Sicherheit bei Produktionen und Veranstaltungen

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Sicherheit bei Produktionen und Veranstaltungen
215-315
DGUV Information 215-315
Sicherheit bei Veranstaltungen
und Produktionen
Besondere szenische Darstellungen
Februar 2015

Impressum
Herausgeber:
Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung e.V. (DGUV)
Glinkastraße 40
10117 Berlin
Tel.: 030 288763800
Fax: 030 288763808
E-Mail: info@dguv.de
Internet: www.dguv.de
Sachgebiet „Bühnen und Studios“,
Fachbereich „Verwaltung“ der DGUV.
Gemeinschaftsarbeit von
Arbeitskreis der Sicherheitsingenieure von ARD.ZDF.medienakadamie, ARTE, Bavaria, BR, DeutschlandRadio, DW, HR, IRT, MDR,
NDR, RBB, ORF, RB, RBT, RTL, SF, SR, SRG, SSR, Studio Hamburg, SWR, WDR, ZDF
BvS – Bundesverband deutscher Stuntleute e. V.
Deutscher Bühnenverein – Bundesverband der Theater und Orchester
DTHG – Deutsche Theatertechnische Gesellschaft e. V.
Staatliche Ballettschule Berlin und Schule für Artistik
VPLT – Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e. V.
Layout & Gestaltung:
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Medienproduktion
Bildnachweis:
Titelbild:Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Cyrano de Bergerac“; Arno Declair
Abb. 1: Besondere szenische Darstellung ermitteln, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Kinder der Revolution“; Diana Küster
Abb. 5: Kinder als Mitwirkende, WDR, Sendung "Frag doch mal die Maus"; WDR/Max Kohr
Abb. 6: Gespielte Auseinandersetzung, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Hamlet“; Thomas Aurin
Abb. 7: Autoscooter auf der Bühne, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Liliom“; Diana Küster
Abb. 8: Fechtkampf, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Cyrano de Bergerac“; Arno Declair
Abb. 9: Begehen einer Showtreppe mit High Heels, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Volpone“; Thomas Aurin
Abb. 10: Szenische Probe, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Der Prozess“; Thomas Aurin
Abb. 11: Szenische Darstellung mit Absturzgefahr, Theater Münster, Inszenierung „Ladykillers“; Jochen Quast
Abb. 12: Erhöhte Spielebenen, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Drei Schwestern“; Thomas Aurin
Abb. 13: Akrobatische Showeinlage, WDR, Sendung "Frag doch mal die Maus"; WDR/Max Kohr
Abb. 14: Showeinlage mit KFZ-Einsatz, © Tatjana Belova/Fotolia
Abb. 15: Sportliche Showeinlage, WDR, Sendung "Frag doch mal die Maus"; WDR/Max Kohr
Abb. 16: Schwertkampf, Theater Münster, Inszenierung „Hamlet“; Marion Bührle
Abb. 17: Schreckschusswaffeneinsatz, Schauspielhaus Bochum, Inszenierung „Wassa Schelesnowa“; Diana Küster
Ausgabe: Februar 2015
DGUV Information 215-315 (bisher BGI/GUV-I 810-5)
zu beziehen bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen

Sicherheit bei Veranstaltungen und
Produktionen
Besondere szenische Darstellungen
DGUV Information 215-315 Februar 2015
Inhaltsverzeichnis
Seite
Seite
Vorbemerkung......................................................................5
3.5Stunt.........................................................................31
1Anwendungsbereich,................................................6
3.6Tiere.........................................................................31
2
Organisation und Verantwortung..............................7
3.6.1Pferde.......................................................................32
2.1
Leitung und Aufsicht für besondere szenische
Darstellungen...........................................................7
3.7Bühnenwaffen...........................................................33
2.2Verantwortungsbereiche...........................................8
3.7.1
Umgang mit Hieb- und Stichwaffen............................33
3.7.2
Umgang mit Feuerwaffen...........................................34
2.2.1
Besondere szenische Darstellungen unter Leitung
und Aufsicht der Bühnen- und Studiofachkraft...........9
2.2.2
Besondere szenische Darstellungen unter
Koordination der Bühnen- und Studiofachkraft..........9
A. 1
2.2.3
Eigenverantwortliche besondere szenische
Darstellung ..............................................................10
Vorgehensweise bei der individuellen
Gefährdungsbeurteilung ..........................................36
A. 2 Dokumentationsschema für die individuelle
Gefährdungsbeurteilung..........................................48
A. 3
Einsatz von Tieren bei szenischer Darstellung...........50
A. 4
Checkliste zur Auswahl von Stuntleuten....................52
A. 5
Begriffe....................................................................54
A. 6
Informationen zum Waffenrecht ...............................57
2.3Versicherungsschutz.................................................11
2.4Gefährdungsbeurteilung...........................................11
2.5
Auswahl von geeigneten Personen............................14
2.5.1
Darsteller und Darstellerinnen ohne
Fachkenntnisse (Laien).............................................14
2.5.2
Darsteller und Darstellerinnen mit
Fachkenntnissen (Amateure).....................................15
2.5.3
Professionelle Aktionsdarsteller und
Aktionsdarstellerinnen..............................................15
2.5.4
Kinder und Jugendliche.............................................15
2.6
Persönliche Schutzausrüstung (PSA).........................16
2.7Unterweisung............................................................18
2.8Notfallorganisation...................................................18
2.9
Arbeitsmittel bereitstellen und prüfen.......................19
3
Besondere szenische Darstellungen.........................22
3.1
Grundsätzliche Anforderungen an die Durchführung
von besonderen szenischen Darstellungen................22
3.1.1Proben .....................................................................23
3.1.2
Training und Verletzungsprophylaxe..........................24
3.1.3
Darstellungen mit Absturzgefahr................................24
3.1.4
Gespielte Tätlichkeiten und Darstellungen mit
Zerbrechen von Materialien.......................................25
3.2
Artistik und Akrobatik................................................26
3.3Sensationsdarstellung..............................................27
3.4
Besondere szenische Darstellungen mit
sportlichen Elementen..............................................29
3.4.1
Szenische Darstellung einer sportlichen Aktion ........29
3.4.2
Präsentation von Breitensport...................................30
3.4.3
Präsentation von Extremsport....................................30
Anhang
Literaturverzeichnis.............................................................. 59
Vorbemerkung
Unterhaltung ist eine kulturelle Leistung, die über die Jahrhunderte hinweg immer neue Ausprägungen hervorbrachte. Dabei
ist Unterhaltung unabhängig vom Genre, als Kunst anzusehen.
In Teilbereichen der Unterhaltung stehen die spannenden, aufregenden, bis atemberaubenden Aspekte im Vordergrund. Beispiele dafür sind gespielte Tätlichkeiten in Theaterinszenierungen, artistische Vorführungen oder Sensationsdarstellungen in
Fernsehshows, aber auch Stunts bei Filmproduktionen. Das Ziel
der Aufführung ist, ein besonderes und nachhaltiges Erlebnis zu
bieten. Neben den tradierten Darbietungsformen ist daher auch
eine Entwicklung zu immer neuen sensationellen Handlungen
und aggressiven Schockeffekten festzustellen. Die Umsetzung
dieser Handlungen genießt den grundgesetzlich verankerten
Schutz der künstlerischen Freiheit und schließt die so genannten gefährlichen szenischen Darstellungen ein. Das Recht auf
künstlerische Freiheit stößt jedoch an Grenzen, wenn andere
schutzwürdige Rechte verletzt werden. Das gilt besonders für
das Recht auf körperliche Unversehrtheit, gleichermaßen für
Akteure, weitere Beteiligte und Publikum.
Aufgrund der Merkmale der „besonderen szenischen Darstellung“ kann die üblicherweise geltende Rangfolge der Schutzmaßnahmen (technische, organisatorische, persönliche) nicht
immer eingehalten werden. Organisatorische Maßnahmen und
persönliche Schutzmaßnahmen erlangen besondere Bedeutung. Daher bekommt die Beachtung und Umsetzung der
Schutzzielformulierungen der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung“
besondere Bedeutung. Deshalb kann im Einzelfall einer „besonderen szenischen Darstellung“ von der Rangfolge der Schutzmaßnahmen abgewichen werden. Eine Orientierung an der
Rangfolge der Schutzmaßnahmen ist aber immer sinnvoll, sobald der szenische Betrieb dies zulässt.
Aufgabe dieser Schrift ist es, das erforderliche sicherheitstechnische Niveau zum Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der
Realisierung besonderer szenischer Darstellungen zu beschreiben. Sie unterstützt bei der Risikoermittlung und -bewertung
und beschreibt die in der Branche speziell für besondere szenische Darstellungen etablierten Lösungen.
Die hier nun vorliegende Information der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV wurde unter der Federführung
des Sachgebietes „Bühnen und Studios“ des Fachbereiches
„Verwaltung“ in einer Gemeinschaftsarbeit von
• Arbeitskreis der Sicherheitsingenieure von ARD.ZDF.medienakadamie, ARTE, Bavaria, BR, DeutschlandRadio, DW, HR, IRT,
MDR, NDR, RBB, ORF, RB, RBT, RTL, SF, SR, SRG, SSR, Studio
Hamburg, SWR, WDR, ZDF
• BvS – Bundesverband deutscher Stuntleute e. V.
• Deutscher Bühnenverein – Bundesverband der Theater und
Orchester
• DTHG – Deutsche Theatertechnische Gesellschaft e. V.
• Staatliche Ballettschule Berlin und Schule für Artistik
• VPLT – Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e. V.
erstellt.
5
1Anwendungsbereich
Besondere szenische Darstellungen sind Teil einer Produktion,
Aufführung oder Veranstaltung. Merkmal der besonderen szenischen Darstellung ist das Gefahrenpotential der Handlungen
oder der szenisch bedingten Begleitumstände, hervorgerufen
beispielsweise durch gespielte Tätlichkeiten, die Mitwirkung von
Tieren oder den Einsatz von Waffen. Hierbei wird in der Regel
das für allgemeine Arbeitsvorgänge tolerable Risiko
überschritten.
Die Adressaten dieser Schrift sind:
• Unternehmer und Führungskräfte, beratende Fachkräfte für
Arbeitssicherheit und Betriebsärzte/Betriebsärztinnen
• Technische Leiter und Technische Leiterinnen, Verantwortliche
für Produktions- und Veranstaltungstechnik, Beschäftigte der
Regie und Dramaturgie, Redakteure und Redakteurinnen,
Produktionsleiter und Produktionsleiterinnen, Aufnahmeleiter
und Aufnahmeleiterinnen
• Produzenten und Produzentinnen, Eventmanager, Projektmanager, Veranstaltungskaufleute, Veranstaltungsleiter und
Veranstaltungsleiterinnen
• Akteure und Akteurinnen, Künstler und Künstlerinnen, Szenenbildner und Szenenbildnerinnen
• Lehrer und Lehrerinnen, Trainer und Trainerinnen, Lernende
• Experten und Expertinnen für besondere szenische Darstellungen wie Stunt Coordinator, Head Stuntrigger, Horse Master,
Stuntleute, Choreographen und Choreographinnen
Diese Schrift ist eine Hilfestellung zur Umsetzung der Anforderungen der Unfallverhütungsvorschrift "Veranstaltungs- und
Produktionsstätten für szenische Darstellungen" für gefährliche
szenische Vorgänge (siehe § 20), artistische Darstellungen
(siehe § 21) und Tiere (siehe § 31).
6
2 Organisation und Verantwortung
2.1
Leitung und Aufsicht für besondere szenische
Darstellungen
Der Unternehmer sowie die vom Unternehmer Beauftragten
(Produktionsleitung, Technische Leitung, Leitung für Regie und
Dramaturgie) sind dafür verantwortlich, im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob eine gefährliche szenische Darstellung vorliegt oder ob die gewünschte szenische
Darstellung besondere Fähigkeiten oder Fertigkeiten erfordert.
Er muss sich mit der Bühnen- und Studiofachkraft darüber abstimmen und überprüfen, ob eine vergleichbare Darstellung mit
einer geringeren Gefährdung möglich ist. Beratend können eine
Fachkraft für Arbeitssicherheit, ein Betriebsarzt bzw. eine Betriebsärztin oder andere Experten hinzugezogen werden. Der
Unternehmer bzw. die mit der Leitung und Aufsicht beauftragte
Person hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.
Der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass nur ausreichend
für diese Tätigkeiten befähigte Personen für besondere szenische Darstellungen eingesetzt bzw. beauftragt werden. Der Versicherungsschutz der Mitwirkenden ist vom Unternehmer zu
klären, vgl. Abschnitt 2.3.
Geht von der szenischen Darstellung oder der szenenbildenden
Dekoration eine besondere Gefahr aus, muss der Unternehmer
für die Durchführung eine fachlich geeignete Person mit der
Leitung und Aufsicht der Szene beauftragen. Künstlerische Forderungen hinsichtlich der Dekoration und Darstellung dürfen
nicht realisiert werden, wenn die verantwortliche Bühnen- und
Studiofachkraft aus Sicherheitsgründen gegen sie Einwendungen erhebt.
Abb. 1 Besondere szenische Darstellung ermitteln
7
Organisation und Verantwortung
Die verantwortliche Person ist mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten, Verantwortungsbereiche sind zuzuweisen. Bei
gefährlichen szenischen Darstellungen mit körperlichem Einsatz
ist die Beratung und Koordination durch einen Experten oder
eine Expertin, z. B. einen Stunt Coordinator, zu empfehlen. Dieser bzw. diese muss Weisungsbefugnis für die besondere szenische Darstellung erhalten.
Aufgaben eines Stunt Coordinators
Wird im Rahmen einer Produktion mit schwierigen Bewegungsabläufen oder mit einer Darstellung mit einem
erhöhten Risiko ein Stunt Coordinator eingesetzt, dann
gehört zu dessen Aufgaben:
• Planung der szenischen Darstellung nach Absprache
mit dem Regisseur oder Regisseurin und seinem oder
ihrem Kreativteam, um in Ausübung der eigenen
künstlerischen Tätigkeit die Szene kreativ aufzulösen
und entsprechende Umsetzungsmöglichkeiten vorzuschlagen, die Gefahrenlage zu beurteilen, Risiken zu
minimieren und die Aktion sicher umzusetzen
• im Rahmen seines Sicherheitskonzeptes Entscheidung darüber, wie die gestellten Aufgaben gelöst werden können und Festlegung des Umfangs von Training
und Proben
• Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (Risk Assessment) für die szenische Darstellung, vgl. Anhang A.1.
Diese Gefährdungsbeurteilung fließt in die Gefährdungsbeurteilung der Produktion ein.
• Beurteilung der Grenzen der Belastbarkeit der mitwirkenden Personen
• Festlegung des Timings (zeitlicher Ablauf ) der gefährlichen szenischen Darstellung mit dem Ziel der sicheren
Abwicklung der Szene mit allen Darstellern und Darstellerinnen. Lediglich kalkulierbare und daher akzeptable Risiken dürfen in Absprache mit allen Beteiligten
eingegangen werden.
8
2.2Verantwortungsbereiche
Die organisatorische Einbindung und die vertraglichen Verpflichtungen der Personen, die als Darsteller oder Darstellerin besondere szenische Darstellungen umsetzen, sind durch die Produktionsleitung, Technische Leitung bzw. Leitung für Regie und
Dramaturgie zu regeln. Die Verantwortungsbereiche sind eindeutig zu definieren und abzugrenzen. Entsprechend der künstlerischen Anforderung ist die erforderliche Qualifikation der Durchführenden zu prüfen und fest zu legen.
Folgende typische Konstellationen werden nachfolgend
dargestellt:
• besondere szenische Darstellungen unter Leitung und Aufsicht der Bühnen- und Studiofachkraft
(s. Abschnitt 2.2.1)
• besondere szenische Darstellungen unter Koordination der
Bühnen- und Studiofachkraft
(s. Abschnitt 2.2.2)
• eigenverantwortliche besondere szenische Darstellung
(s. Abschnitt 2.2.3)
Vertragsinhalte für besondere szenische
Darstellungen
Zu den vertragliche Vereinbarungen für besondere szenische Darstellungen, die unter Koordination der Bühnenund Studiofachkraft oder eigenverantwortlich stattfinden, gehören insbesondere:
• Der Darsteller oder die Darstellerin hat eine individuelle Gefährdungsbeurteilung für seine bzw. ihre Darstellung zu erstellen.
• Der Darsteller oder die Darstellerin ist verpflichtet, den
Koordinator auf mögliche Gefahren für andere Personen hinzuweisen und bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen (z. B. Sicherheitsabständen)
mitzuwirken.
• Vor der Aufführung ist eine Probe mit reduzierter Gefährdung durchzuführen, sofern dies für die Erstellung
der Gefährdungsbeurteilung notwendig ist.
• Der Versicherungsschutz ist nachzuweisen, vgl. Abschnitt 2.3.
Organisation und Verantwortung
2.2.1
Besondere szenische Darstellungen unter Leitung und
Aufsicht der Bühnen- und Studiofachkraft
Zur Leitung und Aufsicht der Bühnen- und Studiofachkraft gehört
die Wahrnehmung von Führungs- und Fachverantwortung. Insbesondere müssen von ihr die für die jeweilige Tätigkeit erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Die Durchführung
der Schutzmaßnahmen ist bei der besonderen szenischen Darstellung zu überwachen, auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und
ggf. anzupassen. Die Bühnen- und Studiofachkraft erstellt unter
Berücksichtigung der ausführenden Personen die individuelle
Gefährdungsbeurteilung.
Beispiele: vom Bühnenmeister bzw. der Bühnenmeisterin oder
dem Requisiteur oder der Requisiteurin bediente Effekte, szenische Darstellungen mit Haustieren, Darsteller fährt Fahrrad,
Darstellung mit Absturzgefährdung.
Die Bühnen- und Studiofachkraft stellt hierbei fest, dass keine weiteren Experten hinzugezogen werden müssen.
2.2.2
Besondere szenische Darstellungen unter Koordination
der Bühnen- und Studiofachkraft
Besondere szenische Darstellungen, bei denen i.d.R. externe
Darsteller oder Darstellerinnen (z. B. Zauberkünstler, Theatergastspiele oder Akrobaten) beteiligt werden oder Effektspezialisten (z. B. Pyrotechniker) mitwirken, erfordern weitere organisatorische betriebliche und vertragliche Regelungen mit
speziellen Festlegungen zur Koordination der erforderlichen
Schutzmaßnahmen.
Der oder die Ausführende ist für die Realisierung erforderlicher
Maßnahmen zu seinem eigenen Schutz selbst verantwortlich. Er
bzw. sie ist diesbezüglich eigenverantwortlich tätig.
Der Unternehmer hat als Auftraggeber und bei der Auswahl der
ausführenden Personen besondere Auswahl- und Sorgfaltspflichten wahrzunehmen. Hierzu gehört das Einholen von Nachweisen, wie z. B. Referenzen.
Der Unternehmer ist für die Durchführung der Schutzmaßnahmen verantwortlich, die aufgrund der Veranstaltung und Produktion allgemein erforderlich sind (siehe Basis-Gefährdungsbeurteilung). Deshalb hat der Unternehmer die Grenzen der
Verantwortungsbereiche und die räumliche und zeitliche Trennung für die besondere szenische Darstellung zum restlichen
Darstellungs- bzw. Produktionsablauf eindeutig festzulegen.
Für die Durchführung weiterer Schutzmaßnahmen aufgrund
der besonderen szenischen Darstellung sind zusätzliche
organisatorische Regelungen erforderlich.
Abb. 2 Leitung und Aufsicht durch Bühnen- und Studiofachkraft
Gefahrbereich
Abb. 3 Koordination der weiteren Schutzmaßnahmen durch Bühnenund Studiofachkraft
9
Organisation und Verantwortung
Da sowohl Beschäftigte des Auftraggebers, externe Darsteller
oder Darstellerinnen und auch Dritte (z. B. Besucher oder Medienvertreter) bei der besonderen szenischen Darstellung anwesend sind, können gegenseitige Gefährdungen auftreten. Es
muss vom Unternehmer eine Person bestimmt werden, die die
im Zusammenhang mit der besonderen szenischen Darstellung
erforderlichen Handlungen aufeinander abstimmt. Zur Abwehr
besonderer Gefahren ist sie mit entsprechender Weisungsbefugnis auszustatten (Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer, s.
§ 6 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“.
Da diese Person ihre Aufgaben nur erfüllen kann, wenn sie mit
den betrieblichen Verhältnissen (betriebliche Organisation,
Arbeitsabläufe, Ansprechpartner usw.) vertraut ist, ist es zweckmäßig, dass der Unternehmer die Bühnen- und Studiofachkraft
hierfür schriftlich bestellt und für diese Aufgaben die Kompetenzen und Weisungsbefugnisse konkretisiert. Dieses ist in den
betrieblichen und bei den vertraglichen Regelungen zu
berücksichtigen.
Koordinierung der Schutzmaßnahmen
Die für die Abstimmung der erforderlichen Schutzmaßnahmen beauftragte Person hat insbesondere folgende
Aufgaben:
• Aufstellung des szenischen Ablaufplans: Wer darf bzw.
muss wo, unter welchen Voraussetzungen, innerhalb
welcher Zeit arbeiten
• Beurteilung der Gefährdungen, die von der Spielstätte
und des Szenenbildes auf die Darstellung einwirken
• Gemeinsame Ermittlung der gegenseitigen Gefährdungen mit den Ausführenden
• Festlegung von Gefahrenbereichen in den Grenzen der
jeweiligen Verantwortungsbereiche
• Abstimmung der Sicherheitsmaßnahmen vor Probe
oder Durchführung der szenischen Darstellung
• Information weiterer Betroffener (z. B. aus anderen
Abteilungen)
• Festlegung der Maßnahmen für den Störungsfall
• Überprüfung der Einhaltung des geplanten szenischen
Ablaufes und der Sicherheitsmaßnahmen
• Festlegung evtl. notwendiger ergänzender
Sicherheitsmaßnahmen
• Unterrichtung aller von der szenischen Darstellung
betroffenen Personen über Änderungen
Die für die Abstimmung der erforderlichen Schutzmaßnahmen beauftragte Person muss eingreifen, wenn
• Sicherheitsbestimmungen offensichtlich missachtet
werden
10
• Beschäftigte oder weitere Mitwirkende unvorhergese-
hene Situationen – in denen sie sich selbst oder Dritte
gefährden – nicht allein bewältigen können
• eine ausführende Person der szenische Darstellung
der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen ist
Grundsätzlich hat ein Eingreifen über den Vertragspartner des Ausführenden der szenischen Darstellung zu
erfolgen. Bei unmittelbarer Gefahr von Personen (Ausführende, Beschäftigte oder Dritte) oder bei erkennbaren
Sicherheitsmängeln ist die szenische Darstellung durch
die für die Abstimmung der erforderlichen Maßnahmen
beauftragte Person unverzüglich direkt zu stoppen. Diese Option muss durch eine betriebliche und vertragliche
Regelung gesichert werden. In diesem Fall sind die Vertragspartner des bzw. der Ausführenden der szenischen
Darstellung umgehend zu informieren.
