DAB regional | 7_8/11 - Architektenkammer NRW

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DAB regional | 7_8/11 - Architektenkammer NRW
DAB regional | 7_8/11
15. Juli 2011, 43. Jahrgang
Offizielles Organ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen | Körperschaft des öffentlichen Rechts
editorial
20 Neues aus dem NRW-Baurecht
21 DIN-Entwicklung: Treppen-Norm überarbeitet
Baurecht: Überdeckung von Abstandflächen
3 Zahlung bei Lieferung?
aktuell
4 Architektenkongress der AKNW: Mythos Baukunst?
7 Tag der Architektur 2011: „Besser sprechen mit Architekten!“
8 Vorstand: „Hohe Ausbildungsstandards für den Berufszugang
nicht verwässern!“
9 Bionik und Ökologie in der Innenarchitektur
10 Ausstellung „Container Architektur“: Bauen mit Boxen
11 „Boxenstopp“-Vortragsreihe: Von der Utopie zum Bau
12 StadtBaukultur 2020: „Memorandum II“
Stadtplanertag 2011: „Stadt im Klimawandel“
Landschaftsarchitektentag 2011
13 Kammer lädt neue Mitglieder ein
Haus der Architekten: „Das fliegende Auge“
14 Bauherrenseminare: Der Traum vom Haus geht weiter
service
prisma
22
23
24
25
Ausstellungen, Personalien
Auszeichnungen, Informationen
Auslobungen, Informationen
Publikationen
akademie
26 Seminare der Akademie der Architektenkammer NRW
stiftung deutscher architekten
30 Förderpreisträger 2010 im Portrait - Teil II
31 Erstes Stipendiatentreffen im Haus der Architekten
32 Auslobung des Sommerseminars 2011
verbände
15 BKI: Aktuelle Kostenkennwerte zur Kostenschätzung
Broschüre: Artenschutzprüfung als Architektenleistung
blickpunkt
16 Tag der Architektur 2011: Information und Inspiration
politik
18 Aktuelle Meldungen
berufspraxis
33 BDA: 16 x ausgezeichnete Architektur in NRW
BDB: Seminare - Rückblick und Vorschau Herbst
34 VAA: Verbandskultur in der VAA
35 VFA: Krefelder VFA auf den Spuren von Josef Beuys
36 ainw: Unsere Frau im Vorstand
BDIA: Hinter‘m Horizont geht‘s weiter
37 bdla: Krefelder GartenKultur
BDA·IfR·SRL: Hat der städtebauliche Wettbewerb Zukunft?
mitgliedernachrichten
19 Nachbarrechtsgesetz: Mehr Raum für Wärmedämmung
Rechtsproblem: Sachwalterhaftung des Architekten
38 Neueintragungen in die Liste der Architekten
Impressum
Redaktion Versorgungswerk:
Verantwortl.: Dipl.-Kfm. Thomas Löhning
Inselstraße 27, 40479 Düsseldorf
Telefon (0211) 49238-0
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Internet: www.vw-aknrw.de
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10.02.11 15:48
Editorial | Nordrhein-Westfalen
Zahlung bei Lieferung?
Liebe Kollegin,
lieber Kollege!
Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben unlängst die „Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ verabschiedet. Eine vergleichbare Zielsetzung verfolgt, bezogen auf Deutschland, bereits seit 2000 das „Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen“. Anlass beider Initiativen: insbesondere die
schlechte Zahlungsmoral im Baugewerbe.
Private Schuldner sind schon manchmal resistent gegen jede Art von Mahnung. Anders sollte es bei den öffentlichen Auftraggebern sein, denen immerhin eine gewisse Vorbildfunktion beigemessen werden darf. Die „Öffentliche Hand“ ist schließlich ein wichtiger Auftraggeber,
der Einfluss auf die Baukonjunktur ausüben (siehe Konjunkturpaket II) und das Handeln im Bausektor insgesamt
prägen kann.
Erfahrungen im Arbeitsalltag eines Architekturbüros,
aber auch Umfragen innerhalb der Inkassobranche belegen, dass sich gerade Behörden besonders lange Zeit mit
dem Begleichen fälliger Forderungen lassen. Folgende Situation ist durchaus nicht unüblich, sondern an vielen
Orten ständige Praxis:
Ein Architekturbüro erhält nach langen Verhandlungen
endlich den Auftrag für ein Projekt der Öffentlichen Hand.
Die Architekten führen den Auftrag dann im vereinbarten
Zeitplan und zu den geforderten Kosten durch, leisten gute Arbeit im Rahmen der vom Auftraggeber gesetzten Möglichkeiten.
Sollte man also meinen, dass die gestellten Zahlungsanforderungen und die Honorarrechnung in gleicher Weise zügig beglichen werden. Aber anstatt zu zahlen, be­ginnt
das bei Behörden besonders hoch im Kurs stehende Spiel:
Wo finden wir noch etwas, was wir kürzen sollten? Kaum
eine Honorarrechnung wird heute noch bezahlt, ohne den
Vorgang nicht zuvor durch Beanstandungen zu verzögern;
auch der kleinste vermeintliche Mangel wird dazu ins Feld
geführt. Logisch eigentlich, kann doch der Auftraggeber
so eine Menge Geld sparen, welches er im Zweifel nicht
mal hat. Allein die Zinsen locken, so dass man lieber nach
etwas sucht, was noch zu bemängeln ist, anstatt zügig die
Honorarrechnung zu begleichen.
Erlaubt sich der Auftragnehmer auch noch zu
Mahnen, passiert in der Regel zunächst nichts.
Erst wenn wirklich das Maß voll, die Grenze
der Leidensfähigkeit erreicht ist und Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden, erst dann
wird gehandelt. Der Rechnungsbetrag wird
zwar überwiesen, der Verzugsschaden wird
aber natürlich übergangen. Dass der öffentliche Auftraggeber bereits seit geraumer Zeit
in Verzug ist und somit diese Verzugszinsen
schuldet, interessiert die zuständige Stelle erkennbar herzlich wenig.
Es kann und darf aber nun nicht sein, dass
durch dieses vertrags- und auch gesetzwidrige Verhalten der öffentlichen Auftraggeber
die Auskömmlichkeit der Büros geschmälert,
im Extremfall sogar ihre Existenz gefährdet
wird. Architekturbüros gehen mit ihrer Arbeit
in erhebliche Vorleistungen. Sie haben einen
Anspruch darauf, dass ihre Arbeit angemessen und unmittelbar nach Erfüllung des Vertrags honoriert wird. Immerhin stehen hier Arbeits- und Ausbildungsplätze auf dem Spiel!
Bleibt die Hoffnung, dass durch die jetzt
verabschiedeten europäischen Regelungen
und die verstärkte öffentliche Wahrnehmung
dieser Problematik eines Tages eine Verbesserung der Zahlungsmoral der Öffentlichen
Hand (und in der Folge auch der privaten Auftraggeber) erreicht werden kann. Dafür ist es
notwendig, dass alle Beteiligten - dazu zähle
ich auch die Kolleginnen und Kollegen in den
Behörden - mit Mut, Engagement und Beharrlichkeit gegen diese unpartnerschaftlichen
Entwicklungen eintreten.
Ihr
Reiner Fuest
Vizepräsident der Architektenkammer
Nordrhein-Westfalen
fuest@aknw.de
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Foto: Volker Frenzel
Nordrhein-Westfalen | Aktuell
Über den „Mythos Baukunst“ reflektierten (v. l.): Prof. Peter Schmitz, AKNW-Präsident Hartmut Miksch, Prof. Karl-Heinz Petzinka, Ira Mazzoni, Jenny B. Osuldsen,
NRW-Bauminister Harry K. Voigtsberger, Cordula Rau, Prof. Dr. Guido Spars, Prof. Dr. Falk Jaeger, Moderatorin Gisela Steinhauer und AIK-Präsident Uwe Schüler
Mythos Baukunst?
Architektenkongress der AKNW auf Sylt diskutierte das Planen zwischen kultureller Verpflichtung und Markt
u Baukunst – ein verblassender Mythos oder Realität? Die Fragestellung ist für die Architektenschaft ebenso zentral, wie sie sich einer konkreten Beantwortung meist entzieht. Dabei ist die Frage nach der Baukunst, so der Präsident der Architektenkammer Hartmut Miksch in seiner Begrüßung, aktueller denn je: Angesichts umfassender ökologischer
Bauaufgaben und einer gesellschaftlichen Schnelllebigkeit, die auch die
Lebensdauer von Gebäuden betrifft, vor allem aber angesichts einer
immer stärker vom Finanzkapital bestimmten Stadtentwicklung drohe
die Idee einer Baukunst, die die Arbeit von Architekten leitet, immer
mehr ins Abseits zu geraten. „Welchen Anspruch können und wollen
wir mit unserer Arbeit noch verfolgen“, formulierte Hartmut Miksch als
Leitfrage. „Ist Baukunst ein Kriterium für die Gesellschaft?“
Juni 2011 haben sie in ihren Referaten und in Diskussionen die Frage
nach dem Kern und den heutigen Bedingungen von Baukunst wie eine
offene Leerstelle umkreist. Wollte man ein Fazit dieser unterschiedlichen Annäherungen ziehen, so ließen sich drei Punkte festhalten:
Wie es gute Tradition der Veranstaltung ist, hatte die Architektenkammer NRW neben namhaften Architekten auch wieder Vertreter unterschiedlicher Professionen nach Sylt eingeladen: Politiker, Ökonomen,
Unternehmer, Journalisten, Schriftsteller, Theologen. Vom 22. bis 26.
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Es gibt nicht den einen Königsweg zu einer allgemein akzeptierten
Definition oder gar Regel von Baukunst.
Notwendiger denn je ist jedoch die Vermittlung des vorhandenen
und (wie die Tagung zeigte) durchaus messbaren Mehrwerts von
qualitativ hochwertiger Architektur – gegenüber der Öffentlichkeit,
gegenüber der Politik, vor allem aber gegenüber den zunehmend anonymen Investoren, die sich mit einem Gebäude heute nicht mehr
identifizieren.
Es scheint, als entstünde trotz (oder wegen) der großen Rolle, die
heute das ökologische, gelegentlich auf Wärmedämmung fixierte
Bauen spielt, eine Renaissance einer emotionalen und atmosphärischen Architektur, die keine Angst vor Experimenten zeigt.
Aktuell | Nordrhein-Westfalen
2. Historisches Bewusstsein und Denkmalschutz
Zwei Referate stellten den Umgang mit der gebauten Historie in den
Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Für den Architekturkritiker Professor
Dr. Falk Jaeger ist der die Diskussionen noch immer dominierende Gegensatz von sentimentaler Erinnerungsarchitektur auf der einen Seite,
wie er zum Beispiel in der geplanten Rekonstruktion des Frankfurter
Römer zum Ausdruck kommt, und einem ahistorischen Funktionalismus auf der anderen Seite überholt. Es fehlt, so Jaeger, das ausgewogene Verhältnis von historischem und ahistorischem Bewusstsein. „Leider aber ist eine Beschäftigung mit der Baugeschichte für die Mehrheit der Architekten kaum mehr relevant“, provozierte der
Architekturkritiker. Vielfach würde ausgeblendet, dass die verbreitete
Sehnsucht nach alter Architektur mit deren Gemüts- und Geschmackswerten zu tun habe. Eine zeitgemäße Architektur müsse sich an den
Anmutungsqualitäten historischen Bauens orientieren, um atmosphärisch sprechende und langfristig funktionierende Räume zu schaffen.
Die These der Architekturkritikerin Ira Mazzoni lässt sich knapp formulieren: Die häufig kritisierte Rolle des Denkmalschutzes als einer
zunehmend isolierten Verhinderungsinstanz ist das Ergebnis seiner
Überforderung und letztlich auf die geringe Bedeutung zurückzuführen, die man dem Denkmalschutz seitens der Stadtentwicklung heute
zubilligt. Obwohl die Einspruchsmöglichkeiten immer stärker eingeschränkt würden, sei der Denkmalschutz heute der letzte Notanker etwa für Bürgerinitiativen, um Abrisse zu verhindern. Angesichts der Tatsache, dass nur zwei Prozent aller Gebäude in Deutschland unter Denkmalschutz stehen, appellierte Mazzoni an die Teilnehmer, stärker für
Von Küstenschutz und Reetdächern
u Zum Kongressprogramm gehörten auch vier Fachexkursionen,
in denen über spezifische Fragen des Städtebaus und der Entwicklung der Insel Sylt informiert und diskutiert wurde.
Besonders beliebt war der Rundgang durch den früheren
Hauptort der Insel Keitum, der dank strenger Denkmalschutzauflagen sehr behutsam entwickelt wurde und heute als malerisch gelegene Siedlung am Watt mit einem gewachsenen Ortskern zu den
wenigen Siedlungen auf Sylt gehört, die die Kongressteilnehmer architektonisch begeistern konnten.
Anders die „Inselmetropole“ Westerland. Im Rahmen der Exkursion wurde deutlich, dass der Touristenboom der 1960er Jahren fatalerweise mit dem Bauboom jener Jahre korrespondierte. So wird
die Silhouette der Stadt durch die übergroße Strandpromenade und
diverse Hochhausscheiben bestimmt; die weitere Bebauung ist zu
heterogen, um einen geschlossenen Eindruck zu schaffen.
Einen dritten Weg ist man in Kampen gegangen, wo schon vor
100 Jahren eine Gestaltungssatzung erlassen wurde. Seither sind
im Ortskern im Wesentlichen nur Reet und Rotklinker als Baumaterial in anderthalb-geschossiger Bauweise zugelassen. Deshalb
wird das Ortsbild geprägt von „Friesenhäusern“ - allerdings fehlt
ein gewachsenes Zentrum.
Foto: Christof Rose
1. Baukunst/Baukultur - nur mit den Menschen
Die verbreitete Kritik an zeitgenössischer Architektur läuft heute meist
auf den restaurativen Wunsch hinaus, Altes wiederherzustellen. „Wenn
wir Baukultur weiter realisieren wollen, müssen wir“, so der nordrheinwestfälische Bauminister Harry K. Voigtsberger in seinem Impulsreferat, „diese Kritik ernst nehmen und uns mehr zumuten.“ Authentizität,
Maßstäblichkeit, die Auswahl der richtigen Materialien und städtische
Integration seien die wichtigsten Kriterien, um auch mit zeitgenössischer Architektur Identität zu schaffen.
Politisch gesehen sind nach Voigtsberger für die Zukunft der Baukultur vor allem zwei Dinge wichtig: Sensibilisierung für Architektur und
eine breite soziale Akzeptanz. Was erstere betrifft, so gilt nach Voigtsberger: „Architektur muss ein veritables Schulfach werden“, wozu auch
ein Verständnis der Geschichte der Baukunst gehöre.
Durch die Energiewende tritt auch die Baukultur in eine neue Etappe. Mit dem Ende der Atomkraft werden Windräder unsere Landschaften in weit stärkerem Maß als bisher prägen und damit auch das
Gesicht unserer Kulturlandschaften insgesamt verändern. Hierfür wie
für den ökologischen Umbau unserer Städte sei die Akzeptanz in der
Bevölkerung notwendig. Auch in Zukunft werde die Landesinitiative
StadtBauKultur NRW ihren Teil zu einem breiten öffentlichen Austausch
beitragen, betonte der nordrhein-westfälische Bauminister.
