Technik im Dienst der Umwelt
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Technik im Dienst der Umwelt
Technik im Dienst der Umwelt UMWELT 1/2008 Inhalt EDITORIAL 4 Wirtschaftswachstum mit Zukunft Spots 6 – 48 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 6 Die Umwelttechnik gehört zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaftssektoren. Allein im Bereich der erneuerbaren Energien schafft sie weltweit Hunderttausende von neuen Arbeitsplätzen pro Jahr. Stark gestiegene Preise für Erdölprodukte und eine Vielzahl von Rohstoffen haben die Nachfrage nach energieeffizienten und ressourcensparenden Verfahren, Gütern und Dienstleistungen in der jüngeren Vergangenheit deutlich belebt. Angesichts des global weiterhin wachsenden Energie- und Ressourcenbedarfs dürfte dieser Trend auch in Zukunft anhalten. Wirtschaft und Gesellschaft haben keine andere Wahl, denn der Klimawandel – ebenso wie die in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ungelöste Armutskrise – erfordern zwingend eine industrielle Effizienzrevolution. Der Menschheit muss es gelingen, Prosperität und wirtschaftliches Wachstum vom Verbrauch an endlichen Ressourcen zu entkoppeln, so dass sich die künftigen Bedürfnisse mit einem Bruchteil der heute eingesetzten Rohstoffe befriedigen lassen. Auf diesem Weg spielt die technologische Innovation eine Schlüsselrolle. Als Industriestandort mit einer jahrzehntelangen Erfahrung im Bereich der Umwelttechnik ist die Schweiz gut aufgestellt, um in diesem Wachstumsmarkt auf der Seite der Gewinner zu stehen. Dazu gibt das BAFU mit seiner Umwelttechnologieförderung seit zehn Jahren wichtige Impulse. Ziel dieses Instrumentes ist es, dass innovative Forschungsergebnisse und herausragende Ingenieurleistungen im Interesse der Umweltqualität möglichst rasch in praxisreife Verfahren, Güter und Dienstleistungen münden. Wo deren Markteinführung gelingt, dürfen wir gleich mit einer dreifachen Dividende rechnen – nämlich auf ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene. So entlasten diese Technologien die Umwelt, stärken die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und schaffen nachhaltige Arbeitsplätze mit hohem Zukunftspotenzial. Bruno Oberle Direktor BAFU 2 UMWELT 1/08 Impulse für den Umweltschutz Mit seiner Umwelttechnologieförderung unterstützt der Bund seit zehn Jahren innovative Projekte zur Schonung der Umwelt. Ziel sind neue Verfahren, Produkte und Dienstleistungen, die weniger Ressourcen benötigen. 11 Gefragtes Know-how Die Schweizer Umwelttechnikbranche ist bekannt für die hohe Qualität ihrer Ingenieurleistungen. Aufgrund ihres Know-hows sind vor allem KMUBetriebe beliebte Übernahmekandidaten. 15 Handel und Umwelt im Clinch Die rasche Markteinführung von umweltfreundlichen Technologien scheitert zum Teil an den internationalen Handelsregeln der WTO. Ökologische Anforderungen an Produkte werden oft als Handelsbarrieren kritisiert. 17 Verbesserte Ökoeffizienz Mit Hilfe des BAFU nehmen Fachleute Dutzende von Schweizer Firmen unter die Lupe, um deren Ökoeffizienz zu optimieren. BAFU/AURA 21 Innovative Messtechnik Mit einem hoch empfindlichen Messgerät zur Erfassung von Feinpartikeln gelang der Schweiz ein technischer Durchbruch. Solche Instrumente ermöglichen den Behörden eine Optimierung von Umweltschutzmassnahmen. 24 Wirksame Abgasreinigung 47 ARAMIS schafft Transparenz Die im Internet zugängliche Forschungsdatenbank des Bundes gibt Auskunft über sämtliche Projekte der Umwelttechnologieförderung. Neu entwickelte Filtersysteme zur Abgasreinigung bei Verbrennungsmotoren reduzieren deren Ausstoss an gesundheitsschädigenden Luftschadstoffen auf einen Bruchteil. 48 29 Effiziente Wasseraufbereitung Wasser wird weltweit knapp. Verschiedene Verfahren – wie die Membrantechnologie – erlauben eine schonende Aufbereitung und Nutzung dieser lebenswichtigen Ressource. Umwelttechnologieförderung ONLINE 49 – 62 EINZELTHEMEN 49 Aktionstag «Wahre Werte» Der Aktionstag vom 16. und 17. Mai 2008 will die breite Bevölkerung für die umweltgerechte Entsorgung von Abfällen sensibilisieren. 50 Umweltforschung für die Praxis Das neue Forschungskonzept Umwelt für die Vierjahresperiode bis 2011 soll verstärkt zu einer wirksamen Umweltpolitik beitragen. 54 Mit Treibhausgasen handeln Seit Jahresbeginn verfügt die Schweiz über ein System für den elektronischen Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase. 56 Die Qual der Wahl UMWELT stellt das vielfältige Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten im Umweltbereich vor. 60 Einsatz für globale Umweltziele Um das Umweltsystem der UNO zu stärken, soll auf Initiative der Schweiz eine verbindliche Liste mit globalen Umweltzielen entstehen. 63 64 68 69 70 71 Urteil / Internationales BAFU/AURA 32 Metallgewinnung aus Kehricht Die Verbrennungsrückstände aus Kehrichtverbrennungsanlagen enthalten tonnenweise Metalle. Deren Rückgewinnung schont nichterneuerbare Ressourcen und entlastet die Umwelt. 36 Weniger Bahnlärm Lärmende Güterzüge schrecken Tausende von Anwohnern aus dem Schlaf. Nun verspricht ein leichtes und lärmarmes Drehgestell für Güterwagen Abhilfe. 40 Gras spart Heizenergie Gras ist mehr als Tierfutter. Mit einem neuen Verfahren lassen sich aus dem nachwachsenden Rohstoff auch Energie und Baumaterialien wie Wärmedämmplatten gewinnen. 44 Klimaschutz im Ausland Mit dem Projekt REPIC unterstützt der Bund den Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungs- und Schwellenländern. Am Technologietransfer für den Klimaschutz ist auch das BAFU beteiligt. Praxis: Interessantes aus den Kantonen Agenda Neue BAFU-Publikationen Aktiv UMWELT-Tipps und Impressum Titelblatt: Baumaterial aus nachwachsenden Rohstoffen: In Orbe VD entstehen aus getrocknetem Gras Wärmedämmplatten zur Gebäudeisolation (siehe S. 40–43). Foto: BAFU/AURA E. Ammon UMWELT 1/08 3 Viele Pilzarten auf Roter Liste Pilze müssen in der Schweiz dringend besser geschützt werden. Dies zeigt die neue Rote Liste, die das BAFU kürzlich in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL veröffentlicht hat. Von den rund 3000 Pilzarten, die beurteilt wurden, sind über ein Drittel mehr oder weniger akut gefährdet. Um diese Pilzarten zu bewahren, empfehlen die Fachleute einen schonenden Umgang mit dem Waldboden, weniger Luftverschmutzung sowie die Erhaltung der wichtigsten Pilz-Lebensräume wie Moore und Magerwiesen. Stephan Lussi, Sektion Arten und Biotope, BAFU, 3003 Bern, Tel. 031 324 49 94, stephan.lussi@bafu.admin.ch, www.umwelt-schweiz.ch > Pflanzen & Tiere > Rote Listen > Pilze zVg Mehr wissen über Wasser Die Fingerhutverpel ist nicht giftig. In der Schweiz ist sie seit August 2000 In Zürich lernen Schülerinnen und Schüler, wie der regionale Wasserkreislauf funktioniert und was sie zum Schutz der Ressource Wasser beitragen können. Viert- und Siebtklässler können am Wasserunterricht der Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz Pusch teilnehmen, die diesen im Auftrag der städtischen Werke anbietet. Über fünfzig Klassen haben sich bereits kreativ und erlebnisorientiert mit dem nassen Element auseinandergesetzt. In Zusammenarbeit mit der lokalen Wasserwirtschaft will Pusch die Faszination des Wassers künftig auch Schulklassen in anderen Kantonen näherbringen. geschützt und darf nur mit Bewilligung gesammelt werden. Nadine Ramer, Projektleiterin, Pusch, Postfach 211, G. Martinelli 8024 Zürich, Tel. 044 267 44 11, nr@umweltschutz.ch, www.umweltschutz.ch Klimawandel wirkt sich auf den Alltag aus KVA haben genügend Kapazität Gemäss einem Bericht des BAFU wirkt sich der Klimawandel nicht nur bei Extremereignissen auf das Leben in der Schweiz aus. Zum Beispiel sehen sich inzwischen viele Skistationen gezwungen, ihre Pisten zu beschneien, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, und im Mittelland benötigen Bauern wegen Trockenheitsperioden zusätzliche Bewässerungsanlagen. Ausserdem zeigt der Bericht, wie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf die neuen Herausforderungen reagieren und wie der hiesige Treibhausgas-Ausstoss weiter gesenkt werden könnte. Sektion Klima, BAFU, 3003 Bern, Tel. 031 324 42 80, Aus Sicht des BAFU gibt es für die Schweizer Kehrichtverbrennungsanlagen KVA keinen Grund, ihre Verbrennungskapazitäten mit Blick auf mögliche Importe auszubauen. Mit den 29 KVA, die heute in Betrieb stehen, verfügt die Schweiz über eine hinreichende Entsorgungsinfrastruktur. Die KVA im Kanton Tessin, die in etwa zwei Jahren den Betrieb aufnehmen wird, vervollständigt die gute regionale Verteilung und vermeidet den Transport von rund 130 000 Jahrestonnen Abfall durch das Nadelöhr Gotthard. Die Kapazität aller Schweizer KVA weist zurzeit eine Reserve von rund 10 Prozent auf. Diese wurden von Bund und Kantonen bewusst geplant, um saisonale Schwankungen auszugleichen, den Mehrabfall infolge Wirtschafts- oder Bevölkerungswachstum bewältigen zu können oder für den Fall, dass eine Anlage vorübergehend ausfällt. Der Bund hat seine Subventionspraxis an diesen Berechnungen ausgerichtet und keine kostspieligen Überkapazitäten finanziert. markus.nauser@bafu.admin.ch Mehr zum Thema Abfallwirtschaft unter: www.umwelt-schweiz.ch/abfall Klimaänderung in der Schweiz. Indikatoren zu Ursachen, Auswirkungen, Massnahmen. 2007. Bestellung unter: www.umwelt-schweiz.ch > Dokumentation > Publikationen > Klima & CO2. Weitere Informationen: Markus Nauser, 4 UMWELT 1/08 SPOTS SPOTS Neues Zentrum für Ökotoxikologie Bildband: Naturboom auf Firmengeländen Schweizer Unternehmen investieren in die Natur vor ihren Firmentoren. Dank der vom BAFU und von Verbänden der Kies- und der Gasindustrie unterstützten Stiftung Natur & Wirtschaft werden 5000 Quadratmeter Natur pro Tag geschaffen; in Form von Teichen, Hecken, Kiesbänken und Blumenwiesen auf Firmenarealen. Der neu erschienene Bildband «Natur & Wirtschaft» dokumentiert mit eindrücklichen Fotos, wie sich Ökonomie und Ökologie verbinden lassen. Beispiele wie der Umbau des Zürcher Hauptbahnhofes zeigen, dass der ökologische Wert eines Areals nach einem Bau höher sein kann als vorher. Reto Locher (Hrsg.), Natur & Wirtschaft, Luzern, 2007. Bestellung und weitere Informationen bei: Reto Locher, Eawag Nach wie vor gelangen viele Chemikalien in die Umwelt. Ob sie Menschen und anderen Lebewesen schaden, ist kaum bekannt. National- und Ständerat haben deshalb Gelder bewilligt für den Aufbau eines Zentrums für angewandte Ökotoxikologie. Die Früherkennung von Risiken, die Weiterbildung von Fachleuten sowie die Beratung von Behörden und Privaten zählen zu seinen Aufgaben. Das Zentrum ist dem eidgenössischen Wasserforschungs-Institut Eawag angegliedert und arbeitet eng mit der ETH Lausanne zusammen. Stiftung Natur & Wirtschaft, Sälihalde 21, 6005 Luzern, Tel. 041 249 40 00, naturpark@naturundwirtschaft.ch, www.naturundwirtschaft.ch Prof. Dr. Rik Eggen, stv. Direktor Eawag, Überlandstrasse 133, 8600 Dübendorf, Tel. 044 823 53 20, rik.eggen@eawag.ch, www.eawag.ch > Medien / Newsarchiv Zoologischer Zentralanzeiger Einheimische Krebsarten retten Aus Amerika stammende Signalkrebse und Rote Sumpfkrebse sind Träger einer Pilzkrankheit, an der einheimische Arten sterben. Im Rahmen des «Nationalen AktionsRoter Sumpfkrebs plans Flusskrebse» des BAFU testete der Kanton Aargau neue Methoden, wie die eingewanderten Krebsarten eliminiert werden können. In einem Pilotprojekt wurden die Eindringlinge getötet, indem Jauche in einen eingedolten Bachabschnitt eingeleitet und anschliessend wieder ausgepumpt wurde. Wenig Wirkung zeigten dagegen in einem anderen Bach angewendete Elektroschocks. Natur & Wirtschaft Nachhaltigkeit von Projekten überprüfen Der neue Leitfaden des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE hilft Kantonen und Gemeinden zu beurteilen, ob ihre Projekte wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig sind. Bezug der elektronischen Fassung unter: www.are.admin.ch > Dokumentation > Publikationen, der gedruckten Fassung bei: BBL, Vertrieb Bundespublikationen, 3003 Bern, www.bundespublikationen.admin.ch, Bestellnummer: 812.070.d. Daniel Hefti, Abteilung Artenmanagement, BAFU, 3003 Bern, Weitere Informationen: Tel. 031 322 92 42, daniel.hefti@bafu.admin.ch, www.ag.ch > Anne DuPasquier, Stv. Leiterin Nachhaltige Entwicklung, Medienmitteilungen > nach Departementen > Departement Bau, Bundesamt für Raumentwicklung ARE, 3003 Bern, Tel. 031 325 06 25, Verkehr, Umwelt > Teilerfolg gegen Eindringlinge anne.dupasquier@are.admin.ch UMWELT 1/08 SPOTS 5 Keystone/Mo Weinong 10 JAHRE UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Impulse für den Wachstumsmarkt von morgen Um die künftigen Bedürfnisse der Menschheit nachhaltig zu befriedigen, braucht es eine Effizienzrevolution. Den Schlüssel dazu liefern innovative Werkstoffe, Herstellungsverfahren, Güter und Dienstleistungen, die weniger endliche Ressourcen erfordern. Die Schweizer Wirtschaft soll in diesem Wachstumsmarkt eine möglichst starke Stellung einnehmen. Dabei wird sie von der Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstützt. Chinas Wirtschaft boomt und glänzt seit Jahren mit Wachstumsraten um 10 Prozent. Doch der rasche Aufstieg zur Exportweltmacht ist teuer erkauft, denn er beschert der globalen Fabrik nicht nur sprudelnde Deviseneinnahmen, sondern auch tote Flüsse, verseuchtes Trinkwasser, verpestete Luft, vergiftete Böden, belastete Nahrungsmittel und kranke Menschen. Selbst- 6 kritisch beziffert die chinesische Umweltbehörde die jährlichen Kosten der Umweltschäden auf 10 Prozent des Bruttosozialprodukts, was in etwa dem Wirtschaftswachstum entspricht. Es wäre also ein Nullsummenspiel, würde die Zerstörung der natürlichen Ressourcen nicht zuletzt auch auf Kosten kommender Generationen gehen, deren Entwicklungschancen dadurch be- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG hindert werden. Kurzfristig betrachtet mag die schnelle, aber nicht nachhaltige Wirtschaftblüte zwar ein Gewinn sein, doch die Zeche dafür werden andere bezahlen. Bedürfnisse umweltgerecht befriedigen Für den deutschen Umweltminister Sigmar Gabriel ist dies alles andere als ein erfolgreiches Zukunftsmodell. Dass Boomender Warenverkehr im Containerhafen von Hongkong. Um das Wirtschaftswachstum umweltverträglicher zu gestalten, braucht es weltweit effizientere Technologien. Flankierende Massnahmen Fördergelder nach Umweltbereichen Lärmbekämpfung 16% Beratung und Support 21% Luftreinhaltung 19% Klima, Energie 6% Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Umweltbranche 36% multidisziplinär 14% Verbesserung der Ökoeffizienz der Schweizer Wirtschaft 19% Gewässerschutz 14% Abfall, Recycling 18% Boden, Altlasten 6% Mitarbeit in internationalen Netzwerken 24% BAFU Kriterien für Förderprojekte Das BAFU kann die Entwicklung von Anlagen und Verfahren unterstützen, welche die Umwelt im öffentlichen Interesse entlasten. Nach Eingabe eines schriftlichen Gesuchs von Firmen, Forschungsinstitutionen oder Projektgruppen prüft das Amt die ökologischen Vorteile, die wirtschaftliche und technische Machbarkeit sowie den innovativen Charakter eines Vorhabens. Untersucht werden unter anderem das Potenzial zur Reduktion von bestehenden Umweltbelastungen, die Relevanz dieser Beeinträchtigungen aus Sicht der Schweizer Umweltpolitik sowie allfällige Vorteile gegenüber konkurrierenden Verfahren. Der Bund kann Förderbeiträge von maximal 50 Prozent der gesamten Projektkosten leisten. Diese sind bei einer erfolgreichen kommerziellen Verwertung der Resultate zurückzuzahlen. Um falsche Vorstellungen, Formfehler und Enttäuschungen zu vermeiden, empfiehlt sich vor der Gesuchseingabe ein Kontakt mit dem Chef der BAFU-Sektion Innovation (siehe S. 10). www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung > Vergabe der Fördermittel > Beitragsgesuch BAFU In der Periode von 2002 bis 2006 hat die Umwelttechnologieförderung des Bundes 90 Projekte für Pilot- und Demonstrationsanlagen mit einem Gesamtbetrag von nahezu 12,2 Millionen Franken unterstützt. Von 2002 bis 2006 hat der Bund gut 20 Prozent der Fördergelder für flankierende Massnahmen eingesetzt. weiterhin zwei Drittel der Menschheit in Armut leben, kann freilich auch keine Perspektive sein. «Es gibt keinen Grund, den künftigen Generationen wie auch einer wachsenden Weltbevölkerung das Recht auf soziale Entwicklung und Wohlstand abzusprechen, das wir so selbstverständlich für uns in Anspruch nehmen», sagt er. «Deswegen kann es nicht darum gehen, Bedürfnisse zu unterdrücken, sondern sie umweltverträglich zu befriedigen.» Statt Märkte und ihr Wachstum zu behindern, gelte es, diese ökologisch und nachhaltig zu gestalten. Dazu braucht es zwingend eine Effizienzrevolution, die den Verbrauch an endlichen und erneuerbaren Ressourcen vom Wachstum abkoppelt. «Neue Werkstoffe, bessere Technologien, optimierte Produktionsverfahren und intelligente Produkte werden dazu beitragen müssen, globale Umweltprobleme zu lösen und die Folgen des Klimawandels zu begrenzen», erklärt Sigmar Gabriel. Der Bedarf an ökologischen Innovationen – die zu- dem zum sozialen Frieden beitragen können, indem sie Ressourcenkonflikte wie den Kampf um Erdöl oder Wasser entschärfen – ist also immens. Enorme Wachstumschancen Bereits heute zählt der globale Markt für Umwelttechnologien zu den am schnellsten wachsenden Wirtschaftsbereichen. Im Jahr 2005 belief sich das weltweite Total der Umweltinvestitionen auf 1000 Milliarden Euro, was dem zweifachen Wert des Weltmarkts für Pharmaprodukte entspricht. Fachleute beziffern die jährliche Wachstumsrate des Umweltsektors bis 2010 auf knapp 6 Prozent. Gemäss Schätzungen des Wirtschafts- und Beratungsinstituts Prognos wird allein das Segment der erneuerbaren Energien in den EU-Staaten bis zu diesem Zeitpunkt rund 1 Million neue Arbeitsplätze schaffen, während etwa im Transportbereich mit einem Rückgang um 170 000 Stellen gerechnet wird. «Ein Hauptgrund für den Boom des Umwelttechnologiesektors UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 7 Keystone/AP, Jörg Sarbach Sauberer Strom aus erneuerbarer Quelle: Generator einer Windenergieanlage des grössten deutschen Herstellers Enercon in Ostfriesland. Ein Beitrag zur Lebensqualität sind die in den letzten Jahren stark gestiegenen Kosten für Erdöl und weitere Basisrohstoffe», erklärt Arthur Mohr, Chef der Abteilung Klima, Ökonomie, Umweltbeobachtung beim BAFU. «Investitionen in erneuerbare Energien sowie in ressourcensparende Produkte und Verfahren zahlen sich nun auch ökonomisch rascher aus.» Auftrieb gibt zudem das wachsende Bewusstsein für die wirtschaftlichen Risiken des vom Menschen beschleunigten Treibhauseffekts. Mit der Ausweitung der Herstellung von umweltschonenden Produkten sinken auch ihre Stückkosten, was sie für den Massenmarkt zunehmend interessanter macht. Innovationen den Weg ebnen Der Markt für innovative Umwelttechnologien wird heute stark von Staaten dominiert, welche die Entwicklung von energieeffizienten und umweltverträglicheren Gütern und Dienstleistungen lange vor der Preissteigerung bei wichtigen Rohstoffen gefördert haben. Sie tun 8 dies durch strenge Umweltstandards, die Durchsetzung des Verursacherprinzips, Lenkungsabgaben, weitere finanzielle Anreize und eine gezielte ökologische Industriepolitik. Zu diesen Staaten gehören neben Japan insbesondere skandinavische Länder und Deutschland. Sigmar Gabriel sieht den Staat denn auch in der Rolle eines Vorreiters, der mit seiner Umweltpolitik Technologiesprünge antreibt, die Struktur der Wirtschaft auf knapper werdende Ressourcen einstellt, strategische Zukunftsindustrien stärkt und die Unternehmen damit optimal auf die globalen Märkte von morgen vorbereitet. Der durchschlagende Erfolg der deutschen Windkraft- und Solarkonzerne – wie etwa SolarWorld – auf den Weltmärkten scheint ihm Recht zu geben. Zukunftsträchtige Arbeitsplätze Tatsächlich bietet die Umweltbranche auch in der Schweiz schon heute eine Vielzahl von zukunftsweisenden Arbeitsplätzen. Eine Studie des Bundesamtes für Umwelt aus dem Jahr 2005 beziffert UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG «Innovative Umwelttechnologien tragen unmittelbar zur Verbesserung der Lebensqualität bei», stellt BAFUDirektor Bruno Oberle fest. «Indem sie Ökosysteme und natürliche Ressourcen wie Wasser, Luft und Böden entlasten, schützen sie auch die Lebensgrundlagen des Menschen vor schädlichen Einwirkungen.» Unserer Gesundheit komme dies in Form von besserer Luft, weniger belasteten Nahrungsmitteln, sauberen Gewässern und geringeren Lärmimmissionen zugute. «Zudem reduzieren energieeffiziente und ressourcenschonende Verfahren und Produkte den Ausstoss von Treibhausgasen und dämpfen damit die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung», sagt Bruno Oberle. «Auf globaler Ebene kann der Ersatz oder die sparsamere Verwendung von knappen Rohstoffen und Energieträgern wie Erdöl künftig überdies einen wichtigen Beitrag zur Entschärfung der heute noch zunehmenden Ressourcen- und Umweltkonflikte leisten.» Keystone Keystone/Alessandro della Valle Kontrolle von automatisch gefertigten Solar- Montage einer hochpräzisen Spezialsägemaschine beim Schweizer Hersteller Meyer zellen in einer Tochterfirma des deutschen Burger in Thun. Das Hightech-Unternehmen profitiert vom weltweiten Boom der Marktführers Solarworld. Solarindustrie, die zur Herstellung von Solarmodulen möglichst dünn geschnittene Scheiben aus Silizium benötigt. Pro Jahr stehen dem BAFU dafür 4 Millionen Franken zur Verfügung. Der Schwerpunkt der Unterstützung liegt auf der konkreten Erprobung von neuen Technologien in Pilot- und Demonstrationsanlagen. Zu diesem Zweck arbeitet das Amt eng mit Fachleuten der Förderagentur für Innovation KTI beim Bundesamt für Berufsbildung und Technologie zusammen. Sie bringen vor allem ihre breite Erfahrung bei der Planung komplexer Projekte und ihr Know-how bezüglich der Marktorientierung von neuen Produkten ein. Laut Arthur Mohr «besteht das gemeinsame Ziel darin, Forschungsergebnisse aus dem Labor möglichst rasch in die reale Welt der industriellen Produktion zu bringen. Dafür eignen sich Pilotanlagen, Prototypen und Kleinserien, die von Anwedern getestet werden können.» Fortsetzung Seite 10 50 Die Zahl der vom Bund geförderten Umwelttechno- 40 logieprojekte hat in den letzten Jahren laufend zugenommen. Anzahl Verträge allein den Umsatz der hiesigen Firmen mit Umweltgütern auf 8,1 Milliarden Franken, was hierzulande über 73 000 Vollzeitstellen sichert. Dies entspricht gut 2 Prozent der Gesamtbeschäftigung. Zudem dürften Milliardenkonzerne mit einem starken Schweizer Standbein – wie ABB, Geberit, OC Oerlikon oder Stadler Rail – in den kommenden Jahren weiter von der boomenden Nachfrage nach energieeffizienten und ressourcenschonenden Produkten auf den Weltmärkten profitieren. Dies gilt auch für kleinere Firmen mit einem raschen Exportwachstum wie Schulthess Group oder Meyer Burger. Mit der seit 1997 bestehenden Umwelttechnologieförderung will der Bund die Entwicklung umweltschonender Verfahren und Produkte gezielt stärken. «Interessante Neuentwicklungen, die entscheidend zur Entlastung der Umwelt beitragen können, sollen damit schneller die Schwellen der praktischen Umsetzung und erfolgreichen Vermarktung überwinden», erklärt Arthur Mohr. 30 20 10 0 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 2005 2006 9 Neben optimierten Technologien können auch soziale Innovationen im Dienstleistungsbereich wie das Carsharing die Umwelt entlasten. Der Schweizer Marktführer Mobility bietet seinen Mitgliedern an über 1000 Standorten im Land 3000 moderne Mietwagen an – als ökologische und wirtschaftliche Alternative zum Privatbesitz eines Autos. AURA, E. Ammon Mehr als 200 unterstützte Projekte Seit ihrem Bestehen hat die vom BAFU betreute Umwelttechnologieförderung des Bundes über 200 Vorhaben unterstützt. Allein in der Ende 2006 abgeschlossenen, zweiten Fünfjahresperiode kamen Fördergelder von rund 15,5 Millionen Franken nahezu 150 Projekten zugute. Die Bereiche Gewässerschutz, Luftreinhaltung, Abfallbewirtschaftung und Lärmbekämpfung waren dabei am stärksten vertreten. Bewährt hat sich die produktive Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. «Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsinstitutionen, Unternehmen und der Bund arbeiten erfolgreich zusammen und stärken damit die Innovationskraft des Denk- und Werkplatzes Schweiz», sagt Arthur Mohr. In etlichen Fällen mündeten Forschungsergebnisse in anwendungsreife Verfahren und Produkte. Dies hat zum Beispiel zur Folge, dass Nutzfahrzeuge weniger gesundheitsschädigende Schadstoffe ausstossen. Verschmutztes Wasser lässt sich effizienter aufbereiten, und in Kehrichtverbrennungsanlagen 10 können die Betreiber aus Aschen und Schlacken Tonnen von Metallen zurückgewinnen. Flankierende Massnahmen zur Markteinführung Während 80 Prozent der Fördergelder für die Entwicklung und Realisierung technischer Projekte reserviert sind, dienen die restlichen 20 Prozent den flankierenden Massnahmen zu deren Markteinführung (siehe Grafik S. 7). «Diese Mittel sollen den technischen Innovationen zur erfolgreichen Verbreitung im In- und Ausland verhelfen», erläutert Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU. Darunter fallen zum Beispiel Gemeinschaftsauftritte an ausländischen Messen oder Umweltmarktanalysen in Ländern, wo bezüglich des Einsatzes von Umwelttechnologien ein grosses Potenzial vermutet wird. Alle Informationen und Angebote zu den flankierenden Massnahmen sind auf der Internetseite www.eco-net.ch verfügbar. Gut 20 Jahre nach Inkraftsetzung des ersten Umweltschutzgesetzes auf UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Bundesebene sind die grossen Infrastrukturwerke im Bereich