2.2.3 Eigenverantwortliche besondere szenische Darstellung
Besondere szenische Darstellungen, bei denen i.d.R. Artisten,
Sensationsdarsteller oder Stuntleute (siehe hierzu auch Kapitel
3.2, 3.3. und 3.5) beteiligt werden, erfordern über die Koordination der Schutzmaßnahmen (siehe vorhergehendes Kapitel 2.2.2)
hinausgehende weitere betriebliche und vertragliche Regelungen mit speziellen Festlegungen.
Gefahrbereich
Abb. 4 Artistische Darstellung
Von der artistischen Darstellung dürfen keine Gefährdungen
für andere Personen ausgehen.
Organisation und Verantwortung
Bei der Durchführung ist insbesondere folgendes zu berücksichtigen bzw. bei den betrieblichen und vertraglichen Vereinbarungen festzulegen:
• Für die Auswahl und Beauftragung von Personen, die eigenverantwortliche besondere szenische Darstellungen durchführen, ist eine besondere Sorgfalt erforderlich. Für die Auswahl
können z. B. Referenzen herangezogen werden. Verfügt der
Auftraggeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen.
• Die Durchführenden benutzen eigene Geräte, Einrichtungen
und Materialien.
• Sind für den Aufbau der Arbeitsmittel besondere Voraussetzungen erforderlich, so sind die Mindestanforderungen vom
Durchführenden zu benennen. Der Auftraggeber bzw. die für
die Abstimmung der erforderlichen Schutzmaßnahmen beauftragte Person hat dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen
erfüllt werden. Ggf. sind geeignete Anschlagpunkte oder Aufstellflächen bereit zu stellen. Der Durchführende hat diese auf
Eignung zu überprüfen.
• Der Auf- und Abbau darf nur durch die Durchführenden oder
durch deren Beauftragte erfolgen. Der Durchführende überprüft den korrekten Auf- und Abbau.
• Die Durchführenden legen für sich das akzeptierte Grenzrisiko
und die erforderlichen eigenen Schutzmaßnahmen sowie die
Schutzmaßnahmen für Dritte fest und teilen sie der für die
Abstimmung der erforderlichen Schutzmaßnahmen beauftragten Person mit. Wenn diese die Schutzmaßnahmen für Beschäftigte, Besucher oder sonstige Personen (z. B. Medienvertreter) für unzureichend hält, dann kann die Darstellung so
nicht stattfinden.
2.3Versicherungsschutz
Da besondere szenische Darstellungen in der Regel risikobehaftet sind, ist es für den Unternehmer bzw. den Auftraggeber von
besonderer Bedeutung, den Unfallversicherungsschutz für Personen, die bei der Inszenierung dieser Vorgänge tätig werden,
zu überprüfen.
Die Beschäftigten, z. B. die Festangestellten, Aushilfen oder
geringfügig Beschäftigten, sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Daneben stehen auch weitere Personengruppen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere:
• Schüler, Schülerinnen und eingeschriebene Studenten und
Studentinnen während schulischer und universitärer Veranstaltungen, wozu auch die Mitwirkung an szenischen Darstellungen gehören kann
• unentgeltlich tätige Statisten und Statistinnen bei Theateraufführungen an privat oder öffentlich getragenen Theatern
Besondere szenische Darstellungen werden allerdings auch von
Personen durchgeführt, die nicht Beschäftigte sind und auch
nicht „wie Beschäftigte tätig werden“. Diese Personen stehen
nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Beispiele dafür sind:
• Showtanz-Verein, der mit Vereinsmitgliedern z. B. bei einer
Fernsehshow eine Menschenpyramide aufführt oder Mitwirkende bei Amateurtheaterstücken/Theatervereinsaufführungen
• Artistik oder Akrobatik-Vorführung eines Hobby-Darstellers/
Selbstdarstellers bzw. Hobby-Darstellerin/Selbstdarstellerin,
Kinder-Talent-Darsteller und -Darstellerinnen z. B. bei einer
Fernsehproduktion
Für Personen, die nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, empfiehlt sich eine privatrechtliche
Absicherung gegen die Folgen von Unfällen.
Selbstständige Unternehmer sind grundsätzlich unversichert in
der gesetzlichen Unfallversicherung. Personen, die eine herausragende künstlerische Stellung haben, z. B. Hauptdarsteller und
Hauptdarstellerinnen, können im Rahmen ihres Engagements
als selbstständige Unternehmer oder Beschäftigte tätig werden.
Die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse müssen im Einzelfall
geprüft werden.
Für selbstständige Unternehmer, z. B. Stuntleute, Künstler/
Künstlerinnen und Artisten/Artistinnen ist eine freiwillige Versicherung bei einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
(z. B. VBG oder BG ETEM) möglich und empfehlenswert.
Vom selbstständigen Unternehmer sind dem Auftraggeber Nachweise über eine Krankenversicherung, eine Unfallversicherung
und eine Berufshaftpflichtversicherung zu erbringen (s. a.
DIN 15750 „Dienstleistungen in der Veranstaltungstechnik“ und
VOL „Verdingungsordnung für Leistungen“).
2.4Gefährdungsbeurteilung
Eine Gefährdungsbeurteilung ist für jede ausgeübte Tätigkeit
bzw. jeden Arbeitsplatz und somit auch für jede szenische Darstellung erforderlich. Dies ist vom Unternehmer, bzw. den vom
Unternehmer Beauftragten (Produktionsleitung, Technische
Leitung, Leitung für Regie und Dramaturgie) sicherzustellen.
Da nicht von jeder szenischen Darstellung ein erhöhtes Risikopotenzial ausgeht, ist es hilfreich, den Aufwand der Beurteilung
vom Risikopotenzial abhängig zu machen. Gehen von der geplanten Aktion keine zusätzlichen Gefährdungen aus, kann die
Gefährdungsbeurteilung durch die Beurteilung der Spielstätte,
11
Organisation und Verantwortung
der Dekoration oder durch eine am Ablauf orientierte Gefährdungsbeurteilung erfolgen.
Als Hilfestellung zur Ermittlung der Art der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung kann folgende Tabelle herangezogen werden:
Außergewöhnliche produktions- und veranstaltungsspezifische
Gefährdungssituationen (vgl. Anhang A.1), die in den Brancheninformationen nicht berücksichtigt sind, müssen zusätzlich
durch eine individuelle Gefährdungsbeurteilung bewertet werden. Hierzu ist eventuell eine Beratung durch Experten – zum
Art der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung
Szenische Darstellung
Beispiele für Tätigkeiten
Art der Gefährdungsbeurteilung
ohne besonderen körperlichen Einsatz
• Kandidat beantwortet Fragen in
Quiz-Sendung,
• auf ebenem Boden stehende/r Playback-Sänger/in,
• Dialog auf der Szenenfläche in Oper oder
Theater
• Basis-Gefährdungsbeurteilung ist
ausreichend
• keine zusätzliche individuelle Gefährdungsbeurteilung erforderlich
einer Alltagshandlung, sportive Vorführung
ohne gefährlichen Geräteeinsatz oder Sportgeräteeinsatz (Helme,
Protektoren o.ä. nicht erforderlich)
Haushalts- und Gartentätigkeiten, Darsteller/
in fährt Fahrrad, Tanzsportverein tritt auf
Basis-Gefährdungsbeurteilung,
zusätzlich Worst-Case-Betrachtung
• mit Einsatz von besonderen Geräten/Requisiten, Sicherheitsmaßnahmen für Darsteller/in können relevant sein
• mit Absturzgefahr
• gespielte Tätlichkeit
• Tanz auf Szenenflächen mit Aufbauten,
Fechtszenen, Flugwerke, Darsteller/in auf
Pferd
• Darsteller/in soll bei einer szenischen Darstellung von einem höher gelegenen Dekorationselement spielen
• Rangeleien mit Schlägereien
individuelle Gefährdungsbeurteilung,
s. Anhang A.1
mit besonderem körperlichen Einsatz, artistische Darstellungen, bei denen Geschwindigkeit, Sportgeräte, mechanische Geräte eine
Rolle spielen. Einsatz von besonderen Geräten, von denen offensichtlich Gefährdungen
ausgehen.
• szenischer Sturz vom Pferd, szenische
gefährliche Fahrmanöver,
• Treppensturz,
• Darstellung mit zerbrechendem Glas
• individuelle Gefährdungsbeurteilung,
s. Anhang A.1
• Durchführung der besonderen szenischen
Darstellung i.d.R. nur von Spezialisten
• wenn Risiko nicht hinreichend minimiert
werden kann, darf diese besondere szenische Darstellung nicht stattfinden
Ist mit einem geringen Risikopotenzial zu rechnen, kann die
Basis-Gefährdungsbeurteilung ausreichend sein. Dies ist z. B.
mit einer Hilfe zur Gefährdungsbeurteilung möglich, die von den
Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung oder den staatlichen Arbeitsschutzbehörden zur Verfügung gestellt wird.
Beispiel Betriebsarzt/Betriebsärztin, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sachverständige, Stunt Coordinator – erforderlich. Die
Kreativen (Regisseure/Regisseurinnen, Redakteure/Redakteurinnen, …) sind auch in diese individuelle Gefährdungsbeurteilung mit einzubeziehen.
In den Brancheninformationen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger und der Fachverbände sind praktische Beispiele zur
Umsetzung der Schutzziele beschrieben. Sie stellen langjährig
bewährte Vorgehensweisen bzw. Arbeitsverfahren dar. Wenn die
dort beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden, kann in der
Regel davon ausgegangen werden, dass das Restrisiko hinreichend minimiert ist.
Bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung sind alle gefährdeten Personengruppen zu berücksichtigen: der oder die unmittelbar Durchführende, Crew, Zuschauer und Zuschauerinnen,
andere anwesende Personen (z. B. Caterer, Reinigungskräfte, …).
Dies kann zur Folge haben, dass weitergehende Maßnahmen auf
diese Personengruppen hin abgestimmt werden müssen.
12
Organisation und Verantwortung
Durchführung der individuellen
Gefährdungsbeurteilung
Bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung ist folgende Reihenfolge zu beachten:
• Ermittlung und Abgrenzung der besonderen szenischen Darstellungen, die individuell beurteilt werden
müssen
• Auswahl von fachlich geeigneten Personen für die
Gefährdungsbeurteilung
• Ermittlung der Gefährdungen
• Bewertung des Risikos
• Auswahl von fachlich und körperlich geeigneten Personen für die Darstellung
• Ableitung von Schutzzielen
• Auswahl, Umsetzung und Überprüfung der Maßnahmen auf Wirksamkeit
• Dokumentation
• Unterweisung auf Basis der Gefährdungsbeurteilung
• Wirksamkeitskontrolle und regelmäßige Überprüfung
Damit eine effektive Durchführung der individuellen Gefährdungsbeurteilung erkennbar ist, muss eine systematische Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen nachvollziehbar
dokumentiert sein. Die Dokumentation kann modular aufgebaut
und auch Bestandteil von branchenüblichen anderen Dokumenten sein – zum Beispiel Tagesdisposition, Aufgabenlisten, Sicherheitskonzept, Unterweisungsnachweise.
Die Komplexität der Arbeitssituationen und Arbeitsumgebungen
bei besonderen szenischen Darstellungen bedingen, dass unerwartete Gefahren auftreten können. Diese Tatsache erfordert
den Einsatz von ausreichend für die Tätigkeiten qualifiziertem
und geeignetem Personal, das situativ angemessen entscheiden
kann – auch die beste Gefährdungsbeurteilung kann die Leitung
und Aufsicht durch eine erfahrene Bühnen- und Studiofachkraft
nicht ersetzen.
13
Organisation und Verantwortung
2.5
Auswahl von geeigneten Personen
Es ist die Aufgabe des oder der Verantwortlichen einer Veranstaltung oder Produktion (Produktionsleitung, Technische Leitung,
Leitung für Regie und Dramaturgie), die nötige Qualifikation und
Eignung der Personen für die künstlerische oder darstellerische
Umsetzung festzulegen. Die Verantwortlichen haben die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die Darsteller und/oder Darstellerinnen für die geplante Aktion ausreichend qualifiziert und trainiert werden können. Notwendige
Ressourcen können z. B. sein
• Bereitstellung von Stunt-Coordinatoren oder Stunt-Choreographen/Choreographinnen, Artistiktrainer/-trainerinnen
• Schulungen und Training (z. B. Fecht- oder Reitkurse)
• Probenzeiten
Bei der Auswahl der Personen sind sowohl die körperlichen
Voraussetzungen, die notwendige Geschicklichkeit bzw. das
Beherrschen antrainierter Abläufe sowie die notwendigen Qualifikationen zu berücksichtigen. Dabei ist zwischen der Darstellung durch Laien, Amateure/Amateurinnen oder professionellen
Aktionsdarstellern und -darstellerinnen zu unterscheiden. Neben der Auswahl der für die Darstellung geeigneten Person muss
auch eine fachkundige Person ausgewählt werden, die für die
Beurteilung der Gefährdungen und der Leistungsfähigkeit der
Darsteller und Darstellerinnen geeignet ist.
Die Verwirklichung besonderer szenischer Darstellungen erfordert die Anwendung besonderer Schutzmaßnahmen. Es ist zu
prüfen bzw. festzulegen, ob
• zur Umsetzung der künstlerischen Anforderungen spezielle
Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten notwendig sind
• die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten
von dem oder der Durchführenden selbst oder von einer Person benötigt werden, die die Szene betreut (z. B. Stunt-Coordinator, Artistiktrainer/in, Kampf-Choreograph/in)
• sich die Szene durch Laien, Amateure/Amateurinnen oder
professionelle Aktionsdarsteller oder -darstellerinnen sicher
durchführen lässt. Diese Einstufung ist nicht zu verwechseln
mit der Einteilung in Laienspielgruppen, Amateurtheater oder
professionelles Theater nach künstlerischen Gesichtspunkten, sondern bezieht sich allein auf den Umgang mit den Risiken der besonderen szenischen Darstellung.
2.5.1
Darsteller und Darstellerinnen ohne Fachkenntnisse
(Laien)
Werden Darsteller oder Darstellerinnen ohne Fachkenntnisse
(Laien) im Umgang mit den Risiken einer besonderen szenischen Darstellung eingesetzt, kann von diesen nicht erwartet
werden, dass sie selbstständig Gefährdungen wahrnehmen und
einschätzen können. Beispiel: Prominente bekommen in einer
Spielshow eine besondere Aufgabe, die als besondere szenische Darstellung einzustufen ist.
Es reicht nicht aus, z. B. einen Darsteller als Artisten bzw. eine
Szene als Artistik zu definieren, um eine eigenverantwortliche
Darstellung zuzulassen, ohne die Eignung zu überprüfen und die
Grundsätze von Abschnitt 4.3 zu berücksichtigen.
Bei der Festlegung der Probensituationen ist zu berücksichtigen,
dass Darsteller und Darstellerinnen ohne Fachkenntnisse (Laien)
nicht gewohnt sind, mit gefahrbringenden Situationen
umzugehen.
Als Hilfsmittel zur Wahrnehmung der Auswahlverantwortung
kann eine Risikomatrix herangezogen werden (vgl. Anhang A.1).
Wenn ein nach den Maßgaben dieser Matrix nicht akzeptables
Risiko erreicht wird, ist der Einsatz von Spezialisten oder Spezialistinnen für die Beurteilung und Erarbeitung eines geeigneten
Maßnahmenkataloges für die jeweilige szenische Darstellung
erforderlich. Ist das Risiko für einen Darsteller oder Darstellerin
unter Berücksichtigung der getroffenen Schutzmaßnahmen
nicht akzeptabel, muss der Darsteller oder die Darstellerin beispielsweise durch einen Stuntperformer gedoubelt werden.
Die Gefährdungen der Darsteller und Darstellerinnen müssen
durch die Gestaltung der Szene oder durch Schutzmaßnahmen
hinreichend minimiert werden.
Die Bewertung des Risikos vor der Realisierung von szenischen
Vorgängen muss im Regelfall zum Ergebnis haben, dass es gering ist (vgl. Risikomatrix, grüner Bereich).
14
Muss der Darsteller oder die Darstellerin sich aktiv an der Sicherheit beteiligen, in dem er oder sie z. B. Schutzeinrichtungen
aktiviert oder Ausweichbewegungen ausführt, kann ein Anlernen oder können längere Probezeiten erforderlich werden.
Im Zweifelsfall ist die Durchführung der geplanten szenischen
Darstellung durch einen Darsteller oder eine Darstellerin ohne
Fachkenntnisse (Laien) nicht möglich. In diesem Fall sind Personen mit Fachkenntnissen zu beauftragen.
Organisation und Verantwortung
2.5.2
Darsteller und Darstellerinnen mit Fachkenntnissen
(Amateure)
Werden Darsteller oder Darstellerinnen bei einer besonderen
szenischen Darstellung eingesetzt, die im Umgang mit den speziellen Risiken eine formale Qualifikation (Ausbildung) erforderlich macht, können beispielsweise Nachweise der speziellen
Kenntnisse herangezogen werden.
• Absturzgefahr
Nachweise spezieller Kenntnisse können z. B. sein:
• Führerscheine und Fahrsicherheitstraining
• Sportabzeichen
• Lizenzen und behördliche Genehmigungen
• Besondere szenische Darstellungen, bei denen die Darsteller
oder Darstellerinnen besondere Kenntnisse haben müssen,
können z. B. sein:
• Darsteller/in soll szenisch ein Motorrad fahren und fährt eine
vergleichbare Maschine privat
• Darsteller/in soll mit Tieren umgehen und hat vergleichbare
Tiere (z. B. Pferd, Hund) zuhause
• Darsteller/in soll sich szenisch abseilen und ist ein erfahrener
Bergsteiger
•
Ob die Person in diesen Fällen die gefährliche szenische Darstellung mit einem akzeptablen Risiko durchführen kann, ist z. B.
durch
• Referenzen
• Proben
• Training
• Berücksichtigung der aktuellen körperlichen Verfassung
• Ausbildung
• Bewertung durch unabhängige Experten (z. B. Sportmediziner/in, Stunt Coordinator, Artist/Artistin)
zu ermitteln.
Professionelle Aktionsdarsteller und
Aktionsdarstellerinnen
Werden Darsteller oder Darstellerinnen als professionelle Aktionsdarsteller bzw. -darstellerinnen eingesetzt, sind von diesen
die entsprechenden Kenntnisse nachzuweisen. Nachweise für
Qualifikationen sind z. B. Referenzen für die Tätigkeit als Stuntperformer/-performerin, Artist/Artistin, Tiertrainer/-trainerin,
Pyrotechniker/in
• Kampfszenen: sobald die Sicherheit beim Umgang mit Waffen
•
•
•
•
durch die Choreographie hergestellt wird. Es ist die ausreichende Qualifizierung des Choreographen zu prüfen.
Akrobatik/Artistik: sobald die Sicherheit von der persönlichen Leistungsfähigkeit/Geschicklichkeit abhängt und die
mögliche Schadenschwere groß ist. Die Bewertung kann
durch einen persönlichen Trainer oder Trainerin erfolgen.
Sprünge: sobald die Ausführungsbedingungen ein gefahrloses Aufkommen/Landen/Abrollen einschränken
Tiere: sobald Tiere schwere Verletzungen hervorrufen können
und nicht durch Schutzeinrichtungen gesichert sind. Bei einer
Vorführung von Tieren müssen grundsätzlich mit den Tieren
vertraute Personen anwesend sein. Szenische Arbeit mit Tieren (z. B. szenisches Reiten) sollte grundsätzlich von Experten,
Expertinnen oder von angemessen trainierten Personen
durchgeführt werden.
Umgang mit Feuer und Pyrotechnik: sobald Feuer szenisch an
Personen abgebrannt werden soll. Der Umgang mit Fackeln
und vergleichbaren Flammendarstellungen können auch
durch einen Verantwortlichen oder eine Verantwortliche für
Veranstaltungstechnik in Verbindung mit Brandsicherheitswachen und in Absprache mit der für den Brandschutz zuständigen Stellen erfolgen. Pyrotechnische Effekte müssen durch
eine nach dem Sprengstoffrecht befähigte Person abgebrannt
werden. Mit Pyrotechnik vergleichbare Effekte sollten ebenfalls durch nach dem Sprengstoffrecht befähigte Personen
abgebrannt werden (vgl. DGUV Information 215-312 „Pyrotechnik, Nebel und andere szenische Effekte“).
Fahrzeuge: sobald die Darstellung das Gefahrenpotenzial
einer Fahrzeugpräsentation oder einer langsamen Fahrt übersteigt. Veränderungen am Fahrzeug sowie Sprünge, insbesondere in Verbindung mit Feuer, müssen von Experten oder Expertinnen durchgeführt werden.
2.5.3
Eine Unterstützung durch Experten oder Expertinnen bei der
Beurteilung, der Festlegung von Maßnahmen oder bei der
Durchführung von besonderen szenischen Darstellungen kann
insbesondere dann erforderlich werden, wenn die folgenden
Kriterien erfüllt sind:
• mechanische Energie, die Verletzungen verursachen kann, die
z. B. bei gespielten Tätlichkeiten übertragen werden kann:
Ohrfeigen, Stöße mit Händen, Schläge mit Gegenständen
2.5.4 Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche als Darsteller unterliegen den Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und Jugendschutzgesetzes. Es besteht eine Anzeigepflicht bei der für den sozialen
Arbeitsschutz zuständigen Behörde. Kinder und Jugendliche
dürfen an szenischen Vorgängen nicht mitwirken, bei denen ihr
körperliches, geistiges oder seelisches Wohl gefährdet wird
(§ 7 f. Jugendschutzgesetz) oder die als gefährliche Arbeiten
gelten (vgl. § 22 Jugendarbeitsschutzgesetz). Hierzu gehören
15
Abb. 5 Kinder als Mitwirkende
insbesondere Darstellungen, bei denen die Gefahr besteht, dass
Kinder und Jugendliche
• die zeitlichen Beschränkungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes überschreiten
• ihre physische oder psychische Leistungsfähigkeit
überschreiten
• sittlichen Gefahren ausgesetzt sind
• wegen mangelnden Sicherheitsbewusstseins oder mangelnder Erfahrung Unfallgefahren nicht erkennen oder nicht abwenden können
• durch außergewöhnliche Hitze oder Kälte oder starke Nässe
ihre Gesundheit gefährden
• schädlichen Einwirkungen von Lärm, Erschütterungen oder
Strahlen ausgesetzt sind
• schädlichen Einwirkungen von Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind
Kinder und Jugendliche können bei Vorführungen, die vergleichbar mit den alltäglichen Lebensrisiken sind, eingesetzt werden.
Das alltägliche Lebensrisiko und das übliche Risiko der regelmäßigen (wöchentlichen) Trainingssituationen kann als Grundlage
zur Bestimmung des akzeptablen Risikos gewählt werden. Zum
Vergleich können z. B. Schulsport, Sportakrobatik oder Tanzsport unter Anleitung und Aufsicht eines Lehrers/einer Lehrerin
oder Trainers/einer Trainerin herangezogen werden.
