Erfolgreich mit AMS BAU

Transcription

Erfolgreich mit AMS BAU
Ausgabe 3_2010
Unternehmermagazin
für die Bauwirtschaft
Erfolgreich
mit AMS BAU
Im Interview:
Otto Kentzler,
Präsident des ZDH
Eine Frage des Stils –
mitarbeiterorientierte Führung
w w w.bgbau.de
Inhalt
DEN RÜCKEN
ENTLASTEN
„DAS HANDWERK HAT
NOCH GOLDENEN BODEN“
DIE SCHATTENSEITE
DER SONNE
So können Sie als Arbeitgeber zu
Hamburg erhält mit der Elbphilrückenschonendem Arbeiten Ihrer harmonie ein imposantes neues
Mitarbeiter beitragen.
Konzerthaus.
Im Interview: Otto Kentzler,
Präsident des Zentralverbandes
des Deutschen Handwerks (ZDH).
26
32
Beschäftigte, die häufig im Freien
arbeiten, sind den gefährlichen
UV-Strahlen besonders ausgesetzt.
20
04
KLASSIK
AN DER ELBE
22
IN KÜRZE
MENSCH UND BETRIEB
28
Eine Frage des Stils – mitarbeiterorientierte Führung
SCHWERPUNKT
REHA UND LEISTUNG
06
08
Einfach überzeugend
Elf Schritte zum Erfolg – mit AMS BAU
30
Sport mit Handicap – BG-Kliniktour 2010
ARBEITSSICHERHEIT
31
LESERMEINUNGEN
12
14
Junge Fahrer sicher im Straßenverkehr
Das Mekka der Baubranche – Bauma 2010
32
„Das Handwerk hat noch goldenen Boden“–
Otto Kentzler, Präsident des ZDH, im Interview
IM FOKUS
AUS UNFÄLLEN LERNEN
17
Kranführer kollabiert – Höhenrettung
SICHER UNTERWEGS
ARBEITSMEDIZIN
18
20
35
Straße nass, Fuß vom Gas – Aquaplaning
36
Auch im Ausland gut versichert
38
INFOMEDIEN
39
Fitnesstraining in der Firma
Plötzlicher Herztod – Defibrillator für Laien
Die Schattenseite der Sonne – Risiko Hautkrebs
MITGLIEDER UND BEITRÄGE
IM BLICK
22
Klassik an der Elbe – die Hamburger Elbphilharmonie
26
Den Rücken entlasten – das können Sie tun
KOMPETENZZENTRUM FORTBILDUNG
MIT GUTEM BEISPIEL
IMPRESSUM
BG BAU aktuell
Mitgliedermagazin der Berufsgenossenschaft
der Bauwirtschaft
Heft 3_2010 | ISSN 1615-0333
Herausgeber:
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
(BG BAU)
Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin
www.bgbau.de
Verantwortlich:
Jutta Vestring, Mitglied der Geschäftsführung
Bernd Kulow, Leiter Kommunikation
Redaktion:
Rolf Schaper (verantw.),
Tel.: 05 11/9 87-25 30,
E-Mail: rolf.schaper@bgbau.de
Dagmar Sobull,
Tel.: 05 11/9 87-15 28,
E-Mail: dagmar.sobull@bgbau.de,
Fax: 05 11/9 87-25 45
BG BAU, Bezirksverwaltung Hannover
Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover
Agentur:
steindesign Werbeagentur GmbH, Hannover
Titelbild:
Fotolia, iStockphoto, Mirko Bartels
Druck:
C. W. Niemeyer, Hameln
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht
in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.
Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
E
in spannender Fußballsommer liegt hinter uns. Unsere junge, hoch motivierte Nationalmannschaft hat hervorragend gespielt und mit dem dritten Platz
gezeigt, wie wichtig eine gute Vorbereitung und Organisation der Arbeitsabläufe ist, um erfolgreich zu sein. Das gilt im Fußball genauso wie in der Unternehmensführung.
Jutta Vestring,
Mitglied der
Geschäftsführung
Mit AMS BAU, dem Arbeitsschutzmanagementsystem der BG BAU, stellen wir unseren
Mitgliedsfi rmen geeignete Instrumente zur Verfügung, um ihre Firma erfolgreich zu
führen. Im Mittelpunkt dabei steht Arbeitsschutz mit System. Denn ein Betrieb kann
nur störungsfrei laufen, wenn Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter gewährleistet sind und die Mannschaft motiviert bei der Sache ist. Und das ist
schließlich auch Voraussetzung für den wirtschaft lichen Erfolg. Wie die Umsetzung
von AMS BAU in die Praxis mit wenig Aufwand in elf Arbeitsschritten gelingt, lesen
Sie in unserer Titelgeschichte.
Eine Frage des Führungsstils
Doch gute Organisation und Planung allein machen den Erfolg nicht aus. Dazu gehört
auch eine kompetente Führungskraft, die es versteht, die Mitarbeiter ihrem Potenzial
entsprechend zu fordern und zu fördern. Wie Sie sich als Führungskraft bei Ihren Mitarbeitern Anerkennung und Respekt verschaffen, zeigt unser Beitrag „Eine Frage des
Stils“. Wichtig ist es vor allem, mit den Mitarbeitern gemeinsam konkrete und realistische Arbeitsziele zu vereinbaren und sie gezielt zu unterstützen, wenn es Probleme gibt.
Genauso macht es übrigens Bundestrainer Joachim Löw, der mit der jungen Nationalelf
eine Mannschaft aufgebaut hat, die bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 als hervorragendes Team brillierte.
Damit Ihr Unternehmen wirtschaft lich künft ig genauso erfolgreich ist wie unsere
Nationalmannschaft auf dem Fußballfeld: Machen Sie AMS BAU zur Chefsache und
führen Sie mitarbeiterorientiert „mit Stil“.
Herzlichst
Jutta Vestring
04 I In Kürze
BG BAU aktuell 3_2010
Schwerpunktaktion
LADEGUT – SICHER ANS ZIEL
Die Ladungssicherung in Pkw und Transportern bis 3,5 t
zulässigem Gesamtgewicht sowie die sichere Mitnahme von
Personen sind die Themen der Schwerpunktaktion LadeGUT des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR). Diese
Schwerpunktaktion läuft bis Ende Februar 2011 und wird
von der BG BAU unterstützt. Als Ansprechpartner stehen
dazu auch die für Ihren Betrieb zuständigen Aufsichtspersonen der BG BAU zur Verfügung. LadeGUT ergänzt inhaltlich die BG BAU-Seminare zur Ladungssicherung auf
Fahrzeugen der Bauwirtschaft . Dieser Ausgabe von BG BAU
aktuell liegt ein Faltblatt mit Antwortkarte zur Teilnahme
am Gewinnspiel der Schwerpunktaktion LadeGUT bei. Sie
können wertvolle Reisen und Sachpreise gewinnen.
WIL
Mit der Aktion
LadeGUT stehen
Weitere Informationen www.lade-gut.de
Interessierten ab
sofort viele neue Infos
zur Ladungssicherung
zur Verfügung.
Bombenentschärfung
Bundeskoordinatorentag
IM EINSATZ UMS
LEBEN GEKOMMEN
EXPERTEN TAUSCHEN SICH AUS
Drei Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes der Polizeidirektion Hannover verloren am
1. Juni 2010 ihr Leben, als sie auf
dem Gelände des Schützenplatzes
in Göttingen eine Zehn-ZentnerBombe entschärfen wollten. Einer von ihnen war der 55-jährige
Sprengmeister Gerd Ehler, den wir in der letzten Ausgabe unserer Versichertenzeitschrift TIPPS 1/2010 vorgestellt hatten.
„Beim Umgang mit Kampfmitteln gibt es keinen Schutz.
Je näher ich dran bin, umso eher kann der kleinste Fehler
tödlich sein“, hatte Ehler wenige Monate zuvor in unserem Interview gesagt. Deshalb müsse er sein Fach hundertprozentig verstehen. Dass Ehler und seine Kollegen
viel Erfahrung auch mit der Entschärfung von besonders
tückischen Säurezündern wie in Göttingen hatten, haben
sie bei der Entschärfung von zahlreichen Blindgängern
zuvor immer wieder unter Beweis gestellt. Nach wie vor
ist unklar, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Unser
Mitgefühl gilt den Angehörigen und Kollegen.
SOB
6. Bundeskoordinatorentag
im Konferenzzentrum des
Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie in Berlin
am 16. November 2010
Der
diesjährige
Bundeskoordinatorentag
fi ndet am 16. November 2010
im Konferenzzentrum des
Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin statt. Die
Veranstaltung bietet Koordinatoren und Lehrgangsträgern nach der Baustellenverordnung ein Forum
zum Erfahrungsaustausch.
Im Mittelpunkt steht die
Beratung von Maßnahmen, welche die Koordination,
Kommunikation
und Kooperation aller am
Bauvorhaben Beteiligten
verbessern. Damit trägt der Bundeskoordinatorentag zu
Sicherheit und Gesundheitsschutz auf der Baustelle ebenso bei wie zur Wirtschaftlichkeit. Erfahrungsberichte aus
der Baustellenpraxis zeigen Erfolge und noch nicht ausgeschöpfte Potenziale in Sachen Baustellenverordnung.
Nähere Infos und Anmeldung: Hennig.Ina@baua.bund.de
BG BAU aktuell 3_2010
In Kürze I 05
Führungswechsel
SCHOLBECK ÜBERGIBT LEITUNG
Prof. Dipl.-Ing.
Rudolf Scholbeck
Dipl.-Ing.
Bernhard Arenz
Dipl.-Ing.
Frank Werner
Prof. Dipl.-Ing. Rudolf Scholbeck,
Leiter der Prävention der BG BAU,
scheidet am 31. August 2010 aus
dem aktiven Dienst der BG BAU
aus. Prof. Scholbeck war 20 Jahre
lang Präventionsleiter bei der damaligen Tiefbau BG und übernahm
nach der Fusion der acht BGen der
Bauwirtschaft im Jahr 2005 die
Leitung der Prävention der neuen
BG BAU. Mit großem Engagement
strukturierte er die Abteilung Prävention neu, um der bundesweiten
Ausrichtung der Prävention gerecht
zu werden. Prof. Scholbeck war
Mitglied in der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz der Gemeinsamen
Deutschen Arbeitsschutzstrategie
(GDA). Er war langjähriger Leiter
des Fachausschusses Tiefbau und
fusionierte die Fachausschüsse Bau
und Tiefbau zum Fachausschuss
Bauwesen. Darüber hinaus war
Prof. Scholbeck stellvertretender
Prüfungsvorsitzender für Aufsichtspersonen und leitete die Prävention der Landesverbände Südost
und Nordost der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Ab dem 1. September 2010 wird
die Prävention der BG BAU von
Dipl.-Ing. Bernhard Arenz und
seinem Stellvertreter Dipl.-Ing.
Frank Werner geleitet.
SCP
Tag der Verkehrssicherheit
SICHERE LADUNG
Vom 17. bis 19. Juni 2010 fand in Dortmund eine großangelegte Veranstaltung der Präventionskampagne „Risiko raus!“
zusammen mit dem alljährlichen „Tag der Verkehrssicherheit“
statt. Die BG BAU war auf ihrem Stand mit einer Carrerabahn
zur Ladungssicherung vertreten. Hunderte interessierte Besucher lernten so spielerisch die Grundregeln der Ladungssicherung auf Fahrzeugen der Bauwirtschaft kennen.
WIL
Aktionstag mit Azubis
TAG GEGEN LÄRM
Die Kreissäge kämpfte sich schwer durch die Holzbalken, zeitweise zeigte das Lärm-Messgerät im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum (ÜBZ) der Handwerkskammer 110 dB (A). Beim
Presslufthammer waren es im Schnitt sogar mehr als 100 dB (A).
„Ohne Gehörschutz macht dieser Lärm krank“, erläuterte Jörn
Jorczyk von der BG BAU den Auszubildenden. „Bei längerer
Lärmeinwirkung ohne Schutz drohen Schwerhörigkeit oder gar
Taubheit.“ Da kamen die jungen Leute doch ins Grübeln.
Wie hier in Lüneburg nahm die BG BAU den „Tag gegen
Lärm“ zum Anlass, bundesweit in 13 ÜBZs der Bauwirtschaft
mit insgesamt mehr als 1.500 Auszubildenden Aktionstage
gegen Lärm zu veranstalten. Dabei konnten die angehenden
Handwerker selbst messen und sich davon überzeugen, wie
laut ihre Arbeitswerkzeuge und Maschinen wirklich sind.
Vertiefende Informationen über Lärm und seine Wirkung auf
die Menschen vermittelten Fachleute der Prävention und des
Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG BAU. Ob die eigenen
Ohren noch einwandfrei funktionieren, konnten die Auszubildenden bei einem Hörtest feststellen. Zum Mitnehmen spendierte die BG BAU für jeden Auszubildenden einen hochwertigen Kapselgehörschützer.
LUC
06 I Schwerpunkt
BG BAU aktuell 3_2010
Einfach überzeugend
Mehr als 500 Unternehmen haben bisher erfolgreich das Arbeitsschutzmanagementsystem AMS BAU eingeführt. Dazu gehört auch
die Dränagebau Böske GmbH und Co. KG in Goldenstedt.
TEXT: Dagmar Sobull
FOTOS: Mirko Bartels
AMS BAU überzeugt auch
die Mitarbeiter der Böske GmbH.