des technischen Umweltschutzes – wie etwa Abwasserreinigungsanlagen, Kehrichtverbrennungsanlagen oder Sortierwerke im Inland – weitgehend realisiert oder bereits erneuert. «Längerfristig kann ein weiteres Wachstum der Schweizer Umweltbranche folglich nur über eine stärkere geografische Expansion erfolgen», stellt Daniel Zürcher fest. Beat Jordi LINKS www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung www.bbt.admin.ch/kti www.eco-net.ch www.bmu.de > Suche > Innovationskonferenz INFOS Daniel Zürcher Chef der Sektion Innovation BAFU Tel. 031 322 93 51 daniel.zuercher@bafu.admin.ch DURCHZOGENE ERFOLGSBILANZ Gefragtes Know-how aus der Schweiz Die Schweizer Umwelttechnikbranche verdankt ihren guten Ruf einer Vielzahl von Innovationen und der unbestrittenen Qualität ihrer Ingenieurleistungen. Je nach Produkt ist der Heimmarkt allerdings beschränkt, und eine Expansion ins Ausland konfrontiert vor allem KMU-Betriebe oft mit beträchtlichen Risiken. Aufgrund ihres Know-hows sind sie für ausländische Konzerne beliebte Übernahmeziele. Mit innovativen Abgasreinigungssystemen für stationäre und mobile Verbrennungsmotoren erobert die rasch wachsende Schweizer Firma Hug Engineering in Elsau ZH bei Winterthur die Weltmärkte. Sie rüstet unter anderem Hochseeschiffe, Lokomotiven, Gaskraftwerke, Dieselgeneratoren oder Treibhäuser mit selber gefertigten Partikelfiltern und Katalysatoren aus. Damit erspart sie der Umgebungsluft Unmengen an gesundheitsschädigenden Russ-, Stickoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen. Im Ausland durchgesetzt haben sich auch die wassersparenden und res- sourcenschonenden Sanitäranlagen des in Rapperswil-Jona SG beheimateten Herstellers Geberit. Das Unternehmen beschäftigt inzwischen 5400 Personen und erzielt mit seinen Produkten einen Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden Franken. Begehrtes Know-how «Schweizer Firmen verfügen über eine Vielzahl von hierzulande entwickelten Technologien und Produkten zum Schutz der Umwelt, die heute mit Erfolg weltweit zum Einsatz gelangen und damit mancherorts entscheidend zur Entlastung der Ressourcen und der Ökosysteme beitragen», stellt Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU, fest. Teilweise getrieben von staatlichen Umweltschutzvoschriften sind im Inland in den letzten Jahrzehnten zum Beispiel mehrere Verfahren zur industriellen Reinigung des Abwassers entwickelt und perfektioniert worden. Hiesige Unternehmen gehörten weltweit zu den Ersten, die moderne Verbrennungsanlagen zur Behandlung von Kehricht und Sonderabfällen erstellten oder Brenner für kleine Öl- und Gasheizungen mit stark reduziertem Stickoxid-Ausstoss zur Marktreife brachten. In den Werkhallen von Hug Engineering bei Winterthur wird für den Weltmarkt produziert. Hier entstehen effiziente Abgasreinigungsanlagen für grosse Verbrennungsmotoren. Hug Engineering UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 11 BAFU/AURA Rasche Expansion mit wassersparenden und ressourcenschonenden Sanitärprodukten: Fertigung und Testanlage bei Geberit in Rapperswil-Jona SG. Eine Serie von Übernahmen Die zukunftweisenden Umwelttechnologien aus der Schweiz haben auch das Interesse ausländischer Konzerne an diesen Pionierleistungen geweckt. So sind in der jüngeren Vergangenheit etliche Umwelttechnikfirmen im Inland von global tätigen Unternehmen übernommen worden. Die in der Wasseraufbereitung aktive WABAG etwa ist nun Teil der deutschen Siemens. Ozonia – inländische Marktführerin für Ozongeneratoren zur Behandlung von Trinkwasser und Abwasser – gehört über die Tochterfirma Degrémont der französischen Suez-Group. Von Roll Inova baut in Europa und Asien mit Erfolg modernste Kehrichtverbrennungsanlagen und ist inzwischen im Besitz der österreichischen A-TEC Industries. Hofstetter Umwelttechnik AG, führend im Bereich der Methangasabfackelung für Deponien, wird ihrerseits seit 2006 von der britischen Green Gas International kontrolliert. Die Liste liesse sich fast beliebig verlängern: Entsorgungsunter- 12 nehmen wie Valorec, Batrec, SIBAG, SM Recycling, Sovag, Amstutz und andere arbeiten heute unter dem Dach der französischen Veolia, die zudem auch in der Abwassertechnik stark engagiert ist. Gründe für die Anziehungskraft Es sind mehrere Gründe, die ausländische Konzerne für die in der Schweiz entwickelten Produkte und Dienstleistungen begeistern. «Für solche Übernahmen sprechen unter anderem die Qualität des ingenieurtechnischen Know-hows, der hohe Entwicklungsstandard sowie erprobte Verfahren und Produkte, die im kleinen Heimmarkt oft schon perfektioniert worden sind», erklärt Daniel Zürcher. Ein typisches Beispiel für diesen Trend liefern die inländischen Branchenführer im Bereich der Brennertechnik für kleine Feuerungen. Den Firmen Elco und Oertli gelang zu Beginn der 1990er-Jahre der Durchbruch bei der Konstruktion von sogenannten Low-NOx-Brennern für Öl- und UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Gasheizungen, die den Ausstoss von Stickoxiden massiv reduzierten. Gestützt auf diesen neusten Stand der Technik legte der Bund in der Luftreinhalte-Verordnung damals strenge Abgasgrenzwerte fest. Für Neuanlagen war die Ausrüstung mit Low-NOx-Brennern damit zwingend, was den Markt belebte. Doch das vermeintliche Geschäft mit dem Ersatz von Hausfeuerungen zeigte seine Tücken. Statt die hohen Entwicklungskosten rasch wieder einzuspielen, zogen die empfindlichen HightechBrenner aufgrund von technischen Kinderkrankheiten einen aussergewöhnlichen Serviceaufwand und teure Garantieleistungen nach sich. Als sie endlich einwandfrei funktionierten, standen beide Firmen finanziell geschwächt da. Modernste Brenner für den Weltmarkt Die entwickelte Technologie indes hatte den Härtetest in der Praxis erfolgreich bestanden, was die Unternehmen zu interessanten Übernahmekandidaten machte. 1996 griff der französische Traditionskonzern De Dietrich bei Oertli zu, und im Jahr 2000 erwarb die italienische MTS Group den Konkurrenten Elco. Diese global tätigen Heizsystem-Anbieter vertreiben das in der Schweiz eingekaufte Brenner-Knowhow nun weltweit. «Die globale Ausstrahlung ihrer Produkte ist ein beachtlicher Leistungsausweis für die technische Innovationskraft unserer Industrie», kommentiert Daniel Zürcher. «Im Idealfall sollten Firmen, die hierzulande Markterfolge feiern, mit ihren Produkten jedoch selber den Sprung ins Ausland schaffen und dort expandieren.» Insbesondere kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) stossen bei solchen Wachstumsplänen allerdings auf etliche Hürden. Probleme der KMU Ein gewichtiger Nachteil für die Schweizer Umwelttechnikbranche ist der eher kleine Heimmarkt, was das Wachstum der Firmen begrenzt – etwa im Vergleich mit wichtigen Konkurrenten wie Deutschland, Frankreich oder Japan. Als typische KMU verfügen die Betriebe dadurch meist nicht über grosse finanzielle Polster für eine aggressive Auslandexpansion. Überdies können sie sich kaum teure Vorfinanzierungen und Garantien leisten, zumal die Schweizer Banken mit der Vergabe von Krediten an die Industrie sehr zurückhaltend sind und Risikokapital für Umwelttechnikprojekte im Inland nur beschränkt erhältlich ist. Im Gegensatz zu grösseren Konzernen liegen bei KMU auch kaum Pannen oder Fehlinvestitionen drin. Die Rolle der Politik Eine wichtige Rolle spielt auch die staatliche Industriepolitik. «Länder wie die USA, Japan, Frankreich oder Deutschland betreiben eine gezielte Förderung von innovativen Branchen und unterstützen die Vermarktung ihrer Produkte im Ausland», stellt BAFUDirektor Bruno Oberle fest. «In der Schweiz geschieht dies weniger ausgeprägt, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass sich unser Land nie mit derart dramatischen Beschäftigungskrisen konfrontiert sah wie etwa Deutschland.» Die Regierung des nördlichen Nachbarstaates beurteilt die Umwelttechnik als eine der grössten Wachstumsbranchen und fördert den Sektor seit Jahren nach Kräften. Gemäss einer neuen Studie soll er seinen Anteil an der gesamten deutschen Industrieproduktion bis 2030 auf 16 Prozent vervierfachen. Vor allem das Segment der erneuerbaren Energien hat in den letzten Jahren stark von vielfältigen finanziellen Anreizen profitiert. Die boomende Solarindustrie ebenso wie die rasch expandierenden Hersteller von Windkraftanlagen danken es mit vollen Auftragsbüchern, Tausenden von neuen Arbeitsplätzen, sprudelnden Gewinnen und steigenden Börsenkursen. Ein Teil des Potenzials liegt brach Dank vorzüglichen Ingenieurleistungen bei der Entwicklung erneuerbarer Energien konnte in der jüngeren Vergangenheit auch die Schweiz unbestrittene Erfolge feiern. So stahl ein kleines Team der Fachhochschule Biel mit einem selber konstruierten Solarfahrzeug 1990 allen renommierten Autokonzernen die Show und entschied das mehrtägige Rennen der Solarmobile World Solar Challenge quer durch Australien für sich. Und das Institut für Mikrotechnik der Universität Neuenburg entwickelte in den 1990er-Jahren die besten Solarzellen der Welt auf der Basis von Dünnschichtsilizium, die mit Begehrtes Know-how aus der Schweiz: Die Hofstetter Umwelttechnik AG aus Hindelbank BE gilt als führender Anbieter von Hochtemperaturverbrennungen für die Abfackelung von Methangas aus Deponien – wie hier in England (links) oder in Brasilien (rechts). Seit 2006 ist die Firma in britischer Hand. Hofstetter Umwelttechnik AG UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 13 100-mal weniger Material auskommen als herkömmliche Fotovoltaik-Platten. Trotzdem räumt auf den Weltmärkten heute primär die ausländische Konkurrenz ab. David Stickelberger, Geschäftsführer des Branchenverbandes Swissolar, verweist auf den kaum existierenden Heimmarkt für Solarzellen und andere erneuerbare Energien als Folge der bisher mangelnden Einspeisevergütung im Inland. «Zudem ruhten sich die verantwortlichen Politiker zu lange auf den Lorbeeren aus und verwiesen auf die Pionierleistungen der Schweiz, statt die industrielle Umsetzung guter Ideen aktiv zu unterstützen.» Entsprechende Kritik äussert ebenfalls Andreas Schweizer, Präsident des Schweizerischen Verbandes für Umwelttechnik (SVUT): «Auch die Schweiz muss endlich ökologische Leitlinien für eine industriefreundliche Politik definieren. Es genügt nicht mehr, sich auf die Förderung von Innovationen zu beschränken und sich dann um deren Markteinführung zu foutieren.» Teure Präsenz an Fachmessen Um den Export auch für kleinere Firmen zu erleichtern, müssten diese vermehrt an internationalen Fachmessen auftreten – so etwa in Köln (Entsorga), München (IFAT), Paris (Pollutec) oder Dubai (Big-5). Viele KMU klagen jedoch, die Beteiligung an einem Schweizer Länderpavillon sei zu teuer. Sie verweisen dabei auf Regionen oder Länder wie Vorarlberg, Sachsen, Baden-Württemberg, Bayern, Spanien oder Griechenland, welche ihren Ausstellern grosszügigere Konditionen anbieten als die Schweizer Organisation für Exportförderung Osec. Mögliche Wege zum Erfolg Arthur Mohr, Chef der BAFU-Abteilung Klima, Ökonomie, Umweltbeobachtung, sieht mehrere Möglichkeiten, um die Branche wirtschaftlich zu stärken. «Neben einem Ausbau der Innovationsförderung durch den Bund und staatlichen Investitionsprogrammen im Umweltbereich – etwa zur Steigerung der Schweizer Umwelttechnikfirmen wünschen sich eine aktivere Förderung für ihre Teilnahme an internationalen Umweltmessen – wie hier an der Environment 2006 in Abu Dhabi. Osec Energieeffizienz von Gebäuden – könnte auch eine stärkere Verknüpfung von Innovation und Regulierung dem Sektor Aufschwung verleihen.» Er denkt dabei beispielsweise an dynamische Umweltvorschriften und Normen, die sich am neusten Stand der Technik orientieren und damit umweltschonenden Produkten rascher zu einer breiten Anwendung und zum Markterfolg verhelfen. Andere Länder machen es vor: Japan zum Beispiel setzt im Bereich der Energieeffizienz auf das Prinzip der «Top-Runner». Alle paar Jahre wird der Verbrauchsstandard für die kommende Generation von Produkten festgelegt, wobei das jeweils sparsamste Gerät als Massstab gilt. Diese Methode fördert den Wettbewerb und verhilft dem Land insgesamt zu innovativen Industrieprodukten. Zudem subventioniert die japanische Regierung neue Technologien wie etwa leistungsstarke Brennstoffzellen-Generatoren, um ihre breite Markteinführung voranzutreiben. Und in Österreich, wo die Umwelttechnik ebenfalls boomt, können sich ökoeffiziente Unternehmen unter dem Programmtitel Fabrik der Zukunft um Fördergelder bewerben. Charles Cahans, Pieter Poldervaart, Beat Jordi LINKS www.svut.ch www.eco-net.info www.umwelt-schweiz.ch > Themen > Technologieförderung www.osec.ch INFOS Daniel Zürcher, siehe Seite 10 14 UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Keystone Spuren der Waldzerstörung im brasilianischen Bundesstaat Pará. Handelsschranken gegen Tropenholz aus Raubbau sind umstritten, weil sich der Rohstoff im Endergebnis nicht von nachhaltig erwirtschafteten Produkten unterscheidet. BREMSEFFEKTE DER WTO Handels- und Umweltinteressen im Clinch Länder, die zum Schutz von Umwelt und Gesundheit strengere ökologische Standards durchsetzen wollen, geraten dabei leicht in Konflikt mit den internationalen Handelsregeln der WTO. So kritisiert etwa die Exportindustrie technische Umweltanforderungen an Produkte häufig als Handelsschranken. Dieser Interessenkonflikt hemmt auch die Verbreitung von innovativen Umwelttechnologien. Im Kampf gegen den krank machenden Feinstaub wollte der Bundesrat ursprünglich die von der Europäischen Union festgelegte Abgasnorm EURO 5 um zwei Jahre vorziehen und für neue Dieselfahrzeuge bereits 2007 einführen. Dieselbetriebene Neuwagen hätten damit ab diesem Zeitpunkt zwingend über einen Partikelfilter verfügen müssen, der die krebserregenden Russteilchen abfängt und zerstört. Die wirksame Technik zur Abgasreinigung von Dieselmotoren ist für Personenwagen seit einigen Jahren verfügbar und hat sich in der Praxis bewährt. Doch die Automobilhersteller in Europa, Japan und Korea wehrten sich gegen ein Vorpreschen der Schweiz, und auch ihre Regierungen lehnten den Vorschlag ab. Nun gilt die Norm EURO 5 hierzulande – wie in der EU – ab September 2009. UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 15 Widerstand gegen nationale Umweltstandards Der Rückzieher steht im Kontrast zur Umweltpolitik der 1980er-Jahre, als die Schweiz mit ihren strengen Emissionsvorschriften den Abgaskatalysator für Benzinautos auf europäischer Ebene praktisch im Alleingang für verbindlich erklärte. «Angesichts der internationalen Bestrebungen zur weiteren Liberalisierung des Welthandels werden länderspezifische Umweltstandards für Produkte und Dienstleistungen in Form von technischen Vorschriften heute oft als problematisch erachtet», erklärt Karine Siegwart, Chefin der Sektion Europa, Handel und Entwicklungszu- LINK www.umwelt-schweiz.ch/international > Europa ... > Handel – WTO INFOS Karine Siegwart Chefin der Sektion Europa, Handel und Entwicklungszusammenarbeit, BAFU Tel. 031 322 99 73 karine.siegwart@bafu.admin.ch 16 sammenarbeit beim BAFU. «Man unterstellt ihnen eine protektionistische Wirkung und stuft sie deshalb als Importdiskriminierung ein.» Bei gleichartigen Produkten erlaubt das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO im Grundsatz auch keine Berücksichtigung von Unterschieden bezüglich der Herstellungsmethoden. So ist etwa die Zulässigkeit von Handelsbeschränkungen gegen Tropenholz aus Raubbau umstritten, weil sich der gehandelte Rohstoff im Endergebnis nicht von nachhaltig erwirtschafteten Produkten unterscheidet. Handelsschranken für Umweltgüter abbauen «Der Schutz der Ökosysteme sowie die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen sind jedoch nicht nur Kernanliegen der Umweltpolitik, sondern auch im ökonomischen Interesse jeder langfristig orientierten Wirtschaftspolitik», stellt Karine Siegwart fest. «Jegliche Beeinträchtigung dieser Lebensgrundlagen untergräbt mit der Zeit auch die Prosperität einer Volkswirtschaft. Deshalb müssen die internationalen Handelsregeln künftig so ausgestaltet sein, dass sie einem wirksamen Umweltschutz und einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen nicht zuwiderlaufen.» Im Rahmen von Artikel 31 des Doha-Man- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG dats sind innerhalb der WTO denn auch seit Längerem Verhandlungen im Gang, um bestehende Handelsvorschriften besser auf die Ziele der multilateralen Umweltabkommen abzustimmen. Die Position der Schweiz wird dabei vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO vertreten, das sich in Umweltfragen vom BAFU beraten lässt. Ein wichtiges Anliegen ist es, auf internationaler Ebene vermehrt allgemein gültige Umweltstandards zu etablieren, welche Dumpingangebote und damit Wettbewerbsverzerrungen durch umweltschädigende Produktionsmethoden künftig verhindern. «Zudem setzen wir uns zum Ziel, Importschranken für ressourcenschonende Güter und Dienstleistungen abzubauen und solchen Produkten Handelspräferenzen zu gewähren», sagt Karine Siegwart. «Denn die Förderung und breite Markteinführung von technischen Pionierleistungen zugunsten des Umwelt- und Gesundheitsschutzes darf nicht länger durch hemmende Handelsvorschriften gebremst werden. Um die Verbreitung solcher Technologien und Produkte auch in den Ländern des Südens zu begünstigen, braucht es zudem ein stärkeres Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit.» Beat Jordi BESSERE ÖKOEFFIZIENZ DANK QUICKSCAN Geld sparen mit optimierten Umweltleistungen Zum Schutz der Umwelt will die öffentliche Hand den Güter- und Personenverkehr vermehrt von der Strasse auf die Schiene verlagern. Voraussetzung dafür ist unter anderem gut funktionierendes Rollmaterial. Ähnlich wie Busse und Lastwagen müssen deshalb auch die Personen- und Güterzüge der SBB regelmässig überholt werden. Im Güterverkehr beispielsweise erhalten Lokomotiven alle 80 000 Kilometer einen kleinen Service, und nach 700 000 Kilometern ist ein Grossunterhalt angezeigt. Die Waggons werden alle sechs Jahre grundlegend überholt, dazwischen liegen je nach Fahrzeugtyp ein bis zwei Serviceintervalle. Grössere Revisionen, Umbauten und Reparaturen erledigt das Industriewerk von SBB Cargo in Bellinzona, Unterhaltsarbeiten und Störungsbehebung erfolgen in sechs dezentralen Serviceanlagen. «Schon seit längerer Zeit streben wir beim Betrieb der Werkstätten ökologische Verbesserungen an – natürlich möglichst solche, die für uns auch finanziell interessant sind», erklärt Rémy Chrétien vom BahnUmwelt-Center der SBB. So untersuchte man etwa im Rahmen des Programms EnergieSchweiz das Sparpotenzial bei der Gebäudewärme und Haustechnik. Doch BAFU/AURA E. Ammon Produktionsverfahren, Güter und Dienstleistungen verursachen vielfältige Umweltbelastungen. Sie benötigen nicht nur Rohstoffe und Energie, sondern ihre Herstellung und Nutzung erzeugen häufig auch zahlreiche Schadstoffe. Diese Umweltsapekte auf betrieblicher Ebene zu optimieren, ist das Ziel der Ökoeffizienz. Zu diesem Zweck haben Fachleute in der Schweiz mit Hilfe des BAFU bereits Dutzende von Unternehmen erfolgreich unter die Lupe genommen. Mit dem Instrument QuickScan lässt sich das Potenzial von ökologischen Optimierungen in einem Unternehmen systematisch ermitteln. bisher fehlte ein Instrument, um ökologische Verbesserungsmöglichkeiten systematisch und umfassend aufzuspüren. Mehr als nur Energieeffizienz Hier springt das Institut für Ecopreneurship (IEC) der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in die Lücke. Es befasst sich mit ökologischer Unternehmensführung und entwickelte vor acht Jahren das Instrument QuickScan. Damit lässt sich rasch abschätzen, welche Potenziale zur ökologischen Optimierung in einer Firma bestehen. Dazu erfasst der Öko-Radar sämtliche umweltrelevanten Aspekte der Unternehmensaktivität. «Wir beschränken uns längst nicht mehr nur auf die Energieströme», sagt Thomas Heim, Geschäftsleiter der Effizienzagentur Schweiz AG, einem aus dem IEC hervorgegangenen Spin-off der FHNW. Überprüft werden UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 17 insbesondere auch die durch Logistik verursachte Umweltbelastung, technische Einrichtungen wie Druckluft- oder Kälteanlagen sowie Stoffflüsse, Abfälle, Abwasser und Abluft. Ein solcher ÖkoCheck kostet pro Firma 2900 Franken. Die Grundlage bildet eine halbtägige Betriebsbesichtigung, um die Örtlichkeiten kennenzulernen und relevante Daten aufzunehmen. Anschliessend erfolgt die Auswertung und Zusammenfassung der Resultate in einem Kurzbericht. Auf dieser Basis ist in einer zweiten Phase eine ausführliche Analyse möglich, welche Ökopotenziale vertieft ausleuchtet. Bis heute hat das IEC bereits 100 QuickScans durchgeführt, davon 40 im Ausland. Dieser Ansatz zur Verbesserung der Ökoeffizienz wird auf internationaler Ebene mit dem Begriff «Cleaner Production» bezeichnet. Kostenersparnis auf Jahre hinaus «Der QuickScan im Industriewerk Bellinzona hat sich bewährt», bilanziert Rémy Chrétien von SBB Cargo. So un- tersuchte man die Effizienz der Beleuchtung in den Wartungshallen, ging den Waschprozessen nach und prüfte, ob der Abfall tatsächlich minimiert wird und wie umweltverträglich die Entsorgung ist. Die detailliert aufgelisteten Punkte reichen von der Wärmerückgewinnung in der Lackierung über die Isolation von Heizungsrohren und die Prüfung von neuen Entfettungsmitteln bis hin zur regelmässigen Wartung des Druckluftsystems. Die Empfehlungen aus dem QuickScan dienen nun als Vorgabe für Verbesserungsmassnahmen. Umgesetzt werden sie im Rahmen des gegenwärtig entstehenden Umweltmanagementsystems, das eine kontinuierliche Optimierung der Umweltleistungen ermöglicht. Schätzungsweise 40 Arbeitsstunden waren erforderlich, um die Daten zusammenzutragen. Dieser Aufwand habe sich gelohnt, denn die Massnahmen würden auf Jahre hinaus Kosten sparen, sagt Rémy Chrétien. Zudem lassen sich die Erkenntnisse von SBB Cargo auch auf die sechs Serviceanlagen übertragen und erlauben dort weitere Verbesserungen und Einsparungen. Mit geringfügigen Anpassungen dürfte der QuickScan ebenfalls für die 13 weiteren Unterhaltsstandorte des SBB-Personenverkehrs nutzbar sein. Schnell amortisierte Investition Bereits in einem fortgeschrittenen Stadium ist das Chemieunternehmen van Baerle in Münchenstein BL, das sich aus Anlass der ersten QuickScan-Analyse schon 2002 mit dem Konzept Cleaner Production befasste. «Weil wir kaum Abfall produzieren, konnten wir uns voll auf den Bereich Energie konzentrieren», sagt Thomas Eiche, Leiter Qualität, Umwelt und Sicherheit. Das Instrument zeigte unter anderem, dass die Dampfleitungen sowie einzelne Werksgebäude isoliert werden sollten. Auch blosse organisatorische Massnahmen können weiterhelfen, wie Eiche dank des QuickScans erfuhr: «Zahlreiche Gebäudeeingänge sind hand- International vernetzt Immer mehr Firmen setzen Ökoeffizienz um, etliche von ihnen sind Mitglied der Schweizerischen Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmensführung (ÖBU). Zusammen mit der ÖBU gründeten das BAFU und die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) das Netzwerk prepare.ch, um die Ökoeffizienz der Schweizer Wirtschaft insgesamt zu verbessern. Auf internationaler Ebene ist prepare.ch in die gleichnamige Organisation Preventive Environmental Protection Approaches in Europe (PREPARE) eingebunden. Diese Kontakte erleichtern Schweizer Unternehmen und Forschungsgruppen den Zugang zu internationalen Projekten sowie den Erfahrungsaustausch auf EU-Ebene. Nach einer dreijährigen Pilotphase haben sich aus der Initiative prepare.ch zwei Folgeaktivitäten entwickelt: einerseits die Effizienzagentur Schweiz AG, welche sich zum Ziel setzt, die Ökoeffizienz von Unternehmen zu verbessern, und andererseits die vom BAFU und vom Bundesamt für Energie BFE getragene Informationsplattform Nachhaltigkeitscheck für KMU. www.prepare.ch, www.oebu.ch 18 UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG BAFU/AURA E. Ammon Wie kann der Verpackungshersteller Amcor Rentsch in Rickenbach SO seine betriebliche Ökobilanz verbessern? Thomas Heim (oben links), Geschäftsleiter der Effizienzagentur Schweiz AG, bespricht mit dem technischen Leiter Hans Ueli Widmer mögliche Optimierungen. Künftig will man unter anderem die Wärmeenergie nutzen, welche beim Verbrennen der lösungsmittelhaltigen Abluft aus der Verpackungsdruckerei entsteht. UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 19 bediente Schiebetore. Seit der Analyse weisen wir unser Personal noch strenger darauf hin, in der kalten Jahreszeit die Tore sofort wieder zu schliessen.» Nicht alle vom QuickScan aufgezeigten Punkte hat van Baerle schon abgearbeitet. Beispielsweise plant die Firma, oft benutzte Tore durch automatisierte Schliessvorrichtungen zu ersetzen. Schneller als geplant wechselte sie hingegen den Brenner der Heiz- und Dampfanlage aus und setzt jetzt auf Gas statt Erdöl. «Dies reduziert den CO2-Ausstoss um ein Viertel und senkt den Wartungsaufwand, weil Gas die Mechanik weit weniger angreift als Öl», stellt Thomas Eiche fest. Ersetzt hat die Chemiefirma auch ihren Druckluftkompressor. Die topmoderne Anlage benötigt 30 Prozent weniger Strom als die alte; zudem wird die entstehende Abwärme für die Dampferzeugung genutzt: Pro Jahr spart der Betrieb auf diese Weise rund 100 000 Kilowattstunden Strom, womit die Investition rasch amortisiert ist. Schwachstellen im Einkaufszentrum In fast jedem Unternehmen schlummert Potenzial für Cleaner Production, also die Möglichkeit, Produktionsverfahren, Güter und Dienstleistungen kontinuierlich und präventiv ökoeffizienter zu gestalten. IEC-Mitarbeiter Dirk Hengevoss analysierte etwa in der Region Basel