Unter diesen Voraussetzungen sind auch Vorführungen akrobatischer Übungen möglich (z. B. Vertikalseilakrobatik durch Jugendliche als Teil eines Bühnenprogramms).
16
2.6
Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Für Arbeiten mit der Gefahr von Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen hat der Unternehmer geeignete Persönliche
Schutzausrüstungen in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu
stellen. Die Benutzung der Persönlichen Schutzausrüstung bei
szenischen Vorgängen ergibt sich für Akteure und Akteurinnen
sowie weiteres Personal aus der jeweiligen spezifischen Gefährdung (Beurteilung der Arbeitsbedingungen) wie zum Beispiel:
• Atemschutz, wenn die Gefahr besteht, gesundheitsgefährdende Stoffe einzuatmen – zum Beispiel bei szenisch oder produktionstechnisch bedingtem Aufenthalt in Rauch-, Gas- oder
Staubwolken
• Augenschutz bei Gefahr der Augenschädigung – zum Beispiel
durch Späne, Splitter, Stäube, ätzende Stoffe, Gase, Dämpfe,
Strahlung und Flüssigkeiten
• Gehörschutz bei der Gefahr der Gehörschädigung durch Lärm
– zum Beispiel bei lauten Motoren, Musik oder in Kombination von szenischen Vorgängen mit szenischen Effekten wie
Pyrotechnik oder bei Einsatz von Schusswaffen
• Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz bei allen Tätigkeiten mit Absturzgefahr – zum Beispiel bei Handlungen auf
erhöhten Spielebenen oder an Absturzkanten, z. B. auf Dächern, an Böschungen, Hafenanlagen oder beim Stunt-Rigging
• Persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken
(Rettungswesten)
–– während Tätigkeiten, bei denen Sturzgefahr ins Wasser
besteht – zum Beispiel auf Freilichtbühnen auf dem Wasser,
auf Wasserfahrzeugen und schwimmenden Geräten
–– an Kaistrecken oder Docks, wenn kein Geländer von mindestens einem Meter Höhe vorhanden ist.
Organisation und Verantwortung
• Wetterschutzkleidung, wenn aufgrund der Arbeitsumgebungs-
bedingungen - Nässe, Kälte oder Wind - die Gesundheit gefährdet ist.
Neben der allgemein üblichen PSA kann bei Veranstaltungen
und Produktionen für bestimmte Tätigkeiten oder szenische
Darstellungen zum Schutz vor anderen Gefahren das Tragen
anderer PSA geboten sein: z. B. Protektoren, Bandagen, Suspensorien, Schutzkleidung, Schutzcremes.
Das Personal hat die zur Verfügung gestellte Persönliche Schutzausrüstung zu benutzen und sie funktionsfähig zu halten. Der
oder die für Leitung und Aufsicht Verantwortliche hat die ordnungsgemäße Beschaffenheit und Benutzung der Persönlichen
Schutzausrüstung zu kontrollieren.
© Thomas Aurin
–– bei Sichtbehinderungen, Eisgang, Frost, Hochwasser, Sturm
oder Nacht auch, wenn ein Geländer vorhanden ist
• Schutzhelme überall, wo die Gefahr von Kopfverletzungen
durch fallende Gegenstände oder durch Anstoßen an Hindernisse nicht auszuschließen ist – zum Beispiel bei Stuntszenen
auf motor- oder radsportlicher Basis
• Fußschutz, z. B. Sicherheitsschuhe ggf. mit entsprechenden
Zusatzanforderungen für besondere Anwendungen, wenn
Fußverletzungen möglich sind – zum Beispiel bei Auf-, Aboder Umbauarbeiten, bei Lager- und Transportarbeiten oder
wenn die Gefahr besteht, in spitze oder scharfkantige Holz-,
Glas- oder Metallteile zu treten.
• Warnkleidung oder Warnweste im Gefahrenbereich des fließenden Verkehrs oder wenn die Gefahr besteht, von Fahrzeugführern/-führerinnen übersehen zu werden.
Abb. 6 Gespielte Auseinandersetzung
17
Abb. 7 Autoscooter auf der Bühne
Technische und organisatorische Maßnahmen, die eine Gefährdung von Personen ausschließen, haben grundsätzlich Vorrang
vor dem Einsatz von Persönlicher Schutzausrüstung. Zum Beispiel ist bei szenischen Abstürzen von Darstellern oder Darstellerinnen der Boden am Auftreffpunkt ausreichend sicher zu
gestalten; eine PSA gegen Absturz für Darsteller oder Darstellerinnen kann aus szenischen Gründen in diesem Fall nicht eingesetzt werden.
entstehen sowie die Information über die getroffenen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln. Gegebenenfalls ist auch die
aktuelle körperliche Einsatztauglichkeit der Darsteller von diesen zu erfragen. Die Unterweisung ist entsprechend der durchzuführenden Schutzmaßnahmen ggf. durch praktische Übungen
(z. B. für PSA gegen Absturz, Atemschutz) zu ergänzen.
Inhalt, Zeitpunkt und die Namen der Durchführenden und der
Teilnehmer und Teilnehmerinnen an den Unterweisungen sind
zu dokumentieren.
2.7Unterweisung
Vor Durchführung der ersten Probe der geplanten szenischen
Darstellung sowie bei jeder Veränderung sind alle beteiligten
Personen vom Unternehmer oder seinem bzw. seiner Beauftragten auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung über die beabsichtigte szenische Darstellung in verständlicher Form und Sprache zu unterweisen.
2.8Notfallorganisation
Eine Verbesserung der Sicherheit erreicht man über mehrfache
Proben sowie einen koordinierten Ablauf, so wird z. B. eine Flugprobe für Statisten/Darsteller im Flugwerk vor jeder Vorstellung
durchgeführt.
Die Notfallorganisation umfasst die organisatorischen und technischen Maßnahmen, die zur Rettung von Verunfallten, für den
Brandschutz, für die Erste Hilfe, die Evakuierung von Bereichen
und für den Schutz der Umwelt erforderlich sind. In einem Notfallplan müssen die der gefährlichen Handlung innewohnenden
Risiken und Gefahren für alle vor und hinter der Bühne oder
Kamera beteiligten Personen allgemein verständlich beschrieben werden. Die Verantwortung für die Erstellung, Bekanntmachung und Umsetzung eines Notfallplanes obliegt grundsätzlich
dem Unternehmer. Auf die besondere szenische Darstellung
abgestimmte Maßnahmen sind in Absprache mit den für die
Sicherheit verantwortlichen Personen bzw. den von ihnen benannten qualifizierten Vertretern (z. B. Produktionsleiter/-in,
Aufnahmeleiter/-in, Bühnenmeister/-in, Inspizienten/-in) festzulegen. Wird eine Person als Stunt Coordinator eingesetzt, so
ist diese in die Notfallplanung einzubinden. Der Notfallplan hat
insbesondere die Gefährdungen bei Proben und Training zu
berücksichtigen.
Zur Unterweisung gehören die Hinweise auf die Risiken, die bei
der Durchführung der besonderen szenischen Darstellung
In Abhängigkeit von der besonderen szenischen Darstellung und
der Infrastruktur des Produktionsortes können folgende organi-
Zu den beteiligten Personen zählen insbesondere das künstlerische und technische Personal (z. B. Bühnenhandwerker/-innen,
Darsteller/-innen, Ablaufkoordinator/-in), siehe auch Abschnitt
3.1.1 „Proben“.
Die Intervalle für Wiederholungen der Unterweisung werden je
nach Art der szenischen Darstellung bei der Erstunterweisung
festgelegt.
18
Abb. 8Fechtkampf
satorische und technische Maßnahmen erforderlich sein:
• geeignetes technisches Rettungsgerät, z. B. Abseilgerät,
Rettungsschere
• geeignetes Rettungspersonal, z. B. Rettungsschwimmer und
-taucher, Höhenrettungsteam
• notfallmedizinisch qualifiziertes Personal, z. B. Rettungssanitäter, Notarzt
• auf die Gefährdung abgestimmte medizinische Ausrüstung,
z. B. Vakuummatratze
• Ausschilderung von Flucht- und Rettungswegen, Festlegen von
Sammelplätzen, Vorhalten von Megafonen
• geeignete Löschgeräte und -mittel, z. B. Hochdrucklöscher
zum Erreichen von Bränden in der Höhe
• Bindemittel für Gefahrstoffe, Ölsperren für Gewässer
2.9
Sicherheit von den Montagebedingungen abhängig ist. Die Prüfung hat den Zweck,sich von der ordnungsgemäßen Montage
und der sicheren Funktion des Arbeitsmittels zu überzeugen.
Zusätzlich sind wiederkehrende Prüfungen durchzuführen. Art,
Umfang und Fristen der Prüfung ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 3 Absatz 3 der BetrSichV.
Außerordentliche Überprüfungen werden notwendig, wenn außergewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben, die schädigende Auswirkungen auf die Sicherheit der Geräte und Maschinen
haben können. Außergewöhnliche Ereignisse können Unfälle,
Veränderungen, längere Zeiträume der Nichtbenutzung oder
Naturereignisse sein. Die Prüfung darf nur von hierzu befähigten
Personen durchgeführt werden. Zu den befähigten Personen
gehören Sachkundige und Sachverständige.
Arbeitsmittel bereitstellen und prüfen
Geräte oder Maschinen, die bei der Realisierung szenischer
Darstellungen verwendet werden, sind Arbeitsmittel im Sinne
der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Diese Arbeitsmittel müssen vor der Bereitstellung einer Bewertung auf Eignung für die szenische Darstellung unterzogen werden. Dazu
gehört eine Prüfung. Außerdem regeln staatliche Vorschriften
und das Vorschriften- und Regelwerk der Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung, dass bestimmte Arbeitsmittel regelmäßig
auf ihren sicheren Zustand hin überprüft werden müssen. Adressat dieser Regelwerke ist der Arbeitgeber bzw. der Unternehmer.
Für die Auswahl und Prüfung des von Artisten und Stuntleute
genutzten Equipments sind diese selbst verantwortlich.
Die Betriebssicherheitsverordnung z. B. regelt unter anderem die
Prüfung von Arbeitsmitteln vor der ersten Inbetriebnahme sowie
nach jeder Montage an einem neuen Standort, wenn die
Ergänzend zu den o. g. staatlichen Vorschriften können auch
Prüfvorschriften in den Unfallverhütungsvorschriften der Träger
der gesetzlichen Unfallversicherung enthalten sein. So sind z. B.
maschinentechnische Teile von Flugwerken „maschinentechnische Einrichtungen“ im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift
(UVV) „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische
Darstellung“. Die Festlegungen des Abschnittes „Prüfungen“ der
UVV in Verbindung mit dem DGUV Grundsatz 315-390 „Grundsätze für die Prüfung maschinentechnischer Einrichtungen in Bühnen und Studios“ resultieren aus den Ergebnissen von Gefährdungsbeurteilungen unter Berücksichtigung der
branchenüblichen Betriebsweise. Bei Durchführung der hierin
festgelegten Prüfungen kann davon ausgegangen werden, dass
auch die Anforderungen der BetrSichV erfüllt sind. Dies gilt für
Art, Umfang und Fristen der Prüfungen sowie die Qualifikation
der befähigten Person. Deshalb müssen Geräte, die maschinentechnische Einrichtungen im Sinne der UVV darstellen, vor der
ersten Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen und
19
Organisation und Verantwortung
regelmäßig (alle vier Jahre) von ermächtigten Sachverständigen
geprüft werden. Zusätzlich müssen solche Geräte jährlich durch
einen Sachkundigen geprüft werden.
Für den Nachweis des sicheren Aufbaus des gesamten Flugwerkes ist ein Probeflug über die gesamte geplante Flugbahn erstmalig mit Prüfdummy (Prüfgewicht) erforderlich.
Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind in einem Prüfbuch festzuhalten. Bestehen nach diesen Prüfungen Bedenken gegen den
Weiterbetrieb des Gerätes, muss der Unternehmer das Gerät
außer Betrieb nehmen. Es darf erst wieder in Betrieb genommen
werden, wenn die Mängel behoben und eine eventuell gebotene
Nachprüfung stattgefunden hat.
Die Verriegelung der Verbindungsmittel/-elemente ist unmittelbar vor jedem Flugvorgang auf gesicherten Verschluss zu prüfen.
PSA gegen Absturz
Der Unternehmer hat Persönliche Schutzausrüstungen gegen
Absturz entsprechend den Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch alle
12 Monate, auf ihren einwandfreien Zustand durch einen Sachkundigen prüfen zu lassen. Nach dem vom Hersteller vorgegebenen Ablaufdatum dürfen Auffanggurte nicht mehr benutzt
werden.
Die Nutzer und Nutzerinnen haben ihre Persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz vor jeder Benutzung durch Sichtprüfung auf deren ordnungsgemäßen Zustand und auf einwandfreies Funktionieren zu prüfen.
Fluggeschirre
Die Prüfung nach Montage wird von einer hierzu befähigten
Person, z. B. der vor Ort verantwortlichen Bühnen- und Studiofachkraft, durchgeführt. Flugwerke werden darüber hinaus vor
jedem Einsatz, unabhängig davon, ob es sich um Proben oder
Aufführungen handelt, durch den Unternehmer oder durch eine
von ihm beauftragte Person mittels Sichtprüfung und Belastungserprobung in Bewegung geprüft.
Bei Belastungsproben (Hängetests) mit Personen darf eine Absturzhöhe von 0,6 m nicht überschritten werden (in Anlehnung
an DIN EN 1176-1 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden – Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“). Der Gefahrenbereich ist immer ausreichend abzusperren.
20
Für die Prüfung von Arbeitsmitteln zum Fliegen von Personen,
siehe „Muster eines Prüfprotokolls für Flugwerke zur szenischen
Nutzung“ aus DGUV Information 215-320 „Fliegen von Personen
bei szenischer Darstellung“ (ebendort Anhang 2)
Sportgeräte
Sportgeräte sind vor der ersten Inbetriebnahme, in angemessenen Zeiträumen sowie nach Änderungen auf ihren sicheren Zustand zu überprüfen. Die regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen müssen mindestens jährlich erfolgen und durch
Sachkundige durchgeführt werden. Eine Sicht- und gegebenenfalls auch Funktionsprüfung ist vor jeder Benutzung erforderlich.
Hierbei sollen äußerlich erkennbare Schäden oder Mängel festgestellt werden.
Hieb- und Stichwaffen
Hieb- und Stichwaffen müssen so beschaffen sein, dass bei
szenischen Darstellungen Verletzungen sowie gesundheitliche
Schädigungen vermieden werden. Scharfe Waffen und Dekorationswaffen sind nicht geeignet. Bei einer Eigenherstellung sind
Fachkenntnisse erforderlich.
Es wird empfohlen, mit der Beschaffung, Pflege und Prüfung der
Hieb- und Stichwaffen, Personen zu betrauen, die über hinreichende Erfahrung verfügen. Dies können sowohl erfahrene Anwender sein, wie Fechtmeister oder Bühnenkampfchoreografen
als auch in metallverarbeitenden Berufen qualifizierte Personen.
Organisation und Verantwortung
Hinweise zu Beschaffung, Prüfung und Ablegekriterien sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Beschaffung, Prüfung und Ablegekriterien für Waffen
Waffe
Beschaffung/Hinweise
Prüfungen
Ablegereife
Degen, Florett
Sportausrüster
• Klingen ohne Spitze.
• Keine Verwendung von
Dekorationswaffen
Sichtkontrolle vor und nach jeder
Benutzung
• regelmäßige Prüfung der Klinge
durch Inaugenscheinnahme,
Biegen unter der Lupe (Stück für
Stück)
• Entfernen des Griffes, um die
dünnste Stelle der Klinge prüfen zu können
Bei verbogener oder genickter
Klinge
• bei erkennbaren Haarrissen
• bei Entfestigung am Übergang
vom Griff zur Klinge
Schwerter, Lanzen
Theaterbedarf
• in speziellen Fällen eigene
Fertigung unter Verwendung
einer Speziallegierung
• Verzicht auf Schwerter aus
Edelstahl, da diese schwer und
gefährlicher sind
Sichtkontrolle vor und nach jeder
Benutzung nach folgenden
Kriterien:
• durchgehende Breite und Verbiegung der Klinge
• fester Sitz des Griffes
Austausch bei tiefen Scharten und
grundsätzlich bei Knicken
(kleine Scharten durch Nachschleifen entfernt)
Einschiebedolch, Trickmesser
• aus eigener Fertigung
(überwiegend)
• Einkauf (selten)
• Führung der Klinge z. B. aus
Werkstoff „S“ (Kunststoff, der
auch für Vorhangschienen
verwendet wird und der gute
Gleiteigenschaften aufweist)
• Zur Verhinderung einer Blockade der Klinge zwei Führungen
Sichtkontrolle vor und nach jeder
Benutzung
• sorgfältige Reinigung und
Einfetten
• Funktionsprobe auf ruckfreies
Gleiten der Führung
• eingeschliffene Führung der
Klinge
• nicht behebbares Klemmen der
Führung
Blutmesser
aus eigener Fertigung
(überwiegend)
Sichtprüfung
(Diese Scheinwaffen sind unkritisch, da es sich grundsätzlich um
stumpfe Waffen handelt, mit
denen nur vermeintlich geschnitten wird)
keine
(Theaterblut-Beutel immer frisch
verwenden, Röhrchen jedes Mal
reinigen)
21
© Thomas Aurin
3 Besondere szenische Darstellungen
Abb. 9 Begehen einer Showtreppe mit High Heels
3.1
Grundsätzliche Anforderungen an die Durchführung von
besonderen szenischen Darstellungen
Eine besondere szenische Darstellung kann durch das Gefahrenpotenzial der Handlungen oder der szenisch bedingten Begleitumstände (z. B. das Szenenbild) gekennzeichnet sein und erfordern besondere Maßnahmen.
Für gefährliche szenische Vorgänge ist eine individuelle Gefährdungsbeurteilung erforderlich, die eine Abschätzung des Schadensausmaßes und der Eintrittswahrscheinlichkeit beinhaltet.
Das Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es, Maßnahmen zur
Minimierung des Restrisikos abzuleiten. Eine geeignete Methode ist in Anhang A.1 beschrieben.
22
Gefährliche szenische Vorgänge sind unter folgenden Bedingungen zulässig (vgl. § 20 der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellungen“):
• unter Anwendung von Schutzmaßnahmen
• von dafür fachlich und körperlich geeigneten Personen
• nach ausreichendem Training und Szenenproben
Wenn riskante szenische Darstellungen geplant sind, ist das
vorrangige Ziel, diese auf ungefährliche oder weniger gefährliche Art und Weise durchzuführen. Bei einer Risikominimierung
ist z. B. folgendes zu berücksichtigen:
• Auswahl der Geräte
• Gestaltung der Szene
• Anpassung der Umgebungsfaktoren bzw. Betriebsparameter
(Zeit, Weite, Höhe, Reihenfolge, Helligkeit)
Besondere szenische Darstellungen
• sicherheitstechnische Einrichtungen: Schutzverkleidung,
Schutzbügel, Not-Halt, Aussteifung, eigensichere Konstruktion oder Ein-Fehler-Sicherheit
• PSA
• Unterweisung
• Notfallorganisation, Vereinbarung von Abbruchsignalen
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht
ausreichend (d. h. auf das für all gemeine Arbeitsvorgänge tolerable Risiko) minimierbar, kann die Durchführung von besonderen szenischen Darstellungen nur bei Beachtung besonderer
Sorgfalt realisiert werden. Die besondere Sorgfalt beinhaltet die
Auswahl von geeigneten Darstellern. Gegebenenfalls hat die
Durchführung durch Experten, z. B. Stuntleute, zu erfolgen. Ist
das Risiko bei Abschätzung des Schadensausmaßes und der
Eintrittswahrscheinlichkeit als hoch identifiziert worden und
auch durch die Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht hinreichend minimierbar, kann die Darstellung nicht durchgeführt
werden.
szenischen Kontext wiederholt fehlerfrei und sicher durchgeführt wer den können
• Darsteller und Darstellerinnen nicht überfordert werden und
die Belastbarkeit der Darstellen den insbesondere bei den
Proben berücksichtigt wird
• für die Proben Schutzmaßnahmen festgelegt werden
• Abbruch-Signale und Maßnahmen für Notfälle festgelegt
werden
• Endproben grundsätzlich unter denselben Bedingungen wie
Aufführungen oder Produktionen stattfinden
• Erholungszeiten zwischen Proben und Aufführung eingehalten
werden
• jeder Darsteller und jede Darstellerin die Möglichkeit haben
muss, den gefährlichen szenischen Vorgang nicht durchzuführen oder abzubrechen, wenn er aus persönlichen Gründen
nicht in der Lage ist, diesen sicher durchzuführen
• für die Darsteller und Darstellerinnen genügend Zeit zum Aufwärmen eingeplant wird, z. B. Einfechten vor einer Fechtszene
Je größer das Gefährdungspotenzial der von Personen auszuführenden Darstellung ist, desto höher sind die Anforderungen an
die individuelle Befähigung.
Bei der Auswahl der Personen sind sowohl die notwendigen
Qualifikationen und Erfahrungen, als auch die körperlichen
Voraussetzungen, die erforderliche Geschicklichkeit bzw. das
Beherrschen antrainierter Abläufe zu berücksichtigen. Die körperliche Eignung kann unter anderem durch eine individuelle
arbeitsmedizinische oder sportmedizinische Beurteilung festgestellt werden.
Bei Bedarf ist ein besonderer Koordinator bzw. eine besondere
Koordinatorin zu verpflichten. Die Aufgabe dieses Koordinators
bzw. dieser Koordinatorin ist, einen sicheren Ablauf des Vorgangs zu gewährleisten. Auch mit der Auswahl der für die Durchführung der besonderen szenischen Darstellung geeigneten
Person kann der Unternehmer eine zuverlässige und fachkundige Person beauftragen, z. B. einen Stunt Coordinator.
3.1.1Proben
Um gefährliche szenische Vorgänge sicher durchzuführen, sind
ausreichende Proben zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass:
• eine vorherige Abstimmung mit den Darstellern und Darstellerinnen, der Bühnen- und Studiofachkraft sowie ggf. Stunt
Coordinator und/oder Kampfchoreographen/-choreographin
er folgt
• der Ablauf und die erforderlichen Schutzmaßnahmen in einer
Unterweisung vermittelt und dokumentiert werden
• alle getroffenen Verabredungen (Abläufe und Bewegungen,
szenische Vereinbarungen) und die Choreographie im
© Thomas Aurin
Abb. 10 Szenische Probe
23
Besondere szenische Darstellungen
Verantwortung des Regisseurs bzw. der
Regisseurin bei Proben
Bei Proben ist häufig der Regisseur oder die Regisseurin
(bzw. stellvertretend die Regieassistenz) als alleinige
Führungskraft anwesend. Dieser bzw. diese hat dann als
Aufsichtsführende/r eine besondere Fürsorgepflicht im
Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes und ist für
die Einhaltung der Schutzmaßnahmen verantwortlich. Er
oder sie darf kein sicherheitswidriges oder gesundheitsgefährdendes Verhalten zulassen und keine sicherheitswidrigen oder gesundheitsgefährdenden Weisungen
erteilen. Der Regisseur bzw. die Regisseurin ist vor Aufnahme der Proben diesbezüglich vom Unternehmer oder
dessen Beauftragten zu unterweisen. Diese Unterweisung ist zu dokumentieren.
