Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung im

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Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung im
13
Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen
Unfallkasse Hessen
Leonardo-da-Vinci-Allee 20
60486 Frankfurt am Main
ISBN 978-3-934729-12-4
Regionalbüro Nordhessen
Friedrich-Ebert-Straße 21
34117 Kassel
Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung im Öffentlichen Dienst
Band 13
Arbeitsschutz
Arbeitsschutz und
Gesundheitsförderung
im Öffentlichen Dienst
Gesundheit
Handlungsempfehlungen sowie Ergebnisse aus zwei Umfragen
in Mitgliedsbetrieben der Unfallkasse Hessen in den Jahren 1999 und 2004
Unfallkasse Hessen
Partner für Sicherheit
Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen
Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen
Band 13
ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
IM ÖFFENTLICHEN DIENST
Handlungsempfehlungen sowie Ergebnisse aus zwei Umfragen
in Mitgliedsbetrieben der Unfallkasse Hessen in den Jahren 1999 und 2004
Unfallkasse Hessen
Partner für Sicherheit
Herausgeber:
© Unfallkasse Hessen
Leonardo-da-Vinci-Allee 20, 60486 Frankfurt am Main
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Autor:
Hans Günter Abt, Unfallkasse Hessen
Redaktionelle Bearbeitung:
Pia Ungerer, Unfallkasse Hessen
Grafische Gestaltung und Satz:
Format·Absatz·Zeichen, Niedernhausen
Fotos:
Winfried Eberhardt, Frankfurt am Main
Herstellung:
Manfred Morlok, Universum GmbH
Verlag und Druck:
Universum GmbH, 65175 Wiesbaden
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Recyclingpapier
Verantwortlich für den Inhalt ist der Autor
© für diesen Band: Unfallkasse Hessen
März 2009, 2. überarbeitete Auflage
ISBN 978-3-934729-12-4
Vorwort der Unfallkasse Hessen
Die Unfallkasse Hessen hat ihren Mitgliedern gegenüber eine Doppelfunktion. Einerseits ist sie Dienstleistende, die Führungskräfte und Funktionsträger ihrer Mitgliedsunternehmen durch Beratung, Information
und Schulung bei ihren vielfältigen Verpflichtungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz
unterstützt. Andererseits ist sie auch Aufsichtsbehörde, die ihre Mitglieder anweisen
kann, vorhandene Mängel im Arbeits- und
Gesundheitsschutz zu beseitigen.
Für beide Aufgaben müssen wir den Stand
des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei
unseren Mitgliedern kennen und gleichzeitig deren Wünsche und Erwartungen an uns
als ihre gesetzliche Unfallversicherung. Für
uns ist es außerdem wichtig zu erfahren,
wie die betriebliche Gesundheitsförderung
in den Mitgliedsbetrieben verankert ist. Aus
diesen Gründen – und gleichzeitig als Qualitätssicherung für unsere Präventionsarbeit
– führten wir in den Jahren 1999 und 2004
zwei umfangreiche Befragungen unserer
Mitgliedsbetriebe durch. Die Befragungen
hatten drei Schwerpunkte: die Organisation des Arbeitsschutzes, Aktivitäten der Gesundheitsförderung sowie Stand und Bedarf
an unterstützender Kooperation.
Wir danken dem Hessischen Sozialministerium (HSM) und dem Bundesverband
der Unfallkassen (BUK) für die Unterstüt-
zung und Förderung der Umfragen. Die AOK
Hessen hat eigens für diese Schrift ihre Arbeitsunfähigkeitsdaten für den öffentlichen
Dienst ausgewertet; hierfür bedanken wir
uns herzlich.
Die Ergebnisse der Befragungen sind Anlass
für uns, Führungskräfte, Personal- und Betriebsräte, andere Funktionsträger und auch
alle übrigen Versicherten grundsätzlich über
die Verantwortung der Betriebe und über
ihre Rolle bei der Prävention von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu informieren. Darüber hinaus geben wir Handlungsempfehlungen für alle, die Aktivitäten zur
Gesundheitsförderung in ihren Betrieben
planen, umsetzen oder verbessern wollen.
Information ist der erste Schritt, um notwendige Veränderungen einzuleiten. Diese
Schrift soll eine Grundlage hierfür sein. Für
weiterführende Informationen stehen die
Aufsichtspersonen sowie die Organisationsberatung der UKH bereit, um mit Ihnen vor
Ort weitere notwendige Schritte zu besprechen.
Wir wünschen unseren Mitgliedern viel Erfolg bei der Optimierung des Arbeits- und
Gesundheitsschutzes sowie bei den Aktivitäten zur Gesundheitsförderung in ihren
Betrieben.
Ihre Unfallkasse Hessen
Bernd Fuhrländer
Geschäftsführer
Dr. Torsten Kunz
Leiter Prävention
5
Vorwort des Hessischen Sozialministeriums
Die immer drängendere Fragestellung der
demografischen Entwicklung der Bevölkerung unterstreicht eindrucksvoll, dass die
Menschen das wichtigste Kapital in den Unternehmen sind. Die Sicherheit, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten sind demnach entscheidende Unternehmensziele, die mit den wirtschaftlichen
Zielen in enger Verbindung stehen. Hierzu
liefern der Arbeitsschutz und die betriebliche Gesundheitsförderung wichtige und
nützliche Beiträge.
Die sich daraus ergebenden Aufgabenstellungen des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung werden gleichzeitig
komplexer:
Die Anforderungen an die Beschäftigten steigen und ändern sich stetig. Lebenslanges
Lernen und Erhaltung der physischen und
psychischen Gesundheit sind die zentralen
Bedingungen zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit der Menschen geworden.
Keiner der Akteure im Arbeitsschutz und in
der Gesundheitsförderung kann diese umfangreichen Aufgaben aus eigener Kraft und
alleine erfüllen, seien es die Unfall- oder
Krankenversicherungsträger, die staatliche
Arbeitsschutzverwaltung, die gewerblichen
Präventionsdienstleister oder die betrieblichen Verantwortlichen. Erforderlich ist
vielmehr die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Partner im Arbeitsschutz und
der Gesundheitsförderung. Und in dieser
Zusammenarbeit verstehen sich die Aufsichtsinstitutionen eben auch als Präventionsdienstleister.
Die Unfallkasse Hessen sowie das Hessische Sozialministerium und die hessische
Arbeitsschutzverwaltung verbindet seit der
Einführung des Arbeitsschutzgesetzes vor
über einem Jahrzehnt eine gute Kooperation für wirkungsvollen und effizienten Arbeitsschutz im öffentlichen Dienst. Die hier
vorliegende Untersuchung ist ein Beweis für
konkrete und gelebte Kooperation. Mit der
2005 zwischen der Unfallkasse und dem
Hessischen Sozialministerium abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung ist diese
Kooperation in eine neue Stufe der konkreten Umsetzung in der betrieblichen Praxis eingetreten.
Die in dieser Broschüre dargestellten Ergebnisse veranschaulichen die erfolgreiche
kooperativ gestaltete Aufsichts- und Präventionsarbeit der hessischen Partner. Die
Untersuchungsergebnisse führen zu wichtigen Gestaltungsempfehlungen sowohl für
die Verantwortlichen in den Unternehmen
des öffentlichen Dienstes als auch für die
sie betreuenden Institutionen. Sie stellen
somit auch eine tragende Grundlage für die
gemeinsame Arbeit von Unfallkasse und
staatlicher Arbeitsschutzverwaltung in Hessen dar – in deren doppelter Mission: als
Aufsichtsinstitutionen genauso wie als Präventionsdienstleister.
Ihre
Silke Lautenschläger
Hessische Sozialministerin
7
Inhalt
I
Einleitung
11
II
Organisation von Sicherheit und Gesundheitsschutz
2.1
Aufbauorganisation
Bestellung von Arbeitsschutzexperten
2.2
Elemente des Arbeitsschutzmanagements
Leitlinien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Arbeitsschutzhandbuch
Arbeitsschutzkoordination
Spielräume bei der Arbeitsschutzorganisation
2.3
Auswahlverantwortung und Qualifizierung
Bildungsbedarfsermittlung und Führungskräftequalifizierung
Auswahl externer Beauftragter
Regelwerks- und Wissensmanagement
2.4
Weitere wichtige Organisationsaufgaben
15
18
19
21
23
23
24
25
27
27
29
30
31
III
Umsetzung gesetzlicher Vorgaben zum Arbeitsschutz
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
Beurteilung psychischer Belastungen
34
34
37
IV
Einsatz von Analyse- und Steuerungsinstrumenten für
Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
4.1
Kennzahlen für die betriebliche Gesundheitssituation
Kenntnis der Fehlzeitenquote
Auswertung der Fehlzeitendaten
Gesundheitsbericht
4.2
Exkurs: Arbeitsunfähigkeitsanalysen der AOK Hessen
4.3
Weitere Informationsquellen
Auswertung der Unfalldaten
Auswertung von Krankenrückkehrgesprächen
Mitarbeiterbefragung
4.4
Einsatz von Kennzahlen und Steuerungsinstrumenten
38
38
38
38
41
42
44
44
47
47
50
V
Präventive Ausrichtung des Arbeitsschutzes
53
VI
Führungsinstrumente für Sicherheit und Gesundheitsschutz
Mitarbeitergespräche zu Sicherheit und Gesundheit
Rückkehrgespräche nach Krankheit
Stellenwert strukturierter Kommunikation
58
58
60
61
9
VII
Maßnahmen der Gesundheitsförderung
Thematische Schwerpunkte der Gesundheitsförderungsmaßnahmen in Mitgliedsbetrieben
Unterschiede zwischen den Mitgliedsbetrieben bei
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Kooperationen bei Gesundheitsförderungsmaßnahmen
66
68
VIII
Inanspruchnahme von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Kosten der Teilnehmer an Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Zeit und Ort von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Vorbildung und Vermittlung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Verbindlichkeit von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
69
69
69
70
72
IX
Dienstvereinbarungen und andere Regelungen für Arbeitsund Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung
73
X
Infrastruktur der Gesundheitsförderung
Gesundheitszirkel
Betriebliches Vorschlagswesen
76
78
83
XI
Nutzen von Arbeitsschutz- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen
85
XII
Unterstützung bei Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
Kontakte mit Präventionsinstitutionen
Unterstützungserwartungen für Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Leistungen der öffentlichen Unfallversicherungsträger und ihre
Bedeutung für die Gesundheitsförderung
Inhaltliche Ausrichtung des Unterstützungsbedarfs für die
Gesundheitsförderung
Bedarfsmeldungen und Handlungsbedarf
Kooperation von staatlichen Arbeitsschutzbehörden und
Unfallkasse Hessen
90
90
94
XIII
Plädoyer für eine stärkere Integration von Arbeitsschutz und
Gesundheitsförderung
Beurteilung der Arbeitsbedingungen als Mittelpunkt aller
Gesundheitsaktivitäten
Entwicklung von Führungskompetenz
Angemessene Einbeziehung von Mitarbeitern
Verfügbares Expertenwissen nutzen
Aneignung eines erweiterten Methodenspektrums
Anhang
I
Abkürzungen
II
Fragebogen der Befragung von 2004
10
63
63
96
97
99
100
102
102
105
106
108
108
110
110
111
I
Einleitung
Für die Mitgliedsbetriebe der Unfallkasse
Hessen (UKH) ist die Gesundheit und Unversehrtheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wesentliche Voraussetzung,
um ihre Aufgaben effizient zu erfüllen. Umfangreichere Aufgabenstellungen, kürzere
Fristen zu deren Erledigung sowie qualitativ
höhere Anforderungen prägen auch die Arbeitssituation in öffentlichen Betrieben. Die
Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen gewinnt dadurch an
Bedeutung für die Gegenwart und − angesichts der demographischen Entwicklung −
auch für die langfristige Zukunft. Die gesundheitsgerechte und sichere Gestaltung
der Arbeitsbedingungen ist dafür immer
noch das einflussreichste betriebliche Instrument.
Zugleich stellt sich die Grenze zwischen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft
als fließend dar. Physische und psychische
Anforderungen im Arbeitszusammenhang
beeinflussen nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Kreativität, das Engagement
und die kritische Reflexion. Diese emotionalen und mentalen Erfolgsfaktoren können
gefördert oder gehemmt werden. Die so
genannten weichen Faktoren der Arbeit, die
inhaltliche Ausgestaltung von Tätigkeiten,
die Arbeitsbeziehungen und insbesondere
die Führungsqualität sind hierbei Ausschlag
gebend.
Insofern war die Neuausrichtung der Arbeitsschutzinstitutionen in den 1990er Jahren nur konsequent. Ihre Aufgabe wurde
über die Unfallverhütung und die Vermeidung von Berufskrankheiten hinaus auf die
Verhütung aller arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren ausgeweitet. Die Prävention
zielt nicht nur auf die Vermeidung von Entschädigungsleistungen der gesetzlichen
Unfallversicherung, sondern ebenso auf die
aktive Gesunderhaltung der Beschäftigten.
Die Erfahrungen aus etwa zwei Jahrzehnten
betrieblicher Gesundheitsförderung fließen
in den modernen Arbeitsschutz ein und
werden mit ihm zu einem umfassenden Gesundheitsmanagement in den Betrieben zusammengeführt.
Seit der Erweiterung des Präventionsauftrags
hat sich sowohl in den Arbeitsschutzinstitutionen als auch in den Betrieben viel bewegt.
Die UKH unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe
immer stärker bei der Gestaltung sicherer
und gesunder Arbeitsbedingungen. In den
vergangenen Jahren wurde deshalb vorrangig die Beratung ausgebaut. Dass dies mit
Erfolg geschehen ist, zeigen die Ergebnisse
zweier Umfragen aus den Jahren 1999 und
2004, die in dieser Schrift ausführlich vorgestellt werden (Abbildung 1).
Die Bedeutung der UKH als Beratungsinstitution für Sicherheit und Gesundheit
wuchs in den Jahren 1999 bis 2004 für ihre
Mitgliedsbetriebe deutlich an. Der Zuwachs
ging jedoch nicht zu Lasten anderer Institutionen. Zu diesen wurden 2004 seitens der
Betriebe ebenfalls mehr Kontakte gepflegt,
was für ein steigendes Interesse und den
daraus folgenden Beratungsbedarf spricht.
Die Intensivierung der Zusammenarbeit
ist in der größeren Aufmerksamkeit für die
Themen Sicherheit und Gesundheit begründet, nicht einer Negativentwicklung
bei Arbeitsunfällen oder arbeitsbedingten
Erkrankungen geschuldet. Für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in Landesdienststellen, in
der Kommunalverwaltung und in den vielen
weiteren Mitgliedsbetrieben sind davon positive Resultate zu erwarten.
11
EINLEITUNG
2004
1999
Unfallkasse
Hessen
Staatliche
Ämter für
Arbeitsschutz
Andere
Institutionen
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
Abbildung 1: Kontakte der Mitgliedsbetriebe zu Präventionsabteilungen.
Die UKH greift diesen Anspruch auf. Sie
bietet ihren Mitgliedsbetrieben fachliche
Unterstützung bei der Prävention in unterschiedlicher Form an:
Besichtigung und individuelle Beratung
durch die zuständige Aufsichtsperson
Schulungen für Führungskräfte der verschiedenen betrieblichen Ebenen, für
Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und Sicherheitsbeauftragte
sowie für Personal- und Betriebsräte
Ausbildung von Fachkräften für Arbeitssicherheit für den betrieblichen Bedarf
Organisationsberatung zur Gestaltung
der Aufbau- und Ablauforganisation im
Arbeitsschutz und zur Ausgestaltung
von Gesundheitsförderungsprojekten
Projekte mit Mitgliedsbetrieben zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über arbeitsbedingte Gefahren und zur Erprobung neuer Schutzmaßnahmen.
12
Noch nutzen nicht alle Mitgliedsbetriebe
die vorhandenen Beratungsangebote. In
dieser Broschüre werden die Befragungsergebnisse veröffentlicht und kommentiert.
Darüber hinaus werden Grundlagen einer
guten Arbeitsschutzorganisation verdeutlicht, um den Mitgliedsbetrieben weitere
Hilfestellung zu geben. Das Beratungs- und
Betreuungsangebot der UKH zur Prävention
von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten
Erkrankungen soll Führungskräften, die davon bisher noch wenig Gebrauch gemacht
haben, in seiner ganzen Bandbreite aufgezeigt werden.
Alle angesprochenen Themen werden mit
ausführlichen Informationen und Empfehlungen für die Verantwortlichen und Praktiker im Arbeits- und Gesundheitsschutz
abgehandelt. Anschließend werden die Ergebnisse der Umfragen vorgestellt und kurz
kommentiert. Zur klaren Unterscheidung
sind die Ergebnisse der Umfragen sowie
die dazu gehörenden Kommentare − abweichend vom übrigen Text − in Kursivschrift
verfasst.
EINLEITUNG
Die Umfragen, Ergebnisse und Schlussfolgerungen
der Unfallkasse Hessen
Bei den vorliegenden Erhebungen handelt
es sich um zwei schriftliche Befragungen
von Mitgliedsbetrieben, die vom Institut für
Sport und Sportwissenschaft der Universität Karlsruhe im Auftrag der UKH, des Hessischen Sozialministeriums und des Bundesverbandes der Unfallkassen durchgeführt
wurden. Angeschrieben wurden Mitgliedsbetriebe der Unfallkassen Hessen und Thüringen. Die zweite Befragung im Jahr 2004
war als Wiederholungsbefragung konzipiert
und orientierte sich deshalb weitgehend an
dem Fragenkatalog der Erstbefragung 1999.
Lediglich einige Fragen zur Organisation
des Arbeitsschutzes wurden ergänzt, um Basisinformationen für die Organisationsberatung der UKH zu erhalten (s. a. Fragebogen
im Anhang). Die hier veröffentlichten Ergebnisse beziehen nur die hessischen Betriebe
und Dienststellen mit ein.
Letztlich nahmen 135 Mitgliedsbetriebe in
Hessen an beiden Umfragen teil, so dass
sich auf dieser Basis Entwicklungstendenzen beim Arbeitsschutz und bei der Gesundheitsförderung im öffentlichen Dienst
aufzeigen lassen. Die Auswertung wird weitgehend in einer einheitlichen Form und Dar-
Durchgeführte Umfragen
Erstbefragung
1999
Zweitbefragung
2004
Befragte
Mitgliedsbetriebe der
Unfallkasse Hessen
Erhebungsart
Schriftliche Befragung
Durchführung
Universität Karlsruhe
stellung vorgenommen. Entsprechend der
Mitgliederstruktur der UKH werden jeweils
drei Gruppen miteinander verglichen. Zum
einen wird zwischen Landesdienststellen,
Kommunen und Kreisen einschließlich ihrer
vielfältigen Verwaltungseinheiten und Eigenbetriebe sowie anderen Betrieben, die in
jedem Fall über eine eigene Arbeitsschutzorganisation verfügen wie Krankenhäuser und
Sparkassen, unterschieden. Zum anderen
werden die Mitgliedsbetriebe anhand der
Anzahl ihrer Beschäftigten in drei Größenordnungen eingeteilt und miteinander verglichen, wobei die genaue Aufteilung pragmatischen Kriterien folgt. Die Trennlinien
werden bei 150 und bei 400 Beschäftigten
gezogen, um eine Einteilung in angemessen
große Gruppen vorzunehmen.
Basis der vorgenommenen Auswertungen
Teilnehmende Betriebe an beiden Befragungen, darunter
135
−
Landesdienststellen
44
−
Kommunen und Kreise
63
−
Andere Betriebe (Krankenhäuser, Sparkassen usw.)
28
Betriebe mit Angabe der Beschäftigtenzahl, darunter
126
−
Betriebe unter 150 Beschäftigte
48
−
Betriebe zwischen 150 und 399 Beschäftigten
41
−
Betriebe mit 400 und mehr Beschäftigten
37
13
EINLEITUNG
Die Umfragen richteten sich zwar an Organisationen, doch ausgefüllt wurden die Fragebögen letztlich von Menschen. Die Auswahl der antwortenden Personen sowie das
genaue Prozedere wurden jeder Organisation selbst überlassen. Naturgemäß nehmen
die Befragten eine zentrale Position in ihrem
jeweiligen Betrieb ein. Daher ist bei der Bewertung der Ergebnisse zu beachten, dass
Aktivitäten in zentraler Verantwortung besser abgebildet sein können als Aktivitäten
in dezentraler Zuständigkeit. Trotz dieser
Unzulänglichkeit gewähren die Ergebnisse
wichtige Einblicke in die Situation und zei-
1)
14
gen die Trends der Mitgliedsbetriebe beim
Arbeitsschutz und in der Gesundheitsförderung auf.
Eine Auswertung der Umfragen wurde von
der Universität Karlsruhe unter wissenschaftlichen Fragestellungen vorgenommen.
Sie umfasst jedoch vor allem globale Aussagen zum Stand der Gesundheitsförderung
im öffentlichen Dienst in Hessen.1) Die vorliegende Broschüre enthält hingegen eine größere Auswahl detaillierter Ergebnisse. Diese
sind für die UKH Anlass, auf Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen.
Download der Zusammenfassung unter: www.sozialnetz.de ➝ Arbeit und Gesundheit ➝ infoline Gesundheitsförderung ➝ zum Informationsangebot ➝ Aktuelle Informationen ➝ Dokumentationen und Projektergebnisse.
II
Organisation von Sicherheit und Gesundheitsschutz
Der Unternehmer ist für die Arbeitsschutzorganisation in seinem Betrieb verantwortlich.
Dieser lapidar klingende Auftrag umfasst
jedoch bereits vielfältige Festlegungen und
Handlungen, die Bürgermeistern, Dienststellenleitern, Betriebsleitern oder Geschäftsführern durch rechtliche Vorschriften
auferlegt werden. Die Organisation von Sicherheit und Gesundheitsschutz umfasst
drei Bereiche:
Aufbauorganisation
Sie umfasst die Festlegungen zur Aufgabenverteilung auf verschiedene Verantwortliche im Betrieb. Jede Auswahl sollte
mit einer Prüfung der fachlichen Befähigung der beauftragten Person verbunden sein. Deshalb gehören Fragen der
Aus-, Fort- und Weiterbildung mit in den
Themenkreis der Aufbauorganisation.
Ablauforganisation
Vorgaben der obersten Leitung für wichtige Prozesse, die der Durchführung von
Maßnahmen zum Arbeitsschutz dienen,
beeinflussen den Umfang der Arbeitsschutzaktivitäten, vor allem aber den
Stellenwert der Prävention im Betrieb.
Einheitlichkeit, Abstimmung und Zusammenarbeit nach festgelegten Regeln erleichtern die Umsetzung der komplexen
Arbeitsschutzvorschriften.
Strukturen für Gesundheitsförderung
Vorschriften für die Organisation der
Gesundheitsförderung existieren nicht.
Von besonderem Interesse ist deshalb,
welche organisatorischen Strukturen die
oberste Leitung in eigener Verantwortung schafft, um Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu integrieren.
In allen öffentlichen Betrieben findet man
praktisch Organisationsansätze für den
Arbeitsschutz vor. Doch unter qualitativen
Aspekten gibt es große Unterschiede, die
zum Teil innerhalb eines Mitgliedsbetriebs
nebeneinander bestehen. Ein Stufenmodell kann dies veranschaulichen, wobei die
höheren Stufen die niedrigeren immer einschließen (Abbildung 2).
Die rudimentäre Form der Arbeitsschutzorganisation sind punktuelle Regelungen von Verantwortlichkeiten in Form
von Bestellungen und einzelnen Aufgabenzuweisungen ohne Umsetzungsvorgaben. Vielen Führungskräften ist ihre
Verantwortung für den Arbeitsschutz
noch nicht hinreichend bekannt. Defizite
in der Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften sind unter diesen Umständen
die zwangsläufige Folge.
Die zweite Stufe, die routinierte Durchführung von Schutzmaßnahmen, ist in
vielen technischen Betrieben Praxis, in
denen das klassische Verständnis von
Arbeitsschutz im Sinne von Sicherheitstechnik Tradition hat.
ASM-Verbesserung
kontinuierlich angestrebt
Gefahren planmäßig
angegangen und Erfolg überprüft
Gefahren vorausschauend
vermieden oder reduziert
Schutzmaßnahmen
routiniert durchgeführt
Bestellungen und
Beauftragungen erfolgt
Abbildung 2: Qualitätsebenen der Arbeitsschutzorganisation.
15
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Eine weitere Qualitätsstufe wird erreicht,
wenn das Bemühen um die Vermeidung
oder die weitgehende Reduzierung von
Gefahren organisiert angegangen wird.
Dies setzt vor allem eine Berücksichtigung der Arbeitsschutzaspekte in Planungs-, Bau- und Beschaffungsprozessen voraus.
Von Arbeitsschutzmanagement (ASM)
kann erst auf der nächsten Stufe gesprochen werden, wenn alle zuvor genannten
Aktivitäten zielorientiert und planmäßig
erfolgen und auch die Wirkung der getroffenen Maßnahmen überprüft wird.
Eine letzte Steigerung der Qualität ist
das auf dem ASM aufbauende, abgestimmte Bemühen um eine ständige
Prozess- und Ergebnisverbesserung
beim Arbeitsschutz. Dies gelingt durch
die wiederholte, lebendige Abfolge der
Elemente des Managementkreislaufs,
von betrieblicher Zielsetzung, Planung,
Durchführung und Überprüfung.
Für die Gesundheitsförderung fehlt eine
gesetzliche Verpflichtung, an der man den
Grad der Umsetzung festmachen könnte.
Qualitätsunterschiede lassen sich jedoch
auch hier an der Zielorientierung und Systematik erkennen (Abbildung 3):
Betriebliche Gesundheitsförderung kann
sich bereits im Angebot einzelner Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
erschöpfen. Beschäftigte, die am Angebot interessiert sind, nehmen es in
Anspruch, andere nicht. Eine Steuerung
seitens des Betriebs erfolgt nicht.
Über die meist zufällig ausgewählten
oder von außen angeregten Angebote
kommt nur hinaus, wer Analyseinstrumente einsetzt. Diese können sich auf
die Bedürfnisse der Beschäftigten oder
auf deren Gesundheitssituation beziehen.
Bildet eine konkrete betriebliche Zielsetzung den Hintergrund, die explizit formuliert und überprüfbar ist, so ist eine
weitere Qualitätsstufe erreicht.
Sind die Analyseinstrumente ebenso
wie die Maßnahmen selbst in ein Gesamtkonzept eingebunden, das auch
eine Überprüfung vorsieht, spricht man
von einem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Viele Programme,
die durch die Gesundheitsförderung
eine Verbesserung der Anwesenheit erreichen wollen, erheben außerdem den
Anspruch des Anwesenheits- oder Fehlzeitenmanagements.
Wie beim Arbeitsschutz bildet die
höchste Qualitätsstufe das kontinuierliche Gesundheitsmanagement, verbunden mit dem Anspruch, ständige Verbesserungen zu erzielen.
BGM-Verbesserung
kontinuierlich angestrebt
Betriebskonzept
Gesundheitsmanagement
Betriebliche Zielsetzung
für Gesundheitsförderung
Analysen zum Bedarf von
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Angebot betrieblicher
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Abbildung 3: Qualitätsebenen der betrieblichen
Gesundheitsförderung.