BG BAU aktuell 3_2010
Schwerpunkt I 07
M
it dem Arbeitsschutzmanagementsystem der BG BAU fühlen wir uns einfach sicherer“,
sagt Chefi n Hiltrud Böske-Haverbeck.
Zwar sei in dem kleinen Familienbetrieb
mit derzeit acht Mitarbeitern auch früher
schon auf Arbeitssicherheit geachtet worden. „Aber seitdem wir AMS BAU eingeführt haben, gehen unsere Mitarbeiter
mit einem anderen Bewusstsein an ihre
Arbeit heran“, beobachtet die Unternehmerin: „Sie fordern beispielsweise mehr
Informationen zu den jeweiligen Aufgaben, fragen bei Unklarheiten nach und
weisen selbstständig auf Sicherheitsmängel hin, die dann umgehend abgestellt
werden. Es wird insgesamt auch gegenseitig mehr darauf geachtet.“
Arbeitssicherheit hat Vorrang
Auftraggeber
fordern Zertifizierung
Zur Einführung von AMS BAU habe sich
das vor rund 50 Jahren gegründete Unternehmen auch entschlossen, weil immer mehr Auft raggeber – beispielsweise
aus dem Pipelinebau – ein Sicherheitszertifi kat fordern, ergänzt Hans Albers,
technischer Leiter der Firma. AMS BAU
biete sich für Baubetriebe besonders an,
weil die erforderlichen Maßnahmen auf
kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
aus der Baubranche zugeschnitten seien
und die Beratung und Begutachtung für
Mitgliedsbetriebe der BG BAU kostenlos
sei.
Gute Beratung
„Anfangs wussten wir nicht recht, wie
wir die Maßnahmen umsetzen sollten“,
erinnert sich die Chefi n. Doch der Beratungsprozess mit Unterstützung der
BG BAU-Vertreter sei sehr hilfreich gewesen: „Wir haben viele Unterlagen an die
Hand bekommen. Damit konnten wir die
AMS BAU-Begutachtung gut vorbereiten. Für unsere Fragen in diesem Zusammenhang standen die AMS BAU-Berater
der BG BAU immer zur Verfügung. Da
fühlten wir uns nie alleingelassen. Und
tatsächlich ist es dann auch gar nicht so
schwer gewesen, wie wir anfangs befürchtet hatten, die Zertifi zierung schon ein
Jahr nach der Einführung zu erhalten.“
Seit der Einführung von AMS BAU habe
der Sicherheitsgedanke bei den Mitarbeitern absoluten Vorrang, selbst wenn der
Termindruck groß ist, sagt Albers. „Unterweisungen beispielsweise haben bei uns
jetzt einen viel höheren Stellenwert. Wenn
etwa Flächen mit besonderen Schwierigkeiten zu bearbeiten sind, bekommen die
Mitarbeiter zuvor eine spezielle Einweisung
und Lagepläne in die Hand, aus denen hervorgeht, worauf besonders zu achten ist.“
Überhaupt sei die Arbeitsvorbereitung und
die überlegte Herangehensweise an die
Arbeit ein wesentlicher Aspekt der Arbeitssicherheit, ist Albers überzeugt. „Welche
Böschungswinkel muss ich beachten? Wie
groß ist der Schwenkbereich des Baggers,
in dem ich mich nicht aufhalten darf?“
Außerdem werden bei Böske sämtliche Maschinen und Geräte sorgfältig aufgelistet
und nach eindeutigen, selbst festgelegten
Fristen geprüft. So arbeiten die Beschäftigten stets mit sicheren Maschinen und Geräten. Unfälle durch defekte Arbeitsmittel
gibt es seitdem praktisch nicht mehr.
Keine Frage, die Einführung von AMS BAU
habe sich gelohnt. Da sind sich BöskeHaverbeck und Albers einig. „Unsere Mitarbeiter gehen jetzt viel zufriedener und
ausgeglichener an die Arbeit“, sagt die
Chefin, „und wir selber haben auch ein
gutes Gefühl bei der Arbeit.“
Oben: Eine gute
Arbeitsvorbereitung ist
auch beim Dränagebau entscheidend für mehr Arbeitssicherheit. Unten: Hiltrud
Böske-Haverbeck freut sich
über das Zertifikat.
08 I Schwerpunkt
BG BAU aktuell 3_2010
Elf Schritte
zum Erfolg
Das Arbeitsschutzmanagementsystem AMS BAU
hilft Unternehmen beim Aufbau einer wirksamen
Arbeitsschutzorganisation im Betrieb.
TEXT: Ulrich Binder, Ludwig Donker, Jörg Puhlmann
FOTOS: Fotolia, iStockphoto, Mirko Bartels
Sichere und gesunde Arbeitsplätze sind ein wichtiges Ziel des praxisorientierten Konzeptes von AMS BAU.
BG BAU aktuell 3_2010
W
er im Markt erfolgreich
sein möchte, muss heute
über ein funktionierendes
Arbeitsschutzmanagement
verfügen“,
sagt Holger Möllmann, Fachkraft für
Arbeitssicherheit bei der Piepenbrock
Dienstleistungen GmbH in Osnabrück:
„AMS BAU ist sehr praxisorientiert aufgebaut. Deshalb konnten wir es sehr gut
in unser bestehendes Arbeitsschutzmanagementsystem integrieren.“
Dass sich konsequentes Handeln und Systematik im Arbeitsschutz rechnen, bestätigt
auch Dietmar Kleindienst, Projektleiter
bei der Firma MGW Gleis- und Weichenbau GmbH & Co KG in Berlin, wo sich die
Unfallzahlen seit Einführung von AMS
BAU halbiert haben. Mit AMS BAU bietet die BG BAU praxisgerechte Lösungen
für die jeweiligen Gewerke an und hilft,
unnötige Bürokratie zu vermeiden. Sämtliche Umsetzungshilfen zum Aufbau und
zur Weiterentwicklung des Arbeitsschutzmanagementsystems sind speziell auf die
Belange der entsprechenden Gewerke zugeschnitten. Der Ordner AMS BAU beinhaltet neben einem Fragebogen zur Bestandsaufnahme im Unternehmen einen
detaillierten Handlungsleitfaden sowie
Dokumentationshilfen, Kennzahlen und
eine Matrix zum Abgleich von AMS BAU
mit anderen Managementsystemen.
Kompetente Beratung
Bei der Beratung im AMS BAU-Prozess
profitieren die Mitgliedsunternehmen
von der langjährigen Erfahrung und
Qualifi kation ihrer AMS BAU-Berater
der BG BAU. Das wissen besonders klei-
nere Unternehmen zu schätzen: „Die
Zusammenarbeit mit dem AMS BAUBerater hat mir bei der Einführung von
AMS BAU die Berührungsängste gegenüber der BG BAU genommen, die ich
zuvor als Kleinunternehmer mit zwei Beschäft igten hatte“, sagt Peter C. Hahne,
Dachdeckermeister aus Garbsen bei Hannover. „Und diese Beratung ist sogar im
Mitgliedsbeitrag der BG BAU enthalten“,
freut sich der Unternehmer. AMS BAU
basiert auf dem Nationalen Leitfaden für
Arbeitsschutzmanagementsysteme (NLF)
und dem entsprechenden Internationalen
Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme (ILO-OHSAS 2001), der allen
UNO-Mitgliedsstaaten zur Anwendung
empfohlen ist.
Schwerpunkt I 09
AMS BAU Schritt für Schritt
1. Aufstellen einer Arbeitsschutzpolitik
2. Setzen von Zielen
3. Festlegen der Organisationsstruktur und der Verantwortungs-
Der Prozess beinhaltet elf Arbeitsschritte, die in die betrieblichen Strukturen
und Abläufe integriert werden müssen. Diese können auch in bestehende
Managementsysteme eingebunden werden,
beispielsweise in das bereits vorhandene
Qualitäts- oder Umweltmanagement.
und Aufgabenbereiche
4. Regelung des Informationsflusses
und der Zusammenarbeit sowie Ermittlung gesetzlicher und
weiterer Vorgaben
5. Ermittlung und Beurteilung von
Gefährdungen, Ableitungen,
Umsetzungen von Maßnahmen,
Begutachtung
und Bescheinigung
Die Begutachtung ist eine unabhängige Überprüfung der Wirksamkeit des
betrieblichen AMS durch die BG BAU. Ein
besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf
dem arbeitsschutzgerechten Handeln der
Mitarbeiter und Führungskräfte. Die Begutachtung erfolgt freiwillig auf Wunsch
des Betriebes. Sie wird auf Basis eines
Verfahrensgrundsatzes durch qualifizierte
AMS BAU-Begutachter nach definierten
Standards durchgeführt. ➜
Kontrolle
6. Regelung über Betriebsstörungen
und Notfälle
7. Beschaffung
8. Auswahl und Zusammenarbeit
mit Subunternehmern
9. Arbeitsmedizinische Vorsorgemaßnahmen
10. Qualifikation und Schulung
11. Ergebniskontrolle der Ziele/
Überprüfung der Arbeitsschutzorganisation
10 I Schwerpunkt
BG BAU aktuell 3_2010
HOLGER MÖLLMANN,
Fachkraft für Arbeitssicherheit bei
der Piepenbrock Dienstleistungen
GmbH in Osnabrück
„AMS BAU ist praxisorientiert
aufgebaut. Deshalb konnten wir es
gut in unser bestehendes Arbeitsschutzmanagementsystem integrieren.“
ALK PYTLIK,
Gerüstbauer aus Braunschweig
„Unsere Beschäftigten stehen AMS
BAU sehr positiv gegenüber. Seitdem
sie sehen, dass ich als Chef Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz lebe
und vertrete, entwickeln sie eigene
Gedanken, um den Arbeitsschutz zu
verbessern.“
Bei der Begutachtung wird geprüft, ob die
relevanten Inhalte der elf Arbeitsschritte
des AMS BAU umgesetzt werden. Beispielsweise wird hinterfragt, ob rechtlich
relevante Verpflichtungen erfüllt sind,
die auf ein wirksames Führungs- und
Arbeitsverhalten im Arbeitsschutz schließen lassen. Die Begutachtung umfasst die
Prüfung von Dokumenten, Begehung im
Betrieb sowie Interviews mit Führungskräften und Mitarbeitern. Nach erfolgreicher Begutachtung wird der Betrieb
mit einer Bescheinigung ausgezeichnet.
Die AMS BAU-Bescheinigung wird von
Auft raggebern wie E.ON, ArcelorMittal,
RWE, Thyssen, Bayer, BASF und anderen
anerkannt, falls zur Auft ragsvergabe ein
Arbeitsschutzmanagementsystem nachgewiesen werden muss. Die AMS BAUBescheinigung bringt darüber hinaus weitere Vorteile:
• verdeutlicht allen im Betrieb den Stellenwert von Sicherheit und Gesundheitsschutz und zeigt, dass Arbeitsschutz für
den Unternehmer Chefsache ist;
• schafft Rechtssicherheit bei der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften,
damit werden Unternehmer ihrer Organisationsverantwortung gerecht;
• ermöglicht, die Qualität des Arbeitsschutzes unabhängig zu bewerten und
zu verbessern;
• ist eine vertrauensbildende Maßnahme, etwa gegenüber Kunden, Auft raggebern, Gesellschaftern, Versicherungen, Behörden und anderen Stellen;
• kann im Marketing genutzt werden
und Wettbewerbsvorteile bringen.
Erfolge messen
Ein AMS kann den Arbeitsschutz nur
dann nachhaltig verbessern, wenn es re-
gelmäßig überprüft und kontinuierlich
verbessert wird. Dazu muss fortlaufend
festgestellt werden, ob und wo Änderungen notwendig oder Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind. Prozesse
sind zu hinterfragen: Warum wurde das
Gerüst zur Absturzsicherung nicht geliefert? Wie können wir diesen Prozess
verbessern? Fragen wie diese tragen dazu
bei, Schwachstellen aufzudecken und zu
beseitigen. Geeignete Indikatoren und
Kennzahlen, mit denen der Nutzen eines AMS ermittelt werden kann, sind
beispielsweise die Unfallhäufigkeit und
die Ausfalltage. Ebenfalls als betriebsbezogene Vergleichsgröße können folgende
Faktoren herangezogen werden:
• Identifi kation der Führungskräfte
mit der Arbeitsschutzpolitik und den
Zielen
• Sicherheit und Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter
• Beeinträchtigungen im Betriebsablauf
aufgrund von Mängeln im Arbeitsschutz
• Gesundheit der Beschäft igten
• Zufriedenheit der Beschäft igten (beispielsweise ermittelt durch Fragebögen, inwieweit das Betriebsklima in
Ordnung ist)
• Erfüllung der öffentlich-rechtlichen
Verpfl ichtungen
• Beitrag zum Geschäft sergebnis
Informationen und Angebote, die Ihnen
die Umsetzung in die Praxis erleichtern,
bietet die BG BAU in Form von Informationsschriften, Handlungshilfen und
Seminaren sowie fachkompetenten Ansprechpartnern.
