Technik im Dienst der Umwelt

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Technik im Dienst der Umwelt
Technik
im Dienst
der Umwelt
UMWELT
1/2008
Inhalt
EDITORIAL
4
Wirtschaftswachstum
mit Zukunft
Spots
6 – 48 DOSSIER
UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
6
Die Umwelttechnik gehört zu den am schnellsten
wachsenden Wirtschaftssektoren. Allein im Bereich
der erneuerbaren Energien schafft sie weltweit Hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen pro Jahr.
Stark gestiegene Preise für Erdölprodukte und eine
Vielzahl von Rohstoffen haben die Nachfrage nach
energieeffizienten und ressourcensparenden Verfahren, Gütern und Dienstleistungen in der jüngeren
Vergangenheit deutlich belebt. Angesichts des global weiterhin wachsenden Energie- und Ressourcenbedarfs dürfte dieser Trend auch in Zukunft anhalten.
Wirtschaft und Gesellschaft haben keine andere
Wahl, denn der Klimawandel – ebenso wie die in
vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ungelöste Armutskrise – erfordern zwingend eine industrielle Effizienzrevolution. Der Menschheit muss es
gelingen, Prosperität und wirtschaftliches Wachstum
vom Verbrauch an endlichen Ressourcen zu entkoppeln, so dass sich die künftigen Bedürfnisse mit einem
Bruchteil der heute eingesetzten Rohstoffe befriedigen
lassen. Auf diesem Weg spielt die technologische
Innovation eine Schlüsselrolle.
Als Industriestandort mit einer jahrzehntelangen
Erfahrung im Bereich der Umwelttechnik ist die
Schweiz gut aufgestellt, um in diesem Wachstumsmarkt auf der Seite der Gewinner zu stehen. Dazu
gibt das BAFU mit seiner Umwelttechnologieförderung
seit zehn Jahren wichtige Impulse. Ziel dieses Instrumentes ist es, dass innovative Forschungsergebnisse
und herausragende Ingenieurleistungen im Interesse
der Umweltqualität möglichst rasch in praxisreife
Verfahren, Güter und Dienstleistungen münden. Wo
deren Markteinführung gelingt, dürfen wir gleich
mit einer dreifachen Dividende rechnen – nämlich auf
ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene. So
entlasten diese Technologien die Umwelt, stärken die
Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer
Wirtschaft und schaffen nachhaltige Arbeitsplätze mit
hohem Zukunftspotenzial.
Bruno Oberle
Direktor BAFU
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UMWELT 1/08
Impulse für den Umweltschutz
Mit seiner Umwelttechnologieförderung unterstützt
der Bund seit zehn Jahren innovative Projekte zur
Schonung der Umwelt. Ziel sind neue Verfahren,
Produkte und Dienstleistungen, die weniger Ressourcen benötigen.
11 Gefragtes Know-how
Die Schweizer Umwelttechnikbranche ist bekannt
für die hohe Qualität ihrer Ingenieurleistungen.
Aufgrund ihres Know-hows sind vor allem KMUBetriebe beliebte Übernahmekandidaten.
15 Handel und Umwelt im Clinch
Die rasche Markteinführung von umweltfreundlichen Technologien scheitert zum Teil an den
internationalen Handelsregeln der WTO. Ökologische Anforderungen an Produkte werden oft
als Handelsbarrieren kritisiert.
17 Verbesserte Ökoeffizienz
Mit Hilfe des BAFU nehmen Fachleute Dutzende
von Schweizer Firmen unter die Lupe, um deren
Ökoeffizienz zu optimieren.
BAFU/AURA
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Innovative Messtechnik
Mit einem hoch empfindlichen Messgerät zur
Erfassung von Feinpartikeln gelang der Schweiz
ein technischer Durchbruch. Solche Instrumente
ermöglichen den Behörden eine Optimierung
von Umweltschutzmassnahmen.
24 Wirksame Abgasreinigung
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ARAMIS schafft Transparenz
Die im Internet zugängliche Forschungsdatenbank
des Bundes gibt Auskunft über sämtliche Projekte
der Umwelttechnologieförderung.
Neu entwickelte Filtersysteme zur Abgasreinigung
bei Verbrennungsmotoren reduzieren deren
Ausstoss an gesundheitsschädigenden Luftschadstoffen auf einen Bruchteil.
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29
Effiziente Wasseraufbereitung
Wasser wird weltweit knapp. Verschiedene
Verfahren – wie die Membrantechnologie –
erlauben eine schonende Aufbereitung und
Nutzung dieser lebenswichtigen Ressource.
Umwelttechnologieförderung ONLINE
49 – 62 EINZELTHEMEN
49
Aktionstag «Wahre Werte»
Der Aktionstag vom 16. und 17. Mai 2008 will
die breite Bevölkerung für die umweltgerechte
Entsorgung von Abfällen sensibilisieren.
50
Umweltforschung für die Praxis
Das neue Forschungskonzept Umwelt für die
Vierjahresperiode bis 2011 soll verstärkt zu einer
wirksamen Umweltpolitik beitragen.
54
Mit Treibhausgasen handeln
Seit Jahresbeginn verfügt die Schweiz über ein
System für den elektronischen Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase.
56
Die Qual der Wahl
UMWELT stellt das vielfältige Angebot an
Ausbildungsmöglichkeiten im Umweltbereich vor.
60
Einsatz für globale Umweltziele
Um das Umweltsystem der UNO zu stärken, soll
auf Initiative der Schweiz eine verbindliche Liste
mit globalen Umweltzielen entstehen.
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Urteil / Internationales
BAFU/AURA
32 Metallgewinnung aus Kehricht
Die Verbrennungsrückstände aus Kehrichtverbrennungsanlagen enthalten tonnenweise Metalle.
Deren Rückgewinnung schont nichterneuerbare
Ressourcen und entlastet die Umwelt.
36 Weniger Bahnlärm
Lärmende Güterzüge schrecken Tausende von
Anwohnern aus dem Schlaf. Nun verspricht ein
leichtes und lärmarmes Drehgestell für Güterwagen Abhilfe.
40 Gras spart Heizenergie
Gras ist mehr als Tierfutter. Mit einem neuen Verfahren lassen sich aus dem nachwachsenden Rohstoff
auch Energie und Baumaterialien wie Wärmedämmplatten gewinnen.
44 Klimaschutz im Ausland
Mit dem Projekt REPIC unterstützt der Bund den
Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungs- und
Schwellenländern. Am Technologietransfer für den
Klimaschutz ist auch das BAFU beteiligt.
Praxis: Interessantes aus den Kantonen
Agenda
Neue BAFU-Publikationen
Aktiv
UMWELT-Tipps und Impressum
Titelblatt: Baumaterial aus nachwachsenden Rohstoffen:
In Orbe VD entstehen aus getrocknetem Gras Wärmedämmplatten zur Gebäudeisolation (siehe S. 40–43).
Foto: BAFU/AURA E. Ammon
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Viele Pilzarten auf Roter Liste
Pilze müssen in der Schweiz dringend besser geschützt werden. Dies
zeigt die neue Rote Liste, die das BAFU kürzlich in Zusammenarbeit
mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und
Landschaft WSL veröffentlicht hat. Von den rund 3000 Pilzarten, die
beurteilt wurden, sind über ein Drittel mehr oder weniger akut gefährdet. Um diese Pilzarten zu bewahren, empfehlen die Fachleute einen
schonenden Umgang mit dem Waldboden, weniger Luftverschmutzung sowie die Erhaltung der wichtigsten Pilz-Lebensräume wie Moore
und Magerwiesen.
Stephan Lussi, Sektion Arten und Biotope, BAFU, 3003 Bern,
Tel. 031 324 49 94, stephan.lussi@bafu.admin.ch,
www.umwelt-schweiz.ch > Pflanzen & Tiere > Rote Listen > Pilze
zVg
Mehr wissen über Wasser
Die Fingerhutverpel ist nicht giftig. In der Schweiz ist sie seit August 2000
In Zürich lernen Schülerinnen und Schüler, wie der
regionale Wasserkreislauf funktioniert und was sie
zum Schutz der Ressource Wasser beitragen können. Viert- und Siebtklässler können am Wasserunterricht der Stiftung Praktischer Umweltschutz
Schweiz Pusch teilnehmen, die diesen im Auftrag
der städtischen Werke anbietet. Über fünfzig Klassen haben sich bereits kreativ und erlebnisorientiert
mit dem nassen Element auseinandergesetzt. In Zusammenarbeit mit der lokalen Wasserwirtschaft will
Pusch die Faszination des Wassers künftig auch
Schulklassen in anderen Kantonen näherbringen.
geschützt und darf nur mit Bewilligung gesammelt werden.
Nadine Ramer, Projektleiterin, Pusch, Postfach 211,
G. Martinelli
8024 Zürich, Tel. 044 267 44 11, nr@umweltschutz.ch,
www.umweltschutz.ch
Klimawandel wirkt sich
auf den Alltag aus
KVA haben genügend Kapazität
Gemäss einem Bericht des BAFU wirkt sich der Klimawandel nicht nur bei Extremereignissen auf das
Leben in der Schweiz aus. Zum Beispiel sehen sich
inzwischen viele Skistationen gezwungen, ihre Pisten zu beschneien, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, und im Mittelland benötigen Bauern wegen
Trockenheitsperioden zusätzliche Bewässerungsanlagen. Ausserdem zeigt der Bericht, wie Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft auf die neuen Herausforderungen reagieren und wie der hiesige Treibhausgas-Ausstoss weiter gesenkt werden könnte.
Sektion Klima, BAFU, 3003 Bern, Tel. 031 324 42 80,
Aus Sicht des BAFU gibt es für die Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen KVA keinen Grund, ihre Verbrennungskapazitäten mit Blick
auf mögliche Importe auszubauen. Mit den 29 KVA, die heute in
Betrieb stehen, verfügt die Schweiz über eine hinreichende Entsorgungsinfrastruktur. Die KVA im Kanton Tessin, die in etwa zwei
Jahren den Betrieb aufnehmen wird, vervollständigt die gute regionale Verteilung und vermeidet den Transport von rund 130 000 Jahrestonnen Abfall durch das Nadelöhr Gotthard. Die Kapazität aller
Schweizer KVA weist zurzeit eine Reserve von rund 10 Prozent auf.
Diese wurden von Bund und Kantonen bewusst geplant, um saisonale Schwankungen auszugleichen, den Mehrabfall infolge Wirtschafts- oder Bevölkerungswachstum bewältigen zu können oder für
den Fall, dass eine Anlage vorübergehend ausfällt. Der Bund hat
seine Subventionspraxis an diesen Berechnungen ausgerichtet und
keine kostspieligen Überkapazitäten finanziert.
markus.nauser@bafu.admin.ch
Mehr zum Thema Abfallwirtschaft unter: www.umwelt-schweiz.ch/abfall
Klimaänderung in der Schweiz. Indikatoren zu Ursachen,
Auswirkungen, Massnahmen. 2007. Bestellung unter:
www.umwelt-schweiz.ch > Dokumentation > Publikationen >
Klima & CO2. Weitere Informationen: Markus Nauser,
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SPOTS
Neues Zentrum für Ökotoxikologie
Bildband: Naturboom
auf Firmengeländen
Schweizer Unternehmen investieren in die Natur vor ihren
Firmentoren. Dank der vom BAFU und von Verbänden der
Kies- und der Gasindustrie unterstützten Stiftung Natur
& Wirtschaft werden 5000 Quadratmeter Natur pro Tag
geschaffen; in Form von Teichen, Hecken, Kiesbänken und
Blumenwiesen auf Firmenarealen. Der neu erschienene
Bildband «Natur & Wirtschaft» dokumentiert mit eindrücklichen Fotos, wie sich Ökonomie und Ökologie verbinden
lassen. Beispiele wie der Umbau des Zürcher Hauptbahnhofes zeigen, dass der ökologische Wert eines Areals nach
einem Bau höher sein kann als vorher.
Reto Locher (Hrsg.), Natur & Wirtschaft, Luzern, 2007.
Bestellung und weitere Informationen bei: Reto Locher,
Eawag
Nach wie vor gelangen viele Chemikalien in die Umwelt. Ob sie Menschen und anderen Lebewesen schaden, ist kaum bekannt. National- und Ständerat haben
deshalb Gelder bewilligt für den Aufbau eines Zentrums für angewandte Ökotoxikologie. Die Früherkennung von Risiken, die Weiterbildung von Fachleuten
sowie die Beratung von Behörden und Privaten zählen
zu seinen Aufgaben. Das Zentrum ist dem eidgenössischen Wasserforschungs-Institut Eawag angegliedert
und arbeitet eng mit der ETH Lausanne zusammen.
Stiftung Natur & Wirtschaft, Sälihalde 21, 6005 Luzern,
Tel. 041 249 40 00, naturpark@naturundwirtschaft.ch,
www.naturundwirtschaft.ch
Prof. Dr. Rik Eggen, stv. Direktor Eawag, Überlandstrasse 133,
8600 Dübendorf, Tel. 044 823 53 20,
rik.eggen@eawag.ch, www.eawag.ch > Medien / Newsarchiv
Zoologischer Zentralanzeiger
Einheimische
Krebsarten retten
Aus Amerika stammende Signalkrebse und Rote Sumpfkrebse sind
Träger einer Pilzkrankheit, an der
einheimische Arten sterben. Im
Rahmen des «Nationalen AktionsRoter Sumpfkrebs
plans Flusskrebse» des BAFU testete
der Kanton Aargau neue Methoden, wie die eingewanderten Krebsarten eliminiert werden können. In
einem Pilotprojekt wurden die Eindringlinge getötet,
indem Jauche in einen eingedolten Bachabschnitt eingeleitet und anschliessend wieder ausgepumpt wurde.
Wenig Wirkung zeigten dagegen in einem anderen
Bach angewendete Elektroschocks.
Natur & Wirtschaft
Nachhaltigkeit
von Projekten überprüfen
Der neue Leitfaden des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE
hilft Kantonen und Gemeinden zu beurteilen, ob ihre Projekte
wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig sind.
Bezug der elektronischen Fassung unter: www.are.admin.ch > Dokumentation > Publikationen, der gedruckten Fassung bei: BBL, Vertrieb Bundespublikationen, 3003 Bern, www.bundespublikationen.admin.ch, Bestellnummer:
812.070.d.
Daniel Hefti, Abteilung Artenmanagement, BAFU, 3003 Bern,
Weitere Informationen:
Tel. 031 322 92 42, daniel.hefti@bafu.admin.ch, www.ag.ch >
Anne DuPasquier, Stv. Leiterin Nachhaltige Entwicklung,
Medienmitteilungen > nach Departementen > Departement Bau,
Bundesamt für Raumentwicklung ARE, 3003 Bern, Tel. 031 325 06 25,
Verkehr, Umwelt > Teilerfolg gegen Eindringlinge
anne.dupasquier@are.admin.ch
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SPOTS
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Keystone/Mo Weinong
10 JAHRE UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Impulse für den Wachstumsmarkt
von morgen
Um die künftigen Bedürfnisse der Menschheit nachhaltig zu befriedigen, braucht es eine
Effizienzrevolution. Den Schlüssel dazu liefern innovative Werkstoffe, Herstellungsverfahren,
Güter und Dienstleistungen, die weniger endliche Ressourcen erfordern. Die Schweizer Wirtschaft soll in diesem Wachstumsmarkt eine möglichst starke Stellung einnehmen. Dabei wird
sie von der Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstützt.
Chinas Wirtschaft boomt und glänzt
seit Jahren mit Wachstumsraten um
10 Prozent. Doch der rasche Aufstieg
zur Exportweltmacht ist teuer erkauft,
denn er beschert der globalen Fabrik
nicht nur sprudelnde Deviseneinnahmen, sondern auch tote Flüsse, verseuchtes Trinkwasser, verpestete Luft,
vergiftete Böden, belastete Nahrungsmittel und kranke Menschen. Selbst-
6
kritisch beziffert die chinesische Umweltbehörde die jährlichen Kosten der
Umweltschäden auf 10 Prozent des
Bruttosozialprodukts, was in etwa dem
Wirtschaftswachstum entspricht. Es
wäre also ein Nullsummenspiel, würde
die Zerstörung der natürlichen Ressourcen nicht zuletzt auch auf Kosten
kommender Generationen gehen, deren Entwicklungschancen dadurch be-
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hindert werden. Kurzfristig betrachtet
mag die schnelle, aber nicht nachhaltige Wirtschaftblüte zwar ein Gewinn
sein, doch die Zeche dafür werden
andere bezahlen.
Bedürfnisse umweltgerecht befriedigen
Für den deutschen Umweltminister
Sigmar Gabriel ist dies alles andere als
ein erfolgreiches Zukunftsmodell. Dass
Boomender Warenverkehr im
Containerhafen von Hongkong.
Um das Wirtschaftswachstum
umweltverträglicher zu gestalten,
braucht es weltweit effizientere
Technologien.
Flankierende Massnahmen
Fördergelder
nach Umweltbereichen
Lärmbekämpfung 16%
Beratung und
Support 21%
Luftreinhaltung 19%
Klima, Energie 6%
Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit
der Schweizer
Umweltbranche 36%
multidisziplinär 14%
Verbesserung
der Ökoeffizienz
der Schweizer
Wirtschaft 19%
Gewässerschutz 14%
Abfall, Recycling 18%
Boden, Altlasten 6%
Mitarbeit in
internationalen Netzwerken 24%
BAFU
Kriterien
für Förderprojekte
Das BAFU kann die Entwicklung von
Anlagen und Verfahren unterstützen,
welche die Umwelt im öffentlichen Interesse entlasten. Nach Eingabe eines
schriftlichen Gesuchs von Firmen,
Forschungsinstitutionen oder Projektgruppen prüft das Amt die ökologischen Vorteile, die wirtschaftliche und
technische Machbarkeit sowie den innovativen Charakter eines Vorhabens.
Untersucht werden unter anderem
das Potenzial zur Reduktion von bestehenden Umweltbelastungen, die
Relevanz dieser Beeinträchtigungen
aus Sicht der Schweizer Umweltpolitik
sowie allfällige Vorteile gegenüber
konkurrierenden Verfahren. Der Bund
kann Förderbeiträge von maximal
50 Prozent der gesamten Projektkosten leisten. Diese sind bei einer erfolgreichen kommerziellen Verwertung
der Resultate zurückzuzahlen. Um falsche Vorstellungen, Formfehler und
Enttäuschungen zu vermeiden, empfiehlt sich vor der Gesuchseingabe ein
Kontakt mit dem Chef der BAFU-Sektion Innovation (siehe S. 10).
www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung > Vergabe der Fördermittel > Beitragsgesuch
BAFU
In der Periode von 2002 bis 2006 hat die
Umwelttechnologieförderung des Bundes
90 Projekte für Pilot- und Demonstrationsanlagen mit einem Gesamtbetrag von
nahezu 12,2 Millionen Franken unterstützt.
Von 2002 bis 2006 hat der Bund gut
20 Prozent der Fördergelder für flankierende Massnahmen eingesetzt.
weiterhin zwei Drittel der Menschheit
in Armut leben, kann freilich auch
keine Perspektive sein. «Es gibt keinen
Grund, den künftigen Generationen
wie auch einer wachsenden Weltbevölkerung das Recht auf soziale Entwicklung und Wohlstand abzusprechen, das
wir so selbstverständlich für uns in Anspruch nehmen», sagt er. «Deswegen
kann es nicht darum gehen, Bedürfnisse zu unterdrücken, sondern sie umweltverträglich zu befriedigen.» Statt
Märkte und ihr Wachstum zu behindern, gelte es, diese ökologisch und
nachhaltig zu gestalten. Dazu braucht
es zwingend eine Effizienzrevolution,
die den Verbrauch an endlichen und erneuerbaren Ressourcen vom Wachstum
abkoppelt. «Neue Werkstoffe, bessere
Technologien, optimierte Produktionsverfahren und intelligente Produkte
werden dazu beitragen müssen, globale
Umweltprobleme zu lösen und die Folgen des Klimawandels zu begrenzen»,
erklärt Sigmar Gabriel. Der Bedarf an
ökologischen Innovationen – die zu-
dem zum sozialen Frieden beitragen
können, indem sie Ressourcenkonflikte
wie den Kampf um Erdöl oder Wasser
entschärfen – ist also immens.
Enorme Wachstumschancen
Bereits heute zählt der globale Markt
für Umwelttechnologien zu den am
schnellsten wachsenden Wirtschaftsbereichen. Im Jahr 2005 belief sich das
weltweite Total der Umweltinvestitionen auf 1000 Milliarden Euro, was dem
zweifachen Wert des Weltmarkts für
Pharmaprodukte entspricht. Fachleute
beziffern die jährliche Wachstumsrate
des Umweltsektors bis 2010 auf knapp
6 Prozent. Gemäss Schätzungen des
Wirtschafts- und Beratungsinstituts
Prognos wird allein das Segment der erneuerbaren Energien in den EU-Staaten
bis zu diesem Zeitpunkt rund 1 Million
neue Arbeitsplätze schaffen, während
etwa im Transportbereich mit einem
Rückgang um 170 000 Stellen gerechnet wird. «Ein Hauptgrund für den
Boom des Umwelttechnologiesektors
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
7
Keystone/AP, Jörg Sarbach
Sauberer Strom aus erneuerbarer Quelle: Generator einer Windenergieanlage
des grössten deutschen Herstellers Enercon in Ostfriesland.
Ein Beitrag
zur Lebensqualität
sind die in den letzten Jahren stark gestiegenen Kosten für Erdöl und weitere
Basisrohstoffe», erklärt Arthur Mohr,
Chef der Abteilung Klima, Ökonomie,
Umweltbeobachtung beim BAFU. «Investitionen in erneuerbare Energien sowie in ressourcensparende Produkte und
Verfahren zahlen sich nun auch ökonomisch rascher aus.» Auftrieb gibt zudem
das wachsende Bewusstsein für die wirtschaftlichen Risiken des vom Menschen
beschleunigten Treibhauseffekts. Mit
der Ausweitung der Herstellung von
umweltschonenden Produkten sinken
auch ihre Stückkosten, was sie für den
Massenmarkt zunehmend interessanter
macht.
Innovationen den Weg ebnen
Der Markt für innovative Umwelttechnologien wird heute stark von Staaten
dominiert, welche die Entwicklung von
energieeffizienten und umweltverträglicheren Gütern und Dienstleistungen
lange vor der Preissteigerung bei wichtigen Rohstoffen gefördert haben. Sie tun
8
dies durch strenge Umweltstandards, die
Durchsetzung des Verursacherprinzips,
Lenkungsabgaben, weitere finanzielle
Anreize und eine gezielte ökologische Industriepolitik. Zu diesen Staaten gehören
neben Japan insbesondere skandinavische Länder und Deutschland. Sigmar
Gabriel sieht den Staat denn auch in der
Rolle eines Vorreiters, der mit seiner Umweltpolitik Technologiesprünge antreibt,
die Struktur der Wirtschaft auf knapper
werdende Ressourcen einstellt, strategische Zukunftsindustrien stärkt und die
Unternehmen damit optimal auf die globalen Märkte von morgen vorbereitet.
Der durchschlagende Erfolg der deutschen Windkraft- und Solarkonzerne –
wie etwa SolarWorld – auf den Weltmärkten scheint ihm Recht zu geben.
Zukunftsträchtige Arbeitsplätze
Tatsächlich bietet die Umweltbranche
auch in der Schweiz schon heute eine
Vielzahl von zukunftsweisenden Arbeitsplätzen. Eine Studie des Bundesamtes für
Umwelt aus dem Jahr 2005 beziffert
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
«Innovative
Umwelttechnologien
tragen unmittelbar zur Verbesserung
der Lebensqualität bei», stellt BAFUDirektor Bruno Oberle fest. «Indem
sie Ökosysteme und natürliche Ressourcen wie Wasser, Luft und Böden
entlasten, schützen sie auch die Lebensgrundlagen des Menschen vor
schädlichen Einwirkungen.» Unserer
Gesundheit komme dies in Form
von besserer Luft, weniger belasteten Nahrungsmitteln, sauberen
Gewässern und geringeren Lärmimmissionen zugute. «Zudem reduzieren energieeffiziente und ressourcenschonende Verfahren und
Produkte den Ausstoss von Treibhausgasen und dämpfen damit die
vom Menschen verursachte Klimaerwärmung», sagt Bruno Oberle. «Auf
globaler Ebene kann der Ersatz oder
die sparsamere Verwendung von
knappen Rohstoffen und Energieträgern wie Erdöl künftig überdies
einen wichtigen Beitrag zur Entschärfung der heute noch zunehmenden Ressourcen- und Umweltkonflikte leisten.»
Keystone
Keystone/Alessandro della Valle
Kontrolle von automatisch gefertigten Solar-
Montage einer hochpräzisen Spezialsägemaschine beim Schweizer Hersteller Meyer
zellen in einer Tochterfirma des deutschen
Burger in Thun. Das Hightech-Unternehmen profitiert vom weltweiten Boom der
Marktführers Solarworld.
Solarindustrie, die zur Herstellung von Solarmodulen möglichst dünn geschnittene
Scheiben aus Silizium benötigt.
Pro Jahr stehen dem BAFU dafür 4 Millionen Franken zur Verfügung. Der
Schwerpunkt der Unterstützung liegt
auf der konkreten Erprobung von neuen Technologien in Pilot- und Demonstrationsanlagen. Zu diesem Zweck arbeitet das Amt eng mit Fachleuten
der Förderagentur für Innovation KTI
beim Bundesamt für Berufsbildung und
Technologie zusammen. Sie bringen
vor allem ihre breite Erfahrung bei der
Planung komplexer Projekte und ihr
Know-how bezüglich der Marktorientierung von neuen Produkten ein. Laut
Arthur Mohr «besteht das gemeinsame
Ziel darin, Forschungsergebnisse aus
dem Labor möglichst rasch in die reale
Welt der industriellen Produktion zu
bringen. Dafür eignen sich Pilotanlagen,
Prototypen und Kleinserien, die von
Anwedern getestet werden können.»
Fortsetzung Seite 10
50
Die Zahl der vom
Bund geförderten
Umwelttechno-
40
logieprojekte
hat in den letzten
Jahren laufend
zugenommen.
Anzahl Verträge
allein den Umsatz der hiesigen Firmen
mit Umweltgütern auf 8,1 Milliarden
Franken, was hierzulande über 73 000
Vollzeitstellen sichert. Dies entspricht
gut 2 Prozent der Gesamtbeschäftigung.
Zudem dürften Milliardenkonzerne mit
einem starken Schweizer Standbein –
wie ABB, Geberit, OC Oerlikon oder
Stadler Rail – in den kommenden Jahren
weiter von der boomenden Nachfrage
nach energieeffizienten und ressourcenschonenden Produkten auf den
Weltmärkten profitieren. Dies gilt auch
für kleinere Firmen mit einem raschen
Exportwachstum wie Schulthess Group
oder Meyer Burger.
Mit der seit 1997 bestehenden Umwelttechnologieförderung will der Bund
die Entwicklung umweltschonender
Verfahren und Produkte gezielt stärken.
«Interessante Neuentwicklungen, die
entscheidend zur Entlastung der Umwelt beitragen können, sollen damit
schneller die Schwellen der praktischen
Umsetzung und erfolgreichen Vermarktung überwinden», erklärt Arthur Mohr.
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20
10
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1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
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2005
2006
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Neben optimierten Technologien
können auch soziale Innovationen im Dienstleistungsbereich
wie das Carsharing die Umwelt
entlasten. Der Schweizer Marktführer
Mobility bietet seinen Mitgliedern
an über 1000 Standorten im Land
3000 moderne Mietwagen an – als
ökologische und wirtschaftliche
Alternative zum Privatbesitz eines
Autos.
AURA, E. Ammon
Mehr als 200 unterstützte Projekte
Seit ihrem Bestehen hat die vom BAFU
betreute Umwelttechnologieförderung
des Bundes über 200 Vorhaben unterstützt. Allein in der Ende 2006 abgeschlossenen, zweiten Fünfjahresperiode
kamen Fördergelder von rund 15,5 Millionen Franken nahezu 150 Projekten
zugute. Die Bereiche Gewässerschutz,
Luftreinhaltung, Abfallbewirtschaftung
und Lärmbekämpfung waren dabei am
stärksten vertreten. Bewährt hat sich
die produktive Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft. «Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsinstitutionen, Unternehmen und der
Bund arbeiten erfolgreich zusammen
und stärken damit die Innovationskraft
des Denk- und Werkplatzes Schweiz»,
sagt Arthur Mohr.
In etlichen Fällen mündeten Forschungsergebnisse in anwendungsreife Verfahren und Produkte. Dies hat
zum Beispiel zur Folge, dass Nutzfahrzeuge weniger gesundheitsschädigende
Schadstoffe ausstossen. Verschmutztes
Wasser lässt sich effizienter aufbereiten,
und in Kehrichtverbrennungsanlagen
10
können die Betreiber aus Aschen und
Schlacken Tonnen von Metallen zurückgewinnen.
Flankierende Massnahmen
zur Markteinführung
Während 80 Prozent der Fördergelder
für die Entwicklung und Realisierung
technischer Projekte reserviert sind,
dienen die restlichen 20 Prozent den
flankierenden Massnahmen zu deren
Markteinführung (siehe Grafik S. 7).
«Diese Mittel sollen den technischen
Innovationen zur erfolgreichen Verbreitung im In- und Ausland verhelfen», erläutert Daniel Zürcher, Chef der
Sektion Innovation beim BAFU. Darunter fallen zum Beispiel Gemeinschaftsauftritte an ausländischen Messen oder
Umweltmarktanalysen in Ländern, wo
bezüglich des Einsatzes von Umwelttechnologien ein grosses Potenzial vermutet wird. Alle Informationen und
Angebote zu den flankierenden Massnahmen sind auf der Internetseite
www.eco-net.ch verfügbar.
Gut 20 Jahre nach Inkraftsetzung
des ersten Umweltschutzgesetzes auf
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Bundesebene sind die grossen Infrastrukturwerke im Bereich des technischen Umweltschutzes – wie etwa
Abwasserreinigungsanlagen, Kehrichtverbrennungsanlagen oder Sortierwerke
im Inland – weitgehend realisiert oder
bereits erneuert. «Längerfristig kann ein
weiteres Wachstum der Schweizer Umweltbranche folglich nur über eine stärkere geografische Expansion erfolgen»,
stellt Daniel Zürcher fest.
