Im Test: „SCHUFA
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Im Test: „SCHUFA
Studie 2012 Im Test: „SCHUFA-freie“ Kredite Zweite Untersuchung zur Verbreitung unseriöser Praktiken bei der Vermittlung von Verbraucherkrediten Impressum Haftungsausschluss: Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion und Herausgeber keine Gewähr. © Oktober 2012 Herausgeber: SCHUFA Holding AG Kormoranweg 5 65201 Wiesbaden Projektleitung: Thomas Modig Verantwortliche Redakteurin: Jacqueline Preußer F.A.Z.-Institut für Management-, Marktund Medieninformationen GmbH, Mainzer Landstraße 199 60326 Frankfurt am Main Gestaltung und Satz: Christine Lambert, F.A.Z.-Institut Lektorat: Vera Pfeiffer Druck und Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH, Alpenroder Straße 14, 65936 Frankfurt am Main Mit Ökofarben auf umweltfreundlichem Papier gedruckt. Diese Studie wurde klimaneutral hergestellt. Der CO2-Ausstoß wurde durch Klimaschutzprojekte neutralisiert. Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung: Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung 4 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 6 von Christian Maltry Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen 6 Testpersonen werden persönlich ausgewählt ... 8 ... sowie ausführlich geschult und betreut 8 Anbieter werden online ausgewählt 9 Anfragen werden nicht immer beantwortet 10 Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite 10 Hohe Vorabgebühren – keine Leistung 11 Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten 12 „Auslagenerstattung“ ist unseriös 13 Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung 14 Unsinnige Beteiligungen 16 Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck 17 Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten 18 Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit 20 Lukrativer Verkauf von Adressen 20 Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten 20 Stark verwobene Anbieterstrukturen 21 Schwer durchschaubare Netzwerke 21 Drohkulisse Inkasso 22 Fazit 23 Rechtsgutachten 24 von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann 1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden 24 2 Strafrechtliche Beurteilung 34 3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht 49 4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG) 51 5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht 51 6 Fazit 57 4 Zusammenfassung Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung Zum zweiten Mal nach 2007 hat die SCHUFA eine Studie in Auftrag gegeben, um den Markt der „SCHUFA-freien“ „SCHUFA-freie“ Kredite – kommen nicht zustande Kredite zu analysieren. „SCHUFA-freie“ Kredite, also Kredite ohne Bonitätsprüfung, werden heute vor allem Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung im Internet angeboten. Testpersonen unternahmen den den gewünschten „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu Versuch, ein „SCHUFA-freies“ Darlehen zu erhalten. erhalten, ist verschwindend gering: Trotz 177 Testkontakten mit den verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei „SCHUFA-freie“ Kredite – unseriöse Angebote überwiegen Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen. Die Erfolgsquote der Anfragen liegt damit gerade einmal bei 1%. Betrachtet man die Angebote, die den Studienteilneh- Einer der gewährten Kredite kommt auf einen effektiven mern unterbreitet wurden, steht fest: Personen, die einen Jahreszins von 25,5%. Beide Kredite beinhalten verschie- „SCHUFA-freien“ Kredit suchen, treffen in mehr als acht denen Nebenkosten, von denen die Kreditvermittlung von zehn Fällen auf einen unseriösen, gegebenenfalls abhängig gemacht wird. Damit ist zu vermuten, dass die sogar im Grenzbereich zur Kriminalität arbeitenden Kredite sittenwidrig sind. Anbieter. Unseriöse Angebote erkennt man daran, dass ... J Vorabgebühren erhoben werden, J Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt werden, J unsinnige Versicherungen vertrieben werden, J (gefährliche) Beteiligungen veräußert werden, J sinnlose Beratungsverträge verkauft werden, J geltend gemachte Auslagen nicht nachgewiesen werden, J teure „Beratungshotlines“ genutzt werden müssen, J unnötige, aber teure Hausbesuche gemacht werden, J Kreditsuchende mit Finanzsanierungsangeboten getäuscht werden, J Überschuldeten Insolvenzberatung durch hierzu nicht befugte Anbieter versprochen wird. Legt man diese Kriterienliste zugrunde, dann sind die Testpersonen bei 42 von 50 Firmen und damit in 84% der Fälle auf Anbieter getroffen, deren Vorgehen unseriös ist. 177 Testanfragen ergaben zwei Kredite Zusammenfassung 5 Kreditsuchende werden über tatsächliche Vermittlungschancen getäuscht und abkassiert Ordnungsrechtliches Instrumentarium wird nicht genutzt Ordnungsrechtlich benötigt ein Kreditvermittlungsge- Die Problematik, dass in großem Umfang unzulässige werbe eine Erlaubnis nach § 34c GewO. Diese wird nur Nebenentgelte kassiert werden, die beworbenen Kredite bei Zuverlässigkeit erteilt und kann unter anderem auch aber fast nie vermittelt werden, ist gegenüber der Studie dann wieder entzogen werden, wenn der Vermittler 2007 unverändert geblieben. gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt. Darüber hinaus hat die Ordnungsbehörde die Möglich- Nach wie vor täuschen die unseriösen Anbieter die Anfra- keit, Bußgelder bis zur Höhe von 5.000 1 zu verhängen. genden über ihre tatsächlichen Vermittlungschancen. Mit „Antragsannahmen“, „positiven Vorprüfungen“ und Hier ist eine große Diskrepanz zwischen Theorie und ähnlichen Formulierungen erwecken sie den Eindruck Praxis festzustellen. Obwohl ein breites ordnungsrecht- einer demnächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die liches Instrumentarium zu Verfügung steht, wird dieses Kreditsuchenden zum Abschluss diverser Verträge zu ver- offenbar nicht genutzt. Trotz der großen kriminellen leiten. Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine Energie, mit der manche Vermittler operieren, sind in den tatsächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahme- vergangenen fünf Jahren keine Fälle bekannt geworden, fall dar. in denen Ordnungsbehörden entsprechende Maßnahmen getroffen haben. Statt Kredit: teures Finanzsanierungsangebot Kreditvermittlungsbetrug kann strafrechtlich verfolgt werden Auffällig ist der gegenüber 2007 deutlich größere Anteil an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten Strafrechtlich sind die Geschäftspraktiken unseriöser oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf Kreditvermittler vor allem unter dem Gesichtspunkt des ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen. Betrugs zu betrachten. Ein Betrug liegt nicht nur dann Während 2007 nur 6 von 49 Firmen (12%) derartige vor, wenn der Anbieter schon von vornherein weiß, dass Angebote darlegten, sind es jetzt 18 von 50 Firmen er gar keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung vermitteln (36%). Durchschnittlich sollen dafür Vermittlungsgebüh- kann. Ein Betrug ist auch dann anzunehmen, wenn der ren in Höhe von 400 1 gezahlt werden. Hinsichtlich der Vermittler über die Berechtigung der von ihm geforderten Finanzsanierungsangebote existiert seit Jahren eine gefes- Zahlungen täuscht, er also zum Beispiel Vorabgebühren tigte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die die erhebt oder die Auslagen nicht einzeln aufführt. Branche offensichtlich nicht an ihren Aktivitäten hindert. Im Gegenteil: Waren viele Anbieter – im Nachgang zu In den vergangenen Jahren gab es zwar einige wenige einer vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilung Strafverfahren, eine Verurteilung mit Freiheitsstrafe eines Finanzsanierungsvermittlers – bisher aus dem Aus- gegen den vorbestraften Haupttäter – soweit ersichtlich – land aktiv, so steigt die Zahl der in Deutschland ansässi- aber nur in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart. gen Firmen wieder. Betrügerische Kreditvermittler können sich offenbar nach wie vor ungehindert an in wirtschaftliche Not geratenen und damit für jegliche Kreditangebote besonders empfänglichen Verbrauchern bereichern. 6 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Kreative Praktiken unseriöser Anbieter von Christian Maltry Zum zweiten Mal nach 2007 wurde der Markt der Gruppe A – „SCHUFA-freien“ Kredite durch Testanfragen kreditun- Arbeitslose unterhalb der Pfändungsfreigrenze würdiger bzw. überschuldeter Personen analysiert. Die Gruppe besteht vornehmlich aus ALG-II-Empfängern, Testpersonen, deren wirtschaftliches und soziales Profil – Arbeitnehmern (teilweise mit geringer formaler Qualifika- nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen tion), die unter die „Working Poor“ zu rechnen sind, und/ und Strafverfolgungsbehörden – den typischen Nach- oder Alleinerziehenden. Das Einkommen liegt regelmäßig fragegruppen entsprach, sollten den Versuch unter- unterhalb der Pfändungsfreigrenzen. Die vorhandenen nehmen, unter wahrheitsgemäßer Angabe der eigenen Vorschulden sind in absoluten Beträgen nicht übermäßig wirtschaftlichen Situation ein „SCHUFA-freies“ Darlehen hoch, dennoch lässt das niedrige Einkommen keine zu erhalten. Tilgung zu. Diese Gruppe sucht in der Regel nach einem Kleindarlehen, mit dem eine aktuelle Notsituation (Miet- Während des Projektzeitraumes von Februar bis Mitte rückstand, Energie- oder Kontosperre) überwunden wer- April 2012 stellten die Testpersonen jeweils mehrere den kann bzw. soll. Teilweise wird auch nach einer Kredit- Anfragen nach Krediten ohne Bonitätsprüfung an eine zusammenfassung gesucht, um bestehende Verpflichtun- Reihe von Anbietern und dokumentierten die Abläufe gen mit geringerer Ratenbelastung bedienen zu können. der Kreditanfragen. Gruppe B – 1 Das Studiendesign entspricht weitestgehend der Vor- Überschuldete mit Einkommen um die Pfändungs- läuferstudie, so dass die Ergebnisse vergleichbar sind. freigrenzen und bestehenden Vorkrediten Selbstverständlich kann die Studie nicht den Anspruch der Repräsentativität erheben, hierzu wäre beispielsweise Diese Personengruppe hat vielfach Schulden in erheblicher eine größere Zahl von Probanden für die Testanfragen Höhe. Teile der Verbindlichkeiten sind bereits tituliert, oft- notwendig gewesen. Dennoch sind die Ergebnisse geeig- mals wurde die eidesstattliche Versicherung bereits abge- net, Methoden der Anbieter und insbesondere auch die geben. In aller Regel sind diese Überschuldeten immer Entwicklungen im Markt zu beschreiben. noch bemüht, die Verbindlichkeiten zu bedienen und leisten Ratenzahlungen, teils sogar in existenzgefährdender Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen Höhe, obwohl oftmals ein (Verbraucher-)Insolvenzverfahren sinnvoller wäre. Trotz dieser Zahlungen ist es aber – bedingt durch Gläubigeranzahl, kostentreibende Weiterungen der Gläubiger u.a.m. – nur selten möglich, tat- Potentielle Nachfrager nach „SCHUFA-freien“ Krediten sächlich auch Tilgungseffekte zu erzielen. Die Gruppe lassen sich, nach den Erfahrungen der Strafverfolgungs- sucht oftmals nach einem Kredit zur Zusammenfassung behörden und der Schuldnerberatungsstellen, grob in drei sämtlicher Verbindlichkeiten („nur noch eine Rate“), um Gruppen einteilen. Vereinfacht lassen sich diese Gruppen die Verbindlichkeiten neu zu ordnen und so dem Gläubi- wie folgt beschreiben: gerdruck zu entkommen. Die Kreditgeschichte, ggf. vorhandene Negativmerkmale und/oder die Diskrepanz zwischen Leistungsfähigkeit und Kreditbedarf, führt dazu, dass Kreditanfragen bei der Hausbank abgelehnt werden. Ein Darlehen über „SCHUFA-freie“ Anbieter erscheint deshalb geeignet, die gewünschte Entlastung zu realisieren. 1 Abweichungen ergaben sich im Wesentlichen nur in der Form der Auswahl der Anbieter. Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 7 Gruppe C – Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die Angebote und Selbständige – Kleingewerbetreibende das Vorgehen unseriöser Anbieter hinsichtlich der Testgruppen A und B kaum. Es wird regelmäßig behauptet, Existenzgründer oder Gewerbetreibende/Freiberufler mit auch bei ungünstigsten Voraussetzungen noch den Bonitätsschwierigkeiten sind Angehörige dieser Gruppe. gewünschten Kredit vermitteln zu können, da man mit Die Selbständigkeit wird in der Regel in der Rechtsform Banken/privaten Finanzierern zusammenarbeite, welche einer Einzelfirma betrieben. Eine aktuelle und geordnete keine Bonitätsprüfung durchführten. Buchführung liegt vielfach nicht vor. Das gesuchte Darlehen wird für eine geplante Investition (Pkw, Maschine), Tatsächlich wird allerdings versucht, obwohl eine Kredit- den Wareneinkauf oder zum Ausgleich eines eigenen vermittlung erkennbar nicht möglich sein wird, Vorabge- Forderungsausfalls benötigt. Die Hausbank hat eine bühren zu kassieren, zusätzliche Finanzdienstleistungen Kreditgewährung mit Hinweis auf frühere Zahlungs- (Versicherungen, Bausparverträge u.a.m.) als angebliche schwierigkeiten oder eine negative SCHUFA–Auskunft Bonitätsverbesserung zu verkaufen, Anrufe bei kosten- verweigert. Teilweise ist Immobilienvermögen vorhanden, pflichtigen Telefonmehrwertdiensten zu provozieren etc. das allerdings bereits mit Grundschulden belastet ist. Die unseriösen Anbieter bemühen sich zwar sehr um ein Der Kapitalbedarf liegt oftmals deutlich im sechsstelligen scheinlegales Vorgehen, arbeiten aber tatsächlich mit vor- Bereich. sätzlicher Täuschung der Kreditsuchenden bis hin zum Betrug. Den Gruppen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen in einer als erheblich belastend empfundenen Situation Mögliche Risiken für die Testpersonen bestanden in einer befinden, die eine kritische Wertung der Angebote solchen Testumgebung „nur“2 im wirtschaftlichen zumindest erschwert. Bereich, nämlich durch die – im Zuge der vorgeblichen Kreditvermittlung abzuschließenden – Finanzdienstleis- Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Dokumenta- tungsverträge, Vorabgebühren etc. und die daraus resul- tion der Suche nach einem „SCHUFA-freien“ Kredit tierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Testpersonen erschien die Verwendung fiktiver Anfragen nicht geeig- wurden daher vertraglich von den wirtschaftlichen Risiken net, da in deren Verlauf von den Kreditsuchenden regel- freigestellt, die sich durch die Testkreditanfragen ergeben mäßig Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse konnten. verlangt werden. Kreditanfragen hätten somit bei Verwendung fiktiver Identitäten vorzeitig abgebrochen Die vorstehend beschriebenen Praktiken werden selbst- werden müssen, da die entsprechenden Unterlagen nicht verständlich auch bei der Nachfragegruppe der Selbstän- existierten, Negativmerkmale in Bonitätsdatenbanken digen/Freiberufler angewendet. Darüber hinaus werden nicht vorhanden, ein Hausbesuch nicht möglich gewesen aber, teilweise auch aus dem Ausland, weitere Angebots- wäre etc. Aussagekräftige Informationen über den varianten beworben. Auch hier ist eine tatsächliche Kre- Gesamtablauf einer Kreditanfrage waren demnach nur ditvermittlung i.d.R. nicht beabsichtigt, sondern es geht zu erwarten, wenn die Anfragen auch von tatsächlich einzig darum, Vorabgebühren zu kassieren. Typische existierenden Personen gestellt wurden. Angebote sind Kredite angeblicher Privatinvestoren aus dem Ausland (für die vorab Notar- und Übersetzungsge- Im Interesse einer möglichst umfassenden Exploration bühren fällig werden), Kick-back-Darlehen („Bargeld des Markts wäre es sinnvoll gewesen, die Testanfragen durch Immobilienkauf3“), aber auch Varianten der Depo- durch Testpersonen durchführen zu lassen, die den vor- sitendarlehen (Kredite, bei denen die Rückzahlung durch stehend geschilderten Nachfragegruppen entsprechen. eine vorab zu erbringende Einlage, „Deposit“, erfolgen Zu berücksichtigen war allerdings auch, dass die Sicherheit der Testpersonen in keinem denkbaren Fall gefährdet werden durfte. 2 Im Einzelfall überstiegen die Haftungsrisiken der angebotenen Beteiligungen den gewünschten Kreditbetrag allerdings deutlich. 3 Der Kreditsuchende erwirbt, ggf. mit gefälschten Unterlagen zur Bonität, ohne Eigenkapital Wohneigentum. Der Kauf erfolgt zum überhöhten Preis, der zusätzlich noch einen Aufschlag enthält, der an den Kreditsuchenden ausgezahlt werden soll. Soweit der Kreditsuchende an Täuschungshandlungen gegenüber der finanzierenden Bank beteiligt ist, macht auch er sich strafbar. Ein entsprechender Vorschlag wurde einem Probanden telefonisch unterbreitet. 8 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter soll4). Teilweise wird versucht, die Vorauszahlungen mit 5 Hilfe sogenannter „Rip-Deals“ zu erlangen. so dass der Aufwand für die Testpersonen möglichst gering gehalten werden konnte. Dennoch setzte die Dokumentation sowohl eine gewisse Schriftfertigkeit als Eine Gefährdung der Testpersonen in diesem Szenario auch die Zuverlässigkeit der Teilnehmer voraus. Im Hin- konnte nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen blick auf die abzuschließenden (Vermittlungs-)Verträge werden, da Rip-Deals zwar meist als Trickbetrugsvariante und die im Projektverlauf an die Probanden gestellten abgewickelt, teilweise aber auch als Raub durchgeführt finanziellen Forderungen waren sowohl eine gewisse werden. Entsprechend musste auf ein Testszenario, das Stabilität als auch ein Vertrauensverhältnis zur Projekt- auch solche Angebote untersuchen könnte, verzichtet betreuung unverzichtbar. Die Einbindung der Beratungs- werden. stellen und deren Befürwortung des Projektes waren insoweit notwendig. Ausgewählt wurden 22 Testpersonen. Die Beschränkung auf die Testszenarien A und B deckte den „Massenmarkt“ des Geschäftes mit „SCHUFA-freien“ Krediten ab und stellte zudem sicher, dass eine Gefährdung der Testpersonen ausgeschlossen werden konnte. ... sowie ausführlich geschult und betreut Gleichzeitig sind die über die Testanfragen gewonnenen Ergebnisse auch aussagekräftig, da sie auf realen wirt- Alle von den Schuldnerberatungsstellen benannten schaftlichen Verhältnissen der Testpersonen beruhen. Kandidaten für eine Projektteilnahme wurden im Vorfeld zu einer ausführlichen Schulung (im Zeitumfang von ca. Testpersonen werden persönlich ausgewählt ... drei Stunden) eingeladen. Gegenstand war zunächst eine Einführung in die Problematik der Kreditvermittlung und insbesondere der Vermittlung „SCHUFA-freier“ Kreditangebote. Die Teilnehmer wurden des Weiteren mit dem Die Anwerbung von Testpersonen in Form eines öffentli- grundsätzlichen Projektaufbau und insbesondere dem chen Aufrufs schied bereits im Hinblick auf die notwen- Baustein „Testanfragen“ vertraut gemacht. Darüber hin- dige Vertraulichkeit der Studie aus. Darüber hinaus wäre aus wurden die vertraglichen Bedingungen der Projektteil- die Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Testperso- nahme erläutert. Weiter wurden die Notwendigkeit einer nen nur schwer einzuschätzen gewesen. umfassenden Dokumentation vermittelt und die hierfür vorbereiteten Formulare und Hilfsmittel vorgestellt. Ausgewählte Schuldnerberatungsstellen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Nordbayern und Stuttgart wurden, Breiten Raum nahm die Darstellung der potentiellen um den Kreis der über die Studie informierten Personen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken sowie der ent- überschaubar zu halten, gebeten, unter der Klientel nach sprechenden Haftungsfreistellung durch den Auftragge- Personen zu suchen, die zum einen die Vorgaben der ber der Studie ein. Explizit wurde dabei der „idealtypi- Testszenarien abdeckten, zum anderen die persönlichen sche“ Ablauf einer „SCHUFA-freien“ Kreditvermittlung, Voraussetzungen für eine Teilnahme sicherstellten. entsprechend der Ergebnisse der Studie aus 2007 im Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ dargestellt. Eine aus- Die auszuwählenden Testpersonen mussten in der Lage führliche Erläuterung über die Rechtsgrundlagen und sein, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beantra- Widerrufsmöglichkeiten der im Zusammenhang mit einer gung des „SCHUFA-freien“ Kredites sorgfältig zu doku- Kreditanfrage möglicherweise abzuschließenden Verträge mentieren. Zwar wurden die zu dokumentierenden (und selbstverständlich auch der Verträge, die die Test- Daten, soweit möglich, in standardisierter Form erfragt, personen nicht abschließen sollten) beendete den allgemeinen Schulungsteil. 4 Das Deposit soll angeblich in hochrentierlicher Form angelegt werden, so dass eine vergleichsweise kleine Anlage über Hebeleffekte die Tilgungs- und Zinszahlungen des Kredites abdecken soll. 5 Nach polizeilicher Definition (BKA: Jahresbericht Wirtschaftskriminalität 2002) blitzartiger Betrug, Diebstahl oder Raub. Zum Kontakt kommt es in der Regel aufgrund beabsichtigter Immobilien- , Devisengeschäfte oder Kreditaufnahmen. Kreditsuchende werden Kreditvermittlungsbemühungen vorgespielt. Die Täter täuschen dem Opfer dabei eine erfolgreiche Vertragsanbahnung vor, deren Umsetzung nur noch von einer Vorauszahlung abhängig sei. Diese Vorauszahlung soll, vielfach im Ausland, in bar übergeben werden. Anlässlich der Übergabe sichern sich die Täter die Vorauszahlung. Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 9 Mit den Testpersonen, die sich für eine Teilnahme am Anbieter werden online ausgewählt Projekt entschieden, wurde jeweils eine individuelle „Musterselbstauskunft“ erstellt, die sich an den von den Mit der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung in Anbietern verwendeten Formularen orientierte und deren Deutschland hat sich auch die Werbestrategie der Anbie- typische Fragestellungen beinhaltete. Die Selbstauskunft ter von „SCHUFA-freien“ Krediten verändert. Werbung in diente als Vorlage für sämtliche Kreditanfragen, fasste die Printmedien hat entsprechend einen geringeren Umfang wirtschaftliche Situation des Probanden wahrheitsgemäß als noch bei der Studie 2007 feststellbar. Die Auswahl der zusammen und umfasste auch den Kreditwunsch für die Anbieter, bei denen die Anfragen nach einem „SCHUFA- Testanfrage. Kreditwünsche entsprachen der durch die freien“ Kredit gestellt werden sollten, beruhte entspre- Testszenarien vorgegebenen Legende (Anschaffung, chend auf online verfügbaren Quellen. Abdeckung einer Notsituation, Kreditzusammenfassung) und der individuellen wirtschaftlichen Situation. Die den Probanden als anzufragend vorgegebenen Anbieter wurden einer Suche mit der Suchmaschine Google Allen Probanden wurde eine schriftliche Ausarbeitung der vom 01.11.2011 entnommen. Als Suchbegriffe wurden Schulungsinhalte zu Verfügung gestellt. Diese beinhal- „Kredit“ und „ohne SCHUFA“ verwendet. Zur Auswahl tete, neben den grundlegenden Informationen zu Thema wurden die ersten 300 Treffer (von ca. 2,9 Millionen) und und Ablauf, auch eine Reihe von vorbereiteten Muster- die auf den Trefferseiten eingeblendete Werbung um schreiben zum Widerruf von abgeschlossenen Finanz- Mehrfachtreffer, redaktionelle Beiträge zum Thema, Ver- dienstleistungsverträgen. weise auf andere Suchmaschinen, Portale (Verweise auf mehrere Anbieter)6 und „tote“ Links bereinigt. Während der Laufzeit der Studie stand den Probanden ein fester, für alle Fragen hinsichtlich der Abwicklung der Nach der Bereinigung verblieben 52 Anbieter. Im Zuge Testanfragen kurzfristig erreichbarer Ansprechpartner zur der Anfragen kam es zu Testkontakten mit weiteren sie- Verfügung. Die Betreuung traf auch die Entscheidung, ben Firmen über die Zufallsanfragen der Probanden sowie welche, gegebenenfalls kostenbelasteten, Verpflichtun- 19 Firmen durch die Weiterleitung von Testanfragen über gen die Probanden im Zuge der Anfragen eingehen soll- die Kreditvermittler. Die Mehrzahl der Firmen (62) hatte ten bzw. an welchem Punkt die Abfragen abzubrechen den Firmensitz in Deutschland, ein Teil der Anbieter waren. residierte zumindest formal im Ausland, überwiegend in Österreich und der Schweiz. Rechtliche Fragen und Probleme, die nicht bereits mit dem Betreuer geklärt werden konnten, wurden im Rah- Jeweils sechs Anbieter aus der Vorauswahl wurden den men der juristischen Beratung durch Herrn Prof. Dr. Grote Testpersonen vorgegeben. Zusätzlich sollten die Proban- und externe Rechtsberater geklärt. Externe Beratung den, nach eigener Entscheidung, zwei weitere Anbieter umfasste auch die rechtliche Unterstützung im Hinblick auswählen und anfragen. Einzige Vorgabe für die selbst- auf die Abwehr/Verfolgung von Ansprüchen aus der ord- gewählten Anbieter war, dass diese Kredite „ohne nungsgemäßen Abwicklung der Testanfragen. Die Kosten SCHUFA“ anbieten sollten. Die Studie bildet insoweit, der Rechtsverfolgung und Forderungsabwehr wurden nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen, vom Auftraggeber der Studie übernommen. die Realität ab, da Kreditsuchende oftmals bei verschiedenen Anbietern versuchen, einen Kredit zu erhalten. Auch über das Ende des Projektzeitraumes hinaus steht Üblicherweise verteilen sich diese Mehrfachanfragen die rechtliche Unterstützung und Betreuung zur Verfü- allerdings über einen längeren Zeitraum als in der Studie gung, da angebliche Ansprüche der Kreditvermittler bzw. realisierbar. Anbieter auch noch lange im Nachgang geltend gemacht werden könnten. 6 Hierzu wurden auch Seiten von Partnerprogrammen (Affialiatemarketing) gerechnet. 10 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Anfragen werden nicht immer beantwortet Die verbleibenden 25 Firmen übermittelten kurz nach der Anfrage eine Nachricht, meist ebenfalls zunächst als E-Mail, in der sie mitteilten, die Anfrage sei eingegangen Die Mehrzahl der Kreditvermittler stellt in ihrem Internet- oder gar der Antrag sei genehmigt. Die Bestätigung ver- auftritt Formulare zur Verfügung, in denen bereits die wies auf die Übersendung von Unterlagen oder beinhal- wichtigsten Daten zur Person, dem Einkommen und Kre- tete ein Selbstauskunftsformular zur Unterschrift. ditwunsch abgefragt werden. Die Testanfragen wurden, aus Dokumentationsgründen, überwiegend über diese Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der Vergü- Internetauftritte gestartet. Alternativ wurden Anfragen tungsanspruch des Kreditvermittlers voraus, dass eine per E-Mail an die Vermittler gesandt. Soweit dies nicht schriftliche Vermittlungsvereinbarung mit dem kredit- möglich war, wurde telefonisch Kontakt mit den Anbie- suchenden Verbraucher getroffen wird. Die auf den Inter- tern aufgenommen. Per E-Mail bzw. Telefon wurde auch netseiten der Anbieter ausgefüllten Selbstauskünfte sind versucht, mit den Anbietern in Verbindung zu treten, nicht geeignet, die Schriftform zu ersetzen, so dass eine wenn technische Probleme mit den Kontaktformularen Kontaktaufnahme zunächst auch zu erwarten war. auftraten, was erstaunlich häufig der Fall war. So waren Kreditanfragen bei neun der vorausgewählten Firmen, Darüber hinaus ist der Vermittler verpflichtet, den Kredit- trotz während der Projektphase geschalteter Werbung, nehmer umfangreich über Einzelheiten des Kreditvermitt- nicht möglich, da die entsprechenden Anfrageseiten lungsvertrags zu unterrichten. Es wäre daher nahelie- Fehlermeldungen lieferten oder gar nicht erreichbar gend, dass die antwortenden Firmen entsprechende waren. Insgesamt verblieben daher 50 Firmen, die von Informationen übersandt hätten. Alleine im Hinblick auf den Probanden angefragt wurden. den Vergütungsanspruch wäre eine Übersendung von Vermittlungsverträgen, die zumindest Provisionsregelun- Ein erheblicher Anteil der Firmen (18 Anbieter, d.h. gen für die erfolgreiche Kreditvermittlung enthalten, zu 36%) beantwortete die Internetanfragen nicht, sieht erwarten gewesen. man von den in einigen Fällen durch automatische Mailsysteme erzeugten Eingangsbestätigungen ab. Weitere Tatsächlich verwendeten aber nur sechs der Firmen ein sieben Firmen (14%) reagierten zwar ebenfalls nicht, Formular, in dem auch der Vergütungsanspruch des Ver- reichten die Anfragen aber – nachvollziehbar – an andere mittlers geregelt war, die vorgeschriebenen Informations- Vermittlungsunternehmen weiter, oder teilten mit, die pflichten wurden in keinem Fall erfüllt. Kreditanfrage sei an einen weiteren, teils namentlich genannten, Kreditvermittler weitergeleitet worden. Es ist zwar zu vermuten, dass zumindest ein Teil der nicht reagierenden Firmen die gewonnenen Daten der Kredit- Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite suchenden ebenfalls weiterleitete, Belege hierfür konnten aus den verfügbaren Daten aber nicht gewonnen werden. Die zentrale Werbebotschaft der Anbieter „SCHUFAfreier“ Kredite lautet, dass eine Kreditvergabe auch dann möglich sei, wenn der Kreditsuchende Negativmerkmale Nicht alle angefragten Anbieter reagieren (Reaktionen der angefragten Kreditvermittler; in %) in seiner SCHUFA–Auskunft habe. Die Werbebotschaft setzt bei der Erfahrung an, dass Kreditwünsche der potentiellen Kunden bereits abgelehnt wurden. Vielfach wird diese Ablehnung mit dem Verweis auf eine keine Reaktion nehmen mit Kreditsuchenden Kontakt auf „schlechte SCHUFA“ verbunden. 36 Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob etwaige Negativ- 50 merkmale tatsächlich auch ausschlaggebend für die Ablehnung des Kreditwunsches waren oder ob dieser 14 aufgrund anderer Faktoren, etwa einer bankinternen reichen Anfrage weiter Bonitätsprüfung, scheiterte. An dieser Erfahrung jeden- n=50 falls setzt die Werbung an, indem sie den Eindruck Quelle: SCHUFA. erweckt, dass Bonitätsüberlegungen bei der Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 11 Werbelüge „SCHUFA-frei“ (Anteil der angefragten Kreditvermittler, die eine Klausel zur Bonitätsprüfung in ihren AGBs haben; in %) Unter Berücksichtigung der Finanzsanierungsangebote, für die eine Bonitätsauskunft irrelevant ist, und der Firmen, die ihre Rolle auf die Weiterleitung von Kreditanfragen an andere verbundene Unternehmen beschränken, wird von mehr als der Hälfte der Anbieter die Möglichkeit einer SCHUFA-Anfrage vereinbart. 