Der Regisseur oder die Regisseurin soll für die Gefährdungsbeurteilung und für die Festlegung von Schutzmaßnahmen die Bühnen- und Studiofachkraft hinzuziehen, siehe auch Anhang A.1.
Die Verantwortung und besondere Fürsorgepflicht des
Regisseur bzw. der Regisseurin ist in den betrieblichen
bzw. vertraglichen Regelungen zu berücksichtigen.
3.1.2 Training und Verletzungsprophylaxe
Um besondere szenische Darstellungen sicher durchführen zu
können, ist häufig ein spezielles Training erforderlich. Training
bedeutet Erlernen von Fertigkeiten (z. B. Reiten lernen, Fechten
lernen). Bei jedem Training ist wichtig:
• Trainingsbetreuung durch geeignete Trainer/-innen (Aufgaben
können z. B. die Erstellung von Trainingsplänen und Durchführung von individuellem und/oder Gruppentraining sein)
• ggf. Betreuung durch Betriebsarzt/-ärztin und Unterstützung
durch Sportwissenschaftler/-innen oder
Physiotherapeuten/-therapeutinnen
• „Warm-up“ vor und „Cool-down“ nach jeder Probe und
Vorstellung
• Trainingsanweisungen über das choreografiebezogene Training hinaus, sofern dies erforderlich ist, z. B. Anleitung zum
Ausdauertraining bei Darstellern und Darstellerinnen mit hohen Anforderungen an konditionelle Fähigkeiten
• Werden durch eine zielgerichtete Betreuung (z. B. durch Sportwissenschaftler/-innen oder Physiotherapeuten/-therapeutinnen) körperliche Beeinträchtigungen erkannt, sind Maßnahmen zu ergreifen, um Unfällen, langwierigen Erkrankungen
oder Dauerschäden vorzubeugen.
24
• Treten Verletzungen auf, sind individuelle Maßnahmen
erforderlich:
–– sofortige Unterbrechung der Probe oder Vorstellung
–– Sicherstellung der Erstversorgung
–– obei Weichteilverletzungen Erstversorgung nach dem
PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagern)
–– Abklärung der Verletzung und ausreichende
Belastungspause
3.1.3 Darstellungen mit Absturzgefahr
Eine Gefährdung durch Absturz liegt grundsätzlich bei einer
Absturzhöhe von mehr als 1 m vor. Bei Höhenunterschieden von
weniger als 1 m kann eine Gefährdung vorliegen, wenn z. B. eine
Absturzkante nicht erkennbar ist. Dann ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzustellen, ob Maßnahmen gegen Abstürzen von Personen erforderlich sind.
Bei Absturzhöhen von mehr als 1 m müssen wirksame Einrichtungen gegen Abstürzen von Personen vorhanden sein (z. B.
Umwehrungen, Bühnengeländer, Persönliche Schutzausrüstung
gegen Absturz (PSAgA)). Lassen sich im Einzelfall aus zwingenden szenischen Gründen keine wirksamen Einrichtungen gegen
Absturz von Personen realisieren, müssen an deren Stelle Einrichtungen zum Auffangen abstürzender Perso nen vorhanden
sein (z. B. Auffangnetze). Lassen sich keine Absturzsicherungen
oder Auffangeinrichtungen verwenden, sind Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz (PSAgA) als individuelle Schutzmaßnahme zu verwenden.
Ist die Verwendung dieser Schutzmaßnahmen auf Szenenflächen aus zwingenden szenischen Gründen nicht möglich, muss
die Absturzkante gekennzeichnet und bei allen Beleuchtungsverhältnissen deutlich erkennbar sein. Die Darsteller und Darstellerinnen und sonstige gefährdete Personen sind zusätzlich
zu unterweisen.
Sollen szenische Darstellungen mit Absturzhöhen bis zu 3 m
erfolgen, bei denen aus zwingenden szenischen Gründen keine
Einrichtungen gegen Abstürzen und zum Auffangen abstürzender Personen oder die Verwendung von PSAgA nicht möglich
sind, muss mindestens garantiert sein, dass
• die Auftrittsfläche/n für Darsteller/-innen griffig sind
• Darsteller/-innen keine glatten Schuhsohlen verwenden
• der Aufprallbereich (einschließlich eines Sicherheitsbereiches) als geeigneter, nachgiebiger Untergrund gestaltet ist
(Sportboden, geeignete Matten, beispielsweise Hochsprungmatte, erforderlichenfalls mit Niedersprungmatte abgedeckt
um Durchschlagen zu vermeiden)
• die Absturzkante für Darsteller/-innen bei allen Beleuchtungsverhältnissen deutlich erkennbar ist
Abb. 11 Szenische Darstellung mit Absturzgefahr
• im möglichen Fallbereich keine verletzungserschwerenden
Gegenstände oder Aufbauten vorhanden sind
• für Darsteller/-innen eine Möglichkeit zum Festhalten vorhanden ist
• Darsteller/-innen sich von der Absturzkante entfernen können
(mindestens eine Körperlänge Abstand).
Bodenmaterialien (z. B. Fallschutzplatten oder Sportböden)
können nach den Maßgaben aus DIN EN 1177 „Stoßdämpfende
Spielplatzböden - Bestimmung der kritischen Fallhöhe“ oder
DIN V 18032-2 „Sporthallen - Hallen für Turnen, Spiele und Mehrzwecknutzung - Sportböden; Anforderungen, Prüfungen“ nach
Fallhöhe geprüft beschafft werden.
Hinweise zur Auswahl von geeigneten Darstellern/-innen gibt
Abschnitt 3.5.
Beim inszenierten Abspringen von Personen ist eine individuelle
Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Die Auswahl eines geeigneten Untergrundes kann in Anlehnung
an DIN EN 1176-1 „Spielplatzgeräte und Spielplatzböden - Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“
und DGUV Information 202-035 „Matten im Sportunterricht“
sowie DIN EN 12503-1 „Sportmatten – Teil 1 Turnmatten“ und
DIN EN 12503-2 „Teil 2 – Stabhochsprung- und Hochsprungmatten“ erfolgen. Einige Informationen enthält die nachfolgende
Tabelle.
3.1.4
Geeignete Untergründe
Bodenmaterial
Dicke [cm]
Absturzhöhe [m]
Rasen/Oberboden:
–
≤ 1,0
≥ 20
≤ 2,0
Rindenmulch
(Korngröße 20 bis 80 mm)
Holzschnitzel
(Korngröße 5 bis 30 mm)
Sand
(Korngröße 0,2 bis 2 mm)
Kies
(Korngröße 2 bis 8 mm)
≥ 30
≤ 3,0
Gespielte Tätlichkeiten und Darstellungen mit Zerbrechen von Materialien
Unter gespielten szenischen Tätlichkeiten versteht man choreographierte Auseinandersetzungen (z. B. Schlägereien, Ohrfeigen, Rangeleien) zwischen mindestens zwei Darstellern bzw.
Darstellerinnen. Gespielte szenische Tätigkeiten stellen immer
Gewalt dar und bergen daher ein besonderes Verletzungsrisiko
für alle mittel- und unmittelbar beteiligten Akteure und Akteurinnen sowie in manchen Fällen auch der Zuschauer und
Zuschauerinnen.
Die Kämpfe werden nach den dramaturgischen Anforderungen
des Dreh- oder Regiebuches oder anderer inhaltlicher Vorgaben
(Zeit, Epoche, Stilrichtung des künstlerischen Werkes)
choreographiert.
Gespielte szenische Tätlichkeiten sind künstlerische Ausdrucksformen und unterscheiden sich vom Sport durch eine genaue
Verabredung der Abläufe und dadurch, dass ihnen jeglicher Wettkampfcharakter fehlt. Zwar gibt es improvisierte Schaukämpfe,
diese sind aber auf Grund ihres höheren Risikos eher selten.
25
© Thomas Aurin
Besondere szenische Darstellungen
Abb. 12 Erhöhte Spielebenen
Gespielte szenische Tätlichkeiten sollten durch einen Stunt
Coordinator oder Kampfchoreographen/-choreographin betreut
werden.
Darstellungen mit zerbrechenden Materialien
In Veranstaltungs- und Produktionsstätten wird zur Darstellung von zerbrechendem Glas (z. B. Prügelszenen mit
Flaschen, Sturz durch Fensterscheiben) kein echtes Glas
verwendet. Stattdessen wird so genanntes Effektglas
(Crashglas) eingesetzt. Brechende Holzteile können z. B.
aus Balsaholz gefertigt werden.
Aufgrund perfekter Nachbildungen besteht eine Verwechslungsgefahr zwischen präparierten und echten
Gegenständen, die eine erhöhte Achtsamkeit gebietet.
Dickwandige Objekte können beim Zerschlagen mit bloßen Körperteilen zu Prellungen und Verstauchungen
führen. Anhand einer Gefährdungsbeurteilung ist zu
bewerten, unter welchen Voraussetzungen (Kostüm,
Protektoren) die Szene sicher durchgeführt werden kann.
3.2
Artistik und Akrobatik
Artistik und Akrobatik setzen eine besondere körperliche Geschicklichkeit voraus, erfordern ein spezielles Training und gehen oft einher mit einem erhöhtem Risiko. Im Gegensatz zum
Sport wird bei artistischen und akrobatischen Darstellungen
nicht versucht, die eigene physische und psychische Leistungsgrenze zu erfahren oder zu überschreiten. Jede artistische Inszenierung bedarf einer Abwägung zwischen der Erfordernis körperlicher Leistung auf möglichst hohem Niveau und der Sicherheit
– sowohl in Bezug auf den Erfolg der Darbietung als auch im
Hinblick auf die körperliche Unversehrtheit der Darsteller und
Darstellerinnen. Eine sichere Reproduzierbarkeit der Darstellung
ist ein wesentliches Ziel der Inszenierung.
Die Geschicklichkeit und die Ausbildung und damit das besondere artistische Können sind Voraussetzungen dafür, dass akrobatische und artistische Darbietungen sicher durchgeführt werden können. Bei Proben und der Erarbeitung von neuen
szenischen Darstellungen sind in Abhängigkeit von deren Art
und Schwierigkeitsgrad sowie vom Stand der Ausbildung der
Darsteller und Darstellerinnen Schutzmaßnahmen – insbesondere Absturzsicherungen – zu treffen.
Unter sicherheitstechnischen Aspekten unterscheiden sich
Akrobatik und Artistik durch andere Darstellungsmodi und die
Möglichkeit einer Darstellung durch Amateure bzw.
Amateurinnen.
Unter Akrobatik (Sportakrobatik, Zirkusakrobatik) sind Darstellungen zu verstehen, die mit hohem Kraftaufwand durchgeführt
werden und eine trainierte Geschicklichkeit voraussetzen.
26
Besondere szenische Darstellungen
Werden akrobatische Darstellungen im Rahmen von Veranstaltungen durch nicht professionelle Akrobaten oder Akrobatinnen
aufgeführt, sollen sie durch ihren Trainer oder ihre Trainerin
begleitet werden. Diese können desgleichen bei der Erarbeitung
der Gefährdungsbeurteilung und bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen unterstützend tätig werden (vgl.
§ 20 der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellungen“). Bei Vorführungen
und Proben in einer Höhe über 3,00 m ohne Absturzsicherung ist
eine Betreuung durch einen Experten oder eine Expertin (z. B.
ausgebildete/r Trainer/-in oder Stunt Coordinator) erforderlich.
Unter Artistik werden szenische Darstellungsformen verstanden,
die traditionell in Zirkusunternehmen und Varietés aufgeführt
werden und sich durch einen besonderen Körpereinsatz und
besondere Geräte und Requisiten auszeichnen (z. B. Hochseilakte, Trapeznummern).
Anders als im Sport präsentieren Artisten und Artistinnen eine
Übung, die auf ihr persönliches Können zugeschnitten ist. Die
Besonderheit Ihrer Übung steht im Fokus.
Vergleichbar den Leistungssportlern und -sportlerinnen erreichen Artisten und Artistinnen erst durch jahrelanges Training ein
hochprofessionelles Niveau. Durch diesen Prozess werden die
persönliche Fähigkeit und Eignung erhöht; damit wird zugleich
das Risiko einer gesundheitlichen Schädigung gemindert, denn
viele Darstellungen setzen ein artistisches Können voraus.
Geräte und Einrichtungen für artistische Darstellungen („Requisiten“ im Sprachgebrauch der Artisten) werden von den
Angaben zur Tragfähigkeit von Bauwerken beziehen sich
i. d. R. auf ruhende Lasten in vertikaler Richtung (einfache Nennlast ohne dynamische Lastanteile). Das Anschlagen von Lasten an Bauwerken ist nur zulässig,
wenn der Betreiber eindeutige Angaben zur Nennbelastbarkeit der Anschlagpunkte nachweisen kann. Dies sind
insbesondere:
• Größe der Nennbelastbarkeit
• Nennbelastbarkeit in Abhängigkeit von der
Kraftrichtung
Darbietenden selbst oder von ihrem Beauftragten bereitgestellt
und eingebaut. Der Auftraggeber hat, ggf. in Absprache mit dem
Betreiber, geeignete Anschlagpunkte oder Aufstellflächen für
diese Geräte und Einrichtungen bereit zu stellen. Der Artist oder
die Artistin selbst hat diese auf Eignung zu überprüfen (vgl.
Abschnitt 2.2.3. und § 21 der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellungen“)
Geräte und Requisiten für artistische Vorführungen müssen so
ausgelegt, bemessen und beschaffen sein, dass sie allen zu
erwartenden Belastungen standhalten. Es soll für den Auftraggeber nachvollziehbar geeignetes Material (z. B. Normteile) verwendet werden.
3.3Sensationsdarstellung
Unter Sensationsdarstellungen fallen alle Aktionen auf Spielflächen oder außerhalb von Produktions- und Veranstaltungsstätten, bei denen durch ungewöhnliche, gefährlich wirkende oder
risikobehaftete Aktionen Aufmerksamkeit erreicht werden soll.
Normalerweise liegen der Ausführung keine Regelwerke (z. B.
Sportregeln) oder Traditionen (wie bei Artistik und Akrobatik) zu
Grunde. Geht von der Darstellung eine Gefährdung aus, muss
eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.
Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung können die folgenden Punkte von Bedeutung sein:
• Beurteilung, ob eine Gefährdung von einer Bewegung oder
einem Gerät ausgeht
• Bewertung, ob
–– nur eine Person oder mehrere Personen gefährdet werden
–– gefährdete Personen an der Darstellung beteiligt oder unbeteiligt sind
• erforderliche Gefährdungsbeurteilung für Mitwirkende (z. B.
unbeteiligte Schauspieler/-innen), technisches Personal (z. B.
Kameramann/-frau, Ordnungskräfte) und Dritte (z. B. Besucher/-innen, Nachbarschaft, Umwelt)
• Beurteilung, ob die eingesetzten Geräte bestimmungsgemäß
verwendet werden
• in der Nutzung verändert werden
• Bewertung, ob ein Gerät für die Nutzung durch Laien konzipiert wurde oder Vorkenntnisse bzw. Übung erfordert
• Beurteilung, ob äußere Umstände Einfluss nehmen können
Weitere Informationen hierzu sind zu finden in
DGUV Information 215-313 „Lasten über Personen“
27
Abb. 13 Akrobatische Showeinlage
Bei der Bewertung der Situationen sollten folgende Kriterien
überprüft werden:
• Beurteilung der körperlichen Eignung durch Trainer/-in,
Coach, Stunt Coordinator
• Beurteilung der fachlichen Qualifikation (z. B. durch
Nachweise)
• Beurteilung von Referenzen der Darsteller/-innen (Auswahlverantwortung des Auftraggebers)
• Beurteilung des Verletzungsrisikos (z. B. durch Sportverbände,
Experten/-innen, Sportmediziner/-innen)
• arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
• Prüfungen/Nachweise der Geräte (z. B. durch Hersteller, Sachkundige oder Sachverständige)
• Definitionen der Schnittstellen der unterschiedlichen
Verantwortungsbereiche
• Aufklärung und Einwilligung der Beteiligten über ein erhöhtes
Risiko
Bei der Risikoanalyse ist mit einzubeziehen, dass professionelle
Sensationsdarstellungen und Darstellungen von Darstellern und
Darstellerinnen ohne Fachkenntnisse (Laien) und Darstellungen
durch Darsteller und Darstellerinnen mit Fachkenntnissen (Amateure) unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, die jeweils
besonders gewichtet werden müssen (vgl. 2.5.1 und 2.5.2).
28
Sensationsdarstellung durch Laien oder
Amateure
Bei Sensationsdarstellungen durch Laien oder Amateure
bzw. Amateurinnen sind die nachfolgenden Charakteristika der Darstellung maßgeblich:
• die Darstellung erfolgt nicht im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit
• eine Ausbildung in Bezug auf die Darstellung ist nicht
erfolgt
• der Versicherungsschutz ist i. d. R. noch zu klären (vgl.
Abschnitt 2.3)
Beispiele: Guinnessbuch der Rekorde, „Spiel ohne Grenzen“, „Schlag den Raab“, „X-Games“, Stelzenlaufen
Sensationsdarstellungen durch Laien oder Amateure
werden üblicherweise im Rahmen einer Veranstaltung
unter Koordination einer Bühnen- und Studiofachkraft
durchgeführt (vgl. Abschnitt 2.2).
Bei der Beurteilung der Eignung, der Fähigkeiten und der
Qualifikation der Darsteller oder Darstellerinnen sowie
des Trainers oder der Trainerin hat sich bewährt, einen
Experten oder eine Expertin (z. B. Stunt Coordinator)
hinzuzuziehen.
Besondere szenische Darstellungen
Professionelle Sensationsdarstellung
Für die Charakterisierung einer Darstellung als einer
professionellen Sensationsdarstellung gelten folgende
Bedingungen:
• berufsmäßige Darsteller/-in mit Unternehmensrisiko
• eigenständige und eigenverantwortliche Darstellung
• mehrjährige Erfahrung mit vergleichbaren Aktionen
• eigenes Gerät und eigenverantwortlicher Aufbau
• nachweisbarer Versicherungsschutz
Beispiele: Motorradsprünge, Motorradfahren in der Kugel oder Tonne, Todesrad, Hochseil außerhalb von Zirkus, BaseJumping
Professionelle Sensationsdarstellungen werden auch im
Rahmen von Veranstaltungen grundsätzlich als eigenständige und eigenverantwortliche Darstellung durchgeführt (zur – Sorgfaltspflicht des Auftraggebers – s. Abschnitt 2.2).Information 215-313 „Lasten über Personen“
3.4
Besondere szenische Darstellungen mit sportlichen
Elementen
Sport findet nicht nur in Sportstätten statt, sondern ist auch
Bestandteil von Veranstaltungen und Produktionen. Eine Bewertung der Risiken orientiert sich grundsätzlich an den sportlichen
Regeln. Auch wenn diese im Rahmen der Inszenierung eingehalten werden, ergeben sich ggf. zusätzliche Gefährdungen durch
die Umgebungsbedingungen. Daher ist die gesamte Darstellung
zu bewerten.
Sport ist ein Betätigungsfeld, in dem Risiken in Kauf genommen
werden. Die Risiken können aus einer Belastung an der Leistungsgrenze oder durch Betriebsparameter (z. B. hohe Geschwindigkeiten, Absturzgefährdungen, Schläge) entstehen.
Bei der Beurteilung sportlicher Aktivitäten im Rahmen von Veranstaltungen ist zwischen Sportwettkämpfen, sportlichen Betätigungen innerhalb einer Inszenierung und Sportpräsentationen
(z. B. Showtanz) zu unterscheiden.
3.4.1 Szenische Darstellung einer sportlichen Aktion
Werden sportliche Aktionen szenisch dargestellt, die im Breitensport auch von Personen ohne Vorkenntnisse üblicherweise
sicher durchgeführt werden (z. B. Joggen, Radfahren), kann es
nichtsdestotrotz zu einer kritischen Risikoerhöhung kommen,
z. B. wenn ein Theater- oder Filmschauspieler Inline-Skate fahren
soll.
© Tatjana Belova/Fotolia
In der Gefährdungsbeurteilung werden die Abweichungen von
den im sportlichen Regelwerk definierten Bedingungen der
Sportausübung berücksichtigt. Abweichungen können sich
ergeben z. B. durch
• unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten
• Blendung durch Scheinwerfer
• Konzentration auf die schauspielerische Rolle (z. B. Texte,
Mimik)
• Live-Stress und persönliche Ansprüche
• besondere Anforderungen an das Timing
• Belastung oder Bewegungseinschränkung durch Kostüm oder
Maske
Führt eine Gefährdungsbeurteilung zu dem Schluss, dass ein
Risiko durch die Erfordernisse der Szene nicht erhöht wird oder
dass durch zusätzliche Schutzmaßnahmen das Risiko dem üblichen des Breitensports entspricht, kann die Szene durch einen
geeigneten Darsteller oder eine geeignete Darstellerin ausgeführt werden.
Abb. 14 Showeinlage mit KFZ-Einsatz
29
Besondere szenische Darstellungen
Abb. 15 Sportliche Showeinlage
Geeignet ist ein Darsteller oder Darstellerin, wenn seine oder
ihre körperlichen Voraussetzungen den sportlichen Anforderungen und Belastungen entsprechen. Diese Bedingungen sind bei
jeder Besetzung einer Rolle und bei jeder Gestaltung einer Szene zu berücksichtigen.
3.4.2 Präsentation von Breitensport
Werden Aktionen präsentiert, die üblicherweise auch als Sport
durchgeführt werden, ist das mit diesen Aktionen verbundene
erhöhte Risiko allgemein akzeptiert. Dazu können Sportarten
mit gesellschaftlich akzeptiertem Risiko gehören (z. B. Turnvorführungen eines Sportvereins, Showtanz, Inline-Skating,
BMX-Radfahren, Parcours in einer Sporthalle).
Grundsätzlich erfolgt die Vorführung des Erlernten auf Grundlage
der Regeln der jeweiligen Sportart durch geeignete und geübte
Darsteller und Darstellerinnen (z. B. aus Schule oder Verein unter
Aufsicht durch Lehrer/-in oder Trainer/-in). In den Regeln des
Sports sind z. B. festgelegt:
• Anforderungen an Sportgeräte und Sportplätze
• Persönliche Schutzausrüstung und Kleidung
• angemessene Bodenbeschaffenheit
• Ausbildung und Tätigkeiten von Assistenten/-innen und
Trainern/Trainerinnen
• ggf. erforderliche Assistenz durch Hilfestellung
In der Gefährdungsbeurteilung werden die durch die Präsentation bedingten Abweichungen von den üblichen Bedingungen der
Sportausübung berücksichtigt.