Weitere Infos: www.ams-bau.de
BG BAU aktuell 3_2010
Schwerpunkt I 11
DIETMAR KLEINDIENST,
Projektleiter bei MGW Gleisbau
in Berlin
„Unsere Mitarbeiter haben im
Rahmen des AMS BAU-Prozesses
verstanden, dass Arbeitsschutz keine
Schikane der Leitung ist, sondern dass
persönliche Unversehrtheit und störungsfreies Arbeiten im Mittelpunkt
für jeden Einzelnen stehen.“
DIE VORTEILE VON AMS BAU
Sicherheit und Gesundheitsschutz
gezielt planen, systematisch
organisieren und konsequent als
Führungsaufgabe wahrnehmen –
dadurch zeichnet sich ein effektives Arbeitsschutzmanagement
aus. Außerdem gehört es dazu,
die Wirksamkeit des Arbeits-
• einfache Umsetzung in elf
Arbeitsschritten
• mehr Rechtssicherheit für den
Betrieb und seine Führungskräfte
• straffere Organisation und
• verbesserte Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter
• entlastet die Führungskräfte
mäßig zu prüfen und es kontinu-
• steigert Image und Vertrauen bei
unterstützt diesen Prozess:
Dachdeckermeister aus Garbsen
bei Hannover
Prozessdurchläufe
schutzmanagementsystems regelierlich zu verbessern. AMS BAU
PETER C. HAHNE,
Kunden und Partnern
• ist zunehmend ein Kriterium bei
der Vergabe von Aufträgen und bei
der Kreditvergabe (Firmen-Rating)
„Ich bin seit kurzem öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für Dachdeckerarbeiten. Der Arbeitsschutz war auch ein Thema in der
Prüfung. Nicht zuletzt durch mein
Wissen im Bereich AMS BAU konnte
ich in diesem Themenbereich punkten und habe die beste Prüfung aller
Kandidaten abgelegt.“
12 I Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 3_2010
Junge Fahrer sicher
im Straßenverkehr
Mit dieser Aktion will die BG BAU Auszubildende
für sicherheitsbewusstes Verhalten am
Steuer gewinnen.
TEXT: Thomas Lucks
Am Fahrsimulator können
junge Autofahrer kritische
Verkehrssituationen üben.
B
eherzt lenkt die Fahrerin ihren
Pkw durch den fi ktiven Straßenverkehr. Plötzlich quert ein anderes Fahrzeug von rechts. Mit Schmackes
tritt die junge Frau in die Bremse, zu spät,
es rumst. Gut, dass sie nur in der Kabine
eines Hightech-Simulators sitzt. Drumherum steht eine Gruppe Auszubildender
und verfolgt gespannt das Geschehen. Am
Fahrsimulator üben die jungen Leute kri-
BG BAU aktuell 3_2010
tische Verkehrssituationen bei Tag, Nacht,
Schnee, Glatteis und Aquaplaning. „Dabei
wird einem erst klar, dass Vorsicht immer
angebracht ist“, sagt Alexander Boller,
Maurer-Azubi im ersten Lehrjahr. Der Simulator ist eine von drei praktischen Stationen des Aktionstages, den die BG BAU am
22. Juni 2010 mit 45 angehenden Maurern,
Dachdeckern, Klempnern und Installateuren im Berufsbildungs- und Technologiezentrum Wetzlar der Handwerkskammer
Wiesbaden durchgeführt hat. Die Aktion
in Wetzlar ist ein Pilotprojekt. Mit den
dort gesammelten Erfahrungen startet die
BG BAU eine Reihe weiterer Aktionen im
Rahmen der Risiko Raus-Kampagne im
gesamten Bundesgebiet.
Trauriger Anlass
Viele Tausend junge Berufstätige erleiden
jedes Jahr schwere Unfälle im berufsbedingten Straßenverkehr. Dazu gehören
Arbeitswege genauso wie Transportfahrten. Junge Autofahrer sind risikobereiter,
ihnen fehlt Erfahrung. Oft unterschätzen
sie Unfallrisiken, denen sie im Straßenverkehr ausgesetzt sind. Deshalb wendet
sich die BG BAU an den Nachwuchs der
Branche. „Wir wollen den Auszubildenden klarmachen, welche Gefahren drohen und wie man sich schützen kann.
Mit bunten Aktivitäten aus Theorie und
Praxis möchten wir die jungen Leute sensibilisieren“, sagte Dr. Harald Wilhelm,
Präventionsexperte der BG BAU.
Hindernisparcours
mit Rauschbrille
Eine andere Gruppe junger Leute steht
um den Hindernisparcours mit einer
„Rauschbrille“. Jeder, der diese Brille trägt, erlebt die Umwelt, als hätte er
einen Alkoholwert von 0,8 Promille im
Blut. Betreut von Dr. Kathrin Hänsel,
Fachärztin für Arbeits- und Allgemeinmedizin, torkeln die Auszubildenden
der Reihe nach um die Hindernisse und
verrichten mühsam kleine Übungen, die
sonst im Handumdrehen erledigt wären.
Die jungen Männer sind überrascht:
„Dass mein Reaktionsvermögen und
meine Sicht so stark eingeschränkt sind,
das hätte ich nie im Leben geglaubt“,
Arbeitssicherheit I 13
sagt Dachdeckerlehrling Patrick Schön
aus dem ersten Lehrjahr. Nach dieser
Erfahrung macht es für die Jugendlichen
Sinn, dass jeder Konsum von Drogen
und Alkohol vor und während der Fahrt
verboten ist.
Richtig gurten
„Ein Gurt ist kein Gurt“, sagt Hans-Martin Kuhl, Aufsichtsperson der BG BAU,
bei einer weiteren Station und erklärt,
wie Lasten auf betrieblichen Transportern formschlüssig geladen werden oder
zu verzurren sind. Sicherungsnetze zur
Ladungssicherung in Kleintransportern,
Pkws und Kombifahrzeugen sind ein weiteres Thema. Kuhl steht vor einer Gruppe
Auszubildender und hält einen Zurrgurt
für den Pkw in den Händen. Daran wird
er gleich die sachgemäße Handhabung der
Ratsche demonstrieren. „Über die korrekte Ladungssicherung habe ich hier viel für
die Praxis gelernt“, sagt der Auszubildende Boller beeindruckt.
„Besonders gut an
dem Aktionstag fand ich
Stress und Zeitnot vermeiden
das Zusammenspiel von
Neben den praktischen Stationen vermitteln die Fachleute der BG BAU den Auszubildenden zudem Informationen, wie
sie unter Stress und Zeitnot mit brisanten
Situationen im Straßenverkehr umgehen
sollten. „Vor allem Ablenkungen wie laute
Musik, Telefonate und übermüdetes Fahren sind unbedingt zu vermeiden“, sagt
Jörg Trautvetter vom Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU. Stress kann
vermeiden, wer beispielsweise seine Fahrt
rechtzeitig plant und startet, regelmäßige
Pausen mit Bewegung einlegt und auf der
Straße genügend Abstand zum Vordermann wahrt, lernten die Jugendlichen.
„Dringend zu vermeiden ist aggressives
Fahrverhalten, etwa Drängeln, abrupter
Spurwechsel, riskante Überholmanöver
und ständiges Linksfahren“, macht Wilhelm deutlich. Und er gibt ihnen noch einen Tipp mit auf den Weg: „Informiert
euch beim Arbeitgeber über ein Fahrsicherheitstraining, die BG BAU zahlt dazu
einen Zuschuss.“
Praxis und Theorie, viele
Weitere Infos: www.bgbau.de,
Webcode: 2520439
Inhalte nehme ich mit in
den Betrieb", sagt Teilnehmer Alexander Boller.
14 I Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 3_2010
Das Mekka der Baubranche
Keine andere Fachmesse wird so gut besucht wie die Bauma.
Die BG BAU war dabei und prämierte Innovationen aus dem
Bereich Arbeitssicherheit.
TEXT: Rolf Schaper, Margarete Schubsky
FOTOS: Messe München, Bergmann Maschinenbau
Komplett ausgebucht: die
Bauma mit 3.150 Ausstellern auf
555.000 Quadratmetern Messegelände.
BG BAU aktuell 3_2010
Arbeitssicherheit I 15
Großer
A
Andrang
lle drei Jahre findet auf dem Messegelände in München die größte
internationale
Baumaschinenmesse der Welt statt. Seit vielen Jahren ist
auch die BG BAU vertreten, in diesem Jahr
mit dem Kampagnenthema „Risiko raus!“.
Die Stimmung bei den rund 3.150 Ausstellern aus 53 Ländern war am Ende der Messe gut – offensichtlich sind die Verkaufszahlen vor allem durch den Export wieder
steigend. Viele Messegäste besuchten die
BG BAU, die mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und anderen
BGen einen Gemeinschaftsstand hatte,
und informierten sich über das Thema Sicherheit „made in Germany“.
„Risiko raus!“ kommt an
Der Stand war ständig gut besucht, was sicher auch an den spektakulären Aktionen
lag, die in regelmäßigen Abständen angeboten wurden. Hier wurde zum Beispiel
gezeigt, wie man Gerüste sicher auf- und
abbaut und hilflose Personen von hochgelegenen Arbeitsplätzen retten kann.
Die Botschaft: Sicherheit am Arbeitsplatz
muss sorgfältig geplant und organisiert
werden und darf nicht dem Zufall überlassen werden.
„Unsere Besucher waren sehr interessiert
an einem Gerät zur Sichtfeldprüfung in
einer Baumaschinenkabine“, erklärte Matthias Götz vom Fachausschuss Bauwesen. „Mit dem in der Kabine installierten
Messgerät kann das Sichtfeld des Fahrers
im 360-Grad-Winkel objektiv überprüft
und aufgezeichnet werden. Damit kann
man zum Beispiel überprüfen, ob eine Maschine den Anforderungen der Norm für
Sichtfeldanforderungen entspricht oder
nicht.“ Denn beim Verkauf von Maschinen haben heute auch Sicherheitsaspekte
eine Bedeutung. „Leider passieren in jedem Jahr immer noch tödliche Unfälle
mit Baumaschinen, zum Beispiel, weil der
Fahrer einer Walze seinen Kollegen nicht
sehen konnte“, sagt Götz. „Daher schlagen
wir den Herstellern vor, moderne Dreh-
am Stand
der BG BAU.
sitze einzubauen oder, wo es sinnvoll ist,
Kamerasysteme einzusetzen. Damit betreiben wir die Prävention schon im Vorfeld,
wir wollen natürlich, dass beim Einsatz der
Maschinen erst gar keine kritischen Situationen entstehen können.“ Dieses Konzept
der BG BAU ist sehr erfolgreich, denn die
Unfälle mit Baumaschinen sind seit Jahren
rückläufig.
EUROTEST-PREIS
BG BAU verleiht EuroTest-Preis
Auf jeder Bauma verleiht die BG BAU den
sogenannten EuroTest-Preis für Innovationen bei Baumaschinen. In diesem Jahr
überzeugten vier deutsche und ein französisches Unternehmen das Entscheidungskomitee der BG BAU mit neuen technischen
Lösungen für altbekannte Sicherheitsprobleme auf Baustellen. „Der Mensch ändert
sich nicht wesentlich, die Technik und ihre
Lösungsmöglichkeiten schon.“ Mit diesem
Satz drückte Professor Manfred Bandmann, Geschäftsführer der BG BAU, in
seiner Laudatio für die Preisträger aus, was
den Kern des EuroTest-Preises ausmacht:
Unternehmen auszuzeichnen, die mit innovativer Technik Lösungen entwickeln,
die den Arbeitsschutz verbessern.
Fünf Firmen erhielten im Rahmen der
Bauma 2010 den EuroTest-Preis:
1. Bergmann Maschinenbau
GmbH & Co. KG
2. Grube KG
3. Liebherr-France SAS
4. PERI GmbH
5. Wacker Neuson SE
Der Preis würdigt herausragende
Leistungen von Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen im Bereich
der Arbeits- und Maschinensicherheit.
Diese Auszeichnung wird alle drei Jahre
anlässlich der Bauma von der BG BAU
und elf weiteren europäischen EuroTestKooperationspartnern verliehen.
Beispiel Sichtfeld
„Die hervorragenden ergonomischen Lösungen bei den Maschinen beim diesjährigen Wettbewerb haben ➜
Weiterführende Informationen:
www.bgbau.de
16 I Arbeitssicherheit
BG BAU aktuell 3_2010
von Bergmann geht ganz neue Wege. Mit
vielen konstruktiven Details, wie einer
mitschwenkenden Kamera, einer intuitiv
bedienbaren Benutzeroberfläche und einer
per Joystick lenkbaren Einhebelsteuerung,
überzeugte die Baumaschine.
Anerkennung von den Experten
Die BG BAU war als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung schon immer
maßgeblich in den Gremien vertreten,
die sich mit Normung, Unfallverhütungsvorschriften und Zertifi zierung
beschäft igen. Die Anerkennung von sicherheitsrelevanten Innovationen bei
Baumaschinen durch die BG BAU ist
für die Unternehmen eine wichtige Auszeichnung und ein Verkaufsargument.
„Baumaschinen mit EuroTest-Zeichen
stehen für Qualität und Sicherheit“, sagte Reinhold Hartdegen, Leiter der Prüfund Zertifi zierungsstelle der BG BAU,
bei der Preisübergabe.
BG BAU fördert Nachrüstung
Prämiert: das
Dumper-Safety-System
der Firma Bergmann.