Beat Jordi
LINKS
www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung
www.bbt.admin.ch/kti
www.eco-net.ch
www.bmu.de > Suche > Innovationskonferenz
INFOS
Daniel Zürcher
Chef der Sektion Innovation
BAFU
Tel. 031 322 93 51
daniel.zuercher@bafu.admin.ch
DURCHZOGENE ERFOLGSBILANZ
Gefragtes Know-how aus der Schweiz
Die Schweizer Umwelttechnikbranche verdankt ihren guten Ruf einer Vielzahl von Innovationen und der unbestrittenen Qualität ihrer Ingenieurleistungen. Je nach Produkt ist der
Heimmarkt allerdings beschränkt, und eine Expansion ins Ausland konfrontiert vor allem
KMU-Betriebe oft mit beträchtlichen Risiken. Aufgrund ihres Know-hows sind sie für ausländische Konzerne beliebte Übernahmeziele.
Mit innovativen Abgasreinigungssystemen für stationäre und mobile Verbrennungsmotoren erobert die rasch
wachsende Schweizer Firma Hug Engineering in Elsau ZH bei Winterthur
die Weltmärkte. Sie rüstet unter anderem Hochseeschiffe, Lokomotiven,
Gaskraftwerke, Dieselgeneratoren oder
Treibhäuser mit selber gefertigten Partikelfiltern und Katalysatoren aus. Damit erspart sie der Umgebungsluft Unmengen an gesundheitsschädigenden
Russ-, Stickoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen.
Im Ausland durchgesetzt haben
sich auch die wassersparenden und res-
sourcenschonenden Sanitäranlagen des
in Rapperswil-Jona SG beheimateten
Herstellers Geberit. Das Unternehmen
beschäftigt inzwischen 5400 Personen
und erzielt mit seinen Produkten einen
Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden
Franken.
Begehrtes Know-how
«Schweizer Firmen verfügen über eine
Vielzahl von hierzulande entwickelten
Technologien und Produkten zum
Schutz der Umwelt, die heute mit Erfolg weltweit zum Einsatz gelangen
und damit mancherorts entscheidend
zur Entlastung der Ressourcen und der
Ökosysteme beitragen», stellt Daniel
Zürcher, Chef der Sektion Innovation
beim BAFU, fest. Teilweise getrieben
von staatlichen Umweltschutzvoschriften sind im Inland in den letzten Jahrzehnten zum Beispiel mehrere Verfahren zur industriellen Reinigung des
Abwassers entwickelt und perfektioniert worden. Hiesige Unternehmen
gehörten weltweit zu den Ersten, die
moderne Verbrennungsanlagen zur
Behandlung von Kehricht und Sonderabfällen erstellten oder Brenner für
kleine Öl- und Gasheizungen mit stark
reduziertem Stickoxid-Ausstoss zur
Marktreife brachten.
In den Werkhallen von Hug Engineering bei Winterthur wird für den Weltmarkt produziert. Hier entstehen
effiziente Abgasreinigungsanlagen für grosse Verbrennungsmotoren.
Hug Engineering
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
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BAFU/AURA
Rasche Expansion mit wassersparenden und ressourcenschonenden Sanitärprodukten:
Fertigung und Testanlage bei Geberit in Rapperswil-Jona SG.
Eine Serie von Übernahmen
Die zukunftweisenden Umwelttechnologien aus der Schweiz haben auch das
Interesse ausländischer Konzerne an
diesen Pionierleistungen geweckt. So
sind in der jüngeren Vergangenheit etliche Umwelttechnikfirmen im Inland
von global tätigen Unternehmen übernommen worden. Die in der Wasseraufbereitung aktive WABAG etwa ist nun
Teil der deutschen Siemens. Ozonia –
inländische Marktführerin für Ozongeneratoren zur Behandlung von Trinkwasser und Abwasser – gehört über die
Tochterfirma Degrémont der französischen Suez-Group. Von Roll Inova baut
in Europa und Asien mit Erfolg modernste Kehrichtverbrennungsanlagen
und ist inzwischen im Besitz der österreichischen A-TEC Industries. Hofstetter Umwelttechnik AG, führend im
Bereich der Methangasabfackelung für
Deponien, wird ihrerseits seit 2006 von
der britischen Green Gas International
kontrolliert. Die Liste liesse sich fast
beliebig verlängern: Entsorgungsunter-
12
nehmen wie Valorec, Batrec, SIBAG, SM
Recycling, Sovag, Amstutz und andere
arbeiten heute unter dem Dach der
französischen Veolia, die zudem auch
in der Abwassertechnik stark engagiert
ist.
Gründe für die Anziehungskraft
Es sind mehrere Gründe, die ausländische Konzerne für die in der Schweiz
entwickelten Produkte und Dienstleistungen begeistern. «Für solche
Übernahmen sprechen unter anderem
die Qualität des ingenieurtechnischen
Know-hows, der hohe Entwicklungsstandard sowie erprobte Verfahren und
Produkte, die im kleinen Heimmarkt
oft schon perfektioniert worden sind»,
erklärt Daniel Zürcher. Ein typisches
Beispiel für diesen Trend liefern die inländischen Branchenführer im Bereich
der Brennertechnik für kleine Feuerungen. Den Firmen Elco und Oertli gelang
zu Beginn der 1990er-Jahre der Durchbruch bei der Konstruktion von sogenannten Low-NOx-Brennern für Öl- und
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Gasheizungen, die den Ausstoss von
Stickoxiden massiv reduzierten. Gestützt auf diesen neusten Stand der
Technik legte der Bund in der Luftreinhalte-Verordnung damals strenge Abgasgrenzwerte fest. Für Neuanlagen war die
Ausrüstung mit Low-NOx-Brennern damit zwingend, was den Markt belebte.
Doch das vermeintliche Geschäft mit
dem Ersatz von Hausfeuerungen zeigte
seine Tücken. Statt die hohen Entwicklungskosten rasch wieder einzuspielen,
zogen die empfindlichen HightechBrenner aufgrund von technischen Kinderkrankheiten einen aussergewöhnlichen Serviceaufwand und teure Garantieleistungen nach sich. Als sie endlich
einwandfrei funktionierten, standen
beide Firmen finanziell geschwächt da.
Modernste Brenner
für den Weltmarkt
Die entwickelte Technologie indes hatte den Härtetest in der Praxis erfolgreich bestanden, was die Unternehmen
zu interessanten Übernahmekandidaten machte. 1996 griff der französische
Traditionskonzern De Dietrich bei
Oertli zu, und im Jahr 2000 erwarb die
italienische MTS Group den Konkurrenten Elco. Diese global tätigen Heizsystem-Anbieter vertreiben das in der
Schweiz eingekaufte Brenner-Knowhow nun weltweit.
«Die globale Ausstrahlung ihrer Produkte ist ein beachtlicher Leistungsausweis für die technische Innovationskraft unserer Industrie», kommentiert
Daniel Zürcher. «Im Idealfall sollten
Firmen, die hierzulande Markterfolge
feiern, mit ihren Produkten jedoch selber den Sprung ins Ausland schaffen
und dort expandieren.» Insbesondere
kleine und mittelgrosse Unternehmen
(KMU) stossen bei solchen Wachstumsplänen allerdings auf etliche Hürden.
Probleme der KMU
Ein gewichtiger Nachteil für die Schweizer Umwelttechnikbranche ist der eher
kleine Heimmarkt, was das Wachstum
der Firmen begrenzt – etwa im Vergleich
mit wichtigen Konkurrenten wie
Deutschland, Frankreich oder Japan. Als
typische KMU verfügen die Betriebe dadurch meist nicht über grosse finanzielle
Polster für eine aggressive Auslandexpansion. Überdies können sie sich kaum
teure Vorfinanzierungen und Garantien
leisten, zumal die Schweizer Banken mit
der Vergabe von Krediten an die Industrie sehr zurückhaltend sind und Risikokapital für Umwelttechnikprojekte im
Inland nur beschränkt erhältlich ist. Im
Gegensatz zu grösseren Konzernen liegen bei KMU auch kaum Pannen oder
Fehlinvestitionen drin.
Die Rolle der Politik
Eine wichtige Rolle spielt auch die
staatliche Industriepolitik. «Länder wie
die USA, Japan, Frankreich oder
Deutschland betreiben eine gezielte
Förderung von innovativen Branchen
und unterstützen die Vermarktung ihrer Produkte im Ausland», stellt BAFUDirektor Bruno Oberle fest. «In der
Schweiz geschieht dies weniger ausgeprägt, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass sich unser Land nie
mit derart dramatischen Beschäftigungskrisen konfrontiert sah wie etwa
Deutschland.» Die Regierung des nördlichen Nachbarstaates beurteilt die
Umwelttechnik als eine der grössten
Wachstumsbranchen und fördert den
Sektor seit Jahren nach Kräften. Gemäss einer neuen Studie soll er seinen
Anteil an der gesamten deutschen Industrieproduktion bis 2030 auf 16 Prozent vervierfachen. Vor allem das
Segment der erneuerbaren Energien
hat in den letzten Jahren stark von
vielfältigen finanziellen Anreizen profitiert. Die boomende Solarindustrie
ebenso wie die rasch expandierenden
Hersteller von Windkraftanlagen danken es mit vollen Auftragsbüchern,
Tausenden von neuen Arbeitsplätzen,
sprudelnden Gewinnen und steigenden Börsenkursen.
Ein Teil des Potenzials liegt brach
Dank vorzüglichen Ingenieurleistungen bei der Entwicklung erneuerbarer
Energien konnte in der jüngeren Vergangenheit auch die Schweiz unbestrittene Erfolge feiern. So stahl ein kleines
Team der Fachhochschule Biel mit
einem selber konstruierten Solarfahrzeug 1990 allen renommierten Autokonzernen die Show und entschied das
mehrtägige Rennen der Solarmobile
World Solar Challenge quer durch Australien für sich. Und das Institut für
Mikrotechnik der Universität Neuenburg entwickelte in den 1990er-Jahren
die besten Solarzellen der Welt auf der
Basis von Dünnschichtsilizium, die mit
Begehrtes Know-how aus der Schweiz: Die Hofstetter Umwelttechnik AG aus Hindelbank BE gilt als führender Anbieter
von Hochtemperaturverbrennungen für die Abfackelung von Methangas aus Deponien – wie hier in England (links) oder
in Brasilien (rechts). Seit 2006 ist die Firma in britischer Hand.
Hofstetter Umwelttechnik AG
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
13
100-mal weniger Material auskommen
als herkömmliche Fotovoltaik-Platten.
Trotzdem räumt auf den Weltmärkten heute primär die ausländische Konkurrenz ab. David Stickelberger, Geschäftsführer des Branchenverbandes
Swissolar, verweist auf den kaum existierenden Heimmarkt für Solarzellen
und andere erneuerbare Energien als
Folge der bisher mangelnden Einspeisevergütung im Inland. «Zudem ruhten
sich die verantwortlichen Politiker zu
lange auf den Lorbeeren aus und verwiesen auf die Pionierleistungen der
Schweiz, statt die industrielle Umsetzung guter Ideen aktiv zu unterstützen.» Entsprechende Kritik äussert
ebenfalls Andreas Schweizer, Präsident
des Schweizerischen Verbandes für Umwelttechnik (SVUT): «Auch die Schweiz
muss endlich ökologische Leitlinien für
eine industriefreundliche Politik definieren. Es genügt nicht mehr, sich auf
die Förderung von Innovationen zu beschränken und sich dann um deren
Markteinführung zu foutieren.»
Teure Präsenz an Fachmessen
Um den Export auch für kleinere Firmen zu erleichtern, müssten diese vermehrt an internationalen Fachmessen
auftreten – so etwa in Köln (Entsorga),
München (IFAT), Paris (Pollutec) oder
Dubai (Big-5). Viele KMU klagen jedoch, die Beteiligung an einem Schweizer Länderpavillon sei zu teuer. Sie verweisen dabei auf Regionen oder Länder
wie Vorarlberg, Sachsen, Baden-Württemberg, Bayern, Spanien oder Griechenland, welche ihren Ausstellern
grosszügigere Konditionen anbieten als
die Schweizer Organisation für Exportförderung Osec.
Mögliche Wege zum Erfolg
Arthur Mohr, Chef der BAFU-Abteilung
Klima, Ökonomie, Umweltbeobachtung, sieht mehrere Möglichkeiten, um
die Branche wirtschaftlich zu stärken.
«Neben einem Ausbau der Innovationsförderung durch den Bund und staatlichen Investitionsprogrammen im Umweltbereich – etwa zur Steigerung der
Schweizer Umwelttechnikfirmen wünschen sich eine aktivere Förderung für ihre
Teilnahme an internationalen Umweltmessen – wie hier an der Environment 2006 in
Abu Dhabi.
Osec
Energieeffizienz von Gebäuden – könnte auch eine stärkere Verknüpfung von
Innovation und Regulierung dem Sektor Aufschwung verleihen.» Er denkt
dabei beispielsweise an dynamische
Umweltvorschriften und Normen, die
sich am neusten Stand der Technik orientieren und damit umweltschonenden Produkten rascher zu einer breiten
Anwendung und zum Markterfolg verhelfen.
Andere Länder machen es vor: Japan zum Beispiel setzt im Bereich der
Energieeffizienz auf das Prinzip der
«Top-Runner». Alle paar Jahre wird der
Verbrauchsstandard für die kommende
Generation von Produkten festgelegt,
wobei das jeweils sparsamste Gerät als
Massstab gilt. Diese Methode fördert
den Wettbewerb und verhilft dem Land
insgesamt zu innovativen Industrieprodukten. Zudem subventioniert die japanische Regierung neue Technologien
wie etwa leistungsstarke Brennstoffzellen-Generatoren, um ihre breite
Markteinführung voranzutreiben. Und
in Österreich, wo die Umwelttechnik
ebenfalls boomt, können sich ökoeffiziente Unternehmen unter dem
Programmtitel Fabrik der Zukunft um
Fördergelder bewerben.
Charles Cahans,
Pieter Poldervaart, Beat Jordi
LINKS
www.svut.ch
www.eco-net.info
www.umwelt-schweiz.ch > Themen
> Technologieförderung
www.osec.ch
INFOS
Daniel Zürcher, siehe Seite 10
14
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Keystone
Spuren der Waldzerstörung im brasilianischen Bundesstaat Pará. Handelsschranken gegen Tropenholz aus Raubbau sind
umstritten, weil sich der Rohstoff im Endergebnis nicht von nachhaltig erwirtschafteten Produkten unterscheidet.
BREMSEFFEKTE DER WTO
Handels- und Umweltinteressen im Clinch
Länder, die zum Schutz von Umwelt und Gesundheit strengere ökologische Standards durchsetzen wollen, geraten dabei leicht in Konflikt mit den internationalen Handelsregeln der WTO.
So kritisiert etwa die Exportindustrie technische Umweltanforderungen an Produkte häufig als
Handelsschranken. Dieser Interessenkonflikt hemmt auch die Verbreitung von innovativen
Umwelttechnologien.
Im Kampf gegen den krank machenden
Feinstaub wollte der Bundesrat ursprünglich die von der Europäischen
Union festgelegte Abgasnorm EURO 5
um zwei Jahre vorziehen und für neue
Dieselfahrzeuge bereits 2007 einführen. Dieselbetriebene Neuwagen hätten
damit ab diesem Zeitpunkt zwingend
über einen Partikelfilter verfügen müssen, der die krebserregenden Russteilchen abfängt und zerstört. Die wirksame Technik zur Abgasreinigung von
Dieselmotoren ist für Personenwagen
seit einigen Jahren verfügbar und hat
sich in der Praxis bewährt. Doch die
Automobilhersteller in Europa, Japan
und Korea wehrten sich gegen ein Vorpreschen der Schweiz, und auch ihre
Regierungen lehnten den Vorschlag ab.
Nun gilt die Norm EURO 5 hierzulande
– wie in der EU – ab September 2009.
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
15
Widerstand gegen nationale
Umweltstandards
Der Rückzieher steht im Kontrast zur
Umweltpolitik der 1980er-Jahre, als die
Schweiz mit ihren strengen Emissionsvorschriften den Abgaskatalysator für
Benzinautos auf europäischer Ebene
praktisch im Alleingang für verbindlich
erklärte. «Angesichts der internationalen Bestrebungen zur weiteren Liberalisierung des Welthandels werden
länderspezifische Umweltstandards für
Produkte und Dienstleistungen in Form
von technischen Vorschriften heute
oft als problematisch erachtet», erklärt
Karine Siegwart, Chefin der Sektion
Europa, Handel und Entwicklungszu-
LINK
www.umwelt-schweiz.ch/international >
Europa ... > Handel – WTO
INFOS
Karine Siegwart
Chefin der Sektion Europa,
Handel und Entwicklungszusammenarbeit, BAFU
Tel. 031 322 99 73
karine.siegwart@bafu.admin.ch
16
sammenarbeit beim BAFU. «Man unterstellt ihnen eine protektionistische
Wirkung und stuft sie deshalb als Importdiskriminierung ein.»
Bei gleichartigen Produkten erlaubt
das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO im Grundsatz auch keine
Berücksichtigung von Unterschieden
bezüglich der Herstellungsmethoden.
So ist etwa die Zulässigkeit von Handelsbeschränkungen gegen Tropenholz
aus Raubbau umstritten, weil sich der
gehandelte Rohstoff im Endergebnis
nicht von nachhaltig erwirtschafteten
Produkten unterscheidet.
Handelsschranken für Umweltgüter
abbauen
«Der Schutz der Ökosysteme sowie die
nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen sind jedoch nicht nur Kernanliegen der Umweltpolitik, sondern
auch im ökonomischen Interesse jeder
langfristig orientierten Wirtschaftspolitik», stellt Karine Siegwart fest. «Jegliche Beeinträchtigung dieser Lebensgrundlagen untergräbt mit der Zeit auch
die Prosperität einer Volkswirtschaft.
Deshalb müssen die internationalen
Handelsregeln künftig so ausgestaltet
sein, dass sie einem wirksamen Umweltschutz und einer nachhaltigen Nutzung
der Ressourcen nicht zuwiderlaufen.» Im
Rahmen von Artikel 31 des Doha-Man-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
dats sind innerhalb der WTO denn auch
seit Längerem Verhandlungen im Gang,
um bestehende Handelsvorschriften
besser auf die Ziele der multilateralen
Umweltabkommen abzustimmen. Die
Position der Schweiz wird dabei vom
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
vertreten, das sich in Umweltfragen vom
BAFU beraten lässt.
Ein wichtiges Anliegen ist es, auf
internationaler Ebene vermehrt allgemein gültige Umweltstandards zu etablieren, welche Dumpingangebote und
damit Wettbewerbsverzerrungen durch
umweltschädigende Produktionsmethoden künftig verhindern. «Zudem setzen
wir uns zum Ziel, Importschranken für
ressourcenschonende Güter und Dienstleistungen abzubauen und solchen Produkten Handelspräferenzen zu gewähren», sagt Karine Siegwart. «Denn die
Förderung und breite Markteinführung
von technischen Pionierleistungen zugunsten des Umwelt- und Gesundheitsschutzes darf nicht länger durch hemmende Handelsvorschriften gebremst
werden. Um die Verbreitung solcher
Technologien und Produkte auch in den
Ländern des Südens zu begünstigen,
braucht es zudem ein stärkeres Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit.»
Beat Jordi
BESSERE ÖKOEFFIZIENZ DANK QUICKSCAN
Geld sparen mit optimierten
Umweltleistungen
Zum Schutz der Umwelt will die öffentliche Hand den Güter- und Personenverkehr vermehrt von der Strasse auf
die Schiene verlagern. Voraussetzung
dafür ist unter anderem gut funktionierendes Rollmaterial. Ähnlich wie Busse
und Lastwagen müssen deshalb auch
die Personen- und Güterzüge der SBB
regelmässig überholt werden. Im
Güterverkehr beispielsweise erhalten
Lokomotiven alle 80 000 Kilometer
einen kleinen Service, und nach
700 000 Kilometern ist ein Grossunterhalt angezeigt. Die Waggons werden
alle sechs Jahre grundlegend überholt,
dazwischen liegen je nach Fahrzeugtyp
ein bis zwei Serviceintervalle. Grössere
Revisionen, Umbauten und Reparaturen erledigt das Industriewerk von
SBB Cargo in Bellinzona, Unterhaltsarbeiten und Störungsbehebung erfolgen
in sechs dezentralen Serviceanlagen.
«Schon seit längerer Zeit streben wir
beim Betrieb der Werkstätten ökologische Verbesserungen an – natürlich
möglichst solche, die für uns auch
finanziell interessant sind», erklärt
Rémy Chrétien vom BahnUmwelt-Center der SBB. So untersuchte man etwa
im Rahmen des Programms EnergieSchweiz das Sparpotenzial bei der Gebäudewärme und Haustechnik. Doch
BAFU/AURA E. Ammon
Produktionsverfahren, Güter und Dienstleistungen verursachen vielfältige Umweltbelastungen.
Sie benötigen nicht nur Rohstoffe und Energie, sondern ihre Herstellung und Nutzung erzeugen
häufig auch zahlreiche Schadstoffe. Diese Umweltsapekte auf betrieblicher Ebene zu optimieren, ist das Ziel der Ökoeffizienz. Zu diesem Zweck haben Fachleute in der Schweiz mit Hilfe
des BAFU bereits Dutzende von Unternehmen erfolgreich unter die Lupe genommen.
Mit dem Instrument QuickScan lässt sich das Potenzial von ökologischen
Optimierungen in einem Unternehmen systematisch ermitteln.
bisher fehlte ein Instrument, um ökologische Verbesserungsmöglichkeiten systematisch und umfassend aufzuspüren.
Mehr als nur Energieeffizienz
Hier springt das Institut für Ecopreneurship (IEC) der Fachhochschule
Nordwestschweiz (FHNW) in die Lücke.
Es befasst sich mit ökologischer Unternehmensführung und entwickelte vor
acht Jahren das Instrument QuickScan.
Damit lässt sich rasch abschätzen, welche Potenziale zur ökologischen Optimierung in einer Firma bestehen. Dazu
erfasst der Öko-Radar sämtliche umweltrelevanten Aspekte der Unternehmensaktivität. «Wir beschränken uns
längst nicht mehr nur auf die Energieströme», sagt Thomas Heim, Geschäftsleiter der Effizienzagentur Schweiz AG,
einem aus dem IEC hervorgegangenen
Spin-off der FHNW. Überprüft werden
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
17
insbesondere auch die durch Logistik
verursachte Umweltbelastung, technische Einrichtungen wie Druckluft- oder
Kälteanlagen sowie Stoffflüsse, Abfälle,
Abwasser und Abluft. Ein solcher ÖkoCheck kostet pro Firma 2900 Franken.
Die Grundlage bildet eine halbtägige
Betriebsbesichtigung, um die Örtlichkeiten kennenzulernen und relevante
Daten aufzunehmen. Anschliessend erfolgt die Auswertung und Zusammenfassung der Resultate in einem Kurzbericht. Auf dieser Basis ist in einer
zweiten Phase eine ausführliche Analyse möglich, welche Ökopotenziale vertieft ausleuchtet. Bis heute hat das IEC
bereits 100 QuickScans durchgeführt,
davon 40 im Ausland. Dieser Ansatz zur
Verbesserung der Ökoeffizienz wird auf
internationaler Ebene mit dem Begriff
«Cleaner Production» bezeichnet.
Kostenersparnis auf Jahre hinaus
«Der QuickScan im Industriewerk Bellinzona hat sich bewährt», bilanziert
Rémy Chrétien von SBB Cargo. So un-
tersuchte man die Effizienz der Beleuchtung in den Wartungshallen, ging
den Waschprozessen nach und prüfte,
ob der Abfall tatsächlich minimiert
wird und wie umweltverträglich die
Entsorgung ist. Die detailliert aufgelisteten Punkte reichen von der Wärmerückgewinnung in der Lackierung
über die Isolation von Heizungsrohren
und die Prüfung von neuen Entfettungsmitteln bis hin zur regelmässigen
Wartung des Druckluftsystems.
Die Empfehlungen aus dem QuickScan dienen nun als Vorgabe für
Verbesserungsmassnahmen. Umgesetzt
werden sie im Rahmen des gegenwärtig
entstehenden Umweltmanagementsystems, das eine kontinuierliche Optimierung der Umweltleistungen ermöglicht.
Schätzungsweise 40 Arbeitsstunden waren erforderlich, um die Daten zusammenzutragen. Dieser Aufwand habe sich
gelohnt, denn die Massnahmen würden
auf Jahre hinaus Kosten sparen, sagt
Rémy Chrétien. Zudem lassen sich die
Erkenntnisse von SBB Cargo auch auf
die sechs Serviceanlagen übertragen und
erlauben dort weitere Verbesserungen
und Einsparungen. Mit geringfügigen
Anpassungen dürfte der QuickScan
ebenfalls für die 13 weiteren Unterhaltsstandorte des SBB-Personenverkehrs
nutzbar sein.
Schnell amortisierte Investition
Bereits in einem fortgeschrittenen Stadium ist das Chemieunternehmen van
Baerle in Münchenstein BL, das sich
aus Anlass der ersten QuickScan-Analyse schon 2002 mit dem Konzept
Cleaner Production befasste. «Weil wir
kaum Abfall produzieren, konnten wir
uns voll auf den Bereich Energie konzentrieren», sagt Thomas Eiche, Leiter
Qualität, Umwelt und Sicherheit. Das
Instrument zeigte unter anderem, dass
die Dampfleitungen sowie einzelne
Werksgebäude isoliert werden sollten.
Auch blosse organisatorische Massnahmen können weiterhelfen, wie Eiche
dank des QuickScans erfuhr: «Zahlreiche Gebäudeeingänge sind hand-
International vernetzt
Immer mehr Firmen setzen Ökoeffizienz um, etliche von ihnen sind Mitglied der
Schweizerischen Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmensführung
(ÖBU). Zusammen mit der ÖBU gründeten das BAFU und die Fachhochschule
Nordwestschweiz (FHNW) das Netzwerk prepare.ch, um die Ökoeffizienz der
Schweizer Wirtschaft insgesamt zu verbessern. Auf internationaler Ebene ist prepare.ch in die gleichnamige Organisation Preventive Environmental Protection
Approaches in Europe (PREPARE) eingebunden. Diese Kontakte erleichtern
Schweizer Unternehmen und Forschungsgruppen den Zugang zu internationalen
Projekten sowie den Erfahrungsaustausch auf EU-Ebene. Nach einer dreijährigen
Pilotphase haben sich aus der Initiative prepare.ch zwei Folgeaktivitäten entwickelt: einerseits die Effizienzagentur Schweiz AG, welche sich zum Ziel setzt, die
Ökoeffizienz von Unternehmen zu verbessern, und andererseits die vom BAFU
und vom Bundesamt für Energie BFE getragene Informationsplattform Nachhaltigkeitscheck für KMU. www.prepare.ch, www.oebu.ch
18
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
BAFU/AURA E. Ammon
Wie kann der Verpackungshersteller Amcor Rentsch in Rickenbach SO seine betriebliche Ökobilanz verbessern? Thomas Heim (oben links), Geschäftsleiter der Effizienzagentur Schweiz AG,
bespricht mit dem technischen Leiter Hans Ueli Widmer mögliche Optimierungen. Künftig
will man unter anderem die Wärmeenergie nutzen, welche beim Verbrennen der lösungsmittelhaltigen Abluft aus der Verpackungsdruckerei entsteht.
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
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bediente Schiebetore. Seit der Analyse
weisen wir unser Personal noch strenger darauf hin, in der kalten Jahreszeit
die Tore sofort wieder zu schliessen.»
Nicht alle vom QuickScan aufgezeigten Punkte hat van Baerle schon
abgearbeitet. Beispielsweise plant die
Firma, oft benutzte Tore durch automatisierte Schliessvorrichtungen zu ersetzen. Schneller als geplant wechselte sie
hingegen den Brenner der Heiz- und
Dampfanlage aus und setzt jetzt auf
Gas statt Erdöl. «Dies reduziert den
CO2-Ausstoss um ein Viertel und senkt
den Wartungsaufwand, weil Gas die
Mechanik weit weniger angreift als Öl»,
stellt Thomas Eiche fest. Ersetzt hat die
Chemiefirma auch ihren Druckluftkompressor. Die topmoderne Anlage
benötigt 30 Prozent weniger Strom als
die alte; zudem wird die entstehende
Abwärme für die Dampferzeugung
genutzt: Pro Jahr spart der Betrieb auf
diese Weise rund 100 000 Kilowattstunden Strom, womit die Investition rasch
amortisiert ist.
Schwachstellen im Einkaufszentrum
In fast jedem Unternehmen schlummert Potenzial für Cleaner Production,
also die Möglichkeit, Produktionsverfahren, Güter und Dienstleistungen
kontinuierlich und präventiv ökoeffizienter zu gestalten. IEC-Mitarbeiter
Dirk Hengevoss analysierte etwa in der
Region Basel ein erst 2001 eröffnetes
Einkaufszentrum und entdeckte beträchtliche Schwachstellen im Energiebereich: «Insbesondere die Wärmerückgewinnung der Kältemaschinen und
Klimaanlagen war nicht optimiert.»
Eine weitere Möglichkeit, Strom einzusparen, ist die Anpassung der Pumpen
im Kältekreislauf, wenn diese überdimensioniert sind oder unnötig im
Dauerbetrieb laufen. Das Problem in
20
Ökoeffizienz
breit verankern
Welche ökoeffizienten Innovationen sind wirtschaftlich interessant?