16
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Bei Organisationsentscheidungen zum Arbeitsschutz sind die Betriebe nicht völlig
frei, sondern müssen die vorhandenen Vorschriften berücksichtigen, die teilweise konkrete Vorgaben beinhalten. Die Vielzahl an
Vorschriften wird häufig beklagt. Sie spiegelt jedoch die Vielfalt an Gefahren wider,
die mit der Arbeit verbunden sein können.
In stark ausdifferenzierten Betrieben mit
sehr heterogenen Tätigkeiten muss daher
ein erheblicher Teil der Vorschriften zur Anwendung kommen. Die Zuordnung der wichtigsten Vorschriften zu betrieblichen Aufgaben im Arbeits- und Gesundheitsschutz
kann hierbei eine Orientierung geben.
Auswahl der wichtigsten Vorschriften zum Arbeitsschutz
Thema
Gesetzliche Unfallversicherung
Verantwortung
Beauftragung von Betriebsärzten und
Fachkräften für Arbeitssicherheit
Beschaffung von Betriebsmitteln
Beschaffung von Stoffen
Zusammenarbeit mit Fremdfirmen
Schutz besonderer Personengruppen
Erste Hilfe
Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen
Verkehrssicherung
Prüfung von Betriebsmitteln
Vorschriften
Sozialgesetzbuch VII (SGB VII)
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention
(GUV-V A1)
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insb. §§ 618, 823,
831
Ordnungswidrigkeitengesetz (OwiG), § 9
Strafgesetzbuch (StGB), §§ 13, 14
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
Unfallverhütungsvorschrift GUV-V A6/72)
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
(ArbMedVV)
Geräte- und Produktesicherheitsgesetz (GPSG)
Verordnungen zum GPSG (GPSGV)
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), § 8
Baustellenverordnung (BaustellV), § 3
Unfallverhütungsvorschrift GUV-V A1, § 6
Mutterschutzgesetz (MuSchG),
Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz
(MuSchArbV)
Kinderarbeitsschutzgesetz (KindArbSchG)
Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), insb. Prävention nach
§ 84 (2)
Sozialgesetzbuch VII (SGB VII)
Unfallverhütungsvorschrift GUV-V A1, §§ 24 ff.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), §§ 5 und 6
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), § 3
Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV), § 3
Biostoffverordnung (BioStoffV), §§ 5 bis 8
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), § 7
PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV)
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insb. §§ 829, 836 bis
838 und 842
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Betriebsmittel“ (GUV-V A3)
2) Geplant ist deren Ablösung in naher Zukunft durch die Unfallverhütungsvorschrift GUV-V A2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“.
17
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
2.1
Aufbauorganisation
Der Schutz von Leben und Gesundheit ist
Verfassungsgrundsatz. Neben dem ArbSchG
und den nachfolgenden Verordnungen lässt
sich die Verantwortung für die Sicherheit und
Gesundheit der Beschäftigten sowohl aus
dem BGB herleiten, als auch aus den sanktionierenden Vorschriften des OWiG und des
StGB. Die Arbeitsschutzvorschriften schreiben die Verantwortung für die Vermeidung
von Unfall- und Gesundheitsrisiken aber
auch für die Umsetzung von Schutzmaßnahmen stets der Unternehmensleitung zu.
Die Verantwortung für die Umsetzung des
Arbeitsschutzes ist vorrangig mit der Linienorganisation der Betriebe verknüpft. Die
Führungskräfte stehen mit der Übernahme
ihrer Position im Betrieb in der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter. Unabhängig von
konkreten Arbeitsschutzvorschriften müssen diese für Sicherheit und Gesundheit bei
der Arbeit sorgen (§ 618 und § 823 BGB).
Führungskräften wächst die Verantwortung
für die Umsetzung des Arbeitsschutzes auch
ohne formalen Auftrag zu. Die konkrete Verantwortung einer Führungskraft ist an ihren
Befugnissen abzulesen. Was sie entscheiden kann, muss mit den Belangen von Sicherheit und Gesundheitsschutz in Einklang
stehen.
Daneben werden bestimmte Aufgaben Spezialisten oder ausgewählten Personen mit
koordinierender Funktion übertragen. Damit sind alle Aufgaben gemeint, die man
in einem Organigramm des betrieblichen
Arbeitsschutzes abbilden kann. Folgende
Beauftragungen sind vorgeschrieben:
Betriebsarzt
Fachkraft für Arbeitssicherheit
Sicherheitsbeauftragte3)
Ersthelfer
Vorgeschriebene Beauftragungen bei
Bedarf:
Strahlenschutzbeauftragter
Hygienebeauftragter
andere prüfberechtigte Personen
Nicht gesetzlich vorgeschrieben,
aber zweckmäßig sind oft folgende
Beauftragungen:
Arbeitsschutzkoordinator bzw.
Vertreter des Unternehmers im
Arbeitsschutzausschuss
Brandschutzbeauftragter
Zuständiger für Verkehrssicherung
in zentralen Bereichen.
Nicht für jeden Betrieb sind die zuletzt genannten Festlegungen optional. Sachversicherungen verlangen gelegentlich in ihren
Versicherungsverträgen bestimmte Beauftragungen, zum Beispiel für Brandschutz.
Im Folgenden wird die Bestellung der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit − gemeinsam als Arbeitsschutzexperten bezeichnet − vertiefend behandelt,
die für den betrieblichen Arbeitsschutz eine
herausragende Rolle spielt und auch in den
Umfragen Thema war.
3) Sicherheitsbeauftragte sind Mitarbeiter, die ihre Vorgesetzten ehrenamtlich in Fragen des Arbeitsschutzes unterstützen. Wegen ihrer in § 22 SGB VII festgelegten Bezeichnung werden sie oft gleichgesetzt mit Mitarbeitern, denen bestimmte Sicherheitsaufgaben übertragen sind. Die gesetzlichen Sicherheitsbeauftragten haben in ihrer Funktion jedoch keinerlei Umsetzungsverantwortung.
18
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Bestellung von Arbeitsschutzexperten
Die Betreuung der Mitgliedsbetriebe durch
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit hat bereits eine lange Tradition.
Im ASiG werden die Aufgabenkataloge von
Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit beschrieben. Erfahrungsgemäß
werden die dort festgelegten Aufgaben nur
zum Teil durchgeführt. Dies gilt vor allem für
solche Betriebsärzte, die fast ausschließlich als externe Dienstleister für die Mitgliedsbetriebe tätig werden. Ihre Tätigkeit
beschränken sie häufig fast ausschließlich
auf arbeitsmedizinische Untersuchungen
und Wiedereingliederungsverfahren. Doch
auch zur Mitwirkung an Gefährdungsbeurteilungen und zur Beratung über arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sind Betriebsärzte unverzichtbar. Eine solche Mitwirkung
setzt überdies die Kenntnis der Arbeitsplätze − und damit gelegentliche Begehungen
− bei Fachkräften für Arbeitssicherheit und
Betriebsärzten voraus. Ausdrücklich wird
die Überprüfung von Krankmeldungen aus
dem betriebsärztlichen Leistungskatalog
ausgeschlossen.
Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen
Vorsorge (ArbMedVV) sieht Untersuchungen
vor, die im ASiG nicht konkretisiert sind.
Außerdem verlangen die GefStoffV, die Bio
StoffV sowie die LärmVibrationsArbSchV bei
vorhandenen Gefährdungen die arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten. Diese Aufgaben sollten in den Bestellungen der
Betriebsärzte ausdrücklich berücksichtigt
werden oder aber anderen arbeitsmedizinisch qualifizierten Ärzten übertragen werden.
Bei der Bestellung von Betriebsärzten und
Fachkräften für Arbeitssicherheit lohnt ein
Blick in das ASiG sowie in die ArbMedVV.
Die Einsatzzeiten für Betriebsärzte und
Fachkräfte für Arbeitssicherheit werden
durch die Unfallversicherungsträger genauer festgelegt. Die GUV-V A6/7 spezifiziert die Mindesteinsatzzeiten für verschiedene Betriebsarten. Die Differenzierung der
Einsatzzeiten orientiert sich an der Anzahl
der Beschäftigten sowie an den möglichen
Gesundheitsrisiken.
Unsicherheiten und Missverständnisse
gibt es erfahrungsgemäß häufig bezüglich
der Einsatzzeiten von Betriebsärzten. Die
Mindesteinsatzzeit soll nicht die gesamte
betriebsärztliche Tätigkeit abdecken, sondern nur die Aufgaben nach dem ASiG.
Dieses führt in § 3 die allgemeinen arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchungen
mit auf. Darüber hinaus gibt es jedoch die
ArbMedVV, die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen verlangt.
Diese fallen nicht unter die Mindesteinsatzzeiten, sondern sind zusätzlich anzurechnen, was in der Vertragsgestaltung zu
berücksichtigen ist. Die in Bearbeitung befindliche neue UVV GUV-V A2 wird an dieser
Stelle für Klarheit sorgen.
Beratung des Arbeitgebers und der für Arbeitsschutz verantwortlichen Personen
(d. h. auch der Führungskräfte)
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
arbeitsmedizinische Untersuchung, Beurteilung und Beratung der Arbeitnehmer
Dokumentation und statistische Aufbereitung der Untersuchungsergebnisse
Ursachenanalyse bei arbeitsbedingten Erkrankungen
Vorschläge für Maßnahmen gegen arbeitsbedingte Erkrankungen
Begehungen der Arbeitsplätze
Belehrung der Betriebsangehörigen über Gefahren und Präventionsmaßnahmen
Mitwirkung an der Einsatzplanung und Schulung der Ersthelfer und medizinischen Hilfspersonals
NICHT: Überprüfung von Krankmeldungen
Abbildung 4: Aufgabenschwerpunkte von Betriebsärzten nach dem ASiG.
19
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Mindesteinsatzzeiten für Betriebsärzte
und Fachkräfte für Arbeitssicherheit:
GUV-V A6/74)
Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Lärm
oder Vibrationen: Lärm- und VibrationsArbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV)
Die wichtigsten Vorschriften für den Einsatz
der Arbeitsschutzexperten
Aufgaben der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit: ASiG, insb.
§§ 3, 6, 10 und 11
Gefährdungsbeurteilung bei biologischen Arbeitsstoffen: BioStoffV, § 8
Gefährdungsbeurteilung bei Gefahrstoffen: GefStoffV, § 7 (7)
Arbeitsmedizinische Untersuchungen:
Verordnung zur arbeitsmedizinischen
Vorsorge (ArbMedVV)
Arbeitsmedizinische Vorsorge bei biologischen Arbeitsstoffen: BioStoffV, §§ 15,
15a und Anhang IV
Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Gefahrstoffen: GefStoffV, §§ 15, 16 und Anhang V
Über die Aufbauorganisation in den Mitgliedsbetrieben gibt die Umfrage nur begrenzt Auskunft. 2004 wurden hierüber
mehrere Fragestellungen hinzugefügt, so
dass sich nicht immer eine Entwicklung abzeichnen lässt. Die Bestellung der wichtigsten Experten im Arbeitsschutz, nämlich der
Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, wurde in beiden Jahren erhoben.
Das ASiG schreibt ebenso wie die UVV deren
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 5: Mitgliedsbetriebe mit bestellten Betriebsärzten.
4) Sie wird spätestens 2010 durch die GUV-V A2 ersetzt. In Abstimmung mit den Berufsgenossenschaften
und dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung wird die Letztere wesentliche Veränderungen
bei der Berechnung der Einsatzzeiten mit sich bringen.
20
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
der betreuten Beschäftigten war höher als
der Anteil der betreuten Betriebe, weil nur
in einigen Kleinbetrieben die Bestellung
nicht erfolgt oder den Befragten wegen der
seltenen Präsenz der Arbeitsschutzexperten
unbekannt war.5)
schriftliche Bestellung einschließlich der
Aufgabenübertragung vor.
Die gesetzlich vorgeschriebene Bestellung
von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit wurde fast vollständig umgesetzt (Abbildungen 5 und 6). Der Anteil
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 6: Mitgliedsbetriebe mit bestellten Fachkräften für Arbeitssicherheit.
2.2 Elemente des Arbeitsschutzmanagements
Die Vorschriften verlangen von keinem
Betrieb ein Arbeitsschutzmanagement,
sondern lassen den Unternehmen großen
Spielraum, wie sie die Anforderungen umsetzen. Die Broschüre behandelt deshalb
im folgenden wichtige Elemente von Managementsystemen für Sicherheit und Ge-
sundheitsschutz, die auch in der Befragung
erfasst wurden. Sie sind auch im Einzelnen
als zweckmäßig für eine gute Arbeitsschutzorganisation anzusehen. Insofern ist es von
Interesse, inwieweit die Mitgliedsbetriebe
der UKH über praktische Erfahrung mit diesen Instrumenten verfügen.
5) Die Unkenntnis zentraler Stellen über die erfolgte Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit ist als Indiz für einen schlecht integrierten Arbeitsschutz zu werten.
21
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Zum Arbeitsschutzmanagement gehören
sowohl transparente Zielvorstellungen und
Handlungsmaximen als auch eine transparente Organisation. Arbeitsschutzaufgaben
sind verbindlich zugeteilt. Hinzu kommt die
wiederkehrende Abfolge des Managementkreislaufs mit einem Soll-Ist-Abgleich, der
Planung von Arbeitsschutzmaßnahmen,
eine Umsetzungsphase mit anschließender
Überprüfung der Ergebnisse. Dieser Kreislauf ist auf Betriebsebene zu durchlaufen,
aber auch in jedem Bereich. Eine umfangreiche Dokumentation gewährleistet die
Nachvollziehbarkeit und damit die Rechtssicherheit bei Überprüfungen von außen und
gilt als Nachweis der verlangten Aktivitäten
im internen Kontext. Eine Einhaltung formalisierter Systemanforderungen setzt ein Arbeitsschutzmanagement nur dann voraus,
wenn der Anspruch auf eine Zertifizierung
erhoben wird.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 7: Mitgliedsbetriebe mit einem Arbeitsschutzmanagementsystem.
Ein Arbeitsschutzmanagementsystem setzt
voraus, dass viele Festlegungen und Aktivitäten zielorientiert ausgerichtet sind und in
einem sinnvollen Zusammenhang zu einander stehen. Dies lässt sich mit einer standardisierten Befragung nicht überprüfen.
Die vorliegenden schriftlichen Befragungen
erfassten nur den Anspruch der Befragten
und verschiedene Ausschnitte, die in ausgearbeiteten Managementsystemen eine
wichtige Rolle spielen.
22
Etwa jeder fünfte Mitgliedsbetrieb beansprucht, ein Arbeitsschutzmanagementsystem realisiert zu haben, von den größeren
Betrieben sogar jeder vierte (Abbildung 7).
Dieser Trend wird am stärksten von Krankenhäusern gefördert, denen die Zertifizierung
nach Qualitätsmanagementkriterien abverlangt wird und die diese durch Umwelt- und
Arbeitsschutzmanagement ergänzen. Darüber hinaus gibt es aber auch entsprechende
Initiativen bei Landesdienststellen, Kommunen und Kreisen.
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Leitlinien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Ein Managementsystem verlangt nach einer
„Politik“: zum Beispiel in Form einer Leitlinie für Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Darin werden üblicherweise Grundsätze für
das betriebliche Handeln auf diesem Gebiet
festgelegt. Natürlich kann eine solche Leitlinie auch erarbeitet werden, um die Verbesserung der Arbeitsschutzorganisation
anzupacken.
Inhalte einer Leitlinie sind:
Stellenwert des Arbeitsschutzes im Unternehmen
Bedeutung der Prävention von Unfällen
und arbeitsbedingten Erkrankungen
Sicherheits- und Gesundheitsstandards
des Unternehmens
Verantwortungsgrundsätze, insbesondere für die Führungsverantwortung
Integration des Arbeitsschutzes in die
betrieblichen Prozesse
Gesundheitsverträglichkeit und Sicherheit von Arbeitsverfahren
Gesundheitsverträglichkeit und Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen
Grundsätze für Abläufe wie Unfalluntersuchungen und Notfallregelungen
Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter
Berichterstattung über Arbeitsschutzaktivitäten
Streben nach Verbesserung
Anforderungen an den Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Geschäftspartnern
Mit einer Leitlinie für den Arbeits- und Gesundheitsschutz arbeitete 2004 nur eine
kleine Minderheit der Mitgliedsbetriebe. Jeder siebte größere Betrieb verfügte über eine
solche Leitlinie, aber nur jeder 50ste mittlere
oder kleinere Betrieb. Die Kommunen und
Kreise standen hierbei am weitesten zurück.
Arbeitsschutzhandbuch
Zertifizierbare Managementsysteme verlangen eine ausführliche Dokumentation
wichtiger Aktivitäten. Dies kann in einem
eigenen Handbuch oder im Rahmen einer
umfassenderen Dokumentation mit Qualitäts- und Umweltmanagement geschehen.
Allerdings kann ein Arbeitsschutzhandbuch
auch einfach dazu dienen, die vorhandenen
Festlegungen zur Aufbau- und Ablauforganisation zusammenzufassen und die relevanten Dokumente in eine transparente
Ordnung zu bringen (Abbildung 8).
Arbeitsschutzhandbuch
Inhalte
ggf. Leitlinien oder Grundsätze zum
Arbeitsschutz
Verträge
Bestellungen
Fundstellen und Ablageordner
wichtiger Dokumente
Dienstanweisungen zum Arbeits- und
Gesundheitsschutz
Dienstvereinbarungen zum Arbeitsschutz und zur Gesundheitsförderung
ggf. zusätzliche Ablaufbeschreibungen
Betriebsanweisungen
Vorlagen zur Dokumentation
Berichte zu Sicherheit und Gesundheitsschutz
aktuelle Statistiken zu Unfällen, Fehlzeiten und Arbeitsschutzaktivitäten
Abbildung 8: Inhalte eines Arbeitsschutzhandbuches.
23
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Nur etwa jeder elfte Mitgliedsbetrieb hatte
2004 bereits ein Arbeitsschutzhandbuch
erstellt (9 %), jeder zwölfte hatte eines in
Planung (8 %). Im Grunde spiegelt dieses
Ergebnis die Situation bei Arbeitsschutzmanagementsystemen wider. Mit 29 % lagen
Handbücher in „anderen Mitgliedsbetrieben“ am häufigsten vor. Bedarf an einem
Arbeitsschutzhandbuch äußerten 16 % der
Mitgliedsbetriebe.
Arbeitsschutzkoordination
Unterhalb der obersten Leitungsebene
werden häufig Arbeitsschutzaufgaben gebündelt, die mit der Umsetzung der Unternehmerpflichten verbunden sind. Dabei
geht es um die Vertretung im Arbeitsschutzausschuss, um die Vorbereitung und Umsetzung zentraler Entscheidungen sowie um
die grundsätzliche Abstimmung mit Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Es handelt sich nicht um eine rechtlich
definierte Position, sondern in der Regel
um die Zuweisung als Teilaufgabe zu einer
bestehenden Führungsposition. Für diese
Funktionsträger sind verschiedene Begrifflichkeiten in Gebrauch: Arbeitsschutzkoordinatoren, Systembeauftragte für Arbeitsschutz oder auch Zentrale Beauftragte für
Arbeitsschutz.
In der Regel vertreten die benannten Personen ihren Arbeitgeber im Arbeitsschutzausschuss. Darüber hinaus variieren ihre
Aufgaben erheblich. Oft übernehmen sie
Arbeitsschutzaufgaben wie die Organisation der Betriebsmittelprüfungen oder der
arbeitsmedizinischen Untersuchungen. Aus
Unklarheiten über das Aufgabenspektrum
resultieren für die Betroffenen häufig Einschränkungen wie ein geringes Zeitbudget
für den Arbeitsschutz, fehlende Qualifizierung und damit auch Überforderung und
Frustration bezüglich der Umsetzung oder
der Ergebnisse.
Unterbreitung von Vorschlägen für
Zielsetzungen und Planungen
Überprüfung der Bestellungen weiterer Beauftragter für Arbeitsschutzaufgaben
Überprüfung wichtiger betrieblicher
Abläufe auf Berücksichtigung von
Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen
Überprüfung des Regelwerksmanagements
Überprüfung des Stands der
Gefährdungsbeurteilungen
Koordinierung der Erstellung
zentraler Dienstanweisungen zum
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Dokumentation und Berichterstattung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Abbildung 9: Aufgaben von Arbeitsschutzkoordinatoren.
Die Koordinatorenfunktion beinhaltet die
Zuarbeit für die oberste Leitung in Arbeitsschutzbelangen, insbesondere die Vorbereitung von Entscheidungen, die Abstimmung
bereichsübergreifender Vorgehensweisen,
die Aufsicht und Berichterstattung über die
Aktivitäten.6) Wichtig ist die Einnahme der
Arbeitgeberperspektive. Ein Rollenkonflikt
droht überall dort, wo Arbeitsschutzkoordinatoren gleichzeitig als Fachkräfte für
Arbeitssicherheit bestellt sind. Denn sie sollen sich dann sowohl in die Rolle des Unternehmervertreters als auch in die Rolle von
dessen Berater begeben. Unternehmerverantwortung und Fachverantwortung für den
Arbeitsschutz sollten besser in getrennten
Händen liegen. Voraussetzung einer erfolg-
6) Der Aufgabenkatalog für Arbeitsschutzkoordinatoren ist in inform 2/2005, der Mitgliederzeitschrift der
UKH, ausführlich beschrieben. Er orientiert sich an den gesetzlichen Aufgaben des Unternehmers. Die
Zeitschrift inform kann im Internet unter www.ukh.de als PDF-Datei herunter geladen werden.
24
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
reichen Ausübung ist außerdem die Qualifizierung hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften für den Arbeitgeber. Insofern ist
die eingerichtete Koordinierungsstelle noch
nicht in jedem Fall als ein funktionierendes
Element im Sinne des Arbeitsschutzmanagements anzusehen.
In knapp der Hälfte aller Mitgliedsbetriebe
sind Systembeauftragte oder Koordinatoren
für den Arbeitsschutz bestellt (Abbildung
10). Mit zunehmender Größe der Mitgliedsbetriebe ist eine solche Koordinierungsstelle
etwas häufiger eingerichtet. In Landesdienststellen, Kommunen und Kreisen sind sie häufiger vorzufinden als in anderen Mitgliedsbetrieben.
Nur auf den ersten Blick scheint hier ein Widerspruch zu den Ergebnissen der Managementsysteme auf. Während dort ein Systembeauftragter zum Konzept gehört, haben
viele andere Betriebe und Verwaltungen auf
die Komplexität der Anforderungen aus dem
Arbeitsschutz reagiert, indem sie einer bestimmten Person die Koordinierungsaufgaben aufgetragen haben. Weder die Funktion
noch ihre Bezeichnung oder Ausgestaltung
sind gesetzlich festgeschrieben.
Spielräume bei der Arbeitsschutzorganisation
Die Mehrheit der Mitgliedsbetriebe praktiziert nach eigenem Bekunden kein Arbeitsschutzmanagementsystem. Es sind zwar
Ansätze dazu vorhanden, doch ist kein Trend
ermittelbar, weil vergleichbare Fragen 1999
nicht gestellt wurden. Erfolgreicher Arbeitsschutz setzt kein zertifizierbares Managementsystem voraus. Er kann von dessen
Leitgedanken jedoch profitieren. Bei der Anwendung des Managementkreislaufs entwickeln sich Zielorientierung und Routine. Die
Arbeitsschutzaktivitäten werden effizienter
eingesetzt als bei punktuellen Aktivitäten.
Von Vertretern der Mitgliedsbetriebe wird
gelegentlich die Frage aufgeworfen, ob nicht
ein Anreiz für Arbeitsschutzmanagement
geschaffen werden könnte. Meist verbindet
man diese Idee mit der Erwartung, als Gegenleistung für ein zertifiziertes Managementsystem die Verpflichtungen bezüglich
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 10: Mitgliedsbetriebe mit Koordinatoren oder Systembeauftragten für den Arbeitsschutz.
25
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
der Einsatzzeiten verringern zu dürfen. Das
besondere Engagement soll durch die damit
verbundene Kosteneinsparung belohnt werden. Ein Beleg für die praktische Realisierbarkeit dieser Idee existiert bisher nicht. Ein
Managementsystem verlangt einen hohen
Aufwand an konzeptioneller Vorarbeit, eine
umfassende, zielgerichtete Umsetzung und
deren nachvollziehbare Dokumentation. Die
Umsetzung der staatlichen Vorschriften und
der Unfallverhütungsvorschriften ist bereits
die Minimalanforderung von Arbeitsschutzmanagementsystemen.
Der erforderliche Unterstützungsbedarf
durch Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit steigt gegenüber der herkömmlichen Arbeitsschutzorganisation. Er
kann allenfalls in solchen Fällen sinken, in
denen die Arbeitsschutzexperten bisher
sehr ineffizient eingesetzt wurden. Zu berücksichtigen sind bei Managementsystemen hingegen zusätzliche Kosten für die
Auditierung und Zertifizierung. Für die Einführung eines Arbeitsschutzmanagements
sprechen deshalb vor allem die folgenden
Wirkungen:
Reduzierung von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen, in deren Folge
die Reduzierung von Ausfallzeiten und
damit der Entgeltzahlungen ohne Gegenleistung
Reibungslose Arbeitsabläufe, die bei
Betrieben oder Bereichen mit Außenwirkung auf das Image und damit ggf. auf
den wirtschaftlichen Erfolg ausstrahlen
Entlastung der verantwortlichen Führungskräfte vom Risiko ordnungsrechtlicher oder gar strafrechtlicher Maßnahmen.
7)
26
Auswahl an Modellen und Leitfäden zur Arbeitsschutzorganisation und zum Arbeitsschutzmanagement im Internet
Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme: Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit u. a., 20027)
http://www.baua.de Arbeitsschutzmanagement
Arbeitsschutzmanagementsysteme.
LASI-LV 21: Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI),
3. Auflage, 2006
http://lasi.osha.de/publications/
Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle. LASI-LV 33: Länderausschuss
für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
(LASI), 2003
http://lasi.osha.de/publications
Arbeitsschutz
sicherheitstechnischer
Check in Anlagen (ASCA): Hessisches
Sozialministerium
http://www.sozialnetz.de
Arbeit
und Gesundheit Arbeitsschutzverwaltung Hessen
Occupational Health- and Risk-Managementsystem (OHRIS): Bayerisches
Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (Hrsg.),
2005
http://www.lfas.bayern.de
Managementsysteme
Occupational Health and Safety Assessment Series (OHSAS 18001): British
Standard Institution; eine am Qualitätsmanagement angelehnte Norm zur Implementierung eines Arbeitsschutzmanagementsystems
Sicherheits Certifikat Contraktoren
(SSC). Regelwerk für die Zertifizierung
von Managementsystemen für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz
http://www.scc-sekretariat.de.
In Fachkreisen wird dieser oft nur als „Nationaler Leitfaden“ bezeichnet.
