betrachter beim Motiv »Helicopter
Front« in einer zerstörten Stadtszenerie
wieder, ist er bei »Oberhauser‘s
Control Room« und »Q Workshop«
zurück in der perfekt architektonisch © ANDERSON & LOW, OBERHAUSER’S CONTROL ROOM, MOROCCO
durchkomponierten Welt des Films. Der FROM »ON THE SET OF JAMES BOND’S SPECTRE«, 2015, (O.i.F.)
Kosmos, in den Anderson & Low den
Rezipienten entführen, offenbart sich »Manga Dreams«
schiedenen Kunstgattungen. So bediedabei gerade wegen seiner Perfektion In dieser Serie legen Anderson & Low nen sich die Künstler bei »Ramen Bakuselbst als Illusion. Die Werke, welche den Fokus auf den Einfluss von Manga retsu Ken« nicht nur der für Manga typiallesamt in den berühmten Pinewood und Anime auf die globale Jugendkul- schen Bildsprache, sondern ebenso der
Studios entstanden sind, halten der tur. Um der extremen Bildsprache von Mittel der Comic Typografie. Die Werke
ästhetischen Scheinwelt des Films den Manga entgegenzutreten, beschränken aus dieser sehr zeitgenössischen Serie
Spiegel vor. Im Juni erschien im Hatje sich Anderson & Low dabei nicht nur wurden weltweit in berühmten Museen
Cantz Verlag der Fotoband mit dem mehr auf die fotografische Gestaltungs- wie dem Metropolitan Museum of Art
gleichnamigen Titel der Serie.
ebene, sondern agieren zwischen ver- inNew York ausgestellt, welches auch
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brennpunkt 3/2016
Galerien
© ANDERSON & LOW, MANGA DREAMS UNTITLED (FOREST DEFENDER), (O.i.F.)
© ANDERSON & LOW, NATIONAL DANISH
GYMNASTIC TEAM, SKY #28
ausgewählte Werke in seiner Sammlung führt.
Die Leidenschaft zur Abstraktion in
ihrem umfassenden Werk konzentrieren
sich Anderson & Low auch auf das
künstlerische Gestaltungsmittel der
Abstraktion. Besonders die Serie
»Nudes« interpretiert auf diese Weise
die Ästhetik des menschlichen Körpers
in seiner Vollkommenheit und schafft
dabei zeitlose Studien von Form und
Licht, die nicht nur die Ästhetik der
Moderne, sondern ebenso Stilmerkmale
der Romantik und des Klassizismus
zum Gegenstand hat. Auch die Serie
»New Process« beschäftigt sich mit
dem menschlichen Körper, arbeitet
sich aber weg vom Monumentalen und
dafür hin zu einer intimeren, lyrisch
majestätischen Ebene. Werke wie
»Female Torso (Rowena)« offenbaren
dabei ein erstaunlich feines Gefühl
für den Körper und lassen uns dessen
fragile Eleganz erfahren.
Als visuelles Pedant, wenn auch mit
Architektur als Bildgegenstand, ist
die Serie »Abstraction« zu verstehen.
Abweichend von der klassischen Architekturfotografie wachsen die Gebäude
hier gerade durch die visuelle Abstraktion in ihrer Reduktion über ihre Profanität hinaus und finden zurück zu ihrem
Grundcharakter von Form und Struktur.
© ANDERSON & LOW, MANGA DREAMS,
UNTITLED (KIT THE SWORDSMAN), (O.i.F.)
und das Printverfahren liegt. Die Arbeiten von Anderson & Low werden weltweit ausgestellt und befinden sich in
namhaften Sammlungen: Metropolitan
Museum of Art (New York), Victoria &
Albert Museum (London), Nationa Portrait Galleries (England und Australien),
Museum of Fine Art (Houston), High
Museum of Art (Atlanta), Baltimore
Museum of Art (Baltimore), National
Gallery of Australia, National Gallery of
Australia, US Olympic Center, Maison
Européene de la Photographie und
Museet Fotokunst (Dänemark). Anderson & Low waren die offiziellen Künstler der Olympischen Spiele in London
2012. Ihre Arbeit wurde darüber hinaus
auf der Biennale in Venedig gezeigt
(2011).
bis 27. August 2016
Über Anderson & Low
Seit 1990 arbeiten Jonathan Anderson CWC GALLERY
und Edwin Low als Künstlerzusammen- Auguststraße 11-13
schluss Anderson & Low zusammen. Ihr 10117 Berlin-Mitte
Schaffenswerk umfasst Porträt, Architektur, Abstraktion, Reportage und Land- Di – Sa
11 – 19 Uhr
schaft, wobei der künstlerische Fokus
auf das Konzept, die Form, das Licht www.camerawork.de
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Galerien
GESELLSCHAFT
|ACH WAS |LEUTE |
Fotogruppe
Nachfolge 30
Claudia Hagen
Dietmar Kaross
Ilona Magdalena Kozlowska
Christa Majewski
Christine Mansfeld
Carsten Meltendorf
Claudia Schmidt-Brücken
Christoph Stöppler
Hanni Winkler
© Dietmar Kaross, (O.i.F.)
Seit längerer Zeit arbeitet die Gruppe
Nachfolge 30 miteinander an eigenen
und gemeinsamen Themen. Es erfolgt
eine regelmäßige Auseinandersetzung
mit der Fotografie und mit innovativen
fotografischen Positionen. Der Begriff
Gesellschaft wurde immer wieder
eingebracht und diskutiert. Es entstanden
breit gefächerte Arbeiten mit und
über Menschen in unterschiedlichen
Situationen.
Auch die Spuren, die Menschen hinterlassen, sind immer wieder ein Thema.
Ursula Kelm, Kuratorin
© Christoph Stöppler, (O.i.F.)
bis 17. Januar 2017
Bezirksamt Lichtenberg von Berlin
Große-Leege-Straße 103
(8. Etage)
13055 Berlin-Lichtenberg
© Christa Majewski, (O.i.F.)
54
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© Hanni Winkler, (O.i.F.)
Mo – Fr
9 – 18 Uhr
Galerien
© Hanni Winkler, (O.i.F.)
© Claudia Hagen, (O.i.F.)
© Claudia Schmidt-Brücken
© Carsten Meltendorf
© Ilona Magdalena Kozlowska, (O.i.F.)
© Christine Mansfeld, (O.i.F.)
© Carsten Meltendorf
© Christoph Stöppler, (O.i.F.)
© Dietmar Kaross, (O.i.F.)
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Galerien
»UrbanISTanbul«
Der Blick auf die
Stadt
Luzia Marion Bär, Valie Djordjevic
Klaus W. Eisenlohr, Andrea Höhne
Ania Kaszot, Türkan Kentel
Tine Kurka, Wilfried Püschel
Peggy-Nicole Sarmann, Frank Seeger
Rembert Stolzenfeld, Elena Ternovaja
Klaus Wazlak
© Tine Kurka
13 Fotografinnen und Fotografen, vier
Monate Vorbereitung, eine Woche
Istanbul. Das Ergebnis ist eine Ausstellung, die eine Stadt zeigt, die im ständigen Umbruch ist. Wo heute noch Wohnhäuser stehen, wachsen morgen Wolkenkratzer und Autobahnen.
Istanbul unter urbanen Aspekten zu © Rembert Stolzenfeld
betrachten, ist eine Herausforderung.
Eine der ältesten Städte und zugleich eigenen Bildstrategien, um der Macht
eine der jüngsten Metropolen, deren der Medienbilder etwas eigenes entgerapides Wachstum erst um 1950 begon- genzustellen. Ein Ziel war, durch bildnen hat. Damals hatte die Stadt 1 Mil- hafte Aneignung den Blick auch auf die
lion Einwohner, 2005 waren es 10 Mil- eigene Stadt zu verändern, sowohl für
lionen und heute sollen es um die 16 die Fotografen als auch für die Besucher
Millionen sein. Doch dieses schnelle der Ausstellung.
Wachstum bringt Probleme mit sich:
Immobilienspekulation, Verdrängung, Trotz aller Unterschiede in der HeranPlanungslücken.
gehensweise und Stil haben die entstandenen Fotos eines gemeinsam: Sie
Mit diesem Hintergrund beschäftigten zeigen nicht das typische Istanbul mit
sich die Fotografinnen und Fotografen Moschee und Basar. Es gibt keine Exotik
der Ausstellung schon in der Vorbe- des Orients, keine touristischen Werreitung. Dabei ging es ihnen nicht um bebilder – stattdessen Häuser und Straeine dokumentarische Herangehens- ßen, die menschengemachten urbanen
weise, sondern darum, sich mit künst- Landschaften, in denen inzwischen die
lerischer Absicht und reflektiertem Blick Mehrheit der Menschen leben.
den modernen und jüngsten Stadtentwicklungen anzunähern und Aspekte »UrbanISTanbul« ist die Fortsetzung
des Alltags einer Stadt im Umbruch eines Fotografie-Projekts, das mit dem
selbst zu erfahren.
Photocentrum der vhs FriedrichshainKreuzberg und dem StädtepartnerSie näherten sich der Stadt und den schaftsvereins Kadiköy e.V. seit 2012
Straßen Istanbuls mit individuell unter- besteht. Es ist ein künstlerischer Ausschiedlichen Bildkonzepten. Die tausch auf hohem Niveau entstanden,
Kamera wurde dabei zum Mittel der mit Teilnehmern aus Berlin und Istanbul
Kommunikation und zu einer Mög- und mehreren Ausstellungen in beiden
lichkeit, Öffentlichkeit herzustellen – Städten. In Berlin betreut der Künstler
vor allem in den Stadtteilen, die direkt und Fotograf Klaus W. Eisenlohr das Provon Verdrängung und Gentrifizierung jekt, in Istanbul unterstützt vom Fotograbetroffen sind. Dafür bedurfte es der fen Levent Karaoglu.
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© Peggy-Nicole Sarmann
www.urbanistanbul.de
Mit einem Gastbeitrag Istanbuler Fotografen, geleitet von Levent Karaoglu.
Mit Dilek Ílhan Güner, Özgül Küçük,
Nilüfer Çetin, Nuh Koçak, Deniz Kizilkanat, Patrick Schilling und Levent Karaoglu
Vernissage:
Freitag 2. September 2016, 19 Uhr
3. September bis 11. September 2016
Projektraum im Kunstquartier
Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin-Kreuzberg
Mo – Fr
Sa + So
14 – 20 Uhr
12 – 20 Uhr
Galerien
Jewgeni Roppel
»MAGNIT«
In dem Langzeitprojekt »Magnit« geht
es um die soziale und spirituelle Landschaft Sibiriens. Eine kollektive Sehnsucht entwickelt sich fortlaufend seit
Anfang der Neunziger Jahre. Die Individuen, die auf der Suche nach dem
neuen Sinn sind, haben der Gesellschaft, der orthodoxen Kirche oder ihrer
Familienmitglieder den Rücken gekehrt
und gehen auf die Suche nach Transformation, Mystik, spirituellen Lebensgemeinschaften und alten Legenden.
Inspirationen finden sie in diversen
Schriften und Lehren wie der Theosophie, die mit der indisch-tibetischen
Mythologie verknüpft ist, dem Buddhismus, Shivaismus, Sufismus oder Synkretismus (Vereinigung von diversen Glaubensrichtungen). Ihr Antrieb ist aber der
Traum von einer neuen geistig spirituellen Zukunftsgesellschaft, die sich laut
mehrerer Prophezeiungen und Legenden an einigen Orten in Westsibirien
entfalten soll.
Der Blick in die Geschichte zeigt ein
düsteres Bild von Sibirien ab, das seit
der Zarenzeit bis in die 70er Jahre als
»Gulag« (Straflager für politische Gegner
oder Kriminelle) oder »Verbannungsort«
galt. Heute entwickelt sich der nordasiatischen Teil der Russischen Föderation zu einem neuen Hoffnungsort und
stellt für viele Suchende, einen spirituellen Neuanfang dar. Sie glauben an die
Transformation und folgen ihrer Vision
und bezeichnen die Sakralen Orte in
der Natur als »duhovnie Magnity« spirituelle Magneten die oft mit mystische
Seen, Bergen oder Wäldern verbunden
werden.
© Jewgeni Roppel, (O.i.F.)
Vernissage
15. Juli 2016, 19 Uhr
16. Juli bis 3. September 2016
Teile der Arbeit wurden im Rahmen der
Reihe »gute aussichten - junge deutsche fotografie« unter anderem in den
Technischen Sammlungen Dresden, im
Rahmen des Fotofestivals Lodz und in
den Deichtorhallen in Hamburg gezeigt.