Auf reges Interesse traf die Fachexkursion, die durch die Dünen
führte und das Thema „Küstenschutz“ untersuchte. Die gesamte
Meerseite von Sylt ist nach den Worten des Geologen Dr. Ekkehard
Klatt (Foto: 3. v. r.) ständig von Sandabtragungen bedroht; im Schnitt
verlieren die Orte Kampen und Westerland jedes Jahr etwa 1,5 Meter Küstentiefe, wenn nicht durch Sandaufspülung dagegen angekämpft wird. Lediglich Wenningstedt in der Inselmitte kann seit
1990 auf neue Sandergänzungsmaßnahmen verzichten. Gleichwohl
warnte der seit vielen Jahren für den Küstenschutz zuständige Fachmann eindringlich vor neuen Baumaßnahmen, die innerhalb der
Dünen stattfinden. Diese gefährdeten nicht nur das Grundwasser,
sondern bei Orkanen auch die Stabilität der Dünen. t Christof Rose
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Fotos: Volker Frenzel
Von der praktischen Umsetzung baukultureller Ziele in einem großen Unternehmen über quergedachte Architekturlösungen bis hin zum Verhältnis
von Literatur, Religion und Architektur
reichte das Spektrum der Vorträge
und Gespräche am zweiten Hauptkongresstag. Spannende Impulse dazu gaben (v. l.): Thomas Willemeit
(GRAFT), Anselm Bilgri (Unternehmensberater), Helmut Jäger (Fa. Solvis) und Roger Willemsen (Autor)
den Denkmalschutz einzutreten. „Dem Denkmalschutz geht es nicht
nur um Schönheit; er bewahrt wertvolle Ensembles und er rettet, was
auch im Blick auf die heutige Baukultur von Interesse ist.“
3. Emotionale Architektur: Traumhaus - Landschaftsarchitektur
Unsere Wohnvorstellungen und Wohnwünsche sind ein Seismograph
gesellschaftlicher Tendenzen. Im Gegensatz zu ihrer Väter-Generation
träumen nach der Analyse des Psychologen Stephan Grünewald (Köln)
junge Leute heute wieder von der Schrankwand, dem Vorgarten und
der Kleinfamilie. Diese Sehnsucht nach räumlich stabilen Ordnungen
spiegele eine Zeit der Unsicherheit, der Offenheit und Brüchigkeit der
Verhältnisse wider. Entsprechend sei der Wunsch nach edlen Materialien beispielsweise nur die Kehrseite der Angst vor dem sozialen Abstieg. Gleichzeitig gebe es ein „digitales Lebensgefühl“, das das Unangenehme wegzuzappen suche und Lebensschwierigkeiten als persönliche Fehler auffasse, diagnostizierte Grünewald.
Nordischer Architektur sagt man häufig einen besonders behutsamen Umgang mit der Natur und der Landschaft nach. Die Architektin Jenny B. Osuldsen von dem nach einem norwegischen Berg benannten Büro Snøhetta bestätigte diese Einschätzung an Hand mehrerer spektakulärer Projektbeispiele in einem fulminanten Vortrag. Ob
es die 2002 eröffnete Bibliothek von Alexandria ist, mit der das Büro
seinen internationalen Durchbruch erzielte, ob die aus dem Meer wachsende neue Oper von Oslo, ob das Fischerei Museum in Karmory oder
das neue „Norwegian Wild Reindeer Centre“ - die auch formal mutigen
Bauten setzen neue landschaftliche Akzente, die den Gedanken an einen Konflikt von Architektur und Natur nicht aufkommen lassen.
4. (Bau-)Kunstexperimente
Professor Karl-Heinz Petzinka (Düsseldorf) forderte ein radikales Überdenken des Rollenverständnisses des Architekten in der Gesellschaft.
Nach Jahren (auch der persönlichen) Technikgläubigkeit sei es an der
Zeit, wieder mutiger zu werden, der uniformen technischen Glätte von
einst zu entsagen und Emotionalität in die Architektur hineinzutragen.
Petzinkas Beispiele, allen voran der aufgestockte Turm der ehemaligen
Zeche Nordstern in Gelsenkirchen mit der Herkulesstatue von Markus
Lüpertz, das „gelbe Haus“ mit einer Fassade von Elchgeweihen oder
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auch das Baumhaus von Düsseldorf verkünden eine neue Form des
(bau)-künstlerischen und gewollt provokativen Experiments, das vor
allem auf eines abzielt: eine neue, auch strittige Diskussion über Architektur in Gang zu setzen.
Auch die Pavillons der Architekturbiennale in Venedig sind Orte, wo
eine Architektur in der Nähe zur Kunst Anstöße zum Weiterdenken geben will. Die Kuratorin des stark diskutierten deutschen Pavillons der
Biennale von 2010, Cordula Rau, verstand die Zielsetzung ihrer Arbeit
in diesem Sinn als Gesprächsanregung. Nachhaltigkeit der Architektur
in ihrem Verständnis ist die Nachhaltigkeit des Gesprächs. Ihr Motto
„Sehnsucht“ hat sie u. a. durch rund 200 Skizzen unbekannter wie
namhafter Architekten umgesetzt, die in einem salonartigen Raum ausgestellt waren. Mit ihrem Konzept „Sehnsucht“ wollte sie die emotionalen, intimen und sinnlichen Aspekte von Architektur präsentieren.
5. Rendite durch Baukunst
Das beste Mittel, auch anonyme Investoren vom Wert anspruchsvoller
Architektur zu überzeugen, sind handfeste, d. h. nachweisbare Daten
einer entsprechenden Renditesteigerung. Professor Dr. Guido Spars
von der Bergischen Universität Wuppertal stellte mehrere Studien vor,
die dies zu leisten beanspruchen: Die Mietpreise von architektonisch
ausgezeichneten Bürogebäuden sind laut zweier Studien aus Israel und
den USA um fünf bzw. 14 Prozent höher als die von durchschnittlichen
Gebäuden. Neben dem Faktor Lage lässt sich danach der Grad der
Architekturqualität als Rendite steigernd feststellen.
Jenseits betriebswirtschaftlicher Daten existiere jedoch ohne Frage auch ein gesellschaftlicher Mehrwert hochwertiger Architektur. Dieser noch nicht eingepreiste Mehrwert legt es nach Spars nahe, Baukunst als „meritorisches Gut“ (analog dem Öffentlich-Rechtlichen
Rundfunk) staatlicherseits zu honorieren. Grundsätzlich stünden hierfür die Möglichkeiten der Subventionierung, der Sensibilisierung der
Menschen und der Einführung von Zertifikaten zur Verfügung.
Verträgt sich Baukunst mit etwas so Profanem wie einer Fertigungshalle? Helmut Jäger, Geschäftsführer des Herstellers von Solarsystemen Solvis in Braunschweig, beantwortete diese Frage mit der Vorstellung des neuen Firmengebäudes, „Europas größter Nullemissionsfabrik“. Fazit: Gerade dieser Bautypus erlaube die Synthese von ökologischer
Aktuell | Nordrhein-Westfalen
Nachhaltigkeit und einer funktionalen Qualität, die nicht zuletzt auch
die Mitarbeiter im Blick hat. Die Mittel dazu sind u. a. die Integration
von Büroraum in die Fertigungshallen, mitarbeiterfreundliche Holzbauweise, Büroarbeitsplätze mit Tageslichtautononomie, eine ausgeklügelte Klimatechnik und die Verlagerung des Tragwerks nach außen.
6. Mitmenschlichkeit und egozentrische Architektur
Der Garten Eden, die Arche Noah, der Turmbau zu Babel oder die himmlische Stadt Jerusalem – die Bibel kennt eine große Zahl an Beispielen
und Analogien aus der Welt der Architektur. Man könne aber, so Pater
Anselm Bilgri, 20 Jahre lang Leiter des Benediktinerklosters Andechs
und heute Unternehmensberater, ebenso von der Ordenstradition vieles
lernen, das für die Leitung auch eines Architekturbüros dienlich ist.
Auf die sogenannte regula des Ordensgründers lassen sich zum Beispiel Führungsqualitäten wie das „Aufeinander Hören“, gerade auch
auf die jüngeren Mitarbeiter, das „gemeinsam einer Sache Dienen“
oder der Versuch, „jedem Mitarbeiter gerecht zu werden“, zurückführen. Voraussetzung hierfür wie für eine erfolgreiche Unternehmensführung in diesem Sinn ist nach Bilgri die Zuneigung zu den Menschen.
Mit der Frage nach der Wirkung von „egozentrischer Architektur“
befasste sich Prof. Peter Schmitz. Für das Gros der Architekten, die
Baukunst ernst nehmen, sei heute das Hauptproblem, dass ihnen der
Bauherr als jemand, mit dem man diskutiert und zu einer gemeinsamen
Lösung kommt, mehr und mehr abhanden kommt. Seine neue Synagoge in Bochum jedenfalls sei eines der vielen Beispiele, bei dem intensive Diskussionen zwischen Architekt und Bauherr die Lösung vorbereitet haben, die nach Widerständen schließlich alle überzeugt hat.
Der Weg zur Baukunst führt, so These und Forderung von Prof. Schmitz,
nur über mutige und leidenschaftliche Bauherren, die sich für ihre Architektur mit Herzblut einsetzen.
7. Kulturelle Begegnungen
Mit Neugierde, Verwirrung und Mut kennzeichnete der Berliner Architekt Thomas Willemeit die drei Phasen, die beim Architekturbüro Graft
der Findung der architektonischen Lösung vorausgehen. Sie entsprechen nach Willemeit einer Herangehensweise, die für unsere heutige
spätmoderne Epoche, die nicht mehr der universalen Linie der klassischen Moderne folgt, auch adäquat ist. Gegründet in Los Angeles
und von den filmischen Raumatmosphären Hollywoods beeinflusst, artikulieren die präsentierten Projekte des Büros eine kulturell überaus
differenzierte Wahrnehmung. Auch der „solare Kiosk“ für Regionen ohne Strom (etwa in Afrika) verrät noch die kulturelle Sensibilität der
Graft-Architekten. „Wir verfolgen nicht die Philosophie eines durchgängig einheitlichen Stils, sondern suchen in unseren Entwürfen persönliche Geschichten umzusetzen“, erläuterte Thomas Willemeit.
Der Buchautor, Regisseur, Fernsehmoderator und vor allem Sprachkünstler Dr. Roger Willemsen faszinierte das Publikum auf Sylt mit der
Vorstellung einer Auswahl seiner Reisebilder, die ans Ende der Welt,
in diesem Fall bis Kabul und Timbuktu, reichten. Reisen aber versteht
Willemsen nicht als das Absolvieren einer Liste mehr oder weniger bekannter Örtlichkeiten oder gar Sehenswürdigkeiten. Es ist nach Willemsen das Fremde, das uns auf uns selbst zurückwirft. In der Tradition
des europäischen Flaneurs des 19. Jahrhunderts, der als einer der ersten die moderne Großstadt als eine komplexe Gemengelage von Hässlichem und Schönem, als Mixtur von Erfolg und Scheitern wahrnahm,
vermittelten Willemsens Reisebilder – und hier schließt sich der Kreis
und kommt die Vision einer emotionalen Baukunst ins Spiel – Begegnungen mit Orten, die durch Fassaden, durch Situationen, durch Gerüche, Berührungen und persönliche Begegnungen geprägt sind. „In
der Ferne suchen wir gleichsam die weiche Stelle, die sich öffnet und
t Dr. Frank Maier-Solgk
uns das Vertraute im Fremden zeigt.“
u Inspiration, Information und einen fachlichen Austausch - das suchten rund 35 000
Bauinteressierte, angehende Bauherren und
Architekturfreunde aus ganz Nordrhein-Westfalen am „Tag der Architektur“ in NRW.
440 neue Bauwerke, Quartiere, Gärten und
Parks waren am 2. und 3. Juli in 151 nord­
rhein-westfälischen Städten und Gemeinden
für Besucher geöffnet, Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und
Stadtplaner luden gemeinsam mit ihren Bauherren zu spannenden Besichtigungen und
lockeren Gesprächen vor Ort ein.
Foto: m. schneider a. hillebrandt architektur
Tag der Architektur in NRW: 35 000 mal „Besser sprechen mit Architekten!“
„Besser wohnen mit Architekten!“ lautet das
bundesweite Motto für den Tag der Architektur 2011. Passend dazu meldeten insbesondere die Urheber von Wohnhäusern ein lebhaftes Besucherinteresse vor Ort. Bis zu 500
Interessierte besuchten einzelne Einfamilienhäuser. Insgesamt konnte Kammerpräsident Hartmut Miksch ein positives Fazit ziehen: „Das Gesprächsangebot der Architekten
und Stadtplaner ist landesweit mit Begeisterung angenommen worden.“ - Welche besonderen Aktivitäten im Lande gelaufen sind,
lesen Sie im Blickpunkt (S. 16/17). t ros
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Nordrhein-Westfalen | Aktuell
“Hohe Ausbildungsstandards für den
Berufszugang nicht verwässern!“
Kammervorstand fordert Korrekturen an Gesetzesvorhaben der Bundesregierung
u In seiner Sitzung am 7. Juni befasste sich
der Vorstand der Architektenkammer u. a. mit
dem sogenannten Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG). Mit dem Gesetz soll die
Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse in Deutschland verbessert werden, um dem
Fachkräftemangel in bestimmten Berufen entgegenzuwirken. Für die AKNW geht es im Hinblick auf dieses Gesetzesvorhaben darum,
dass die hohen Qualifikationsanforderungen,
die es in Deutschland für den Zugang zum Architektenberuf gibt, nicht unterminiert werden. In dieser Hinsicht werden Detailregelungen im Gesetzentwurf, nach denen es zulässig sein soll, Defizite in der akademischen
Ausbildung durch den Nachweis von Praxiserfahrung zu kompensieren, von der Architektenkammer NRW kritisch gesehen.
„Das Gesetz darf bei den Qualifikationsanforderungen der Berufsträger keinesfalls hinter
bewährten Regelungen zurück bleiben, wie sie
auf europäischer Ebene in Form der Berufsanerkennungsrichtlinie definiert sind“, stellte
AKNW-Präsident Hartmut Miksch fest. „Das
wäre im Hinblick auf den Verbraucherschutz
nicht vertretbar.“
Die Architektengesetze liegen in der Zuständigkeit der Länder. Deshalb hat das BQFG
– als Bundesgesetz – zunächst keine unmittelbare Auswirkung auf einschlägige Regelungen im Baukammerngesetz NRW. Rein vorsorglich hat die AKNW die Landesregierung
dennoch aufgefordert, sich bei den Gesetzesberatungen im Bundesrat dafür einzusetzen,
dass die hohen Qualifikationsanforderungen
für die Architektenberufe gewahrt bleiben. Die
AKNW hat in Sachen BQFG darüber hinaus die
nordrhein-westfälischen Abgeordneten im Bildungsausschuss des Deutschen Bundestages
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aufgefordert, im Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass die hohen Ausbildungs- und Leistungsstandards, die in Deutschland für die Architektenberufe gelten, nicht
verändert werden.