Damit wird der Muldenkipper zum flexibel und
sicher einsetzbaren
Rundkipper.
uns sehr beeindruckt“, sagte Professor
Rudolf Scholbeck, Leiter der Prävention
der BG BAU. Einer der Preisträger, die
Firma Bergmann aus Meppen, hat mit einem neuen Muldenkipper hervorragend
demonstriert, wie sich die Arbeit mit Baumaschinen sicherer gestalten lässt. „Ohne
Dumper“, so Scholbeck, „bewegt sich im
Erdbau nicht viel. Da die Maschinenführer aber oft nur eine eingeschränkte
Sicht haben, kommt es relativ häufig zu
schweren Arbeitsunfällen.“ Herkömmliche Lösungen wie Spiegel oder akustische
Warnsignale konnten dieses Problem
nicht lösen. Das „Dumper-Safety-System“
Trotz aller Technik bleibt auch weiterhin
der Maschinenführer für die Bedienung
der Maschinen verantwortlich. „Wir wollen dafür sorgen, dass er dieser Verantwortung gerecht werden kann“, betonte
Bandmann in seiner Rede. „Dabei ist die
Schaff ung von ausreichender Sicht auch
in Zukunft das Wichtigste.“ Daher hat
der Vorstand der BG BAU beschlossen,
im Rahmen eines neuen Anreizsystems
Kamera-Monitorsysteme fi nanziell zu
fördern, mit denen ältere Baumaschinen
nachgerüstet werden können.
Weitere Informationen
dazu finden Sie unter:
www.sehen-und-gesehen-werden.de
BG BAU aktuell 3_2010
Aus Unfällen lernen I 17
Kranführer kollabiert
Spezialisten der Höhenrettung der Berliner Feuerwehr haben einen
bewusstlosen Kranführer aus seiner Krankabine gerettet.
TEXT: Rolf Schaper
FOTOS: Michael Körner
E
ine große Hitzewelle fordert in
diesem Sommer ihren Tribut. Ein
Kranfahrer erlitt auf einer Berliner
Großbaustelle bei knapp 35 Grad Celsius
in seiner Kabine einen Kreislaufzusammenbruch. Das Problem dabei: Wie kann
man einen schweren Mann aus 40 Metern
Höhe sicher bergen?
Die Lösung: ein Höhenrettungsdienst der
Berliner Feuerwehr. Diese war mit einer
Spezialausbildung auf diesen Rettungseinsatz bestens vorbereitet. Zunächst
stabilisierte ein Notarzt den Mann und
machte ihn transportfähig. Dann konnte
das sechsköpfige Höhenrettungsteam der
Feuerwehr beginnen, den Mann in eine
Trage zu legen, ihn zu fi xieren und ganz
vorsichtig abzuseilen. Der Mann wurde
in ein Krankenhaus gefahren und behandelt. An der gesamten Rettungsaktion waren insgesamt 18 Feuerwehrleute beteiligt.
Die spektakuläre Rettungsaktion konnte
am gleichen Tag in einem Video unter
www.spiegel-online.de verfolgt werden.
Rechtzeitige
Gefährdungsbeurteilung
Dieser Unfall zeigt, dass auf jeder Baustelle
mit solchen oder ähnlichen Zwischenfällen zu rechnen ist, und dass sich die Verantwortlichen für die Sicherheit darauf
entsprechend vorbereiten müssen, damit
die Rettungskette im Ernstfall funktioniert. In diesem Fall ist alles gutgegangen
und der Kranfahrer arbeitet schon wieder
auf der Baustelle. Arbeitsmediziner weisen
immer wieder darauf hin, dass an heißen
Tagen ausreichend viel getrunken wird –
Alkoholkonsum ist zu meiden.
Bestens auf
den Ernstfall vorbereitet: Routiniert seilt
ein Mitarbeiter der
Höhenrettung Berlin
den bewusstlosen
Kranführer ab.
18 I Arbeitsmedizin
BG BAU aktuell 3_2010
Plötzlicher Herztod
Wenn das Herz versagt, zählt jede Sekunde. Mit Geräten, die bei
Bedarf Elektroschocks verabreichen, können auch medizinische
Laien Leben retten.
TEXT: Dr. Bernd Lindemeier
FOTOS: Michael Bogumil, Medtronic GmbH
Bevor die professionellen Helfer
an Ort und Stelle eintreffen, vergeht oft
Zeit. Die lässt sich im Falle eines Herzstillstandes mit einem Defibrillator überbrücken.
BG BAU aktuell 3_2010
Arbeitsmedizin I 19
D
er plötzliche Herztod ist die
Todesursache Nummer eins in
der westlichen Welt und trifft
allein in Deutschland über 100.000 Menschen pro Jahr. Hauptursache dafür ist
das sogenannte Herzkammerfl immern.
Dabei zieht sich das Herz nicht mehr
regelmäßig zusammen, sondern schlägt
unkontrolliert rasend schnell bis zu 400mal in der Minute. Die Pumpleistung des
Herzens reicht dann nicht mehr aus und
es kommt zum Kreislaufstillstand. Innerhalb von 30 Sekunden treten Bewusstlosigkeit und Atemstillstand ein.
Viele könnten noch leben
In solchen Situationen zählt jede Sekunde, denn ohne die Aufrechterhaltung eines minimalen Kreislaufs treten
schnell irreparable Schäden auf. Mit jeder Minute sinkt die Überlebenschance
um zehn Prozent. Viele der vom plötzlichen Herztod Betroffenen könnten noch
leben, wenn die richtigen Wiederbelebungsmaßnahmen unverzüglich durchgeführt worden wären, so lange, bis die
professionellen Helfer wie Notarzt und
Rettungsdienst eintreffen. Diese Zeit
kann auch der Laie wirkungsvoll überbrücken. Doch meist sind die anwesenden Arbeitskollegen oder Passanten
mit einer solchen Situation überfordert:
„Was muss ich denn jetzt tun? Wie oft
Herzdruckmassage? Wie oft beatmen?
Das kann ich doch überhaupt nicht!“ In
dieser Situation kann der Automatisierte
Externe Defibrillator (AED) helfen. Das
ist eine Art Elektroschockgerät für Laien, welches den Herzschlag durch einen
elektrischen Stromimpuls von außen
wieder normalisiert. Das Herz schlägt
wieder regelmäßig.
So funktioniert’s
Der AED besteht aus einem kleinen
Stromakku, der einen Stromimpuls über
zwei auf den Oberkörper des Patienten
geklebte Elektroden an den Patienten abgibt. Bei den für Laien geeigneten Defibrillatoren gibt eine Stimme aus dem Gerät die Handlungsanweisungen.
Zunächst ist der Oberkörper der bewusstlosen Person frei zu machen. Nach dem
Einschalten des Geräts fordert eine Stimme
dazu auf, die selbstklebenden Elektroden
unterhalb des rechten Schlüsselbeins und
seitlich unterhalb der linken Brustwarze anzubringen. Dann analysiert das Gerät selbstständig den Herzrhythmus. Wenn ein Kammerflimmern erkannt wird, teilt der AED
mit, dass ein Elektroschock nötig ist. Das
Gerät lädt auf und es blinkt gut sichtbar eine
rote Taste. Diesen Knopf muss der Laienhelfer nach Aufforderung durch die Stimme
drücken, damit ein Elektroschock ausgelöst
wird. Dabei darf der Patient nicht berührt
werden. Ob weitere Schocks nötig sind oder
die Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen oder fortgesetzt werden sollte, teilt das
AED auch mit. Man kann also nichts falsch
machen, außer man hilft überhaupt nicht.
Viele Geräte leiten den Helfer auch mit
klaren Befehlen zu den weiteren Maßnahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung: 30 x Herzdruckmassage und 2 x
Beatmung im Wechsel. Die richtigen
Maßnahmen zur Ersten Hilfe bei der
Herz-Lungen-Wiederbelebung müssen
bekannt sein und sicher angewendet werden können. Sonst hilft auch das beste
Gerät nichts.
Der Automatisierte
Externe Defibrillator
gibt den Helfern klare
Anweisungen für die
Wiederbelebung.
20 I Arbeitsmedizin
BG BAU aktuell 3_2010
Wer im Freien
arbeitet, sollte sich
rechtzeitig und
angemessen vor
starker UV-Strahlung
schützen.
Die Schattenseite
der Sonne
Zu viel Sonne kann Hautkrebs verursachen. Besonders
gefährdet sind Beschäftigte, die häufig im Freien arbeiten,
beispielsweise auf dem Bau.
TEXT: Dr. med. Jobst Konerding
FOTOS: Picture Alliance, fotolia
B
esonders schädlich sind die ultravioletten (UV-)Strahlen der Sonne, die infolge des Ozonlochs immer intensiver werden. Übermäßige UV-Strahlung kann
akute und auch chronische Lichtschäden verursachen. An erster Stelle steht
der Sonnenbrand. Zu den chronischen Lichtschäden zählen vor allem die vorzeitige
Hautalterung und ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs. Auch die Augen können geschädigt werden. Die häufigsten Hautkrebserkrankungen durch UV-Strahlung sind maligne Melanome („schwarzer“ Hautkrebs) sowie Basaliome und Plattenepithelkarzinome
(„weißer“ Hautkrebs). Vorstufen von UV-Hautkrebserkrankungen sind sogenannte
Lichtschwielen.
BG BAU aktuell 3_2010
Arbeitsmedizin I 21
Empfindlichkeiten: Welcher Hauttyp sind Sie?
Chronische UV-Schäden beim Menschen sind hauptsächlich abhängig von seinem
Hauttyp, der bisherigen Lebensdosis der UV-Exposition sowie der Zahl und Intensität
von Sonnenbränden in der Kindheit und Jugend. Die unterschiedliche Sonnenempfi ndlichkeit wird durch vier verschiedene Hauttypen mit unterschiedlichen Eigenschutzzeiten beschrieben. Die Eigenschutzzeit ist die Zeitdauer, für die man im Laufe
eines Tages die ungebräunte Haut der Sonne maximal aussetzen kann, ohne dass die
Haut rot wird. Je nach Hauttyp beträgt die Eigenschutzzeit zwischen drei Minuten für
sehr helle Haut (Hauttyp I) und vierzig Minuten für die mediterrane bräunliche Haut
(Hauttyp IV).
Überdurchschnittlich gefährdet gegenüber UV-bedingtem Hautkrebs sind Menschen
mit den Hauttypen eins und zwei. Sie haben helle Haut, blaue oder grüne Augen, helle,
blonde oder rote Haare und Sommersprossen. Diese Menschen holen sich eher einen
Sonnenbrand als die begehrte Bräune.
Bauarbeiter besonders gefährdet
Vor allem Beschäft igte, die wie Zimmerer, Dachdecker, Straßenbauer, Maurer und
Bauhelfer viel im Freien arbeiten, sind in den Sommermonaten übermäßiger UVStrahlung ausgesetzt. Verschiedene Studien zeigen, dass die UV-Jahresexposition bei
einem Bauarbeiter 4,7-fach höher ist als bei einem Beschäft igten, der sich nur in geschlossenen Räumen aufhält. Ein Landarbeiter hat die 2,6-fache, ein Müllwerker die
3,1-fache und ein Glasreiniger die 1,7-fache Dosis.
SCHUTZ VOR UV-STRAHLEN
• technische Vorrichtungen wie
Sonnendächer, -segel und -schirme
Früherkennung kann Leben retten
Die Betriebsärzte des AMD der BG BAU bieten Vorsorgeuntersuchungen an, um krebsverdächtige Hautveränderungen rechtzeitig zu erkennen. Diese sollten Beschäft ige mit
den Hauttypen eins und zwei, die viel im Freien arbeiten, unbedingt in Anspruch nehmen. Dazu gehört auch eine besonders intensive arbeitsmedizinische Beratung im Hinblick auf die besonderen Risiken der UV-Strahlung. Auch eine regelmäßige Selbstuntersuchung im Abstand von vier Wochen trägt zur Früherkennung bei. Dazu eignet sich
ein Handspiegel. Vor allem Hautbezirke, die der Sonne besonders ausgesetzt sind, wie
Gesicht, Kopf, Arme und eventuell der Oberkörper, sollten dabei kontrolliert werden.
aufstellen
• zwischen 11.00 und 15.00 Uhr im
Schatten arbeiten
• Pausen im Schatten verbringen
• kein Arbeiten mit freiem Oberkörper
• Arbeitskleidung aus schweißdurchlässigem, aber UV-undurchlässigem
Gewebe tragen
• Kopfbedeckung tragen (Schutzhelm,
breitkrempiger Hut oder Schirmmüt-
Zur Beurteilung von Hauterscheinungen bei der Selbstuntersuchung hat sich die sogenannte A-B-C-D-Regel bewährt:
ze, möglichst mit Nackenschutz)
• Lichtschutzmittel entsprechend
UV-Index und Hauttyp verwenden.
A = Asymmetrie: unregelmäßige, nicht symmetrische Form
B = Begrenzung: unregelmäßige, unscharfe Ränder
C = Color (Farbe): verschiedenfarbig, fleckig
D = Dynamik: Veränderungen (Größe, Farbe und Dicke)
Empfohlen: Lichtschutzfaktor 15
mehrmals täglich auftragen
• bei Hitze im Verlauf des Tages
mehrere Liter eines alkoholfreien
Getränkes trinken
Wer nach der A-B-C-D-Regel etwas Auff älliges entdeckt, sollte umgehend einen Arzt, am
besten einen Hautarzt, aufsuchen. Dasselbe gilt, wenn ein Pigment mal brennt, juckt oder
blutet. Rechtzeitig erkannt ist die Behandlung von Hautkrebs fast immer erfolgreich. Die
Betriebsärzte vom AMD stehen Ihnen für die Beratung gern zur Verfügung.
