Trainee-Programme
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Trainee-Programme
arbeitsmarkt auch für Geisteswissenschaftler und umfassend ausgebildete Generalisten wie Geowissenschaftler, Agraringenieure oder Ökotrophologen. Armer Poet .... EINSTIEG Trainee-Programme Wer als Akademiker eine Tätigkeit in großen Wirtschaftsunternehmen anstrebt, kann den Einstieg über Trainee-Programme finden. Wie wird man Trainee, und welche Aussichten bieten sich damit auf dem Arbeitsmarkt? | Andreas Pallenberg E s sind die Stellenanzeigen, die von vielen Akademikern schnell überblättert werden. Sie sind bunt und auffällig gestaltet, und sie zeigen mit ihren allbekannten Firmenlogos eindeutig, wohin die Reise gehen soll. Damit richten sich zum Beispiel die Allianz Deutschland AG, Aldi-Süd oder die Bayer AG regelmäßig und gezielt an Absolventen bestimmter Fachrichtungen, um sie als Trainees zu gewinnen. Nicht selten werden aber auch Kandidaten ohne irgendwelche fachlichen Präferenzen für den Nachwuchs an Fach- und Führungskräften gesucht. Schaut man sich dann noch das gewünschte Qualifikationsprofil an, so liest IV es sich wie eine Sammlung hinlänglich bekannter Schlüsselqualifikationen, die Akademikern, insbesondere Geisteswissenschaftlern, in der Regel attestiert werden. Da ist die Rede von Teamfähigkeit, Verantwortungsübernahme, Flexibilität, Mitarbeiterführung und -entwicklung, Kommunikationsstärke, Moderationsund Motivationsfähigkeit als Voraussetzungen zum Beispiel für Vertriebs-, Beratungs- und Managementjobs. Gibt es keine weiteren Angaben zu erforderlichen Studienfächern, wie z.B. betriebswirtschaftliche Abschlüsse oder andere fachspezifische Qualifikationen, ergeben sich grundsätzlich auch Chancen für Akademiker jedweder Couleur – somit Aber wer will schon bei der Allianz AG oder bei Lidl Karriere machen und das mit einem Abschluss zum Beispiel in Literaturwissenschaft oder Philosophie. Die meisten lehnen dankend ab, aber es werden immer mehr, die sich als Geisteswissenschaftler mit Generalistenkompetenzen für eine Karriere bei Banken und Versicherungen oder zum Beispiel bei den einschlägig bekannten Einzelhandelsketten interessieren. In beiden Branchen floriert das Geschäft; bei den Banken trotz Krise (da werden schon wieder gute Geschäfte gemacht!) und bei den Discountern wegen der Krise. Hier wird jenseits der einfachen und gehobenen Laufbahnen immer auch akademischer Nachwuchs für das Management bzw. Führungspersonal benötigt und mit durchaus verlockenden Angeboten über Trainee-Angebote rekrutiert. ... oder Manager bei Aldi Was ist das Verlockende daran? Es wird in der Regel schnell und ordentlich Geld verdient, was ja nicht das Schlechteste ist. Auch die weitere Laufbahn ist meistens vorprogrammiert und abgesichert. Es gibt Aufstiegschancen und durchaus nennenswerte Karrieremöglichkeiten. Damit versorgt, lässt sich ein Leben mit Familie planen und eine soziale Sicherung aufbauen, von der unspezifisch ausgebildete Akademiker in der Regel nur träumen können. Weitere höchst verlockende und typische Merkmale der freien Wirtschaft sind ein paar Privilegien wie z.B. Aussichten auf privat nutzbare Firmenfahrzeuge, vielleicht die Bahncard erster Klasse, zusätzliche Altervorsorge und in der Regel umfassende Weiterbildungsmöglichkeiten. Das Firmenhandy arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_45|2009 arbeitsmarkt und der Parkplatz vor dem Firmensitz gehören ebenfalls noch zum Angebot, haben inzwischen das von ihnen ausgehende Prestige weitgehend eingebüßt, werden aber immer noch gerne „mitgenommen“. „Alles Tand und Glitter, alles von ausschließlich materiellem Wert, aber inhaltlich ohne jeden Anspruch“, mag da der aufgeklärte und kritische Geist angesichts derartiger Verlockungen bemerken. Er hat genauso recht wie derjenige, der