Im Rahmen der Internetplattform
www.eco-net.info unterstützen das
BAFU, das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT sowie
das Staatssekretariat für Wirtschaft
SECO den Wissenstransfer zwischen
Wirtschaft und Forschung. An Fachveranstaltungen werden neue Erkenntnisse bezüglich nachhaltigem
Design, Umwelttechnik oder Energieeffizienz diskutiert. «Ziel ist es,
Experten aus Forschung, Wirtschaft
und Behörden zusammenzubringen, um das Thema Ökoeffizienz
möglichst breit zu verankern und
umzusetzen», sagt der Koordinator
Thomas Heim. Ein Mittel dazu sind
auch erfolgreiche Umsetzungsbeispiele, die publiziert werden und
zum Nachahmen motivieren sollen.
www.eco-net.info
grossflächigen Einkaufszentren mit
eingemieteten Geschäften ist allerdings, dass sich die Nebenkosten problemlos auf die Mieter abwälzen lassen,
weshalb die Besitzer nur zurückhaltend
in energieeffiziente Gebäudetechnik
investieren.
ratung noch nicht überall kostendeckend angeboten werden, weshalb
man weiterhin für die Unterstützung
durch das BAFU und einige Kantone
dankbar ist.
«Wir erachten es als wichtig, Industrie, Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe regelmässig über die Möglichkeiten der Cleaner Production zu informieren», sagt Daniel Zürcher, der beim
BAFU die Sektion Innovation leitet. Vor
allem den kantonalen Fachstellen und
Gewerbeverbänden komme dabei eine
Scharnierfunktion zu. Wie eine repräsentative Studie des IEC und des Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums der
Universität Basel aus dem Jahr 2006
zeigt, macht die Ökoeffizienz in den
Betrieben allmählich Schule. Noch vor
zehn Jahren überwogen klar End-ofpipe-Massnahmen, die bereits entstandene Schadstoffe erst nachträglich eliminieren. «Heute hingegen sind etwa
die Hälfte der von Unternehmen getroffenen Umweltmassnahmen vorbeugender Natur», stellt Thomas Heim
fest. Die in den letzten Jahren stark
gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe beschleunigen diesen Trend, weil
sich Sparinvestitionen im Interesse der
Umwelt nun auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eher auszahlen.
Pieter Poldervaart
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.fhnw.ch/lifesciences/iec
Industrie im Ökofokus
«Wer sich heute auf einen QuickScan
einlässt, macht dies vor allem, weil er
damit Geld sparen kann», konstatiert
Thomas Heim. Allerdings kann die Be-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
www.effizienz-ag.ch
INFOS
Daniel Zürcher, siehe Seite 10
BAFU/AURA E. Ammon
Technischer Durchbruch bei der zahlenmässigen Erfassung gefährlicher Luftschadstoffe: Das von der Matter Engineering AG in
Wohlen AG entwickelte Messgerät Nanomet erkennt winzigste Russpartikel von 10 bis 500 Milliardstelmeter.
MESSTECHNIK
Innovative Messinstrumente
im Dienst der Umweltqualität
Um Umwelteinflüsse rechtzeitig erkennen zu können, unterstützt der Bund mit seiner Umwelttechnologieförderung die Entwicklung von innovativen Messverfahren. Hochempfindliche
Instrumente ermöglichen den Behörden eine Optimierung von Umweltschutzmassnahmen. Ein
technischer Durchbruch gelang etwa mit einem viel beachteten Messgerät zur zahlenmässigen Erfassung von lungengängigen Feinpartikeln.
«Damit die Behörden und weitere Akteure die Entwicklung der Umweltqualität langfristig verfolgen und bei
Bedarf Massnahmen treffen können,
sind sie auf eine kontinuierliche Umweltbeobachtung angewiesen», erklärt
Arthur Mohr, Chef der BAFU-Abteilung
Klima, Ökonomie, Umweltbeobachtung. «Neu erkannte Umweltprobleme
erfordern in der Regel auch innovative
Messinstrumente. Deshalb fördert das
BAFU neben einer Vielzahl von Projekten zur konkreten Verbesserung der
Umweltbedingungen auch Entwicklungsvorhaben für Messgeräte.»
Messung von Russpartikeln
Zu den besonders erfolgreichen Projekten gehört ein Messgerät zur Erfassung
der Zahl von lungengängigen Feinpartikeln. In diese Schadstoff-Kategorie
fallen zum Beispiel die stark gesundheitsgefährdenden feinsten Russteilchen aus Dieselmotoren. Weil sie so
klein sind, dass sie die Schranke der
Nase überwinden, können diese Russ-
partikel in die Lungenbläschen und
sogar ins Blut vordringen. «Die Kenntnisse darüber, welche gefährlichen
Schadstoffe den Auspuffen von dieselbetriebenen Motoren entströmen und
mit welchen Mitteln sie sich bekämpfen lassen, konnten nur dank geeigneter Messmethoden gewonnen werden»,
sagt der Ingenieur Giovanni d’Urbano
von der Sektion Verkehr beim BAFU.
Die Herausforderung einer besseren
Abgasreinigung von Dieselmotoren
stellt sich hierzulande seit den 1990er-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
21
Jahren. Nachdem die Wissenschaft die
Gefahr der feinen Russpartikel erkannt
hatte, verschärfte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva 1994 den
entsprechenden Grenzwert für Arbeitsräume. Dies verursachte vor allem im
Tunnelbau grosse Probleme: Die Messwerte ergaben eine so hohe Belastung
der Luft, dass mit Belüftung nichts auszurichten war. Die Nachbarstaaten
Deutschland und Österreich hatten dieselben Sorgen. Deshalb starteten die verantwortlichen Stellen der drei Länder zusammen mit der Industrie ein Projekt
zur «Verminderung der Emissionen von
Realmaschinen im Tunnelbau» (VERT).
Vom Wägen zum Zählen
Die vom international renommierten
Ingenieur Andreas Mayer geleitete VERTGruppe empfahl Partikelfilter für Baumaschinen im Tunnel als beste Lösung.
Sie stand aber vor einem kniffligen Problem: Mit der herkömmlichen Gewichtsmessung – der so genannten Gravimetrie
– liess sich die Tauglichkeit der Filter
nicht nachweisen. «Je nach Messsituation ergaben sich unterschiedliche Resultate bis zum Paradox, dass die gefilterte Luft eine höhere Schadstoffmenge
zu enthalten schien als ungefilterte Abgase», erklärt Giovanni d’Urbano. «Ein
Grund dafür war, dass kondensierte
flüchtige Stoffe mit hohem Gewicht die
Messungen verfälschten, denn die Gravimetrie erfasst die im Messfilter gesammelte Masse unterschiedslos.»
Folglich musste die VERT-Gruppe ein
neues Messverfahren entwickeln, das
nur feste Partikel registriert und zudem
äusserst empfindlich ist, sollten die
eingesetzten Partikelfilter doch nur geringste Russreste passieren lassen. In den
Versuchen zeigte sich, dass ein Systemwechsel nötig war – vom Messen der
Menge in Mikrogramm zur Erfassung der
22
Den Bodenverdichtungen auf der Spur
Neben der Luft ist auch der Boden starken Belastungen durch Schadstoffe und
mechanische Einwirkungen ausgesetzt. Ein ernstes Umweltproblem sind dauerhaft verdichtete Böden, die dadurch ihre Fruchtbarkeit verlieren. Zudem können
sie Niederschläge nur ungenügend aufnehmen, was zu Überschwemmungen
und Erosion führt. Wünschbar wäre, dass Bauern und Bauverantwortliche über
eine einfache Messgrösse verfügen, damit sie Böden nicht in zu nassem Zustand
befahren. «Ideal wäre, wenn sich das Ausmass der Verdichtung in den unteren
Bodenschichten direkt an der Spur des Traktors ablesen liesse», sagt Jürg Zihler,
Chef der BAFU-Sektion Boden. «Doch das ist eine Zukunftsvision, denn noch
bleibt zu klären, wie genau die Bodendeformation und die Beeinträchtigung der
ökologischen Funktionen zusammenhängen.»
Erfassung der Bodendeformation
Zurzeit erforschen mehrere Institute unter Leitung der Forschungsanstalt für Wald,
Schnee und Landschaft WSL Grundlagen für eine neue Messtechnik. Im Auftrag
des BAFU und des Kantons Aargau entwickeln sie ein hydrostatisches Deformationsmessgerät HSDM, das den Verlauf der Bodendeformation über längere Zeit
erfasst. Die gewonnenen Messdaten geben auf den Millimeter genau Auskunft
darüber, wie stark sich der Boden in einer beliebigen Tiefe unter einer Fahrspur
senkt und eventuell wieder hebt. Es bedarf aber noch weiterer Forschung, damit
sich das Gerät erfolgreich in der Umweltbeobachtung einsetzen lässt.
Am Forschungsprojekt ist auch das Bundesamt für Landwirtschaft beteiligt. Es
möchte wissen, wie gut und wie schnell ein verdichteter Boden regeneriert. Das
Interesse gilt vor allem neu aufgeschütteten Böden, die nach Abschluss von Bauarbeiten rekultiviert wurden. Diese sind nämlich besonders empfindlich, weshalb eine intensivere Bewirtschaftung erst nach einer Schonzeit in Frage kommt.
Die Messungen mit dem HSDM-Bodenmessgerät sollen schliesslich dazu dienen, die Richtlinien zum Bodenschutz zu verfeinern.
Die im Boden vergrabene Messdose (links) ist mit Silikonöl gefüllt und erfasst
Setzungen und Hebungen des Terrains. Der Traktor mit angehängtem Güllefass
diente der Forschungsanstalt WSL als Testfahrzeug bei Befahrungsversuchen
auf einer rekultivierten Fläche.
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
WSL
Der vom BAFU geförderte Russgenerator erzeugt Russpartikel in standardisierten Grössen.
Das Instrument wird benötigt, um die
Partikelmessgeräte zu eichen.
Anzahl Partikel pro Volumeneinheit.
Mit diesem 3000-mal empfindlicheren
Messsystem konnte die VERT-Gruppe
die wirksamsten Filter identifizieren
und eine Liste der empfohlenen Systeme für Dieselmotoren erstellen. Sie
setzte damit einen Standard, den die
Schweizerische
Normen-Vereinigung
inzwischen als Regel SNR 277205 etabliert hat. Demnächst soll dieser Standard auch als internationale ISO-Norm
definiert werden.
International erfolgreich
Das neue Messsystem ist zukunftsträchtig. Deshalb unterstützte der Bund im
Rahmen der vom BAFU betreuten Umwelttechnologieförderung das Kleinunternehmen Matter Engineering AG
in Wohlen AG, damit es die im Labor
taugliche Messanlage für den breiteren
Einsatz weiterentwickeln konnte. Das
Messgerät für Feinstaub «Nanomet»
kann winzige Russpartikel von 10 bis
500 Milliardstelmeter (Nanometer, nm)
erfassen und stiess sofort auf grosses Interesse. «Eine internationale Ingenieurvereinigung ehrte sie 2003 als innovativste Leistung, grosse Firmen bemühen
sich um Lizenzen, und die Geräte finden international Absatz», stellt Daniel
Zürcher, Chef der Sektion Innovation
beim BAFU erfreut fest.
Dieselwagen anders prüfen
Weil auf europäischer Ebene im Jahr
2009 mit EURO 5 Verschärfungen der
Abgasnormen mit deutlich strengeren
Partikel-Grenzwerten für Dieselautos
bevorstehen, braucht es künftig auch
für die Fahrzeug-Typenprüfung empfindlichere Messverfahren. Deshalb
starteten diverse EU-Länder das «Particle Measurement Program» (PMP), um
einen neuen Messstandard zu definieren. Dank ihrem Wissensvorsprung
Lianpeng Jing
waren auch schweizerische Forschungsinstitute dabei, und die Matter Engineering AG konnte ein modifiziertes
System ins Programm einbringen, das
den besonderen Bedingungen der Fahrzeug-Typenprüfung Rechnung trägt.
Bei den Tests mit Messsystemen
verschiedener Länder erwies sich das
Zählverfahren wiederum als überlegen.
Eine EU-Richtlinie sieht nun vor, die
Partikelzählung zusammen mit den
EURO-6-Grenzwerten im Jahr 2014 einzuführen und damit das Gravimetrieverfahren bei der Typenprüfung zu ergänzen. «Es ist absehbar, dass nur noch
Dieselwagen mit einem effizienten
Partikelfilter den verschärften Anforderungen genügen können», erläutert
Giovanni d’Urbano. «So führt hochempfindliche Messtechnik zu einem
Quantensprung in der Luftreinhaltung,
wobei Schweizer Präzisionsgeräte international zum Zug kommen.»
Kalibrieren mit Russ
Damit die Resultate der Messinstrumente brauchbar – das heisst vergleichbar – sind, müssen die Geräte kalibriert
oder geeicht werden. Bei einer Waage
beispielsweise dient dazu ein Prüfgewicht. Für Partikelmessgeräte braucht
es Russpartikel in standardisierten
Grössen. Zu diesem Zweck entwickelte
der Chemiker Lianpeng Jing beim Bundesamt für Metrologie einen Russgene-
rator, den seine Start-up-Firma Jing AG
in Zollikofen BE mit Fördermitteln des
Bundes zur Marktreife gebracht hat.
Gegenwärtig läuft ein weiteres Projekt,
um diese Erfindung auf die Grösse einer
Russpistole zu verkleinern. Sowohl die
Partikelmessgeräte als auch die Kalibrierungstechnik gelangen in Zukunft
an verschiedensten Stellen zugunsten
einer saubereren Luft zum Einsatz – so
etwa bei der periodischen Abgaskontrolle in Autogaragen, die bis heute die
Funktionstüchtigkeit von Partikelfiltern nicht überprüfen können. Deshalb
stehen auch bereits kompakte Ausführungen zur Verfügung, die mobil verwendbar sind.
Beatrix Mühlethaler
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.matter-engineering.com
www.sootgenerator.com
www.metas.ch > Fachbereiche > Partikel
und Aerosole
www.akpf.org
INFOS
Giovanni d’Urbano
Sektion Verkehr, BAFU
Tel. 031 322 93 40
giovanni.durbano@bafu.admin.ch
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
23
Alptransit
Die schlechte Atemluft im Untertagebau gab vor Jahren den Anstoss zur Abgasreinigung der bei Tunnelarbeiten
eingesetzten Dieselmaschinen. Inzwischen sind für eine Vielzahl von Dieselmotoren effiziente Partikelfilter verfügbar.
ABGASREINIGUNG
Neue Filtersysteme senken
den Schadstoff-Ausstoss
In enger Zusammenarbeit mit technischen Hochschulen haben Schweizer Firmen in den
letzten Jahren innovative Filtersysteme zur Abgasreinigung von Motorfahrzeugen entwickelt.
Die Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstützte dabei vor allem Projekte, die den
Schadstoff-Ausstoss von Dieselmotoren stark reduzieren.
Wer sich als Fussgängerin oder Velofahrer im städtischen Verkehr bewegt,
kennt den beissenden Geruch der Abgasschwaden, die vor allem den Auspuffrohren von älteren Lastwagen und
Nutzfahrzeugen entweichen. «Insbesondere in schlecht durchlüfteten
Strassenschluchten verursachen Dieselmotoren mit ihrem Ausstoss an gesundheitsschädigenden Russpartikeln
24
und Stickoxiden einen beträchtlichen
Teil der Luftverschmutzung», stellt
Felix Reutimann von der Sektion Verkehr beim BAFU fest. Die feinen Staubpartikel können tief in die Lunge
eindringen und zu Atemwegs- und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie zu
Lungenkrebs führen. Jedes Jahr verursacht die Feinstaub-Belastung in der
Schweiz 3000 bis 4000 vorzeitige Todes-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
fälle und Gesundheitskosten von knapp
4,2 Milliarden Franken. Stickoxide greifen die Schleimhäute der Atemwege einerseits direkt an und wirken zum andern indirekt, indem sie bei starker
Sonneneinstrahlung als Vorläufersubstanzen zur Bildung des ebenfalls schädlichen, bodennahen Ozons beitragen.
Durch die allgemeine Luftbelastung am
meisten gefährdet sind jene 40 Prozent
der Bevölkerung, die in den Innenstädten und Agglomerationen sowie entlang von stark befahrenen Verkehrsachsen wohnen.
Ältere Dieselmotoren nachrüsten
Zur Entschärfung des Problems sind die
Abgasgrenzwerte für Motorfahrzeuge in
Europa seit Beginn der 1990er-Jahre
mit den EURO-Normen mehrmals verschärft worden. Durften etwa neu
zugelassene Lastwagen nach 2001 pro
Kilowattstunde (kWh) noch 5000 Milli-
gramm Stickoxide (mg NOx) und 100
mg Partikel emittieren, so gelten seit
2006 mit der EURO-4-Norm 3500 mg
NOx und 20 mg Partikel als Limiten. Ab
2009 tritt mit EURO 5 ein nochmals
deutlich reduzierter Stickoxid-Grenzwert von 2000 mg NOx/kWh in Kraft.
«Da Nutzfahrzeuge im Vergleich zu
Autos eine lange Lebensdauer haben
und ältere Modelle mit Dieselmotoren
von den Vorschriften ausgenommen
sind, wirken sich die Abgasvorschriften
erst mit mehrjähriger Verzögerung auf
die Qualität der Atemluft aus», erklärt
Felix Reutimann. «Eine raschere Reduktion der Schadstoff-Emissionen im Interesse unserer Gesundheit erfordert
deshalb vor allem in dicht besiedelten
Gebieten zusätzlich eine Nachrüstung
bestehender Dieselmotoren.»
Projekte für verbesserte Abgasreinigung
In der Schweiz verkehren rund 60 000
mit Diesel betriebene Busse, LKW und
Industriefahrzeuge. Die vom BAFU betreute Umwelttechnologieförderung des
Weniger Staub
aus Zementwerken
Eine effiziente Reinigung der Abgase drängt sich
nicht nur bei mobilen und stationären Motoren auf,
sondern auch bei einer Vielzahl von industriellen
Emittenten. Dies gilt zum Beispiel für Zementfabriken, in denen besonders viel Staub anfällt. Bisher
hat man die Staubpartikel vor allem mit Membranfiltern zurückgehalten, die jedoch schnell verstopfen. Unterstützt von der Umwelttechnologieförderung des Bundes hat die Firma Elex AG aus
Schwerzenbach ZH nun ein neues Filtersystem entwickelt, bei dem der Staub zuerst mittels elektrostatischer Ladung abgetrennt wird. Dies reduziert den
Staubgehalt beim Eintritt um 90 bis 95 Prozent. Erst
in einem zweiten Schritt kommt dann ein Textilfilter
zum Zug. Solche Hybridfilter sind inzwischen bereits weltweit im Einsatz. Bestehende Filteranlagen
können ohne grossen baulichen Aufwand und ohne
wesentliche Veränderungen an der Anlagetechnik
aufgerüstet werden und erfüllen dann die strengeren Luftreinhalte-Vorschriften. Der kommerzielle
Erfolg erlaubt es der Firma, einen Teil der beanspruchten Fördergelder von 250 000 Franken
zurückzuzahlen. Mit Unterstützung des Bundes läuft
gegenwärtig ein Projekt zur weiteren Optimierung
des Elektro- und Gewebefilters.
www.elex.ch > Produkte > Hybridfilter
Auch Zementwerke in Spanien und Brasilien setzen
zur Staubminderung auf Hybridfilter der Schweizer
Firma Elex.
Elex
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
25
Andreas Mayer, TTM
Erfolgreiche Schweizer Innovation zur Reduktion des gesundheitsschädigenden StickoxidAusstosses von Dieselmotoren: Die Stadt Bern hat bereits mehrere Kehrichtfahrzeuge mit
dem Set aus SCR-Katalysator und Partikelfilter nachgerüstet.
Bundes hat seit ihrem Bestehen verschiedene Projekte für eine bessere Abgasreinigung dieser Flotte unterstützt.
Unternehmen des öffentlichen Verkehrs
machten in den 1990er-Jahren den Anfang, indem sie ihre Dieselbusse auf freiwilliger Basis mit effizienten Partikelfiltern ausstatteten, die einen Grossteil
der krebserregenden Russteilchen aus
den Abgasen eliminieren. Heute ist diese
Technik Standard und wird von der
öffentlichen Hand mit finanziellen
Anreizen gefördert. Im Rahmen des
Aktionsplans Feinstaub gewährt der
Bund für ÖV-Busse ohne Partikelfilter
seit 2008 nur noch eine reduzierte Rückerstattung der Mineralölsteuer.
Bewährungsprobe im Tunnelbau
Partikelfilter bewähren sich selbst unter
extremen Bedingungen wie im Tunnelbau. Gestützt auf erfolgreiche Praxistests führte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva zum Schutz
der Arbeiter im Jahr 2000 ein Filterobligatorium für Baumaschinen im Untertagebau ein. Im Rahmen der Abklärun-
26
gen wurde mit dem VERT-Standard
(siehe Seite 22) auch eine Abgasnorm für
effiziente Partikelfilter definiert, die
mindestens 97 Prozent aller Russpartikel abscheiden müssen. Zwecks Reduktion der Russpartikel in der Umgebung
hat der Bund die Partikelfilterpflicht für
Dieselmotoren mit mehr als 18 Kilowatt Leistung mit der Baurichtlinie Luft
ab September 2005 auch auf oberirdischen Grossbaustellen eingeführt. Aufgrund dieser Vorschriften wurden bisher mehr als 15 000 Baumaschinen
nachgerüstet.
Wirksame Russabscheidung
Wie wirksam Partikelfilter nach dem
VERT-Standard die Abgase reinigen,
zeigt ein einfacher Vergleich bei Nutzfahrzeugen: So emittiert ein mit Filter
nachgerüsteter EURO-3-Motor etwa
500-mal weniger gesundheitsschädigende Russteilchen als ein neues Fahrzeug ohne Filter, das der ab 2009
geltenden Abgasnorm EURO 5 genügt.
Diese schreibt für Neumotoren nämlich
nur einen Massengrenzwert für Partikel
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
vor. Dadurch werden zwar die grossen
Russpartikel reduziert, nicht aber die
Anzahl der für die menschliche Lunge
besonders gefährlichen Feinstpartikel.
«Das technische Potenzial zur Reduktion der Russpartikel wird damit leider
nicht ausgeschöpft», bedauert Andreas
Mayer, der als Ingenieur und Leiter
der VERT-Gruppe mehrere Forschungsprojekte in diesem Bereich begleitet
hat. Ein lobendes Beispiel ist für ihn die
Stadt St. Gallen, die ihre neue Busflotte
konsequent nach der EURO-5-Norm
und mit Partikelfiltern nach dem VERTStandard ausrüstet.
Lösungen für Kleinbusse
und Traktoren
Ein weiteres unterstütztes Projekt bestand in der Untersuchung und Entwicklung kostengünstiger Partikelfiltersysteme mit vollautomatischer Regenerationssteuerung für dieselbetriebene
Kleinbusse. Die hohen Kosten der bisher üblichen Filter bewirkten, dass in
diesem Segment kaum Nachrüstungen
erfolgten. Dank einer Anstossfinanzie-
BAFU/AURA E. Ammon
Die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule Technik und Informatik in Biel untersucht den Luftschadstoff-Ausstoss
von Scootern. Sie arbeitet gemeinsam mit den Herstellern an einem Projekt zur Reduktion der hohen Kohlenwasserstoffund Partikel-Emissionen.
rung des Bundes gelang es, Wege zur
Entwicklung neuer Partikelfiltersysteme aufzuzeigen, die bei entsprechender
Stückzahl bald nur noch rund 3000
bis 4000 Franken kosten dürften. Bisher
noch deutlich teurer ist eine Nachrüstung bei landwirtschaftlichen Traktoren. Ein von der Umwelttechnologieförderung unterstützter Praxisversuch
mit verschiedenen Modellen brachte
jedoch aus Sicht der Luftreinhaltung
auch hier hervorragende Resultate.
Bekämpfung der Stickoxide
Seit den späten 1990er-Jahren wurde
mit finanzieller Hilfe des Bundes auch
intensiv am Stickoxid-Problem gearbeitet. «Noch vor zehn Jahren galten entsprechende Lösungen bei Altfahrzeugen als technisch schwer realisierbar»,
sagt Felix Reutimann. Dabei habe sich
gezeigt, dass beliebte Partikelfiltersysteme wie die mit Platin beschichteten
CRT-Filter das motorische Stickstoffmonoxid vermehrt in schädliches Stick-
stoffdioxid (NO2) umwandeln, was in
städtischen Gebieten zu einer noch
stärkeren NO2-Belastung der Luft führen kann.
Deshalb suchten das Institut für
Umwelt- und Verfahrenstechnik (umtec) der Hochschule für Technik Rapperswil HSR und drei Industriepartner
in einem gemeinsamen Projekt nach
einer technischen Lösung für die Nachrüstung von Dieselmotoren. Ergebnis
der Forschungen ist ein SCR-Kataly-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
27
sator nach dem Prinzip der selektiven
katalytischen Reduktion, der die unerwünschten Stickoxide in den Abgasen
eliminiert, indem er sie mit Hilfe von
Ammoniak als Reaktionsmittel in Wasser und harmlosen inerten Stickstoff
umwandelt. «Die grosse Herausforderung bestand darin, eine der Fahrweise
angepasste Regeltechnik für den Katalysator zu entwickeln – dies ist uns
gelungen», freut sich der damalige umtec-Projektleiter Heiri Hafner. Der neuartige Katalysator wurde in Wil SG
während neun Monaten an einem Bus
aus dem Jahr 1992 mit EURO-1Standard getestet. Dank der Umrüstung erfüllt er inzwischen die EURO-5Norm. Das Produkt hat sich so gut
bewährt, dass es heute unter dem Namen NOxOFF im Handel ist. Damit
fliessen für jedes verkaufte System Gelder an den Bund zurück.
Dringend nötige Anreize
Die Stadt Bern hat seit 2005 zwölf ihrer
Kehrichtlaster sowie zwei LKW mit
SCR-Katalysatoren ausgestattet. «Die
Nachrüstung erwies sich als kostengünstiger als die Anschaffung von
neuen, mit Erdgas betriebenen Fahrzeugen, und dies bei besserem ökologischem Nutzen», sagt Heiri Hafner. Ein
Nachrüstungssatz des NOxOFF-Kat in
Kombination mit einem Partikelfilter
kostet heute rund 45 000 Franken. Es
ist gut möglich, dass sich diese Investition künftig durch deutlich tiefere
Kosten bei der leistungsabhängigen
Schwerverkehrsabgabe (LSVA) relativ
rasch amortisieren lässt. Ein Lastwagen
mit 26 Tonnen Gesamtgewicht, der
dem EURO-1-Standard entspricht,
28
muss für eine jährliche Fahrleistung
von 100 000 Kilometern gegenwärtig
eine Abgabe von knapp 75 000 Franken entrichten. Im Fall einer Nachrüstung erfüllt er die EURO-5-Vorgaben,
womit sich die LSVA eigentlich um fast
20 000 Franken pro Jahr verbilligen
sollte. NOx-OFF-Kat und Partikelfilter
wären damit in gut 2 Jahren amortisiert. «Bisher gibt es in der Schweiz
aber kein vereinfachtes Verfahren zur
Anerkennung von nachgerüsteten
Fahrzeugen mit verbesserter Abgasnorm», sagt Heiri Hafner. Damit fehlt
insbesondere privaten LKW-Besitzern
der entscheidende finanzielle Anreiz
zur Nachrüstung ihrer älteren Fahrzeuge. Eine Arbeitsgruppe des Bundes
sucht hier deshalb nach einer praktikablen Lösung.
Schmutzige 2-Takt-Roller
Die Absenkung des Zulassungsalters
auf 16 Jahre hat in den letzten Jahren
zu einem Boom der Motorroller geführt, sind die schnellen Scooter doch
vor allem unter Jugendlichen sehr beliebt. Im Inland verkehren heute –
ohne die Mofas – rund 150 000 dieser
Kleinmotorräder mit einem Hubraum
unter 50 Kubikzentimetern. Ihre 2-TaktBenzinmotoren verursachen neben viel
Lärm auch einen beträchtlichen Ausstoss an Partikeln und weiteren
gesundheitsschädigenden Luftschadstoffen. So emittieren die Motorräder
gemäss einer Untersuchung der Materialprüfungsanstalt EMPA innerorts
16-mal so viel Kohlenwasserstoff-Verbindungen wie sämtliche Autos. Ein
Grund dafür ist der hohe Schmierölanteil im Treibstoff von bis zu 4 Prozent.
Im Rahmen eines vom Bund geförderten Projekts sucht die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule Technik und Informatik in Biel gemeinsam
mit den Herstellern von Scootern und
Katalysatoren sowie mit Schmiermittelfabrikanten nach Lösungen. Der
Leiter Jan Czerwinski rechnet dank
Optimierungen mit einer massiven Reduktion der toxischen Emissionen um
bis zu 95 Prozent. «Nur schon eine
jährliche Abgasprüfung der Roller
würde deren Schadstoff-Ausstoss um
30 Prozent senken, wenn schadhafte
Katalysatoren ersetzt würden.»
Stefan Hartmann, Beat Jordi
LINKS
INFOS
www.aramis.admin.ch
Felix Reutimann
www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte >
Abgas / Abluft
Sektion Verkehr
http://labs.hti.bfh.ch > Abgasprüfstelle
www.hug-eng.ch
Tel. 031 322 54 91
www.umwelt-schweiz.ch/luft > Schadstoffquellen > Verkehr
www.dieselruss.ch
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
BAFU
felix.reutimann@bafu.admin.ch
BAFU/AURA E. Ammon
Versuchsanlage des Wasserforschungs-Instituts Eawag in Dübendorf ZH zur Optimierung
der Abwasserreinigung mittels Membrantechnik.
WASSERAUFBEREITUNG
Kein Durchkommen für pathogene Keime
Süsswasser wird weltweit knapp. Verschiedene Umwelttechniken ermöglichen eine schonende
Aufbereitung und Nutzung dieser lebenswichtigen Ressource. Sie machen Seewasser trinkbar
und Abwasser sauber. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die vom Bund in mehreren Projekten
geförderte Membrantechnologie.
Vom Lebensmittel, das im Seewasserwerk Männedorf ZH für 26 000 Personen in drei angeschlossenen Zürichsee-Gemeinden bereitgestellt wird,
sieht man während der ganzen Betriebsbesichtigung praktisch nichts.