3.4.3 Präsentation von Extremsport
Charakteristisch für Extremsportarten ist die sportliche Betätigung an einer Leistungs- oder Risikogrenze. Werden Sportarten
präsentiert, die üblicherweise als Extremsport bezeichnet werden oder vergleichbare Risiken aufweisen, kann dies nur durch
Spezialisten oder Spezialistinnen erfolgen.
Zu den Extremsportarten gehören Sportarten mit erheblichem,
nicht reduzierbarem Risiko, z. B.:
• Fullcontact-Wettkämpfe
• Autocross-, Berg-, Rundstrecken-, Stockcarrennen inkl. Training; Auto-Rallye-Geschwindigkeitsprüfungen; Autofahren auf
Rennstrecken
• Extreme Martial Arts
• Free-Climbing
• Apnoe-Tauchen
Die Ausübung dieser Sportarten erfolgt zum Teil unter Aufsicht
(z. B. Rennleitung, Streckenposten, Sanitätsdienst) in überwachten Sportanlagen.
In der Gefährdungsbeurteilung werden die durch die Präsentation bedingten Abweichungen von den üblichen Bedingungen der
Sportausübung berücksichtigt, siehe Abschnitt 2.4.
30
Besondere szenische Darstellungen
3.5Stunt
3.6Tiere
Beim Stunt werden von den Stuntleuten (Stuntperformer) Rollencharaktere dargestellt. Sie übernehmen in bestimmten Teilen
die Partie eines Schauspielers oder einer Schauspielerin und
spielen in dessen oder deren Stellvertretung die riskanten Partien der darzustellenden Rolle. Ein Stunt schließt auch die volle
künstlerische Leistung im Rahmen des kreativen Prozess einer
Film-, Fernseh- oder Theaterproduktion ein. Beim Stunt im eigentlichen Sinne handelt es sich immer um eine besondere
szenische Darstellung.
Bei Veranstaltungen und Produktionen kann die Mitwirkung von
Tieren vorgesehen sein. Mit Gefährdungen durch unvorhersehbares Verhalten der Tiere muss immer gerechnet werden. Beim
Transportieren, bei der Unterbringung, beim Zuführen und bei
der szenischen Darstellung sind den Eigenschaften der Tiere
entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Dabei sind
besonders die Bodenbeschaffenheit und der Platzbedarf von
Bedeutung. Aufgabe ist der Schutz sowohl des Personals als
auch des Publikums.
Der typische Ablauf bei der Planung und Durchführung eines
Stunts ist folgender:
• anhand des Drehbuchs ermittelt ein Produktionsverantwortlicher oder eine Produktionsverantwortliche (z. B. Produktionsleiter/-in, Regieassistent/-in, Stunt Coordinator) die Szenen,
die als Stunt dargestellt werden
• Besprechung der Produktionsverantwortlichen (z. B. Regisseur/-in, Kameramann/-frau, Technische/r Leiter/-in, Produktionsleiter/-in und Stunt Coordinator) über künstlerische,
technische und personelle Umsetzung der Inhalte
• Motivbesichtigung der Produktionsverantwortlichen (s.o.) zur
Auswahl eines geeigneten Produktionsortes, zur Festlegung
der technischen Voraussetzungen, des zeitlichen Rahmens,
der darstellenden Personen, der erforderlichen Schutz- und
Notfallmaßnahmen (Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung),
Umfang von Proben und Training, erforderliche
Genehmigungen
• Auftragserteilung durch Produktionsverantwortliche/n in
Verbindung mit der Definition der Verantwortungsbereiche (s.
Abschnitt 2.2)
• bei gegenseitigen Gefährdungen der an der Produktion beteiligten Personen Ermittlung der erforderlichen Schutzmaßnahmen (z. B. Sicherheitsabstände) durch eine
Gefährdungsbeurteilung
• Technische Einrichtung (Theater), Drehtag bei Film- und
Fernsehproduktionen:
–– Sicherheitshinweis in der Tagesdispo
–– Bekanntmachen der Verantwortlichen vor Ort
–– Unterweisung der Beteiligten
–– Umsetzung der Schutzmaßnahmen
–– Bekanntgabe der Aufhebung der Schutzmaßnahmen nach
dem Ende der besonderen szenischen Darstellung
Der Einsatz von Tieren ist nur bei Anwesenheit einer Aufsichtsperson / eines Tiertrainers oder einer Tiertrainerin zulässig. Die
Aufsichtsperson bzw. der Tiertrainer oder die Tiertrainerin muss
mit dem eingesetzten Tier vertraut sein. Die Tiere sind mit der
geplanten Aufnahmesituation vertraut zu machen.
Bei der Arbeit mit Tieren ist grundsätzlich die Genehmigung
nach § 11 des Tierschutzgesetzes für die gewerbsmäßige Haltung
und Umgang mit Tieren Voraussetzung.
Tiere müssen ständig überwacht werden, wenn sie sich außerhalb ihrer Stallungen befinden. Für gefährliche Tiere sind die
gesetzlichen Bestimmungen der einzelnen Bundesländer zu
berücksichtigen (s. a. § 121 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten). Als „gefährliche Tiere“ gelten z. B. solche, die durch ihre
Körperkraft, Gifte, Waffen und ihr Verhalten Personen gefährden
können, vgl. DGUV Regel 114-001 „Haltung von Wildtieren“. Zu
den gefährlichen Tieren zählen z. B. Großkatzen, Großbären,
Wölfe, Giftschlangen, Elefanten, Menschenaffen, Krokodile und
Greifvögel.
Bei der Gefährdungsbeurteilung müssen eventuell gefährliche
und unberechenbare Reaktionen der Tiere berücksichtigt werden, die durch eine Veränderung ihres biologischen Tagesrhythmus' sowie aus ihnen ungewohnter Umgebung oder durch
Scheinwerfer und Publikum entstehen können. Beispielsweise
sind folgende Schutzmaßnahmen sicher zu stellen:
• Abstand zu Personen
• geeigneter rutschhemmender Bodenbelag
• Gestaltung des Bühnenbaus und der Dekoration unter Berücksichtigung von Tragfähigkeit, Standsicherheit (auch beim
Anstoßen durch Tiere) und Bewegungsfreiheit der Tiere
• geeignete Person (zusätzlich zur Aufsichtsperson bzw. zum
Tiertrainer/ zur Tiertrainerin) für möglicherweise notwendigen
Zugriff bei unvorhergesehenem Verhalten des Tieres
• Hilfsmittel zum Zurückdrängen der Tiere
31
Besondere szenische Darstellungen
• den besonderen Bedingungen angepasste Erste Hilfe
• Gesundheitspass für Tiere
• Impfungen für Personal (z. B. Tetanus), das mit Tieren umgeht
Die Tiere müssen so untergebracht werden, dass Personen nicht
gefährdet werden. Die arttypischen Bedürfnisse der Tiere in
Bezug auf Temperatur, Licht und Frischluft sind zu berücksichtigen. Der Aufenthalt der Tiere in Transportkäfigen ist auf eine
möglichst kurze Zeit zu begrenzen. Die Anforderungen des Tierschutzgesetzes sind einzuhalten.
3.6.1Pferde
Häufig werden bei besonderen szenischen Darstellungen Pferde
eingesetzt. Hierbei sind die im Folgenden beschriebenen Besonderheiten zu berücksichtigen. Ein Pferd ist ausgehend von der
Aufgabenstellung auszuwählen: Dazu müssen nicht nur Farbe
und Größe, sondern auch die besonderen Charakteristika einer
Rasse in Betracht genommen werden. Darüber hinaus kommen
für die unterschiedlichen Aufgaben innerhalb des szenischen
Kontextes (z. B. Liegen, Steigen, Stillstehen, zwei Personen tragen) durchaus auch verschiedene Pferde und ggf. der Einsatz
eines Double-Pferdes infrage.
Pferde sind Fluchttiere und können deshalb verhältnismäßig
leicht in Panik geraten. Diesem Risiko muss bereits bei der Planung des Einsatzes besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Das Pferd muss also behutsam an die szenischen Bedingungen und die Aufgaben herangeführt werden, Zeitdruck und
Hektik sind unbedingt zu vermeiden. Wird dem Darsteller-Pferd
in Sichtweite ein zweites Pferd beigestellt, reduziert dies den
artspezifischen Fluchtinstinkt.
Die Suche nach geeigneten Darstellern sollte auf nachvollziehbaren Referenzen basieren, z. B. Reitabzeichen. Eine Reitprobe
in einer Reithalle oder auf einem eingezäunten Platz ist eine
Möglichkeit, um das Reitvermögen von Darstellern und Darstellerinnen sowie den Umgang mit einem ausgewählten Pferd zu
beurteilen, denn Reiten ist eine anspruchsvolle, komplexe und
gefährliche Tätigkeit, die sich nicht in kurzer Zeit erlernen lässt.
Der Reiter oder die Reiterin muss in der Lage sein, sein Pferd
jederzeit sicher anzuhalten.
Geeignete Pferde werden üblicherweise von entsprechend spezialisierten Stuntleuten und Filmtierschulen bereitgestellt. Kontakte sind auch über große Freilichtbühnen zu bekommen. Von
einer Suche in normalen Reitställen ist abzuraten, da sowohl
unvorbereitete Besitzer als auch untrainierte Pferde den spezifischen Anforderungen einer szenischen Darstellung (z. B. laute
Geräusche, grelles Licht, viele Menschen) meist nicht genügen
können.
Für den geplanten Einsatz von Gespannpferden empfiehlt sich
die Suche bei professionellen Fuhrbetrieben. Die dort gehaltenen Pferde sind geprägt durch ihre tägliche Arbeit und meistens
entsprechend nervenstark. Auch Filmtierschulen halten Gespannpferde vor.
Anzuraten ist, jedem Pferd einen oder eine Wrangler zur Seite zu
stellen. Der oder die Wrangler bereitet das Pferd vor, hilft beim
Dressen und ist mit dem Tier vertraut. Bei besonderen szenischen Darstellungen mit Pferden ist ebenfalls ein oder eine
Horse Master einzusetzen. Der oder die Horse Master ist Mittler
zwischen Regisseur oder Regisseurin, Stunt Rider bzw. Schauspieler oder Schauspielerin und Wrangler sowie für den sicheren
Ablauf verantwortlich. Er oder sie berät und empfiehlt, wie die
geforderten Aufgaben umgesetzt werden können.
Hinweise zum Hufbeschlag
Pferde können „barfuß“ oder „beschlagen“ laufen. Vom
Pferdebesitzer oder der Pferdebesitzerin ist zu erfahren,
ob oder unter welchen Bedingungen sein oder ihr Pferd
beschlagen werden muss. Der Hufbeschlag soll z. B. ein
ausbrechen des Hufes (bei steinigem Untergrund) oder
zu starke Abnutzung (bei Gespannpferden) verhindern.
Der Hufbeschlag ist aus Metall (Eisen, Nichteisenmetall)
oder Kunststoff. Dabei gibt es noch Besonderheiten wie
z. B. in das Hufeisen geschraubte Stollen. Die Hufbeschläge haben Eigenschaften, die sich in Belastbarkeit,
Abnutzung, Gewicht und Reibung unterscheiden.
Beim Einsatz von Pferden muss man die Frage des Hufbeschlages im Vorfeld klären, z. B. um einen Sturz eines
mit Eisen beschlagenen Pferdes auf glatten Untergrund
zu verhindern. Durch den Hufbeschlag und das Gewicht
des Pferdes kann es auch zu Beschädigungen des Untergrundes kommen.
32
Abb. 16Schwertkampf
3.7Bühnenwaffen
Bei szenischen Darstellungen werden häufig Bühnenwaffen
eingesetzt. Die bei Bereitstellung und Benutzung erforderlichen
Maßnahmen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Waffenrecht. Beim Umgang mit Waffen ist besondere Sorgfalt und
grundsätzlich eine Unterweisung zur sicheren Verwendung notwendig (zu Begriffen des Waffenrechts siehe Anhang A.5).
Hinweis: Das deutsche Waffenrecht ist komplex und restriktiv;
Verstöße stellen häufig Straftaten dar. Auskünfte über die Zulässigkeit des (szenischen) Umgangs mit Waffen können z. B. bei
Polizeidienststellen eingeholt werden.
3.7.1 Umgang mit Hieb- und Stichwaffen
Aufgrund der Verletzungsgefahr an scharfen Kanten, Schneiden
und Spitzen dürfen nur Schaukampf- oder Sportwaffen als Hiebund Stichwaffen für szenische Kampfdarstellungen verwendet
werden. Waffen dürfen nur entschärft verwendet werden. Deko-Waffen sind nicht geeignet.
Umbau („Unbrauchbarmachen“) von scharfen
Waffen zur szenischen Verwendung
Um sicherzustellen, dass die Waffen unbrauchbar für die
Verwendung mit scharfer Munition sind, muss das Patronenlager verändert werden., damit nur noch Kartuschenmunition verschossen werden kann. Kartuschenmunition sind Hülsen mit Ladungen, die kein Geschoss
enthalten.
Zusätzlich muss der Lauf verändert werden, insbesondere muss er Bohrungen zum Ableiten des Pulverstrahls
enthalten und vorn mit einem verschweißten Stahlstift
verschlossen werden. Nach bestandener Prüfung durch
ein Beschussamt erhalten unbrauchbar gemachte Waffen folgende Zulassungszeichen – hier Beschussamt
Ulm:
Zulassungszeichen für Einzelwaffen
Es ist zu berücksichtigen, dass beim Umgang mit entschärften
Hieb- und Stichwaffen Grate entstehen können, die dann eine
Verletzungsgefahr darstellen können.
Theaterdolche und ähnliche Waffen mit verschwindenden Klingen müssen vor dem Einsatz auf ihre sichere Funktion überprüft
werden. Es wird empfohlen, Darsteller und Darstellerinnen zusätzlich durch Protektoren zu schützen.
Zulassungszeichen für Serienwaffen
Im Rahmen der inszenierungsbezogenen Gefährdungsbeurteilung sind die Gefahren zu ermitteln und das Risiko abzuschätzen sowie Schutzmaßnahmen festzulegen. Für Kampfszenen
wird eine durch Fachleute (z. B. Fechtmeister/-in) angeleitete
Einstudierung empfohlen.
Die Schusswaffen müssen ab einem Durchmesser des
Kartuschenlagers von 6 mm (bzw. Länge des Lagers ab
7 mm) zusätzlich einer Beschussprüfung unterzogen
werden.
33
Besondere szenische Darstellungen
Proben sind grundsätzlich unter Verwendung von Schutzausrüstungen durchzuführen, deren allgemeine Verwendung in der
Inszenierung vom Aufsicht Führenden entschieden wird. Für
Fechtszenen sind grundsätzlich Schutzhandschuhe mit Schlagschutz erforderlich. Zu Proben und Training siehe Abschnitte
3.1.1 und 3.1.2.
Regelmäßige Unterweisungen sollen die Gefährdungen minimieren. Bei gefährlichen szenischen Vorgängen oder Umbesetzungen können sie vor jeder Vorstellung erforderlich werden.
Im Hinblick auf den Umgang mit Hieb- und Stichwaffen ist durch
die Verantwortlichen (z. B. Requisiteure/ Requisiteurinnen, Rüstmeister/-innen oder Waffenmeister/-innen) eine Unterweisung
durchzuführen und zu dokumentieren. Inhalte der Unterweisung
sollten mindestens sein:
• mögliche Gefahren
• sichere Handhabung
• Persönliche Schutzausrüstung
• sichere Übergabe und Lagerung
• Erste-Hilfe-Organisation
Zulassungszeichen für Schreckschusswaffen,
Beschusszeichen, Zulassungszeichen für
Munition
3.7.2 Umgang mit Feuerwaffen
Für szenische Darstellungen werden häufig Schusswaffen eingesetzt. Dabei dürfen nur unbrauchbar gemachte Waffen oder
Schreckschusswaffen verwendet werden.
Ein Umbau von scharfen Waffen für szenische Darstellungen auf
Unbrauchbarkeit kann durch eine Person mit entsprechender
Sachkunde (z. B. Büchsenmachermeister/-in) erfolgen.
Der Gebrauch dieser Waffen birgt Gefahren in sich, insbesondere durch austretende heiße Gase und ggf. Metallteile der Hülse
sowie den beim Schuss auftretenden Lärm. Ein ausreichender
Abstand zu Personen ist einzuhalten. Es darf nie direkt auf Personen gezielt werden. Außerdem entstehen Gefährdungen
durch Schmutz im Lauf, wenn Waffen in den Boden gesteckt
worden waren.
Gehörgefährdung durch Lärm
Beim Schießen besteht Gehörgefährdung. Typische Werte in 1 m Abstand sind beim Abfeuern einer Faustfeuerwaffe mit Kaliber 9 mm und Kartuschenmunition: über
140 dB(C), bei Kaliber 6 mm über 135 dB(C)
Nach LärmVibrationsArbSchV ist ab 137 dB(C) ist Gehörschutz zu tragen.
PTB-Zeichen für bauartgeprüfte Schreckschusswaffen
Zusätzlich – so weit erforderlich – Kennzeichnung nach
bestandener Beschussprüfung (Bsp.: Beschussamt Ulm)
Zulassungszeichen für Munition
(Bsp.: Beschussamt Ulm)
Ein gleichzeitiger Schuss durch den Requisiteur oder die Requisiteurin oder Rüstmeister bzw. Rüstmeisterin ist dem Originalschuss des Darstellers oder der Darstellerin vorzuziehen. Dies
hat den Vorteil, dass der oder die Schießende Gehörschutz tragen kann und die Mitwirkenden einer geringeren Gehörgefährdung bzw. Verletzungsrisiko ausgesetzt sind. Auch eine Simulation des Schussknalls durch Hilfsmittel ist möglich (z. B.
Klappgeräusch).
Für eine realitätsgetreue Darstellung von Nahaufnahmen einer
Schusswaffe gibt es eine Spezialmunition, die eine Rückstoßwirkung erzeugt (Bewegung des Pistolenschlitten), aber Lärm- und
Pulverstrahlentwicklung reduziert hält.
Im Rahmen der inszenierungsbezogenen Gefährdungsbeurteilung sind Gefahren zu ermitteln und das Risiko abzuschätzen.
Eine ausreichende Erprobung ist unabdingbare Voraussetzung
für eine sichere Durchführung des Effektes.
Weitere Infos: www.beschussamt-ulm.de
34
Besondere szenische Darstellungen
Für den Umgang mit Feuerwaffen ist vor jeder Vorstellung durch
den Requisiteur oder die Requisiteurin oder den Rüstmeister
bzw. die Rüstmeisterin eine zu dokumentierende Einweisung
vorzunehmen, die neben dem Gebrauch der Waffe auch Lagerung und Übergabe regelt.
und im geschlossenen Behältnis verpackt, transportiert und
gelagert werden. Sie müssen dennoch immer so behandelt werden, als seien sie geladen.
Munition ist getrennt von Waffen aufzubewahren.
Schreckschusswaffen dürfen nicht in Richtung von Personen
abgeschossen werden, es sei denn, sie sind speziell dafür zugelassen. An derartigen Waffen erfolgt die Entladung seitlich der
Waffe und nicht aus dem Lauf. Hier besteht allerdings eine besondere Verbrennungsgefahr für den Schützen oder die
Schützin.
Die in der Betriebsanleitung angegebenen Sicherheitsabstände
sind unbedingt einzuhalten. Hinweise in der Betriebsanleitung
und andere auf den Waffen oder der Munition angebrachte
Kennzeichnungen (Gebote, Verbote, Warnungen) müssen ebenfalls beachtet und eingehalten werden.
Bei der Verwendung von Vorderladerwaffen sind die Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes zu berücksichtigen, außerdem ist
ein Erlaubnisschein und ein Mindestalter von 21 Jahren
erforderlich.
Vor einem szenischen Einsatz von Schreckschusswaffen muss
eine technische Probe stattfinden, in der sich alle Mitwirkenden
mit Handhabung und Wirkung der Waffen vertraut machen
können.
Blindgänger sind in einer gekennzeichneten Originalverpackung
aufzubewahren und müssen fachgerecht entsorgt werden. Stark
verschmutzte oder blockierende Waffen dürfen nur von einem
oder einer Sachkundigen instandgesetzt werden.
Dummy-Munition muss eindeutig als solche erkennbar sein
(z. B. Zündplättchen abgeschossen, seitliche Bohrungen).
3.7.3 Lagerung und Transport, Überlassen zur szenischen
Darstellung
Waffen müssen unter Aufsicht einer verantwortlichen Person
stehen (z. B. Requisiteur/-in). Die hierfür infrage kommenden
Personen müssen älter als 18 Jahre, regelmäßig unterwiesen
und mit der Durchführung der ihnen übertragenen Arbeiten explizit beauftragt sein.
Werden die Waffen außerhalb des Betriebsgeländes oder außerhalb einer abgesperrten Produktionsstätte getragen bzw. werden die Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit geladen und
zugriffsbereit getragen, benötigt der oder die Verantwortliche
einen kleinen Waffenschein. Die Waffen dürfen nur ungeladen
Abb. 17Schreckschusswaffeneinsatz
35
Anhang 1
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Für besondere szenische Darstellungen ist eine individuelle
Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Hierfür hat sich die nachfolgend beschriebene Vorgehensweise etabliert. Sie ist ausgelegt auf risikobehaftete Vorgänge und deckt sich prinzipiell mit
der Vorgehensweise, wie sie in anderen risikobehafteten Branchen (z. B. bei Feuerwehreinsätzen) verwendet wird.
eine zusätzliche, individuelle Gefährdungsbeurteilung notwendig ist, sind die aufgrund der Basis-Gefährdungsbeurteilung
getroffenen Maßnahmen zu ergänzen.
Schritt 2: Auswahl von fachlich geeigneten Personen für die
Gefährdungsbeurteilung
Eine Gefährdungsbeurteilung besteht aus folgenden Schritten:
1. Ermittlung und Abgrenzung der besonderen szenischen
Darstellungen, die individuell beurteilt werden müssen
2. Auswahl von fachlich geeigneten Personen für die
Gefährdungsbeurteilung
3. Ermittlung der Gefährdungen
4. Bewertung des Risikos
5. Auswahl von fachlich und körperlich geeigneten Personen
für die Darstellung
6. Ableitung von Schutzzielen
7. Auswahl, Umsetzung und Überprüfung der Maßnahmen auf
ihre Wirksamkeit
8. Dokumentation
9. Unterweisung auf Basis der Gefährdungsbeurteilung
10. Wirksamkeitskontrolle und regelmäßige Überprüfung
Schritt 1: Ermittlung und Abgrenzung der besonderen szenischen Darstellungen, die individuell beurteilt werden müssen
Zur Ermittlung der eventuellen Erfordernis einer zusätzlichen
individuelle Gefährdungsbeurteilung kann die in Abschnitt 2.4
enthaltende Tabelle herangezogen werden. Wenn demzufolge
Die für die Durchführung der individuellen Gefährdungsbeurteilung erforderliche Fachkunde hängt von den zu erwartenden
Gefährdungen ab. Hinzugezogen werden können z. B. Betriebsarzt/-ärztin, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sachverständige,
Stunt Coordinator. Auch die Kreativen (Regisseure/Regisseurinnen, Redakteure/Redakteurinnen usw.) sind in die individuelle
Gefährdungsbeurteilung miteinzubeziehen
Schritt 3: Ermittlung der Gefährdung
Der Begriff „Gefährdung“ kennzeichnet das räumliche und zeitliche Zusammentreffen von Personen mit Gefahrenquellen und
beschreibt den aufgrund dieses Zusammentreffens möglichen
Gesundheitsschaden.
