Die Bedeutung des Therapiemonitorings mit elektrophysiologischen

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Die Bedeutung des Therapiemonitorings mit elektrophysiologischen
7. DGA Jahrestagung 2004
Die Bedeutung des Therapiemonitorings mir
elektrophysiologischen Messmethoden bei der
stereotaktischen Strahlentherapie von Akustikusneurinomen
J. Rudolf, Claudia Pambor*, C. Hamann, H. von Specht**, G. Gademann*, B. Freigang
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg; Universitätsklinik für HNO-Heilkunde (Direktor: Prof. Dr. med. B.
Freigang); *Klinik für Strahlentherapie (Direktor: Prof. Dr. med. G. Gademann); **Abt. für Exp. Audiologie und
Med. Physik (Direktor: Prof. Dr. H. von Specht)
Einleitung
In der aktuellen Literatur wird die Strahlentherapie
zunehmend als Alternative zur bisherigen operativen
Behandlung von Akustikusneurinomen (AN) angesehen
[2]. Dem gegenüber führte die ständige Weiterentwicklung der verschiedenen Zugangswege zum inneren Gehörgang und der Verfeinerung der mikrochirurgischen
Techniken seit den frühen 60-er Jahren mit der Erstbeschreibung durch W.F. House [11] zu einer Senkung der
Mortalität auf 0% [14] und zu einer geringen Morbidität
[15]. Weiterhin kann als großer Vorteil der operativen
Therapie die vollständige Tumorentfernung bei erhaltenen
nervalen Strukturen angesehen werden. Durch die Anwendung des intraoperativen neurophysiologischen Monitorings kann man eine gute bis sehr gute postoperative
Funktion (HOUSE-BRACKMANN-Skala I und II, [10])
des Nervus facialis erreichen. In Abhängigkeit von der
Tumorgröße wird dies für intrakanalikuläre Tumoren in
100% [17] und bei Tumorgrößen bis 2 cm extrakanalikulär zwischen 93 und 96 % [9;14] beschrieben. Ein nutzbares Hörvermögen [12] mit einem mittleren Hörverlust aus
dem Reintonaudiogramm bei den Frequenzen 0.5, 1, 2
und 3 kHz (Pure Tone Average – PTA) [1] von weniger
als 30 dB und einer Sprachdiskrimination (SDS) von
mehr als 70% wird im eigenen Patientengut mit präoperativ gutem Hörvermögen in 38 % und ein nutzbares Hörvermögen (PTA <50 dB und SDS < 50% [8]) in 58 %
erreicht und liegt im internationalen Rahmen [20].
Allgemein anerkannt ist eine Verbesserung der Erfolgsrate im Rahmen der Strahlentherapie mit einer Dosisreduktion im Randbereich des Tumors [18]. Dieses
führte nicht nur zu einer ständigen Anpassung der Einzeldosis im Rahmen der Gamma-Knife-Bestrahlung [3;5;7],
sondern zum Übergang hin zur fraktionierten stereotaktischen Bestrahlung mit unterschiedlichen Therapieprotokollen [21]. Eine Reduktion der Beeinträchtigungen des
N. facialis von 17 – 21 % [16;19] auf 5 % [4;6] konnte
durch diese Weiterentwicklung erreicht werden.
Ziel der Studie war es, durch engmaschige audiologische und otoneurologische Nachuntersuchungen, Hinweise auf Veränderungen nach der fraktionierten Strahlentherapie im Randbereich der Tumoren zu erhalten, die durch
veränderte Nervenfunktionen auffallen müssten.
Material und Methoden
Es werden die aktuellen Zwischenergebnisse von 32
Patienten vorgestellt. Das Alter der Patienten lag zwischen 30 und 73 Jahren (Median 50 Jahre). Das AN war
in 12 Fällen rechts und 20 Fällen links lokalisiert. Bei 14
Patienten fand sich nur ein intrameataler Tumor und bei
den übrigen 18 Patienten lag eine zusätzliche extrameatale Tumorausdehnung vor. Zwei Patienten wiesen ein
Tumorrezidiv nach einer operativen Entfernung eines AN
auf (Patienten-Nr. 12 und 22).
Die hypofraktionierte Bestrahlung (5 x 4 Gy) jeden 2.
Tag wurde bei derzeit 21 Patienten unter Verwendung des
BrainLab-Systems durchgeführt. Die Daten von den 11
Patienten mit der normofraktionierten Bestrahlung (30 x
1,8 Gy) wurden mit dem Leibinger-System koordiniert
und über 6 Wochen durchgeführt. Mit diesen Systemen
war eine Abstimmung der Daten der Magnetresonanztomographie (MRT) zur Bestimmung des Tumorvolumens
und der Daten der Computertomographie (CT) zur Koordination zwischen Tumor und der entsprechenden Gesichtsmaske des Patienten möglich. Dosiert wurde jeweils
auf die 90 % Isodose, sodass die Gesamtdosis bei der
hypofraktionierten Bestrahlung im Tumor ca. 4,4 Gy und
bei normofraktionierten 54 Gy betrug. Zur optimalen
Dosisanpassung an das Tumorvolumen erfolgte der Einsatz von 6-8 Bestrahlungsfelder aus verschiedenen Richtungen.