Städtebauförderung: AKNW-Vorstand
fordert Aufstockung der Bundesmittel
Thema der Vorstandssitzung war auch die Zukunft der Städtebauförderung. Der Kammervorstand problematisierte Informationen, nach
denen geplant sei, die Bundesmittel für die
Städtebauförderung für das Haushaltsjahr
2012 erneut drastisch zu kürzen. „Die Städtebauförderung darf kein Steinbruch für Einsparmaßnahmen sein“, unterstrich Präsident
Miksch. Für ein Land im Strukturwandel, wie
NRW, sei das Förderprogramm unverzichtbar,
um die Städte und Gemeinden zukunftsfähig
weiterentwickeln zu können.
Die Mitglieder des Kammervorstands stellten in diesem Kontext auch die Bedeutung der
Städtebauförderung als Konjunkturlokomotive für die lokale Wirtschaft heraus. Es sei inzwischen hinreichend bekannt, dass jeder Euro, der für die Fördermaßnahmen eingesetzt
wird, das Achtfache an Folgeinvestitionen auslöse. Investitionen und Beschäftigung würden
zudem – in Form von Steuern – für Rückflüsse in die öffentlichen Haushalte sorgen. „Die
Förderung der Stadtentwicklung bringt also
für alle Beteiligten eine echte Win-win-Situation“, so Hartmut Miksch. Deshalb habe man
kein Verständnis für Kürzungspläne auf Bundesebene.
Auf Beschluss des Vorstands sind die politischen Entscheider auf Landes- und Bundesebene darum inzwischen aufgefordert worden,
sich im Zuge der Haushaltsberatungen dafür
einzusetzen, dass die Städtebauförderung des
Bundes auf hohem Niveau verstetigt und ausgebaut wird.
Kammervorstand erörtert europäische
Richtlinie zum Zahlungsverzug
Gegenstand der Vorstandssitzung war im weiteren Verlauf auch die neue europäische „Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im
Geschäftsverkehr“ (2011/7/EU), die vom Europäischen Parlament und dem Europäischen
Rat verabschiedet worden ist. Mit dem Gesetzesvorhaben sollen der Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr bekämpft und die Rechtsposition von Gläubigern EU-weit (etwa im Hinblick
auf einheitliche Zahlungsfristen und die Beitreibung offener Zahlungen) verbessert werden. Das Gesetz zielt auf eine EU-weite Harmonisierung von Maßnahmen zur Bekämpfung
des Zahlungsverzugs. Hierfür werden in der
Richtlinie Standards festgelegt, die es in
Deutschland mit dem „Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ im Kern bereits seit
dem Jahr 2000 gibt.
t Jörg Wessels
Akademie bleibt beliebt
u Auf großen Zuspruch der Kammermitglieder
trifft weiterhin das Seminarangebot der Akademie der Architektenkammer NRW. Wie der
Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 7. Juni feststellte, hat die Akademie im Jahr 2010 mit
16 257 Teilnehmern in mehr als 300 Veranstaltungen eine hervorragende Arbeit für die
Fortbildung ihrer Mitglieder und die Weiterbildung der Absolventen geleistet. Das belegen
u. a. die Resonanzbögen, die von den Teilnehmern nach jedem Seminar ausgefüllt werden.
Besonders gewürdigt wurde der neue Internet-Auftritt unter www.akademie-aknw.de, der
die Seminarauswahl stark vereinfacht. t ros
Foto: Christof Rose
Fotos: KölnMesse (M.), C. Rose (r.)
Aktuell | Nordrhein-Westfalen
AKNW-Präsident Hartmut Miksch (l.) und der Vorsitzende des Ausschusses „Innenarchitektur“, Martin Müller (3. v. l.), begrüßten als Referenten des Innenarchitektentages Dr. Marita Pabst-Weinschenk (4. v. r.), Dr. Petra Gruber (2. v.r .) und Prof. Dr. Michael Braungart (r.). Messe-Chef Gerald Böse (3. v. r.) und Moderatorin
Hella Sinnhuber freuten sich über den starken Zuspruch von 230 Innenarchitektinnen und Innenarchitekten. Viele nutzten den gemeinsamen Messe-Rundgang.
Bionik und Ökologie in der Innenarchitektur
Rund 230 Kolleginnen und Kollegen diskutierten auf dem Innenarchitektentag „Facetten der Zukunft“
u Über „Facetten der Zukunft“ informierten
sich rund 230 Innenarchitektinnen und Innenarchitekten am 27. Mai beim Innenarchitektentag der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen auf der „Interzum“-Messe in Köln. Referenten aus Deutschland und Österreich
sprachen über die jüngsten Entwicklungen in
den Themenfeldern Bionik, Nachhaltigkeit und
Kommunikation. „Wir wollen diesen Tag gezielt
nutzen, um über den Tellerrand des Arbeitsalltags hinaus zu blicken und darüber zu diskutieren, wie die Veränderungen in verwandten
Disziplinen die Entwicklung der Innenarchitektur in Deutschland beeinflussen“, erklärte
Martin Müller, der die Fachrichtung im Vorstand der Architektenkammer NRW vertritt.
Was Architekten und Innenarchitekten von der
Natur lernen können, wurde von Dr. Petra
Gruber vom Büro Transarch aus Wien dargestellt. Die Architektin forscht seit vielen Jahren zu der Frage, was die Architektur von der
Natur lernen kann. „Der Ideenreichtum der
Natur ist ungeheuer groß“, hob Dr. Gruber hervor. In Relation dazu sei die Zahl der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet noch deutlich zu
gering. Die Wiener Wissenschaftlerin erläu-
terte das Vorgehen der Forscher, die entweder für ein baulich-technisches Problem in der
Natur nach Vorbildern suchten oder aber zunächst ohne konkrete Vorgabe bei der Beobachtung von Tieren und Pflanzen überlegten,
welche Produktableitung daraus folgen könnte.
Bekannteste Beispiele sind der Lotus-Effekt,
der für selbstreinigende Fassaden aus der Natur kopiert wurde; außerdem Fortbewegungsabläufe bestimmter Insekten, die in der Robotik zum Einsatz kommen.
Prof. Michael Braungart stellte sein herausforderndes Konzept „C2C –cradle to cradle“
vor. Der oft als „Öko-Visionär“ beschriebene
Chemiker und Professor für Verfahrenstechnik plädierte dafür, die Gestaltung und technische Einrichtung von Wohnhäusern neu zu
durchdenken. „Die Luft in jeder Düsseldorfer
Straße ist vier- bis acht Mal besser als in einem
beliebigen Wohnraum in der Stadt“, behauptete Prof. Braungart und verwies auf die zu stark
abgedichteten und zu schlecht durchlüfteten
Wohnräume, in denen zu viele Schadstoffe aus
Teppichen, Möbeln und Wänden emittiert würden. Grundsätzlich forderte Braungart, die Architekten und Innenarchitekten müssten in
der Nachhaltigkeitsdebatte wegkommen von
dem Ziel, Eingriffe in die Natur, die ihre Arbeit
per se darstelle, möglichst wenig schädlich zu
gestalten. „Suchen Sie nach einem positiven
ökologischen Fußabdruck“, forderte der Umweltforscher.
Dr. Marita Pabst-Weinschenk von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf analysierte
Verschiebungen in der Sprache und der zwischenmenschlichen Kommunikation. Von
Walther von der Vogelweide bis zum SMSSprachcode lieferte die Sprachwissenschaftlerin einen Parforceritt durch die Sprachentwicklung der letzten 900 Jahre. Unsere Sprache sei einem kontinuierlichen Wandel
unterworfen, in jüngerer Zeit einem starken
Wachstum durch die Aufnahme neuer, internationaler Vokabeln. „Sprache ist weder ein
Organismus noch ein Artefakt“, lautete ihr Resümee. Die Charts und Folien von Dr. PabstWeinschenk mit nachlesenswerten Hinweisen
zum Wandel im Vokabular, der Syntax und der
Grammatik finden Sie unter www.aknw.de.
Die Themen und Thesen wurden später
beim gemeinsamen Messerundgang noch vertieft. Der „Innenarchitektentag“ der Architektenkammer NRW war erneut das größte Innenarchitektentreffen in NRW.
t Christof Rose
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Fotos: Christof Rose
Nordrhein-Westfalen | Aktuell
Anregung zu vielen Gesprächen gibt die Ausstellung „Container Architektur“, die bis zum 4. September im NRW-Forum Düsseldorf zu sehen ist. Zur Vernissage am
7. Juni 2011 sprachen (Foto Mitte, v. l.): Hartmut Miksch (Präs. AKNW), Adam Kalkin (Architekt), Werner Lippert (NRW-Forum) und Christoph Ingenhoven (Architekt)
Rechts der „Freitag Flagship Store“ von Spillmann Echsle Architekten, der aus 17 recycelten Seecontainern in Zürich zusammengesetzt wurde.
Bauen mit Boxen
Ausstellung im NRW-Forum Düsseldorf thematisiert die Verwendung von Containern in der Architektur
u „Grauenhafte Obszönitäten“ habe es beim
Bauen mit Modulen und Containern bereits
gegeben, bedauerte der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven. Vor allem dann,
wenn Container als Architektur-Element künstlich „aufgehübscht“ würden. Mit einem Entwurf für ein Nothilfe-Programm trug der Düsseldorfer Architekt dennoch gerne zur der Ausstellung „Container Architektur“ bei, die das
NRW-Forum in Düsseldorf präsentiert. Die
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen unterstützt die Ausstellung als Partner und bietet mit vier ergänzenden Vortrags- und Diskussionsabenden die Möglichkeit, sich vertieft
mit der Frage zu befassen, welchen Beitrag
der standardisierte, weltweit 30 Millionen Mal
verfügbare Frachtcontainer zum Planen und
Bauen leisten kann.
Der Container sei eigentlich das Gegenteil von
Architektur, stellte der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, in der Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung klar.
„Container sind uniform und inflexibel, nehmen weder Rücksicht auf den Ort noch auf
regionale Traditionen oder Notwendigkeiten.
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Und dennoch geht von ihnen eine besondere
Faszination aus.“
Dieser Faszination ist auch der Architekt
Adam Kalkin schon vor 20 Jahren erlegen. „Ich
habe angefangen, mit Containern zu bauen,
weil ich es mir nur so leisten konnte, meine
Ideen zu realisieren“, berichtete der US-Amerikaner am 7. Juni auf der Vernissage in Düsseldorf. Seine Projekte, die er zum Teil in der
Ausstellung zeigt, umfassen mittlerweile viele
Bauaufgaben, vom mobilen Wohnhaus bis zur
Bibliothek für Kinder. „Der Container ist absolut auf das Notwendige reduziert, durchrationalisiert - und deshalb als Element für viele
Bauprojekte weltweit nutzbar“, zeigte sich Kalkin überzeugt.
Hartmut Miksch verwies in seiner Einführung in die Ausstellung auf die lange Geschichte des modularen Bauens. Die Technik habe
in der Architekturtheorie immer wieder interessante Modelle hervorgebracht, müsse aber
mit Vorsicht umgesetzt werden. „Es gibt bis
heute keine überzeugenden Beispiele für den
Einsatz von Containern oder Baumodulen im
großen Maßstab.“ Container würden vor allem
für temporäre Architekturen in Frage kommen.
Für die Ausstellung „Container Architektur“
hatte Kurator Werner Lippert Architekten um
Beiträge gebeten. Aus mehreren Hundert Zusendungen wurden 144 Arbeiten ausgewählt,
die in der Ausstellung und dem begleitenden
Katalog vorgestellt werden. 24 Projekte sind
zudem als Modell im Maßstab 1 : 5 im NRWForum zu erleben. Die Themen reichen von
Wohnen über Kommerz und Nothilfe bis zur
Kunst und zu stadtplanerischen Konzepten.
In der Pressekonferenz zur Ausstellung wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, was
Architektur zur Bekämpfung von Not und Wohnraummangel in der Welt beitragen könne. Hartmut Miksch und Christoph Ingenhoven waren
sich einig, dass Architektinnen und Architekten
sich in der Verantwortung sehen, mit Planungskonzepten zur Lösung solcher Herausforderungen beizutragen. Vorschläge wie Ingenhovens „Unit 1“-Container-Hilfsprojekt wiesen
in die richtige Richtung. Allerdings dürfe man
nicht glauben, der Container könne die Wohnprobleme in Entwicklungsländern lösen. „Der
Container ist eine perfekte, aber neutrale Form.
Es kommt darauf an, was man daraus macht.“
t Christof Rose
Seitenthema
Aktuell | Nordrhein-Westfalen
Von der Utopie zum Bau
Rendering: sculp(it)
Foto: Melanie Brans
„Inszenierung der Einheitlichkeit“ war der erste Vortragsabend überschrieben. Doch die
beiden Referenten, Prof. Han Slawik (Hannover/Amsterdam) und Harald Echsle (Zürich)
zeigten mit ihren Vorträgen und Beispielen,
dass Bauen mit Containern weit mehr ist als
das. „Was ist eigentlich ein Container?“, fragte
Slawik und nahm zunächst eine Definition vor.
Er beschrieb konstruktive Eigenschaften und
zeigte schnell die Grenzen auf, mit denen Planer sich beschäftigen müssen: „Container haben eine standardisierte Größe, das schränkt
das Raumprogramm ein.“ Einschnitte in die
Seitenwände führten zu Problemen bei der
Stabilität der Konstruktion. Da gegenzusteuern mache das vermeintlich „einfache“ Bauen aufwändig. „Ein Container-Stapel ist noch
keine Architektur“, stellte Slawik aber klar.
Geradezu beispielhaft hat dies der zweite
Referent des Abends mit seinem Büro umgesetzt. In Zürich hat Harald Echsle mit dem
Flagship-Store für den Kult-Taschen-Designer
„Freitag“ eine 25 Meter hohe Landmarke aus
Containern geschaffen. Allerdings machte
auch Echsle deutlich: Das Bauwerk eignet sich
bestenfalls für eine temporäre Nutzung. Das
wissen auch die Bauherren, die ihr Grundstück
nur bis 2018 gemietet haben und Teile des
Bauwerks nach Materialermüdung bereits austauschen mussten. Zugleich macht der Freitag-Flagship-Store deutlich: Für bestimmte
Herausforderungen gibt es Lösungen. So nutzten
Echsle und sein Statiker spezielle Fittings und
Lashings (Stahlseile), um die Konstruktion zu
stabilisieren.
„Der Container steht exemplarisch für das
Konzept der modularen, seriell hergestellten
Raumzelle - ein Entwurfsmotiv, das Architekten
schon in den 1960er Jahren begeisterte“, erläuterte AKNW-Vizepräsident Michael Arns in
seiner thematischen Einführung. Eine Aussage, die Prof. Wolfgang Döring am zweiten „Boxenstopp-Abend“ mit eigenen Arbeiten aus
seinem Frühwerk der 60er und 70er Jahren
belegen konnte. „Manche Entwürfe von damals sind Utopie geblieben - glücklicherweise“, räumte Prof. Döring mit Selbstironie ein.
Das modulare Bauen sei aber weiterhin eine
faszinierende Planungsmöglichkeit und habe
sich vielfach bewährt. Der Container sei in
diesem Zusammenhang aber eher als Symbol
zu verstehen denn als praktisches Bauelement.