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
2.3
Auswahlverantwortung und Qualifizierung
Arbeitsschutz ist nicht nur eine Frage des guten Willens. Vielmehr fließen inzwischen Erfahrungen aus mehr als einem Jahrhundert
Unfallverhütung und Gesundheitsschutz
in Vorschriften und fachkundige Empfehlungen ein. Große Teile dieses gesammelten Wissens sind in Normen und fachliche
Standards eingeflossen. Dagegen baut die
betriebliche Gesundheitsförderung auf relativ neue Erkenntnisse aus etwa zwanzig Jahren wissenschaftlicher und praktischer Beschäftigung mit arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und gesundheitsfördernden
Maßnahmen auf. Hier werden statt eines
vorhandenen Regelwerks in Aus-, Fort- und
Weiterbildung vorrangig beispielhafte Anregungen und Vorgehensweisen an die Praxis
vermittelt, die so genannte „good practice“.
Beide Themenkomplexe sind weder Bestandteil der Verwaltungsausbildung noch
des Alltagswissens und müssen deshalb in
Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt werden, um zur Anwendung zu kommen.
Bildungsbedarfsermittlung und
Führungskräftequalifizierung
Obwohl die Grundpflichten einer Führungskraft stets Arbeitsschutz und Fürsorgepflicht einschließen, haben viele Führungskräfte weder in ihrer Ausbildung noch in der
Weiterbildung jemals über diese Themen
gesprochen. In den Seminaren der UKH ist
diese Zielgruppe noch unterrepräsentiert,
wenn man von den Leitern technischer Bereiche absieht. Angesichts einer Vielzahl
von Neuerungen bei den Arbeitsschutzvorschriften im letzten Jahrzehnt überrascht
dieser Sachverhalt um so mehr. Projekte
der UKH erbrachten Hinweise auf einen ungünstigen Selektionsmechanismus bei der
Weiterbildung. In vielen Mitgliedsbetrieben
werden Weiterbildungsmaßnahmen von
den Beschäftigten selbst beantragt. Deren
Anträge werden geprüft und − in der Regel
− genehmigt. Dieses Verfahren gilt auch für
Führungskräfte. Wer aber die Anforderungen
aus Arbeitsschutzvorschriften nicht kennt,
verspürt kaum die Notwendigkeit, sich darin weiter zu bilden. Umgekehrt verlangt von
Führungskräften oft niemand den Nachweis
von Kenntnissen im Arbeitsschutz, so lange
sich kein gravierender Unfall ereignet.
Die beschriebene Praxis ist mit dem Verantwortungsgrundsatz, dass bei der Delegation
und Beauftragung von Arbeitsschutzaufgaben die Eignung der Personen zu berücksichtigen ist, unvereinbar (§ 7 ArbSchG;
§ 13 GUV-V A1). Grundkenntnisse im Arbeitsschutz sind als Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung für Mitarbeiter
unverzichtbar. Gleiches gilt für die Fürsorgepflicht von Führungskräften der zweiten
oder dritten Ebene (§ 823 BGB).
Es ist Aufgabe der obersten Leitung, bei
der Auswahl ihrer Führungskräfte darauf zu
achten, dass diese ihre Pflichten kennen.
Wo entsprechende Kenntnisse fehlen, hat
sie geeignete Qualifizierungsmaßnahmen
anzuordnen. Somit ist eine Steuerung der
Qualifizierung erforderlich, die nicht vom
Qualifizierungsbedürfnis einzelner Führungskräfte, sondern von einem Konzept
des Personalmanagements zur Führungskräfteentwicklung ausgeht. Inhaltlich sind
mit den verschiedenen Führungsebenen
naturgemäß unterschiedliche Führungsanforderungen und Entscheidungsbefugnisse
verbunden. Die Kenntnisse über Sicherheitsanforderungen und Gesundheitsschutz
sollen der jeweiligen Aufgabenstellung angemessen sein. Die Qualifizierungsinhalte
sind entsprechend anzupassen.
Das Grundprinzip der Überprüfung der Eignung gilt letzten Endes bis zur Ebene der
Mitarbeiter. Insbesondere für gefährliche
Tätigkeiten sind deshalb Schulungen für
27
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Mitarbeiter ohne ausdrückliche gesetzliche
Verpflichtung angemessen. Verantwortung
für die Auswahl und die fachliche wie persönliche Eignung der Mitarbeiter trägt die
jeweilige Person, die Aufgaben zur Ausführung zuweist.
Nur etwa jeder fünfte Mitgliedsbetrieb erhob regelmäßig den Bildungsbedarf zum
Arbeits- und Gesundheitsschutz (Abbildung
11). Größere Betriebe taten dies häufiger
als kleinere, kommunale und Kreisverwaltungen häufiger als Landesdienststellen.
Doch die überwiegende Mehrheit nahm keine entsprechende Erhebung vor. Über die Art
und Weise der Erhebung sagt die Befragung
nichts aus. In vier von fünf Betrieben blieb es
nach diesem Ergebnis den Verantwortlichen
überlassen, ihren Bildungsbedarf zu formulieren und anzumelden.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 11: Mitgliedsbetriebe mit Bildungsbedarfsermittlung zum Arbeitsschutz.
Auffallend ist, dass der Anteil der Mitgliedsbetriebe, die Seminare zur Verantwortung
im Arbeitsschutz für ihre Führungskräfte
anboten, fast der gleiche war wie bei der
Bildungsbedarfserhebung. Entgegen allen
Erwartungen waren es nicht die größeren
Mitgliedsbetriebe, die solche Seminare
durchführten, sondern die kleineren. Anders
28
verhielt es sich mit Seminaren zur Gesundheitsförderung (Abbildung 12). Diese wurden insgesamt zwar seltener durchgeführt,
im Jahr 2004 jedoch am häufigsten von den
größeren Mitgliedsbetrieben. Bei dieser
Gruppe war auch die größte Steigerung seit
1999 auszumachen, allerdings auf insgesamt niedrigem Niveau.
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
Arbeitsschutzseminare
60 %
80 %
100 %
BGF-Seminare
Abbildung 12: Mitgliedsbetriebe mit Führungskräfteseminaren zur Verantwortung im Arbeitsschutz und zur
betrieblichen Gesundheitsförderung 2004.
Dieses Umfrageergebnis wirft die Fragen
nach den Gründen für die unterschiedlichen
Schwerpunkte auf. Doch diese lassen sich
durch die Umfrage nicht beantworten. Auch
im Vergleich zwischen Landesdienststellen,
Kommunen und Kreisen sowie anderen Betrieben zeigt sich kein einheitliches Bild. Vielmehr lagen Kommunen und Kreise bei Seminaren zur Verantwortung an der Spitze, bei
denen zur Gesundheitsförderung am Ende.
Es gab bei den Mitgliedsbetrieben demnach
keinen generalisierten Qualifizierungstrend
zum Themenkreis Gesundheit, sondern eine
unterschiedliche Schwerpunktsetzung.
Trotz aller Unsicherheiten der Bewertung
lässt ein weiteres Ergebnis noch einen erheblichen Bedarf erkennen. 2004 meldeten
22 % der Mitgliedsbetriebe Bedarf an Führungskräfteseminaren zur Verantwortung im
Arbeitsschutz an. Die Quote hinsichtlich der
Seminare zur betrieblichen Gesundheitsförderung lag sogar bei 26 %. Dies spricht für
eine etwa gleichwertige Aufmerksamkeit für
beide Themen.
Auswahl externer Beauftragter
Nicht alle erforderlichen Qualifikationen
kann ein Unternehmen selbst bereitstellen.
Dies trifft insbesondere auf vorgeschriebene Prüfungen von Anlagen oder Geräten
zu (BetrSichV und UVVen). Bei der Beauftragung externer Dienstleister behält der
Unternehmer die Verantwortung dafür, dass
er ein geeignetes Unternehmen auswählt
(§ 831 BGB). Für seine Prüfung kann er eigene Erfahrungen mit einem Dienstleister,
Referenzen anderer Unternehmen und Zertifikate des potenziellen Auftragnehmers
heranziehen. Ansonsten wäre mit der Ausla29
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
gerung von Tätigkeiten ein Verlust an Sicherheit und Gesundheitsschutz verbunden. Zur
Überprüfung der Einhaltung von Verträgen
empfiehlt es sich, einschlägige Nachweise
über die Qualifikation der Personen einzufordern, die für den Auftraggeber Prüfungen
oder andere relevante Arbeitsschutzleistungen vornehmen. Ganz ohne Kenntnisse
über die gestellten Anforderungen kommt
der Auftrag erteilende Betrieb demnach
nicht aus.8)
Regelwerks- und Wissensmanagement
Arbeitsschutzvorschriften,
Erkenntnisse
über Gefährdungen und geeignete Schutzmaßnahmen sowie Hilfsmittel zur Gefährdungsbeurteilung müssen in den Betrieben
und dort von den Verantwortlichen überhaupt erst einmal zur Kenntnis genommen werden. Nur dann besteht auch eine
Chance, dass sie beachtet und angewandt
werden. Die staatliche Deregulierung zu
Sicherheit und Gesundheitsschutz hat den
Bedarf an der Beschaffung qualifizierter Informationen eher erhöht als reduziert. Die
staatlichen Vorschriften enthalten immer
seltener konkrete Empfehlungen. Die UVVen
wurden bereits erheblich reduziert. Viele
konkrete Vorgaben, die Anwendungssicherheit schaffen, sind gegenwärtig in differenzierten Regeln oder in Normen enthalten.
Von der Bundesregierung einberufene Ausschüsse erarbeiten Technische Regeln zum
Vorgehen bei Betriebssicherheit (TRBS),
beim Vorkommen von biologischen Stoffen
(TRBA), beim Einsatz oder der Entstehung
von Gefahrstoffen (TRGS) und − zukünftig
− auch für die Gestaltung von Arbeitsstätten.9) Andere Bereiche, wie zum Beispiel der
Brandschutz, kennen keine zusammenfassende Regelung, sondern werden in unterschiedlichen Gesetzen, UVVen, Regeln und
Normen behandelt.
Wo den einzelnen Verantwortlichen abverlangt wird, dass sie alle Vorschriften und das
gesamte relevante Wissen selbst beschaffen
und auswerten, entstehen Lücken und Überforderung, im schlimmsten Fall Resignation.
Möglicherweise mildern informelle, aber
funktionierende Informationskanäle die zu
erwartenden Defizite etwas ab. Darauf ist
jedoch kein Verlass. Insofern gehören Regelwerks- und Wissensmanagement zu den
Grundanforderungen einer erfolgreichen Arbeitsschutzorganisation.
Nur jeder siebte Mitgliedsbetrieb hatte 2004
ein Regelwerks- oder Wissensmanagement
installiert (Abbildung 13). Hierbei waren
die größeren Betriebe deutlich besser aufgestellt als kleinere, Landesdienststellen,
Kommunen und Kreise schlechter als andere
Betriebe. Bei 6 % der Mitgliedsbetriebe war
ein Regelwerksmanagement zum Arbeitsschutz in Planung. Bedarf äußerten 13 %.
Angesichts der Vielzahl und Komplexität
von Regelungen und Fachwissen im Arbeitsschutz lässt die geringe Zahl von Betrieben,
die sich zum Zweck der Regelungs- und Wissensaufnahme organisierten, Defizite in der
Kenntnis und − als Folge davon − bei der
Umsetzung erwarten.
8) Vergleiche Schriftenreihe der UKH, Band 12: Kooperation mit Fremdfirmen. Arbeitsschutz bei Werkverträgen.
9) Gegenwärtig gelten noch die bestehenden Arbeitsstätten-Richtlinien (ASR) weiter. Der aktuelle Stand ist
wie bei allen Technischen Regeln unter www.baua.de einzusehen.
30
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Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 13: Mitgliedsbetriebe mit einen Regelwerks- und Wissensmanagement im Arbeitsschutz.
2.4 Weitere wichtige Organisationsaufgaben
Die den Unternehmern zugewiesenen Arbeitsschutzaufgaben gehen weit über die in
den Umfragen behandelten Themen hinaus.
Deshalb sollen noch einige Leitlinien für die
Arbeitsschutzorganisation deutlich gemacht
werden.
Die Verantwortung im Arbeitsschutz geht
immer von der Spitze des Betriebs aus. Die
oberste Leitung muss den Arbeitsschutz organisieren, geeignete Personen für die anstehenden Aufgaben auswählen und deren
Durchführung überwachen. Dabei kann sie
sich ihrer Führungskräfte bedienen, indem
sie diesen verschiedene Pflichten überträgt,
sofern eine entsprechende Befähigung vorliegt und angemessene Kompetenzen zugewiesen sind.
Oberste Leitung
Organisation und Auswahl
Beauftragte bestellen
Qualifikation der Beauftragten prüfen
Angemessene Kompetenzen übertragen
Rückmeldung
Festlegungen zur Durchführung treffen und AnweiÜber Umsetzung berichten
sungen erteilen
Handlungsbedarf anmelden
Umsetzung der Vorschriften und Anweisungen
überprüfen
Zweite Führungsebene
Abbildung 14: Verantwortungsregelung in der Linienorganisation durch die oberste Leitung.
31
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Zweckmäßig für eine wirksame Pflichtenübertragung und damit für Rechtssicherheit
der Beteiligten ist als erster Schritt ein Organisationsmodell mit einer klaren und konkreten Aufgabenverteilung. Ohne die Regelung wichtiger Abläufe wird dies nicht möglich sein. Die Aufgaben müssen transparent
und Entscheidungsbefugnisse geklärt sein.
Bei Bedarf müssen Qualifizierungsmaßnahmen veranlasst und Haushaltsmittel
bereit gestellt werden. Erst auf dieser Basis
ist eine Pflichtenübertragung sinnvoll (Abbildung 14).
In Betrieben mit mehreren Bereichen oder
Einrichtungen spielt außerdem die Aufteilung auf zentrale und dezentrale Verantwortlichkeiten eine Rolle (Abbildung 15).
Kriterien für die zentrale Ansiedelung einer
Aufgabe sind:
Ein einheitliches Organisationsmodell für
den Arbeitsschutz kann es nicht geben. Zum
einen variieren die konkreten Aufgaben mit
den vorhandenen Gefahren. Zum anderen
unterscheiden sich die Organisationsprinzipien der Mitgliedsbetriebe, unter anderem wegen ihrer unterschiedlichen Größe.
Gleich lautende Pflichtenübertragungen auf
alle Führungskräfte können somit die tatsächliche Arbeitsschutzorganisation nicht
abbilden.
Organisatorische Zusammenführung wie
bei Prüfungen und betriebsärztlichen
Untersuchungen
Steuerndes Eingreifen der obersten Leitung oder beauftragter Personen oder
Bereiche wie bei Qualifizierungsmaßnahmen und größeren Projekten
Bereiche übergreifende Aufgaben wie
die Aufsicht über zentrale Arbeitsstätten
Informative Zusammenführung zur raschen Weitervermittlung von Wissen und
Erfahrungen
Rascher Zugriff zu Aufsichtszwecken
oder in Notfällen wie beim Gefahrstoffverzeichnis.
Eher zentral
Eher gemischt
Eher dezentral
Planung von Arbeitsstätten und Abläufen
Organisation arbeitsmedizinischer Untersuchungen
Prüfung elektrischer
Betriebsmittel
Beurteilung bereichsübergreifender Gefahren
Mitwirkung im Arbeitsschutzausschuss
Sammlung von Vorschriften und Leitfäden
Unfallmeldungen an Unfallversicherungsträger
Beschaffung von Betriebsmitteln
Vorgeschriebene Genehmigungen und UVV-Prüfungen für Anlagen und
Betriebsmittel
Verkehrssicherung für
Arbeitsstätten
Brandschutz für Arbeitsstätten
Sicherstellung der
Ersten Hilfe
Bedarfsmeldungen für
arbeitsmedizinische
Untersuchungen
Bestandserfassung elektrischer Betriebsmittel
Beurteilung der Gefahren aus Tätigkeiten
Erstellung von Betriebsanweisungen
Unterweisung der Mitarbeiter/innen
Unfalluntersuchungen
Abbildung 15: Zentrale und dezentrale Arbeitsschutzaufgaben in gegliederten Betrieben.
32
K A P I T E L I I · O R G A N I S AT I O N V O N S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z
Bei zentral angesiedelten Aufgaben sind oftmals die Schnittstellen für das Funktionieren entscheidend. Denn in einigen Abläufen
liegen voraus gehende oder nachfolgende
Schritte in dezentraler Verantwortung, um zu
einem erfolgreichen Ergebnis zu gelangen.
Beispiele sind die vollständige Meldung der
elektrischen Betriebsmittel zur Prüfung, die
korrekte Auswahl der Mitarbeiter für die arbeitsmedizinischen Untersuchungen sowie
die Kenntnisnahme und Berücksichtigung
von deren Ergebnissen.
Für eine dezentrale Ansiedelung von Aufgaben sprechen:
Klare Abgrenzbarkeit der Verantwortlichkeiten zwischen Bereichen oder Einrichtungen
Enger Bezug zur Situation in ausgelagerten Einrichtung wie bei Brandschutzmaßnahmen
Besonderer Handlungs- und Entscheidungsbedarf wie bei der Beschaffung
spezialisierter Arbeitsmittel
Enger Bezug auf die Beschäftigten der
Bereiche oder Einrichtungen wie bei der
Gefährdungsbeurteilung und bei Unterweisungen.
Dezentrale Organisationsformen erschweren die Anwendung komplexeren Wissens,
von übergeordneten Vorschriften und fachlichen Erkenntnissen, weil deren Aneignung
in jedem Einzelfall erforderlich wird. Daher
ist für die dezentralen Aufgaben zu prüfen,
inwieweit zentrale Unterstützung geleistet
werden kann. Hierzu zählen zum Beispiel
die Bereitstellung vorhandenen Wissens,
die Zusammenführung von dezentral verfügbaren Kenntnissen oder einheitliche
Verfahrensanweisungen, die den Bereichen
und Einrichtungen zur Verfügung gestellt
werden. Die moderne Technik bietet mittels
Intranet oder anderen Hilfsmitteln noch unausgeschöpfte Möglichkeiten. Aber auch die
Kooperation der Verantwortlichen vor Ort
mit den Arbeitsschutzexperten ist im Detail
zu regeln, insbesondere bei der Betreuung
durch überbetriebliche Dienste.
Weder Organisationsdefizite der obersten
Leitung noch Nichtwissen entlasten die Führungskräfte, in deren Bereich Beschäftigte
infolge von Mängeln bei Sicherheit oder
Gesundheitsschutz Arbeitsunfälle erleiden.
Bei der Suche nach Verantwortlichen wird
die Frage der Schuld aufgeworfen. Daraufhin werden alle Aktivitäten und Handlungsmöglichkeiten von Führungskräften, die in
der Fürsorgepflicht für den verletzten Beschäftigten stehen, auf Fehler und Unterlassungen hin untersucht.10) Insofern lastet der
Verantwortungsdruck im Verletzungsfall auf
allen Führungsebenen.
Literatur zur Verantwortung und zur Arbeitsschutzorganisation
Organisation des Arbeitsschutzes:
GUV-I 8631
Führungswissen Arbeitssicherheit:
Schliephacke J., Berlin, E. Schmidt
Verlag, 2003
Arbeitssicherheit und Unfallverhütung
im öffentlichen Dienst: Graßl M., Zakrzewski I., Landsberg, ecomed, 3. Aufl.
1999.11)
10) In „faktor Arbeitsschutz“ 6/2006, der Zeitschrift des Bundesverbandes der Unfallkassen, sowie in inform
4/2006 wird die strafrechtliche Perspektive auf die Verantwortlichkeit dargestellt.
11) Diese speziell auf öffentliche Betriebe ausgerichtete Publikation ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider
vergriffen und soll in überarbeiteter Fassung neu aufgelegt werden. Sobald die Neuauflage vorliegt, werden wir in inform darauf hinweisen.
33
III
Umsetzung gesetzlicher Vorgaben
zum Arbeitsschutz
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
Beurteilungen der Arbeitsbedingungen sind
nach dem ArbSchG seit 1996 Pflichtaufgabe
der Unternehmen (§§ 5 und 6). Diese Beurteilungen, meist verkürzend Gefährdungsbeurteilungen genannt, sollen zum Kernelement des modernen Arbeitsschutzes werden
und als Grundlage für die betrieblichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit dienen.
Deshalb verweisen viele nachfolgende Verordnungen des Gesetzgebers wiederum auf
das Instrument der Beurteilung: BetrSichV,
BioStoffV, GefStoffV, BildscharbV, im Grunde
auch die BaustellV mit dem Sicherheits- und
Gesundheitsschutzplan, der eine solche Beurteilung zur Grundlage hat.
zum Beispiel für die Aufsichtspersonen der
Unfallversicherungsträger, kein Konzept erkennbar ist.
Der Gesetzgeber hat die Art und Weise der
Beurteilung weitgehend offen gelassen.
Die Betriebe haben daher einen größeren
Spielraum bei der Durchführung. Auf Grund
dieser Offenheit trifft man in den Betrieben
auf sehr unterschiedliche Vorstellungen von
einer angemessenen Beurteilung. Teilweise
werden die Begehungsprotokolle der Fachkräfte für Arbeitssicherheit als ausreichend
für die Gefährdungsbeurteilung angesehen.
Manchmal werden auch Checklisten eingesetzt, aus denen lediglich ersichtlich ist, ob
im Betrieb bestimmte Gefährdungen noch
anzutreffen sind. Die Dokumentation enthält
jedoch keine einzige praktizierte Schutzmaßnahme, so dass für Außenstehende,
Als Handlungsanleitung eignen sich Beurteilungen nur, wenn die Ermittlung von Gefahren und die Festlegung von Schutzmaßnahmen einander systematisch zugeordnet
sind. Dann wird deutlich, welche Gefahren
im Fokus der Aufmerksamkeit stehen müssen, wo Schutzmaßnahmen zu ergreifen
sind und welche Absicht damit verbunden
ist. Die Führungskräfte haben damit eine
Checkliste an der Hand, an der sie selbst
mitgewirkt haben und die ihnen Auskunft
über ihre Arbeitsschutzaufgaben gibt. Betriebsanweisungen und Unterweisungen
sind dann lediglich Folgeprodukte der Beurteilung, keine aufwändigen Zusatzaufgaben
mehr.12)
Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen erweist sich unter zwei Bedingungen als hilfreich:
Wenn betriebliche Erfahrungen und fachliche Erkenntnisse über Gefährdungen
und über eine sichere und gesunde Arbeitsgestaltung einfließen und
wenn die Führungskraft damit eine Anleitung für ihre eigenen Arbeitsschutzaktivitäten an die Hand bekommt.
12) Siehe dazu auch die beiden Artikel zur Gefährdungsbeurteilung in inform 1/2006 und 4/2006.
34
KAPITEL III · UMSETZUNG GESETZLICHER VORGABEN ZUM ARBEITSSCHUTZ
Arbeitsmittel, Tätigkeit, Belastung,
Gefährdung, Umfeld
Thema
Beschreibung der Gefährdung
Wer? Wann? Wodurch?
Risikobeurteilung
Häufigkeit, mögliche Schädigung
Vorschriften, Hilfsmittel
Gesetze, UVVen, Leitfäden
Schutzziele
Erreichbares Niveau
Praktizierte Schutzmaßnahmen
Technik
Organisation
Personenbezogen
Arbeitsmedizinische
Untersuchungen
Beispiele:
Technische Hilfsmittel inkl. Prüfungen
Arbeitseinteilung
PSA, Schulung, Unterweisung
Geltende Dokumente
Betriebsanweisungen u. a.
Noch erforderliche Schutzmaßnahmen
Aktuelle Agenda
Längerfristige Maßnahmen
Investitionen
Abbildung 16: Systematisches Dokumentationsschema für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen.
Vorschriften mit Bezug zur Gefährdungsbeurteilung
Gefährdungsbeurteilung und
Schutzmaßnahmen
Arbeitsschutzgesetz § 5 und 6
Arbeitsumfeld und Verkehrssicherung
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Arbeitsstätten-Richtlinien13)
s. a. Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)
Arbeitsgeräte, Maschinen, Anlagen
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)
Baustellen
Baustellenverordnung (BaustellV)
Gefährliche Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen
UVVen, Reihe GUV-V
Bildschirmarbeit
Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV)
Lasten
Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV)
Biologische Gefährdung
Biostoffverordnung (BioStoffV)
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
(TRBA)
s. a. Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Gefahrstoffe
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Explosionsschutzverordnung (11. GPSGV)
Persönliche Schutzausrüstung
PSA-Benutzungsverordnung
UVV GUV-V A1 §§ 29 ff.
Strahlung
Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)
Röntgenverordnung (RöV)
Lärm
Richtlinie 2003/20/EG
13) Diese gelten weiter bis zur Verabschiedung neuer Technischer Regeln für Arbeitsstätten.
35
KAPITEL III · UMSETZUNG GESETZLICHER VORGABEN ZUM ARBEITSSCHUTZ
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 17: Mitgliedsbetriebe mit Gefährdungsbeurteilungen.
Nur knapp zwei Drittel der Unternehmen gaben an, Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt zu haben (Abbildung 17). Der seit
1999 zu verzeichnende Zuwachs um vier
Prozentpunkte fiel überraschend niedrig
aus. Größere Betriebe setzten die gesetzliche Vorgabe häufiger um als kleinere, Landesdienststellen deutlich seltener als die
übrigen Mitgliedsbetriebe.
Der Vorsprung größerer Betriebe bei der
Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist mit Vorsicht zu bewerten. Denn
häufig sind nur einzelne Tätigkeiten oder
Betriebsbereiche hinsichtlich ihrer Gefährdungen beurteilt, andere wiederum nicht. In
der Praxis sind technische Abteilungen damit
weiter voran geschritten als Verwaltungsbereiche. Darin spiegelt sich immer noch ein
traditionelles Bild des Arbeitsschutzes wi36
der. Dies belegen zusätzlich die Ergebnisse
zur Beurteilung psychischer Belastungen.
Nach den Umfrageergebnissen ist von einer unzureichenden Umsetzung der gesetzlichen Aufgabe auszugehen. Dieses Ergebnis
überrascht insofern, als die Beurteilung der
Arbeitsbedingungen von den Betrieben weder etwas völlig Neues verlangt, noch unverbunden neben den übrigen Aufgaben einer
Führungskraft steht. Sie scheint in ihrer vom
Gesetzgeber beabsichtigten Rolle als Steuerungsinstrument des betrieblichen Arbeitsschutzes vielfach noch unverstanden zu sein.
Denn auch Betriebe ohne dokumentierte Beurteilungen ergreifen viele Schutzmaßnahmen und nehmen Unterweisungen vor. Der
Hintergrund solcher Maßnahmen ist oft nicht
transparent, obwohl sicherlich Überlegungen
zu vorhandenen Gefahren vor der Umsetzung
KAPITEL III · UMSETZUNG GESETZLICHER VORGABEN ZUM ARBEITSSCHUTZ
Wichtige Quellen für Informationen und
Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung
von Schutzmaßnahmen angestellt wurden.
Die Dokumentation dieser Einschätzungen
inklusive der Maßnahmen stellt bereits einen
wesentlichen Teil der Beurteilung dar.
Leitfäden für die Ermittlung von Gefährdungen und für die Ableitung von
Schutzmaßnahmen:
http://www.baua.de, dort unter verschiedenen Themenstellungen
Gefährdungsleitfäden für ausgewählte
Branchen oder Tätigkeitsbereiche:
http://www.unfallkassen.de Publikationen Regelwerk (Buchstabe) G
Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen:
http://www.unfallkassen.de
Publikationen Regelwerk, dort die
Reihen GUV-R und GUV-I, unter anderen
GUV-I 8628 Psychische Belastungen
am Arbeits- und Ausbildungsplatz − ein
Handbuch.