• Sonnenbrillen mit geprüfter UVSchutzwirkung tragen (CE-Zeichen
„100 % UV bis 400 nm“)
22 I Im Blick
BG BAU aktuell 3_2010
Klassik an der Elbe
Mit der Elbphilharmonie im Hamburger
Hafen entsteht ein Konzerthaus,
das große Erwartungen weckt.
TEXT: Rolf Schaper
FOTOS: Michael Bogumil
GRAFIK: Herzog & de Meuron
Das Zusammenspiel von klassischen
Ziegelsteinen und dem kühnen Schwung der
Glasfassaden macht die einmalige Wirkung der
Elbphilharmonie aus, wie die Simulation zeigt.
BG BAU aktuell 3_2010
E
inhundertzehn Meter hoch ragt
der Rohbau der neuen Elbphilharmonie in den blauen Himmel
über der neuen Hamburger HafenCity.
Dort, mitten im Herzen des quirligen
Hamburger Hafens, setzt der HochtiefKonzern den kühnen Entwurf der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron in
die Realität um. In diesem spektakulären
Bauprojekt der Hansestadt entsteht aber
nicht nur eines der besten Konzerthäuser
der Welt, sondern auch ein Fünf-SterneHotel, Gastronomie und 45 Wohnungen
der Luxusklasse, Hafenblick inklusive.
Auf den Fundamenten
des alten Kaispeichers
Der heutige Standort an der exponierten
Stelle im Hafen ist geschichtsträchtig. Ursprünglich stand nämlich genau an dieser
Stelle der 1875 errichtete Kaiserspeicher,
ein typischer repräsentativer Bau seiner
Zeit. Dieses Gebäude, damals auf Eichenpfählen gegründet, wurde Ende des
Zweiten Weltkrieges zerstört und 1960
durch den 37 Meter hohen Kaispeicher A
ersetzt, einen reinen Zweckbau, schlicht
und schmucklos. In dem Gebäude wurden Kakao und andere Importgüter gelagert. Doch mit dem Aufblühen des
Containerverkehrs endete die Nutzungsdauer des Gebäudes schon nach wenigen
Jahren. Der ursprüngliche Plan, den Kaispeicher mit dem Bau eines auf die Medienbranche ausgerichteten Bürogebäudes
wieder zu beleben, wurde jedoch verworfen. Später entschloss man sich für den
Umbau zu einer „Elbphilharmonie“. Im
April 2007 entkernte Hochtief zunächst
den alten Speicher, nur die alte Fassade
blieb erhalten. Im Inneren entstanden
Funktionsräume und ein Parkhaus. Etwa
in 37 Meter Höhe beginnt der Neubau
des Konzertsaales mit einer umlaufenden
öffentlichen Plaza und den darüberliegenden Obergeschossen. In dem Gebäude
befi ndet sich die mit 80 Metern längste
Rolltreppe Europas.
„Bei der Gründung 2007 haben wir auch
die 1.111 alten Betonpfähle aus den 60er
Jahren mit in die Statik einbezogen, haben zusätzlich aber noch 700 neue Ort-
Im Blick I 23
betonpfähle gesetzt“, erläutert Peter Kaiser, Oberbauleiter von Hochtief. „Ich bin
schon seit 30 Jahren im Geschäft , aber
dieser Bau ist für mich die größte Herausforderung“, sagt der 53-Jährige. Warum das so ist, versteht man, wenn man
die komplizierten Betonschalungen des
Konzertsaales sieht. Hier gibt es keine
geraden Wände, alles ist gewölbt. Mit
den Ausbaugewerken sind zurzeit 450
Arbeiter auf der Baustelle beschäft igt. In
der Ausbauphase werden es bis zu 1.000
Arbeiter sein. Hochtief setzt auf der Baustelle allein im Rohbau 15 Bauleiter und
Poliere ein, die alle Arbeiten leiten und
überwachen.
Spektakuläre Glasfassade
Die gläserne Fassade des Gebäudes verleiht dem Haus seine besondere Note. Die
Entwicklung der Fassadenelemente ist ein
Meisterwerk der Ingenieurskunst: Nie zuvor wurden Glasscheiben nacheinander
bedruckt, beschichtet und bei 600 °C in
eine gebogene Form gebracht – auf den
Millimeter exakt. Mit einer Fläche von
21.500 m 2 setzt sich die Glasfassade aus
1.089 Elementen zusammen. Die Chrompunktebedruckung schützt vor Sonneneinstrahlung und macht zudem jede
Scheibe zu einem Unikat. ➜
Die Glasfassade an der
Elbphilharmonie wird ohne
Gerüst montiert, mit einem
sogenannten Mono-RailSystem. Damit wird das
Absturzrisiko minimiert.
24 I Im Blick
BG BAU aktuell 3_2010
550 Dekorvorlagen und eine computergestützte Berechnung machen es möglich.
Die Sicherheit im Blick
haben Oberbauleiter Peter
Kaiser (rechts) und Sicher-
Von oben hat man einen atemberaubenden Blick über den Hafen und die HafenCity. Wer sich für den Stand der Arbeiten auf dieser Baustelle interessiert,
kann sich über eine Webcam unter www.
elbphilharmonie.de vom Fortgang der
Arbeiten überzeugen. Dort ist auch eine
Animation über die einzelnen Bauphasen
zu sehen.
erinnert sich Ziech. Täglich finden hier
Rohbaubesprechungen statt. Bei den regelmäßigen Sicherheitsbegehungen ist
Aufsichtsperson Andreas Pfannenstiel von
der BG BAU immer mit dabei. „Auf dieser
Baustelle wird das Thema Sicherheit ganz
groß geschrieben“, bestätigt Pfannenstiel.
Trotzdem kam es im Juli zu einem schweren Unfall, als das Auflager eines Gerüstes
brach und zwei Bauarbeiter abstürzten.
Ein Beschäft igter erlitt dabei tödliche Verletzungen.
heitsfachkraft Frank Ziech
Rettungssanitäter vor Ort
von Hochtief.
Auf dieser Baustelle ist ein ausgebildeter Rettungssanitäter stationiert, der im
Ernstfall vor Ort Erste-Hilfe-Maßnahmen
einleiten kann. Im Wachcontainer, der
auch Anlaufpunkt für Rettungsfahrzeuge
ist, hängt ein Notfallplan. Rettungssanitäter Michael Wotzka hat auf der Baustelle
einen Automatischen Externen Defibrillator (AED) (siehe auch den Artikel auf
Seite 18), der im Falle eines Herzinfarktes
oder bei Herzstillstand sofort eingesetzt
werden und Leben retten kann.
Konzertsaal der Superlative
Sicherheitsmaßnahmen
auf der Baustelle
Frank Ziech ist für die Sicherheit auf der
Baustelle verantwortlich. Als Sicherheitsfachkraft ist der 42-Jährige zurzeit ständig anwesend, damit keine Gefährdungen
entstehen. Keine leichte Aufgabe, weil sich
die Verhältnisse im Rohbau täglich ändern
und die Gefährdungen in der Ausbauphase sogar noch größer werden. „Wir hatten
hier im Hafenbereich im Rohbau manchmal große Probleme durch die Windböen. Material oder Beschäft igte wären fast
von der Decke geweht. Wir haben dann
einfach eine große Wetterschutzwand
eingezogen und das Problem war gelöst“,
Der große runde Konzertsaal ist das
Herzstück der Elbphilharmonie und eine
besondere bauliche Herausforderung: Mit
2.150 Plätzen und 12.500 Tonnen Eigengewicht befi ndet sich der Saal auf einer
Höhe von 50 Metern und ist aus Schallschutzgründen vom restlichen Gebäude entkoppelt. Für die perfekte Akustik
wurde aufgrund der Hochhausauflagen
ein besonderes Material entwickelt: die
weiße Haut. 10.000 Gipsfaserplatten, die
basierend auf 3-D-Berechnungen individuell gefräst sind, reflektieren den Klang
in jeden Winkel.
Konflikt zwischen
Bauherren und Baukonzern
Das gesamte Projekt Elbphilharmonie
steht zurzeit stark in der öffentlichen Kritik. Nachdem die Kosten 2008 aus dem
Ruder liefen, wurde ein Nachtrag verhandelt. Damals sind – nach Angaben der
Bauherren – die Kosten für die öffentliche
Hand von den ursprünglich angesetzten
BG BAU aktuell 3_2010
Im Blick I 25
Heute noch ein Rohbau:
Der große runde Konzertsaal mit seinen etwa 2.150
Plätzen ist das Herzstück
der Elbphilharmonie.
241 auf 323 Mio. Euro angehoben worden.
Im Januar 2010 wurde bekannt, dass sich
die Fertigstellung des großen Konzertsaales um ein Jahr verzögern wird. Außerdem
hat der letzte Winter, der härteste seit 30
Jahren, die Bauarbeiten verzögert. Immer,
wenn es zu Verzögerungen kommt und
ums Geld geht, liegen die Nerven blank –
und genau das ist die derzeitige Situation.
Trotzdem wird dieser spektakuläre Neubau
ein neues Wahrzeichen Hamburgs und
viele Besucher der Hansestadt in seinen
Bann ziehen.
Weitere Infos:
www.elbphilharmonie.de
26 I Kompetenzzentrum Fortbildung
BG BAU aktuell 3_2010
Den Rücken entlasten
Wie Sie als Arbeitgeber zu rückenschonendem Arbeiten
Ihrer Mitarbeiter beitragen können.
TEXT: Prof. Dr. Bernd Hartmann
FOTO: Picture Alliance
doch genug Power"? Kein Wunder, dass
über die Hälfte der Beschäft igten im Baugewerbe irgendwann über Rückenschmerzen klagt. Ursachen dafür sind in erster
Linie Zwangshaltungen bei der Arbeit sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten. Aber auch Schwingungen, etwa beim
Führen von Erdbaumaschinen, oder Stress
können den Rücken belasten.
Wie schwer darf’s höchstens sein?
Rückenschmerzen
entstehen auch durch
Zwangshaltungen.
M
ehr als in anderen Branchen
müssen Beschäft igte in der
Bauwirtschaft schwere Lasten
tragen – das gilt als normal: Die Vielfalt
der Arbeitsaufgaben und der ständige
Ortswechsel auf der und zwischen den
Baustellen erschweren den Einsatz von
technischen Hilfsmitteln. Und heißt es
nicht oft genug: „Ein Mann vom Bau hat
• Hebt man Lasten nur manchmal (seltener als ein Mal pro Stunde), sind 25 kg
maximal zumutbar.
• Müssen Lasten dauerhaft mehrfach je
Stunde gehoben werden, reduziert sich
die zumutbare Last: Zweihandsteine
der Maurer sollten darum nicht mehr
als 12 kg wiegen, wenn sie ohne Unterstützung durch einen Minikran verarbeitet werden.
• Wenn dauernd Gewichte mit einer
Hand gehoben werden, liegt die empfohlene Grenze der Zumutbarkeit
bereits bei 5 kg.
Zwar gibt es kein gesetzliches Verbot,
schwerere als die oben angegebenen Lasten zu verarbeiten. Aber es ist vernünft ig,
sich an diesen Richtwerten zu orientieren, um chronischen Rückenbeschwerden
vorzubeugen.
Rückenschmerzen
kosten Millionen
Rückenschmerzen und körperliche Leistungsdefi zite sind die wichtigsten Ursachen für den Verlust des Arbeitsplatzes
und frühzeitige Berentungen. Sie führen
umso mehr und länger zum Arbeitsaus-
BG BAU aktuell 3_2010
fall, je älter die Mitarbeiter werden. Es
schmerzen in der Regel nicht die Bandscheiben, sondern die zu hoch belastete
Muskulatur des Rückens.
Erwerbsfähigkeit erhalten
Der demografische Wandel macht sich
auch in der Bauwirtschaft bemerkbar.
Wenn Sie schwere Arbeiten auszuführen
haben, müssen Sie sich auch um die älteren Mitarbeiter kümmern, damit sie Ihnen
noch lange zur Verfügung stehen. Denn
der Nachwuchs ist auch in der Bauwirtschaft knapp. Die Sicherung der Erwerbstätigkeit hängt in keinem Gewerbe so sehr
von den Muskel-Skelett-Belastungen ab
wie in der Bauwirtschaft. Wenn Sie dagegen etwas unternehmen, dann helfen Sie
sowohl Ihrem Unternehmen, das erfahrene Fachkräfte behält, als auch Ihren Beschäft igten. Schließlich sollen diese nicht
in soziale Notlagen geraten und mit weniger Sorgen entspannt und schmerzfrei
arbeiten können.
Kompetenzzentrum Fortbildung I 27
Zwangshaltungen, Verkrampfungen bei
Stress und die Vibrationen bei der Arbeit
auf Fahrzeugen oder mit vibrierenden
Werkzeugen. Da können leichte Arbeiten schnell sehr schwerfallen, weil der
Rücken schmerzt. Doch dagegen können
Unternehmer und Führungskräfte in der
Bauwirtschaft einiges tun.
