Versorgung der Einzelverletzungen
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Versorgung der Einzelverletzungen
Polytrauma: Rettung und Erstversorgung Gilbert Heller Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Kreis Rendsburg Eckernförde Leitender Hubschrauberarzt Christoph 42 UKSH – Campus Kiel – Leiter Präklinische Notfallmedzin Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Komm. Direktor: Prof. Dr. M. Steinfath Polytrauma: Rettung und Erstversorgung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Traumamanagement ist Zeitmanagement La persistencia de la memoria (“Die zerfließende Zeit“) Dali, 1931 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Definition (nach Tscherne) Mehrere Verletzungen verschiedener Körperregionen oder Organsysteme, die einzeln oder in Kombination lebensbedrohlich sind. Versorgung des polytraumatisierten Patienten Zahl der Verkehrstoten in Deutschland < 40 Jahre Trauma: Todesursache in 44,9% Versorgung des polytraumatisierten Patienten Senkung der Letalität - präklinisch • Therapiefreies Intervall < 15 Minuten Haas et al. Clin Orthop 1995;318:25-35 • Notärztliche Versorgung Schmidt et al. J Trauma 1992;33:548-53 Nardi et al. Eur J Emerg Med 1994;1:69-77 • Therapiealgorithmen Bouillon et al. Unfallchirurg 1994;97:191-8 Regel et al. J Trauma 1995;38:70-8 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Senkung der Letalität - innerklinisch • Etablierung von Traumazentren Haas et al. Unfallchirurg 1997;100:852-8 • Schockraum-Management Frank et al. Zentralbl Chir 1996;121:943-9 • Therapiealgorithmen Ruchholtz et al. Unfallchirurg 1997;100:859-66 Regel et al. J Trauma 1995;38:70-8 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Wen schicken wir da eigentlich hin? Versorgung des polytraumatisierten Patienten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Strategie der präklinischen Erstversorgung Phase I Organisation Lebensrettende Sofortmaßnahmen und allgemeine Einschätzung Phase II Zugang zu lebenswichtigen Organsystemen Phase III Stabilisierung der Vitalfunktionen und Herstellen der Transportfähigkeit Phase IV Notärztlich geleiteter und begleiteter Transport Versorgung des polytraumatisierten Patienten – Phase I Organisation Absicherung Unfallstelle Sichtung wieviel Notärzte / Transportmittel welche technische Rettung besonderes Transportmittel Nachforderung / Rückmeldung Leitstelle Versorgung - Delegation / Koordinierung - Kontrolle Versorgung des polytraumatisierten Patienten Phase I Management vor Ort Organisation vor Erstversorgung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Organisation: Führungskreis Lage sehen und erkennen Erfolg der Maßnahmen überprüfen Maßnahmen umsetzen / umsetzen lassen (Befehlen) Maßnahmen beschließen Versorgung des polytraumatisierten Patienten Führung und Organisation: Ordnung des Raumes bei der technischen Rettung Ablage 1 LF BS Be GF Ma NEF A1 R1 NA A2 RTW Ablage 2 R2 R3 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Allgemeine Einschätzung Orientierende Untersuchung: GSC, „klinischer Blick“, Gefährdungslage Versorgung des polytraumatisierten Patienten Allgemeine Einschätzung Unfallmechanismus: Verdachtsdiagnose Polytrauma Leitverletzungen SHT HWS-Frakturen Thoraxtrauma BWS-Frakturen Bauchtrauma LWS-Frakturen Extremitätenverletzungen Versorgung des polytraumatisierten Patienten • Grundversorgung FW: Absichern, Betreuungsöffnung, Versorgungsöffnung • Technische Rettung FW: Rettungsöffnung • Untersuchung der Organsysteme („Bodycheck“) Versorgung des polytraumatisierten Patienten • Grundversorgung - HWS-Immobilisation - O2-Gabe Versorgungsöffnung - Periphervenöse Zugänge Versorgung des polytraumatisierten Patienten • Grundversorgung - HWS-Immobilisation - O2-Gabe Versorgungsöffnung - Periphervenöse Zugänge Versorgung des polytraumatisierten Patienten Grundversorgung: Wärmeerhaltung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Diagnostik am Notfallort • Einfache Mittel - 5 Sinne ! - Sonographie !? • Klinischer Befund - Bewußtseinslage - Kreislaufparameter • Traumaschwere beurteilen - Unfallmechanismus - z.B. Fahrzeugverformungen Versorgung des polytraumatisierten Patienten Diagnostik