Ganz konkret zu einem Hausbauprojekt inspirieren ließen sich der belgische Architekt
Pieter Peerlings und seine Partnerin Silvia Mertens durch Frachtcontainer. Mit ihrem Büro
„sculp(IT)“ realisierten sie in einer nur 2,40 m
breiten Baulücke „das kleinste Haus von Antwerpen“ - gestapelt auf vier Ebenen plus Dach.
Zur Ausstellung steuerte sculp(IT) den Entwurf
für ein schwimmendes Studentenwohnheim
aus Containern bei, das möglicherweise im
kommenden Jahr im Antwerpener Hafen realisiert werden soll.
Die weiteren zwei Boxenstopp-Abende befassten sich mit den Themen „Module“ und
„Kunst“.
t Melanie Brans/Christof Rose
Foto: Christof Rose
u Welche Chancen bietet das Planen und
Bauen mit Containern? Welche Möglichkeiten
eröffnen sich Architekten und Bauherren? Und
auf welche Grenzen stößt die modulare Bauweise mit Frachtboxen? - Diese und andere
Fragen behandelte die Vortragsreihe „Boxenstopp - Architekten zum Bauen mit Containern“, die die Architektenkammer NordrheinWestfalen im Juni und Juli anlässlich der Ausstellung „Container Architektur“ im Düsseldorfer NRW-Forum durchführte. Architektinnen
und Architekten aus Deutschland, der Schweiz,
Belgien und den Niederlanden, die die unterschiedlichsten Erfahrungen mit Container-Architektur gesammelt haben, berichteten von
ihren Erfahrungen.
Foto: Christof Rose
Die Architektenkammer NRW begleitete die „Container
Architektur“-Ausstellung mit einer Vortragsreihe
Realisierten „das kleinste Haus von Antwerpen“: Evi
van Schooneveld und Pieter Peerlings von sculp(IT);
das Büro ist mit dem Modell eines Container-Studentenwohnheims in der Ausstellung vertreten.
Leiteten den „Boxenstopp“ ein: Moderator Dr. Jörg
Biesler (WDR), Harald Echsle, Prof. Han Slawik und
AKNW-Vizepräsident Michael Arns
Zeichnete die Entwicklung des modularen Bauens
aus der Bauhistorie der 1960er Jahre bis heute anhand eigener Werke nach: Prof. Wolfgang Döring
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Nordrhein-Westfalen | Aktuell
Ausloberpreis 2011: Einladung zur Preisverleihung
StadtBauKultur 2020:
„Memorandum II“
u Das Kuratorium von StadtBauKultur NRW
hat im Sommer die Arbeiten an der Neuausrichtung der Landesinitiative abgeschlossen. In einem „Memorandum II“ getauften
Grundsatzpapier wird das gemeinsame Interesse der beteiligten Partner betont, die
Baukultur in Nordrhein-Westfalen auch in
den kommenden zehn Jahren als diskursiven Prozess zu befördern und über konkrete Projekte und Veranstaltungen für viele
Menschen zu einem unmittelbaren Erlebnis werden zu lassen.
Die Initiative StadtBauKultur NRW gilt
bundesweit als Erfolgsmodell. 2001 unter
dem Grünen Bauminister Michael Vesper
als Kooperationsprojekt mit der Architektenkammer NRW, der IngenieurkammerBau NRW und weiteren Partner gestartet,
konnte unter dem gemeinsamen Dach der
Initiative eine Vielzahl von Veranstaltungen
und Projekten realisiert werden, die den
interdisziplinären fachlichen Austausch vorantrieben oder einen Dialog mit der breiten Öffentlichkeit eröffneten. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen entwickelte im Rahmen von StadtBauKultur NRW
u. a. die erfolgreichen Projekte baukunstnrw.de und die Veranstaltungsreihe „NRW
wohnt“.
„NRW StadtBauKultur 2020“ wird die
Neuen Medien noch stärker nutzen, um
themenbezogene Communities im baukulturellen Bereich aufzubauen, und weitere
Partner in die Initiative einbinden. So soll
künftig das Verhältnis von Baukultur und
Wirtschaft eine stärkere Rolle spielen und
die Relevanz der Qualität von Architektur
und Stadtplanung für die Tourismusbranche herausgestellt werden.
t ros
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u Die „Regionale 2010“ hat sich mit einer Vielzahl von Architektenwettbewerben
um das Wettbewerbswesen in Nordrhein-Westfalen verdient gemacht. Die Architektenkammer NRW verleiht ihr dafür den „Ausloberpreis 2011“. Der Preis wird im
Rhythmus von drei Jahren an Bauherren und Institutionen vergeben, die wiederholt
Wettbewerbsverfahren nach den RAW/RPW durchgeführt haben. Die Preisverleihung findet statt am 19. Juli 2011 im Deutschen Sport und Olympia Museum Köln
t ros
(17.00 Uhr). Den Festvortrag hält Prof. Carl Fingerhuth aus Zürich.
Stadtplanertag 2011: „Stadt im Klimawandel“
u Die Folgen des Klimawandels werden in der öffentlichen Diskussion zumeist unter der Fragestellung besprochen, wie der Energieverbrauch reduziert werden kann.
Insbesondere dem großen Anteil der Energie, die durch die Beheizung bzw. Kühlung von Gebäuden verbraucht wird, will man dabei durch verbesserte Dämmung
begegnen. - Was aber bedeutet der Klimawandel für die städtebauliche Struktur
unserer Städte? Auf welche Verkehrsströme muss die Infrastruktur der Zukunft
ausgerichtet werden, wie kann die Stadt baulich auf den zu erwartenden Temperaturanstieg in den Sommermonaten reagieren? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des diesjährigen „Stadtplanertages“, zu dem die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen am 23. September 2011 ins Haus der Architekten einlädt.
Über „Klimaschutz als Leitbild der Stadtentwicklung“ spricht Prof. em. Gerhard
Curdes. Weitere Fragestellungen befassen sich mit der Vorbereitung der Stadt auf
die post-fossile Zeit sowie dem notwendigen Umbau, vor dem unsere Großstädte
angesichts der zunehmend heißen und trockenen Sommer stehen. Konkrete Beispiele aus NRW-Städten dienen als Anschauungsmaterial und werden für Diskust ros
sionsstoff sorgen. Alle Stadtplanerinnen und Stadtplaner sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
Anmeldung erbeten unter teilnahme@aknw.de, Stichwort „Stadtplanertag“.
Landschaftsarchitektentag 2011: „Spielräume für
kommunale Freiräume“
u Die Gestaltung des öffentlichen Raumes ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Blickpunkt von Kommunen und Bürgern gerückt. Ähnlich wie eine
Wohnung ohne Balkon heute nur noch schwer zu vermieten ist, erscheint auch eine Stadt wenig attraktiv, wenn sie nicht über qualitätvolle Freiräume und Grünzonen verfügt. In Zeiten leerer Kassen eine große Herausforderung für städtische
Planungsverantwortliche und Landschaftsarchitekten. Unter dem Titel „Spielräume für qualitätvolle Freiräume“ diskutiert der Landschaftsarchitektentag 2011
am 18.10.11 auf der Zeche Zollern in Dortmund, wie der Spagat zwischen knappen
Investitions- und Unterhaltungsmitteln sowie anspruchsvollen Freiraumkonzepten
gemeistert werden kann. Konkrete Praxisbeispiele aus Bielefeld, Siegen, Dortmund
und Köln sowie aus dem niederländischen Enschede werden die Grundlage bereiten für eine intensive Diskussion, zu der alle Landschaftsarchitektinnen und Landt ros
schaftsarchitekten herzlich eingeladen sind. Aktuell| Nordrhein-Westfalen
Foto: T. Saltmann
Kammer lädt neue Mitglieder ein
u Alle Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, die in den vergangenen zwei Jahren in ihre jeweiligen Listen eingetragen wurden, sind herzlich zu einem „Treff für neue Mitglieder“ ins Haus der Architekten eingeladen. Am 21. Juli 2011 werden von 14.00
bis 18.00 Uhr die Mitarbeiter der Geschäftsstelle und Vertreter des Ehrenamtes die Dienstleistungen der Architektenkammer, ihre Beratungsangebote und Arbeitsschwerpunkte vorstellen und zum Gespräch einladen. Das zwanglose Kennenlernen dient auch dem Networking der neuen
Mitglieder untereinander. Die Einladung richtet sich auch
an Studierende der oberen Semester und Absolventen in
der Praxisphase, die auf diese Weise ihre künftige Kammer kennenlernen und den Austausch mit jungen Mitgliet ros
dern pflegen können. „Das fliegende Auge“
Foto: Christof Rose
Foto: Christof Rose
u Wie immer sind alle Mitglieder mit einer Begleitung sehr
herzlich zum großen Sommerfest der Architektenkammer
Nordrhein-Westfalen in die Rheinterrasse Düsseldorf eingeladen. Branchentreff, Möglichkeit zum Netzwerken oder
einfach die „größte Architektenparty des Landes“ - es gibt
viele Attribute, mit denen man das traditionelle Sommerfest der AKNW beschreiben kann. Lassen Sie sich die Gelegenheit zum Klönen und
Netzwerken nicht entgehen! Das Sommerfest findet am 21. Juli ab 18.00 Uhr statt.
t ros
Der Eintritt ist frei. Foto: T. Saltmann
AKNW-Sommerfest am 21. Juli
u Bis zum 2. September ist im Haus der
Architekten die Ausstellung „Das fliegende Auge“ zu sehen. Der langjährige
WAZ-Fotograf Hans Blossey zeigt in 50
Aufnahmen ungewohnte Perspektiven auf
Südwestfalen. Großformatige Städte- und
Landschaftsbilder offenbaren die große
Vielfalt einer Region, die aus Sicht der
Ballungszentren an Rhein und Ruhr häufig summarisch als „ländlicher Raum“
wahrgenommen wird. Der Blick aus der
Luft lässt dabei Siedlungsverläufe und
Prozesse der Ortsentwicklung in Südwestfalen präzise deutlich werden.
Am 21. Juli besuchen neue Mitglieder
das Haus der Architekten, um ihre Kammer und die Geschäftsstelle kennen zu
lernen (siehe links). Die AKNW lädt regelmäßig neu in die Architekten- bzw. Stadtplanerliste eingetragene Mitglieder zu
einem Informationsnachmittag ein.
Von der Moskva an den Rhein...
u ...reiste eine Gruppe von 20 jungen Architektinnen und Architekten aus Moskau, die der Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Michael Arns, Ende Mai im Haus der
Architekten begrüßen konnte. Die Absolventen von Architektur-Studiengängen interessierten
sich im Rahmen ihrer Europa-Reise insbesondere für Fragen der Stadtentwicklung und der Aufwertung von vernachlässigten Stadtquartieren. Das Gespräch im Haus der Architekten drehte
sich auch um Fragen des organisatorischen Aufbaus der Architektenschaft. AKNW-Geschäftsführer Joachim Hoffmüller stellte das Prinzip der berufsständischen Selbstverwaltung vor. t ros
Sommerlichen Besuchern des Medienhafens sei der kleine „Architekturführer Medienhafen“ ans Herz gelegt, der
am Empfang des Hauses der Architekten
für Mitglieder und Interessierte bereit gehalten wird. Die handliche Broschüre stellt
alle Bauwerke des Medienhafens mit ihren Urhebern und ihren besonderen Charakteristika vor.
t ros
Öffnungszeiten: Mo. - Do. 8.00 - 17.00
Uhr, Fr. 8.00 - 13.00 Uhr. Eintritt frei.
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Nordrhein-Westfalen | Aktuell
Der Traum vom Haus geht weiter
Private Bauherren zeigen reges Interesse an Fachinformation durch Architekten vor Ort
Bauherrenseminar zum Thema „Bauen im Bestand“ in Neuss: Innenarchitekt
Markus Korthauer aus Essen informierte über Sanierung und Modernisierung.
Foto: Christof Rose
teren Gebäuden und der anstehende demografiefeste Umbau des Bestandes sind für Architekten und Innenarchitekten wichtige Arbeitsfelder, die wir rechtzeitig besetzen müssen“, begründet AKNW-Präsident Hartmut Miksch das Engagement der Kammer im Endkundensektor. Auch der Essener Innenarchitekt Markus Korthauer, einer der
erfahrendsten Referenten der Bauherrenseminarreihe, hält es für wichtig, privaten Bauherren eine unabhängige Orientierung für eine Baumaßnahme oder ein Sanierungsprojekt zu bieten. „Isolierte Einzelmaßnahmen reichen in der Regel nicht aus und sind auf Dauer teurer“, erläuterte Markus Korthauer bei dem Bauherrenseminar in Neuss.
u „Mein Haus ist mittlerweile fast 40 Jahre alt, das Dach muss erneuert, der Keller trocken gelegt werden. Ich möchte gerne erfahren, wie
eine Modernisierung abläuft.“ Wie Ursula Eigen aus Neuss waren zahlreiche der rund 40 Bauherren und Bauinteressierten am 15. Juni 2011
nach Neuss-Norf gekommen, um in dem Bauherrenseminar „Umbauten,
Anbauten, Bauen im Bestand“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Informationen für ein anstehendes Sanierungsvorhaben zu gewinnen. In Kooperation mit der VR Bank Dormagen veranstaltete die
AKNW im Mai und Juni insgesamt fünf Seminar-Abende, um private
Bauherren durch Architekten, Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten fachlich auf ihr Bauvorhaben vorzubereiten.
Wie in Neuss treffen die „Bauherrenseminare“ der Architektenkammer
weiterhin landesweit auf lebhafte Resonanz bei privaten Bauinteressierten und Häuslebauern. Seit dem Start der Veranstaltungsreihe im
Februar 2008 haben mehr als 5700 potentielle Bauherren in 115 Seminarveranstaltungen das kostenfreie Angebot der AKNW in Anspruch
genommen, sich von Architektinnen und Architekten kompetent, umfassend und kostenlos beraten zu lassen. In diesem Frühjahr liefen Seminare u. a. in Arnsberg, Gelsenkirchen und im Rheinkreis Neuss.
Leistungsangebot von Architekten an Privatleute vermitteln
Mit den Bauherrenseminaren ist die Architektenkammer NRW erstmals
in einen systematischen Dialog mit dem Endkunden „Häuslebauer“ getreten - Motto: „Vom Traum zum Haus“. Zwar bietet die AKNW schon
lange schriftliche Informationen für Bauherren an; die persönliche Ansprache war bisher aber auf punktuelle Messeauftritte oder Ähnliches
beschränkt. „Gerade der Markt für die energetische Sanierung von äl-
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Impulse, Anregungen, Orientierung
„Wir möchten unseren Dachboden ausbauen und erhoffen uns heute
Abend Anregungen dazu, wie so etwas aussehen kann“, erzählten Dr.
Heike und Thomas Herrmann aus Dormagen. Das junge Paar hatte
sich vor einiger Zeit ein Haus gekauft und stand nun vor der Aufgabe,
eine erste Erweiterung vorzunehmen. Auch Rolf Philipsen aus Neuss
plante einen Umbau, weil er in die frühere Wohnung seiner Schwiegereltern ziehen wollte, die „noch auf dem Stand von 1963“ sei. Die Zielgruppe der Erben und Hauskäufer von Häusern aus den 1960er und
-70er Jahren ist nach Einschätzung der AKNW ein relevanter Marktfaktor, der durch gezielte Informations- und Aufklärungsarbeit für die Architektenschaft erschlossen bzw. gesichert werden muss.