66 Im Widerspruch zu den Werbeversprechungen lösten die Bonitätsprüfung in AGBs Kreditanfragen auch tatsächliche SCHUFA-Anfragen aus. Drei Testpersonen fanden bislang entsprechende Einträge in ihrer Selbstauskunft. Diese Anfragen erfolgen über n=50 diverse Teilzahlungskreditinstitute, nicht über die Kredit- Quelle: SCHUFA. vermittler. Entsprechend war es leider nicht möglich, die Anfragen einer bestimmten Kreditanfrage und damit Kreditvergabe/-vermittlung keine oder nur eine unterge- einem konkreten Kreditvermittler zuzuordnen. Die fest- ordnete Rolle spielten, denn da der Anbieter „über Kon- gestellten Einträge waren nicht als „Konditionenabfrage“ takte zu einer Vielzahl von in- und ausländischen Kredit- bezeichnet, sondern als „Kreditanfrage“ – mithin also für gebern verfügt, kann ein Privatkredit auch in schwierigen die Scoreberechnung relevant. Situationen in der Regel zeitnah realisiert werden“. Teilweise wird sogar explizit erklärt: „Es erfolgt keine Damit lässt sich feststellen, dass Anfragen nach Bonitätsprüfung“. „SCHUFA-freien“ Krediten – entgegen der Vorstellung der Kreditsuchenden – selbstverständlich doch mit einer Alle Anfragen der Testpersonen waren ausdrücklich auf Überprüfung der persönlichen Bonität mit Hilfe von Aus- „SCHUFA-freie“ Angebote gerichtet. Dennoch fanden kunfteien verbunden sind. Diese erfolgt durch die letztlich sich in den Onlineformularen bzw. Vermittlungsaufträgen angefragten Kreditgeber und nicht durch die Kredit- bei 33 Firmen (66%) Klauseln, die den jeweiligen Kredit- vermittler selbst. vermittler bzw. die anzufragende Bank ermächtigten, Auskünfte einzuholen. In der Regel handelte es sich dabei um förmliche SCHUFA-Klauseln, teilweise wurden auch allgemeinere Formulierungen zur Bonitätsprüfung ver- Hohe Vorabgebühren – keine Leistung wendet. Dies ist letztlich auch zwingend, denn aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen, aber natürlich auch Vorabbearbeitungsgebühren wurden (ohne Berücksichti- aufgrund gesetzlicher Vorgaben7, kann es selbstverständ- gung der Anbieter von Finanzsanierungsvermittlungen lich keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung geben. und Versendern von Nachnahmen, hierzu siehe unten) von drei Vermittlern veranlagt. Die Verwendung von SCHUFA-Klauseln steht aber in deutlichem Widerspruch zur beabsichtigten Werbebot- Ein Anbieter versprach gegen einen Betrag von 99,95 1 schaft, ein Umstand, der von den Kreditvermittlungen die Vermittlung „zu privaten und gewerblichen Darle- kaum thematisiert wird. Drei Kreditvermittler erläuterten hensgebern aus dem deutschsprachigen Raum, Luxem- dazu, eher verwirrend, dass sie – falls die Vermittlung burg und den USA.“ Nach dem Ausfüllen einer umfang- eines „SCHUFA-freien“ Kredites nicht möglich sei – als reichen Selbstauskunft und Zahlung der Gebühren über zweite Möglichkeit prüften, „welches Darlehen mit einen Anbieter von Internetbezahlsystemen wurde der SCHUFA angeboten werden kann. Sollte die erste Zugang zu einem geschützten Bereich des Internetauf- Prüfung die Aussicht auf ein verbessertes Angebot mit tritts freigeschaltet. SCHUFA ergeben, kann auch in umgekehrter Reihenfolge agiert werden.“ 7 § 509 BGB, eingeführt mit der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie der EU, verpflichtet dazu, „die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten“, was auch mit Hilfe der Bonitätsinformationen von Auskunfteien erfolgen kann. 12 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Dieser Bereich ermöglichte zunächst den Zugriff auf Ein anderer Kreditvermittler versicherte in den Anschrei- angebliche „Topreporte“ zu den Themen Kauf von ben an die Probanden regelmäßig: „Es fallen keine Doktortiteln, selbständig machen als Finanzmakler, Geld Vorkosten an“. Im weiteren Ablauf erhielten die Test- ohne Auskunft (bestehend aus einer Anschriftensamm- personen dann allerdings die Nachricht, dass sich die lung von Kreditvermittlern und Banken, Stand 2003) und gewünschte Vermittlung als problematisch erweise: ähnlichen Schriftstücken. Darüber hinaus wurde ein Link „Ihre schlechte, bzw. fehlende Bonität lässt eine weitere zu einem (nicht funktionsfähigen) Peer-to-Peer-Kreditpor- Bearbeitung in der gewünschten Form momentan nicht tal (ohne Impressum) angeboten. zu. Um in der Sache weiter zu kommen, wäre ein spezieller Bonitätsabgleich (bezogen auf Ihre persönliche Weiter bestand die Möglichkeit einer sogenannten erwei- Situation) denkbar. Mit den sich darauf ergebenden terten Kreditanfrage. Um diese zu nutzen, musste Werten könnte die fehlende Basis entsprechend unter- zunächst nochmals eine Selbstauskunft ausgefüllt wer- mauert werden. Die Kosten hierfür betragen (…)“. den, die nach der Bestätigung an Kreditvermittler und Flankiert wurde das Schreiben durch einen Anruf des Banken gesandt werden sollte. Nach der Betätigung des Vermittlers, oder eines Mitarbeiters, der versicherte, nach Absende-Buttons wurde eine Liste mit 109 Anbietern ein- Erstellung der speziellen Analyse wäre die Kreditaus- geblendet, denen die Kreditanfrage angeblich zugeleitet zahlung kein Problem, eine entsprechende Zusage der worden sei. Ob dies tatsächlich der Fall war, konnte nicht Bank läge vor. geprüft werden, jedenfalls erfolgte von keiner der gelisteten Firmen eine Kontaktaufnahme zum Probanden. Trotz Überweisung der Forderung (in Höhe von ca. 1% des gewünschten Kredits) verbesserte sich Einen umfangreichen Katalog von Leistungen für Privat- die Bonität der Kreditsuchenden offensichtlich nicht, und Geschäftskunden bewarb ein weiterer Anbieter. da weder eine Vermittlung erfolgte noch Sachstands- Neben Firmengründungen, -liquidationen, Immobilienret- anfragen beantwortet wurden. tung, Schuldnerhilfen und Privatinsolvenzen wurden auch „SCHUFA-freie“ Finanzierungen über „ein Netzwerk an burg, Schweiz und Polen“ angeboten. Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten Die von den Probanden auszufüllende Selbstauskunft Kreditsuchende, die sich um „SCHUFA-freie“ Darlehen enthielt, neben den üblichen Angaben zur Person und bemühen, stehen, wie oben erläutert, oftmals unter gro- den wirtschaftlichen Verhältnissen, auch eine Regelung ßem wirtschaftlichem Druck und sind an einer möglichst zum Honorar. Darin kündigte der Anbieter an, zunächst raschen Kreditgewährung interessiert. Diesem Bedürfnis ein individuelles Finanzierungskonzept erstellen zu wol- trugen drei Anbieter Rechnung, indem sie gegen einen privaten Investoren aus Deutschland, Österreich, Luxem- len, dessen Kosten 1% des Finanzierungsbedarfs, min- Betrag von 10 bzw. 20 1, eine beschleunigte Abwicklung destens aber 500 1 betragen sollten. Für den Fall einer der Kreditanfragen anboten. Wenn der Interessent sich erfolgreichen Finanzierung sei eine Provision von 2% des für diese bevorzugte Bearbeitung seiner Anfrage ent- Kreditbetrages fällig. Wenige Tage nach Absendung der scheide, solle er den Betrag in bar seiner Kreditanfrage Selbstauskunft wurde telefonisch mitgeteilt, der Kredit sei beilegen. darstellbar und eine Rechnung angekündigt. Ein Anbieter wollte sich innerhalb von 48 Stunden beim Die Rechnungsstellung über 595 1 (inkl. MwSt.) erfolgte Kreditsuchenden melden, sofern dieser 20 1 für die allerdings nicht durch den Anbieter selbst, sondern durch Eilbearbeitung beilege. Ein weiterer Anbieter versprach ein weiteres Unternehmen. Nach Zahlung des Betrages im Anschreiben, mit dem die Selbstauskunft übersandt waren bis zum Redaktionsschluss keinerlei Aktivitäten der wurde, eine „bevorzugte Eilabwicklung mit Antrags- Firmen mehr zu verzeichnen. Mehrere Nachfragen nach freigabe innerhalb von 24 Stunden (Zeitgewinn bis zu dem Verfahrensstand blieben ebenso unbeantwortet 4 Tagen)“. Ein Unterschied in der Bearbeitungsgeschwin- wie die Aufforderung, den geleisteten Betrag zurückzu- digkeit ließ sich allerdings nicht feststellen. erstatten. Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 13 Telefonmehrwertdienstnummern wurden von neun der Die verbleibenden Firmen traten gegenüber den Kreditsu- Firmen eingesetzt, teilweise, indem sie als einzige Mög- chenden nur als Durchleitung zu einer anderen Firma auf, lichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme angeführt reagierten auf die Kreditanfrage nicht mit Übersendung waren, teilweise, indem sie gegenüber der Festnetznum- eines Kreditvermittlungsvertrags, händigten im Hausbe- mer herausgehoben wurden. Bei zwei Firmen fehlte die such keine Unterlagen aus oder waren als Vermittler von gesetzlich vorgeschriebene Tarifangabe. Finanzsanierungsverträgen nicht vergleichbar. „Auslagenerstattung“ ist unseriös Geltend gemacht wurden angebliche Auslagen bislang erst von vier Firmen. Die geringe Zahl erstaunt, nach den Erfahrungen der Schuldnerberatung dürfte die niedrige Durch das Verbraucherkreditgesetz8 von 1991 wurde der Zahl der Forderungen aber auf relativ lange Bearbeitungs- Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers auf den Fall der zeiten bei den Anbietern zurückzuführen sein. Die erfolgreichen, nicht mehr widerrufbaren Darlehensver- machen üblicherweise ihre Forderung erst zwei bis drei mittlung beschränkt. Nebenentgelte darf der Kreditver- Monate nach Abschluss des Kreditvermittlungsvertrags mittler nicht verlangen. In diese Regelung wurde aber geltend. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die integriert, dass der Kreditvermittler vereinbaren kann, Zahl der Forderung von „Auslagen“ in den nächsten dass entstandene erforderliche Auslagen vom Kreditsu- Wochen steigern wird. chenden zu erstatten sind. In aller Regel könnte es sich hierbei im Bereich des üblichen Verbraucherkredites nur Erstattungsfähig sind nach dem Gesetzestext10 nur die um Kosten für Porti, Telefongebühren, Papier, Kopien und entstandenen erforderlichen Auslagen (soweit eine Druck handeln. Die Höhe der hierfür anfallenden Beträge schriftliche Vereinbarung hierüber getroffen ist und sie in steht allerdings in keinem vernünftigen Verhältnis zum Zusammenhang mit der Vermittlung des Darlehensver- Aufwand, der mit einer Dokumentation dieser Kosten trags stehen), so dass erwartet werden kann bzw. muss, verbunden wäre. Betriebswirtschaftlich macht es keinen dass ein seriöser Anbieter die verauslagten Gelder einzeln Sinn, Minimalbeträge arbeits- und kostenaufwendig zu verbucht, wenn er sich auf die Vereinbarung berufen will. erfassen, um sich dann die entsprechenden Positionen Dementsprechend müsste der Nachweis der Auslagen erstatten zu lassen, da der Erfassungsaufwand nicht ohne weiteres möglich sein. erstattungsfähig ist. Die gesetzliche Regelung ist auch durchaus bekannt, so Seriöse Anbieter machen daher von der gesetzlichen tragen die von einem Anbieter versandten Überweisungs- Möglichkeit der Vereinbarung von Auslagenerstattungen träger den Vermerk „AE (Kundenname), nach § 655d keinen Gebrauch. Unseriöse Anbieter nutzen die gesetz- BGB“. liche Regelung, indem jedwede Geldforderung – als „Auslage“ definiert – in Rechnung gestellt wird. Dennoch wurden die Auslagenforderungen regelmäßig ohne nähere Erläuterung, wie diese sich zusammensetz- Eine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Auslagen- ten, in Rechnung gestellt. Auch auf ausdrückliche Nach- ersatz findet sich bei zehn der untersuchten Firmen. Dem frage der Probanden mit der Bitte, die geforderte Summe Umstand, dass eine gefestigte obergerichtliche Rechtspre- aufzuschlüsseln, erteilten die Firmen in der Regel keine chung seit einigen Jahren die Unzulässigkeit von pauscha- detaillierte Abrechnung. Angesichts der fehlenden bzw. len Auslagen entschieden hat, tragen die Anbieter Rech- ungenügenden Nachweise wurden die Rechnungen kom- nung, indem sie eine Formulierung verwenden, mit der mentarlos nicht beglichen, so dass die ersten Rechnungen sie die für Auslagen zu ersetzende Summe auf einen von den Anbietern angemahnt wurden. Eine gerichtliche 9 Maximalbetrag begrenzen, der dann allerdings auch in Geltendmachung ist bislang noch nicht erfolgt, wohl aber allen Fällen gefordert wurde. eine Weitergabe an Inkassounternehmen (siehe unten). 8 Die entsprechenden Vorschriften sind mittlerweile ins BGB integriert. 9 Die Beträge liegen dabei zwischen 39 und ca. 75 1. 10 § 655d BGB: Der Darlehensvermittler darf für Leistungen, die mit der Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrags oder dem Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags zusammenhängen, außer der Vergütung nach § 655c Satz 1 ein Entgelt nicht vereinbaren. Jedoch kann vereinbart werden, dass dem Darlehensvermittler entstandene, erforderliche Auslagen zu erstatten sind. 14 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Ein Anbieter verband die – mit „AUSLAGENBESCHEID“ die Position nicht abrechnungsfähig wäre, da pauschale überschriebene – Rechnung mit einer positiven Nachricht Kostenansätze vor der Rechtsprechung keinen Bestand für die Testperson: „können wir Ihnen heute mitteilen, haben. daß die (...)Bemühungen um Ihren Kredit erfreulicherweise zum Abschluß kommen. Nach Ablehnung einzelner Die Rechnungsposten „Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Ver- Banken liegt uns jetzt die Übernahmezusage einer fahren ...“ und „Kundenverwaltung“ sind unabhängig unserer Finanzverbindungen vor.“ von dem Umstand der Pauschalierung nicht erstattungsfähig. Bei den vom Vermittler erbrachten Arbeitsleistun- Nach Überweisung des geforderten Betrages betonte die gen bzw. den Kosten hierfür handelt es sich nicht um Firma im folgenden Schreiben zunächst nochmals ihre Auslagen, sondern um Gemeinkosten des Vermittlers. beträchtlichen Anstrengungen und teilte dann mit: „ist es Daher kann die Übernahme von Aufwendungen für uns im Rahmen der mit Ihnen vereinbarten Modalitäten Arbeitsleistung mit den Kreditsuchenden nicht wirksam zur Realisierung Ihres Kreditwunsches gelungen, unseren vereinbart werden. nachstehenden Finanzierungspartner für die Durchführung Ihres Vertrags zu gewinnen: …….“. Auch die Bezeichnung der dritten Kostenposition ist mit dem Begriff der „Auslagen des Kreditvermittlers“ nur Ausweislich der im Schreiben angegebenen Anschrift schwer in Verbindung zu bringen, wird hier doch ein Auf- handelte es sich bei dem Finanzierungspartner um ein wand in Rechnung gestellt, der bereits nach dem Text der Unternehmen, das aus anderen Testkontakten bekannt Rechnung eben nicht beim Kreditvermittler angefallen ist. war. Mithin hatte der Anbieter nicht, wie der „AUSLA- Letztlich behauptet die Kreditvermittlung, ein Kreditgeber GENBESCHEID“ einzig sinnvoll zu interpretieren war, eine mache bereits vor Abschluss eines Kreditvertrags einen kreditgebende Bank gefunden, sondern den Probanden Bereitstellungszins geltend, stelle diesen der Kreditver- schlicht an den nächsten Kreditvermittler weitergereicht. mittlung in Rechnung und erhalte den Rechnungsbetrag von der Kreditvermittlung erstattet. Es versteht sich von Im Gegensatz zu anderen Anbietern schlüsselte ein selbst, dass der behauptete Ablauf gänzlich unglaub- Anbieter die angeblichen Auslagen in mehrere Kostenpo- würdig ist. sitionen auf. Die Rechnung umfasste die Positionen Insgesamt entstand der Eindruck, dass die Rechnungen Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren, inkl. Aktenanlegung Eintrag EDV-Anlage darauf angelegt sind, Auslagen vorzutäuschen, die tat29,00 1 Telefon/Faxgebühren, Kundenverwaltung Pauschalbetrag: aus der Verweigerung detaillierter Auslagenabrechnun11,50 1 Bereitstellung der Kreditsumme durch den Geldgeber sächlich nicht entstanden sind. Einzig logischer Schluss gen muss sein, dass solche beim Kreditvermittler nicht angefallen bzw. erfasst sind. Werden dann dennoch Pauschalbetrag: 27,50 1 Auslagen geltend gemacht, ist zwingend auf eine MWSt.: 19%: 12,92 1 Täuschungsabsicht der Kreditvermittlungen zu schließen, Gesamtbetrag : 80,92 1 da die Kenntnis der relevanten Rechtsvorschriften für den eigenen Arbeitsbereich vorauszusetzen ist. Diese Auflistung ist allerdings nicht geeignet, angefallene Auslagen nachzuweisen. Unabhängig davon, dass die, nach Ansicht des Verfassers notwendige, Einzeldarstellung der Kosten fehlt, ist allenfalls die zweite Position Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung ohne weiteres mit dem Begriff von Auslagen in Verbindung zu bringen. Nachdem es sich bei den denkbaren Restschuldversicherungen, auch als Restkreditversicherun- Auslagen i.S.d. Gesetzes letztlich überwiegend um Mate- gen bezeichnet, sichern den Kreditnehmer bzw. dessen rialkosten handelt, ist die Kostenposition unglaubwürdig, Hinterbliebene – je nach abgeschlossenem Risiko – gegen da ein mit Materialkosten im behaupteten Umfang Forderungen im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit oder betriebener Aufwand im Massengeschäft Verbraucherkre- Arbeitslosigkeit ab. Abgedeckt werden durch sie der dit weder notwendig noch sinnvoll wäre. Der Umstand, jeweils noch offene Restkredit bzw. die während der dass in der „Abrechnung“ ein Pauschalbetrag für diese Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit fällig werdenden Kostenposition verlangt wird, führt im Übrigen dazu, dass Raten. Restschuldversicherungen werden regelmäßig mit Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 15 Problematische Kreditratenausfallversicherung wird angeboten (Anteil der Kreditvermittler, die einen Kreditratenausfallversicherung angeboten haben; in %) 22 Angebot einer Kreditratenausfallversicherung Beschäftigungen, Ausbildungs- und Referendarzeiten ebenso wenig rechnen wie Arbeitsverhältnisse bei Ehepartnern oder Verwandten in direkter Linie. Selbständige können grundsätzlich auch versichert werden, soweit die Selbständigkeit nicht als Kleingewerbetreibender, Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH oder in einer Reihe weiterer Funktionen und Branchen erfolgt. Die Versicherungen wurden den Probanden ohne Rücksicht auf die in der Regel durch die Selbstauskünfte bereits bekannte, individuelle berufliche Situation angedient. Ganz offensichtlich ist die Absicherung der Arbeits- n=50 losigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld II überflüssig. Quelle: SCHUFA. Das hinderte die Kreditvermittlungen nicht daran, das Produkt zu empfehlen. dem Kreditvertrag abgeschlossen und die – meist als Einmalbeitrag anfallenden – Kosten mitfinanziert. Soweit Teilweise war der Antrag auf die Versicherung mit dem der Abschluss einer Restschuldversicherung von der Bank Kreditvermittlungsantrag selbst verbunden. Alternativ zur Voraussetzung einer Kreditgewährung gemacht wird, wurde das Versicherungsangebot mit der Anforderung sind die Kosten bei der Berechnung des effektiven Jahres- von Unterlagen gekoppelt. Der Aufbau der Schreiben er- zinses zu berücksichtigen. Aus Sicht des Verbraucher- weckt hierbei den Eindruck, dass Kreditvermittlungsauf- schutzes sind Restschuldversicherungen nicht unumstrit- trag bzw. Unterlagen und Antrag auf Kreditratenausfall- ten, dennoch sind sie ein weitverbreitetes Sicherungs- versicherung zusammen zurückgesandt werden müssten. mittel für Konsumentenkredite. Ein Anbieter meldete sich telefonisch bei einem ProbanBei der Kreditratenausfallversicherung handelt es sich im den und teilte mit, der „Antrag hätte die Vorprüfung Gegensatz dazu um eine Unfallversicherung mit zusätz- positiv überstanden. Für die endgültige Entscheidung lichen Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit bzw. benötige man noch Daten (...). Die Raten wären 137,80 1 Arbeitsunfähigkeit und einem Todesfallschutz, der aller- über 40 Monate (...). Eine Kreditausfallversicherung wäre dings nur bei Unfalltod greift. Die Versicherungsleistun- dazu Pflicht“11. Trotz Rücksendung des unterzeichneten gen bei Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit werden, nach Versicherungsantrages kam es nicht zu einer Kreditge- einer Karenzzeit von 120 Tagen, nur für einen Zeitraum währung. von maximal zwölf Monaten erbracht. Die Höhe der Beiträge der angebotenen Verträge schwankte zwischen Sonstige Finanzdienstleistungen spielten bei den Angebo- 29,90 1 und 49,90 1 im Monat. ten an die Probanden nur eine geringe Rolle. Ein einziger Anbieter schickte einen Bausparvertrag zur Unterzeich- Als Kreditsicherheit erscheint das Produkt allerdings, nung. angesichts einer Vielzahl von Haftungsausschlüssen, Vorbedingungen und Leistungsklauseln, insbesondere hin- Neben der Kreditratenausfallversicherung wurde von sichtlich des Risikos der Arbeitslosigkeit, kaum geeignet. einem Anbieter versucht, die Probanden zum Abschluss So beinhalten die Allgemeinen Versicherungsbedingun- von Haftpflicht- und Hausratversicherungen zu bewegen. gen eines Anbieters nicht nur den üblichen Ausschluss Die entsprechenden Begleitschreiben suggerierten, dass von Vorerkrankungen, sondern schränken auch den Kreis durch den Abschluss der Versicherung die Kreditvergabe der Personen ein, die eine Leistung beziehen können. wahrscheinlicher würde, sie in „Zweifelsfällen“ gar Voraussetzungen sind u.a. ein Alter des Versicherungs- entscheidend sein könnten, indem sie Formulierungen nehmers zwischen 18 und 55 Jahren, eine Anstellung in enthalten, wie, „Denn jeder Geldgeber sieht es positiv, einem unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen wenn ein Kreditnehmer vorgesorgt hat“. Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit über 18 Stunden, das bei Versicherungsbeginn seit mindestens 24 Monate besteht, wobei Saisonarbeiten, kurzfristige 11 Gedächtnisprotokoll Proband 16 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Unsinnige Beteiligungen Risiken bis hin zum Totalverlust, handele. Zur genaueren Darstellung dieses Risikos wird dann allerdings auf den Fünf Anbieter schickten den Anfragenden per Post einen (tatsächlich nicht) ausgehändigten Prospekt verwiesen. Antrag auf eine stille Beteiligung bzw. den Beitritt zu einem Immobilienfonds oder einer Genossenschaft oder Alle Beteiligungsscheine enthalten die Regelung, dass die überreichten diese beim Hausbesuch zur Unterschrift. Zahlungen gegebenenfalls auch direkt vom Arbeitgeber Die Zusendung der Anträge wurde in der Regel mit der überwiesen werden sollen. Soweit ein vom Arbeitgeber Anforderung von Unterlagen oder der Frage, in welcher gezahlter Zuschuss im Rahmen der vermögenswirksamen Form der gewünschte Kredit ausgezahlt werden solle, Leistungen nicht ausreicht, die Rate zu decken, wird der verbunden. Diese Punkte hätten selbstverständlich schon Arbeitgeber angewiesen, den Differenzbetrag vom Netto- im vorausgegangenen Ablauf geklärt werden können. einkommen des Kreditsuchenden einzubehalten. Die Zah- Es ist daher davon auszugehen, dass die Anbieter darauf lungsanweisung zugunsten etwa bestehender Verträge abzielen, zumindest bei einem Teil der Kreditsuchenden über vermögenswirksame Leistungen wird gleichzeitig den Eindruck zu erwecken, dass die Rücksendung der widerrufen. Zusätzlich bzw. alternativ ist ein Auftrag zur Anträge für die Kreditgewährung notwendig sei. Zwei Einrichtung eines Dauerauftrags bei der kontoführenden Anbieter erinnern bei ausbleibenden Rückantworten auch Bank des Kreditsuchenden enthalten. an ihr Angebot und verwenden dabei Formulierungen wie „(...) hatten wir Ihnen das Produkt zur Anlage der Bei den Zeichnungsscheinen zugunsten des Vermögens- Vermögenswirksamen Leistungen (...) empfohlen. Die bildungsfonds ist die Zahlung der Beteiligungssumme Rücksendung der Unterlagen erwarten wir bis zum“ oder durch eine Lohn- und Gehaltsabtretungsklausel gesichert. „übersenden wir Ihnen diese nochmals mit der dringen- Die Beteiligungsgesellschaft sichert12 sich damit für den den Bitte um schnellstmögliche Rücksendung“. Fall ausbleibender Zahlungen, den schnellen und unmittelbaren Zugriff auf die pfändbaren Anteile von Lohn und Einer Probandin mit einem Kreditbedarf von 3.500 1 Lohnersatzleistungen ab, ohne dass es einer Titulierung wurde in einem Schreiben, mit dem die Genehmigung und gerichtlichen Beitreibung des Anspruchs bedarf. einer Finanzsanierung mitgeteilt wurde, eine Beteiligung Praktisch alle Kreditverträge im Konsumentenbereich an einem Vermögensbildungsfonds beigelegt. Die Zeich- beinhalten ebenfalls eine solche Lohn- und Gehaltsabtre- nungssumme betrug 9.600 1. Sie wäre in monatlichen tung zur Sicherung der Rückzahlung. Da Lohnabtretun- Teilbeträgen von 50 1, entsprechend einer Laufzeit von gen ihre Wirksamkeit bereits mit dem Datum der Unter- 16 Jahren, zu erbringen gewesen. schrift entfalten, ginge eine Lohnabtretung zugunsten der Beteiligungsgesellschaft einer Abtretung zur Siche- Der Zeichnungsschein enthielt einen Passus, mit dem rung eines später vermittelten Kredits im Range voran. der Kunde bestätigte, den jeweiligen Emissionsprospekt erhalten/zur Kenntnis genommen zu haben. Einen Pros- Der Zugriff auf das pfändbare Einkommen des Kredit- pekt – in Form einer CD – überreichte allerdings nur ein nehmers wäre durch die vorrangige Abtretung bis zur Anbieter, so dass den Probanden i.d.R. eine Prüfung der vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen aus der Betei- Risiken oder der Anlagestrategie nicht möglich war. ligung blockiert und die Abtretung im Kreditvertrag somit Durch die Unterzeichnung der Klausel über die Aushän- faktisch entwertet. Soweit ein potentieller Kreditgeber digung des Prospektes verschlechtert sich die rechtliche seine Kreditentscheidung (auch) von der Einräumung Position erheblich. einer Lohnabtretung abhängig macht, führt die Zeichnung der Beteiligung also dazu, dass die Chancen einer Mangels Prospekt wäre es den Kreditsuchenden auch Kreditgewährung geringer werden. nicht möglich gewesen zu erkennen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie für die Verbindlichkeiten des Tatsächlich sind die Verträge auch aus einem weiteren Unternehmens haften. Der Zeichnungsschein eines Unter- Grund nicht geeignet, als Sicherheit für ein Darlehen zu nehmens enthält immerhin eine Risikobelehrung, der zu dienen. Werthaltig werden diese Anlagen allenfalls dann, entnehmen ist, dass es sich bei der Anlageform um eine wenn sich – nach den vertraglichen Bestimmungen – ein unternehmerische Beteiligung, mit entsprechenden 12 Die Sicherheit greift natürlich nur, wenn kein tarif- oder arbeitsvertraglicher Ausschluss von Lohnabtretungen vereinbart ist. Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 17 Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder die Beteili- Soweit überhaupt eine Begründung für die Notwendig- gung voll eingezahlt ist. Dies dürfte aber frühestens keit eines Hausbesuchs abgegeben wurde, erklärten die mehrere Jahre nach Abschluss der Beteiligung der Fall Mitarbeiter der Anbieter, der Hausbesuch sei notwendig, sein, so dass ein potentieller Kreditgeber die Anlage nicht „um alles für den Vertrag fertig zu machen“13 oder als Sicherheit einschätzen wird. Im Hinblick auf die vom „um die Personaldaten zu verifizieren“. Kreditsuchenden eingegangene Haftungssituation hinsichtlich der Zeichnungssumme könnte die eingegangene Alle Testpersonen berichteten, dass die Hausbesuchssitua- Verpflichtung die Aussicht auf eine Kreditvergabe eher tion mit großem Zeitdruck, durch die Außendienstmitar- mindern. beiter verursacht, verbunden war. Eine genaue Lektüre der zu unterschreibenden Formulare sei nicht möglich Selbstverständlich werden aber Kreditsuchende solche gewesen. Regelmäßig seien allerdings neben den Kredit- Verträge nur abschließen, weil sie sich eine Verbesserung anträgen weitere Unterlagen zur Unterschrift präsentiert der Vermittlungsaussichten versprechen. Vor dem Hinter- worden: „Als der Kreditantrag fertig ausgefüllt war und grund dieser Motivation rechnen sie sicherlich nicht ich unterschreiben sollte, wurde dieser zur Seite gelegt. damit, dass die Verträge die Aussichten auf eine Darle- Der Mitarbeiter holte eine Broschüre aus seiner Mappe hensgewährung eher schmälern, jedenfalls aber nicht und meinte: ‚Dann müssen wir noch unbedingt das hier verbessern. Darüber hinaus sind ihnen die Anlageformen machen‘ Scoreoptimierung, Schuldenberatung und an die nicht vertraut, so dass sie das allgemeine Risiko der Anla- zehn weitere Punkte“...„hat mir zuerst den Kreditvertrag geform nicht einschätzen können, und die Bewertung des zum Unterschreiben hingelegt und direkt danach die konkreten Risikos ist, mangels Prospektinformationen, Versicherung. ... gefragt habe, ob bzgl. der Versicherung vielfach ebenfalls nicht möglich. wegen meiner chronischen Krankheit Einschränkungen bestehen ... zuerst war er ein wenig irritiert, verneinte Aus Sicht unseriöser Vermittler bieten sich die Verträge dies dann aber. Ich selber habe nicht nach einer Versiche- dazu an, über die ausgezahlten Abschlussprovisionen rung gefragt.“ unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Erträge zu realisieren. Der Umstand, dass sie ihren Kunden Absprachegemäß versuchten die Testpersonen mit ver- solchermaßen Haftungsrisiken überwälzen, die den schiedenen Begründungen, die – teilweise bereits unter- gewünschten Kreditbetrag im Einzelfall deutlich über- zeichneten – Verträge einzubehalten, was die Außen- schreiten, wird nicht nur nicht erwähnt, es wird vielmehr dienstmitarbeiter verweigerten bzw. nicht vollständig aktiv darüber getäuscht, wenn Verträge als „VWL zur zuließen. Eine vollständige Auflistung bzw. ein vollständi- Absicherung“ beworben werden. ger Einbehalt aller unterzeichneten Papiere war keinem der Probanden möglich. Eine Probandin, der es gelungen Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck war, den Kreditvermittlungsvertrag, einen Dienstleistungsvertrag über die Erstellung eines Haushaltsbogens, eine Beteiligung an zwei Unternehmen als Durchschlag zu erhalten, ging davon aus, damit sämtliche abgeschlosse- Mit sieben Probanden wurde auf Initiative des Kreditver- nen Verträge widerrufen zu können. Erst durch einen mittlers ein Hausbesuch vereinbart. Einem Probanden Anruf der Hausbank, die nachfragte, ob der vorgelegte wurde dabei telefonisch vorgeschlagen, den Kreditbedarf Dauerauftrag tatsächlich ausgeführt werden solle, stellte durch den Kauf einer Immobilie abzudecken. Im Haus- sie fest, dass zusätzlich noch eine weitere Beteiligung im besuch, bei dem das Kreditmodell ursprünglich erläutert Hausbesuch unterzeichnet worden war. werden sollte, wurde – wohl angesichts der bereits bestehenden Verbindlichkeiten aus Immobilienkäufen – Wenn es aber den Testpersonen, die im Zuge der Projekt- stattdessen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorbereitung und nochmals unmittelbar vor dem Besuch mit Hilfe des Anbieters vorgeschlagen. Ein Hausbesuch ausführlich auf die Hausbesuchssituation und die zu wurde durch den Außendienstmitarbeiter nach fünf erwartenden Abläufe vorbereitet worden waren, nicht Minuten beendet, möglicherweise im Hinblick auf die möglich war, einen vollständigen Nachweis oder auch nur Anwesenheit des Ehemanns der Probandin. 13 Im Folgenden: Alle Zitate entstammen den Protokollen der Testpersonen. 18 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter einen Überblick über die eingegangenen Verpflichtungen zu erhalten, ist unschwer nachzuvollziehen, dass es „echten“ Kreditinteressenten genauso geht. Dieser Umstand Finanzsanierungsverträge anstatt Kredit (Kreditvermittler, die Finanzsanierungsverträge angeboten haben; in %) dürfte erklären, warum das Geschäftsmodell „KreditAngebot eines Finanzsanierungsvertrags vermittlung im Hausbesuch“ weiterhin betrieben wird. Die „Leistungen“ der Außendienstmitarbeiter sollten mit 42 bis zu 200 1 bezahlt werden, wobei sich in mindestens drei Fällen die Mitarbeiter einen Überweisungsträger unterschreiben ließen. Auf Nachfrage wurde teilweise erklärt, dieser werde erst bei der Bank eingereicht, wenn der Kredit genehmigt sei. Tatsächlich wurden die Überweisungen den Banken vorgelegt, ohne dass eine Kredit- n=50 zusage zustande kam. Quelle: SCHUFA. Ein Besuchstermin wurde vorzeitig abgebrochen, ohne gestellt? Ihre Anfrage wurde in unserem Haus geprüft dass es zu einer Unterzeichnung von Verträgen kam, als und für eine Finanzsanierung genehmigt “. Andere der Proband auf der telefonisch zugesicherten Kostenfrei- Anbieter schlossen mit Formulierungen wie: „Wir haben heit bestand: „...wurde der eben noch mühsam ausge- Ihren Antrag von einem Finanzmakler erhalten.