feststellt, dass mit Geld und finanzieller Absicherung alles noch ein bisschen besser geht als ohne. Es geht also mal wieder um eine Art Gewissensentscheidung. Zur Wahl steht einerseits die ggfs. etwas aufwändigere Suche nach einem adäquaten Job, bei dem man auch das Gefühl hat, die erlernten und studierten Inhalte nutzen und einsetzen zu können. Auf der anderen Seite verlockt die schnelle Karriere, bei der man sich jenseits der Fachqualifikation um einen Job bemüht, der wenig mit den Studieninhalten, dafür aber umso mehr mit den sonstigen verwertbaren Qualitäten zu tun hat und bei dem man relativ sorgenfrei eine Berufslaufbahn ergreifen kann. Aber so einfach ist es dann doch nicht. Die Alternative „armer Poet“ oder Manager bei Aldi stellt sich in der Regel erst später, denn ob der Poet zum Young Professional taugt, wird sehr gründlich geprüft. on auf anschließende Übernahme in ein Arbeitsverhältnis verbunden, wenngleich dies aber keineswegs immer garantiert ist. Wie bei den anderen bereits beschriebenen Berufseinstiegen ist auch bei Trainee-Angeboten vieles üblich, aber nichts ist rechtlich gesichert oder gar geschützt. Also differieren die Konzepte ebenso wie die Inhalte und die Methoden. Allen echten Trainee-Programmen gemeinsam ist jedoch das Ziel der anbietenden Unternehmen, zukünftige Mitarbeiter über gezielte praktische Arbeitserfahrung und Ausbildung auf konkrete Fach- und Führungsaufgaben im eigenen Haus auszuwählen und vorzubereiten. Die Dauer solcher Rekrutierungsprogramme liegt in der Regel zwischen zwölf und 24 Monaten. Innerhalb dieser Zeit werden die Trainees in allen relevanten Abteilungen eingesetzt und im praktischen Berufsalltag ihren zukünftigen Mitarbeitern und Vorgesetzten präsentiert. Diese Variante kommt zur Anwendung, wenn ein Programm ganz bestimmte Mitarbeiter, z.B. Vertriebsleute, heranziehen möchte. Es gibt aber auch Trainee-Konzepte, die es zukünftigen Mitarbeitern ermöglicht, in alle Bereiche des Unternehmens hineinzuschauen, um sich dabei inhaltlich zu orientieren und erst im Laufe der Maßnahme eine inhaltliche Entscheidung für die eigentliche Laufbahn zu fällen. Wer oder was ist ein Trainee? Warum eigentlich der Aufwand? Es gibt doch die Möglichkeit des Direkteinstiegs nach dem Studium. Theoretisch stimmt das, und es kommt auch immer wieder vor, bleibt aber angesichts eines Überhangs an Arbeitsuchenden zunehmend die Ausnahme. Denn die Arbeitgeber – besonders in der Wirtschaft – verlassen sich nicht auf die meist dürftigen Praxiserfahrungen junger Absolventen und wollen keine Katze im Sack kaufen. Sie wissen, dass über die üblichen Bewerbungsverfahren kaum ein dauerhafter Eindruck vom Einsatzvermögen neuer Zur begrifflichen Klarstellung: „Das Trainee“ im Sinne von Training und als Analogbegriff zum Praktikum bzw. Volontariat gibt es in unserem Sprachgebrauch nicht. Es ist immer vom Trainee-Programm die Rede. „Ein Trainee“ ist somit immer die Person, die eine entsprechende Ausbildungsphase, also ein TraineeProgramm, absolviert. Im Gegensatz zum Berufseinstieg über Praktika bzw. Volontariate ist der Einstieg als Trainee viel stärker mit der Opti- Aufwand mit Investitionscharakter arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_45|2009 Mitarbeiter erlangt werden kann. Außerdem müssen junge Absolventen noch einiges lernen und unter Beweis stellen, bevor sie als Führungskraft eingesetzt werden können. Auf den Punkt bringt es Gerhard-Hermann Koch, langjähriger Personalberater und Betreiber der Webseite www.karrierehandbuch.de: „Im Grunde ersetzen viele Trainee-Programme nur das Praxiswissen, das den Absolventen trotz Praktika fehlt. Generell zählt das bewiesene Können.