Für world in a room wurde die Arbeit
weiterentwickelt und neu zusammengestellt.
world in a room
Projektraum für Fotografie
Jewgeni Roppel hat sein Masterstudium Brunhildstraße 7
Fotografie und Bildmedien an der Fach- 10829 Berlin-Schöneberg
hochschule Bielefeld absolviert. Er lebt
und arbeitet in Hamburg und Biele- Fr + Sa 14 – 18 Uhr
feld.
www. worldinaroom.de
www.jewro.de
© Jewgeni Roppel, (O.i.F.)
brennpunkt 3/2016
57
Galerien
Christoph Boecken
»Auf Augenhöhe«
Christoph Boeckens Portraits vermitteln eine Nähe ohne Aufdringlichkeit.
Seine unaufgeregte und ruhige Art zu
fotografieren spiegelt sich in authentischen Abbildungen, ohne übertriebene
Posen oder unnötige Requisite, wieder.
Das von ihm bevorzugte Medium der
analogen Schwarz-Weiß-Fotografie und
seine Vorliebe für natürliches Licht verleihen den Bildern eine Zeitlosigkeit
und Beständigkeit, die sich wohltuend
von den kurzlebigen Moden der kommerziellen Portraitfotografie abhebt.
Diese Natürlichkeit bleibt jedoch nicht
dem Zufall überlassen, sondern wird
von ihm im Detail präzise und subtil
gestaltet. So gelingt das Festhalten eines
intimen Blicks auf die Persönlichkeit der
Portraitierten, welcher nur auf Augenhöhe zwischen Fotograf und Modell
möglich ist.
© Christoph Boecken
© Christoph Boecken
© Christoph Boecken
14. Juli bis 16. September 2016
Fotogalerie Potsdam
Am Neuen Garten 64
14469 Potsdam
© Christoph Boecken
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brennpunkt 3/2016
Vernissage
14. Juli 2016, 19 Uhr
Mo – Fr
8 – 21.30 Uhr
(Sommerpause vom 8. – 20. August)
www.fotogalerie-potsdam.de
Galerien
Loredana Nemes
»Nadelstreifen«
Für »Nadelstreifen« (2016) portraitiert Loredana Nemes in Frankfurt a.
M. arbeitende Bankangestellte. Banker
sind mächtig, sie genießen seit Jahren
keinen guten Ruf und sind, zumindest
in den höheren Positionen, durchweg
Männer.
Nemes setzt an ihrer Berufsuniform an,
dem Anzug, einem Kleidungsstück für
den nicht körperlich arbeitenden Mann.
Diese Hülle wird für sie zur neuen
Architektur, zum Geheimnisträger, zur
Zwangsjacke, zum Kopftuch. Die Haptik
der feinen Stoffe fordert Berührung ein,
die Satins des Innenfutters schmiegen
sich an weiche Männergesichter.
© Loredana Nemes, Sebastian, 2016, aus der
Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug
© Loredana Nemes, Andreas, 2016, aus der
Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug
Es ist ein Spiel mit Bildern, die Fragen
aufwerfen und die Geschlechter aufheben, die Bekanntes auf den Kopf stellen und neue Betrachtungsweisen einfordern. Im Dialog mit den Portraitierten
scheint alles möglich, ein grenzenloses
Spiel, ein Ausbruch aus dem Rhythmus
aller Tage, eine Sehnsucht nach Abenteuer, nach einem Bild, das Ungesehenes zeigt.
8. September bis 19. November 2016
Podbielski Contemporary, Berlin
Koppenplatz 5
10115 Berlin-Mitte
Di – Sa
12 – 18 Uhr
© Loredana Nemes, Constantin, 2016, aus der Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug
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Galerien
20 Jahre argus
fotokunst
Highlights aus
20 Jahren
Hundertzwanzig Ausstellungen in
zwanzig Jahren, das ist die stolze Bilanz
der von Norbert Bunge geleiteten Galerie argus fotokunst.
© Will McBride
© Konrad Hofmeister
© Wolfgang Krolow
Zunächst in einer schmalen Ladenwohnung in der Altberliner Marienstraße eingerichtet und Monate später
in einen sanierten Ausstellungsraum
auf der anderen Straßenseite verlagert,
hat sich die Galerie schnell zur ersten
Adresse für klassische Schwarz-WeißFotografie entwickelt; nicht zuletzt,
weil der Galerist mit vielen Fotografen
in Ost und West persönlich bekannt war
und ist.
(Hans Jörg Rother, Tagesspiegel)
© Ragnar Axelsson
© Sibylle Bergemann
Part one
bis 30. Juli 2016
© Erika Stone
Part two
31. August bis 1. Oktober 2016
Galerie argus fotokunst
Marienstraße 26
10117 Berlin-Mitte
Mi – Sa 14 – 18 Uhr
www.argus-fotokunst.de
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© Karol Kállay
Ausstellungen
Caritas Galerie
Galerie argus fotokunst
bis 9. September 2016
André Fischer
Sandra Ratkovic
Fotografien aus Minsk und Moskau
bis 30. Juli 2016
20 Jahre Galerie argus fotokunst
Jubiläumsausstellung
Residenzstraße 90
13409 Berlin-Reinickendorf
Mo–Do
8–17 Uhr
Fr
8–15 Uhr
imago fotokunst
16. September bis 29. Oktober 2016
Abschlussausstellung
Porträtklasse Thomas Kierck
Marienstraße 26
10117 Berlin-Mitte
Mi–Sa
14–18 Uhr
Museum für Fotografie
bis 3. August 2016
M+M (Marc Weis + Martin De Mattia)
»7 Days«
Veteranenstraße 20
10119 Berlin-Mitte
Di–Fr
14–19 Uhr
Jebensstraße 2
10623 Berlin-Charlottenburg
Di–Fr
10–18 Uhr
Do
10–20 Uhr
Sa + So
11–18 Uhr
C/O Berlin
KEHRER GALERIE
16. Juli bis 25. September 2016
Adam Jeppesen
»Out of Camp«
bis 27. August 2016
Ida Pimenoff
Aapo Huhta
»VIRTA // Block«
Hardenbergstraße 22-24
10623 Berlin-Charlottenburg
täglich
11–20 Uhr
Kunst Kreuzberg
Bethanien
22. Juli bis 24. Juli 2016
Shifting Focus
PHOTOBOOKMARKET
Potsdamer Straße 100
10785 Berlin-Schöneberg
Mi–Sa
11–18 Uhr
Kuckei + Kuckei
bis 30. Juli 2016
Jörn Vanhöfen
»Zwischenzeit 1989–1991«
Mariannenplatz 2
10997 Berlin-Kreuzberg
Mo–So
12–19 Uhr
Linienstraße 158
10115 Berlin-Mitte
Di–Fr
11–18 Uhr
Sa
11–17 Uhr
Robert Morat Galerie
galeriepixelgrain
bis 31. Juli 2016
Andrea Grützner
»Erbgericht«
bis 29. Juli 2016
Tanja Selzer
Linienstraße 107
10115 Berlin-Mitte
Di–Sa
12–18 Uhr
me Collectors Room
Berlin
bis 28. August 2016
Cindy Sherman
»Works from the Olbricht Collection«
Auguststraße 68
10117 Berlin-Mitte
Di–So
12–18 Uhr
Fotopioniere L@N GmbH
bis 30. September 2016
Lutz Matschke
»Phôtos Mythos«
Karl-Marx-Allee 87
10243 Berlin-Friedrichshain
Mo–Fr
11–20 Uhr
Sa
11–18 Uhr
DAS VERBORGENE
MUSEUM
bis 7. August 2016
Alice Lex-Nerlinger, 1893-1975
Fotomonteurin und Malerin
Schlüterstraße 70
10625 Berlin-Charlottenburg
Do & Fr
15–19 Uhr
Sa & So
12–16 Uhr
Haus am Waldsee
8. Juli bis 28. August 2016
Ingo Mittelstaedt
»Chinese Whispers«
Argentinische Allee 30
14163 Berlin-Zehendorf
Di–So
11–18 Uhr
Rosenstraße 16/17
10178 Berlin-Mitte
Mo–Fr
10–19 Uhr
Sa
14–19 Uhr
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Galeriebericht
Europa stößt an seine
Grenzen
In meinem letzten Bericht beklagte
ich das Fehlen jeglicher Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsproblem.
Die Galerie Hilaneh von Kories sorgte
für Abhilfe mit einer starken Reportage
des Hamburgers Neal McQueen von
den Brennpunkten am Mittelmeer. Die
Galerie ist bekannt für ihr hohes fotografisches Niveau und ihre Vorliebe für
Schwarzweiß, das ja gerade in der journalistischen Fotografie überzeugender
wirkt als die Farbe. Das bewies uns von
Kories schon im April mit den wunderbar atmosphärischen Bildern des Herbert Dombrowski aus dem Hamburg
der fünfziger Jahre. Neal McQueen
ist mit seinem Projekt »Perilous Hope
– A Documentary on Refugees« ganz
auf der Seite der verzweifelten Menschen. Im Januar dieses Jahres war er
als »humanitärer Aktivist« auf Lesbos
unterwegs und im März in Idomeni an
der griechisch-mazedonischen Grenze.
Seine kraftvollen Bilder sind auf lange
Papierfahnen gedruckt und einem zweiten Thema gegenübergestellt, »Quo
vadis, Europa?«, für das der Fotograf
durch den ganzen Kontinent reist und
Menschen zu Europa befragt. Die sehr
ausführlichen Interviews in englischer
Sprache neben den Porträts der Befragten mögen einer internationalen Verbreitung dienlich sein, hier bei uns sollten sie unbedingt auch auf Deutsch zur
Verfügung stehen. C/O Berlin ist darin
vorbildlich.
Ohne Kommentar kommt der Rostocker
Axel Heller aus, der uns in der Fotogalerie am Helsingforser Platz vom Leben in
einer der abgelegensten Regionen Europas erzählt, der Maramures im Norden
Rumäniens, an der Grenze zur Ukraine.
Seine intensiven Schwarzweißbilder
erinnern an Josef Koudelka, sie romantisieren nicht, zeigen uns Menschen, die
in ihrer Armut stark und selbstbewusst
das Leben meistern, stark auch in ihrem
orthodoxen Glauben. In eine solche
Gesellschaft ist die Minderheit der
Roma besser eingebettet als in eine mit
62
brennpunkt 3/2016
© Axel Heller / Lehmstedt Verlag
© Herbert Dombrowski, Schupo, 1962
einem auch nur etwas höherem Lebensstandard, zum Beispiel in der Ostslowakei. Für »Millionaires of Time …«
(Haus am Kleistpark) hat Anja Schäfer
schlichte farbige Konterfeis von Roma
gemacht, ohne jedes Umfeld. Eine Aussage entsteht erst durch die Audioporträts von Elisabeth Putz, die Ende Mai
auch der Stoff für ein bewegendes Feature im DLR Kultur waren. Die Roma,
die sich hier energisch und drastisch zu
Wort melden, fühlen sich von Europa im
Stich gelassen. Geld der EU fließt zwar,
aber es erreicht die Basis nicht. »Wir
hoffen, sagt einer, »dass diese Sendung
in ganz Deutschland gehört wird, vor
allem von Frau Merkel!« Günter Grass
hat 1997 gesagt: Als geborene Europäer
lehren uns die Roma aus jahrhundertealter Erfahrung Grenzen zu überschreiten, mehr noch, die Grenzen in uns und
um uns aufzuheben und ein nicht nur
in Sonntagsreden behauptetes, sondern
erwiesen grenzenloses Europa zu schaffen.« Heute, fast 20 Jahre später, sind wir
weit davon entfernt.
Wenn sich Künstler in humanitären
Projekten engagieren, sichert ihnen das
einen Vorschussbonus. Ohne den wäre
die Ostkreuzabsolventin Bigi Möhrle
kaum in die Galerie »world in a room«
geraten. Sie hat Gärtnerinnen und
Gärtner aus dem interkulturellen Garten
»Rosenduft« mit der Kamera begleitet
und interviewt, der vor 10 Jahren für
© Bigi Möhrle
bosnische Flüchtlinge gegründet wurde.
»Ich mache kein elitäres Programm«,
sagt der Galerist Horst Schönig, »ich
liebe die Vielfalt«.
Na, dann springen wir mal schnell nach
Bangalore/Indien. Wir finden es im Rathaus Tempelhof. Nora Bibel hat indische Großfamilien zusammengetrommelt und in ihren Wohnzimmern kunstvoll aufgebaut zu imposanten Tableaus,
mit höchster Auflösung, quer durch alle
Kasten, jeweils im Sonntagsstaat. Bis zu
20 Protagonisten sehen offenen Auges
starr in die Kamera, außer den Kleinsten. Das ist eine logistische Meisterleistung der Fotografin und zugleich eine
Anspielung auf das klassische Atelierporträt. Für die Familien ist es natürlich ein wertvolles Dokument, für das
sich der kollektive Dressurakt gelohnt
hat. Für den Betrachter ist es eher eine
kalte Pracht.