Beurteilung psychischer Belastungen
Nur jeder vierte Mitgliedsbetrieb nahm 2004
Beurteilungen über die psychischen Belastungen vor (Abbildung 18). Auch hierbei
waren größere Betriebe aktiver als kleinere.
Am stärksten hielten sich Kommunen und
Kreise damit zurück, obwohl es dort 1999
bereits mehr Ansätze zur Beurteilung psychischer Belastungen zu geben schien als
2004. Die Landesdienststellen und die anderen Betriebe hingegen steigerten diese
Beurteilungen im gleichen Zeitraum.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 18: Mitgliedsbetriebe mit Beurteilungen psychischer Arbeitsbelastungen.
37
IV
Einsatz von Analyse- und Steuerungsinstrumenten
für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
Mit der Beurteilung der Arbeitsbedingungen
werden Arbeitsschutzmaßnahmen auf den
Ausschluss bestimmter Gefahren oder auf
bestimmte Aspekte zur Erhaltung der Gesundheit ausgerichtet. Dies geschieht im
Kontext ausgewählter Tätigkeiten oder Arbeitsbereiche. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, den Arbeitsschutz und die Gesundheitsförderung hinsichtlich ihrer Effektivität
4.1
Kennzahlen für die betriebliche Gesundheitssituation
Kenntnis der Fehlzeitenquote
Die Umfrage richtete das Augenmerk sowohl auf Informationen, die innerbetrieblich
beschafft werden können als auch auf Datenmaterial, das von außen geliefert wird.
Mehr als die Hälfte der Befragten in den Mitgliedsbetrieben kannte die Fehlzeitenquote
aufgrund von Unfällen oder Erkrankungen,
1999 etwas häufiger als 2004 (Abbildung
19). Demnach war die Ermittlung der Fehlzeitenquote in einigen kleineren und mittleren Betrieben inzwischen aufgegeben
worden. Dies betraf insbesondere Landesdienststellen sowie Kommunen und Kreise.
Auswertung der Fehlzeitendaten
Datenauswertungen werden erst dadurch
zum Analysebaustein und zum Steuerungsinstrument, wenn sie herangezogen werden, um Vergleiche anzustellen und Prioritäten für nachfolgende Aktivitäten abzuleiten.
Den Betrieben selbst liegen verschiedene
Informationen vor, die sie sammeln und aufbereiten können, um zielgerichtet Einfluss
zu nehmen. Andere müssen sie an entsprechenden Stellen anfordern, etwa bei gesetzlichen Krankenkassen.
38
und Effizienz auf Betriebsebene zu steuern.
Eine Voraussetzung dafür ist die Verfügung
über Datenmaterial, aus dem Rückschlüsse
über Sicherheit und Gesundheit im Betrieb
gezogen werden können. Als Beispiele hierfür seien die Auswertung von Fehlzeiten und
Arbeitsunfällen sowie betriebliche Gesundheitsberichte genannt.
Hinweise auf arbeitsbedingte Erkrankungen
liefern Vergleiche bei Krankenständen und
Krankheitshäufigkeiten. Als Basiskennzahl
wird in der Regel das Verhältnis der Krankheitstage pro Jahr zu 365 Kalendertagen
oder zu Arbeitstagen errechnet. Diese Kennzahl ist für die Personalplanung und die Entgeltfortzahlungskosten ein wichtiger Indikator. Etabliert hat sich inzwischen in vielen
Betrieben auch die Zählung der Krankheitsepisoden pro Jahr und Mitarbeiter. Dadurch
erhält die Krankheitshäufigkeit ein größeres
Gewicht als die Dauer des Ausfalls. Diese
Kennzahl kann ein deutlich anderes Fehlzeitenprofil ergeben als der Krankenstand
und findet in den meisten Gesundheitsmanagementprogrammen gleichwertige Beachtung. In Abbildung 20 wird beispielsweise erkennbar, dass Mitarbeiter der Gruppe 1
beim Krankenstand an der Spitze liegen,
bei der Krankheitshäufigkeit hingegen im
Mittelfeld. Dafür sind Einzelfälle mit langen
Ausfallzeiten Ausschlag gebend. Hingegen
hebt sich die Gruppe 5 bei der Krankheitshäufigkeit deutlich auffälliger ab als beim
Krankenstand.
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 19: Mitgliedsbetriebe mit Kenntnis ihrer Fehlzeitenquote.
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Gruppe 4
Gruppe 5
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Gruppe 4
Gruppe 5
0
3
2
1
Krankenstand im Jahr
4
5
7
6
8
Ausfallhäufigkeit pro Mitarbeiter
9
10
Abbildung 20: Beispiel für Auswertungen von Krankenstand und Krankheitshäufigkeiten für fünf Mitarbeitergruppen im Vergleich.
39
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
In größeren Betrieben bietet sich der Vergleich einzelner Bereiche untereinander
anhand beider Kennzahlen an. In kleineren
Betrieben lässt sich der Vergleich mit der
Branche anstellen, was über die Industrieund Handelskammer (IHK) oder in Kooperation mit Krankenkassen ermöglicht wird.
Die Ergebnisse können jedoch nur einen
„Anfangsverdacht“ begründen. Entgegen
der Meinung vieler Führungskräfte gibt es
weder eindeutige Anzeichen für arbeitsbedingte noch für verhaltensbedingte Fehlzeiten. Erhöhte Krankheitszeiten können
durch eine überdurchschnittliche Alterung
der Belegschaft oder durch den Verzicht auf
krankheitsbedingte Entlassungen bedingt
sein. Erhöhte Krankheitsfälle sind in Betrieben, in denen Anwesenheit mit geringer
Aufmerksamkeit belegt ist, genauso zu finden wie bei einseitig beanspruchenden Arbeitsbedingungen. Arbeitsunzufriedenheit
kann sich in häufigerem und in längerem
Fehlen äußern. Beide Indikatoren steigen
übrigens auch dadurch an, dass im betrieblichen Kontext generell hohe Anforderungen
ohne Rücksicht auf aktuelle Leistungseinschränkungen gestellt werden.
Allgemeine Fehlzeitenanalysen geben zwar
erste Hinweise, aber keine abschließenden
Antworten. Dazu müssen sie mit weiteren
A
sz
u f ri e d e n h e
ung
it
hon
r
Arbeitsorganisation
Gruppe
Freiraum
Sc
Gesundheitsverhalten
Führung
it
Belastungs- Belastungskontinuität intensität
Ge
sundhe
it
40
Auffallend war der niedrige Anteil von einem
Drittel bei den Kommunen und Kreisen, die
dem Fehlzeitengeschehen entsprechende
Aufmerksamkeit widmeten. Krankenhäuser,
Sparkassen und andere Betriebe werteten
2004 trotz eines Rückgangs seit 1999 die
Abwesenheiten mit 54 % noch immer am
häufigsten aus.
e
Schonraum
Vier von zehn Betrieben werteten 2004 ihre
Fehlzeiten aus. Unter den größeren Betrieben war es die Hälfte, unter den kleineren
nur ein Drittel. Im Vergleich zu 1999 sank
dieser Wert sogar ab (Abbildung 22).
b
AnwesenTätigkeit
heitsverhalten
Analyseinstrumenten verknüpft werden. Sie
zeigen erst einmal die Richtung des Handlungsbedarfs auf und legen die Suche nach
relevanten Einflüssen auf die Fehlzeiten
nahe. Die gesundheitlichen Faktoren sind
nur ein Grund für Ausfallzeiten, insbesondere in Verbindung mit geringem Schon- und
Freiraum zur eigenen Ausgestaltung der
Tagesarbeit (Abbildung 21). Erhebliche Einflüsse haben die Arbeitstätigkeiten an sich,
die Arbeitsorganisation und die sozialen
Beziehungen im Arbeitsumfeld. Natürlich
spielt auch die Einstellung gegenüber arbeitsrechtlichen Pflichten eine Rolle.
Abbildung 21: Einflüsse auf die Anwesenheit bei
gesundheitlichen Einschränkungen.
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 22: Mitgliedsbetriebe, die ihre Fehlzeiten auswerten.
Gesundheitsbericht
Eine besondere Form der Auswertung von
Fehlzeitendaten stellen Gesundheitsberichte dar. Sie können von größeren gesetzlichen Krankenkassen erstellt werden,
sofern diese eine ausreichende Anzahl von
Mitgliedern in einem Betrieb versichern. Die
Besonderheit besteht in der Auswertung
medizinischer Daten. Die auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angegebenen
Diagnosen werden verwendet, um die Erkrankungshäufigkeit in verschiedenen Diagnosegruppen zu bestimmen. So können
betriebsspezifische Profile der Erkrankungsschwerpunkte sichtbar gemacht werden,
aus denen sich wiederum spezifischere Präventionsansätze herleiten lassen.
Neben der Unkenntnis vieler Betriebe über
die Möglichkeit der Erstellung eines Ge-
sundheitsberichts gibt es zwei wesentliche
Hindernisse für deren Einsatz. Zum einen ist
eine gewisse Anzahl von Beschäftigten erforderlich, um den Datenschutz gewährleisten zu können. Insbesondere bei Diagnose
bezogenen Auswertungen für kleinere Betriebe ist dies häufig nicht möglich. Zum
anderen hat die individuelle Wahlfreiheit
innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung zu einer Aufsplitterung der Mitgliedschaften auf verschiedene Krankenkassen geführt, wovon Betriebe mit vielen
Angestellten stärker betroffen sind. Hinzu
kommen im öffentlichen Dienst die Beamten, die überwiegend einer privaten Krankenversicherung angehören. Auf die Daten
konkurrierender Krankenkassen gibt es keine Zugriffsmöglichkeit, um Daten betriebsbezogen zusammenzuführen. Insofern stehen vor dem zweckmäßigen Einsatz dieses
41
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Instruments in seiner üblichen Form hohe
bis unüberwindbare Hürden. Eine Auswertung der Krankenkassenzugehörigkeit der
Beschäftigten kann Aufschluss über die Realisierungschancen eines Gesundheitsberichts geben. Inzwischen liegen in einzelnen
größeren Betrieben positive Beispiele für
eine kooperative Gesundheitsberichterstattung mehrerer Krankenkassen vor.
Die Anzahl der Mitgliedsbetriebe, für die ein
Gesundheitsbericht erstellt wurde, hat sich
mit 8 % seit 1999 verdoppelt. Doch dieses
Instrument wurde noch selten genutzt, wofür
es die genannten sachlichen Gründe geben
kann. Insofern spielte der Gesundheitsbericht als Steuerungsinstrument für Sicherheit und Gesundheitsschutz bisher nur eine
marginale Rolle.
4.2 Exkurs: Arbeitsunfähigkeitsanalysen der AOK Hessen
Die AOK Hessen war freundlicherweise bereit, uns ihre Auswertungen für die öffentliche Verwaltung aus dem Jahr 2005 zur Verfügung zu stellen.14) Selbstverständlich beziehen sich alle Angaben nur auf Angestellte
und Arbeiter, die bei der AOK Hessen versichert sind. Abweichungen von betrieblichen
Daten sind möglich, weil die Krankenkassen
nur solche Arbeitsunfähigkeitsereignisse
auswerten können, für die ihnen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Ärzte
vorliegen. Kurzzeiterkrankungen bis zu drei
Tagen können daher unzureichend erfasst
sein. Als Bezugsgröße dienen die Mitgliedschaftszeiten umgerechnet auf volle Jahre,
nicht die Personen.
Die Analysen der AOK Hessen zeigen, dass
männliche Versicherte 2005 leicht über
dem durchschnittlichen Krankenstand aller
AOK-Mitglieder von 6,3 % lagen, weibliche
darunter (Abbildung 23). Dieser Geschlechtertrend entwickelt sich erst in den letzten
Jahren. Während der 1990er Jahre wiesen
die Frauen regelmäßig einen überdurchschnittlichen Krankenstand auf.
10 %
8%
Krankenstand in %
Eine Alternative zum betriebsbezogenen
Gesundheitsbericht kann für alle Betriebe
mit geringer Beschäftigtenzahl oder aufgesplitterter Versicherungslandschaft ein
branchenbezogener
Gesundheitsbericht
sein, bei dem Betriebe aus bestimmten
Wirtschaftsbereichen
zusammengefasst
werden. Auch überbetriebliche, tätigkeitsbezogene Auswertungen sind grundsätzlich
möglich und können Hinweise auf spezielle
Gefährdungen geben.
6,3 %
6,6 %
Gesamt
Männer
5,9 %
6%
4%
2%
Frauen
Abbildung 23: Krankenstand 2005 der AOK-Mitglieder in der öffentlichen Verwaltung in Hessen.
14) Quelle der Abbildungen 23 bis 26: Arbeitsunfähigkeitsprofil. Kennzahlen zum Gesundheitszustand für
das Jahr 2005. Branche 751 Öffentliche Verwaltung: AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen - Service Gesunde Unternehmen, Groß-Gerau 2006.
42
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Auf ganzjährig beschäftigte Mitarbeiter
entfielen 2005 jeweils knapp 23 ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeitstage. Dies ist
demnach die Größenordnung, die bei der
Berechnung von Personalkapazitäten als
krankheitsbedingte Ausfallzeiten einzukalkulieren ist. Männer und Frauen unterschieden sich hierbei um 2,4 Tage pro Jahr.
mit anderen AOK-Versicherten hinaus − die
Schwerpunkte des Krankheitsgeschehens
beobachtet werden. Branchenvergleiche geben einen Eindruck von den Auffälligkeiten,
bei denen die Frage zu stellen ist, inwieweit
sich darin Einflüsse aus der Arbeitswelt niederschlagen.
30
25
20
22,9 %
24,1 %
2,5
21,7 %
2
1,8
1,9
1,8
1,5
15
10
1
5
0,5
0
0
Gesamt
Männer
Frauen
Gesamt
Männer
Frauen
Abbildung 24: Arbeitsunfähigkeitstage pro AOK-Mitglied in der öffentlichen Verwaltung in Hessen im
Jahr 2005.
Abbildung 25: Arbeitsunfähigkeitsfälle pro AOK-Mitglied in der öffentlichen Verwaltung in Hessen im
Jahr 2005.
Arbeitsunfähigkeitsfälle sind abgeschlossene Ereignisse, bei denen ein Anfangsund ein Enddatum der Ausfallzeit erfasst ist.
Mehrere, direkt aufeinander folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden
als zusammen gehörendes Ereignis angesehen und als „ein Fall“ gezählt. Die folgende
Auswertung zeigt, dass bei der Häufigkeit, in
der Mitarbeiter 2005 erkrankten, geringere
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
vorlagen (Abbildung 25). Der höhere Krankenstand von Männern war somit weitgehend auf längere Ausfallzeiten zurückzuführen. Im Durchschnitt fehlte jeder Mitarbeiter
im Jahr 2005 demnach knapp zwei Mal.
2005 standen bei der öffentlichen Verwaltung die Atemwegserkrankungen im Vordergrund (Abbildung 26). Zwar trifft dies auch
auf die hier als Vergleichsgruppe gewählten
Betriebe des Handels und der Instandhaltung zu, doch in einem weitaus geringeren
Umfang.15) Ähnlich sieht es bei den zweitplatzierten Erkrankungen des Bewegungsapparats und den nachfolgenden Diagnosegruppen aus.
Während jeder Betrieb die bisherigen
Kennzahlen für seine Beschäftigten selbst
errechnen kann, verfügt keiner über die
medizinischen Daten der Krankenkassen.
Insofern können hier − über den Vergleich
Die angezeigte Reihenfolge selbst ist für
eine Branchenauswertung nicht ungewöhnlich. Bei deutlichen Abweichungen sollten
Einflüsse aus der Arbeit auf das Krankheitsgeschehen in Betracht gezogen werden. Neben betrieblichen Einflüssen können auch
Alterseinflüsse eine Rolle spielen. So haben
Jüngere häufiger Atemwegserkrankungen
und Verletzungen als ältere Beschäftigte.
Umgekehrt treten Erkrankungen des Be-
15) In der Vergleichsgruppe ist eine Mischung aus Dienstleistungsberufen und technischen Berufen zusammengefasst, die der Zusammensetzung des öffentlichen Dienstes nahe kommt.
43
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
60
50
47
46
Atemwegserkrankungen
Muskel-SkelettErkrankungen
30
25
Erkrankungen des
Verdauungsapparates
23
19
18
11
17
11
7
7
Verletzungen und
Vergiftungen
Kreislauferkrankungen
0
Öffentliche Verwaltung
Handel, Instandhaltung
Psychische Störungen
Abbildung 26: Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Diagnosegruppen auf 100 AOK-Mitglieder in der öffentlichen Verwaltung im Vergleich zu Handels- und Instandhaltungsbetrieben in Hessen im Jahr 2005.
wegungsapparats und des Herz-KreislaufSystems mit zunehmendem Alter häufiger
auf. Insofern ist die Zusammensetzung der
4.3
jeweiligen Belegschaft immer mit zu berücksichtigen.
Weitere Informationsquellen
Auswertung der Unfalldaten
Unfallstatistik und
Kennzahlen
Unfallereignis
Dokumentation
Unfallanalyse
Innerbetriebliche
Unfallmeldung
Retrospektive
Gefährdungsbeurteilung
Unfallmeldung an den
Unfallversicherungsträger
Ableitung und Umsetzung
präventiver Maßnahmen
Schadensregulierung
Unfallverhütung
Abbildung 27: Betriebliche Unfallerfassung und deren Auswertung.
44
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Unfälle werden in Betrieben nicht zwangsläufig erfasst, um daraus Erkenntnisse für
den Arbeitsschutz abzuleiten, sondern wegen der Schadensregulierung (Abbildung
27). Mit der Erfassung der einzelnen Unfälle
ergibt sich die Gelegenheit, zentral oder in
einzelnen Bereichen bestimmte statistische
Kennzahlen zu bilden, die einen Einblick in
Sicherheit und Gesundheit im Betrieb geben
können.
Die meisten Betriebe werten nur die meldepflichtigen Unfälle statistisch aus. In der
UKH hingegen werden alle Unfälle erfasst,
die gemeldet werden oder die zu Leistungsausgaben, beispielsweise infolge einer
ärztlichen Wundversorgung, führen. Daher
können leicht Diskrepanzen zwischen Unfallzahlen der Mitgliedsbetriebe und der
UKH auftreten.
Für die Prävention von Arbeitsunfällen
ist zunächst einmal von Bedeutung, dass
Wege- und Arbeitsunfälle getrennt betrachtet werden, weil sie die Verantwortung des
Betriebes und seiner Verantwortlichen für
Sicherheit und Gesundheitsschutz in unterschiedlicher Weise berühren. Für den
Betrieb bietet sich die individuelle Untersuchung von Unfällen an, weil dadurch die
Unfallursachen erkannt und Maßnahmen
zur Reduzierung der Gefährdung abgeleitet
werden können. Dieser Weg führt zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung, trägt
aber nur wenig zur Kontrolle der Effektivität
der Arbeitsschutzorganisation insgesamt
bei.
In den Mitgliedsbetrieben herrscht häufig
die Auffassung vor, dass sich eine Führungskraft vorwiegend um schwere Unfälle kümmern sollte. Die Verantwortlichen folgen damit der juristischen Logik, die vom Ausmaß
der Schädigung ausgeht und die Schuld
festzustellen versucht. Je schwerwiegender
eine Verletzung ausfällt, um so schwerer
kann im Ergebnis die Schuld gewertet werden.16) Doch das Augenmerk darauf zu beschränken und vorrangig am Ergebnis eines
Unfallereignisses festzumachen, entspricht
keinesfalls der Logik präventiven Denkens.
Natürlich sollen schwere Unfälle möglichst
vermieden werden. Aber oft ist es eine Frage
zufälliger Umstände, welche Folge ein Sicherheitsmangel bei der Ausführung einer
Tätigkeit nach sich zieht. Der Sturz vom Bürodrehstuhl, der sicherheitswidrig als Trittleiter benutzt wird, kann eine Schrecksekunde, einen blauen Fleck, einen Knochenbruch
oder eine bleibende Behinderung herbei
führen. Das Ausmaß der Verletzungen und
anderer Schäden resultiert häufig aus äußeren, weniger beeinflussbaren Bedingungen
in Kombination mit einem riskanten Verhalten. Gleiches gilt bei der Verwendung unsicherer Arbeitsmittel.
Schwere
Verletzungen
Wiederholte
leichte Verletzungen
Gefährliche
Situationen und Ereignisse
Abbildung 28: Arbeitsunfälle im Verhältnis zum
Risikopotenzial von Arbeitssituationen.
16) Vergleiche den Artikel über Verantwortung in inform 4/2006.
45
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Aus Sicht der Prävention sind deshalb Ereignisse, die als Beinaheunfälle bezeichnet werden, genau so beachtenswert wie
tatsächliche Unfälle (Abbildung 28). Im
Mittelpunkt der Betrachtung steht das Risikopotenzial eines Ereignisses: „Was hätte
passieren können?“ Dank dieser Sichtweise
lässt sich ein hohes Sicherheitsniveau erreichen. Zugegebener Maßen lassen sich abgrenzbare Ereignisse besser erfassen, dokumentieren und auswerten. Die Ermittlung
unerwünschter „gefährlicher Situationen“
bleibt dennoch ein sinnvolles Anliegen. Ihre
Realisierung erscheint wenigstens punktuell möglich, beispielsweise im Rahmen von
Sicherheitsgesprächen.
Ein anderes Phänomen ist in vielen Betrieben die Gewöhnung an kleinere Unfälle.
Schon mittels einer einfachen Strichliste
auf Basis der Verbandbuchaufzeichnungen
kann eine Führungskraft sich rasch ein Bild
über die Anzahl, die zeitliche Verteilung oder
die individuelle Unfallhäufigkeit machen.
Der Vergleich verschiedener Zeiträume kann
Erfolge veränderter Schutzmaßnahmen belegen oder Fragen nach Verbesserungsmöglichkeiten aufwerfen. Die Fragen nach der
Eignung und Akzeptanz der vorhandenen
Schutzausrüstung sowie nach arbeitsorganisatorischen Schwierigkeiten drängen sich
bei wiederkehrenden Unfällen geradezu
auf.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 29: Mitgliedsbetriebe mit Unfallauswertungen.
Drei von zehn Mitgliedsbetrieben werteten
die Unfallereignisse aus, wobei offen bleibt,
in welcher Weise dies geschah (Abbildung
29). In der Gruppe der mittleren und größeren Betriebe tat dies ein gutes Drittel, unter
den kleineren nur ein Fünftel. Rein statistisch
sollte in kleineren Betrieben die absolute
Zahl der Unfälle geringer ausfallen und das
46
Unfallgeschehen auch transparenter sein.
Möglicherweise messen kleinere Betriebe
einer Statistik eine geringere Bedeutung
bei. Da die Umfrage auf zentraler Ebene beantwortet wurde, ist anzunehmen, dass die
Ergebnisse für die statistische Erhebung
und Auswertung von Arbeits- und Wegeunfällen gelten.
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Auswertung von Krankenrückkehrgesprächen
Eine weitere betriebliche Chance, Informationen über die Gesundheit der Beschäftigten und über Möglichkeiten präventiver
Maßnahmen zu gewinnen, besteht in der
Auswertung von so genannten Krankenrückkehrgesprächen. In fürsorglich ausgerichteten Rückkehrgesprächen hat die Frage nach
Arbeitseinflüssen auf die Gesundheit und
gegebenenfalls nach Verbesserungsvorschlägen eine zentrale Bedeutung. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können von
den Führungskräften unmittelbar zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilungen herangezogen werden.
Die inhaltliche Bedeutung der Krankenrückkehrgespräche wird im Kapitel „Führungsinstrumente“ (Kapitel 6) ausführlicher behandelt.
Nach eigenem Bekunden zogen 18 % der
Mitgliedsbetriebe Erkenntnisse aus Krankenrückkehrgesprächen. Die Betriebe mittlerer Größe erwiesen sich dabei als die aktivsten, während die Gespräche in größeren
Betrieben seit 1999 stagnierten. Zwischen
den Betriebsarten gab es auffallende Unterschiede. Landesdienststellen sowie Kommunen und Kreise legten zu, die übrigen reduzierten hingegen die Rückkehrgespräche.
Mitarbeiterbefragung
In der Regel werden Mitarbeiterbefragungen
von externen Beratern oder Dienstleistungsanbietern durchgeführt, um Anhaltspunkte
für Gesundheitsgefährdungen, Arbeitsbelastungen, betriebliche Schwachstellen oder
um Verbesserungsvorschläge zu ermitteln.
Sie sind im Arbeits- und Gesundheitsschutz
kein unbekanntes Instrument mehr. Sie sind
überall dort eine zweckmäßige Alternative,
wo andere Informationen nicht verfügbar
sind oder der Aufwand für ihre Erfassung und
Auswertung zu hoch erscheint. Die flexible
Gestaltung von Befragungen erlaubt einen
genauen Zuschnitt auf die betrieblichen Verhältnisse. Bereits vorliegende Erkenntnisse
können ergänzt und Vermutungen über
Gefährdungsarten überprüft werden. Aber
auch Ansätze für Gestaltungsmaßnahmen
lassen sich damit generieren.
Überall dort, wo eine enge Verbindung zwischen der Einsatzfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Beschäftigten einerseits und
dem betrieblichen Erfolg andererseits gesehen wird, finden Mitarbeiterbefragungen
zunehmende Akzeptanz. Bei der Durchführung von Mitarbeiterbefragungen ist im Vorfeld zu überlegen, welche Methode die am
besten geeignete ist (Abbildung 30):
Schriftliche Befragungen eignen sich
sehr gut für repräsentative Ergebnisse
zu einfach formulierbaren, standardisierten Fragen. Anonymität und statistische Auswertung lassen persönlichere Fragestellungen zu. Bei der Vertiefung bestimmter Fragen hinsichtlich
des Einzelfalls wird dieses Instrument
rasch unübersichtlich. Komplizierte Fragen führen zu Missverständnissen und
Beantwortungsfehlern.
Mündliche Einzelbefragungen sind sehr
aufwändig in der Durchführung, weswegen sie im betrieblichen Rahmen nur
selten eingesetzt werden. Sie bieten
sich beispielsweise an, um arbeitsmedizinische Fragen zu einer bestimmten
Tätigkeit oder Beanspruchung abzuklären oder um konkrete Umstände, Verhaltensweisen oder Vorstellungen zu
erfragen.
47
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Mündliche Gruppenbefragungen eignen
sich gut, um Themen für die weitere Bearbeitung einzugrenzen und erste Anregungen für Verbesserungen zu sammeln.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist die von
einigen Krankenkassen eingesetzte „Arbeitssituationsanalyse“. Grenzen lässt
die Befragung in Gruppen vor allem
bei tabuisierten Themen erkennen. Die
Gruppendynamik sowie Sprecherrollen
können die Ergebnisse erheblich beeinflussen, weswegen eine geschulte Moderation erforderlich ist.