“ Der Spirit des Unternehmens Die Allianz zum Beispiel verspricht in ihrem Traineeprogramm „Vertrieb“ vollmundig das „ideale Karrieresprungbrett für Hochschulabsolventen“ und wirbt mit 60 Millionen Kunden weltweit und dem Kerngeschäft „Versicherung, Vorsorge, Vermögen“. Um die Vorurteile gegenüber Vertriebstätigkeiten schon im Vorfeld einzudämmen, wird dort ganz offensiv mit den Karrierechancen geworben: „Unser Trainee-Programm im Vertrieb ist die Pole-Position, um bei der Allianz nach ganz oben durchzustarten. Innerhalb von zwei Jahren entwickeln wir Sie zur Führungskraft. Nirgendwo sonst lernen Sie den Spirit unseres Unternehmens so gut und so schnell kennen wie im Vertrieb .“ Der Sprung ins vorgewärmte Wasser Als Beispiel für die vielen Einzelhandelsdiscounter und Ketten wirbt Aldi-Süd folgendermaßen für sein Trainee-Programm: „Wenn in Ihrer Brust einerseits ein tatkräftiges, unternehmerisches Herz schlägt, Sie andererseits aber auch die Sicherheit eines gewachsenen, etablierten Rahmens zu schätzen wissen, dann spricht schon Wesentliches dafür: Steigen Sie nach Ihrem erfolgreichen Hochschulabschluss bei ALDI SÜD ein. Das Traineeprogramm bei uns unterscheidet sich wesentlich von denen der meisten anderen Unternehmen. Sie werden kon- V arbeitsmarkt kret auf eine Führungsposition als Regionalverkaufsleiter vorbereitet. Und Sie erhalten auch schon einen entsprechenden Vertrag, inklusive der dazugehörigen Vergütung und vieler weiterer Vorzüge wie etwa Ihren Geschäftswagen, einen Audi A4. Vom ersten Tag an bereiten wir Sie darüber hinaus auf Ihre Führungsaufgaben vor. Und zu Ihrem Trainingsprogramm gehören auch die ersten Sprünge ins schon vorgewärmte Wasser: Sie übernehmen beispielsweise Urlaubsvertretungen für Ihre Kollegen. Ein Jahr in Watte wird das ganz sicher nicht. Aber eine Zeit voller Chancen zur Entfaltung Ihrer Talente.“ Es sind natürlich in erster Linie die großen Unternehmen, die sich ein ernst zu nehmendes Trainee-Programm leisten können, um sich ihren Führungskräftenachwuchs selbst heranzuziehen. Allerdings findet man Ausschreibungen für Trainees nicht regelmäßig in der Tagespresse, dafür fast immer auf den Firmenportalen der Unternehmen. Nicht nur bei Lidl, Aldi, Netto, Penny und Co finden sich die Buttons mit der Bezeichnung „Karriere“ mit den entsprechenden Sparten für Absolventen bzw. Trainees. Auch andere Börsengrößen wie die Bayer AG haben ihre ausführlichen Informationen für angehende Trainees. Da gibt es neben vielen anderen Trainees zum Beispiel auch solche mit dem Schwerpunkt im Bereich Human Resources. Bei den Discount-Ketten gibt es nicht nur den Regionalverkaufsleiter sondern auch Managementstellen zum Ausbau des internationalen Vertriebs (Lidl). In der Regel kann man davon ausgehen, dass diese und andere Großunternehmen die Sache mit dem Trainee-Konzept ernst nehmen und nicht missbrauchen im Sinne von „billige Arbeitskraft und verlängertes Praktikum“. Und außerhalb der Wirtschaft? Aber auch jenseits der Branchenriesen aus der Wirtschaft gibt es Trainee-Programme. So werden zur Vorbereitung auf Tätigkeiten in NGOs und Non-Profit-Organisationen ebenfalls Trainee-Stellen angeboten. In der 43. Kalenderwoche wurde eine Trainee-Aktion mit dem Stichwort „wirkungsoptimierte Projektarbeit“ von der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe www.ageh.de ausgeschrieben. Dabei ging es um die „Befähigung zu einer Fachkrafttätigkeit auf Grundlage des Entwicklungshelfergesetzes im Rahmen kirchlicher Entwicklungszusammenarbeit.“ Laufzeit zwei Jahre mit Vergütung nach dem TVöD und einer Option auf fünfjährige Zusammenarbeit. Eine der genannten Anforderungen an die Kandidaten: „Ein gutes interkulturelles Einfühlungsvermögen zeichnet Sie aus.