Die Trinkwasseraufbereitung erfolgt in
einer hermetisch abgeschlossenen Anlage, was aus Sicherheitsgründen ein
grosser Vorteil ist. Die Anlage versteckt
sich in einem Gebäude, das so konsequent als schnörkelloser Kubus gestaltet ist, dass man kaum den Eingang findet. Drinnen wirkt die Farbgebung
orientierend: Die Rohre, die aus der Tiefe des Zürichsees kommen, sind grün, in
der Aufbereitungsphase ist alles türkis
und am Schluss azurblau. Erst im braunen Bereich tritt das nasse Element
zum Vorschein: Hier wird das Spülwasser geklärt, das den ausgefilterten
Schmutz aus der Anlage abführt.
Barriere für alle Mikroorganismen
Das Ende 2005 in Betrieb genommene
Seewasserwerk Männedorf ist ein Vorzeigeobjekt für ein neues Verfahren der
Trinkwasseraufbereitung, das in den
letzten Jahren den Schritt zur Praxisreife geschafft hat. Es arbeitet mit Membranen. Die Technik nutzt das in allen
lebendigen Organismen angewandte
Prinzip des Molekültransports durch
eine selektive Trennwand, die für be-
stimmte Substanzen durchgängig ist,
andere aber zurückhält. Die Membranen im Seewasserwerk Männedorf
haben eine Trenngrenze von 0,02 Mikrometern. Sie bilden damit eine hundertprozentige Barriere für alle Mikroorganismen – so auch für Viren.
Die hohe Filterwirkung erlaubt eine
erhebliche Vereinfachung des ganzen
Verfahrens. Das Seewasser wird mit
Ozon behandelt, geht danach durch
einen Aktivkohlefilter und schliesslich
durch die Membrane. Am Ende des
Prozesses übertrifft es alle Qualitätsstandards. Auf den Bildschirmen im
lichten Kontrollraum leuchten sämtliche Lämpchen grün. Alles läuft auto-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
29
Prozessleitsystem der Membrankläranlage in Dübendorf (links). Eawag-Mitarbeiter Marc Böhler und Martin Holzapfel von Terralink
demonstrieren eine Hohlfaser- sowie eine Plattenmembrane. Das verschmutzte Abwasser passiert die feinen Fasern und wird dabei
filtriert. Zurück bleibt eine Deckschicht aus Schlamm, während das gereinigte Wasser aus dem Innern der Membranen abfliesst.
matisch. Der Personalaufwand für die
Überwachung und Betreuung entspricht
etwa einer Vollzeitstelle.
Quantensprung in der
Wasseraufbereitung
Das Wasserforschungs-Institut des ETHBereichs Eawag erprobte und etablierte
die erforderliche Wasseranalytik für die
von der WABAG Wassertechnik gebaute
Anlage, wobei der Bund einen Beitrag
aus dem Budget für Umwelttechnologieförderung leistete. Das Seewasserwerk Männedorf ist zwar das modernste, aber nicht das einzige, in dem die
Membrantechnik zum Einsatz kommt.
Noch längere Betriebserfahrung hat das
Werk in Lutry VD am Genfersee. Die
effiziente Umwelttechnologie ermöglicht bei geringem Flächenbedarf eine
Aufbereitung mit weniger Chemikalien
und Energie. Sie ist dadurch kostengünstig und im Ergebnis dennoch besser als die bisher gängigen Verfahren.
Heute werden etwa 18 Prozent des
schweizerischen Trinkwasserverbrauchs
oder jährlich rund 180 Millionen Kubikmeter aus Seen gefördert. Mit der
Klimaerwärmung dürfte die Bedeutung
30
der Seen als Trinkwasserressource allerdings zunehmen.
Recycling-WC im Hochgebirge
Auch in der Abwasserreinigung werden
neuerdings Membranen verwendet.
Wer auf dem 3286 Metern über Meer gelegenen Hohtälli – einer Bergstation der
Zermatt Bergbahnen – vor der stiebenden Abfahrt das WC benützt, spült mit
dem Urin seiner Vorgänger. Das Spülwasser wird einerseits biologisch mit
Mikroorganismen gereinigt und passiert
andererseits einen Membranfilter. Danach hat es Badewasserqualität und
lässt sich für die Spülung wiederverwenden. Die komfortgewohnten Sporttreibenden merken nichts davon, zumal
auch die unbedenkliche, aber womöglich irritierende gelbe Restfärbung durch
Zugabe von Pulveraktivkohle verschwindet. Ein bis zwei Kubikmeter Abwasser
muss die Anlage täglich schlucken und
filtrieren. Der Klärschlamm wird nach
erfolgter Trocknung vor Ort als normaler Kehricht entsorgt. Ganz geschlossen
ist der Kreislauf allerdings nicht. Die
Hände werden mit Frischwasser gewaschen, wofür es täglich 50 Liter braucht.
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Das ist jedoch deutlich weniger als die
schätzungsweise 2000 Liter, welche hier
oben zum Betrieb einer konventionellen Toilette mit Lavabo nötig wären. Die
Zürcher Firma Terralink hat das Recycling-WC gemeinsam mit der Eawag entwickelt. «Das Innovative daran ist die
konsequente Wiederverwendung des
Toilettenabwassers, ermöglicht durch
die Kombination von Biologie und
Membrantechnologie in einer kompakten Anlage», erklärt Martin Holzapfel
von Terralink.
Schlüsseltechnologie
für Kleinkläranlagen
Während die Technik der Membranfiltration zur Aufbereitung von Trinkwasser
bereits breit angewandt wird, steht dieser Schritt bei der Abwasserreinigung
erst noch bevor. «Technisch ist das
schon eine andere Liga», sagt Ulrich
Sieber, Chef der Sektion Oberflächengewässer-Qualität beim BAFU. Man hat
es hier nicht mit quasi schon sauberem
Seewasser zu tun. Immerhin gibt es in
der Praxis bereits mehrere funktionierende Anlagen. Die älteste läuft seit dem
Jahr 2000 auf dem Gipfel des Säntis, wo
Trinkwasser
aus dem Meer
BAFU/AURA E. Ammon / Eawag
sie das Abwasser des Mehrzweckgebäudes
entsorgt. Beim Bau handelt es sich um ein
Gemeinschaftsprojekt der Eawag mit dem
Unternehmen Aqua-System.
Drei Prozent der Abwasserverursacher
in der Schweiz sind keiner zentralen
Kläranlage angeschlossen. Bei manchen
abgelegenen Siedlungen und Einzelbauten im ländlichen Gebiet wäre der Aufwand für den Bau einer Kanalisation zu
gross. Hier liegt der Einsatzbereich der
Kleinkläranlagen. Dafür sei die Membrantechnik die Schlüsseltechnologie der
Zukunft, sagt Alexander Englert von der
Hochschule für Technik Rapperswil HSR.
Sie hat in Zusammenarbeit mit den Firmen MECANA Umwelttechnik AG und
cm-celfa eine Pilotanlage erstellt. Die
Technik erlaubt eine kompakte Bauweise.
Kombiniert mit Recycling-Toiletten eignet sie sich beispielsweise für Bergstationen von Seilbahnen mit angeschlossenem Restaurant, die nicht über eine
Abwasserleitung ins Tal verfügen. In wasserreichen Gebieten wie in der Schweiz
mag der Anwendungsbereich begrenzt
sein, doch global sieht es anders aus. Heute haben drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Diese Zahl bis 2015 um die Hälfte zu vermindern, hat der Gipfel für nachhaltige
Entwicklung in Johannesburg 2002 als
Millenniumsziel festgesetzt. «In trockenen Ländern, wo Trinkwassermangel und
Siedlungshygiene ein Gesundheitsproblem sind, könnte die Membranfiltration
manches Wasserproblem lösen», erklärt
Ulrich Sieber. Verglichen mit konventionellen Techniken der Abwasserreinigung
und Wasseraufbereitung seien die Verfahren durchaus konkurrenzfähig, sagt
Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU. «Die Membranfiltration
kann in Kläranlagen die bestehende Infrastruktur nutzen. Sie ist nicht teurer, erbringt aber bessere Reinigungsleistungen.»
Hansjakob Baumgartner
LINKS
www.umwelt-schweiz.ch/gewaesserschutz
www.wabag.com
www.wave21.eawag.ch
www.terralink.ch
www.aquasystem.ch
www.mecana.ch
www.cm-celfa.ch
www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte >
Abwasser
INFOS
Ulrich Sieber
Chef Sektion Oberflächengewässer-Qualität, BAFU
Tel. 031 322 69 50
In Küstengebieten von südlichen
Regionen mit geringen Niederschlagsmengen wird das Meer
als Trinkwasserressource künftig
eine immer wichtigere Rolle
spielen. Es deckt namentlich in
den arabischen Ölförderländern
schon heute einen Grossteil des
Bedarfs. Die zahlreichen Entsalzungsverfahren brauchen
jedoch viel Energie und sind alle
sehr teuer.
Die Schweizer Firma Watersolutions hat – unter anderem
mit Geldern der Umwelttechnologieförderung – ein Verfahren entwickelt, bei dem Meerwasser im Niederdruck unter
Ausnützung von Temperaturkaskaden entsalzt wird. Es ist
preislich günstig, da viele Komponenten nicht in Edelstahl,
sondern aus Kunststoff gefertigt
werden können. Als mögliche
Heizquellen kommen die Solarenergie, aber auch Niedertemperatur-Verfahren wie etwa die
Abwärmenutzung aus Klimaanlagen in Frage. «Dies ist ein
technischer Fortschritt, der
einen grossen Markt eröffnet»,
sagt Mark Braendli von
Watersolutions.
Nachdem die Firma eine
Pilotanlage gebaut und erfolgreich getestet hat, ist nun ein
Grossinvestor eingestiegen, der
sich am Bau von Entsalzungsanlagen für den Mittleren Osten
beteiligen will. «Die Technologie
kann durchstarten», freut sich
Daniel Zürcher vom BAFU.
www.watersolutions.ch
ulrich.sieber@bafu.admin.ch
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
31
BAFU/AURA E. Ammon
ABFALLWIRTSCHAFT
Ökologische Optimierung
der Abfallverbrennung
Die 29 Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) im Inland verfeuern jährlich rund 3,5 Millionen
Tonnen brennbare Abfälle. Davon bleibt etwa ein Fünftel als Schlacke zurück. Neu entwickelte
Verfahren ermöglichen es heute, aus diesen Rückständen und aus der Elektrofilterasche wertvolle Metalle zu gewinnen. Diese Verwertung schont nichterneuerbare Ressourcen und entlastet die Umwelt.
Wochenlang arbeitete sich das holländische Bergwerkunternehmen RNS
Ende 2005 durch das Schlackenkompartiment der Deponie Elbisgraben bei
Liestal BL. Die abgelagerten Verbrennungsrückstände aus der KVA Basel
wurden mit Backenbrechern, wie sie
im Bergbau zum Einsatz kommen, zertrümmert und in einer mobilen Sortieranlage gesiebt. Auf diese Weise gewann die Firma RNS 3400 Tonnen
32
Eisen und 870 Tonnen Buntmetalle,
die sie an europäische Schmelzwerke
verkaufen konnte. Die Metallausbeute
war mit knapp 4 Prozent zwar nur etwa
halb so hoch wie erwartet, doch angesichts der in den letzten Jahren stark
gestiegenen Rohstoffpreise zahlte sich
der Abbau trotzdem aus. Selbst nach
einer Grobsortierung durch die KVABetreiber enthält die Kehrichtschlacke
nämlich oft noch mehr Metallanteile
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
als gewöhnliche Erzminen. Dank einer
besseren Verdichtung der sortierten
Restschlacke lohnte sich die Verwertungsaktion auch für den Kanton Baselland als Deponiebetreiber. Er gewann
dadurch 6400 Kubikmeter Deponievolumen im Wert von gut 1,1 Millionen Franken und konnte das Kompartiment erst noch von potenziell
umweltgefährdenden Schwermetallen
entlasten.
Perfektioniertes Metallrecycling: In einer Pilotanlage der KVA Emmenspitz in
Zuchwil SO wird reines Zink hergestellt. Ausgangsprodukt ist die schwermetallhaltige
Elektrofilterasche, die beim Verbrennen des Kehrichts anfällt.
Kehrichtschlacke als Erzersatz
Eine an der Hochschule für Technik in
Rapperswil SG durchgeführte Diplomarbeit kam bereits vor einigen Jahren
zum Schluss, dass Kehrichtschlacke in
der Schweiz je nach Zusammensetzung
der verbrannten Abfälle bis zu 10 Prozent Metalle enthalten kann. Die 29
KVA im Inland verfeuern gegenwärtig
pro Jahr rund 3,5 Millionen Tonnen
Abfälle. Nach dem Gang durch den
Ofen bleiben davon etwa 20 Prozent
oder rund 700 000 Tonnen als mineralische Schlacke zurück. «In diesen
Rückständen sind einige 10 000 Tonnen verwertbare Metalle enthalten»,
erklärt Michael Hügi von der Sektion
Siedlungs- und Bauabfälle beim BAFU.
«Dabei handelt es sich vor allem um Eisen, Aluminium, Kupfer und Messing.»
Wurden bis vor wenigen Jahren nur
gröbere Metallstücke aussortiert und
die verbleibenden Rückstände deponiert, so interessieren sich die Betreiber
der Schlackendeponien – und inzwischen auch jene der KVA – nun auch
für die kleineren Metallfraktionen. Neben den deutlich höheren Metallpreisen sprechen auch starke ökologische
Argumente für eine Verwertung. So
sparte die Aufbereitung der Metalle aus
der Deponie Elbisgraben zirka 20 Millionen Liter Erdöl ein, die sonst bei der
energieintensiven Gewinnung der Rohstoffe aus Erzgestein verbraucht worden
wären.
Projekt zum Trockenaustrag
der KVA-Schlacke
In den meisten KVA passieren die festen
Verbrennungsrückstände einen mit
Wasser gefüllten Siphon. Damit wird
unter anderem verhindert, dass Luft in
den Ofen gelangt, die den Verbrennungsprozess ungünstig beeinflussen
könnte. Allerdings sorgt das Wasserbad
für Klumpenbildung und Korrosion.
Die feuchte Schlacke hat dadurch eine
gipsähnliche Festigkeit und muss für
das Metallrecycling in einem eigenen
Arbeitsschritt mit Backenbrechern gemahlen werden. Ein von der Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstütztes Pilotprojekt sollte deshalb
klären, ob eine KVA auch ohne den
Wasserabschluss im Entschlacker zu
betreiben wäre.
«Der Versuch mit dem Trockenaustrag in der Kehrichtverwertung Zürcher
Oberland KEZO Hinwil ZH ergab keine
gravierenden technischen Probleme»,
stellt Michael Hügi fest. Als Folge der in
den Ofen einziehenden Luft wird ein
Teil der Schwermetallfracht von der
Schlacke in die Filterasche verschoben,
deren Masse sich dadurch um bis zu
50 Prozent erhöht.
In diesem Feinstanteil ist ein grosser
Teil der wasserlöslichen Schwermetalle
angereichert, die mit der Schlacke normalerweise auf Deponien gelangen. Die
verbleibende Grobfraktion enthält daher im Vergleich zu den nass ausgetra-
genen KVA-Rückständen geringere
Mengen an problematischen und auswaschbaren Schadstoffen wie Zink,
Kupfer, Blei und Cadmium.
Bessere Qualität der
verwerteten Metalle
Zudem weisen die aussortierten Metalle
Eisen, Aluminium, Kupfer und Messing
weniger Anbackungen und somit eine
bessere Qualität auf. Die Resultate der
vom Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (umtec) in Rapperswil
durchgeführten Versuche gelten jedoch
vorerst nur für die KVA Hinwil. Die
umtec-Fachleute arbeiten aber gegenwärtig an einer Anpassung des Verfahrens für andere KVA.
Damit der Trockenaustrag von
Schlacke tatsächlich einen Beitrag zu
einer umweltverträglicheren Abfallverwertung leistet, muss die in grösseren
Mengen anfallende Elektrofilterasche
sauer gewaschen werden, um auf diese
Weise auch die Schwermetalle abscheiden und verwerten zu können. Vor der
Ablagerung auf einer Übertagedeponie
sollen zudem künftig auch die in der
Filterasche enthaltenen Dioxine entfernt werden. Dass dies in der Praxis
technisch möglich ist, hat das ebenfalls vom Bund geförderte und inzwischen abgeschlossene Projekt exDIOX
mit der Firma Von Roll Inova und dem
umtec gezeigt (siehe UMWELT 2/2007,
Seite 50).
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
33
Durch die saure Wäsche wird der Elektrofilterasche in Zuchwil ein Grossteil ihrer
Metallfracht entzogen. Im Vakuumbandfilter erfolgt die Trennung des Aschekuchens vom zinkhaltigen Filtratwasser. Stefan Schlumberger von der Firma
Techform zeigt die daraus gewonnene reine Zinksulfatlösung, aus der mittels
Elektrolyse die Zinkmetallfolie für die industrielle Weiterverarbeitung entsteht.
KVA sind potenzielle Zinkhütten
Dank neuen Technologien reduziert
sich nicht nur die Schadstoffbelastung
der Verbrennungsrückstände, sondern
auch das Verwertungspotenzial wird
immer besser ausgeschöpft. Nachdem
die KVA aus Abfällen seit Längerem
Strom, Prozessdampf und Fernwärme
erzeugen, verfügen die ersten Anlagen
neuerdings über betriebseigene Fertigungsstrassen für die Produktion von
Zink, das sich in durchschnittlichen
Mengen von 1,5 Kilo pro Tonne im
Siedlungsabfall findet. Die Technik der
sauren Wäsche erschloss vor einigen
Jahren das Feld für eine Rückgewinnung des Metalls aus der Elektrofilterasche. In dieser Fraktion sind rund
44 Prozent des in die Verbrennung eingebrachten Zinks als Chloride und Oxide gebunden. Mit dem säurehaltigen
Wasser aus der Rauchgasreinigung wird
der Elektrofilterasche dieser metallische
Anteil entzogen. Das dabei anfallende
Abwasser gelangt zur Weiterbehandlung in die KVA-interne Kläranlage, wo
ein stark mit Zink angereicherter Filterkuchen entsteht. Dieses Material wird
dann zur Rückgewinnung des Metalls
an ausländische Schmelzwerke geliefert.
Pionierarbeit in Niederurnen
Die KVA Linthgebiet in Niederurnen
GL installierte bereits 2003 eine mit
Mitteln der Umwelttechnologieförde-
34
rung unterstützte Weiterentwicklung
des Verfahrens und hat dieses mittlerweile ausgiebig erprobt. Mit der sogenannten selektiven Abscheidung von
Metallen (SAM) ist eine Rückgewinnung von reinem Zinkmetall nun bereits in der KVA möglich. Inzwischen
hat der öffentliche Pilotbetrieb die
Anlage übernommen – und zwar mitsamt Stefan Ringmann, einem der Entwickler des innovativen Verfahrens.
Gemeinsam mit der Betriebsleitung
konnte der Chemiker die Technik weiterentwickeln und die Steuerung vollumfänglich in das Prozessleitsystem
der KVA integrieren.
einer flächendeckenden Umsetzung in
den Schweizer KVA mit einer Produktionsmenge von jährlich rund 1500 Tonnen, was etwa einem Viertel des inländischen Bedarfs zur Feuerverzinkung
entspricht. Bei einer erwarteten Lebensdauer der Anlagen von bis zu 20 Jahren
dürften die Investitionen zur Zinkrückgewinnung in 6 bis 8 Jahren amortisiert
sein. «Wie das Beispiel zeigt, entlasten
innovative Umwelttechnologien nicht
nur die Umwelt, sondern zahlen sich
oft auch betriebswirtschaftlich aus»,
kommentiert Daniel Zürcher, der die
Sektion Innovation beim BAFU leitet.
Urs Fitze, Beat Jordi
Gute Qualität des Zinks
Auch die Herstellerfirma Techform AG
hat das System zwischenzeitlich perfektioniert. Insbesondere sei das mehrstufige Verfahren nun weniger komplex
und die Qualität des gewonnenen
Zinks mit einem Reinheitsgrad von
99,995 Prozent besser, sagt Forschungsleiter Stefan Schlumberger. Mit der in
Niederurnen und neuerdings auch in
Zuchwil SO erprobten Zink-Elektrolyse
ist der Praxistest im Pilotmassstab gelungen. Als grosser Fortschritt erwies
sich die Einführung einer Walze, auf
der sich das Zink in Form einer dünnen
Folie ablagert, die sich für die weitere
industrielle Verarbeitung eignet.
Das Potenzial ist beträchtlich. So
rechnet Stefan Schlumberger im Fall
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.umwelt-schweiz.ch/abfall > Entsorgungsverfahren > KVA
www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte >
Abfall
www.techform.ch > Metal recovery
INFOS
Michael Hügi
Sektion Siedlungs- und
Bauabfälle, BAFU
Tel. 031 322 93 16
michael.huegi@bafu.admin.ch
BAFU/AURA E. Ammon
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
35
LÄRMARME GÜTERZÜGE
Mit dem Drehgestell LEILA kommt
der Lärmschutz zum Zug
Moderne Personenzüge verursachen heute deutlich weniger Lärm als früher. Im Vergleich
dazu besteht beim Güterverkehr auf der Schiene ein grosser Nachholbedarf. Deshalb unterstützt der Bund die Entwicklung eines leichten und lärmarmen Drehgestells für Güterwagen
und fördert weitere Projekte, die den Schienenlärm vermindern sollen.
BAFU/AURA E. Ammon
Schallmessung am leichten und lärmarmen Drehgestell LEILA. 64 mit der Neuentwicklung ausgerüstete Güterwagen
verursachen zusammen nicht mehr Lärm als ein einziger herkömmlicher Bahnwaggon.
Es kreischt und rumpelt, dröhnt und
holpert: Wer neben einer Bahnstrecke
lebt, kennt das Getöse, das bei jedem
vorbeifahrenden Zug die Regale erzittern lässt. Gemäss Erhebungen der SBB
braucht es 300 Kilometer Lärmschutzwände, um die Belastung jener 265 000
Personen zu mindern, in deren Woh-
36
nungen der Bahnlärm die gesetzlich
tolerierten Grenzwerte überschreitet.
Davon waren 2006 rund 130 Kilometer
erstellt.
Der akustische Segen der Lärmschutzwände wird allerdings durch einen optischen Sündenfall erkauft, verstellen
sie den Anwohnern und Reisenden
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
doch den Blick ins Freie. Auch für
Wildtiere sind die Folgen negativ: «Solche Wände wirken als Barrieren und
zerschneiden den Lebensraum», stellt
der Biologe Antonio Righetti von der
BAFU-Sektion Landschaft und Infrastruktur fest. «Zudem ist auch ihr
Schattenwurf fatal, der etwa wärme-
BAFU/AURA E. Ammon
Bei einem konventionellen Güterwagen (links) wirken die Grauguss-Klotzbremsen
direkt auf die Rollfläche des Rades. Dagegen verfügt LEILA über Radscheibenbremsen
aus Kunststoff, die sich seitlich an die Räder pressen, was viel weniger Lärm verursacht.
liebende Reptilien am Sonnenbaden
auf dem Schotter hindert.»
Fachleute setzen sich daher zunehmend dafür ein, den Zuglärm an der
Quelle zu bekämpfen. Für Personenzüge existiert bereits vergleichsweise
lärmarmes Rollmaterial. Dagegen rollt
der Güterverkehr in der Regel auf Drehgestellen, die noch auf einem Konzept
aus den 1950er-Jahren beruhen, als der
Lärmschutz kein vordringliches Anliegen war.
Ausgebremster Lärmschutz
«Lärm entsteht an der Kontaktstelle
von Schiene und Rad», erklärt der Ingenieur Hansjörg Candrian von der Firma Josef Meyer Transport Technology
AG aus Rheinfelden AG. Geräuscharm
fährt ein Zug nur dann, wenn Schienen
und Radsohlen glatt sind. Verschiedene
Faktoren können dazu führen, dass ein
Rad nicht mehr rund und leise rollt. Bei
Lokführern berüchtigt ist die «PolygonBildung». Die Schläge, die ein Rad er-
hält, wenn es über die Schwellen fährt,
deformieren es mit der Zeit zum Vieleck. Statt geräuscharm zu rollen, beginnt ein solches Polygon-Rad immer
stärker zu holpern. Zu anderen Verformungen kommt es, wenn das Rad blockiert wird und der Wagen zu gleiten
beginnt. Die bei solchen Überbremsungen entstehenden Flachstellen machen
sich als unangenehme Schläge bemerkbar – und stören das Ohr durch rhythmisches Pochen.
Überhaupt kommt den Bremsen
beim Lärmschutz eine Schlüsselrolle zu.
Die Grauguss-Klotzbremsen, mit denen
die meisten herkömmlichen Güterzüge
ausgestattet sind, setzen Rädern und
Schienen stark zu. Wenn Metall über
Metall schrammt, wird die Radsohle
förmlich aufgerissen. Ein zerklüftetes
Rad wiederum raut auch die Schienen
auf und verursacht Vibrationen, die
über die Radsatzführung starr weitergeleitet werden. Dadurch dröhnt der
Wagen wie ein grosser Resonanzkasten.
Geld für leisere Züge
Mit der Zustimmung zur FinöV-Vorlage
über die Finanzierung des öffentlichen
Verkehrs hat das Stimmvolk 1998 auch
1,85 Milliarden Franken für die Lärmsanierung des Schienenverkehrs bewilligt. Die Bahnen finanzieren damit
unter anderem den allmählichen Ersatz
der Graugussbremsen durch Bremsklötze aus synthetischem Material, was
zumindest eine der Lärmquellen beim
Güterverkehr etwas eindämmt. «Die
Sanierung der Bremsen ist sicher begrüssenswert, doch der technische
Fortschritt ermöglicht grundsätzlichere
Verbesserungen», sagt der Akustiker
Jean-Daniel Liengme von der BAFUSektion Bahnen und Raumplanung.
Ein intelligentes Drehgestell
Mit Unterstützung der Umwelttechnologieförderung des Bundes entwickelt
ein Konsortium von deutschen und
Schweizer Partnern seit 1999 unter dem
Namen LEILA ein leichtes und lärm-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
37
armes Drehgestell für Güterwagen. Die
Josef Meyer Transport Technology AG
ist federführend am Projekt beteiligt.
Sie hat einen HUPAC-Güterwagen mit
dem modernen Drehgestell ausgerüstet
und führt Versuchsfahrten mit der
neuen Konstruktion durch. Gegenüber
herkömmlichen Modellen weist LEILA
eine Reihe von Vorteilen auf. So verfügt
es über Radscheibenbremsen aus Kunststoff, die sich seitlich an das Rad pressen. Zum einen wird damit die Radsohle geschont und bleibt glatt; zum
anderen dämpft die Bremsscheibe den
vom Rad abstrahlenden Schall. Nicht
zuletzt dank der Bremsen erreicht die
Neuentwicklung in Fahrversuchen gegenüber dem konventionellen Drehgestell Y25 einen um bis zu 20 Dezibel
tieferen Dauerschallpegel. Das heisst:
64 mit LEILA ausgerüstete Wagen verursachen zusammen nicht mehr Lärm
als ein einziger Güterwagen mit Graugussbremsen.
Auch die durch Überbremsung verursachten Flachstellen sind bei LEILA
nicht zu befürchten. Denn das Drehgestell verfügt über einen Gleitschutz, der
ähnlich wie das Antiblockiersystem
ABS beim Auto funktioniert. LEILA ist
nämlich nicht nur mechanisch ausgereift, sondern auch intelligent. Jedes
Drehgestell ist mit einem Rechner ausgerüstet, der kontinuierlich Geschwindigkeit, Verzögerung und zahlreiche
andere Parameter misst. Auf diese Weise können der Gleitschutz gesteuert
und die erforderliche Bremskraft präzise und auch abgestimmt auf das Ladegewicht dosiert werden.
Effizienz und Sicherheit als Trumpf
Eine weitere wesentliche Neuerung besteht im Kreuzanker, einer Verbindung
zwischen den sich diagonal gegenüberliegenden Lagergehäusen der Räder.
Dank dieser Konstruktion stellen sich
die Räder beim Durchfahren von Kurven radial auf den Bogen ein. Im Vergleich zu den starr geführten Achsen
herkömmlicher Güterwagen nimmt dadurch bei LEILA die Reibung an den
Schienen und damit auch das berüchtigte Kurvenkreischen ab. Messungen
ergaben bis zu 30 Prozent weniger Reibung als beim Y25, was nicht nur den
Lärm, sondern auch den Energieeinsatz
vermindert. «Auf der Gotthardstrecke
braucht LEILA etwa 5 Prozent weniger
Energie», schätzt Hansjörg Candrian.
Genauere Angaben zur Energieeffizienz
wird eine Studie der ETH Zürich liefern,
an der sich auch das BAFU beteiligt.
Dank des elektronischen «Gehirns»
von LEILA lassen sich viele Abläufe
rascher und wirkungsvoller erledigen.
Der Kreuzanker
verbindet die diagonal
gegenüberliegenden
Lagergehäuse der
Räder. Beim Durchfahren von Kurven stellen
sich diese auf den
Bogen ein, was die
Reibung an den
Schienen und damit
das Kurvenkreischen
reduziert.
Josef Meyer Transport Technology AG
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UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Geförderte Innovationen
www.discoveryalps
Die bei konventionellen Waggons
mit Hammerschlägen vorgenommene
Bremsprobe ist nun am Bildschirm
möglich, misst LEILA doch kontinuierlich die auf alle Räder ausgeübte Bremskraft. Zudem erlaubt die ausgeklügelte
Lauftechnik kombiniert mit dem modernen Bremssystem höhere Fahrgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h. Auf
dem stark ausgelasteten Bahnnetz, dessen Kapazitäten immer mehr ausgereizt
sind, erweist sich dies als erheblicher
Vorteil. Weil der Rechner nebst zahlreichen Parametern auch die Vibrationen
der Wagen erhebt, ist die Sicherheit
dennoch gewährleistet: «Mit LEILA
wären die meisten schweren Güterzugsunfälle der letzten Jahre nicht passiert»,
ist Hansjörg Candrian überzeugt.