Befragungen unterliegen der Mitbestimmung. Betriebs- oder Personalrat sind einzubeziehen. Erfolg versprechend ist eine
frühzeitige Verabredung über Ziele und Inhalte, über die Vorgehensweise sowie die
Auswertung der Befragung.
Die Vorgehensweise beeinflusst die Verwertbarkeit einer Mitarbeiterbefragung erheblich, insbesondere die Repräsentativität
und die Zuverlässigkeit der Befragungsergebnisse. Daher zahlt sich eine sorgfältige
Vorbereitung aus. Die Teilnehmerquote einer Befragung beeinflusst die Aussagekraft
für das Unternehmen. Die Teilnahme lässt
sich erheblich steigern, wenn die Befragung
in einem organisierten Rahmen während der
Arbeitszeit durchgeführt wird. Die Information über die Absichten der Verantwortlichen
und die Durchführung der Befragung können unmittelbar verknüpft werden. Freiwilligkeit ist dennoch ein wichtiger Grundsatz.
Überzeugung der Mitarbeiter, verbunden
mit einem einfachen Verfahren ohne Zwang,
führt zu einer hohen Teilnehmerquote.
Die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen
ist eine weitere wichtige Voraussetzung für
die Meinungsäußerung der Mitarbeiter. Dies
gilt insbesondere für die Zusicherung der
Anonymität bei schriftlichen Mitarbeiterbefragungen. Vor allem soll die Verfahrensweise daran keine Zweifel aufkommen lassen.
Eine gemeinsame schriftliche Zusicherung
der obersten Leitung und des Betriebs- oder
Personalrats, dass persönliche Nachteile
ausgeschlossen sind, kann das Vertrauen
stärken. Eine Differenzierung bei personenbezogenen Merkmalen, die von vorneherein
die Stichprobengröße berücksichtigt, beugt
einem Missbrauch vor. Dies betrifft zum Beispiel die Bildung von Alters- oder Tätigkeitsgruppen. Vereinbarungen mit dem Betriebsoder Personalrat über die Auswertungsstrategie sind hierbei ebenfalls hilfreich.
Schriftliche Befragung
Gruppenbefragung
Häufigkeit und Intensität von Arbeitsbelastungen
Beanspruchung durch Belastungen
Gesundheitliche Beschwerden
Klima der Zusammenarbeit
Beliebte und unbeliebte Tätigkeiten
Haltungen gegenüber Schutzmaßnahmen
Gruppenzugehörigkeit
(um Vergleiche anzustellen)
Konkretisierung der Arbeitsbelastungen
Zusammenhänge zwischen Beschwerden und Arbeitsbelastungen
Kenntnis von Schutzmaßnahmen
Haltung gegenüber Schutzmaßnahmen
Ideen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Erwartungen an die Zusammenarbeit
mit der Führungskraft
Abbildung 30: Schwerpunktthemen in Mitarbeiterbefragungen.
48
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 31: Mitgliedsbetriebe, die Mitarbeiterbefragungen durchführten.
Befragungen erzeugen Erwartungen auf
Seiten der Befragten. Wer seine Meinung
äußert, tut dies in Erwartung darauf, dass
die Verantwortlichen die Ergebnisse akzeptieren und sich erkennbar damit auseinandersetzen. Auch der Zeitraum zwischen
einer Befragung, der Veröffentlichung von
Ergebnissen sowie nachfolgenden Maßnahmen wirkt sich auf die Glaubwürdigkeit der
Verantwortlichen aus. Verantwortliche, die
keine Veränderungen wollen, sollten auf
Mitarbeiterbefragungen verzichten, weil sie
ansonsten Unzufriedenheit produzieren.
Ein Viertel aller Mitgliedsbetriebe setzte
2004 das Instrument der Mitarbeiterbefragung ein (Abbildung 31). Dies war nur eine
leichte Steigerung gegenüber 1999. Jedoch
gab es innerhalb der Mitgliedsbetriebe auffallende Verschiebungen. Betriebe mittlerer
Größe setzten dieses Instrument 2004 am
häufigsten ein und überflügelten damit die
größeren Betriebe, die 1999 noch an erster
Stelle lagen. Eine Parallele dazu fand sich bei
den Betriebsarten. Die Landesdienststellen
hatten 2004 eine erhebliche Steigerung bei
Mitarbeiterbefragungen zu verzeichnen, Betriebe wie Krankenhäuser, Sparkassen und
andere einen entsprechenden Rückgang.
49
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
4.4
Einsatz von Kennzahlen und Steuerungsinstrumenten
Niemand muss auf ein umfassendes Managementsystem oder auf die Umsetzung
der Verwaltungsreform warten, um eine
stärkere Zielorientierung im Arbeitsschutz
einzuführen. Die erfragten Analyseinstrumente erleichtern es, Handlungsbedarf zu
erkennen und Erfolge zu belegen. Die vielfach vorhandenen Kennzahlen zur Planung
und Beurteilung von Arbeitsschutz- und
Gesundheitsförderungsmaßnahmen heranzuziehen, ist ein erster Schritt. Mit dem Aufbau eines einfachen Berichtswesens, wie es
die Überwachungspflicht der obersten Leitung ohnehin verlangt, können geeignete
Kennzahlen als verdichtete Informationen
nach und nach entwickelt werden. Mit einer
planmäßigen Herangehensweise steigt der
Bedarf an weiteren Kennzahlen ganz von
selbst. Denn nicht nur Gefahren oder unerwünschte Ereignisse wie Unfälle lassen sich
darstellen, sondern ebenso die Aktivitäten
für Sicherheit und Gesundheit (Abbildung
32).
Auf der Basis dieser Kennzahlen lässt sich
ein Berichtswesen aufbauen, das über Jahre
hinweg die Entwicklung dokumentiert und
als Hintergrund für die Zieldiskussion zukünftiger Aktivitäten dienen kann.
Die verschiedenen Instrumente, deren Einsatz in den Mitgliedsbetrieben abgefragt
wurde, können isoliert oder in Kombination
miteinander eingesetzt werden. In einer eigenen Auswertung wurde geprüft, wie viele
Betriebe 2004 überhaupt über Erfahrung
damit verfügten. Einbezogen wurde die Verwendung von Kennzahlen und von Methoden der Situationsanalyse.
1. Anzahl bestehender, neuer zentraler Arbeitsschutzregelungen
2. Anzahl der Einzelbeurteilungen von Tätigkeiten, Arbeitssituationen oder Arbeitsmitteln
3. Anzahl der vorhandenen, ersetzten, beurteilten Gefahrstoffe
4. Anzahl der vorgenommenen Betriebsmittelprüfungen
5. Anzahl der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen
6. Anzahl der erstellten oder neu erstellten Betriebsanweisungen
7. Anzahl durchgeführter Unterweisungen
8. Anzahl der Bau- und Umbaumaßnahmen unter Beteiligung der Arbeitsschutzexperten
9. Anzahl der Maßnahmen zur Arbeitsplatzgestaltung unter Beteiligung der
Arbeitsschutzexperten
Darstellungsmöglichkeiten
Insgesamt, jeweils auf den Betrieb oder den Bereich bezogen
Anteil der Arbeitsbereiche, die im Berichtsjahr entsprechende Aktivitäten durchgeführt haben
Abbildung 32: Beispiele für verdichtete Informationen über Arbeitsschutzaktivitäten.
50
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
Mehrere Instrumente
80 %
100 %
Ein Instrument
Abbildung 33: Mitgliedsbetriebe, die Steuerungsinstrumente einsetzten.
Ein Drittel aller Mitgliedsbetriebe verwendete 2004 weder eine Kennzahl noch ein
anderes Analyseinstrument (Abbildung
33). Hierbei waren erhebliche Unterschiede
festzustellen, die sich aber vor allem an
der Beschäftigtenzahl festmachten. Von
den kleineren Betrieben hatte jeder zweite keine Erfahrung mit der Erhebung oder
Auswertung der genannten Daten und Informationen. In der Gruppe der mittelgroßen
Betrieben schrumpfte deren Anteil auf ein
Drittel und bei den größeren auf 22 %. Auf
mehr als eine Auswertung oder Erhebung
konnten die Mitgliedsbetriebe mittlerer Größe jedoch etwas häufiger zurückgreifen als
die größeren.
Erfolge. Insofern überraschte es, dass zwar
zwei Drittel der Mitgliedsbetriebe über solche Informationen verfügten, aber nur 9 %
angaben, dass sie im Arbeitschutz eine Form
des Controlling vornahmen. Selbst unter den
größeren Betrieben und den mit solchen Instrumenten erfahreneren Krankenhäusern,
Sparkassen und anderen Betrieben ist es
nur jeder siebte, der über ein Controlling im
Arbeitsschutz verfügt.
Die Unterschiede zwischen den Betriebsarten fielen im Vergleich dazu eher gering
aus. Einzige Auffälligkeit ist der mit 43 %
relativ hohe Anteil von Betrieben mit mehreren Instrumenten unter Krankenhäusern,
Sparkassen und anderen Betrieben.
Das Steuerungselement der Zielvereinbarung setzte eine so geringe Zahl von Betrieben im Arbeitsschutz ein, dass die vorhandenen Unterschiede zwischen den Gruppen
nicht weiter analysiert werden müssen.
Angesichts der Ergebnisse ist davon auszugehen, dass es im Arbeitsschutz und in der
Gesundheitsförderung nur selten eine Integration in ein betriebliches Zielsystem gab,
obwohl dafür brauchbare Informationen in
vielen Mitgliedsbetrieben vorhanden waren.
Zweck von Kennzahlen und Analysen ist
üblicherweise die planmäßige Steuerung
von Aktivitäten und die Überprüfung ihrer
Daraus lässt sich keineswegs die Schlussfolgerung ziehen, dass Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung völlig ziellos umgesetzt
51
K A P I T E L I V · E I N S A T Z V O N A N A LY S E - U N D S T E U E R U N G S E L E M E N T E N
wurden. Die vorhandenen Informationen
und Instrumente wurden vermutlich nur
punktuell oder zur Begründung einzelner
Maßnahmen genutzt, aber nicht in formelle
Zielsetzungen und Überprüfungsroutinen
überführt, wie es bei einem systematischen
Management der Fall sein sollte.
Literatur zur Gesundheitsberichterstattung
für den Öffentlichen Dienst
Fehlzeiten-Report 2005 − Arbeitsplatzunsicherheit und Gesundheit: Badura
u. a., Berlin, Springer, 2006:
− Untersuchungen zu Arbeitsplatzunsicherheit, Arbeitslosigkeit und
Gesundheit
− Krankheitsbedingte Fehlzeiten in
der deutschen Wirtschaft 2004
auf Basis der AOK-Daten
Frühere Schwerpunkte:
2004: Gesundheitsmanagement in Krankenhäusern
und
Pflegeeinrichtungen
52
2003: Work-Life-Balance
2002: Demografischer Wandel
2001: Gesundheitsmanagement im öffentlichen Sektor
2000: Zukünftige Arbeitswelten: Gesundheitsschutz und Gesundheitsmanagement
1999: Psychische Belastung am Arbeitsplatz
Die öffentliche Verwaltung − ein kranker
Sektor? Sochert R. & Schwippert C., Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 2003:
− Internationaler Vergleich
− Arbeitsbelastungen im öffentlichen
Dienst
− Häufigkeit gesundheitlicher Beschwerden
Branchengesundheitsbericht für den
öffentlichen Dienst: Wolters J. u. a., Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 2000:
− Tätigkeitsspezifische Erkrankungsquoten
V
Präventive Ausrichtung des Arbeitsschutzes
Seit langer Zeit ist die Vorbeugung gegen
Unfälle und Gesundheitsschäden und weniger die Behandlung oder Entschädigung
verunfallter oder erkrankter Personen,
Schwerpunkt der Arbeitsschutzgesetzgebung. Dennoch treten in der Praxis immer
wieder Situationen auf, in denen Entscheidungen getroffen werden, ohne die Anforderungen für Sicherheit und Zuträglichkeit
zu beachten. Deshalb sind oft nachträgliche
Korrekturen oder Verbesserungen erforderlich, um Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten. Beispiele sind:
die technische Nachrüstung von Maschinen und Arbeitsgeräten zur Abschottung
von verletzenden Teilen oder zur Reduzierung des Lärms
die Ersatzbeschaffung elektrischer Geräte wegen fehlender Sicherheitseinrichtungen
die Nachrüstung von Kindertagesstätten
und Schulen zur Reduzierung der Lärmausbreitung
Nachbesserungen in lichtdurchfluteten
Büros für Bildschirmarbeit wegen vorhandener Blendeffekte
der Einbau von Klimageräten in stark
verglasten Bauten mit der Folge extremer Temperaturunterschiede zwischen
den Jahreszeiten.
Die Liste der Beispiele kann noch länger
ausfallen. Hinzu kommen aufwändige Sicherungsmaßnahmen, die für Wartungsoder Instandhaltungsarbeiten erforderlich
werden, weil diese bei Baumaßnahmen
nicht eingeplant waren. Entscheidend ist,
dass häufig an Sicherheit und Gesundheit
der Mitarbeiter zu spät gedacht wird, nämlich erst bei der Inbetriebnahme oder gar
nach Unfällen oder auftretenden Beschwerden. Wären Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen integrierter Bestandteil der
Pflichtenhefte bei Baumaßnahmen, bei Beschaffungen und bei der Neuorganisation
der Tätigkeiten, würde ein großer Teil der
angeführten Probleme entfallen.
In vielen Mitgliedsbetrieben ist von positiven Erfahrungen bei der sicheren und gesunden Gestaltung der Arbeitsbedingungen
auszugehen. Es spricht jedoch vieles dafür,
dass die Ansätze dafür punktuell oder vorübergehend praktiziert werden. Dies stimmt
mit unseren Erfahrungen aus der Beratung
überein. Meist existieren keine klaren, formalen Regelungen zur Prävention von Gesundheits- und Unfallgefahren. So geben
gesammelte Erfahrungen und Kenntnisse,
persönliche Kontakte zu den Fachkräften
für Arbeitssicherheit oder das persönliche
Engagement der Verantwortlichen häufig
den Ausschlag dafür, bei welchen Entscheidungen Sicherheit und Gesundheit eine Rolle spielen.
Dem Zufall soll die sichere und gesundheitsverträgliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen jedoch nicht anheim fallen. Deshalb
fordert die UVV Grundsätze der Prävention
(GUV-V A1) in § 5, Abs. 1 und 2, dass Aufträge zur Planung und Gestaltung von Arbeitseinrichtungen und Arbeitsverfahren ebenso
wie Lieferaufträge für Arbeitsmittel, Ausrüstungen und Arbeitsstoffe mit der schriftlichen Aufforderung an den Auftragnehmer
zu verbinden sind. Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten sowie die
Einhaltung der einschlägigen Vorschriften
sollen gewährleistet sein. Je häufiger Sicherheits- und Ergonomiestandards bei Lie53
KAPITEL V
· PRÄVENTIVE AUSRICHTUNG DES ARBEITSSCHUTZES
ferungen und bei der Auftragsausführung
von Kunden verlangt werden, um so mehr
setzen sich diese durch. Sicherheitsmerkmale und ergonomische Gestaltungsprinzipien werden im Marketing von Maschinen
und Geräten inzwischen fast selbstverständlich als Verkaufsargumente verwendet.
Veränderungen am Markt erfordern anspruchsvolle Kunden. Die Qualifizierung der
Führungskräfte für ihre Aufgaben im Arbeitsund Gesundheitsschutz und die Beurteilung
der Arbeitsbedingungen sind wirksame
Hebel, um Gefahren besser vorherzusehen
und frühzeitig auszuschalten. In Kombination mit dem Instrument der Gefährdungsbeurteilung und einer fundierten Kenntnis der
Vorschriften erkennen Führungskräfte die
Vorteile einer präventiven Beeinflussung
von Planungs- und Veränderungsprozessen
sowie von Einkaufsstrategien. Die oberste
Leitung ist dabei als Vorbild gefragt und
kann die Verfahrensweise verbindlich regeln.
Für Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit bringt eine Integration des
Arbeitsschutzes in betriebliche Prozesse
einen weiteren Vorteil mit sich. Ihre Beratung wird im Vorfeld von Entscheidungen
eher als Hilfestellung und Unterstützung
empfunden. Hinweise auf Mängel nach Entscheidungen oder gar Veränderungen bereits vorgenommener Investitionen werden
immer als unbequeme Kritik eingestuft. Die
selben formulierten Anforderungen werden
von den Verantwortlichen im ersten Fall als
konstruktiv, im zweiten Fall als destruktiv erlebt. Dieses Phänomen wirkt sich langfristig
auf die Zusammenarbeit zwischen Verantwortlichen und Arbeitsschutzexperten aus.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 34: Mitgliedsbetriebe mit Integration des Arbeitsschutzes in Planungs-, Investitions-, Beschaffungs- und Instandhaltungsprozesse.
29 % der Mitgliedsbetriebe gaben 2004 an,
in ihren Planungs-, Investitions-, Beschaffungs- und Instandhaltungsprozessen den
Arbeitsschutz integriert zu haben (Abbildung
54
34). Unter den größeren Betrieben waren
es 38 %, unter den kleineren und mittleren
etwa ein Viertel. Letzteres entsprach auch
der Situation in Kommunen und Kreisen. Die
KAPITEL V
· PRÄVENTIVE AUSRICHTUNG DES ARBEITSSCHUTZES
Landesdienststellen lagen mit einem knappen Drittel in der Mitte, während unter den
anderen Betrieben mehr als ein Drittel den
Arbeitsschutz integriert hatte. In der Regel
trifft man jedoch auch in den zuletzt genannten Betrieben noch auf Defizite. In manchen
Prozessen ist die Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter
eingespielt, in anderen jedoch Neuland oder
als Bedarf noch gar nicht erkannt. Immerhin
waren bei 29 % der Betriebe positive Ansätze vorhanden, Sicherheit und Gesundheitsschutz zu berücksichtigen.
Im Jahr 2004 waren 39 % der Betriebe der
Auffassung, dass ihre Aufbau- und Ablauf-
organisation gesundheitsgerecht gestaltet
war (Abbildung 35). Dies war eine leichte
Steigerung um fünf Prozentpunkte gegenüber 1999, wobei die Einschätzung der
größeren Betriebe am positivsten ausfiel.
Auffallend war der Rückgang bei anderen
Betrieben wie Sparkassen und Krankenhäusern, die 1999 weit an der Spitze lagen. Ob
die Einschätzungen von bestimmten Gestaltungsmaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt
abhingen, die in diesen Betrieben 2004 bereits zu lange abgeschlossen waren, lässt
sich mittels der Studie nicht klären. Bei den
Landesdienststellen herrschte 2004 hingegen eine deutlich optimistischere Einschätzung als 1999 vor.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 35: Mitgliedsbetriebe mit gesundheitsgerechter Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation.
55
KAPITEL V
· PRÄVENTIVE AUSRICHTUNG DES ARBEITSSCHUTZES
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 36: Mitgliedsbetriebe mit Verbesserungen des Arbeitsumfeldes und der Arbeitsbedingungen.
Die Frage nach der Durchführung von Verbesserungen im Arbeitsumfeld und bei den
Arbeitsbedingungen erlaubte es den Mitgliedsbetrieben, auch punktuelle Aktivitäten positiv anzumerken. Demzufolge gaben
etwa sechs von zehn Mitgliedsbetrieben bereits 1999 an, entsprechende Verbesserungen realisiert zu haben (Abbildung 36). Bis
2004 stieg dieser Anteil nur unwesentlich.
Die größeren Betriebe verwiesen stabil mit
70 % auf Verbesserungen. Die deutlichste
Zunahme war 2004 bei den kleineren Betrieben und bei den Landesdienststellen zu
verzeichnen.
Sehr positiv fielen die Einschätzungen bezüglich der Anwendung der Ergonomie und
präventiver Arbeitsplatzgestaltung in den
Mitgliedsbetrieben aus. In allen Größenord-
56
nungen und Betriebsarten mit Ausnahme
der Betriebsart Sparkassen, Krankenhäuser
und andere Betriebe waren deutlich mehr
positive Antworten zu verzeichnen (Abbildung 37). Bei den kleineren Betrieben und
den Landesdienststellen fand die größte
Veränderung statt.
Auch hier ist wiederum nicht von einem
umfassenden Einsatz ergonomischer Kenntnisse und entsprechender Arbeitsplatzgestaltung auszugehen. Jedoch ist die erreichte
Verbreitung dieser Gestaltungsgrundsätze
auf inzwischen fast drei Viertel aller Mitgliedsbetriebe sehr zu begrüßen. Nicht zuletzt die Umsetzung der Bildschirmarbeitsverordnung sowie Gesundheitsprobleme
bei der Lastenhandhabung dürften hierzu
einen Beitrag geleistet haben.
KAPITEL V
· PRÄVENTIVE AUSRICHTUNG DES ARBEITSSCHUTZES
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 37: Mitgliedsbetriebe mit Ergonomie und präventiver Arbeitsplatzgestaltung.
Weitere Auswertungen ließen erkennen,
dass die Auskünfte auf allgemeine Fragen
nach vorgenommenen Gestaltungsmaßnahmen und Verbesserungen nur als temporär gültig zu betrachten sind. Ein Indiz dafür ist, dass Betriebe 1999 zustimmten, aber
2004 entsprechende Aktivitäten verneinten
oder umgekehrt. Bei der gesundheitsgerechten Gestaltung der Organisation betraf
dies 40 % der Betriebe, bei Verbesserungen
im Arbeitsumfeld oder bei den Arbeitsbedingungen war es ein Drittel.17)
17) Wer mittels Umfragen Vergleiche anstellen will, sollte die Frage nach der praktizierten Vorgehensweise
deshalb immer auf feste Zeiträume beziehen.
57
VI
Führungsinstrumente für Sicherheit und
Gesundheitsschutz
Mitarbeitergespräche zu Sicherheit und
Gesundheit
Die Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit setzt sich von der obersten Leitung in der Linie über die Führungsebenen
hinweg fort. Sie ist eindeutig hierarchisch
strukturiert. Doch ohne den Dialog mit den
Beschäftigten kann diese Verantwortung
nicht erfolgreich wahrgenommen werden.
Mit Blick auf die Gesundheitsförderung wird
davon gesprochen, dass die Beschäftigten
als Experten ihrer Arbeitssituation anzusehen sind. Diese wissen am besten, welche
Belastungen sie am stärksten beanspruchen
und welche gesundheitlichen Beschwerden
damit einhergehen. Sie kennen die Bedingungen am besten, unter denen sie ihre Aufgaben ausführen. Sie erleben Gefahrensituationen bei ihrer Arbeit und sie kennen die
Schwierigkeiten oder Unannehmlichkeiten,
die mit manchen Schutzmaßnahmen einher
gehen. Mitarbeitergespräche gehören deshalb inzwischen zum selbstverständlichen
Repertoire des Gesundheitsmanagements.
In einer entwickelten Arbeitsschutzorganisation hat auch das „Sicherheitsgespräch“
seinen festen Platz.
Gesundheit und Sicherheit sind in fast jedem Betrieb in irgendeiner Form Thema.
Denn nach der zentralen Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“
sollen Beschäftigte mindestens einmal im
Jahr über die vorhandenen Gefährdungen
unterwiesen werden. Die im Arbeitsschutz
verwendeten Begriffe der Unterweisung und
Belehrung legen die einseitige Vermittlung
von Regeln und Informationen nahe. Jedoch
beinhalten diese keine Vorgabe, die einem
Dialog zwischen Führungskraft und Beschäftigten entgegenstehen würde. Selbst
dort, wo Unterweisungen von der Fachkraft
für Arbeitssicherheit oder dem Betriebsarzt
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
2004
Abbildung 38: Mitgliedsbetriebe mit Mitarbeitergesprächen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.
58
100 %
KAPITEL VI
· FÜHRUNGSINSTRUMENTE FÜR DEN ARBEITS- UND GESUNDHEITSSSCHUTZ
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 39: Mitgliedsbetriebe mit Mitarbeitergesprächen zur Arbeitszufriedenheit.
durchgeführt werden, soll die Führungskraft
im Gespräch mit ihren Mitarbeitern sein. Sie
muss schließlich die Einhaltung der Schutzmaßnahmen überwachen und notfalls eingreifen.
Da die Beanspruchung durch psychische
und andauernde körperliche Belastungen
großen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit
hat, kommen diese Themen sicherlich im
Dialog mit den Beschäftigten zur Sprache.
Stress, Angst oder Konflikte werden in den
Betrieben häufig nicht mit Gesundheit und
noch seltener mit Arbeitsschutz in Verbindung gebracht, sondern nur mit Arbeitsunzufriedenheit. Unabhängig davon, wie die
Beteiligten Gespräche zum Betriebsklima
einstufen, ist deren Einfluss auf eine gesunde Unternehmenskultur in Fachkreisen
unbestritten.
Die Wiederholungsbefragung der UKH befasste sich mit einigen Kommunikationsinstrumenten, deren Anwendung direkt in
der Hand der Führungskräfte lag. In einem
Drittel aller Mitgliedsbetriebe führte man
2004 Mitarbeitergespräche zu Sicherheit
und Gesundheitsschutz durch (Abbildung
38). Die größeren Betriebe wichen vom
Durchschnitt leicht nach oben hin ab, die
Landesdienststellen etwas nach unten. Es
ist davon auszugehen, dass damit nur angeordnete Mitarbeitergespräche erfasst wurden, denn diese Angaben fallen unerwartet
niedrig aus. Die Ergebnisse können darauf
beruhen, dass Unterweisungen in zentralen
Verwaltungsbereichen oft nur selten praktiziert und − bei dezentraler Durchführung in
technischen Abteilungen − kaum wahrgenommen werden.
Mitarbeitergespräche zur Arbeitszufriedenheit wurden 2004 in vier von zehn Betrieben
geführt (Abbildung 39). In jedem zweiten
größeren, aber nur in jedem dritten kleineren
Mitgliedsbetrieb gehörten sie zum Führungsinstrumentarium. Die Landesdienststellen hoben sich bei den Gesprächen zur
Arbeitszufriedenheit besonders positiv hervor. Doppelt so häufig wie in anderen Betrieben, nämlich in 61 %, wurden sie geführt.
59
KAPITEL VI
· FÜHRUNGSINSTRUMENTE FÜR DEN ARBEITS- UND GESUNDHEITSSSCHUTZ
Rückkehrgespräche nach Krankheit
Die Bedeutung der Rückkehrgespräche nach
Krankheit ist von ihrer Zielrichtung abhängig. Für ihre Ausgestaltung gibt es bisher
keine verbindlichen Standards. Im Rahmen
eines betrieblichen Gesundheitsmanagements dienen sie dem Zweck, Arbeitsbelastungen zu erkennen, welche die Gesundheit
gefährden, sowie Mitarbeiter nach ihrer
Rückkehr angemessen zu informieren und
einzusetzen. Damit gelingt es, Gefahren auszuschalten, die aus Überforderung und noch
vorhandenen Einschränkungen resultieren
können. Diese weit verbreitete Vorgehensweise ist Ausdruck der Fürsorgepflicht der
Führungskraft.18) Selbstverständlich lassen
sich nur qualifizierte Gespräche zur Beurteilung der betrieblichen Arbeitsbedingungen
und ihrer gesundheitlichen Auswirkungen
heranziehen (Abbildung 40). Gespräche, die
lediglich das Interesse an der Anwesenheit
der Mitarbeiter betonen, liefern hingegen
keine Ansatzpunkte für den Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Die dritte abgefragte Gesprächsart, das Gespräch nach Rückkehr aus der Krankheit,
wurde 2004 von 30 % aller Mitgliedsbetriebe
durchgeführt und damit weniger praktiziert
als die beiden vorher behandelten (Abbildung 41). Es ist anzunehmen, dass sich die
Angaben auf die offizielle Version des Rückkehrgesprächs beziehen. Die meisten Führungskräfte führen nach einer Erkrankung
mit ihren Mitarbeitern selbstverständlich
Begrüßungsgespräche, aber in informeller
Weise. Während es bei den größeren Betrieben sogar einen leichten Rückgang dieser
Gesprächsart gab, wurde sie 2004 gegenüber 1999 in doppelt so vielen Betrieben
mittlerer Größe praktiziert. Die aktivste Betriebsart bei den Rückkehrgesprächen sind
die Landesdienststellen.