“ Auch die Bundesagentur für Arbeit bietet Trainee-Programme für den Nachwuchs ihrer Fach- und Führungskräfte an. Ein Blick auf www.arbeitsagentur.de unter Veröffentlichungen und „Trainee“ fördert verschiedene Möglichkeiten zu Tage. Und wer es inhaltlich etwas näher am Studium haben möchte, ist auch nicht chancenlos, wenngleich diese Stellen etwas intensiver gesucht werden müssen. So gibt es unter www.traineegefluester.de das Beispiel eines TraineeProgramms in der Erwachsenenbildung, das von der WBS Trainig AG angeboten wurde. In diesem Forum berichtet die Absolventin Anika Schmidt (28) von ihren durchweg positiven Erfahrungen. wenn man sich auf eine Ausbildung als Trainee einlässt, und mehr auf die Inhalte als auf die Verpackung achten. So wurde zum Beispiel vor einigen Wochen ein PR-Trainee für Berlin gesucht. Vorausgesetzt wurde ein „abgeschlossenes Hochschulstudium“. Weiterhin war von spannenden Themen im politischen Umfeld die Rede, von vielfältigen Aufgaben mit Perspektive, einer kreativen Atmosphäre und einem sympatischen Team. Bei den Kenntnissen und Fähigkeiten wurde dann praktisch alles vorausgesetzt, was man für eine normale Stelle benötigt, wie Expertise in einem bestimmten Fachbereich und journalistische Erfahrungen. Angaben zum Gehalt, zur Dauer, zum Programm oder zu den weiteren Aussichten gab es keine, der Stellenantritt war sofort möglich, und es gab keine Bewerbungsfrist. Das muss keine schlechte Sache gewesen sein, es drängt sich aber der Verdacht auf, dass dort von einem kleinen Betrieb eine Allround-Arbeitskraft gesucht wurde, die sich unter der Bezeichnung Trainee unter nicht näher bezeichneten Umständen selbst trainieren sollte. Um die Qualitäten von Trainee-Programmen besser beurteilen zu können, kann folgender Fragenkatalog dienen, der vor Aufnahme eines Trainee-Programms berücksichtigt werden sollte: • Wie lange dauert das Trainee-Pro- Billige Arbeitskraft? gramm? • Lernt man verschiedene Abteilungen Wie schon in den Beiträgen zum Thema Praktikum und Volontariat ausgeführt, gibt es auch bei dem Begriff Trainee oder Training keine eindeutige Definition und schon gar keine rechtliche Festlegung. Somit ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Ähnlich wie bei Praktikanten und Volontären bietet sich gerade der Begriff „Trainee“ als Euphemismus für eine unterbezahlte Arbeitkraft an. Das hört sich besser an als ein Praktikum, ist aber oft nicht mehr als ein verlängerter praktischer Einsatz bei geringer Bezahlung. Man sollte also genau hinschauen, kennen? • Wenn ja, wie lange verweilt man in den einzelnen Abteilungen? • Findet die Ausbildung an einem oder an mehreren Standorten statt? • Ist ein Auslandsaufenthalt vorgesehen? • Gibt es einen Mentor bzw. einen persönlichen Ansprechpartner, der den Trainee während des Programms betreut und mit Rat und Tat zur Seite steht? • Finden fachliche und persönliche Weiterbildungsmaßnahmen statt? arbeitsmarkt • Welche konkreten Aufgaben müssen/ können übernommen werden? Welches ist der eigene Verantwortungsbereich? • Bekommt man eigene Projekte und Verantwortungsbereiche übertragen oder ist man vorwiegend weisungsgebunden? • Wie sieht es mit der Bezahlung aus? Wie steht diese in Relation zum Direkteinstieg? • Gibt es einen Vertrag? Gilt dieser für das Programm oder reicht er darüber hinaus? • Wenn der Trainee-Vertrag befristet ist, wie steht es um die Perspektiven für eine anschließende Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis? • Welche Position bzw. welche Laufbahn kann man nach dem TraineeProgramm antreten? Wenn diese Punkte (angelehnt an die Praxistipps von www.absolventa.de) vorher geklärt sind, sollte man keine bösen Die Anbieter wollen bei diesem aufwändigen Verfahren schließlich nur in geeignete Aspiranten investieren. Insofern beginnt die Trainee-Zeit schon mit der Auswahl vor Start des Programms, und diese Selektion ist die eigentliche Klippe im System. Wer als Trainee reinkommt, hat auch beste Chancen auf spätere Übernahme. Und schon deshalb werden die Kandidaten vorher auf Herz und Nieren