ein erst 2001 eröffnetes Einkaufszentrum und entdeckte beträchtliche Schwachstellen im Energiebereich: «Insbesondere die Wärmerückgewinnung der Kältemaschinen und Klimaanlagen war nicht optimiert.» Eine weitere Möglichkeit, Strom einzusparen, ist die Anpassung der Pumpen im Kältekreislauf, wenn diese überdimensioniert sind oder unnötig im Dauerbetrieb laufen. Das Problem in 20 Ökoeffizienz breit verankern Welche ökoeffizienten Innovationen sind wirtschaftlich interessant? Im Rahmen der Internetplattform www.eco-net.info unterstützen das BAFU, das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT sowie das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO den Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Forschung. An Fachveranstaltungen werden neue Erkenntnisse bezüglich nachhaltigem Design, Umwelttechnik oder Energieeffizienz diskutiert. «Ziel ist es, Experten aus Forschung, Wirtschaft und Behörden zusammenzubringen, um das Thema Ökoeffizienz möglichst breit zu verankern und umzusetzen», sagt der Koordinator Thomas Heim. Ein Mittel dazu sind auch erfolgreiche Umsetzungsbeispiele, die publiziert werden und zum Nachahmen motivieren sollen. www.eco-net.info grossflächigen Einkaufszentren mit eingemieteten Geschäften ist allerdings, dass sich die Nebenkosten problemlos auf die Mieter abwälzen lassen, weshalb die Besitzer nur zurückhaltend in energieeffiziente Gebäudetechnik investieren. ratung noch nicht überall kostendeckend angeboten werden, weshalb man weiterhin für die Unterstützung durch das BAFU und einige Kantone dankbar ist. «Wir erachten es als wichtig, Industrie, Gewerbe und Dienstleistungsbetriebe regelmässig über die Möglichkeiten der Cleaner Production zu informieren», sagt Daniel Zürcher, der beim BAFU die Sektion Innovation leitet. Vor allem den kantonalen Fachstellen und Gewerbeverbänden komme dabei eine Scharnierfunktion zu. Wie eine repräsentative Studie des IEC und des Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums der Universität Basel aus dem Jahr 2006 zeigt, macht die Ökoeffizienz in den Betrieben allmählich Schule. Noch vor zehn Jahren überwogen klar End-ofpipe-Massnahmen, die bereits entstandene Schadstoffe erst nachträglich eliminieren. «Heute hingegen sind etwa die Hälfte der von Unternehmen getroffenen Umweltmassnahmen vorbeugender Natur», stellt Thomas Heim fest. Die in den letzten Jahren stark gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe beschleunigen diesen Trend, weil sich Sparinvestitionen im Interesse der Umwelt nun auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eher auszahlen. Pieter Poldervaart LINKS www.aramis.admin.ch www.fhnw.ch/lifesciences/iec Industrie im Ökofokus «Wer sich heute auf einen QuickScan einlässt, macht dies vor allem, weil er damit Geld sparen kann», konstatiert Thomas Heim. Allerdings kann die Be- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG www.effizienz-ag.ch INFOS Daniel Zürcher, siehe Seite 10 BAFU/AURA E. Ammon Technischer Durchbruch bei der zahlenmässigen Erfassung gefährlicher Luftschadstoffe: Das von der Matter Engineering AG in Wohlen AG entwickelte Messgerät Nanomet erkennt winzigste Russpartikel von 10 bis 500 Milliardstelmeter. MESSTECHNIK Innovative Messinstrumente im Dienst der Umweltqualität Um Umwelteinflüsse rechtzeitig erkennen zu können, unterstützt der Bund mit seiner Umwelttechnologieförderung die Entwicklung von innovativen Messverfahren. Hochempfindliche Instrumente ermöglichen den Behörden eine Optimierung von Umweltschutzmassnahmen. Ein technischer Durchbruch gelang etwa mit einem viel beachteten Messgerät zur zahlenmässigen Erfassung von lungengängigen Feinpartikeln. «Damit die Behörden und weitere Akteure die Entwicklung der Umweltqualität langfristig verfolgen und bei Bedarf Massnahmen treffen können, sind sie auf eine kontinuierliche Umweltbeobachtung angewiesen», erklärt Arthur Mohr, Chef der BAFU-Abteilung Klima, Ökonomie, Umweltbeobachtung. «Neu erkannte Umweltprobleme erfordern in der Regel auch innovative Messinstrumente. Deshalb fördert das BAFU neben einer Vielzahl von Projekten zur konkreten Verbesserung der Umweltbedingungen auch Entwicklungsvorhaben für Messgeräte.» Messung von Russpartikeln Zu den besonders erfolgreichen Projekten gehört ein Messgerät zur Erfassung der Zahl von lungengängigen Feinpartikeln. In diese Schadstoff-Kategorie fallen zum Beispiel die stark gesundheitsgefährdenden feinsten Russteilchen aus Dieselmotoren. Weil sie so klein sind, dass sie die Schranke der Nase überwinden, können diese Russ- partikel in die Lungenbläschen und sogar ins Blut vordringen. «Die Kenntnisse darüber, welche gefährlichen Schadstoffe den Auspuffen von dieselbetriebenen Motoren entströmen und mit welchen Mitteln sie sich bekämpfen lassen, konnten nur dank geeigneter Messmethoden gewonnen werden», sagt der Ingenieur Giovanni d’Urbano von der Sektion Verkehr beim BAFU. Die Herausforderung einer besseren Abgasreinigung von Dieselmotoren stellt sich hierzulande seit den 1990er- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 21 Jahren. Nachdem die Wissenschaft die Gefahr der feinen Russpartikel erkannt hatte, verschärfte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva 1994 den entsprechenden Grenzwert für Arbeitsräume. Dies verursachte vor allem im Tunnelbau grosse Probleme: Die Messwerte ergaben eine so hohe Belastung der Luft, dass mit Belüftung nichts auszurichten war. Die Nachbarstaaten Deutschland und Österreich hatten dieselben Sorgen. Deshalb starteten die verantwortlichen Stellen der drei Länder zusammen mit der Industrie ein Projekt zur «Verminderung der Emissionen von Realmaschinen im Tunnelbau» (VERT). Vom Wägen zum Zählen Die vom international renommierten Ingenieur Andreas Mayer geleitete VERTGruppe empfahl Partikelfilter für Baumaschinen im Tunnel als beste Lösung. Sie stand aber vor einem kniffligen Problem: Mit der herkömmlichen Gewichtsmessung – der so genannten Gravimetrie – liess sich die Tauglichkeit der Filter nicht nachweisen. «Je nach Messsituation ergaben sich unterschiedliche Resultate bis zum Paradox, dass die gefilterte Luft eine höhere Schadstoffmenge zu enthalten schien als ungefilterte Abgase», erklärt Giovanni d’Urbano. «Ein Grund dafür war, dass kondensierte flüchtige Stoffe mit hohem Gewicht die Messungen verfälschten, denn die Gravimetrie erfasst die im Messfilter gesammelte Masse unterschiedslos.» Folglich musste die VERT-Gruppe ein neues Messverfahren entwickeln, das nur feste Partikel registriert und zudem äusserst empfindlich ist, sollten die eingesetzten Partikelfilter doch nur geringste Russreste passieren lassen. In den Versuchen zeigte sich, dass ein Systemwechsel nötig war – vom Messen der Menge in Mikrogramm zur Erfassung der 22 Den Bodenverdichtungen auf der Spur Neben der Luft ist auch der Boden starken Belastungen durch Schadstoffe und mechanische Einwirkungen ausgesetzt. Ein ernstes Umweltproblem sind dauerhaft verdichtete Böden, die dadurch ihre Fruchtbarkeit verlieren. Zudem können sie Niederschläge nur ungenügend aufnehmen, was zu Überschwemmungen und Erosion führt. Wünschbar wäre, dass Bauern und Bauverantwortliche über eine einfache Messgrösse verfügen, damit sie Böden nicht in zu nassem Zustand befahren. «Ideal wäre, wenn sich das Ausmass der Verdichtung in den unteren Bodenschichten direkt an der Spur des Traktors ablesen liesse», sagt Jürg Zihler, Chef der BAFU-Sektion Boden. «Doch das ist eine Zukunftsvision, denn noch bleibt zu klären, wie genau die Bodendeformation und die Beeinträchtigung der ökologischen Funktionen zusammenhängen.» Erfassung der Bodendeformation Zurzeit erforschen mehrere Institute unter Leitung der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL Grundlagen für eine neue Messtechnik. Im Auftrag des BAFU und des Kantons Aargau entwickeln sie ein hydrostatisches Deformationsmessgerät HSDM, das den Verlauf der Bodendeformation über längere Zeit erfasst. Die gewonnenen Messdaten geben auf den Millimeter genau Auskunft darüber, wie stark sich der Boden in einer beliebigen Tiefe unter einer Fahrspur senkt und eventuell wieder hebt. Es bedarf aber noch weiterer Forschung, damit sich das Gerät erfolgreich in der Umweltbeobachtung einsetzen lässt. Am Forschungsprojekt ist auch das Bundesamt für Landwirtschaft beteiligt. Es möchte wissen, wie gut und wie schnell ein verdichteter Boden regeneriert. Das Interesse gilt vor allem neu aufgeschütteten Böden, die nach Abschluss von Bauarbeiten rekultiviert wurden. Diese sind nämlich besonders empfindlich, weshalb eine intensivere Bewirtschaftung erst nach einer Schonzeit in Frage kommt. Die Messungen mit dem HSDM-Bodenmessgerät sollen schliesslich dazu dienen, die Richtlinien zum Bodenschutz zu verfeinern. Die im Boden vergrabene Messdose (links) ist mit Silikonöl gefüllt und erfasst Setzungen und Hebungen des Terrains. Der Traktor mit angehängtem Güllefass diente der Forschungsanstalt WSL als Testfahrzeug bei Befahrungsversuchen auf einer rekultivierten Fläche. UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG WSL Der vom BAFU geförderte Russgenerator erzeugt Russpartikel in standardisierten Grössen. Das Instrument wird benötigt, um die Partikelmessgeräte zu eichen. Anzahl Partikel pro Volumeneinheit. Mit diesem 3000-mal empfindlicheren Messsystem konnte die VERT-Gruppe die wirksamsten Filter identifizieren und eine Liste der empfohlenen Systeme für Dieselmotoren erstellen. Sie setzte damit einen Standard, den die Schweizerische Normen-Vereinigung inzwischen als Regel SNR 277205 etabliert hat. Demnächst soll dieser Standard auch als internationale ISO-Norm definiert werden. International erfolgreich Das neue Messsystem ist zukunftsträchtig. Deshalb unterstützte der Bund im Rahmen der vom BAFU betreuten Umwelttechnologieförderung das Kleinunternehmen Matter Engineering AG in Wohlen AG, damit es die im Labor taugliche Messanlage für den breiteren Einsatz weiterentwickeln konnte. Das Messgerät für Feinstaub «Nanomet» kann winzige Russpartikel von 10 bis 500 Milliardstelmeter (Nanometer, nm) erfassen und stiess sofort auf grosses Interesse. «Eine internationale Ingenieurvereinigung ehrte sie 2003 als innovativste Leistung, grosse Firmen bemühen sich um Lizenzen, und die Geräte finden international Absatz», stellt Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU erfreut fest. Dieselwagen anders prüfen Weil auf europäischer Ebene im Jahr 2009 mit EURO 5 Verschärfungen der Abgasnormen mit deutlich strengeren Partikel-Grenzwerten für Dieselautos bevorstehen, braucht es künftig auch für die Fahrzeug-Typenprüfung empfindlichere Messverfahren. Deshalb starteten diverse EU-Länder das «Particle Measurement Program» (PMP), um einen neuen Messstandard zu definieren. Dank ihrem Wissensvorsprung Lianpeng Jing waren auch schweizerische Forschungsinstitute dabei, und die Matter Engineering AG konnte ein modifiziertes System ins Programm einbringen, das den besonderen Bedingungen der Fahrzeug-Typenprüfung Rechnung trägt. Bei den Tests mit Messsystemen verschiedener Länder erwies sich das Zählverfahren wiederum als überlegen. Eine EU-Richtlinie sieht nun vor, die Partikelzählung zusammen mit den EURO-6-Grenzwerten im Jahr 2014 einzuführen und damit das Gravimetrieverfahren bei der Typenprüfung zu ergänzen. «Es ist absehbar, dass nur noch Dieselwagen mit einem effizienten Partikelfilter den verschärften Anforderungen genügen können», erläutert Giovanni d’Urbano. «So führt hochempfindliche Messtechnik zu einem Quantensprung in der Luftreinhaltung, wobei Schweizer Präzisionsgeräte international zum Zug kommen.» Kalibrieren mit Russ Damit die Resultate der Messinstrumente brauchbar – das heisst vergleichbar – sind, müssen die Geräte kalibriert oder geeicht werden. Bei einer Waage beispielsweise dient dazu ein Prüfgewicht. Für Partikelmessgeräte braucht es Russpartikel in standardisierten Grössen. Zu diesem Zweck entwickelte der Chemiker Lianpeng Jing beim Bundesamt für Metrologie einen Russgene- rator, den seine Start-up-Firma Jing AG in Zollikofen BE mit Fördermitteln des Bundes zur Marktreife gebracht hat. Gegenwärtig läuft ein weiteres Projekt, um diese Erfindung auf die Grösse einer Russpistole zu verkleinern. Sowohl die Partikelmessgeräte als auch die Kalibrierungstechnik gelangen in Zukunft an verschiedensten Stellen zugunsten einer saubereren Luft zum Einsatz – so etwa bei der periodischen Abgaskontrolle in Autogaragen, die bis heute die Funktionstüchtigkeit von Partikelfiltern nicht überprüfen können. Deshalb stehen auch bereits kompakte Ausführungen zur Verfügung, die mobil verwendbar sind. Beatrix Mühlethaler LINKS www.aramis.admin.ch www.matter-engineering.com www.sootgenerator.com www.metas.ch > Fachbereiche > Partikel und Aerosole www.akpf.org INFOS Giovanni d’Urbano Sektion Verkehr, BAFU Tel. 031 322 93 40 giovanni.durbano@bafu.admin.ch UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 23 Alptransit Die schlechte Atemluft im Untertagebau gab vor Jahren den Anstoss zur Abgasreinigung der bei Tunnelarbeiten eingesetzten Dieselmaschinen. Inzwischen sind für eine Vielzahl von Dieselmotoren effiziente Partikelfilter verfügbar. ABGASREINIGUNG Neue Filtersysteme senken den Schadstoff-Ausstoss In enger Zusammenarbeit mit technischen Hochschulen haben Schweizer Firmen in den letzten Jahren innovative Filtersysteme zur Abgasreinigung von Motorfahrzeugen entwickelt. Die Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstützte dabei vor allem Projekte, die den Schadstoff-Ausstoss von Dieselmotoren stark reduzieren. Wer sich als Fussgängerin oder Velofahrer im städtischen Verkehr bewegt, kennt den beissenden Geruch der Abgasschwaden, die vor allem den Auspuffrohren von älteren Lastwagen und Nutzfahrzeugen entweichen. «Insbesondere in schlecht durchlüfteten Strassenschluchten verursachen Dieselmotoren mit ihrem Ausstoss an gesundheitsschädigenden Russpartikeln 24 und Stickoxiden einen beträchtlichen Teil der Luftverschmutzung», stellt Felix Reutimann von der Sektion Verkehr beim BAFU fest. Die feinen Staubpartikel können tief in die Lunge eindringen und zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie zu Lungenkrebs führen. Jedes Jahr verursacht die Feinstaub-Belastung in der Schweiz 3000 bis 4000 vorzeitige Todes- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG fälle und Gesundheitskosten von knapp 4,2 Milliarden Franken. Stickoxide greifen die Schleimhäute der Atemwege einerseits direkt an und wirken zum andern indirekt, indem sie bei starker Sonneneinstrahlung als Vorläufersubstanzen zur Bildung des ebenfalls schädlichen, bodennahen Ozons beitragen. Durch die allgemeine Luftbelastung am meisten gefährdet sind jene 40 Prozent der Bevölkerung, die in den Innenstädten und Agglomerationen sowie entlang von stark befahrenen Verkehrsachsen wohnen. Ältere Dieselmotoren nachrüsten Zur Entschärfung des Problems sind die Abgasgrenzwerte für Motorfahrzeuge in Europa seit Beginn der 1990er-Jahre mit den EURO-Normen mehrmals verschärft worden. Durften etwa neu zugelassene Lastwagen nach 2001 pro Kilowattstunde (kWh) noch 5000 Milli- gramm Stickoxide (mg NOx) und 100 mg Partikel emittieren, so gelten seit 2006 mit der EURO-4-Norm 3500 mg NOx und 20 mg Partikel als Limiten. Ab 2009 tritt mit EURO 5 ein nochmals deutlich reduzierter Stickoxid-Grenzwert von 2000 mg NOx/kWh in Kraft. «Da Nutzfahrzeuge im Vergleich zu Autos eine lange Lebensdauer haben und ältere Modelle mit Dieselmotoren von den Vorschriften ausgenommen sind, wirken sich die Abgasvorschriften erst mit mehrjähriger Verzögerung auf die Qualität der Atemluft aus», erklärt Felix Reutimann. «Eine raschere Reduktion der Schadstoff-Emissionen im Interesse unserer Gesundheit erfordert deshalb vor allem in dicht besiedelten Gebieten zusätzlich eine Nachrüstung bestehender Dieselmotoren.» Projekte für verbesserte Abgasreinigung In der Schweiz verkehren rund 60 000 mit Diesel betriebene Busse, LKW und Industriefahrzeuge. Die vom BAFU betreute Umwelttechnologieförderung des Weniger Staub aus Zementwerken Eine effiziente Reinigung der Abgase drängt sich nicht nur bei mobilen und stationären Motoren auf, sondern auch bei einer Vielzahl von industriellen Emittenten. Dies gilt zum Beispiel für Zementfabriken, in denen besonders viel Staub anfällt. Bisher hat man die Staubpartikel vor allem mit Membranfiltern zurückgehalten, die jedoch schnell verstopfen. Unterstützt von der Umwelttechnologieförderung des Bundes hat die Firma Elex AG aus Schwerzenbach ZH nun ein neues Filtersystem entwickelt, bei dem der Staub zuerst mittels elektrostatischer Ladung abgetrennt wird. Dies reduziert den Staubgehalt beim Eintritt um 90 bis 95 Prozent. Erst in einem zweiten Schritt kommt dann ein Textilfilter zum Zug. Solche Hybridfilter sind inzwischen bereits weltweit im Einsatz. Bestehende Filteranlagen können ohne grossen baulichen Aufwand und ohne wesentliche Veränderungen an der Anlagetechnik aufgerüstet werden und erfüllen dann die strengeren Luftreinhalte-Vorschriften. Der kommerzielle Erfolg erlaubt es der Firma, einen Teil der beanspruchten Fördergelder von 250 000 Franken zurückzuzahlen. Mit Unterstützung des Bundes läuft gegenwärtig ein Projekt zur weiteren Optimierung des Elektro- und Gewebefilters. www.elex.ch > Produkte > Hybridfilter Auch Zementwerke in Spanien und Brasilien setzen zur Staubminderung auf Hybridfilter der Schweizer Firma Elex. Elex UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 25 Andreas Mayer, TTM Erfolgreiche Schweizer Innovation zur Reduktion des gesundheitsschädigenden StickoxidAusstosses von Dieselmotoren: Die Stadt Bern hat bereits mehrere Kehrichtfahrzeuge mit dem Set aus SCR-Katalysator und Partikelfilter nachgerüstet. Bundes hat seit ihrem Bestehen verschiedene Projekte für eine bessere Abgasreinigung dieser Flotte unterstützt. Unternehmen des öffentlichen Verkehrs machten in den 1990er-Jahren den Anfang, indem sie ihre Dieselbusse auf freiwilliger Basis mit effizienten Partikelfiltern ausstatteten, die einen Grossteil der krebserregenden Russteilchen aus den Abgasen eliminieren. Heute ist diese Technik Standard und wird von der öffentlichen Hand mit finanziellen Anreizen gefördert. Im Rahmen des Aktionsplans Feinstaub gewährt der Bund für ÖV-Busse ohne Partikelfilter seit 2008 nur noch eine reduzierte Rückerstattung der Mineralölsteuer. Bewährungsprobe im Tunnelbau Partikelfilter bewähren sich selbst unter extremen Bedingungen wie im Tunnelbau. Gestützt auf erfolgreiche Praxistests führte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva zum Schutz der Arbeiter im Jahr 2000 ein Filterobligatorium für Baumaschinen im Untertagebau ein. Im Rahmen der Abklärun- 26 gen wurde mit dem VERT-Standard (siehe Seite 22) auch eine Abgasnorm für effiziente Partikelfilter definiert, die mindestens 97 Prozent aller Russpartikel abscheiden müssen. Zwecks Reduktion der Russpartikel in der Umgebung hat der Bund die Partikelfilterpflicht für Dieselmotoren mit mehr als 18 Kilowatt Leistung mit der Baurichtlinie Luft ab September 2005 auch auf oberirdischen Grossbaustellen eingeführt. Aufgrund dieser Vorschriften wurden bisher mehr als 15 000 Baumaschinen nachgerüstet. Wirksame Russabscheidung Wie wirksam Partikelfilter nach dem VERT-Standard die Abgase reinigen, zeigt ein einfacher Vergleich bei Nutzfahrzeugen: So emittiert ein mit Filter nachgerüsteter EURO-3-Motor etwa 500-mal weniger gesundheitsschädigende Russteilchen als ein neues Fahrzeug ohne Filter, das der ab 2009 geltenden Abgasnorm EURO 5 genügt. Diese schreibt für Neumotoren nämlich nur einen Massengrenzwert für Partikel UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG vor. Dadurch werden zwar die grossen Russpartikel reduziert, nicht aber die Anzahl der für die menschliche Lunge besonders gefährlichen Feinstpartikel. «Das technische Potenzial zur Reduktion der Russpartikel wird damit leider nicht ausgeschöpft», bedauert Andreas Mayer, der als Ingenieur und Leiter der VERT-Gruppe mehrere Forschungsprojekte in diesem Bereich begleitet hat. Ein lobendes Beispiel ist für ihn die Stadt St. Gallen, die ihre neue Busflotte konsequent nach der EURO-5-Norm und mit Partikelfiltern nach dem VERTStandard ausrüstet. Lösungen für Kleinbusse und Traktoren Ein weiteres unterstütztes Projekt bestand in der Untersuchung und Entwicklung kostengünstiger Partikelfiltersysteme mit vollautomatischer Regenerationssteuerung für dieselbetriebene Kleinbusse. Die hohen Kosten der bisher üblichen Filter bewirkten, dass in diesem Segment kaum Nachrüstungen erfolgten. Dank einer Anstossfinanzie- BAFU/AURA E. Ammon Die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule Technik und Informatik in Biel untersucht den Luftschadstoff-Ausstoss von Scootern. Sie arbeitet gemeinsam mit den Herstellern an einem Projekt zur Reduktion der hohen Kohlenwasserstoffund Partikel-Emissionen. rung des Bundes gelang es, Wege zur Entwicklung neuer Partikelfiltersysteme aufzuzeigen, die bei entsprechender Stückzahl bald nur noch rund 3000 bis 4000 Franken kosten dürften. Bisher noch deutlich teurer ist eine Nachrüstung bei landwirtschaftlichen Traktoren. Ein von der Umwelttechnologieförderung unterstützter Praxisversuch mit verschiedenen Modellen brachte jedoch aus Sicht der Luftreinhaltung auch hier hervorragende Resultate. Bekämpfung der Stickoxide Seit den späten 1990er-Jahren wurde mit finanzieller Hilfe des Bundes auch intensiv am Stickoxid-Problem gearbeitet. «Noch vor zehn Jahren galten entsprechende Lösungen bei Altfahrzeugen als technisch schwer realisierbar», sagt Felix Reutimann. Dabei habe sich gezeigt, dass beliebte Partikelfiltersysteme wie die mit Platin beschichteten CRT-Filter das motorische Stickstoffmonoxid vermehrt in schädliches Stick- stoffdioxid (NO2) umwandeln, was in städtischen Gebieten zu einer noch stärkeren NO2-Belastung der Luft führen kann. Deshalb suchten das Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (umtec) der Hochschule für Technik Rapperswil HSR und drei Industriepartner in einem gemeinsamen Projekt nach einer technischen Lösung für die Nachrüstung von Dieselmotoren. Ergebnis der Forschungen ist ein SCR-Kataly- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 27 sator nach dem Prinzip der selektiven katalytischen Reduktion, der die unerwünschten Stickoxide in den Abgasen eliminiert, indem er sie mit Hilfe von Ammoniak als Reaktionsmittel in Wasser und harmlosen inerten Stickstoff umwandelt. «Die grosse Herausforderung bestand darin, eine der Fahrweise angepasste Regeltechnik für den Katalysator zu entwickeln – dies ist uns gelungen», freut sich der damalige umtec-Projektleiter Heiri Hafner. Der neuartige Katalysator wurde in Wil SG während neun Monaten an einem Bus aus dem Jahr 1992 mit EURO-1Standard getestet. Dank der Umrüstung erfüllt er inzwischen die EURO-5Norm. Das Produkt hat sich so gut bewährt, dass es heute unter dem Namen NOxOFF im Handel ist. Damit fliessen für jedes verkaufte System Gelder an den Bund zurück. Dringend nötige Anreize Die Stadt Bern hat seit 2005 zwölf ihrer Kehrichtlaster sowie zwei LKW mit SCR-Katalysatoren ausgestattet. «Die Nachrüstung erwies sich als kostengünstiger als die Anschaffung von neuen, mit Erdgas betriebenen Fahrzeugen, und dies bei besserem ökologischem Nutzen», sagt Heiri Hafner. Ein Nachrüstungssatz des NOxOFF-Kat in Kombination mit einem Partikelfilter kostet heute rund 45 000 Franken. Es ist gut möglich, dass sich diese Investition künftig durch deutlich tiefere Kosten bei der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) relativ rasch amortisieren lässt. Ein Lastwagen mit 26 Tonnen Gesamtgewicht, der dem EURO-1-Standard entspricht, 28 muss für eine jährliche Fahrleistung von 100 000 Kilometern gegenwärtig eine Abgabe von knapp 75 000 Franken entrichten. Im Fall einer Nachrüstung erfüllt er die EURO-5-Vorgaben, womit sich die LSVA eigentlich um fast 20 000 Franken pro Jahr verbilligen sollte. NOx-OFF-Kat und Partikelfilter wären damit in gut 2 Jahren amortisiert. «Bisher gibt es in der Schweiz aber kein vereinfachtes Verfahren zur Anerkennung von nachgerüsteten Fahrzeugen mit verbesserter Abgasnorm», sagt Heiri Hafner. Damit fehlt insbesondere privaten LKW-Besitzern der entscheidende finanzielle Anreiz zur Nachrüstung ihrer älteren Fahrzeuge. Eine Arbeitsgruppe des Bundes sucht hier deshalb nach einer praktikablen Lösung. Schmutzige 2-Takt-Roller Die Absenkung des Zulassungsalters auf 16 Jahre hat in den letzten Jahren zu einem Boom der Motorroller geführt, sind die schnellen Scooter doch vor allem unter Jugendlichen sehr beliebt. Im Inland verkehren heute – ohne die Mofas – rund 150 000 dieser Kleinmotorräder mit einem Hubraum unter 50 Kubikzentimetern. Ihre 2-TaktBenzinmotoren verursachen neben viel Lärm auch einen beträchtlichen Ausstoss an Partikeln und weiteren gesundheitsschädigenden Luftschadstoffen. So emittieren die Motorräder gemäss einer Untersuchung der Materialprüfungsanstalt EMPA innerorts 16-mal so viel Kohlenwasserstoff-Verbindungen wie sämtliche Autos. Ein Grund dafür ist der hohe Schmierölanteil im Treibstoff von bis zu 4 Prozent. Im Rahmen eines vom Bund geförderten Projekts sucht die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule Technik und Informatik in Biel gemeinsam mit den Herstellern von Scootern und Katalysatoren sowie mit Schmiermittelfabrikanten nach Lösungen. Der Leiter Jan Czerwinski rechnet dank Optimierungen mit einer massiven Reduktion der toxischen Emissionen um bis zu 95 Prozent. «Nur schon eine jährliche Abgasprüfung der Roller würde deren Schadstoff-Ausstoss um 30 Prozent senken, wenn schadhafte Katalysatoren ersetzt würden.» Stefan Hartmann, Beat Jordi LINKS INFOS www.aramis.admin.ch Felix Reutimann www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte > Abgas / Abluft Sektion Verkehr http://labs.hti.bfh.ch > Abgasprüfstelle www.hug-eng.ch Tel. 031 322 54 91 www.umwelt-schweiz.ch/luft > Schadstoffquellen > Verkehr www.dieselruss.ch UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG BAFU felix.reutimann@bafu.admin.ch BAFU/AURA E. Ammon Versuchsanlage des Wasserforschungs-Instituts Eawag in Dübendorf ZH zur Optimierung der Abwasserreinigung mittels Membrantechnik. WASSERAUFBEREITUNG Kein Durchkommen für pathogene Keime Süsswasser wird weltweit knapp. Verschiedene Umwelttechniken ermöglichen eine schonende Aufbereitung und Nutzung dieser lebenswichtigen Ressource. Sie machen Seewasser trinkbar und Abwasser sauber. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die vom Bund in mehreren Projekten geförderte Membrantechnologie. Vom Lebensmittel, das im Seewasserwerk Männedorf ZH für 26 000 Personen in drei angeschlossenen Zürichsee-Gemeinden bereitgestellt wird, sieht man während der ganzen Betriebsbesichtigung praktisch nichts. Die Trinkwasseraufbereitung erfolgt in einer hermetisch abgeschlossenen Anlage, was aus Sicherheitsgründen ein grosser Vorteil ist. Die Anlage versteckt sich in einem Gebäude, das so konsequent als schnörkelloser Kubus gestaltet ist, dass man kaum den Eingang findet. Drinnen wirkt die Farbgebung orientierend: Die Rohre, die aus der Tiefe des Zürichsees kommen, sind grün, in der Aufbereitungsphase ist alles türkis und am Schluss azurblau. Erst im braunen Bereich tritt das nasse Element zum Vorschein: Hier wird das Spülwasser geklärt, das den ausgefilterten Schmutz aus der Anlage abführt. Barriere für alle Mikroorganismen Das Ende 2005 in Betrieb genommene Seewasserwerk Männedorf ist ein Vorzeigeobjekt für ein neues Verfahren der Trinkwasseraufbereitung, das in den letzten Jahren den Schritt zur Praxisreife geschafft hat. Es arbeitet mit Membranen. Die Technik nutzt das in allen lebendigen Organismen angewandte Prinzip des Molekültransports durch eine selektive Trennwand, die für be- stimmte Substanzen durchgängig ist, andere aber zurückhält. Die Membranen im Seewasserwerk Männedorf haben eine Trenngrenze von 0,02 Mikrometern. Sie bilden damit eine hundertprozentige Barriere für alle Mikroorganismen – so auch für Viren. Die hohe Filterwirkung erlaubt eine erhebliche Vereinfachung des ganzen Verfahrens. Das Seewasser wird mit Ozon behandelt, geht danach durch einen Aktivkohlefilter und schliesslich durch die Membrane. Am Ende des Prozesses übertrifft es alle Qualitätsstandards. Auf den Bildschirmen im lichten Kontrollraum leuchten sämtliche Lämpchen grün. Alles läuft auto- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 29 Prozessleitsystem der Membrankläranlage in Dübendorf (links). Eawag-Mitarbeiter Marc Böhler und Martin Holzapfel von Terralink demonstrieren eine Hohlfaser- sowie eine Plattenmembrane. Das verschmutzte Abwasser passiert die feinen Fasern und wird dabei filtriert. Zurück bleibt eine Deckschicht aus Schlamm, während das gereinigte Wasser aus dem Innern der Membranen abfliesst. matisch. Der Personalaufwand für die Überwachung und Betreuung entspricht etwa einer Vollzeitstelle. Quantensprung in der Wasseraufbereitung Das Wasserforschungs-Institut des ETHBereichs Eawag erprobte und etablierte die erforderliche Wasseranalytik für die von der WABAG Wassertechnik gebaute Anlage, wobei der Bund einen Beitrag aus dem Budget für Umwelttechnologieförderung leistete. Das Seewasserwerk Männedorf ist zwar das modernste, aber nicht das einzige, in dem die Membrantechnik zum Einsatz kommt. Noch längere Betriebserfahrung hat das Werk in Lutry VD am Genfersee. Die effiziente Umwelttechnologie ermöglicht bei geringem Flächenbedarf eine Aufbereitung mit weniger Chemikalien und Energie. Sie ist dadurch kostengünstig und im Ergebnis dennoch besser als die bisher gängigen Verfahren. Heute werden etwa 18 Prozent des schweizerischen Trinkwasserverbrauchs oder jährlich rund 180 Millionen Kubikmeter aus Seen gefördert. Mit der Klimaerwärmung dürfte die Bedeutung 30 der Seen als Trinkwasserressource allerdings zunehmen. Recycling-WC im Hochgebirge Auch in der Abwasserreinigung werden neuerdings Membranen verwendet. Wer auf dem 3286 Metern über Meer gelegenen Hohtälli – einer Bergstation der Zermatt Bergbahnen – vor der stiebenden Abfahrt das WC benützt, spült mit dem Urin seiner Vorgänger. Das Spülwasser wird einerseits biologisch mit Mikroorganismen gereinigt und passiert andererseits einen Membranfilter. Danach hat es Badewasserqualität und lässt sich für die Spülung wiederverwenden. Die komfortgewohnten Sporttreibenden merken nichts davon, zumal auch die unbedenkliche, aber womöglich irritierende gelbe Restfärbung durch Zugabe von Pulveraktivkohle verschwindet. Ein bis zwei Kubikmeter Abwasser muss die Anlage täglich schlucken und filtrieren. Der Klärschlamm wird nach erfolgter Trocknung vor Ort als normaler Kehricht entsorgt. Ganz geschlossen ist der Kreislauf allerdings nicht. Die Hände werden mit Frischwasser gewaschen, wofür es täglich 50 Liter braucht. UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Das ist jedoch deutlich weniger als die schätzungsweise 2000 Liter, welche hier oben zum Betrieb einer konventionellen Toilette mit Lavabo nötig wären. Die Zürcher Firma Terralink hat das Recycling-WC gemeinsam mit der Eawag entwickelt. «Das Innovative daran ist die konsequente Wiederverwendung des Toilettenabwassers, ermöglicht durch die Kombination von Biologie und Membrantechnologie in einer kompakten Anlage», erklärt Martin Holzapfel von Terralink. Schlüsseltechnologie für Kleinkläranlagen Während die Technik der Membranfiltration zur Aufbereitung von Trinkwasser bereits breit angewandt wird, steht dieser Schritt bei der Abwasserreinigung erst noch bevor. «Technisch ist das schon eine andere Liga», sagt Ulrich Sieber, Chef der Sektion Oberflächengewässer-Qualität beim BAFU. Man hat es hier nicht mit quasi schon sauberem Seewasser zu tun. Immerhin gibt es in der Praxis bereits mehrere funktionierende Anlagen. Die älteste läuft seit dem Jahr 2000 auf dem Gipfel des Säntis, wo Trinkwasser aus dem Meer BAFU/AURA E. Ammon / Eawag sie das Abwasser des Mehrzweckgebäudes entsorgt. Beim Bau handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Eawag mit dem Unternehmen Aqua-System. Drei Prozent der Abwasserverursacher in der Schweiz sind keiner zentralen Kläranlage angeschlossen. Bei manchen abgelegenen Siedlungen und Einzelbauten im ländlichen Gebiet wäre der Aufwand für den Bau einer Kanalisation zu gross. Hier liegt der Einsatzbereich der Kleinkläranlagen. Dafür sei die Membrantechnik die Schlüsseltechnologie der Zukunft, sagt Alexander Englert von der Hochschule für Technik Rapperswil HSR. Sie hat in Zusammenarbeit mit den Firmen MECANA Umwelttechnik AG und cm-celfa eine Pilotanlage erstellt. Die Technik erlaubt eine kompakte Bauweise. Kombiniert mit Recycling-Toiletten eignet sie sich beispielsweise für Bergstationen von Seilbahnen mit angeschlossenem Restaurant, die nicht über eine Abwasserleitung ins Tal verfügen. In wasserreichen Gebieten wie in der Schweiz mag der Anwendungsbereich begrenzt sein, doch global sieht es anders aus. Heute haben drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Diese Zahl bis 2015 um die Hälfte zu vermindern, hat der Gipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 als Millenniumsziel festgesetzt. «In trockenen Ländern, wo Trinkwassermangel und Siedlungshygiene ein Gesundheitsproblem sind, könnte die Membranfiltration manches Wasserproblem lösen», erklärt Ulrich Sieber. Verglichen mit konventionellen Techniken der Abwasserreinigung und Wasseraufbereitung seien die Verfahren durchaus konkurrenzfähig, sagt Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU. «Die Membranfiltration kann in Kläranlagen die bestehende Infrastruktur nutzen. Sie ist nicht teurer, erbringt aber bessere Reinigungsleistungen.» Hansjakob Baumgartner LINKS www.umwelt-schweiz.ch/gewaesserschutz www.wabag.com www.wave21.eawag.ch www.terralink.ch www.aquasystem.ch www.mecana.ch www.cm-celfa.ch www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte > Abwasser INFOS Ulrich Sieber Chef Sektion Oberflächengewässer-Qualität, BAFU Tel. 031 322 69 50 In Küstengebieten von südlichen Regionen mit geringen Niederschlagsmengen wird das Meer als Trinkwasserressource künftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Es deckt namentlich in den arabischen Ölförderländern schon heute einen Grossteil des Bedarfs. Die zahlreichen Entsalzungsverfahren brauchen jedoch viel Energie und sind alle sehr teuer. Die Schweizer Firma Watersolutions hat – unter anderem mit Geldern der Umwelttechnologieförderung – ein Verfahren entwickelt, bei dem Meerwasser im Niederdruck unter Ausnützung von Temperaturkaskaden entsalzt wird. Es ist preislich günstig, da viele Komponenten nicht in Edelstahl, sondern aus Kunststoff gefertigt werden können. Als mögliche Heizquellen kommen die Solarenergie, aber auch Niedertemperatur-Verfahren wie etwa die Abwärmenutzung aus Klimaanlagen in Frage. «Dies ist ein technischer Fortschritt, der einen grossen Markt eröffnet», sagt Mark Braendli von Watersolutions. Nachdem die Firma eine Pilotanlage gebaut und erfolgreich getestet hat, ist nun ein Grossinvestor eingestiegen, der sich am Bau von Entsalzungsanlagen für den Mittleren Osten beteiligen will. «Die Technologie kann durchstarten», freut sich Daniel Zürcher vom BAFU. www.watersolutions.ch ulrich.sieber@bafu.admin.ch UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 31 BAFU/AURA E. Ammon ABFALLWIRTSCHAFT Ökologische Optimierung der Abfallverbrennung Die 29 Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) im Inland verfeuern jährlich rund 3,5 Millionen Tonnen brennbare Abfälle. Davon bleibt etwa ein Fünftel als Schlacke zurück. Neu entwickelte Verfahren ermöglichen es heute, aus diesen Rückständen und aus der Elektrofilterasche wertvolle Metalle zu gewinnen. Diese Verwertung schont nichterneuerbare Ressourcen und entlastet die Umwelt. Wochenlang arbeitete sich das holländische Bergwerkunternehmen RNS Ende 2005 durch das Schlackenkompartiment der Deponie Elbisgraben bei Liestal BL. Die abgelagerten Verbrennungsrückstände aus der KVA Basel wurden mit Backenbrechern, wie sie im Bergbau zum Einsatz kommen, zertrümmert und in einer mobilen Sortieranlage gesiebt. Auf diese Weise gewann die Firma RNS 3400 Tonnen 32 Eisen und 870 Tonnen Buntmetalle, die sie an europäische Schmelzwerke verkaufen konnte. Die Metallausbeute war mit knapp 4 Prozent zwar nur etwa halb so hoch wie erwartet, doch angesichts der in den letzten Jahren stark gestiegenen Rohstoffpreise zahlte sich der Abbau trotzdem aus. Selbst nach einer Grobsortierung durch die KVABetreiber enthält die Kehrichtschlacke nämlich oft noch mehr Metallanteile UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG als gewöhnliche Erzminen. Dank einer besseren Verdichtung der sortierten Restschlacke lohnte sich die Verwertungsaktion auch für den Kanton Baselland als Deponiebetreiber. Er gewann dadurch 6400 Kubikmeter Deponievolumen im Wert von gut 1,1 Millionen Franken und konnte das Kompartiment erst noch von potenziell umweltgefährdenden Schwermetallen entlasten. Perfektioniertes Metallrecycling: In einer Pilotanlage der KVA Emmenspitz in Zuchwil SO wird reines Zink hergestellt. Ausgangsprodukt ist die schwermetallhaltige Elektrofilterasche, die beim Verbrennen des Kehrichts anfällt. Kehrichtschlacke als Erzersatz Eine an der Hochschule für Technik in Rapperswil SG durchgeführte Diplomarbeit kam bereits vor einigen Jahren zum Schluss, dass Kehrichtschlacke in der Schweiz je nach Zusammensetzung der verbrannten Abfälle bis zu 10 Prozent Metalle enthalten kann. Die 29 KVA im Inland verfeuern gegenwärtig pro Jahr rund 3,5 Millionen Tonnen Abfälle. Nach dem Gang durch den Ofen bleiben davon etwa 20 Prozent oder rund 700 000 Tonnen als mineralische Schlacke zurück. «In diesen Rückständen sind einige 10 000 Tonnen verwertbare Metalle enthalten», erklärt Michael Hügi von der Sektion Siedlungs- und Bauabfälle beim BAFU. «Dabei handelt es sich vor allem um Eisen, Aluminium, Kupfer und Messing.» Wurden bis vor wenigen Jahren nur gröbere Metallstücke aussortiert und die verbleibenden Rückstände deponiert, so interessieren sich die Betreiber der Schlackendeponien – und inzwischen auch jene der KVA – nun auch für die kleineren Metallfraktionen. Neben den deutlich höheren Metallpreisen sprechen auch starke ökologische Argumente für eine Verwertung. So sparte die Aufbereitung der Metalle aus der Deponie Elbisgraben zirka 20 Millionen Liter Erdöl ein, die sonst bei der energieintensiven Gewinnung der Rohstoffe aus Erzgestein verbraucht worden wären. Projekt zum Trockenaustrag der KVA-Schlacke In den meisten KVA passieren die festen Verbrennungsrückstände einen mit Wasser gefüllten Siphon. Damit wird unter anderem verhindert, dass Luft in den Ofen gelangt, die den Verbrennungsprozess ungünstig beeinflussen könnte. Allerdings sorgt das Wasserbad für Klumpenbildung und Korrosion. Die feuchte Schlacke hat dadurch eine gipsähnliche Festigkeit und muss für das Metallrecycling in einem eigenen Arbeitsschritt mit Backenbrechern gemahlen werden. Ein von der Umwelttechnologieförderung des Bundes unterstütztes Pilotprojekt sollte deshalb klären, ob eine KVA auch ohne den Wasserabschluss im Entschlacker zu betreiben wäre. «Der Versuch mit dem Trockenaustrag in der Kehrichtverwertung Zürcher Oberland KEZO Hinwil ZH ergab keine gravierenden technischen Probleme», stellt Michael Hügi fest. Als Folge der in den Ofen einziehenden Luft wird ein Teil der Schwermetallfracht von der Schlacke in die Filterasche verschoben, deren Masse sich dadurch um bis zu 50 Prozent erhöht. In diesem Feinstanteil ist ein grosser Teil der wasserlöslichen Schwermetalle angereichert, die mit der Schlacke normalerweise auf Deponien gelangen. Die verbleibende Grobfraktion enthält daher im Vergleich zu den nass ausgetra- genen KVA-Rückständen geringere Mengen an problematischen und auswaschbaren Schadstoffen wie Zink, Kupfer, Blei und Cadmium. Bessere Qualität der verwerteten Metalle Zudem weisen die aussortierten Metalle Eisen, Aluminium, Kupfer und Messing weniger Anbackungen und somit eine bessere Qualität auf. Die Resultate der vom Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (umtec) in Rapperswil durchgeführten Versuche gelten jedoch vorerst nur für die KVA Hinwil. Die umtec-Fachleute arbeiten aber gegenwärtig an einer Anpassung des Verfahrens für andere KVA. Damit der Trockenaustrag von Schlacke tatsächlich einen Beitrag zu einer umweltverträglicheren Abfallverwertung leistet, muss die in grösseren Mengen anfallende Elektrofilterasche sauer gewaschen werden, um auf diese Weise auch die Schwermetalle abscheiden und verwerten zu können. Vor der Ablagerung auf einer Übertagedeponie sollen zudem künftig auch die in der Filterasche enthaltenen Dioxine entfernt werden. Dass dies in der Praxis technisch möglich ist, hat das ebenfalls vom Bund geförderte und inzwischen abgeschlossene Projekt exDIOX mit der Firma Von Roll Inova und dem umtec gezeigt (siehe UMWELT 2/2007, Seite 50). UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 33 Durch die saure Wäsche wird der Elektrofilterasche in Zuchwil ein Grossteil ihrer Metallfracht entzogen. Im Vakuumbandfilter erfolgt die Trennung des Aschekuchens vom zinkhaltigen Filtratwasser. Stefan Schlumberger von der Firma Techform zeigt die daraus gewonnene reine Zinksulfatlösung, aus der mittels Elektrolyse die Zinkmetallfolie für die industrielle Weiterverarbeitung entsteht. KVA sind potenzielle Zinkhütten Dank neuen Technologien reduziert sich nicht nur die Schadstoffbelastung der Verbrennungsrückstände, sondern auch das Verwertungspotenzial wird immer besser ausgeschöpft. Nachdem die KVA aus Abfällen seit Längerem Strom, Prozessdampf und Fernwärme erzeugen, verfügen die ersten Anlagen neuerdings über betriebseigene Fertigungsstrassen für die Produktion von Zink, das sich in durchschnittlichen Mengen von 1,5 Kilo pro Tonne im Siedlungsabfall findet. Die Technik der sauren Wäsche erschloss vor einigen Jahren das Feld für eine Rückgewinnung des Metalls aus der Elektrofilterasche. In dieser Fraktion sind rund 44 Prozent des in die Verbrennung eingebrachten Zinks als Chloride und Oxide gebunden. Mit dem säurehaltigen Wasser aus der Rauchgasreinigung wird der Elektrofilterasche dieser metallische Anteil entzogen. Das dabei anfallende Abwasser gelangt zur Weiterbehandlung in die KVA-interne Kläranlage, wo ein stark mit Zink angereicherter Filterkuchen entsteht. Dieses Material wird dann zur Rückgewinnung des Metalls an ausländische Schmelzwerke geliefert. Pionierarbeit in Niederurnen Die KVA Linthgebiet in Niederurnen GL installierte bereits 2003 eine mit Mitteln der Umwelttechnologieförde- 34 rung unterstützte Weiterentwicklung des Verfahrens und hat dieses mittlerweile ausgiebig erprobt. Mit der sogenannten selektiven Abscheidung von Metallen (SAM) ist eine Rückgewinnung von reinem Zinkmetall nun bereits in der KVA möglich. Inzwischen hat der öffentliche Pilotbetrieb die Anlage übernommen – und zwar mitsamt Stefan Ringmann, einem der Entwickler des innovativen Verfahrens. Gemeinsam mit der Betriebsleitung konnte der Chemiker die Technik weiterentwickeln und die Steuerung vollumfänglich in das Prozessleitsystem der KVA integrieren. einer flächendeckenden Umsetzung in den Schweizer KVA mit einer Produktionsmenge von jährlich rund 1500 Tonnen, was etwa einem Viertel des inländischen Bedarfs zur Feuerverzinkung entspricht. Bei einer erwarteten Lebensdauer der Anlagen von bis zu 20 Jahren dürften die Investitionen zur Zinkrückgewinnung in 6 bis 8 Jahren amortisiert sein. «Wie das Beispiel zeigt, entlasten innovative Umwelttechnologien nicht nur die Umwelt, sondern zahlen sich oft auch betriebswirtschaftlich aus», kommentiert Daniel Zürcher, der die Sektion Innovation beim BAFU leitet. Urs Fitze, Beat Jordi Gute Qualität des Zinks Auch die Herstellerfirma Techform AG hat das System zwischenzeitlich perfektioniert. Insbesondere sei das mehrstufige Verfahren nun weniger komplex und die Qualität des gewonnenen Zinks mit einem Reinheitsgrad von 99,995 Prozent besser, sagt Forschungsleiter Stefan Schlumberger. Mit der in Niederurnen und neuerdings auch in Zuchwil SO erprobten Zink-Elektrolyse ist der Praxistest im Pilotmassstab gelungen. Als grosser Fortschritt erwies sich die Einführung einer Walze, auf der sich das Zink in Form einer dünnen Folie ablagert, die sich für die weitere industrielle Verarbeitung eignet. Das Potenzial ist beträchtlich. So rechnet Stefan Schlumberger im Fall UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG LINKS www.aramis.admin.ch www.umwelt-schweiz.ch/abfall > Entsorgungsverfahren > KVA www.umtec.ch > Projekte > Aktuelle Projekte > Abfall www.techform.ch > Metal recovery INFOS Michael Hügi Sektion Siedlungs- und Bauabfälle, BAFU Tel. 031 322 93 16 michael.huegi@bafu.admin.ch BAFU/AURA E. Ammon UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 35 LÄRMARME GÜTERZÜGE Mit dem Drehgestell LEILA kommt der Lärmschutz zum Zug Moderne Personenzüge verursachen heute deutlich weniger Lärm als früher. Im Vergleich dazu besteht beim Güterverkehr auf der Schiene ein grosser Nachholbedarf. Deshalb unterstützt der Bund die Entwicklung eines leichten und lärmarmen Drehgestells für Güterwagen und fördert weitere Projekte, die den Schienenlärm vermindern sollen. BAFU/AURA E. Ammon Schallmessung am leichten und lärmarmen Drehgestell LEILA. 64 mit der Neuentwicklung ausgerüstete Güterwagen verursachen zusammen nicht mehr Lärm als ein einziger herkömmlicher Bahnwaggon. Es kreischt und rumpelt, dröhnt und holpert: Wer neben einer Bahnstrecke lebt, kennt das Getöse, das bei jedem vorbeifahrenden Zug die Regale erzittern lässt. Gemäss Erhebungen der SBB braucht es 300 Kilometer Lärmschutzwände, um die Belastung jener 265 000 Personen zu mindern, in deren Woh- 36 nungen der Bahnlärm die gesetzlich tolerierten Grenzwerte überschreitet. Davon waren 2006 rund 130 Kilometer erstellt. Der akustische Segen der Lärmschutzwände wird allerdings durch einen optischen Sündenfall erkauft, verstellen sie den Anwohnern und Reisenden UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG doch den Blick ins Freie. Auch für Wildtiere sind die Folgen negativ: «Solche Wände wirken als Barrieren und zerschneiden den Lebensraum», stellt der Biologe Antonio Righetti von der BAFU-Sektion Landschaft und Infrastruktur fest. «Zudem ist auch ihr Schattenwurf fatal, der etwa wärme- BAFU/AURA E. Ammon Bei einem konventionellen Güterwagen (links) wirken die Grauguss-Klotzbremsen direkt auf die Rollfläche des Rades. Dagegen verfügt LEILA über Radscheibenbremsen aus Kunststoff, die sich seitlich an die Räder pressen, was viel weniger Lärm verursacht. liebende Reptilien am Sonnenbaden auf dem Schotter hindert.» Fachleute setzen sich daher zunehmend dafür ein, den Zuglärm an der Quelle zu bekämpfen. Für Personenzüge existiert bereits vergleichsweise lärmarmes Rollmaterial. Dagegen rollt der Güterverkehr in der Regel auf Drehgestellen, die noch auf einem Konzept aus den 1950er-Jahren beruhen, als der Lärmschutz kein vordringliches Anliegen war. Ausgebremster Lärmschutz «Lärm entsteht an der Kontaktstelle von Schiene und Rad», erklärt der Ingenieur Hansjörg Candrian von der Firma Josef Meyer Transport Technology AG aus Rheinfelden AG. Geräuscharm fährt ein Zug nur dann, wenn Schienen und Radsohlen glatt sind. Verschiedene Faktoren können dazu führen, dass ein Rad nicht mehr rund und leise rollt. Bei Lokführern berüchtigt ist die «PolygonBildung». Die Schläge, die ein Rad er- hält, wenn es über die Schwellen fährt, deformieren es mit der Zeit zum Vieleck. Statt geräuscharm zu rollen, beginnt ein solches Polygon-Rad immer stärker zu holpern. Zu anderen Verformungen kommt es, wenn das Rad blockiert wird und der Wagen zu gleiten beginnt. Die bei solchen Überbremsungen entstehenden Flachstellen machen sich als unangenehme Schläge bemerkbar – und stören das Ohr durch rhythmisches Pochen. Überhaupt kommt den Bremsen beim Lärmschutz eine Schlüsselrolle zu. Die Grauguss-Klotzbremsen, mit denen die meisten herkömmlichen Güterzüge ausgestattet sind, setzen Rädern und Schienen stark zu. Wenn Metall über Metall schrammt, wird die Radsohle förmlich aufgerissen. Ein zerklüftetes Rad wiederum raut auch die Schienen auf und verursacht Vibrationen, die über die Radsatzführung starr weitergeleitet werden. Dadurch dröhnt der Wagen wie ein grosser Resonanzkasten. Geld für leisere Züge Mit der Zustimmung zur FinöV-Vorlage über die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs hat das Stimmvolk 1998 auch 1,85 Milliarden Franken für die Lärmsanierung des Schienenverkehrs bewilligt. Die Bahnen finanzieren damit unter anderem den allmählichen Ersatz der Graugussbremsen durch Bremsklötze aus synthetischem Material, was zumindest eine der Lärmquellen beim Güterverkehr etwas eindämmt. «Die Sanierung der Bremsen ist sicher begrüssenswert, doch der technische Fortschritt ermöglicht grundsätzlichere Verbesserungen», sagt der Akustiker Jean-Daniel Liengme von der BAFUSektion Bahnen und Raumplanung. Ein intelligentes Drehgestell Mit Unterstützung der Umwelttechnologieförderung des Bundes entwickelt ein Konsortium von deutschen und Schweizer Partnern seit 1999 unter dem Namen LEILA ein leichtes und lärm- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 37 armes Drehgestell für Güterwagen. Die Josef Meyer Transport Technology AG ist federführend am Projekt beteiligt. Sie hat einen HUPAC-Güterwagen mit dem modernen Drehgestell ausgerüstet und führt Versuchsfahrten mit der neuen Konstruktion durch. Gegenüber herkömmlichen Modellen weist LEILA eine Reihe von Vorteilen auf. So verfügt es über Radscheibenbremsen aus Kunststoff, die sich seitlich an das Rad pressen. Zum einen wird damit die Radsohle geschont und bleibt glatt; zum anderen dämpft die Bremsscheibe den vom Rad abstrahlenden Schall. Nicht zuletzt dank der Bremsen erreicht die Neuentwicklung in Fahrversuchen gegenüber dem konventionellen Drehgestell Y25 einen um bis zu 20 Dezibel tieferen Dauerschallpegel. Das heisst: 64 mit LEILA ausgerüstete Wagen verursachen zusammen nicht mehr Lärm als ein einziger Güterwagen mit Graugussbremsen. Auch die durch Überbremsung verursachten Flachstellen sind bei LEILA nicht zu befürchten. Denn das Drehgestell verfügt über einen Gleitschutz, der ähnlich wie das Antiblockiersystem ABS beim Auto funktioniert. LEILA ist nämlich nicht nur mechanisch ausgereift, sondern auch intelligent. Jedes Drehgestell ist mit einem Rechner ausgerüstet, der kontinuierlich Geschwindigkeit, Verzögerung und zahlreiche andere Parameter misst. Auf diese Weise können der Gleitschutz gesteuert und die erforderliche Bremskraft präzise und auch abgestimmt auf das Ladegewicht dosiert werden. Effizienz und Sicherheit als Trumpf Eine weitere wesentliche Neuerung besteht im Kreuzanker, einer Verbindung zwischen den sich diagonal gegenüberliegenden Lagergehäusen der Räder. Dank dieser Konstruktion stellen sich die Räder beim Durchfahren von Kurven radial auf den Bogen ein. Im Vergleich zu den starr geführten Achsen herkömmlicher Güterwagen nimmt dadurch bei LEILA die Reibung an den Schienen und damit auch das berüchtigte Kurvenkreischen ab. Messungen ergaben bis zu 30 Prozent weniger Reibung als beim Y25, was nicht nur den Lärm, sondern auch den Energieeinsatz vermindert. «Auf der Gotthardstrecke braucht LEILA etwa 5 Prozent weniger Energie», schätzt Hansjörg Candrian. Genauere Angaben zur Energieeffizienz wird eine Studie der