• Prüfen Sie, ob durch Zeitdruck und
Probleme der Koordination des Arbeitsablaufs Hektik und Stress entstehen. Gerade ältere Beschäft igte leiden
darunter und reagieren zum Beispiel
mit Rückenschmerzen.
• Lassen Sie sich beraten, ob Arbeiten
auf einem Baugerät oder mit einer
handgeführten Maschine hohe Vibrationsbelastungen verursachen.
Das können Sie tun
• Gefährdungsbeurteilung
• Sport
Auf die Haltung kommt es an!
Prüfen Sie, ob es bei Ihnen
Ausgleichende Bewegung ohne
Viele Rückenschmerzen entstehen nicht
durch schwere Lasten, sondern durch
dauernde Zwangshaltungen. Boden- und
Dacharbeiten, Betonarbeiten und Malerarbeiten beispielsweise sind mit hohen
Zeitanteilen von Arbeiten
• im Bücken und Beugen oder
• im Hocken und Knien verbunden.
Dabei muss der Rücken wie an einem
Kranausleger die vorgeneigten Lasten
tragen – die eigene des Oberkörpers und
die Last des Werkzeugs und Materials.
schwere Lasten oder lang dau-
Lasten ist auch für Bauarbeiter
ernde Zwangshaltungen gibt.
wichtig.
Deshalb beachten Sie bitte: Je länger die
Arbeit in vorgebeugter Haltung dauert,
umso mehr braucht der Rücken eine Unterbrechung dieser Haltung. Sicher kennen Sie den Test: einen Gegenstand am
ausgestreckten Arm so lange zu halten,
bis er allein absinkt. Dieses Prinzip gilt
auch für den Rücken!
Stress und Vibrationen
Wir haben nur einen Rücken, der alles abfangen soll: Schwere Lasten und
• Lasten reduzieren
• RehaBau
Prüfen Sie, ob es in Ihrem Un-
Einige Wochen des Rehabilita-
ternehmen Möglichkeiten zur
tionstrainings im Programm
Reduzierung von Lasten gibt.
„RehaBau", das die Rentenversicherung finanziert, geben Ihnen
• Zwangshaltung vermeiden
Prüfen Sie, wie Sie durch Umla-
einen gestärkten und besser
belastbaren Mitarbeiter zurück.
gerung von Gegenständen sowie
organisatorische und technische
• Service der BG BAU
Hilfen die Dauer der Zwangshal-
Bei Fragen wenden Sie sich an
tungen verkürzen können.
das für Sie regional zuständige
AMD-Zentrum der BG BAU. Ne-
• Arbeitsmedizinische Vorsorge
ben der persönlichen Beratung
Wenn Sie Mitarbeiter haben, die
unterstützt Sie die BG BAU auch
unter Rückenschmerzen leiden,
in Seminaren zu diesem Thema.
geben Sie Ihnen die Möglichkeit,
sich bei Ihrem Betriebsarzt im
Weitere Infos für mehr
Rahmen der bauspezifischen
Ergonomie am Bau:
Vorsorge arbeitsmedizinisch
www.ergonomie-bau.de
untersuchen zu lassen.
28 I Mensch und Betrieb
BG BAU aktuell 3_2010
Eine Frage des Stils
Wie Sie sich als Führungskraft bei Ihren Mitarbeitern
Anerkennung und Respekt verschaffen, ohne autoritär zu sein.
QUELLE: Die Sicherheitsfachkraft
FOTOS: Mirko Bartels
Auch in einem Kritikgespräch ist es wichtig,
dem Mitarbeiter Wertschätzung entgegenzubringen, statt ihn vor
den Kopf zu stoßen.
W
er als Führungskraft nicht
ernst genommen und geschätzt wird, dessen Anweisungen werden von den Mitarbeitern nur widerwillig, unzureichend
oder gar nicht befolgt. Darunter leidet
natürlich auch der Arbeitsschutz. Ob
ein Vorgesetzter von seinen Mitarbeitern respektiert wird, ist in erster Linie
eine Frage des Führungsstils. Dreh- und
Angelpunkt dabei ist die Mitarbeiterorientierung. Denn die Beschäftigten sind
die Experten für ihren Arbeitsbereich.
Niemand ist mit den Arbeitsabläufen
und möglichen Schwierigkeiten im Betrieb besser vertraut als die Mitarbeiter
selbst. Deshalb ist es wichtig, sie bei anstehenden Entscheidungen wie Arbeitsplanung oder Arbeitsschutzmaßnahmen
mit einzubeziehen.
BG BAU aktuell 3_2010
Klare Ziele setzen
Konkrete, realistische Arbeitsziele, die gemeinsam mit dem Mitarbeiter vereinbart
werden, sind ein wesentlicher Bestandteil
des mitarbeiterorientierten Führungsstils.
Sie müssen von den Mitarbeitern erreichbar sein und von ihnen akzeptiert werden. Unrealistische Zielsetzungen hingegen, die Mitarbeiter oft als Schikane oder
„Sklaventreiberei" empfi nden, verärgern
und demotivieren eher. Natürlich kann
nicht jede Entscheidung mit allen diskutiert werden. Der Vorgesetzte sollte jedoch
versuchen, die Sachzwänge, beispielsweise die termingerechte Fertigstellung eines
Bauabschnitts, und die Einschätzung des
Machbaren durch die Betroffenen in Einklang zu bringen. Das konkrete Ziel vor
Augen setzt Energie und Kreativität frei
und spornt die Mitarbeiter zur Leistung
an statt zum „Dienst nach Vorschrift“.
Aufgaben delegieren
Der Vorgesetzte muss auch bereit sein,
Aufgaben zu delegieren und damit Macht
abzugeben. Denn Mitarbeiter, die sich
nicht als bloße Befehlsempfänger fühlen,
sind kreativer und leistungsbereiter. Damit die Delegation gelingt, sollten folgende Voraussetzungen gegeben sein:
• die Aufgabenfelder sinnvoll voneinander abgrenzen und koordinieren
• die Mitarbeiter ihren Qualifi kationen
angemessen einsetzen
• die mit den delegierten Aufgaben beauft ragten Mitarbeiter über Besonderheiten und Probleme der Aufgaben informieren
• verschiedene Arbeitsweisen der Mitarbeiter zulassen; schließlich geht es um
das Ziel, nicht um den Weg dorthin
Rückmeldung geben
Erfolgreiche Führungskräfte geben ihren
Mitarbeitern in persönlichen Gesprächen
eine ausreichende Rückmeldung über deren Arbeitsergebnisse. Sie bemerken und
würdigen positives Verhalten und erbrachte Arbeitsleistungen. Das sollte möglichst
konkret geschehen. Zum Beispiel: „Toll,
wie Sie das Dach vor dem Regen noch
dicht bekommen haben. Das hat mich sehr
beeindruckt. Dadurch haben Sie uns eine
Menge Ärger erspart.“ Der Vorgesetzte
sollte jedoch nicht nur außergewöhnliche
Anstrengungen loben, sondern auch Dauerleistungen beachten und würdigen. Positives Feedback schafft Verhaltenssicherheit, eröff net Lernchancen und fördert die
Arbeitsmotivation.
Mensch und Betrieb I 29
Wer mitarbeiterorientiert führt,
hat beste Chancen,
Unterstützung gewähren
Der Vorgesetzte sollte seine Mitarbeiter bei
Problemen am Arbeitsplatz nicht alleinlassen, sondern sie gezielt unterstützen. Das
verschafft ihm eine fachliche Autorität, an
der sich die Beschäftigten orientieren können. Neben der fachlichen Unterstützung
ist es auch wichtig, dass die Führungskraft
ein Ohr für die privaten Probleme der Mitarbeiter hat, beispielsweise bei Schwierigkeiten in der Familie. Ebenfalls wichtig ist
soziale Unterstützung, etwa bei Konflikten
mit Kollegen oder Kooperationspartnern
auf der Baustelle. So fühlen sich die Mitarbeiter als Menschen und nicht nur als
Produktionsfaktor und „Rädchen im Getriebe“ wahrgenommen.
Konstruktiv kritisieren
Ist der Vorgesetzte mit der Arbeit des Mitarbeiters nicht zufrieden, sollte er konsequent und sachlich Kritik üben. Dabei gibt
es einige Regeln zu beachten, um den Mitarbeiter nicht zu verprellen. Auch und gerade in einem Kritikgespräch kommt es
darauf an, dem Mitarbeiter Wertschätzung
entgegenzubringen, statt ihn vor den Kopf
zu stoßen. Deshalb ist es wichtig, in einem
persönlichen Gespräch die Gründe für das
unbefriedigende Arbeitsergebnis herauszufinden. Die Stellungnahme des Gesprächspartners, wie es zu dem jeweiligen Fehler
gekommen ist, gibt dem Vorgesetzten notwendige Informationen und liefert geeignete Ansatzpunkte für seine Kritik. Diese
darf nie beleidigend sein, sondern sollte
immer sachlich und in ruhigem Ton vorgetragen werden. Wer mitarbeiterorientierte
Führung so versteht und praktiziert, hat
beste Chancen, als Führungskraft geschätzt
und respektiert zu werden. Das erleichtert
die Führungsaufgaben erheblich und trägt
zu besseren Ergebnissen bei, auch im Hinblick auf den Arbeitsschutz.
als Führungskraft
geschätzt und respektiert zu werden.
30 I Reha und Leistung
BG BAU aktuell 3_2010
Sport mit Handicap
Unter dem Motto „Bewegung verbindet“ zeigt die BG-Kliniktour 2010,
wie wichtig der Sport für die Rehabilitation ist.
TEXT & FOTO: Valeria Sophie Kendler
Discofox auf vier
Rädern: Auch der Rollstuhltanz war auf dem Event als
Sportart vertreten.
D
ass es auch beim Behindertensport richtig zur Sache geht, davon konnten sich die Besucher am
25. Juni auf dem Hamburger Rathausmarkt
überzeugen. Zahlreiche Sportvorführungen
vermittelten einen lebendigen Einblick in
diesen Bereich. Vom Rollstuhltanz, -rugby,
-basketball bis hin zum Blindenfußball waren sämtliche Sportarten vertreten. Hautnah
erlebten die Zuschauer, wie anspruchsvoll
und herausfordernd Sport mit Handicap
ist. Auch die BG BAU war in Hamburg mit
einem Stand zum Thema Rehabilitation
vertreten. Zusätzlich fand ein riesiges Streetball-Turnier für Kinder und Jugendliche
statt. Dabei stellten insgesamt 40 Teams von
Hamburger Schulen und Basketball-Vereinen ihr sportliches Talent unter Beweis.
Die Kliniktour zieht weiter
Rainer Prestin übergab den Staffelstab in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des
Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg an Sven Sender von der
Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen, wo die BG-Kliniktour als Nächstes
Station machen wird. „Es ist sehr wichtig, gemeinsame Erlebnisse von Menschen mit und
ohne Behinderung zu fördern und dadurch
Vorurteile abzubauen sowie die breite Öffentlichkeit für das Thema Behindertensport
zu sensibilisieren“, sagte Prestin, der auch
Vorstandsvorsitzender der BG BAU ist. „Für
die Rehabilitation von Betroffenen ist Sport
sehr wichtig, denn er stärkt den Rehabilitanden sowohl physisch als auch psychisch.“
Weitere Infos und Tourdaten unter:
www.dguv.de
BG BAU aktuell 3_2010
Lesermeinungen I 31
Was meinen Sie?
Haben Sie Anmerkungen zu einem der veröffentlichten Beiträge?
Dann schreiben Sie uns. Ihre Meinung ist gefragt.
würden wir gerne das Thema Baustellensicherheit/Unfallverhütung mehr beleuchten. Wir können laut Aussage unserer
Versicherungsagentur aber behaupten,
dass bei uns freien Handwerker/-innen
anscheinend deutlich weniger Unfälle passieren als bei den versicherten Meisterbetrieben. Trotzdem wollen wir auch dieses
Thema weiterhin pflegen.
Jonas Kuckuk, BUH – Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e. V., Verden
in diesen Gewerken tödliche Unfälle
passieren, ist es meines Erachtens immer wieder wichtig, spezielle Themen,
wie Unfälle von Beschäft igten durch
Maschinen und Geräte, aufzugreifen
und mit den einzelnen Unternehmen
darüber zu sprechen und auf die Gefahren hinzuweisen. Ich finde diese
Zum Artikel „Die im toten Winkel sieht man
nicht“, BG BAU aktuell 2/2010, S. 14
Gelungene Aktion:
Sehen und gesehen werden
„Herzlichen Glückwunsch!“
Mit großem Interesse habe ich den Artikel „Die im toten Winkel sieht man nicht“
der letzten Ausgabe von BG BAU aktuell
2/2010 gelesen und von der Aktion „Sehen
und gesehen werden“ erfahren.
Als Vorstandsmitglied des Berufsverbandes unabhängiger Handwerkerinnen und
Handwerker (BUH) gratuliere ich der
BG BAU zum Geburtstag. Vom ersten
Tag auf dem Bau war ich Anhänger von
Unfallverhütung und Prävention. Leider
werden wir Handwerker ohne Meisterbrief noch immer als „Schwarzarbeiter“
verfolgt. In unserer Zeitung „Freibrief“
Da wir die Arbeiten an den Straßen zum
größten Teil an gewerbliche Unternehmen
vergeben, haben wir mit einer Vielzahl
von Unternehmen zu tun, die aus den Bereichen Tief-, Brücken- und Straßenbau
sowie Garten- und Landschaftsbau kommen. Diese besagten Unternehmen sind
u. a. bei der BG BAU versichert. Da auch
Zum Artikel „Seit 125 Jahren gut versichert“,
BG BAU aktuell 2/2010, S. 7
Aktion „Sehen und gesehen werden“
eine sehr gute Idee! Sehen Sie das bitte
auch als positives Feedback für die Arbeit der BG BAU und hier speziell die
des Unternehmermagazins „BG BAU
aktuell“.