oder besser hinsichtlich ihrer Kompetenzen und Motivation geprüft. Und dieser Prozess ist meistens aufwändiger als bei normalen Bewerbungsverfahren. Wie bewirbt man sich als Trainee? Glaubt man den Ausführungen von Bewerbungsratgeber Hesse/Schrader, so sollte ein Interessent für ein Trainee-Programm schon einiges mitbringen, um sich erfolgreich bewerben zu können: „Abgeschlossenes Hochschulstudium, Wer es in ein Trainee-Programm geschafft hat, kann und muss sich voll auf die Inhalte konzentrieren. Der spätere Job ist relativ sicher. Überraschungen erleben. Empfehlenswert ist auch der Kontakt zu ehemaligen oder aktiven Trainees in den Wunschunternehmen. Reinkommen ist alles Trainee-Konzepte haben nicht nur Ausbildungs-, sondern auch Auswahlcharakter. gute Abschlussnoten, zügiges Studium möglichst mit Auslandsaufenthalt und etwas Berufspraxis sind erwünscht.“ Auch Fremdsprachenkenntnisse sind sehr gefragt, Englisch ist inzwischen ein Muss. Seit die Alterfrage aus Anti-Diskriminierungserwägungen nicht offen angesprochen wird, sollte man sich als Ü30-Interessent trotzdem darauf einstel- len, ggfs. nicht mehr zum Zuge zu kommen, denn die Firmen wollen in Nachwuchs investieren, von dem sie möglichst lange profitieren können. Den eigentlichen Grund für eine Nichtberücksichtigung – nämlich das Alter – wird man schon wegen der rechtlichen Angreifbarkeit offiziell nicht erfahren. Im weiteren Verfahren muss man sich auf mehrere Etappen einstellen. Meistens erfolgen die ersten Schritte über Online-Fragebögen und -Eignungstests. Dann kann sich eine ebenfalls Onlinebasierte Bewerbungsrunde anschließen und/oder eine klassische Bewerbung mit allen üblichen Unterlagen. In den Bewerbungsunterlagen sollte – laut Hesse/Schrader – unbedingt die besondere Motivation für diese Laufbahn deutlich gemacht werden. Die in diesem Zusammenhang üblichen Eigenschaften wie Flexibilität, Initiative, Teamgeist und Belastbarkeit und Durchsetzungsvermögen sollten nicht nur beteuert, sondern aus erlebter Erfahrung belegt werden. Ergänzt werden sollte dieser Eindruck durch passende und typische Freizeitaktivitäten wie Ehrenämter, Leistungssport, Abenteuerreisen oder durch Schilderung von Arbeits- und Projektaktivitäten auf einer zusätzlichen Seite („Dritte Seite“), um sich von anderen Bewerbern abzuheben. Formal sollte Wert gelegt werden auf absolut professionelle Gestaltung der Bewerbungsunterlagen inklusive des Bewerbungsfotos. Bewerbungsexperte Gerhard Hermann Koch geht noch weiter: Auf die Frage, ob Absolventen ihre Bewerbung für ein Trainee-Programm inhaltlich anders gestalten sollten als eine Bewerbung für einen Direkteinstieg, antwortete er: „Der Aufbau des Lebenslaufes und der Anlagen ist bei beiden Bewerbungen identisch. Sie müssen aber schon im Anschreiben erkennen lassen, dass Sie sich für einen Einstieg als Trainee bewerben. Ebenso sollte erkennbar sein, warum Sie eine solche weitere Ausbildung anstreben. Das könnte zum Beispiel beinhalten, dass Sie Führungskraft werden wol- arbeitsmarkt len oder international tätig sein möchten. Wer nicht konkret benennt, was er für ein Ziel hat, wird es sich schon dadurch ver- Auch dem Trainee können die neuen Gehwerkzeuge erst mal drücken © Gabi Schoenemann/Pixelio bauen. Hervorgehoben werden sollte immer das, was für das Angestrebte nützlich erscheint. Im Übrigen sollte man sich dort bewerben, wo man längerfristig tätig sein will. Also internationales Unternehmen, Großunternehmen oder Mittelstand. Bereits Trainee-Stellen prägen einen für das weitere Berufsleben und beeinflussen es somit erheblich.