ETH Zürich liefern, an der sich auch das BAFU beteiligt. Dank des elektronischen «Gehirns» von LEILA lassen sich viele Abläufe rascher und wirkungsvoller erledigen. Der Kreuzanker verbindet die diagonal gegenüberliegenden Lagergehäuse der Räder. Beim Durchfahren von Kurven stellen sich diese auf den Bogen ein, was die Reibung an den Schienen und damit das Kurvenkreischen reduziert. Josef Meyer Transport Technology AG 38 UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Geförderte Innovationen www.discoveryalps Die bei konventionellen Waggons mit Hammerschlägen vorgenommene Bremsprobe ist nun am Bildschirm möglich, misst LEILA doch kontinuierlich die auf alle Räder ausgeübte Bremskraft. Zudem erlaubt die ausgeklügelte Lauftechnik kombiniert mit dem modernen Bremssystem höhere Fahrgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h. Auf dem stark ausgelasteten Bahnnetz, dessen Kapazitäten immer mehr ausgereizt sind, erweist sich dies als erheblicher Vorteil. Weil der Rechner nebst zahlreichen Parametern auch die Vibrationen der Wagen erhebt, ist die Sicherheit dennoch gewährleistet: «Mit LEILA wären die meisten schweren Güterzugsunfälle der letzten Jahre nicht passiert», ist Hansjörg Candrian überzeugt. Es braucht finanzielle Anreize Noch hat LEILA die Serienreife nicht ganz erlangt. Seine Entwickler werden «Im Rahmen der Umwelttechnologieförderung hat der Bund verschiedene Projekte für einen leiseren Bahnverkehr unterstützt – unter anderem auch bei Schmalspurbahnen», sagt JeanDaniel Liengme vom BAFU. So erhielt die Montreux Oberland Bahn MOB Fördergelder für ihren Testbetrieb von technischen Massnahmen gegen das nervende Kurvenkreischen. Und die Rhätische Bahn RhB bekam Beiträge, um die lärmmindernde Wirkung von neuen Verbundstoff-Bremssohlen zu untersuchen und einen Radsatz mit spannungsarmen Monoblockrädern zu entwickeln. Dieses Projekt war ein derartiger Erfolg, dass die RhB bereits ein Jahr nach Abschluss des Vorhabens die gesamte Fördersumme von mehreren hunderttausend Franken zurückzahlen konnte. sich noch Gedanken über die zentrale Auswertung der vom System erhobenen Daten machen müssen. Zurzeit stehen weitere Versuchsfahrten zwischen Chiasso und Basel an, bei denen insbesondere die elektronische Überwachung getestet wird. Nebst der Technik müssen allerdings auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, wenn LEILA ein bahnbrechender Erfolg beschieden sein soll. Mit 70 000 bis 80 000 Franken wird das neue Drehgestell nämlich rund doppelt so viel kosten wie ein herkömmliches Modell. «Ob die Innovation ihre Trümpfe ausspielen kann, hängt nicht zuletzt von den künftigen Trassenpreisen ab», sagt Jean-Daniel Liengme. «Diese müssten nicht nur über das Gewicht der Güterwagen berechnet werden, sondern auch über deren Lärmemissionen.» LINKS www.aramis.admin.ch www.umwelt-schweiz.ch/laerm www.laerm.ch > Links Lärmarten > Bahnlärm www.josefmeyer.ch/de_jmr > Fachthemen > Drehgestell LEILA http://mct.sbb.ch/mct/umwelt > Umweltbereiche > Lärm www.igls.ch INFOS Jean-Daniel Liengme Abteilung Lärmbekämpfung BAFU Tel. 031 322 68 98 jean-daniel.liengme@bafu.admin.ch Lucienne Rey UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 39 NACHWACHSENDE ROHSTOFFE Berg- und Talfahrt bei der Grasverwertung Innovative Umwelttechnologien haben es oft schwer, sich auf dem Markt durchzusetzen. Das mussten auch die Entwickler einer vom Bund mitfinanzierten Pilotanlage erfahren, die aus Gras einen Baustoff, Tierfutter und Biogas gewinnen wollten. Nachdem der erste Versuch einer industriellen Umsetzung scheiterte, sind nun in Orbe VD, Deutschland und Brasilien Folgeprojekte angelaufen. Der Agronom Stefan Grass war sich seiner Sache sicher. Er glaubte an sein Konzept und liess sich auch von einem herben Rückschlag nicht entmutigen. Die Idee bestand darin, Gras in seine Komponenten aufzuspalten und daraus einerseits die Energieträger Biogas oder Ethanol zu produzieren und andererseits Tierfutter sowie einen Isolationsstoff für die Bauindustrie zu gewinnen. Ende 2001 erfolgte mit dem Bau einer Bioraffinerie in Schaffhausen die industrielle Umsetzung. Zuvor hatte der Forscher die Funktionstüchtigkeit des Verfahrens in einer vom Bund mitfinanzierten Pilotanlage in Märwil TG erfolgreich getestet. Rückschlag in Schaffhausen Für die kommerzielle Verwertung gründete man die Schaffhauser Bioenergie AG, an der die im Mehrheitsbesitz der Munotstadt befindliche Etawatt und weitere Investoren beteiligt waren. Zahlreiche Bauern erhielten eine neue Einkommensquelle. Für 100 Kilogramm Gras bekamen sie vier bis sechs Franken. In einem mechanischen Verfahren wurden aus dem natürlichen Rohstoff Zucker, Milchsäure, Amino- 40 säuren, Proteine und Mineralstoffe gelöst. Daraus lässt sich Energie oder Tierfutter gewinnen. Übrig bleiben Grasfasern, die als loser Einblasdämmstoff dienen können. Anvisierte Kunden waren Unternehmen der regionalen Bauindustrie. Doch schon nach einem Jahr kam das Aus. Laut Stefan Grass drängten die Geldgeber viel zu früh auf schwarze Zahlen. Wie bei jeder neuen Technologie gab es Kinderkrankheiten. Das Gras war oft mit Holzresten oder Steinen verunreinigt, und die Bauwirtschaft liess sich nur langsam für das neue Isolationsmaterial gewinnen. Aber aus wirtschaftlichen Gründen blieb keine Zeit, um nach einem hoffnungsvollen Start aus den Fehlern zu lernen. Dem raschen Ende der Bioenergie AG zum Trotz war Stefan Grass immer noch überzeugt, aus Gras erfolgreich Baustoffe oder Tierfutter sowie Energie produzieren zu können – allerdings nur unter der Bedingung einer besseren Rentabilität. Ein zweiter Anlauf in Orbe «Die Entwicklung von neuen Technologien zur Entlastung der Umwelt ist kein UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG geradliniger Weg», kommentiert Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU, die Anfangsschwierigkeiten. «Bisweilen gibt es technische oder wirtschaftliche Rückschläge, und manchmal sind Umwege erforderlich, um die ursprünglichen Ziele zu erreichen.» Als die im Umweltbereich tätige Granit SA in Orbe VD bereit war, in die Verbesserung der Technologie zu investieren, nutzte Stefan Grass die Gelegenheit, wobei er zwei wesentliche Dinge veränderte. In Schaffhausen musste das Gras aufgrund der unbefriedigenden Qualität oft noch gereinigt werden, weshalb man die Bioraffinerie nie über längere Zeit betreiben konnte. Nun liefert ein Bauer aus der Umgebung von Orbe sauberes Gras und nimmt der Anlage in einer Art Tauschgeschäft nährstoffreiches Wasser ab, das er in einer Biogasanlage verwertet. Höhere Wertschöpfung mit Dämmplatten Stand bei den ersten Grasverwertungsanlagen noch die Energiegewinnung im Vordergrund, vollzog Stefan Grass nun einen Paradigmenwechsel. Um die Wertschöpfung zu erhöhen, richtete er BAFU/AURA E. Ammon Isolation aus nachwachsenden Rohstoffen: Trockene Grasfasern dienen in Orbe VD als Ausgangsmaterial für die Produktion von Wärmedämmplatten. Die maschinell zu einem Vlies geformten Fasern werden im blauen Ofen getrocknet. Der Entwickler Stefan Grass präsentiert das in unterschiedlicher Dicke verfügbare Baumaterial. UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 41 Berge von Faserstoffen sein Augenmerk auf die Fasern, die sich als Baustoffe vermarkten lassen. Statt Fasermaterial in loser Form anzubieten, setzte er neu auf gepresste Isolationsmatten, die im Häuserbau ein wesentlich grösseres Marktpotenzial haben. Zuerst tüftelte der Forscher am idealen Herstellungsverfahren für die Grasfasermatten und optimierte deren Eigenschaften. Dann beantragte er für das neue Baumaterial die europäische technische Zulassung, die er nach umfangreichen und aufwendigen Produktprüfungen erhielt. Schliesslich suchte er geeignete Partner für den Anlagebau und führte Produktionsversuche durch. Der Bund unterstützte diese Arbeiten im Rahmen seiner Umwelttechnologieförderung mit einem im Erfolgsfall rückzahlbaren Beitrag von 20 Prozent der Gesamtkosten. Atmungsaktive Wärmeund Schalldämmung Die Grasfaserplatten sind unter dem Markennamen Gramitherm in einer Dicke zwischen 30 und 200 Millimetern verfügbar. Je nach unterschiedlicher Dichte fühlen sich die Platten flauschig weich oder hart und kompakt an. Erste Marktsondierungen ergaben für das Produkt eine lebhafte Nachfrage. «Mit dem Verkauf der Isolationsplatten können wir die Wertschöpfung 42 In der weiteren Umgebung von São Paulo flog der Zürcher Naturwissenschafter Markus Real vor ein paar Jahren mit einem Hubschrauber des in Brasilien tätigen Schweizer Flugunternehmers André de Reynier über einen Hügel, der ihn irritierte. Die Antwort auf die Frage, was das sei, löste zuerst Erstaunen aus und führte dann zu einer zündenden Idee. Der Hügel bestand vollkommen aus Bagasse, dem faserigen Abfallprodukt aus der Zuckerrohrproduktion. In Brasilien werden 55 Millionen Hektaren Land mit Zuckerrohr bepflanzt, was der 13-fachen Landesfläche der Schweiz gleichkommt. Markus Real kennt Stefan Grass und bewundert dessen Konzept einer ganzheitlichen Verwertung von Biomasse, insbesondere durch Nutzung der Faseranteile. Sofort fand er in André de Reynier einen Unternehmer, der das Projekt mittrug, aus dem Abfallstoff von Zuckerrohr Energie und verwertbare Faserstoffe zu gewinnen. In der Anfangsphase konnte er Bagasse gratis beziehen, inzwischen muss er dafür 20 Dollar pro Tonne bezahlen, was dem Brennwert des Abfalls entspricht. Die fast drei Autostunden westlich von São Paulo gelegene Versuchsanlage verfügt über eine jährliche Produktionskapazität von 3000 Tonnen Bagassefasern und ist startbereit. «Wir sind in einer interessanten Phase der Prototypeinführung», sagt Markus Real. «Interesse signalisieren die brasilianische Autoindustrie, aber auch Hersteller, welche die Naturfasern Kunststoffen beimischen wollen.» so weit steigern, dass die Produktion rentabel ist», sagt Stefan Grass. Seine Zuversicht begründet er mit dem vorhandenen Interesse und einem grossen UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG Absatzmarkt, denn wer baut, muss auch isolieren. Überzeugt von den Vorteilen Dass die umweltfreundlichen GrasfaserDämmplatten etwa 20 Prozent mehr kosten als Konkurrenzprodukte aus Glas- oder Steinwolle macht ihm keine Sorgen: «Wir sind halb so teuer wie vergleichbare Produkte aus Hanf oder Flachs.» Gegenüber dem ebenfalls zur Isolation von Aussenfassaden verwendeten Styropor haben Grasplatten den Vorteil, dass sie Schall dämmen und atmungsaktiv sind, während hohe Luftfeuchtigkeit am Styropor kondensiert. Dieselben Probleme weist auch die Glaswolle auf, wobei sie im Sommer zudem die Hitze weniger gut dämmt als Grasfaserplatten. Die Steinwolle hat den Nachteil, dass ihre feinen Fasern bei der Verarbeitung die Atemwege schädigen können. Die Fähigkeit, nicht nur gegen Kälte und Schall, sondern auch gegen Hitze zu isolieren und dazu ein ausgeglichenes Raumklima zu fördern, macht die Dämmplatten zu einem zukunftsfähigen Baumaterial. Im Spätherbst 2007 hat Stefan Grass mit seiner Biomass Process Solutions AG (BPS AG) unter Beteiligung der Granit SA in Orbe eine industrielle Anlage mit einer Fertigungsstrasse für die Platten erstellt. In zwei Stunden kann er aus Gras die für ein Einfamilienhaus notwendige Menge Isolationsmaterial produzieren. Der Businessplan sieht auch Lizenzverkäufe des industriellen Konzepts vor. Die BPS AG hat bereits zwei Kunden, die in Deutschland und Irland je eine Grasraffinerie realisieren wollen. Die Transportkosten für die pro Kubikmeter nur 30 Kilogramm leichten, aber voluminösen Platten sind teuer. Ideale Standorte finden sich deshalb im Schnittpunkt zwischen Landwirtschaftsregionen mit Wiesland und Ballungszentren, wo eine grosse Nachfrage der Bauindustrie besteht. Die Käufer der Anlage erhalten nicht nur ein Produktionssystem und die europäische technische Zulassung für das Produkt, son- dern auch eine Schulung im Bereich Qualitätssicherung. Mit der eigenen Produktionsanlage will Stefan Grass gleichzeitig die Weiterentwicklung der Technologie vorantreiben, denn aus den Grasfaserstoffen liessen sich weitere Produkte herstellen: Denkbar wäre etwa der Einsatz als Pflanzensubstrat, für Matratzenfüllungen oder als Geotextilien zur Stabilisierung von Steilhängen. Nur vier Jahre nach der grossen Enttäuschung sieht die Zukunft deshalb wieder rosig aus. «Ich wollte nach den Schwierigkeiten in Schaffhausen nicht einfach weglaufen, weil ich von der Nutzung des Rohstoffes überzeugt war», sagt Stefan Grass. «Ich will beweisen, dass die Idee zur kommerziellen Nutzung von Gras zukunftsträchtig ist. Viele Flächen liegen brach. Darauf wächst Gras, das immer und überall verfügbar ist und keine Nahrungsmittel konkurrenziert.» LINKS www.aramis.admin.ch www.bpsag.ch www.granit.net www.biowert.de www.edraecosistemas.com.br INFOS Daniel Zürcher, siehe Seite 10 Das Engagement trägt Früchte Auch Michael Gass, der ebenfalls am Projekt in Schaffhausen beteiligt war, ist der Glaube an die Grasverwertung nicht abhanden gekommen. Doch seine Firma Biowert AG in Aarau hat einen etwas anderen Weg eingeschlagen. Am 1. Juni 2007 eröffnete die Tochterfirma Biowert Industrie GmbH im hessischen Brensbach im Odenwald nordöstlich von Mannheim eine Produktionsanlage, die jährlich rund 20 000 Tonnen Gras zu 5000 Tonnen Faserstoffen verarbeiten kann. Mit einem vom Bund mitfinanzierten Flugschichttrockner gelingt es, den Faserstoffen die Brüchigkeit zu nehmen und sie weich und flexibel zu machen. Rund 75 Prozent der Produktion übernimmt die Bauindustrie als Einblasdämmstoff. Die Verwendung von Ökodämmstoffen wird in Deutschland staatlich subventioniert, so dass das Isolationsmaterial der Biowert AG konkurrenzfähig ist. Die restlichen Grasfasern werden als Zellstoffe mit Polyethylen und Polypropylen zu sogenannten CompoundKunststoffen verarbeitet. Daneben bietet die Firma Grasprotein als Tierfutter sowie Flüssigdünger an. Eine wichtige Rolle spielt auch die Gewinnung von Biogas. «Wir glauben, dass unser Produkt selbst dann noch gefragt ist, wenn die staatlichen Beihilfen wegfallen», sagt Michael Gass. Daniel Zürcher findet die Entwicklung erfreulich: «Aus einem scheinbar gescheiterten Projekt in Schaffhausen sind inzwischen gleich mehrere vielversprechende Anwendungen im Inund Ausland mit schweizerischer Beteiligung hervorgegangen.» Martin Arnold UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 43 TECHNOLOGIETRANSFER FÜR DEN KLIMASCHUTZ Weltweite Verbreitung sauberer Energien Sonne, Wind und Biogas sind Energiequellen, über die auch arme Länder reichlich verfügen. Schweizer Firmen besitzen die Technologie, um sie zu nutzen. REPIC – eine Initiative von vier Bundesstellen mit Beteiligung des BAFU – unterstützt den Technologietransfer und fördert damit den umweltverträglichen Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungs- und Schwellenländern. An den Hafenmolen im rumänischen Constantza – einer noch von den alten Griechen gegründeten Stadt am Schwarzen Meer – weht ein steifer Wind mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von mehr als 7 Metern pro Sekunde. Damit herrschen hier günstige Verhältnisse für eine energetische Nutzung. Im Raum Constantza soll denn auch der erste grössere Windpark Rumäniens entstehen. Geplant sind 16 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 30 bis 40 Megawatt. Mit dabei ist auch die Schweizer Firma NEK Umwelttechnik. Sie hat 2006 zusammen mit ihrem rumänischen Partner die Ausschreibung für den Millionenauftrag gewonnen. NEK ist als Projektentwicklerin schon seit einigen Jahren in Rumänien tätig und hat hier Windmessungen vorgenommen. Constantza entpuppte sich dabei als interessanter Standort. Auf ein Gesuch der NEK hin finanzierte die REPIC (Renewable Energy Promotion in International Co-operation) eine Machbarkeitsstudie, bei der die Windverhältnisse genauer evaluiert und die Standorteignung abgeklärt wurden. Grüne Energietechnik REPIC besteht seit 2004 und ist eine gemeinsame Initiative des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, der Direktion für Entwicklung und Zusammen- 44 arbeit DEZA, des Bundesamtes für Energie BFE sowie des BAFU. Die Plattform versteht sich als marktorientiertes Dienstleistungszentrum, dessen Angebot darin besteht, in Entwicklungsund Schwellenländern Projekte mit erneuerbaren Energien zu ermöglichen – und zwar unter Mitwirkung von Schweizer Unternehmen und Organisationen. REPIC kann sich dabei auf die langjährigen Erfahrungen der beteiligten Akteure stützen. Sie vermittelt Wissen und Kontakte und hilft, lokale Rahmenbedingungen abzuklären. Falls irgendwo ein Erfolg versprechendes Vorhaben heranreift, kann sie auch Beiträge zu einer Anschubfinanzierung leisten. Fördergelder mit grosser Hebelwirkung An die Machbarkeitsstudie für den Windpark in Constantza hat der Bund über das REPIC-Budget 74 500 Franken bezahlt. Der relativ geringe Beitrag war entscheidend, denn ohne diese Unterstützung wäre das Engagement seiner Firma wohl nicht zustande gekommen, meint Christoph Kapp von NEK Umwelttechnik: «Constantza hat uns die Türen für den rumänischen Windenergiemarkt geöffnet.» Rumänien hat ehrgeizige Pläne zur Nutzung der Windenergie, soll sie dem Land doch helfen, seine Kyoto-Verpflichtungen zu erfül- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG len. NEK steht in Verhandlungen mit Dutzenden potenziellen Kunden. REPIC verfügt für die zweite Förderperiode von 2007 bis 2010 über ein Gesamtbudget von 4 Millionen Franken. «Bei Projekten mit einem realistischen, nachhaltigen und marktorientierten Ansatz helfen wir, die Risiken mit gezielten Finanzspritzen zu senken», sagt REPIC-Sekretär Stefan Nowak von der NET Nowak Energie & Technologie. «Dabei konzentrieren wir uns auf die Vorbereitungsphase, in der Bedürfnisse, Marktsituation und Bedingungen abgeklärt werden.» Während der ersten drei Jahre hat REPIC 15 Projekte mit 1,19 Millionen Franken gefördert und damit ein Projektvolumen von 5,23 Millionen Franken ausgelöst. Biogasnutzung in Brasilien Schweinemästereien und Hühnerfarmen im Süden Brasiliens produzieren nebst Fleisch und Eiern auch sehr viel Gülle, aus der sich Biogas gewinnen liesse. Schweizer Firmen verfügen über die dafür geeignete Technologie. Tierische Exkremente werden zusammen mit energiereichem pflanzlichem Material vergärt. Doch gibt es für solche Anlagen auch einen Markt? Nachdem erste Grobabschätzungen gezeigt hatten, dass dies der Fall und eine Biogasproduktion bei den gegebenen Energiepreisen rentabel sein könnte, Genesys Biogas AG / entec Consulting & Engineering / SunDance / Solsuisse GIE Mit der Initiative REPIC fördert der Bund den Einsatz erneuerbarer Energien in Entwicklungsländern: Lager für die Nutzung von Biogas aus Gülle in Brasilien (oben links), Montage eines Hydrauliklabors der ETH für kleine Wasserkraftwerke in Indonesien und mit Solarenergie betriebener Pumpbrunnen in Mali. finanzierte REPIC eine Machbarkeitsstudie der Firma Ernst Basler + Partner in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Ingenieurbüro Genesys für den Technologietransfer Schweiz–Brasilien. «Die Studie hat das Marktpotenzial bestätigt und lokale Partner für eine industrielle Produktion von Anlagen identifiziert», berichtet Stefan Nowak. Strom aus Kaffeeabfällen Ein anderes Biogas-Projekt ist in Costa Rica angesiedelt. Die nationale Energie- behörde erwartet einen baldigen Stromengpass. Deshalb benötigt das Land dringend neue Technologien zur Elektrizitätsproduktion. Recherchen der Energie- und Umwelttechnikfirma Biowaste zeigten, dass Biogas einen Teil der Stromlücke füllen könnte. Eine Machbarkeitsstudie der REPIC soll nun das optimale weitere Vorgehen für den Bau einer Biogasanlage aufzeigen, die Kaffeepulpa – die festen organischen Abfälle aus der Kaffeeproduktion – und andere Biomasse zu Gas vergärt. Mit von der Partie ist wiederum das Ingenieurbüro Genesys, das bereits in mehreren Ländern Europas und Amerikas Biogasanlagen realisiert hat. Ein Hydrauliklabor für Indonesien Indonesien verfügt über ein riesiges Wasserkraftpotenzial, das sich mit Kleinkraftwerken zur Elektrifizierung von ländlichen Gebieten besser nutzen liesse. Es existiert auch eine lokale Industrie, die solche Anlagen produziert. Doch für Kraftwerke in einem bestimm- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 45 ten Grössenbereich von etwa 100 Kilowatt bis 1 Megawatt ist das Land auf Importe angewiesen, die den Stromgestehungspreis massiv erhöhen. Um diese Lücke zu schliessen, soll das lokal vorhandene Know-how nun in einem Kompetenzzentrum für wasserbetriebene Kleinkraftwerke weiterentwickelt werden. Die lokale Industrie erhält hier die Möglichkeit, ihre Produkte zu testen und zu verbessern. Damit erlebt das von der Zürcher Hochschule für Technik nicht mehr benötigte Hydrauliklabor eine Renaissance. Das für Versuche an Strömungsmaschinen komplett eingerichtete Labor ist zwar auf dem neusten Stand der Technik, hat aber für die Schweiz seine Bedeutung verloren. Hauptgründe dafür sind der relativ hohe Ausbaugrad der Wasserkraft und eine nur noch beschränkt vorhandene Industrie für Kleinwasserkraftanlagen. Jetzt wird das Labor nach Indonesien gezügelt. Partnerin ist die Firma Entec, die sich als Agentin für Technologietransfer und Lösungen im Umwelt- und Energiesektor versteht. Sonnenenergie für Frieden und Entwicklung Bei einem Infrastrukturprojekt im Gebiet um Timbuktu am südlichen Rand der Sahara im Norden Malis geht es vordergründig um die solare Wasserversorgung. Doch darüber hinaus betrifft das Vorhaben Bereiche wie wirtschaftliche Innovation, Bildung, Arbeitsplätze, den Aufbau lokaler Märkte und nicht zuletzt die Friedenssicherung in der Region. Ein Bürgerkrieg hatte hier zu Beginn der 1990er-Jahre 2000 Menschen das Leben gekostet und 80 000 Leute vertrieben. Nach dem Friedensschluss kehrten die Flüchtlinge zurück, unterstützt von einem Rückführungspro- 46 gramm des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Im Rahmen dieses Programms half der Geologe und Wasserexperte Fredy Wirz vom Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe SKH bei der Wiederinstandsetzung der vielen verfallenen Brunnen und Wasserstellen im Land. Heute setzt er im Verein SunDance sein Werk fort. Es geht um den Aufbau einer Wasserversorgung, bei der die Wüstensonne den Strom zum Pumpen von Trinkwasser guter Qualität aus Brunnenbohrungen liefert. SunDance arbeitet mit einer lokalen Partnerorganisation zusammen. Bisher konnten in sechs Dorfgemeinschaften solare Wasserversorgungen gebaut werden. Die Pumpen tun ihren Dienst zuverlässig. In einzelnen Dörfern ermöglichen sie die Bewässerung von Gemüsebeeten, auf denen man auch für den Markt in Timbuktu produziert. Anderswo wurde das Wasser als Viehtränke zu einer Einnahmequelle des Dorfes: Auf den Karawanenrouten durchziehende Nomaden lassen hier ihre Tiere trinken und bezahlen dafür. «Die Spannungen bezüglich Wasserressourcen haben durch die verschiedenen Solaranlagen im ganzen Gebiet abgenommen», heisst es bei SunDance. «Diese spielen eine wichtige Rolle im Bemühen, die Konflikte in der Region abzuschwächen, und sind eine Voraussetzung für dauerhaften Frieden zwischen den vielen Ethnien.» Lokal verankertes Mikrofinanzsystem Um einen langfristigen Betrieb der Wasserversorgung zu gewährleisten, braucht es aber ausgebildete Leute und eine lokale Solarwirtschaft. Hier setzt das REPIC-Infrastrukturprojekt an. Nebst dem Bau von acht weiteren dörf- UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG lichen Wasserversorgungen beinhaltet es auch die Errichtung eines Ausbildungszentrums für Solartechniker am Gymnasium von Timbuktu, den Aufbau eines Verkaufs- und Unterhaltsnetzes sowie eines lokal verankerten Mikrofinanzsystems. Letzteres sei wichtig, um dem Einsatz von erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen, sagt Stefan Nowak. Wo Einkommen generiert und Ersparnisse erzielt werden, entsteht auch lokales Kapital, das für mögliche Investitionen in Entwicklungsprojekte zur Verfügung steht. Es handelt sich um kleine Beträge im Gegenwert von einigen Hundert bis zu Tausend Franken, die Rückzahlung erfolgt in Raten. Die Rechnung geht für alle auf, doch es braucht ein funktionierendes System zur Abwicklung der Geschäfte. Hansjakob Baumgartner LINKS www.aramis.admin.ch www.repic.ch www.nek.ch www.edch.ch www.ebp.ch www.genesys.ch www.sundance.ch www.entec.ch INFOS Stefan Nowak Sekretariat, REPIC Tel. 026 494 00 30 info@repic.ch Daniel Zürcher, siehe Seite 10 FORSCHUNGSDATENBANK DES BUNDES ARAMIS schafft Transparenz ARAMIS ist eine im Internet öffentlich zugängliche Forschungsdatenbank des Bundes. Die Website www.aramis.admin.ch bietet unter anderem ergänzende Informationen zu sämtlichen Projekten der Umwelttechnologieförderung. bjo. In der Datenbank ARAMIS finden sich Angaben zu allen vom Bund finanzierten oder durchgeführten Forschungsarbeiten. Damit soll die Koordination verbessert und Transparenz geschaffen werden. Jedem Projekt der Umwelttechnologieförderung (UTF) ist eine der nachstehenden Buchstaben- und Zahlenkombinationen zugeordnet. Wird diese im Suchfeld «Projektsuche» auf der Website www.aramis.admin.ch eingegeben, erscheinen Informationen zum jeweiligen Forschungsvorhaben. Wer zum Beispiel mehr über die Rauchpistole wissen will, tippt UTF 187.17.06 ein. UMWELT listet die Projekte in der Reihenfolge der Dossier-Themen im Heft auf. Ökoeffizienz (Seiten 17 – 20) • Cleaner Production: UTF 19.08.99 • Netzwerk Prepare.ch: UTF 92.09.03 Innovative Messinstrumente (Seiten 21 – 23) • Nanopartikel-Feldmesstechnik: UTF 10.06.98 • Messgerät für Feinstaub: UTF 50.05.01 • DISC-Messgerät: UTF 205 35.06 • Rauchpistole: UTF 187.17.06 • HSDM-Bodenmessgerät: UTF 114.06.04 Abgasreinigung (Seiten 24 – 