am Notfallort ? Versorgung des polytraumatisierten Patienten Diagnostik am Notfallort • Einfache Mittel - 5 Sinne ! - Sonographie !? Versorgung des polytraumatisierten Patienten I Schockbeurteilung • Klinische Zeichen - Kapillarpuls - Subjektive Beschwerden • Verletzungsmuster • Cave: - Kurzes therapiefreies Intervall ( x = 10 min.) - Ausgeprägte Kompensationsfähigkeit junger Patienten Versorgung des polytraumatisierten Patienten "Schockspirale" Trauma Hypovolämie HZV Volumen Arterieller Druck Barorezeptoren Sympathiko-adrenerge Stimulation Narkose Permeabilitätsschaden Mediatoren Beatmung Vasokonstriktion Stase Interstitielles Ödem Azidose Hypoxie ThrombozytenErythrozyten- Aggregation Granulozyten- Versorgung des polytraumatisierten Patienten O2-Bilanz HZV Streß Angst Hb O2-Angebot ≠ O2-Bedarf Schmerz PaO2 SaO2 Unterkühlung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Notärztliche Diagnostik Festes Schema • grob neurologischer Status • cranial-caudaler Untersuchungsgang - Palpationsschmerz ? - Kompressionsschmerz ? - Fehlstellung ? - Funktionsverlust ? Versorgung des polytraumatisierten Patienten Neurologische Untersuchung Glasgow Coma Scale (Bewußtsein) – Augen öffnen (4 Punkte) – Sprache (5 Punkte) – Bewegung (6 Punkte) Sensibilität / Motorik aller Extremitäten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Untersuchung: Dokumentation! Diagnosefindung: Der Rettungsdienst stellt Verdachtsdiagnosen! Versorgung des polytraumatisierten Patienten Arbeitsdiagnose Polytrauma • Immobilisierung - Vakuummatratze/Spineboard - Extremitätenschienung • Monitoring - EKG - Blutdruck - Pulsoxymetrie • Nach - Kapnometrie Intubation: Versorgung des polytraumatisierten Patienten Arbeitsdiagnose Polytrauma • Schockbehandlung - Volumentherapie - Analgesie u. Sedierung / Narkose - Frühintubation / Beatmung, wenn irgend möglich: Präoxygenierung • Versorgung der Einzelverletzungen - SHT - Thorax - (Abdomen) - Extremitäten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Extremitätenverletzungen (80%) • Durchblutung, Sensibilität Motorik • Primäre Reposition • Fremdkörper belassen • Steriler Verband • Immobilisation Versorgung des polytraumatisierten Patienten Primäre Reposition • Durchblutung, Sensibilität Motorik prüfen: • Primäre Reposition • Immobilisation Versorgung des polytraumatisierten Patienten Schädel-Hirn-Trauma (60%) • Narkose, Normoventilation (et CO2) • Oberkörperhochlagerung 30o • RRsyst. ~120 mmHg (CPP = MAP–ICP !) • Kopf in Geradeausstellung (Rotation u. Flexion vermeiden) Versorgung des polytraumatisierten Patienten Thoraxtrauma (25-30%) (Spannungs-) Pneumothorax Trachealruptur Lungenzerreißung Bronchialruptur intrapulmonales Hämatom Lungenkontusion Herzverletzung Aortenruptur Versorgung des polytraumatisierten Patienten Lunge und Schock Totraumventilation Mikroatelektasen Intrapulmonaler Shunt Compliance Interstitielles Ödem Versorgung des polytraumatisierten Patienten Frühintubation und Beatmung in möglichst geordneten Verhältnissen • Beseitigung / Vermeidung einer Hypoxie (FiO2 1,0!) • Normoventilation (AZV ~7 ml/kgKG, AF ~10/min.) Trupka et al. Eur J Emerg Med 1994;1:1-8 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Frühintubation und Beatmung in möglichst geordneten Verhältnissen Versorgung des polytraumatisierten Patienten Frühintubation und Beatmung in möglichst geordneten Verhältnissen Schwieriger Atemweg Mehrf. ITN-Versuche ITN Fehlerrate insgesamt Trauma 14,8 % 18,2 % 16,7 % 9,8 % 4,3 % 3,9 % 4,5 % 4,2 % 2,0 % 3,9 % 1,6 % 1,1 % Erfolgsrate inkl. alternativer Strategien 100,0 % (LMA, CT, BVM, chir. Atemweg) Timmermann A et al., Resuscitation 2006;70: 179-185 CPR Versorgung des polytraumatisierten Patienten Rückfallebene: „Schwierige Intubation“ • Larynxmaske • Larynxtubus • Kombitubus • Videosysteme Versorgung des polytraumatisierten Patienten Pneumothorax & Beatmung • Halsvenenstau Spannungspneumothorax • Atemgeräusch fehlt • Hautemphysem • Schock (massiv) Vitale Bedrohung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Thoraxdrainage im Rettungsdienst Bei richtiger Indikation und Durchführung sicher lebensrettend Luft: > 5 Monate/NA Boden: > 70 Monate/NA Gries et al 2006 