Unabhängige Information und Finanzierung kompakt
Das sieht auch Wilfried Bongart, Teilbankleiter der VR Bank Dormagen,
so. „Wir freuen uns über die rege Teilnahme an den Bauherrenseminaren, weil wir unsere Kunden umfassend informieren möchten und
natürlich ein Interesse daran haben, mögliche Bauprojekte später dann
zu finanzieren.“ Nach seiner Erfahrung ist die persönliche Ansprache
der potenziellen Bauherren das A und O: „Die Bauherrenseminare sind
sehr lebendig gestaltet und machen - bei aller sachlichen Information
- auch viel Spaß.“
Das wiederum liegt an der professionellen Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen durch die Akademie der Architektenkammer NRW. Und an der Auswahl und Schulung der Referenten. Mittlerweile verfügt die Akademie über einen Dozentenpool von 46 qualifizierten Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Stadtplanern
und Landschaftsarchitekten.
t Christof Rose
Service | Nordrhein-Westfalen
Neues vom Baukosteninformationszentrum
Aktuelle Kostenkennwerte zur Kostenschätzung
u Das Baukosteninformationszentrum (BKI) Deutscher Architektenkammern hat eine neue
Fachbuchreihe mit dem Titel „Baukosten 2011“ herausgegeben. In der Reihe sind drei Teile erschienen. Der erste Teil mit dem Titel „Statistische Kostenkennwerte“ bietet aktuelle Daten zu
insgesamt 74 Gebäudearten. Die Bandbreite reicht dabei von Altenheimen bis hin zu Verbrauchermärkten. Daneben ist eine Veröffentlichung mit dem Titel „Kostenkennwerte für Bauelemente“ erschienen. Auf 678 Seiten bieten über 22000 Kostenkennwerte entsprechend den
Kostengruppen der dritten Ebene nach DIN 276 zu 74 Gebäudearten eine sichere Grundlage
für die exakte Baukostenermittlung nach Bauelementen, sowohl für Neu- als auch für Altbauten.
Unter dem Titel „Statistische Kostenkennwerte für Positionen“ informiert der dritte Teil der neuen Reihe auf 1008 Seiten über Rohbau, Ausbau, Gebäudetechnik und Freianlagen.
Alle veröffentlichten Kennwerte basieren auf der Analyse realer, abgerechneter Bauwerke
mit statistischen Kostenkennwerten (Mittelwerten). Die neue dreiteilige Fachbuchreihe „Baukosten 2011“ ist als Gesamtausgabe zum Preis von 209 Euro erhältlich. Es können aber auch
t bra
die einzelnen Fachbücher beim BKI vier Wochen zur Ansicht angefordert werden. Weitere Informationen gibt es direkt beim BKI unter Tel.: (0711) 95 48 54-0 oder per E-Mail:
info@bki.de.
Neue Handreichung
Artenschutzprüfung als
Architektenleistung
u Zunehmende Flächenversiegelung sowie
Neu-, Aus- und Umbauten im Bestand gefährden immer wieder die angestammten Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Das
betrifft nicht nur dünn besiedelte Bereiche. Das
gilt auch für die Städte, wo z. B. Kirchen, Friedhöfe, Gärten oder Parks bestimmten Arten siedlungsspezifische Lebensräume bieten. Welche
Rolle spielt der Artenschutz in diesem Zusammenhang? Was müssen Architekten und Stadtplaner dazu wissen? Was können, was müssen
Sie tun, um zum Erhalt geschützter Tierarten
beizutragen? Das erklärt die neue Handreichung „Artenschutz im Planungs- und Genehmigungsverfahren“ der Architektenkammer
NRW. Autor ist Landschaftsarchitekt Norbert Hellmann. Die Broschüre erläutert gesetzliche
Grundlagen des Artenschutzes und deren Auswirkungen auf die Berufspraxis. Im Kern geht es
um die Artenschutzprüfung, mit der Bauherren ihre Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten oder Stadtplaner beauftragen können. Dazu gibt es auch
Hinweise über die Honorierung der artenschutzfachlichen Leistung. t bra
Die Broschüre ist kostenlos erhältlich und kann unter info@aknw.de bestellt werden. Unter
www.aknw.de/Service/Publikationen steht sie außerdem zum Download bereit.
Praxis-Hinweise
Aktuelle Themen
und Tipps
Die Architektenkammer NordrheinWestfalen hält für ihre Mitglieder PraxisHinweise zu verschiedenen aktuellen berufspraktischen Fragen bereit. Sie können die Informationen als gedrucktes
Merkblatt beziehen oder im Internet unter www.aknw.de, Rubrik „Mitglieder/Berufspraxis/Praxishinweise“ abrufen.
Themenauswahl:
u Abgrenzung: honorarfreie Akquisition - honorarpflichtige Planungstätigkeit
u Bauvorlageberechtigung für Innenarchitekten
u Berufshaftpflichtversicherung
u Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung
u Energieeinsparverordnung 2009
u Gesellschaftsformen
u HOAI 2009: Gebäude und raumbildende Ausbauten
u Kalkulationshilfe „Vergütung Energieausweis“
u Krisenmanagement
u Möglichkeiten der Forderungsabsicherung
u Pflichtangaben auf eigener Homepage
u Pflichtmitgliedschaft in der Verwaltungsberufsgenossenschaft
u Preisindizes für Wohngebäude
u Prüffähige Honorarrechnung
u Ratingverfahren nach Basel II
u Schlichtungsverfahren vor dem
Schlichtungsausschuss der AKNW
u Startberatung Energie
u Urheberrecht des Architekten
u VOB/B
u Werbung
Bestellungen bitte an die AKNW, Zollhof 1, 40221 Düsseldorf, Fax: (02 11)
49 67-99, E-Mail: poststelle@aknw.de.
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Fotos: Christof Rose
Nordrhein-Westfalen | Blickpunkt
Münster: Architektin Claudia Lethmate stellte ihr Staffelgeschoss auf einem
früheren Stuhllager vor, das einen Blick über die ganze Stadt bietet
Düsseldorf: Peter Jan van Ouwerkerk (r.) von Ingenhoven Architekten präsentierte
das neue Oeconomicum auf dem Campus der Uni Düsseldorf
Information und Inspiration
Am „Tag der Architektur“ erlebten in NRW mehr als 35 000 Besucher neue Architektur hautnah vor Ort
u „Wir möchten in Kürze selber bauen und suchen noch Anregungen.“ So wie Rainer
Brinker, der in Münster ein Staffelgeschoss mit
360-Grad-Rundumblick von Architektin Claudia
Lethmate besichtigte, ging es vielen Besuchern
am „Tag der Architektur“ in Nordrhein-Westfalen. Unter dem Motto „Besser wohnen mit Architekten!“ hatten 440 Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner in 151 Städten und
Gemeinden dazu eingeladen, neue Häuser zu
besuchen, Wohnungen zu besichtigen, Bauwerke aus den verschiedensten Bereichen kennenzulernen und neue Parks und Gärten hautnah zu erleben. Rund 35 000 Bauinteressierte
und Architekturfreunde nahmen das Angebot
am 2. und 3. Juli 2011 gerne an.
„Architektur ist eine öffentliche Kunst. Wir halten es für wichtig, unsere Architektur im Gespräch mit Nutzern und Interessierten zu zeigen und zu erklären.“ Ulf Meyer, PR-Fachmann
im Büro Ingenhoven Architekten in Düsseldorf,
sorgte gerne dafür, dass die Ingenhoven Architekten am Tag der Architektur zu Führungen
einluden. Etwa 120 Interessierte wollten das
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neue „Oeconomicum“ auf dem Campus der
Universität Düsseldorf kennenlernen - eines
von zahlreichen Bauwerken, die aus dem Bereich Schule und Bildung präsentiert wurden.
Wohnen als Besuchermagnet
Die beliebtesten Objekte waren private Wohnhäuser und Wohnungen. Das „Haus Dillenburger“, eine Villa (Innenarchitekt Hans-Jürgen
Skandella) in Köln, wollten mehr als 1000 Besucher erleben; auch vor dem „Kranhaus“ im
Kölner Rheinauhafen bildeten sich Warteschlangen. Aber nicht nur das Spektakuläre findet
am Tag der Architektur seine Besucher. Annette Schlickeiser führte mit ihrem Architekten
Thomas Sanders an beiden Tagen jeweils über
100 Gäste durch ihr neues Haus in Köln. Sie
erfuhren, wie ein privates Wohnhaus barrierefrei gestaltet werden kann. Denn der Sohn der
Familie, Henri, sitzt im Rollstuhl. „Wir hatten
das Bauwerk ursprünglich konventionell geplant und mussten nach der Geburt von Henri
von vorne anfangen“, berichtete die Bauherrin. Die Mühe hat sich gelohnt, denn das elegante Wohnhaus mit seinen klaren Formen
traf bei den Besuchern auf Begeisterung.
Auch ein Blick in den Garten lohnt sich immer:
Im Bochumer Stadtteil Westenfeld hat Bauherr
Wolfgang Kreutz gemeinsam mit Landschaftsarchitekt Christoph Imöhl (Wetter/Ruhr) eine
Insel der Ruhe geschaffen. Eine Hausgartenidylle mit Sonnendeck, Teich und Schattenplätzen ist hinter dem Reihenhäuschen entstanden. „Pflegeleicht sollte es sein. Als ich
dann die ersten Entwürfe gesehen habe, war
ich erstaunt, was alles in meinen kleinen Garten reinpasst“, rekapitulierte Wolfgang Kreutz.
Die Besucher genossen den Blick auf Eibenhecken und Bambus, Weinranken und den kleinen Kiesweg. Und am Rande des wild-romantisch bepflanzten Gartenteiches kam mitten
in der Stadt andächtige Stille auf.
Umnutzungen und Nachverdichtung
Nicht immer gelingt der Traum vom Wohnen
in der Stadt ohne Probleme. In vielen Fällen
fehlt vor allem ein geeignetes und bezahlbares
Grundstück. Das Architektenpaar Wibke und
Haris Alisic-Haverkamp entdeckte vor einigen
Jahren im Wuppertaler Stadtteil Cronenberg
eine alte Kartonagenfabrik. „Wir haben gleich
gesehen, dass man da etwas draus machen
Blickpunkt | Nordrhein-Westfalen
kann“, erinnert sich Haris Alisic-Haverkamp.
Am Tag der Architektur wollten mehr als 240
Interessierte das Ergebnis bestaunen: 200
Quadratmeter ungenutzte Halle wurden abgerissen und in Holzbauweise wieder aufgebaut.
Zur Straße hin leuchtet nun das Architekturbüro, dahinter liegt das neu errichte Wohnhaus, das mit dem benachbarten Drei-Parteien-Wohnhaus in typisch bergischer Schieferoptik einen reizvollen Kontrast bildet.
Früher Arbeits- heute Wohnort: das kann
auch Architekt Diemo Niemann über sein Objekt in Herford sagen. Er baute eine alte Glockenfabrik um, bewohnt selbst mit seiner Lebensgefährtin eine 200-Quadratmeter-Erdgeschoss-Wohnung, die sämtliche Funktionen in
tischen 360-Grad-Rundblick über die Stadt
bietet. Die Besucher zeigten sich vor allem beeindruckt vom ungewöhnlichen Grundriss der
Wohnung, der alle Räume miteinander verbindet und dadurch vielfältige Blickbeziehungen
ermöglicht. „Ich sehe meine Wohnung auch
als Prototyp an“, erklärte die Architektin. „Wenn
wir die Stadt nachverdichten wollen, sind Flachdächer möglicherweise wichtige und vergleichsweise kostengünstige Baugrundstücke.“
An- und Aufbauten, Umnutzungen und Modernisierungen lockten viele an. Aber auch das
gemeinschaftsorientierte Wohnen liegt im
Trend. Das Projekt „Wir wohnen anders“ von
Monse + Molnar in Bochum entwickelt hat.
14 Parteien wohnen in dem Mehrfamilienhaus
- Roschies selbst im Penthouse auf dem Dach,
die übrigen Wohnungen hat er an Freunde und
Bekannte vermietet. „Der Bedarf für diese Art
zu wohnen ist da“, so die Architekten. Den Beweis lieferten die Besucher, die immer wieder
fragten, wann Monse + Molnar erneut ein Objekt dieser Art planen und ob man sich einmieten könne. Architekt Frank Monse: „Da
sagen wir natürlich: Tun Sie sich zusammen
und kommen Sie zu uns. Dann machen wir
das gemeinsam.“
So kann das Gespräch mit den Besuchern
für die teilnehmenden Kammermitglieder auch
der Kundenakquise dienen. Innenarchitektin
Köln: Architekt Thomas Sanders (l.) plante für die
Eltern seines Patensohns Henri Schlickeiser ein
barrierefreies Wohnhaus mit Staffelgeschoss
Wuppertal: Wibke und Haris Alisic-Haverkamp (o. l.)
Oberhausen: Vera Schmitz (m.) mit Auftraggeber
Henk van Bergen und Besucherin Ulrike Kleifeld
Bochum: Christoph Imöhl (o. 2. v. r.) erläutert den
Hausgarten; Herford: Diemo Niemann (r.) mit
einem beeindruckten Besucher seines Wohn-Lofts.
einem Raum vereint. „Ein Wohn-Experiment,
das uns begeistert“, erläuterte der stolze Bauherr und Architekt den zahlreichen Besuchern.
„Es ist eine andere Form von Wohnen - auch
was den Ort angeht.“
Auf ein Gewerbeobjekt in Münster aus den
1960er Jahren stockte Architektin Claudia
Lethmate ein Staffelgeschoss zum Wohnen
und Arbeiten auf, das nicht nur einen fantas-
Post + Welters Architekten/Stadtplaner in
Dortmund zog mehr als 600 Besucher an, die
erfahren wollten, wie man eine Bauherrengemeinschaft gründet und welche architektonischen Elemente eine lebendige Nachbarschaft ermöglichen.
„Gaudium - gemeinschaftliches Wohnen im
Alter“ ist das Projekt überschrieben, das Bauherr Peter Roschies mit dem Architekturbüro
Vera Schmitz stellte in Oberhausen das von
ihr gestaltete Therapiezentrum von Henk van
Bergen vor. Erste Besucherin am Samstag
Morgen war Ulrike Kleifeld, die selber therapeutische Räumlichkeiten vermietet. Nach dem
Rundgang zeigte sie sich von der Arbeit von
Vera Schmitz so beeindruckt, dass sie spontan einen Termin mit der Innenarchitektin vereinbarte.
t Christof Rose/Melanie Brans
Fotos (3): Christof Rose
Fotos (2): Melanie Brans
Gemeinschaftliches Wohnen
DABregional | 7_8/11
17
Nordrhein-Westfalen | Politik
Foto: Markus Lehrmann
AKNW-Präsident Hartmut Miksch (l.) mit NRWFinanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans
Mehr Investitionen in den
Wohnungsbau
u Der Wohnungsbau bleibt auch zukünftig ein
zentraler Motor zur Umsetzung gesellschaftspolitischer Ziele. Nach Aussagen von Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans hält das
Land Nordrhein-Westfalen weiter daran fest,
den Wohnungsbau im Lande zu stärken, um
breite Bevölkerungsschichten mit preiswertem
Wohnraum zu versorgen.