1. Zusammenhang Erkrankung − Arbeit
Gibt es Hinweise auf einen Einfluss der Arbeit auf die Erkrankung?
Kam es vor der Erkrankung zu besonderen oder zu besonders hohen Arbeitsbelastungen?
Wurden Beschwerden durch die Arbeit ausgelöst?
2. Rücksichtnahme auf fortschreitende Gesundung
Welchen Anforderungen kann der Mirarbeiter noch nicht (im normalen Umfang)
ausgesetzt werden?
Ergibt sich aus der Art der Erkrankung eine besondere Gefährdung und damit
zusätzliche Fürsorge?
3. Informationen zur Sicherheit
Haben inzwischen Veränderungen stattgefunden?
Abbildung 40: Gesundheits- und sicherheitsrelevante Fragestellungen für Rückkehrgespräche nach einer Erkrankung.
18) Begrifflich und inhaltlich verschieden davon sind Fehlzeitengespräche. Diese nehmen bestimmte Fehlzeitenmuster zum Anlass für ein Mitarbeitergespräch, das nicht zwangsläufig in zeitlicher Nähe zur Rückkehr aus Krankheit an den Arbeitsplatz stattfinden muss.
60
KAPITEL VI
· FÜHRUNGSINSTRUMENTE FÜR DEN ARBEITS- UND GESUNDHEITSSSCHUTZ
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 41: Mitgliedsbetriebe, die mit ihren Beschäftigten Rückkehrgespräche nach Krankheit führen.
Stellenwert strukturierter Kommunikation
Die drei erwähnten Gesprächsarten, Mitarbeitergespräche, Sicherheitsgespräche
sowie Rückkehrgespräche, können einander nicht ersetzen. Dafür sind ihre Ansatzpunkte zu unterschiedlich. Das Rückkehrgespräch nach Krankheit ist immer ein Einzelgespräch und richtet sich in erster Linie an
die Beschäftigten wegen möglicher gesundheitsgefährdender Arbeitsbelastungen. Sicherheitsgespräche haben die getroffenen
und zu beachtenden Schutzmaßnahmen
zum Inhalt. Eine Überschneidung ergibt
sich hauptsächlich mit den Mitarbeitergesprächen, in denen üblicherweise Arbeitsbelastungen, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen direkt angesprochen werden.
Eine Erörterung dieser Themen lässt sich
effizient in der Gruppe vornehmen, sofern
keine individuelle Problematik vorliegt,
sondern das Augenmerk auf Tätigkeiten, Arbeitsplätze, Arbeitsorganisation oder Rahmenbedingungen der Arbeit gerichtet ist.
Für eine Stärkung der organisierten Kommunikation im Arbeits- und Gesundheitsschutz
sprechen mehrere Gründe. Im kommunikativen Bereich vollzogen sich in den vergangenen Jahrzehnten fast unbemerkte Veränderungen. Die fortschreitende Verdichtung der Arbeitsaufgaben beseitigte viele
Gelegenheiten zum informellen Austausch.
Die moderne Kommunikationstechnik ersetzte den persönlichen Kontakt durch den
digitalisierten Austausch. Diese Entwicklung
war vielfach auch beabsichtigt. In vielen Betrieben fehlt jedoch eine Kompensation, mit
deren Hilfe die mit transportierten Informationen zum Arbeitsgeschehen und zur Situation des Betriebs gesichert werden kann.
Der kommunikative Austausch konzentriert
61
KAPITEL VI
· FÜHRUNGSINSTRUMENTE FÜR DEN ARBEITS- UND GESUNDHEITSSSCHUTZ
sich heute insgesamt stärker auf die aktuellen Aufgaben, wird einseitiger, kürzer und
eindimensionaler. Daneben befassen sich
Mitarbeitergespräche häufig mit Problemfällen, so dass das persönliche Gespräch
selbst zunehmend zum unangenehmen Erlebnis für Führungskräfte und Beschäftigte
wird.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum geplante Kommunikationsanlässe und
strukturierte Gespräche kein Ergebnis eines
willkürlichen Zeitgeistes sind, sondern eine
zwangsläufige Konsequenz nachhaltiger
Veränderungen. Der Führungskraft bieten
strukturierte Gespräche viele Vorteile:
Strukturierte Mitarbeitergespräche verbreitern die Basis für das Verständnis
betrieblicher Zusammenhänge und reduzieren damit die Zahl möglicher Missverständnisse und Fehlinterpretationen
im Betriebsalltag.
Für alle beteiligten Personen schaffen
sie mehr Transparenz über die besprochenen Inhalte als zufällige Gesprächsanlässe. Damit wird zum Beispiel die
Wahrnehmung der Führungsverantwortung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
deutlicher.
Sie fördern − erfolgreiche Gesprächsführung vorausgesetzt − die Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und Mitarbeitern, bei Gruppengesprächen auch
im Team.
Sie schaffen für getroffene Aussagen
größere Verbindlichkeit und vermitteln
die geltenden betrieblichen Regeln. Damit betonen sie zum Beispiel auch stärker die Geltung für Sicherheitsregeln als
etwaige Nebenbemerkungen.
Sie entlasten die Führungskraft von Problemgesprächen zu Gunsten von konstruktiven Gesprächen und können so
eine emotionale Kehrtwendung in den
Teambeziehungen herbeiführen.
62
Alle drei Gesprächsanlässe zusammen (Mitarbeitergespräche, Sicherheitsgespräche
sowie Rückkehrgespräche) wurden 2004
jedoch nur in 11 % der Betriebe genutzt
(Abbildung 42). 23 % setzten wenigstens
zwei Gesprächsarten ein und weitere 24 %
eine davon. Demnach spielte in 42 % aller
Mitgliedsbetriebe keine Gesprächsart eine
Rolle. Die vertiefte Auswertung zeigt, dass
54 % aller Betriebe, die Gefährdungsbeurteilungen vornahmen, offenbar keine Mitarbeitergespräche zum Arbeits- und Gesundheitsschutz führten. Dies wirft Fragen nach
der Qualität der Beurteilungen auf, weil
diese sich offenbar allein auf Expertenwissen und auf die Eindrücke der Führungskraft
stützen.
11 %
23 %
42 %
23 %
24 %
Alle 3 Gesprächsarten
2 Gesprächsarten
1 Gesprächsart
Keine Mitarbeitergespräche
Abbildung 42: Mitgliedsbetriebe mit Mitarbeitergesprächen zu allen drei Themen 2004.
VII
Maßnahmen der Gesundheitsförderung
Die Abgrenzung zwischen Arbeitsschutz
und betrieblicher Gesundheitsförderung ist
in den Vorstellungen vieler Akteure deutlicher, als dies bei sachlicher Betrachtung
des tatsächlichen Geschehens angebracht
erscheint. Dem Arbeitsschutz werden meist
diejenigen Aktivitäten zugeordnet, die
auf Vorschriften zurückgehen und sich an
Pflichten des Unternehmers festmachen lassen. Dazu zählen insbesondere technische
Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsanweisungen. Alle Maßnahmen im Rahmen
der Gesundheitsförderung erhalten damit
einen Anstrich von Freiwilligkeit. Doch zwei
Entwicklungen lassen diese historisch entstandene und erklärbare Differenzierung als
überholt erscheinen:
Zum einen wurde der Arbeitsschutzauftrag der Unternehmen und der Unfallversicherungsträger auf die Verhütung
arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren
ausgeweitet (§ 2 (1) ArbSchG und § 1 SGB
VII). Damit wurden alle Gesundheitsthemen mit einem direkten Bezug zur Arbeit
zum Gegenstand des Arbeitsschutzes.
Zum anderen verloren die Vorschriften
im Zuge erwünschter Deregulierung an
Konkretheit bezüglich ihrer Umsetzung.
Die Unternehmen werden zur eigenverantwortlichen Gefahrenermittlung angehalten und aufgefordert, zielgerichtete
Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Fast
alle Aktivitäten, die im Zusammenhang
mit betrieblicher Gesundheitsförderung
als „Verhältnisprävention“ bezeichnet
werden, lassen sich auch als Arbeitsschutzmaßnahmen verstehen. Auch
wenn sie den Unternehmen im Detail
nirgendwo vorgeschrieben werden, so
sind sie in aller Regel als Beitrag zur Verminderung der Arbeitsbeanspruchung
anzusehen.
Die historisch erklärbare Unterscheidung
in Arbeitsschutzmaßnahmen und Verhältnisprävention wird deshalb zunehmend
obsolet. Die Eingrenzung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen im Rahmen der
vorliegenden Schrift orientiert sich im wesentlichen daran, dass durchgeführte Maßnahmen in erster Linie an die Mitarbeiter
gerichtet sind, auf deren Problemsicht oder
auf deren Gesundheitsverhalten.
Thematische Schwerpunkte der
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
in Mitgliedsbetrieben
Ein Schwerpunkt der Umfragen lag bei den
Aktivitäten der Gesundheitsförderung, die
als freiwillige Aktivitäten der Mitgliedsbetriebe verstanden werden. Die Darstellung
einer Vielzahl von Einzelergebnissen würde
die Übersichtlichkeit gefährden. Deshalb
werden − abweichend vom bisherigen Auswertungsschema − die Ergebnisse stärker
zusammengefasst. Zunächst wird die Frage
behandelt, mit welchen Gesundheitsförderungsthemen sich die Betriebe am häufigsten befassten.
An dieser Stelle ist noch ein methodischer
Hinweis zum Verständnis der Ergebnisse
erforderlich. In den Fragebögen wurde nur
angegeben, ob zu einem Thema Maßnahmen durchgeführt wurden oder nicht. Die
genaue Anzahl der Gesundheitsförderungsmaßnahmen wurde nicht erfasst. Deshalb
geben die statistischen Werte immer nur die
63
KAPITEL VII · MASSNAHMEN DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Bewegungsprogramme
Suchtprävention
Stressbewältigung
Mobbingbewältigung
Entspannungsprogramme
Herz-KreislaufProgramme
Ernährungsprogramme
Krebsvorsorge
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 43: Mitgliedsbetriebe mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen.
Anzahl oder den Anteil der Betriebe wieder,
die ein Thema aufgegriffen haben, und nicht
die Anzahl oder den Anteil der Maßnahmen
selbst.
Unter den Gesundheitsförderungsthemen
nahmen 2004 die Bewegungsprogramme
zur Prävention von Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparats mit 30 % den ersten Rang ein (Abbildung 43). Offenbar trugen die Mitgliedsbetriebe damit dem hohen
Stellenwert dieser Erkrankungen für das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen Rechnung.
Auf den folgenden Plätzen befanden sich
diverse psychosoziale Themen. Die Suchtprävention wurde 2004 mit 28 % nicht nur
am häufigsten genannt, sondern wurde bereits 1999 in 20 % aller Betriebe praktiziert.
Stressbewältigung,19) die Bewältigung von
Mobbing und Entspannungsprogramme
wurden in dieser Rangfolge von 24 bis 18 %
der Betriebe angeboten. Jeweils unter 10 %
der Betriebe führten 2004 krankheitsorientierte Programme (zu Krebs- und HerzKreislauf-Erkrankungen) oder Ernährungsprogramme durch.
19) Maßnahmen zur Stressbewältigung wurden 1999 nicht abgefragt.
64
KAPITEL VII · MASSNAHMEN DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
36 %
Alle Themen*) 4 %5 % 10 %
Psychosoziale
Themen
13 %
46 %
57 %
30 %
0%
20 %
7-8 Themen
5-6 Themen
40 %
60 %
3-4 Themen
1-2 Themen
80 %
100 %
Keine
*) Durch Rundungen bedingt kommen in der Summe 101 % zusammen.
Abbildung 44: Umfang der Gesundheitsförderungsthemen in Mitgliedsbetrieben 2004.
Etwas mehr als die Hälfte aller Mitgliedsbetriebe hatte 2004 Erfahrung mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen, sogar 43 %
mit Maßnahmen aus dem psychosozialen
Themenkreis (Abbildung 44). Die Differenz
zwischen beiden Zahlen geht fast ausschließlich auf Betriebe zurück, die zwar
Bewegungsangebote, aber keine psychosozialen Angebote durchführten.
Von großem Interesse wäre es, den Zusammenhang zwischen Gesundheitsförderungsmaßnahmen und Gesundheitsgefährdungen
bei der Arbeit zu beurteilen. Doch zu einer
solchen Prüfung würden konkretere Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung benötigt.
Diese Informationen liegen allerdings nicht
vor. Anhand der Umfrage lässt sich lediglich
überprüfen, ob Betriebe mit Gefährdungs-
Mitgliedsbetriebe
mit
Gefährdungsbeurteilung
beurteilungen häufiger Gesundheitsförderungsmaßnahmen durchführten als andere.
Mitgliedsbetriebe, bei denen Gefährdungsbeurteilungen vorlagen, waren 2004
auch in der Gesundheitsförderung deutlich aktiver (Abbildung 45). Sie hatten zu
etwa doppelt so vielen Gesundheitsförderungsthemen Maßnahmen angeboten wie
Betriebe ohne Gefährdungsbeurteilung. Im
gleichen Verhältnis galt dies für psychosoziale Themen. Die Aufmerksamkeit für
Gefährdungsbeurteilungen ging offensichtlich mit größerem Interesse an Gesundheitsförderungsthemen einher. Ähnlich verhielt
es sich mit Betrieben, die psychische Belastungen ermittelt hatten. Auch sie waren in
der Gesundheitsförderung aktiver als solche, die keine derartige Beurteilung vorgenommen hatten.
ohne
Gefährdungsbeurteilung
mit Ermittlung
psychischer
Belastungen
ohne Ermittlung
psychischer
Belastungen
Alle Gesundheitsthemen
68 %
31 %
85 %
44 %
Psychosoziale
Themen
54 %
25 %
70 %
34 %
Abbildung 45: Mitgliedsbetriebe mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen 2004 nach unterschiedlichem Status bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen.
65
KAPITEL VII · MASSNAHMEN DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Unterschiede zwischen den Mitgliedsbetrieben bei Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Gesundheitsförderung als kleinere, so dass
sie häufiger aktiv mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen umworben werden.
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
bedürfen einer unternehmenspolitischen
Entscheidung und in der Regel auch der
Unterstützung durch Kooperationspartner
außerhalb des Betriebs. Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, dass Betriebe
unterschiedlicher Größenordnung und in
allen Bereichen des öffentlichen Dienstes
gleichermaßen Gesundheitsförderung praktizieren. Größere Betriebe können leichter
eigenes Personal bereitstellen, das solche
Aktivitäten vorbereitet, steuert und nach
innen und außen koordiniert. Sowohl für
einige externe Partner wie die Krankenkassen als auch für private Dienstleister sind
größere Betriebe attraktivere Kunden in der
Immer noch ist der Anteil der Betriebe, die
bisher keinen Zugang zur Gesundheitsförderung gefunden haben, relativ hoch. Vor
diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig, auf einige Anforderungen an die Durchführung und Gestaltung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen hinzuweisen. Damit
soll unerfahrenen Mitgliedsbetrieben der
organisatorische Einstieg in die betriebliche
Gesundheitsförderung erleichtert werden.
Die Empfehlungen orientieren sich vorrangig an zwei Zielen. Einerseits soll die Akzeptanz der Maßnahmen bei den Mitarbeitern
erreicht werden. Andererseits gilt es, die
Effizienz der Durchführung für das Unternehmen zu gewährleisten.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0,0
0,5
1,0
Alle Themen
1,5
2,0
2,5
3,0
Psychosoziale Themen
Abbildung 46: Durchschnittliche Anzahl unterschiedlicher Gesundheitsförderungsthemen in Mitgliedsbetrieben 2004.
66
KAPITEL VII · MASSNAHMEN DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Als Vergleichszahlen werden in Abbildung
46 die Mittelwerte aller Gesundheitsförderungsthemen der Befragung von 2004
herangezogen. Dabei sind auch diejenigen
Betriebe eingerechnet, die keine Maßnahmen durchführten. Die Durchschnittswerte −
bezogen auf alle Betriebe − von 1,4 Gesundheitsförderungsthemen insgesamt und 0,9
psychosozialen Themen pro Betrieb wurden
von den größeren Betrieben deutlich überschritten. Demzufolge hatte die Gesundheitsförderung ihren Platz vorrangig in größeren Betrieben. Im Vergleich zu kleineren
und mittleren Betrieben deckten größere
Betriebe mit ihren Gesundheitsförderungsmaßnahmen eine mehr als doppelt so breite
Themenpalette ab. Dasselbe trifft auch auf
psychosoziale Maßnahmen zu.
Die Unterschiede zwischen den Betriebsarten fielen im Gegensatz dazu eher gering aus. Vor allem Kommunen und Kreise
drückten den Durchschnitt an Gesundheitsförderungsmaßnahmen etwas nach unten.
Auch bei den Inhalten der Maßnahmen traten deutliche Unterschiede auf.
Es lässt sich leicht feststellen, dass es bezüglich der Verbreitung der Gesundheitsförderungsmaßnahmen über die Betriebe
hinweg keinen einheitlichen Mechanismus
gab. So war die Suchtprävention in den
größeren Betrieben am stärksten verbreitet
(Abbildung 47). Bei kleineren Betrieben waren es die Bewegungsangebote. In mittleren
Betrieben lagen die Bewegungsangebote
gleichauf mit der Stressbewältigung. Doch
in größeren Betrieben wurden die weiter
hinten rangierenden Themen immer noch
häufiger aufgegriffen als die Spitzenreiter in
kleineren und mittleren Betrieben.
Die Landesdienststellen wiesen in der inhaltlichen Ausrichtung 2004 andere Prioritäten
auf als die anderen Betriebsarten. Mobbingund Stressbewältigung nahmen mit 34 %
gemeinsam eindeutig den ersten Platz ein.
In Kommunen und Kreisen sowie bei den anderen Mitgliedsbetrieben standen hingegen
Suchtprävention und Bewegungsangebote
im Vordergrund.
Mitgliedsbetriebe
Maßnahmen: Anteil der Betriebe
Betriebe unter 150 Beschäftigte
Bewegungsprogramme:
23 %
Betriebe zwischen 150 und 399 Beschäftigten
Bewegungsprogramme:
Stressbewältigung:
22 %
22 %
Betriebe mit 400 und mehr Beschäftigten
Suchtprävention:
Bewegungsprogramme:
Stressbewältigung:
Mobbingbewältigung:
Entspannungsprogramme:
62 %
57 %
46 %
38 %
35 %
Landesdienststellen
Mobbingbewältigung:
Stressbewältigung:
34 %
34 %
Kommunen und Kreise
Suchtprävention:
Bewegungsprogramme:
29 %
29 %
Andere Betriebe
(Krankenhäuser, Sparkassen usw.)
Bewegungsprogramme:
Suchtprävention:
39 %
36 %
Abbildung 47: Inhaltliche Schwerpunkte der Gesundheitsförderungsmaßnahmen in Mitgliedsbetrieben
2004.
67
KAPITEL VII · MASSNAHMEN DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Kooperationen bei Gesundheitsförderungsmaßnahmen
In der Regel werden Gesundheitsförderungsmaßnahmen mit Unterstützung von
außen durchgeführt. Die Krankenkassen
waren in der Vergangenheit die aktivsten
Partner der Betriebe auf diesem Gebiet. Inzwischen gibt es darüber hinaus viele weitere Fachleute für Gesundheitsförderung
und für Gesundheitsmanagement, die sich
privatwirtschaftlich betätigen und beauftragt werden können. Sowohl die Zusammenarbeit mit diesen Partnern als auch die
Gewährleistung einer hohen Beteiligung der
Mitarbeiter stellt besondere Anforderungen
an die Betriebe.
Die großen gesetzlichen Krankenkassen geben Empfehlungen zu Qualifikationsanforderungen, die an die Leitung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen gestellt und an
die fachlichen Konzepten angelegt werden
sollen. Vielfach verfügen Krankenkassen
über einen Pool von geeigneten Fachkräften,
die sie an Betriebe vermitteln. Es liegt daher
nahe, eine Krankenkasse anzusprechen, die
einen größeren Teil der Beschäftigten im Betrieb versichert.
Eine Verständigung im Vorfeld kann für die
Finanzierung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung
sein. Die Krankenkassen können betriebliche Maßnahmen bezuschussen, sind allerdings selbst gehalten, bestimmte Qualitätsanforderungen an das Konzept und die
Durchführung einer Maßnahme zu stellen.
Zwar sind die Beschäftigten nicht alle bei einer einzigen Krankenkasse versichert, doch
in der Regel akzeptieren die gesetzlichen
Krankenkassen die von einem anderen
68
Versicherer mitorganisierten oder geprüften Maßnahmen. Private Krankenversicherungen beteiligen sich bisher in der Regel
nicht an den Kosten von Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Der betriebliche Kostenaufwand kann gesenkt werden, indem eine
Mitfinanzierung der Krankenkassen vereinbart oder zumindest im Vorfeld abgestimmt
wird. Pauschale Kostenübernahmen sind
ebenso Praxis wie individuelle Kostenerstattungen an die versicherten Mitarbeiter.
Die zuletzt genannte Verfahrensweise ist
vor allem in Betrieben üblich, in denen die
Mitgliedschaft über viele Krankenkassen
gestreut ist. Eine andere Form der Kostenübernahme kann die kostenlose Bereitstellung von Kursleitern für den Einsatz im Betrieb sein.
VIII
Inanspruchnahme von
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Betriebe gehen, wie andere Anbieter von
Gesundheitsförderungsmaßnahmen auch,
häufig zunächst davon aus, dass wohl gemeinte Angebote für sich selbst sprechen
und entsprechend gerne in Anspruch genommen werden. Die Erfahrungen verweisen auf eine andere Realität. Vier wichtige
Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme
sind bekannt (Abbildung 48):
Zeit und Ort der Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Vorbildung der Beschäftigten und vermittelnde Aktivitäten
Verbindlichkeit von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Kosten der Teilnehmer an Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Zeit
und
Ort
Vorbildung
Inanspruchnahme
Verbindlichkeit
Kosten
Abbildung 48: Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsförderungsmaßnahmen.
Kosten der Teilnehmer an Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Die Finanzierung ist nicht nur eine Frage
des betrieblichen Aufwands, sondern wirkt
sich auf die Inanspruchnahme angebotener
Maßnahmen aus. Mit kostenfreien Gesundheitsförderungsmaßnahmen wird die
Schwelle für die Teilnahme der Beschäftigten
gesenkt. Allerdings zieht die damit einher
gehende Unverbindlichkeit der Teilnahme
auch eine höhere Abbrecherrate bei solchen
Maßnahmen nach sich, die sich über einen
längeren Zeitraum mit mehreren Treffen erstrecken. Außerhalb der Betriebe sind Modelle mit einer Kostenbeteiligung der Teilnehmer erfolgreich. Als Motivationsmodell
für die Teilnehmer hat sich die Eigenbeteiligung mit Erstattungsmöglichkeit im Erfolgsfall erwiesen. Dabei bezahlen Teilnehmer
zunächst einen gewissen Beitrag, der nicht
kostendeckend sein muss und erhalten diesen nach Abschluss der Gesundheitsförderungsmaßnahme wieder zurück, wenn sie
eine Mindestteilnahme nachweisen. Auch
von Betrieben wird dieses zuletzt genannte
Modell in unterschiedlichen Varianten praktiziert, mit selbst organisierten Maßnahmen
ebenso wie mit Maßnahmen von Fremdanbietern im betrieblichen Umfeld.
Zeit und Ort von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Zeitliche Regelungen bei der Durchführung
können die Akzeptanz der Gesundheitsförderungsmaßnahmen erheblich beeinflussen. Hierzu gibt es sehr unterschiedliche
Modelle (Abbildung 49). Die Durchführung
kann vollständig in die Arbeitszeit gelegt
werden, aber auch völlig davon getrennt
sein. In die Entscheidung darüber fließen einerseits Kostenüberlegungen, andererseits
Anforderungen der Betriebsorganisation
ein, weshalb hierzu keine generelle Empfehlung gegeben werden kann. Grundsätzlich sollten Gesundheitsförderungsmaß69
KAPITEL VIII · INANSPRUCHNAHME VON GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
bezahlte Zeit
außerhalb
der Arbeitszeit,
aber bezahlt
Freizeit
während
der Arbeitszeit
Kombination
Arbeitszeit
50 : 50
außerhalb
der Arbeitszeit
und unbezahlt
unbezahlte
Freistellung
unbezahlt
Abbildung 49: Modelle zur Durchführung von betrieblichen Gesundheitsförderungsmaßnahmen.
nahmen, die sehr eng an Tätigkeiten oder
an den Arbeitsplatz gebunden sind, als Bestandteil der Arbeit angesehen und bezahlt
werden. Eine Klärung ist im Vorfeld mit dem
Betriebs- oder Personalrat herbeizuführen.
Die Nähe zum Betrieb kann jedoch eine unterschiedliche Wirkung auf die Inanspruchnahme durch die Beschäftigten haben. Es ist
bekannt und für die Gesundheitsförderung
von großem Nutzen, dass über länger dauernde Gesundheitsförderungsmaßnahmen
auch soziale Beziehungen unter den Teilnehmern geknüpft beziehungsweise intensiviert werden. Gruppenangebote erhöhen
bei den meisten Beschäftigten die Stabilität
der Teilnahme, weil sich die sozialen Kontakte vertiefen. Insbesondere im Hinblick
auf die Beibehaltung eines bewegungsfreudigeren Lebensstils sind diese bei der Überleitung in weiterführende Angebote wie Betriebs- oder Vereinssportgruppen Ausschlag
gebend.
Die positive Wirkung der innerbetrieblichen Gruppenbildung trifft jedoch nur
auf Gesundheitsthemen zu, von denen im
betrieblichen Rahmen keine Nachteile erwartet werden. Bei psychosozialen Themen
wie auch bei Angeboten zu bestimmten Erkrankungen erleichtert eine größere soziale
Distanz die Ansprache von Problemen und
Befürchtungen. Ein erfolgreiches Lehrbei-
70
spiel hierfür sind die Anonymous-Gruppen
für Suchtprobleme. Je stärker die erwarteten Themenstellungen in den persönlichen Bereich der Teilnehmer gehen, um
so eher empfiehlt sich die Vermittlung und
Förderung externer Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Die Zusammenarbeit mit Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, Sportvereinen und Fitnesseinrichtungen bietet sich
als Alternative an. Für kleinere Betriebe ist
dies aus rein organisatorischen Gründen
eine wichtige Option.