“ oder: füllte Kreditantrag theatralisch zerrissen, der Mitarbeiter „Sie hatten bei einem Finanzdienstleister eine entspre- meinte: ‚Dann kann ich nichts für Sie tun‘. (...) zumindest chende Anfrage gestellt (...) Das Ergebnis unserer bisheri- seinen zerrissenen Kreditantrag hat er liegenlassen“. gen Vermittlungsbemühungen ist die endgültige Zusage für die Annahme eines Finanzdienstleistungsauftrags.“ Das Vorgehen der Vermittler entspricht den Ergebnissen ebenfalls an vorangegangene Kreditanfragen an. Sie der Studie aus 2007 und ist identisch mit Vorgehenswei- erwecken damit auch gleichzeitig den Eindruck, dass sich sen unseriöser Anbieter, deren Aktivitäten Mitte und Ende das folgende Angebot auf einen Kredit bezieht. der 90er Jahre eine Reihe von (großen) Ermittlungsverfahren und in der Folge teilweise auch Verurteilungen nach Probanden, die auf der Homepage eines Anbieters einen sich zogen. „Online-Kredit-Antrag“ ausgefüllt hatten, erhielten von dort einen Vermittlungsvertrag mit der eindeutigen Über- Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten schrift „Auftrags-/Vertragsgegenstand: Auftragserteilung zur Vermittlung einer Darlehensbeschaffungsmaßnahme“. Angebote eines weiteren Anbieters nahmen unter Angabe von Internetseite, Datum und Uhrzeit 21 Firmen boten den Testpersonen statt des gewünschten Bezug auf die Kreditanfragen. Kredits einen Finanzsanierungsvertrag an, 3 davon wollten den Weg in ein Insolvenzverfahren mit der Vermitt- Die Bezugnahme auf die Kreditanfragen wurde in den lung einer gewerblichen Schuldenregulierung eröffnen. Anschreiben bei der Konkretisierung der jeweiligen Angebote aufgegriffen, in dem i.d.R. für den in den Testanfra- Insbesondere die Finanzsanierungsangebote waren dabei gen geäußerten Kreditwunsch eine Lösung angeboten so gestaltet, dass sie über den tatsächlichen Inhalt des wurde. Die dort ursprünglich genannte Kreditsumme, angebotenen Vertrags täuschten, denn die Formulierun- nun Regulierungssumme, Vertragsvolumen oder Auf- gen der Werbe- und Angebotsschreiben suggerierten, tragserteilungsvolumen genannt, sollte, so das Angebot, dass ein Kredit vermittelt werden könne, auch wenn mit monatlichen Leistungs-, Tilgungsraten oder Raten in andere Vermittler oder Banken entsprechende Anträge einer bestimmten Laufzeit zurückgeführt werden. Sonder- bereits abgelehnt hätten (Schein-Kreditvermittlung). tilgungen seien ebenfalls (kostenfrei) möglich. Ein Anbieter nahm in seinem Werbeschreiben Bezug auf Die verwendeten Termini und Aussagen ergeben ganz eine vorangegangene erfolglose Kreditsuche, in dem er offensichtlich nur im Zusammenhang mit einem Kredit- mitteilte „Sie haben eine Anfrage wegen einem Kredit vertrag einen Sinn. Die geltend gemachten Vermittlungs- Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 19 gebühren (durchschnittlich ca. 400 1) würden von den Gläubigern treffen sollte, schließen die Verträge doch Kreditsuchenden kaum gezahlt, wäre ihnen die tatsäch- regelmäßig eine Rechtsdienstleistung durch den Finanz- liche Leistung der Anbieter bewusst. Eine Vermittlungs- sanierer aus. leistung, im Sinne einer Suche nach möglichen Vertragspartnern des Kunden oder einer Auswahl aus verschiede- Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungs- nen Angeboten, findet tatsächlich nicht statt. Regelmäßig bedingungen setzt aber zusätzlich natürlich ein entspre- leiten die Vermittler die Verträge an eine bestimmte Firma chendes Entgegenkommen des Gläubigers voraus. Eine weiter, mit der man zusammenarbeitet. Werbeaussage wie „erhebliche Besserung Ihrer finanziellen Situation aufgrund drastischer Schuldenreduzierung“ Die Anbieter erwecken demnach – von der Werbung bis erweckt jedoch den Eindruck, auf diese Zustimmung zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung – bewusst käme es gar nicht an, bzw. sie sei problemlos zu den falschen Eindruck, einen (Umschuldungs-)Kredit ver- erlangen. mitteln zu können. Dabei gehen sie zu Recht davon aus, dass ein Abschluss nicht zustande käme, würden sie den Zwei Anbieter nahmen nicht auf die Kreditvermittlung Kreditsuchenden über den tatsächlichen Vertragsgegen- Bezug, sondern gestalteten ihre Werbung eindeutig als stand ins Bild setzen. Angesichts dieser Täuschungshand- Schuldenregulierungsangebot, so dass ein Irrtum der lungen tragen die Vermittler solcher Angebote ein relativ Kreditsuchenden hinsichtlich einer möglichen Kredit- hohes Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung. vermittlung nicht aufkommen konnte. Angeboten wurde hier ausdrücklich eine Schuldenregulierung als außer- Möglicherweise im Hinblick auf dieses Strafverfolgungs- gerichtlicher Einigungsversuch im Sinne der Insolvenzord- risiko finden sich in allen Werbeschreiben Formulierun- nung und gegebenenfalls Einleitung eines (Verbraucher-) gen, die die zu erbringende Leistung näher definieren, Insolvenzverfahrens. Beide Anbieter sind allerdings durch genauer, die die scheinbaren Kreditversprechen wieder die zuständigen Anerkennungsbehörden nicht als geeig- revidieren sollen. So stellen die allgemeinen Vertrags- nete Stellen nach § 305 Insolvenzordnung anerkannt. bedingungen eines Anbieters fest, dass die Auftragneh- Eine solche Anerkennung wäre aber die Voraussetzung merin keinen Kredit vermittelte und auch selbst keinen für die rechtliche Beratung und Vertretung von Schuld- gewährt. nern im Zusammenhang mit der Verbraucherinsolvenz. Ein anderer Anbieter führt – in § 1 seiner Allgemeinen Die Anbieter arbeiten daher mit Rechtsanwälten zusam- Geschäftsbedingungen – sogar den kompletten Vertrags- men, um dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsdienstleis- text des zu vermittelnden Vertrags auf. Der Text, ca. tung auszuweichen. Die Kunden werden dadurch doppelt 7.000 Zeichen im Umfang, ist, ohne Absätze, in einer zur Kasse gebeten, da sie die Schuldenregulierungsfirma Schriftgröße von 1,5 mm in hellgrauem Druck wieder- und zusätzlich den Rechtsanwalt bezahlen müssen. Die gegeben. Kosten dieser Kombination liegen etwa beim Doppelten bis Dreifachen dessen, was ein selbst gewählter und Aber selbst wenn man die Angebote von vorneherein damit nur dem Schuldner als Auftraggeber verpflichteter nicht als Kreditvermittlungs-, sondern als Schuldenregu- Anwalt nach den Empfehlungen des deutschen Anwalts- lierungsangebote verstehen will, sind sie dazu geeignet, vereins berechnen würde. die potentiellen Kunden über das Angebot zu täuschen. Unabhängig von der Frage einer unzulässigen Rechts14 Eine geldwerte Leistung ist den Verträgen der Schulden- dienstleistung, die gegebenenfalls zur Nichtigkeit der regulierungsanbieter, die sich im Übrigen nur minimal von mit den Gläubigern abzuschließenden Regulierungsver- den Vertragsmustern der Finanzsanierungsangebote einbarungen führt, erwecken die Angebote den Eindruck, unterscheiden, kaum zu entnehmen. die bestehenden Zahlungsverpflichtungen verringern zu können. Unklar bleibt, wer diese Vereinbarungen mit den 14 Jäger: Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerinteressen im Insolvenzverfahren natürlicher Personen, ZVI 2/2003 , der darauf hinweist, dass Vereinbarungen mit einem Schuldenregulierer, der nicht zur Rechtsberatung befugt ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sind. 20 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit Umfang zielgruppengerecht vermarktet. Die von den Kreditvermittlern gewonnenen Anschriften werden hierbei vermietet, d.h. sie können nur für jeweils eine Werbe- Ein Anbieter verschickte regelmäßig einen Wirtschafts- aktion genutzt werden. Die Preise betragen hierbei bis zu beratungsvertrag, genauer eine „Beratungsvereinbarung 160 1 je Tausend. Allfinanzberatung“, an die Testpersonen. Der Anfrage über den Internetauftritt, in dem keine Selbstauskunft Der Gesamtumfang der Weiterveräußerung von Daten auszufüllen war, folgte die Übersendung eines als entzieht sich der Beobachtung. Allerdings finden sich im „Barkredit-Vermittlungsauftrag“ bezeichneten Selbst- Internet einige Angebote von Adressvermietern, denen auskunftsformulars. Unabhängig von den individuellen Zahlen zu den vorhandenen Adressen zu entnehmen wirtschaftlichen Verhältnissen erhielten die Probanden sind. So bietet ein Listbroker die über einen unbekannten nach dessen Rücksendung die schriftliche Mitteilung: Vermittler gewonnenen Anschriften von 310.000 „Da die Vorprüfung positiv verlaufen ist haben wir Ihren „Menschen mit keinem oder nur geringen Einkommen. Antrag angenommen. Nach erfolgter Unterschrift bemü- Sie meldeten sich auf eine Zeitungsannonce oder Direkt- hen wir uns die Kreditauszahlung schnellstmöglich zu werbung in der mit Kleinkrediten auch ohne SCHUFA- realisieren“. Anfrage geworben wurde.“15 Ein weiterer Anbieter offeriert Listen mit insgesamt rund 658.600 Adress- Formaler Anlass des Schreibens war die Aufforderung datensätzen von Kreditsuchenden zweier Kreditvermitt- mitzuteilen, ob die Kreditauszahlung per Post oder Über- lungen, die nach einem Strafverfahren gegen die Verant- weisung erfolgen sollte. In Fettdruck wurden die Proban- wortlichen aktuell nicht mehr am Markt aktiv sind. den aufgefordert, die entsprechende schriftliche Erklärung „mit den Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben an uns zurückzusenden“. Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten Die Vereinbarung, in der der Anbieter mit der Beratung beauftragt wird, war zwar gesondert zu unterzeichnen, Zwei der Testanfragen führten tatsächlich zum Erfolg, dennoch erweckten Gestaltung und Ablauf den Eindruck nämlich der Vermittlung eines Kredits, wenn auch nicht in der Zugehörigkeit zum Vermittlungsauftrag. Die „All- der ursprünglich gewünschten Höhe. Die Darlehen wur- finanzberatung“ wurde als Abonnement mit einer Lauf- den beide durch eine in Deutschland ansässige Bank aus- zeit von zunächst zwölf Monaten zum Preis von 150 1, gereicht, so dass nicht auszuschließen ist, dass der Kredit gestaltet. auch bei einer Direktanfrage ohne den Umweg über einen Kreditvermittler gewährt worden wäre. Eines der Lukrativer Verkauf von Adressen Darlehen wurde auf das Konto der Probandin ausgezahlt (und dann vereinbarungsgemäß widerrufen und zurücküberwiesen). Im zweiten Fall trat die Testperson nach Kreditsuchende müssen bei der Kreditanfrage, in Abfra- Erhalt des Vertrags, aber vor Auszahlung, zurück. geformularen auf der Homepage der Anbieter oder in den Selbstauskunftsbögen, weitgehende Angaben zu den Eines der tatsächlich zustande gekommenen Darlehen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen. wurde im Zuge eines Hausbesuchs vermittelt und wies Diese Daten sind ein wertvolles Handelsgut. Ein Teil der nicht die vollständigen Vermittlungskosten aus, da der Anbieter betreibt, gegebenenfalls im Firmenverbund, den Vermittlungsaufwand für den Hausbesuch nicht im Handel mit (Adress-)Daten als (zusätzliches) Standbein. Vertrag aufgeführt wurde. Dementsprechend findet sich in der Mehrzahl der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Vermittlungsauf- Das zweite Darlehen wurde zu nachfolgenden Konditio- träge eine Einverständniserklärung zur Datenweitergabe. nen vermittelt: Adresslisten von Kreditsuchenden werden in großem 15 http://www.adressfit.de/datenkarten/Kleinkreditsuchende.php, zuletzt besucht am 30.04.12. Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 21 Nettokreditbetrag: Beitrag Restkreditversicherung: Courtage 6%: Sollzins 12,20%: Bruttokredit: 84 Raten in Höhe von 12.000,00 1 Der Seitenbetreiber wird, je nach Ausgestaltung des 3.178,11 1 Partnerprogramms, für weitergeleitete Kreditanfragen, 910,69 1 ausgefüllte Kreditanträge und gegebenenfalls auch für 7.912,94 1 vermittelte Kredite honoriert.18 Einzelne Seitenbetreiber 24.001,74 1 schalten auch eigene Werbung in den diversen Such- 285,73 1 maschinen, deren Kosten sie selbst zu tragen haben. Effektivzins laut Vertrag: 15,11% Die Webauftritte sind teilweise so gestaltet, dass sie den Eindruck erwecken, die Seite würde von einem Kreditver- Der Testperson wurde seitens der Kreditvermittlung der mittler betrieben. In der Mehrzahl der Fälle findet sich im Abschluss der Restkreditversicherung vorgegeben. Eine Impressum oder über die eingebetteten Anfrageformulare Möglichkeit, hierauf zu verzichten, bestand nicht. Die aber der Hinweis19, dass der Seitenbetreiber selbst keine entsprechende Auswahl der Versicherungsbausteine Kreditvermittlung betreibt. (Todesfall-, Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeitsschutz) war bereits vorgewählt. Ein Teil der untersuchten Kreditvermittlungsfirmen tritt allerdings auch selbst als Affiliate auf und verlinkt zu Nach der § 6 Preisangabenverordnung sind bei der diversen Angeboten. Als besonders aktiv zeigte sich ein Berechnung des effektiven Jahreszinses die Kosten einer Anbieter, der alle anfragenden Probanden mit einer Viel- Restkreditversicherung einzubeziehen, es sei denn, zahl von Mails bedachte. Die Firma, die selbst auch als sie wäre keine Voraussetzung der Kreditvergabe. Merchand eines Partnerprogramms agiert (und 5 bis 10 1 je Kreditantrag unabhängig von einer Auszahlung ver- Wird die Restkreditversicherung entsprechend in die güten will), verlinkte auf: Berechnung einbezogen, ergibt sich nicht der im Vertrag ausgewiesene Zins, sondern ein effektiver Jahreszins von J das (Giro-)Kontoeröffnungsangebot einer Direktbank, rund 25,5%16. J das Angebot einer Prepaid-Kreditkarte einer Landesbank, Stark verwobene Anbieterstrukturen J den Webauftritt eines anderen Kreditvermittlers, J das Angebot „SCHUFA-freier“ Telekommunikationsverträge, Handys und Laptops. Kreditanfragen im Internet erfolgen zu einem großen Teil auch in Form des Affiliate-Marketings17, über die Seiten Andere Anbieter verlinkten im Rahmen des Affiliate- von Werbepartnern des Anbieters. Diese betreiben ihre Marketings auf Peer-to-Peer-Kreditportale, Kreditkarten- Webseiten in eigener Verantwortung und gestalten sie angebote und Versicherungsvergleichsportale. vor allem als Auftritte mit (mehr oder weniger umfangreichen) redaktionellen Inhalten, meist bezeichnet als Blogs, oder als Vergleichsportal. Die entsprechenden Schwer durchschaubare Netzwerke Angebote sind auf den Seiten der Affiliates in Form von Werbebannern oder auch als Kreditanfrageformular Ein Partnerprogramm mit einer Vielzahl von Werbepart- eingebunden, die dann zur Seite des Kreditvermittlers nern wird mit Sitz in der Schweiz betrieben. Nach dem (Merchands) führen. Inhalt des Handelsregisters ist der Gegenstand des Unternehmens allerdings nicht die Kreditvermittlung, sondern „Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung, Marke- 16 Zum Vergleich: Der durchschnittliche Effektivzins für Konsumentenkredite mit einer anfänglichen Zinsbindung über fünf Jahre lag im Neukundengeschäft in Deutschland, ausweislich der Statistik der Deutschen Bundesbank (http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open =&func=row&tr=SUD115), im Januar 2012 (der Zinssatz für März war bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht, der für Februar nur vorläufig angegeben) bei 8,2%. Unter Berücksichtigung der Restkreditversicherung liegt der Vertragszins bei etwas mehr als dem Dreifachen dieses Zinssatzes. Die Rechtsprechung zum Verbraucherkredit geht bei einer Überschreitung des marktüblichen Zinses um mehr als 100% von der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags aus. 17 Im Internet weitverbreiteter Vertriebsweg, bei dem ein Anbieter (Merchand) seinen Vertriebspartnern (Affiliates) die Weiterleitung von Kunden, nach verschiedenen Vergütungsmodellen, honoriert. Klickt der potentielle Kunde einen entsprechenden Link auf der Homepage des Affiliates an, wird mit der Weiterleitung ein Abrechnungscode übergeben, so dass die Vermittlung dem Werbepartner zugeordnet werden kann. ting und Medien“. Gegenüber Kreditsuchenden tritt das Unternehmen aber als Kreditvermittler auf. 18 Die Vergütung beträgt je nach Qualität der Daten und Anbieter 4 bis 10 1 je Adresse bzw. zurückgesandtem Kreditantrag. Im Falle einer Kreditvermittlung wird oftmals eine zusätzliche Provision von ca. 1% gezahlt. 19 Dies geschieht teilweise auch indirekt, indem auf die Maklererlaubnis des eigentlichen Kreditvermittlers oder auf dessen inhaltliche Verantwortung für Kreditanfrageformulare verwiesen wird. 22 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter Die weitere Bearbeitung fand dann – zumindest bei Zahlungswahrscheinlichkeit ausgehen, als dies bei Kreditsuchenden, deren Selbstauskunft (etwa wegen Mahnungen des Kreditvermittlers der Fall wäre. Bei den Arbeitslosigkeit) eine Kreditvergabe nicht von vorneherein Testpersonen wurde die Einschaltung von Inkasso- ausschloss – nicht mehr durch das Unternehmen selbst unternehmen im Vorfeld auch unmissverständlich ange- statt, sondern erfolgte durch eine Finanzvermittlungs- droht: gesellschaft. Der Wechsel war allerdings für die Kreditsuchenden kaum zu erkennen, da beide Firmen in ihrer „Des weiteren wird bei Nichtzahlung unverzüglich Außendarstellung eine einheitlich Bezeichnung verwen- eine Inkassofirma beauftragt. Dieses würde erhöhte den. Das Vorgehen erweckt dabei den Eindruck, dass die Kosten, unnütze SCHUFA-Einträge, evtl. Einträge in ursprünglich angefragte Unternehmung eine Sammel- Schuldnerverzeichnisse und der evtl. Verlust der und Filterfunktion übernimmt. Mit hoher Wahrscheinlich- Kreditwürdigkeit bedeuten. Des weiteren würden keit werden die Adressen von Kreditsuchenden auch in wir ohne weitere Ankündigung eine Lohnpfändung, der Vermittlungsbranche weitervermarktet, wobei sich bei Arbeitslosigkeit eine Pfändung der Bezüge oder der Verlauf der Weiterleitung nicht zweifelsfrei nachver- ein [sic!] Pfändung der Rente einleiten.“ folgen ließ. Ein anderer Anbieter droht mit Formulierungen, aus Mit einer Vielzahl von Internetseiten wirbt eine Firmen- denen sich unschwer die Information des sozialen gruppe aus Ahlen für „SCHUFA-freie“ Kredite. Besonde- Umfelds über die Nichtzahlung interpretieren lässt: ren Wert legt die Firmengruppe dabei darauf, die werbenden Firmen der Gruppe als seriöse Unternehmen „An dieser Stelle möchten wir Sie darauf aufmerksam darzustellen. Mit einer Vielzahl von Internetseiten, die machen, dass unser spezialisiertes Inkassounterneh- teilweise den Eindruck erwecken sollen, von Verbraucher- men mit inkassobeauftragten Außendienstmitarbei- organisationen betrieben zu werden, bestätigen sich die tern bei Ihnen persönlich vor Ort arbeitet. Es kann Firmen ihre Seriosität. Die Vielzahl entsprechender also auch sein, dass man in Ihrem Umfeld recherchie- Internetseiten verdrängt zusätzlich kritische Erfahrungs- ren muss um heraus zu finden, wann man Sie am berichte von Kreditsuchenden in den jeweiligen Such- besten antreffen und besuchen kann. Möchten Sie maschinen. z.B. beim Verlassen Ihrer Wohnung, wegen offener Forderungen angesprochen werden?“ Im Zuge der Testanfragen wurden drei dieser Firmen kontaktiert. Beantwortet wurden die Anfragen jeweils durch Tatsächlich beauftragten bis zum Redaktionsschluss zwei ein einziges Unternehmen, das sich zunächst bemühte, Anbieter Inkassounternehmen mit der Beitreibung der den Kreditsuchenden Versicherungen und Genossen- Forderung. Auffällig war dabei die lange Dauer zwischen schaftsbeteiligungen zu verkaufen. Im weiteren Verlauf der letzten Mahnung der Anbieter und dem ersten wurde den Probanden dann ein Finanzsanierungsvertrag Schreiben der Inkassounternehmen. Diese mag mögli- angeboten. Nach Zahlung der Vermittlungsgebühren per cherweise Verwaltungsabläufen geschuldet sein, mög- Nachnahme wurde ein Finanzsanierungsvertrag mit licherweise setzen die Anbieter aber auch darauf, dass einem weiteren Unternehmen dieser Firmengruppe aus- Unterlagen über die erfolglose „Kreditvermittlung“ nicht gehändigt. mehr vorhanden sind und die Kreditsuchenden deshalb auf Gegenwehr verzichten. Drohkulisse Inkasso Die eingeschalteten Inkassounternehmen zeichnen sich durch eine auffällige Nähe zur Kreditvermittlungsbranche Vergütungs- und Auslagenforderungen von Kredit- aus. Gesellschafter beider Unternehmen sind auch an vermittlern werden teilweise durch Inkassounternehmen Kreditvermittlungs- bzw. Schuldenregulierungsfirmen beigetrieben. In einigen Fällen bestehen personelle oder beteiligt, so dass die Geschäftspraktiken der Branche finanzielle Verknüpfungen zwischen Kreditvermittlung wohl als bekannt vorausgesetzt werden können. und Inkassofirma. Aufgabe der Inkassounternehmen ist es, die (Auslagen-)Forderungen des Kreditvermittlungs- Nach den Erfahrungen aus der Schuldnerberatung schal- unternehmens zu realisieren, wobei die Anbieter von ten die Kreditvermittler Inkassounternehmen ein. Man einem höheren Drohpotential und damit einer größeren scheint sich dabei in erster Linie auf das Drohpotential Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 23 der Unternehmen zu stützen, deren rechtliche Position Die Problematik, dass in großem Umfang versucht wird, und Möglichkeiten von vielen Verbrauchern falsch einge- unzulässige Nebenentgelte zu kassieren, ist unverändert schätzt werden. geblieben. Nach wie vor geben sich unseriöse Anbieter die größte Mühe, die Anfragenden über ihre tatsäch- Die Anbieter bemühen sich die (unberechtigten) Forderun- lichen Vermittlungschancen zu täuschen. Sie erwecken gen außergerichtlich beizutreiben, aber nur einige wenige mit Formulierungen wie „Antragsannahmen“, „positiven versuchen dann auch mit Hilfe eines gerichtlichen Mahn- Vorprüfungen“ und ähnlichem den Eindruck einer dem- 20 verfahrens die Forderung zu titulieren . In diesem verein- nächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die Kreditsu- fachten, automatisierten Verfahren findet keine gericht- chenden zum Abschluss diverser Verträge zu verleiten. liche Überprüfung des behaupteten Anspruches statt, Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine tat- soweit der in Anspruch Genommene (hier: der Kreditsu- sächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahmefall chende) kein Rechtsmittel einlegt. Erst wenn ein Wider- dar. spruch geltend gemacht wird, müsste der Kreditvermittler seinen Anspruch in einem Zivilprozess begründen und beweisen. In aller Regel sind die Kreditvermittlungsfirmen aber an einem solchen streitigen Verfahren und damit auch der richterlichen Prüfung und Bewertung ihrer Geschäftspraktiken nicht interessiert und verzichten auf die Einreichung einer Klage, wenn der Kunde Rechtsmittel eingelegt hat. Gegen Kreditsuchende, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht wehren, wird der Anspruch aber tituliert. Damit kann dann versucht werden, über die Gerichtsvollzieher letztlich unberechtigte Forderungen zu realisieren. Fazit Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung einen „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu erhalten, ist verschwindend gering: Bei 177 Testkontakten mit verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen. Die Praktiken der Anbieter haben sich dabei gegenüber der Vorläuferstudie aus dem Jahr 2007 geringfügig gewandelt: Eine größere Rolle spielt die verdeckte Adressweitergabe. Sie ist klar festzustellen, aber der Weg der Adressweitergabe lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren. Auffällig ist der deutlich größere Anteil an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen. 20 Bis Redaktionsschluss traf bei keiner der Testpersonen ein Mahnbescheid ein. Aus der Praxis der Schuldnerberatung sind nur einige wenige Kreditvermittlungen bekannt, die versuchen, ihre Ansprüche im gerichtlichen Verfahren zu realisieren. 24 Rechtsgutachten Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann Wie die Untersuchung zeigt, ist es eher selten, dass es Im Einzelnen besteht allerdings Streit darüber, welche nach einer Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten auch Kosten (Vermittlungsprovisionen, Restschuldversicherung) tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt. In jedem in die vergleichsrelevanten Kreditkosten einzurechnen Fall zahlt der Kunde einen hohen Preis. Im Folgenden sind. Die Restschuldversicherung ist nach § 6 Abs. 3 sollen die verschiedenen Methoden rechtlich bewertet PAngVO jedenfalls dann in die Effektivzinsberechnung werden, wobei mit der zivilrechtlichen Wertung begon- einzubeziehen, wenn der Abschluss zur Bedingung für nen wird und später die strafrechtliche, ordnungsrecht- die Kreditvergabe gemacht wird. Ist das der Fall, hat das liche und wettbewerbsrechtliche Seite betrachtet zur Folge, dass auch der Anspruch auf die Provision des werden. Vermittlers entfällt. In der Studie wurde tatsächlich ein Kreditvertrag zur Unterschrift verschickt, der eindeutig als 1 Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden sittenwidrig anzusehen war.1 Da somit bei der Gestaltung der vertraglichen Kreditkosten relativ wenig Spielraum ist, um ein höheres Risiko Bei der erfolgreichen Vermittlung eines Kleinkredits durch höhere Kreditkosten aufzufangen, kompensieren trotz Überschuldung durch meist Schweizer Kredit- die genannten Institute das hohe Risiko durch relativ institute ergeben sich verschiedene zivilrechtliche Frage- hohe Verzugskosten. Die Kredite werden – was ange- stellungen. Zum einen drängt sich die Frage der Sitten- sichts der prekären finanziellen Lage der Kreditnehmer widrigkeit der Kredite nach § 138 BGB auf, da diese nicht überraschend ist – regelmäßig nicht vertragsgemäß Kreditinstitute natürlich versuchen, ihr gestiegenes Risiko zurückgeführt. Die Verzugskosten, die den Kreditneh- durch höhere Kreditkosten auszugleichen. Diese Möglich- mern nach der Kreditkündigung in Rechnung gestellt keit ist aber durch eine gefestigte Rechtsprechung werden, sind zum Teil exorbitant hoch. So werden von begrenzt. teilweise mehreren (mit den Kreditinstituten verbandelten) sukzessive eingeschalteten Inkassobüros für einfache Der Bundesgerichtshof hat seit dem Ende der 1970er Briefe 20 1 verlangt, für die Offenlegung einer Abtretung Jahre zu der Frage eine recht spezifische Judikatur entwi- 100 1, für andere Inkassokosten ebenfalls erhebliche ckelt, die eine Sittenwidrigkeit regelmäßig dann annimmt, Beträge. Die Verzugskosten sind dem Grunde nach durch wenn die Kreditkosten des Vertrages mehr als 100% über §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB begründet. Allerdings den marktüblichen Konditionen liegen. Da die Folgen muss sich der Umfang des Ersatzanspruchs an der Scha- eines sittenwidrigen Kredites (Nichtigkeit des Vertrages, densminderungspflicht des § 254 BGB messen lassen. Zinslosigkeit des Darlehens und Rückzahlungspflicht der Dies bedeutet, dass der Gläubiger von gleichwirksamen Valuta in Raten) relativ harsch sind, schenken die kredit- Maßnahmen nur die Preisgünstigste zur Forderungsein- gebenden Institute dieser Grenze viel Aufmerksamkeit. treibung verwenden und seine eigenen Bemühungen nicht in Rechnung stellen darf.2 1 Nettokreditbetrag 12.000 1, Restschuldversicherung zwingend (vorgegeben im Vertrag) 3.178,11 1, (mitfinanziert) Bearbeitungsgebühr 910,69 1, Zinsen 7.912,41 1 = brutto 24.001,21 1, 84 Monate Laufzeit. Das entspricht einem effektiven Jahreszins von 25,57%, vergleichbarer Zins für Ratenkredit nach der Statistik der Deutschen Bundesbank im Februar 2012: 8,12% (http:// www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func =row&tr=SUD115) Das bedeutet in etwa eine Überschreitung des marktüblichen Zinses um das Doppelte. 2 Vgl. hierzu den Ratgeber Inkassokosten der Verbraucherzentrale NRW, 1. Aufl. 2005, S. 54, 57. Rechtsgutachten 25 Die Verzugskosten sind daher regelmäßig überhöht und rechtlich angreifbar. Zu rechtlichen Auseinandersetzungen 1.1 Die Vereinnahmung von Provisionen und Bearbeitungsgebühren über die berechtigte Höhe der Verzugskosten kommt es allerdings nur selten. In vielen Fällen werden sie mit der In ca. 98% der Fälle kommt es allerdings nicht zu einer Kreditforderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch Vermittlung eines Kredites, dennoch werden meist per Vollstreckungsbescheide tituliert, so dass sie danach Vorkasse, Rechnungsstellung oder durch die erzwungene wegen der entstanden Rechtskraft kaum noch angreifbar Ausstellung von Überweisungsträgern3 Bearbeitungsge- sind. bühren oder Provisionen vom Kreditsuchenden gefordert und kassiert. Das Fordern einer Provision für einen nicht Durch hohe Zinsen und erhebliche Kosten im Verzugsfall vermittelten Kredit kollidiert allerdings mit den Vorschrif- können das Risiko der kreditgebenden Institute offenbar ten des früheren Verbraucherkreditgesetzes, die mit der kompensiert und darüber hinaus in diesem schwierigen Schuldrechtsreform weitgehend inhaltsgleich ins BGB (§ Sektor ein Gewinn für die kreditgebenden Unternehmen 655a ff. BGB) übernommen wurden. Voraussetzung für erzielt werden. die Anwendbarkeit der Normen ist dabei zunächst, dass auf der einen Seite ein Verbraucher und auf der anderen Eine beliebte Praxis der Vermittler ist es, sich vom Kunden Seite ein Unternehmer beteiligt sind. Dies trifft in den Blankounterschriften auf dem Selbstauskunftsformular allermeisten Fällen der hier beschriebenen Problematik geben zu lassen. Diese werden dann – auch aufgrund des zu.4 Die §§ 655a ff. BGB enthalten zahlreiche Einschrän- Provisionsinteresses der Vermittler – nur unvollständig kungen für die Tätigkeit des Darlehensvermittlers. Neben oder falsch ausgefüllt. Im Nachhinein ist natürlich nur Formvorschriften ist in § 655c BGB normiert, dass ein schwer feststellbar, ob dies im Zusammenwirken mit dem Verbraucher nur zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet Kunden geschah (der natürlich auch ein Interesse an der ist, wenn das Darlehen tatsächlich erfolgreich vermittelt Kreditvermittlung hat) oder allein auf der Initiative des wurde. In § 655d BGB ist festgehalten, dass der Darle- Kreditvermittlers beruhte. In beiden Fällen wird der hensvermittler neben der nur im Erfolgsfall fälligen Provi- Schuldner später massiv von dem Kreditgeber unter sion keine weiteren Entgelte vereinnahmen darf. Diese Druck gesetzt. Ihm wird Eingehungsbetrug vorgeworfen Regelung ist klar und eindeutig und durch das Umge- und mit Strafanzeige gedroht. In einem späteren Insol- hungsverbot in § 655e BGB zusätzlich geschützt. Ohne venzverfahren wird versucht, dem Schuldner die Rest- eine erfolgreiche Vermittlung eines Darlehens5 sind weder schuldbefreiung zu verbauen, indem Versagungsanträge eine Provision noch eine Bearbeitungsgebühr geschuldet. nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestellt werden oder die Das Verbot des § 655a Satz 1 BGB erfasst dabei auch den Forderung im Sinne des § 302 InsO als ausgenommene Fall, dass der vermittelnde Unternehmer das Entgelt von Forderung angemeldet wird. Dabei stellt sich natürlich die einem Dritten erhält. Eine Ausnahme gibt es nur im § Frage, inwieweit man jemanden über seine Kreditwürdig- 655d BGB für die Erstattung von Auslagen. keit täuschen kann, der mit Krediten ohne Bonitätsprüfung wirbt, die Kreditunwürdigen also die Zielgruppe sind. Die Instanzgerichte haben die Fälle der Blankounter- 1.2 Die Erstattung von Auslagen schrift unterschiedlich beurteilt, der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung, bei der es um einen Versa- Eine Einschränkung dieses Provisionsverbots ohne erfolg- gungsantrag nach § 290 Abs. 1 InsO wegen einer Blanko- reiche Vermittlung enthält allerdings Satz 2 des § 655d unterschrift ging, nicht formal auf die Unterschrift des BGB, der es dem Vermittler erlaubt, nach entsprechender Antragstellers abgestellt. Für die Versagung der Rest- (schriftlicher) Vereinbarung tatsächlich entstandene, schuldbefreiung wegen grober Fahrlässigkeit müsse fest- erforderliche Auslagen in Rechnung zu stellen. § 655d gestellt werden, dass der Antragsteller die falschen oder unvollständigen Angaben zumindest grob fahrlässig mit verursacht habe. 3 Manche Vermittler lassen sich bei einem Hausbesuch einen (oder auch mehrere) Überweisungsträger vom Klienten unterschreiben, den sie dann bei dessen Bank einreichen. Wenn die Überweisung ausgeführt ist, hat der Klient keine Möglichkeit mehr, die Transaktion rückgängig zu machen. 