Minister Walter-Borjans erläuterte in einem
Gespräch mit dem Präsidenten der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hartmut
Miksch, dass auch nach einer Übertragung
des Wohnungsbauvermögens in den Kapitalstock der NRW.Bank mit einer Wohnungsbauförderung in Höhe von 800 Millionen Euro
jährlich geplant werde.
Auch wenn sich die Architektenkammer
wiederholt mit der Forderung zu Wort gemeldet habe, diese Förderung müsse deutlich höher ausfallen, gäbe es angesichts der engen
Haushaltslage zurzeit keine Luft nach oben,
so Dr. Walter-Borjans. Interessiert zeigte sich
der Minister an der stärkeren Nutzung privaten
Kapitals und sprach in diesem Zusammenhang
den Vorschlag der Architektenkammer an,
durch eine verbesserte Abschreibung zum Beispiel für die energetische Ertüchtigung des
Wohnungsbaus Anreize für mehr private Investitionen zu schaffen.
Hartmut Miksch verwies in diesem Zusammenhang auf die Vorzüge des Abschreibungsmodells. Anstelle kurzfristiger Ausgaben durch
eine einmalige Förderung trete der Verzicht
auf zukünftige Einnahmen. Diese würden durch
18
DABregional |7_8/11
spätere Wertschöpfungseffekte merkbar kompensiert. Minister Dr. Walter-Borjans und Präsident Miksch erörterten darüber hinaus die
volkswirtschaftlichen Vorteile, die durch Investitionen in den Wohnungsbau ausgelöst würden. Zitiert wurde in diesem Zusammenhang
ein Gutachten des Rheinisch-Westfälischen
Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) aus
dem vergangenen Jahr, welches die Möglichkeiten der beschleunigten Abschreibung von
Wohnungsbauinvestitionen hervorhebt.
Aufsicht über den BLB NRW
Ein weiterer Dauerbrenner in Gesprächen zwischen Architektenkammer und Finanzministerium ist der Übergang der Fachaufsicht über
den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NordrheinWestfalen auf das Finanzministerium. Diese
Umstrukturierung wurde von der Architektenkammer wiederholt kritisiert, da aus Sicht der
Architektenschaft die Themen Bauen und Baukultur hervorragend im Bauministerium angesiedelt waren und dort traditionell verankert
sind. Die AKNW hält es für problematisch, die
Verantwortung für den Gebäudebestand des
Landes primär unter merkantilen Gesichtspunkten zu betrachten, wie es das NRW-Finanzministerium automatisch tue. Minister
Norbert Walter-Borjans nahm die Kritik interessiert zur Kenntnis.
Ausbildung von Baureferendaren
Am Rande konnte auch über die geplante Neueinführung der Ausbildung der Baureferendare im Bereich der Architektur gesprochen werden. Diese wird nach Planungen der Landesregierung wieder eingeführt. Man war sich
einig, dass dies für beide Seiten Vorteile und
Chancen biete.
Das Gespräch mit Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans steht in einer Reihe bereits mehrfach geführter Gespräche zwischen
Architektenkammer und der Landesregierung.
Es wurde die Fortsetzung des konstruktiven
Dialogs und des vertrauensvollen Umgangs
vereinbart.
t Markus Lehrmann
Stadtentwicklung
255 Millionen Euro für
169 Projekte
u Mit insgesamt 255 Millionen Euro für landesweit 169 Maßnahmen beabsichtigt das
Land NRW im Jahr 2011 zwei Mio. Euro mehr
für integrierte Stadtentwicklung und -erneuerung auszugeben als im Vorjahr. „Die aktuellen
und zukünftigen Herausforderungen wie Migration, demografischer und Klimawandel erfordern mehr denn je aktives Handeln vor Ort.
Nur gemeinsam mit den Städten, Kreisen und
Gemeinden lassen sich die anspruchsvollen
Ziele zur Minderung von Energie- und Flächenverbrauch erreichen“, erklärte der nordrheinwestfälische Bauminister Harry K. Voigtsberger bei der Vorstellung des Städtebauförderprogramms 2011 am 9. Juni in Düsseldorf.
Mit dem Städtebauförderprogramm 2011 werden für 91 Maßnahmen der städtebaulichen
Sanierung und Entwicklung, der aktiven Stadtund Ortsteilzentren sowie des städtebaulichen
Denkmalschutzes Zuschüsse von insgesamt
108 Millionen Euro (Vorjahr: 100 €) bereit gestellt. Berücksichtigt man die ebenso wirkenden
Maßnahmen in den Förderschwerpunkten Soziale Stadt (18), Stadtumbau West (14) und
Kleinere Städte und Gemeinden (10 Maßnahmen), beläuft sich das Fördervolumen insgesamt auf 186 Mio. Euro (Vorjahr: 133 €) für
133 Maßnahmen.
Im Bereich Soziale Stadt enthält die Förderliste insgesamt 38 Maßnahmen mit einem
Volumen von 69 Millionen Euro (Vorjahr: 77).
Davon ist für 19 Maßnahmen mit einer Fördersumme von 25 Mio. Euro eine Bundesmitfinanzierung in Höhe von 6,5 Millionen Euro
vorgesehen. Für die verbleibenden 19 Maßnahmen werden 44 Mio. Euro ausschließlich
aus Landes- und EU-Mitteln eingesetzt. Der
Schwerpunkt des städtebaulichen Handlungsfeldes Soziale Stadt NRW besteht in der Aufwertung und Stabilisierung von benachteiligten Stadtquartieren. „Die negativen Auswirkungen der Bundeskürzungen können wir
damit allerdings nur abmildern, nicht auffangen“, so Minister Voigtsberger.
t pm/ros
Berufspraxis | Nordrhein-Westfalen
Änderung des Nachbarrechtsgesetzes
Mehr Raum für die
Wärmedämmung
u Mitte Mai 2011 hat der Landtag NRW eine
Änderung des Nachbarrechtsgesetzes beschlossen. Nach dem neuen § 23a sind Nachbarn unter bestimmten Voraussetzungen zur
Duldung von Maßnahmen der Wärmedämmung auch dann verpflichtet, wenn die anzubringende Wärmedämmung auf ihr Grundstück
hineinragt.
Der Eigentümer hat die Überbauung seines
Grundstücks zu dulden, wenn sie der Wärme-
dämmung dient und nicht über die Bauteilanforderungen der Energieeinsparverordnung
hinausgeht. Zuvor muss allerdings geprüft
worden sein, dass eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem
Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
Die Überbauung darf die Benutzung des
Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Überbauung
der Grenze tiefer als 25 cm wird.
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hatte das Gesetzesvorhaben begrüßt,
da die Anbringung von Wärmedämmung bei
Bestandsbauten deutlich erleichtert wird. Die
AKNW hatte besonderen Wert darauf gelegt,
dass nicht nur wärmedämmtechnische, sondern auch die damit zusammenhängenden
gestalterischen Maßnahmen der Duldungspflicht unterliegen, damit das bisherige Erscheinungsbild des Gebäudes berücksichtigt
werden kann. Nur so kann das Stadtbild erhalten bleiben, ohne dass es zu einer einseitigen Bevorzugung bestimmter Dämmtechnologien kommt.
Dem betroffenen Eigentümer ist ein angemessener Ausgleich in Geld zu leisten, der einer Anregung der Kammer folgend - die Höhe des Bodenrichtwertes nicht übersteigen
darf.
Mit dem Gesetz wurde zugleich eine Änderung der Landesbauordnung beschlossen.
Rechtsproblem des Monats
Sachwalterhaftung des Architekten nur bei umfassender Beauftragung
u Architektin A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: „Bei dem Bau eines Geschäftshauses
war ich mit Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 beauftragt. Meine Planung sah eine Abdichtung gegen drückendes
Grundwasser vor. Die weiteren Leistungsphasen wurden mir nicht übertragen. Das
Bauvorhaben wurde durch eine bauausführende Firma fertig gestellt. Nach Ablauf von
Gewährleistungsfristen stellt der Bauherr
fest, dass Wasser in den Keller seines Gebäudes eingetreten ist. Muss ich dem Bauherrn bei der Feststellung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen behilflich sein? Hafte ich als Architektin in der
Schadensangelegenheit möglicherweise
auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen? Wie ist die Rechtslage?“
Mit Eintritt der Verjährung von Gewährleistungs- bzw. Sachmängelansprüchen ist die
Haftung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. In Ausnahmefällen kommt jedoch eine
Sachwalterhaftung des Architekten gegenüber dem Bauherrn in Betracht.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann sich aus einer besonderen Vertrauensstellung eines Architekten
gegenüber dem Bauherrn, der Sachwalterstellung, ein Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung ergeben. Im Rahmen dieser besonderen Betreuungsaufgabe obliegt dem Architekten nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber bauausführenden
Firmen, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst
wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung
durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher
Untersuchung und Beratung, mit der ein Architekt möglicherweise sogar die Verjährung
der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche
herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungsansprüche als nicht eingetreten gilt.
Der BGH hat in einer Entscheidung vom
23.07.2009 (VII ZR 134/08) jedoch klarge-
stellt, dass lediglich der umfassend beauftragte Architekt, der auch mit Leistungen
der Bauausführung wie der Objektüberwachung und der Objektbetreuung beauftragt
ist, eine besondere Vertrauensstellung innehat, aus der sich eine Sachwalterhaftung
ableitet. Die zur Sekundärhaftung entwickelten Grundsätze sind nicht auf einen Architekten anwendbar, der lediglich mit Planungsaufgaben beauftragt worden ist.
Sofern Sie lediglich mit planerischen
Leistungen bis zur Ausführungsplanung beauftragt waren, scheidet eine Sekundärhaftung nach den Grundsätzen der Rechtsprechung aus. Es besteht insofern auch keine
Verpflichtung mehr, dem Bauherrn bei der
Feststellung möglicher Schadensersatzansprüche behilflich zu sein.
Bei einer umfassenden Beauftragung einschließlich der Objektüberwachung wäre
die Rechtslage jedoch unter Umständen anders zu beurteilen.
t di
Weitere aktuelle Rechtstipps unter www.
aknw.de, Rubrik „Mitglieder/Berufspraxis“.
DABregional | 7_8/11
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Nordrhein-Westfalen | Berufspraxis
Nach der aktuellen Rechtslage müsste die
Überbauung des Nachbargrundstücks durch
Baulast gesichert sein. Durch die Änderung
von § 4 Abs. 2 BauO NRW wird klargestellt,
dass dies nicht erforderlich ist, wenn eine Außenwand und das Dach eines Gebäudes durch
Maßnahmen zur Wärmedämmung geändert
werden. t Li
Dienstbesprechungen des Bauministeriums
Neues aus dem NRWBaurecht
u In regelmäßigen Abständen führt das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen Dienstbesprechungen mit den Bauaufsichtsbehörden durch. Aus der Niederschrift
der Dienstbesprechungen von Januar und Februar 2011 haben wir verschiedene Themen
aufgegriffen und nachfolgend auszugsweise
dargestellt.
Umgang mit Großveranstaltungen
Der Umgang mit Großveranstaltungen und die
Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörden im
Genehmigungsverfahren solcher Veranstaltungen waren, vor allem vor dem Hintergrund
des schrecklichen Unglücks während der Love
Parade im Sommer vergangenen Jahres in
Duisburg, ein zentrales Thema der Dienstbesprechungen.
Festgehalten wurde, dass die Bauaufsichtsbehörden nicht Veranstaltungen als solche
genehmigen, sondern die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr.1 BauO NRW unterliegen Anlagen des öffentlichen Verkehrs nicht
den Bestimmungen der Landesbauordnung.
Dies allerdings nur solange, wie sie auch als
solche genutzt werden. Werden auf öffentlichen Verkehrsflächen bauliche Anlagen geschaffen, z. B. durch Ein- und Aufbauten oder
wird durch Absperrungen der allgemeine Verkehr geradezu ausgeschlossen, ist dieser Bereich auch als bauliche Anlage zu betrachten
und ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.
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Photovoltaikanlagen – formelle und
materielle Rechtmäßigkeit
Der Beschluss des OVG NRW vom 20.09.2010
(Az.: 7 B 985/10) bestätigt die bisherige Rechtsauffassung der Bauaufsichtsbehörden, dass
eine gewerblich betriebene Photovoltaikanlage eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellen kann. Im konkreten Fall wurde der erzeugte Strom nicht von dem landwirtschaftlichen Betrieb genutzt, sondern
gegen ein monatliches Entgelt in das Netz
eines Energieversorgers eingestellt. Eine solche Nutzungsänderung sei nicht von der Genehmigungsfreistellung des § 65 Abs. 1 Nr.44
BauO NRW erfasst.
Die oberste Baubehörde hat mit Erlassen
vom 13.10.2010 und 27.10.2010 den Bauaufsichtsbehörden Vorgaben für den Umgang mit
möglichen rechtswidrigen Nutzungsänderungen
gemacht. Die oberste Baubehörde geht demnach davon aus, dass die Änderung der Nutzung einer baulichen Anlage dann nicht vorliegt, wenn die größere Menge des dort erzeugten Stroms für den Betrieb der baulichen
Anlage selbst genutzt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob der erzeugte Strom zunächst ins
öffentliche Netz eingespeist wird und sodann
der eigene Bedarf aus dem öffentlichen Netz
gedeckt wird.
Es kommt vielmehr einzig auf die Differenz
zwischen der gesamt erzeugten Strommenge
und dem Energieeigenbedarf an. Liegt diese
Differenz unter 50 Prozent, so liegt keine Nutzungsänderung vor. Bei Photovoltaikanlagen,
die im Außenbereich errichtet werden sollen,
beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Baugesetzbuch. Eine Photovoltaikanlage kann als sogenannter „mitgezogener Betriebsteil“ an der Privilegierung des
landwirtschaftlichen Betriebs nach § 35 Abs.
1 Nr.1 BauGB oder eines Vorhabens nach Nr.
2- 6 BauGB teilhaben. Dies setzt eine unmittelbare Zu- oder Unterordnung der Anlage gegenüber dem landwirtschaftlichen Betrieb voraus.
Der Bundesgesetzgeber beabsichtigt, in
dieser Legislaturperiode das Baugesetzbuch
zu ändern. Es wird erwartet, dass auch die
planungsrechtliche Zulässigkeit von Photovol-
taikanlagen neu geregelt wird. Aus diesem
Grund sind die im Zusammenhang mit dem
Anbringen von Photovoltaikanlagen auf und
an Gebäuden eingetretenen Nutzungsänderungen, die den Baubehörden weder angezeigt
noch für die eine Baugenehmigung erteilt wurde, bis auf weiteres zu dulden.
§ 6 BauO NRW
Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW genügen
auf einer Länge der Außenwände und von Teilen der Außenwände von nicht mehr als 16 m
gegenüber jeder Grundstücksgrenze und gegenüber jedem Gebäude auf demselben Grundstück als Tiefe der Abstandfläche 0,4 H, in
Kerngebieten 0,25 H, mindestens jedoch 3 m.