Es braucht finanzielle Anreize
Noch hat LEILA die Serienreife nicht
ganz erlangt. Seine Entwickler werden
«Im Rahmen der Umwelttechnologieförderung
hat der Bund verschiedene Projekte für einen
leiseren Bahnverkehr unterstützt – unter anderem auch bei Schmalspurbahnen», sagt JeanDaniel Liengme vom BAFU. So erhielt die Montreux Oberland Bahn MOB Fördergelder für
ihren Testbetrieb von technischen Massnahmen gegen das nervende Kurvenkreischen.
Und die Rhätische Bahn RhB bekam Beiträge,
um die lärmmindernde Wirkung von neuen
Verbundstoff-Bremssohlen zu untersuchen und
einen Radsatz mit spannungsarmen Monoblockrädern zu entwickeln. Dieses Projekt war
ein derartiger Erfolg, dass die RhB bereits ein
Jahr nach Abschluss des Vorhabens die gesamte Fördersumme von mehreren hunderttausend Franken zurückzahlen konnte.
sich noch Gedanken über die zentrale
Auswertung der vom System erhobenen Daten machen müssen. Zurzeit stehen weitere Versuchsfahrten zwischen
Chiasso und Basel an, bei denen insbesondere die elektronische Überwachung getestet wird.
Nebst der Technik müssen allerdings auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, wenn LEILA
ein bahnbrechender Erfolg beschieden
sein soll. Mit 70 000 bis 80 000 Franken
wird das neue Drehgestell nämlich
rund doppelt so viel kosten wie ein herkömmliches Modell. «Ob die Innovation ihre Trümpfe ausspielen kann,
hängt nicht zuletzt von den künftigen
Trassenpreisen ab», sagt Jean-Daniel
Liengme. «Diese müssten nicht nur
über das Gewicht der Güterwagen
berechnet werden, sondern auch über
deren Lärmemissionen.»
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.umwelt-schweiz.ch/laerm
www.laerm.ch > Links Lärmarten > Bahnlärm
www.josefmeyer.ch/de_jmr > Fachthemen >
Drehgestell LEILA
http://mct.sbb.ch/mct/umwelt > Umweltbereiche > Lärm
www.igls.ch
INFOS
Jean-Daniel Liengme
Abteilung Lärmbekämpfung
BAFU
Tel. 031 322 68 98
jean-daniel.liengme@bafu.admin.ch
Lucienne Rey
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
39
NACHWACHSENDE ROHSTOFFE
Berg- und Talfahrt
bei der Grasverwertung
Innovative Umwelttechnologien haben es oft schwer, sich auf dem Markt durchzusetzen. Das
mussten auch die Entwickler einer vom Bund mitfinanzierten Pilotanlage erfahren, die aus Gras
einen Baustoff, Tierfutter und Biogas gewinnen wollten. Nachdem der erste Versuch einer
industriellen Umsetzung scheiterte, sind nun in Orbe VD, Deutschland und Brasilien Folgeprojekte angelaufen.
Der Agronom Stefan Grass war sich seiner Sache sicher. Er glaubte an sein
Konzept und liess sich auch von einem
herben Rückschlag nicht entmutigen.
Die Idee bestand darin, Gras in seine
Komponenten aufzuspalten und daraus
einerseits die Energieträger Biogas oder
Ethanol zu produzieren und andererseits Tierfutter sowie einen Isolationsstoff für die Bauindustrie zu gewinnen.
Ende 2001 erfolgte mit dem Bau einer
Bioraffinerie in Schaffhausen die industrielle Umsetzung. Zuvor hatte der
Forscher die Funktionstüchtigkeit des
Verfahrens in einer vom Bund mitfinanzierten Pilotanlage in Märwil TG
erfolgreich getestet.
Rückschlag in Schaffhausen
Für die kommerzielle Verwertung gründete man die Schaffhauser Bioenergie
AG, an der die im Mehrheitsbesitz der
Munotstadt befindliche Etawatt und
weitere Investoren beteiligt waren.
Zahlreiche Bauern erhielten eine neue
Einkommensquelle. Für 100 Kilogramm Gras bekamen sie vier bis sechs
Franken. In einem mechanischen Verfahren wurden aus dem natürlichen
Rohstoff Zucker, Milchsäure, Amino-
40
säuren, Proteine und Mineralstoffe gelöst. Daraus lässt sich Energie oder Tierfutter gewinnen. Übrig bleiben Grasfasern, die als loser Einblasdämmstoff
dienen können. Anvisierte Kunden waren Unternehmen der regionalen Bauindustrie. Doch schon nach einem Jahr
kam das Aus. Laut Stefan Grass drängten die Geldgeber viel zu früh auf
schwarze Zahlen.
Wie bei jeder neuen Technologie
gab es Kinderkrankheiten. Das Gras
war oft mit Holzresten oder Steinen
verunreinigt, und die Bauwirtschaft
liess sich nur langsam für das neue Isolationsmaterial gewinnen. Aber aus
wirtschaftlichen Gründen blieb keine
Zeit, um nach einem hoffnungsvollen
Start aus den Fehlern zu lernen. Dem
raschen Ende der Bioenergie AG zum
Trotz war Stefan Grass immer noch
überzeugt, aus Gras erfolgreich Baustoffe oder Tierfutter sowie Energie produzieren zu können – allerdings nur
unter der Bedingung einer besseren
Rentabilität.
Ein zweiter Anlauf in Orbe
«Die Entwicklung von neuen Technologien zur Entlastung der Umwelt ist kein
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
geradliniger Weg», kommentiert Daniel
Zürcher, Chef der Sektion Innovation
beim BAFU, die Anfangsschwierigkeiten.
«Bisweilen gibt es technische oder wirtschaftliche Rückschläge, und manchmal sind Umwege erforderlich, um die
ursprünglichen Ziele zu erreichen.»
Als die im Umweltbereich tätige
Granit SA in Orbe VD bereit war, in die
Verbesserung der Technologie zu investieren, nutzte Stefan Grass die Gelegenheit, wobei er zwei wesentliche Dinge
veränderte. In Schaffhausen musste das
Gras aufgrund der unbefriedigenden
Qualität oft noch gereinigt werden,
weshalb man die Bioraffinerie nie über
längere Zeit betreiben konnte. Nun liefert ein Bauer aus der Umgebung von
Orbe sauberes Gras und nimmt der Anlage in einer Art Tauschgeschäft nährstoffreiches Wasser ab, das er in einer
Biogasanlage verwertet.
Höhere Wertschöpfung
mit Dämmplatten
Stand bei den ersten Grasverwertungsanlagen noch die Energiegewinnung
im Vordergrund, vollzog Stefan Grass
nun einen Paradigmenwechsel. Um die
Wertschöpfung zu erhöhen, richtete er
BAFU/AURA E. Ammon
Isolation aus nachwachsenden Rohstoffen: Trockene Grasfasern dienen in Orbe VD als Ausgangsmaterial für die Produktion von Wärmedämmplatten. Die maschinell zu einem Vlies geformten
Fasern werden im blauen Ofen getrocknet. Der Entwickler Stefan Grass präsentiert das in unterschiedlicher Dicke verfügbare Baumaterial.
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
41
Berge von Faserstoffen
sein Augenmerk auf die Fasern, die sich
als Baustoffe vermarkten lassen. Statt
Fasermaterial in loser Form anzubieten,
setzte er neu auf gepresste Isolationsmatten, die im Häuserbau ein wesentlich grösseres Marktpotenzial haben.
Zuerst tüftelte der Forscher am
idealen Herstellungsverfahren für die
Grasfasermatten und optimierte deren
Eigenschaften. Dann beantragte er für
das neue Baumaterial die europäische
technische Zulassung, die er nach umfangreichen und aufwendigen Produktprüfungen erhielt. Schliesslich suchte
er geeignete Partner für den Anlagebau
und führte Produktionsversuche durch.
Der Bund unterstützte diese Arbeiten
im Rahmen seiner Umwelttechnologieförderung mit einem im Erfolgsfall
rückzahlbaren Beitrag von 20 Prozent
der Gesamtkosten.
Atmungsaktive Wärmeund Schalldämmung
Die Grasfaserplatten sind unter dem
Markennamen Gramitherm in einer
Dicke zwischen 30 und 200 Millimetern verfügbar. Je nach unterschiedlicher Dichte fühlen sich die Platten
flauschig weich oder hart und kompakt
an. Erste Marktsondierungen ergaben
für das Produkt eine lebhafte Nachfrage. «Mit dem Verkauf der Isolationsplatten können wir die Wertschöpfung
42
In der weiteren Umgebung von São Paulo flog der Zürcher Naturwissenschafter
Markus Real vor ein paar Jahren mit einem Hubschrauber des in Brasilien tätigen Schweizer Flugunternehmers André
de Reynier über einen Hügel, der ihn irritierte. Die Antwort auf die Frage, was
das sei, löste zuerst Erstaunen aus und
führte dann zu einer zündenden Idee.
Der Hügel bestand vollkommen aus Bagasse, dem faserigen Abfallprodukt aus
der Zuckerrohrproduktion. In Brasilien
werden 55 Millionen Hektaren Land mit
Zuckerrohr bepflanzt, was der 13-fachen
Landesfläche der Schweiz gleichkommt.
Markus Real kennt Stefan Grass und
bewundert dessen Konzept einer ganzheitlichen Verwertung von Biomasse,
insbesondere durch Nutzung der Faseranteile. Sofort fand er in André de
Reynier einen Unternehmer, der das
Projekt mittrug, aus dem Abfallstoff von
Zuckerrohr Energie und verwertbare Faserstoffe zu gewinnen. In der Anfangsphase konnte er Bagasse gratis beziehen,
inzwischen muss er dafür 20 Dollar pro
Tonne bezahlen, was dem Brennwert
des Abfalls entspricht.
Die fast drei Autostunden westlich
von São Paulo gelegene Versuchsanlage
verfügt über eine jährliche Produktionskapazität von 3000 Tonnen Bagassefasern und ist startbereit. «Wir sind in
einer interessanten Phase der Prototypeinführung», sagt Markus Real. «Interesse signalisieren die brasilianische Autoindustrie, aber auch Hersteller, welche
die Naturfasern Kunststoffen beimischen
wollen.»
so weit steigern, dass die Produktion
rentabel ist», sagt Stefan Grass. Seine
Zuversicht begründet er mit dem vorhandenen Interesse und einem grossen
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
Absatzmarkt, denn wer baut, muss auch
isolieren.
Überzeugt von den Vorteilen
Dass die umweltfreundlichen GrasfaserDämmplatten etwa 20 Prozent mehr
kosten als Konkurrenzprodukte aus
Glas- oder Steinwolle macht ihm keine
Sorgen: «Wir sind halb so teuer wie vergleichbare Produkte aus Hanf oder
Flachs.» Gegenüber dem ebenfalls zur
Isolation von Aussenfassaden verwendeten Styropor haben Grasplatten den
Vorteil, dass sie Schall dämmen und atmungsaktiv sind, während hohe Luftfeuchtigkeit am Styropor kondensiert.
Dieselben Probleme weist auch die
Glaswolle auf, wobei sie im Sommer zudem die Hitze weniger gut dämmt als
Grasfaserplatten. Die Steinwolle hat
den Nachteil, dass ihre feinen Fasern
bei der Verarbeitung die Atemwege
schädigen können. Die Fähigkeit, nicht
nur gegen Kälte und Schall, sondern
auch gegen Hitze zu isolieren und dazu
ein ausgeglichenes Raumklima zu fördern, macht die Dämmplatten zu
einem zukunftsfähigen Baumaterial. Im
Spätherbst 2007 hat Stefan Grass mit
seiner Biomass Process Solutions AG
(BPS AG) unter Beteiligung der Granit
SA in Orbe eine industrielle Anlage mit
einer Fertigungsstrasse für die Platten
erstellt. In zwei Stunden kann er aus
Gras die für ein Einfamilienhaus notwendige Menge Isolationsmaterial produzieren.
Der Businessplan sieht auch Lizenzverkäufe des industriellen Konzepts
vor. Die BPS AG hat bereits zwei Kunden, die in Deutschland und Irland je
eine Grasraffinerie realisieren wollen.
Die Transportkosten für die pro Kubikmeter nur 30 Kilogramm leichten, aber
voluminösen Platten sind teuer. Ideale
Standorte finden sich deshalb im
Schnittpunkt zwischen Landwirtschaftsregionen mit Wiesland und Ballungszentren, wo eine grosse Nachfrage der
Bauindustrie besteht. Die Käufer der
Anlage erhalten nicht nur ein Produktionssystem und die europäische technische Zulassung für das Produkt, son-
dern auch eine Schulung im Bereich
Qualitätssicherung. Mit der eigenen
Produktionsanlage will Stefan Grass
gleichzeitig die Weiterentwicklung der
Technologie vorantreiben, denn aus
den Grasfaserstoffen liessen sich weitere Produkte herstellen: Denkbar wäre
etwa der Einsatz als Pflanzensubstrat,
für Matratzenfüllungen oder als Geotextilien zur Stabilisierung von Steilhängen. Nur vier Jahre nach der grossen Enttäuschung sieht die Zukunft
deshalb wieder rosig aus. «Ich wollte
nach den Schwierigkeiten in Schaffhausen nicht einfach weglaufen, weil ich
von der Nutzung des Rohstoffes überzeugt war», sagt Stefan Grass. «Ich will
beweisen, dass die Idee zur kommerziellen Nutzung von Gras zukunftsträchtig
ist. Viele Flächen liegen brach. Darauf
wächst Gras, das immer und überall
verfügbar ist und keine Nahrungsmittel
konkurrenziert.»
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.bpsag.ch
www.granit.net
www.biowert.de
www.edraecosistemas.com.br
INFOS
Daniel Zürcher, siehe Seite 10
Das Engagement trägt Früchte
Auch Michael Gass, der ebenfalls am
Projekt in Schaffhausen beteiligt war,
ist der Glaube an die Grasverwertung
nicht abhanden gekommen. Doch seine Firma Biowert AG in Aarau hat
einen etwas anderen Weg eingeschlagen. Am 1. Juni 2007 eröffnete die
Tochterfirma Biowert Industrie GmbH
im hessischen Brensbach im Odenwald
nordöstlich von Mannheim eine Produktionsanlage, die jährlich rund
20 000 Tonnen Gras zu 5000 Tonnen
Faserstoffen verarbeiten kann. Mit einem vom Bund mitfinanzierten Flugschichttrockner gelingt es, den Faserstoffen die Brüchigkeit zu nehmen und
sie weich und flexibel zu machen. Rund
75 Prozent der Produktion übernimmt
die Bauindustrie als Einblasdämmstoff.
Die Verwendung von Ökodämmstoffen
wird in Deutschland staatlich subventioniert, so dass das Isolationsmaterial
der Biowert AG konkurrenzfähig ist.
Die restlichen Grasfasern werden als
Zellstoffe mit Polyethylen und Polypropylen zu sogenannten CompoundKunststoffen verarbeitet. Daneben bietet die Firma Grasprotein als Tierfutter
sowie Flüssigdünger an. Eine wichtige
Rolle spielt auch die Gewinnung von
Biogas. «Wir glauben, dass unser Produkt selbst dann noch gefragt ist, wenn
die staatlichen Beihilfen wegfallen»,
sagt Michael Gass.
Daniel Zürcher findet die Entwicklung erfreulich: «Aus einem scheinbar
gescheiterten Projekt in Schaffhausen
sind inzwischen gleich mehrere vielversprechende Anwendungen im Inund Ausland mit schweizerischer Beteiligung hervorgegangen.»
Martin Arnold
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
43
TECHNOLOGIETRANSFER FÜR DEN KLIMASCHUTZ
Weltweite Verbreitung sauberer Energien
Sonne, Wind und Biogas sind Energiequellen, über die auch arme Länder reichlich verfügen.
Schweizer Firmen besitzen die Technologie, um sie zu nutzen. REPIC – eine Initiative von vier
Bundesstellen mit Beteiligung des BAFU – unterstützt den Technologietransfer und fördert damit
den umweltverträglichen Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungs- und Schwellenländern.
An den Hafenmolen im rumänischen
Constantza – einer noch von den alten
Griechen gegründeten Stadt am
Schwarzen Meer – weht ein steifer
Wind mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von mehr als 7 Metern
pro Sekunde. Damit herrschen hier
günstige Verhältnisse für eine energetische Nutzung. Im Raum Constantza
soll denn auch der erste grössere Windpark Rumäniens entstehen. Geplant
sind 16 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 30 bis 40 Megawatt.
Mit dabei ist auch die Schweizer Firma NEK Umwelttechnik. Sie hat 2006
zusammen mit ihrem rumänischen
Partner die Ausschreibung für den Millionenauftrag gewonnen. NEK ist als
Projektentwicklerin schon seit einigen
Jahren in Rumänien tätig und hat hier
Windmessungen vorgenommen. Constantza entpuppte sich dabei als interessanter Standort. Auf ein Gesuch der
NEK hin finanzierte die REPIC (Renewable Energy Promotion in International Co-operation) eine Machbarkeitsstudie, bei der die Windverhältnisse genauer evaluiert und die Standorteignung abgeklärt wurden.
Grüne Energietechnik
REPIC besteht seit 2004 und ist eine
gemeinsame Initiative des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, der Direktion für Entwicklung und Zusammen-
44
arbeit DEZA, des Bundesamtes für Energie BFE sowie des BAFU. Die Plattform
versteht sich als marktorientiertes
Dienstleistungszentrum, dessen Angebot darin besteht, in Entwicklungsund Schwellenländern Projekte mit
erneuerbaren Energien zu ermöglichen
– und zwar unter Mitwirkung von
Schweizer Unternehmen und Organisationen. REPIC kann sich dabei auf die
langjährigen Erfahrungen der beteiligten Akteure stützen. Sie vermittelt
Wissen und Kontakte und hilft, lokale
Rahmenbedingungen abzuklären. Falls
irgendwo ein Erfolg versprechendes
Vorhaben heranreift, kann sie auch
Beiträge zu einer Anschubfinanzierung
leisten.
Fördergelder mit
grosser Hebelwirkung
An die Machbarkeitsstudie für den
Windpark in Constantza hat der Bund
über das REPIC-Budget 74 500 Franken
bezahlt. Der relativ geringe Beitrag war
entscheidend, denn ohne diese Unterstützung wäre das Engagement seiner
Firma wohl nicht zustande gekommen,
meint Christoph Kapp von NEK Umwelttechnik: «Constantza hat uns die
Türen für den rumänischen Windenergiemarkt geöffnet.» Rumänien hat ehrgeizige Pläne zur Nutzung der Windenergie, soll sie dem Land doch helfen,
seine Kyoto-Verpflichtungen zu erfül-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
len. NEK steht in Verhandlungen mit
Dutzenden potenziellen Kunden.
REPIC verfügt für die zweite Förderperiode von 2007 bis 2010 über ein
Gesamtbudget von 4 Millionen Franken. «Bei Projekten mit einem realistischen, nachhaltigen und marktorientierten Ansatz helfen wir, die Risiken
mit gezielten Finanzspritzen zu senken»,
sagt REPIC-Sekretär Stefan Nowak von
der NET Nowak Energie & Technologie.
«Dabei konzentrieren wir uns auf die
Vorbereitungsphase, in der Bedürfnisse,
Marktsituation und Bedingungen abgeklärt werden.» Während der ersten drei
Jahre hat REPIC 15 Projekte mit 1,19
Millionen Franken gefördert und damit
ein Projektvolumen von 5,23 Millionen Franken ausgelöst.
Biogasnutzung in Brasilien
Schweinemästereien und Hühnerfarmen im Süden Brasiliens produzieren
nebst Fleisch und Eiern auch sehr viel
Gülle, aus der sich Biogas gewinnen
liesse. Schweizer Firmen verfügen über
die dafür geeignete Technologie. Tierische Exkremente werden zusammen
mit energiereichem pflanzlichem Material vergärt. Doch gibt es für solche
Anlagen auch einen Markt? Nachdem
erste Grobabschätzungen gezeigt hatten, dass dies der Fall und eine Biogasproduktion bei den gegebenen
Energiepreisen rentabel sein könnte,
Genesys Biogas AG / entec Consulting & Engineering / SunDance / Solsuisse GIE
Mit der Initiative REPIC fördert der Bund den Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungsländern:
Lager für die Nutzung von Biogas aus Gülle in Brasilien (oben links), Montage eines Hydrauliklabors der ETH
für kleine Wasserkraftwerke in Indonesien und mit Solarenergie betriebener Pumpbrunnen in Mali.
finanzierte REPIC eine Machbarkeitsstudie der Firma Ernst Basler + Partner
in Zusammenarbeit mit dem Schweizer
Ingenieurbüro Genesys für den Technologietransfer Schweiz–Brasilien. «Die
Studie hat das Marktpotenzial bestätigt
und lokale Partner für eine industrielle
Produktion von Anlagen identifiziert»,
berichtet Stefan Nowak.
Strom aus Kaffeeabfällen
Ein anderes Biogas-Projekt ist in Costa
Rica angesiedelt. Die nationale Energie-
behörde erwartet einen baldigen
Stromengpass. Deshalb benötigt das
Land dringend neue Technologien zur
Elektrizitätsproduktion. Recherchen der
Energie- und Umwelttechnikfirma Biowaste zeigten, dass Biogas einen Teil
der Stromlücke füllen könnte. Eine
Machbarkeitsstudie der REPIC soll nun
das optimale weitere Vorgehen für den
Bau einer Biogasanlage aufzeigen, die
Kaffeepulpa – die festen organischen
Abfälle aus der Kaffeeproduktion – und
andere Biomasse zu Gas vergärt. Mit
von der Partie ist wiederum das Ingenieurbüro Genesys, das bereits in mehreren Ländern Europas und Amerikas
Biogasanlagen realisiert hat.
Ein Hydrauliklabor für Indonesien
Indonesien verfügt über ein riesiges
Wasserkraftpotenzial, das sich mit Kleinkraftwerken zur Elektrifizierung von
ländlichen Gebieten besser nutzen liesse. Es existiert auch eine lokale Industrie, die solche Anlagen produziert.
Doch für Kraftwerke in einem bestimm-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
45
ten Grössenbereich von etwa 100 Kilowatt bis 1 Megawatt ist das Land auf
Importe angewiesen, die den Stromgestehungspreis massiv erhöhen. Um diese Lücke zu schliessen, soll das lokal
vorhandene Know-how nun in einem
Kompetenzzentrum für wasserbetriebene Kleinkraftwerke weiterentwickelt
werden. Die lokale Industrie erhält hier
die Möglichkeit, ihre Produkte zu testen und zu verbessern. Damit erlebt das
von der Zürcher Hochschule für Technik nicht mehr benötigte Hydrauliklabor eine Renaissance. Das für Versuche an Strömungsmaschinen komplett
eingerichtete Labor ist zwar auf dem
neusten Stand der Technik, hat aber für
die Schweiz seine Bedeutung verloren.
Hauptgründe dafür sind der relativ
hohe Ausbaugrad der Wasserkraft und
eine nur noch beschränkt vorhandene
Industrie für Kleinwasserkraftanlagen.
Jetzt wird das Labor nach Indonesien
gezügelt. Partnerin ist die Firma Entec,
die sich als Agentin für Technologietransfer und Lösungen im Umwelt- und
Energiesektor versteht.
Sonnenenergie für Frieden
und Entwicklung
Bei einem Infrastrukturprojekt im Gebiet um Timbuktu am südlichen Rand
der Sahara im Norden Malis geht es
vordergründig um die solare Wasserversorgung. Doch darüber hinaus betrifft
das Vorhaben Bereiche wie wirtschaftliche Innovation, Bildung, Arbeitsplätze,
den Aufbau lokaler Märkte und nicht
zuletzt die Friedenssicherung in der Region. Ein Bürgerkrieg hatte hier zu Beginn der 1990er-Jahre 2000 Menschen
das Leben gekostet und 80 000 Leute
vertrieben. Nach dem Friedensschluss
kehrten die Flüchtlinge zurück, unterstützt von einem Rückführungspro-
46
gramm des UNO-Flüchtlingshilfswerks
UNHCR.
Im Rahmen dieses Programms half
der Geologe und Wasserexperte Fredy
Wirz vom Schweizerischen Korps für
Humanitäre Hilfe SKH bei der Wiederinstandsetzung der vielen verfallenen
Brunnen und Wasserstellen im Land.
Heute setzt er im Verein SunDance sein
Werk fort. Es geht um den Aufbau einer
Wasserversorgung, bei der die Wüstensonne den Strom zum Pumpen von
Trinkwasser guter Qualität aus Brunnenbohrungen liefert. SunDance arbeitet mit einer lokalen Partnerorganisation zusammen. Bisher konnten in sechs
Dorfgemeinschaften solare Wasserversorgungen gebaut werden. Die Pumpen
tun ihren Dienst zuverlässig. In einzelnen Dörfern ermöglichen sie die Bewässerung von Gemüsebeeten, auf denen
man auch für den Markt in Timbuktu
produziert. Anderswo wurde das Wasser
als Viehtränke zu einer Einnahmequelle des Dorfes: Auf den Karawanenrouten durchziehende Nomaden lassen
hier ihre Tiere trinken und bezahlen
dafür.
«Die Spannungen bezüglich Wasserressourcen haben durch die verschiedenen Solaranlagen im ganzen Gebiet abgenommen», heisst es bei SunDance.
«Diese spielen eine wichtige Rolle im
Bemühen, die Konflikte in der Region
abzuschwächen, und sind eine Voraussetzung für dauerhaften Frieden zwischen den vielen Ethnien.»
Lokal verankertes Mikrofinanzsystem
Um einen langfristigen Betrieb der
Wasserversorgung zu gewährleisten,
braucht es aber ausgebildete Leute
und eine lokale Solarwirtschaft. Hier
setzt das REPIC-Infrastrukturprojekt an.
Nebst dem Bau von acht weiteren dörf-
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
lichen Wasserversorgungen beinhaltet
es auch die Errichtung eines Ausbildungszentrums für Solartechniker am
Gymnasium von Timbuktu, den Aufbau eines Verkaufs- und Unterhaltsnetzes sowie eines lokal verankerten
Mikrofinanzsystems.
Letzteres sei wichtig, um dem Einsatz von erneuerbaren Energien zum
Durchbruch zu verhelfen, sagt Stefan
Nowak. Wo Einkommen generiert und
Ersparnisse erzielt werden, entsteht
auch lokales Kapital, das für mögliche
Investitionen in Entwicklungsprojekte
zur Verfügung steht. Es handelt sich
um kleine Beträge im Gegenwert von
einigen Hundert bis zu Tausend Franken, die Rückzahlung erfolgt in Raten.
Die Rechnung geht für alle auf, doch es
braucht ein funktionierendes System
zur Abwicklung der Geschäfte.
Hansjakob Baumgartner
LINKS
www.aramis.admin.ch
www.repic.ch
www.nek.ch
www.edch.ch
www.ebp.ch
www.genesys.ch
www.sundance.ch
www.entec.ch
INFOS
Stefan Nowak
Sekretariat, REPIC
Tel. 026 494 00 30
info@repic.ch
Daniel Zürcher, siehe Seite 10
FORSCHUNGSDATENBANK DES BUNDES
ARAMIS schafft Transparenz
ARAMIS ist eine im Internet öffentlich zugängliche Forschungsdatenbank des Bundes.
Die Website www.aramis.admin.ch bietet unter anderem ergänzende Informationen
zu sämtlichen Projekten der Umwelttechnologieförderung.
bjo. In der Datenbank ARAMIS finden sich Angaben zu allen vom Bund finanzierten oder durchgeführten Forschungsarbeiten. Damit soll die Koordination verbessert und Transparenz geschaffen werden. Jedem Projekt der
Umwelttechnologieförderung (UTF) ist eine der nachstehenden Buchstaben- und Zahlenkombinationen zugeordnet. Wird diese im Suchfeld «Projektsuche» auf der Website www.aramis.admin.ch eingegeben, erscheinen Informationen zum jeweiligen Forschungsvorhaben. Wer zum Beispiel mehr über die Rauchpistole wissen
will, tippt UTF 187.17.06 ein. UMWELT listet die Projekte in der Reihenfolge der Dossier-Themen im Heft auf.