4 Dies ist natürlich nicht zwingend. Wenn sich z.B. ein Kleinunternehmer um einen „SCHUFA-freien“ Kredit bemüht, finden die Vorschriften des Verbraucherschutzes keine Anwendung, und die rechtliche Bewertung ist nach den allgemeinen Vorschriften vorzunehmen. 5 Erfolgreich ist die Vermittlung in diesem Sinne erst, wenn die Valuta ausgezahlt wurden und der Darlehensvertrag nicht vom Verbraucher widerrufen wurde. 26 Rechtsgutachten BGB übernimmt insofern inhaltsgleich die Regelung des verlangen. Dadurch verbietet es sich dem Vermittler, § 17 VerbrKrG, bei dessen Kodifikation im Jahre 1990 die allgemeine Betriebs- und Gemeinkosten auf den Verbrau- Beschränkung des Provisionsverlangens des Darlehensver- cher umzulegen. Unter diese allgemeinen Betriebskosten mittlers festgelegt wurde. Der Gesetzgeber hatte sich fallen nach der Rechtsprechung auch die Arbeitsstunden gescheut, die Möglichkeit der Vereinbarung einer Ausla- des Außendienstmitarbeiters. Ebenso wenig ersatzfähig generstattung ganz auszuschließen. Andererseits war es sind Telefongrundgebühren, allgemeine Auskunftsgebüh- ihm wichtig, einen Missbrauch auch der Auslagenerstat- ren, Bearbeitungs- und Schreibgebühren, da diese eben- tung zu verhindern. Die Begrenzung der erstattungsfähi- falls als Gemeinkosten anzusehen sind. gen Nebenentgelte sollte der schon damals verbreiteten Praxis entgegenwirken, dass die Vermittler „....nicht ver- Auslagen, die zunächst der Anbahnung des Kreditvermitt- mittlungsfähige Kreditwünsche entgegennehmen und lungsvertrages dienen, können dem Kunden nicht in sich von vornherein auf die Erhebung von Nebenentgel- Rechnung gestellt werden. So ist insbesondere der Ansatz ten, wie z.B. Bearbeitungspauschalen und Schreibgebüh- von Fahrtkosten für den Abschluss des Darlehensvermitt- ren beschränken.“ Trotz der klaren Zielrichtung des lungsvertrages unzulässig. Dies gilt nach der Auffassung Gesetzgebers zeigen die Erfahrungen sowohl der Studie des OLG Karlsruhe nicht nur für die Fahrtkosten des Ver- von 2007 als auch der Studie von 2012, dass dieses Ziel mittlers für den ersten, vertragsanbahnenden Kundenbe- bislang offenbar verfehlt wurde. Und trotz der vermeint- such, sondern auch für etwaige anschließende Fahrtkos- lich klaren Rechtslage standen in der Praxis vor den Ins- ten im Rahmen der Abwicklung des Vermittlungsvertra- tanzgerichten immer wieder Fälle zur Entscheidung an, ges. Dies erscheint jedenfalls insoweit konsequent, als es in denen um die Zulässigkeit der Auslagenerstattungen regelmäßig auch an der Erforderlichkeit solcher Fahrt- gestritten wurde. Mittlerweile ist durch die Rechtspre- kosten fehlen wird. Denn erstattungsfähig sind nach dem chung insbesondere der Oberlandesgerichte und durch Wortlaut des § 655d BGB nur die erforderlichen Aus- die Literatur der legale Anwendungsbereich der Ausla- lagen. Die Beweislast für die Erforderlichkeit liegt dabei generstattung auf praktisch kaum noch bedeutsame beim Vermittler. Sachverhalte reduziert worden. Auch aus diesen Gründen sind die Vermittler offenbar davon abgerückt, ihre ver- In der Praxis wird immer wieder versucht, den Schuldnern meintlichen Provisionsansprüche gerichtlich durchzu- Pauschalen für generell erstattungsfähige Auslagen wie setzen. Porti oder Telefonkosten in Rechnung zu stellen. Auch solche Pauschalierungen sind aber nach herrschender Der Vermittler muss, wenn er die Erstattung von Aus- Meinung im Rahmen des § 655d BGB unzulässig. Eine lagen begehrt, zunächst nachweisen, dass diese Aus- Pauschalierung ist auch dann unzulässig, wenn diese sich lagenerstattung (als Teil des Darlehensvermittlungsver- als Festbetrag am wirklichen Aufwand orientiert. Nach trages) mit dem Kreditsuchenden schriftlich vereinbart der Rechtsprechung soll es dagegen zulässig sein, einen wurde. Ohne die Einhaltung der Schriftform ist die Erstat- Höchstbetrag für die Auslagenerstattung („höchstens tungsabrede unwirksam und begründet keine Verpflich- 64,50 1“) zu vereinbaren. Die Festlegung eines solchen tung. In der Literatur wird es für zulässig gehalten, die Höchstbetrages entbindet den Vermittler allerdings nicht Verpflichtung zur Erstattung der im Sinne von § 655d von der Verpflichtung, die Auslagen bis zu diesem Satz 2 BGB getätigten und konkret nachzuweisenden Höchstbetrag im Einzelnen nach den bereits aufgezeigten Auslagen in den AGB des Vermittlers zu vereinbaren. Kriterien abzurechnen und nachzuweisen. In der Praxis Allerdings wird auch insoweit verlangt, dass unter dem werden allerdings immer wieder diese Höchstbeträge Gesichtspunkt des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes unberechtigterweise als Pauschalen ohne weiteren Nach- strenge Anforderungen an die Ausgestaltung und Platzie- weis in Rechnung gestellt und auch vom Kreditsuchenden rung der Klausel zu stellen sind. Dabei reicht es nicht aus, bezahlt. Insofern erscheint fraglich, ob die Vereinbarung dass generell eine Auslagenerstattung vereinbart wird. solcher Höchstgrenzen in den Vertragsbedingungen der Vielmehr müssen alle erstattungsfähigen Auslagen im Vermittler nicht doch als irreführend anzusehen ist. Einzelnen aufgeführt und später bei der Abrechnung nachgewiesen werden. Auch der Versuch der Vermittler, den ausgeprägten Verbraucherschutz der §§ 655a ff. BGB dadurch zu Der Begriff der Auslagenerstattung erlaubt es nur bei umgehen, dass man sich von Kreditsuchenden ein Ex-post-Betrachtung, objektiv erforderliche Auslagen zu „Anerkenntnis“ der (unzulässigen) Vergütungsforderun- Rechtsgutachten 27 gen unterschreiben lässt, wurde von der Rechtsprechung im Wege von Verbandsklageverfahren nach § 8 UWG zurückgewiesen. Ein solches Anerkenntnis ist eine offen- oder 3 UKlaG. sichtliche Form eines Umgehungsversuchs, der nach § 655e Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Auch ein ein- In den Fällen, in denen sich der Kreditsuchende rechtlich seitiger „Verzicht“ auf die verbraucherschützenden zur Wehr setzt, sind die Erfolgsaussichten gut, da die Normen des § 655a ff. BGB ist nicht möglich. (Vor-)Leistungen regelmäßig rechtsgrundlos geleistet wurden und somit ein Erstattungsanspruch nach § 812 Abs. Im Bereich des Hauptanwendungsfalles der Norm, beim 1 BGB besteht. Nicht selten werden überzogene Auslagen Konsumentenkredit, bei dem es regelmäßig nicht um und Ansprüche der Vermittler im Wege des gerichtlichen Auslagen z.B. für die Erstellung eines Sachverständigen- Mahnverfahrens beigetrieben und durch Vollstreckungs- gutachtens zur Bewertung einer Immobilie geht, bleibt bescheid tituliert. Die Möglichkeiten, gegen diese titulier- damit kein sinnhafter Anwendungsbereich für die Erlaub- ten Forderungen vorzugehen, sind dann begrenzt. nis der Auslagenerstattung nach § 655d Satz 2 BGB. Denn erstattungsfähig wären in der Regel lediglich nach Außerdem versuchen viele Vermittler, ihre unberechtigten Vertragsabschluss entstandene Auslagen für Telefonge- Forderungen durch Schuldanerkenntnisse zu sichern. spräche, Porti und Auskunftskosten, soweit diese schrift- In dem vom AG Hameln7 entschiedenen Fall hatte der lich vereinbart wurden, erforderlich waren und im Einzel- Vermittler für einen Hausbesuch Fahrtkosten in Höhe von fall nachgewiesen wurden. Angesichts der Tatsache, dass 210,321 (956 x 0,221) geltend gemacht. Die Forderung diese Auslagen regelmäßig gering sein dürften, steht der hatte er sich durch ein Anerkenntnis des Schuldners (nicht erstattungsfähige) Abrechnungsaufwand hierzu in bestätigen lassen. Das AG Hameln sah hier eine Umge- keiner sinnvollen wirtschaftlichen Relation, so dass es hung der verbraucherschützenden Vorschriften gem. nicht verwundert, dass solche (legalen) Abrechnungen in § 655e BGB und die Möglichkeit, auch das Anerkenntnis der Praxis des Konsumentenkredits bislang ausgeblieben des Schuldners gem. §§ 812 Abs. 2, 821 BGB sind. Auf den ersten Blick erstaunlich ist daher, dass trotz zu kondizieren. der klaren und durch instanzrechtliche Rechtsprechung unterstützten Rechtslage in der Praxis immer noch unzulässige Auslagen verlangt und von den Kreditsuchenden gezahlt werden. Offensichtlich kann eine ganze Branche 1.3 Die Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherungen davon leben, sanktionslos unzulässige Gebühren zu vereinnahmen. Von Vermittlern wird insbesondere anlässlich von Hausbesuchen häufig behauptet, dass für die Vermittlung Ein Grund dafür ist sicher, dass es aufgrund der relativ eines Kredites der Abschluss zusätzlicher Verträge not- geringen Streitwerte nur selten zu gerichtlichen Rückfor- wendig sei oder die Aussicht auf einen Kredit verbessere. derungen oder auch anwaltlich unterstützten Abwehr- Vom Kunden wird verlangt, dass er entweder Bausparver- maßnamen der Kreditsuchenden kommt. Es muss wohl träge oder Unfall- oder auch Kapitallebensversicherungen zur Kenntnis genommen werden, dass gerade die von abschließt. Es wird ihm suggeriert, dass nach Abschluss den Vermittlern angesprochene Klientel nur über einge- dieser Verträge der Kreditauszahlung nichts mehr im schränkte Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt und regel- Wege stünde. Diese Vermittlung ist aus verschiedenen mäßig weder die Zuversicht noch die wirtschaftliche Gesichtspunkten rechtlich angreifbar. Möglichkeit hat, kostenpflichtige Prozesse zu führen.6 So dürfte es nur in einem verschwindenden Teil der Fälle Solche Vertragsabschlüsse können zunächst gem. § 123 zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sein. Dies Kreditsuchendem und Vermittler kommen. Viele der gilt jedenfalls dann, wenn der Kreditvermittler behauptet, bekannten Urteile, insbesondere der Oberlandesgerichte, dass der Abschluss dieser Verträge notwendig sei, um ein entstanden durch die Initiative der Verbraucherverbände Darlehen zu erhalten. Eine solche Koppelung wäre einerseits unzulässig, andererseits macht sie keinen wirtschaftlichen Sinn, da z.B. ein neu abgeschlossener Bausparver- 6 Dass ein Schuldner einen engagierten Rechtsanwalt findet, der bei einem Gegenstandswert von unter 300 1 bereit ist, auf der Grundlage von Beratungs- und Prozesskostenhilfe einen Rückforderungsprozess zu führen, kann als unwahrscheinlich angesehen werden. 7 Urteil vom 17.12.2007, AZ 23 C 278/07. 28 Rechtsgutachten trag keine belastbare Kreditsicherheit darstellt. Vielmehr Eine dahingehende Beratung wird man jedenfalls als ist es äußerst widersprüchlich, einem sich in einer finanzi- klaren Verstoß gegen die vertraglichen Nebenpflichten ellen Notlage befindlichen Kreditsuchenden (und diese nach § 241 Abs. 2 BGB werten können. Zielgruppe wird ja gezielt mit der Werbung angesprochen) einen Sparvertrag oder einen Vertrag mit weiteren Losgelöst von der Vermittlung der Zusatzverträge, kann finanziellen Verpflichtungen zu vermitteln. Der Kreditsu- eine Aufklärungspflicht des Kreditvermittlers auch bezüg- chende wird diese Abschlüsse auch nur dann tätigen, lich der fehlenden Erfolgsaussicht seiner Vermittlungs- wenn sie zur Bedingung für eine Kreditgewährung bemühungen bestehen. So ist er z.B. verpflichtet, gege- gemacht werden. Allerdings obliegt dem Verbraucher die benenfalls darauf hinzuweisen, dass ihm noch nie eine Darlegungslast dafür, dass der Vermittler eine entspre- Kreditvermittlung gelungen sei, sondern die Klienten chende Aussage getätigt hat, da diese in der Regel nicht letztendlich immer wieder vertröstet wurden. Derart auf- schriftlich vorliegt. Dies führt in der Praxis zu großen geklärte Kreditsuchende würden natürlich keine Voraus- Schwierigkeiten. Die Folge des Verstoßes gegen § 123 zahlungen leisten und von jeglichen Vertragsabschlüssen BGB ist die Möglichkeit der Anfechtung der Erklärungen, absehen. Eine solche Aufklärungspflicht kann auch nicht was gem. § 142 BGB die Nichtigkeit der Verträge zur erst dann angenommen werden, wenn in der Vergangen- Folge hat. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb heit überhaupt keine Kredite vermittelt worden sind, eines Jahres erfolgen, nachdem der Kreditsuchende von sondern auch schon dann, wenn die Erfolgsquote sehr der Täuschung Kenntnis erlangt hat. gering war oder die Kreditvermittlung aus anderen Gründen unwahrscheinlich ist. Die gleiche Behauptung und die Beratung durch den Kreditvermittler dahingehend, dass der Kreditsuchende Ein Anspruch von Schadensersatz bzw. auf Befreiung von in der finanziell angespannten Situation zusätzliche finan- den vertraglichen Verpflichtungen richtet sich nicht nur zielle Belastungen durch Versicherungs- und Bausparver- gegen den Vermittler, sondern gemäß § 278 BGB auch träge übernehmen müsse, sind natürlich auch aus dem gegen die Unternehmen (also die Versicherung oder Bau- Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung relevant. sparkasse), die sich das Verschulden ihres Erfüllungsgehil- Unabhängig davon, ob der Kreditvermittlungsvertrag fen wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müssen. schon zustande gekommen ist, ergeben sich bereits im Dies bezieht sich insbesondere auch auf die Verletzung Anbahnungsverhältnis des Kreditvermittlungsvertrages von Beratungs- und Aufklärungspflichten des Vertreters, bestimmte Schutz- und Aufklärungspflichten (§ 241 so dass die Versicherung den Versicherungsnehmer so Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB). stellen muss, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung gestanden hätte. Generell hat der Vertragspartner den potentiellen Kunden auf Gefahren und besondere Nachteile des Produktes Die Vermittlung einer Versicherung anlässlich einer Kredit- hinzuweisen. In den Vermittlungsfällen fehlt es daran, vermittlung kann auch unter dem Gesichtspunkt des § 81 dass der Vermittler den von ihm gezielt angesprochenen Abs. 2 Satz 3 VAG angreifbar sein. Diese Norm ermäch- Kreditsuchenden vor dem Abschluss eines Vertrages tigt die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten, wenn Darle- warnt, im Gegenteil empfiehlt und vermittelt er ihm aktiv hensgeschäfte und Versicherungsabschlüsse so verbun- eine Konstellation, die den Kreditbedarf des Kunden in den werden, dass die Versicherungssumme das auszu- keiner Weise befriedigt und die Liquidität noch weiter zahlende Darlehen übersteigt.8 In der Praxis ist das häufig belastet. Er macht in der Regel darüber hinaus die Kredit- der Fall, da die Versicherungssummen insbesondere für gewährung direkt oder suggestiv von dem Abschluss Lebensversicherungsverträge relativ hoch gewählt wer- dieser Verträge abhängig, ohne dass sich die Aussicht auf den, während die Darlehenssumme aus den bekannten eine Kreditvermittlung in irgendeiner Weise tatsächlich Gründen relativ begrenzt ist. Regelmäßig liegt daher ein verbessert. Verstoß gegen § 81 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz vor, der dem Kreditsuchenden jedoch keine eigene Eingriffsmöglichkeit gibt. Allerdings kann die Versiche- 8 Prölls/Kollhoser, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 81 Rz. 65. Die Vorschrift wurde 1931 geschaffen, als wegen der damaligen Kreditknappheit die Kreditgeber die Vergabe von kurzfristigen Darlehen von dem Abschluss langfristiger Versicherungsverträge abhängig gemacht hatten. Rechtsgutachten 29 rungsaufsichtsbehörde in diesen Fällen durch eine Unter- für die Vermittlung eines Kredites getäuscht. Er will einen sagungsverfügung tätig werden, die auch als Sammel- Kredit, der Wirtschaftsberatungsvertrag ist für ihn weder verfügung erlassen werden kann. von Nutzen noch von Interesse. Er wird ihn regelmäßig nur unterschreiben, wenn der Vermittler erklärt, dass die- Aufgrund der oben dargelegten, hinsichtlich des Zustan- ser Vertrag Bedingung für die Genehmigung des Kredites dekommens der Verträge zumindest sehr zweifelhaften sei. Insofern kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Rechtslage sind in der Praxis die betroffenen Bausparkas- Täuschung in Betracht, wobei der Schuldner die Arglist sen und Versicherungen regelmäßig bereit, eine kosten- des Vermittlers nachzuweisen hat. neutrale Auflösung der Verträge vorzunehmen. Kostenneutralität bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht wegen der die Unternehmen nicht berechtigt sind, die Vermittlungs- Verletzung von (Neben-)Pflichten des Vermittlungsvertra- provision einzubehalten, die sie möglicherweise bereits an ges gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Der den Vermittler ausgezahlt haben. Unabhängig davon, Kreditvermittler muss über alle wesentlichen Umstände dass bei Kreditvermittlungsverhältnissen im Stornofall die der Kreditvermittlung aufklären, deren Aufklärung redli- Provision nicht fällig wird, hat der Kreditsuchende einen cherweise zu erwarten ist. Dies gilt erst recht für den originären Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch Wirtschaftsberater, den noch weitreichendere Pflichten gegenüber dem Unternehmen, das sich durch den Ver- treffen.10 Dazu gehört auch, dass der Abschluss des Wirt- mittler hat vertreten lassen. schaftsberatungsvertrages weder eine generelle Voraussetzung der Kreditvermittlung ist noch dass durch diesen Am 22. Mai 2007 ist die Neuregelung des Versicherungs- eine Kreditvermittlung nach der Durchführung der Wirt- vermittlerrechts in Kraft getreten, die umfangreiche schaftsberatung wahrscheinlicher wird. Da eine solche Pflichten insbesondere für freie Versicherungsvermittler Aufklärung naturgemäß nicht erfolgt, macht sich der 9 vorsieht. Unter anderem bestehen nach den neu gefass- „Wirtschaftsberater“ gegenüber seinem Klienten scha- ten §§ 42b und 42c VVG umfangreiche Beratungspflich- densersatzpflichtig. Zum Schadensersatz gehört auch die ten des Versicherungsvermittlers, deren schuldhafte Ver- Befreiung von der Verbindlichkeit des (sinnlosen) Wirt- letzung neben den oben dargestellten Folgen in § 42d schaftsberatungsvertrages. VVG eine gesonderte Schadensersatzpflicht des Vermittlers nach sich zieht. Dabei kann von einem Versicherungs- Letztlich handelt es sich bei dieser Variante aber auch um vermittler, der seine Beratungspflicht verletzt haben soll, eine Umgehung der Vorschriften der §§ 655a ff. BGB verlangt werden, dass er darlegt, inwieweit er den Versi- zum Provisionsverbot bei nicht erfolgreicher Vermittlung. cherungsnehmer informiert, aufgeklärt und beraten Gem. § 655e BGB ist jede Gestaltung, die zu einer Umge- haben will. hung des § 655a ff. BGB führt, unzulässig. Dies ist der Fall, wenn Gestaltungen darauf angelegt sind, die gesetzlichen Schutzvorschriften nicht zur Anwendung kommen 1.4 Der Wirtschaftsberatungsvertrag zu lassen, ohne dass eine Umgehungsabsicht vorzuliegen braucht. In Fällen, in denen der Schuldner auf ein Kredit- Einige Vermittler der Branche versuchen, mit dem Kunden vermittlungsangebot reagiert und der Vermittler die einen sogenannten Wirtschaftsberatungsvertrag abzu- (angebliche) Kreditgewährung von dem Abschluss eines schließen. Rechtlich ist ein solcher Vertrag grundsätzlich Wirtschaftsberatungsvertrages abhängig macht, läuft das zulässig. Jedem steht es zu, durch einen Berater seine Verbot der Vereinnahmung von Nebenentgelten des wirtschaftliche Lage analysieren zu lassen und ihn dafür § 655d BGB ins Leere. Insofern ist in diesen Fällen der zu bezahlen. Allerdings darf der Vertrag nicht isoliert Missbrauch der Gestaltung offensichtlich. Die Beweislast betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit für das Vorliegen des Gestaltungsmissbrauchs liegt aller- dem Vermittlungswunsch des Kreditsuchenden zu sehen. dings beim Schuldner. Der Verstoß gegen das Umge- Ebenso wie bei dem Abschluss der Versicherungsverträge hungsverbot führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung, so wird der Schuldner regelmäßig über die Möglichkeit der dass kein Vergütungsanspruch entsteht oder eine bereits Kreditvermittlung und die Notwendigkeit dieses Vertrages gezahlte Vergütung nach den Grundsätzen der unge- 9 BGBl. I 2006 Nr. 63 S. 3232 ff. 10 Zur Differenzierung der Aufklärungspflicht zwischen Anlageberater und Anlagevermittler siehe BGH vom 18.01.2007, AZ ZR 44/06. 30 Rechtsgutachten rechtfertigten Bereicherung vom Unternehmer heraus- die eingeschalteten Regulierer in der Regel keine Erlaub- zugeben ist. nis zur Rechtsberatung. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.07.2009 („Finanzsanierung“) klargestellt, dass auch nach der Ablösung des Rechtsberatungsgeset- 1.5 Die Hausbesuchsvereinbarung zes durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz der Schutzzweck der Norm – im Interesse der Verbraucher Eine Hausbesuchsvereinbarung ist rechtlich ähnlich wie das Marktverhalten der Anbieter zu regeln – erhalten ein Wirtschaftsberatungsvertrag einzuordnen. Im Regel- bleibt. Rechtsdienstleistungen – so der BGH – seien gene- fall wird für einen Hausbesuch zu keiner Phase der Ver- rell verboten und dürften nur aufgrund gesetzlicher mittlungsbemühungen überhaupt eine Notwendigkeit Erlaubnis erbracht werden. bestehen, so dass die Koppelung der Kreditvergabe an die Unterzeichnung einer kostenpflichtigen Hausbesuchs- Eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung liegt dabei schon vereinbarung irreführend und in der Regel arglistig ist. dann vor, wenn lediglich ein Einverständnis der Gläubiger Hausbesuchsvereinbarungen werden in der Regel nur mit veränderten Zahlungsbedingungen angestrebt wird. deswegen getroffen, um das Provisionsverbot bei nicht Jegliche Schuldnerberatung mit dem Ziel, zumindest mit zustande gekommenen Krediten zu umgehen und mög- den Gläubigern Ratenzahlungen zu vereinbaren, ist daher lichst einen direkten Zugriff auf die (meist letzten) Zah- als erlaubnispflichtige Rechtsberatung anzusehen, für die lungsmittel des Kreditsuchenden zu bekommen. Insofern eine Erlaubnis benötigt wird. Über eine solche Erlaubnis wird hierin problemlos eine Umgehung der Verbraucher- verfügen die Anbieter, die in dem hier untersuchten schutzvorschriften der §§ 655a ff. BGB zu sehen sein. Bereich der „SCHUFA-freien“ Kredite operieren, regelmäßig nicht. Schon vor der Entscheidung des BGH zur Finanzsanierung hatte das LG Ulm festgestellt, dass eine 1.6 Die Vermittlung an gewerbliche Schuldenregulierer umfassende und sozial geprägte Beratung und Betreuung von Verschuldeten und Insolventen implizit auch eine Rechtsberatung voraussetze. Eine solche Aufgabe ver- Häufig werden die mit einer Kreditvermittlung geköder- langt zur sachgerechten Erfüllung eine umfassende recht- ten Schuldner auch an sogenannte gewerbliche Schul- liche Prüfung und stellt somit eine erlaubnispflichtige denregulierer weitervermittelt. Für die rechtliche Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3 RDG dar. Bewertung ist zwischen dem Vertrag mit dem Schuldenregulierer und der Vermittlung an den Regulierer zu Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz hat in unterscheiden. Im Rahmen der Untersuchung beschrän- Verbindung mit § 134 BGB die Nichtigkeit des Regulie- ken wir uns an dieser Stelle auf die Fallkonstellationen, in rungsvertrages zur Folge, da gegen ein gesetzliches Ver- denen eine Kreditvermittlung suggeriert oder versprochen bot verstoßen wird. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn wird („Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“), tatsächlich aber der Schuldenregulierer tatsächlich mit den Gläubigern keine Kreditvermittlung erfolgt, sondern lediglich eine – verhandelt, sondern bereits dann, wenn er eine solche kostenpflichtige – Vermittlung an Schuldenregulierer oder Verhandlung im Vertrag verspricht. Anwälte. 11 Um den Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz Zu diesem Komplex gibt es unterschiedliche rechtliche zu vermeiden, haben sich einige Anbieter darauf zurück- Ansatzpunkte für die verschiedenen Methoden der gezogen, keine Verhandlungen mit den Gläubigern zu sogenannten „gewerblichen Schuldenregulierer“. führen, sondern nur Vorarbeiten zu machen, wie die Unterlagen des Schuldners zu sortieren bzw. ihn an Das Rechtsberatungsgesetz ist mit Wirkung zum kooperierende Anwälte weiterzuverweisen. Aber auch in 01.07.2008 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt diesen Fällen ist durch die Rechtsprechung mittlerweile worden. Aber auch nach der „neuen“ Rechtslage haben geklärt, dass dies nichts daran ändert, dass auch die vor- 11 Nicht untersucht werden dagegen die Fälle, in denen der Schuldenregulierer selbst oder der Vermittler von vornherein mit Hilfeleistungen bei der Schuldenregulierung wirbt. Diese Vermittlungsangebote sind allerdings oftmals nicht trennscharf auseinanderzuhalten, wenn die Vermittler nicht ausdrücklich mit der Kreditvergabe werben, eine solche aber durch ihre Werbung geschickt suggerieren („Wenn die Bank nein sagt ...“). Rechtsgutachten 31 bereitende Tätigkeit als erlaubnispflichtige Rechtsdienst- Darüber hinaus dürfte bei der Werbung mit einer Kredit- leistung einzustufen ist. In diesem Fall stellt sich die vermittlung und anschließender Weitervermittlung an Frage, welche geldwerte Leistung der Schuldner über- einen gewerblichen Schuldenregulierer ähnlich wie bei haupt für seine Gegenleistung bekommt. Insofern dürfte der Vermittlung eines Wirtschaftsberatungsvertrages die hier der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB Verletzung der vertraglichen und vorvertraglichen Aufklä- bzw. § 291 StGB regelmäßig erfüllt sein. rungspflichten anzunehmen sein, wenn dem Vermittler bekannt ist, dass es gar nicht zu einer Kreditvergabe Besonders prekär sind die sogenannten Vermögensver- kommt, oder er weiß, dass das Angebot des im Regelfall waltungsfälle. Hier zahlt der Schuldner feste Raten an mit ihm kooperierenden Schuldenregulierers für den den Regulierer, der verspricht, mit den Gläubigern zu ver- Schuldner nutzlos ist. Dann macht er sich nach § 280 handeln und diese zu befriedigen („Zahlen Sie nur noch Abs. 1 BGB gegenüber dem Schuldner schadensersatz- an eine Stelle“). Es wird eine Rate vereinbart, die der pflichtig. Schuldenregulierer zunächst vereinnahmt und aus der die (nach Verhandlungen reduzierten) Ansprüche der Gläubi- Bei der (ausdrücklichen oder suggestiven) Werbung mit ger befriedigt werden sollen. Tatsächlich werden hiervon einer Kreditvermittlung besteht auch der Verdacht eines zunächst die eigenen Gebühren des Schuldenregulierers Umgehungstatbestandes gem. § 655e BGB. Der Gesetz- einbehalten und nur in seltenen Fällen höhere Beträge an geber wollte durch die Schaffung der Vorschriften ver- die Gläubiger weitergeleitet. Dies hat in der Regel weitere meiden, dass „... unseriöse Vermittler nicht vermittlungs- erhebliche Folgen für den Schuldner, der sich in dem fähige Kreditwünsche entgegennehmen, um sich von Glauben, nun würde alles reguliert, auf die vertröstenden vornherein auf das Erheben von Nebenentgelten zu Aussagen des Schuldenregulierers verlässt. Er kümmert beschränken ...“.12 Um dieses Ziel zu erreichen sollte sich nicht mehr selbst um wichtige Verhandlungen mit jegliche Gestaltung, die zu einer Zahlung des Kunden den Gläubigern, die bei ausbleibenden Zahlungen natür- führt, ohne dass eine Kreditauszahlung erfolgt, unter- lich Zwangsmaßnahmen einleiten. Durch die dann folgen- bunden werden. Hierfür ist nicht entscheidend, ob tat- den Kündigungen der Kredite, Verzugsfolgen und sächlich ein Kreditvermittlungsvertrag abgeschlossen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entstehen dem Schuld- wird. Es muss vielmehr als ausreichend angesehen wer- ner nicht unerhebliche zusätzliche Schäden. In diesen den, wenn der Anbieter mit einer Kreditvermittlung wirbt Fällen dürfte eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers und der Kunde aufgrund dieses Versprechens – aufgrund aus vertraglichen Ansprüchen gem. §§ 280 ff. BGB, aber welcher Vertragsgestaltung auch immer – Entgelte an auch unter deliktischen Gesichtspunkten gem. § 823 Abs. den Vermittler entrichtet. Insofern liegt auch in diesen 2 BGB in Verbindung mit § 263 oder § 291 StGB gege- Fällen ein Umgehungstatbestand i. S.d. § 655e BGB vor, ben sein. Hier dürfte auch kein Beweisproblem vorliegen, was die Unwirksamkeit der Vermittlung des Vertrags an da der Vermittler die Anzeige schaltet und somit weiß, den gewerblichen Schuldenregulierer zur Folge hat. dass er keinen Kredit vermittelt. Von dieser Einschätzung abgesehen, ist die Wirksamkeit Ist das Angebot der „gewerblichen Schuldenregulierer“ des Vertrages auch unter dem Gesichtspunkt des § 138 rechtlich zweifelhaft, so stellt sich die Frage, wie das Pro- Abs. 2 BGB zweifelhaft. Wie oben bereits dargelegt, wird visionsverlangen des Vermittlers einzuordnen ist, wenn er ein wucherähnliches Rechtsgeschäft dann angenommen, den Schuldner an diese Anbieter vermittelt. Auch in wenn eine Überteuerung von mehr als 100% über dem diesen Fällen dürfte häufig eine arglistige Täuschung mit marktüblichen Preis vorliegt und eine besondere Zwangs- entsprechenden Anfechtungsmöglichkeiten des Kredit- lage des Vertragspartners gegeben ist. Bei einem hoch- suchenden vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, verschuldeten Verbraucher, der bei einer seriösen Bank wenn der Vermittler bereits weiß, dass es (wie im Regel- nicht mehr kreditwürdig ist, liegt sicher eine extreme fall) nicht zu einer Kreditvermittlung kommen wird, Zwangslage vor, die die freie Willensbetätigung nicht sondern lediglich zu einer Vermittlung an den Regulierer. unerheblich beeinträchtigt. Er benötigt unbedingt Geld und ist bereit, auch vagen Versprechungen des Vermittlers zu glauben. Erschwerend kommt in diesen Fällen 12 BT-Drucks. 11/5462. S. 30. 32 Rechtsgutachten hinzu, dass sich die Vermittler durch ihre Werbung gezielt ungünstig, da er zum einen in seiner finanziell engen und ausschließlich an Verbraucher in finanzieller Notsitua- Situation weiter belastet wird und zum anderen diese tion wenden, um von dieser Leichtgläubigkeit zu profitie- Beteiligungen wegen der geringen Möglichkeiten, diese ren. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ebenfalls auffallend. Produkte wieder zu veräußern (Fungibilität), und der Zwar sind die Gebühren für die Vermittlung, absolut Zweifel an der Rentabilität der Unternehmen ohnehin betrachtet, nicht besonders hoch (100 bis 300 1), die sehr ungünstige Anlageformen sind. Insofern hält der Leistung ist allerdings völlig unbrauchbar. Adressen von Bundesgerichtshof einen Anlageberater für verpflichtet, Schuldenregulierern sind frei zugänglich, so dass die seinen (solventen) Kunden darauf hinzuweisen, dass eine Adressenvermittlung ohne Wert ist. Im Gegenteil wird der Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobili- Schuldner ja an einen gewerblichen Schuldenregulierer enfonds in Ermangelung eines entsprechenden Marktes vermittelt, der weitere Gebühren von ihm verlangt. Hätte nur eingeschränkt veräußerbar ist. Dies muss natürlich der Schuldner sich dagegen selbst bei seiner Kommune erst recht für die Vermittlung an einen illiquiden Kunden oder im Internet informiert, wäre er leicht auf die Adres- gelten, der nur einen Kredit sucht und überhaupt nicht in sen kostenloser Schuldnerberatung gestoßen. Noch kras- der Lage ist, weitere Belastungen zu tragen. ser wird das Missverhältnis natürlich dann, wenn – wie in vielen Fällen – die Vermittlung an eine Stelle erfolgt, die Im Prinzip gilt, rechtlich gesehen, Ähnliches, wie oben zu dem Schuldner überhaupt keine Hilfestellung leistet, son- der Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherun- dern ihm nur noch mehr Probleme bereitet. Eine kosten- gen ausgeführt wurde. Denn zu der Tatsache, dass diese pflichtige Vermittlung an einen gewerblichen Schuldenre- Produkte auch für einen liquiden Anleger ungünstig sind, gulierer verstößt daher regelmäßig gegen § 138 Abs. 2 tritt hier der Umstand, dass einem insolventen und BGB und ist nichtig. Ein Anspruch auf eine Vermittlungs- dringend um Kredit bemühten Kunden eine Geldanlage provision besteht damit nicht. vermittelt wird, von der gleichzeitig wahrheitswidrig behauptet wird, sie würde seine Kreditwürdigkeit verbessern. Das Versprechen, durch die Zeichnung der Beteili- 1.7 Die Vermittlung von Beteiligungen gung der Kreditgewährung näherzukommen, erfüllt den Tatbestand der arglistigen Täuschung. Es liegt aber auch Vermittler schrecken auch nicht davor zurück, den Kredit- eine Verletzung der Aufklärungspflichten des Kreditver- suchenden statt eines Kredites eine Vermögensanlage in mittlungsvertrages vor, wenn der Vermittler zu solchen Form einer stillen Gesellschaftsbeteiligung oder eines unnützen und den Schuldner nur belastenden Beteiligun- Kommanditanteils an einer Gesellschaft („geschlossene gen rät. Die Folge wäre eine Schadensersatzpflicht des Immobilienfonds“) in Höhe von mehreren Tausend Euro Vermittlers, die auch in der Befreiung von der Verbindlich- zu verkaufen. Der Zweck der Gesellschaft besteht meist in keit bestehen kann. Aber auch im Rahmen des Abschlus- dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien, häufig ses des Vertrages über die Beteiligung bestehen Aufklä- wird er aber auch offengehalten, oder er bleibt nebulös. rungspflichten. Hier muss sich die Beteiligungsgesellschaft Prospekte werden in der Regel nicht ausgehändigt, was im Rahmen des Vertragsschlusses das Verschulden ihres die Vermittler nicht daran hindert, sich vom Kunden den Vermittlers, der den Kreditsuchenden nicht über die 13 Erhalt des Prospektes quittieren zu lassen. Da der Kre- Sinnlosigkeit der Beteiligung aufklärt, über § 278 BGB ditsuchende naturgemäß nicht über die entsprechenden anrechnen lassen. Mittel verfügt, ist auf den Vordrucken der Beteiligung meist gleich eine Ratenzahlungsvereinbarung vorhanden. Dies wird dann nicht selten mit einer Lohn- und Sozial- 1.8 Gebührenerhebung über Mehrwertdienste 0900 leistungsabtretung verbunden bzw. mit einer Anweisung an den Arbeitgeber, z.B. monatlich 50 1 an die dubiose Auch die Gebührenerhebung über die kostenpflichtigen Gesellschaft zu zahlen. Auch diese Beteiligung wird Mehrwertdienste ist aus den oben bereits erwähnten natürlich mit der Begründung verkauft, dass diese lang- Gründen generell unzulässig. Es werden mit diesen fristige Geldanlage zur Sicherung des Kredites notwendig Gebühren keine vereinbarten und erforderlichen Ausla- sei. Diese Beteiligungen sind für den Schuldner besonders gen im Sinne des § 655d Satz 2 BGB kassiert. Die Kosten 13 Dazu auch eindrücklich Ökotest Heft 4/2007, S. 172. Rechtsgutachten 33 entstehen vielmehr unabhängig von jeglichen Auslagen, Abs. 1 BGB zurückgefordert werden. Faktisch werden ohne schriftliche Vereinbarung und ausschließlich abhän- diese Ansprüche aber nur in seltenen Fällen durchgesetzt. gig von der Dauer des Gesprächs. Sie haben also schon Rückforderungsbegehren der Schuldner werden natürlich von daher keinen Anknüpfungspunkt zu erstattungsfähi- von den Vermittlern kategorisch zurückgewiesen. Die gen Auslagen. Der Vermittler wählt in diesem Fall Schuldner sind in einer rechtlich komfortablen, aber fak- bewusst einen Weg, mit dem er einen Gewinn erzielen tisch aussichtslosen Situation. Sie müssten einen Anwalt kann, ein „normaler“ Anruf des Kunden bei ihm würde beauftragen, Klage zu erheben, und auch insoweit wie- für den Vermittler keinerlei Kosten verursachen. Insofern der in Vorleistung treten. Nur wenige Anwälte sind bei ist der Einsatz kostenpflichtiger Mehrwertdienste ein den vergleichsweise geringen Gegenstandswerten bereit, geradezu klassischer Fall des Versuchs der Umgehung der für Beratungs- oder Prozesskostenhilfe tätig zu werden. §§ 655a–e BGB. Oft werden die vermeintlichen Ansprüche gegen die Entsprechend besteht ein Verhaltenkodex des Verbandes Schuldner zunächst von Inkassounternehmen beizutrei- „FST Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste ben versucht und dann im gerichtlichen Mahnverfahren e. V.“, der die Verwendung einer Premium-Rate-Rufnum- tituliert. Aus den bekannten Gründen wehren sich die mer zum Zwecke der Kreditvermittlung untersagt. Dem Schuldner in der Regel nicht gegen die durch oft beachtli- Kreditsuchenden stehen in diesem Fall neben den allge- che Inkasso- und Verzugskosten permanent steigenden meinen zivilrechtlichen Möglichkeiten auch die Ein- Forderungen der Vermittler. Erst in einer späteren Phase spruchsmöglichkeiten des Telekommunikationsrechts zu. der Überschuldung, wenn der Schuldner den Weg in die Er sollte daher die Telefonrechnung um den nicht berech- Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen gefunden tigten Betrag kürzen und im Fall der Lastschrift der Belas- hat, werden bei der Analyse der Gesamtforderungssitua- tung widersprechen. tion die nunmehr rechtskräftig titulierten Forderungen der Vermittler sichtbar. 1.9 Rechtsdurchsetzung durch den Schuldner Die Möglichkeiten, gegen rechtskräftige Vollstreckungsbescheide vorzugehen, sind rechtlich und faktisch Die zivilrechtlichen Möglichkeiten des Verbrauchers, sich begrenzt. Lediglich § 826 BGB bietet eine Möglichkeit gegen die ungerechtfertigten Ansprüche zu wehren, sind des Rechtsschutzes.14 Der Schuldner müsste nachweisen, – wie oben dargelegt – recht aussichtsreich. Nachweis- dass der Vermittler den Weg des Mahnverfahrens gezielt probleme kann es bei der arglistigen Täuschung geben, ausgenutzt hat, um hierdurch die Schlüssigkeitsprüfung die Umgehung verbraucherschützender Vorschriften des Gerichts zu umgehen. Ob sich diese zur Sittenwidrig- dürfte hingegen meist auf der Hand liegen. keit von Ratenkrediten und Verzugszinsen entwickelte Rechtsprechung auf titulierte Gebühren und Auslagen Dennoch werden in sehr vielen Fällen Zahlungen von den der Vermittler übertragen lässt, ist umstritten. Das AG Schuldnern an die Vermittler geleistet. Dies geschieht Suhl und das AG Würzburg hingegen sahen die Voraus- meistens durch Vorauszahlungen des Schuldners, dem setzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung nicht gege- suggeriert wird, nur durch diese Zahlungen seinem Kre- ben, da es zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch ditwunsch näherzukommen. Aber auch dann, wenn die positive Entscheidungen bzgl. der Erstattungsfähigkeit Vermittlung schon gescheitert ist, wird zum Teil massives von Auslagen zugunsten der Vermittler gab. Seit der Inkasso durch Vermittler, Anwälte und Inkassobüros Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Ende der 1990er betrieben. Von den Schuldnern werden in Unkenntnis Jahre sind die rechtlichen Grenzen einer Auslagenerstat- ihrer rechtlichen Abwehrmöglichkeiten nicht berechtigte tung (insbesondere das Verbot von Pauschalierungen und Forderungen bezahlt. Hausbesuchskosten zur Kreditanbahnung) aber weitgehend geklärt. Insoweit kann spätestens ab dem Jahr 2000 Da die Zahlungen des Schuldners regelmäßig ohne davon ausgegangen werden, dass die Kreditvermittler die Rechtsgrund geleistet wurden, könnten sie juristisch ohne Probleme im Wege der Leistungskondiktion gem. § 812 14 Ein Vollstreckungstitel ist ausnahmsweise nur dann angreifbar, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage des Schuldners ausnutzte (BGH NJW 2005, 2991, 2994; PalandtSprau, BGB, 71. Aufl., § 826 Rz. 52; zum Ausnahmecharakter dieser Anfechtungsmöglichkeit zuletzt BGH NJW 2006, 154, 156. 34 Rechtsgutachten Rechtsprechung kannten, und es kann unterstellt werden, mag in jedem Einzelfall nach allgemeiner wirtschaftlicher dass sie das gerichtliche Mahnverfahren zur Titulierung Bewertung zwar häufig gering sein, in der Summe ist er wählten, um der (amtswegigen) Schlüssigkeitsprüfung im jedoch enorm hoch. Zu berücksichtigen sind auch die Klageverfahren zu entgehen. So hat auch das AG Speyer möglichen finanziellen Folgeschäden bei den Betroffenen, in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 bei einer pau- wenn letzte finanzielle Mittel nicht an die seriösen Gläu- schalierten Kostenforderung des Vermittlers in Höhe von biger fließen und diese dadurch bedingt die „Geduld“ 64,50 DM eine missbräuchliche Wahl des gerichtlichen verlieren und beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaß- Mahnverfahrens angenommen und einen Schadenser- nahmen einleiten. Die vernünftige, von entsprechenden satzanspruch nach § 826 BGB bejaht. Es muss allerdings Beratungsstellen oder einem Rechtsanwalt begleitete konstatiert werden, dass dieser Weg rechtlich schwierig Verhandlung oder gar die Einleitung eines Verbraucherin- durchzusetzen ist und angesichts des Verhältnisses von solvenzverfahrens wird mit den bekannten Konsequenzen Streitwert, Aufwand und der bereits erwähnten allgemein weiter hinausgezögert. Die persönlichen und sozialen schwierigen Rechtsschutzsituation des Schuldners kaum Folgen für die Betroffenen sind hierbei nicht einmal praktische Bedeutung erlangen wird. berücksichtigt. Die polizeiliche oder staatsanwaltliche Verfolgung der Vermittler kann den Betroffenen auch bei Ist die Forderung nicht im gerichtlichen Mahnverfahren der zivilrechtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen. durch einen Vollstreckungsbescheid, sondern durch ein Im Folgenden sollen die strafrechtlichen Aspekte der Urteil oder Versäumnisurteil tituliert, bestehen praktisch verschiedenen „Vertriebsformen“ untersucht werden. keine rechtlichen Angriffsmöglichkeiten mehr, da in diesem Fall keine missbräuchliche Verfahrenswahl vorliegt. 2.1 Strafbarkeit wegen Betruges, wenn kein Kredit 2 Strafrechtliche Beurteilung vermittelt wurde (§ 263 StGB) Erhält der Verbraucher bei einer Werbung mit „SCHUFA- Die Praktiken auf dem Markt der unseriösen Kreditver- freien“ Krediten nach der Kontaktaufnahme mit einem mittlung müssen nicht zuletzt in strafrechtlicher Hinsicht Kreditvermittler keinen Kredit, soll er jedoch eine Provi- betrachtet werden. Die aufgezeigten zivilrechtlichen sion, eine Vergütung oder nicht gerechtfertigte Auslagen Möglichkeiten sind – obwohl theoretisch vorhanden – bezahlen, so könnte sich der Vermittler hierdurch wegen in der Praxis offenbar nicht geeignet, die weitverbreitete Betruges strafbar gemacht haben. Dazu müsste durch Vereinnahmung unzulässiger Gebühren einzudämmen. eine vorsätzliche Täuschung des Vermittlers ein Irrtum Zu selten sind die Beteiligten der Zielgruppe wirtschaftlich erregt worden sein, der auf Seiten des Kreditsuchenden oder psychosozial in der Lage, sich gegen die Vermittler zu einer Vermögensverfügung zu seinem Schaden geführt zu wehren. Bei einer Verknüpfung von relativ geringen haben muss. Schadenssummen und Massengeschäft mit der Zielgruppe wirtschaftlich stark unter Druck stehender Ver- Fraglich ist, wie der in der Praxis wohl am häufigsten vor- braucher bietet das Zivilrecht keinerlei effektive Begren- kommende Fall des Verlangens von „Auslagenerstattun- zungen des illegalen Geschäftsmodells. Für die Vermittler gen“ strafrechtlich zu bewerten ist. Auch wenn kein Kre- besteht keinerlei wirtschaftliches Risiko bei der Verein- dit vermittelt wurde, darf der Vermittler theoretisch nach nahmung rechtswidriger Gebühren. § 655d BGB entstandene, erforderliche und im Einzelfall nachgewiesene Auslagen vom Kreditsuchenden verlan- Menschen in schwieriger oder gar auswegloser finanziel- gen. Das bedeutet schon vom Begriff her, dass tatsäch- ler Situation wenden sich – wie bereits oben ausführlich liche Bemühungen stattgefunden haben müssen, für die geschildert – aufgrund entsprechender Anzeigen an die Aufwendungen entstanden sind, für die der Vermittler in Vermittler, um einen Kredit zu erhalten. Tatsächlich erhal- Vorleistung getreten ist. Nach einhelliger Rechtsprechung ten sie in der Regel keinen Kredit, sondern werden durch ist darüber hinaus erforderlich, dass die Auslagen konkret dubiose Versprechen und Drohungen dazu veranlasst, vereinbart sein und exakt abgerechnet werden müssen, Provisionen, Auslagen o.Ä. zu bezahlen oder weitere für also nicht pauschaliert werden dürfen. Nicht zu den erfor- sie wertlose Verträge zu unterzeichnen. Hierbei handelt derlichen Auslagen zählen beispielsweise Fahrtkosten und es sich nicht um Einzelphänomene, sondern um Massen- Arbeitsaufwand des Vermittlers. Zivilrechtlich ist es so, geschäfte mit immer gleichen Methoden. Der Schaden dass eine wirtschaftlich Sinn ergebende Anwendung des Rechtsgutachten 35 § 655d im Bereich der Konsumentenkreditvermittlung mehr kreditwürdig sind, bei denen auf dem Kleinkredit- quasi nicht existiert. Die Kosten der konkreten Aufstel- markt aber noch eine Chance auf einen Kleinkredit zu lung und des Nachweises der wenigen zulässigen Ausla- überteuerten Konditionen besteht. Außerdem erreichen gen sind in der Regel höher als die damit zu erzielenden die Vermittler mit ihrer Werbung (die sich in erster Linie Einnahmen. Rechtlich korrekte Abrechnungen über Aus- an nicht kreditwürdige Verbraucher richtet) quasi als lagenerstattungen kommen zumindest im Konsumenten- Nebeneffekt auch noch andere Gruppen. Das sind im kreditbereich in der Praxis auch nicht vor. Prinzip solvente Kreditsuchende, die entweder eine überzogene Angst davor haben, einen Eintrag bei der SCHUFA Wegen Betruges kann sich der Vermittler zum einen zu erhalten, oder denen es peinlich ist, bei ihrer Haus- dadurch strafbar machen, dass er Auslagen verlangt, bank vor Ort um einen Kredit nachzufragen. Über die obwohl ein Kredit nie vermittelt werden sollte, und zum zuletzt genannte Gruppe konnten leider in der Studie anderen dadurch, dass er Auslagen verlangt, auf die er keine Daten erhoben werden, es kann allerdings davon zivilrechtlich keinen Anspruch hat. ausgegangen werden, dass diese durch die zahlreichen Möglichkeiten des mehr oder weniger anonymen Kon- Hat der Kreditvermittler gar keinen Kontakt zu Kreditinsti- takts bei seriösen Internet- und Direktbanken geringer tuten hergestellt oder kann er Anfragen an potentielle geworden ist. Insofern ist die (ohnehin geringe) Erfolgs- Kreditgeber bzw. erfolgreiche Vermittlungen überhaupt quote bei der Vermittlung wohl eher als Nebenprodukt nicht nachweisen, liegt die Täuschungshandlung klar auf des Geschäftsmodells zu sehen denn als gewolltes Ergeb- der Hand. Der Vermittler täuscht den Kreditsuchenden nis der Bewerbung der Zielgruppe. durch die Anzeigen und die darauf folgende Geschäftsanbahnungsphase absichtlich über die Möglichkeit der Kre- Die große Gruppe der Fälle, in denen die Vermittler ditvermittlung. Bei diesem wird der Irrtum erzeugt, dass Gebühren und Auslagen von den Kreditsuchenden kassie- er eine Chance auf eine Kreditvermittlung habe. Die Ver- ren und nur im Einzelfall auch mal bei der Kreditvermitt- mögensverfügung des Kreditsuchenden liegt in der Zah- lung erfolgreich sind, stellt zumindest in der Praxis der lung der vom Vermittler verlangten Beträge. Der Kredit- Strafverfolgung auch rechtlich die am schwierigsten ein- suchende erleidet hierdurch einen Vermögensschaden zuordnende Fallgruppe dar. (denn er hätte keinerlei Zahlungen geleistet, wenn er von der fehlenden Erfolgsaussicht gewusst hätte), und zwar Die weitere Untersuchung wird aber zeigen, dass auch unabhängig davon, ob er sich gegen die Forderung auch diese vereinzelten Erfolge nichts an der Bewertung der zivilrechtlich hätte zur Wehr setzen können. Das Fordern Strafbarkeit ändern, sondern dass auch in diesen Fällen einer Auslagenerstattung gänzlich ohne zugrundelie- ein Betrug anzunehmen ist, da die allgemeine Aussicht, gende Leistung ist von § 655d BGB überhaupt nicht unter den gegebenen Bedingungen einen Kredit zu erhal- gedeckt. Insofern stellt auch die Kenntnis von der Rechts- ten, um ein Vielfaches geringer ist, als dies durch die widrigkeit der Forderung kein Hindernis dar. Der Kredit- Werbung suggeriert wird. vermittler macht sich in diesen Fällen wegen Betruges strafbar. Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung eines Täters auf die Vorstellung des Fraglich ist aber, ob sich diese Bewertung ändert, wenn in Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv seltenen Einzelfällen Kontakte zu Geldgebern stattgefun- bestimmt ist, bei Adressaten ein Fehlvorstellung über den haben und gegebenenfalls sogar erfolgreich Kredite tatsächliche Umstände hervorzurufen. vermittelt bzw. ernsthafte Vermittlungsversuche unternommen wurden. Dies ist der Anwendungsfall, der nach Durch die Werbung der Vermittler wird über die Erfolgs- den Studien von 2007 und 2012 in der Praxis am häu- aussicht, einen Kredit zu erhalten, getäuscht. Zu berück- figsten anzutreffen ist. Es werden generell von all denje- sichtigen ist dabei die ganz besondere Zielgruppe der nigen, die sich auf die Werbung des Vermittlers melden, Anzeigen: Es ist nicht die Gruppe der mehr oder weniger erfolgsunabhängige und zivilrechtlich nicht gerechtfer- normalen, durchschnittlich solventen Kreditsuchenden, tigte Gelder eingezogen; nur sehr vereinzelt kommt es die angesprochen wird, sondern ganz gezielt eine Perso- dann auch tatsächlich zur Vermittlung von Krediten. Das nengruppe, die zumeist schon in nicht nur kurzfristigen kann bei denjenigen Kreditsuchenden der Fall sein, die finanziellen Schwierigkeiten steckt oder gar überschuldet nur nach den strengen Kriterien ihrer Hausbank nicht ist. Darauf zielt die Werbung eindeutig ab, die Begriffe 36 Rechtsgutachten wie „Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“ oder inhaltsähnli- der Kredite innerhalb der angesprochenen Zielgruppe che Slogans verwendet: auf diejenigen, deren Kredit- können kaum Provisionen verdient werden, was ja die ori- wunsch bei dem „normalen“ Kreditinstitut wegen man- ginäre und eigentliche Einnahmequelle des Kreditvermitt- gelnder Bonität abgelehnt wurde oder würde. Insofern lers ist. Das gesamte Geschäft könnte auf legale Weise müssen auch unter strafrechtlichen Aspekten Angebot, also nicht wirtschaftlich sein. Eine Quersubvention mit Werbung und Zielgruppe für die Beurteilung der Straf- anderen Geschäftsbereichen widerspräche jeglicher kauf- barkeit als Gesamtheit betrachtet werden. Ähnlich wie männischen Vernunft. Und Auslagen sind, in welcher bei den „Abofallen“ dürfen die einzelnen Elemente des Form auch immer, der Ersatz für entstandene Geschäfts- Marketingkonzeptes nicht isoliert betrachtet werden. Die kosten. Der Gewinnerzielung können sie schon ihrer Werbebotschaft ist für diese Zielgruppe besonders irre- Natur nach nicht dienen. führend, denn das Angebot ist just für diese Adressaten auf dem Markt so gut wie nicht vorhanden. Wer dennoch die hier diskutierte Form der Kreditvermittlung als Geschäft betreibt, der weiß, dass seine Tätigkeit Diese Zielgruppe erhält im Normalfall und unter Normal- wenig erfolgversprechend sein wird, wenn er sich an eine bedingungen also keinen Kredit mehr. Es bleiben in weni- Klientel in finanzieller Bedrängnis richtet und das legale gen Fällen einige, meist ausländische, Institute, die sich Provisionsgeschäft allein nicht kostendeckend ist, er kann das erhöhte Risiko bei einer solchen Vermittlung mit also nur dadurch Gewinn erzielen, dass die nicht vermit- hohen Zinsen, Provisionen und Verzugskosten bezahlen telbaren Kunden an eine Vermittlung glauben und hierfür lassen. Diese Teilgruppe ist, wie oben dargestellt, ver- (nicht gerechtfertigte) Zahlungen leisten. schwindend gering. Für die Vermittler ist von vornherein klar, dass nur in Ausnahmefällen ein Kreditwunsch der Durch die Täuschung wird beim Kreditsuchenden der Zielgruppe zu realisieren sein wird. Die Marktuntersu- Irrtum erzeugt, dass der Vertragsschluss über die Kredit- chung hat darüber hinaus gezeigt, dass in Fällen, in vermittlung und die damit verbundenen Zahlungen zu denen ein Kredit vermittelt wurde, offenbar zuvor die einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Kreditvermitt- Bonität der Kreditsuchenden – entgegen der Werbebot- lung führen würden. Wüsste er, dass dies aufgrund seiner schaft – doch durch eine Anfrage bei der SCHUFA oder Zugehörigkeit zu der Zielgruppe „hochverschuldet“ nur einer anderen Kreditauskunftei überprüft wurde. Das ist äußerst unwahrscheinlich ist, hätte er die Verträge nicht ein weiterer Beleg dafür, dass ohne Bonität kein Geld zu abgeschlossen bzw. die Zahlungen nicht geleistet. bekommen ist. Damit wird letztlich auch in den wenigen Fällen der erfolgreichen Kreditvermittlung getäuscht, Die Vermögensverfügung liegt in der Zahlung der vom nämlich darüber, dass eine Kreditvergabe ohne Bonitäts- Vermittler geforderten Beträge; in dem Umfang ist dem prüfung erfolgen könne. Kreditsuchenden ein Schaden entstanden. Durch den Inhalt der Werbebotschaft wird die falsche Tat- Eine strafbare Täuschung kann aber auch unter einem sache suggeriert, eine konkrete Erfolgsaussicht bestünde anderen Aspekt gegeben sein: Verlangt der Kreditvermitt- auch gerade für Kreditsuchende in finanziellen Schwierig- ler Auslagen oder anderweitige Zahlungen, die im Rah- 15 keiten und bei schlechter Bonität . Dies ist aber in der men des § 655d BGB als nicht erforderlich einzustufen Praxis nicht der Fall, da diese Klientel mit an Sicherheit sind, so kann hierin die schlüssige Vorspiegelung einer grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Kredit bekommen falschen Tatsache, nämlich des Bestehens des Anspruchs wird. Dadurch wird dem Kunden zumindest konkludent gesehen werden. In welchem Ausmaß ein Täter im suggeriert, ein gewisser Umstand (nämlich die höchst- Zusammenhang mit dem Einfordern einer Leistung Tat- wahrscheinliche Nichtvermittelbarkeit der Kredite) sei sachen über die rechtliche Bewertung des Anspruches nicht gegeben. miterklärt, ist umstritten. Auch die nähere Betrachtung der wirtschaftlichen Gege- Nach herrschender Auffassung gehört die Frage, ob die benheiten dieser Branche stützt den Vorwurf der Täu- Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht schung: Angesichts nur weniger erfolgreich zu vermitteln- übersteigt, generell in den Risikobereich des Leistenden, 15 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 913 Rechtsgutachten 37 in diesem Fall des Kreditsuchenden. Der Betrugstatbe- Einnahmen (die tatsächlich gar nicht oder nicht in der stand schützt nicht vor jeglicher Unredlichkeit im Höhe entstanden sind) Gewinn zu erzielen. Geschäftsverkehr. Die Forderung eines überhöhten Preises enthält danach nicht auch die konkludente Erklärung, Darüber hinaus dürfte aber auch eine konkludente der Preis sei angemessen oder üblich. Diese Auffassung Täuschung über die tatsächlichen Voraussetzungen seines wurde aber hauptsächlich zu Fällen grundsätzlich freier Anspruchs vorliegen. Denn gerechtfertigt ist sein Aus- Preisgestaltung, wie etwa im Gebrauchtwagenhandel, lagenanspruch wie oben dargestellt nur, wenn die Aus- entwickelt. lagen nicht pauschaliert sind, im Einzelnen vorher vereinbart wurden und nicht lediglich die allgemeinen Betriebs- Allerdings wird in der Forderung einer nicht berechtigten kosten betreffen. Wie die Untersuchung gezeigt hat, ist – also einer mehr als nicht angemessenen – Leistung dies aber tatsächlich nie der Fall. durchaus eine Täuschungshandlung gesehen. Allerdings ist die konkludent falsche Tatsachenbehauptung nicht In einer jüngeren Entscheidung des 5. Strafsenats vom schon daraus zu konstruieren, dass lediglich ungerecht- 09.06.200916 hat der BGH eine konkludente Täuschung fertigte Beträge eingefordert werden. Eine Täuschung im durch ein Stadtreinigungsunternehmen angenommen, Sinne des § 263 StGB wird von der herrschenden Mei- das von Grundstückseigentümern deutlich überhöhte nung nur dann angenommen, wenn zusätzlich ein Bezug Gebühren für die Straßenreinigung gefordert hatte. Die zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder Täuschungshandlung sah der BGH darin, dass das Unter- die rechtliche Wirksamkeit eines Anspruchs wahrheits- nehmen mit den Rechnungsschreiben konkludent miter- widrig als gesichert dargestellt wurde. klärt hatte, dass die Tarife unter Beachtung der entsprechenden Vorschriften ermittelt worden seien und sie Nach einer weitergehenden Auffassung liegt eine Täu- somit auch auf einer zutreffenden Bemessungsgrundlage schung auch dann vor, wenn die nicht berechtigte Leis- beruhten. Welcher Inhalt einer Erklärung zukommt, so tung einseitig vom vermeintlichen Gläubiger eingefordert der BGH, bestimme sich ganz wesentlich auch durch den wird oder wenn die Position des Getäuschten in der Form Empfängerhorizont und die Erwartungen der Beteiligten. schwächer ist, dass er auf die Richtigkeit einer Abrech- Diese seien regelmäßig durch den normativen Gesamtz- nung vertrauen muss, weil er in der Nachprüfbarkeit ein- usammenhang geprägt, in dem die Erklärung stehe. Die geschränkt ist, namentlich wenn Tax- oder Listenpreise Entscheidung zeigt, dass für die Bewertung, ob der unge- oder andere Kriterien über den zulässigen Inhalt der rechtfertigten Gebührenforderung auch eine Täuschung Abrechnung existieren. über die der Forderung zugrunde liegenden Tatsachen zugrunde lag, auch auf ein besonderes strukturelles Fraglich ist, inwieweit der Kreditvermittler bei der Verein- Ungleichgewicht des Falls abzustellen war. Weil der nahmung ungerechtfertigter Auslagen über die der For- Bürger die Gebührenordnung nur bedingt kontrollieren derung zugrundeliegenden Tatsachen täuscht. Dabei ist konnte und zudem auf die Richtigkeit der Behörden- schon der Begriff der Auslagen zu beachten, der beinhal- entscheidung vertraute, sah der BGH in diesem Fall auch tet, dass dem Vermittler hier keine Provisionen oder eine Täuschung über die der Abrechnung zugrundelie- Gebühren zufließen, die der wirtschaftlichen Gewinner- gende Bemessungsgrundlage. zielung dienen. Es sollen lediglich diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die dazu führen, dass er die tatsäch- Auch bei den hier untersuchten Kreditvermittlungsfällen lichen Bemühungen um die Kreditvermittlung kostenneu- besteht – wie bereits dargelegt – ein strukturelles tral durchführen kann und im Fall der fehlgeschlagenen Ungleichgewicht zwischen dem Fordernden und dem Vermittlung nur seine Arbeitskraft und allgemeinen vermeintlich Zahlungspflichtigen. Zwar besteht in diesem Betriebskosten eingesetzt hat. Im Regelfall wird der Ver- Fall kein besonderes Vertrauensverhältnis aufgrund einer mittler durch das Verlangen von Auslagen auf der Rech- Amtsstellung. Hier wird man aber das Vorverhalten der nung schon über diese Tatsache täuschen. Denn wie oben Vermittler mit in die Waagschale werfen müssen, die sich dargelegt geht es dem Vermittler ja gerade darum, nicht durch ihre Werbung als Spezialisten für die Kreditvermitt- nur Kostenneutralität zu erreichen, sondern durch diese lung an nicht kreditwürdige Adressaten gerierten. 16 BGH NStZ 2009, 506 ff., dazu die zustimmenden Anmerkungen von Voßen, NStZ 2009, 687, und Sieweke, wistra 2009, 341 ff. 38 Rechtsgutachten Ein Kreditvermittler hat zudem – auch wenn er für seine Bewertet man also – wie vom BGH gefordert – den nor- Gewerbeerlaubnis keine Sachkundeprüfung absolvieren mativen Gesamtzusammenhang der Konstellation, so muss – zwangsläufig Kenntnisse über die wichtigen Vor- muss auch in den Fällen des unberechtigten Verlangens schriften, die sein Gewerbe betreffen. Genaue Kenntnisse von Auslagenersatz eine konkludente Täuschung des Kre- der möglichen Berechtigung seiner Forderungen sind ditvermittlers über die Berechtigung der Gebühren ange- konzeptioneller Bestandteil des Geschäftsmodells. Dazu nommen werden. Diese liegt – je nach Fallkonstellation – gehört im Regelfall die Kenntnis der zivilrechtlichen in der Vorlage eines Vermittlungsvertrages, einer Hausbe- Grenzen der Gebührenerhebung, die er als wesentlichen suchsvereinbarung zur Unterschrift oder der Übersendung Pfeiler seines Geschäftsmodells genau austariert. Der von Unterlagen per Nachnahme mit der jeweils ausdrück- Kreditsuchende verfügt dagegen in aller Regel nicht über lichen oder schlüssigen Erklärung, dass der Verbraucher rechtliche Kenntnisse und wird von der Berechtigung der die unzulässigen Auslagen zu zahlen habe.18 17 erhobenen Forderungen ausgehen. Er ist aufgrund seiner typischen Situation nicht in der Lage, die Berechti- Durch die nachdrückliche Gebührenforderung des Ver- gung der Forderung zu prüfen und sich gegebenenfalls mittlers entsteht bei dem Kreditsuchenden der Irrtum, zur dagegen zu wehren. Dieses strukturelle Ungleichgewicht Zahlung verpflichtet zu sein. wird von den Vermittlern durch die Werbung gezielt ausgenutzt. Sie wenden sich direkt an eine Klientel, die die Zahlt der Verbraucher die geforderten Auslagen, so liegt Berechtigung der geltend gemachten Forderungen nicht eine Vermögensverfügung vor. Weil die geforderte Ausla- einschätzen kann und zudem wirtschaftlich so unter generstattung rechtswidrig ist, entsteht dem Verbraucher Druck steht, dass sie nur allzu bereit ist, leichte Zweifel an auch ein entsprechender Vermögensschaden. Die Tatsa- der Berechtigung der Forderung in der Hoffnung auf die che, dass er eigentlich nicht zur Zahlung der nicht berech- ersehnte Kreditgewährung beiseitezuwischen. Auch diese tigten Forderung verpflichtet wäre, ändert hieran nichts. Umstände sind in die Gesamtbewertung mit einzubezie- Leistet der Schuldner auf die Anforderungen des Vermitt- hen, das nach außen scheinbar verkehrsgerechte Verhal- lers nicht, so liegt lediglich ein versuchter Betrug seitens ten wird gezielt eingesetzt, um den Adressaten zu schädi- des Vermittlers vor. gen, die Irrtumserregung ist damit nicht zufällig, sondern gewollte Folge eines ausgetüftelten Systems. Eine Täuschung kann sich in den hier untersuchten Fällen auch durch Unterlassen ergeben. Dies kann nur ange- Hinzu kommt, dass der Kreditsuchende kaum eine Mög- nommen werden, wenn dem Täter in Bezug auf die Mit- lichkeit hat, die Berechtigung der Forderung zu prüfen. teilung der Tatsache eine Garantenpflicht zukommt, ihm Anders als im Fall der Gebührenerhebung – dort haben also eine Rechtspflicht zur Aufklärung obliegt. Fraglich ist die Betroffenen immerhin ein kostenloses verwaltungs- also, ob der Vermittler den Kunden darüber aufklären rechtliches Widerspruchsverfahren mit der Chance der muss, dass der angebahnte Geschäftskontakt höchst- Überprüfung zumindest durch die Widerspruchsbehörde wahrscheinlich nicht zu einer Erfüllung des Kreditwun- – wird er rein faktisch nicht in der Lage sein, die Berechti- sches führen wird. Eine solche Aufklärungspflicht kann gung durch einen Anwalt zu überprüfen bzw. sich sogar sich allein aus der vertraglichen Beziehung ergeben. aktiv dagegen zu wehren. Erschwerend kommt hinzu, dass es in den hier vorliegenden Fällen nicht nur um die Dabei reicht freilich ein bloßer Vertragsschluss nicht aus. Frage geht, ob ein dem Grunde nach gerechtfertigter Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung Anspruch auch in der Höhe berechtigt ist, sondern es ist ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichten- aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften klar, dass der kreises. Allerdings begründet nicht jede Übertragung von Anspruch, der gegenüber dem Kreditsuchenden geltend Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen gemacht wird, überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu 17 Nach der Rechtsprechung des BGH schließt Leichtgläubigkeit der potentiellen Opfer oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung nicht aus, BGH NStZ 2003, 313, 314; zu der Problematik der Abofallen siehe auch OLG Frankfurt vom 17.12.2010 = NJW 2011, 398 ff. Rz. 46. 