Die Ermittlung von Gefährdungen beinhaltet die systematische
Bestandsaufnahme aller Möglichkeiten, bei denen Personen
durch Gefahren Schaden nehmen können und kann anhand der
Leitfrage „Was kann passieren?“ durchgeführt werden.
Beispiele für außergewöhnliche veranstaltungs- und produktionsspezifische Gefährdungssituationen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:
Außergewöhnliche veranstaltungs- und produktionsspezifische Gefährdungssituationen
Tätigkeiten/
szenische Darstellungen
Sturz, Ausrutschen, Abstürze bei Proben und
Aufführungen
Gefahr/Gefährdungen durch
•
•
•
•
•
•
•
•
szenische Vorgänge mit Fahrzeugen
36
Stolpern, Ausrutschen im Bühnenbereich, bei Abgängen ins Dunkle
Stürze von Podesten, Aufstiegen etc., Absturz in Gräben etc.
Gehen über ungesicherte Verbindungsstege
fehlende Absicherungen gegen Absturz, die aufgrund des Bühnenbildes bzw. der Regie nicht
möglich sind
nicht gesicherte Öffnungen (auch nur kurzfristig während der Bühnenumbauten)
fehlende Absturzsicherungen
nicht gekennzeichnete Absturzkanten
ungeeigneter (nicht elastischer/federnder/nachgiebiger) Untergrund
• unkontrollierte Bewegungen durch Fahrfehler
• nicht bestimmungsgemäß benutzte PSA gegen Absturz
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Tätigkeiten/
szenische Darstellungen
Gefahr/Gefährdungen durch
Zusammenstöße von Personen, gespielte
Tätlichkeiten, misslungene Bewegungsabläufe
•
•
•
•
•
Kampfszenen mit und ohne Requisiten
Sprünge, Überschläge, Drehbewegungen, tänzerische Bewegungen
Ausführen von extremen Bewegungen
plötzliche Bewegung nach langem Stehen, Knien oder ungünstigen Körperhaltungen
Enge, Gedränge, gegenläufige Bewegungen auf der Bühne
szenische Hinrichtungen
• szenisches Erhängen von Personen (tatsächliches Erdrosseln, bzw. Wirbelsäulenverletzungen)
• szenische Kreuzigung (Schädigung/Hängetrauma durch unnatürliche Körperposition)
• szenisches Ertränken (tatsächliches Ertrinken)
Temperatureinwirkungen
• Darstellung in unmittelbarer Nähe von kalten (z. B. flüssiger Stickstoff ) oder heißen Stoffen
(z. B. flüssiges Wachs)
optische Strahlung
• Scheinwerfer (Blendung)
• Einsatz von Laserstrahlung (Augenverletzungen)
• LED-Licht (blue light hazard)
Brand, Explosion
• Pyrotechnik (Verbrennungen)
Lärm
• Abfeuern von Schusswaffen oder Zünden von Pyrotechnik (Knalltrauma)
Gase, Dämpfe, Stäube
• Kostüme, Requisiten, Masken, die entsprechende Stoffe enthalten
• Effekte, die Staub freisetzen
Sauerstoffmangel
• Theaternebel (Inhaltsstoff CO2 verdrängt Sauerstoff in Bodennähe)
Einsatz von Tieren
• Bissverletzungen, Tritte, Vergiftungen, Quetschungen, Zoonosen
Kampfszenen
• gespielten Tätlichkeiten (Stürze, Treffer, Kopfverletzungen durch Niedergehen im Kampf)
• Showringkampf
• Kämpfe mit Hieb-und Stichwaffen (Schnitt- und Stichverletzungen)
Trendsportarten
• Slackline, Verletzungen beim Misslingen und Herunterfallen
• Einsatz von speziellen Sportgeräten (z. B. Stelzen, Poweriser)
Einsatz biologischer Materialien/von Tieren
• z. B. Einsatz von Lycopodium, szenische Darstellungen mit Tieren (allergische Reaktionen)
szenische Darstellung im Wasser
• Gefahr des Ertrinkens
• Unterkühlung
szenische Darstellungen mit physischen
Belastungen
•
•
•
•
•
szenische Darstellungen mit psychische
Belastungen
•
•
•
•
Heben von Personen und Gegenständen auf der Bühne (sich verheben)
langes Stehen, einseitige Dauerbelastungen
körperliche Überbeanspruchung im Zusammenhang mit der künstlerischen Darbietung
Tragen von Kostümen, Rüstungen, etc. (Einengung)
körperliche Anforderungen durch die Choreografie
langes Hängen im Fluggeschirr
informatorische Anforderungen (Stress, Überforderung)
Konzentrationsanforderungen
Verantwortungsdruck (der Erfolg Anderer ist abhängig davon, die eigenen Aufgaben gut zu
erfüllen, Verantwortung für das Gelingen des Ganzen)
• überhöhte Erwartungen (eigene, seitens Kollegen/-innen, des Publikums, der Leitungskräfte
des Theaters)
• soziale Beziehungen
37
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Schritt 4: Bewertung des Risikos
Das mögliche Schadensausmaß/die Gefährlichkeit (G) werden
in fünf Kategorien eingestuft:
Für die in Schritt 3 ermittelten Gefährdungen ist zunächst das
Risiko in der Ausgangssituation zu beurteilen, um danach angemessene Maßnahmen treffen zu können. Als Risiko (R) wird das
Produkt aus der Wahrscheinlichkeit (W), dass ein Schaden eintritt, und des möglichen Schadensausmaßes/der Gefährlichkeit
(G) bezeichnet. Die Eintrittswahrscheinlichkeit (W) wird in fünf
Kategorien eingeteilt:
Risiko (R) = Wahrscheinlichkeit (W) . Gefährlichkeit (G); R = W . G
G
Beschreibung
katastrophale/
tödliche
Verletzungen
Tod, lebensgefährliche Verletzungen (z. B.
Rückenmarksverletzungen, Amputation von
Gliedmaßen, Schädelbruch mit Gehirnblutung, Polytrauma)
4
schwere
Verletzungen
Verletzungen, die stationär versorgt werden
müssen (z. B. komplizierte Knochenbrüche,
stumpfe Bauchverletzung)
Verletzungen, die irreversibel sind bzw.
nicht ausheilen (z. B. Gelenkversteifung,
Gehörschaden)
5
Eintrittswahrscheinlichkeit
W
5
sehr wahrscheinlich
Beschreibung
Ohne/ohne weitere Schutzmaßnahmen ist
mit einem Schadenseintritt zu rechnen.
4 wahrscheinlich
Ein Eintritt eines Schadenereignisses ist
wahrscheinlicher als sein Ausbleiben.
3
mittelschwere
Verletzungen
Verletzungen, die ambulant versorgt werden
müssen (z. B. Schnittverletzung, die genäht
werden muss, Verstauchung)
3 unwahrscheinlich
Ein Ausbleiben eines Schadenereignisses
ist wahrscheinlicher als sein Eintritt.
2
leichte
Verletzungen
Bagatell-Verletzungen, die nicht ärztlich
versorgt werden müssen
2
sehr
unwahrscheinlich
Ein Ausbleiben eines Schadenereignisses
ist deutlich wahrscheinlicher als sein
Eintritt.
1
keine erheblichen
Verletzungen
keine oder nur minimale Verletzungen
1
mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen
Mit einen Schadenseintritt ist nicht zu
rechnen.
Durch Multiplikation erhalten Sie die Risikomaßzahl R. Sie beziffert das Risiko.
Risikomatrix
Risikomaßzahl R = W . G
Gefährlichkeit/Schadensausmaß G
Wahrscheinlichkeit
W
1
2
3
4
keine erheblichen
Verletzungen
leichte
Verletzungen
mittelschwere
Verletzungen
schwere
Verletzungen
5
katastrophale/
tödliche
Verletzungen
sehr wahrscheinlich
5
5
10
15
20
25
wahrscheinlich
4
4
8
12
16
20
unwahrscheinlich
3
3
6
9
12
15
sehr unwahrscheinlich
2
2
4
6
8
10
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen
1
1
2
3
4
5
38
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Das Risiko wird in drei Kategorien eingeteilt (rote, gelbe und
grüne Bereiche). Aus der durch Analyse gewonnenen Differenzierung ergibt sich, ob Schutzmaßnahmen erforderlich sind und
ob die besondere szenische Darstellung mit vertretbarem Restrisiko durchgeführt werden kann.
Risikokategorien
R
Beschreibung
hohes Risiko
(Gefahrenbereich)
R = 12 bis 25
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung so
nicht umgesetzt werden.
mittleres Risiko
(Besorgnisbereich)
R = 6 bis 10
Risiko ist durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung
nur bei Beachtung besonderer Sorgfalt durchgeführt werden.
geringes Risiko
(Akzeptanzbereich)
R = 1 bis 5
Risiko ist tolerabel.
Zusätzliche Schutzmaßnahmen sind nicht zwingend erforderlich.
Beispiel zur szenischen Darstellung mit Absturzgefahr:
Ein Schauspieler soll während einer szenischen Darstellung in ca. 2,80 m Höhe von einem Schrank auf eine
Mauer übertreten und darauf laufen.
identifizierte Gefahr
Gefahr besteht durch die schmale ca. 0,25 m breite Auftrittfläche, durch ein möglicherweise versehentliches
Kantentreten, dortiges Weg- oder Umknicken und die daraus entstehende Absturzgefahr. Die Gefahr besteht im
gesamten Bereich des Bewegungsablaufs.
Bestimmung der
Wahrscheinlichkeit
W
unwahrscheinlich,
W=3
Das Ausbleiben des Schadenereignisses ist wahrscheinlicher als sein Eintritt.
Beschreibung der Konsequenzen (Gefährlichkeit G)
G
schwere Verletzungen
G=4
Verletzungen, die stationär versorgt werden müssen (z. B. komplizierte Knochenbrüche, stumpfe Bauchverletzungen) sowie Verletzungen, die irreversibel sind bzw. nicht ausheilen (z. B. Gelenkversteifung)
Risikomaßzahl R = W x G
R = 3 x 4 = 12
daraus folgt: hohes Risiko
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren. Ist das Risiko durch Schutzmaßnahmen nicht
weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung so nicht durchgeführt werden.
39
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Aufgrund des ermittelten hohen Risikos kann die Darstellung
nicht wie geplant stattfinden. Es sind weitere (Schutz-) Maßnahmen erforderlich.
Schritt 5: Auswahl von fachlich und körperlich geeigneten Personen für die Darstellung
Bei der Auswahl der Personen sind sowohl die körperlichen
Voraussetzungen, die notwendige Geschicklichkeit bzw. das
Beherrschen antrainierter Abläufe sowie die notwendigen Qualifikationen zu berücksichtigen.
Schritt 6: Ableitung von Schutzzielen
Schutzziele beschreiben noch keine Maßnahmen, sondern legen den zu erreichenden Soll-Zustand fest. Dieser kann vielfach
dem Vorschriften- und Regelwerk entnommen werden, beispielsweise in Form festgelegter Grenzwerte.
Criterion Wert (HIC) von 1000 als Maximalwert orientieren (zur
Definition des HIC s. „Begriffe“).
Vor der Suche nach Maßnahmen ist wichtig zu definieren, welches Ziel man erreichen will, denn nur wer sein Schutzziel kennt,
kann passende Maßnahmen ergreifen. Zugleich verringert sich
die Gefahr, Maßnahmen mit zu geringer („Tropfen auf den heißen Stein“) oder übertriebener („mit Kanonen auf Spatzen
schießen“) Reichweite festzulegen.
Nach § 30 der Unfallverhütungsvorschrift „Veranstaltungs- und
Produktionsstätten für szenische Darstellungen“ sind Dekoration, Kostüme, Möbel, Requisiten und Effekte so auszuführen und
müssen so beschaffen sein, dass bei bestimmungsgemäßem
Gebrauch Verletzungen sowie gesundheitliche Schädigungen
vermieden werden.
Die Bewertung des Risikos vor der Realisierung von szenischen
Vorgängen muss im Regelfall zum Ergebnis haben, dass es gering (siehe Risikomatrix, grüner Bereich) ist.
Bei der Auswahl der erforderlichen Schutzmaßnahmen kann
man sich an dem für Spielplatzeinrichtungen und Kletterwände
üblichen Sicherheitsniveau entsprechend einem Head Injury
Gefahrenschwelle
Toleranzschwelle
Besorgnisschwelle
Akzeptanzschwelle
Risiko hoch
Risiko niedrig
Angestrebte Risikominderung
Ermitteltes Risiko
Gefahrenbereich
Abb. 18Gefahrenquelle
40
Rest-Risiko
Besorgnisbereich
Akzeptanzbereich
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Schritt 7: Auswahl, Umsetzung und Überprüfung der Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit
Auch die in Abschnitt 2.8 beschriebenen Notfallmaßnahmen
sind festzulegen.
Jede besondere szenische Darstellung ist mit einem Risiko verbunden. Es ist notwendig zu ermitteln, welches Risiko als noch
akzeptabel angesehen werden kann. Dieses akzeptable Risiko
wird als Grenzrisiko bezeichnet. Die Differenz zwischen dem
festgestellten Risiko und dem akzeptablen Restrisiko bestimmt
die zusätzlich erforderlichen Schutzmaßnahmen:
Sind Maßnahmen ausgewählt, muss festgelegt werden:
• Bis wann sind die einzelnen Maßnahmen umzusetzen?
• Wer führt die Maßnahmen durch?
• Ist bis zur Umsetzung der Maßnahmen eine Übergangslösung
(z. B. organisatorische Maßnahme) erforderlich?
• Muss die Tätigkeit bis dahin sogar eingestellt werden, da das
Die Beseitigung der Gefahrenquelle – damit die Reduzierung
der Gefährdung – steht dabei an oberster Stelle. Nur wenn dies
nicht möglich ist, soll das Wirksamwerden der Gefahrenquelle
durch technische, organisatorische Maßnahmen, den Gebrauch
einer geeigneten Persönlichen Schutzausrüstung und erst zuletzt durch sicherheitsgerechtes Verhalten des Einzelnen minimiert werden. Die Auswahl geeigneter Maßnahmen orientiert
sich an der so genannten Maßnahmenhierarchie (siehe Abbildung unten).
Es sind vorrangig die Maßnahmen zu treffen, die weit oben in
der Maßnahmenhierarchie liegen, da diese am wirksamsten
sind. Anfallende Kosten für die Umsetzung dieser Maßnahmen
sind nachrangig gegenüber einem wirksamen Schutz der mitwirkenden Personen.
Abnehmende Reichweite
Bei der Festlegung von Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass
sich eventuell neue Gefährdungen als „Nebenwirkung“ der Maßnahmen ergeben können. Diese neuen Risiken sind ebenfalls zu
beurteilen. So würde z. B. der Einsatz von PSA gegen Absturz
neue Gefährdungen mit sich bringen, die wiederum weitere
Maßnahmen erfordern – so etwa die Organisation der möglicherweise notwendigen Rettung einer abgestürzten und in der
PSA hängenden Person.
ermittelte Risiko zu hoch ist?
Nachdem die Maßnahmen definiert worden sind, muss eine
Überprüfung stattfinden. Ziel der Überprüfung ist die Feststellung, ob unter Berücksichtigung der Maßnahmen das Restrisiko
tatsächlich unter das vorher definierte Grenzrisiko gesenkt wird.
Für diese Überprüfung wird eine Wiederholung von Schritt 4 der
Gefährdungsbeurteilung (Risikobewertung) empfohlen unter
Berücksichtigung der definierten Maßnahmen, konkret: eine
vorausschauende (prospektive) Wirkungskontrolle durchzuführen. Dabei verändern sich i. d. R. die Wahrscheinlichkeit oder die
Gefährlichkeit und damit das Risiko. Falls die Risikobewertung
ergibt, dass das Risiko durch die Maßnahmen nicht hinreichend
minimiert wird, müssen andere, auch ergänzende Maßnahmen
getroffen werden. Andernfalls kann die besondere szenische
Darstellung nicht stattfinden.
Die Umsetzung und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist
durch die für die besondere szenische Darstellung verantwortliche Person (vgl. Abschnitt „Organisation und Verantwortung“)
zu überprüfen. Das bedeutet, dass bei Proben und der szenischen Darstellung laufend eine Wirksamkeitskontrolle der
Schutzmaßnahmen zu erfolgen hat.
1.
Gefahrenquelle vermeiden/beseitigen:
Anderes Arbeitsverfahren, Arbeitsmittel, …
2.
Wirksamwerden der Gefahrenquelle technisch ausschließen:
Abschirmen, Absperren, Schutzvorrichtung …
3.
Wirksamwerden der Gefahrenquelle organisatorisch ausschließen:
räumliche/zeitliche Trennung
4.
Verringern der Einwirkung durch persönliche Schutzausrüstung:
Bereitstellen und Tragen persönlicher Schutzausrüstung
5.
Sicherheitsgerechtes Verhalten des Einzelnen:
Gefahrenhinweis
Abb. 19Maßnahmenhirarchie
41
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Beispiel zur Festlegung von Schutzmaßnahmen bei szenischer Darstellung mit Absturzgefahr:
Ein Schauspieler soll während einer szenischen Darstellung in ca. 2,80 m Höhe von einem Schrank auf eine Mauer
übertreten und darauf laufen (Fortsetzung des Beispiels)
Risikomaßzahl R = W . G
R = 3 . 4 = 12
daraus folgt: hohes Risiko
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren. Ist das Risiko durch Schutzmaßnahmen nicht weiter
minimierbar, kann die szenische Darstellung so nicht durchgeführt werden.
Schutzmaßnahmen
Auswirkung auf Wahrscheinlichkeit (W) oder auf
Gefährlichkeit (G)
Technische Maßnahmen:
Der Untergrund des Aufprall- und Sicherheitsbereiches wird mit nachgebendem Material ausgestattet (G).
Im möglichen Fallbereich befinden sich keine verletzungserschwerenden Gegenstände oder Aufbauten (G).
Der Auftrittsbereich wird mit rutschhemmenden Materialien ausgestattet (W).
Die Absturzkanten werden für den Darsteller sichtbar gekennzeichnet (W).
Organisatorische Maßnahmen:
Vor Beginn der Proben bekommt der Schauspieler ausreichend Zeit eingeräumt, um sich mit Laufweg und Absturzkanten vertraut zu machen (W).
Erste szenische Proben finden nur bei Arbeitslicht statt (W).
Die Darstellung wird ausreichend geprobt, d. h. so oft, bis sie wiederholt fehlerfrei und sicher durchgeführt werden
kann (W).
Blendung durch Scheinwerfer wird vermieden (W).
Ersthelfer steht bereit (G).
Personenbezogene Maßnahmen:
Persönliche Eignung wird vom Betriebsarzt festgestellt (W). Der Darsteller wird vor der ersten Probe unterwiesen (W).
Der Darsteller wird darauf hingewiesen, dass er bei eingeschränkter Tagesform die szenische Darstellung nicht
durchführen darf (W). Bei Veränderung der Aufbauten finden Wiederholungen der Unterweisungen statt (W).
Der Darsteller trägt Schuhe (z. B. Sicherheitsschuhe) bei welchen die Anforderung an die Rutschhemmung nachgewiesen/erfüllt ist (W). Das Kostüm besteht aus eng anliegender Kleidung, die die Bewegungen nicht behindert (W).
Beispiel zur erneuten Bewertung des Risikos unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen zur prospektiven
(vorausschauenden) Wirksamkeitskontrolle:
Bestimmung der Wahrscheinlichkeit unter
Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
W
sehr unwahrscheinlich,
W=2
Das Ausbleiben des Schadenereignisses ist deutlich wahrscheinlicher als sein Eintritt.
Beschreibung der Konse-quenzen (Gefährlichkeit G)
unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
G
mittelschwere Verletzungen
G=3
Verletzungen, die ambulant versorgt werden müssen (z. B. Schnittverletzung, die genäht werden muss,
Verstauchung)
Risikomaßzahl R = W x G
R=2x3=6
daraus folgt: mittleres Risiko
Risiko ist durch (weitere) Schutzmaßnahmen zu minimieren. Ist das Risiko durch Schutzmaßnahmen nicht
weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung nur bei Beachtung besonderer Sorgfalt durchgeführt
werden.
Falls keine weiteren Schutzmaßnahmen möglich sind, kann das
mittlere Risiko toleriert werden und die szenische Darstellung
kann unter Beachtung besonderer Sorgfalt stattfinden.
42
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Schritt 8: Dokumentation
Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sowie die festgelegten Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung (Wirksamkeitskontrolle) sind zu dokumentieren.
Die Dokumentation dient auch als Basis für die regelmäßige
Unterweisung der Beschäftigten, die über Gefahren und festgelegte Maßnahmen aufzuklären sind.
Eine Dokumentationshilfe für die individuelle Gefährdungsbeurteilung wurde als Anhang A.2 eingefügt. Diese kann auch in
elektronischer Form genutzt werden (z. B. mit einem
Tabellenkalkulationsprogramm).
Schritt 9: Unterweisung auf Basis der Gefährdungsbeurteilung
Damit die sorgfältig ermittelten Maßnahmen in der Praxis von
allen Beteiligten umgesetzt und gelebt werden können, müssen
die mitwirkenden Personen entsprechend unterwiesen werden.
Die festgelegten Notfallmaßnahmen sind zwingend Bestandteil
der Unterweisung. Wichtiger Teil jeder Unterweisung ist – neben
der Theorie – die praktische Einübung der Maßnahmen.
Schritt 10: Wirksamkeitskontrolle und regelmäßige
Überprüfung
Die Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt den Ist-Zustand zum
Zeitpunkt der Ermittlung. Da sich dieser Zustand verändern kann
(z. B. durch Änderungen der Rahmenbedingungen, der Arbeitsmittel, der Szenerie), muss die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls nach demselben Schema aktualisiert werden. Gleichzeitig erfolgt durch regelmäßige
Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung eine Kontrolle, ob die
festgelegten Schutzmaßnahmen tatsächlich umgesetzt wurden
und wirksam sind (retrospektive Wirksamkeitskontrolle). Fragestellungen einer retrospektiven Wirksamkeitskontrolle sind z. B.:
• Sind noch alle Schutzeinrichtungen vorhanden?
• Werden die organisatorischen Regelungen noch immer von
allen befolgt?
• Wird die persönliche Schutzausrüstung weiterhin konsequent
getragen?
• Sind Vorkommnisse aufgetreten/bekannt geworden, die einen
Handlungsbedarf erkennen lassen?