28) • Partikelfiltersystem für Kleinbusse/PKW: UTF 101.18.03 • Partikelfilter für Traktoren: UTF 155.20.05 • Partikelfilter für Scooter: UTF 153.18.05 • Saubere Berner Busse: UTF 30.04.00 • NOX-Reduktion bei mobilen Dieselmotoren: UTF 61.01.02 • DeNOX für Kommunalfahrzeuge: UTF 162.27.05 • Hybridfilter: UTF 48.03.01 • Elektro- und Gewebefilter: UTF 215.06.07 Gewässerschutz (Seiten 29 – 31) • Trinkwasseraufbereitung der Zukunft: UTF 140.05.05 • Membranen in Kläranlagen: UTF 98.15.03 • Wiederverwendung Toilettenabwasser: UTF 181.11.06 • Kompaktkläranlage: UTF 139.04.05 • Solare Wasserentsalzung: UTF 131.23.04 Abfallwirtschaft (Seiten 32 – 35) • Trockenentschlacker: UTF 165.30.05 • exDiox: UTF 150.15.05 • Metalle aus Elektrofilterasche: UTF 05.01.98 • Zinkrecycling aus Elektrofilterasche: UTF 118.10.04 Lärmschutz Eisenbahn (Seiten 36 – 39) • LEILA: UTF 62.02.02 • Weiterentwicklung LEILA: UTF 149.14.05 • Kurvenkreischen MOB: UTF 167.32.05 • Lärmreduktion Rhätische Bahn: UTF 99.16.03 Nachwachsende Rohstoffe (Seiten 40 – 43) • Entwicklung von Grasfaserdämmplatten: UTF 91.08.03 • Pilotanlage Grasfaserdämmplatten: UTF 122.14.04 • Flugschichttrockner: UTF 158.23.05 • Naturfaser-Polypropylen-Compound: UTF 185.15.06 • Verwertung von Bagasse: UTF 27.01.00 Technologietransfer und Klimaschutz (Seiten 44 – 46) • REPIC: UTF 108.25.03 UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG 47 www.umwelt-schweiz.ch/technologiefoerderung (D, F, I) Fördermittel für innovative Projekte Dem BAFU stehen pro Jahr 4 Millionen Franken zur Verfügung, um die Entwicklung innovativer Umwelttechnologien mit Bundesbeiträgen zu unterstützen. Dazu arbeitet das Amt eng mit der Förderagentur für Innovation (www.bbt.admin.ch/kti), mit Institutionen der angewandten Forschung und mit Privatfirmen der Umweltbranche zusammen. Ziel ist unter anderem, die Umwelt mit ökoeffizienten Produkten, Technologien und Verfahren zu entlasten. www.umwelttechnik-verband.ch (D, F, E) Gemeinsame Auslandspräsenz Der Schweizerische Verband für Umwelttechnik SVUT vereint gut 110 Firmen und Fachleute aus allen Bereichen der Umwelttechnik. Er engagiert sich für ganzheitliche Branchenlösungen unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung. Der SVUT will exportorientierten Unternehmen den Zugang zu neuen Märkten öffnen – so unter anderem durch die Organisation und Betreuung von Gemeinschaftsauftritten bei Umwelt-Fachmessen. www.swissmem.ch > Mitglieder > Fachgruppen > www.repic.ch (D, F, E) Umwelttechnik (D, F, E) Plattform für erneuerbare Energien REPIC ist die gemeinsame Plattform der vier Bundesstellen DEZA, SECO, BFE und BAFU zur Förderung der erneuerbaren Energien in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie koordiniert und stärkt die entsprechenden Aktivitäten der Schweiz. Zusammenschluss der grösseren Firmen Der Verband SWISSMEM vertritt die Interessen der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. In der Fachgruppe Umwelttechnik haben sich die 21 grössten Firmen der Branche zusammengeschlossen. Mit ihren Technologien bieten sie ganzheitliche Lösungen in allen Bereichen des Umweltschutzes an. www.osec.ch (D, F, I, E) Beratung bei Projekten im Ausland Durch kompetente Unterstützung von Schweizer Firmen in der Vorbereitungsphase eines Auslandsprojekts will die im Bereich Exportförderung tätige Osec die Chancen einer erfolgreichen Realisierung steigern. Für die Beratung bei der Erschliessung neuer Märkte verfügt sie über ein umfassendes Netzwerk von Kompetenzpartnern im In- und Ausland. www.oebu.ch (D, F) www.eco-net.ch (D, F) www.cleaner-production.com (D, E) Den Technologietransfer stärken Das vom BAFU mitgegründete Fachkonsortium Eco-net will durch die Vernetzung von potenziellen Partnern aus Wirtschaft und Forschung den Austausch von Know-how sowie den Technologietransfer stärken. Die Website ist zweigeteilt: Neben Informationen über die Aktivitäten des Gremiums finden sich auch Angaben zu Finanzierungsinstrumenten für den Export und zu Projektausschreibungen sowie über internationale Märkte, Messen und Kongresse im Umweltbereich. Portal für den Umwelttechnologietransfer Cleaner Production Germany ist eine Informationsplattform des deutschen Umweltbundesamtes. Hier finden sich unter anderem Angaben über internationale Förderinstrumente und Ansprechpartner im Bereich Technologietransfer und über 1500 ausführliche Praxisbeispiele zum Stand der Technik. www.prepare.ch (D) Netzwerk für Ökoeffizienz Ziel des vom BAFU mitinitiierten Netzwerks prepare.ch ist die Verbesserung der Ökoeffizienz. Als Informations- und Wissensplattform ermöglicht es den Austausch zwischen Interessierten aus Industrie, Verwaltung und Forschung und fördert die Verbreitung der Cleaner-Production-Strategie in Schweizer Unternehmen. Die Organisation ist eingebunden in das gleichnamige europäische Netzwerk > www.preparenet.org. 48 Nachhaltiges Wirtschaften In der Schweizerischen Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmensführung ÖBU sind etwa 300 Firmen unterschiedlicher Grösse und Ausrichtung organisiert. Ihr gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung der Schweizer Wirtschaft nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit. www.euroenviron.com (E) Informationsaustausch in Europa EuroEnviron ist eine Initiative von 38 europäischen Ländern zur Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Umweltbereich. Schwerpunkte der über 150 lancierten Projekte bilden die Themen Abwasser- sowie Bodenaufbereitung, Luftreinhaltung, Abfallbewirtschaftung, Recycling, Ressourcenmanagement und Umweltkatastrophen. online UMWELT 1/08 DOSSIER UMWELTTECHNOLOGIEFÖRDERUNG ABFALLWIRTSCHAFT Migranten mit einbeziehen Der Alltag in einem fremden Land konfrontiert viele Migrantinnen und Einwanderer mit nicht vertrauten Sitten, Vorschriften und Gewohnheiten. Dies gilt auch für die Entsorgung von Abfällen. Der vierte nationale Aktionstag «Wahre Werte» vom 16. und 17. Mai 2008 will deshalb zu einer besseren Aufklärung beitragen. Schriftliche Informationen der Gemeinden zu Umweltthemen erreichen längst nicht alle Haushalte. Vor allem bei den hierzulande lebenden Migrantinnen und Migranten, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, scheitert die Kommunikation oft an sprachlichen Hindernissen, so dass Abfallkalender und Merkblätter mit Entsorgungstipps häufig entweder gar nicht gelesen oder nur teilweise verstanden werden. Zugewanderten Menschen fehlen aber vielfach auch die Mitwirkungsmöglichkeiten im Quartier, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Interkulturelle Arbeitsgruppen Der – mit Unterstützung des BAFU – am 16. und 17. Mai 2008 bereits zum vierten Mal stattfindende nationale Aktionstag «Wahre Werte» soll dies ändern. In Zusammenarbeit mit der Taskforce interkulturelle Konflikte TikK hat die Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz Pusch zu diesem Zweck einen partizipativen Ansatz entwickelt. Damit Alltagstipps zum bewussten Umgang mit Rohstoffen, Produkten und Abfällen auch Zugewanderte besser erreichen, sollen Vertreter von Migrantengruppen künftig stärker in Gemeindeaktivitäten – wie etwa die Planung von lokalen Aktionstagen – eingebun- den werden. Ziel ist, dass sie in interkulturellen Arbeitsgruppen eng mit Einheimischen aus der kommunalen Verwaltung, Vereinen, Jugendgruppen und weiteren Organisationen zusammenarbeiten, um zum Beispiel Bringund Holtage, einen Recyclingparcours, Aufräumaktionen, Tage der offenen Tür in Abfallentsorgungsanlagen oder abfallarme Feste zu veranstalten. Erfolgreiche Pilotprojekte Der persönliche Kontakt und hautnahe Erlebnisse im Rahmen der über 250 jährlich durchgeführten lokalen Aktionen erhöhen die Sensibilisierung der gesamten Bevölkerung für Umweltfragen und können im Alltag eher Verhaltensänderungen bewirken als die konventionelle Öffentlichkeitsarbeit. Entsprechende Pilotprojekte mit Beteiligung von ausländischen Personen in Weinfelden TG, Uster ZH und Langenthal BE bestätigen die positive Wirkung dieses Ansatzes. Durch die Mitarbeit in einer interkulturellen Arbeitsgruppe sind die Migranten auch besser in das Gemeinwesen integriert. Pusch unterstützt die Organisatoren von lokalen Aktionen bei der Planung und Durchführung mit verschiedenen Hilfsmitteln. www.aktionstag.ch zVg Ein Bring- und Holtag – wie hier 2006 in Uster ZH – ist ein Publikumsmagnet und hilft, auch die ausländische Bevölkerung für das Anliegen der Abfallvermeidung zu sensibilisieren. LINKS www.tikk.ch www.konfliktophon.ch INFOS Esther Delli Santi Stiftung Pusch Tel. 044 267 44 15 esther.dellisanti@umweltschutz.ch Esther Delli Santi UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 49 UMWELTFORSCHUNG Neue Impulse für umweltverträgliches Handeln Die Schweizer Umweltforschung soll verstärkt zu einer wirksamen Umweltpolitik beitragen. Mit dem neuen Forschungskonzept Umwelt für die Vierjahresperiode bis 2011 will das BAFU die Umweltforschung näher an die Praxis und ans tägliche Handeln heranführen. Unsere Welt wird immer komplexer. Wir leben in einem zunehmend enger geknüpften Geflecht von Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Wer in dieser Situation zukunftsweisende Entscheidungen treffen muss, ist auch in der Umweltpolitik auf zuverlässige Informationen angewiesen. «Eine wirksame und effiziente Umweltpolitik funktioniert nicht ohne wissenschaftlich fundierte Grundlagen», stellt BAFU-Vizedirektor Gérard Poffet fest. «Deshalb bildet eine starke und umfassende Umweltforschung die Basis für umweltrelevante Entscheidungen auf allen Ebenen.» Aus diesem Grund engagiert sich das BAFU aktiv in der Umweltforschung und definiert zusammen mit externen Fachleuten Prioritäten und Schwerpunkte. Diese werden alle vier Jahre im Forschungskonzept Umwelt veröffentlicht. Wissenslücken schliessen Das BAFU will mit seinen Forschungskonzepten Impulse setzen und damit erreichen, dass Wissenslücken geschlossen werden. Ein Beispiel dafür ist die umfassende Ökobilanz von biogenen Treibstoffen. Eine kürzlich veröffentliche Vergleichsstudie zählt zu den Erfolgsgeschichten der vom Amt initiierten Umweltforschung. Auslöser für den Auftrag war ein Informationsmanko, das den Fachleuten beim BAFU und 50 UMWELT 1/08 UMWELTFORSCHUNG im Bundesamt für Energie BFE regelmässig Kopfzerbrechen bereitete. «Wir hatten immer wieder Schwierigkeiten, die Qualität von Projektvorschlägen im Bereich der erneuerbaren Energien zu beurteilen», sagt Daniel Zürcher, Chef der Sektion Innovation beim BAFU. Es habe sich daher als schwierig erwiesen, die Fördergelder ohne objektive Entscheidungshilfe optimal einzusetzen. Kein Freipass für biogene Treibstoffe Inzwischen haben Spezialisten der Materialprüfungsanstalt Empa dieses Instrument erarbeitet. Dazu untersuchten sie die relevanten Umwelteinwirkungen verschiedener Anbauprodukte und Abfallrohstoffe aus dem In- und Ausland, die zur Herstellung von biogenen Treibstoffen genutzt werden. Dabei kamen sie zum Schluss, dass diese nicht notwendigerweise umweltfreundlicher sind als fossile Kraftstoffe wie Benzin und Diesel. Je nach Herkunft, Produkt, Anbaumethoden und Verarbeitung bestehen enorme Unterschiede. So verursachen einige dieser Treibstoffe zwar erheblich weniger klimawirksame Gase als konventioneller Sprit, doch bei Anbau und Verarbeitung von Landwirtschaftsprodukten wie Mais, Raps oder Soja entstehen weit höhere Umweltbelastungen. Insbesondere die Beeinträchtigung von Wasser und Böden verschlechtert die ökologische Gesamtbilanz mehrerer biogener Treibstoffe deutlich. Allerdings könnte eine umweltgerechtere Bewirtschaftung die Ökobilanz der Energiepflanzen vom Feld markant verbessern (siehe UMWELT 2/2007, Seite 52). International anerkannte Daten Die Resultate der vom BAFU gemeinsam mit dem BFE und dem Bundesamt für Landwirtschaft BLW in Auftrag gegebenen Studie dienen nicht nur als Entscheidungshilfe für die Vergabe von Fördergeldern. Sie liefern auch wissenschaftlich korrekte Argumente in einer weltweit heiss geführten Debatte, die sich um die Frage dreht, unter welchen Voraussetzungen Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ökologisch sinnvoll sind. Auch die OECD hat sich inzwischen des Themas angenommen und stützt sich für ihre Empfehlungen auf die Ergebnisse der Empa-Studie. Die internationale Anerkennung beruht auf deren absolut transparenten und nachvollziehbaren Resultaten. Diese wiederum basieren auf der ÖkobilanzDatenbank ecoinvent, einer weiteren Schweizer Entwicklung, die sich im Bereich der Umweltforschung weltweit allmählich als Standard durchsetzt. Die vertiefte Analyse der Biotreibstoffe wird auch in der Schweiz konkrete Folgen haben: Vor diesem HinFortsetzung Seite 52 Fünf Forschungsschwerpunkte 1 Handlungsmöglichkeiten für eine intakte Umwelt: Die Forschung soll die Bedeutung der verschiedenen Akteure für die Erhaltung einer intakten Umwelt analysieren. Zu untersuchen sind deren Rolle auf individueller, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene. Ziel ist das bessere Verständnis der Faktoren, die zu umweltschädigendem Verhalten führen. Umgekehrt sind auch Wege aufzuzeigen, die zu umweltschonendem Handeln anregen. BEISPIEL: Stärkung des Umweltunterrichts an den Schulen. 2 Schutz vor Schadstoffen und Umweltbelastungen: Die Forschung soll Methoden entwickeln, um ökologische Risiken von schädlichen Substanzen frühzeitig zu erkennen. Gefragt sind Grundlagen zur Definition von Grenzwerten und Anreizsysteme für umweltverträgliches Handeln. BEISPIEL: Aufzeigen von Lösungen zur Eindämmung von Feinstaub aus Dieselmotoren und Holzfeuerungen. 3 Schutz und schonende Nutzung der natürlichen Ressourcen: Die Forschung soll mit Hilfe entsprechender Modelle abschätzen, wie sich unterschiedliche Formen der Landnutzung auf die Stoff-, Wasser- und Energiekreisläufe auswirken. Unter Berücksichtigung des Klimawandels ist auch die Nachhaltigkeit der diversen Landnutzungsformen zu untersuchen. BEISPIEL: Analyse der Auswirkungen unterschiedlicher Landnutzungen auf die Biodiversität. 4 Klimawandel: Die Forschung soll neue, integrative Modelle entwickeln, um den Verlauf der Klimaänderung sowie deren Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und die komplexen Umweltsysteme abschätzen zu können. BEISPIEL: Abklärung der Folgen der sich verändernden Klimabedingungen auf die Schweizer Landwirtschaft. 5 Naturgefahren und technische Risiken: Die Forschung soll Grundlagenwissen erarbeiten, damit Risiken frühzeitig erkannt und Katastrophen möglichst vermieden werden können. Es geht darum, Risiken aufzuzeigen, Schutzziele zu entwickeln und umfassende Massnahmen vorzuschlagen. BEISPIEL: Abklärung der Möglichkeiten und Grenzen von baulichen Massnahmen im Hochwasserschutz. BAFU/AURA UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 51 tergrund entscheidet der Bundesrat, welche biogenen Treibstoffe gefördert und von der Mineralölsteuer befreit werden sollen. Erkenntnisse für umweltfreundliches Handeln «Mit dieser Studie haben wir Prioritäten aufgezeigt und Forschung angeschoben», sagt Daniel Zürcher. Vor allem aber habe die Wissenschaft Erkenntnisse für umweltfreundliches Handeln auf unterschiedlichen Ebenen liefern können. So ist der Politik heute bewusst, dass es für die Förderung von biogenen Treibstoffen differenzierte Ansätze braucht. Die Bauern wissen, unter welchen Herstellungsbedingungen ihre entsprechenden Produkte ökologischen Kriterien genügen. Und die Konsumenten können davon ausgehen, dass die künftig an Tankstellen angebotenen biogenen Treibstoffe einen Umweltvorteil aufweisen – denn nur sie sollten in den Genuss von Steuerbefreiungen kommen. Ein Zeichen dafür, dass die Auftraggeber mit dem Thema ihrer Untersuchung richtig lagen, ist auch die Tatsache, dass die Empa am ÖkobilanzVergleich weiterarbeitet. Sie tut dies zum Beispiel im Auftrag einer Firma, die das Potenzial von weiteren nachwachsenden Rohstoffen zur Herstellung von Treibstoff abklären will. Zusätzlichen Forschungsbedarf sieht auch das BAFU: Eine neu zu entwickelnde Methode soll künftig sicherstellen, dass Ökobilanzen auch die Auswirkungen auf die Biodiversität besser einbeziehen. Schnittstelle Forschung – Politik Im Forschungskonzept für die Jahre 2008 bis 2011 kommt neben den bisher 52 UMWELT 1/08 UMWELTFORSCHUNG stark auf die klassischen Umweltschutzthemen ausgerichteten Prioritäten ein zusätzlicher Schwerpunkt hinzu. Unter dem Stichwort «Handlungsmöglichkeiten» soll er die in unserer Gesellschaft vorhandene «Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln» erklären und überwinden helfen. Das Thema beeinflusse alle übrigen Forschungsschwerpunkte, sagt Saskia Willemse, Leiterin der Umweltforschung beim BAFU. Konkret will man zum Beispiel Umweltfragen an den Schulen vermehrt thematisieren – so etwa durch neue Lehrmittel und verbesserte Ausbildungsprogramme für Lehrpersonen. Wie bereits in den vergangenen vier Jahren gehört der Klimawandel auch im neuen Konzept zu den Forschungsprioritäten. Von den entsprechenden Impulsen des BAFU profitiert unter anderem der Nationale Forschungsschwerpunkt NFS Klima als Netzwerk der Schweizer Klimaforschung. «Ohne diese Anregungen hätten wir keine Projekte zur Realisierbarkeit der 2000Watt-Gesellschaft oder zum Potenzial des Emissionshandels in unser Programm aufgenommen», sagt Martin Grosjean, Geschäftsleiter des NFS Klima. Er sieht die Aufgabe des BAFU in der Umweltforschung nicht nur als Ideenlieferant und Auftraggeber. Einzigartig sei, dass sich diese Studien direkt auf die Schweizer Politik auswirkten. «An der Schnittstelle zwischen Forschung und Politik kommt dem BAFU eine Schlüsselfunktion zu.» hörde ist eher klein. Zwar lassen sich Forschungsschwerpunkte definieren und dringend zu bearbeitende Themen formulieren, doch die Mittel zur konkreten Umsetzung dieser Forderungen sind eher bescheiden. Das BAFU führt selbst kaum wissenschaftliche Untersuchungen durch, und seine finanziellen Mittel zur Vergabe von Forschungsaufträgen beschränken sich auf 8 Millionen Franken im Jahr. Im Vergleich dazu verfügt die ETH über ein Budget von rund 1 Milliarde Franken. Den knappen Mitteln zum Trotz gelingt es dem BAFU mit seinem Umweltforschungskonzept immer wieder, wichtige Akzente zu setzen. «Wir fördern stark praxisorientierte Forschung und kümmern uns um gesellschaftlich relevante Querschnittthemen wie beispielsweise die gesundheitlichen Folgen der FeinstaubBelastung», betont Saskia Willemse. «Dagegen finanziert der Nationalfonds, der in der Schweiz die meisten Schwerpunkte setzt, lediglich die Grundlagenforschung.» Kaspar Meuli LINKS www.umwelt-schweiz.ch > Themen > Umweltforschung www.bfe.admin.ch > suchen > Biotreibstoff > Artikel www.ecoinvent.org www.nccr-climate.unibe.ch INFOS Saskia Willemse Sektion Innovation, Dienst Orientierung an der Praxis Wie positiv die Schweizer Forschungsgemeinde die Rolle des BAFU auch wahrnimmt – der Aktionsradius der Be- Umweltforschung, BAFU Tel. 031 322 99 79 saskia.willemse@bafu.admin.ch Den Graben zwischen Wissen und Handeln überbrücken Professor Wilfried Haeberli verlangt von der Umweltforschung langfristig orientiertes Nachdenken über komplexe und hochvernetzte Systeme. Er lehrt an der Universität Zürich Geografie und präsidiert das beratende Organ des BAFU für Umweltforschung, welches die Entwicklung des neuen Forschungskonzepts begleitet hat. zVg Wilfried Haeberli UMWELT: Ihre Expertengruppe mit Fachleuten aus Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft hat angeregt, die Umweltforschung mit dem neuen Schwerpunkt Handlungsmöglichkeiten künftig breiter auszurichten. Weshalb? Wilfried Haeberli: Die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln ist bei Umweltfragen gross, besonders in der Schweiz, wo die Leute eigentlich gut informiert sind. Es ist wichtig, mehr darüber zu wissen, wie die Brüche im Verhalten der Menschen zustande kommen und wie man sie überwinden kann. Oft zerstören wir durch unser Verhalten, was wir lieben. Käufer von Offroad-Fahrzeugen beispielsweise sprechen offensichtlich auf Werbung an, die ihre Autos in unberührter Natur zeigt. Sie sehen sich also als Liebhaber der Natur, tragen aber durch ihr eigenes Verhalten zu deren Zerstörung bei. Braucht es in der Umweltforschung neue Ansätze? Häufig wird die Umweltforschung ausschliesslich als Sache der Naturwissenschaften angesehen. Das muss sich ändern – wir wollen die Geistes-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften motivieren, sich vermehrt um Umweltthemen zu kümmern. Von zentraler Bedeutung sind im Umweltbereich zum Beispiel Zielkonflikte. Da stellen sich Fragen wie jene, was wir als Gesellschaft eigentlich wollen und was wir bereit sind, dafür zu bezahlen? Wir sind noch weit davon entfernt, gemeinsame Ziele zu verfolgen. Bei der Beantwortung solcher Fragen ist der zeitliche Horizont entscheidend. Für Ökonomen beispielsweise gelten fünf Jahre bereits als Langzeitperspektive. Diese kurzfristige Ausrichtung ist eines der fundamentalen Probleme. Braucht es dazu tatsächlich neue Forschung? Weshalb setzen sich Fachleute aus den Bereichen Naturwissenschaften und Ökonomie nicht einfach an einen Tisch und erklären sich die unterschiedlichen Blickweisen? Umweltforschung muss gemeinsam mit Betroffenen und Entscheidungsträgern entwickelt werden. Gefragt ist langfristig orientiertes Nachdenken über komplexe und hochvernetzte Systeme. In dieser Beziehung haben das BAFU und unsere Beratungsgruppe eine wichtige Verantwortung: Wir müssen auf nationaler Ebene abschätzen, welches Wissen in den nächsten fünf Jahren zu erarbeiten ist, um für die nächsten 50 Jahre über bessere politische Entscheidungsgrundlagen zu verfügen. Das BAFU versteht sich mit seinem Forschungskonzept nicht zuletzt als Impulsgeber. Nimmt die Wissenschaft diese Anregungen auf? Die Hochschulen nehmen diese Anstösse zur Kenntnis, aber inwieweit sie unser Konzept umsetzen, können wir nicht bestimmen, nur beeinflussen. Die von uns genannten Prioritäten können als Argumente bei der Einreichung von Forschungsgesuchen helfen. In Zukunft sollte der Stellenwert des Forschungskonzepts Umwelt zunehmen. Umweltforschung ist meistens angewandte Forschung, deshalb könnten die Fachhochschulen in diesem Bereich eine wichtige Rolle übernehmen und sich dabei nicht zuletzt an unserem Konzept orientieren. Interview: Kaspar Meuli UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 53 KLIMASCHUTZ: EMISSIONSHANDELSREGISTER Online-Handel mit Treibhausgasen Im Dezember 2007 hat das nationale Register für Emissionsgutschriften seinen Betrieb aufgenommen. Damit erfüllt die Schweiz nun alle Bedingungen, um sich an den flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls zu beteiligen. Seit Jahresbeginn ist auch das System für den elektronischen Handel mit Emissionsrechten für Treibhausgase funktionstüchtig. Die Deadline zum Erreichen der KyotoZiele rückt näher. Im Rahmen dieses Klimaabkommens hat sich die Schweiz dazu verpflichtet, ihren Ausstoss an Treibhausgasen im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 um 8 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Der Handel mit Emissionsgutschriften ist Teil der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls. «Weil das Vermeiden einer Tonne Kohlendioxid (CO2) nicht überall gleich viel kostet, schaffen diese Instrumente für Staaten und Unternehmen eine marktwirtschaftliche Basis, um den CO2-Ausstoss dort zu reduzieren, wo es für sie am günstigsten ist», erklärt Yvan Keckeis von der Sektion Klima beim BAFU. «Damit soll ökologisch wirksames Handeln möglichst wirtschaftlich umgesetzt werden.» Die EU-Staaten sammeln bereits seit drei Jahren Erfahrungen mit dem Handel von Emissionsgutschriften. Da der Bundesrat beschlossen hat, auf den 1. Januar 2008 eine CO2-Abgabe auf Brennstoffe einzuführen, ist dies nun auch in der Schweiz möglich. 