Da der Gesetzeswortlaut von einer Länge ausgeht, müssen die 16 m an einem Stück liegen.
Eine Aufteilung auf mehrere „privilegierte“
Wandabschnitte, die von Wandabschnitten mit
einer Wandhöhe von 0,8 H unterbrochen werden, ist nicht möglich.
Stellplätze für Altenwohnungen
Auch bei Wohnungen für bestimmte Personengruppen (alte Menschen, Studenten) ist davon
auszugehen, dass ein Stellplatz pro Wohnung
benötigt wird. Die Annahme in Nr. 51.11 VV
BauO NRW, dass sich bei Gebäuden mit Altenwohnungen ein verringerter Stellplatzbedarf
ergeben könnte, wenn die Wohnungen für Personen vom vollendeten 75. Lebensjahr an bestimmt sind, dürfte zwar nach wie vor zutreffen. Das Ausmaß der Reduzierung ist jedoch
im Einzelfall festzustellen. Beispielsweise kann
bei Studenten nicht unterstellt werden, dass
Sie auf einen PKW verzichten. t lap
Die vollständige Niederschrift finden Sie
unter www.aknw.de in der Rubrik „Mitglieder/Berufspraxis“, „Gesetze / Verordnungen“.
Eine Sammlung von Texten und Erläuterungen zum Baurecht NRW finden Sie unter www.aknw.de in der Rubrik „Mitglieder/
Berufspraxis / Rechtsprechung“.
Berufspraxis | Nordrhein-Westfalen
DIN-Entwicklung
u Im Juni 2011 ist die DIN 18065 „Gebäudetreppen“ neu erschienen. Die inhaltlichen Aussagen der bisherigen Ausgabe von Januar 2000
wurden überarbeitet und umstrukturiert. Die
Architektenkammer NRW war in dem Arbeitsgremium im Normenausschuss Bauwesen
durch den Recklinghauser Architekten Diethelm Thielemann vertreten.
Die Norm gilt werkstoffunabhängig für Treppen aus beliebigen Baustoffen; sie gilt allerdings nicht für den Schiffs- oder Maschinenbau, und auch nicht für Freitreppen im Gelände. „Die Norm ist anwenderfreundlicher
gestaltet worden“, fasst Architekt Diethelm
Thielemann zusammen, „da sie die Anforderungen an Gebäude im Allgemeinen und an
Ein- und Zweifamilienhäuser in Tabellenform
gegenüber stellt.“ Diese grundlegende Umstrukturierung betrifft die Hauptabmaße, die
Angabe von Toleranzen sowie die darstellenden
Erläuterungen im normativen Anhang.
Regelungen zu gewendelten Trittstufen sind
hinzugekommen. Zur Vorsicht rät Thielemann
bei abgerundeten Stufenvorderkanten. „Wer
z. B. mit Florentiner-Fliesen arbeitet, sollte darauf achten, dass die Auftrittlänge nur bis zur
Ausrundung zählt, wenn diese einen Radius
von mehr als acht Milimeter hat. Bei beengten
Platzverhältnissen können die dann fehlenden
wenigen Zentimeter entscheidend sein, vor
allem wenn eine Material-Entscheidung erst
sehr spät getroffen wird.“
Die Festlegungen der Norm stellen sicher,
dass die grundsätzlichen Anforderungen der
Landesbauordnungen an Treppen erfüllt werden. Dies betrifft die sichere Begehbarkeit in
der alltäglichen Benutzung ebenso wie die sichere Benutzung der Treppe als Teil des Rettungswegs im Brandfall. Anforderungen aus
dem Arbeitsschutzrecht können über die Festlegungen der Norm hinaus gehen. Zum Beispiel sind in Arbeitsstätten Wendel- und Spindeltreppen im Verlauf des ersten Rettungsweges unzulässig, oder die zulässigen
Geländerhöhen anders geregelt. Ist mit der
Vertritt die AKNW im
Normenausschuss
Bauwesen: der Recklinghauser Architekt
Diethelm Thielemann
Anwesenheit von Kleinkindern zu rechnen,
sollten Treppen mit geeigneten Maßnahmen
gegen unbeaufsichtigtes Betreten gesichert
werden. Soweit barrierefreies Bauen erforderlich ist, sind die Festlegungen durch entsprechende Regelungen der Landesbauordnung
und der Normen zu beachten. t Li
Die Neufassung DIN 18065: 2011-06 wird in
die nächste vierteljährliche Aktualisierung
des Normen-Portals Architektur www.normenportal-architektur.de übernommen.
Baurecht NRW
Überdeckung von
Abstandflächen
u Nach § 6 Abs. 3, 1. Halbsatz BauO NRW
dürfen sich die Abstandflächen vor Außenwänden nicht überdecken. Dieses Verbot gilt für
Gebäude und Gebäudeteile auf demselben
Grundstück und - nach der überwiegenden
Kommentarliteratur zu dieser Bestimmung auch für Abstandflächen von Gebäuden, die
auf verschiedenen Grundstücken liegen. Das
Überdeckungsverbot gilt allerdings nach Halbsatz 2 Nr. 1 nicht für Außenwände, die in einem
Winkel von mehr als 75 Grad zueinander stehen. Die Ausnahmeregelung ist auch auf Wände anwendbar, die sich nicht berühren, aber
nahe beieinander stehen.
In einem solchen Fall sind die Wandfluchten
bis zu deren Schnittpunkt zu verlängern, um
so den Winkel festzustellen. In einem vom OVG
NRW am 30. November 2010 entschiedenen
Fall (Az.: 7 A 431/09) stand eine Seite einer
geplanten Balkonbegrenzung in einem Winkel
Foto: T. Saltmann
Treppen-Norm überarbeitet
von 80 Grad zur Nordseite eines ehemaligen
Stalls; dennoch konnte der Bauherr sich nicht
auf diese Bestimmung berufen. Denn hier war
nicht nur eine Überdeckung, sondern sogar
eine Überschneidung der Abstandflächen gegeben: Die Abstandfläche der Wand erstreckte
sich in den geplanten Balkon hinein.
Das war nach Ansicht des Gerichts nicht
von der Privilegierung erfasst. Diese (einschränkende) Auslegung der Bestimmung ergebe sich
aus der abstandflächenrechtlichen Grundregel des § 6 Abs. 1 Satz 1, wonach vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen
von oberirdischen Gebäuden freizuhalten sind.
Das bedeute, dass in den Abstandflächen
grundsätzlich nichts errichtet werden darf. Eine Ausnahme hiervon sei in § 6 Abs. 11 BauO
NRW geregelt, wonach der Gesetzgeber ausnahmsweise gestatte, dass bestimmte Gebäude u. a. in den Abstandflächen eines Gebäudes zulässig sind.
Diese Ausnahme gelte jedoch nur für die
dort bezeichneten Gebäude; Balkone würden
hiervon nicht erfasst. Abs. 11 sei auf sie auch
nicht analog anwendbar, da bereits keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Denn für Balkone bestehe nach der Wertung des Gesetzgebers mit der Vorschrift des § 6 Abs. 7 Satz
1 Nr. 3 BauO NRW ein eigenständiger Privilet HSCHB
gierungstatbestand.
Stadtentwicklung
UN-Behörde für Bonn
u Die Bundesstadt Bonn wird um eine internationale Institution reicher. Mit dem Global
Crop Diversity Trust (GCDT) wird sich künftig
eine weltweit führende Einrichtung in der UNStadt niederlassen. Wie NRW-Europaministerin Dr. Angelica Schwall-Düren am 9. Juni in
Düsseldorf erläuterte, hat der GCDT die Aufgabe, die dauerhafte Erhaltung und Verfügbarkeit pflanzengenetischer Ressourcen sicherzustellen, um eine nachhaltige Landwirtschaft
und die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung zu gewährleisten. Der Global Crop Diversity Trust wurde 2004 als internationale unabhängige Institution ge­gründet. Sein bisheriger Dienstsitz ist Rom.
t pm/ros
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Nordrhein-Westfalen | Prisma
Düsseldorf
Die Stadt ist weiblich
Stadtmuseum, Berger Allee 2
(bis 4. September 2011)
Container Architektur
NRW-Forum, Ehrenhof 2
(bis 4. September 2011)
Essen
Alles wieder anders - Fotografien aus
der Zeit des Strukturwandels
Ruhr Museum, Gelsenkirchener Straße 181
(bis 4. September 2011)
Herford
Bucky Fuller & Spaceship Earth
Marta, Goebenstraße 4-10
(bis 18. September 2011)
Foto: © Tomas Riehle
Neuss
Álvaro Siza - Von der Linie zum Raum
Museum Insel Hombroich, Raketenstation Hombroich 6
(bis 4. März 2012)
„Siza-Pavillon“: Blick durch den großen Ausstellungsraum von Außen. Architektur: Álvaro Siza
Oberhausen
Magische Orte.
Natur- und Kulturmonumente der Welt
Gasometer, Arenastraße 11
(bis 30. Dezember 2011)
Ausstellungen mit Architekturbezug in Auswahl
22
DABregional |7_8/11
Álvaro Siza – Von der Linie
zum Raum
u Auf der Insel Hombroich in Neuss wurde
im vergangenen Jahr auf dem Gelände der ehemaligen Nato-Raketenstation der sogenannte
„Siza-Pavillon – Forum für räumliches Denken“
eröffnet. Das Bauwerk des portugiesischen
Architekten Álvaro Siza Vieira verbindet sich
in ortsspezifischer Weise mit der landschaftlichen Qualität der Raketenstation. Siza zielte
mit seinem Entwurf auf eine Architektur, die
sich sensibel in die klare Kontur der Landschaft einfügt und in diesem Sinn dem Konzept „Kunst parallel zur Natur“ der Insel Hombroich entspricht. Bis zum 4. März 2012 wird
im „Siza-Pavillon“ nun eine Ausstellung der
Werke des Architekten präsentiert. Der vielfach ausgezeichnete Siza gibt in dieser Schau
anhand einer Auswahl seiner neuesten Bauten und Projekte einen detaillierten Einblick
in seine gestalterische Vorstellungskraft.
Die Bauten Álvaro Siza Vieiras zeichnen
sich durch skulpturale, oft weiße Formen aus.
Sie verbinden sich einerseits mit der Traditon
der stark plastisch geprägten Architektur von
Alvar Aalto, Adolf Loos oder Frank Lloyd Wright,
beziehen sich andererseits aber auch auf die
Traditon seiner portugiesischen Heimat durch
die Verwendung von Putz, Azulejos, Marmor,
Granit und Beton.
Die Ausstellung legt ein Hauptaugenmerk
auf die intensive zeichnerische Tätigkeit des
Architekten. Die Skizze ist in Sizas Arbeitsweise und Werk von entscheidender Bedeutung,
sie ist sein wichtigstes Kreativ-Werkzeug. In
den eigenen Pavillon-Räumen ausgestellt können die Zeichungen somit synergetisch die
Konsequenz räumlicher Vorstellungskraft vermitteln. Architekturmodelle, Fotografien und
Pläne vervollständigen die Werk-Präsentation.
Zur Ausstellung wird ein Katalog herausgeget ehn
ben.
Bis zum 4.3.2012, Siza-Pavillon, Raketenstation Hombroich 6, 41472 Neuss. Info: www.
inselhombroich.de.
PERSONALIEN
Reinhard Jo Billstein feierte
60. Geburtstag
Foto: T. Saltmann
Ausstellungen
Museum Insel Hombroich
u Der Kölner Architekt Reinhard Jo Billstein
feierte am 1. Juli seinen 60. Geburtstag.
Reinhard Jo Billstein wurde 2000 erstmals in
die Vertreterversammlung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gewählt und ist
seither Mitglied in dem höchsten Gremium der
Kammer. In dieser Funktion engagierte er sich
von 2000 bis 2005 im Ausschuss „Wettbewerbs- und Vergabewesen“, seit 2005 arbeitet er im Ausschuss „Planen und Bauen“
mit.
1951 in Köln geboren, absolvierte Reinhard
Jo Billstein zunächst eine Ausbildung zum Betonbauer, bevor er 1970 ein Architektur-Studium an der Fachhochschule Köln aufnahm.
Schon bald nach dem Abschluss begann er
als freiberuflicher Architekt zu arbeiten. 1981
gründete er sein eigenes Architektur- und Ingenieurbüro in Köln. Das Tätigkeitsspektrum
seines Büros umfasst sämtliche Architektenleistungen, Generalplanungen, Projektentwicklungen und Gutachterleistungen. Aufgabenschwerpunkte liegen in den Bereichen
Wohnungs-, Verwaltungs- und Gewerbebau
sowie beim Bauen im Bestand.
Neben seiner berufspolitischen Arbeit für
die Architektenkammer NRW ist Reinhard Jo
Billstein in der Verbandsarbeit aktiv. Seit 1989
gehört er dem Verband Deutscher Architekten
(VDA) an, seit 1993 ist er außerdem Mitglied
im Bund Deutscher Grundstückssachverständiger. Im VDA fungierte er ab 1996 als stellvertretender Vorsitzender, seit 2000 ist er der
Vorsitzende des Verbandes. t ehn
Prisma | Nordrhein-Westfalen
Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis 11
Würdigung für Landschaftspark Mechtenberg
Einkaufszentren
Forum Duisburg erhält
Ehrenpreis beim VIVA Award
Foto: Multi Development
u Das im September 2008 eröffnete Forum
Duisburg hat Ende Mai in Las Vegas einen Ehrenpreis beim VIVA (Vision, Innovation, Value,
Achievement) Best-of-the-Best Award-Wettbewerb erhalten. Das Auszeichnungsverfahren gilt als Champions League der Handelsimmobilien. Konzipiert wurde das Forum
Duisburg von T+T Design aus Gouda, die von
dem Berliner Architektenbüro Ortner & Ortner
Baukunst unterstützt wurden. Das Konzept
setzte die Chapman Taylor Architekten GmbH
um.
Als eines der besten Shopping-Center weltweit ausgezeichnet: Das Forum Duisburg
Das Forum, das von der Multi Development
Germany entwickelt wurde, hatte sich automatisch für die Teilnahme beim VIVA Award
qualifiziert, als es Ende April 2010 vom International Council of Shopping Centres (ICSC
- weltweiter Verband der Shopping-Center-Industrie) als bestes europäisches Einkaufscenter 2010 in der Kategorie „große Center“ ausgezeichnet wurde.
Insgesamt nahmen 17 Projekte aus sechs
Kontinenten an dem VIVA Best-of-the-Best
Award-Wettbewerb teil. Das Forum Duisburg
war eines von fünf Centern, das einen Ehrenpreis erhielt, und neben dem aus Großbritannien stammenden Gewinnerprojekt das einzige Center aus Europa. - Der vom ICSC ausgelobte VIVA Best-of-the-Best Award ehrt und
würdigt weltweit herausragende Einkaufscenter-Entwicklungen im Bereich „Design und Entwicklung“. t ros
u Wegen seines Beitrags „Zur neuen Ästhetik urbaner Landwirtschaft“ ist der Landschaftspark Mechtenberg im Städtedreieck EssenGelsenkirchen-Bochum von Studio Bürgi beim
Deutschen Landschaftsarchitektur-Preis 2011
mit einer Würdigung ausgezeichnet worden.