Galeriebericht
© Nick Brandt, Alleyway With Chimpanzee, 2014
Die gelungene Gratwanderung zwischen Inszenierung und behutsamer
Beobachtung führt uns das Photo Werk
Berlin vor mit einem bezaubernden
Kammerspiel der Fotografin Viktoria
Sorochinski, die mit 11 Jahren ihre russische Heimat verließ und über Israel
nach Kanada gelangte. 2005 lernt sie
dort die junge Landsmännin Anna und
ihre 3-jährige Tochter Eve kennen und
begleitet die ebenso intime wie ambivalente Entwicklung dieser Mutter-Tochter-Beziehung auf eine ebenso neugierige wie zurückhaltende Weise, so, dass
Spontaneität und Inszenierung harmonisch verschmelzen. Eve ist ein sehr
ernstes Kind, das für die zerbrechliche
Anna auch Halt und Stütze ist, sich aber
nicht opfern will. Es sind die leisen Töne,
die berühren.
Bei CameraWork geht es plakativer zu.
Es würde mich interessieren, was Nick
Brandts schwarzweißer Lieblingselefant
dazu sagen würde, dass sein Meister ihn
als veritable Riesenfotowand in eine afrikanische Müllkippe stellt, als Symbol für
die Verdrängung der Natur durch den
Menschen und seine Gier. Man sollte
das Tier zu einer Talkshow einladen. Es
würde uns wahrscheinlich daran erinnern, dass der Naturschutz auch vielen
Eingeborenen ihren Lebensunterhalt
geraubt hat, als eine Folge der Kolonisation. Aber höchst eindrucksvolle Bilder
sind das schon, die Nick Brandt da mit
so großem Aufwand erstellt hat, ohne
sich von Computer oder Farbe verführen zu lassen.
Am liebsten sehen wir Galeriebesucher
uns immer noch als Vertreter der eigenen Spezies an. Die müssen nicht mal
schön sein, damit überflutet uns ja die
Werbung. Wenn ein Künstler einen Ruf
hat wie Erwin Olaf bei Wagner + Partner, kann er uns Cellulitis und Schmerbauch ruhig zumuten, lebensgroß an
der Wand oder als Plastik im Raum.
»Skin deep« nennt sich seine neue Serie,
aber sie bleibt sehr an der Oberfläche,
im Gegensatz zu seinen früheren oft
beklemmenden Inszenierungen.
Heidi Specker in der Berlinischen
vermeidet alles, was ein Porträt eigentlich
ausmacht. Eher beiläufig nähert sie
sich ihren Protagonisten, im Profil, in
zufälliger Pose. Damit verhindert sie
eitle Selbstdarstellung, aber auch den
Zugang zur Person. Diesen Widerspruch
kriegt Anne Kathrin Greiner besser in
den Griff. Ihre Menschen sind – bei
sparsamem Licht – ganz in sich gekehrt,
fast abwesend, aber es geht eine Aura
von ihnen aus. Die kleine Galerie »Alles
Mögliche« in Friedenau ist immer wieder
für Überraschungen gut.
Ein richtiger Draufgänger in Sachen
Porträt ist der Pole Krzysztof Gieraltowski, einst in knallhartem Schwarzweiß (brennpunkt 1992), jetzt in ebenso
überzogenen Farben. Er dreht seine
Schauspieler und Politpromis durch die
Mangel, bis sie Funken schlagen. Nur
bei Donald Tusk hält er sich zurück,
wohl aus taktischen Gründen. Zu sehen
waren die Bilder im August-Bebel-Institut der SPD in der Müllerstraße, mit dem
Titel »Face to Face. Nachbar Polen«.
Sicher ganz zufällig hat dem Johanna
Breede ihr »vis-à-vis« gegenübergestellt,
eine köstliche Auswahl zum Thema, von
25 Weltklassekünstlern. Die ist noch bis
9. Juli zu sehen. Darunter ein geheimnisvolles Porträt von Isa Marcelli, der
anschließend eine Einzelausstellung
gewidmet ist, vom 15. Juli bis in den
September. (siehe Seite 22).
Der Amerikaner Matthew Russel Rolston bei CWC in der Auguststraße interessiert sich mehr für die Karikatur des
Menschen, mit 30 Porträts von historischen Handpuppen. Sonst hat er es eher
mit Promis wie Madonna. Eine Parallele
zum künstlichen Medienstar ist denkbar. Die kartoffelgroßen Puppenköpfe
leuchtet er blitzmäßig aus und zieht sie
hoch auf ein Extremformat, für das sie
nicht gemacht sind. Dass sie die Detailschärfe dennoch vertragen, spricht für
ihre kunsthandwerklichen Schöpfer,
nicht für den Fotografen. Emotional
lässt sich zu einem Kasperle nun mal
schwerer Kontakt finden als zu einem
Menschen. Kinder werden das anders
sehen. Die hätten sicher großen Spaß
gehabt an den bizarren Verkleidungen,
die sich Axel Hoedt hat einfallen lassen
zum Gallery Weekend am 30. April und
1. Mai. Im »Palais« neben dem DHM
zeigte er die großen Formate im Rahmen
des neuen »Berliner Fotografie Salons«.
Der ist ein Kind des etablierten »Berliner
Mode Salons«, über den die Chefin der
deutschen Vogue ihre schützende Hand
hält. Ziel der Initiative ist, den Fotografen des Metiers mehr Beachtung zu verschaffen. Die fand ganz sicher Stefan
Heinrichs mit traumhaften Aktaufnahmen in edelstem Schwarzweiß, leider
eben nur zwei Tage lang. Für ihn könnte
man den schönen Satz über Newton
abwandeln, er sei ein Modefotograf, der
auch mal ohne Kleider auskommt.
Das Gallery Weekend bringt angeblich
20.000 Leute auf die Beine. »Davon
merke ich hier nichts«, sagt Norbert
Bunge von der Galerie argus fotokunst
in der Marienstraße. Dazu muss man
wissen, und das ist in diesem Fall ein
Kompliment, Bunge ist »von gestern«.
Selbst gestandener Fotograf und Filmebrennpunkt 3/2016
63
Galeriebericht
© Nora Bibel, Sabanna, Bangalore, Indien, 2014. Aus der Serie: Family Comes First
macher, ist er ein Hüter und zugleich ein
Entdecker auf dem Gebiet der erzählenden Fotografie des letzten Jahrhunderts,
schwarzweiß und auf original Baryt.
Immer hat er dabei auch nach Osten
geschaut, und über den großen Teich
nach New York. Derzeit feiert argus Jubiläum, mit einer reichen Retrospektive.
Die Autoren können sich allesamt sehen
lassen. (siehe Seite 60). Eine solche
Konsequenz wird man anderswo kaum
finden. »Aber«, sagt Bunge, »man findet
anderswo viel mehr Publikum!« So hat
sich die Stadt Monschau in der Eifel der
Fotografie verschrieben und Bunge hat
ihr Ken Heyman beschert, 1930 geboren in New York. Von April bis Juni
folgte daselbst Will McBride, ebenfalls
auf Bunges Initiative. Für beide Künstler wurden tausende von Besuchern
registriert. Davon kann man in Berlin
nur träumen.
Aber sollten wir denn das Überangebot in unserer Stadt nicht genießen?
Wir müssen nur lernen, die Spreu vom
Weizen zu trennen. Das führt zu Vorurteilen, von denen ich natürlich auch
nicht frei bin. Am Ende ist alles Glücksache. Empfehlen kann ich nach Besichtigung die sehr liebevoll gestaltete Schau
»Berlin, Stadt der Frauen« im Ephraimpalais (bis 28.8.) und dazu den weiblichen Hajek Halke, Alice Lex-Nerlinger, im Verborgenen Museum (bis
64
brennpunkt 3/2016
7.8.). Für Standhafte auch die Relikte
des Kalten Krieges, bis 14.8. im DHM.
Thomas Struth im Gropiusbau konnte
ich wegen Redaktionsschluss nicht
mehr sehen, er ist natürlich als einer
der höchstgehandelten Deutschen ein
Muss, oder auch nicht? Wolfgang Tillmans, zuletzt bei Buchholz in der Fasanenstraße, hat mich noch nie begeistert, aber dass er sich kürzlich für den
Verbleib der Briten in der EU energisch
engagiert hat, das »gefällt mir«. Sicher
wird auch C/O Berlin nicht an ihm vorbeikommen, denn es hat sich erklärtermaßen von der narrativen Fotografie
abwandt und bekennt sich damit weitgehend zur derzeit beliebten Beliebigkeit, mit Puklus und Feldmann schon
praktiziert. Wieweit das Publikum das
für 10.- Euro sehen will, bleibt abzuwarten. Puklus hat dem Publikum immerhin
einige Köder vorgeworfen, zwecks interaktiver Beteiligung. Jetzt setzt C/O auch
auf Modisches, mit »Allure« aus der
Sammlung von Susanne von Meiss. Das
hätte ich eher von CW in der Kantstraße
erwartet. Vorsichtig agieren ja alle führenden Galeristen, verständlicherweise.
So richtig durchgeknallt geht es dagegen
oft im »Fenster 61« in der Torstraße zu.
Letztes Beispiel Boris Eldagsen. Seine
bunten und rauschhaften Delirien legen
den Verdacht nahe, dass er auch seine
Kamera mit »Johnnie Walker« getränkt
hat. In die Geschichte eingehen wird
das alles nicht. Auch nicht die gewiss
sehr schönen und erotischen Pflanzendetails von Kathrin Schmidt bei imago
in der Veteranenstraße. Eher schon die
Andeutungen und Fingerzeige in vagen
Unschärfen und irritierenden Details
von Claudia Lerch am selben Ort. Beide
sind Absolventinnen der Schule.
Sieben Berliner Chronisten haben sich
die Heidestraße vorgenommen, diese
ewige Baustelle im Norden des neuen
Hauptbahnhofs. Und alle Sieben sind
dem Charme einer Imbissbude erlegen,
Oase der Menschlichkeit, ein jeder auf
seine ganz spezifische Weise, die zu
studieren mir am Kleistpark viel Spaß
gemacht hat. Es sind dies André Kirchner, Andreas Muhs, Jörg Schmiedekind,
Wolf Jobst Siedler, Peter Thieme, Volker
Wartmann und Jochen Wermann. Im
selben Haus war Maria Sewcz mit »Jetzt,
Berlin« zu sehen, die die Stadt als ein
einziges Provisorium erlebt und das in
entsprechend fragmentarischen Details
zum Ausdruck bringt. Eine Methode, der
sich in ähnlicher Weise auch Andrea
Grützner und Torsten Schumann bei
exp 12 bedienen. Pars pro toto. Wenn
das Puzzle zu beliebig ist, fällt es
schwer, darin ein Ganzes zu erkennen.
Oft spricht daraus das Unvermögen, ein
Thema fotografisch stringent zu gestalten. Ein Gespür für die Ausnahme hat
Manfred Carpentier bewiesen mit dem
Duo Roger Ballen (Fotograf) und Wolfgang Petrick (Maler) in »Broken Home«.
Wir würdigten das mit dem Titelbild und
Pepper’s Photo Chat im letzten Heft. Ich
empfehle den schönen Katalog.
Schwere Kost mutet uns das Haus am
Kleistpark zu, hoffentlich nicht nur uns,
denn es geht um die jüngere deutsche
Geschichte, also ein Muss für die Schulen: Die Berliner Mauer. Unter dem Titel
»Inventarisierung der Macht« haben
Arwed Messmer und Annett Gröschner aus Archivmaterial eine Art Lehrstück gebastelt, an dem wir uns geistig abarbeiten sollen. In 12 Bänden, die
dort ausliegen, sind 1059 Mauerpanoramen zu sehen, die von den Grenzern um
1966 in erbärmlicher Qualität abgelichtet wurden. 120 porträtierte Volksarmisten würden uns dabei von der Galeriewand zusehen, wenn man ihnen nicht
die Augen zugeklebt hätte. Die schier
endlose Reihe der Wachtürme erinnert
Galeriebericht
© Boris Eldagsen, POEMS, (O.i.F.)
Zwei Mädchen mit Schatten
© Hans-Peter Feldmann, courtesy Mehdi Chouakri, Berlin; Foto: Jan Windszus, Berlin.
stark an die Bechers. Bis 21. August
können Sie das erleben. Es ist eine sicher
verdienstvolle Fleißarbeit, die versucht,
Geschichte anschaulich zu vermitteln.
Der Begriff »Macht« im Titel irritiert
mich. War die Mauer nicht eher ein verzweifeltes Symbol der Ohnmacht, wie
es sich jetzt an den Grenzen Europas
wiederholt? Dabei fällt mir eine kleine
lokale Pointe ein aus dem Wonnemonat:
Zum 20. Mai 2016 erreichte mich eine
Einladung des »Freundeskreises Palast
der Republik« zur Eröffnung einer Fotoausstellung zum 40. Geburtstag dieses
inzwischen verschiedenen Monuments.
Ort: Nachbarschaftszentrum »Rudi«. Es
spricht: Dr. Hans Modrow, Ministerpräsident der DDR a.D.