• Sind zusätzliche Notfallmaßnahmen erforderlich?
• Ist eine Wiederholung der Unterweisung erforderlich?
Die Unterweisung muss erforderlichenfalls wiederholt werden,
mindestens einmal im Jahr erfolgen und ist zu dokumentieren.
43
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Beispiele für Gefährdungsbeurteilungen
Es ist keine weitergehende, individuelle Gefährdungsbeurteilung erforderlich.
Beispiel 1: Worst-Case Betrachtung (vgl. Abschnitt 2.4)
Beschreibung der szenischen Darstellung
In einer Fernsehsendung, bei der Tiere aus Tierheimen vermittelt werden sollen,
werden Kaninchen präsentiert.
Basis-Gefährdungsbeurteilung ist ausreichend
Einstufung der Darstellung
(s. Abschnitt 2.4 DGUV I 215-315)
bitte ankreuzen
x
Basis-Gefährdungsbeurteilung mit Worst-Case-Betrachtung
individuelle Gefährdungsbeurteilung
individuelle Gefährdungsbeurteilung, Expertise, Spezialist
identifizierte Gefahr/-en
Gefahren bestehen durch Kratzen oder Beißen von nervösen Tieren.
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts W
3
Abschätzung der Konsequenzen eines Schadenseintritts
(Gefährlichkeit) G
2
Risikomaßzahl R = W . G
6
Bewertung des Risikos
mittleres Risiko
Risiko ist durch Schutzmaßnahmen zu minimieren. Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht/nicht weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung nur mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden.
Folgerung aus der Bewertung des Risikos
Risiko ist an der Grenze zum geringen Risiko. Darstellung kann bei entsprechender Sorgfalt durch eine mit dem Tier vertraute Person durchgeführt werden.
Beispiel 2: Individuelle Gefährdungsbeurteilung (entspricht
Zusammenfassung der szenischen Darstellung von S. 39 ff.)
Beschreibung der szenischen Darstellung
Ein Schauspieler soll während einer szenischen Darstellung in ca. 2,80 m Höhe
von einem Schrank auf eine Mauer übertreten und darauf laufen.
Basis-Gefährdungsbeurteilung ist ausreichend
Einstufung der Darstellung
(s. Abschnitt 2.4 DGUV I 215-315)
bitte ankreuzen
Basis-Gefährdungsbeurteilung mit Worst-Case-Betrachtung
x
individuelle Gefährdungsbeurteilung
individuelle Gefährdungsbeurteilung, Expertise, Spezialist
identifizierte Gefahr/-en
Absturzgefahr (Breite der Auftrittsfläche 25 cm)
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts W
3
Abschätzung der Konsequenzen eines Schadenseintritts
(Gefährlichkeit) G
4
Risikomaßzahl R = W . G
12
Bewertung des Risikos
44
hohes Risiko
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht/nicht weiter
minimierbar, kann die szenische Darstellung nicht durchgeführt werden.
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Folgerung aus der Bewertung des Risikos
Es sind Schutzmaßnahmen festzulegen (s. u.)
technische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
• Ausstattung des Aufprall- und des zzgl. Sicherheitsbereichs mit nachgiebigem
Material(G)
• keine verletzungserschwerenden Gegenstände oder Aufbauten im möglichen
Fallbereich (G)
• rutschhemmender Auftrittsbereich (W)
• für Darsteller sichtbare Kennzeichnung der Absturzkanten (W)
organisatorische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Vor Beginn der Proben bekommt der Schauspieler ausreichend Zeit eingeräumt,
sich mit Laufweg und Absturzkanten vertraut zu machen (W).
Erste szenische Proben finden nur bei Arbeitslicht statt (W).
Die Darstellung wird ausreichend geprobt, bis sie wiederholt fehlerfrei und sicher durchgeführt werden kann (W).
Blendung durch Scheinwerfer wird vermieden (W).
personenbezogene Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Körperliche Eignung wird vom Betriebsarzt festgestellt (W). Der Darsteller wird
vor der ersten Probe unterwiesen (W). Der Darsteller wird darauf hingewiesen,
dass er bei eingeschränkter Tagesform die Darstellung nicht durchführen darf
(W). Bei Veränderung der Aufbauten finden Wiederholungen der Unterweisungen
statt (W).
Der Darsteller trägt Schuhe (z. B. Sicherheitsschuhe) bei welchen die Anforderung an die Rutschhemmung nachgewiesen/erfüllt ist (W). Das Kostüm besteht
aus eng anliegender Kleidung, die die Bewegungen nicht behindert (W).
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit W' unter Berücksichtigung
der Schutzmaßnahmen
2
Abschätzung der Gefährlichkeit G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
3
Risikomaßzahl R' = W' . G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
6
Bewertung des Risikos unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
mittleres Risiko
Risiko ist durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht/nicht weiter
minimierbar, kann die szenische Darstellung nur mit besonderer Sorgfalt durchgeführt werden.
Schlussfolgerung
Risiko kann nicht weiter minimiert werden, besondere Sorgfalt bei der Durchführung ist erforderlich.
45
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Beispiel 3: Individuelle Gefährdungsbeurteilung, Spezialist erforderlich
Beschreibung der szenischen Darstellung
Ein jugendlicher Parcours-Läufer soll sich beim Dreh eines Trailers in einem
Treppenhaus schnell abwärts bewegen und dabei Geländer mit einem Salto
überspringen.
Basis-Gefährdungsbeurteilung ist ausreichend
Einstufung der Darstellung
(s. Abschnitt 2.4 DGUV I 215-315)
bitte ankreuzen
Basis-Gefährdungsbeurteilung mit Worst-Case-Betrachtung
individuelle Gefährdungsbeurteilung
x
identifizierte Gefahr/-en
individuelle Gefährdungsbeurteilung, Expertise, Spezialist
Gefahren bestehen durch Anstoßen an Hindernissen und Sturz
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts W
4
Abschätzung der Konsequenzen eines Schadenseintritts
(Gefährlichkeit) G
5
Risikomaßzahl R = W . G
20
Bewertung des Risikos
hohes Risiko
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren. Ist das Risiko
durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht/nicht weiter minimierbar, kann
die szenische Darstellung nicht durchgeführt werden.
Folgerung aus der Bewertung des Risikos
Die Darstellung kann so nicht durchgeführt werden. Ein Spezialist/ eine Spezialistin (Stuntman/Stuntwoman) und eine individuelle Gefährdungsbeurteilung
durch Spezialisten sind erforderlich.
Eine weitergehende, individuelle Gefährdungsbeurteilung unter
Einbeziehung eines Spezialisten, z. B. Stuntman, ist nach dem
Schema des Beispiels 2 zu erstellen.
Beispiel 4: Individuelle Gefährdungsbeurteilung
Beschreibung der szenischen Darstellung
Mit einem Straßenrennwagen sollen Showfahrten auf einer Fahrstrecke, die auf
einem Messegelände aufgebaut wird, vor Publikum stattfinden.
Basis-Gefährdungsbeurteilung ist ausreichend
Einstufung der Darstellung
(s. Abschnitt 2.4 DGUV I 215-315)
bitte ankreuzen
Basis-Gefährdungsbeurteilung mit Worst-Case-Betrachtung
x
individuelle Gefährdungsbeurteilung
individuelle Gefährdungsbeurteilung, Expertise, Spezialist
identifizierte Gefahr/-en
Kontrollverlust durch Fahrfehler oder techn. Defekt, Fahrzeugbrand
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts W
3
Abschätzung der Konsequenzen eines Schadenseintritts
(Gefährlichkeit) G
5
Risikomaßzahl R = W . G
15
Bewertung des Risikos
46
hohes Risiko
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht (weiter) minimierbar, kann die szenische Darstellung nicht durchgeführt werden.
Vorgehensweise bei der individuellen Gefährdungsbeurteilung
Folgerung aus der Bewertung des Risikos
Es sind Schutzmaßnahmen festzulegen (s. u.)
technische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Einbau von Betonbarrieren als Anfahrschutz (G). Betonbarrieren sind so anzuordnen, dass Frontalaufprall aus Hauptfahrtrichtung vermieden wird (G). Einbau
eines Tores in die Fahrbahnumgrenzung für die Werksfeuerwehr (G). Einsatz von
"Mannesmannzäunen" 1 m hinter Betonbarrieren (G).
organisatorische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Bereitstellung von Rennleitung und Streckenposten (W). Ausrüstung von Rennleitung und Streckenposten mit Funkgeräten (W). Kontrolle und Freigabe der
Strecke vor jeder Fahrt (W). Permanente Kommunikationsmöglichkeit mit Werksfeuerwehr sicherstellen (G). Einsatz eines geeigneten und geübten Rennfahres
(W). Technische Überprüfung des Fahrzeugs sicherstellen (W). Ausreichende
Proben durchführen (W).
personenbezogene Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Körperliche Eignung des Fahrers wird vom Betriebsarzt festgestellt (W). Der
Fahrer wird vor der ersten Probe unterwiesen (W). Der Fahrer wird darauf hingewiesen, dass er bei eingeschränkter Tagesform die Darstellung nicht durchführen darf (W). Wiederholungen der Unterweisungen finden bei Veränderung der
Aufbauten statt (W). Der Fahrer trägt einen Rennhelm (G).
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit W' unter Berücksichtigung
der Schutzmaßnahmen
2
Abschätzung der Gefährlichkeit G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
4
Risikomaßzahl R' = W' . G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
8
Bewertung des Risikos unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
mittleres Risiko
Risiko ist durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht (weiter) minimierbar, kann die szenische Darstellung nur mit besonderer Sorgfalt durchgeführt
werden.
Schlussfolgerung
Risiko kann nicht weiter minimiert werden, besondere Sorgfalt bei der Durchführung ist erforderlich.
47
Anhang 2
Dokumentationsschema für die individuelle Gefährdungsbeurteilung
Beschreibung der szenischen Darstellung
Basis-Gefährdungsbeurteilung ist ausreichend
Einstufung der Darstellung
(s. Abschnitt 2.4 DGUV I 215-315)
bitte ankreuzen
Basis-Gefährdungsbeurteilung mit Worst-Case-Betrachtung
individuelle Gefährdungsbeurteilung
individuelle Gefährdungsbeurteilung, Expertise, Spezialist
identifizierte Gefahr/-en
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts W
Abschätzung der Konsequenzen eines Schadenseintritts
(Gefährlichkeit) G
Risikomaßzahl R = W . G
Definition s. Legende
Bewertung des Risikos
Folgerung aus der Bewertung des Risikos
technische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
organisatorische Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
personenbezogene Schutzmaßnahmen
(Einfluss auf W oder G)
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit W' unter Berücksichtigung
der Schutzmaßnahmen
Abschätzung der Gefährlichkeit G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
Risikomaßzahl R' = W' . G' unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
Bewertung des Risikos unter Berücksichtigung der
Schutzmaßnahmen
Schlussfolgerung
Gefährdungsbeurteilung
inkl. prospektiver Wirkungskontrolle
erstellt von; Datum
Wirkungskontrolle während der Veranstaltung/Produktion
durch
retrospektive Wirkungskontrolle
48
Dokumentationsschema für die individuelle Gefährdungsbeurteilung
Legende/Erläuterung zur Gefährdungsbeurteilung für besondere szenische Darstellung
Abschätzung der Wahrscheinlichkeit W des Schadenseintritts
W
5
Beschreibung
sehr wahrscheinlich
Ohne/ohne weitere Schutzmaßnahmen ist mit einem Schadenseintritt zu rechnen.
4 wahrscheinlich
Ein Eintritt eines Schadenereignisses ist wahrscheinlicher als sein Ausbleiben.
3 unwahrscheinlich
Ein Ausbleiben eines Schadenereignisses ist wahrscheinlicher als sein Eintritt.
2 sehr unwahrscheinlich
Ein Ausbleiben eines Schadenereignisses ist deutlich wahrscheinlicher als sein Eintritt.
1
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
Mit einen Schadenseintritt ist nicht zu rechnen.
G
5
Beschreibung
katastrophale/tödliche Verletzungen
Tod, lebensgefährliche Verletzungen (z. B. Rückenmarksverletzungen, Amputation von Gliedmaßen, Schädelbruch mit Gehirnblutung, Polytrauma)
4 schwere Verletzungen
Verletzungen, die stationär versorgt werden müssen (z. B. komplizierte Knochenbrüche, stumpfe
Bauchverletzung)
Verletzungen, die irreversibel sind bzw. nicht ausheilen (z. B. Gelenkversteifung, Gehörschaden)
3 mittelschwere Verletzungen
Verletzungen, die ambulant versorgt werden müssen (z. B. Schnittverletzung, die genäht werden
muss, Verstauchung)
2 leichte Verletzungen
Bagatell-Verletzungen, die nicht ärztlich versorgt werden müssen
1
keine oder nur minimale Verletzungen
keine erheblichen Verletzungen
Risikokategorien
R
Beschreibung
hohes Risiko
(Gefahrenbereich)
R = 12 bis 25
Risiko ist zwingend durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung so
nicht umgesetzt werden.
mittleres Risiko
(Besorgnisbereich)
R = 6 bis 10
Risiko ist durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Ist das Risiko durch Anwendung von Schutzmaßnahmen nicht weiter minimierbar, kann die szenische Darstellung
nur bei Beachtung besonderer Sorgfalt durchgeführt werden.
geringes Risiko
(Akzeptanzbereich)
R = 1 bis 5
Risiko ist tolerabel.
Zusätzliche Schutzmaßnahmen sind nicht zwingend erforderlich.
49
Anhang 3
Einsatz von Tieren bei szenischer Darstellung
Muster: Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung
Produktion:
Bearbeiter:
Datum:
Werden bei Veranstaltungen und Produktionen Tiere eingesetzt, muss immer mit deren nicht vorhersehbaren, teilweise gefährlichen Verhalten
gerechnet werden. Mit dieser Checkliste können Sie überprüfen, ob weitere Maßnahmen beim Mitwirken von Tieren an der Bühnenproduktion
eingeleitet werden müssen. Bitte beachten sie, dass hier nur die allgemeinen Bedingungen berücksichtigt sind. Für die konkrete Anwendung
können weitere Aspekte hinzugefügt werden.
Statistenkoordination / Casting
Das Vorhabens ist beim Veterinäramt angemeldet
Für die Gefährdungsbeurteilung werden Handlungshilfen der
Träger der gesetzlichen Unfallversicherungsträger verwendet
Maßnahme / Anforderung
Nur gutmütige und an eine solche Situation gewöhnte Tiere
werden eingesetzt.
Vertraute Aufsichtspersonen sind für die Tiere anwesend.
Beim Einsatz werden die Tiere ständig unter Kontrolle gehalten.
Artgerechte Haltung der Tiere ist gegeben.
Beim Einsatz mehrerer Tiere ist das Rangverhalten geprüft und
beim Aufenthalt im Bühnenbereich berücksichtigt.
Die Tiere sind auf die Situation (z. B. im Hinter- bzw. Seitenbühnenbereich) vorbereitet.
Ein geeigneter Bodenbelag (rutschfest, eben, splitterfrei, etc.)
ist vorhanden.
Ausreichende Bewegungsflächen für Mitwirkende sind vorhanden, um ggf. dem Tier ausweichen zu können.
Ausreichender Abstand der Tiere zu Personen (insbesondere
zum Zuschauerraum) ist gewährleistet (z. B. durch Absperrungen, Netze oder Hürden).
Die Lichtregie vermeidet Blendungen beim Einsatz der Tiere.
50
Ja
Nein
Informationsaustausch erfolgt zwischen Regieassistenz,
Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem zuständigen
Bühnenmeister.
Ja
Nein
Zusendung der Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung
erfolgt durch Fachkraft für Arbeitssicherheit
Ja
Nein
Die Mitwirkenden werden, angelehnt an die
DGUV-I 215-315 810 – Besondere szenische Darstellung
Kap. 3.6 Tiere, durch die Abendspielleitung zum Umgang
mit Tieren unterwiesen.
Handlungsbedarf
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Bemerkung
Einsatz von Tieren bei szenischer Darstellung
Maßnahme / Anforderung
Irritationen durch szenische Effekte (z. B. Kostüme, Schusswaffen, Pyrotechnik, Orchester) werden vermieden.
Handlungsbedarf
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
Ja
Nein
…
Ja
Nein
…
Ja
Nein
Für geeignete Erste Hilfe ist Vorsorge getroffen.
Helfer mit kratz- und bissfester Kleidung sowie weiter erforderlichen Schutzausrüstungen und Hilfsmitteln stehen bereit.
Exkremente können unter Berücksichtigung erforderliche
Hygienemaßnahmen und Rutschgefahr beseitigt werden.
Impfungen der Mitwirkenden (z. B. Tetanus, FSME) sind nachvollziehbar durchgeführt.
Artspezifische Vorsorgemaßnahmen gegen mögliche gefährliche und unberechenbare Reaktionen der Tiere sind eingeleitet
(z. B. Gesundheitszeugnis, Impfstatus, Wesenstest).
Voraussichtliche „Einsatzzeiten“ der Tiere sind definiert.
Das Publikum wird vor Vorstellung um Ruhe im Saal, Verbot von
Blitzlichtern, Mobiltelefonen, etc. gebeten
Bemerkung
51
Anhang 4
Checkliste zur Auswahl von Stuntleuten
Stuntberufe nach dem Bundesverband deutscher Stuntleute
e. V. (BvS):
• Stuntman/Stuntwoman (Stuntperformer)
• Stunt Coordinator
• Assistant Stunt Coordinator
• Fight Choreographer
• Horse Master
• Precision Driver
• Stunt Rigger
• Stunt Rescue Diver
• 2nd Unit Director / Action Unit Director
Mindestvoraussetzungen:
• Berufshaftpflicht (Stuntman bzw. Stunt Coordinator) mit entsprechender Mindestdeckung
• (siehe unten, Versicherung Mindestdeckung)
• Berufsunfallversicherung nach BG-Standard für alle beteiligten Stuntleute
• Erfahrungsschatz für das entsprechende Projekt (z. B. Internationale Produktionserfahrung, Spielfilmerfahrung,
TV-Formaterfahrung)
• Ein Stunt Coordinator sollte mind. 5 Jahre Berufserfahrung als
Stuntman und mind. 15 Projekte als Stunt Coordinator im entsprechenden Format vorweisen können.
• Ein Stuntman sollte vom verpflichteten Stunt Coordinator
ausgewählt/empfohlen werden oder Erfahrung aus mindestens 20 Projekten mitbringen.
Mitglieder des BvS erfüllen i. d. R. die mindestens die o. g.
Voraussetzungen.
52
Vorteile bei der Auswahl von im BvS organisierten Stuntfirmen
/-agenturen / Stuntleuten:
• Zugriff auf Gagenrichtlinien zur frühen Möglichkeit einer
Kostenschätzung
• Zugriff auf einen großen Pool von Stuntleuten, um adäquate
Doubles einzusetzen
• Alles-aus-einer-Hand-Paket: (Manpower, Material, Fahrzeuge
etc.)
• Zugriff auf Equipment, Locations und Trainingsmöglichkeiten
(auch für Schauspielertraining)
• Zugriff auf Dienstleister mit homogener Struktur, moralischer
und sozialer Kompetenz sowie departementübergreifendem
Denken
• Zugriff auf Dienstleister, die beständig an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen und daher immer auf dem
neuesten Stand sind
• Zugriff auf Dienstleister mit beständigem Erfahrungsaustausch und automatischem Wissenstransfer (keine isolierten
Einzelkämpfer)
Checkliste zur Auswahl von Stuntleuten
Erforderliche Mindest-HAFTPFLICHT-Deckung für Stunt Coordinator oder Stuntman/Stuntwoman:
• Deckungssumme bei Personen- und sonstigen Schäden:
3.000.000 Euro
• mit mindestens folgenden Einschlüssen:
• Mietsachschäden, Umweltschäden
• Tätigkeits- und Allmählichkeitsschäden
• Einsatz von Kraftfahrzeugen (nicht zulassungs- und
versicherungspflichtig)
• Einsatz von Kraftfahrzeugen zulassungs- und versicherungspflichtig anlässlich Dreh (d.h. Einsatz von Kfz. mit und ohne
Kennzeichen ist versichert)
• Planung, Bauleitung und Ausführung von Konstruktionen für
Stuntaufnahmen
• Halten, Hüten und Einsatz von Tieren anlässlich des Auftrags
(betrifft Stuntleute, die mit Tieren arbeiten)
• Einschluss von Angestellten und freien Mitarbeitern während
Auftrag (bei Stunt Coordinatoren)
Hinweis:
Die Versicherung von Schäden beim Einsatz von Stuntfahrzeugen (Ausschluss von Schäden am Kfz selbst und der geplante
Filmunfall) ist neu und wurde erst nach langen Verbandsverhandlungen mit Versicherern erreicht.
Schriftliche Vereinbarungen mit Stuntleuten:
Stuntleute werden i.d.R. bei der besonderen szenischen Darstellung mit erhöhten Risiken tätig. Bei der Auswahl von Stuntleuten
für besondere szenische Darstellungen hat der Auftraggeber die
Auswahl- und Sorgfaltspflicht. Die gebotene Sorgfalt beinhaltet
auch die Kontrollpflicht durch den Auftraggeber. Dieser bzw. die
für Leitung und Aufsicht zuständige Person hat bei erkennbaren
Sicherheitsmängeln die Darstellung zu unterbinden.
Folgendes ist für den Einsatz von Stuntleuten zu vereinbaren
und schriftlich festzulegen:
• Daten des Auftraggebers und Auftragnehmers
• Auftragsverantwortlicher des Auftraggebers
(z. B. Produktionsleiter/-in)
• verantwortliche Person des Auftragnehmers
(z. B. Stunt Coordinator)
• Aufsichtsführender bzw. Koordinator des Auftraggebers
(z. B. Bühnenmeister/-in)
• Ort und Zeit des Einsatzes (Proben, Training und Veranstaltung
oder Produktion)
• Beschreibung der szenischen Darstellung
• benötigtes Material und Equipment
• individuelle Gefährdungsbeurteilungen für die besondere
szenische Darstellung incl. der erforderlichen
Schutzmaßnahmen
• benötigtes Sicherheitsequipment
• Notfallmaßnahmen (z. B. Rettungssanitäter/-innen und
Rettungstransportwagen)
• Inhalt von durchzuführenden Unterweisungen
• weitere organisatorische Maßnahmen (z. B.
Brandsicherheitswachen)
53
Anhang 5
Begriffe
Akrobatik
Der Begriff Akrobatik beschreibt sportliche Betätigungen, die mit
einem außergewöhnlichen Maß an Körperbeherrschung, Kraft
und Geschicklichkeit verbunden sind, z. B. Bodenakrobatik,
Partnerakrobatik, Äquilibristik.
Artistik
Vorführung vor einem Publikum zu Showzwecken, die eine körperliche Geschicklichkeit und Übung erfordert. Oftmals werden
im Rahmen artistischer Darbietungen auch Gegenstände benutzt (z. B. Hochseile, Vertikalseile und Trapeze). In der Regel
werden Kostüme getragen.