Therapiebegleitend fand eine umfangreiche otoneurologische Funktionsdiagnostik statt. Der Pure Tone Average (PTA) [1] und die Sprachdiskrimination (SDS) nach
dem Freiburger Sprachtest wurden bestimmt. Durch den
Blinkreflex (BR) (pathologisch für die R1-Latenz ab 11.4
ms und ab 1,4 ms im Seitenvergleich) und die Hirnstammaudiometrie (pathologische Interpeaklatenz (IPL) der
Wellen I-V ab 4,4 ms) wurden neurophysiologische Befunde zur Beurteilung des Gesichts- und Hörnerven von
32 Patienten während der Dauer der Strahlentherapie und
im drei- bzw. sechsmonatigem Abstand bis zu 2½ Jahren
danach erhoben. Diese werden mit den Daten aus der
subjektiven Audiometrie und den MRT-Befunden verglichen.
Ergebnisse
Eine Hörminderung im Reintonaudiogramm von mehr
als 10 dB konnte bei 11 Patienten innerhalb der ersten
sechs Monate nachgewiesen werden. Entsprechend der
Einteilung der American Academy of Otolaryngology
(AAO-HNS-Klassifikation) wurden die in der Abbildung
1 dargestellten Einzelverläufe des Hörvermögens gefunden [1].
Im Rahmen der Fazialisdiagnostik vor der ersten
Strahlenbehandlung stellte sich bereits heraus, dass trotz
klinischer Beschwerdefreiheit vier Patienten einen
grenzwertig pathologischen Fazialisbefund im BR hatten
und sogar weitere fünf Patienten einen pathologischen
Befund aufwiesen (Tabelle 1).
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Abbildung 1: AAO-HNS-Klassifikation (1995) [1] mit den Einzelverläufen des Hörvermögens innerhalb der ersten sechs
Monate nach der Bestrahlung eines Akustikusneurinoms, n=32;
AAO-Klasse A: PTA ≤ 30 dB; SDS ≥ 70 %; B: PTA > 30 und ≤
50 dB; SDS ≥ 50 %; C: PTA > 50 dB; SDS ≥ 50 %; D: jeder
PTA; SDS < 50 %
Fazialisbefunde (Blinkreflex) nach 6 Monaten
grenzwertig pathologisch
pathologisch
im Verlauf pathologisch
Therapiebeginn
Therapiebeginn
Pat.Nr. Tumor Nekrose Pat.Nr. Tumor Nekrose Pat.Nr. Tumor Nekrose
19
idem
ja
15
Wachstum
ja
9
Wachstum nein
20
idem
ja
18
Hirndruck
ja
13
Wachstum
ja
21
idem
ja
26
Wachstum
ja
15
Wachstum
ja
32
kein MRT
29
kein MRT
24
kein MRT
31
kein MRT
25
Wachstum
ja
26
Wachstum
ja
Tabelle 1: Patientenbefunde des N. facialis im Blinkreflex unterteilt nach deren Veränderungen in Verbindung zu morphologischen
Veränderungen der Tumoren bestimmt über das MRT
Diese Ergebnisse scheinen eher keinen Rückschluss
auf das postoperative Auftreten einer Nekrose zu, da die
Nekrosen in allen drei aufgeführten unterschiedlichen
Verläufen gleichhäufig zu finden waren. Eine Größenzunahme des Tumors von mehr 2 mm [13] kommt dagegen
häufiger in den drei Gruppen mit pathologischen Fazialisbefunden im BR vor. Alle Patienten hatten im Untersu-
chungszeitraum keine klinischen Funktionsveränderungen
des N. facialis (HOUSE-BRACKMANN-Skala I; [10]).
Die Veränderungen in der Hirnstammaudiometrie zeigten
bei neun Patienten pathologische Werte im Seitenvergleich der IPL der Wellen I-V und scheinen ebenfalls
einen richtungsweisenden Charakter zu besitzen (Tabelle
2).
Pathologische IPL der Wellen I-V nach 6 Monaten
Pat-Nr.
Nekrose
Tumor
4
idem
ja
14
idem
ja
17
kein MRT
23
Wachstum
ja
24
idem
nein
27
Wachstum
ja
28
kein MRT
30
kein MRT
Tabelle 2: Patienten mit pathologischen Veränderungen der Interpeaklatenzen (IPL) der Wellen I-V während der Bestrahlung Verbindung zu morphologischen Veränderungen der Tumoren bestimmt über das MRT
Diskussion
Es konnte anhand dieser Zwischenergebnisse gezeigt
werden, dass die strahlentherapeutische Behandlung von
Patienten mit einem AN bei der Anwendung der hier
vorgestellten Therapieprotokolle zu keiner klinisch nachweisbaren Funktionsbeeinträchtigung des N. facialis führte. Im Blinkreflex auffällige subklinische Veränderung
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innerhalb des ersten halben Jahres korrelieren jedoch mit
morphologischen Veränderungen der Tumoren und können somit erste Rückschlüsse darauf zulassen. Die
Hirnstammaudiometrie konnte bei neun Patienten im
Verlauf pathologische Veränderungen aufweisen.
Diese Ergebnisse rechtfertigen somit die engmaschige
therapiebegleitende otoneurologische Kontrolle dieser
Patienten, da bei aufgetretenen Komplikationen während
der Strahlentherapie schnell Rückschlüsse auf das Tumorverhalten getroffen werden können und somit eine
adäquate Therapie schnell eingeleitet werden kann.
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