Ost-West bleibt Thema. Auch für die GfF,
die Gesellschaft für Fotografie, hervorgegangen aus dem Kulturbund der DDR
und von ihrem rührigen Präsidenten
Hans-Jürgen Horn nach der Wende auf
gesamtdeutsch getrimmt. Mit der genialen Idee der »100 Bilder des Jahres«, die
jetzt zum 22. Mal stattfanden, ist ihm
das in bewundernswerter Weise gelungen. Und der Wettbewerb »Was bleibt«
mit jedermanns Fotos aus dem ersten
Jahr nach der Wende, ist 2016 endlich
zum Abschluss gekommen mit der Präsentation im Freizeit Forum Marzahn.
Unterstützt wird Horn dabei wesentlich vom Landesvorsitzenden der GfF
in Berlin, Dr. Hans-Joachim Kühn, und
vielen Ehrenamtlichen. Gerade diese 2
Events sagen viel aus. Die 100 Bilder,
immer sehr volksnah bewertet, nicht
nach elitären Maßstäben, haben sich
dennoch inzwischen immer mehr dem
Ranking im internationalen Wettbewerb
angepasst, peu à peu. Aus den Ost-WestBildern von 1989-90 dagegen, vor der
digitalen Revolution, spricht vor allem
das unmittelbare Erleben der Wende,
ins Bild gesetzt auf allerlei symbolische
Art, witzig, hintersinnig, treffsicher. Das
macht richtig Spaß und spiegelt Skepsis und Euphorie oft in einem einzigen
Foto. Es ist ein bisschen schade, dass der
Katalog der 100 Bilder und die versprochene CD mit den Ost-West-Fotos nicht
zur Eröffnung fertig waren. Wir hätten
gern ein paar Beispiele abgedruckt.
Kurz vor Redaktionsschluss erfuhr ich
von der geradezu triumphalen Eröffnung
einer Ausstellung von Monika SchulzFieguth im Potsdam Museum, das im
alten Rathaus untergebracht ist. »Lumen
et Umbra«. Alle Honoratioren der Stadt
waren dabei und wollten erleben, was
Schulz-Fieguth aus Licht und Schatten
macht. Sie ist in Potsdam seit Jahren eine
»Figura«, auch in ihrer äußeren Erscheinung und persönlichen Ausstrahlung,
die ihr manche Tür geöffnet haben. Ausgebildet in der Leipziger HGB bei Arno
Fischer, hatte sie das Rüstzeug für eine
eigenwillige Laufbahn, gewissermaßen
zwischen Ost und West. Bis 21. August
sind die imposanten Porträts u.a. von
Willy Brandt und vielen Künstlern zu
sehen. Manches an ihrenweiteren Projekten ist mir zu bewusst provokativ.
Aber wunderbar fotografiert ist das alles,
auch der Heilige See, an dem sie sehr
nobel wohnt. RBB-Radio Kultur brachte
in den »Märkischen Wandlungen« eine
ganze Stunde im Gespräch mit der Fotografin. Sie ist auch Teil der elitären »Photographen Lounch Potsdam«, die ab und
zu gemeinsam ausstellt.
Für das Finale meines Berichts habe ich
mir eine echte Räuberpistole aufgehoben. Sicher erinnern sich die Leser an
die skandalöse Havarie des Kreuzfahrtschiffs »Costa Concordia« 2012 an der
toskanischen Küste, weil der Kapitän
einem befreundeten Bürgermeister aus
der Nähe zuwinken wollte. Das teure
Wrack wurde später gehoben und zum
Ausschlachten in den Hafen von Genua
geschleppt. Betreten allerstrengstens
verboten. Damit wurde es natürlich
ein Objekt der Begierde, auch für den
jungen deutschen Fotografen Jonathan
Danko Kielkowski. Bei 25 Books in der
Brunnenstraße erzählt er mir bereitwillig,
wie er die Bewachung unterlaufen hat.
Am letzten Augustsonntag 2014, einem
Feiertag in Genua, hat er sich bei Nacht
und Nebel in der Badehose an das Wrack
herangepirscht, Stativ und Kamera verstaut in einem Kinderschlauchboot. Der
Coup gelingt, er kann nach Sonnenaufgang unentdeckt etliche Stunden fotografieren. Und seine Ausbeute ist grandios! Im Verfall, überwachsen von allerlei Meeresalgen, wirkt Luxus umso sinnloser, geradezu pervers. Ein Theater mit
roten Plüschsesseln, ein Fitness-Studio
mit ganzen Reihen von Trainingsgeräten, das ist so aberwitzig, und eigentlich
auch ohne Havarie ein Untergangssymbol nach dem Beispiel des alten Rom.
Wir werden hier mit einer Metapher
konfrontiert, der wir kaum gewachsen
sind. Die Kröte müssen wir schlucken.
Guten Appetit!
(Die bibliophile Kostbarkeit »Concordia« ist für 49.- Euro bei 25 books zu
erwerben)
Klaus Rabien
brennpunkt 3/2016
65
Ausstellungen
REGINA RELANG
»Inszenierte Eleganz
Reportage- und
Modefotografie von
1930 bis 1980«
Regina Relang (*1906; †1989) beginnt
ihre fotografische Karriere im Paris der
1930er Jahre. Ihre ersten Erfolge feiert
sie mit Reportageaufnahmen, die während ihrer Reisen durch Südeuropa entstehen. Die körperlich schwere Arbeit
der Lastenträgerinnen im Hafen von
Porto weckt ebenso ihr Interesse wie
eine traditionelle makedonische Hochzeit in Galicnik. In der Nachkriegszeit
avanciert Relang zur führenden Modefotografin Deutschlands. Zu ihren Auftraggebern zählen namhafte Modeschöpfer wie Christian Dior, Pierre Cardin
oder Yves Saint Laurent, ihre Fotografien werden in zeitgenössischen Modejournalen wie Constanze, Madame oder
Film und Frau abgedruckt.
In ihren Fotografien, die treffend als
»Schaufenster in Bewegung« bezeichnet
wurden, kombiniert sie auf eigenwillige
und ungewöhnliche Art Mode mit Alltagssituationen. Die Ruinen des zerstör- Regina Relang, Gisela Ebel mit Schmetterlingsbrille, 1950, © Münchner Stadtmuseum Sammlung
ten Münchens dienen ihr dabei ebenso Fotografie Archiv Relang
als Kulisse wie das bunte und rege städtische Treiben internationaler Modeme- die Geschichte der deutschen Modefotropolen. Mit ihrem eigenen fotografi- tografie eines halben Jahrhunderts.
schen Stil überwindet Relang die Gren- Erstmals ist mit dieser Ausstellung eine
zen zwischen Mode- und Reportagefo- Auswahl aus dem Nachlass Regina
tografie. Sie bettet die neuesten Kollek- Relangs aus der Sammlung Fotografie
tionen in einen alltäglichen Kontext ein des Münchner Stadtmuseums außerhalb
oder inszeniert ihre Models als Starman- des süddeutschen Raums zu sehen.
nequins ganz im Sinne der glamourösen
Filmwelt. In den 1960er Jahren ändert Mit der Ausstellung REGINA RELANG
sich ihr fotografischer Blick und sie foto- setzt die LUDWIGGALERIE in der
grafiert zunehmend im Studio.
Sparte der populären Galerie die Vorstellung bedeutender Fotografinnen und bis 18. September 2016
Die Ausstellung spannt den Bogen von Fotografen der vergangenen Jahrzehnte
den frühen Reisereportagen der 1930er fort.
Ludwiggalerie
Jahre über Modefotografie der NachSchloss Oberhausen
kriegszeit bis zu den Fotografien für Die Ausstellung wird gefördert durch Konrad-Adenauer-Allee 46
Hochglanzmagazine wie Die Dame die Stadtsparkassen-Bürgerstiftung, die 46049 Oberhausen
oder VOGUE. Sie präsentiert Relangs Peter und Irene Ludwig Stiftung und
Lebenswerk und spiegelt gleichzeitig WDR3.
Di – So
11 – 18 Uhr
66
brennpunkt 3/2016
Ausstellungen
Johanna Henning
»EVOKING SPIRITS«
Der balinesische Tanz
Johanna Henning, geboren in Eckernförde, lebt und arbeitet in Berlin. Ihre
langjährige, berufliche Laufbahn in der
Medien- und Kreativbranche und ihr
internationales Studium (Master in European Management, ESCP-EAP) führt
sie nach Paris, London, Indien, Istanbul, Düsseldorf und Hamburg. Nach
einem Jahr an der Neuen Schule für
Fotografie in Berlin entschließt sie sich
in 2013, sich als Fotografin selbständig zu machen und zeitgleich international anerkannten Fotografen zu assistieren. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind
Reportage, Mode und Portrait. Freie
Arbeiten setzt sie im analogen Mittelformat um. 2015 reist sie in Kooperation
mit der Indonesischen Botschaft nach
Papua und mit der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft nach Sumatra. Die
erste Station ist Bali, wo sie Zugang zu
einer Schule für den Balinesischen Tanz
erhält, in der die Arbeit »Evoking Spirits« entsteht.
Fotografischer Werdegang
2015 Assistenz bei Beat Presser,
Fotograf und Hasselblad Master, Berlin
2013 Assistenz bei Just Loomis,
Fotograf, Berlin
2013 Studentin bei Eva Bertram,
3. und 4. Semester, Neue Schule für
Fotografie, Berlin
2012 Seminaristin bei Linn Schröder
Ostkreuzschule, Berlin
2010 Studentin bei Ursula Kelm,
imago fotokunst, Berlin
Gruppenausstellungen
2013 Engagement, Neue Schule für
Fotografie, C-Prints
2012 Pauline, Neue Schule für
Fotografie, C-Prints
2011 My Mother, Punctum,
Ostkreuzschule, C-Print
2010 It’s not meit’sthem,
imago fotokunst, C-Prints
© Johanna Henning
© Johanna Henning
© Johanna Henning
www.johannahenning.com
johanna@johannahenning.com
bis 30. September 2016
Universitätsklinikum Hamburg
Eppendorf (UKE)
Bernhard-Nocht-Strasse 74
Vernissage
23. April um 17.30 Uhr
20359 Hamburg
brennpunkt 3/2016
67
Ausstellungen
Manfred Paul
»Werkzyklen«
Manfred Paul (Jahrgang 1942) zählt
zu den wichtigen Vertretern der DDRAutorenfotografie. Er ist in den 1980er
Jahren der Fotograf, der die Moderne
der 1920er Jahre am deutlichsten reflektierte und dem durch seinen liebevollen und poetischen Blick auf die Welt
immer wieder atmosphärisch-dichte
Aufnahmen gelingen.
Von Anfang an setzt sich Manfred Paul
in seinen Arbeiten mit den existentiellen Fragen des menschlichen Daseins
auseinander. Die Darstellung des Subjektiven steht bei ihm stets stärker im
Vordergrund als das Abbild einer objektiven Realität. Seine große Sensibilität
und sein ausgeprägter Sinn für eine klassische Bildsprache bringen Bilder von
Dingen, Menschen und Landschaften
hervor, die in ihrer Intensität und Stille
vollkommen zeitlos erscheinen.Die
Ausstellung präsentiert eine Auswahl
an Fotografien aus einzelnen Werkzyklen, die aus verschiedenen Schaffensjahren stammen und u.a. Pauls langjährige Beschäftigung mit Ostberliner Stadtlandschaften und Hinterhöfen im Prenzlauer Berg, Stillleben und Meereslandschaften belegen. Einen Schwerpunkt
bilden dabei die Stillleben, eines der
bevorzugten Genres des Fotografen.Etliche der zwischen 1983 und 1985 entstanden Aufnahmen von Alltagsobjekten gehören neben vielen anderen Bildern des Fotografen seit seiner Einzelausstellung im Jahr 1985 zum Bestand
des dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus. Dem Zyklus der Stillleben widmet der Leipziger Verlag spector books eine Publikation, die zur Ausstellung erscheinen wird.
»Manfred Paul, »Berlin Ackerstraße«, 1973, Silbergelatineabzug,
dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus
bis 28. August 2016
dkw. Kunstmuseum
Dieselkraftwerk Cottbus
Uferstraße / Am Amtsteich 15
03046 Cottbus
Dr – So
10 – 18 Uhr
Montags geschlossen
www.museum-dkw.de
68
brennpunkt 3/2016
Ausstellungen
Fotosommer in
Görlitz
Ein Fotofestival ist beim Blick ins Internet gar nicht mehr so etwas Einmaliges – nicht was die Inhalte sondern was
deren Anzahl angeht. Der Versuch einiger Görlitzer Fotofreunde ein solches
Ereignis in ihrer Stadt zu organisieren
verlief im vergangenen Mai so ermutigend, dass es in diesem Jahr eine Neuauflage geben wird. Die Stadt Görlitz
war im vergangenen Jahrhundert einer
der größten Standorte der feinoptischen
Industrie. Es gab über neunzig Hersteller von Kameras und Fotozubehör. Insofern gehört in Görlitz alles was mit Fotografie zusammenhängt dort zum Rhythmus des Lebens.