Artist/Artistin
Als Artist oder Artistin wird bezeichnet, wer nachvollziehbar
durch Ausbildung, Erfahrung und ggf. Zertifikate von externen
Stellen seine oder ihre Befähigung belegen kann. Hinreichend
sind z. B. ein Ausbildungsnachweis zum staatlich geprüften
Artist oder Referenzlisten.
Basis-Gefährdungsbeurteilung
Die Basis-Gefährdungsbeurteilung ist die nach dem Arbeitsschutzgesetz erforderliche grundsätzliche Beurteilung der Arbeitsplätze bzw. der Tätigkeiten auf Szenenflächen, bei der Produktion, in der Produktionsstätte oder im Zusammenhang mit
dem Bühnenbild.
Dies ist z. B. mittels einer Gefährdungsbeurteilung möglich, die
von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung oder den
staatlichen Arbeitsschutzbehörde zur Verfügung gestellt wird
(siehe auch: Individuelle Gefährdungsbeurteilung).
Extremsport
Unter dem Begriff Extremsport werden die Sportarten zusammengefasst, bei deren Ausführung Menschen zumindest das
Risiko in Kauf nehmen, dass es bei der sportlichen Betätigung
zu erheblichen Verletzungen kommen kann. Das persönliche
Risiko ist hier höher als das üblicherweise gesellschaftlich akzeptierte Risiko bei der Sportausübung (Beispiele: Parcoursläufer, Freestyle-Motocross).
Gefährdung, Gefahr
Gefährdung im Sinne des Arbeitsschutzes bedeutet die Möglichkeit, dass Menschen räumlich und zeitlich mit einer Gefahrenquelle zusammentreffen. Gefährdung bezeichnet also die Möglichkeit eines Schadens ohne Aussagen zur Schadensschwere
oder zur Eintrittswahrscheinlichkeit zu treffen.
54
Gefahr ist ein Zustand oder ein Ereignis, bei dem ein unvertretbares (nicht akzeptables) Risiko besteht.
Siehe auch Definition des Begriffs "Risiko".
Die Begriffe Gefahr und Gefährdung werden häufig synonym
verwendet und auch in Fachpublikationen abweichend von den
obenstehenden Begriffsdefinitionen verwendet.
Gefahrbereich
Bei pyrotechnischen Gegenständen entspricht der Sicherheitsabstand (Mindestsicherheitsabstand) dem Gefahrbereich.
Gefährliche szenische Darstellung
Als gefährliche szenische Darstellung gilt eine szenische Darstellung, bei der das für allgemeine Arbeitsvorgänge tolerable
Risiko überschritten wird. Beispiele sind: Abspringen von hochgelegenen Flächen, herabstürzende Gegenstände, Durchführen
von extremen Bewegungen, Tragen von die Bewegung einschränkenden Kostümen, offene Verwandlung, szenische Vorgänge mit maschinentechnischen Arbeitsmitteln, Umgang mit
Waffen und pyrotechnischen Gegenständen, feuergefährliche
Vorgänge.
Horse Master
Der oder die Horse Master unterstützt und berät die Verantwortlichen bei der Festlegung und Umsetzung der Schutzmaßnahmen
bei besonderen szenischen Darstellungen mit Pferden. Er oder
sie kann beurteilen inwieweit die zur Verfügung stehenden
Stuntleute, Schauspieler/-innen oder Führpersonen ausreichen,
um ein Tier in einer Szene zu beherrschen. Kommen in einem
Projekt nur Reitszenen vor, kann es sein, dass der oder die Horse Master (bei Eignung) die Aufgaben eines Stunt Coordinators
mit übernimmt.
HIC (Head Injury Criterion)
Das HIC ist ein Index zur Bewertung von beschleunigungsbedingten Kopfverletzungen. Der HIC-Wert wurde für Crashtests
entwickelt und beschreibt das Verletzungsrisiko nach einem
Sturz.
Für die Einrichtung von Kinderspielplätzen wird z. B. ein maximal
zulässiger HIC-Wert von 1000 zugrundegelegt. Bei Einhaltung
dieses Wertes wird im Falle von Stürzen das Risiko von Kopfverletzungen mit dauerhafter Schädigung auf ein tolerables Niveau
minimiert. Der Grenzwert HIC 1000 beziffert hier das Risiko, dass
50 Prozent der Stürze zu ernsthaften Verletzungen (z. B. Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit von unter einer Stunde)
führen können. Bei einem HIC-Wert von 1000 beträgt das Risiko
lebensgefährlicher Verletzungen noch 15 Prozent.
Begriffe
Individuelle Gefährdungsbeurteilung
Außergewöhnlich veranstaltungs- und produktionsspezifische
Gefährdungssituationen müssen durch eine individuelle Gefährdungsbeurteilung bewertet werden. Hierzu ist eventuell eine
Beratung durch Experten oder Expertinnen – z. B. Betriebsarzt/-ärztin, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sachverständige,
Stunt Coordinator – erforderlich. Die Kreativen (u. a. Regisseure/
Regisseurinnen, Redakteure/Redakteurinnen) sind auch in diese individuelle Gefährdungsbeurteilung miteinzubeziehen.
Mitwirkende
Mitwirkende sind alle Personen (z. B. Prominente), die im Rahmen von Proben, Vorstellungen oder Aufzeichnungen sich selbst
darstellend auftreten. Sie erfüllen eine dramaturgische oder
redaktionelle Funktion, spielen jedoch keine angenommenen
Rollen. Auch Zuschauer oder Zuschauerinnen können Mitwirkende sein, wenn sie z. B. auf die Bühne gebeten und an der szenischen Darstellung beteiligt werden.
Komparsen/Komparsinnen, Statisten/Statistinnen
Komparsen/Komparsinnen und Statisten/Statistinnen sind
Theater-, Film- oder Fernsehschaffende, deren darstellerische
Mitwirkung die filmische Handlung nicht wesentlich trägt und
die ihr kein eigenpersönliches Gepräge geben. Sie erbringen in
der Regel keine schauspielerischen Leistungen und haben selten Text.
Szenen- und Produktionsfläche
Als Szenen- und Produktionsfläche gilt der Bereich, in dem die
szenische Darstellung bzw. der szenische Vorgang (einschließlich Proben) stattfindet. Dieser darf nur von an der Produktion
beteiligten Personen betreten werden.
Proben
Szenische Darstellungen werden zur Übung durchlaufen.
Proben, ausreichendes
Ausreichendes Proben hat zum Ziel, dass alle vorher getroffenen
Vereinbarungen (Choreographie) im szenischen Kontext wiederholt fehlerfrei und sicher durchgeführt werden können.
Risiko
Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens und seines Schadensausmaßes. Eine Risikoeinschätzung
umfasst also die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und des zu erwartenden Schadensausmaßes.
Schauspieler/-innen (Darsteller/-innen)
Schauspieler/-innen sind Darsteller/-innen von Rollen in Theateraufführungen, Filmen und im Fernsehen. Es handelt sich insbesondere um Künstler und Künstlerinnen, die mit ihrer Gestik
sowie mit mimischen und sprachlichen Ausdrucksformen andere Personen und Charaktere verkörpern.
Sensationsdarsteller/-innen
Sensationsdarsteller/-innen werden auch als Actiondarsteller/-innen bezeichnet. Diese Personen führen als sensationell
angesehene Aktionen aus. Häufig wird dabei der erforderliche
Wagemut überhöht dargestellt.
Beispiele für Sensationsdarstellungen sind: Pfeile fangen, mit
Motorrad über Autos springen, auf einem Drahtseil von Hochhaus zu Hochhaus laufen.
Sport
Sport im Sinne dieser Schrift sind körperliche Aktivitäten, die
Personen aus (sportlicher) Eigenmotivation ausüben. Dies kann
Sportler und Sportlerinnen an die Grenzen ihrer physischen und
psychischen Leistungsfähigkeit bringen. Sport kann in einer
Wettbewerbssituation oder als Nachweis durchgeführt werden.
Insbesondere im Wettkampf ist Sport ergebnisoffen. In den festgelegten Regeln des Sports wird ein erhöhtes Verletzungsrisiko
berücksichtigt und toleriert.
Sportler/-innen
Sportler/-innen im Sinne dieser Schrift sind Menschen, die ausgeprägte Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere der körperlichen Bewegung haben und sich mit sich selbst oder mit anderen Menschen nach Regeln vergleichen. Die Eignung von
Sportlern und Sportlerinnen zur sicheren Umsetzung besonderer szenischer Darstellungen kann mit Hilfe der Beurteilung
durch Experten und/oder Expertinnen im sportlichen Betätigungsfeld oder durch nachgewiesene Wettkampfergebnisse
erfolgen.
Stuntmen und Stuntwomen
Stuntmen und Stuntwomen – auch Stuntperformer genannt
– stellen Rollencharaktere dar. Sie übernehmen die Figur eines
Schauspielers oder einer Schauspielerin und spielen dessen
oder deren Rolle unter den besonderen Bedingungen eines
Stunts. Sie können auch als Stuntplayer eingesetzt werden:
dann übernehmen sie die darzustellende Rolle allein. Ein Stunt
beinhaltet eine künstlerische Leistung im kreativen Prozess
einer Film-, Fernseh- oder Theaterproduktion.
Stunt Coordinator
Stunt Coordinator eine Person, der oder die zentraler Ansprechpartner oder zentrale Ansprechpartnerin für Produktionsfirmen
und Theater ist sowie verantwortlich für die technische und
künstlerische Umsetzung von Stunts durch Stuntmen-/ Stuntwomen und/ oder Schauspieler und Schauspielerinnen ist. Ein
Stunt Coordinator hat die Aufgabe, eine Stuntaktion nach
55
Begriffe
Absprache mit dem Regisseur oder der Regisseurin zu planen,
kreativ aufzulösen und entsprechende szenische, film- oder
kameratechnische Perspektiven und Möglichkeiten vorzuschlagen. Ein Stunt Coordinator beurteilt die Gefährdungen, minimiert
die Risiken, legt Maßnahmen fest und überprüft deren Wirksamkeit, um die Aktion sicher umzusetzen.
Wrangler
Der oder die Wrangler ist eine mit dem Pferd vertraute Person.
Der oder die Wrangler bereitet das Pferd für die szenische Darstellung vor. Er oder sie kann zusammen mit dem oder der Horse
Master die Reitszene unterstützen, z. B. das Pferd abschicken
oder in Empfang nehmen.
Der Stunt Coordinator kann die szenische Darstellung jederzeit
abbrechen oder bei Sicherheitsbedenken nicht zulassen. Er
oder sie ist für den Ablauf der gesamten Stuntsituation
verantwortlich.
Wirkbereich
Der Wirkbereich ist der Bereich, in dem die Gefährdungen der
Darstellung bzw. des Effektes wirksam werden. Er entspricht
z. B. der Effektgröße eines pyrotechnischen Gegenstandes.
Der Stunt Coordinator soll den Stuntman/Stuntwoman und ggf.
den Schauspieler bzw. die Schauspielerin auch „vor sich selbst
schützen“, übt also eine besondere Fürsorgepflicht aus.
Wirksamkeitskontrolle
Wegen der komplexen Abläufe und Gefährdungen von besonderen szenischen Darstellungen ist eine sorgfältige Wirksamkeitskontrolle der vorgesehenen Arbeitschutzmaßnahmen erforderlich. Diese erfolgt prospektiv (vorausschauend) durch den
Ersteller der individuellen Gefährdungsbeurteilung, laufend
durch die für Leitung und Aufsicht verantwortliche Person und
retrospektiv (zurückschauend) nach Ereignissen, aufgrund neuer Erfahrungen und Erkenntnisse sowie zur Erzielung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
Szenische Darstellung
Die Umsetzung der in Regieanweisungen vorgegebenen Handlungsabläufe in Teilen von Aufführungen bzw. Film- oder Fernsehproduktionen bezeichnet man als szenische Darstellung.
Training
Training ist Erlernen und intensives Üben bestimmter Fertigkeiten sowie das Erreichen der notwendigen Ausdauer (z. B. Reiten
lernen, Fechten lernen), um die Leistung reproduzierbar zu machen und eine Überforderung der Akteure zu vermeiden.
56
Anhang 6
Informationen zum Waffenrecht
Hinweis:
Das deutsche Waffenrecht ist komplex und restriktiv; Verstöße
stellen häufig Straftaten dar. Auskünfte über die Zulässigkeit des
(szenischen) Umgangs mit Waffen können z. B. bei Polizeidienststellen eingeholt werden.
Führen von Waffen bedeutet zugriffsbereites Mitnehmen einer
Waffe in die Öffentlichkeit (z. B. in Bereiche außerhalb der Betriebsgebäude bzw. des eingefriedeten Betriebsgeländes).
Waffen im Sinne des Waffengesetzes sind insbesondere Schusswaffen sowie Hieb- und Stoßwaffen.
Beispiel: Der Darsteller, dem die Waffe zum szenischen Gebrauch übergeben wird, besitzt die Waffe bei der szenischen
Darstellung. Findet die Darstellung in der Öffentlichkeit statt,
dann führt der Darsteller eine Waffe.
Schusswaffen sind „Gegenstände, bei denen Geschosse durch
einen Lauf getrieben werden“, z. B. Feuerwaffen.
Mitnehmen und Verbringen von Waffen beinhaltet das Transportieren von Waffen oder Munition.
Hieb- und Stoßwaffen sind z. B. Schlagstock, Bajonett, Degen,
Dolch, Säbel und Schwerter.
Schießen mit einer Schusswaffe bedeutet: Geschosse durch
einen Lauf verschießen, Kartuschenmunition abschießen oder
pyrotechnische Munition verschießen.
Unbrauchbar gemachte Schusswaffen sind Dekorationswaffen
und Salutwaffen (auf Schreckschuss umgebaute Langwaffen).
Anscheinswaffen sind Nachbildungen von Schusswaffen oder
unbrauchbar gemachte Schusswaffen, die ihrem Aussehen nach
den Anschein von Feuerwaffen hervorrufen.
Waffenbesitzkarte: Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen
Waffenschein: Erlaubnis zum Führen von Waffen
Kleiner Waffenschein: Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen
Druckluft- und Federdruckwaffen sind Waffen, bei denen zum
Antrieb der Geschosse kalte Treibgase verwendet werden („Luftgewehr“ – durch Kolben erzeugt oder durch Druckluftbehälter
versorgt).
Schreckschusswaffen sind Schusswaffen mit einem Kartuschenlager, die zum Abschießen von Kartuschenmunition bestimmt
sind.
Unbrauchbar gemachte Kriegswaffen für szenische Darstellungen können z. B. sein: Maschinengewehre und -pistolen, Panzerfäuste und Handgranaten.
Zu den verbotenen Waffen gehören z. B. Vorderschaftrepetierflinten („Pumpguns“), Butterflymesser, Schlagringe, Totschläger,
Springmesser mit mehr als 8,5 cm Klingenlänge, Wurfsterne,
Laserzielgeräte.
Erwerben von Waffen bedeutet z. B. Waffen kaufen, mieten,
leihen mit dem Ziel, die Waffen zu besitzen, d. h. hier „tatsächliche Gewalt darüber ausüben“.
57
Informationen zum Waffenrecht
Übersicht über den waffenrechtlich zulässigen Umgang mit Waffen bei szenischen Darstellungen:
Waffe
Erwerb/Besitz
Führen
Verbringen
Schießen
Anscheinswaffen und unbrauchbar gemachte Schusswaffen
(Deko-Waffen, Attrappen, Salutwaffen, unbrauchbar gemachte
Kriegswaffen)
erlaubnisfrei
verboten
Ausnahme für Foto-, Filmoder Fernsehaufnahmen
oder Theateraufführungen
in verschlossenem
Behältnis
erlaubt bei Film- oder
Fernsehaufnahmen oder
Theateraufführungen
Messer mit Klinge über 12 cm
oder mit einhändig feststellbarer
Klinge, Hieb- und Stoßwaffen
erlaubnisfrei
verboten
Ausnahme für Foto-, Filmoder Fernsehaufnahmen
oder Theateraufführungen
in verschlossenem
Behältnis
…
Druckluft- und Federdruckwaffen
mit Prüfzeichen
F im Fünfeck
erlaubnisfrei
erlaubnispflichtig
(Waffenschein)
in verschlossenem
Behältnis
erlaubt im eingefriedeten Betriebsgelände
Schreckschusswaffen
mit PTB-Zeichen
erlaubnisfrei
erlaubnispflichtig
(Kleiner Waffenschein)
in verschlossenem
Behältnis
erlaubt bei Film- oder
Fernsehaufnahmen oder
Theateraufführungen
Schusswaffen, z. B. Feuerwaffen
erlaubnispflichtig
(Waffenbesitzkarte),
außer in Schießstätten
erlaubnispflichtig
(Waffenschein)
in verschlossenem
Behältnis
erlaubnispflichtig (außer
in Schießstätten)
Armbrüste und Bogen
erlaubnisfrei
erlaubnisfrei
erlaubnisfrei
erlaubt im eingefriedeten Betriebsgelände
verbotene Waffen
nur mit Ausnahmegenehmigung des Bundeskriminalamts (BKA)
Das Verbringen oder die Mitnahme von Waffen oder Munition nach oder durch Deutschland ist grundsätzlich
erlaubnispflichtig. Das Verbringen von Waffen oder Munition aus Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der
EU bedarf grundsätzlich einer Erlaubnis. Dies ist bei
Gastspielen oder ausländischen Filmproduktionen zu
berücksichtigen. Für weitere Informationen siehe
www.zoll.de.
Lagerung von Waffen
Waffen sind so aufzubewahren, dass sie von anderen nicht entwendet oder missbraucht werden können. Personen unter 18
Jahren dürfen grundsätzliche auch keine Theaterwaffen überlassen werden. Waffen dürfen nur zum szenischen Gebrauch Personen überlassen werden, die über den sicheren Umgang mit der
Waffe nachweislich unterwiesen worden sind.
Für erlaubnispflichtige Waffen und Munition sowie für verbotenen Waffen (Ausnahmegenehmigung des BKA erforderlich) bestehen besondere Anforderungen an Lagerräume und -behältnisse. Weitere Informationen hierzu sind z. B. unter folgendem
Link zu finden:
http://www.berlin.de/polizei/service/waffenbehoerde/
Merkblatt über die Aufbewahrung von Waffen oder Munition
- Der Polizeipräsident in Berlin
58
Literaturverzeichnis
Nachstehend sind die insbesondere zu beachtenden einschlägigen
Vorschriften, Regeln und Informationen zusammengestellt.
Gesetze, Verordnungen
• DUV Information 212-016 "Warnkleidung"
Bezugsquelle:
Buchhandel und Internet: z. B. www.gesetze-im-internet.de
• DGUV Information 215-313 „Lasten über Personen“
(bisher BGI/GUV-I 8591)
(bisher BGI 810-3)
• DGUV Information 215-316 „Brandschutz im Dekorationsbau“
• Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG
• Produktsicherheitsgesetz – ProdSG
• Arbeitssicherheitsgesetz – ASiG
• Jugendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG
• Waffengesetz – WaffG
• Beschussgesetz – BeschG
• Kriegswaffenkontrollgesetz – KrWaffKontrG
(bisher BGI 810-6)
• DGUV Information 215-320 „Fliegen von Personen bei
szenischen Darstellungen“ (bisher GUV-I 8636)
• DGUV Information 215-321 „Bereitstellung und Benutzung
von Versenkeinrichtungen “ (bisher GUV-I 8629)
• DGUV Information 215-830 „Einsatz von Fremdfirmen im
Rahmen von Werkverträgen“ (bisher BGI 865)
• Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe – SprengG
• Tierschutzgesetz – TierSchG
• Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – OWiG
• Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
– LärmVibrationsArbSchutzV
Grundsätze
• DGUV-Grundsatz 315-390 „Prüfung maschinentechnischer Einrichtungen in Bühnen und Studios“
(bisher BGG/GUV-G 912)
• Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV
mit Technischen Regeln für Betriebssicherheit – TRBS
• Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV mit technischen Regeln
für Arbeitsstätten – ASR
• Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättV
Vorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätze
für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Normen/VDE-Bestimmungen
Bezugsquelle:
Beuth-Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin
bzw. VDE-Verlag, Bismarckstraße 33, 10625 Berlin
• DIN 15750 Veranstaltungstechnik – Leitlinien für techni-
sche Dienstleistungen
Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger
und unter www.dguv.de/publikationen
• DIN EN 360Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
Regeln
• DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“
(bisher BGR/GUV-R A1)
• DGUV Regel 109-005 „Gebrauch von Anschlag-Drahtseilen“
(bisher BGR/GUV-R 151)
• DGUV Regel 109-006 „Gebrauch von Anschlag-Faserseilen“
(bisher BGR/GUV-R 152)
• DGUV Regel 112-194 „Benutzung von Gehörschutz“
(bisher BGR/GUV-R 194)
• DGUV Regel 112-189 "Benutzung von Schutzkleidung" (bisher
BGR/GUV-R 189)
• DGUV Regel 112-198 und 112-989 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“
(bisher BGR 198 und GUV-R 198)
• DIN EN 1176-1 Spielplatzgeräte und Spielplatzböden –
– Höhensicherungsgeräte
• DIN EN 361Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
– Auffanggurte
Informationen
• DGUV Information 202-035 „Matten im Sportunterricht“
(bisher GUV-SI 8035)
• DGUV Information 215-312 „Pyrotechnik“
(bisher BGI/GUV-I 812)
Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren
• DIN EN 1177 Stoßdämpfende Spielplatzböden – Bestimmung der kritischen Fallhöhe
• DIN EN 12503-1 Sportmatten – Teil 1 Turnmatten
• DIN EN 12503-Sportmatten – Teil 2 Stabhochsprung- und
Hochsprungmatten – sicherheitstechnische
Anforderungen
Regeln des Sports
Bezugsquelle:
www.dosb.de/de/organisation/mitgliedsorganisationen/
spitzenverbaende/
Regeln des Sports können bei den Spitzenverbänden der Sportarten bezogen werden. Die im Deutschen Olympischen Sportbund
vertretenden Spitzenverbände für olympische und nicht olympische Sportarten sind über die angegebene Website zu finden.
VBG – Ihre gesetzliche Unfallversicherung
Hauptverwaltung
Deelbögenkamp 4
22297 Hamburg
Tel.: 040 5146-0
Fax: 040 5146-2146
E-Mail: HV.Hamburg@vbg.de
Internet: www.vbg.de
VBG – Ihre gesetzliche Unfallversicherung
Die VBG ist eine gesetzliche Unfallversicherung mit rund 36 Millionen Versicherungsverhältnissen in Deutschland.
Versicherte der VBG sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, freiwillig versicherte Unternehmerinnen und
Unternehmer, bürgerschaftlich Engagierte und viele mehr. Zur VBG zählen über eine Million Unternehmen aus mehr
als 100 Branchen – vom Architekturbüro bis zum Zeitarbeitsunternehmen.
Weitere Informationen: www.vbg.de
VBG-Artikelnummer: 20-05-5334-3