Ökoeffizienz (Seiten 17 – 20)
• Cleaner Production: UTF 19.08.99
• Netzwerk Prepare.ch: UTF 92.09.03
Innovative Messinstrumente (Seiten 21 – 23)
• Nanopartikel-Feldmesstechnik: UTF 10.06.98
• Messgerät für Feinstaub: UTF 50.05.01
• DISC-Messgerät: UTF 205 35.06
• Rauchpistole: UTF 187.17.06
• HSDM-Bodenmessgerät: UTF 114.06.04
Abgasreinigung (Seiten 24 – 28)
• Partikelfiltersystem für Kleinbusse/PKW:
UTF 101.18.03
• Partikelfilter für Traktoren: UTF 155.20.05
• Partikelfilter für Scooter: UTF 153.18.05
• Saubere Berner Busse: UTF 30.04.00
• NOX-Reduktion bei mobilen Dieselmotoren:
UTF 61.01.02
• DeNOX für Kommunalfahrzeuge: UTF 162.27.05
• Hybridfilter: UTF 48.03.01
• Elektro- und Gewebefilter: UTF 215.06.07
Gewässerschutz (Seiten 29 – 31)
• Trinkwasseraufbereitung der Zukunft:
UTF 140.05.05
• Membranen in Kläranlagen: UTF 98.15.03
• Wiederverwendung Toilettenabwasser:
UTF 181.11.06
• Kompaktkläranlage: UTF 139.04.05
• Solare Wasserentsalzung: UTF 131.23.04
Abfallwirtschaft (Seiten 32 – 35)
• Trockenentschlacker: UTF 165.30.05
• exDiox: UTF 150.15.05
• Metalle aus Elektrofilterasche: UTF 05.01.98
• Zinkrecycling aus Elektrofilterasche:
UTF 118.10.04
Lärmschutz Eisenbahn (Seiten 36 – 39)
• LEILA: UTF 62.02.02
• Weiterentwicklung LEILA: UTF 149.14.05
• Kurvenkreischen MOB: UTF 167.32.05
• Lärmreduktion Rhätische Bahn: UTF 99.16.03
Nachwachsende Rohstoffe (Seiten 40 – 43)
• Entwicklung von Grasfaserdämmplatten:
UTF 91.08.03
• Pilotanlage Grasfaserdämmplatten:
UTF 122.14.04
• Flugschichttrockner: UTF 158.23.05
• Naturfaser-Polypropylen-Compound:
UTF 185.15.06
• Verwertung von Bagasse: UTF 27.01.00
Technologietransfer und Klimaschutz
(Seiten 44 – 46)
• REPIC: UTF 108.25.03
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
47
www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung
(D, F, I)
Fördermittel für innovative Projekte
Dem BAFU stehen pro Jahr 4 Millionen Franken zur Verfügung, um die Entwicklung innovativer Umwelttechnologien
mit Bundesbeiträgen zu unterstützen. Dazu arbeitet das Amt
eng mit der Förderagentur für Innovation (www.bbt.admin.ch/kti), mit Institutionen der angewandten Forschung
und mit Privatfirmen der Umweltbranche zusammen. Ziel ist
unter anderem, die Umwelt mit ökoeffizienten Produkten,
Technologien und Verfahren zu entlasten.
www.umwelttechnik-verband.ch (D, F, E)
Gemeinsame Auslandspräsenz
Der Schweizerische Verband für Umwelttechnik SVUT vereint gut 110 Firmen und Fachleute aus allen Bereichen der
Umwelttechnik. Er engagiert sich für ganzheitliche Branchenlösungen unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung. Der SVUT will exportorientierten Unternehmen
den Zugang zu neuen Märkten öffnen – so unter anderem
durch die Organisation und Betreuung von Gemeinschaftsauftritten bei Umwelt-Fachmessen.
www.swissmem.ch > Mitglieder > Fachgruppen >
www.repic.ch (D, F, E)
Umwelttechnik (D, F, E)
Plattform für erneuerbare Energien
REPIC ist die gemeinsame Plattform der vier Bundesstellen
DEZA, SECO, BFE und BAFU zur Förderung der erneuerbaren
Energien in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie koordiniert und stärkt die entsprechenden Aktivitäten der Schweiz.
Zusammenschluss der grösseren Firmen
Der Verband SWISSMEM vertritt die Interessen der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. In der
Fachgruppe Umwelttechnik haben sich die 21 grössten Firmen der Branche zusammengeschlossen. Mit ihren Technologien bieten sie ganzheitliche Lösungen in allen Bereichen
des Umweltschutzes an.
www.osec.ch (D, F, I, E)
Beratung bei Projekten im Ausland
Durch kompetente Unterstützung von Schweizer Firmen in
der Vorbereitungsphase eines Auslandsprojekts will die im
Bereich Exportförderung tätige Osec die Chancen einer erfolgreichen Realisierung steigern. Für die Beratung bei der
Erschliessung neuer Märkte verfügt sie über ein umfassendes
Netzwerk von Kompetenzpartnern im In- und Ausland.
www.oebu.ch (D, F)
www.eco-net.ch (D, F)
www.cleaner-production.com (D, E)
Den Technologietransfer stärken
Das vom BAFU mitgegründete Fachkonsortium Eco-net will
durch die Vernetzung von potenziellen Partnern aus Wirtschaft
und Forschung den Austausch von Know-how sowie den
Technologietransfer stärken. Die Website ist zweigeteilt: Neben Informationen über die Aktivitäten des Gremiums
finden sich auch Angaben zu Finanzierungsinstrumenten für
den Export und zu Projektausschreibungen sowie über internationale Märkte, Messen und Kongresse im Umweltbereich.
Portal für den Umwelttechnologietransfer
Cleaner Production Germany ist eine Informationsplattform
des deutschen Umweltbundesamtes. Hier finden sich unter
anderem Angaben über internationale Förderinstrumente
und Ansprechpartner im Bereich Technologietransfer und über
1500 ausführliche Praxisbeispiele zum Stand der Technik.
www.prepare.ch (D)
Netzwerk für Ökoeffizienz
Ziel des vom BAFU mitinitiierten Netzwerks prepare.ch ist
die Verbesserung der Ökoeffizienz. Als Informations- und
Wissensplattform ermöglicht es den Austausch zwischen Interessierten aus Industrie, Verwaltung und Forschung und
fördert die Verbreitung der Cleaner-Production-Strategie in
Schweizer Unternehmen. Die Organisation ist eingebunden
in das gleichnamige europäische Netzwerk > www.preparenet.org.
48
Nachhaltiges Wirtschaften
In der Schweizerischen Vereinigung für ökologisch bewusste
Unternehmensführung ÖBU sind etwa 300 Firmen unterschiedlicher Grösse und Ausrichtung organisiert. Ihr gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung der Schweizer Wirtschaft nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit.
www.euroenviron.com (E)
Informationsaustausch in Europa
EuroEnviron ist eine Initiative von 38 europäischen Ländern
zur Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Umweltbereich. Schwerpunkte der über 150
lancierten Projekte bilden die Themen Abwasser- sowie
Bodenaufbereitung, Luftreinhaltung, Abfallbewirtschaftung,
Recycling, Ressourcenmanagement und Umweltkatastrophen.
online
UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG
ABFALLWIRTSCHAFT
Migranten mit einbeziehen
Der Alltag in einem fremden Land konfrontiert viele Migrantinnen und Einwanderer mit nicht
vertrauten Sitten, Vorschriften und Gewohnheiten. Dies gilt auch für die Entsorgung von
Abfällen. Der vierte nationale Aktionstag «Wahre Werte» vom 16. und 17. Mai 2008 will deshalb
zu einer besseren Aufklärung beitragen.
Schriftliche Informationen der Gemeinden zu Umweltthemen erreichen
längst nicht alle Haushalte. Vor allem
bei den hierzulande lebenden Migrantinnen und Migranten, die rund 20
Prozent der Bevölkerung ausmachen,
scheitert die Kommunikation oft an
sprachlichen Hindernissen, so dass Abfallkalender und Merkblätter mit Entsorgungstipps häufig entweder gar
nicht gelesen oder nur teilweise verstanden werden. Zugewanderten Menschen fehlen aber vielfach auch die
Mitwirkungsmöglichkeiten im Quartier, um am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen.
Interkulturelle Arbeitsgruppen
Der – mit Unterstützung des BAFU – am
16. und 17. Mai 2008 bereits zum vierten Mal stattfindende nationale Aktionstag «Wahre Werte» soll dies ändern.
In Zusammenarbeit mit der Taskforce
interkulturelle Konflikte TikK hat die
Stiftung Praktischer Umweltschutz
Schweiz Pusch zu diesem Zweck einen
partizipativen Ansatz entwickelt. Damit Alltagstipps zum bewussten Umgang mit Rohstoffen, Produkten und
Abfällen auch Zugewanderte besser erreichen, sollen Vertreter von Migrantengruppen künftig stärker in Gemeindeaktivitäten – wie etwa die Planung
von lokalen Aktionstagen – eingebun-
den werden. Ziel ist, dass sie in interkulturellen Arbeitsgruppen eng mit
Einheimischen aus der kommunalen
Verwaltung, Vereinen, Jugendgruppen
und weiteren Organisationen zusammenarbeiten, um zum Beispiel Bringund Holtage, einen Recyclingparcours,
Aufräumaktionen, Tage der offenen Tür
in Abfallentsorgungsanlagen oder abfallarme Feste zu veranstalten.
Erfolgreiche Pilotprojekte
Der persönliche Kontakt und hautnahe
Erlebnisse im Rahmen der über 250
jährlich durchgeführten lokalen Aktionen erhöhen die Sensibilisierung der
gesamten Bevölkerung für Umweltfragen und können im Alltag eher Verhaltensänderungen bewirken als die
konventionelle Öffentlichkeitsarbeit.
Entsprechende Pilotprojekte mit Beteiligung von ausländischen Personen in
Weinfelden TG, Uster ZH und Langenthal BE bestätigen die positive Wirkung
dieses Ansatzes. Durch die Mitarbeit in
einer interkulturellen Arbeitsgruppe
sind die Migranten auch besser in das
Gemeinwesen integriert.
Pusch unterstützt die Organisatoren
von lokalen Aktionen bei der Planung
und Durchführung mit verschiedenen
Hilfsmitteln. www.aktionstag.ch
zVg
Ein Bring- und Holtag – wie hier 2006 in
Uster ZH – ist ein Publikumsmagnet und
hilft, auch die ausländische Bevölkerung
für das Anliegen der Abfallvermeidung
zu sensibilisieren.
LINKS
www.tikk.ch
www.konfliktophon.ch
INFOS
Esther Delli Santi
Stiftung Pusch
Tel. 044 267 44 15
esther.dellisanti@umweltschutz.ch
Esther Delli Santi
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
49
UMWELTFORSCHUNG
Neue Impulse für
umweltverträgliches Handeln
Die Schweizer Umweltforschung soll verstärkt zu einer wirksamen Umweltpolitik beitragen. Mit
dem neuen Forschungskonzept Umwelt für die Vierjahresperiode bis 2011 will das BAFU die
Umweltforschung näher an die Praxis und ans tägliche Handeln heranführen.
Unsere Welt wird immer komplexer.
Wir leben in einem zunehmend enger
geknüpften Geflecht von Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Wer in
dieser Situation zukunftsweisende Entscheidungen treffen muss, ist auch in
der Umweltpolitik auf zuverlässige Informationen angewiesen. «Eine wirksame und effiziente Umweltpolitik
funktioniert nicht ohne wissenschaftlich fundierte Grundlagen», stellt
BAFU-Vizedirektor Gérard Poffet fest.
«Deshalb bildet eine starke und umfassende Umweltforschung die Basis für
umweltrelevante Entscheidungen auf
allen Ebenen.» Aus diesem Grund
engagiert sich das BAFU aktiv in der
Umweltforschung und definiert zusammen mit externen Fachleuten Prioritäten und Schwerpunkte. Diese werden
alle vier Jahre im Forschungskonzept
Umwelt veröffentlicht.
Wissenslücken schliessen
Das BAFU will mit seinen Forschungskonzepten Impulse setzen und damit
erreichen, dass Wissenslücken geschlossen werden. Ein Beispiel dafür ist
die umfassende Ökobilanz von biogenen Treibstoffen. Eine kürzlich veröffentliche Vergleichsstudie zählt zu den
Erfolgsgeschichten der vom Amt initiierten Umweltforschung. Auslöser für
den Auftrag war ein Informationsmanko, das den Fachleuten beim BAFU und
50
UMWELT 1/08 UMWELTFORSCHUNG
im Bundesamt für Energie BFE regelmässig Kopfzerbrechen bereitete. «Wir
hatten immer wieder Schwierigkeiten,
die Qualität von Projektvorschlägen im
Bereich der erneuerbaren Energien zu
beurteilen», sagt Daniel Zürcher, Chef
der Sektion Innovation beim BAFU. Es
habe sich daher als schwierig erwiesen,
die Fördergelder ohne objektive Entscheidungshilfe optimal einzusetzen.
Kein Freipass für biogene Treibstoffe
Inzwischen haben Spezialisten der
Materialprüfungsanstalt Empa dieses
Instrument erarbeitet. Dazu untersuchten sie die relevanten Umwelteinwirkungen verschiedener Anbauprodukte
und Abfallrohstoffe aus dem In- und
Ausland, die zur Herstellung von biogenen Treibstoffen genutzt werden.
Dabei kamen sie zum Schluss, dass
diese nicht notwendigerweise umweltfreundlicher sind als fossile Kraftstoffe
wie Benzin und Diesel. Je nach Herkunft, Produkt, Anbaumethoden und
Verarbeitung bestehen enorme Unterschiede. So verursachen einige dieser
Treibstoffe zwar erheblich weniger klimawirksame Gase als konventioneller
Sprit, doch bei Anbau und Verarbeitung von Landwirtschaftsprodukten
wie Mais, Raps oder Soja entstehen
weit höhere Umweltbelastungen. Insbesondere die Beeinträchtigung von
Wasser und Böden verschlechtert die
ökologische Gesamtbilanz mehrerer
biogener Treibstoffe deutlich. Allerdings
könnte eine umweltgerechtere Bewirtschaftung die Ökobilanz der Energiepflanzen vom Feld markant verbessern
(siehe UMWELT 2/2007, Seite 52).
International anerkannte Daten
Die Resultate der vom BAFU gemeinsam mit dem BFE und dem Bundesamt
für Landwirtschaft BLW in Auftrag gegebenen Studie dienen nicht nur als
Entscheidungshilfe für die Vergabe von
Fördergeldern. Sie liefern auch wissenschaftlich korrekte Argumente in einer
weltweit heiss geführten Debatte, die
sich um die Frage dreht, unter welchen
Voraussetzungen Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ökologisch
sinnvoll sind. Auch die OECD hat sich
inzwischen des Themas angenommen
und stützt sich für ihre Empfehlungen
auf die Ergebnisse der Empa-Studie. Die
internationale Anerkennung beruht
auf deren absolut transparenten und
nachvollziehbaren Resultaten. Diese
wiederum basieren auf der ÖkobilanzDatenbank ecoinvent, einer weiteren
Schweizer Entwicklung, die sich im Bereich der Umweltforschung weltweit
allmählich als Standard durchsetzt.
Die vertiefte Analyse der Biotreibstoffe wird auch in der Schweiz konkrete Folgen haben: Vor diesem HinFortsetzung Seite 52
Fünf Forschungsschwerpunkte
1
Handlungsmöglichkeiten für eine intakte Umwelt: Die
Forschung soll die Bedeutung der verschiedenen Akteure
für die Erhaltung einer intakten Umwelt analysieren. Zu untersuchen sind deren Rolle auf individueller, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene. Ziel ist das
bessere Verständnis der Faktoren, die zu umweltschädigendem Verhalten führen. Umgekehrt sind auch Wege aufzuzeigen, die zu umweltschonendem Handeln anregen.
BEISPIEL: Stärkung des Umweltunterrichts an den Schulen.
2
Schutz vor Schadstoffen und Umweltbelastungen: Die
Forschung soll Methoden entwickeln, um ökologische
Risiken von schädlichen Substanzen frühzeitig zu erkennen.
Gefragt sind Grundlagen zur Definition von Grenzwerten
und Anreizsysteme für umweltverträgliches Handeln.
BEISPIEL: Aufzeigen von Lösungen zur Eindämmung von
Feinstaub aus Dieselmotoren und Holzfeuerungen.
3
Schutz und schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen: Die Forschung soll mit Hilfe entsprechender
Modelle abschätzen, wie sich unterschiedliche Formen der
Landnutzung auf die Stoff-, Wasser- und Energiekreisläufe
auswirken. Unter Berücksichtigung des Klimawandels ist
auch die Nachhaltigkeit der diversen Landnutzungsformen
zu untersuchen.
BEISPIEL: Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Landnutzungen auf die Biodiversität.
4
Klimawandel: Die Forschung soll neue, integrative Modelle entwickeln, um den Verlauf der Klimaänderung sowie
deren Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und die
komplexen Umweltsysteme abschätzen zu können.
BEISPIEL: Abklärung der Folgen der sich verändernden
Klimabedingungen auf die Schweizer Landwirtschaft.
5
Naturgefahren und technische Risiken: Die Forschung
soll Grundlagenwissen erarbeiten, damit Risiken frühzeitig
erkannt und Katastrophen möglichst vermieden werden
können. Es geht darum, Risiken aufzuzeigen, Schutzziele zu
entwickeln und umfassende Massnahmen vorzuschlagen.
BEISPIEL: Abklärung der Möglichkeiten und Grenzen von
baulichen Massnahmen im Hochwasserschutz.
BAFU/AURA
UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN
51
tergrund entscheidet der Bundesrat,
welche biogenen Treibstoffe gefördert
und von der Mineralölsteuer befreit
werden sollen.
Erkenntnisse für umweltfreundliches
Handeln
«Mit dieser Studie haben wir Prioritäten
aufgezeigt und Forschung angeschoben», sagt Daniel Zürcher. Vor allem
aber habe die Wissenschaft Erkenntnisse für umweltfreundliches Handeln auf
unterschiedlichen Ebenen liefern können. So ist der Politik heute bewusst,
dass es für die Förderung von biogenen Treibstoffen differenzierte Ansätze
braucht. Die Bauern wissen, unter welchen Herstellungsbedingungen ihre
entsprechenden Produkte ökologischen
Kriterien genügen. Und die Konsumenten können davon ausgehen, dass die
künftig an Tankstellen angebotenen biogenen Treibstoffe einen Umweltvorteil
aufweisen – denn nur sie sollten in den
Genuss von Steuerbefreiungen kommen.
Ein Zeichen dafür, dass die Auftraggeber mit dem Thema ihrer Untersuchung richtig lagen, ist auch die
Tatsache, dass die Empa am ÖkobilanzVergleich weiterarbeitet. Sie tut dies
zum Beispiel im Auftrag einer Firma, die
das Potenzial von weiteren nachwachsenden Rohstoffen zur Herstellung von
Treibstoff abklären will. Zusätzlichen
Forschungsbedarf sieht auch das BAFU:
Eine neu zu entwickelnde Methode soll
künftig sicherstellen, dass Ökobilanzen
auch die Auswirkungen auf die Biodiversität besser einbeziehen.
Schnittstelle Forschung – Politik
Im Forschungskonzept für die Jahre
2008 bis 2011 kommt neben den bisher
52
UMWELT 1/08 UMWELTFORSCHUNG
stark auf die klassischen Umweltschutzthemen ausgerichteten Prioritäten ein
zusätzlicher Schwerpunkt hinzu. Unter
dem Stichwort «Handlungsmöglichkeiten» soll er die in unserer Gesellschaft vorhandene «Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln» erklären
und überwinden helfen. Das Thema beeinflusse alle übrigen Forschungsschwerpunkte, sagt Saskia Willemse,
Leiterin der Umweltforschung beim
BAFU. Konkret will man zum Beispiel
Umweltfragen an den Schulen vermehrt thematisieren – so etwa durch
neue Lehrmittel und verbesserte Ausbildungsprogramme für Lehrpersonen.
Wie bereits in den vergangenen vier
Jahren gehört der Klimawandel auch
im neuen Konzept zu den Forschungsprioritäten. Von den entsprechenden
Impulsen des BAFU profitiert unter anderem der Nationale Forschungsschwerpunkt NFS Klima als Netzwerk
der Schweizer Klimaforschung. «Ohne
diese Anregungen hätten wir keine
Projekte zur Realisierbarkeit der 2000Watt-Gesellschaft oder zum Potenzial
des Emissionshandels in unser Programm aufgenommen», sagt Martin
Grosjean, Geschäftsleiter des NFS Klima. Er sieht die Aufgabe des BAFU in
der Umweltforschung nicht nur als
Ideenlieferant und Auftraggeber. Einzigartig sei, dass sich diese Studien direkt auf die Schweizer Politik auswirkten. «An der Schnittstelle zwischen
Forschung und Politik kommt dem
BAFU eine Schlüsselfunktion zu.»
hörde ist eher klein. Zwar lassen sich
Forschungsschwerpunkte
definieren
und dringend zu bearbeitende Themen
formulieren, doch die Mittel zur konkreten Umsetzung dieser Forderungen
sind eher bescheiden. Das BAFU führt
selbst kaum wissenschaftliche Untersuchungen durch, und seine finanziellen
Mittel zur Vergabe von Forschungsaufträgen beschränken sich auf 8 Millionen Franken im Jahr. Im Vergleich dazu
verfügt die ETH über ein Budget von
rund 1 Milliarde Franken. Den knappen
Mitteln zum Trotz gelingt es dem
BAFU mit seinem Umweltforschungskonzept immer wieder, wichtige Akzente zu setzen. «Wir fördern stark praxisorientierte Forschung und kümmern
uns um gesellschaftlich relevante Querschnittthemen wie beispielsweise die
gesundheitlichen Folgen der FeinstaubBelastung», betont Saskia Willemse.
«Dagegen finanziert der Nationalfonds,
der in der Schweiz die meisten Schwerpunkte setzt, lediglich die Grundlagenforschung.»
Kaspar Meuli
LINKS
www.umwelt-schweiz.ch > Themen > Umweltforschung
www.bfe.admin.ch > suchen > Biotreibstoff > Artikel
www.ecoinvent.org
www.nccr-climate.unibe.ch
INFOS
Saskia Willemse
Sektion Innovation, Dienst
Orientierung an der Praxis
Wie positiv die Schweizer Forschungsgemeinde die Rolle des BAFU auch
wahrnimmt – der Aktionsradius der Be-
Umweltforschung, BAFU
Tel. 031 322 99 79
saskia.willemse@bafu.admin.ch
Den Graben zwischen Wissen
und Handeln überbrücken
Professor Wilfried Haeberli verlangt von der Umweltforschung langfristig orientiertes Nachdenken über komplexe und hochvernetzte Systeme. Er lehrt an der Universität Zürich Geografie und präsidiert das beratende Organ des BAFU für Umweltforschung, welches die Entwicklung des neuen Forschungskonzepts begleitet hat.
zVg
Wilfried Haeberli
UMWELT: Ihre Expertengruppe mit Fachleuten
aus Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft
hat angeregt, die Umweltforschung mit dem
neuen Schwerpunkt Handlungsmöglichkeiten
künftig breiter auszurichten. Weshalb?
Wilfried Haeberli: Die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln ist bei Umweltfragen gross,
besonders in der Schweiz, wo die Leute eigentlich gut informiert sind. Es ist wichtig, mehr
darüber zu wissen, wie die Brüche im Verhalten
der Menschen zustande kommen und wie man
sie überwinden kann. Oft zerstören wir durch
unser Verhalten, was wir lieben. Käufer von
Offroad-Fahrzeugen beispielsweise sprechen offensichtlich auf Werbung an, die ihre Autos in
unberührter Natur zeigt. Sie sehen sich also als
Liebhaber der Natur, tragen aber durch ihr eigenes Verhalten zu deren Zerstörung bei.
Braucht es in der Umweltforschung
neue Ansätze?
Häufig wird die Umweltforschung ausschliesslich als Sache der Naturwissenschaften angesehen. Das muss sich ändern – wir wollen die
Geistes-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften motivieren, sich vermehrt um Umweltthemen zu kümmern. Von zentraler Bedeutung
sind im Umweltbereich zum Beispiel Zielkonflikte. Da stellen sich Fragen wie jene, was wir
als Gesellschaft eigentlich wollen und was wir
bereit sind, dafür zu bezahlen? Wir sind noch
weit davon entfernt, gemeinsame Ziele zu verfolgen. Bei der Beantwortung solcher Fragen ist
der zeitliche Horizont entscheidend. Für Ökonomen beispielsweise gelten fünf Jahre bereits
als Langzeitperspektive. Diese kurzfristige Ausrichtung ist eines der fundamentalen Probleme.
Braucht es dazu tatsächlich neue Forschung?
Weshalb setzen sich Fachleute aus den Bereichen Naturwissenschaften und Ökonomie
nicht einfach an einen Tisch und erklären sich
die unterschiedlichen Blickweisen?
Umweltforschung muss gemeinsam mit Betroffenen und Entscheidungsträgern entwickelt
werden. Gefragt ist langfristig orientiertes
Nachdenken über komplexe und hochvernetzte Systeme. In dieser Beziehung haben das
BAFU und unsere Beratungsgruppe eine wichtige Verantwortung: Wir müssen auf nationaler
Ebene abschätzen, welches Wissen in den
nächsten fünf Jahren zu erarbeiten ist, um für
die nächsten 50 Jahre über bessere politische
Entscheidungsgrundlagen zu verfügen.
Das BAFU versteht sich mit seinem
Forschungskonzept nicht zuletzt als Impulsgeber. Nimmt die Wissenschaft diese
Anregungen auf?
Die Hochschulen nehmen diese Anstösse zur
Kenntnis, aber inwieweit sie unser Konzept
umsetzen, können wir nicht bestimmen, nur
beeinflussen. Die von uns genannten Prioritäten können als Argumente bei der Einreichung
von Forschungsgesuchen helfen. In Zukunft
sollte der Stellenwert des Forschungskonzepts
Umwelt zunehmen. Umweltforschung ist meistens angewandte Forschung, deshalb könnten
die Fachhochschulen in diesem Bereich eine
wichtige Rolle übernehmen und sich dabei
nicht zuletzt an unserem Konzept orientieren.
Interview: Kaspar Meuli
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
53
KLIMASCHUTZ: EMISSIONSHANDELSREGISTER
Online-Handel mit Treibhausgasen
Im Dezember 2007 hat das nationale Register für Emissionsgutschriften seinen Betrieb aufgenommen. Damit erfüllt die Schweiz nun alle Bedingungen, um sich an den flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls zu beteiligen. Seit Jahresbeginn ist auch das System für den
elektronischen Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase funktionstüchtig.
Die Deadline zum Erreichen der KyotoZiele rückt näher. Im Rahmen dieses
Klimaabkommens hat sich die Schweiz
dazu verpflichtet, ihren Ausstoss an
Treibhausgasen im Durchschnitt der
Jahre 2008 bis 2012 um 8 Prozent
gegenüber 1990 zu senken.
Der Handel mit Emissionsgutschriften ist Teil der flexiblen Mechanismen
des Kyoto-Protokolls. «Weil das Vermeiden einer Tonne Kohlendioxid
(CO2) nicht überall gleich viel kostet,
schaffen diese Instrumente für Staaten
und Unternehmen eine marktwirtschaftliche Basis, um den CO2-Ausstoss dort zu reduzieren, wo es für sie
am günstigsten ist», erklärt Yvan Keckeis von der Sektion Klima beim
BAFU. «Damit soll ökologisch wirksames Handeln möglichst wirtschaftlich
umgesetzt werden.» Die EU-Staaten
sammeln bereits seit drei Jahren Erfahrungen mit dem Handel von Emissionsgutschriften. Da der Bundesrat
beschlossen hat, auf den 1. Januar
2008 eine CO2-Abgabe auf Brennstoffe
einzuführen, ist dies nun auch in der
Schweiz möglich.
54
UMWELT 1/08 KLIMASCHUTZ
Emissionshandel via Internet
Unternehmen, die fossile Energien effizient nutzen und dadurch weniger CO2
ausstossen als erlaubt, können mit dem
Verkauf ihrer Emissionsrechte jetzt also
zusätzliches Geld verdienen. Voraussetzung für die Teilnahme am Handel ist
der Betrieb eines nationalen Emissionshandelsregisters. Nur unter dieser Bedingung können sich einzelne Firmen
ihre im Ausland erworbenen Emissionsgutschriften im gesetzlich vorgesehenen Rahmen an die Reduktionsziele
anrechnen lassen.
Das vom BAFU aufgebaute und betreute nationale Register hat die Form
einer standardisierten elektronischen
Datenbank. Für Firmen, die ihre Emissionsrechte über das Register verwalten, ist das System in vielem mit dem
vertrauten Online-Banking vergleichbar. Sie erhalten via Internet Zugang zu
ihrem passwortgeschützten Konto, auf
dem sie sämtliche Käufe und Verkäufe
von Gutschriften verbuchen müssen.
Um eine lückenlose Abrechnung zu garantieren, muss das nationale Register
alle Inhaber von Emissionsrechten und
ihre Transaktionen erfassen. Dies ist
möglich, weil jede Gutschrift über eine
Seriennummer verfügt. Zusätzlich ist
jede Transaktion zwingend von der
zentralen Überprüfungsstelle ITL beim
UNO-Klimasekretariat abzusegnen.
Zuteilung der Emissionsrechte
Das Register ist nicht nur ein Schlüsselelement im grenzüberschreitenden
Handel mit Emissionsrechten, sondern
wird auch auf nationaler Ebene benötigt. So sieht nämlich auch das Schweizer CO2-Gesetz den Handel mit solchen Rechten vor. Unternehmen, die
eine Verpflichtung zur Reduktion ihrer
Treibhausgase eingehen, können von
der CO2-Abgabe befreit werden. Übertreffen sie das festgelegte Begrenzungsziel, dürfen sie ihre verbleibenden Gutschriften verkaufen. Über das Register
erfolgt die Zuteilung von Emissionsrechten, und es wird auch überprüft,
ob Firmen die festgesetzten Ziele erreicht haben. Schätzungsweise 600
Firmen, die mit dem Bund eine Verpflichtung zur Reduktion ihres CO2Ausstosses eingehen werden, nehmen
Funktionsweise der flexiblen Mechanismen
Können Staaten ihre Reduktionsziele für Treibhausgase aus
eigener Kraft nicht erreichen, sieht das Kyoto-Protokoll ergänzend flexible Mechanismen vor. Sie bieten die Möglichkeit,
sich Reduktionsleistungen aus Projekten im Ausland sowie
Gutschriften aus dem internationalen Emissionshandel anrechnen zu lassen.
AIs projektbasierte Mechanismen kommen die Joint Implementation (JI) und der Clean Development Mechanism (CDM)
zum Tragen. Im Vordergrund steht dabei der Transfer von umweltfreundlichen Technologien. Zuerst wird der hypothetische
Verlauf der Emissionen ohne die Realisation der Projekte festgelegt. Danach berechnet man die Verringerung oder Vermeidung des Treibhausgas-Ausstosses gegenüber diesem Referenzszenario und belohnt die entsprechenden Reduktionen
direkt am Emissionshandel teil. Sie
machen denn auch einen Grossteil
der Nutzer des nationalen Registers
aus. Neben diesen Betrieben darf jede
natürliche oder juristische Person ins
Geschäft mit Emissionsgutschriften
einsteigen und im Emissionshandelsregister ein Konto eröffnen. Dabei wird
zwischen zwei Arten von Konten unterschieden: Unternehmen mit zugeteilten Emissionsrechten führen ein
Betreiberkonto und alle übrigen Interessenten ein Personenkonto.
Anlaufstelle für Kontoinhaber
Die Eröffnung der Konten ist mit einem
unter der Webadresse www.bafu.admin.ch/emissionshandel verfügbaren
Formular zu beantragen. Dieses ist für
jedes Konto – beziehungsweise für jede
einzelne Anlage – auszufüllen. Für den
mit Emissionszertifikaten. CDM- und JI-Projekte müssen reelle,
messbare und langfristige Leistungen zum Schutz des Klimas
erzielen. Zudem sollten die Mechanismen einen Beitrag zur
nachhaltigen Entwicklung in den Gastländern leisten.