Vorbildung und Vermittlung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Hauptsächlich nehmen solche Beschäftigte
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
von
sich aus in Anspruch, bei denen bereits
eine Gesundheitsorientierung ausgeprägt
ist. Vor allem die Überzeugung, dass das eigene Verhalten günstig auf die Gesundheit
wirken kann, erleichtert es, aktiv zu werden.
Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird diese Haltung sehr stark vom Vorwissen der Betroffenen und vom Zugang zu
fachlichem Wissen beeinflusst, ist also bildungsabhängig.
Auf Grund ihrer bisherigen Lebenserfahrung
ist das Verhältnis der Beschäftigten zu Themen und Methoden der Gesundheitsförderung unterschiedlich ausgeprägt. Daraus
KAPITEL VIII · INANSPRUCHNAHME VON GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
können Anknüpfungspunkte, aber auch
Hindernisse und Widerstände entstehen.
Einige Beispiele sollen diesen Aspekt veranschaulichen:
kann zum Lebensprinzip werden, neue
Kenntnisse können die Neugier wecken
und für Gesundheitszwecke kanalisiert
werden.
Bewegungsmangel oder falsche Belastungen des Bewegungsapparats gehören zu den wichtigsten Krankheitsursachen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen.
Die meisten Tätigkeiten verlangen immer weniger körperlichen Kraftaufwand
und unterfordern die Muskulatur und
den Kreislauf gleichermaßen. Trainingseffekte fehlen den meisten Beschäftigten in ihrem beruflichen Alltag. Ein
Verständnis für diesen Zusammenhang
kann bei ehemaligen Sportlern leichter geweckt werden als bei sportfernen
Gruppen. Ebenso kann die Bereitschaft,
in ein Bewegungs- oder Sportprogramm
einzusteigen, bei Sporterfahrenen leichter wieder aktiviert werden.
Auf große Vorbehalte können psychologische Methoden der Gesundheitsförderung im Betrieb treffen. Falsche
Bilder von psychologischem Wissen,
insbesondere die Verwechslung psychologischer Analysen mit Bloßstellen und
der Verhaltensänderungen mit Manipulation, erschweren bereits den Kontakt
zu Psychologen und zu Angeboten, die
Probleme auf der emotionalen Ebene
ansprechen. Es ist zu beobachten, dass
Beschäftigte, die in ihrer Aus- und Fortbildung mit pädagogischen oder psychologischen Kenntnissen in Berührung
kamen, eine größere Offenheit für den
psychosozialen Themenkreis aufweisen
als andere.
Hinzu kommen Unterschiede in der persönlichen Lern- und Veränderungsbereitschaft. Immer wieder wird belegt,
dass Teilnehmer an Gesundheitsförderungsmaßnahmen deutlich höhere
Bildungsabschlüsse vorweisen als der
Durchschnitt der Bevölkerung. Lernen
Diese oft bestätigten Erfahrungen schließen nicht aus, dass auch andere Gruppen
mit der Gesundheitsförderung erreicht
werden können. Dafür sind jedoch andere
und zumeist auch weitere Wege zu gehen.
So haben Krankenkassen über ihre Zusammenarbeit mit den Hausärzten deutlich
mehr Personen aus Arbeiterfamilien in ihre
Ernährungsberatung bekommen als vorher.
Um sportferne Personen für Gesundheitsförderungsmaßnahmen zu aktivieren, müssen zusätzliche Motive genutzt werden. Das
Gesundheitsmotiv ist dabei nicht zu unterschätzen. Um dieses zur Wirkung zu bringen, hat es sich bewährt, Aufklärung mit
individuellen ärztlichen Einschätzungen zu
kombinieren. Auf der Basis von einfachen
Checkups (Blutdruck, Cholesterin usw.)
können in der Gesundheitsberatung persönliche Gesundheitsziele formuliert und mittels Wiederholungsmessungen erfolgreiche
Wirkungsmechanismen aufgezeigt werden.
Solche Zwischenschritte zur Gewinnung
neuer Zielgruppen lassen sich durch bloße
Aufforderungen zur Teilnahme in der Regel
nicht ersetzen.
Für die betriebliche Gesundheitsförderung
kann die arbeitsmedizinische Infrastruktur
ebenfalls genutzt werden, um für entsprechende Angebote zu werben. Leider werden
Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen noch viel zu wenig
genutzt, um den Bedarf an gesundheitsfördernden Maßnahmen zu begründen. Betriebsärzte nutzen ihre Rolle als Berater für
Beschäftigte und Arbeitgeber noch zu selten
zur Empfehlung konkreter gesundheitsfördernder Maßnahmen. Dies trifft insbesondere auf die überbetrieblichen Dienste zu.
71
KAPITEL VIII · INANSPRUCHNAHME VON GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
Darüber hinaus besteht gerade in Betrieben jedoch eine Chance zur Motivierung,
die freien Angeboten zumeist fehlt. Wenn
zwischen Arbeitsanforderungen und Gesundheitsförderungsmaßnahmen ein enger
Zusammenhang hergestellt werden kann,
lässt sich die Ansprache der Mitarbeiter viel
direkter und überzeugender gestalten. Statt
drohender Krankheiten können die Fitness
für einen bestimmten Job oder die Erhaltung
der Leistungsfähigkeit bei der Motivierung
in den Vordergrund rücken. Der Nutzen wird
anschaulich und naheliegend. Dies erfordert
jedoch ein tiefergehendes Verständnis für
die körperliche, emotionale oder geistige
Über- oder Unterforderung am Arbeitsplatz
bei den Führungskräften. Deren Schulung
zu angemessenen Leistungsanforderungen
und zur gesundheitsverträglichen Arbeitsgestaltung sowie die gezielte Kommunikation mit den Mitarbeitern stehen in den meisten Betrieben noch aus.
Verbindlichkeit von Gesundheitsförderungsmaßnahmen
An die Steuerung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen anknüpfend stellt sich
eine weitere Frage, die man in der Fachliteratur zur Gesundheitsförderung gegen-
72
wärtig vergeblich suchen wird, nämlich die
der Pflichtteilnahme. In Gesundheitsförderungsmaßnahmen gilt bezüglich der Teilnahme derzeit der Grundsatz der Freiwilligkeit. Gesundheitsförderung wird angeboten,
aber nicht vorgegeben. Unter bestimmten
Umständen verliert dieser Grundsatz jedoch
seine Berechtigung. Wenn beispielsweise
Techniken gelernt werden sollen, die unmittelbar in die betriebliche Tätigkeit einfließen
sollen, so kann die Verpflichtung zur Teilnahme zweckmäßig sein. Allerdings sind diese
Gesundheitsförderungsmaßnahmen dann
auch wie andere betrieblich veranlasste
Schulungsmaßnahmen als Teil der Arbeit zu
behandeln. Ein Beispiel ist das Erlernen von
Hebe- und Tragetechniken für Beschäftigte,
die schwere Lasten handhaben müssen und
dabei nicht völlig durch technische Hilfsmittel entlastet werden können. Ein weiteres
Beispiel sind psychologische Techniken zur
Bewältigung von Konfliktsituationen bei Beschäftigten, die eine schwierige Klientel beraten. Insbesondere, wenn die vermittelten
Techniken in der Gruppe anzuwenden sind,
passt die Freiwilligkeit nicht mehr ins Bild,
weil die abweichende Ausführung zu Mehrbelastung oder gar zur direkten Gefährdung
der anderen beteiligten Kollegen führen
kann.
IX
Dienstvereinbarungen und andere Regelungen
für Arbeits- und Gesundheitsschutz und
Gesundheitsförderung
Formelle Regelungen sind ein Indikator für
die Strukturierung und Nachhaltigkeit betrieblicher Aktivitäten. Dies gilt auch für den
Arbeits- und Gesundheitsschutz. Im Arbeitsschutz dienen sie darüber hinaus als Nachweis, dass die Umsetzung bestimmter Aufgaben organisiert ist. Dienstanweisungen
und Dienstvereinbarungen werden dafür
genutzt. Die Einhaltung von Dienstvereinbarungen wird − anders als bei Dienstanweisungen − in der Regel von zwei Seiten kontrolliert, von der obersten Leitung und vom
Betriebs- oder Personalrat.
Formelle Regelungen haben im Arbeitsschutz eine rechtliche und eine praktische
Relevanz. Zu den Organisationspflichten im
Arbeitsschutz gehört neben der Festlegung
von Zuständigkeiten auch die Vorgabe von
Verfahrensweisen. Insbesondere bei drei
Arten von Prozessen bringen solche Vorgaben klare Vorteile mit sich. Zum ersten gilt
dies für Prozesse, an denen mehrere Unternehmensbereiche möglichst reibungsfrei
und abgestimmt kooperieren müssen. Zum
zweiten ist mit formellen Regelungen ein
Vorteil gegeben, wenn homogene Abläufe
in verschiedenen Bereichen gewährleistet
werden sollen, weil eine Nachweispflicht
gegenüber externen Kontrollinstanzen be-
steht. Zum dritten lässt sich die Einbindung
der Stabsfunktionen im Arbeitsschutz in Linienentscheidungen durchsetzen.
Schriftliche Regelungen für betriebliche
Abläufe schaffen Verbindlichkeit und Transparenz. Formell handelt es sich um offizielle Dienstanweisungen, Verfügungen oder
Anordnungen der obersten Leitung. Auch
Dienstanweisungen werden zunehmend genutzt, um die Freiräume, die der Gesetzgeber lässt, betrieblicherseits einvernehmlich
zu regeln. Entsprechende formelle Regelungen sind insbesondere für nachfolgend
aufgelistete Prozesse zu empfehlen:
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
Beschaffung sicherheits- und gesundheitsrelevanter Arbeitsmittel
Erfassung und Prüfung elektrischer
Betriebsmittel sowie Prüfungen nach
UVVen
Planung und Durchführung baulicher
Maßnahmen
Verfahrensweise im Umgang mit gesundheitsgefährlichen Stoffen
Festlegung neuer Arbeitsverfahren einschließlich neuer Organisationsabläufe
Bedarfsfeststellung und Organisation
arbeitsmedizinischer Untersuchungen.
73
KAPITEL IX · DIENSTVEREINBARUNGEN UND ANDERE REGELUNGEN
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 50: Mitgliedsbetriebe mit formellen Regelungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung.
In der Umfrage wurden zwei Fragen zu vorhandenen formellen Regelungen gestellt.
Mit der ersten sollten bestehende Dienstvereinbarungen erfasst werden, mit der zweiten weitere Regelungen zu Sicherheit und
Gesundheitsschutz. Diese beiden Frageninhalte überschnitten sich im Verständnis der
Befragten. Deshalb wurden die Antworten
auf beide Fragen zusammengefasst ausgewertet.
1999 hatte jeder dritte Mitgliedsbetrieb mindestens eine formelle Regelung getroffen,
die den Arbeits- und Gesundheitsschutz
oder die Gesundheitsförderung betraf (Abbildung 50). 2004 galt dies bereits für mehr
74
als die Hälfte aller befragten Betriebe. Je
mehr Beschäftigte die Betriebe hatten, um
so häufiger bestanden 2004 entsprechende
Dienstvereinbarungen oder Regelungen. Die
1999 vorhandenen Unterschiede zwischen
Landesdienststellen, Kommunen und Kreisen sowie den anderen Mitgliedsbetrieben
nivellierten sich fast ganz.
Die frei formulierten Themen beschreiben
die Inhalte vermutlich nicht immer eindeutig.
Doch die nachfolgende Zusammenstellung
von 2004 lässt erkennen, dass es sich um
sehr unterschiedliche Vereinbarungen und
Regelungen handelte. Mehrfachnennungen
waren bei der Beantwortung möglich.
KAPITEL IX · DIENSTVEREINBARUNGEN UND ANDERE REGELUNGEN
Inhalte der Regelungen und Vereinbarungen zu Sicherheit und Gesundheit
bei der Arbeit
21 x
17 x
15 x
9x
6x
5x
4x
3x
3x
3x
3x
3x
2x
1 x
1 x
1 x
1 x
1 x
Sucht bzw. Suchtprävention
Bildschirmarbeit
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Nichtraucherschutz
Arbeits-, Schutzkleidung, Schutzausrüstung
Arbeitsschutz, Sicherheit, Sicherheitstechnik
Impfungen
Erste Hilfe
Gesundheitsmanagement, Gesundheitsförderung
Umgang mit Arbeitsunfällen
Rückenschule
Mobbing
Arbeitsplatzgestaltung, Ergonomie
Gefährdungsbeurteilung
Betriebssport
Krankenrückkehrgespräche
Sonderurlaub nach Gefährdung
Umgang mit Gefahrstoffen
Jeder sechste Betrieb hatte eine Regelung
zum Thema Sucht. Das waren mehr als die
Hälfte derjenigen, die auf diesem Feld Aktivitäten angaben. Regelungen zur Bildschirmarbeit und zur arbeitsmedizinischen
Vorsorge lagen auf Rang 2 und 3. Insgesamt
hatten die Themen der betrieblichen Gesundheitsförderung keinen herausragenden
Stellenwert. Dies kann zwei Gründe haben.
Zum einen konnte das Interesse an diesem
Themenfeld gering sein. Dies widerlegten
die bisher aufgeführten Ergebnisse, nach
denen die betriebliche Gesundheitsförderung 2004 keine Randerscheinung mehr
war. Zum anderen konnte das Interesse an
formellen Regelungen gering sein. Damit
bleibt offen, wie verbindlich Gesundheitsförderungsmaßnahmen durchgeführt wurden und welche Mitarbeiterkreise sie einbezogen, welchen Stellenwert sie letzten Endes
für die Betriebe besaßen.
75
X
Infrastruktur der Gesundheitsförderung
Um eine Nachhaltigkeit im betrieblichen Arbeitsschutz zu erzielen, wurden Vorschriften
und Kontrollinstanzen wie die Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger geschaffen. Für die betriebliche Gesundheitsförderung trifft weder das eine noch das andere zu. Sie hat sich seit den 1980er Jahren
parallel zum Arbeitsschutz entwickelt. Da
sie als Baustein des Personalmanagements
in die Betriebe getragen wurde, kam sie
häufig erst sehr spät mit dem innerbetrieblichen Arbeitsschutz in Berührung. Ausnahmen bildeten Großbetriebe mit eigenem
betriebsärztlichem Dienst. Die innerbetrieblichen Projektleiter gehörten meistens dem
Personalwesen an. Insofern war es nur konsequent, dass für die betriebliche Gesundheitsförderung eigene Projektstrukturen
und Abläufe entwickelt wurden. Nur wenn
in den Betrieben selbst eine Infrastruktur
vorhanden ist, die Analysen, Planung und
Umsetzung der Gesundheitsförderung steuert, kann deren Nachhaltigkeit gesichert
werden.
Eingebürgert hat sich für das Steuergremium in vielen Betrieben die Bezeichnung „Arbeitskreis Gesundheit“. Diese entstand auf
Anregung von gesetzlichen Krankenkassen.
Obwohl das ArbSchG die Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung und der Unternehmen seit 1996 um die arbeitsbedingten
Gesundheitsgefahren erweiterte, verblieb
die Gesundheitsförderung in den meisten
Betrieben beim Personalwesen. Zunehmend kommt es jedoch zu Kooperationen
mit dem Arbeitsschutzausschuss, insbesondere wenn Maßnahmen zur Gestaltung der
Arbeitsbedingungen anstehen. Persönliche
Bindeglieder zwischen beiden Gremien sind
76
häufig Betriebs- oder Personalräte, die in
beiden vertreten sein müssen.
Der Arbeitsschutzausschuss kann auf eine
weit längere Geschichte zurückblicken als
die betriebliche Gesundheitsförderung.
Seine Eignung als Steuergremium für die
betriebliche Gesundheitsförderung ist nicht
grundsätzlich in Frage zu stellen. Wichtige
Partner für die betriebliche Gesundheitsförderung sind im Arbeitsschutzausschuss
vertreten, der Personalbereich kann zusätzlich einbezogen werden. Die Hürden liegen
eher in der inhaltlichen Konzentration vieler Arbeitsschutzausschüsse auf Gefahren
der Technik oder der Arbeitsstoffe. Der im
Arbeitssicherheitsgesetz vorgeschriebene,
mindestens vierteljährliche Sitzungsrhythmus wird gerade im letztgenannten Fall als
zu häufig angesehen. Dies rührt daher, dass
ohne eine Strategie auf Seiten des Unternehmens und bei einer völlig autonomen,
selbst gesteuerten Arbeitsweise der Arbeitsschutzexperten die Steuerungsfunktion des
Arbeitsschutzausschusses gering bleibt. Er
dient dann vorwiegend der Klärung punktueller Fragen und weniger der Planung und
der Überprüfung von Vorgehensweisen. Die
ausgeführten Bedingungen, die den Stellenwert des Arbeitsschutzausschusses vermindern, sind jedoch veränderbar, vor allem,
wenn die Unternehmensleitung größeren
Wert auf eine zielorientierte Ausrichtung
von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung legt.
Werden zwei separate Steuerungsgremien
für den Arbeitsschutz und die betriebliche
Gesundheitsförderung gebildet, so kommen diese nicht umhin, sich wechselseitig
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 51: Mitgliedsbetriebe mit einem Steuerungsgremium für die Gesundheitsförderung.
über Ziele und Vorgehensweisen zu verständigen. Zum einen wird es immer wieder zu
inhaltlichen Überschneidungen kommen,
zum anderen sollen die Erkenntnisse und
Methoden aus der Gesundheitsförderung
für die Erfüllung des erweiterten Arbeitsschutzauftrags der Unternehmen nutzbar
gemacht werden (siehe Kapitel 8).
Statt zweier getrennter Gremien wäre auch
eine deutliche Differenzierung bei den Inhalten des Arbeitsschutzausschusses denkbar,
die Raum für eine innovative Orientierung
schaffen hilft. Die erweiterte Themenpalette
und die neuen Methoden zur Erfassung und
Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren können zusätzlich zu den klassischen
Inhalten als eigenständiger Themenbereich
abgearbeitet werden. So wird das Neuartige
betont, ohne den bewährten Arbeitsschutz
in Frage zu stellen.
Die Frage, ob für die Aktivitäten zur Gesundheitsförderung ein Steuerungsgremium im
Betrieb bestand, bejahte 2004 nur ein knappes Fünftel der Mitgliedsbetriebe. 1999 waren es noch etwas weniger (Abbildung 51).
Dieses Ergebnis entsprach nicht einmal der
Hälfte jener Betriebe, die angaben, Gesundheitsförderungsmaßnahmen durchzuführen.
30 % der größeren Betriebe hatten sowohl
1999 als auch 2004 ein Steuerungsgremium
gebildet, die mittleren nur halb so oft und
die kleineren noch seltener. Eine Überprüfung zeigte, dass 7 % der Mitgliedsbetriebe
1999 auf ein solches Gremium verwiesen,
2004 aber keines mehr besaßen, wobei
die meisten auch keine Gesundheitsförderungsmaßnahmen mehr durchführten. Die
verschiedenen Betriebsarten unterschieden
sich 2004 hingegen nur noch wenig, weil
die Landesdienststellen im 5-Jahres-Zeitraum aufgeholt hatten.
77
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 52: Mitgliedsbetriebe, die den Arbeitsschutzausschuss in Gesundheitsförderung einbinden.
Der Arbeitsschutzausschuss war 2004 in
einem knappen Drittel der Mitgliedsbetriebe bei den Maßnahmen eingebunden
(Abbildung 52). Somit spielte er durchaus
eine eindeutige Rolle. Dass dies in größeren Betrieben häufiger der Fall war als in
mittleren und kleineren, war nach den bereits vorgestellten Ergebnissen zu erwarten.
Auffallend ist hingegen die geringe Bedeutung, die dem Arbeitsschutzausschuss bei
den Landesdienststellen eingeräumt wurde,
während Betriebe wie die Krankenhäuser,
Sparkassen und andere diesen Ausschuss
deutlich stärker nutzten. In manchen Betrieben werden Maßnahmen ohne Steuerung
durch ein besonderes Gremium durchgeführt. Initiatoren sind gelegentlich einzelne innovative Unternehmensbereiche oder
78
Fachabteilungen, in anderen Fällen der Personalbereich, der Betriebs- oder Personalrat
oder auch engagierte Einzelpersonen. Nicht
immer münden deren Initiativen in eine Projektstruktur. Selbst wenn sie im Betrieb aktiv
aufgegriffen werden, bleibt es in vielen Fällen bei isolierten, zeitlich limitierten Sonderaktivitäten.
Gesundheitszirkel
Mit der Einrichtung von Gesundheitszirkeln
wird eine temporäre Infrastruktur installiert.
Als organisierte Problemlösegruppen sind
sie jedoch ein guter Indikator für eine aktive
Einbeziehung der Mitarbeiter in die Analyse
und Lösung arbeitsbezogener Probleme mit
Relevanz für Gesundheit und Sicherheit. Ihr
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Einsatz ist somit eine Gewähr für eine gewisse Verbindlichkeit von Gesundheitsförderungsaktivitäten.
Die Durchführung von Gesundheitszirkeln
erfordert einige Abstimmungsprozesse und
stellt auch organisatorische Anforderungen
an den Betrieb. Je besser Gesundheitszirkel vorbereitet werden, umso größer ist die
Chance, dass der damit verbundene Aufwand auch Erfolge zeitigt. Die UKH erreichen immer wieder Anfragen, weil einzelne
engagierte Personen in ihrem Betrieb Gesundheitszirkel initiieren wollen. Doch nur
eine im Betrieb abgestimmte Vorgehensweise stellt sicher, dass im Ergebnis nicht
Frustration, sondern Verbesserungen erzielt
werden.
An erster Stelle steht die Abstimmung mit
den Verantwortlichen im Betrieb. Nur wenn
diese sich deutlich hinter die Ziele und die
Durchführung stellen, haben Verbesserungsideen eine ausreichende Chance auf Realisierung. Der Umgang mit den Ideen der Beschäftigten muss im Vorfeld geklärt werden:
Welchen Stellenwert haben die Verbesserungsvorschläge und wie sieht gegebenenfalls ihre Behandlung in einem betrieblichen
Vorschlagswesen aus? Außerdem muss die
Vorgehensweise bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten
abgestimmt werden.
Unter der Bezeichnung Gesundheitszirkel
firmieren zwei Organisationsmodelle mit
unterschiedlicher Zusammensetzung. Im
Modell der homogenen Zirkel sind zunächst
ausschließlich Beschäftigte vertreten, während Führungskräfte nur an ausgewählten
Sitzungen im späteren Verlauf oder überhaupt nicht beteiligt werden. Im zweiten
Modell werden die Führungskräfte generell
beteiligt, wobei die Moderation in externer
Hand verbleibt. Betriebs- oder Personalräte
sind üblicherweise in beiden Modellen aktiv
beteiligt. Beide Modelle haben unterschiedliche Vorzüge, die bei der Vorgehensweise
zu beachten sind.
In homogenen Gesundheitszirkeln fallen
Mitarbeitern, die in strukturierter Kommunikation wenig geübt sind, freimütige Meinungsäußerungen leichter. Die Eingangshürde ist somit niedriger. Erfahrungsgemäß
fällt dem Moderator in diesen Zirkeln jedoch
die Aufgabe zu, aus unpräzisen, emotional
gefärbten und häufig pauschalierten Äußerungen gemeinsam mit der Gruppe zunächst
eine differenzierte, sachbezogene Problembeschreibung zu entwickeln. Bei der Ausarbeitung von Verbesserungsideen ist die
Gruppe auf das bereits vorhandene Wissen
angewiesen, denn Informationslücken können nicht ausgefüllt werden. Die Einbindung der Führungskraft zu einem späteren
Zeitpunkt oder die Bekanntgabe der fertigen
Ergebnisse kann leichter zur Konfrontation
unterschiedlicher Vorstellungen führen und
die weitere Klärung erschweren. Regelmäßige, begleitende Gespräche zwischen Moderation und Führungskraft über die Vorgehensweise und Zwischenergebnisse können
einen solchen Konflikt verhindern und die
spätere Einbindung vorbereiten.
Das Modell der Einbindung der Führungskraft von Anfang an erschwert freie Meinungsäußerungen der Beschäftigten. Andererseits wird ein gemeinsamer Lernprozess
über die Problemanalyse und entsprechende
Bearbeitungsmethoden in Gang gesetzt, der
nach der Zirkellaufzeit seine Fortsetzung
finden kann. Die Führungskraft muss sich
in den ersten Sitzungen auf eine neue Rolle einlassen, nämlich die des Zuhörers, der
nur Fragen zum Verständnis stellt. Bei Bedarf übernimmt die Führungskraft auch die
Rolle des Informanten mit weiterreichenden
betrieblichen oder fachlichen Kenntnissen.
79
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Moderator/in
5-6 Mitarbeiter/innen,
davon 1 Betriebsrats- bzw.
Personalratsmitglied (B)
Führungskraft,
zumindest bei der Diskussion
der Verbesserungsideen
Sachverständige
bei Bedarf
B
Abbildung 53: Zusammensetzung von Gesundheitszirkeln.
Wichtig ist, dass die Themenbearbeitung im
Zirkel verbleibt und nicht selbstständig außerhalb fortgesetzt wird. Andererseits darf
keine Geheimhaltung praktiziert werden, da
Ideen aus dem Umfeld ebenfalls willkommen sind. Dies ist in den Gesprächsregeln
zu vereinbaren, die zu Beginn der Zirkelarbeit festgelegt werden.
Da in den Gesundheitszirkel in den meisten
Fällen nur ein Teil der Beschäftigten eingebunden werden kann, empfiehlt es sich, die
Beteiligten wählen zu lassen, um den Vertretungscharakter zu betonen. Dies geschieht
am besten in der Informationsveranstaltung
über die Gesundheitszirkel. Mindestens ein
Mitglied des Betriebs- oder Personalrats
soll an den Zirkelsitzungen teilnehmen.
Freiwillige Meldungen mögen zu einer engagierteren Gruppe führen. Doch für die
Akzeptanz der Ergebnisse kommt es darauf
an, dass eine Vertrauensbasis zwischen Verantwortlichen und Zirkelteilnehmern wie
auch zwischen diesen und ihren Kollegen
entsteht. Ein Abstimmungsverfahren über
80
die Zusammensetzung des Zirkels verhilft
den Teilnehmern zu größerer Beachtung.
Sie repräsentieren ihren Arbeitsbereich und
fühlen sich aufgefordert, ihre Kritik und ihre
Ideen im Kollegenkreis zu besprechen.
Üblich ist die externe Moderation von Gesundheitszirkeln, wodurch dem Betrieb
Kosten entstehen. Deren Aufgabe ist die in
der Sache neutrale Gesprächsleitung, die
sich darauf konzentriert, Themen zu strukturieren, Kritikpunkte mit der Gruppe so
aufzubereiten, dass sie bearbeitbar werden.