Routine?! Versorgung des polytraumatisierten Patienten Pneumothorax & Beatmung Prophylaktische Thoraxdrainage am Unfallort?! Versorgung des polytraumatisierten Patienten Abdominaltrauma (12-40%) • Scoop and run! Versorgung während des Transportes. Versorgung des polytraumatisierten Patienten Oberarm bis 800 ml Unterarm bis 400 ml Becken bis 5000 ml Oberschenkel bis 2000 ml Unterschenkel bis 1000 ml Versorgung des polytraumatisierten Patienten Therapie Schwere Blutung • Provisorisch: • Definitiv: Hochhalten, digitale Kompression Druckverband, Hochlagerung, Ruhigstellung • wenn ohne Erfolg: 2. Druckverband • dann erst: Abbinden (Torniquet) Versorgung des polytraumatisierten Patienten Wirbelsäulenverletzung (6-10%) •Schockbekämpfung • Analgetika iv. • schonende Rettung (Schaufeltrage, Stifneck) • stabile Lagerung (Vakuummatratze) • schonender Transport • Corticoid-Therapie ? Versorgung des polytraumatisierten Patienten Polytrauma: Volumenersatz • Kolloide und Kristalloide Kreimeier et al. Anaesthesist 1996;45:884-99 • Small-volume Resuscitation Kreimeier et al. Anaesthesist 1997;46:309-28 • Adiuvante Katecholamintherapie Marzi I. Anaesthesist 1996;45:976-992 Ziegenfuß T. Anaesthesist 1998;47:415-31 Ziel: “Maximal“ Normotension Versorgung des polytraumatisierten Patienten Polytrauma: Analgesie und Sedierung, Narkoseeinleitung • Einfach, gut steuerbar - Fentanyl (Sufenta), Etomidat und Benzodiazepin i.v. - Succinyl zur Intubation?! - alternativ: Ketamin und Benzodiazepin i.v. Versorgung des polytraumatisierten Patienten Transportorganisation • Auswahl Zielkrankenhaus - Voranmeldung über die RLST • Auswahl Transportmittel - Transportzeit >20 min.: RTH !? • Transport - Notärztliche Begleitung Versorgung des polytraumatisierten Patienten Nächstgelegenes, geeignetes Krankenhaus?! • Traumazentrum Regel et al. J Trauma 1995;38:70-8. Frank et al. Zentralbl Chir 1996;121:943-9 Haas et al. Unfallchirurg 1997;100:852-8. Ruchholtz et al. Unfallchirurg 1997;100: 859-66 • Schwerpunktkrankenhaus Kreis et al. J Trauma 1986;26:649-54 Varney et al. Chirurg 1990;61:595-9 Sturm JA. Langenbecks Arch Chir 1997;114:123-9 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Allgemeine Einschätzung Organisation Lebensrett. Sofortmaßnahmen Grundversorgung / Technische Rettung – Vers.öff. 1. Bodycheck 5 Minuten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Immobilisierung / Monitoring Schockbehandlung Versorgung der Einzelverletzungen Auswahl Zielkrankenhaus / Transportmittel Transport 15 Minuten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Neue Wege in der Traumaversorgung Hilfe durch standardisierte Arbeitsabläufe: • ITLS ® International Trauma Life Support (Präklinisch) ABER: Entstanden in den 70er Jahren in den USA Klare Handlungsabläufe • Kein Beharren auf den Arbeitsabläufen, sondern eine Anpassung an • ATLS ® Advanced Trauma Life sein! Support (Klinisch/Präklinisch) die Situation muss möglich Entstanden in den 80er Jahren in den USA (Prof. Chamberlain: „SOP´s may not help here…“) Klare Handlungsabläufe (Treat first what kills first) • Fähigkeit zur Diagnosenanpassung in einer dynamischen Reevaluierung Umgebung und Entscheidungskompetenz durch Erfahrung des • Safe:trac ® der Akademie DGU: Safety in trauma care Notarztes. S:PLS ® (Safety in prehospital life support) (Be-) Handlungsempfehlungen und Logistik • TraumaManagement ®: An deutsche Verhätnisse angepasste Strategie; DRK Wunsch: Kein Richtlinienwirrwahr durch Kompetenzgerangel von Organisationen bei kritischen Indikationen Versorgung des polytraumatisierten Patienten Häufige Probleme • Unterschätzung der Verletzungen • Fehlbeurteilung des Schockzustandes • Mangelhafte Versorgung der Einzelverletzungen Regel et al. Unfallchirurg 1998;101:160-75 Versorgung des polytraumatisierten Patienten Notärztliche Kernkompetenz • Organisatorische Aufgaben • Herstellen der Transportfähigkeit - Kreislaufstabilisierung - Sicherung der Atemwege Stay & Play Zeitfaktor ! Load & Go Treat & Go Versorgung des polytraumatisierten Patienten Versorgung des polytraumatisierten Patienten Helm Löscher Sicherheitsschuhe Was, wann und warum auch immer kommt: Viel Erfolg und herzlichen Dank!