Stefan Kohrs, Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr,
Nienburg
Die Redaktion behält sich vor, Beiträge
zu kürzen.
Zuschriften unter:
Redaktion BG BAU aktuell, Stichwort „Lesermeinungen“, Hildesheimer Str. 309, 30519 Hannover, dagmar.sobull@bgbau.de
32 I Im Fokus
BG BAU aktuell 3_2010
„Das Handwerk hat auch
heute noch goldenen Boden“
Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen
Handwerks (ZDH), über die Bedeutung der Berufsgenossenschaften
und die Chancen für das Handwerk.
FOTOS: Mirko Bartels
„Unsere Stärke
ist eine gute Ausbildung in
über 100 Berufen. Unsere
Arbeitsplätze sind krisensicherer
als in anderen Branchen.“
BG BAU aktuell 3_2010
Mit Otto Kentzler sprachen Bernd Kulow
und Rolf Schaper von der BG BAU.
Herr Kentzler, wie beurteilen Sie die derzeitige Lage des Handwerks in Deutschland?
Die Auswirkungen der Finanzkrise haben natürlich auch viele Handwerksbetriebe gespürt. Vor allem die vom Export
abhängigen Zulieferer und Dienstleister
hat es erwischt. Und der Bau litt natürlich unter dem monatelangen Winter mit
Schnee und Eis. Insgesamt hat das Handwerk aber zur Stabilisierung der Wirtschaft in Deutschland beigetragen. Wir
haben 2009 die Mitarbeiterverluste auf
1,5 Prozent begrenzen können. Für 2010
erwarten wir eine stabile Beschäft igungssituation, trotz leicht sinkender Umsätze.
Sie unterhalten als Verband mit Sitz
in Berlin sehr enge Beziehungen zur
Politik …
… ja natürlich, das ist eine Hauptaufgabe. Wir sind die Interessenvertretung des
Handwerks gegenüber der Politik. Unsere 53 Handwerkskammern sind im Deutschen Handwerkskammertag (DHKT)
vertreten, der gemeinsam mit dem Unternehmerverband Deutsches Handwerk
(UDH), in dem unsere Bundesfachverbände zusammengeschlossen sind, den
ZDH bildet. Mit den anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft arbeiten wir eng
zusammen. Alleine oder im Zusammenwirken mit den anderen Spitzenverbänden haben wir häufige und enge Kontakte
zur Politik.
Können Sie ein Thema nennen, das Sie
mit der Kanzlerin kürzlich besprochen
haben?
Zuletzt ging es um die Sicherstellung der
Finanzierung des Mittelstandes 2010.
Dieses Thema wird uns noch begleiten!
In der vergangenen Legislaturperiode
Im Fokus I 33
war die Unternehmensteuerreform ein
Hauptthema. Frau Merkel hatte bei einem
Treffen im Kanzleramt die Präsidenten
der vier Spitzenverbände des Handwerks
und der Industrie um einen gemeinsamen konkreten Vorschlag gebeten. Dabei
konnten wir eigene Regelungen für Personengesellschaften durchsetzen. Die Bundeskanzlerin ist sehr konstruktiv und hat
eine gute Gabe, verschiedene Meinungen
zu bündeln.
Haben Sie sich bei der Regierung auch für
die Konjunkturprogramme eingesetzt?
Selbstverständlich, und die Konjunkturpakete waren letztlich für das Handwerk
wie maßgeschneidert. Denken Sie an die
zusätzlichen öffentlichen Investitionen,
den verdoppelten Steuerbonus auf Handwerkerleistungen für die Bauwirtschaft ,
die verbesserte steuerliche Abschreibung
oder Regelungen zur Ist-Versteuerung.
Die Berufsgenossenschaften werden in diesem Jahr 125 Jahre alt. Welche Bedeutung
hat für Sie das Thema Arbeitssicherheit
und Gesundheitsschutz und welchen Stellenwert hat für Sie die Gesetzliche Unfallversicherung?
Für uns als Unternehmer ist die Gesetzliche Unfallversicherung sehr wichtig.
Wenn ein Unfall passiert, sind die Betroffenen bestens versorgt und der Betrieb abgesichert gegen mögliche Haftungsansprüche. Diese könnten ansonsten
seine Existenz bedrohen. Nicht einverstanden sind wir aber damit, dass die Arbeitgeber mit ihren Beiträgen zur Unfallversicherung auch das Risiko der
Wegeunfälle absichern, auf die sie keinerlei Einfluss haben. Daher sollten die
Wegeunfälle aus diesem Versicherungsschutz herausgenommen werden. Dann
könnten auch die BG-Beiträge sinken.
Der Einsatz für Arbeitsschutz und Gesundheitsvorsorge lohnt sich. Die Unfallzahlen sind seit Jahren rückläufig. ➜
„Wenn ein
Betrieb etwas
für Arbeitsschutz tut, sollte
es sich für ihn
finanziell lohnen.“
34 I Im Fokus
BG BAU aktuell 3_2010
Trotzdem ist in der Bauwirtschaft das
Risiko eines Arbeitsunfalls doppelt so
hoch wie in der gesamten gewerblichen
Wirtschaft. Wo sehen Sie die Gründe
dafür?
Ein wichtiger Grund ist, dass unsere
Arbeitsplätze meist nicht stationär sind,
sondern sich täglich verändern. Obwohl
Baubetriebe zum Teil spezialisiert sind,
ist keine Baustelle wie die andere. Das
Risiko für einen meldepfl ichtigen Unfall
ist natürlich ungleich höher, wenn körperlich schwer auf Baustellen gearbeitet
wird als am Schreibtisch im Büro.
OTTO KENTZLER
Werden die Gefährdungsbeurteilungen
von den Handwerksbetrieben durchgeführt? Halten Sie dieses Instrument
zur Risikominimierung überhaupt für
geeignet?
Otto Kentzler (Jahrgang 1941) ist seit
2005 Präsident des Zentralverbandes
des Deutschen Handwerks (ZDH) mit
Sitz in Berlin und seit 1994 Präsident
der Handwerkskammer Dortmund.
Beim ZDH sind die 53 Handwerkskammern, 36 Zentralfachverbände
des Handwerks sowie bedeutende
wirtschaftliche und wissenschaftliche Einrichtungen des Handwerks
in Deutschland zusammengeschlossen. Der ZDH vertritt seine Mitglieder in allen grundsätzlichen Fragen
Die Gefährdungsbeurteilung ist eine
Grundlage für sichere Arbeit. Im Rahmen des Unternehmermodells können
sich die Betriebsinhaber in Sachen Arbeitsschutz schulen lassen. Sie können
lernen, die verschiedensten Gefährdungen selbst zu ermitteln, zu beurteilen und
entsprechende Schutzmaßnahmen festzulegen. Gerade den kleinen Betrieben
des Handwerks nutzt das Unternehmermodell. Von daher unterstützen wir seine
Verbreitung.
des Handwerks und die Gesamtinteressen des Handwerks gegenüber
Bundestag, Bundesregierung und
anderen zentralen Behörden, der
Europäischen Union und internationalen Organisationen.
Otto Kentzler leitet als geschäftsführender Gesellschafter gemeinsam
mit seinem Sohn Heiko einen seit
1872 bestehenden Familienbetrieb
in Dortmund. Der studierte DiplomIngenieur für Maschinenbau besitzt
die Gesellenbriefe als Gas-WasserInstallateur und Klempner. Kentzler
ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Arbeitsunfälle verursachen erhebliche
Kosten, die von den Unternehmern aufgebracht werden müssen. Wie könnten
die Unfälle im Handwerk weiter reduziert
werden?
Im gesamten Handwerk konnten die Arbeitsunfälle massiv reduziert werden. Im
Baubereich wurden sie fast halbiert. Die
Anstrengungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit sind also erfolgreich. Die
Unfallversicherer können mit regelmäßigen Beratungen und Schulungen und
durch attraktive Anreizsysteme zu weiter
sinkenden Unfallzahlen beitragen. Aus
meiner Sicht ist es auch sehr wichtig, dass
die Berufsgenossenschaft vor Ort präsent
ist, uns regelmäßig in Sicherheitsfragen
schult und zu unseren Innungsversammlungen kommt und dort die aktuellen
Probleme erklärt.
Aber die Betriebsinhaber sehen auch,
dass trotz all der Anstrengungen und Erfolge im Arbeitsschutz die Beiträge eher
steigen als sinken. Deshalb betone ich:
Guter Arbeitsschutz muss sich für den
Betrieb auch fi nanziell lohnen.
Das Handwerk leidet ja bekanntlich unter
den Auswirkungen der Schwarzarbeit. Mit
welchen Maßnahmen kann die Schattenwirtschaft effektiv bekämpft werden?
Intensivere Kontrollen können sicher
illegale Beschäft igung im großen Stil
verhindern. Das Grundübel aber sind
viel zu hohe Steuern und Sozialbeiträge, die die Arbeitsstunde verteuern. Als
beispielsweise die Mehrwertsteuer um
drei Punkte angehoben wurde, stieg die
Schwarzarbeit sofort sprunghaft an. Der
Schwarzarbeitsexperte Prof. Friedrich
Schneider von der Universität Linz hat
uns vorgerechnet, dass die steuerliche
Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen
für Privatleute die Schwarzarbeit deutlich eindämmt.
Hat das Handwerk auch in Zukunft noch
Chancen?
Auf jeden Fall. Mit der qualifi zierten
Ausbildung im Handwerk hat jeder die
Chance, seinen ganz persönlichen „goldenen Boden“ für die Zukunft zu schaffen. Mit über 100 Ausbildungsberufen ist
das Handwerk vielfältig, modern und
spannend. Trotzdem konnten zuletzt
nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Deshalb sind wir gerade dabei, mit
einer großen Imagekampagne für das
Handwerk zu werben – und natürlich um
den anspruchsvollen Nachwuchs. Um einen Werbespruch der Kampagne aufzunehmen: „Unsere Profis kommen alle aus
der eigenen Jugend!“ Das kann noch
nicht mal der deutsche Fußballmeister
von sich behaupten.
www.zdh.de
BG BAU aktuell 3_2010
Sicher unterwegs I 35
Straße nass, Fuß vom Gas
Beim Aquaplaning „schwimmt“ das Auto
unlenkbar auf einem dünnen Wasserfilm.
TEXT: DVR
FOTO: iStockphoto
Schockmoment
auf der Autobahn:
S
Aquaplaning.
tarke Gewitterregen bringen plötzlich sehr große Wassermengen auf
die Straße. Können die Reifen das
Wasser nicht rasch genug verdrängen, bildet sich ein Wasserkeil zwischen Reifen und
Fahrbahn. Das Fahrzeug verliert den Kontakt zur Straße und lässt sich weder lenken
noch bremsen. Aquaplaning droht.
Je schneller das Fahrzeug unterwegs ist,
desto mehr Wasser müssen die Reifen verdrängen, um Halt zu finden. Deshalb empfehlen der Deutsche Verkehrssicherheitsrat
(DVR) und die Berufsgenossenschaften, bei
Regen und Nässe die Geschwindigkeit an
die Straßenverhältnisse anzupassen, entsprechend langsamer zu fahren und längere
Fahrzeiten einzuplanen. Schon ab 80 km/h
ist mit Aquaplaning zu rechnen, mit stark
abgefahrenen Reifen schon erheblich früher. Aquaplaning tritt besonders häufig auf:
• in Kurven,
• in ausgefahrenen Spurrillen,
• auf sehr breiten Straßen, auf denen das
Wasser nicht schnell genug abfließen
kann,
• in Straßen neben Berg- und Felshängen,
• in Unterführungen und
• in „S-Kurven“, deren Querneigung
wechselt.
Wenn das Fahrzeug aufschwimmt, wird
die Lenkung leichtgängig, ohne dass sie
die Fahrtrichtung beeinflusst. Wasser
spritzt laut hörbar an den Fahrzeugboden. Bei Autos mit Frontantrieb drehen die Reifen durch und der Motor wird
deutlich lauter.Wer dies bemerkt, darf auf
keinen Fall bremsen, sondern sollte die
Kupplung treten (bei Automatikgetriebe
Gas wegnehmen) und das Lenkrad mit
beiden Händen in Fahrtrichtung halten.
Die Räder dürfen nicht blockieren oder
in der falschen Richtung stehen, wenn sie
wieder Kontakt zur Straße bekommen,
sonst stellt sich das Fahrzeug quer oder
gerät ins Schleudern.
36 I Mitglieder und Beiträge
BG BAU aktuell 3_2010
Auch im Ausland
gut versichert
Was ist bei der Entsendung zu beachten?
Und wie sind die Mitarbeiter gegen
Arbeitsunfälle versichert?