Die Arbeit des Schweizer Landschaftsarchitektur-Professors Paolo L. Bürgi konnte sich
als eine von acht Würdigungen durchsetzen.
Insgesamt waren 166 Arbeiten zu dem Preisverfahren eingereicht worden.
Die ersten Preise gingen an das Projekt
„Park am Nordbahnhof“ (Berlin) von Fugmann
Janotta Landschaftsarchitektur sowie „Schloss
Freudenstein“ (Freiberg/Sachsen) von Birgit
Hammer Landschafts.Architektur. Die Preisübergabe findet im Rahmen des bdla-Sommerfestes am 15.09.11 in Berlin statt. t ros
INFORMATIONEN
on auf Oberfläche, Muster und Haptik des Gefieders entsteht.
Natur, Tier und menschliche Lebensräume
sind die zentralen Aspekte der künstlerischen
Auseinandersetzung von Nicole Schuck, die
1967 in Herford geboren wurde und heute in
Berlin arbeitet. Die Realisierung des Entwurfs
erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Bau- und
Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen,
Niederlassung Münster, der zugleich Bauherr
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des Gebäudes ist.
Weltkulturerbe
Ausbau der Kaiserpfalz in
Aachen
u Im Juni begannen in Aachen die Umbaumaßnahmen im Bereich Rathaus-Katschhof-Dom.
Ziel der Stadt Aachen ist es, den Bereich der
„Kaiserpfalz“ insgesamt zum Weltkulturerbe
erklären zu können. Dazu hatte die Unesco
der Stadt nach einem ersten Antrag 2009 Auflagen gemacht. Bislang wird allein der Dom
seit 1978 in der Weltkulturerbeliste geführt.
Kunst und Bau
Schnepfe für Neubau an der
Uni Münster
u Ein ganz besonderes Exemplar einer Schnepfe wird in Zukunft Unterschlupf in Münster finden: Auf einer zentralen Wand im Neubau der
geowissenschaftlichen Institute der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wird die
Künstlerin Nicole Schuck eine riesige Wandzeichnung realisieren. Die gebürtige Herforderin ist aus dem vom Land Nordrhein-Westfalen ausgelobten Kunst-und-Bau-Wettbewerb
unter sechs Künstlerinnen und Künstlern als
Siegerin hervorgegangen.
Der Entwurf zeigt eine zweiteilige Wandzeichnung eines Schnepfenvogels, einer Bekassine, die ursprünglich in der Region verbreitet war, aber auf Grund zivilisatorischer
Einflüsse nun vom Aussterben bedroht ist. Sowohl der Kopf als auch Teile des Gefieders
werden fragmentarisch und überdimensionalisiert dargestellt, wodurch eine Konzentrati-
Rendering: baum_architekten
AUSZEICHNUNGEN
Das Projekt „Freiraumgestaltung Weltkulturerbe
Pfalzbezirk Aachen“ wird nach dem Siegerentwurf
von baum_architekten aus Düsseldorf umgesetzt.
Zu den ersten Maßnahmen behört der Bau
einer neuen Freitreppe an der zum Dom gerichteten Rathaus-Rückseite. Wie Oberbürgermeister Marcel Philipp erläuterte, sollen Dom und
Rathaus (die Bauwerke wurden unter Karl dem
Großen als Pfalz-Kapelle und Palast-Aula genutzt) optisch zu einem Ensemble zusammen
wachsen. 1,1 Mio. Euro sind für die Bauarbeiten
veranschlagt. Die Kosten werden größtenteils
von einem Programm des Bundes zur Förderung
der UNESCO-Weltkulturerbestätten getragen,
das Teil des Konjunkturpaketes I ist.
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Nordrhein-Westfalen |Prisma
Studium
„master städtebau NRW“
u Die Bewerbungsfrist für den zweijährigen
weiterbildenden Masterstudiengang „master
städtebau NRW“ der Universität Siegen und
der Fachhochschulen Bochum, Dortmund und
Köln (Studienort Köln) läuft noch bis zum 15.
August 2011. Der Studiengang baut auf den
Erfahrungen der IBA Emscher-Park im Umgang
mit dem Strukturwandel im Land NRW auf.
Der Schwerpunkt im Studium, das berufsbegleitend durchgeführt werden kann, liegt in
der Erarbeitung zukunftsfähiger Lösungen für
den Stadtumbau des hochindustrialisierten
und dicht besiedelten Landes sowie der Entwicklung von ländlichen Regionen in NRW. Es
werden hierzu Grundlagen, Zielvorstellungen
und Instrumente in Theorie und Praxis vermittelt. Der Abschluss „Master of Science“ berechtigt zum Eintrag in die Stadtplanerliste,
zur Promotion an einer europäischen Hochschule sowie zum höheren Beamtendienst. Es
handelt sich um einen universitären Masterabschluss.
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Weitere Infos unter www.master-staedtebaunrw.de. Studienbeginn ist der 6.10.2011.
AUSLOBUNGEN
NRW-Bodenschutzpreis 2011
Gelungenes Flächenrecycling
gesucht
u Bis zum Jahr 2020 will das Land NRW den
täglichen Flächenverbrauch von heute mehr
als elf Hektar auf maximal fünf Hektar reduzieren. Dabei soll das Flächenrecycling zur
Wiedernutzung von Altlasten-Brachflächen einen wichtigen Beitrag leisten (vgl. Rubrik „Politik“). - Mit dem Bodenschutzpreis 2011 will
das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des
Landes NRW im Rahmen der „Allianz für die
Fläche“ Impulse zur Standortverbesserung
und Innenentwicklung setzen. Es sollen zusätzlich Ansätze ausgezeichnet werden, die in
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besonderer Weise die Belange von Biotop und
Artenschutz sowie Bodenschutz und Altlastensanierung miteinander verbinden. Der Landeswettbewerb richtet sich an alle Akteure aus
dem öffentlichen oder privaten Sektor, insbesondere auch an Architekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner. Die eingereichten
Arbeiten werden durch eine Jury beurteilt, der
u. a. Landschaftsarchitekt und AKNW-Vorstandsmitglied Ernst Herbstreit angehört.
Eingereicht werden können Projekte, die
auf baulich vorgenutzten Flächen in NordrheinWestfalen im Zeitraum von 2005 bis 2010
realisiert wurden und eine Folgenutzung erkennen lassen. Abgabeschluss ist 15. August
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2011. Näheres zum Bodenschutzpreis 2011 unter
www.umwelt.nrw.de oder www.aav-nrw.de.
VERANSTALTUNGEN
BDLA NRW
Fachführungen zu drei
Freiraum-Highlights
u In der bundesweiten Veranstaltungsreihe
„Gartenwelten“ präsentiert der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten in NordrheinWestfalen in diesem Sommer drei Parks und
Freiflächen, die kurz vor der Fertigstellung stehen. Der bdla nw will damit der interessierten
Fachwelt und Öffentlichkeit die Möglichkeit
geben, Projekte noch vor der endgültigen Übergabe an den Bauherren zu erleben und mit
den verantwortlichen Landschaftsarchitekten
vor Ort zu diskutieren.
Zu besuchen sind in diesem Sommer die
Umgestaltung der Inneren Hustadt in Bochum
(18.07.11, wbp Landschaftsarchitekten), die
Rheinische Bahn in Essen/Bottrop (27.08.11,
Danielzik + Leuchter) und der Johannisberg in
Bielefeld (15.09.11, LandschaftsArchitektur
Ehrig). t ros
Um Anmeldung wird gebeten unter E-Mail:
bdlanw@blda.de. Weitere Information: www.
bdlanw.bdla.de.
21. - 24.09.2011: REHACARE
Schwerpunkt
„Volkskrankheit Demenz“
u Am 21. September startet in Düsseldorf die
REHACARE. Die internationale Fachmesse für
das Leben mit Handicap erwartet 650 Aussteller aus mehr als 25 Ländern, die Innovationen und Dienstleistungen für Menschen mit
Behinderungen und Pflegebedarf und ältere
Menschen vorstellen. Zielgruppen der REHACARE sind alle Menschen, die nach Lösungen
suchen, so lange wie möglich ein weitgehend
eigenständiges Leben führen zu können.
Am 21. und 22. September wird auf dem
begleitenden REHACARE-Kongress u. a. der
Schwerpunkt „Wohn(t)raum“ diskutiert, mit
Beiträgen zu innovativen Wohn- und Pflegekonzepten für Senioren und Menschen mit Assistenzbedarf. Zudem wird der Fokus auf die
Volkskrankheit Demenz gelegt, die auch an
altengerechte Wohnungen und Heime neue
Anforderungen richtet. „Wir sind der Empfehlung des Messerates gefolgt, in der Bevölkerung weit verbreitete chronische Erkrankungen
wie Demenz, Schlaganfall und Diabetes, die
mit hohem Aufwand an Therapie und Pflege
verbunden sind, in einem wissenschaftlichen
Kongress aufzubereiten,“ so Joachim Schäfer,
Geschäftsführer Messe Düsseldorf.
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Demografie
Bevölkerung in der
Metropole Ruhr schrumpft
u Die Ruhrgebietsbevölkerung ist 2010 weiter geschrumpft. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes IT.NRW lebten Ende
des vergangenen Jahres 5,15 Millionen Menschen in der Metropole Ruhr, gut 22 000 weniger als 2009. Der Negativtrend ist NRW-weit
zu beobachten und resultiert daraus, dass
mehr Menschen sterben als geboren werden.
Größte Stadt bleibt Köln mit 1 007 119, gefolgt
von Düsseldorf mit 588 735 Einwohnern; beide Rheinstädte können ein Wachstum verzeichnen. Drittgrößte Kommune ist Dortmund (580
444), auf Platz 4 folgt Essen (574 635). t idr
Prisma | Nordrhein-Westfalen
Stadtprofile Gelsenkirchen
Park und Grünzüge neu
entdecken
Foto: © Jutta Ssankowski
u In der kleinen Publikationsreihe „Stadtprofile“ hat die Stadt Gelsenkirchen soeben die
vierte Broschüre zum Thema „Parklandschaften“
herausgegeben. Die Stadt im Herzen des Ruhrgebiets verfügt traditionell über eine beachtliche Vielfalt an Grün- und Freiflächen, etwa
Renaturierte Industriebrache: Der Nordsternpark in
Gelsenkirchen
ein Viertel des Stadtgebietes steht unter Landschafts- oder Naturschutz. Zwölf sehr unterschiedliche Parklandschaften aus verschiedenen Epochen seit der Jahrhundertwende
stellt Prof. Dr. Stefan Goch in der neuen Broschüre vor, von bäuerlicher Kulturlandschaft
über adlige Gartenbaukunst, bürgerliche
Volksparks und Volksgärten bis hin zu renaturierten Industriebrachen wie dem Nordsternt ros
Park. Die Broschüre kann unter www.stadtprofilegelsenkirchen.de heruntergeladen oder kostenlos als Printversion bei der Stadt Gelsenkirchen bestellt werden.
Landschaftsarchitektur
Sitzplätze und Sichtschutz
im Garten
u Der Bonner Landschaftsarchitekt Manuel
Sauer ist nicht nur mit seinem Büro Terramus
Landschaftsarchitektur in Bonn erfolgreich,
sondern gibt sein Fachwissen auch gerne wei-
daran denkt, sein Architektur- oder Ingenieurbüro an einen Nachfolger zu übergeben. Das
Buch verdeutlicht, dass die Übergabe eines
inhabergeführten Büros viel mit Psychologie
zu tun hat, und begründet, warum der Kaufpreis fast nie gleich dem materiellen Unternehmenswert ist. Zu den Abschnitten werden
praxisorientierte Hinweise gegeben. t ho
ter - u. a. als Dozent der „Bauherrenseminare“
der Architektenkammer NRW. Auch als Autor
von Büchern, die sich in gleicher Weise an Planer wie an die interessierte Öffentlichkeit wenden, hat sich Manuel Sauer einen Namen gemacht. Mit seinen Büchern verfolgt der Bonner Landschaftsarchitekt auch das Ziel, die
Leserinnen und Leser für die Besonderheiten
von Außenräumen und für gute Fach- und Planungsqualität zu sensibilisieren.
Soeben erschienen ist sein „Ideenbuch
Sitzplätze“, das eine Vielzahl umsetzbarer Lösungen für Terrassen- und Gartengestaltungen
im Einfamilienhaus präsentiert. Die gut bebilderten Projektbeispiele werden ergänzt um
praktische Tipps, wobei insbesondere die technischen Hinweise auch für ein Fachpublikum
von Interesse sein dürften.
Auf einen häufig vernachlässigten Aspekt
der Gartengestaltung richtet Manuel Sauer
mit einer weiteren Neuerscheinung den Blick:
„Sichtschutz im Garten“ stellt Gestaltungsideen mit Mauern, Zäunen und Hecken vor.
Ergänzend werden jeweils Übersichten über
die angesprochenen Pflanzengruppen gegeben. t ros
Dietmar Goldammer: Organisation der Nachfolge im Architektur- und Ingenieurbüro. Bundesanzeiger-Verlag, Köln, 2011.
Neues Emschertal
Warten auf den Fluss
u Das unmittelbare Erleben des Emschertals
war eines der zentralen Elemente der Kulturhauptstadt RUHR.2010. Die Bemühungen, die
frühere „Kloake des Ruhrgebiets“ wieder zu
einem naturnahen Fluss umzugestalten, werden noch bis 2020 laufen. Erlebnisse rund um
diese Flusslandschaft im Wandel schildert das
Buch „Warten auf den Fluss. Das Neue Emschertal im Wandel der Kunst“. Das lockere
Bild- und Lesebuch dokumentiert die temporäre Arbeit „Warten auf den Fluss“, eine bewohnbare Brückenskulptur, welche die Künstlergruppe „Observatorium“ im Sommer 2010
auf der Emscherinsel installiert hatte. Einführende Texte zur Renaturierung der Emscher,
die Erläuterungen der Künstler und viele Impressionen der Besucher vermitteln eine Vorstellung davon, was aus der früheren Tabuzone Emscher einmal werden kann.
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Manuel Sauer: Ideenbuch Sitzplätze. Gräfe
und Unzer Verlag, 2011. 175 Seiten, 19,99 €.
Sichtschutz im Garten. Becker Joest Volk
Verlag, 2011. 168 Seiten, 39,90 €.
Ratgeber für die Praxis
Nachfolge im
Architekturbüro
u Beim Bundesanzeiger Verlag ist gemeinsam mit dem Fraunhofer IRB Verlag in der Edition „Der Bausachverständige“ das Werk „Organisation der Nachfolge im Architektur- und
Ingenieurbüro“ erschienen. Das Buch von Dietmar Goldammer behandelt praxisnah die Organisation der Unternehmensnachfolge speziell in Architektur- und Ingenieurbüros mit
den damit verbundenen Problemstellungen.
Bereits in der Inhaltsangabe werden die wesentlichen konkreten Fragen gestellt, die sich
jeder Architekt und Ingenieur stellen wird, der
Emschergenossenschaft, RVR, Observatorium (Hrsg.): „Warten auf den Fluss“. Klartext
Verlag Essen. 80 Seiten m. v. Abb., 14,95 €
Foto: Edda Gerusel
PUBLIKATIONEN
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