Der Fotosommer wird am 8.Juli mit den
Arbeiten dreier Fotografinnen eröffnet.
Die Fotografinnen versprechen interessante Einblicke in das Schaffen der
Künstlerinnen die alle in der ehemaligen DDR geboren sind und deren Leben
so unterschiedlich verlaufen ist. Unter
dem Thema »Schauplätze« zeigen Eva
Mahn und Sandra Bergemann ihre
Arbeiten. Als dritte Fotografin ist Barbara Köppe vorgesehen.
Eva Mahn hat für ihren großformatigen Zyklus den Namen eines Schlosses in Cornwall »Strawberry Hills« als
Titel gewählt. Sandra Bergemanns zeigt
malerisch abstrakte Arbeiten »Zwischen
den Welten«.
www.fotomuseum-goerlitz.de
© Sandra Bergemann, aus der Serie: »Gegen das
Sehen«, (O.i.F.)
© Sandra Bergemann, aus der Serie: »Gegen das
Sehen«, (O.i.F.)
Vom 26. August 2016 bis 11. September 2016 finden weitere Veranstaltungen statt: Es gibt eine Ausstellung polnischer, tschechischer und deutscher
Fotografen aus einem offenen regiona- © Eva Mahn, Ausstattung Katrin Busching,
Eröffnung:
len Wettbewerb. In einem ehemaligen Hero II, aus der Serie: »Strowberry Hill«, 2013, 8. Juli 2016 18 Uhr
Kühlhaus, findet ein Workshop zur Licht- (O.i.F.)
malerei und im Maschinenraum dieses
Gebäudes eine Ausstellung polnischer in der Dunkelkammer des Fotomuseum 8. Juli bis 11.September 2016
Fotografen der Hochschule der Schö- unter Anleitung selbst Filme entwickeln
nen Künste Breslau, der Kulturhaupt- und Vergrößerungen herstellen.
Museum der Fotografie
stadt Europas 2016 statt. Sandra BerGörlitz e.V.
gemann veranstaltet einen Workshop. Die genauen Termine und das Pro- Löbauer Straße 7
Fotowalks durch Görlitz und Führun- gramm im Internet unter:
02826 Görlitz
gen zu den Gräbern der Görlitzer Industriepioniere der Fotografie sind weitere
Di – So
12 – 18 Uhr
Programmpunkte. Interessierte können www.fotofestival-goerlitz.de
www.fotomuseum-goerlitz.de
brennpunkt 3/2016
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Pepper´s Photo Chat
»Für mich sind meine
Aufnahmen Portraits,
auch die Akte.«
– Christian Reister
interviewt Pepper
Seit 2013 veröffentlicht unser Autor Jens
Pepper an dieser Stelle Gespräche zu
fotografischen Themen. In dieser Ausgabe wollen wir ihn nun auch einmal
selbst zu Wort kommen lassen, um
etwas über seinen Werdegang und seine
eigenen Fotos zu erfahren. Wir bringen
daher noch einmal ein bereits im August
2014 auf dem Blog »Obst und Muse«
erschienenes Gespräch, das Peppers
Blogkollege Christian Reister mit ihm
geführt hat.
Christian Reister: Du startest mit mir
den Blog »Obst & Muse«. Warum
eigentlich?
Pepper: Im vergangenen Jahr hatte ich
begonnen Interviews mit Fotografen,
Fotohändlern, Fotohistorikern etc. zu
führen, die ich dann auf einer an meine
Homepage gekoppelte Blogseite gestellt
und teilweise auch in der kleinen Berliner Fotozeitschrift Brennpunkt veröffentlicht habe. Meine Blogaktivität habe ich
später etwas vernachlässigt, auch weil
ich diesen notwendigen technischen
Aspekt des fachgerechten Einstellens der
Texte und Begleitfotos auf diese Seite
und das Formatieren der Daten nicht
sonderlich gut beherrsche und mag. Als
Du dann vorschlugst, deine eigene Interviewtätigkeit mit meiner zusammenzulegen und einen neuen gemeinsamen
Blog zu gründen, war das für mich einen
wunderbare Gelegenheit, bereits vorhandene Gespräche aus ihrem digitalen Grab zu befreien und erneut einer
Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen sowie eine neue Publikationsplattform für zukünftige Gespräche zu schaffen. Dabei gewährleistet mir die Kooperation mit dir einen unkomplizierten
70
brennpunkt 3/2016
technischen Support, was ganz wunderbar ist, denn du bist in Sachen Webdesign immerhin Profi. Außerdem erhoffe
ich mir natürlich viele spannende Einsichten in die Fotografie durch die von
dir selbst geführten Interviews. Und zu
guter Letzt glaube ich, dass wir unkompliziert miteinander umgehen können.
Christian Reister: Das Schreiben über
Fotografie und Kunst ist für dich ja nichts
Neues. Neben deiner Tätigkeit als Fotograf – dazu kommen wir noch – hast du
ja schon die unterschiedlichsten Rollen
im Kunstbetrieb gespielt. Autor, Galerist, Kunstvermittler. Hab ich was vergessen? Lässt sich dieser Werdegang in
ein paar Sätzen zusammenfassen?
ich das Angebot angenommen. Ich bin
dann auch aus der Galerie ausgestiegen und habe für verschiedene Blätter
geschrieben, am Anfang eher schwache Texte, wie ich heute sagen muss.
Außerdem habe ich für andere Galerien gearbeitet, habe kleinere Ausstellungen kuratiert und ein wenig Kunsthandel betrieben.
Anfang der 2000er Jahre habe ich dann
wieder einen eigenen kleinen Raum ins
Leben gerufen: pepperprojects. Dort
habe ich u.a. mehrfach mit der Klangund Lichtinstallationskünstlerin Christina Kubisch zusammengearbeitet oder
mit Wolfgang Petrick, einem großartigen Maler und Zeichner, mit dem ich
seit sehr langer Zeit gut befreundet
bin. Dieses Projekt ging dann irgendwann über in ein Galerieprojekt, das
ich mit einem Bekannten aus Schultagen gegründet habe, dass dann aber
wegen völlig unterschiedlicher Ansichten bald wieder auseinander ging. Für
diese Galerie habe ich unter anderem
die Fotografen Arthur Tress und Brigitte
Maria Mayer gewinnen können, die
beide großartige Ausstellungen gezeigt
haben.
Derzeit arbeite ich mit einem Kunstliebhaber und Sammler aus den USA
an der ersten englischsprachigen Monografie zu Leben und Werk von Wolfgang Petrick, die demnächst in den USA
erscheinen wird. Und, last but not least:
Aufgrund einer Wette habe ich mit dem
Fotografieren begonnen. Da ich damit
Erfolg habe – ich hatte im vergangenen
Jahr eine Einzel- und zwei Gruppenausstellungen und es wurde auch über
mich geschrieben – mache ich damit
weiter. So, kurz ist das alles jetzt nicht
geworden, aber es gibt Dir einen kleinen Überblick.
Pepper: Schon während meines Studiums der Kunstgeschichte und Geschichte
habe ich für eine kleine Offgalerie – die
Galerie paranorm – in Berlin gearbeitet. Unter anderem haben wir Künstler, Musiker und Designer besucht und
interviewt, d. h., ich habe die Gespräche geführt und der Galerist, Ralf Roszius, hat diese auf Video aufgezeichnet.
Dabei habe ich ziemlich viel gelernt
und überhaupt erst einmal richtigen
Zugang zur Kunstszene Berlins erhalten.
1989, kurz vor dem Fall der Mauer, habe
ich dann mit einer damaligen Freundin,
Lena Braun, meine erste eigene Galerie eröffnet, die Galerie Loulou Lasard
in Schöneberg. Das war ein ziemlich
angesagter Ort. Ich habe vor allem die
Ausstellungen organisiert, beispielsweise mit Ampelio Zappalorto, dessen
von uns präsentierte Klanginstallation
später auch auf der Biennale in Venedig zu sehen war. Lena dagegen hat
sich primär um ein spannendes Veranstaltungsprogramm gekümmert. So ist
damals beispielsweise Lotti Huber mit
ihrer autobiografischen Lesung bei uns Christian Reister: Na, jetzt kokettierst
aufgetreten und wir haben eine wilde du aber. Wette verloren und aufgrund
Zwanziger-Jahre-Party organisiert für die erster Erfolge »mache ich weiter«. Das
uns der spätere Tresor-Gründer Dimitri klingt ja nicht sehr ambitioniert. Dabei
Hegemann einen kleinen Roulettetisch steckst du in deine Arbeiten recht viel
geliehen hat, an dem man dann im Zeit und Enthusiasmus.
Keller sein Geld verspielen konnte.
Irgendwann habe ich aber gemerkt, Pepper: Oh, kommt das so rüber? Das
dass mir noch ziemlich viel Wissen in war nicht meine Absicht.
Sachen zeitgenössischer Kunst fehlte Verloren hatte ich die Wette übrigens
und als Marius Babias mich fragte, ob nicht, sondern gewonnen. Ein befreunich ab und an mal einen Artikel für die deter Fotograf erzählt mir schon seit den
Stadtzeitung Zitty schreiben wolle, habe 1990er Jahren immer mal wieder, dass
Pepper´s Photo Chat
© Pepper, »Jenny«, 2010,
aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.)
© Pepper, »Luise«, 2011,
aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.)
© Pepper, »Nikkou«, 2010,
aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.)
ihn Aktfotografie reizen würde, aber
irgendwie hat er das nie umgesetzt. Als
er diesen Gedanken vor einigen Jahren
noch einmal äußerte, habe ich mit ihm
gewettet, dass ich, der Laie, wenn ich
jetzt loslegen würde, schneller als er zu
einer Einzelausstellung und einem Buch
mit meinen eigenen Aktfotos kommen
würde. Die Einzelausstellung hatte ich
dann im vergangenen Frühjahr in der
Galerie Carpentier in Berlin, das Buch
ist gestaltet, harrt aber noch der Drucklegung in diesem Jahr. Ich habe übrigens nicht nur Aktfotos für dieses Projekt gemacht.
Und zu Deiner Frage nach der Ambition.
Klar bin ich ambitioniert. Die Fotografie macht mir Spaß und ich habe sehr
viele Ideen, die ich realisieren möchte.
Dafür muss ich mir aber auch noch
einige Dinge beibringen, also technischer Natur, denn wie gesagt, ich
komme aus der Kunstvermittlung und
bin kein ausgebildeter Fotograf. Aber
ich habe ein gutes Auge. Ich weiß, ob
ein Foto gut ist oder nicht. Selbst kreativ
zu sein war bis vor einigen Jahren nie
mein Ziel gewesen. Die Rolle des Vermittlers hatte mir immer sehr gut gefallen. Jetzt merke ich, dass es eine Prioritätenverschiebung gegeben hat. Ich habe
die Seiten gewechselt, bin vom Vermittler zum Produzenten geworden, zumindest zu einem beträchtlichen Teil.
Christian Reister: Die Mädchen, die du
fotografierst, sind sehr jung und keine
typischen Models – sie wirken eher wie
die unbedarfte Studentin von nebenan.
Wie lernst du sie kennen?
ein paar Wochen später haben wir die
Fotos für das Projekt aufgenommen.
Du sagst die Models wirken unbedarft.
Das halte ich für eine unglückliche
Wortwahl. Unbedarft war und ist keines
von ihnen. Es sind im Gegenteil alle sehr
starke Persönlichkeiten die genau wussten, was sie machen. Diejenigen, die vor
unserer Zusammenarbeit schon Fotos
von mir gesehen hatten, konnten sich
ja auch vorstellen, in welche Richtung
das Shooting gehen würde. Die hatten
Lust, sich ebenso portraitieren zu lassen.
Für mich sind diese Aufnahmen nämlich Portraits, auch die Akte. Das Sexuelle steht nicht im Vordergrund, sondern die Person, der Mensch. Gerade
weil ich keine Profimodels engagiert
habe, sondern Laien, kommt dieser Portraitaspekt in meinen Augen ziemlich
stark zur Geltung. Zwar sind die Fotos
in gewisser Weise inszeniert, aber die
Mädchen wirken dennoch sehr natürlich und authentisch. Das ist es auch,
was meine Fotos für Frauen und Männer
gleichermaßen interessant erscheinen
lässt. Übrigens war es jedem Model freigestellt sich bekleidet, akt oder halbakt
fotografieren zu lassen. Wichtig war mir
nur, dass die Aufnahmen einen erotischen Touch haben, und dass die Mädchen, die kein Akt oder Halbakt machen
wollten, damit einverstanden waren,
dass ihre Fotos auch im Kontext mir Akt-
Pepper: Für mein erstes Projekt
»Snapshot Beauties« habe ich in der Tat
ziemlich junge Frauen fotografiert. Da
die ersten, mit denen ich dafür zusammengearbeitet habe, zwischen 18 und
22 Jahre alt waren, habe ich dieses Alter
dann für dieses Projekt beibehalten, um
die ganze Bildserie einheitlich zu gestalten. Einheitlich waren auch die Wahl der
Kamera – ich habe eine analoge Kodak
FunSaver Einwegkamera mit eingebautem Blitz und Plastiklinse genommen
– und der Aufnahmeort: meine Wohnung.