Für den internationalen Emissionshandel erhalten die
Kyoto-Staaten gemäss ihren Reduktionszielen Emissionsrechte
zugeteilt. Was sie davon nicht zur Deckung des eigenen Ausstosses brauchen, können sie verkaufen. Den Staaten ist es
freigestellt, ob sie diese Rechte inländischen Unternehmen zuteilen und sie so zur Teilnahme am Emissionshandel berechtigen, oder ob sie damit selbst auf dem internationalen Markt
handeln. Handelbar sind auch Zertifikate aus CDM- und JIProjekten.
www.umwelt-schweiz.ch/swissflex
kostendeckenden Betrieb des Registers
erhebt das BAFU eine Eröffnungsgebühr sowie jährlich wiederkehrende
Gebühren für die Kontoführung. Nach
der Zustellung ihres Zugangscodes sind
die Benutzer selbst für die Anmeldung
auf der Website des Schweizer Emissionshandelsregisters und für die Durchführung der gewünschten oder erforderlichen Transaktionen verantwortlich.
Die Website dient aber auch als
zentrale Anlaufstelle für detaillierte Informationen zum Thema. So stehen im
Internet beispielsweise das Benutzerhandbuch, die gesetzlichen Vorgaben,
Texte internationaler Abkommen sowie
Antworten auf häufig gestellte Fragen
zur Verfügung. Parallel dazu betreibt
das BAFU eine Helpdesk-Nummer, an
die sich Kontoinhaber bei Problemen
telefonisch wenden können. «Durch
den direkten Kontakt mit den Benutzern wollen wir Probleme rascher identifizieren und so die Dienstleistung
laufend verbessern», sagt Yvan Keckeis.
Kaspar Meuli
KONTAKT
www.bafu.admin.ch/emissionshandel
emissions-trading@bafu.admin.ch
Tel. Helpdesk: 031 322 05 66
INFOS
Yvan Keckeis
Sektion Klima
BAFU
Tel. 031 324 71 84
yvan.keckeis@bafu.admin.ch
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
55
UMWELTBILDUNG
Wachsende Vielfalt des Angebots
Ausbildungen im Umweltbereich stehen hoch im Kurs. UMWELT erkundigte sich bei Enrico
Bellini nach den Berufsmöglichkeiten. Er ist Umweltwissenschaftler und arbeitet als Projektleiter beim Ausbildungszentrum sanu für nachhaltige Entwicklung in Biel. Dort betreut er unter
anderem den Lehrgang «Natur- und Umweltfachfrau/-fachmann».
nieurwissenschaften an den Fachhochschulen (FH) erfasste.
Der Interviewpartner
Enrico Bellini arbeitet
beim Ausbildungszentrum sanu in Biel.
UMWELT: Wie hat sich das Angebot an
Umweltausbildungen in der Schweiz
entwickelt?
Enrico Bellini: Die Umweltausbildungen
entstanden zeitgleich mit der Umweltgesetzgebung. Die ersten Lehrgänge
wurden in den 1980er-Jahren angeboten. Zu Beginn handelte es sich
primär um Spezialisierungen in den
Bereichen Natur und Feldökologie. Verschiedene Ereignisse wie etwa die Re-
56
UMWELT 1/08 UMWELTBILDUNG
aktorkatastrophe in Tschernobyl beschleunigten die Entwicklung. Bald
zeigte sich die Notwendigkeit eines
transdisziplinären Ansatzes. Eine Vorreiterrolle spielte dabei die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
ETHZ, die einen eigenständigen Studiengang im Fachbereich Umweltwissenschaften lancierte. In der Folge kam
es zu einem regelrechten Boom, der
neben den Universitäten auch die technischen Fachbereiche sowie die Inge-
Wie sieht das Angebot heute aus?
Um das Jahr 2000 stagnierte das Angebot an Umweltausbildungen zunächst.
Gegen 2005 setzte jedoch ein eigentlicher Höhenflug ein. Derzeit ist vieles in
Bewegung, wobei die Angleichung an
das Bologna-Regime die Komplexität
noch erhöht hat. Das Angebot deckt immer mehr Themengebiete ab. Zusätzlich
zu den «klassischen» Disziplinen – wie
der Nutzung von Landschaften und natürlichen Ressourcen – bilden sich neue
Querschnittsbereiche heraus – so etwa
Energie, nachhaltiges Bauen, Mobilität,
Gesundheit oder Tourismus. Zur Bewältigung neuer Aufgaben braucht es auch
erweiterte Kompetenzen. Hier stehen
die Bildungszentren vor grossen Herausforderungen. Gegenwärtig umfasst das
Angebot in der Schweiz rund 100 Studien- und Ausbildungsgänge, die sich
folgenden Kategorien zuordnen lassen:
Bachelor- und Masterstudiengänge an
Fachhochschulen und Universitäten,
Nachdiplom- und Executive-MasterStudiengänge, Ausbildungsgänge mit
eidgenössischem Fachausweis sowie
modulare Ausbildungen mit Fähigkeitszeugnis und Fernstudiengänge.
Wie schätzen Sie die künftige
Entwicklung ein?
Das Angebot wird zweifellos weiter zunehmen. Möglicherweise werden neue
Fortsetzung Seite 59
Orientierungshilfe für Interessierte
Das Angebot an Umweltausbildungen in der Schweiz ist ausserordentlich vielfältig.
Entsprechend schwer fällt die richtige Entscheidung. Die folgenden Hinweise, Ratgeber
und Links erleichtern die Orientierung.
www.umwelt-schweiz.ch > Themen > Bildung
Das BAFU engagiert sich auf nationaler und kantonaler Ebene
für die Umweltbildung. Dabei arbeitet es mit verschiedenen
externen Partnern zusammen. Dazu gehören das Ausbildungszentrum sanu, die Stiftung Umweltbildung Schweiz
SUB, die Organisation für Umweltbildung und Wald SILVIVA
sowie das Bildungszentrum des WWF.
Das vom BAFU herausgegebene Kaleidoskop der Umweltbildung vermittelt einen umfassenden Überblick über die Akteure der Umweltbildung und zeigt zahlreiche Tätigkeitsfelder
auf. Bezug: BAFU, Dokumentation, 3003 Bern, docu@bafu.admin.ch, Bestellnummer: DIV-1508-D oder via Internet:
www.umwelt-schweiz.ch/publikationen > Unterrichtsmaterialien > Kaleidoskop ...
www.umweltbildung.ch
Die Schweizer Plattform für Umweltbildung präsentiert die
wichtigsten Akteure und ihre Tätigkeiten.
www.service-umwelt.ch
service-umwelt ist eine gemeinsame Plattform mehrerer
Institutionen im Umweltbereich (ETHZ, D-UWIS, HSR, SILVIVA, BWZ-Lyss, sanu, BAFU). Sie informiert über die Zielsetzungen, die Bedürfnisse, das Angebot und den Nutzen
der Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in der Schweiz.
Die Plattform ist gegenwärtig nur in deutscher Sprache
verfügbar, steht aber allen Westschweizer Anbietern von
Umweltausbildungen offen.
www.sanu.ch
Die sanu führt jedes Jahr mehrere Ausbildungsgänge
durch, darunter die berufliche Weiterbildung «Natur- und
Umweltfachfrau/-fachmann». Zudem gibt sie in regelmässigen Abständen einen Führer mit neusten Meldungen
aus dem Umweltbildungsbereich heraus. Die nächste
Auflage erscheint anlässlich des Kongresses «forschen,
lernen, handeln» vom 22. Februar 2008, der im Rahmen
der viertägigen Messe NATUR im Messezentrum Basel
stattfindet.
Bezug: sanu, Postfach 3126, 2500 Biel, oder via Internet:
www.sanu.ch/services/d_bf.html
Ausserdem bietet die sanu seit zwei Jahren persönliche Beratungsgespräche über Umweltausbildungen und
Umweltberufe an. Anmeldung beim Sekretariat unter Tel.
032 322 14 33.
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
57
www.umwelt-berufe.ch
Das Bildungszentrum WWF führt in Bern und Lausanne
den «Lehrgang Umweltberatung und -kommunikation»
durch und betreibt ein Internetportal über Umweltberufe
mit einer Fülle von nützlichen Adressen und Tipps. Zudem
gibt der WWF Broschüren und Merkblätter heraus, die Einblick in die Vielfalt der ökologischen Berufstätigkeiten
gewähren. Darüber hinaus unterhält das Bildungszentrum
einen Beratungs- und Informationsdienst.
www.ffu.ch
Der Verein FachFrauen Umwelt (FFU) dient als Netzwerk
und Interessenvertretung der Umweltfachfrauen in der
Deutschschweiz.
www.pusch.ch
Praktischer Umweltschutz Schweiz Pusch bietet Kurse für
die öffentliche Hand und für Unternehmen an. Leitgedanke: Damit sich die Umweltgesetzgebung wirkungsvoll umsetzen lässt, müssen die für den Vollzug zuständigen Personen gut ausgebildet sein. Das reichhaltige,
praxisnahe Kursangebot richtet sich an Fachleute, Mitglieder von Behörden und Kommissionen sowie an Praktikerinnen und Praktiker in Werkhöfen und Verwaltungen. Bei
ihren Tagungen, Fachseminaren und Praxisnachmittagen
informiert Pusch auch über den aktuellen Stand der umweltpolitischen Diskussion.
58
UMWELT 1/08 UMWELTBILDUNG
www.silviva.ch
SILVIVA bietet einen Nachdiplomkurs mit dem Titel «Naturbezogene Umweltbildung» an. Die modulare Weiterbildung richtet sich an Personen, die Umweltthemen am
Beispiel des Waldes und der natürlichen Umgebung auf
lebendige Weise vermitteln möchten.
www.svu-asep.ch
Der Schweizerische Verband der Umweltfachleute führt ein
Dienstleistungsverzeichnis, das über die einzelnen Beratungsfirmen und ihre Tätigkeiten informiert.
Darüber hinaus existieren zahlreiche Verbände von Spezialisten aus verschiedensten Branchen wie etwa der Verband
Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA >
www.vsa.ch
oder die Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieure/Unternehmungen usic >
www.usic-engineers.ch.
Diese Organisationen bieten ebenfalls Informationen für
Personen, die sich auf Umweltfragen spezialisieren möchten.
FH-Masterstudiengänge entwickelt, und
die Ausbildungsangebote im Bereich
nachhaltige Entwicklung dürften sich
vervielfachen. Ein weiterer wichtiger
Trend ist die häufigere Zusammenarbeit
zwischen den einzelnen Ausbildungslehrgängen und -stätten. So haben die
Universitäten Genf und Neuenburg, das
Hochschulinstitut für Öffentliche Verwaltung idheap in Lausanne und die
Fakultät für Geo- und Umweltwissenschaften der Universität Lausanne kürzlich einen gemeinsamen Masterstudiengang für nachhaltige Siedlungsplanung
lanciert. Auch die internationalen Partnerschaften werden immer zahlreicher.
An wen richten sich
diese Ausbildungen?
Das Angebot deckt die unterschiedlichsten Interessen und Niveaus ab. Das Thema nachhaltige Entwicklung etwa betrifft alle Berufszweige gleichermassen:
Ob Maurer oder Ingenieur, Bäcker, Architekt, Schreiner, Banker oder Lehrer –
alle Interessierten können sich in ihrem
Bereich zum Umweltspezialisten ausbilden lassen. Die Ausbildungstypen sind
auf die verschiedenen Bedürfnisse und
Möglichkeiten zugeschnitten und reichen von Einzelkursen über Modulsysteme bis hin zu Programmen mit mehr
oder weniger Auswahlmöglichkeiten.
Gibt es Qualitätskriterien zur
Beurteilung des Angebots?
Abgesehen vom eduQua-Label im Bereich Erwachsenenbildung und der
ISO-9000-Zertifizierung von Ausbildungsstätten mit einem anerkannten
Qualitätssicherungssystem gibt es keine
eigentlichen Qualitätskriterien (siehe
Seite 64 CH). Ein wichtiger Anhaltspunkt ist natürlich der Ruf der Unterrichtenden – beziehungsweise das
Image der jeweiligen Bildungsstätte
oder Institution. Wer sich ein genaueres Bild über das Ausbildungsangebot
verschaffen möchte, kann sich auf verschiedenen Internetseiten informieren.
Welche beruflichen Möglichkeiten
eröffnen diese Ausbildungen?
Die Lehrgänge stehen grundsätzlich jedermann offen, und demzufolge gibt es
Perspektiven in allen Branchen. Umweltspezialisten sind bei Gemeinde-,
Kantons- und Bundesbehörden, Nichtregierungsorganisationen sowie in Beratungs- und Planungsbüros nach wie
vor gesucht. Auch in Zukunft braucht
es Fachleute, die mit ihrem Spezialwissen den Gesetzesvollzug in den Bereichen Luftreinhaltung, Boden, Gewässer
usw. unterstützen. In jüngerer Zeit
wächst die Nachfrage nach Umweltfachleuten aber auch in verschiedenen
Berufszweigen und Unternehmen.
Neue Herausforderungen und Problembereiche – etwa im Hochwassermanagement und bei der Prävention von Naturgefahren – verlangen nach weiteren
Spezialisierungen und eröffnen zusätzliche Tätigkeitsfelder.
Was raten Sie jemandem, der eine Umweltausbildung absolvieren möchte?
Als Erstes muss sich diese Person grundsätzlich fragen, woher sie kommt und
welche Richtung sie einschlagen möchte. Wichtig ist auch das bisherige Ausbildungsniveau. Vor der endgültigen
Entscheidung für eine Ausbildung sollte man sich unbedingt ein konkretes
Bild vor Ort machen, sei es im Rahmen
von Praktika bei Unternehmen und Organisationen oder durch freiwillige Einsätze. Auch gilt es, sich zu überlegen,
ob eher eine Tätigkeit als Generalist
oder als Fachspezialist in Frage kommt.
Die zunehmende Komplexität des Angebots macht die Wahl zur Qual. Dies
spiegelt sich auch in den Anforderungsprofilen: Standen in der Vergangenheit
eher allgemeine Voraussetzungen im
Vordergrund, sind technisches und methodisches Know-how heute ebenso
wichtig wie soziale und persönliche
Kompetenzen.
Haben Sie eine abschliessende
Empfehlung?
Keine Ausbildung vermag Antworten
auf alle Fragen zu geben. Immer häufiger werden solche Schulungen als Ergänzung zu einer Grundausbildung
absolviert. Im Zuge verschiedener Ausbildungen eignet man sich eine Vielzahl von Kompetenzen an, die es einem
erlauben, seinen beruflichen Weg zu
finden. Gleichzeitig beschleunigt sich
die Entwicklung: In allen Bildungsbereichen ändern sich die Profile, bei
den Umweltfachleuten wahrscheinlich
in besonderem Masse. Zweifellos kommt
dem Umweltwissen durch die Klimaveränderungen heute ein besonderer
Stellenwert zu. Eine Umweltausbildung
ist in jedem Berufsfeld eine grosse
Bereicherung.
Cornélia Mühlberger de Preux
INFOS
Gisela Basler
Umweltbildung
BAFU
Tel. 031 323 03 06
gisela.basler@bafu.admin.ch
Daniela Jost
Fachausbildung
BAFU
Tel. 031 324 48 30
daniela.jost@bafu.admin.ch
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
59
INTERNATIONALES
Einsatz der Schweiz
für globale
Umweltziele
Die Schweiz will das Umweltsystem der UNO stärken. Auf ihre Initiative soll eine Liste mit globalen
Umweltzielen entstehen. Dabei geht es nicht
um die Formulierung neuer Umweltanliegen.
Ziel ist vielmehr eine Bündelung der seit den
1970er-Jahren in über 500 internationalen
Abkommen und Deklarationen formulierten
Vereinbarungen.
Die Übersicht zur genauen Zahl internationaler Umweltabkommen ist mittlerweile auch den Fachleuten
abhanden gekommen. Doch es müssen rund 500 Verträge sein, mit denen die Staatengemeinschaft in den
vergangenen Jahrzehnten versucht hat, die globalen
Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Daneben
gibt es eine Vielzahl von Ministerdeklarationen. Die Bemühungen zum Schutz der Umwelt reichen in die
1960er-Jahre zurück. Vom Schutz bedrohter Wale über
die Bekämpfung der Wüstenbildung bis hin zur Regelung
des Umgangs mit gefährlichen Abfällen sind in den letzten 40 Jahren fleissig Unterschriften unter Dokumente gesetzt worden. Etliche davon erwiesen sich als reine Papiertiger, beruhen sie doch auf einem unverbindlichen kleinsten
gemeinsamen Nenner.
Ozonabkommen als Erfolgsgeschichte
Einige der unter Schirmherrschaft der UNO abgeschlossenen Verträge haben allerdings wichtige Prozesse in Bewegung gebracht.
Dazu zählen etwa das CITES-Abkommen über den Handel mit bedrohten Arten, die Konvention zum Schutz der Biodiversität oder die
von der Schweiz initiierte Basler Konvention, welche den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle regelt. Als Meilenstein des internationalen Umweltrechts gilt das inzwischen von 191 Staaten unterzeichnete
Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht von 1987. Für Achim Steiner –
den Leiter des UNO-Umweltprogramms UNEP – ist es das «bisher vielleicht wichtigste
internationale Umweltabkommen». Dank verbindlicher Vorschriften zur Reduktion ozonschädigender Substanzen haben die weltweiten Emissionen dieser Verbindungen – und inzwischen auch die Chlor- und Bromkonzentrationen in der Stratosphäre – deutlich abgenommen.
60
UMWELT 1/08 INTERNATIONALES
Fehlende globale Umweltinstanz
Wichtige Verträge wie das Montreal-Protokoll verfügen über eigene Sekretariate und Finanzquellen. Sie führen damit fast so etwas wie ein
Eigenleben. «Allerdings fehlt eine globale Umweltinstanz mit
ausreichender Autorität, welche die verschiedenen Verträge koordiniert, in einen übergeordneten politischen Rahmen stellt
und verbindliche Ziele sowie Prioritäten festlegt», stellt
Franz Perrez, Chef der Sektion Globales beim BAFU, fest.
Während Bereiche wie Gesundheit, Landwirtschaft,
Kultur oder Entwicklung innerhalb der UNO über eigene internationale Organisationen verfügen, ist die
Umweltpolitik nur mit einem Programm vertreten.
«Dem UNEP mangelt es jedoch nicht nur an ausreichenden finanziellen Mitteln, sondern auch an
der notwendigen politischen Unterstützung», sagt
Franz Perrez. «Deshalb ist es nicht in der Lage,
eine übergeordnete Leitfunktion auszuüben, die
erforderlichen Prioritäten zu setzen und das Engagement der relevanten Akteure zu stärken.»
Zudem kennt das Programm auch keine Mechanismen zur Streitbeilegung mit der Möglichkeit
von raschen und griffigen Sanktionen. Der damalige französische Präsident Jacques Chirac
wiederholte daher 2004 die von mehreren Ländern bereits in den 1990er-Jahren gestellte Forderung, das Umweltprogramm UNEP zur Umweltorganisation UNEO aufzuwerten – vergleichbar mit
den UNO-Organisationen WHO, FAO oder UNESCO.
Widersprüche und Zersplitterung
Eine Koordination gestaltet sich schwierig, da allein innerhalb des UNO-Systems über 50 verschiedene Akteure
mit Umweltfragen beschäftigt sind – teils in offener Konkurrenz zueinander. Pro Jahr fliesst über dieses System mehr
als eine Milliarde US-Dollar via Dutzende von Kanälen in Umweltprojekte, meist unkoordiniert und ohne Wirkungskontrolle,
wie das renommierte Yale Center for Environmental Law and Policy bemängelt. «Die starke Zersplitterung der Aufgaben hat Doppelspurigkeiten und Widersprüche zur Folge und beeinträchtigt dadurch die
Autorität der beteiligten Institutionen», sagt Franz Perrez. Bisherige Anstrengungen zur Stärkung des UNEP konzentrierten sich denn auch auf institutionelle Aspekte. So hat etwa die Schweiz verschiedene Vorschläge unterbreitet, um
das Umweltprogramm aufzuwerten und das internationale Umweltregime zu stärken. Im
Rahmen der UNO setzt sie sich für eine kohärente, umfassende, effektive und effiziente
UMWELT 1/08
EINZELTHEMEN
61
Umweltpolitik ein. Auf ihre Initiative
werden gegenwärtig zum Beispiel konkrete Massnahmen geprüft, um die Zusammenarbeit und Synergien zwischen
den vom UNEP betreuten Chemikalienund Abfallkonventionen zu verstärken.
Mit einem Beitrag von jährlich gut 3,7
Millionen Franken gehört die Schweiz
zu den zehn grössten Geldgebern des
UNO-Umweltprogramms. Darüber hinaus wendet sie nochmals fast die doppelte Summe für konkrete UNEP-Aktivitäten und -Projekte auf.
Starker Auftritt in Dubai
Am Umweltministerforum von 2006 in
Dubai hat Bundesrat Moritz Leuenberger den Vorschlag zur Formulierung
globaler Umweltziele lanciert. Für die
Global Environment Goals (GEG) orientierte er sich am Vorbild der im Jahr
2000 von den UNO-Mitgliedstaaten beschlossenen Millenniumsentwicklungsziele. Diese so genannten MDG umfassen acht messbare Hauptziele und
sollen die internationale Gemeinschaft
zum Handeln verpflichten. Ein Hauptziel ist die Reduktion der weltweiten
extremen Armut bis zum Jahr 2015 um
die Hälfte. Die Umsetzung der MDG
droht nun aber an der ungelösten Umweltfrage zu scheitern. Alle Bemühungen zur Überwindung der Armut und
für eine nachhaltige Entwicklung seien
umsonst, wenn sich der Zustand der
Umwelt zunehmend verschlechtere
und wenn die natürlichen Ressourcen
weiter erschöpft würden, bringt der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan
die Problematik auf den Punkt.
GEG schaffen konkrete Vorgaben
Damit die Staatengemeinschaft die
weltweiten Umweltherausforderungen
wirksamer angehen kann, soll – analog
62
UMWELT 1/08 INTERNATIONALES
zu den MDG – basierend auf den bisherigen internationalen Bemühungen
nun eine Liste mit globalen Umweltzielen erarbeitet werden. «Dabei geht es
der Schweizer Initiative nicht darum,
neue Umweltziele auszuhandeln», präzisiert Franz Perrez. «Vielmehr möchten wir die in bestehenden Abkommen
und Deklarationen bereits beschlossenen Punkte in einem zentralen
Dokument zusammenfassen und mit
konkreten Umsetzungsvorgaben und
Indikatoren zur Überprüfung der Fortschritte ergänzen.» Dies betrifft insbesondere die drängenden Umweltbereiche Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität, den Umgang mit Chemikalien sowie den Schutz von Wäldern
oder Wasserressourcen. GEG 1 könnte
zum Beispiel lauten: «Die Staatengemeinschaft stellt sicher, dass sich das
Klima durch menschliche Einwirkungen nicht in einem Ausmass verändert,
das Menschen und die Umwelt gefährdet.» Die konkrete Vorgabe würde den
Temperaturanstieg bis 2050 auf maximal 2 Grad begrenzen. Messen könnte
man die Fortschritte am noch tolerierbaren Ausstoss an Treibhausgasen, deren Emissionen als Indikator dienen.
Schweizer Vorschlag überzeugt
«Eine solche gemeinsame Stossrichtung
würde eine Stärkung des politischen
Willens sowie des finanziellen Engagements bewirken, die Kohärenz in Umweltfragen verbessern und vor allem
auch die Möglichkeit schaffen, Fortschritte laufend zu überprüfen», ist
Franz Perrez überzeugt. Der UNEP böte
sich zudem die Möglichkeit, sich als
Leader in der internationalen Umweltpolitik zu beweisen.
Die Schweiz konnte verschiedene
Länder von der Wichtigkeit der GEG
überzeugen. Zur Konkretisierung hat
im Mai 2007 ein erstes Treffen mit einer
Gruppe gleich gesinnter Staaten in New
York stattgefunden. Im Juli 2007 traf
sich eine grössere Gruppe auf dem Zürcher Uetliberg. Norwegen, Schweden,
Dänemark, Ungarn, die Vereinigten
Arabischen Emirate, Kenia, Marokko,
Senegal, Costa Rica, Mexiko, Uruguay,
Südkorea und Indonesien sowie das
UNEP selbst unterstützen den Vorschlag.
Andererseits gibt es auch politische
Widerstände, so dass eine Verwirklichung der Idee nicht einfach sein dürfte. So lehnen etwa Grossmächte wie die
USA unter der jetzigen Regierung jegliche neuen Zugeständnisse in Umweltfragen ab. Und Brasilien fordert,
wichtigstes «Umweltziel» müsse die Erhöhung der Entwicklungshilfe sein. Die
Widerstände erklärt sich Franz Perrez
auch mit der Angst, an der Einhaltung
oder Nichterfüllung der globalen Umweltziele gemessen zu werden. Dennoch
ist er zuversichtlich: «Es ist schwierig,
gute und glaubwürdige Argumente gegen die GEG zu finden, da sie ja keine
neuen Verpflichtungen schaffen, sondern die bereits bestehenden einfach
sichtbarer und klarer darstellen sollen.»
Stefan Hartmann
LINKS
www.umwelt-schweiz.ch/international
www.unep.org
INFOS
Franz Perrez
Chef Sektion Globales
Abteilung Internationales, BAFU
Tel. 031 322 93 08
franz.perrez@bafu.admin.ch
Urteil
Bundesgericht stützt die
Eidgenössische Natur- und
Heimatschutzkommission ENHK
Eine Alpgenossenschaft im Berner Oberland wollte den
Weg auf ihre Alp «Tschingelfeld» ausbauen. Dieser Alpweg führt durch das Schutzobjekt «Giessbach», das im
Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler
von nationaler Bedeutung BLN figuriert. Da für den Eingriff in dieses BLN-Objekt eine auf Bundesrecht beruhende Bewilligung nötig war, äusserte sich die zuständige
Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission ENHK zum
Ausbauprojekt (gemäss Art. 7 NHG). Die ENHK sah darin
einen schweren Eingriff in das Schutzobjekt. Der Ausbau
der Alpstrasse verstosse gegen Teilschutzziele des BLNObjektes.
Trotzdem bewilligte der Regierungsstatthalter den
Alpweg und wies eine Einsprache von Pro Natura Berner
Oberland ab. Eine Instanz höher erhielt Pro Natura dann
aber Recht, was sich auch vor dem Bundesgericht wiederholte. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor Bundesgericht argumentierte die Alpgenossenschaft, der Alpweg falle gar nicht in den Zuständigkeitsbereich des
Bundes, es handle sich nicht um eine sogenannte Bundesaufgabe. Von einer solchen spricht man, wenn der
Bund innerhalb eines BLN-Objekts tätig wird, also zum
Beispiel selber baut, Bauprojekte subventioniert oder
bewilligt. Ist dies der Fall, muss die zuständige Bewilligungsbehörde die BLN-Schutzziele beachten.
Die Alpgenossenschaft stellte sich auf den Standpunkt, das Schutzziel des gleichnamigen BLN-Objektes
beschränke sich auf die berühmten Giessbachfälle. Das
Bundesgericht folgte aber dem Gutachten der ENHK. Dieses benennt «die ungeschmälerte Erhaltung der standortgemässen Tier- und Pflanzenwelt mit besonderer Beachtung der Flachmoorbereiche und die Erhaltung einer
traditionellen extensiven Nutzung der Alp Tschingelfeld
als massgebliches Teilschutzziel. Dieses werde durch den
Bau des Alpweges schwerwiegend tangiert.
Somit gab das Gutachten der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission den Ausschlag für den ablehnenden Entscheid des Bundesgerichts. Das Gericht bestätigte
damit auch die Praxis, wonach nur aus triftigen Gründen
vom Gutachten der ENHK abgewichen werden kann.
Weitere Informationen: Christoph Fisch,
Abteilung Recht, BAFU, Tel. 031 322 93 45,
christoph.fisch@bafu.admin.ch
Internationales
Mehr Konsequenz
Im vergangenen Oktober tagte in Belgrad die 6. Ministerkonferenz «Umwelt in Europa». Zentrale Themen
waren zum einen der aktuelle Zustand der Umwelt, zum
andern Massnahmen wie die Umsetzung von internationalen Umweltkonventionen, eine optimierte Umweltinformation und die Vorgabe von klaren Zielen. Die
BAFU-Delegation setzte sich dafür ein, dass bereits abgeschlossene Übereinkommen in den Bereichen Wasser,
Artenvielfalt und Chemikalien konsequent beachtet werden. «Umwelt für Europa» ist eine Initiative von Staaten
und internationalen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, der sich 56 Länder aus Europa, Nordamerika,
dem Kaukasus und Zentralasien angeschlossen haben.
www.umwelt-schweiz.ch > Aktuell > Medienmitteilungen > nach «Umwelt für Europa» suchen
Mehr Bergwald
Das Projekt «Netzwerk Bergwald» setzt sich auf europäischer Ebene für den Erhalt des Bergwaldes als naturnahen Lebens- und Nutzungsraum ein. Dazu seien länderübergreifende Anstrengungen nötig, betonen die
Beteiligten. So brauche es eine europäische BergwaldPlattform und eine gemeinsame Kampagne für den
Bergwald. Auf einer Fläche von rund einer Million Hektaren Bergwald in Europa seien dringende Pflegemassnahmen rasch einzuleiten. Das Interreg IIIc-Projekt wurde im Jahr 2003 von der EU angeschoben. Sein Ziel ist,
ein Netzwerk aufzubauen und Erhebungen über Zustand
und Funktionen der Bergwälder durchzuführen. Neben
verschiedenen EU-Alpenländern ist auch die Schweiz am
Programm beteiligt.
www.network-mountain-forest.org
Mehr Methan
In der Tiefe des afrikanischen Kivu-Sees lagern Milliarden von Kubikmetern Kohlendioxid und Methan in gelöster Form. Ein Projekt, an dem sich das schweizerische Wasserforschungs-Institut Eawag beteiligt, will aus
den Gasvorkommen Energie gewinnen. Verlegt man ein
Rohr in die Tiefen des Sees, strömt das gashaltige Wasser wie in einer geschüttelten Mineralwasserflasche von
selbst nach oben. Das Methan wird vom Kohlendioxid
getrennt und betreibt anschliessend eine Gasturbine,
die Strom produziert. Die kontrollierte Nutzung des
Methans soll gleichzeitig das Risiko eines spontanen Gasausbruches verhindern. 1986 kamen bei einem solchen Ereignis am Nyos-See in Kamerun 1800 Menschen
ums Leben.
www.eawag.ch > Medien / Newsarchiv > Strom
statt Gefahr aus der Tiefe des Sees
UMWELT 1/08 URTEIL/INTERNATIONALES
63
GL
Nordwestschweiz
Bei Schwanden GL fliesst die Linth in einem Bogen
Richtung Glarus. Das Gefälle dieser Flussschlaufe wird
jetzt mit einer Abkürzung durch einen Stollen für die
Stromproduktion genutzt. Eine clevere Idee: Das Wasser wird nicht etwa dem Fluss entnommen, sondern
von bestehenden Kraftwerken bezogen. Für das Projekt mit dem sinnbildlichen Namen «Doppelpower»
wurden die Initianten mit dem «Swiss Mountain
Water Award» ausgezeichnet.