54 UMWELT 1/08 KLIMASCHUTZ Emissionshandel via Internet Unternehmen, die fossile Energien effizient nutzen und dadurch weniger CO2 ausstossen als erlaubt, können mit dem Verkauf ihrer Emissionsrechte jetzt also zusätzliches Geld verdienen. Voraussetzung für die Teilnahme am Handel ist der Betrieb eines nationalen Emissionshandelsregisters. Nur unter dieser Bedingung können sich einzelne Firmen ihre im Ausland erworbenen Emissionsgutschriften im gesetzlich vorgesehenen Rahmen an die Reduktionsziele anrechnen lassen. Das vom BAFU aufgebaute und betreute nationale Register hat die Form einer standardisierten elektronischen Datenbank. Für Firmen, die ihre Emissionsrechte über das Register verwalten, ist das System in vielem mit dem vertrauten Online-Banking vergleichbar. Sie erhalten via Internet Zugang zu ihrem passwortgeschützten Konto, auf dem sie sämtliche Käufe und Verkäufe von Gutschriften verbuchen müssen. Um eine lückenlose Abrechnung zu garantieren, muss das nationale Register alle Inhaber von Emissionsrechten und ihre Transaktionen erfassen. Dies ist möglich, weil jede Gutschrift über eine Seriennummer verfügt. Zusätzlich ist jede Transaktion zwingend von der zentralen Überprüfungsstelle ITL beim UNO-Klimasekretariat abzusegnen. Zuteilung der Emissionsrechte Das Register ist nicht nur ein Schlüsselelement im grenzüberschreitenden Handel mit Emissionsrechten, sondern wird auch auf nationaler Ebene benötigt. So sieht nämlich auch das Schweizer CO2-Gesetz den Handel mit solchen Rechten vor. Unternehmen, die eine Verpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgase eingehen, können von der CO2-Abgabe befreit werden. Übertreffen sie das festgelegte Begrenzungsziel, dürfen sie ihre verbleibenden Gutschriften verkaufen. Über das Register erfolgt die Zuteilung von Emissionsrechten, und es wird auch überprüft, ob Firmen die festgesetzten Ziele erreicht haben. Schätzungsweise 600 Firmen, die mit dem Bund eine Verpflichtung zur Reduktion ihres CO2Ausstosses eingehen werden, nehmen Funktionsweise der flexiblen Mechanismen Können Staaten ihre Reduktionsziele für Treibhausgase aus eigener Kraft nicht erreichen, sieht das Kyoto-Protokoll ergänzend flexible Mechanismen vor. Sie bieten die Möglichkeit, sich Reduktionsleistungen aus Projekten im Ausland sowie Gutschriften aus dem internationalen Emissionshandel anrechnen zu lassen. AIs projektbasierte Mechanismen kommen die Joint Implementation (JI) und der Clean Development Mechanism (CDM) zum Tragen. Im Vordergrund steht dabei der Transfer von umweltfreundlichen Technologien. Zuerst wird der hypothetische Verlauf der Emissionen ohne die Realisation der Projekte festgelegt. Danach berechnet man die Verringerung oder Vermeidung des Treibhausgas-Ausstosses gegenüber diesem Referenzszenario und belohnt die entsprechenden Reduktionen direkt am Emissionshandel teil. Sie machen denn auch einen Grossteil der Nutzer des nationalen Registers aus. Neben diesen Betrieben darf jede natürliche oder juristische Person ins Geschäft mit Emissionsgutschriften einsteigen und im Emissionshandelsregister ein Konto eröffnen. Dabei wird zwischen zwei Arten von Konten unterschieden: Unternehmen mit zugeteilten Emissionsrechten führen ein Betreiberkonto und alle übrigen Interessenten ein Personenkonto. Anlaufstelle für Kontoinhaber Die Eröffnung der Konten ist mit einem unter der Webadresse www.bafu.admin.ch/emissionshandel verfügbaren Formular zu beantragen. Dieses ist für jedes Konto – beziehungsweise für jede einzelne Anlage – auszufüllen. Für den mit Emissionszertifikaten. CDM- und JI-Projekte müssen reelle, messbare und langfristige Leistungen zum Schutz des Klimas erzielen. Zudem sollten die Mechanismen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in den Gastländern leisten. Für den internationalen Emissionshandel erhalten die Kyoto-Staaten gemäss ihren Reduktionszielen Emissionsrechte zugeteilt. Was sie davon nicht zur Deckung des eigenen Ausstosses brauchen, können sie verkaufen. Den Staaten ist es freigestellt, ob sie diese Rechte inländischen Unternehmen zuteilen und sie so zur Teilnahme am Emissionshandel berechtigen, oder ob sie damit selbst auf dem internationalen Markt handeln. Handelbar sind auch Zertifikate aus CDM- und JIProjekten. www.umwelt-schweiz.ch/swissflex kostendeckenden Betrieb des Registers erhebt das BAFU eine Eröffnungsgebühr sowie jährlich wiederkehrende Gebühren für die Kontoführung. Nach der Zustellung ihres Zugangscodes sind die Benutzer selbst für die Anmeldung auf der Website des Schweizer Emissionshandelsregisters und für die Durchführung der gewünschten oder erforderlichen Transaktionen verantwortlich. Die Website dient aber auch als zentrale Anlaufstelle für detaillierte Informationen zum Thema. So stehen im Internet beispielsweise das Benutzerhandbuch, die gesetzlichen Vorgaben, Texte internationaler Abkommen sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Verfügung. Parallel dazu betreibt das BAFU eine Helpdesk-Nummer, an die sich Kontoinhaber bei Problemen telefonisch wenden können. «Durch den direkten Kontakt mit den Benutzern wollen wir Probleme rascher identifizieren und so die Dienstleistung laufend verbessern», sagt Yvan Keckeis. Kaspar Meuli KONTAKT www.bafu.admin.ch/emissionshandel emissions-trading@bafu.admin.ch Tel. Helpdesk: 031 322 05 66 INFOS Yvan Keckeis Sektion Klima BAFU Tel. 031 324 71 84 yvan.keckeis@bafu.admin.ch UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 55 UMWELTBILDUNG Wachsende Vielfalt des Angebots Ausbildungen im Umweltbereich stehen hoch im Kurs. UMWELT erkundigte sich bei Enrico Bellini nach den Berufsmöglichkeiten. Er ist Umweltwissenschaftler und arbeitet als Projektleiter beim Ausbildungszentrum sanu für nachhaltige Entwicklung in Biel. Dort betreut er unter anderem den Lehrgang «Natur- und Umweltfachfrau/-fachmann». nieurwissenschaften an den Fachhochschulen (FH) erfasste. Der Interviewpartner Enrico Bellini arbeitet beim Ausbildungszentrum sanu in Biel. UMWELT: Wie hat sich das Angebot an Umweltausbildungen in der Schweiz entwickelt? Enrico Bellini: Die Umweltausbildungen entstanden zeitgleich mit der Umweltgesetzgebung. Die ersten Lehrgänge wurden in den 1980er-Jahren angeboten. Zu Beginn handelte es sich primär um Spezialisierungen in den Bereichen Natur und Feldökologie. Verschiedene Ereignisse wie etwa die Re- 56 UMWELT 1/08 UMWELTBILDUNG aktorkatastrophe in Tschernobyl beschleunigten die Entwicklung. Bald zeigte sich die Notwendigkeit eines transdisziplinären Ansatzes. Eine Vorreiterrolle spielte dabei die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETHZ, die einen eigenständigen Studiengang im Fachbereich Umweltwissenschaften lancierte. In der Folge kam es zu einem regelrechten Boom, der neben den Universitäten auch die technischen Fachbereiche sowie die Inge- Wie sieht das Angebot heute aus? Um das Jahr 2000 stagnierte das Angebot an Umweltausbildungen zunächst. Gegen 2005 setzte jedoch ein eigentlicher Höhenflug ein. Derzeit ist vieles in Bewegung, wobei die Angleichung an das Bologna-Regime die Komplexität noch erhöht hat. Das Angebot deckt immer mehr Themengebiete ab. Zusätzlich zu den «klassischen» Disziplinen – wie der Nutzung von Landschaften und natürlichen Ressourcen – bilden sich neue Querschnittsbereiche heraus – so etwa Energie, nachhaltiges Bauen, Mobilität, Gesundheit oder Tourismus. Zur Bewältigung neuer Aufgaben braucht es auch erweiterte Kompetenzen. Hier stehen die Bildungszentren vor grossen Herausforderungen. Gegenwärtig umfasst das Angebot in der Schweiz rund 100 Studien- und Ausbildungsgänge, die sich folgenden Kategorien zuordnen lassen: Bachelor- und Masterstudiengänge an Fachhochschulen und Universitäten, Nachdiplom- und Executive-MasterStudiengänge, Ausbildungsgänge mit eidgenössischem Fachausweis sowie modulare Ausbildungen mit Fähigkeitszeugnis und Fernstudiengänge. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Das Angebot wird zweifellos weiter zunehmen. Möglicherweise werden neue Fortsetzung Seite 59 Orientierungshilfe für Interessierte Das Angebot an Umweltausbildungen in der Schweiz ist ausserordentlich vielfältig. Entsprechend schwer fällt die richtige Entscheidung. Die folgenden Hinweise, Ratgeber und Links erleichtern die Orientierung. www.umwelt-schweiz.ch > Themen > Bildung Das BAFU engagiert sich auf nationaler und kantonaler Ebene für die Umweltbildung. Dabei arbeitet es mit verschiedenen externen Partnern zusammen. Dazu gehören das Ausbildungszentrum sanu, die Stiftung Umweltbildung Schweiz SUB, die Organisation für Umweltbildung und Wald SILVIVA sowie das Bildungszentrum des WWF. Das vom BAFU herausgegebene Kaleidoskop der Umweltbildung vermittelt einen umfassenden Überblick über die Akteure der Umweltbildung und zeigt zahlreiche Tätigkeitsfelder auf. Bezug: BAFU, Dokumentation, 3003 Bern, docu@bafu.admin.ch, Bestellnummer: DIV-1508-D oder via Internet: www.umwelt-schweiz.ch/publikationen > Unterrichtsmaterialien > Kaleidoskop ... www.umweltbildung.ch Die Schweizer Plattform für Umweltbildung präsentiert die wichtigsten Akteure und ihre Tätigkeiten. www.service-umwelt.ch service-umwelt ist eine gemeinsame Plattform mehrerer Institutionen im Umweltbereich (ETHZ, D-UWIS, HSR, SILVIVA, BWZ-Lyss, sanu, BAFU). Sie informiert über die Zielsetzungen, die Bedürfnisse, das Angebot und den Nutzen der Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung in der Schweiz. Die Plattform ist gegenwärtig nur in deutscher Sprache verfügbar, steht aber allen Westschweizer Anbietern von Umweltausbildungen offen. www.sanu.ch Die sanu führt jedes Jahr mehrere Ausbildungsgänge durch, darunter die berufliche Weiterbildung «Natur- und Umweltfachfrau/-fachmann». Zudem gibt sie in regelmässigen Abständen einen Führer mit neusten Meldungen aus dem Umweltbildungsbereich heraus. Die nächste Auflage erscheint anlässlich des Kongresses «forschen, lernen, handeln» vom 22. Februar 2008, der im Rahmen der viertägigen Messe NATUR im Messezentrum Basel stattfindet. Bezug: sanu, Postfach 3126, 2500 Biel, oder via Internet: www.sanu.ch/services/d_bf.html Ausserdem bietet die sanu seit zwei Jahren persönliche Beratungsgespräche über Umweltausbildungen und Umweltberufe an. Anmeldung beim Sekretariat unter Tel. 032 322 14 33. UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 57 www.umwelt-berufe.ch Das Bildungszentrum WWF führt in Bern und Lausanne den «Lehrgang Umweltberatung und -kommunikation» durch und betreibt ein Internetportal über Umweltberufe mit einer Fülle von nützlichen Adressen und Tipps. Zudem gibt der WWF Broschüren und Merkblätter heraus, die Einblick in die Vielfalt der ökologischen Berufstätigkeiten gewähren. Darüber hinaus unterhält das Bildungszentrum einen Beratungs- und Informationsdienst. www.ffu.ch Der Verein FachFrauen Umwelt (FFU) dient als Netzwerk und Interessenvertretung der Umweltfachfrauen in der Deutschschweiz. www.pusch.ch Praktischer Umweltschutz Schweiz Pusch bietet Kurse für die öffentliche Hand und für Unternehmen an. Leitgedanke: Damit sich die Umweltgesetzgebung wirkungsvoll umsetzen lässt, müssen die für den Vollzug zuständigen Personen gut ausgebildet sein. Das reichhaltige, praxisnahe Kursangebot richtet sich an Fachleute, Mitglieder von Behörden und Kommissionen sowie an Praktikerinnen und Praktiker in Werkhöfen und Verwaltungen. Bei ihren Tagungen, Fachseminaren und Praxisnachmittagen informiert Pusch auch über den aktuellen Stand der umweltpolitischen Diskussion. 58 UMWELT 1/08 UMWELTBILDUNG www.silviva.ch SILVIVA bietet einen Nachdiplomkurs mit dem Titel «Naturbezogene Umweltbildung» an. Die modulare Weiterbildung richtet sich an Personen, die Umweltthemen am Beispiel des Waldes und der natürlichen Umgebung auf lebendige Weise vermitteln möchten. www.svu-asep.ch Der Schweizerische Verband der Umweltfachleute führt ein Dienstleistungsverzeichnis, das über die einzelnen Beratungsfirmen und ihre Tätigkeiten informiert. Darüber hinaus existieren zahlreiche Verbände von Spezialisten aus verschiedensten Branchen wie etwa der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA > www.vsa.ch oder die Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieure/Unternehmungen usic > www.usic-engineers.ch. Diese Organisationen bieten ebenfalls Informationen für Personen, die sich auf Umweltfragen spezialisieren möchten. FH-Masterstudiengänge entwickelt, und die Ausbildungsangebote im Bereich nachhaltige Entwicklung dürften sich vervielfachen. Ein weiterer wichtiger Trend ist die häufigere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ausbildungslehrgängen und -stätten. So haben die Universitäten Genf und Neuenburg, das Hochschulinstitut für Öffentliche Verwaltung idheap in Lausanne und die Fakultät für Geo- und Umweltwissenschaften der Universität Lausanne kürzlich einen gemeinsamen Masterstudiengang für nachhaltige Siedlungsplanung lanciert. Auch die internationalen Partnerschaften werden immer zahlreicher. An wen richten sich diese Ausbildungen? Das Angebot deckt die unterschiedlichsten Interessen und Niveaus ab. Das Thema nachhaltige Entwicklung etwa betrifft alle Berufszweige gleichermassen: Ob Maurer oder Ingenieur, Bäcker, Architekt, Schreiner, Banker oder Lehrer – alle Interessierten können sich in ihrem Bereich zum Umweltspezialisten ausbilden lassen. Die Ausbildungstypen sind auf die verschiedenen Bedürfnisse und Möglichkeiten zugeschnitten und reichen von Einzelkursen über Modulsysteme bis hin zu Programmen mit mehr oder weniger Auswahlmöglichkeiten. Gibt es Qualitätskriterien zur Beurteilung des Angebots? Abgesehen vom eduQua-Label im Bereich Erwachsenenbildung und der ISO-9000-Zertifizierung von Ausbildungsstätten mit einem anerkannten Qualitätssicherungssystem gibt es keine eigentlichen Qualitätskriterien (siehe Seite 64 CH). Ein wichtiger Anhaltspunkt ist natürlich der Ruf der Unterrichtenden – beziehungsweise das Image der jeweiligen Bildungsstätte oder Institution. Wer sich ein genaueres Bild über das Ausbildungsangebot verschaffen möchte, kann sich auf verschiedenen Internetseiten informieren. Welche beruflichen Möglichkeiten eröffnen diese Ausbildungen? Die Lehrgänge stehen grundsätzlich jedermann offen, und demzufolge gibt es Perspektiven in allen Branchen. Umweltspezialisten sind bei Gemeinde-, Kantons- und Bundesbehörden, Nichtregierungsorganisationen sowie in Beratungs- und Planungsbüros nach wie vor gesucht. Auch in Zukunft braucht es Fachleute, die mit ihrem Spezialwissen den Gesetzesvollzug in den Bereichen Luftreinhaltung, Boden, Gewässer usw. unterstützen. In jüngerer Zeit wächst die Nachfrage nach Umweltfachleuten aber auch in verschiedenen Berufszweigen und Unternehmen. Neue Herausforderungen und Problembereiche – etwa im Hochwassermanagement und bei der Prävention von Naturgefahren – verlangen nach weiteren Spezialisierungen und eröffnen zusätzliche Tätigkeitsfelder. Was raten Sie jemandem, der eine Umweltausbildung absolvieren möchte? Als Erstes muss sich diese Person grundsätzlich fragen, woher sie kommt und welche Richtung sie einschlagen möchte. Wichtig ist auch das bisherige Ausbildungsniveau. Vor der endgültigen Entscheidung für eine Ausbildung sollte man sich unbedingt ein konkretes Bild vor Ort machen, sei es im Rahmen von Praktika bei Unternehmen und Organisationen oder durch freiwillige Einsätze. Auch gilt es, sich zu überlegen, ob eher eine Tätigkeit als Generalist oder als Fachspezialist in Frage kommt. Die zunehmende Komplexität des Angebots macht die Wahl zur Qual. Dies spiegelt sich auch in den Anforderungsprofilen: Standen in der Vergangenheit eher allgemeine Voraussetzungen im Vordergrund, sind technisches und methodisches Know-how heute ebenso wichtig wie soziale und persönliche Kompetenzen. Haben Sie eine abschliessende Empfehlung? Keine Ausbildung vermag Antworten auf alle Fragen zu geben. Immer häufiger werden solche Schulungen als Ergänzung zu einer Grundausbildung absolviert. Im Zuge verschiedener Ausbildungen eignet man sich eine Vielzahl von Kompetenzen an, die es einem erlauben, seinen beruflichen Weg zu finden. Gleichzeitig beschleunigt sich die Entwicklung: In allen Bildungsbereichen ändern sich die Profile, bei den Umweltfachleuten wahrscheinlich in besonderem Masse. Zweifellos kommt dem Umweltwissen durch die Klimaveränderungen heute ein besonderer Stellenwert zu. Eine Umweltausbildung ist in jedem Berufsfeld eine grosse Bereicherung. Cornélia Mühlberger de Preux INFOS Gisela Basler Umweltbildung BAFU Tel. 031 323 03 06 gisela.basler@bafu.admin.ch Daniela Jost Fachausbildung BAFU Tel. 031 324 48 30 daniela.jost@bafu.admin.ch UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 59 INTERNATIONALES Einsatz der Schweiz für globale Umweltziele Die Schweiz will das Umweltsystem der UNO stärken. Auf ihre Initiative soll eine Liste mit globalen Umweltzielen entstehen. Dabei geht es nicht um die Formulierung neuer Umweltanliegen. Ziel ist vielmehr eine Bündelung der seit den 1970er-Jahren in über 500 internationalen Abkommen und Deklarationen formulierten Vereinbarungen. Die Übersicht zur genauen Zahl internationaler Umweltabkommen ist mittlerweile auch den Fachleuten abhanden gekommen. Doch es müssen rund 500 Verträge sein, mit denen die Staatengemeinschaft in den vergangenen Jahrzehnten versucht hat, die globalen Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Daneben gibt es eine Vielzahl von Ministerdeklarationen. Die Bemühungen zum Schutz der Umwelt reichen in die 1960er-Jahre zurück. Vom Schutz bedrohter Wale über die Bekämpfung der Wüstenbildung bis hin zur Regelung des Umgangs mit gefährlichen Abfällen sind in den letzten 40 Jahren fleissig Unterschriften unter Dokumente gesetzt worden. Etliche davon erwiesen sich als reine Papiertiger, beruhen sie doch auf einem unverbindlichen kleinsten gemeinsamen Nenner. Ozonabkommen als Erfolgsgeschichte Einige der unter Schirmherrschaft der UNO abgeschlossenen Verträge haben allerdings wichtige Prozesse in Bewegung gebracht. Dazu zählen etwa das CITES-Abkommen über den Handel mit bedrohten Arten, die Konvention zum Schutz der Biodiversität oder die von der Schweiz initiierte Basler Konvention, welche den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle regelt. Als Meilenstein des internationalen Umweltrechts gilt das inzwischen von 191 Staaten unterzeichnete Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht von 1987. Für Achim Steiner – den Leiter des UNO-Umweltprogramms UNEP – ist es das «bisher vielleicht wichtigste internationale Umweltabkommen». Dank verbindlicher Vorschriften zur Reduktion ozonschädigender Substanzen haben die weltweiten Emissionen dieser Verbindungen – und inzwischen auch die Chlor- und Bromkonzentrationen in der Stratosphäre – deutlich abgenommen. 60 UMWELT 1/08 INTERNATIONALES Fehlende globale Umweltinstanz Wichtige Verträge wie das Montreal-Protokoll verfügen über eigene Sekretariate und Finanzquellen. Sie führen damit fast so etwas wie ein Eigenleben. «Allerdings fehlt eine globale Umweltinstanz mit ausreichender Autorität, welche die verschiedenen Verträge koordiniert, in einen übergeordneten politischen Rahmen stellt und verbindliche Ziele sowie Prioritäten festlegt», stellt Franz Perrez, Chef der Sektion Globales beim BAFU, fest. Während Bereiche wie Gesundheit, Landwirtschaft, Kultur oder Entwicklung innerhalb der UNO über eigene internationale Organisationen verfügen, ist die Umweltpolitik nur mit einem Programm vertreten. «Dem UNEP mangelt es jedoch nicht nur an ausreichenden finanziellen Mitteln, sondern auch an der notwendigen politischen Unterstützung», sagt Franz Perrez. «Deshalb ist es nicht in der Lage, eine übergeordnete Leitfunktion auszuüben, die erforderlichen Prioritäten zu setzen und das Engagement der relevanten Akteure zu stärken.» Zudem kennt das Programm auch keine Mechanismen zur Streitbeilegung mit der Möglichkeit von raschen und griffigen Sanktionen. Der damalige französische Präsident Jacques Chirac wiederholte daher 2004 die von mehreren Ländern bereits in den 1990er-Jahren gestellte Forderung, das Umweltprogramm UNEP zur Umweltorganisation UNEO aufzuwerten – vergleichbar mit den UNO-Organisationen WHO, FAO oder UNESCO. Widersprüche und Zersplitterung Eine Koordination gestaltet sich schwierig, da allein innerhalb des UNO-Systems über 50 verschiedene Akteure mit Umweltfragen beschäftigt sind – teils in offener Konkurrenz zueinander. Pro Jahr fliesst über dieses System mehr als eine Milliarde US-Dollar via Dutzende von Kanälen in Umweltprojekte, meist unkoordiniert und ohne Wirkungskontrolle, wie das renommierte Yale Center for Environmental Law and Policy bemängelt. «Die starke Zersplitterung der Aufgaben hat Doppelspurigkeiten und Widersprüche zur Folge und beeinträchtigt dadurch die Autorität der beteiligten Institutionen», sagt Franz Perrez. Bisherige Anstrengungen zur Stärkung des UNEP konzentrierten sich denn auch auf institutionelle Aspekte. So hat etwa die Schweiz verschiedene Vorschläge unterbreitet, um das Umweltprogramm aufzuwerten und das internationale Umweltregime zu stärken. Im Rahmen der UNO setzt sie sich für eine kohärente, umfassende, effektive und effiziente UMWELT 1/08 EINZELTHEMEN 61 Umweltpolitik ein. Auf ihre Initiative werden gegenwärtig zum Beispiel konkrete Massnahmen geprüft, um die Zusammenarbeit und Synergien zwischen den vom UNEP betreuten Chemikalienund Abfallkonventionen zu verstärken. Mit einem Beitrag von jährlich gut 3,7 Millionen Franken gehört die Schweiz zu den zehn grössten Geldgebern des UNO-Umweltprogramms. Darüber hinaus wendet sie nochmals fast die doppelte Summe für konkrete UNEP-Aktivitäten und -Projekte auf. Starker Auftritt in Dubai Am Umweltministerforum von 2006 in Dubai hat Bundesrat Moritz Leuenberger den Vorschlag zur Formulierung globaler Umweltziele lanciert. Für die Global Environment Goals (GEG) orientierte er sich am Vorbild der im Jahr 2000 von den UNO-Mitgliedstaaten beschlossenen Millenniumsentwicklungsziele. Diese so genannten MDG umfassen acht messbare Hauptziele und sollen die internationale Gemeinschaft zum Handeln verpflichten. Ein Hauptziel ist die Reduktion der weltweiten extremen Armut bis zum Jahr 2015 um die Hälfte. Die Umsetzung der MDG droht nun aber an der ungelösten Umweltfrage zu scheitern. Alle Bemühungen zur Überwindung der Armut und für eine nachhaltige Entwicklung seien umsonst, wenn sich der Zustand der Umwelt zunehmend verschlechtere und wenn die natürlichen Ressourcen weiter erschöpft würden, bringt der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan die Problematik auf den Punkt. GEG schaffen konkrete Vorgaben Damit die Staatengemeinschaft die weltweiten Umweltherausforderungen wirksamer angehen kann, soll – analog 62 UMWELT 1/08 INTERNATIONALES zu den MDG – basierend auf den bisherigen internationalen Bemühungen nun eine Liste mit globalen Umweltzielen erarbeitet werden. «Dabei geht es der Schweizer Initiative nicht darum, neue Umweltziele auszuhandeln», präzisiert Franz Perrez. «Vielmehr möchten wir die in bestehenden Abkommen und Deklarationen bereits beschlossenen Punkte in einem zentralen Dokument zusammenfassen und mit konkreten Umsetzungsvorgaben und Indikatoren zur Überprüfung der Fortschritte ergänzen.» Dies betrifft insbesondere die drängenden Umweltbereiche Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität, den Umgang mit Chemikalien sowie den Schutz von Wäldern oder Wasserressourcen. GEG 1 könnte zum Beispiel lauten: «Die Staatengemeinschaft stellt sicher, dass sich das Klima durch menschliche Einwirkungen nicht in einem Ausmass verändert, das Menschen und die Umwelt gefährdet.» Die konkrete Vorgabe würde den Temperaturanstieg bis 2050 auf maximal 2 Grad begrenzen. Messen könnte man die Fortschritte am noch tolerierbaren Ausstoss an Treibhausgasen, deren Emissionen als Indikator dienen. Schweizer Vorschlag überzeugt «Eine solche gemeinsame Stossrichtung würde eine Stärkung des politischen Willens sowie des finanziellen Engagements bewirken, die Kohärenz in Umweltfragen verbessern und vor allem auch die Möglichkeit schaffen, Fortschritte laufend zu überprüfen», ist Franz Perrez überzeugt. Der UNEP böte sich zudem die Möglichkeit, sich als Leader in der internationalen Umweltpolitik zu beweisen. Die Schweiz konnte verschiedene Länder von der Wichtigkeit der GEG überzeugen. Zur Konkretisierung hat im Mai 2007 ein erstes Treffen mit einer Gruppe gleich gesinnter Staaten in New York stattgefunden. Im Juli 2007 traf sich eine grössere Gruppe auf dem Zürcher Uetliberg. Norwegen, Schweden, Dänemark, Ungarn, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kenia, Marokko, Senegal, Costa Rica, Mexiko, Uruguay, Südkorea und Indonesien sowie das UNEP selbst unterstützen den Vorschlag. Andererseits gibt es auch politische Widerstände, so dass eine Verwirklichung der Idee nicht einfach sein dürfte. So lehnen etwa Grossmächte wie die USA unter der jetzigen Regierung jegliche neuen Zugeständnisse in Umweltfragen ab. Und Brasilien fordert, wichtigstes «Umweltziel» müsse die Erhöhung der Entwicklungshilfe sein. Die Widerstände erklärt sich Franz Perrez auch mit der Angst, an der Einhaltung oder Nichterfüllung der globalen Umweltziele gemessen zu werden. Dennoch ist er zuversichtlich: «Es ist schwierig, gute und glaubwürdige Argumente gegen die GEG zu finden, da sie ja keine neuen Verpflichtungen schaffen, sondern die bereits bestehenden einfach sichtbarer und klarer darstellen sollen.» Stefan Hartmann LINKS www.umwelt-schweiz.ch/international www.unep.org INFOS Franz Perrez Chef Sektion Globales Abteilung Internationales, BAFU Tel. 031 322 93 08 franz.perrez@bafu.admin.ch Urteil Bundesgericht stützt die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission ENHK Eine Alpgenossenschaft im Berner Oberland wollte den Weg auf ihre Alp «Tschingelfeld» ausbauen. Dieser Alpweg führt durch das Schutzobjekt «Giessbach», das im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung BLN figuriert. Da für den Eingriff in dieses BLN-Objekt eine auf Bundesrecht beruhende Bewilligung nötig war, äusserte sich die zuständige Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission ENHK zum Ausbauprojekt (gemäss Art. 7 NHG). Die ENHK sah darin einen schweren Eingriff in das Schutzobjekt. Der Ausbau der Alpstrasse verstosse gegen Teilschutzziele des BLNObjektes. Trotzdem bewilligte der Regierungsstatthalter den Alpweg und wies eine Einsprache von Pro Natura Berner Oberland ab. Eine Instanz höher erhielt Pro Natura dann aber Recht, was sich auch vor dem Bundesgericht wiederholte. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor Bundesgericht argumentierte die Alpgenossenschaft, der Alpweg falle gar nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes, es handle sich nicht um eine sogenannte Bundesaufgabe. Von einer solchen spricht man, wenn der Bund innerhalb eines BLN-Objekts tätig wird, also zum Beispiel selber baut, Bauprojekte subventioniert oder bewilligt. Ist dies der Fall, muss die zuständige Bewilligungsbehörde die BLN-Schutzziele beachten. Die Alpgenossenschaft stellte sich auf den Standpunkt, das Schutzziel des gleichnamigen BLN-Objektes beschränke sich auf die berühmten Giessbachfälle. Das Bundesgericht folgte aber dem Gutachten der ENHK. Dieses benennt «die ungeschmälerte Erhaltung der standortgemässen Tier- und Pflanzenwelt mit besonderer Beachtung der Flachmoorbereiche und die Erhaltung einer traditionellen extensiven Nutzung der Alp Tschingelfeld als massgebliches Teilschutzziel. Dieses werde durch den Bau des Alpweges schwerwiegend tangiert. Somit gab das Gutachten der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission den Ausschlag für den ablehnenden Entscheid des Bundesgerichts. Das Gericht bestätigte damit auch die Praxis, wonach nur aus triftigen Gründen vom Gutachten der ENHK abgewichen werden kann. Weitere Informationen: Christoph Fisch, Abteilung Recht, BAFU, Tel. 031 322 93 45, christoph.fisch@bafu.admin.ch Internationales Mehr Konsequenz Im vergangenen Oktober tagte in Belgrad die 6. Ministerkonferenz «Umwelt in Europa». Zentrale Themen waren zum einen der aktuelle Zustand der Umwelt, zum andern Massnahmen wie die Umsetzung von internationalen Umweltkonventionen, eine optimierte Umweltinformation und die Vorgabe von klaren Zielen. Die BAFU-Delegation setzte sich dafür ein, dass bereits abgeschlossene Übereinkommen in den Bereichen Wasser, Artenvielfalt und Chemikalien konsequent beachtet werden. «Umwelt für Europa» ist eine Initiative von Staaten und internationalen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, der sich 56 Länder aus Europa, Nordamerika, dem Kaukasus und Zentralasien angeschlossen haben. www.umwelt-schweiz.ch > Aktuell > Medienmitteilungen > nach «Umwelt für Europa» suchen Mehr Bergwald Das Projekt «Netzwerk Bergwald» setzt sich auf europäischer Ebene für den Erhalt des Bergwaldes als naturnahen Lebens- und Nutzungsraum ein. Dazu seien länderübergreifende Anstrengungen nötig, betonen die Beteiligten. So brauche es eine europäische BergwaldPlattform und eine gemeinsame Kampagne für den Bergwald. Auf einer Fläche von rund einer Million Hektaren Bergwald in Europa seien dringende Pflegemassnahmen rasch einzuleiten. Das Interreg IIIc-Projekt wurde im Jahr 2003 von der EU angeschoben. Sein Ziel ist, ein Netzwerk aufzubauen und Erhebungen über Zustand und Funktionen der Bergwälder durchzuführen. Neben verschiedenen EU-Alpenländern ist auch die Schweiz am Programm beteiligt. www.network-mountain-forest.org Mehr Methan In der Tiefe des afrikanischen Kivu-Sees lagern Milliarden von Kubikmetern Kohlendioxid und Methan in gelöster Form. Ein Projekt, an dem sich das schweizerische Wasserforschungs-Institut Eawag beteiligt, will aus den Gasvorkommen Energie gewinnen. Verlegt man ein Rohr in die Tiefen des Sees, strömt das gashaltige Wasser wie in einer geschüttelten Mineralwasserflasche von selbst nach oben. Das Methan wird vom Kohlendioxid getrennt und betreibt anschliessend eine Gasturbine, die Strom produziert. Die kontrollierte Nutzung des Methans soll gleichzeitig das Risiko eines spontanen Gasausbruches verhindern. 1986 kamen bei einem solchen Ereignis am Nyos-See in Kamerun 1800 Menschen ums Leben. www.eawag.ch > Medien / Newsarchiv > Strom statt Gefahr aus der Tiefe des Sees UMWELT 1/08 URTEIL/INTERNATIONALES 63 GL Nordwestschweiz Bei Schwanden GL fliesst die Linth in einem Bogen Richtung Glarus. Das Gefälle dieser Flussschlaufe wird jetzt mit einer Abkürzung durch einen Stollen für die Stromproduktion genutzt. Eine clevere Idee: Das Wasser wird nicht etwa dem Fluss entnommen, sondern von bestehenden Kraftwerken bezogen. Für das Projekt mit dem sinnbildlichen Namen «Doppelpower» wurden die Initianten mit dem «Swiss Mountain Water Award» ausgezeichnet. In der Nordwestschweiz gibt es rund 130 Textilreinigungsbetriebe. Die Kantone Bern, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Aargau haben nun die Umweltkontrollen für diese Betriebe vereinheitlicht und lassen sie vom Verein Kontrollstelle Textilreinigungen Schweiz VKTS durchführen. Dieser stellt allen Textilreinigern dafür gleich viel in Rechnung. Leo Meier, SN Energie AG, Herrenstrasse 66, nach «Textilreiniger» suchen Einmal Wasser, zweimal Strom Saubere Regeln für Textilreiniger Dominik Keller, Stv. Leiter Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt, Hochbergerstrasse 158, 4019 Basel, Tel. 061 639 22 22, dominik.keller@bs.ch, www.bs.ch > Medienmitteilungen > 8762 Schwanden, Tel. 055 647 42 00, leo.meier@snenergie.ch, www.doppelpower.ch CH Glaubwürdige Umweltbildung In der ausserschulischen Umweltbildung steigt die Zahl der Anbieter laufend. Damit die anvisierten Lernziele tatsächlich erreicht werden, muss die Qualität gewährleistet bleiben, etwa durch einen regen Erfahrungsaustausch. Im Auftrag der Stiftung Umweltbildung Schweiz SUB hat die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW evaluiert, wie es um die Qualitätsentwicklung bei den Schweizer Umweltbildnern steht. Die Studie ergab, dass die Information über Methoden der Qualitätsentwicklung noch stark verbessert werden kann. zVg BS Sandra Wilhelm, ZHAW, Institut für Umwelt und Natürliche Häuser sanieren, Heizenergie sparen Ressourcen, Postfach, 8820 Wädenswil, Tel. 058 934 58 68, sandra.wilhelm@zhaw.ch, www.iunr.zhaw.ch > F&E > Projekte > Erhebung ausserschulische Lernorte SUB Mit einer umfassenden Sanierung lässt sich der Heizenergieverbrauch mancher Wohnhäuser um fast 90 Prozent drosseln. Der Kanton Basel-Stadt unterstützt Hausbesitzende mit Bauzuschüssen von bis zu einem Drittel. Je gründlicher sie sanieren, desto grosszügiger fällt die Unterstützung aus. Mit rund 200 renovierten Gebäuden will der Kanton pro Jahr 20 Millionen Kilowattstunden Heizenergie sparen. Thomas Fisch, Amt für Umwelt und Energie, Kohlenberggasse 7, www.aue.bs.ch > Energie > Aktionen und Projekte > Energieeffizienz 64 PRAXIS UMWELT 1/08 Jan Schudel 4051 Basel, Tel. 061 225 97 30, thomas.fisch@bs.ch, ZH Frischer Wind in Zürich Der Gemeinderat der Stadt Zürich hat einen Kredit von 20 Millionen Franken für neue Windkraftwerke bewilligt. Dereinst will das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich ewz damit 100 bis 200 Gigawattstunden Strom pro Jahr produzieren. Dies entspricht ungefähr 3 bis 6 Prozent des heutigen Verbrauchs im ewz-Versorgungsgebiet. CH Wie viel ist Jugendlichen die Natur wert? Harry Graf, Mediensprecher ewz, Was ist Leben? Haben Tiere Rechte? Welche Chancen und Risiken hat die Gentechnologie? Zu solchen Fragen sollen sich Jugendliche eine eigene Meinung bilden. Das neue Lehrmittel «NaturWert» macht Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I Mut, sich mit der Natur, Naturwissenschaften und ethischen Fragen zu beschäftigen. «NaturWert» wurde mit inhaltlicher Unterstützung des BAFU entwickelt. Tramstrasse 35, 8050 Zürich, Das Buch ist erhältlich beim schulverlag blmv, Tel. 058 319 49 67, Güterstrasse 13, 3008 Bern, Tel. 031 380 52 52, harry.graf@ewz.ch, www.ewz.ch > Medien > info@schulverlag.ch, www.schulverlag.ch > Shop > Mitteilungen 2007 > 30.05.07 Lehrmittel, nach «NaturWert» suchen SG Bruthilfe für Turmfalken und Schleiereulen NE Gratis Stromverbrauch messen Der Verein Pro Riet Rheintal hat im Rheintal 120 Nistkästen für Schleiereulen und Turmfalken installiert. Bereits im ersten Jahr waren ein Fünftel der künstlichen Nester besetzt, und über 90 junge Turmfalken sind geschlüpft. Auch ein Schleiereulenpaar entdeckte die Vorzüge der menschgemachten Behausungen und brütete gleich zweimal. Zusammen mit Landwirten und der Schweizerischen Vogelwarte Sempach will Pro Riet Rheintal nun zusätzliche Ausgleichsflächen schaffen, um die Nahrungsbasis für die Raubvögel zu verbessern. Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Neuenburg können bei ihrer Gemeinde gratis Messgeräte ausleihen, um ihren Stromverbrauch zu messen. Die sogenannten Wattmeter werden zwischen Steckdose und Gerätestecker eingesetzt. Auf Anregung der kantonalen Energiefachstelle haben bereits 25 Gemeinden solche Geräte angeschafft. Eine Liste dieser Gemeinden samt Kontaktadressen findet sich im Internet (siehe Link). Ignaz Hugentobler, Präsident Pro Riet Rheintal, Tel. 032 889 67 20, service.energie@ne.ch, Schwalbenweg 16, 4950 Altstätten, www.ne.ch > Territoire et environnement > Tel. 071 750 08 30, info@pro-riet.ch, Energie > Information, Formation et Conseils > Jean-Luc Juvet, Chef du Service cantonal de l’énergie, Rue de Tivoli 16, 2000 Neuchâtel, www.pro-riet.ch > Projektauswahl > Schleiereule & Turmfalke Wattmètres en prêt Verein Pro Riet Rheintal UMWELT 1/08 PRAXIS 65 BE Besseres Klima in Bern Bevölkerung und Wirtschaft der Stadt Bern haben innerhalb eines Jahres 1100 Tonnen CO2 eingespart. Dazu animiert hat sie das mit der Elektrizitätsrechnung versandte «Klimabüchlein» der Lokalen Agenda 21. Über 3000 Bernerinnen und Berner sowie 15 Unternehmen verpflichteten sich zu freiwilligen Massnahmen. BS/Frankreich Lachse im Rhein Adrian Stiefel, Amt für Umweltschutz und «Was macht ein Lachs im Rhein?» – «Er studiert Chemie.» Dieser Witz aus Zeiten der Sandoz-Katastrophe vor gut 20 Jahren hat heute ausgedient. In der Fischzuchtanlage der Petite Camargue Alsacienne in der Nähe von Basel wurden im letzten Jahr 15 000 junge Lachse aufgezogen und in verschiedenen Nordwestschweizer Seitenflüssen des Rheins ausgesetzt. Die Aktion ist Teil des erfolgreichen Programms RheinLachs 2020, das die Wiederansiedlung von Lachsen und weiteren Fischarten im Rhein zum Ziel hat. Lebensmittelkontrolle der Stadt Bern, Brunngasse 30, Postfach 124, 3000 Bern 7, Tel. 031 321 63 06, adrian.stiefel@bern.ch, www.bernatmetdurch.ch Pascale Steiner, Sektion Fischerei und aquatische Fauna, BAFU, 3003 Bern, Tel. 031 324 72 83, pascale.steiner@bafu.admin.ch, www.umwelt-schweiz.ch > Dokumentation > Publikationen > Fischerei > Rhein & Lachs 2020 www.iapmw.unibe.ch OW Kläranlage ohne Strom In Kerns OW hat ein Hydrologe kürzlich eine Kläranlage gebaut, die allein mit dem vorhandenen Gefälle betrieben wird. Zuerst werden die Feststoffe entfernt. Mit einer ausgeklügelten Technik wird das verbleibende Schmutzwasser dann auf einem Sandfilter versprüht. Dort bauen Bakterien die Schmutzstoffe auf natürliche Weise ab. So kommt die Anlage gänzlich ohne Strom aus und leistet einen Beitrag zum Recycling, da die Sandbehälter aus alten Futtersilos hergestellt werden. Paul Schudel, Symbo GmbH, Grammetstrasse 14, 4410 Liestal, Tel. 061 921 29 14, mail@symbo.ch, www.symbo.ch > Kläranlagen zVg 66 PRAXIS UMWELT 1/08 FR Luft muss besser werden Im Kanton Freiburg werden die Grenzwerte für die Luftqualität trotz erheblicher Anstrengungen nach wie vor überschritten. Der Freiburger Staatsrat hat deshalb Anfang 2008 einen revidierten Massnahmenplan für eine bessere Luft in Kraft gesetzt. Zum Beispiel sind die Gemeinden verpflichtet, für Bauzonen mit intensiver Nutzung das maximale Verkehrsaufkommen festzulegen. In den Agglomerationen müssen bis Ende 2009 zudem alle Gemeinden über ein Parkplatzkonzept verfügen. Hans Gygax, Amt für Umwelt, Route de la Fonderie 2, 1701 Freiburg, Tel. 026 305 37 60, gygaxh@fr.ch, www.fr.ch > Umwelt > Amt für Umwelt > Luft > Rechtsgrundlagen > Massnahmenplan JU Moorschutz mit Helikopter Das Hochmoor von Les Enfers ist ein Lebensraum von nationaler Bedeutung. Dieser drohte aber zu verwalden, bis das Amt für Gewässer und Naturschutz des Kantons Jura die störenden Bäume entfernen liess. Um dabei den sensiblen Moorboden zu schonen, bewerkstelligte ein Helikopter im Herbst 2007 den Abtransport von rund 120 Tonnen Holz. Laurent Gogniat, Office des eaux et de la protection de la Nature, CH Saubere Lösungen für Grossanlässe Das Gelände des Greenfield-Festivals, das jedes Jahr in Interlaken stattfindet, ist jeweils praktisch frei von Abfällen. Der Grund: An alle Besucherinnen und Besucher werden Müllsäcke ausgehändigt, auf die ein Depot zu entrichten ist. Nur wer den Abfallsack wieder abgibt, erhält sein Geld zurück. Dieses innovative Abfallkonzept ist eine der empfohlenen Massnahmen der «IG Saubere Veranstaltung», die von BAFU, swiss olympics und verschiedenen Städten getragen wird. Die «IG Saubere Veranstaltung» wartet auf ihrer Website mit vielen weiteren Ideen für nachhaltige Events auf. Wer Umwelt-Vorgaben für Grossveranstaltungen festlegen möchte, kann sich von der IG auch individuell beraten lassen. Wendel Hilti, IG Saubere Veranstaltung, Aeschenplatz 2, 4052 Basel, Tel. 061 283 00 00, info@saubere-veranstaltung.ch, www.saubere-veranstaltung.ch Les Champs-Fallat, 2822 Saint-Ursanne, Tel. 032 420 48 00, laurent.goniat@jura.ch, www.jura.ch > Actualités > Communiqués > nach «Tourbière des Enfers» suchen GE See aufräumen 250 Taucherinnen und Taucher haben im Herbst 2007 Teile von Rhone und Genfersee von Unrat befreit. Sie förderten unter anderem Hunderte von Flaschen, Dutzende von Autoreifen und drei Parkbänke zu Tage, insgesamt rund zehn Tonnen Abfall. Die «Organisation mondiale des yacht-clubs et des ports écologiques» OMYP will mit der Aktion das Bewusstsein für den ökologischen Wert des Sees schärfen. Amanda Melis, OMYP, Case Postale 438, 1211 Genève 17, Tel. 078 629 48 40, amandam@netleman.ch, www.netleman.ch zVg UMWELT 1/08 PRAXIS 67 Agenda Weitere Veranstaltungshinweise finden sich auf der Online-Agenda unter www.umwelt-schweiz.ch/agenda. 21. bis 24. Februar NATUR Messe und Kongress 3/08 15. März bis Flüsse spielerisch erleben Messe Basel, Halle 4 Eintritt CHF 14.– Für Menschen, die das Leben geniessen und gleichzeitig die Umwelt schonen wollen. (mit Gutschein aus NATUR, Kongresszentrum Basel, UMWELT 4/07 auf Tel. 061 205 10 47, info@natur.ch 2. November Centre Pro Natura Champ-Pittet, Yverdon-les-Bains, Eintritt CHF 7.–/5.– Kinder gratis Gemeinsam mit der Forelle Faria und dem Biber Castor können Kinder und ihre Eltern die Geheimnisse der Flüsse und ihrer Bewohner entdecken. Die Ausstellung spricht alle Sinne an und lässt sich mit einem Ausflug ins nahe gelegene Naturschutzgebiet verbinden. www.natur.ch Centre Pro Natura Champ-Pittet, täglich 10–18 Uhr S. 67 CHF 8.–) Yverdon-les-Bains, Tel. 024 426 93 41, Bis 9. März Naturmuseum St.Gallen, Eintritt CHF 10.–/6.–, Kinder in Begleitung Erwachsener gratis Viehschau im Museum Sonderausstellung zur Geschichte, Biologie und Lebensweise der Kuh, unseres wichtigsten Nutztieres. Naturmuseum St.Gallen, Tel. 071 242 06 70, champ-pittet@pronatura.ch www.pronatura.ch/champ-pittet > Ausstellungen 21. März ganze Schweiz info@naturmuseumsg.ch Schatzkammer Tropen Naturmuseum Luzern Die Ausstellung zeigt die wechselvollen Di–So, 10–17 Uhr Eintritt CHF 6.–/2.– Beziehungen zwischen Europa und den Tropen und lädt ein zum Staunen. www.silviva.ch 16. April Tag gegen Lärm ganze Schweiz Thema 2008: Lärm kostet viel … was kann ich tun …? BAFU und Bundesamt für Gesundheit BAG sind als Partner mit dabei. Naturmuseum Luzern, Tel. 041 228 54 11, naturmuseum@lu.ch Infos zu Thema und Veranstaltungsorten bei: SILVIVA, c/o WSL, Birmensdorf ZH, Tel. 044 739 21 91, info@silviva.ch www.naturmuseumsg.ch Bis 27. April Internationaler Tag des Waldes www.laerm.ch www.naturmuseum.ch Bis 29. Juni Museum.BL, Liestal, Eintritt CHF 7.–/5.– 17. April 2008 «Grüner» Strom schafft Arbeitsplätze Adam, Eva und Darwin – eine Problembeziehung Volkshaus Zürich, Die Sonderausstellung ergründet die spannungsgeladene Beziehung zwischen Schöpfungsgeschichte und Evolutionstheorie. Kosten CHF 350.– Erneuerbare Energien sind gut für die Umwelt und bergen gleichzeitig ein grosses Potenzial für die regionale Wertschöpfung. An der Tagung berichten Regionen und Gemeinden von ihren Erfahrungen. Weisser Saal (230.– für Pusch-Mitglieder) Museum.BL, Liestal, Tel. 061 925 50 88, museum@bl.ch www.bl.ch > Bildung, Kultur, Sport > Kultur, Bibliothek, Museen > Museum.BL > Ausstellungen > Adam, Eva und Darwin 27. bis 29. Februar Landhaus Solothurn Kosten EUR 390.–/ 450.– Pusch, Zürich, Tel. 044 267 44 11, mail@umweltschutz.ch www.umweltschutz.ch 4. Mai Stunde der Gartenvögel Internationaler Kongress zu Kompost und Gärgut Gärten in der ganzen Schweiz, Teilnahme Wer sieht am meisten Gartenvögel? Wettbewerb von Birdlife Schweiz. Die englischsprachige Tagung thematisiert neueste Forschungsergebnisse zu Schwermetallen im Kompost. Das Programm des dritten Tages ist auf Kompost-Praktikerinnen und -Praktiker ausgerichtet und wird simultan auf Deutsch übersetzt. gratis Schweizer Vogelschutz SVS – Birdlife Schweiz, www.birdlife.ch > Anlässe > Stunde der Gartenvögel FiBL – Forschungsinstitut für biologischen Land- Zürich Zürich, Tel. 044 457 70 20, svs@birdlife.ch 16. bis 18. Mai LIFEfair: neue Nachhaltigkeitsmesse Maag EventHall, Hier präsentieren sich Anbieter aus den Bereichen nachhaltige Finanzprodukte, Reisen, Fahrzeuge oder Hausbauten. bau, Frick, Tel. 062 865 72 72, info@codis2008.ch LIFEfair GmbH, Wädenswil, Tel. 043 466 95 48, www.codis2008.chh messe@lifefair.ch www.lifefair.ch 68 UMWELT 1/08 Neue BAFU Publikationen Schlüssel zu den bibliografischen Angaben: Titel. Seitenzahl; erhältliche Sprachen; Preis (in CHF); Bezugsquelle; Bestellnummer für gedruckte Publikationen oder Code für das kostenlose Herunterladen der PDF-Datei. Hier bestellen BAFU, Verlagsauslieferung, CH-3003 Bern, Tel. +41(0)31 322 89 99, Fax +41 (0)31 324 02 16, docu@bafu.admin.ch, www.umwelt-schweiz.ch/publikationen. Bitte jeweils Bestellnummer angeben. Bei grösseren Bestellungen – auch von Gratispublikationen – wird ein Versandkostenbeitrag erhoben. In der Mitte dieses Heftes findet sich eine Bestellkarte. Mit dem Newsletter verpassen Sie keine BAFU-Neuerscheinung Auf der Website des BAFU unter www. umwelt-schweiz.ch/newsletter können Sie einen Newsletter für alle neuen Publikationen abonnieren. 2- bis 4-mal im Monat erhalten Sie eine E-Mail mit den Angaben zu den Neuerscheinungen und ihren Internet-Links. So können Sie die Publikationen direkt als PDF herunterladen oder – sofern vorhanden – als gedruckte Ausgabe bestellen. Ihre E-Mail-Adresse wird nur für diesen Newsletter verwendet. Für Umweltinteressierte • Klimaänderung in der Schweiz. Indikatoren zu Ursachen, Auswirkungen, Massnahmen. 77 S.; D, F, I; CHF 20.–; UZ-0728D. • Verwendung von Schneehärtern für Betreiber von Rennpisten und Veranstalter von Schneesportwettkämpfen. Merkblatt; 6 S.; D, F, I, E; kostenlos; UV-0731-D. Für Fachleute • Rote Liste der gefährdeten Heuschrecken der Schweiz. 62 S.; D, F, I; kostenlos; UV-0719-D. • Hydrologisches Jahrbuch der Schweiz 2006. 554 S.; dreisprachig D/F/I; CHF 85.–; UW-0635-D. • Vollzugshilfe Anforderung an die Fangberechtigung. Nachweis zur Berechtigung zum Fang von Fischen und Krebsen. 9 S.; D, F, I; keine gedruckte Ausgabe; UV-0738-D. • GHS in der Schweiz. Volkswirtschaftliche Beurteilung der Einführung des «Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals» (GHS). 94 S.; D; keine gedruckte Ausgabe; UW-0732-D. • Landschaft unter Druck. 3. Fortschreibung. Beobachtungsperiode 1989–2003. Gemeinsame Studie der Bundesämter für Raumentwicklung ARE und für Umwelt BAFU; 42 S.; D, F; keine gedruckte Ausgabe; STUD-8403-D. • Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen. Massnahmen zur Förderung. Gemeinsame Studie der Bundesämter für Raumentwicklung ARE und für Umwelt BAFU sowie der Fachstellen für Raumentwicklung, für Umwelt sowie für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau. 39 S.; D, Zusammenfassung in F, I; keine gedruckte Ausgabe; DIV-8010-D. • UVP-Pflicht bei Änderung bestehender UVP-pflichtiger Anlagen. Rechtsgutachten. 67 S.; D, F; keine gedruckte Ausgabe; UW0737-D. • NABEL. Luftbelastung 2006. Messresultate des Nationalen Beobachtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL). 139 S.; D, F; keine gedruckte Ausgabe; UZ-0726-D. UMWELT 1/08 69 Aktiv Hoch zu Lama Auf dem Rücken eines Lamas erfährt Jung und Alt die Umgebung auf neue Weise. Mensch und Tier bauen während des Ritts ein Vertrauensverhältnis auf, was Lamawanderungen zu einem besonderen Erlebnis werden lässt. Immer mehr Bauernbetriebe bieten solche Trekkings an – bestimmt findet sich auch in Ihrer Nähe ein Anbieter. Nach Anbietern suchen unter www.google.ch. Suchbegriffe «Lamatrek» Homepage Riedweg-Rohrer, Escholzmatt oder «Lamatrekking» Gletschertöpfe bei Maloja Im Pro-Natura-Schutzgebiet bei Maloja gibt es eine einmalige Ansammlung von drei Dutzend grösseren und kleineren Gletschertöpfen. Die ausserordentlichen Felsformationen bilden ein Geotop von nationaler Bedeutung. Zusammen mit Hochmooren, Bergföhrenwald und Felsvegetation machen sie einen Besuch des Schutzgebietes zum Erlebnis. Wie die heutige Landschaft entstanden ist, erklärt eine Ausstellung von Pro Natura im Turm Belvedere in Maloja. www.pronatura.ch/gr > Schutzgebiete > Maloja Gletschermühlen. Auskunft erteilt auch der Kur- und Verkehrsverein Maloja, Tel. 081 824 31 88, info@maloja.ch, www.maloja.ch Ch. Geiger Wandern im Schnee Wer auch im Winter gerne wandert und nicht so recht weiss wo, findet unter www.tourenguide.ch über sechzig Tourenvorschläge. Dank der Gliederung nach Regionen finden Schneehungrige mit wenigen Klicks eine Wanderung in ihrer Nähe. www.tourenguide.ch > Winter AURA zVg Die Welt der Pilze In Cernier NE hat kürzlich das Mycorama seine Tore geöffnet. Besuchende tauchen ein in das faszinierende Reich der Pilze. Eine Dauerausstellung und regelmässig wechselnde Temporärausstellungen widmen sich dieser vielfältigen Welt auf drei Etagen. Mycorama, Passage des Cèpes 3, 2053 Cernier, Tel. 032 889 36 29, info@mycorama.ch, www.mycorama.ch 70 UMWELT 1/08 AKTIV Impressum 1/08, Februar 2008 UMWELT-Tipps Das Magazin UMWELT des BAFU erscheint viermal jährlich und kann kostenlos abonniert werden; ISSN 1424-7186. Herausgeber: Bundesamt für Umwelt BAFU Das BAFU ist ein Amt des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Projektoberleitung: Bruno Oberle, Thomas Göttin Konzept, Redaktion, Produktion: Georg Ledergerber (Gesamtleitung), Flavia Castelberg (Stellvertreterin); Daniel Zürcher und Beat Jordi (Koordination Dossier Umwelttechnologieförderung), Hansjakob Baumgartner, Cornélia Mühlberger de Preux Externe journalistische Mitarbeit: Martin Arnold, Charles Cahans, Esther Delli Santi, Urs Fitze, Stefan Hartmann, Kaspar Meuli, Beatrix Mühlethaler, Pieter Poldervaart, Lucienne Rey; Jan Schudel und Urs Draeger (Rubriken); Jacqueline Dougoud (Lektorat, Korrektorat, Übersetzungen) Visuelle Umsetzung: Atelier Ruth Schürmann, Luzern Redaktionsschluss: 10. Dezember 2007 Redaktionsadresse: BAFU, Kommunikation, Redaktion UMWELT, CH-3003 Bern, Tel. 031 322 93 56, Fax 031 322 70 54, georg.ledergerber@bafu.admin.ch Sprachen: Deutsch, Französisch; Italienisch ausschliesslich im Internet Internet: Der Inhalt des Magazins (ohne Rubriken) ist abrufbar unter www.umwelt-schweiz.ch/magazin. Gratisabonnemente, Adressänderungen und Nachbestellung einzelner Nummern: UMWELT, Postfach, CH-4501 Solothurn, Tel. 031 324 77 00, Fax 032 624 75 08, umweltabo@bafu.admin.ch Papier: Cyclus Print, 100% Altpapier aus sortierten Druckerei- und Büroabfällen Auflage dieser Nummer: 44 000 Expl. UMWELT, 16 000 Expl. ENVIRONNEMENT Internet verschlingt Strom Laut der amerikanischen Umweltbehörde EPA braucht jede Suchabfrage bei Google gleich viel Strom wie eine Sparlampe während einer Stunde. Das Internet als Ganzes belaste das Klima so stark wie der internationale Flugverkehr, denn hinter der virtuellen Welt verbergen sich riesige Serverzentren, im Falle von Google oder Ebay mit mehreren Hunderttausend Rechnern. Viel Strom sparen kann deshalb, wer das Internet bewusster nutzt. Für Telefonnummern gibt es zum Beispiel nach wie vor Telefonbücher, für Vokabeln Wörterbücher und für Wissenswertes Lexika. www.energystar.gov > Partner Resources > Specifications in Development > Enterprise Server and Data Center Energy Efficiency Initiatives Heisse Mode Was tun, wenn einen im Büro fröstelt? Job wechseln, Liegestützen machen oder Heizung aufdrehen? Ersteres ist sinnlos, Zweiteres mühsam und Letzteres teuer. Bleibt: Pulswärmer überziehen. Das kostet wenig und sieht gut aus. Und wenn das nicht reicht, helfen Pulli, lange Unterwäsche und eine Thermoskanne Tee weiter. Pulswärmer gibt es in vielen Geschäften zu kaufen. Am günstigsten ist selber stricken. Zweites Leben für Handys Wohin mit ausgedienten Handys? Am besten beim nächsten Swisscom Shop abgeben. Im Rahmen des Projekts Solidarcomm leitet die Swisscom gebrauchte Geräte an Réalise weiter, eine Wiedereingliederungsstätte für benachteiligte Menschen. Dort werden sie geflickt und danach über lokale Zwischenhändler in Ländern des früheren Ostblocks und Afrika weiterverkauft. Weiterer Projektpartner ist die Hilfsorganisation Terre des Hommes. Sie erhält für jedes abgegebene Handy fünf Franken. www.solidarcomm.ch Öko-Baustoff Lehm Lehm verwendeten schon die Pfahlbauer als Baustoff. Heute entdecken viele Ingenieure und Architektinnen das Naturprodukt neu. Lehm ist leicht zu verarbeiten und kann beliebig wiederverwendet werden. Er ist ungiftig und hautfreundlich. Moderne Lehmbauer setzen den natürlichen Werkstoff vielfältig ein: als Verputz, für Trennwände und, angereichert mit Strohhäcksel, sogar als Wärmedämmschicht. Weitere Infos: www.iglehm.ch. Buchtipp: Klaus Schillberg, Heinz Knieriemen, Bauen und sanieren mit Lehm, AT-Verlag 2000. Druck und Versand: Vogt-Schild Druck AG, 4552 Derendingen SO Copyright: Nachdruck der Texte und Grafiken erwünscht mit Quellenangabe und Belegexemplar an die Redaktion. Hinweis Das Magazin UMWELT versteht sich als Diskussionsforum für Umwelt und Natur. Es kommen deshalb auch Meinungen zu Wort, die nicht in jedem Fall der Haltung des BAFU entsprechen. Das nächste Heft 2/2008 erscheint Ende Mai mit dem Dossier Landwirtschaft und Umwelt WTO-Abkommen, Agrargüterfreihandel mit der EU, Agrarpolitik 2011, Produktpreise, Agrotreibstoffe – die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft ändern sich laufend. Was braucht es, dass die Schweizer Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft nachhaltig Nahrungsmittel produzieren und zugleich ihren Verfassungsauftrag zur Pflege der Landschaft und zur Erhaltung der Biodiversität erfüllen können? UMWELT 1/08 71 Besuchen Sie das BAFU im Internet: www.umwelt-schweiz.ch UMWELT-Gratisabonnement: Tel. 031 324 77 00 oder umweltabo@bafu.admin.ch Informationen zur Umwelt: Tel. 031 322 93 56 oder info@bafu.admin.ch