Die ersten Models habe ich über Modelnetzwerke im Internet wie ModelKartei und fotocommunity bekommen.
Andere sind mir von Freunden vermittelt
worden, wieder andere habe ich auch
einfach angesprochen. Ein Model, mit
dem ich noch heute zusammenarbeite,
habe ich mit ihrem Freund auf dem
Mauerparkflohmarkt gesehen und einfach angesprochen. Ich habe den beiden
mein Projekt erläutert und sie eingeladen, sich irgendwann einmal Aufnahmen bei mir im Atelier anzusehen. Das
haben die zwei dann auch gemacht und
brennpunkt 3/2016
71
Pepper´s Photo Chat
aufnahmen zu sehen sind. Mit einigen
der Models, die ich für die »Snapshot
Beauties« fotografiert habe, arbeite ich
auch heute noch zusammen.
Christian Reister: Die Beschreibung
»unbedarft« war von mir als Beschreibung der Wirkung der Frauen auf den
Fotos gemeint, nicht als Charakterisierung der Person. Unbedarft im Sinne
von unroutiniert und daher eigenständig im Umgang mit geposten Fotos. Das
macht für mich den Charme der Arbeit
aus. Eben weil die tyischen Modelposen
und lasziven Blicke und Gesten konsequent vermieden werden. Genauso
wie die Technik ja auch nicht auf dicke
Hose macht und gekonnt jeden Kitsch
und Mackeransatz umschifft.
Vermutlich sieht das aber nicht jeder so.
Kommst du öfter in die Situation, dass
du dich gegenüber Vorwürfen und Vorurteilen rechtfertigen musst? Und falls
ja: ist das ein Problem für dich?
© Pepper, aus der Serie: Gorzow Wielkopolski, 2006-2010, (O.i.F.)
viel Zuspruch erhalte, gerade auch der Mädchen, das ich für diese Serie
Pepper: Ja genau, dass das alles unrou- von Frauen. Beispielsweise die Mutter fotografiert habe, ist vietnamesischen
tiniert wirkt war mir auch wichtig. Wie eines meiner Modelle, eine Lehrerin, Ursprungs; also ihre Eltern stammen
schon gesagt, ich denke, dass durch die findet es toll, dass sich ihre Toch- aus Vietnam. Sie selbst ist aber gebürtige
dieses ungeübt sein der Models intimere ter von mir Akt fotografieren lässt. Eine Berlinerin. Zur Zeit des Shootings stand
Portraits entstehen. Bei einem übermäßi- bekannte Schriftstellerin hat sich ein sie gerade vor der Entscheidung, ob sie
gen und professionellen Posing werden Foto von mir in ihre Wohnung gehängt, gleich ein Studium beginnen soll oder
persönliche Gesten und Mimiken eher und ebenso hat das eine bekannte Fil- erst einmal ein Jahr lang durch die
getilgt oder überspielt.
memacherin und Fotografin getan.
Welt reisen will. Die Tazredakteurin
sah nun zwei Fotos von diesem Model,
Vorwürfe die in Richtung »ich sei ein Christian Reister: Irgend ein kluger mit dem ich übrigens weder Akt- noch
Sexist« gehen gibt es ab und zu, aber Mensch hat mal gesagt: »Mindestens Halbaktfotos gemacht habe, und sagte
eher selten, und wenn, dann werden sie 50% einer Fotografie entsteht im Auge mir dann, dass sie durch diese Fotos
meistens von Frauen meiner Generation des Betrachters«. Ich bekomme mit an Thai-Sextourismus erinnert würde.
geäußert, Frauen, die vielleicht gerade meiner Fotografie auch ab und an die Da war ich wirklich baff. Wie kann
in der Midlife-Crises stecken oder mit abfälligsten Reaktionen ab, weil für ein erwachsener, politisch gebildeter
dem Älter werden nicht zurechtkom- manche Menschen das Fotografieren Mensch so einen Bullshit von sich
men und in der Zusammenarbeit zwi- von Menschen in der Öffentlichkeit geben? Das war purer Rassismus. Das
schen älterem Fotografen und jüngerem per se schon eine Schweinerei zu sein was die Redakteurin eigentlich mit
Modell möglicherweise einen persön- scheint. Andere interpretieren in meine ihrer Äußerung sagte war, dass eine
lichen Affront sehen. Manchmal auch Fotos Dinge und Absichten hinein, die junge Frau die asiatisch aussieht mit
von ausgeprägt linksfeministisch einge- in Abgründe blicken lassen, die wohl Sicherheit eine Prostituierte sei. Sie hat
stellten Frauen der jüngeren Generati- weder der Fotografierte und ich je gese- das gewiss nicht so gemeint, dachte
onen. In den vergangenen drei Jahren hen haben.
bestimmt auch viel mehr so, dass, wenn
habe ich so etwas aber keine zehn Mal
ich als deutscher Mann eine asiatisch
erlebt. Vielleicht schweigen die meis- Pepper: Dazu möchte ich Dir noch aussehende Frau fotografiere, dieses
ten möglichen Kritikerinnen ja auch ein- eine Anekdote erzählen, denn sie ist etwas von »Mann kauft Prostituierte«
fach, ich weiß es nicht, und es interes- ein Beispiel dafür, wie vermeintlich an sich hat. Aber das ändert nichts
siert mich auch nicht ernsthaft. Jeder soll engagierte Menschen im Wust ihrer daran, dass ihre Äußerung im Grunde
seine Meinung haben. Ich präsentiere eigenen Vorurteile und Klischees vorurteilsbeladen und rassistisch war.
mich ja mit meinen Fotos einer Öffent- gefangen sind. Vor ungefähr zwei Hätte sie das vor dem Model geäußert
lichkeit. Da kann ich kaum erwarten, Jahre hatte mich eine Redakteurin der hätte sie sich mit Sicherheit eine
dass alle meine Arbeit mögen.
Tageszeitung taz besucht und hat sich die eingefangen. Doch solche Vorfälle sind
Ich freue mich aber darüber, dass ich »Snapshot Beauties« angesehen. Eines wirklich selten. Die meisten Menschen
72
brennpunkt 3/2016
Pepper´s Photo Chat
Christian Reister: Ich bin gespannt.
Willst du noch einen kleinen Ausblick
auf deine kommenden Interviews
geben, die wir hier in nächster Zeit veröffentlichen werden?
Pepper: Ich werde ein bereits publiziertes Gespräch mit Klaus Honnef
über zeitgenössische Aktfotografie aus
dem letzten Jahr auch noch mal auf
dieser Plattform veröffentlichen. Dann
ein Gespräch mit der Kunsthistorikerin
Helen Adkins über Schadographien und
ein Interview mit dem Fotografen André
Wagner. Es gibt noch so viele Fotografen,
Galeristen, Kuratoren, Fotohistoriker
usw. beiderlei Geschlechts mit denen
ich über ihre Arbeit sowie Fotografie
ganz im allgemeinen reden möchte. Ich
denke, dieser ganze Blog wird für mich
genau so spannend werden wie für fotografieinteressierte Leser.
© Pepper, aus der Serie: Gorzow Wielkopolski, 2006-2010, (O.i.F.)
denken glücklicherweise nach, bevor
sie den Mund aufmachen.
Christian Reister: …oder respektieren
zumindest die Freiheit der Kunst und
der Berichterstattung.
Auf deiner Website findet sich noch
ein Fotoprojekt ganz anderer Art. Was
hat es mit dem Langzeiprojekt über
Gorzow Wielkopolski auf sich? Sag
jetzt bitte nicht, du hättest da eine
Wette gewonnen…
Pepper: Gorzow Wielkopolski ist eine
Stadt im Westen Polens, ungefähr 130
km von Berlin entfernt. Sie ist aber kaum
jemandem ein Begriff. Nur ältere Menschen und Germanisten kennen die
Stadt, die bis zum Kriegsende Landsberg an der Warthe hieß. Christa Wolf
wurde dort geboren und Gottfried Benn
war um 1943 dort als Militärarzt stationiert. Nach dem Krieg wurden die
deutschen Bewohner von dort vertrieben und ihrerseits vertriebene Polen aus
Galizien wurden dort zwangsangesiedelt. Nach der Wende dann, als Polen
den sowjetischen Einfluss abgeschüttelt
hatte, ging es mit Gorzow wirtschaftlich bergab und die Arbeitslosigkeit stieg
rasant an.
Als ich 2006 erstmals dort hinkam, hatte
man der Stadt den jahrzehntelangen
Verfall und die relative Armut
angesehen. Und obwohl sie so nah
an Berlin gelegen ist und bereits
17 Jahre seit der Wende vergangen
waren, wirkte die Stadt atmosphärisch
noch ziemlich osteuropäisch. Aber
Gorzow war ganz offensichtlich auch
im Wandel begriffen. Die anstehende
750-Jahr-Feier in 2007 hatte es wohl
möglich gemacht, dass Gelder flossen
und ziemlich viel im öffentlichen Raum
gebaut und restauriert wurde. Vieles war
also ganz heftig im Wandel begriffen
und das wollte ich fotografieren. Aber
das Ganze fing erst einmal so nebenher
an, denn der eigentliche Grund warum
ich in Gorzow war, war eine Beziehung.
Ich habe zunächst auch gar nicht an
eine Nutzung der Fotos gedacht und
habe deshalb nur eine ziemlich simple
Digitalkamera von Praktica benutzt,
dieselbe, die ich später für die Serie
»Bloom of Youth« verwendet habe.
Aber wie es so ist: das Projekt hat sich
verselbstständigt und ist nun mit der
Auswahl von 60 Gorzow-Aufnahmen
aus den Jahren 2006 bis 2010 der Beginn
einer Auseinandersetzung mit Polen.
Das Land interessiert mich zusehends
mehr und derzeit arbeite ich an einer
Langzeitdokumentation über Warschau.
Ich habe auch noch allerlei andere
Ideen, die ich mit den Jahren in Polen
umsetzen möchte.
Seit 2014 ist viel geschehen. Viele weitere Interviews sind entstanden und
auf Obst und Muse eingestellt worden,
aktuell eines mit Roger Ballen. Das Buch
»Snapshot Beauties« ist im Selbstverlag
erschienen und wird unter anderem
vom konkursbuch Verlag Tübingen vertrieben. Ein Katalog mit Aufnahmen aus
der Serie »Bloom of Youth 2« ist im Frühjahr 2016 in der Edition Carpentier veröffentlicht worden. Ab Juni wird unser
Autor in Warschau leben und uns künftig von dort aus mit neuen Interviews
und Artikeln über die dortige Fotoszene
beliefern. Peppers fotografische Auseinandersetzung mit der polnischen Hauptstadt geht ebenfalls weiter.
www.obstundmuse.com
www.photosbypepper.tumblr.com
www.reister-images.de
brennpunkt 3/2016
73
Fotografie
© Isa Marcelli, Sans Titre, aus der Serie: Parfums, 2012, Courtesy Johanna Breede / PHOTOKUNST
Ausstellung: Johanna Breede PHOTOKUNST (16. Juli bis 24.September 2016), siehe Seite 22
74
brennpunkt 3/2016
Notizen aus Warschau
Notizen aus Warschau.
Ich bin im Juni nach Warschau gezogen. Nach knapp dreißig Jahren Berlin
brauchte ich eine Abwechslung. Berlin
kenne ich in- und auswendig, obwohl
ich zugeben muss, dass Berlin so schnelllebig ist, dass es schwer fällt, immer auf
dem Laufenden zu sein: die neuen Cafés,
die Veränderungen in den hip gewordenen Stadtteilen, die zahlreichen Ausstellungen, Konzerte, Theaterstücke.
Man kann unmöglich überall bestens
informiert sein. Dennoch, ich möchte
noch einmal etwas ganz Anderes erleben, eine neue Stadt und eine andere
Kultur. Warschau ist da eine gute Wahl.
Nur fünfeinhalb Stunden mit dem Zug
entfernt (also heimwehkompatibel) und
doch so fremd. Wer kennt denn schon
die polnische Hauptstadt? Immerhin,
die Bücher von Steffen Möller haben
bei den Deutschen ein gewisses Interesse geweckt. Sie beginnen sich langsam für ganz Polen zu interessieren, also
auch über Danzig, Breslau und Krakau
hinaus. Da kann eigentlich nur die aktuell regierende PiS mit ihrer antieuropäischen Politik diesen Trend abwürgen.
Wir werden sehen.
Bevor ich in meine neue Heimat gezogen bin, habe ich viel über Polen und
insbesondere über Warschau gelesen.