In der Nordwestschweiz gibt es rund 130 Textilreinigungsbetriebe. Die Kantone Bern, Basel-Landschaft, Basel-Stadt
und Aargau haben nun die Umweltkontrollen für diese Betriebe vereinheitlicht und lassen sie vom Verein Kontrollstelle Textilreinigungen Schweiz VKTS durchführen. Dieser stellt allen Textilreinigern dafür gleich viel in Rechnung.
Leo Meier, SN Energie AG, Herrenstrasse 66,
nach «Textilreiniger» suchen
Einmal Wasser,
zweimal Strom
Saubere Regeln für Textilreiniger
Dominik Keller, Stv. Leiter Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt,
Hochbergerstrasse 158, 4019 Basel, Tel. 061 639 22 22,
dominik.keller@bs.ch, www.bs.ch > Medienmitteilungen >
8762 Schwanden, Tel. 055 647 42 00, leo.meier@snenergie.ch,
www.doppelpower.ch
CH
Glaubwürdige Umweltbildung
In der ausserschulischen Umweltbildung steigt die Zahl
der Anbieter laufend. Damit die anvisierten Lernziele tatsächlich erreicht werden, muss die Qualität gewährleistet
bleiben, etwa durch einen regen Erfahrungsaustausch. Im
Auftrag der Stiftung Umweltbildung Schweiz SUB hat die
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
ZHAW evaluiert, wie es um die Qualitätsentwicklung bei
den Schweizer Umweltbildnern steht. Die Studie ergab,
dass die Information über Methoden der Qualitätsentwicklung noch stark verbessert werden kann.
zVg
BS
Sandra Wilhelm, ZHAW, Institut für Umwelt und Natürliche
Häuser sanieren,
Heizenergie sparen
Ressourcen, Postfach, 8820 Wädenswil, Tel. 058 934 58 68,
sandra.wilhelm@zhaw.ch, www.iunr.zhaw.ch > F&E > Projekte >
Erhebung ausserschulische Lernorte SUB
Mit einer umfassenden Sanierung lässt sich der Heizenergieverbrauch mancher Wohnhäuser um fast 90 Prozent
drosseln. Der Kanton Basel-Stadt unterstützt Hausbesitzende mit Bauzuschüssen von bis zu einem Drittel. Je gründlicher sie sanieren, desto grosszügiger fällt die Unterstützung aus. Mit rund 200 renovierten Gebäuden will der
Kanton pro Jahr 20 Millionen Kilowattstunden Heizenergie sparen.
Thomas Fisch, Amt für Umwelt und Energie, Kohlenberggasse 7,
www.aue.bs.ch > Energie > Aktionen und Projekte > Energieeffizienz
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PRAXIS
UMWELT 1/08
Jan Schudel
4051 Basel, Tel. 061 225 97 30, thomas.fisch@bs.ch,
ZH
Frischer Wind in Zürich
Der Gemeinderat der Stadt Zürich hat
einen Kredit von 20 Millionen Franken für neue Windkraftwerke bewilligt. Dereinst will das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich ewz damit 100
bis 200 Gigawattstunden Strom pro
Jahr produzieren. Dies entspricht ungefähr 3 bis 6 Prozent des heutigen
Verbrauchs im ewz-Versorgungsgebiet.
CH
Wie viel ist Jugendlichen die Natur wert?
Harry Graf, Mediensprecher ewz,
Was ist Leben? Haben Tiere Rechte? Welche
Chancen und Risiken hat die Gentechnologie? Zu solchen Fragen sollen sich Jugendliche eine eigene Meinung bilden. Das neue
Lehrmittel «NaturWert» macht Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I Mut,
sich mit der Natur, Naturwissenschaften
und ethischen Fragen zu beschäftigen.
«NaturWert» wurde mit inhaltlicher Unterstützung des BAFU entwickelt.
Tramstrasse 35, 8050 Zürich,
Das Buch ist erhältlich beim schulverlag blmv,
Tel. 058 319 49 67,
Güterstrasse 13, 3008 Bern, Tel. 031 380 52 52,
harry.graf@ewz.ch, www.ewz.ch > Medien >
info@schulverlag.ch, www.schulverlag.ch > Shop >
Mitteilungen 2007 > 30.05.07
Lehrmittel, nach «NaturWert» suchen
SG
Bruthilfe für Turmfalken und Schleiereulen
NE
Gratis Stromverbrauch messen
Der Verein Pro Riet Rheintal hat im
Rheintal 120 Nistkästen für Schleiereulen und Turmfalken installiert. Bereits
im ersten Jahr waren ein Fünftel der
künstlichen Nester besetzt, und über
90 junge Turmfalken sind geschlüpft.
Auch ein Schleiereulenpaar entdeckte
die Vorzüge der menschgemachten Behausungen und brütete gleich zweimal. Zusammen mit Landwirten und
der Schweizerischen Vogelwarte Sempach will Pro Riet Rheintal nun zusätzliche Ausgleichsflächen schaffen, um
die Nahrungsbasis für die Raubvögel
zu verbessern.
Bewohnerinnen und Bewohner des
Kantons Neuenburg können bei ihrer
Gemeinde gratis Messgeräte ausleihen,
um ihren Stromverbrauch zu messen.
Die sogenannten Wattmeter werden
zwischen Steckdose und Gerätestecker
eingesetzt. Auf Anregung der kantonalen Energiefachstelle haben bereits 25
Gemeinden solche Geräte angeschafft.
Eine Liste dieser Gemeinden samt Kontaktadressen findet sich im Internet
(siehe Link).
Ignaz Hugentobler, Präsident Pro Riet Rheintal,
Tel. 032 889 67 20, service.energie@ne.ch,
Schwalbenweg 16, 4950 Altstätten,
www.ne.ch > Territoire et environnement >
Tel. 071 750 08 30, info@pro-riet.ch,
Energie > Information, Formation et Conseils >
Jean-Luc Juvet, Chef du Service cantonal
de l’énergie,
Rue de Tivoli 16, 2000 Neuchâtel,
www.pro-riet.ch > Projektauswahl > Schleiereule
& Turmfalke
Wattmètres en prêt
Verein Pro Riet Rheintal
UMWELT 1/08
PRAXIS
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BE
Besseres Klima in Bern
Bevölkerung und Wirtschaft der Stadt Bern
haben innerhalb eines Jahres 1100 Tonnen
CO2 eingespart. Dazu animiert hat sie das
mit der Elektrizitätsrechnung versandte
«Klimabüchlein» der Lokalen Agenda 21.
Über 3000 Bernerinnen und Berner sowie
15 Unternehmen verpflichteten sich zu freiwilligen Massnahmen.
BS/Frankreich
Lachse im Rhein
Adrian Stiefel, Amt für Umweltschutz und
«Was macht ein Lachs im Rhein?» – «Er studiert Chemie.» Dieser
Witz aus Zeiten der Sandoz-Katastrophe vor gut 20 Jahren hat heute
ausgedient. In der Fischzuchtanlage der Petite Camargue Alsacienne
in der Nähe von Basel wurden im letzten Jahr 15 000 junge Lachse
aufgezogen und in verschiedenen Nordwestschweizer Seitenflüssen
des Rheins ausgesetzt. Die Aktion ist Teil des erfolgreichen Programms RheinLachs 2020, das die Wiederansiedlung von Lachsen
und weiteren Fischarten im Rhein zum Ziel hat.
Lebensmittelkontrolle der Stadt Bern, Brunngasse 30,
Postfach 124, 3000 Bern 7, Tel. 031 321 63 06,
adrian.stiefel@bern.ch, www.bernatmetdurch.ch
Pascale Steiner, Sektion Fischerei und aquatische Fauna, BAFU, 3003 Bern,
Tel. 031 324 72 83, pascale.steiner@bafu.admin.ch, www.umwelt-schweiz.ch >
Dokumentation > Publikationen > Fischerei > Rhein & Lachs 2020
www.iapmw.unibe.ch
OW
Kläranlage ohne Strom
In Kerns OW hat ein Hydrologe kürzlich eine Kläranlage gebaut, die allein mit dem vorhandenen Gefälle betrieben wird. Zuerst werden die Feststoffe
entfernt. Mit einer ausgeklügelten Technik wird
das verbleibende Schmutzwasser dann auf einem
Sandfilter versprüht. Dort bauen Bakterien die
Schmutzstoffe auf natürliche Weise ab. So kommt
die Anlage gänzlich ohne Strom aus und leistet
einen Beitrag zum Recycling, da die Sandbehälter
aus alten Futtersilos hergestellt werden.
Paul Schudel, Symbo GmbH,
Grammetstrasse 14, 4410 Liestal,
Tel. 061 921 29 14, mail@symbo.ch,
www.symbo.ch > Kläranlagen
zVg
66
PRAXIS
UMWELT 1/08
FR
Luft muss besser werden
Im Kanton Freiburg werden die Grenzwerte für die Luftqualität trotz erheblicher Anstrengungen nach wie vor überschritten. Der Freiburger Staatsrat hat deshalb Anfang 2008 einen
revidierten Massnahmenplan für eine bessere Luft in Kraft
gesetzt. Zum Beispiel sind die Gemeinden verpflichtet, für
Bauzonen mit intensiver Nutzung das maximale Verkehrsaufkommen festzulegen. In den Agglomerationen müssen bis
Ende 2009 zudem alle Gemeinden über ein Parkplatzkonzept
verfügen.
Hans Gygax, Amt für Umwelt, Route de la Fonderie 2, 1701 Freiburg,
Tel. 026 305 37 60, gygaxh@fr.ch, www.fr.ch > Umwelt > Amt für Umwelt
> Luft > Rechtsgrundlagen > Massnahmenplan
JU
Moorschutz mit Helikopter
Das Hochmoor von Les Enfers ist ein Lebensraum von nationaler Bedeutung. Dieser drohte aber zu verwalden, bis das
Amt für Gewässer und Naturschutz des Kantons Jura die störenden Bäume entfernen liess. Um dabei den sensiblen Moorboden zu schonen, bewerkstelligte ein Helikopter im Herbst
2007 den Abtransport von rund 120 Tonnen Holz.
Laurent Gogniat, Office des eaux et de la protection de la Nature,
CH
Saubere Lösungen
für Grossanlässe
Das Gelände des Greenfield-Festivals,
das jedes Jahr in Interlaken stattfindet,
ist jeweils praktisch frei von Abfällen.
Der Grund: An alle Besucherinnen und
Besucher werden Müllsäcke ausgehändigt, auf die ein Depot zu entrichten ist.
Nur wer den Abfallsack wieder abgibt,
erhält sein Geld zurück. Dieses innovative Abfallkonzept ist eine der empfohlenen Massnahmen der «IG Saubere
Veranstaltung», die von BAFU, swiss
olympics und verschiedenen Städten getragen wird. Die «IG Saubere Veranstaltung» wartet auf ihrer Website mit vielen weiteren Ideen für nachhaltige
Events auf. Wer Umwelt-Vorgaben für
Grossveranstaltungen festlegen möchte,
kann sich von der IG auch individuell
beraten lassen.
Wendel Hilti, IG Saubere Veranstaltung,
Aeschenplatz 2, 4052 Basel, Tel. 061 283 00 00,
info@saubere-veranstaltung.ch,
www.saubere-veranstaltung.ch
Les Champs-Fallat, 2822 Saint-Ursanne, Tel. 032 420 48 00,
laurent.goniat@jura.ch, www.jura.ch > Actualités > Communiqués
> nach «Tourbière des Enfers» suchen
GE
See aufräumen
250 Taucherinnen und Taucher haben im Herbst 2007 Teile
von Rhone und Genfersee von Unrat befreit. Sie förderten unter anderem Hunderte von Flaschen, Dutzende von Autoreifen und drei Parkbänke zu Tage, insgesamt rund zehn Tonnen
Abfall. Die «Organisation mondiale des yacht-clubs et des
ports écologiques» OMYP will mit der Aktion das Bewusstsein
für den ökologischen Wert des Sees schärfen.
Amanda Melis, OMYP, Case Postale 438, 1211 Genève 17,
Tel. 078 629 48 40, amandam@netleman.ch, www.netleman.ch
zVg
UMWELT 1/08
PRAXIS
67
Agenda
Weitere Veranstaltungshinweise finden
sich auf der Online-Agenda unter
www.umwelt-schweiz.ch/agenda.
21. bis 24. Februar
NATUR Messe und Kongress 3/08
15. März bis
Flüsse spielerisch erleben
Messe Basel, Halle 4
Eintritt CHF 14.–
Für Menschen, die das Leben geniessen
und gleichzeitig die Umwelt schonen
wollen.
(mit Gutschein aus
NATUR, Kongresszentrum Basel,
UMWELT 4/07 auf
Tel. 061 205 10 47, info@natur.ch
2. November
Centre Pro Natura
Champ-Pittet,
Yverdon-les-Bains,
Eintritt CHF 7.–/5.–
Kinder gratis
Gemeinsam mit der Forelle Faria und dem
Biber Castor können Kinder und ihre Eltern
die Geheimnisse der Flüsse und ihrer Bewohner entdecken. Die Ausstellung spricht
alle Sinne an und lässt sich mit einem Ausflug ins nahe gelegene Naturschutzgebiet
verbinden.
www.natur.ch
Centre Pro Natura Champ-Pittet,
täglich 10–18 Uhr
S. 67 CHF 8.–)
Yverdon-les-Bains, Tel. 024 426 93 41,
Bis 9. März
Naturmuseum
St.Gallen, Eintritt
CHF 10.–/6.–,
Kinder in Begleitung
Erwachsener gratis
Viehschau im Museum
Sonderausstellung zur Geschichte, Biologie
und Lebensweise der Kuh, unseres wichtigsten Nutztieres.
Naturmuseum St.Gallen, Tel. 071 242 06 70,
champ-pittet@pronatura.ch
www.pronatura.ch/champ-pittet > Ausstellungen
21. März
ganze Schweiz
info@naturmuseumsg.ch
Schatzkammer Tropen
Naturmuseum Luzern Die Ausstellung zeigt die wechselvollen
Di–So, 10–17 Uhr
Eintritt CHF 6.–/2.–
Beziehungen zwischen Europa und den Tropen und lädt ein zum Staunen.
www.silviva.ch
16. April
Tag gegen Lärm
ganze Schweiz
Thema 2008: Lärm kostet viel … was kann
ich tun …? BAFU und Bundesamt für Gesundheit BAG sind als Partner mit dabei.
Naturmuseum Luzern, Tel. 041 228 54 11,
naturmuseum@lu.ch
Infos zu Thema und Veranstaltungsorten
bei: SILVIVA, c/o WSL, Birmensdorf ZH,
Tel. 044 739 21 91, info@silviva.ch
www.naturmuseumsg.ch
Bis 27. April
Internationaler Tag des Waldes
www.laerm.ch
www.naturmuseum.ch
Bis 29. Juni
Museum.BL, Liestal,
Eintritt CHF 7.–/5.–
17. April 2008
«Grüner» Strom schafft Arbeitsplätze
Adam, Eva und Darwin –
eine Problembeziehung
Volkshaus Zürich,
Die Sonderausstellung ergründet die spannungsgeladene Beziehung zwischen Schöpfungsgeschichte und Evolutionstheorie.
Kosten CHF 350.–
Erneuerbare Energien sind gut für die Umwelt und bergen gleichzeitig ein grosses
Potenzial für die regionale Wertschöpfung.
An der Tagung berichten Regionen und
Gemeinden von ihren Erfahrungen.
Weisser Saal
(230.– für
Pusch-Mitglieder)
Museum.BL, Liestal, Tel. 061 925 50 88,
museum@bl.ch
www.bl.ch > Bildung, Kultur, Sport > Kultur, Bibliothek, Museen >
Museum.BL > Ausstellungen > Adam, Eva und Darwin
27. bis 29. Februar
Landhaus Solothurn
Kosten EUR 390.–/
450.–
Pusch, Zürich, Tel. 044 267 44 11,
mail@umweltschutz.ch
www.umweltschutz.ch
4. Mai
Stunde der Gartenvögel
Internationaler Kongress zu
Kompost und Gärgut
Gärten in der ganzen
Schweiz, Teilnahme
Wer sieht am meisten Gartenvögel? Wettbewerb von Birdlife Schweiz.
Die englischsprachige Tagung thematisiert
neueste Forschungsergebnisse zu Schwermetallen im Kompost. Das Programm des
dritten Tages ist auf Kompost-Praktikerinnen und -Praktiker ausgerichtet und wird
simultan auf Deutsch übersetzt.
gratis
Schweizer Vogelschutz SVS – Birdlife Schweiz,
www.birdlife.ch > Anlässe > Stunde der Gartenvögel
FiBL – Forschungsinstitut für biologischen Land-
Zürich
Zürich, Tel. 044 457 70 20, svs@birdlife.ch
16. bis 18. Mai
LIFEfair: neue Nachhaltigkeitsmesse
Maag EventHall,
Hier präsentieren sich Anbieter aus den
Bereichen nachhaltige Finanzprodukte,
Reisen, Fahrzeuge oder Hausbauten.
bau, Frick, Tel. 062 865 72 72, info@codis2008.ch
LIFEfair GmbH, Wädenswil, Tel. 043 466 95 48,
www.codis2008.chh
messe@lifefair.ch
www.lifefair.ch
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UMWELT 1/08
Neue
BAFU Publikationen
Schlüssel zu den bibliografischen Angaben: Titel. Seitenzahl; erhältliche Sprachen; Preis (in CHF); Bezugsquelle; Bestellnummer
für gedruckte Publikationen oder Code für das kostenlose Herunterladen der PDF-Datei.
Hier bestellen
BAFU, Verlagsauslieferung, CH-3003 Bern,
Tel. +41(0)31 322 89 99, Fax +41 (0)31 324 02 16,
docu@bafu.admin.ch,
www.umwelt-schweiz.ch/publikationen.
Bitte jeweils Bestellnummer angeben. Bei grösseren Bestellungen –
auch von Gratispublikationen – wird ein Versandkostenbeitrag erhoben. In der Mitte dieses Heftes findet sich eine Bestellkarte.
Mit dem Newsletter verpassen Sie keine
BAFU-Neuerscheinung
Auf der Website des BAFU unter www. umwelt-schweiz.ch/newsletter
können Sie einen Newsletter für alle neuen Publikationen abonnieren.
2- bis 4-mal im Monat erhalten Sie eine E-Mail mit den Angaben zu
den Neuerscheinungen und ihren Internet-Links. So können Sie die
Publikationen direkt als PDF herunterladen oder – sofern vorhanden –
als gedruckte Ausgabe bestellen. Ihre E-Mail-Adresse wird nur für
diesen Newsletter verwendet.
Für Umweltinteressierte
• Klimaänderung in der Schweiz. Indikatoren zu Ursachen, Auswirkungen, Massnahmen. 77 S.; D, F, I; CHF 20.–; UZ-0728D.
• Verwendung von Schneehärtern für Betreiber von Rennpisten
und Veranstalter von Schneesportwettkämpfen. Merkblatt;
6 S.; D, F, I, E; kostenlos; UV-0731-D.
Für Fachleute
• Rote Liste der gefährdeten Heuschrecken der Schweiz. 62 S.;
D, F, I; kostenlos; UV-0719-D.
• Hydrologisches Jahrbuch der Schweiz 2006. 554 S.; dreisprachig D/F/I; CHF 85.–; UW-0635-D.
• Vollzugshilfe Anforderung an die Fangberechtigung. Nachweis
zur Berechtigung zum Fang von Fischen und Krebsen. 9 S.;
D, F, I; keine gedruckte Ausgabe; UV-0738-D.
• GHS in der Schweiz. Volkswirtschaftliche Beurteilung der Einführung des «Globally Harmonized System of Classification
and Labelling of Chemicals» (GHS). 94 S.; D; keine gedruckte
Ausgabe; UW-0732-D.
• Landschaft unter Druck. 3. Fortschreibung. Beobachtungsperiode 1989–2003. Gemeinsame Studie der Bundesämter
für Raumentwicklung ARE und für Umwelt BAFU; 42 S.;
D, F; keine gedruckte Ausgabe; STUD-8403-D.
• Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen. Massnahmen zur Förderung. Gemeinsame Studie der Bundesämter
für Raumentwicklung ARE und für Umwelt BAFU sowie der
Fachstellen für Raumentwicklung, für Umwelt sowie für
Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau. 39 S.; D, Zusammenfassung in F, I; keine gedruckte Ausgabe; DIV-8010-D.
• UVP-Pflicht bei Änderung bestehender UVP-pflichtiger Anlagen.
Rechtsgutachten. 67 S.; D, F; keine gedruckte Ausgabe; UW0737-D.
• NABEL. Luftbelastung 2006. Messresultate des Nationalen
Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL). 139 S.; D, F;
keine gedruckte Ausgabe; UZ-0726-D.
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69
Aktiv
Hoch zu Lama
Auf dem Rücken eines Lamas erfährt Jung und Alt die Umgebung auf neue Weise. Mensch und Tier bauen während
des Ritts ein Vertrauensverhältnis auf, was Lamawanderungen
zu einem besonderen Erlebnis werden lässt. Immer mehr
Bauernbetriebe bieten solche Trekkings an – bestimmt findet
sich auch in Ihrer Nähe ein Anbieter.
Nach Anbietern suchen unter www.google.ch. Suchbegriffe «Lamatrek»
Homepage Riedweg-Rohrer, Escholzmatt
oder «Lamatrekking»
Gletschertöpfe bei Maloja
Im Pro-Natura-Schutzgebiet bei Maloja gibt es eine einmalige
Ansammlung von drei Dutzend grösseren und kleineren
Gletschertöpfen. Die ausserordentlichen Felsformationen bilden ein Geotop von nationaler Bedeutung. Zusammen mit
Hochmooren, Bergföhrenwald und Felsvegetation machen
sie einen Besuch des Schutzgebietes zum Erlebnis. Wie die
heutige Landschaft entstanden ist, erklärt eine Ausstellung
von Pro Natura im Turm Belvedere in Maloja.
www.pronatura.ch/gr > Schutzgebiete > Maloja Gletschermühlen.
Auskunft erteilt auch der Kur- und Verkehrsverein Maloja,
Tel. 081 824 31 88, info@maloja.ch, www.maloja.ch
Ch. Geiger
Wandern im Schnee
Wer auch im Winter gerne wandert und nicht so recht weiss
wo, findet unter www.tourenguide.ch über sechzig Tourenvorschläge. Dank der Gliederung nach Regionen finden
Schneehungrige mit wenigen Klicks eine Wanderung in ihrer
Nähe.
www.tourenguide.ch > Winter
AURA
zVg
Die Welt der Pilze
In Cernier NE hat kürzlich das Mycorama seine Tore geöffnet.
Besuchende tauchen ein in das faszinierende Reich der Pilze.
Eine Dauerausstellung und regelmässig wechselnde Temporärausstellungen widmen sich dieser vielfältigen Welt auf drei
Etagen.
Mycorama, Passage des Cèpes 3, 2053 Cernier, Tel. 032 889 36 29,
info@mycorama.ch, www.mycorama.ch
70
UMWELT 1/08 AKTIV
Impressum 1/08, Februar 2008
UMWELT-Tipps
Das Magazin UMWELT des BAFU erscheint
viermal jährlich und kann kostenlos abonniert
werden; ISSN 1424-7186.
Herausgeber: Bundesamt für Umwelt BAFU
Das BAFU ist ein Amt des Eidg. Departements für
Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK.
Projektoberleitung: Bruno Oberle, Thomas Göttin
Konzept, Redaktion, Produktion:
Georg Ledergerber (Gesamtleitung), Flavia Castelberg
(Stellvertreterin); Daniel Zürcher und Beat Jordi (Koordination Dossier Umwelttechnologieförderung), Hansjakob
Baumgartner, Cornélia Mühlberger de Preux
Externe journalistische Mitarbeit:
Martin Arnold, Charles Cahans, Esther Delli Santi,
Urs Fitze, Stefan Hartmann, Kaspar Meuli, Beatrix Mühlethaler, Pieter Poldervaart, Lucienne Rey; Jan Schudel und
Urs Draeger (Rubriken); Jacqueline Dougoud (Lektorat,
Korrektorat, Übersetzungen)
Visuelle Umsetzung:
Atelier Ruth Schürmann, Luzern
Redaktionsschluss: 10. Dezember 2007
Redaktionsadresse: BAFU, Kommunikation,
Redaktion UMWELT, CH-3003 Bern,
Tel. 031 322 93 56, Fax 031 322 70 54,
georg.ledergerber@bafu.admin.ch
Sprachen: Deutsch, Französisch;
Italienisch ausschliesslich im Internet
Internet: Der Inhalt des Magazins
(ohne Rubriken) ist abrufbar unter
www.umwelt-schweiz.ch/magazin.
Gratisabonnemente, Adressänderungen
und Nachbestellung einzelner Nummern:
UMWELT, Postfach, CH-4501 Solothurn,
Tel. 031 324 77 00, Fax 032 624 75 08,
umweltabo@bafu.admin.ch
Papier: Cyclus Print, 100% Altpapier aus
sortierten Druckerei- und Büroabfällen
Auflage dieser Nummer:
44 000 Expl. UMWELT,
16 000 Expl. ENVIRONNEMENT
Internet verschlingt Strom
Laut der amerikanischen Umweltbehörde EPA braucht jede Suchabfrage bei Google
gleich viel Strom wie eine Sparlampe während einer Stunde. Das Internet als Ganzes
belaste das Klima so stark wie der internationale Flugverkehr, denn hinter der virtuellen Welt verbergen sich riesige Serverzentren, im Falle von Google oder Ebay mit
mehreren Hunderttausend Rechnern. Viel Strom sparen kann deshalb, wer das Internet bewusster nutzt. Für Telefonnummern gibt es zum Beispiel nach wie vor Telefonbücher, für Vokabeln Wörterbücher und für Wissenswertes Lexika.
www.energystar.gov > Partner Resources > Specifications in Development > Enterprise Server and
Data Center Energy Efficiency Initiatives
Heisse Mode
Was tun, wenn einen im Büro fröstelt? Job wechseln, Liegestützen machen oder Heizung aufdrehen? Ersteres ist sinnlos, Zweiteres mühsam und Letzteres teuer. Bleibt:
Pulswärmer überziehen. Das kostet wenig und sieht gut aus. Und wenn das nicht
reicht, helfen Pulli, lange Unterwäsche und eine Thermoskanne Tee weiter.
Pulswärmer gibt es in vielen Geschäften zu kaufen. Am günstigsten ist selber stricken.
Zweites Leben für Handys
Wohin mit ausgedienten Handys? Am besten beim nächsten Swisscom Shop abgeben. Im Rahmen des Projekts Solidarcomm leitet die Swisscom gebrauchte Geräte
an Réalise weiter, eine Wiedereingliederungsstätte für benachteiligte Menschen.
Dort werden sie geflickt und danach über lokale Zwischenhändler in Ländern des
früheren Ostblocks und Afrika weiterverkauft. Weiterer Projektpartner ist die Hilfsorganisation Terre des Hommes. Sie erhält für jedes abgegebene Handy fünf Franken.
www.solidarcomm.ch
Öko-Baustoff Lehm
Lehm verwendeten schon die Pfahlbauer als Baustoff. Heute entdecken viele Ingenieure und Architektinnen das Naturprodukt neu. Lehm ist leicht zu verarbeiten und
kann beliebig wiederverwendet werden. Er ist ungiftig und hautfreundlich. Moderne Lehmbauer setzen den natürlichen Werkstoff vielfältig ein: als Verputz, für Trennwände und, angereichert mit Strohhäcksel, sogar als Wärmedämmschicht.
Weitere Infos: www.iglehm.ch. Buchtipp: Klaus Schillberg, Heinz Knieriemen, Bauen und sanieren mit
Lehm, AT-Verlag 2000.
Druck und Versand:
Vogt-Schild Druck AG, 4552 Derendingen SO
Copyright: Nachdruck der Texte und Grafiken
erwünscht mit Quellenangabe und Belegexemplar
an die Redaktion.
Hinweis
Das Magazin UMWELT versteht sich als
Diskussionsforum für Umwelt und Natur.
Es kommen deshalb auch Meinungen
zu Wort, die nicht in jedem Fall der Haltung
des BAFU entsprechen.
Das nächste Heft 2/2008 erscheint Ende Mai mit dem Dossier
Landwirtschaft und Umwelt
WTO-Abkommen, Agrargüterfreihandel mit der EU, Agrarpolitik 2011, Produktpreise, Agrotreibstoffe – die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft
ändern sich laufend. Was braucht es, dass die Schweizer Bäuerinnen und
Bauern auch in Zukunft nachhaltig Nahrungsmittel produzieren und zugleich
ihren Verfassungsauftrag zur Pflege der Landschaft und zur Erhaltung der Biodiversität erfüllen können?
UMWELT 1/08
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Tel. 031 322 93 56 oder info@bafu.admin.ch