TEXT: Yvonne Kohl
FOTO: iStockphoto
WICHTIGE DOKUMENTE
Vordruck A1 (auch E 101DE)
ist erforderlich, damit die deutschen
Rechtsvorschriften auch bei einer
Beschäftigung Ihrer Mitarbeiter im
Ausland weiter gelten. Arbeitgeber
können das Formular bei den
Krankenkassen anfordern oder
herunterladen unter
www.dvka.de > Arbeiten im Ausland
Merkblatt „Gesetzliche Unfallversicherung bei Entsendung ins Ausland“
G
enerell steht ein Arbeitnehmer auch bei einer
Entsendung
ins Ausland unter dem
Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung in
Deutschland. Vor dem
ersten Mai 2010 unterlagen Arbeitnehmer
dabei weiterhin den deutschen Rechtsvorschriften über
soziale Sicherheit, wenn die voraussichtliche
Dauer der Beschäftigung im Gebiet eines
anderen Mitgliedstaates der EU 12 Monate
nicht überschritt. Eine Verlängerung auf
höchstens 24 Monate war möglich.
www.dguv.de, Webcode: d1294
Nähere Infos erhalten Sie bei der Verbindungsstelle der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung unter
www.dguv.de, Webcode: d1227
Seit Mai 2010 richtet sich die Beurteilung
des anzuwendenden Rechts vorrangig nach
einer neuen EG-Verordnung (Nr. 883/2004).
Grundsätzlich gelten die deutschen Sozialversicherungsvorschriften weiter, wenn die voraussichtliche Dauer der Auslandstätigkeit 24
Monate nicht überschreitet. Wird ein Arbeitnehmer extra für die Entsendung eingestellt,
muss er mindestens einen Monat vor seiner
Anstellung den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates
unterliegen, in dem der
Arbeitgeber seinen
Wer Mitarbeiter
Sitz hat.
im Ausland beschäftigen will, nutzt den
neuen Antrag A1.
BG BAU aktuell 3_2010
Mitglieder und Beiträge I 37
Ausnahme- und Übergangsregelungen
Wurde ein Arbeitnehmer bereits vor dem ersten Mai 2010 entsandt, gelten zunächst die alten Regelungen gemäß der früheren EWG-Verordnung (1408/71)
weiter, längstens bis zum 30. April 2020. Voraussetzung ist hier, dass sich
keine rechtserheblichen Änderungen in den Verhältnissen ergeben haben. Die neue Verordnung gilt nicht in Liechtenstein, Island, Norwegen
und der Schweiz. Hier gilt weiterhin der Entsendezeitraum von zwölf
Monaten und eine mögliche Verlängerung um ein weiteres Jahr.
Entsendung in Drittstaaten
Für die Entsendung in ein Land außerhalb Europas kommt es darauf an, ob
Deutschland mit dem jeweiligen Land ein Sozialversicherungsabkommen
getroffen hat. Ist dies der Fall, können auch in diesen Ländern die deutschen
Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit angewendet werden. Die jeweiligen
Entsendezeiträume bewegen sich zwischen 12 und 36 Monaten mit anschließender Verlängerungsmöglichkeit. Existieren keine Versicherungsabkommen
mit dem Land, in das ein Arbeitnehmer entsandt wird, greift in vielen Fällen
die sogenannte Ausstrahlungsregelung. Da diese aber unabhängig von einer
etwaigen Versicherungspflicht im Beschäft igungsstaat besteht,
kann es passieren, dass es zu einer Doppelversicherung
kommt. Der Arbeitgeber würde dann doppelt zu
den Sozialversicherungsabgaben herangezogen,
sowohl in Deutschland als auch im Beschäft igungsstaat. Ausnahmevereinbarungen sind
jedoch möglich. Entscheidend dafür ist vor
allem das individuell zu begründende Interesse des Arbeitnehmers an solch einer
Regelung. Über die Genehmigung einer
entsprechenden Ausnahme entscheiden
sowohl der Entsendestaat als auch der
Staat, in dem der Arbeitnehmer tätig
werden soll.
VORAUSSETZUNGEN
FÜR EINE ENTSENDUNG
• Der Sitz des Arbeitgebers muss in
Deutschland sein. Dabei reicht es
nicht, wenn sich die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf
reine Verwaltungstätigkeiten
beschränkt.
• Die Dauer des Auslandsaufenthaltes ist begrenzt.
• Ein Arbeitnehmer darf nicht entsandt werden, um einen anderen, dessen Zeit der Entsendung
vorüber ist, zu ersetzen (Ausnah-
Leistungen der
Berufsgenossenschaft
Die im Inland bewährten Verfahren zur Betreuung von verletzten
und erkrankten Personen können
bei einem Auslandsaufenthalt
nicht gleichermaßen gewährleistet
werden. Bei Sachleistungen richtet
sich der Leistungsumfang und Zeitraum, für den Leistungen beansprucht
werden können, nach den Rechtsvorschriften
des Beschäft igungsstaates. Ist dort zum Beispiel eine Selbstbeteiligung an den Kosten
für die Heilbehandlung vorgesehen, muss
diese zunächst entrichtet werden. Sieht das
deutsche Recht in einem vergleichbaren Fall
keine Selbstbeteiligung vor, wird der deutsche
Träger der Unfallversicherung, beispielsweise die
BG BAU, die Kosten im Regelfall erstatten.
men gelten bei einer unplanmäßigen, vorzeitigen Beendigung des
Auslandsaufenthaltes des bereits
entsandten Arbeitnehmers).
• Die arbeitsrechtliche Bindung
zwischen Arbeitgeber und der
entsandten Person muss während
der gesamten Entsendungsdauer
fortbestehen.
38 I Infomedien
BG BAU aktuell 3_2010
ALS FÜHRUNGSKRAFT
ÜBERZEUGEN
ERDBAUMASCHINEN
SICHER FÜHREN
Ein authentisches, sicheres Auft reten ist die Schlüsselqualifi kation jeder
Führungspersönlichkeit. Was Sie sagen
und wie Sie wirken, hat Gewicht – oft
auch unbewusst. Dabei ist Authentizität nicht zu verwechseln mit Kompromisslosigkeit oder Arroganz. Vielmehr
geht es darum, durch souveräne Ausstrahlung andere von den eigenen Zielen zu überzeugen. Der
Coach Michael Moesslang zeigt in diesem Ratgeber für Führungskräfte auf, wie das geht, und hilft ganz praxisnah, den
individuellen Wunsch nach Erfolg durch bessere persönliche
Wirkung und selbstsichere Kompetenz umzusetzen.
Erdbaumaschinen, die auf unterschiedlichem Gelände eingesetzt werden, können kippen, wegrutschen,
Menschen verletzen oder Sachen beschädigen. Für den Unternehmer sind
mit solchen Unfällen meist hohe Kosten verbunden, beispielsweise für Arbeitsausfall, Terminverschiebung oder
Sachschäden. Grund genug, Mitarbeiter auf Erdbaumaschinen gründlich in ihre Aufgaben einzuweisen und über die
Gefahren zu informieren. Die Broschüre vermittelt dem Fahrer Basisinformationen in leicht lesbarer Form.
Nur im Buchhandel erhältlich: Michael Moesslang: Professionelle
Resch Verlag GmbH, 64 Seiten, DIN A5, 12 Euro, Tel.: 089/854655-0,
Authentizität – Warum ein Juwel glänzt und Kiesel grau sind;
Fax: 089/854465-11, E-Mail: info@resch-verlag.com
Nur im Buchhandel erhältlich: Der Erdbaumaschinenführer,
Gabler Verlag 2010; 304 Seiten; 29,95 €; ISBN 978-3-8349-2022-5
DIE SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT
Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat der Kapitalismus an Akzeptanz
verloren. Eine fundamentale Systemdebatte brach los. Viele halten den Neoliberalismus für die Ursache allen Übels
und fordern eine Rückbesinnung auf die
Soziale Marktwirtschaft, das berühmte
Nachkriegs-Erfolgsmodell.
In ihrem Standardwerk „Die Soziale Marktwirtschaft“ erklärt
Karen Ilse Horn alles, was man darüber wissen muss, um mitreden zu können. Dass man gleichzeitig etwas über deutsche Geschichte, Institutionen und wirtschaftliche Hintergründe erfährt,
ist eine weitere Stärke des kurzweilig geschriebenen Buches.
Nur im Buchhandel erhältlich: Die Soziale Marktwirtschaft
– Alles, was Sie über den Neoliberalismus wissen sollten;
Karen Ilse Horn; 24,90 Euro; ISBN 978-3-89981-220-6 # 3220
NAPO-FILME AUF DVD
Napo ist die zentrale Figur einer
Reihe computeranimierter Filme der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Auf einprägsame
und humorvolle Weise schlägt er sich
mit den alltäglichen Gefahren des
Arbeitslebens herum. Folgende Filme
sind beispielsweise im Angebot:
• Napo auf der Baustelle
• Napo im Reich der Gefahrensymbole
• Napo in „Schluss mit Lärm!“
• Napo in „Saubere Sache“ (Reinigungsgewerbe)
• Napo in „Schütze deine Haut“
Die Filme eignen sich besonders für jüngere Beschäftigte und
Berufsanfänger sowie zum Einstieg in Schulungsmaßnahmen
und Sicherheitsunterweisungen. Da die Filme ausschließlich
mit Bildern, Symbolen, Geräuschen und Musik arbeiten, kommen sie ohne Worte aus. Sie sind also auch für Beschäftigte
mit geringen Deutschkenntnissen geeignet.
SCN
Alle Napo-DVDs stehen im Internet zum
Herunterladen bereit oder können über
BESTELLUNGEN
den Warenkorb der DGUV
kostenlos bestellt werden
unter: www.dguv.de
Sämtliche Printmedien und CDs der BG BAU können Sie über den Zentralversand unter Angabe
der Abrufnummer direkt bestellen. Unter www.bgbau-medien.de können Sie die Medien einsehen,
bestellen oder herunterladen.
BG BAU – Zentralversand, Landsberger Straße 309, 80687 München
Hotline: 01803/987001, Fax: 0 89/88 97-9 19, E-Mail: Zentralversand@bgbau.de
BG BAU aktuell 3_2010
Mit gutem Beispiel I 39
Fitnesstraining in der Firma
Die Gesundheit seiner Mitarbeiter liegt
Dachdeckermeister Frank Helmke am Herzen
TEXT: Dagmar Sobull
FOTO: Mirko Bartels
M
ittwochs und freitags ist Fitnesstag. Dann nutzt auch der
Chef den Fitnessraum auf
seinem Firmengelände in Bremerhaven.
„Bevor die Jungs lange Anfahrtswege
und Kosten haben, um ins Fitnessstudio
zu gehen, können wir das doch gleich
hier bei uns anbieten“, dachte sich Frank
Helmke, als er sich vor zwanzig Jahren
selbstständig machte. Das sei auf jeden
Fall besser, als wenn die Mitarbeiter nach
Feierabend in der Kneipe rumhängen.
Bereits 1995, als Gesundheitsmanagement
für kleinere Bauunternehmen vielfach noch
ein Fremdwort war, richtete Helmke in der
neu gebauten Halle auf dem Firmengelände
einen Fitnessraum für seine Mitarbeiter ein.
Ausgestattet mit Hantelbank, Laufband,
Bizepsstreckern und verschiedenen anderen Geräten zum Muskeltraining, nutzen
mehrere seiner heute insgesamt 10 Mitarbeiter das Angebot vor allem in der kalten
Jahreszeit. Nebenan geht es zur Entspannung in die Sauna. „Das ist ja auch gut für
die Abwehrkräfte“, sagt Helmke, der seine
Mitarbeiter gesund erhalten möchte.
Eine Ausnahme gebe es nur bei den zweimal jährlich stattfi ndenden Grillfesten.
Und selbst dann sei niemand sturzbetrunken. Lediglich einen Raucher gebe es
in der Firma, sagt Helmke, einen Auszubildenden, der seinem Laster ausschließlich draußen nachgehen darf. Aus den
Firmenräumen sind die Glimmstängel
verbannt.
Fortbildung für Mitarbeiter
Seit Anfang dieses Jahres ist die Dachdeckerei Helmke auch nach AMS BAU
zertifi ziert. „Das macht innerbetrieblich
viel aus“, sagt Helmke, beispielsweise im
Hinblick auf die Schulungsaktivitäten.
So seien im Rahmen des AMS Bau-Prozesses einige Mitarbeiter zu Ersthelfern
ausgebildet worden, andere hätten sich
in Sachen Ladungssicherung fortgebildet. Außerdem lädt Helmke gelegentlich
Vertreter der Krankenkassen zu Vorträgen zu Themen wie Rückengesundheit
und Hautschutz in die Firma ein. „Dann
wissen auch die neuen Auszubildenden
gleich Bescheid, worauf sie achten müssen“, sagt Helmke, der regelmäßig Nachwuchskräfte ausbildet.
Alkohol ist tabu
Das Thema Alkohol auf dem Bau sei früher ein großes Problem gewesen, erinnert
sich Helmke an seine Lehrzeit: „Damals
wurde auf dem Bau noch ordentlich gezecht.“ Heute herrscht in der Dachdeckerei Helmke absolutes Alkoholverbot.
Der Chef gibt die
Als Selbstständiger habe er sich auf die
Fahnen geschrieben, einiges anders zu
machen als bei anderen Unternehmen,
resümiert der Dachdeckermeister. Das
habe sich bis heute bewährt.
Richtung vor: Dachdeckermeister Frank Helmke
trainiert im firmeneigenen
Fitnessstudio.