Ich wollte informiert sein, so gut es eben
geht. Neben Politik und Geschichte,
darüber ist in Buchform so einiges zu
finden, zumindest in den Berliner Bibliotheken, wollte ich vor allem einiges
über das einfache, alltägliche Leben
erfahren. Doch hier wurde die Luft dünn.
Es gibt kaum etwas, das inhaltlich über
die oberflächlichen Reiseführer hinausgeht. Wäre der Möller mit seinen drei
Büchern »Viva Polonia«, »Expedition zu
den Polen - Eine Reise mit dem BerlinWarszawa-Express« und »Viva Warszawa« nicht gewesen, hätte ich echt
Probleme gehabt. Gute Tipps und Kontakte vermittelte mir dann noch die polnische Fotografin Georgia Krawiec, die
es gerade in umgekehrte Richtung gezogen hatte und die nach vielen Jahren in
Warschau nun in Berlin lebt.
© Pepper
Wenn ich verreise, versuche ich mir auch
visuell einen Eindruck über den Zielort
zu verschaffen, meistens mache ich
das über Fotobücher (und das Internet).
Eigentlich gibt es über jeden Ort inzwischen irgendwelche mehr oder weniger
bebilderten Publikationen. Auch über
Warschau gibt es diese, und wenn ich
in Berlin suche, dann sind sie zumeist
in deutscher und englischer Sprache.
Aber man muss schon gezielt nach
ihnen Ausschau halten. Die meisten
Bildbände, die ich in den Händen hielt
oder mir gekauft habe, waren entweder reine Erinnerungsbände, die in mehr
oder weniger hübschen Aufnahmen die
Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigten,
oder es waren ältere Bücher aus den
Zeiten der kommunistischen Herrschaft,
die dann neben den schönen Ansichten auch die städtebaulichen Errungenschaften des Sozialismus ausgiebig präsentierten. Blicke auf das gegenwärtige
nichttouristische Warschau und Fotobücher von Fotokünstlern, die sich ihrer
Heimatstadt mit irgendeinem konzeptuellen Ansatz nähern oder die als Straßenfotografen den Alltag und die Menschen dokumentieren sind in Deutschland kaum zu finden. Vereinzelt gibt es
noch interessante Bildbände mit historischen Aufnahmen deutscher Soldaten
aus dem jüdischen Ghetto oder - aus
DDR-Produktion - sehr gute Publikationen über den Wiederaufbau der von den
Deutschen völlig zerstörten Stadt in den
1950er und 1960er Jahren.
In Warschau selbst dominieren ebenfalls
die touristischen Kaffeetisch-Wälzer.
Und natürlich gibt es auch hier noch
zusätzlich, und auch in größerer Auswahl als in Deutschland, fotohistorische
Bücher, die den Zweiten Weltkrieg, den
Warschauer Aufstand, die Zerstörung
der Stadt durch die Deutschen und den
anschließenden sozialistischen Wiederaufbau zum Thema haben. Einige Fotobände über Warschau widmen sich
der Frühzeit der Fotografie (siehe auch
Brennpunkt 1/2016). Einen künstlerischen Blick auf die Stadt gibt es dann
aber auch, doch diesen muss man
suchen, in Galerien, die ein eigenes Verlagsprogramm führen, wie die Galerie
raster, oder in Museumsbuchhandlungen, wie die der Zacheta. Dort werden
Warschauliebhaber fündig und finden
das etwas Abseitigere, Nichttouristische
und weniger Erinnerungslastige; einen
frischen Blick auf das heutige Warschau.
Und es gibt auch Abhandlungen zu fotohistorischen Themen aus den vergangenen Jahrzehnten ohne sozialistisches
Gepräge. Ich bin noch ganz am Anfang
meiner Recherche und werde hoffentlich noch auf viele interessante Fotobücher stoßen, die mir ein Warschau jenseits der bekannten Wege zeigen. Und
wer weiß, vielleicht mache ich ja in
Zukunft ein Buch mit meinen eigenen
Fotografien über Warschau. Ich habe da
schon so meine Ideen.
Pepper
brennpunkt 3/2016
75
Portfolio Thomas Nitz
Atelierbesuch bei
Thomas Nitz
Wenn man sein Atelier betritt herrscht
zuerst einmal kreatives Chaos. Überall stapeln sich Bilder, die Wände sind
mit seinen Arbeiten schwer behangen,
an einer Seite reihen sich 3 baugleiche Großbildvergrößerer aus den 60er
Jahren, altes Industriemetall, es riecht
nach Fotochemie.
Wer zum ersten Mal die Bilder von
Thomas Nitz sieht ist etwas irritiert, man
denkt an Drucktechniken wie Radierung, jedoch stammen alle Arbeiten aus
dem Fotolabor, allerdings habe ich ähnliches noch nie gesehen.
Es entsteht alles analog, ausschließlich
mit sw Material auf Rollfilm oder Planfilm. Die Fotografie ist für Thomas Nitz
mechanisches Lichtzeichnen, er experimentiert mit Doppel- und Mehrfachbelichtungen, Unschärfe und dem Sandwichen der Negative im Labor. Für die
Abzüge beschichtet er Aquarellkarton mit Pigmenten und Bindern um
dem Untergrund seinen Klang, farbig
wie haptisch zu geben. Dieser scheint
nach der Deckschicht aus flüssiger Fotoemulsion durch und verbindet sich mit
dem Motiv. Es entstehen Unikate wovon
Reproduktionen hergestellt werden
können, allerdings sichtbar wie das Verhältnis von Malerei und dessen Replikaten und Drucken. Um das zu unterstreichen baut Thomas Nitz in die Untergründe seiner Arbeiten eine Schicht
aus phosphoreszierenden Pigment ein
welches im Dunkeln nachleuchtet für
einige Zeit. Dies will er nicht als Kapriole verstehen, vielleicht eher als Wasserzeichen.
Thomas Nitz sieht jede seiner Arbeiten
als selbstständige Objekte an welche in
sich funktionieren müssen. Ihn interessiert nicht die exakte Wiedergabe, die
Essenz der Dinge muß für ihn sichtbar
sein, also welches Gefühl ein Gegenstand oder Mensch bei ihm hinterlässt
oder auslöst. Das mag die Intensität eines
Blickes sein, das Flackern der Baumstämme im Wald, die fragile Monströsität von Architektur. So wie er arbei76
brennpunkt 3/2016
© Thomas Nitz, Gropiuspassagen #1, 2016
tet ist das Ergebnis nicht 100% kontrollierbar, er kann nur den Impuls geben,
die Richtung weisen wie das belichtete
Material mit der Chemie reagiert und
oft entstehen überraschende Momente,
im Positiven wie im Negativen. Es ist
für ihn ein Abenteuer und es hat noch
den Zauber der Fotografie inne wie er
mir lebhaft erzählt. Da stellt sich mir die
Frage wann eigentlich die Fotografie für
Thomas Nitz entzaubert ist...
In der Serie »Verona« sind die Grafitis
aus dem Haus von Romeo + Julia zu
sehen, ein Gewirr aus tausenden von
Initialien sich liebender Paare, an die
Wände geschrieben und im ständigen
Wandel durch neuere Übermalungen
mit einer Flüchtigkeit welche das reale
Leben widerspiegelt.
In seiner Serie Antlitz sind Köpfe und
Körper verwoben in Texturen und entziehen sich so der Neugier des Betrachters, für ihn ist es ein Spiel mit dem
Konsum von Pornografie...
Ich merke das Thomas Nitz doch eine
Affinität zur Malerei hat und konfrontiere ihn mit der Frage warum er dann
überhaupt fotografiert und nicht gleich
alles malt bzw. zeichnet.
Thomas Nitz: »Was man nicht zeichnen
soll muß fotografiert werden...es macht
keinen Sinn ein 30-stöckiges Hochhaus
in allen Details zu zeichnen, die Kraft
der Zeichnung liegt in der Reduktion
auf das Wesentliche. Vielleicht ist dies
die Schnittstelle mit der ich die Grenze
und die Chance der Fotografie für mich
auslote.«
Wir verlassen das Atelier, Thomas Nitz
schaltet das Licht aus und über das
Thomas Nitz: »Es beginnt mit dem Blick Chaos legt sich die Dunkelheit, allein
auf das Display kurz nach der Aufnahme seine Arbeiten glimmen grünlich an der
und endet mit dem glatten Ausdruck auf Wand.
Papier nach dem digital workflow, ehrSebastian Geyer
lich gesagt die digitale Fotografie langweilt mich, es ist alles so rein, sauber
und kontrolliert. In meinem Beruf als Thomas Nitz hat Bildende Kunst an der
Fotograf mache ich nur Auftragsfotogra- UdK Berlin studiert und arbeitet seit
fie digital, ein älterer Kollege sprach mal 1992 als freier Fotokünstler in Berlin. Er
von »elektrischen Fotos« (lacht)
ist u.a. Lehrbeauftragter für Fotografie
Es tauchen immer wieder ähnlich Motive an der HTW Berlin
in seinen Arbeiten auf, manches wirkt Nach vielen Ausstellungen waren seine
auf mich eher morbide.
Arbeiten zuletzt im Nov. 2015 in der
Thomas Nitz verneint und findet alles Carpentier Galerie Berlin zu sehen.
sehr lebendig. Obwohl er jede seiner
Arbeiten als Objekt sieht arbeitet er doch
seriell, für ihn geht es immer um existenzielle Dinge wie Urbanität, Natur und
Sexualität.
www.tnt-fotoart.de
In der Serie Kathedralen und Metropolis wird durch Mehrfachbelichtungen
die Struktur der Architektur verdichtet,
Shopping Malls zersplittern zu Fragmenten aus Licht und Schatten, Hochhäuser werden zu Phalli der Großstadtsilhouette, Wälder zum Stakkato aus
Linien und Texturen.
Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Potsdamer Platz Arkaden, #1, 2016
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Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Sozialpalast # 1, 2012
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brennpunkt 3/2016
Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Upper West #1, 2016
brennpunkt 3/2016
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Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, SH #1, 2011
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brennpunkt 3/2016
Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, MES #2, 2015
brennpunkt 3/2016
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Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Waldstück #6, 2015
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brennpunkt 3/2016
Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Living Levels #4, 2015
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Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Mall of Berlin #1, 2016
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brennpunkt 3/2016
Portfolio Thomas Nitz
© Thomas Nitz, Verona 11/2013 #5, 2015
brennpunkt 3/2016
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Vernissagen (Rückblicke)
Torsten Solin
»Das Album«
Unter dem Titel »Das Album« zeigte die
galerie hiltawsky bis zum 2. Juli 2016
neue Arbeiten von Torsten Solin (*1972,
Jena, Deutschland).
Mit seinen manipulierten Bildern bzw.
den in anderen Szenen inszenierten Torsten Solin in der galerie hiltawksy, © dibue
Torsten Solin mit Besuchern, © dibue
Selbstportraits erforscht Solin gesellschaftliche und geschlechtsspezifische
Zugehörigkeiten. Damit öffnet er ein
komplexes (Foto)Album neu und macht
es vielfältig lesbar. Es geht um Identität
und Selbstinszenierung.
Durch ein obsessives Spiel damit, wird
die Erinnerung, das Hauptmotiv eines
Fotoalbums, gelöscht. Das zugrunde
liegende historische Fotomaterial
bekommt durch den künstlerischen
Aneigungsprozess eine neue Funktion
Rechts: Christian Hiltawsky und der Kurator der
und erlaubt zugleich unterschiedliche © Torsten Solin (aus der Ausstellung)
Ausstellung Harald Theiss © dibue
Interpretationen. Es entsteht ein imaginäres Fotoalbum mit neuen Selbst- allem aus der Literatur des 19. Jahrhun- Die Ausstellung untersucht und hinporträts und Selbstinszenierungen, die derts, der Romantik, bekannt ist, bleibt terfragt die Einzigartigkeit, den Identigleichzeitig Hinweise auf das Motiv des es bis heute ein Forschungsgegenstand; tätsverlust und ist gleichzeitig auch die
Doppelgängers sind. Obwohl es vor nicht nur in Erzählungen.
Neukonstruktion des Selbst.
Neal McQueen
»Perilous Hope –
A Documentary on
Refugees«
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Neal
McQueen mit gesellschaftlichen und
politischen Veränderungen in Europa.
Viele Male ist er in den letzten zwei
Jahren nach Griechenland gereist. Im
Frühjahr 2016 arbeitete er an der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni. Insbesondere dieser Ort hat
internationale Aufmerksamkeit erhalten, stauten sich doch in diesem kleinen Grenzort nach Schließung der so
genannten Balkanrouten tausende von
verzweifelten Flüchtlingen, denen die
Weiterreise verwehrt wurde und die so
gezwungen waren unter unmenschli86
brennpunkt 3/2016
Galerie Hilaneh von Kories, (Vernissage),
© Udo Rzadkowski, 20. Mai 2016
© Neal McQueen
chen Bedingungen in der Grenzregion
auszuharren.