18 LG Würzburg, Urt. v. 10.03.1997, 1 KLs 225 Js 13512/95: Betrug durch Vorspiegeln der Berechtigung, pauschale Fahrtkosten verlangen zu dürfen; AG Göppingen, Urt. v. 12.04.2000, AZ 4 LS 31 Js 984/99: Betrug durch Verlangen allgemeiner pauschaler Auslagen; LG Hamburg a.a.O.: Betrug durch Verlangen pauschaler Kosten. Rechtsgutachten 39 veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten Es ist schwer vorstellbar, dass ein Kreditvermittler die zu überantworten. wichtigsten Vorschriften seines Geschäftsfeldes, die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 655a ff. BGB, Wie oben dargelegt, treffen den Kreditvermittler verschie- nicht kennt und von der Fülle an Rechtsprechung zum dene vertragliche Aufklärungspflichten. Er hat den Kredit- Komplex zulässiger Auslagen nichts gehört haben will. suchenden über alle ihm bekannten Umstände aufzu- Gewerberechtlich ist er sogar verpflichtet, sich über die klären, die für dessen Entschließung von Bedeutung sein einschlägigen Vorschriften seines Gewerbes zu unterrich- können. Dazu gehört z.B. die Pflicht, den Kreditsuchen- ten. Das Landgericht Hamburg setzte sich in einem Straf- den darüber aufzuklären, dass alle Kreditvermittlungsbe- urteil gegen Kreditvermittler sehr ausführlich mit der mühungen des Vermittlers bislang erfolglos waren, oder Frage auseinander, ob und wann die Beschuldigten darüber, dass dieser nur mit einer eingeschränkten Anzahl Kenntnis von der Zulässigkeit bestimmter Auslagenklau- von Banken verhandelt. Eine Aufklärungspflicht wird man seln hatten. Indizien für die entsprechende Kenntnis kön- wohl auch dahingehend annehmen können, dass der nen sein: Ablichtungen von Urteilen zum Themenkomplex Vermittler deutlich machen muss, dass die Vermittlungs- in den Geschäftsunterlagen des Vermittlers, Schreiben aussichten nach den Erfahrungen des Vermittlers zwar oder Einschätzungen seiner Rechtsberater, Anpassung nicht vollkommen aussichtslos, aber äußerst gering sind. von Auslagenklauseln an die Vorgaben der Interessenge- Zusätzlich ist in diesen Fällen das vorhergehende Verhal- meinschaft der Kreditvermittler, Kontakte zu Personen, ten der Vermittler zu berücksichtigen, insbesondere die denen das Thema bekannt ist, Aufrechterhalten der Klau- gezielte Bewerbung (das Vermittlungsversprechen richtet seln oder Forderungen, auch nach Rückforderungsschrei- sich gezielt an eine Klientel, bei der die Vermittlung nicht ben der Betroffenen mit Begründung. Da Eventualvorsatz aussichtsreich ist) einer besonders leichtgläubigen Ziel- ausreicht, kann sich der Vermittler angesichts der zahlrei- gruppe, die bereit ist, sich in der scheinbar ausweglosen chen Entscheidungen der Oberlandesgerichte auch nicht wirtschaftlichen Situation an jeden Strohhalm zu klam- darauf zurückziehen, dass es einzelne instanzgerichtliche mern. Insofern wird in diesen Fällen auch im Sinne einer Entscheidungen gibt, die pauschale Auslagenerstattun- Ingerenz eine Garantenpflicht ausgelöst. gen zulassen. Denn wer zumindest in Kauf nimmt, dass die Auslagenforderung rechtswidrig sein könnte, handelt Klärt der Vermittler nicht über die voraussichtliche Erfolg- in Schädigungsabsicht, wenn er sie dennoch beansprucht. losigkeit der Vermittlung auf, so täuscht er den Kreditsuchenden über die realen Möglichkeiten einer Kredit- Kreditvermittler, die entgegen § 655d BGB und der hierzu gewährung. Daraus entwickelt sich der entsprechende ergangenen gesicherten Rechtsprechung nicht berech- Irrtum, denn die Kreditsuchenden gehen davon aus, eine tigte Auslagen von dem Verbraucher verlangen, machen realistische Aussicht auf einen Kredit zu haben und tref- sich damit wegen Betruges strafbar. fen daraufhin durch die Zahlung der nicht berechtigten Forderungen die Vermögensverfügungen, die den entsprechenden Schaden entstehen lassen. 2.2 Betrug durch die Vereinnahmung einer Vermittlungsprovision ohne Kreditvermittlung Auf der subjektiven Seite ist Vorsatz des Vermittlers insbesondere hinsichtlich der Rechtswidrigkeit sowie Erhält der Verbraucher, so wie es nahezu die Regel ist, Schädigungsabsicht erforderlich. Prinzipiell muss der kein Darlehen, dann ist die Vereinnahmung einer Provi- Kreditvermittler zumindest billigend in Kauf nehmen, dass sion oder anderweitig benannten Vergütung gemäß die Forderung unberechtigt sein könnte. Dabei kommt es §§ 655c und e BGB gänzlich ausgeschlossen. Das Kredit- nicht darauf an, ob der Täter nach den Anschauungen vermittlungsrecht lässt eine Provisionszahlung ausschließ- seiner Kreise annimmt, einen Anspruch auf die Leistung lich im Erfolgsfall zu. Einige Vermittler verlangen eine zu haben. Voraussetzung ist vielmehr die Vorstellung, der solch offensichtlich rechtswidrige Zahlung dennoch von Anspruch werde auch von der Rechtsordnung anerkannt. dem Kreditsuchenden. Dabei ist es wegen des Umge- Es kommt nicht darauf an, ob die mögliche Unkenntnis hungsverbotes in § 655e BGB völlig unerheblich, wie der von der Rechtswidrigkeit von dem Kreditvermittler ver- Vermittler die Zahlung benennt oder dem Schuldner ver- schuldet wurde. kauft. Die §§ 655a ff. sind Verbraucherschutzvorschriften und als solche unabdingbar. 40 Rechtsgutachten Fraglich ist, ob in der Geltendmachung der Forderung Alle untersuchten Anzeigen sind so gestaltet, dass sich auch in diesen Fällen eine Täuschung über die der Forde- Menschen, die akuten Finanzbedarf haben und diesen an rung zugrundeliegenden Tatsachen vorliegt. Die Geltend- anderer Stelle nicht decken konnten, in der Hoffnung auf machung der eindeutig unberechtigten Forderung alleine einen Kredit an die Vermittler wenden. Nach allgemeinen wird hier nicht genügen. Die Täuschung kann sich aber Geschäftsprinzipien wäre die erfolgreiche Kreditvermitt- im Einzelfall aus dem Inhalt der Forderungsschreiben lung nun allein davon abhängig, ob der potentielle ergeben, wenn dort auf falsche Tatsachen Bezug genom- Kreditnehmer hinreichend solvent ist und welche Sicher- men wird. Allerdings könnte man in diesen Fällen auch heiten er gegebenenfalls aufweisen kann. Stattdessen eine Täuschung durch Unterlassen annehmen. Dies aller- wird den Kreditsuchenden aber mitgeteilt, der Abschluss dings nur, wenn man die vertragliche Aufklärungspflicht von Sparverträgen, Restschuldversicherungen oder Bau- des Kreditermittlers so weit spannt, dass man auch eine sparverträgen etc. sichere den Kredit und/oder erhöhe die Aufklärungspflicht dahingehend annimmt, dass der Ver- Aussicht auf Auszahlung. mittler den Kunden auch darüber aufklären muss, dass die von ihm geltend gemachte Forderung unrechtmäßig Diese Behauptungen sind falsch und somit als Täuschung ist. über Tatsachen zu qualifizieren: In aller Regel wird kein Kredit vermittelt, von einer Erhöhung der Kreditchancen Aufgrund des beim Verbraucher gegebenenfalls hierdurch kann deshalb keine Rede sein. Was den Sicherungszweck entstehenden Irrtums wird dieser zu einer Vermögensver- angeht, so ist davon auszugehen, dass die Kreditsuchen- fügung, zur Zahlung der Provision, veranlasst. Durch die den keine freien zusätzlichen Mittel zur Bildung von Spar- Zahlung erleidet der Verbraucher einen Vermögensscha- einlagen zur Verfügung haben. Außerdem können neu den, dem ein stoffgleicher Vermögensvorteil auf Vermitt- angelegte Spareinlagen, Bausparverträge oder stille Betei- lerseite gegenübersteht. Es ist nicht denkbar, dass ein ligungen einen Kredit kaum sichern. Vom Schuldner ein- Kreditvermittler nicht weiß, dass Provisionen im Bereich gezahlte Beträge werden zudem zunächst mit den meist der Konsumentenkredite nicht erfolgsunabhängig ver- hohen Abschlussgebühren verrechnet, ohne dass es zu langt werden dürfen. Insofern sind Vorsatz und Schädi- einer Kapitalbildung kommt. Aus einer Kreditaufnahme gungsabsicht klar gegeben. Somit können sich auch Kre- mit gleichzeitigem Ansparvertrag kann keine Sicherheit ditvermittler, die eine Provision von dem Kreditsuchenden erwachsen. Kommt der Schuldner mit seinen Kreditraten vereinnahmen, ohne einen Kredit vermittelt zu haben, in Verzug, dürfte er zuvor auch die Sparraten nicht ord- wegen Betruges strafbar machen.19 nungsgemäß geleistet haben. Die beste Sicherheit wäre die Teilrückzahlung des Kredites, das würde auch die Im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung wird mitt- höchste Rendite bringen. lerweile regelmäßig eine ganze Reihe verschiedener Zusatzverträge (Bausparverträge, Restschuldversicherun- Auch im Falle der Vermittlung einer Wirtschaftsberatung gen, Wirtschaftsberatung, Schuldensanierung, Sparanla- erhöhen sich die Chancen auf einen Kredit nicht. Die nor- gen, Kreditratenausfallversicherungen) vermittelt. Diese male Bonität des Kreditsuchenden muss vom Vermittler sind praktisch durchgehend für den Kreditsuchenden oder potentiellen Geldgeber ohnehin vorab überprüft wirtschaftlich sinnlos. Zivilrechtlich sind sie deshalb auch werden. Eine Wirtschaftsberatung ist hier überflüssig. sämtlich wegen arglistiger Täuschung oder Falschberatung angreifbar. Wesentlich an der Vermittlung an einen gewerblichen Schuldenregulierer ist die Täuschung über den tatsächli- Damit stellt sich die Frage, ob die Vermittlung solcher chen Inhalt des vermittelten Vertrages. Die Annoncen der Verträge gleichzeitig einen strafbaren Betrug darstellt. Vermittler und die Regulierungsverträge sind so formu- Der Kreditsuchende wird über die Notwendigkeit und die liert, dass die Kunden weiter von der Gewährung eines Sinnhaftigkeit dieser Verträge getäuscht: Kredits ausgehen (Rate, Tilgungssumme, Beträge von 5.000 1 bis 30.000 1 sind kein Problem etc.).20 19 OLG Jena NJW 2002, 2404 zum Betrug durch angebliche Kreditvermittlung im Internet. Weil der Täter die Anzeige im Internet veröffentlichte, ist gem. § 263 Abs. 2 StGB ein besonders schwerer Fall angenommen worden. 20 Siehe dazu auch den Fall des LG Stuttgart, vom 18.06.2008 – 37 O 30/08 = VuR 2008, 387 f., in dem das Gericht darauf hingewiesen hat, dass der Kunde entsprechende Schreiben zumindest so versteht (und auch so verstehen soll), als sei der Abschluss der anderweitig angebotenen Verträge förderlich für die erfolgreiche Kreditvermittlung. Rechtsgutachten 41 Allenfalls bei der auch sonst üblichen Restschuldversiche- tung zu Maßnahmen genötigt wird, die sein Vermögen rung kann ein tatsächlicher Sicherungszweck im Hinblick beeinträchtigen, bzw. wenn er infolge der Verpflichtung auf einen Kredit gegeben sein. Wird die Versicherung die Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, derer er nach aber unabhängig vom Darlehensvertrag abgeschlossen, seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen ist sie ohne Sinn.21 bedarf. Maßgebend ist hierbei ein objektiver Betrachter. Vermittler versuchen häufig, die Abhängigkeit der Zusatz- Nach diesen Kriterien kommt man hier trotz objektiv verträge vom Darlehensvertrag durch schriftliche Verein- gleichwertiger Gegenleistung zu einem Vermögensscha- barung zu verschleiern, um dem Täuschungsvorwurf zu den auf Seiten der Kunden. Diese sind sämtlich bereits entgehen. Diese Vereinbarung ist gemäß § 116 BGB als vor der Kontaktaufnahme in finanziellen Schwierigkeiten, geheimer Vorbehalt unbeachtlich. Aus den geschilderten so dass durch die neuerlichen Verträge, würden sie finanziellen Umständen der Kreditsuchenden wird deut- erfüllt, eine Existenzgefährdung leicht gegeben wäre. Die lich, dass sie die jeweiligen Verträge ausschließlich mit Verträge sind sämtlich nicht förderlich für die Kreditge- Bezug zum erhofften Kredit abgeschlossen haben. währung, so dass sie ihren Zweck nicht erfüllen. Die Tatsache, dass die Versicherungen in der Regel bereit sind, Die Aussagen des Vermittlers führen zu einem Irrtum auf die Verträge kostenneutral zu stornieren, ändert gerade Seiten des Kreditsuchenden über die Notwendigkeit der in diesen Fällen nichts daran, dass der Schaden eingetre- Verträge und zu einer entsprechenden Vermögensverfü- ten ist. gung, nämlich dem Unterzeichnen der Verträge, die er bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht abgeschlossen Die zweite Gruppe der Verträge zeichnet sich dadurch hätte. aus, dass objektiv wertlose Leistungen der Verpflichtung des Schuldners auf Zahlung der Gebühren oder Entgelte Die Frage des Schadens auf Kundenseite könnte zunächst gegenüberstehen. Hierzu zählen Schuldenregulierungs- problematisch sein, weil die diversen zusätzlichen Ver- verträge und Wirtschaftsberatungen in der hier beobach- träge nicht per se unwirksam oder rechtswidrig sind. Der teten Variante. Vertragsunterzeichnung und der damit eingegangenen Verpflichtung steht abstrakt eine entsprechende Gegen- Die Frage der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Ver- leistung gegenüber. Zu unterscheiden sind Verträge, die träge bleibt auch hier bei der Frage des Schadens außer abstrakt in Ordnung, aber für viele Menschen sinnvoll Betracht, maßgeblich ist der objektive Wertvergleich von sind, und solche, die auch objektiv eine wertlose Leistung Leistung und Gegenleistung. Der Belastung des Schuld- beinhalten. Zu ersterer Gruppe gehören in erster Linie nervermögens steht nach den Vertragsinhalten kein Versicherungen und Bausparverträge. Durch das Eingehen Anspruch auf adäquate Gegenleistung gegenüber. der Verpflichtung, die Beiträge zu bezahlen, erwirbt der Verbraucher als Gegenleistung vollen Versicherungsschutz Hinsichtlich Rechtswidrigkeit, Vorsatz und Schädigungs- bzw. die Aussicht auf ein späteres zinsgünstiges Darle- absicht liegt der Fall klar. Der Vermittler dürfte in aller hen. Die Verträge sind lediglich für den Kreditsuchenden Regel wissen, dass die diversen Verträge nicht zusammen- in seiner aktuellen finanziellen Situation unbrauchbar. hängen. Rechtliche Bewertungen sind in diesen Fällen nicht maßgeblich. Wer statt der Kreditvermittlung weitere Hier ist die Lehre vom sogenannten subjektiven Schadens- oder andere Verträge vermittelt, macht sich somit wegen einschlag zu beachten. Ein Schaden kann sich daraus Betruges strafbar. ergeben, dass die Gegenleistung für ihren Empfänger nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich In allen oben beschriebenen Fällen der Strafbarkeit vorausgesetzten Zweck brauchbar ist oder er sie auch wegen Betruges dürfte gleichzeitig ein besonders schwe- nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann oder rer Fall im Sinne von § 263 Abs. 3 StGB anzunehmen wenn der Erwerber durch die eingegangene Verpflich- sein. Das ist u.a. der Fall bei gewerbsmäßiger Begehung 21 Das gilt insbesondere für die häufigen Kreditratenausfallversicherungen, die neuerdings beliebt geworden sind und z.T. auch für den Fall abgeschlossen werden, dass gar kein Kredit vermittelt wird. Diese Verträge haben obendrein noch so viele Ausschlussklauseln, dass sie in der Praxis bei der angesprochenen Klientel kaum greifen dürften, dazu Maltry, http://www.f-sb.de/akgeschaefte/armut/armut0001.htm. 42 Rechtsgutachten (Nr.1), großer Schadenshöhe (Nr. 2, 2. Variante) oder eine falsche Tatsache vorliegt, die bei dem Kreditsuchen- einem großen Kreis von Opfern. den einen entsprechenden Irrtum erregt. In den Fällen, in denen oben das tatbestandsmäßige Ebenfalls kommt in diesen Fällen eine Täuschung durch Vorliegen des Betruges angenommen wurde, dürfte im Unterlassen in Betracht, wenn man annimmt, dass der Regelfall auch ein besonders schwerer Fall des Betruges Vermittler den Kreditsuchenden auch über die rechtliche gem. § 263 Abs. 3 StGB vorliegen. Dies ergibt sich in Unwirksamkeit des Kreditvertrages aufzuklären hat. diesen Fällen aus Abs. 3 Nr. 1 StGB, da die Täter gewerbsmäßig gehandelt haben22. Gewerbsmäßig handelt, wer Mit seiner Unterschrift unter den Kreditvertrag trifft der sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorü- Kreditsuchende eine Vermögensverfügung. Diese liegt bergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle auch dann vor, wenn durch Täuschung ein unwirksamer, verschaffen will. Die Vermittler haben in der Regel ihr Sys- anfechtbarer oder von vornherein nicht bestehender tem auf eine dauerhafte Gewerbetätigkeit ausgelegt, die Vertrag geschlossen wird, solange der Schein einer ver- sie häufig über Jahre betreiben. Sie richten sich mit Ihrer traglichen Bindung geschaffen wird. Unabhängig von der Werbung an eine nicht bestimmte Zahl von Kreditsuchen- Frage der Wirksamkeit geht der Kreditsuchende die den, die im Einzelfall vergleichsweise geringen Gebühren Verpflichtung ein, einen erhaltenen Kredit samt Zinsen führen nach den Geschäftsmodellen erst dann zu einem und Kosten zurückzuführen. erheblichen Gewinn, wenn eine Vielzahl von Kunden betreut wird. Entsprechend hoch ist in den Fällen die Zahl Fraglich ist, ob diese Verfügung bei dem Kreditsuchenden der Geschädigten; im vom LG Stuttgart entschiedenen zu einem korrespondierenden Vermögensschaden geführt Fall betrug die Anzahl der Geschädigten 50.000. hat. Prinzipiell besteht ein Vermögensschaden im negativen Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der Vermögensverfügung. Normalerweise stehen 2.3 Strafbarkeit wegen Betruges bei Vermittlung eines Kredits (§ 263 StGB) sich Kreditvergabe und Rückzahlung plus Zinsen als gleichwertige Leistungen gegenüber. Bei einem sittenwidrigen Kreditvertrag allerdings liegen die Kreditkosten weit Hat der Kreditsuchende, was in Einzelfällen vorkommt, über den marktüblichen Konditionen. Nach der Recht- einen Kredit erhalten, also einen Darlehensvertrag abge- sprechung ist der Kreditnehmer überhaupt nicht zur Zah- schlossen, dessen Widerrufsfrist abgelaufen ist, kommt lung von Zinsen verpflichtet. Zahlt er die Zinsen dennoch, eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht, wenn der so ist hierin unproblematisch ein Schaden zu sehen. Die vermittelte Kredit als solcher sittenwidrig überteuert ist. Tatsache, dass der Kreditnehmer hierzu nicht verpflichtet war, ändert daran nichts. Zum einen muss er vermutlich Im Laufe der 80er Jahre ist eine gesicherte Rechtspre- gerichtliche, zumindest aber anwaltliche Hilfe in chung über die Frage der Sittenwidrigkeit von Verbrau- Anspruch nehmen, um seinen Anspruch durchzusetzen, cherkrediten entstanden. Liegen die Kreditkosten mehr denn die Kreditinstitute pflegen die sittenwidrigen Zah- als 100% über den marktüblichen Konditionen, ist der lungen selbstverständlich auch zu verlangen, notfalls Kreditvertrag gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit durch Inkassobüros oder durch Titulierung im Mahnver- nichtig. Rechtsfolge auf Schuldnerseite sind die Zinslosig- fahren. Zum anderen ist anerkannt, dass ein Schaden keit des Darlehens und die Rückzahlung der Valuta in bzw. eine konkrete Vermögensgefährdung zumindest Raten. solange vorliegt, wie der Geschädigte aufgrund mangelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht kennt Mit der Vorlage der Kreditverträge erklärt der Vermittler und nicht hinreichend ausüben kann. Man darf davon schlüssig, ein gültiges Rechtsgeschäft zu vermitteln. Weil ausgehen, dass die Klientel der „SCHUFA-freien“ Anbie- der beabsichtigte Vertrag aber von Anfang an nichtig ist, ter die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Krediten nicht ist das falsch. Allerdings ist fraglich, ob darin lediglich kennt. eine Täuschung über eine Rechtsauffassung oder über Umstritten ist allerdings die Frage, ob ein Schaden bzw. eine schadensgleiche Vermögensgefährdung und damit 22 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 916 Rechtsgutachten 43 ein vollendeter Betrug bereits im Moment des Vertragsab- Zunächst ist also festzustellen, ob die angebotene oder schlusses vorliegen, wenn der Getäuschte seine Leistung tatsächliche Vermittlung von Krediten oder sonstigen Ver- noch nicht erbracht hat. Denn prinzipiell muss die Wert- trägen unter Ausbeutung einer Schwächesituation beim minderung im Moment der Verfügungshandlung eintre- Kreditsuchenden erfolgt. Eine Zwangslage ist bei wirt- ten. Auch innerhalb der Rechtsprechung ist die Bewer- schaftlicher Bedrängnis gegeben, die der Betroffene tung uneinheitlich. Im Ergebnis wird dann ein Schaden durch die Leistung zu beseitigen sucht, und zwar nicht angenommen, wenn der Getäuschte u.a. wegen man- erst bei einer Existenzgefährdung. Der Begriff ist weit gelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht auszulegen. Ausreichend ist eine schwerwiegende Beein- ohne weiteres ausüben kann. In den hier diskutierten trächtigung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit. Fallgruppen jedenfalls wird man davon ausgehen können, Die Zwangslage muss ernst, sie braucht nicht existenz- dass die getäuschten Kreditnehmer ihre Rechte nicht bedrohend zu sein. Unerheblich ist, ob den Betroffenen kennen und zu einem großen Teil geschäftlich unerfahren an seiner Situation ein Verschulden trifft. sind. In den hier relevanten Fällen werden mit dem Angebot Auf Seiten des Vermittlers muss in subjektiver Hinsicht der „SCHUFA-freien“ Kredite gerade diejenigen ange- Vorsatz und die Absicht der Erlangung eines rechtswidri- sprochen, die bei einer seriösen Bank nicht mehr kredit- gen Vermögensvorteils vorgelegen haben. Vermögens- würdig sind. Insofern muss davon ausgegangen werden, nachteil auf Seiten des Kreditnehmers und Vermögens- dass sich die Kreditsuchenden in einer ernsten, wirt- vorteil auf Seiten des Vermittlers müssen stoffgleich sein. schaftlich problematischen Situation befinden, wenn sie Der Vermittler verdient die überhöhten Zinsen jedoch Kontakt zu Anbietern „SCHUFA-freier“ Kredite aufneh- nicht, ihm geht es um die Provision, die er für die Ver- men. Damit liegt eine Zwangslage bei der Kreditsuchen- mittlung erhält. In solchen Fällen des Provisionsvertreter- den vor. betruges ist allerdings anerkannt, dass auch ein Betrug zugunsten eines Dritten, hier des Kreditinstitutes, ausrei- In einzelnen Fällen kommt möglicherweise auch Unerfah- chen kann. Vorsatz und Bereicherungsabsicht sind dann renheit hinzu, d.h. ein Mangel an Geschäftskenntnis und gegeben, wenn der Kreditvermittler nicht erfolgreich Lebenserfahrung, die die Fähigkeit zur Beurteilung einen Irrtum über die Rechtswidrigkeit geltend machen bestimmter Lebensverhältnisse einschränkt. Diese Schwä- kann. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvor- chesituation muss von etwa gleichem Gewicht sein wie teils – hier der sittenwidrig überhöhten Zinsen – ist beim die Zwangslage. Eine allgemeine Unkenntnis reicht nicht Betrug Tatbestandsmerkmal, muss also nur von einfa- aus. chem Vorsatz, auch dolus eventualis, umfasst sein. Letztendlich hängt die Strafbarkeit des Vermittlers hier davon Erforderlich ist das bewusste, missbräuchliche Ausnutzen ab, ob er die klare Rechtsprechung zu sittenwidrigen der Schwächesituation des Opfers zur Erlangung über- Krediten kannte, ob er die Sittenwidrigkeit im konkreten mäßiger Vorteile, mehr also als bloßes Streben nach Fall zumindest billigend in Kauf genommen hat und ob Vermögensvorteilen. Durch das gezielte Ansprechen von sich diese Kenntnis im Einzelfall beweisen lässt. Weiß der Personen in prekärer finanzieller Situation beuten Kredit- Kreditvermittler also, dass der von ihm vermittelte Kredit vermittler diese Zwangslage oder Unerfahrenheit aus. sittenwidrig ist, macht er sich wegen Betruges strafbar. Der Tatbestand des Wuchers erfordert weiter eine Leistung des Täters, die er dem Betroffenen in Aussicht stellt 2.4 Strafbarkeit wegen Wuchers § 291 StGB oder erbringt. Die Kreditgewährung und -vermittlung sind ausdrücklich als typische Leistungen genannt, aber Kreditvermittler können sich außerdem wegen Wuchers, auch die Vermittlung sonstiger Verträge ist von der Gene- § 291 StGB, strafbar machen. Das ist der Fall, wenn ralklausel des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 4 jemand u.a. die Zwangslage oder Unerfahrenheit eines erfasst. anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für die Gewährung oder Vermittlung eines Kredites oder einer sonstigen Damit fallen an dieser Stelle mangels Leistung solche Fälle Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in (angeblicher Kreditvermittlung) aus dem Tatbestand des einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Wuchers heraus, in denen der Kreditvermittler Auslagen oder sonstige Entgelte kassiert, aber keinerlei Vermitt- 44 Rechtsgutachten lungsbemühungen nachweisen kann und auch keine berechnung gar nicht beachtet werden. Das Vermittelte anderen Verträge vermittelt hat, er also gar nichts getan kann für den Wert der Vermittlung von Bedeutung sein. hat. Dann liegt allerdings ohne Schwierigkeiten Betrug Sind mehrere Leistungen miteinander verbunden, werden vor. Gesamtleistung und sämtliche Vorteile einander gegenübergestellt. Probleme ergeben sich, wenn die Leistung Als Gegenleistung muss der Kreditvermittler sich oder für das Opfer nutzlos oder nicht zu verwenden ist. In der einem Dritten, also beispielsweise dem Versicherungsun- Rechtsprechung wird in Anlehnung an die Kriterien des ternehmen, Vermögensvorteile gewähren oder verspre- individuellen Schadenseinschlags beim Betrug die Leis- chen lassen. § 291 StGB ist ein Vermögensgefährdungs- tung des Täters entsprechend gemindert. delikt, insoweit ist bereits mit dem Eingehen der Verpflichtung eine vollendete Tat gegeben. Versprochene Wird im Ergebnis kein Kredit vermittelt, so hängt der oder bereits geleistete Zahlungen des Schuldners, und Wert der Vermittlungsbemühungen davon ab, wie ernst- zwar sowohl die Provisionen und Entgelte an den haft und wie aussichtsreich die Vermittlungsversuche Vermittler als auch die Zahlungen auf die vermittelten waren. Sobald der Kreditvermittler beispielsweise weiß, Verträge, sind als Gegenleistung des Schuldners und dass der Fall offensichtlich aussichtslos ist, sind Vermitt- Vermögensvorteil auf der anderen Seite zu werten. lungsversuche wertlos. Dann müssten die geforderten Auslagen je nach Einzelfall gegen null tendieren. Verlangt Schließlich ist der Wuchertatbestand verwirklicht, wenn der Kreditvermittler dennoch Auslagen oder Entgelte, ist Leistung und Vermögensvorteil in einem auffälligen Miss- die Wuchergrenze klar überschritten, weil die Vermögens- verhältnis stehen. Der Wert des Vermögensvorteils, hier vorteile die Leistung um ein Vielfaches übersteigen. die Zahlungsverpflichtungen des Schuldners, muss den Wert der Leistung so beträchtlich übersteigen, dass für Werden zusätzliche Verträge vermittelt, so ist zu unter- den Kundigen, sei es auch erst nach einer Aufklärung des scheiden: Sachverhaltes, ein unverhältnismäßiger Wertunterschied zwischen den Leistungen unmittelbar ins Auge springt. J Ohne allgemeinen Wert sind die Verträge mit Schuldenregulierern sowie Wirtschaftsberatungsverträge. Festzuhalten ist zunächst, dass hier ausschließlich Fälle Insofern ist auch die Vermittlung solcher Verträge des Vermittlungswuchers zu prüfen sind. Das ist wichtig wertlos. Hierzu steht jeder Preis in einem auffälligen für die Frage, welche Leistungen gegenübergestellt wer- Missverhältnis. Hinzu kommt, dass Schuldnerbera- den müssen. Auf der Seite des Vermittlers ist dies nämlich tungsstellen und Verbraucherzentralen leicht im Tele- die Vermittlung eines bestimmten Vertrages, also die Ver- fonbuch zu finden sind. Eine Vermittlung stellt hier mittlungsleistung als solche und deren Wert, und nicht kaum einen eigenen Wertfaktor dar. der vermittelte Vertrag (z.B. das Darlehen).23 J Versicherungen und Bausparverträge hingegen haben Demgegenüberzustellen ist der Vermögensvorteil für den einen objektiven Wert, auch wenn sie für den Schuld- Vermittler oder einen Dritten, das sind sämtliche Zahlun- ner nicht brauchbar sind. Wenn das Provisionsverlan- gen, die der Schuldner an den Vermittler oder auf die gen nicht nach den obigen Kriterien auffällig über- Verträge zahlt oder zu zahlen verspricht. Das auffällige höht ist, ist streitig, ob in der Vermittlung dieser Missverhältnis ist nach herrschender Meinung von der Verträge eine Strafbarkeit wegen Wuchers liegt. Seite des Gläubigers her zu beurteilen, nicht von der Seite des Opfers. Unmaßgeblich sind deshalb die Vorteile, die das Opfer mit der Leistung erlangt oder sich verspricht. 