“ Kein Theater im Assessment In der nächsten Runde des Bewerbungsverfahrens finden dann mehrere Gesprächsrunden statt oder der Bewerber wird in ein Assessment-Center eingeladen. Im Rahmen dieser gruppendynamisch geprägten Verfahren wird sehr genau überprüft, ob Kandidaten in das Unternehmen passen, ob sie die Dynamik und die Durchsetzungskraft sowie die Teamfähigkeit mitbringen, die von zukünftigen Führungskräften verlangt werden. Wenigstens zum Teil kann man sich VIII auf solche Stresstage vorbereiten, so dass man nicht völlig überrascht und verunsichert in diese Gruppenauswahlverfahren eintaucht. Eine Portion gesundes Selbstvertrauen ist dabei mindestens so wichtig wie ein antrainiertes Verhaltensrepertoire, das über einschlägige Literatur erworben werden kann. Das Hauptproblem dabei besteht darin, dass man sich in Konkurrenz mit anderen gleichzeitig führend und sozial kompetent zeigen muss, also weder zu zurückhaltend noch zu dominant auftritt. Und es ist tatsächlich eine Art Aufführung, dessen muss man sich klar sein. Wer sich in solchen Situationen allzu sehr auf seine schauspielerischen Fähigkeiten verlässt, muss auf der Hut sein, denn gespieltes und nicht-authentisches Gehabe wird von den meistens kompetenten Beobachtern im Hintergrund schnell entlarvt und führt zu drastischem „Punktabzug“ im Bewerbungs-Casting. Um sich mental einzustimmen, sollten vorher alle Restzweifel, ob dieser Weg denn überhaupt der richtige ist, ausgeräumt werden, denn auch diese können sich als Stolpersteine bei derartigen Verfahren erweisen. Fazit: Wer schnell „ins Geschäft“ kommen möchte, ist mit einem Traineeprogramm gut beraten. Es muss einem zukünftigen Trainee aber auch bewusst sein, was auf ihn zukommt. Es geht um schnelle Verantwortungsübernahme in vielen noch unbekannten Geschäftsbereichen inkl. Personalverantwortung und -entwicklung. Also nichts für Zauderlinge, die sich bei allen Entscheidungen rückversichern und keine Risiken eingehen wollen. Gerade diese im Berufsalltag bei Managern geforderte Entscheidungsfreudigkeit wird garantiert in den Auswahlverfahren getestet. Die Grundregel lautet dann: Jede Entscheidung ist besser als keine. Und die Entscheidung für ein solches Traineeprogramm ist weit reichend. Die bei vielen Absolventen der Geisteswissenschaften bis dahin gepflegte Offenheit für die spätere Beruftätigkeit weicht einer weitgehenden Bestimmt- heit, die einen auch für das weitere Berufs- und Privatleben festlegt. Man bewegt sich nicht mehr nur noch in akademischen Zirkeln, sondern in der ganz normalen Arbeitswelt mit Hierarchien und mit Kolleginnen und Kollegen, die meisten einen anderen Bildungshintergrund und andere Interessen haben. Es geht inhaltlich nicht mehr um Kultur im weitesten Sinne, sondern um Verkauf und Gewinn! LINKS UND TIPPS Hesse/Schrader: Praxismappe für Praktikanten, Volontäre, Trainees – Mit der optimalen Bewerbung zum erfolgreichen Berufseinstieg, Eichborn-Verlag, Frankfurt/M. 2006 www.traineegefluester.de Hier findet man eine sehr umfassende Plattform für den Informationsaustausch für Trainee-Interessierte („Alles rund um Trainee-Programme“). Dort berichten Ehemalige über ihre Erfahrungen und Personalfachkräfte über ihre Erwartungen an künftige Trainees. www.absolventa.de Hier verstecken sich die Geisteswissenschaftler noch unter „Sonstige“, ein Blick auf die Tätigkeitsbereiche (Redaktionen, Werbung, Design, PR-Beratung, Personalwesen, Geschäftsführung) zeigt aber, wohin die Inhalte zielen und wer sich angesprochen fühlen darf. Aber es ist mehr als eine Börse für Trainees. Wer sich über die Grundlagen dieser Einstiegsmöglichkeit informieren möchte, ist hier ebenso gut aufgehoben wie jemand, der sich vor Pseudo-Trainings schützen („Trainee-Tipps“) möchte. www.jobsuma.de/Search.aspx Stellenbörse für „Absolventen, Trainees und Young Professionals“. www.berufsstart.stepstone.de/ Bei Stepstone gibt es eine spezielle Seite für den Berufseinstieg, auf dem aktuell ca. 200 Trainee-Angebote verzeichnet sind. arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN_45|2009