Anders als viele Bildjournalisten, die der
europäischen Flüchtlingskrise eine visuelle Wahrnehmung geben, versteht sich
Neal McQueen eher als unabhängiger
Fotograf, als humanitärer Aktivist.
Blog zum Projekt »Perilous Hope«:
http://periloushope.tumblr.com
Blog zum Projekt »Quo Vadis Europa«:
http://quo-vadis-europa.tumblr.com
Einführung: Prof. Dr. Thomas Fischer,
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof.
© Udo Rzadkowski, 20. Mai 2016
Vernissagen (Rückblicke)
Allure
[frz. Stil, Eleganz]
Fotografien aus der
Collection Susanne
von Meiss
Susanne von Meiss und René Groebli, © dibue
Peter Knapp und René Groebli, © dibue
»Allure ist etwas, das existiert. Es hält
einen fest. Ob ein intensiver oder flüchtiger Blick auf der Straße oder ein Gesicht
in der Menge – man wird festgehalten.«
Diana Vreeland, Modejournalistin
Zwischen all den schnellen Moden,
Trends und Meinungen schimmert sie
ruhig und zeitlos hervor. In kurzen
Momenten nur taucht sie in einer flüchtigen Kombination aus Eleganz, Anmut
und Bewegung auf. Haltung, Attitude
oder Allure ist unfassbar, unbeschreib- Peter Knapp, © dibue
Marianne Coks, © dibue
lich und unerreichbar im ewigen Rauschen des Zeitgeistes. Und doch ist sie in den Fokus rückt, umso stärker ver- nehmen sich Fotografen immer wieder
die Essenz, die tief aus dem Innersten flüchtigt sie sich. Will man sie fassen neu an – mit dem Ziel, das ephemere
strahlt. Sie oszilliert zwischen Coolness und erklären, löst sie sich förmlich auf. Phänomen mal spontan, mal arrangiert
und Natürlichkeit, fasziniert zwischen Wie lässt sich nun aber Allure in ihrem visuell zu bannen.
Inszenierung und Authenzität. Je mehr fragilen, immateriallen Charakter fotosie selbst jedoch zum Thema wird und grafisch festhalten? Diesem Paradox c/o Berlin, 27. Mai 2016
Fotoszene
Warschau
Erleben Sie mit dem Fotografen und BrennpunktAutor Jens Pepper ein ganz besonderes Warschau.
2½-tägiger Workshop mit einem Einleitungsvortrag
sowie mit Führungen durch Warschauer Galerien,
Museen, Ateliers und interessanten Begegnungen
mit Fotografen, Galeristen und Kuratoren.
Termin: 7. - 9. September 2016
Preis: 149,00 € (bei eigener Anreise und Unterkunft)
Informationen und Anmeldung: pepper.j@hotmail.de
(Maximal sieben Teilnehmer; Englischkenntnisse von Vorteil)
Warschau, 2015 © Jens Pepper
brennpunkt 3/2016
87
Fotoszene
Kunst und Konzept Darmstädter Tage der
Fotografie
Die »Darmstädter Tage der Fotografie«
gelten als eines der renommiertesten
fotografischen Kunstevents in Deutschland. Ich habe mich auch schon gelegentlich - leider ohne Erfolg - daran
beworben. Dieses Jahr wollte ich mir
aber die Ausstellung erstmalig persönlich ansehen. Ein willkommener Anlass
war ein damit zusammenhängendes
Symposium des DVF zum Thema »konzeptionelle Fotografie«.
Das Motto der Darmstädter Veranstaltung war dieses Jahr genauso kryptisch,
wie spannend: »Projektion - Fotografische Behauptungen«. Nun, der Begriff
»Behauptung« ist landläufig ja eher aus
der Sprache oder Schrift bekannt. Wer
etwas behauptet, sollte den Beweis der
Wahrheit eigentlich nicht schuldig bleiben.
In der analogen Fotografie mag man ja
noch eine gewisse Wahrhaftigkeit von
Bildern angenommen haben, obwohl wenn auch aufwändiger - oft »geschummelt« wurde. Man denke nur an die
retuschierten Fotos der Stalinzeit, aus
der unliebsame politische Gegner wie
zum Beispiel Leo Trotzki entfernt und
damit auch gesellschaftlich getilgt
wurden. Es bedarf aber auch nicht
unbedingt verwerflicher Motivation, um
Fotografie eben nicht als Realitätsabbildung zu benutzen, sondern vielmehr als
Medium subjektiver Kreativität zu verstehen. Schon in den 1920er Jahren hat
Moholy Nagy die Forderung aufgestellt,
dass Fotografie nicht nur reproduzieren,
sondern auch das vermitteln sollte, was
für das Auge nicht sichtbar ist. In diesem
Zusammenhang sind auch die Arbeiten
von Thomas Ruff zu erwähnen, der fotoempfindliches Material ohne Kamera
mit digital gesteuerten Lichtfluss belichtete. Es gibt noch zahlreiche andere Beispiel kreativer Autoren, die mit allen zur
Verfügung stehenden technischen Mitteln nicht die Objektivität, sondern die
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brennpunkt 3/2016
© Ingelore Willing
Subjektivität in ihren Bildern zum Ausdruck bringen wollen.
Insofern ist in der digitalen Zeit, nach
meiner Meinung, eine fotografische
Behauptung nicht mehr möglich - weil
es schlicht an der nötigen Wahrhaftigkeit fehlt! Umso mehr ist der individuelle-kreative Spielraum für die Autoren
unendlich gewachsen. Jede Art künstlerischen Konzepts, kann ohne große
Schwierigkeiten bildmässig umgesetzt
werden. Genau das haben die »Darmstäter Tage der Fotografie« deutlich
gemacht.
Meine persönliche Schwierigkeit
bestand allerdings darin, dass ich oft
hervorragende intellektuelle Konzepte
gesehen habe. Nur leider blieb die
fotografische Umsetzung dahinter
zurück. Tröstlich für mich, dass die Arbeit,
die mich sowohl konzeptionell als auch
bildmässig am meisten überzeugt hat,
den »Merck Preis« gewonnen hat - also
ganz oben auf dem Siegerpodest stand.
Es handelt sich um die Arbeit »Messages
from the Darkroom« von Alexander
Gehring.
In der Zahnheilkunde gibt es einen
wichtigen Lehrsatz »form follows function« - ich will jetzt nicht behaupten,
dass man - auf die Fotografie bezogen den Satz umdrehen sollte, eine gewisse
Gleichwertigkeit von Konzept und bildmässiger Umsetzung wäre aber schon
wünschenswert.
© Ingelore Willing
Genau das gleiche Phänomen habe ich
übrigens als Juror bei dem Portfoliowettbewerb des DVF festgestellt. Es gab hervorragende, hochintellektuelle Texte zu
den Bildstrecken. Nur leider konnten
die Fotos diesen Anspruch nicht annähernd erfüllen.
Vielleicht bin ich auch zu sehr »Old
School« - aber mich begeistern eben in
erster Linie gute Bilder...
Manfred Kriegelstein
Buchbesprechung
Leidenschaft Aktfotografie
Der Rote Faden
Faszination Fotografie
Einblicke in das intimste aller Genres
Eigene Fotoprojekte konzipieren und
verwirklichen
Wie besondere Bilder entstehen
Von Corwin von Kuhwede
Meike Fischer
1x.com (Hrsg.), Johannes Leckebusch
(Übersetzung)
Verlag: Rheinwerk Verlag
ISBN: 978-3-8362-3447-4
352 Seiten, 2016, gebunden, in Farbe,
29,90 Euro
Verlag: dpunkt.verlag
ISBN: 978-3-86490-205-5
232 Seiten, komplett in Farbe,
Festeinband
34,90 Euro
Verlag: dpunkt.verlag
ISBN: 978-3-86490-282-6
244 Seiten, komplett in Farbe,
Festeinband
34,90 Euro
Schon wieder ein Aktbuch, könnte man
denken. Wieso nicht - »sex sells«...
Nein, mit diesem Ansatz würde man dem
Werk nicht gerecht werden. Der Autor
Corwin von Kuhwede verfolgt einen
ganz anderen Ansatz als die meisten
anderen Bücher zu diesem Thema. Es
ist eben keine »Aktfotoschule«. Sie
erfahren nichts über Kameratechnik oder
Aufnahmedaten, sondern viel mehr über
die entscheidende Interaktion zwischen
Modell und Fotograf. Viele Bilder würde
ich auch eher der szenischen Fotografie
zurechnen - auf jeden Fall ist deutlich
zu spüren, dass es dem Autor immer
um den »Menschen hinter dem Körper«
geht!
Vielleicht ein kleiner Kritikpunkt - eine
bessere Papier- und Druckqualität
würde den Bildern sicherlich noch mehr
gerecht werden...
Manfred Kriegelstein
Viele Fotografen - insbesondere Amateure - haben ja häufig das Problem einer
fehlenden Konzeption in Ihrer fotografischen Arbeit. Oft präsentieren sie ein
Sammelsurium von Einzelbildern, die
durchaus gut sind aber keinerlei thematischen Zusammenhang aufweisen. Für
diese Zielgruppe ist das neue Werk von
Meike Fischer ein perfekter Ratgeber! Sie
vermittelt sehr anschaulich anhand von
zahlreichen Beispielen, wie man Fotoprojekte plant und umsetzt. Das reicht
von der Art der Aufnahme über die digitale Nachbearbeitung bis hin zur Präsentation. Wenn man sich dieses Werk
intensiv anschaut, wird wieder einmal
klar, wie Bilder sich gegenseitig beeinflussen - und auch durchaus aufwerten
können...
Eine absolute Empfehlung für jeden, der
Fotografie ernsthaft betreiben will!
Manfred Kriegelstein
Hier mal wieder ein Werk, welches der
dpunkt-Verlag in Zusammenarbeit mit
1x.com herausgegeben hat. 1x.com ist
die weltweit größte kuratierte fotografische Kunstgalerie im Internet - nach
eigenen Angaben mit mehr als 150000
Besuchern täglich. Es handelt sich hier
nicht nur um einen tollen Bildband dessen Niveau mit den Katalogen gehobener internationaler Wettbewerbe
vergleichbar wäre - sondern gewissermaßen gleichzeitig um ein Fachbuch.
Sie sehen tolle Bilder und zusätzlich das
»making of« mit detaillierten Erklärungen zur Aufnahmesituation und digitaler Nachbearbeitung.
Aus meiner Sicht eine absolute Empfehlung für jeden, der Spaß an guten
Bildern hat und eventuell die eine oder
andere Anregung mitnehmen will..
Manfred Kriegelstein
brennpunkt 3/2016
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Vorschau 4/2016
brennpunkt 4-2016
erscheint am
4. Oktober 2016
»Der Europäische
Monat der Fotografie«
1. bis 31. Oktober
2016i
Portfolio
Dieter Titz
»Mittendrin, aber nicht
dabei«
Geschätzt 5000 Menschen leben
in Berlin auf der Straße, Tendenz
steigend.
Wir begegnen ihnen jeden Tag auf
unseren Wegen durch die Stadt, denn
sie leben mitten unter uns, aber nicht
immer bemerken wir sie.
Dieter Titz begleitet einige von ihnen seit
Monaten mit der Kamera, fotografiert sie
und schreibt über ihre Leben und ihre
Schicksale,
die so unterschiedlich sind wie die
Menschen selbst.
© Dieter Titz
QR-Code
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die Redaktion ist stolz darauf Ihnen eine
europaweite Innovation im brennpunkt
vorstellen zu können. Kein neues Kameramodell, keine Bildbearbeitungssoftware, sondern einen QR-Code.
Nun gut, die Entwicklung ist schon über
zwanzig Jahre alt. Die Anwendung, die
wir Ihnen bieten ist aber brandneu und
einzigartig. Ab dieser Ausgabe leitet Sie
ein entsprechender QR-Code zu den
Homepages der Galerien bzw. Ausstellungen weiter, die im Magazin beschrieben sind. Sollten Sie einen QR-Code
vermissen, dann fehlen uns die Zustimmung der Galerien.
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brennpunkt 3/2016
Galerien im Überblick
Darüber hinaus bieten wir Ihnen noch
einen zusätzlichen Service an. Ein weiterer QR-Code befindet sich am Ende
des brennpunkt. Genaugenommen auf
der Seite der Vorankündigungen für die
nächste Ausgabe des brennpunkts.
Dieser QR-Code führt Sie zu den tagesaktuellen Ausstellungen in Berlin. Der
brennpunkt kann als Printexemplar
keine nach Redaktionsschluss eingegangenen Veranstaltungen berücksichtigen. Daher haben wir für Sie eine Onlineredaktion eingerichtet. Diese aktualisiert laufend aktuelle Events zur Fotoszene in Berlin. Diese können Sie über
diesen QR-Code abrufen.
Wir würden uns freuen, ein Feedback
für diesen Service von Ihnen zu erhalten.
buehrer-berlin@t-online.de oder auf
Facebook (Freundeskreis brennpunkt).
Vorschau 4/2016
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Vorschau 4/2016
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