2.5 Strafbarkeit wegen Erpressung (§ 253 StGB) Das bedeutet natürlich nicht grundsätzlich, dass die Versicherungsleistungen oder die anderen Ansprüche, die das Teilweise wird den Kreditsuchenden mit einer Strafan- Opfer unmittelbar aus der Leistung erwirbt, bei der Wert- zeige gedroht, wenn sie Gebühren für dubiose Leistun- 23 Die Vermittlung eines nach obengenannten Kriterien sittenwidrigen Kredites ist als Wucher einzustufen. Fischer StGB 59. Aufl. § 291 Rn. 18 und 20; BGH wistra 1983, 191; OLG Stuttgart wistra 1982, 36; Müller/Wabnitz S. 42; Kühne MschKrim 1977, S. 107, S. 114. Wucherisch ist auch das Entgelt für eine Kreditvermittlung, die sich auf das Fünffache des üblichen Preises beläuft, BGH DB 1976, 573; NK-StGB-Kindhäuser § 291 Rz. 53. Rechtsgutachten 45 gen nicht zahlen, indem sie beispielsweise eine Nach- 2.6 Strafbare Werbung gemäß § 16 Absatz 1 UWG nahme in Höhe von fast 400 1 nicht einlösen. Hier könnte eine Strafbarkeit wegen Erpressung in Frage kom- Weil nahezu alle Geschäftspraktiken (Werbebotschaften, men. Erpressung bezweckt die rechtswidrige Bereiche- Geschäftsbedingungen oder Verträge) der hier diskutier- rung mittels einer Nötigung. Wie beim Betrug ist auch ten Fallgruppen als unlauter und irreführend i.S.v. §§ 3, 5 hier Vermögensbeschädigungsabsicht auf Täterseite UWG einzustufen sind, kommt auch eine Strafbarkeit der erforderlich. Vermittler wegen eines Vergehens gemäß § 16 Abs. 1 UWG in Betracht. Diese Vorschrift stellt die unwahre und Mittel der Tat sind Gewalt, die hier ausscheidet, oder irreführende Werbung mit der Absicht, den Anschein Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Drohung mit eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, einer Strafanzeige ist als empfindliches Übel anerkannt unter Strafe. und ein geeignetes Nötigungsmittel. Durch diese Drohung mit der Anzeige soll der Kreditsuchende zu einer Maßstab der Prüfung ist die Werbung der Vermittler. Sie Handlung veranlasst werden, nämlich die Zahlungen muss für einen größeren Personenkreis bestimmt sein. vorzunehmen. Individualwerbung scheidet aus. Angaben, die nur bestimmte Einzelpersonen täuschen, sind nach § 5 UWG In nahezu allen Fällen – mit Ausnahme der erfolgreichen irreführend und können zu einer Betrugsstrafbarkeit füh- Kreditvermittlung – ist festgestellt worden, dass die ren. Sämtliche von den Kreditvermittlern geschalteten Gebühren, Entgelte und Auslagen, die hier vereinnahmt Anzeigen in der Presse, im Teletext oder im Internet rich- werden, angreifbar und rechtswidrig sind. Zahlt der ten sich an ein breites Publikum und sind typische Fälle im Schuldner eine nicht berechtigte Forderung, so erleidet er Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 UWG. Fraglich ist, einen Vermögensnachteil i.S.d. § 263 StGB. Unerheblich inwieweit auch die Direktwerbung mittels gekaufter ist dabei, ob er die Forderung rechtlich hätte angreifen Adressen von kreditunwürdigen Personen unter den oder nachträglich die Leistung hätte zurückfordern Anwendungsbereich des § 16 UWG fällt. Hier könnte im können. Vermögensschaden und Vermögensvorteil auf Sinne des § 16 Abs. 1 UWG eine Mitteilung vorliegen, die Täterseite sind stoffgleich. für einen größeren Personenkreis bestimmt ist. Der Kreis darf nicht von vornherein geschlossen sein, sondern muss Rechtswidrig ist die Tat – ebenso wie bei der Nötigung – einen fest begrenzten engeren Personenkreis quantitativ gemäß Abs. 2 nur dann, wenn die Androhung des Übels übersteigen. Wenn ein Kreis sehr groß ist, ist er nicht zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. mehr geschlossen, weil die Möglichkeit der Weiterverbrei- Auch dieses Tatbestandsmerkmal dürfte hier zweifellos tung besteht, außerdem, wenn die Mitglieder untereinan- vorliegen. So ist der Zweck, eine unberechtigte Leistung der nicht verbunden sind. Serienbriefe, die mit einem zu vereinnahmen, ohne weiteres als verwerflich anzuse- standardisierten Text versehen sind und dann mit Hilfe hen. Gleiches gilt für die Drohung mit einer in der Sache von Adressdatenbanken verschickt werden, werden inso- unberechtigten Strafanzeige. fern von der Literatur zu Recht dem Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 UWG zugeordnet. Insofern dürfte auch Beweisprobleme können hier, wie schon bei der Prüfung die Direktwerbung der Anbieter mit Krediten ohne der Betrugsstrafbarkeit, allenfalls wieder im Zusammen- SCHUFA-Auskunft, die sich regelmäßig an einen sehr hang mit dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auftre- großen und nicht durch eine Innenbeziehung begrenzten ten. So ist festzustellen, ob und wann der Vermittler von Personenkreis richtet, unter den Anwendungsbereich des der Rechtswidrigkeit der Forderung, zumindest mit dolus § 16 Abs. 1 UWG fallen. eventualis, wusste. Die Strafbarkeit setzt weiter voraus, dass der KreditverWer mittels Drohung mit einer unberechtigten Straf- mittler mit unwahren Angaben – d.h. Tatsachenbehaup- anzeige eine ebenso materiell unberechtigte Zahlung tungen – irreführend wirbt. Ausreichend ist die Eignung einer Geldsumme zu erlangen versucht, macht sich somit zur Irreführung. Der Tatbestand stellt auf die Werbung wegen versuchter, bzw. im „Erfolgsfalle“ bei Zahlung des ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein. Schuldners wegen vollendeter, Erpressung strafbar. Die Vorschrift bezieht sich auf ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen ist die konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne 46 Rechtsgutachten SCHUFA-Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwür- Werbung kaum verständlich ist, zumal Ermittlungen digkeit bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen wegen strafbarer Werbung quasi als Türöffner für weitere Kredit bekommen zu können. Die Botschaften dieser Ermittlungen dienen könnten. Anzeigen sind sowohl unwahr als auch irreführend. Tatsächlich werden in den überwiegenden Fällen entgegen Handelt der Täter in der Absicht, sich durch die irrefüh- der Werbeaussage überhaupt keine Kredite an das rende Werbung einen Vermögensvorteil zu verschaffen, beworbene Klientel vergeben. Soweit es doch zu einer so kann neben dem Tatbestand der strafbaren Werbung Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese nicht ohne eine auch der eines Betrugs vorliegen. Liegt der Betrug – wie vorherige Überprüfung der Bonität. Der Werbende will hier bei den Kreditvermittlungsfällen – in der Täuschungs- durch die Betonung der problemlosen Krediterlangung handlung, die auch den Irreführungsvorwurf begründet, gezielt den falschen Eindruck erwecken, dass die Kredit- so ist Tateinheit anzunehmen. würdigkeit keine Rolle spielte. Es handelt sich also bei der Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten in jedem Fall um eine Werbung mit unwahren Angaben. 2.7 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften (§ 148 GewO): In subjektiver Hinsicht muss der Kreditvermittler vorsätzlich und mit der Absicht handeln, das Angebot als beson- Gravierende Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschrif- ders günstig erscheinen zu lassen. Besonders günstig ten oder beharrliches Wiederholen bestimmter Verstöße meint damit nicht preisgünstig im engeren Sinne, es können gemäß § 148 GewO eine Strafbarkeit nach sich genügt irgendein Vorteil, der das Angebot in besonders ziehen. Eine Strafbarkeit kommt in Fällen in Betracht, in günstigem Licht erscheinen lässt. Besonders vorteilhaft denen der Vermittler gegen die Ordnungsvorschriften der wirken die Angebote deshalb, weil die Vermittler prak- § 144 Abs. 1 bzw. § 146 Abs. 1 verstoßen hat. Vorausset- tisch durchgängig eine problemlose Kreditgewährung zung ist, dass dem Vermittler bereits durch die Behörde herausstellen, und zwar für einen besonderen Adressa- die Erlaubnis entzogen wurde oder er einer bestimmten tenkreis, der ein solches Angebot quasi nirgendwo sonst Auflage oder Anordnung der Behörde zuwiderhandelt. realisieren kann. Keine strafbare Werbung liegt hingegen Dies setzt zunächst ein aufsichtsrechtliches Einschreiten vor, wenn der Werbende eine Leistung verspricht, die er der Behörde voraus. von vornherein nicht erbringen kann oder will. Damit sind offenbar solche angeblichen Vermittler, die keine Kredite Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 144 Abs. 1 GewO vermitteln wollen und keine Kontakte zu Geldgebern begeht, wer ohne Erlaubnis Darlehen vermittelt oder zu haben, nicht wegen § 16 Abs. 1 UWG zu bestrafen, in vermitteln vorgibt. Die Darlehensvermittlung (auch wenn diesem Fall aber dann eindeutig wegen (versuchten) in diesem Fall nur im Ausnahmefall erfolgreich), ist gem. Betruges. § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO eine erlaubnispflichtige Tätigkeit. Agiert der Vermittler ohne eine entsprechende Der Vermittler muss den Anschein der besonderen Güns- behördliche Erlaubnis, so stellt das eine Ordnungswidrig- tigkeit beabsichtigen, im Übrigen bedingt vorsätzlich han- keit dar, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000 1 belegt deln. Es bestehen insoweit ähnliche Beweisprobleme wie werden kann. beim Betrug. Bei einem Gefährdungsdelikt dürfte der Nachweis allerdings leichter fallen, da die Abhängigkeit Zu einer Strafbarkeit kommt es gem. § 148 GewO erst vom Einzelfall weniger groß ist. dann, wenn der Vermittler die Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt. Der Begriff der Beharrlichkeit setzt dabei Die hier untersuchten Kreditvermittlungsangebote sugge- ein besonders hartnäckiges Verhalten voraus. Aus dem rieren bewusst Angebote, von denen die Vermittler wis- Vorgehen muss die rechtsfeindliche Einstellung des Täters sen, dass sie diese gar nicht wirklich vermitteln können. gegenüber den in Frage kommenden rechtlichen Normen Insofern machen sich die vermeintlichen Vermittler durch deutlich werden. Dazu bedarf es keiner vorangegangenen ihre unwahren und irreführenden Anzeigen wegen § 16 abgeschlossenen Bußgeldverfahren. Es reicht, wenn er Abs. 1 UWG strafbar. In der Praxis spielt der Tatbestand trotz einer etwaigen Ahndung, Abmahnung oder sonsti- der strafbaren Werbung allerdings keine besondere Rolle, ger Erkenntnis an seiner rechtsfeindlichen Haltung fest- die veröffentlichten Entscheidungen sind spärlich, was hält. Subjektiv ist für die Strafbarkeit nach § 148 GewO – angesichts der Fülle der Vermittler und des Ausmaßes der anders als bei der Ordnungswidrigkeit, für die ein fahrläs- Rechtsgutachten 47 siges Verhalten genügt – Vorsatz des Täters erforderlich. eine Strafbarkeit wegen sonstiger Unterstützung der Es genügt bedingter Vorsatz. Haupttäter in Betracht, z.B. durch konzeptionelle rechtliche Beratung. Wegen des geringen Höchststrafmaßes von einem Jahr ist die Vorschrift bei der Strafverfolgung von betrügerischen Zunächst soll untersucht werden, ob die Rechtsanwälte Kreditvermittlern wohl von untergeordneter Bedeutung. bzw. Inkassobüros durch das Einfordern der Forderung In der Praxis kam die Strafvorschrift bisher selten zur des Vermittlers den Kreditsuchenden selbst täuschen. Anwendung. Allerdings wird man wohl kaum in jeder Rechtsdurchsetzung einer unberechtigten Forderung durch einen Anwalt 2.8 Falsche Angaben des Kreditsuchenden bei der Kreditantragstellung einen verwirklichten Betrug sehen können, selbst wenn dieser weiß, dass die im Namen des Mandanten geltend gemachte Forderung höchstwahrscheinlich gerichtlich In manchen Fällen wird von den Kreditvermittlern nicht durchsetzbar sein wird. Auch hier wird man eine behauptet, selbst durch falsche Angaben des Kreditsu- Täuschung nur dann annehmen können, wenn – je nach chenden (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Vorver- Fallkonstellation – eine ausdrückliche oder konkludente schuldung) betrogen worden zu sein. Dies ändert die Täuschung über Tatsachen erfolgt, wenn z.B. der Beurteilung des strafrechtlichen Verhaltens des Vermitt- Anspruch als unstreitig rechtmäßig dargestellt wird oder lers allerdings nicht. eine Garantenpflicht zur Aufklärung des Schuldners anzunehmen ist. Allerdings kann man wohl nicht annehmen, Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die falschen Anga- dass der Anwalt verpflichtet ist, die gegnerische Partei ben der Kunden häufig auf Anregung der Vermittler über die rechtlichen Zweifel an der Forderung seines selbst vorgenommen werden, der dazu rät, nicht die Mandanten aufzuklären. Insofern kommt es für die Frage gesamte Vorverschuldung anzugeben, um die Chance auf einer Täuschung entscheidend darauf an, wie die Mahn- 24 eine Vermittlung zu erhöhen. Getäuscht wird auch nicht briefe des Anwalts gestaltet sind und inwieweit hierdurch der Vermittler, der ja keine Vermögensverfügung vor- eine selbständige ausdrückliche oder konkludente Täu- nimmt, sondern allenfalls die kreditgebende Bank. Der schung des Kreditsuchenden erfolgt. Im Einzelfall wird die Vermittler erleidet auch keinen Schaden, denn die Wahr- Abgrenzung zwischen einer Beteiligung an dem Betrug scheinlichkeit, dass er eine erhöhte Provision bekommt, des Vermittlers und einer selbständigen Strafbarkeit durch steigt durch das Verschweigen der Vorverschuldung. eine eigene Täuschung schwierig sein. Gegenüber der Bank kann allerdings ein (versuchter) Eingehungsbetrug vorliegen. Durch die Handlung des Anwalts wird dann ggf. ein Irrtum hervorgerufen oder zumindest aufrechterhalten, was als Tatbestandsvariante ausreicht. Auch eine Stoff- 2.9 Strafbarkeit der Rechtsanwälte und Inkassobüros gleichheit zwischen dem Vorteil (zugunsten eines anderen, in diesem Fall des Vermittlers) und dem Schaden ist Neben der Strafbarkeit der Verantwortlichen der Vermitt- vorhanden, denn der Vermittler ist durch die Zahlung des lungsfirmen kommt auch eine Strafbarkeit der Gehilfen Schuldners unmittelbar bereichert. Insofern handelt es und Mittäter in Betracht. Die Frage der Strafbarkeit rich- sich um die Variante des fremdnützigen Betruges. Auf der tet sich natürlich nach den Einzelheiten der Tatbeteili- subjektiven Seite ist Vorsatz erforderlich. gung, die im Einzelfall unterschiedlich sein kann. Der Anwalt, der die Forderung des Vermittlers durchsetzt, Eine Strafbarkeit der Anwälte und Inkassobüros kann sich obwohl sie nicht berechtigt ist, stellt dem Kreditsuchen- sowohl im Bereich der Rechtsdurchsetzung der unge- den regelmäßig auch die Kosten seiner Inanspruchnahme rechtfertigten Forderungen des Vermittlers ergeben als als Verzugsschaden (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) in auch durch eine selbständige Täuschung bzgl. der Gel- Rechnung, die mangels Vorliegens einer fälligen Haupt- tendmachung der eigenen Gebühren. Daneben kommt forderung ebenso unberechtigt ist. Durch diese Rech- 24 Arbeitskreis Neue Armut S. 16; dazu auch BGH vom 21.07. 2005 – IX ZB 80/04 = ZInso 2005, 926 zu 290 InsO. 48 Rechtsgutachten nungsstellung könnte der Anwalt konkludent über die rungen die Briefe oder anderweitige Beitreibungsversuche Berechtigung seiner Forderung täuschen und damit einen beinhalten. In Betracht kommt sowohl eine Täuschung Betrug begehen. durch aktives Tun als auch eine Täuschung durch konkludentes Handeln, durch die der Irrtum des Schuldners Bei der Frage der Strafbarkeit von Rechtsanwälten im erzeugt oder aufrechterhalten wird. Der zahlt in der Zusammenhang mit Gebührenforderungen ist allerdings Annahme, dass die Forderung zumindest dem Grunde zunächst die Anwendbarkeit des § 352 StGB (Gebühren- nach berechtigt ist, auch wenn er möglicherweise Zweifel übererhebung) zu prüfen, denn in Rechtsprechung und an der Höhe hat. Durch die konkludente Erklärung, der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass § 352 StGB Verzugsschadensanspruch sei entsprechend entstanden, wegen seiner Privilegierungsfunktion die Anwendbarkeit ergibt sich bei der geschäftsunerfahrenen Klientel der von § 263 StGB sperren kann. Uneinigkeit besteht nur Irrtum der Verpflichtung zur Zahlung. hinsichtlich der Frage, wie weit die Privilegierung reicht. In diesem Fall dürfte eine eigennützige Betrugshandlung Nach einer neueren Entscheidung des BGH soll die Privile- vorliegen. Denn auch dann, wenn der Anwalt die Kosten gierung nur wirken, soweit sich die falsche Gebührener- seiner Inanspruchnahme als Schadensersatzanspruch sei- hebung auf Tatbestände des Gebührenrechts beschränkt. nes Mandanten geltend macht und er ohnehin einen ver- Eine Strafbarkeit wegen Betruges soll daneben dann in traglichen Anspruch gegenüber seinem Mandanten auf Betracht kommen, wenn über (weitere) Umstände Zahlung der Gebühren hat, kommt ihm die Beitreibung getäuscht wird, die der Zahlende nicht anhand der der Gebühren in der Praxis wohl unmittelbar zugute. Gebührenordnung überprüfen kann.25 Da es in den vorliegenden Fällen nicht um die Anwendbarkeit der Gebüh- Denn dies sind ja im Grunde die ihm zustehenden renordnung geht, sondern um die Frage, ob überhaupt Gebühren, die er im Falle der Geldempfangsvollmacht ein Anspruch der Vermittler besteht und somit unter dem unmittelbar einbehält. Auch wird er intern in vielen Fällen Gesichtspunkt des Verzugsschadens auch eine Forderung eine andere Vereinbarung mit seinem Auftraggeber in Höhe der angefallen anwaltlichen Gebühren gerecht- haben, nach der im Falle der Erfolglosigkeit der Beitrei- fertigt ist, dürfte demzufolge hier keine Sperrwirkung bung vermutlich nicht die volle Anwaltsgebühr zu zahlen bestehen, so dass prinzipiell in diesen Fällen der Betrug sein wird. Die Täuschungsabsicht müsste entsprechend geprüft werden kann. Eine Anwendbarkeit des § 352 nachgewiesen werden. Hierbei sind die Klarheit der zivil- StGB dürfte darüber hinaus auch daran scheitern, dass rechtlichen Rechtslage und die Erfahrungen aus dem der Anwalt keinen direkten Gebührenanspruch gegen Massengeschäft wichtige Indizien, die im Einzelfall zu den Kreditsuchenden hat, sondern nur gegenüber seinem prüfen sind. Mandanten, dem Vermittler. Diese wirkt sich nur mittelbar durch den Schadensersatzanspruch auf den Kreditsu- Abgesehen von einer eigenen Täuschungshandlung des chenden aus, so dass hier der § 352 StGB keine Anwen- Anwalts oder des Inkassobüros kommt eine Strafbarkeit dung findet und die Verwirklichung des Tatbestandes des wegen Mittäterschaft oder Beihilfe am Betrug des Ver- § 263 StGB grundsätzlich in Betracht kommt. mittlers in Betracht. Es ist zu prüfen, ob der Anwalt den Kreditsuchenden Dies könnte sich insbesondere dann ergeben, wenn der über das Bestehen seines Gebührenanspruchs täuscht, Anwalt sich durch entsprechende Tatbeiträge an dem wenn er weiß, dass die Forderung des Vermittlers – und Kreditvermittlungsbetrug beteiligt. Das Geschäftsmodell damit auch der Schadensersatzanspruch – nicht gerecht- ist rechtlich ausgeklügelt, die Angebote der Vermittler fertigt sind und er ihn dennoch einfordert. bewusst so strukturiert, dass das zivilrechtliche Verbot der Auslagen- bzw. Provisionserhebung zumindest scheinbar Fraglich ist auch in diesen Fällen, ob eine Täuschungs- umgangen werden soll. Es ist naheliegend, dass dafür die handlung vorliegt. Auch hier wird man, wie oben, auf die Hilfe von Anwälten in Anspruch genommen wird, die Umstände des Einzelfalles abstellen müssen, insbesondere nicht nur bei der Forderungsbeitreibung, sondern auch darauf welche ausdrücklichen oder konkludenten Erklä- bei der Konzeption der Anzeigen, Angebote und ver- 25 BGH NJW 2006, 3219, 3221 Rz. 18. Rechtsgutachten 49 schiedenen Formulare mitarbeiten. Je nach Fallkonstella- Geschädigten oft umfangreicher Ermittlungen. In der tion und Tatbeteiligung sind die Anwälte dabei als Mit- Regel können die Vermittler auf einige zivilrechtliche täter anzusehen oder haben sich zumindest der Beihilfe Entscheidungen von Amtsgerichten verweisen, die ihr schuldig gemacht. Gebührenverlangen (zu Unrecht) zivilrechtlich nicht beanstandet haben. Die an den Vermittler geflossenen Neben- Für die Annahme einer Mittäterschaft ist nach heute leistungen werden oftmals im Zivil- und Strafverfahren herrschender Meinung auf die Tatherrschaft abzustellen. übersehen. Unseriöse Kreditvermittler leben nach wie vor Erforderlich ist ein Tatbeitrag, der den Tatbeitrag der von der Entgegennahme nicht vermittlungsfähiger Kredit- anderen ergänzt. Eine Mittäterschaft ist gegeben, wenn wünsche und der damit verbundenen Erhebung von dem Mittäter das Verhalten der anderen aufgrund des Bearbeitungsgebühren. gemeinsamen Tatplans und der arbeitsteiligen Begehung der Tat zugerechnet werden kann. Sein Tatbeitrag muss Die Staatsanwaltschaft darf sich bei der Auswertung von nach der bewusst übernommen Rolle einen nicht nur Zivilakten über die Auseinandersetzungen über die unwesentlichen Beitrag zum Gelingen der Tat darstellen. Kreditvermittlungsprovision oder sonstige Vermittlungskosten nur bedingt auf die dort gefällten Urteile stützen. Für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Haupttat des Ver- Diese können auf einem Beweisergebnis beruhen, das mittlers genügt es dagegen, wenn der Anwalt zu bloßen durch die vom Kreditvermittler benannten willfährigen Vorbereitungshandlungen Hilfe geleistet hat. Im Einzelfall Zeugen beeinflusst worden sein kann oder auf einer nur kommt es also zur Abgrenzung entscheidend auf die oberflächlichen zivilrechtlichen Bewertung des Einzelfalls. einzelnen Tatbeiträge und die Tatherrschaft an. Nur die Auswertung aller beim Vermittler befindlichen Unterlagen ermöglicht den Einblick in die vom Kredit- Eine Beihilfe zum Betrug ist aber auch noch bis zur vermittler tatsächlich erschlichenen Vorteile. Beendigung der Tat möglich, in den Kreditvermittlungsbetrugsfällen also bis zur Leistung der geforderten Zahlungen. Insofern kommt eine vorsätzliche Beihilfeleistung 3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht durch den Anwalt oder das Inkassobüro auch allein dadurch in Betracht, dass sie versuchen, die unberechtigte Forderung beim Schuldner beizutreiben. 3.1 Unlauterkeit wegen Verstoßes gegen verbraucherschützende Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG) Da die bloße Forderungseintreibung einer unberechtigten Ein Wettbewerbsverstoß, der nach dem UWG zu ahnden Forderung durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro nicht wäre, könnte sich schon daraus ergeben, dass der strafbewehrt ist, kommt es für die Frage der Beihilfe zum Vermittler in den vorliegenden Fällen gegen verbraucher- Betrug entscheidend auf die subjektive Seite, aber auch schützende Vorschriften verstoßen hat. Schon nach dem die internen Absprachen an. Eine Strafbarkeit wegen alten UWG lag in solchen Fällen ein Verstoß gegen (versuchter) Beihilfe ist anzunehmen, wenn der Anwalt § 655d BGB, der zur Wettbewerbswidrigkeit gem. § 1 um die strukturelle Nichtberechtigung der Forderungen UWG a.F. führte. weiß und sie dennoch im Massengeschäft einzutreiben sucht. Nach den Reformen des UWG findet sich dieser Tatbestand in § 4 Nr. 11 UWG wieder. Hiernach handelt unlauter (§ 3 UWG), wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider- 2.10 Generelle Probleme bei der Strafverfolgung handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierunter Die Probleme bei der Strafverfolgung liegen darin, dass es sind auch verbraucherschützende Normen zu subsumie- zum einen in diesen Fällen nur selten zu Strafanzeigen ren. Gleichzeitig liegt auch ein abmahnfähiger Verstoß kommt, da das Klientel meist keine Strafanzeigen stellt. gegen § 2 Abs. 2 Nr. 21 UKlaG vor, in dem die Vorschrif- Die Vermittler haben sich zudem durch ihr Angebot einen ten zur Darlehensvermittlung explizit erwähnt sind. Der Bereich in der rechtlichen Grauzone gesucht. Ähnlich wie BGH hat entschieden, dass das UKlaG keine abschlie- bei der strafrechtlichen Beurteilung von Abofallen ist die ßende Regelung darstellt und das Vorgehen eines Mitbe- Strafbarkeit für die Staatsanwaltschaften nicht evident, werbers nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz sondern bedarf genauer und wegen der Vielzahl der 1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen ist. Verbrau- 50 Rechtsgutachten cherverbänden steht die Klagebefugnis hinsichtlich beider und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme Gesetze nach § 3 UKlaG und § 8 UWG zu. verschleiert werden. Das Gleiche gilt, wenn nicht klar wird, dass ein Finanzierungsangebot mit einem niedrigen Soweit der Vermittler bewusst Vereinbarungen durch- Zinssatz von dem zusätzlichen Abschluss eines Bauspar- setzt, die gegen § 655d BGB verstoßen, handelt er somit vertrages abhängig ist. Ebenso handelt nach der Recht- unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Klagebefugt sprechung bereits irreführend, wer verschweigt, dass die wäre auch ein Mitbewerber, allerdings sind Klagen der Inanspruchnahme eines Kredites eine solide Einkommens- Wettbewerber untereinander bislang noch nicht bekannt und Bonitätssituation erfordert, die gerade beim ange- geworden. Die Aktivitäten der seriösen Kreditvermittler sprochenen Verkehrskreis nur ausnahmsweise vorliegt. zum Schutz des Rufes ihrer Branche waren in der Vergan- Dies muss natürlich erst recht gelten, wenn kreditunwür- genheit beeindruckend gering. dige Verkehrskreise wahrheitswidrig damit beworben werden, dass eine Bonitätsprüfung nicht erforderlich sei. 3.2 Irreführende Werbung (§ 5 UWG) 3.3 Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Die Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen nach § 3 Verstöße UWG wird auch durch § 5 UWG konkretisiert. Ein Verstoß gegen das UWG liegt insbesondere dann vor, wenn Die SCHUFA selbst kann sich nicht auf Wettbewerbs- der Anbieter für sein Produkt irreführend wirbt. § 5 Abs. 2 verstöße berufen, da sie in diesem Sinne mit Kreditver- Nr. 1 UWG nennt ausdrücklich eine irreführende Wer- mittlern nicht in Wettbewerb tritt. bung über die Verfügbarkeit, Art oder Ausführung der Ware oder Dienstleistung. Verboten sind nach § 5 UWG Damit verbleibt die Klagemöglichkeit der Verbände und alle Angaben geschäftlicher Art, die zu Wettbewerbszwe- der konkurrierenden Kreditvermittler. Da von den zuletzt cken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und Genannten als Wettwerber in der Vergangenheit keine geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der Ver- bemerkenswerten Initiativen zur Geltendmachung von kehrskreise über das Angebot irrezuführen und Fehlvor- Unterlassungsansprüchen ausgingen, ist auch in Zukunft stellungen von erheblicher Bedeutung für den Kaufent- nicht davon auszugehen, dass dies verstärkt erfolgen schluss hervorzurufen. Insofern ist eine Werbung jeden- wird. falls dann irreführend, wenn sie einen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmenden tatsächlichen Sach- Damit kommen nur die im Wettbewerbsrecht klagebefug- verhalt behauptet. Der Tatbestand stellt auf die Werbung ten Verbände als Aktivlegitimierte in Betracht. ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein. Die Klagebefugnis der Verbände ergibt sich dabei aus § 8 Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen ist die UWG. Das sind zum einen die rechtsfähigen Verbände zur konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne SCHUFA- Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwürdigkeit Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, sowie die qualifi- bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen Kredit zierten Einrichtungen, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG bekommen zu können. Die Botschaften dieser Anzeigen i.V.m. § 4 UKlaG klagebefugt sind. sind sowohl unwahr als auch irreführend. Werbungen für Finanzdienstleistungen müssen das Angebot klar Bisher haben sich vorwiegend die Verbraucherzentralen in beschreiben. Tatsächlich werden in den überwiegenden diesem Gebiet engagiert; die Tätigkeit auch anderer Ver- Fällen entgegen der Werbeaussage überhaupt keine bände zum Schutze des Wettbewerbs wäre wünschens- Kredite an das beworbene Klientel vergeben. Soweit es wert. Allerdings muss auch erkannt werden, dass bei doch zu einer Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese einem geschätzten Volumen von mehreren Hundert nicht ohne eine vorherige Überprüfung der Bonität. Es Firmen und einer großen Bereitschaft zur Fluktuation die handelt sich daher bei der Werbung mit „SCHUFA-freien“ Abmahnung unseriöser Geschäftspraktiken kaum ein Krediten in jedem Fall um eine Werbung mit objektiv geeignetes Mittel sein wird, um damit allein das Problem unwahren Angaben. So wurde auch die Ankündigung für in den Griff zu bekommen. Sofortkredite als irreführend angesehen, wenn keine schnelle Antragsbearbeitung gewährleistet werden kann Rechtsgutachten 51 4 Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG) Neben den Möglichkeiten, bei Verstößen gegen das UWG eine Unterlassung von dem Anbieter zu fordern, haben Werbung nach § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. 4.2 Unterlassung bei verbraucherschutzgesetzwidrigen Praktiken (§ 2 UKlaG) insbesondere die Verbraucherverbände die Möglichkeit, bei Verstößen gegen verbraucherschützende Vorschriften Die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers beim eine Unterlassung nach dem Unterlassungsklagengesetz Abschluss von Darlehensvermittlungsverträgen (§§ 655a zu fordern. ff BGB) sind geschützte Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Einzige Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist der Verstoß gegen Verbrau- 4.1 Verstöße gegen das AGB-Recht (§ 1 UKlaG) cherschutzgesetze. Es wurde oben bereits ausführlich dargelegt, dass die Anbieter in vielfältiger Weise gegen Die Verbände sind in der Lage, eine Inhaltskontrolle der die verbraucherschützenden Vorschriften verstoßen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter vorzu- sie zu umgehen versuchen. Auf einen zusätzlichen Wett- nehmen und bei Verstößen Unterlassung zu fordern (§ 1 bewerbsverstoß kommt es in diesem Zusammenhang UKlaG). Die Geschäftsbedingungen der hier untersuchten nicht an. Die klagebefugten Verbände können daher die Kreditvermittler können an dieser Stelle nicht vollständig hier untersuchten Anbieter regelmäßig auf Unterlassung untersucht werden. Auffällig ist aber, dass einige in Anspruch nehmen. Geschäftsbedingungen der Vermittler entgegen den ausdrücklichen Angeboten der Werbung Bonitätsprüfungsklauseln enthielten. Hierin kann ein Verstoß gegen § 305b BGB liegen, wenn die Zusage, keine Bonitäts- 5 Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht prüfung vorzunehmen, als Individualabrede zu verstehen ist. Jedenfalls dürfte eine überraschende Klausel i.S.d. Die oben beschriebenen Kreditvermittlungspraktiken § 305c BGB vorliegen, denn nach der eindeutigen können auch gegen die Vorschriften des Ordnungsrechts Werbung der Anbieter kann der Verbraucher damit nicht verstoßen. Gesetze wie die Gewerbeordnung sehen rechnen. Prüfungsmöglichkeiten der örtlichen Behörden vor und geben diesen beispielsweise die Möglichkeit, Tätigkeiten Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG können allerdings nur zu untersagen, eine erteilte Erlaubnis zu widerrufen oder Verstöße gegen §§ 307 bis 309 BGB mit dem Unterlas- bei Gesetzesverstößen Bußgelder zu verhängen. Ord- sungsanspruch geltend gemacht werden, eine Auswei- nungsbehörden können schnell auf illegale Praktiken tung auf andere Verstöße ist nach herrschender Auffas- reagieren. Es ist – anders als bei Strafverfahren – nicht sung unzulässig. Allerdings kann eine überraschende erforderlich, nach einer Ermittlungsphase zunächst die Klausel auch in ganz besonderem Maße den Rechtsver- Entscheidung des Richters abzuwarten. Im Folgenden kehr zum Nachteil des Kunden belasten und ihn unange- wird untersucht, inwieweit die verschiedenen Vorschriften messen benachteiligen, so dass in diesen Fällen auch ein des Ordnungsrechts ein illegales Verhalten der Vermittler Verstoß gegen § 307 BGB vorliegen kann. In den vorlie- sanktionieren. genden Fällen ist die versprochene Nichtüberprüfung der Bonität quasi eine der Hauptleistungen, denn der Kreditsuchende wendet sich nur deshalb an den Vermittler, weil er weiß, dass die Bonitätsprüfung seinem Kreditwunsch 5.1 Verstöße gegen das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) entgegensteht. Nur deshalb lässt er sich auf Zahlungen oder den Abschluss von Zusatzverträgen ein. Insofern ist Bei der Tätigkeit von Kredit- oder ganz allgemein Finanz- die Klausel, die gerade diesen Wunsch ausschließt, sicher vermittlern ist zu prüfen, ob und welche Eingriffsmöglich- nicht nur als überraschend, sondern auch als unangemes- keiten das Kreditwesengesetz als wichtigstes Aufsichts- sene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB anzusehen. element für Finanzdienstleistungen bieten kann. Der Auf- Der Anbieter kann daher bei einer entsprechenden sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) unterliegen gemäß § 1 KWG Kreditinstitute, die 52 Rechtsgutachten Bankgeschäfte betreiben, und Finanzdienstleistungsinsti- Insofern macht die Einschaltung der Versicherungsauf- tute, die Finanzdienstleistungen erbringen, sowie Finanz- sicht in den hier diskutierten Fällen durchaus Sinn, auch unternehmen. Diese Aufsicht umfasst unter anderem die wenn unmittelbare Maßnahmen gegen die Vermittler Möglichkeit der Erlaubnisentziehung und der Verhängung nicht ausgesprochen werden können. Leitet aber die von Bußgeldern bei Verstößen gegen KWG-Vorschriften. Aufsichtsbehörde ihre Erkenntnisse an andere Aufsichts- Kreditgeschäfte, also das Gewähren von Darlehen, sind behörden, namentlich die Gewerbeämter, oder die Staats- Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG. Kein Bank- anwaltschaft weiter, so kommt einer solchen Anzeige geschäft ist dagegen die Vermittlung von Krediten, erfahrungsgemäß größeres Gewicht zu als entsprechen- solange der Vermittler die Kreditanträge nicht: im eige- den Anzeigen von Geschädigten. nen Namen annimmt, die Haftung für den Kredit übernimmt oder ermächtigt ist, Auszahlungen vorzunehmen. Jedenfalls bei der hier in Frage stehenden Sparte der 5.3 Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz Kreditvermittlung trifft das nicht zu. Wenn überhaupt ein Kredit vermittelt wird, so geschieht das jedenfalls nicht im In den Fällen, in denen das Angebot und die Beratung Namen des Vermittlers. Auch Auszahlungen werden nicht der Vermittler über die bloße Kreditvermittlung hinausge- von den Vermittlern vorgenommen.26 hen und die Verträge Wirtschaftsberatung oder Schuldenregulierung bzw. Vorbereitung zur Schuldenregulierung zum Gegenstand haben, kommen auch Verstöße gegen 5.2 Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) das Rechtdienstleistungsgesetz (RDG) in Betracht. Auch das Rechtsdienstleistungsgesetz ermöglicht in § 20 RDG die Verfolgung unbefugter Rechtsbesorgung als Ord- Werden im Zusammenhang mit der beworbenen Kredit- nungswidrigkeit und das Verhängen von Geldbußen bis vermittlung Restschuldversicherungen, Lebens- oder zu 5.000 1. Unfallversicherungen angeboten oder vermittelt, kommen auch Aufsichts- und Ordnungsmittel des Versicherungs- Nach der Systematik des RDG ist die Besorgung fremder aufsichtsgesetzes (VAG) in Betracht. Rechtsangelegenheiten erlaubnispflichtig. Hierunter fällt jede Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung kon- Vom VAG werden in erster Linie Unternehmen erfasst, die kreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet ist, also Versicherungsgeschäfte zum Gegenstand haben. Kein jede Tätigkeit, die darauf abzielt, konkrete fremde Rechte Betrieb von Versicherungsgeschäften im Sinne von § 1 zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse VAG liegt allerdings vor, wenn – ähnlich wie beim KWG – zu gestalten oder zu verändern. Schutzzweck des Geset- lediglich Versicherungsgeschäfte vermittelt werden. Eine zes sind die reibungslose Abwicklung des Rechtsverkehrs verschärfte Aufsichtsmöglichkeit der Gewerbeämter und der Schutz des Rechtsuchenden vor der Gefahr, dass gegenüber den externen Versicherungsvermittlern gibt es die Erledigung seiner Rechtsangelegenheit Personen aber seit dem 22. Mai 2007 durch die Neuregelung des überlassen ist, die nicht über die hierfür erforderliche Versicherungsvermittlerrechts. § 83 Abs. 5 Nr. 1 VAG Sachkunde verfügen: Damit fällt die schlichte Vermittlung bezieht nunmehr auch die Versicherungsvermittler in die von Darlehensverträgen, die der Vermittler im eigenen Aufsicht ein. Des weiteren gibt es verstärkte Anforderun- Interesse betreibt, nicht in den Anwendungsbereich des gen an die Vermittler von Versicherungen in § 34d GewO. RDG. Lediglich dann, wenn über die Vermittlung hinaus eine Beratung etwa über die Gestaltung des Vertrages, Die Aufsichtsbehörden können nur in der Weise ein- über die Kündigung alter Verbindlichkeiten oder Ähnli- schreiten, dass sie bei Missständen in der Versicherungs- ches erfolgt, kann eine Besorgung fremder Rechtsangele- vermittlung zum unmittelbaren Vorgehen befugte Behör- genheiten vorliegen. Nicht einmal schlichtes Stellvertre- den einschalten, Strafanzeigen erstatten oder aber den terhandeln ohne weitere Beratung ist erlaubnispflichtige Versicherungsunternehmen Auflagen zur Überwachung Rechtsberatung. ihrer Agenten machen und ähnliche Dinge mehr. 26 Die Verpflichtung zur Einholung einer Erlaubnis nach dem KWG trifft auch eine Bank mit Sitz in der Schweiz, wenn sie aus dem Ausland heraus in Deutschland Kredite vergibt, EuGH „Fidium“, Urt. v. 03.10.2006 – Rs C-452/04 (Vorlage von VG Frankfurt/M. ZIP 2004, 2323 (LS)). Rechtsgutachten 53 Anders sieht es mit der Schuldenregulierung aus. Nach lern die Pflicht, gemäß § 14 GewO die Aufnahme der einhelliger Meinung ist die beabsichtigte Herbeiführung Tätigkeit bei der für den betreffenden Ort zuständigen einer Sanierung oder die Tätigkeit zum Zwecke der Schul- Behörde unmittelbar anzuzeigen. denregulierung Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und damit erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis kann nur Diese Anzeige dient dem Zweck, der zuständigen einem begrenzten Personenkreis erteilt werden. Außer- Behörde die Überwachung der Gewerbeausübung zu halb dieses Kreises ist jegliche Besorgung fremder Rechts- ermöglichen. Das ist notwendig, weil wegen § 1 GewO angelegenheiten unzulässig und kann verfolgt werden. keine generelle Genehmigungspflicht besteht. Die Gewerblichen Schuldenregulierern kann eine Erlaubnis Anzeige des Gewerbetreibenden als solche bedeutet also nur im Rahmen der Anerkennung als geeignete Stelle nicht, dass die konkret angemeldete Tätigkeit materiell so erteilt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG in Zusammenhang auch erlaubt ist. mit den Ausführungsgesetzen der Bundesländer). Eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht ist nach § 5 RDG Dementsprechend überschaubar sind auch die Angaben, möglich, wenn die Rechtsdienstleistung im Zusammen- die der Gewerbetreibende auf dem notwendigen amtli- hang mit einer anderen Tätigkeit steht und sie als Neben- chen Vordruck zu machen hat. Dies sind im Wesentlichen leistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Die Name, Anschrift und Geburtsdatum des Gewerbetreiben- Schuldenregulierung ist aber das Hauptangebot der den, genaue Angaben zu vertretungsberechtigten Perso- Anbieter und daher nicht als erlaubnisfreie Nebenleistung nen, Anzahl der Mitarbeiter sowie eine Kurzbeschreibung im Sinne des § 5 RDG anzusehen. Der BGH hat in seiner der geplanten Tätigkeit. „Vermittlung von Krediten“ oder Entscheidung vom 29.07.2009 „Finanzsanierer“ deutlich „Wirtschaftliche Unterstützung überschuldeter Personen“ gemacht, dass er auch nach dem Inkrafttreten des RDG sind hier durchaus vorstellbar, ohne dass dem zuständi- keine Veranlassung sieht, von der Erlaubnispflicht der gen Sachbearbeiter daraus allein der Verdacht der Schuldenregulierung abzusehen, und zwar auch dann Unseriosität oder gar Strafbarkeit der geplanten Tätigkeit nicht, wenn sich der Anbieter der zusätzlichen Hilfe eines kommen müsste. Rechtsanwaltes bedient. Örtlich zuständig sind die Gewerbeämter, in deren Bezirk Der Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz kann das Gewerbe ausgeübt wird. Das gilt auch für Zweignie- gemäß § 20 RDG als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit derlassungen. Sachlich zuständig sind gemäß §§ 14, 155 einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet werden. Abs. 2 GewO die durch Landesrecht hierzu bestimmten Behörden. Die Regelungen hierzu sind durchaus unterschiedlich. Die angezeigten Gewerbe werden in einem 5.4 Verstöße gegen die Gewerbeordnung Gewerberegister bei den Städten und Gemeinden geführt. Wichtigster Ansatzpunkt für ordnungsrechtliches Vorgehen gegen Kreditvermittler und deren unseriöse Praktiken Höhere Anforderungen stellt die Vorschrift des § 34c ist die Gewerbeordnung. Die zuständigen Aufsichtsbehör- GewO, die bestimmte gewerbliche Tätigkeiten von einer den können im Rahmen der Gewerbeordnung unter Erlaubnis durch die zuständige Behörde abhängig macht. anderem Betriebe schließen und/oder bei Zuwiderhand- Einer solchen vorherigen Erlaubnis bedarf u.a., wer lungen gegen bestimmte Pflichten Bußgelder verhängen. gewerbsmäßig „... den Abschluss von Verträgen über ... Darlehen ... vermitteln oder die Gelegenheit zum Gemäß § 1 Gewerbeordnung (GewO) ist der Betrieb Abschluss solcher Verträge nachweisen will“( § 34c Abs. eines Gewerbes, vorbehaltlich der in der GewO normier- 1 Satz 1 Nr. 1a GewO). Die Erlaubnis darf inhaltlich ten Ausnahmen, jedermann gestattet (Grundsatz der beschränkt und jederzeit mit Auflagen verbunden wer- Gewerbefreiheit). Die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers den, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der und auch eines Schuldenregulierers sind als gewerbliche, Auftraggeber erforderlich ist. Die Erlaubnis ist personen- das heißt selbständige, auf Dauer angelegte und auf bezogen, nicht übertragbar und bundesweit gültig. Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit einzustufen. Die Ausnahmen des § 6 GewO bzw. des § 120c Abs.5 GewO Makler, die keine Kredite vermitteln, sondern deren greifen für diese Gewerbetätigkeit nicht. Damit besteht Tätigkeit lediglich in der Vermittlung von Verträgen über für den hier zu untersuchenden Kreis von Kreditvermitt- gewerbliche Schuldenregulierung, Wirtschaftsberatung 54 Rechtsgutachten oder Versicherungen besteht, sowie Schuldenregulierer führen und auf ihre Kosten gemäß § 16 MaBV auf Anord- als solche werden von dieser Vorschrift nicht erfasst. nung der Behörde durch einen unabhängigen Prüfer eine außerordentliche Gewerbeprüfung durchführen zu lassen. Fraglich ist, wie Vermittler zu beurteilen sind, die mit der Vergabe von Krediten werben, tatsächlich aber gar keine Stellt der Kreditvermittler den entsprechenden Antrag auf Vermittlung durchführen wollen. Zunächst einmal wird Erlaubniserteilung, wird geprüft, ob er die für den Betrieb man von jedem Gewerbetreibenden, der mit der Vermitt- erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und nicht in ungeord- lung von Krediten wirbt, auch eine Erlaubnis nach § 34c neten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. § 34c Abs. 2 GewO verlangen müssen. Ansonsten ist die Frage wohl GewO stellt hinsichtlich der entsprechenden Versagungs- eher theoretischer Natur: Wenn sich der Vermittler dahin- gründe einige Regelvermutungen auf. Liegt kein Versa- gehend einlassen würde, dass er zwar mit der Kreditver- gungsgrund vor, so steht dem Antragsteller ein Anspruch mittlung wirbt, diese aber gar nicht beabsichtigt, würde auf die erstrebte Erlaubnis zu. man ihn möglicherweise aus der Erlaubnispflicht entlassen können. Der Vermittler würde sich damit aber selbst Bei der Frage der Zuverlässigkeit ist auch auf eine mit der der Strafbarkeit wegen Betruges bezichtigen. Darüber Leitung des Betriebes oder der Zweigniederlassung beauf- hinaus liegen dann wegen der massiven Täuschung im tragte Person abzustellen. Damit soll verhindert werden, Bereich der Geschäftsanbahnung auch die Voraussetzun- dass unzuverlässige Makler nach außen einen Strohmann gen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO vor. vorschieben, aber selbst die Leitung des Betriebes behalten. Unzuverlässigkeit liegt nach der Regelvermutung vor, Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Kapitalanlagevermitt- wenn die betreffende Person bis zu fünf Jahre vor der lung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GewO, solange das Antragstellung wegen eines Verbrechens oder wegen KWG gemäß Abs. 5 nicht anzuwenden ist. Das kommt in bestimmter Vermögensdelikte rechtskräftig verurteilt den hier untersuchten Fällen in Betracht, wenn beispiels- worden ist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. weise Anteile an Kommanditgesellschaften oder stille Der Gewerbetreibende kann auch aus anderen Gründen Beteiligungen an Unternehmen vermittelt werden, die unzuverlässig sein. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass über häufig jahrelanges Ansparen der Kunden finanziert der Gewerbetreibende nicht bereit oder nicht fähig ist, werden sollen. sein Gewerbe einwandfrei zu führen. Bei der Bewertung der Tatsachen, die Unzuverlässigkeit begründen können, Dabei ist zu beachten, dass das Recht der Kapitalanlage- ist immer ein konkreter Zusammenhang zum ausgeübten vermittlung auch ordnungsrechtlich eine grundlegende Gewerbe erforderlich. Änderung erfahren hat. Das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts ist Als Beispiele für Unzuverlässigkeit werden häufig am 06.12.2011 verkündet worden und trat am genannt: Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungs- 01.04.2012 in Kraft. Das Gesetz enthält unter anderem rechtlicher Pflichten, frühere Gewerbeuntersagung nach die Verpflichtung zur Sachkundeprüfung (§ 34f Abs. 2 § 35 GewO, Rücknahme oder Widerruf einer Erlaubnis Nr. 4 GewO) und die Verpflichtung zu Information und nach §§ 48, 49 VwVfG, Fehlen elementarer Grundkennt- Dokumentation (§ 34g GewO). Die Neuregelung betrifft nisse für den beantragten Gewerbezweig, Verurteilung aber nur die Vermittlung von Kapitalanlagen und gilt wegen anderer als der genannten Straftaten oder wegen nicht für die reine Kreditvermittlung. gewerbebezogener Ordnungswidrigkeiten, jeweils dann, wenn bei nur einem oder wenigen Verstößen die Tat im Die weitere inhaltliche Ausgestaltung der Erlaubnis, Hinblick auf das jeweilige Gewerbe einiges Gewicht hat. Auflagen und bestimmte Pflichten des Gewerbetreibenden regelt eine Rechtsverordnung. Gemäß § 34c Abs. 3 Eine Vielzahl kleinerer Verstöße rechtfertigt die Annahme GewO hat der Gesetzgeber mit der Makler- und Bau- von Unzuverlässigkeit, wenn aus ihnen ein eingewurzelter trägerverordnung (MaBV) von dieser Verordnungsermäch- Hang zur Missachtung der Berufspflichten ersichtlich ist. tigung Gebrauch gemacht. Kreditvermittler sind danach Der hessische VGH hat eine Unzuverlässigkeit dann ange- verpflichtet, den Behörden ihre mit der Leitung beauf- nommen, wenn ein Makler beharrlich gegen die Prü- tragten Personen anzuzeigen, Geschäftsunterlagen fungs- und Aufzeichnungspflichten verstößt, die sich aus fünf Jahre aufzubewahren, bestimmte Tatbestände aufzu- der MaBV ergeben. Auch bei den Anbietern „SCHUFA- zeichnen, eine Inseratensammlung anzulegen, Buch zu freier“ Kredite ist fraglich. ob sie die Aufzeichnungs-, Rechtsgutachten 55 Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten der MaBV Werden Anzeigen über die angebliche Vermittlung erfüllt haben, zumal die Aufzeichnungen anderen Behör- „SCHUFA-freier“ Kredite geschaltet, ohne dass es in einer den allzu leicht zu Beweiszwecken dienen können. wesentlichen Zahl der Fälle tatsächlich zur Auszahlung eines Darlehens kommt, und werden stattdessen wirt- Unzuverlässigkeit ist beispielsweise auch angenommen schaftlich unsinnige Zusatzverträge abgeschlossen, liegt worden bei einem Wohnungsmakler, der über Jahre die planmäßiges Handeln des Kreditvermittlers vor. Verletzt Erlaubnispflichtigkeit durch Gründung eines Vereins werden in massiver Weise verbraucherschützende Vor- umgangen hatte, obwohl er die Auffassung der Behörde schriften zu gerade diesem Kreditvermittlergewerbe, häu- kannte und im gleichen Zeitraum entgegen verbraucher- fig gepaart mit arglistiger Täuschung und Betrug. Die schützenden Vorschriften erfolgsunabhängige Zahlungen Anzahl der Geschädigten ist hoch, und ihre zivilrecht- im Voraus gefordert hatte. lichen Möglichkeiten bieten keine Chance für einen interessengerechten Ausgleich. In diesen Fällen ist nicht nur Der permanente Verstoß gegen Vorschriften des Verbrau- der Einzelne, sondern auch die Allgemeinheit betroffen. cherschutzes ist auch bei den hier untersuchten Kredit- Bei derart gezielter Täuschung kann nicht von einer ein- vermittlern eine augenfällige Konstellation. Die entspre- wandfreien Ausübung des Gewerbes die Rede sein. chenden Vorschriften für das Kreditvermittlergewerbe, die §§ 655c–e BGB, dienen ausschließlich dem Verbrau- In einigen Fällen umgehen Kreditvermittler das Verbot der cherschutz. Sie regeln maßgeblich die Grenzen zulässiger Auslagenerstattung und der erfolgsunabhängigen Provi- Ausübung des Kreditvermittlergewerbes. Insofern können sion, indem Kontakt über 0900-Rufnummern hergestellt häufige Verstöße gegen diese Vorschriften, zum Beispiel wird. Auch in einem solchen Fall wurde Unzuverlässigkeit dadurch, dass Vermittler die erfolgsunabhängige Provisio- angenommen, weil die versprochene Gegenleistung nicht nen oder unzulässige Auslagen verlangen, im Rahmen der entrichtet werden soll. Bewertung der Zuverlässigkeit berücksichtigt werden. Das Gleiche gilt, wenn der Betrieb über längere Zeit ohne Eine Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditvermittlergewer- Erlaubnis geführt wird, oder bei der Vermittlung wirt- bes wird auch demjenigen verweigert, der in ungeordne- schaftlich unsinniger und kostenintensiver Zusatzverträge ten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Hauptanwen- an Personen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. dungsfälle der Praxis sind die, dass über das Vermögen Hier liegt in nahezu jedem Einzelfall sowohl arglistige des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet oder er Täuschung des Kunden als auch Falschberatung vor. in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde (z.B. weil die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde). In In der Rechtsprechung und Literatur wird die Annahme den hier diskutierten Fällen der betrügerischen Kreditver- von Unzuverlässigkeit wegen der Verletzung zivilrechtli- mittler stellt die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähig- cher oder wettbewerbsrechtlicher Pflichten eher restriktiv keit keine typische Fallgruppe dar. gehandhabt. Öffentliche Belange seien prinzipiell in diesen Fällen nicht berührt, die Beteiligten daher zur Die Verweigerung der Erlaubnis wegen ungeordneter Ver- Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den Zivilrechtsweg zu hältnisse setzt ganz allgemein weder ein Verschulden im verweisen. Anders wird das aber dann gesehen, wenn Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs noch Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblichem einen Charaktermangel voraus. Es ist deshalb völlig uner- Umfang wettbewerbsrechtliche oder zivilrechtliche heblich, ob der Gewerbetreibende durch die Schuld eines Vorschriften missachten, um sich einen Vorteil zu ver- Dritten in die wirtschaftliche Zwangslage geraten ist. Der schaffen. Aus dem Gesamtverhalten würden charakter- Schutz der Allgemeinheit ist höher zu bewerten, wenn liche Mängel sichtbar, die gewerberechtliche Unzuverläs- dem Gewerbetreibenden die erforderlichen Mittel zur sigkeit begründeten. In solchen Fällen sei nicht mehr nur Ausübung des Gewerbes fehlen. der Einzelne, sondern die Allgemeinheit betroffen, wenn – und das ist Grundvoraussetzung – eine Vielzahl von Unabhängig von der Frage nach dem Erfordernis für eine Personen betroffen oder geschädigt ist. Gerade in Fällen, Erlaubnis gem. § 34c GewO für Kreditvermittler sieht die in denen die Mittel des Zivilrechts versagen, weil die Gewerbeordnung in § 35 generell die Möglichkeit vor, die Anbieter sich gezielt an eine Klientel wenden, die keinen Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu unter- ausreichenden Rechtsschutz hat, besteht auch ein Bedürf- sagen. Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, wel- nis an ordnungsrechtlichen Sanktionen. che die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder 56 Rechtsgutachten einer mit der Leitung beauftragten Person belegen. Die ordnung vom 15.05.200727 umfangreiche Informations- Unzuverlässigkeit muss gewerbebezogen, die Untersa- und Dokumentationspflichten gegenüber dem Kunden. gung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sein. Verstöße gegen diese Vorschriften können Schadensersatzansprüche des Kunden (§ 63 VVG) nach sich ziehen, Die Untersagung des Gewerbes nach § 35 GewO zieht aber auch ordnungsrechtliche Sanktionen. für den Betroffenen automatisch eine Sperre für eine zukünftige gewerbliche Tätigkeit nach sich, solange ihm Wer die Anzeige nicht erstattet hat, ist verpflichtet, diese diese nicht ausdrücklich nach § 35 Abs. 6 wieder gestat- nachzuholen. Die Behörde hat die Möglichkeit, die tet wird. Die Versagung oder Rücknahme einer Erlaubnis Anzeige eines Gewerbes mit den Mitteln der Verwal- nach § 34c GewO bewirkt hingegen nur, dass der Gewer- tungsvollstreckung, also etwa mit der Festsetzung eines betreibende sonstigen Staatsbürgern gleichgestellt wird, Zwangsgeldes, durchzusetzen. Die Nichtanzeige des die ebenfalls keine Erlaubnis für dieses Gewerbe besitzen. Gewerbes ist zudem gem. § 146 Abs. 2 Nr.1 GewO Ein erneuter Antrag auf Erlaubnis ist theoretisch möglich. ordnungswidrig. Diese Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 146 Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 1 Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist hier im Prinzip nicht geahndet werden. anders zu verstehen als in § 34c GewO. Wegen des weiten Anwendungsbereiches ist allerdings auf einen Katalog Für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten ist das Ord- von Regelbeispielen verzichtet worden. Nach ständiger nungswidrigkeitengesetz (OWiG) anzuwenden. Gemäß Rechtsprechung ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer § 47 Abs.1 OWiG liegt die Verfolgung der Ordnungs- keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein widrigkeit im Ermessen der Verfolgungsbehörde. Beide Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Die Behörde der obengenannten Verfolgungsmöglichkeiten (Bußgeld kann nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grund- und Zwangsgeld) können nebeneinander durchgeführt sätzen eine Versagung nur dann aussprechen, wenn sie werden, ohne dass eine Rangfolge besteht. erforderlich und verhältnismäßig erscheint. Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO ist bloße OrdnungsDieser Begriff ist gerichtlich voll überprüfbar. Es müssen vorschrift. Das bedeutet, dass Verstöße gegen die Anzei- Tatsachen vorliegen, also ein gewisser Vergangenheitsbe- gepflicht zwar ordnungswidrig sind, der Betrieb des zug, die für die Zukunft die Unzuverlässigkeit als wahr- Gewerbes aus diesem Grund allein allerdings nicht rechts- scheinlich erscheinen lassen. Auch diese wird man bei widrig ist oder wird. Wegen eines einmaligen Verstoßes den oben beschriebenen hartnäckigen Verletzungen zivil- gegen die Anzeigepflicht allein kann die Behörde den und wettbewerbsrechtlicher Pflichten der Kreditvermittler Betrieb des Gewerbes nicht unterbinden. In der Praxis ist annehmen können. die sofortige Verhängung einer Geldbuße selten. In der Regel wird die Ordnungsbehörde den Gewerbetreibenden Wie oben dargestellt, ist die Vermittlung von Versicherun- zunächst einmal nur auffordern, die Anzeige nachzuholen. gen eine der Einnahmequellen betrügerischer Kreditvermittler. An die Vermittlung von Versicherungen werden Betreibt ein Kreditvermittler das Gewerbe ohne die nach aber seit der Änderung der GewO im Jahre 2007 ver- § 34c GewO erforderliche Erlaubnis, kann die zuständige schärfte Anforderungen gestellt. So bedarf es für die Behörde gemäß § 15 Abs. 2 GewO die Fortsetzung des Vermittlung von Versicherungen nach § 34d GewO einer Betriebes verhindern. Kreditvermittlern, die ohne Erlaub- gesonderten Erlaubnis, die nur zu erteilen ist, wenn der nis agieren, kann die zuständige Behörde sofort jede wei- Vermittler eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und tere Tätigkeit untersagen. Dabei hat sie selbstverständlich Handelskammer absolviert hat (§ 34d Abs. 3 Nr. 4 die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten. GewO). Alle Versicherungsvermittler (d.h. auch die keiner Diese Beurteilung kann schwierig sein. Bei materieller Erlaubnis unterliegenden bzw. die erlaubnisbefreiten) sind Rechtswidrigkeit des Betriebes, wenn die Genehmigung gemäß § 34d Abs. 7 GewO verpflichtet, sich in das von wegen fehlender Voraussetzung – etwa Unzuverlässigkeit der Industrie- und Handelskammer geführte Vermittler- – gar nicht erteilt werden kann, ist der Betrieb sofort zu register eintragen zu lassen. Darüber hinaus bestehen schließen. Bei lediglich formeller Rechtswidrigkeit ist gem. § 61 VVG und der Versicherungsvermittlungsver27 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versvermv/gesamt.pdf Rechtsgutachten 57 umstritten, ob der bloße fehlende Antrag auf Erlaubnis Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe wie die Kredit- bzw. Genehmigung zur sofortigen Schließung führen vermittlung ohne Erlaubnis betrieben, können die Versa- kann. Verneint man das, würde allerdings das Erfordernis gung der Betriebsfortführung nach § 15 GewO und die nach vorheriger Erlaubniserteilung leerlaufen. Jedenfalls Untersagung nach § 35 GewO parallel erfolgen. Lediglich dann, wenn der Gewerbetreibende auch auf Anforderung dann, wenn früher eine Erlaubnis erteilt wurde, der eine Genehmigung nicht beantragt, wird man im Rahmen Kreditvermittler nun aber unzuverlässig geworden ist, der Ermessensausübung wohl zu einer Verhinderung der muss die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG zurückgenommen Betriebsfortsetzung kommen müssen. bzw. widerrufen werden. § 35 GewO ist wegen Abs. 8 (Vorrang spezialgesetzlicher Rücknahmevorschriften Die zuständigen Behörden können – zumindest in der wegen Unzuverlässigkeit) dann nicht anwendbar. Theorie – relativ schnell den Betrieb eines Kreditvermittlers schließen. Die Durchsetzung der entsprechenden Praktisch problematisch wird für die zuständigen Behör- Verfügung ist mit den Mitteln der Verwaltungsvollstre- den zunächst sein, Kenntnis über das ordnungsrechtlich ckung möglich. Offenbar wird aber von den Möglich- relevante Vorgehen der diversen Vermittler zu erlangen. keiten des § 15 GewO in der Praxis relativ selten Neben der Möglichkeit der vermutlich eher seltenen Gebrauch gemacht. stichprobenartigen Überprüfung etwa von Werbeanzeigen ist sicherlich die Anzeige durch Geschädigte oder Liegen die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung deren Vertreter wie Rechtsanwälte bzw. Schuldnerbera- nicht vor, wird die Erlaubnis oder Genehmigung versagt. tungen oder Verbraucherzentralen praktisch relevant. Im Falle der Betriebsfortführung kann die Behörde gemäß Auch durch Weiterleitung von Erkenntnissen anderer § 15 Abs. 2 GewO einschreiten und den Betrieb schlie- Behörden (Staatsanwaltschaft, Finanzämter etc.) oder die ßen. Tritt ein Versagungsgrund, also beispielsweise Mitteilung in Zivilsachen seitens der Gerichte kann ein Unzuverlässigkeit aufgrund der Verurteilung wegen einer Prüfungsverfahren initiiert werden. Die Anzeige von Straftat, erst später, nach Erlaubniserteilung, ein, kann Sachverhalten unlauterer Vermittlungsvorgänge an die die Behörde die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG widerrufen Gewerbebehörden ist daher wichtig, denn nur dann und im Falle der Betriebsfortführung wie oben gemäß können die Behörden tätig werden und die Möglichkeiten § 15 GewO verfahren. der Gewerbeordnung bis hin zur Betriebsschließung ausschöpfen. Bei der Kreditvermittlung dürfen die Behörden, Darüber hinaus erfüllt die Kreditvermittlung ohne Erlaub- um weitere Erkenntnisse zu erhalten, gem. § 29 GewO nis den Tatbestand des § 144 Abs. 1 Buchst. h), GewO, umfassende Auskünfte von dem Vermittler verlangen und der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet dessen Geschäftsräume betreten, um Unterlagen ausführ- werden kann. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder lich überprüfen zu können. Geldstrafe wird bestraft, wer die Kreditvermittlung ohne Erlaubnis beharrlich wiederholt. Wer gegen Auflagen oder gegen die MaBV verstößt, handelt gemäß § 144 6 Fazit Abs. 2 Nr. 5 und 6 GewO ebenfalls ordnungswidrig. Die Geldbuße beträgt ebenfalls bis zu 5.000 1. Das Ergebnis der Überarbeitung des Gutachtens fünf Jahre nach der Ersterstellung ist ernüchternd. Aus den Im Falle der Vermittlung von Anlagen (beispielsweise angestellten Untersuchungen ergibt sich, dass das Ange- KG-Anteilen) ohne Erlaubnis beträgt die Geldbuße gemäß bot der „SCHUFA-freien“ Kredite rechtlich höchst zwei- § 144 Abs. 1 Buchst. i) GewO bis zu 50.000 1. felhaft ist und offenbar auch nicht wie angepriesen existiert. In den seltenen Fällen, in denen Kredite vermittelt Ist ein Gewerbetreibender gemäß § 35 GewO unzuverläs- werden, erfolgt die Kreditgewährung offenbar nicht ohne sig, so wird ihm die zuständige Gewerbebehörde den eine Bonitätsprüfung durch eine Kreditauskunftei. Wenn Betrieb des Gewerbes per Verwaltungsakt untersagen. es tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt, sind die Dieser Dauerverwaltungsakt wirkt bis zur Wiedergestat- Kredite aufgrund der verschiedenen Nebenkosten, von tung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO. Die Wirkung denen die Kreditvermittlung abhängig gemacht wird, oft ist stärker als bei der bloßen Versagung einer Erlaubnis als sittenwidrig anzusehen, bzw. liegen sie mit ihren Kon- nach § 34c GewO. ditionen an der Grenze zur Sittenwidrigkeit. 58 Rechtsgutachten Im zivil- und ordnungsrechtlichen Bereich hat es kaum Entwicklungen gegeben. Im strafrechtlichen Bereich gibt es lediglich die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.28 Diese Entscheidung bietet Grund zur Hoffnung; andere strafrechtliche Urteile sind zu dem untersuchten Thema nicht bekanntgeworden. Der Gesetzgeber ist dringend gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Eindämmung des Problems zu verbessern. 28 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11