Bei der Ausarbeitung von Lösungen hat die
Moderation die Aufgabe, vorschnelle Einschränkungen oder Festlegungen − die so
genannte Betriebsblindheit − zu vermeiden
und die Ideenfindung zu fördern. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht in der Dokumentation des Ablaufs und der Ergebnisse,
meist in Form von Protokollen und Bearbeitungslisten für die vereinbarten Lösungen.
Je nach Fragestellung oder Lösungsoption
kann es zweckmäßig sein, Sachkundige an
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
einzelnen Sitzungen des Gesundheitszirkels zu beteiligen. Dies kann beispielsweise der Betriebsarzt sein, der medizinische
Zusammenhänge aufzeigt und erklärt. Bei
Verbesserungen von Schutzmaßnahmen
kann die Fachkraft für Arbeitssicherheit
Hilfestellung geben. Bei organisatorischen
Verbesserungen erleichtert die Einbindung
von Personen an Schnittstellen die Vereinbarung neuer Abläufe.
Analyse und Verbesserung sind in der Regel
gemeinsame Bestandteile eines Gesundheitszirkels. Dieser eignet sich insbesondere für die Aufarbeitung von Erkenntnissen
aus anderen Quellen wie Gesundheitsberichten oder Mitarbeiterbefragungen. Der
Gesundheitszirkel kann die erkannten Belastungsschwerpunkte sowie den Umgang
damit genauer analysieren. Insofern kann
der Themenrahmen für Gesundheitszirkel
sehr weit gespannt sein. Ungeeignet sind
Diskussionen über tarifliche Themen wie die
Entgeltgestaltung.
Über gesundheitsbezogene Fragestellungen
hinaus kann auch die persönliche Zusammenarbeit im Betrieb zum Thema werden.
Entlastungseffekte durch gegenseitige Unterstützung oder Abstimmung spielen sowohl bei hohen physischen Anforderungen
als auch bei psychischen Belastungen eine
wichtige Rolle. Ein generalisierter Stressfaktor ist die schlechte Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und ihren Führungskräften, weil daraus Ärger und Angst resultieren.
In Gesundheitszirkeln wird dieses Thema in
der Regel aus der Mitarbeiterperspektive
bearbeitet, wobei die eigene Beteiligung der
Mitarbeiter an der Konflikterhaltung oder
-eskalation berücksichtigt werden muss.
Die Diskussion über die Klärung und Lösung
von Sachproblemen kann im Gesundheits-
Analyse der Belastungsschwerpunkte
aus Mitarbeitersicht
+
Entwicklung von
Verbesserungsvorschlägen
+
Vermittlung von Problemlösemethoden
und Gruppendiskussion
Erhöhung des
Verantwortungsbewusstseins
bei Mitarbeitern
+
Anstoß zu verstärkter
Mitarbeiterorientierung
bei Führungskräften
+
Mittelfristige Reduzierung
des Krankenstandes
Abbildung 54: Vorgehensweise und Ziele von Gesundheitszirkeln.
zirkel zu kurz greifen. Dies hängt von den
Vorerfahrungen der Teilnehmer ab. In Betrieben mit eher gering strukturierter Kommunikation kann die Erörterung der Vorgehensweise ein wesentlicher Bestandteil des
Gesundheitszirkels werden. Er bildet in diesem Fall den Raum für praktisches Kommunikationstraining, das ganz wesentlich zur
Nachhaltigkeit des Gesundheitseffekts beitragen kann. Durch die Erhöhung der Problemlösekompetenz und mit den positiven
Erfahrungen des Gesundheitszirkels im
Hintergrund entwickeln sich Gesundheitszirkel-Teilnehmer häufig zu Multiplikatoren
und Mediatoren für nicht beteiligte Mitarbeiter. Sie tragen auf längere Sicht dazu bei,
die Kommunikation in ihrem Arbeitsbereich
konstruktiver zu gestalten.
81
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Literatur über Erfahrungen mit
Gesundheitszirkeln
Gesundheitszirkel im Betrieb: Schröer
A. & Sochert R., Wiesbaden, Universum,
1997
Gesundheitsbericht und Gesundheitszirkel - Evaluation eines integrierten
Konzepts betrieblicher Gesundheitsförderung: Sochert R., BAuA-Schriftenreihe
Fb 827, Bremerhaven, Wirtschaftsverlag
NW, 1999
Betriebliche Gesundheitszirkel: Westermayer G. & Bähr B., Göttingen, Verlag
für Angewandte Psychologie, 1994.
Gesundheitszirkel waren 2004 noch eine
eher seltene Aktionsform in den Mitgliedsbetrieben (Abbildung 55). Unter kleineren
und mittleren Betrieben wurden nur einzelne ermittelt, die solche Zirkel durchgeführt
hatten, bei den größeren war es jeder neunte Betrieb. Kommunen und Kreise sowie
Landesdienststellen standen hierbei den
anderen Mitgliedsbetrieben deutlich nach.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
Abbildung 55: Mitgliedsbetriebe mit Gesundheitszirkeln.
82
60 %
1999
80 %
100 %
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Betriebliches Vorschlagswesen
Viele Verbesserungen in Unternehmen
können am besten aus der Kenntnis der
tatsächlichen betrieblichen Abläufe entwickelt werden. Dies trifft für die sichere und
gesunde Arbeitsausführung genauso wie für
konkrete Arbeitsbedingungen zu. Die Erfahrungen und Ideen der Beschäftigten stellen
deshalb ein großes Potenzial für Verbesserungen dar. Es kommt darauf an, diese aktiv
zu kommunizieren und das entsprechende
Engagement der Beschäftigten zu würdigen.
Ein offizielles betriebliches Vorschlagswesen − in der Regel basierend auf einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung − ist ein
Instrument, um die Beschäftigten zur Äußerung ihrer Verbesserungsideen anzuregen.
Erfahrungen aus Gesundheitsmanagementprojekten zeigen, dass präventive
Vorschläge zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz im Vorschlagswesen nur
dann eingebracht werden, wenn sie von
der Unternehmensseite immer wieder ausdrücklich eingefordert werden. Auffallend
hohe Zahlen sicherheits- und gesundheitsrelevanter Vorschläge nach dem Start von
Gesundheitszirkeln und Gesundheitsmanagementprogrammen weisen auf einen
Nachholbedarf an Verbesserungen hin. Jede
Kampagne für Verbesserungsideen sorgt
daher für ein höheres Sicherheitsniveau.
Es sind eigene Bewertungskriterien für solche Vorschläge erforderlich, da sie meist
nicht unmittelbar der Ergebnisverbesserung
dienen. Da Gewinn- oder Rationalisierungseffekte oft nicht ermittelbar sind, braucht
man für die Prävention andere Maßstäbe.
Bewährt haben sich hier Punktesysteme,
nach denen Vorschläge hinsichtlich ihrer
Relevanz für Mitarbeiter und Betrieb bewertet und entsprechend belohnt werden.
Die Kriterien sind vorab mit dem Betriebsoder Personalrat zu entwickeln, der auch
an der Bewertung unmittelbar mitwirkt. Der
Arbeitsschutzausschuss kann bei weitreichenden Vorschlägen zur Bedeutung und
Umsetzung gehört werden.
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %
2004
Abbildung 56: Mitgliedsbetriebe mit betrieblichem Vorschlagswesen.
83
KAPITEL X · INFRASTRUKTUR DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Die bestehende Verantwortung für Sicherheit und Gesundheit wird durch die Existenz
eines Vorschlagswesens nicht abgelöst.
Führungskräfte können die auf Basis der
Beurteilung der Arbeitsbedingungen zu verantwortenden Schutzmaßnahmen nicht im
Vorschlagswesen geltend machen. Solche
Festlegungen gehören zu ihrer Aufgabe.
Auch die Beseitigung akuter Gefährdungen
bleibt eine Sofortmaßnahme, wobei jeder,
vom Mitarbeiter bis zum Verantwortlichen,
die entdeckten Mängel sofort beheben oder
anzeigen muss.
84
Knapp die Hälfte der Mitgliedsbetriebe
verfügte 2004 über ein betriebliches Vorschlagswesen (Abbildung 56). Die Häufigkeit wuchs mit der Betriebsgröße. Unter den
kleineren Betrieben war es ein gutes Drittel,
unter den größeren waren es fast zwei Drittel, die ein Vorschlagswesen institutionalisiert hatten. Die Unterschiede zwischen den
Betriebsarten waren dagegen nur schwach
ausgeprägt. Unter den Kommunen und Kreisen hatten lediglich 43 % ein betriebliches
Vorschlagswesen installiert, während es bei
Landesdienststellen und anderen Mitgliedsbetrieben 50 % waren.
XI
Nutzen von Arbeitsschutz- und
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Aktivitäten für Sicherheit und Gesundheitsschutz gehören in den Mitgliedsbetrieben
der UKH nicht zu den Kernprozessen. Dennoch wird in den Betrieben damit der Anspruch verbunden, dass sie zum Erreichen
der Unternehmensziele wenigstens einen
mittelbaren Beitrag leisten. Diese Erwartung gewinnt im Zuge der Einschränkung
personeller Ressourcen und finanzieller
Spielräume in den Betrieben noch mehr an
Bedeutung.
Arbeitsschutzmaßnahmen beruhen auf
rechtlichen Verpflichtungen. Sie stehen deshalb in den Betrieben nicht zur freiwilligen
Disposition. Es ist jedoch zu erwarten, dass
Art und Umfang der Maßnahmen durch die
Einsicht und die Vorstellungen von deren
Nutzen in den Betrieben erheblich beeinflusst sind. Die betriebliche Gesundheitsförderung kann bislang auf keine rechtliche
Verpflichtung der Betriebe zurückgreifen.
Sie muss ihre Berechtigung belegen, indem
sie ihre Ziele mit betrieblichen Erwartungen
in Einklang bringt. Dies ist der Grund, warum
Aktivitäten in diesem Bereich skeptischer
Beobachtung ausgesetzt sind.
Beim Arbeitsschutz und bei der Gesundheitsförderung spielen mehrere Erwartungen
zum Nutzen eine Rolle. Obwohl in Fachkreisen zunehmend eine betriebswirtschaftliche
Bewertung einschlägiger Maßnahmen zum
Thema gemacht wird, lässt sich die Einengung darauf nicht begründen. Betriebe sind
keineswegs nur organisatorische Gebilde
mit dem Ziel der Rentabilitätssteigerung, öffentliche Betriebe erst recht nicht. Betriebe
sind immer soziale Gebilde, die von Menschen ausgestaltet werden. Dies hat erheb-
liche Auswirkungen darauf, wie der Nutzen
von Maßnahmen bewertet wird.
Der gesundheitliche Effekt von Arbeitsschutz
und Gesundheitsförderung ist für sich genommen bereits ein wertvoller Nutzen. Zum
einen sind Humanität und Solidarität, die
durch solche Maßnahmen praktisch ausgeübt werden, Ansprüche einer zivilisierten
Gesellschaft, die vor den Betrieben nicht
Halt macht. Nicht umsonst gehört der Schutz
der Gesundheit nach dem Grundgesetz und
dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu den grundlegenden Rechtsansprüchen jedes Bürgers.
Verantwortungsbewusste Führungskräfte
stellen sich diesem Anspruch ganz selbstverständlich. Es ist nur konsequent, wenn
sie aus ihrem Engagement für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter auch ein positives
Selbstbild herleiten und damit einen ganz
persönlichen Nutzen haben. Dass Führungskräfte oft auch nach Rechtssicherheit streben, sich im Rahmen der Legalität bewegen
wollen und deshalb die vorgeschriebenen
Maßnahmen ausführen, kommt noch hinzu.
Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für das Leistungsvermögen. Dies
gilt für den Einzelnen wie für den Betrieb
insgesamt. Mit gesunden Mitarbeitern lassen sich höhere Leistungen erzielen als mit
einer Belegschaft, die durch Unfälle und
arbeitsbedingte Erkrankungen geschwächt
und dezimiert wird. Gefahren durch die Arbeit und hohe Belastungen, insbesondere
wenn sie als vermeidbar angesehen werden, fördern die Arbeitsunzufriedenheit und
senken die Leistungsbereitschaft. Insofern
hat erfolgreicher Gesundheitsschutz immer
eine positive Wirkung auf die Produktivität.
85
KAPITEL XI · NUTZEN VON ARBEITSSCHUTZ- UND GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
Für Betriebe, deren Beschäftigte − wegen
ihrer qualifizierten Tätigkeiten − nicht kurzfristig zu ersetzen sind, ist dies von besonderer Bedeutung.
Oft wird darauf hingewiesen, dass die Qualität der Arbeitsergebnisse mit der Arbeitssicherheit und mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen steigt. Mitarbeiter, die sich bei
ihrer Tätigkeit nicht um ihre Sicherheit und
Gesundheit sorgen müssen und die eine
Wertschätzung durch die Verantwortlichen
erfahren, richten eine größere Aufmerksamkeit auf ihre Tätigkeit.
Die Bedeutung der Kommunikation zwischen
Führungskräften und ihren Mitarbeitern für
den Gesundheitsschutz ist bereits hervorgehoben worden. Sofern sie erfolgreich praktiziert wird, hat sie entsprechend positive
Nebenwirkungen. Führungskräfte erleben
bei aktiver Mitwirkung am Arbeitsschutz
und in der Gesundheitsförderung, dass der
konstruktive Dialog um die Gesundheit seine Fortsetzung bei anderen betrieblichen
Themen findet.20) Der Nutzen einer besseren
Zusammenarbeit bleibt nicht auf das Thema Gesundheit beschränkt. Insofern kann
jedes gelungene Projekt zum Gesundheitsschutz für die Verantwortlichen als Nutzen
für den Betrieb betrachtet werden, weil es
tragfähige Beziehungen geschaffen oder
verstärkt hat.
Ein weiterer Nutzen besteht in organisatorischen Vorzügen, die mit hoher Anwesenheit der Mitarbeiter verbunden sind.
Planungen werden durch die Verfügbarkeit
gesunder Mitarbeiter erleichtert und die
Abläufe funktionieren besser. Die Führungskraft erfährt keine Belastung durch
kurzfristige Umorganisation oder durch zusätzliche Anforderungen von Personal mit
entsprechendem Zeitaufwand für Einarbeitung und Einweisung. Unvorhergesehene
Verzögerungen oder Umplanungen wegen
des Fehlens zuständiger Mitarbeiter werden
seltener. Diese geringere Störanfälligkeit
nutzt vor allem den betroffenen Bereichen.
Je mehr ein Betrieb in die Einarbeitung und
Qualifizierung von Mitarbeitern investiert
hat, um so eher verbleibt ihm ein Nutzen
durch die längerfristige Bindung des Personals. Dieses wiederum ist an den Erhalt
der Gesundheit und Leistungsfähigkeit gebunden, ein Aspekt der infolge der demografischen Entwicklung in Deutschland eine
besondere Aufwertung erfährt.
Viele der aufgelisteten Nutzenaspekte haben auch mit betrieblichen Kosten zu tun,
die durch die fehlende Verfügbarkeit bezahlten Personals entstehen. Die Entgeltfortzahlung ist per se zwar keine zusätzliche
Ausgabe. Doch in manchen Fällen müssen
fehlende Mitarbeiterleistungen durch Auftragsvergabe oder durch Einsatz von Aushilfskräften kompensiert werden, für die
zusätzliche Entgelte anfallen. Bei anhaltend hohen Ausfällen durch Arbeitsunfälle
oder arbeitsbedingte Erkrankungen ist ein
höherer Personalsockel erforderlich. Geringere oder verzögerte Leistungen können zu
Einnahmenverlusten oder zu zeitlichen Verschiebungen führen. Die versteckten Kosten
von organisatorischen Störungen durch
Ausfälle lassen sich weit schlechter überblicken, da sie in jedem Betrieb und in jedem
Tätigkeitsbereich andere Formen annehmen
können.
Ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht wichtiger Aspekt hat mit der präventiven Ausrichtung zu tun. Oft werden von Verantwortlichen Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen
20) Diese Übertragung kann natürlich genau so von anderen Aktivitäten auf den Gesundheitsschutz erfolgen.
Ein Team, das bereits gut kooperiert und harmoniert, wird auch in Fragen der Gesundheit konstruktiver
nach Lösungen suchen und Verbesserungen erproben, als ein Bereich von „Einzelkämpfern“.
86
KAPITEL XI · NUTZEN VON ARBEITSSCHUTZ- UND GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
kritisiert, die durch eine bessere Planung
vermeidbar gewesen wären. Wenn bei Baumaßnahmen oder bei Beschaffungen Sicherheit, Ergonomie und Gesundheit zum
selbstverständlichen Anforderungskatalog
gehören, kann manche kostenträchtige
Nachbesserung unterbleiben. Investitionen
ohne Berücksichtigung der Sicherheit und
Gesundheit sind nicht grundsätzlich günstiger. Aber in jedem Fall sind nachträglich
einzusetzende Kosten für die Verantwortlichen ein Ärgernis. Insofern hilft die vorausschauende Planung unter Einbeziehung von
Arbeits- und Gesundheitsschutz, die eine
oder andere zusätzliche Schutzmaßnahme
ganz oder teilweise überflüssig werden zu
lassen. In jedem Fall erlaubt sie eine sichere
Ausgabenkalkulation. Auch darin kann ein
erfahrbarer Nutzen von praktiziertem Arbeitsschutz liegen.
In der Umfrage sollten die Mitgliedsbetriebe
unabhängig von ihren eigenen Aktivitäten
eine Einschätzung abgeben, ob effektiver
Arbeitsschutz zur Steigerung ihrer Arbeitsergebnisse beitragen würde. 2004 bezogen
46 % der Mitgliedsbetriebe eindeutig posi-
tiv Stellung zum Arbeitsschutz (Abbildung
57). Zusammen mit den Betrieben, die „eher
schon“ eine Steigerung des Arbeitsergebnisses sahen, waren dies mehr als drei Viertel aller Betriebe. 1999 machte diese Gruppe
zwei Drittel aus. Daran wird deutlich, dass
die allgemeine Einschätzung des Arbeitsschutzes im Zuständigkeitsbereich der UKH
durchaus positiv ausfällt und dies bereits
seit Jahren. Vor allem die größeren Betriebe
schätzten 2004 die Wirkungen des Arbeitsschutzes fast vollzählig als Beitrag zur Produktivitätssteigerung ein. In dieser Gruppe
hatte sich die Einschätzung seit 1999 nochmals deutlich verbessert, während sie sich
in den kleineren Betrieben sogar leicht verschlechterte. In den Landesdienststellen
wurden deutlich weniger Effekte auf die Ergebnissteigerung gesehen als in Kommunen
und Kreisen. Am positivsten fiel das Urteil in
Sparkassen, Krankenhäusern und anderen
Mitgliedsbetrieben aus.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass
der Arbeitsschutz in den befragten Betrieben 2004 bereits auf fruchtbaren Boden
gefallen war und grundsätzlich mit einer po-
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
positiv
60 %
80 %
100 %
eher positiv
Abbildung 57: Mitgliedsbetriebe mit positiven Erwartungen an den Arbeitsschutz 2004.
87
KAPITEL XI · NUTZEN VON ARBEITSSCHUTZ- UND GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
Nutzen der Maßnahmen
40 %
60 %
sehr groß
groß
80 %
100 %
mittel
Abbildung 58: Mitgliedsbetriebe 2004, die den betrieblichen Nutzen der durchgeführten Maßnahmen zum
Arbeitsschutz und zur Gesundheitsförderung positiv bewerten.
sitiven Motivation der Betriebe zu rechnen
ist. Die UKH betrachtet dieses Ergebnis auch
als Erfolg ihrer Arbeit und sieht darin ihre
Schwerpunktverlagerung der vergangenen
Jahre auf die Beratungstätigkeit tendenziell
bestätigt.
Gefragt wurde nach der Einschätzung, ob
die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen
im Rahmen von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung von Nutzen waren, entweder
für den Betrieb oder für die Mitarbeiter. Da
fast alle Betriebe irgendeine Maßnahme
aus dem Spektrum von Gesundheitsförderung, Situationsanalyse, Arbeitsschutzorganisation oder Arbeitsgestaltung vorgenommen hatten, wurden die Ergebnisse
auf der Basis aller Betriebe errechnet. Ganz
ähnlich wie die positiven Einschätzungen
von Arbeitsschutzaktivitäten fielen die Aussagen zum Nutzen der durchgeführten Maß-
nahmen für die Betriebe aus. Einen sehr
großen Nutzen sprach 2004 jeder zehnte
Betrieb den durchgeführten Maßnahmen zu,
ein weiteres Drittel behauptete einen großen
und ein gutes Viertel einen mittleren Nutzen
(Abbildung 58). Insgesamt überwog damit
bei fast drei Viertel aller Betriebe die positive Bilanz. 1999 waren es noch nicht ganz
zwei Drittel gewesen.
Die größeren Betriebe veranschlagten den
Nutzen 2004 am höchsten und setzten sich
damit stärker von den mittleren und kleineren
Betrieben ab als 1999.21) Mit der Größe nahm
demnach der Erfolg der praktizierten Maßnahmen zu. Die Betriebsarten unterschieden
sich hinsichtlich ihrer Einschätzungen etwas
stärker. Während 1999 die Landesdienststellen mit positiven Nutzenbewertungen noch
deutlich hinter allen anderen Verwaltungen
und Betrieben zurück lagen, hatten sie 2004
21) Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die Ergebnisse von 1999 in der Grafik nicht dargestellt.
88
KAPITEL XI · NUTZEN VON ARBEITSSCHUTZ- UND GESUNDHEITSFÖRDERUNGSMASSNAHMEN
ein viel positiveres Bild. Die Kommunen
und Kreise lagen mit 81 % bei ihren Bewertungen von mittlerem bis sehr großem Nutzen ihrer Maßnahmen an der Spitze. In der
Gesamtheit der positiven Bewertungen kam
es bei anderen Betrieben wie Sparkassen
und Krankenhäusern hingegen zu keiner
Steigerung. Jedoch war der Anteil der sehr
positiven Bewertungen gegenüber „mittlerem Nutzen“ angewachsen.
Der Nutzen für die Mitarbeiter wurde 1999
und 2004 fast identisch mit dem betrieblichen Nutzen eingeschätzt. Mit 0.94 (1999)
und 0.87 (2004) fielen die Rangkorrelationen zwischen beiden Antworten sehr konform aus.22) Deshalb wiederholten sich bei
dieser Frage die eben beschriebenen Unterschiede zwischen den Mitgliedsbetrieben.
22) Die Rangkorrelation ist eine statistische Kennzahl, die sich zwischen +1 und –1 bewegt. Bei einer Rangkorrelation von +1 gehen die Ergebnisse zweier Variablen, hier die Antworten zum Nutzen für Dienststellen und Mitarbeiter, immer in die gleiche, bei –1 immer in die entgegengesetzte Richtung. Werte über
+0.8 drücken daher eine auffallend hohe Ähnlichkeit der Ergebnisse aus. Wer den betrieblichen Nutzen
hoch einschätzte, bewertete den Nutzen für die Mitarbeiter ähnlich hoch.
89
XII
Unterstützung bei Arbeitsschutz und
Gesundheitsförderung
Kontakte mit Präventionsinstitutionen
Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
sind Aktionsfelder, die wegen ihrer Komplexität von den Mitgliedsbetrieben nur mit
externer Unterstützung effizient zu bewältigen sind. Die Vielzahl von Vorschriften und
Regelungen seitens des Gesetzgebers und
des Unfallversicherungsträgers sowie die
differenzierten Kenntnisse aus fast allen
wissenschaftlichen Fachgebieten, die zur
Anwendung gelangen sollen, erfordern eine
adäquate Zusammenarbeit. Die eingangs
erwähnte Zunahme an Kontakten zur UKH,
zu den Staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz
und zu den Krankenkassen macht dies deutlich.
Viele Kontakte zu den präventiv tätigen Institutionen, die von Betrieben ausgehen,
laufen über Schlüsselpersonen in den Betrieben. Vielfach sind dies die Fachkräfte für
Arbeitssicherheit oder die Sicherheitsbeauftragten. Hinzu kommt, dass in größeren
Betrieben auch unter den Führungskräften
mehr potenzielle Ansprechpartner für die
Unfallversicherungsträger vorhanden sind.
Besonderer Anstrengungen und organisa-
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 59: Mitgliedsbetriebe mit Kontakt zur Präventionsabteilung von Unfallversicherungsträgern.
90
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
torischer Bemühungen bedarf es vor allem,
um kleinere Betriebe zu erreichen.
Im Jahr 2004 gab die Hälfte aller Mitgliedsbetriebe an, die Präventionsabteilung eines
Unfallversicherungsträgers kontaktiert zu
haben (Abbildung 59). 1999 war es nur ein
Drittel gewesen. Die Mehrzahl dieser Kontakte dürfte die UKH betreffen.23) Ein Zuwachs an Kooperation war bei Betrieben
jeder Größenordnung zu verzeichnen. Mit
wachsender Beschäftigtenzahl verstärkte
sich diese Entwicklung. So gaben 2004 fast
zwei Drittel der größeren Betriebe entsprechende Kontakte an.
Deutliche Unterschiede gab es 2004 bei
den Betriebsarten. Die Landesdienststellen
hatten keine Intensivierung der Kontakte zu
den Unfallversicherungsträgern zu verzeichnen. Nur 30 % von ihnen gaben Kontakte
zum Präventionsbereich der Unfallversicherungsträger an. Bei Kommunen, Kreisen und
anderen Betrieben war hingegen der Anteil
von Betrieben mit Kontakten zu Präventionsabteilungen auf das Doppelte angewachsen.
Auch die Kontakte zu den Staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz nahmen von 1999 auf
2004 zu (Abbildung 60). Jeder dritte Betrieb
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 60: Mitgliedsbetriebe mit Kontakten zu Staatlichen Ämtern für Arbeitsschutz.
23) Viele Kommunen werden von der UKH und zusätzlich noch von gewerblichen Berufsgenossenschaften
betreut.
91
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
gab 2004 solche Kontakte an. 1999 war es
nur jeder vierte gewesen. Wiederum nahm
die Zahl der kontaktierten Betriebe mit steigender Belegschaftsgröße deutlich zu. So
hatte 2004 jeder zweite größere Betrieb entsprechende Ämterkontakte, aber nur jeder
fünfte kleinere.
2004 hatten unter den Landesdienststellen
46 % entsprechende Kontakte, alle anderen
Mitgliedsbetriebe weniger. So gab es unter
dem Dach des Landes Hessen 2004 eine gewisse Kompensation für die selteneren Kontakte zu den Unfallversicherungsträgern. Bei
Sparkassen, Krankenhäusern und anderen
Betrieben gab es in dem genannten 5-Jahres-Zeitraum keine Steigerung.
Die Kontakte zu Präventionsbereichen anderer Partner verdoppelten sich von 1999 auf
2004 von 18 auf 36 % (Abbildung 61). Es ist
anzunehmen, dass hierbei die Krankenkassen die größte Bedeutung hatten. AOK und
Betriebskrankenkassen waren 2004 bereits
rund 15 Jahre in der Gesundheitsförderung
aktiv. Inzwischen zogen einige Ersatzkassen
nach und beraten Betriebe bei der Durchführung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen.24) Die kleineren Betriebe nutzten
diese Kontakte am wenigsten und blieben
2004 auf dem niedrigen Niveau von 1999.
Die mittleren und größeren Betriebe hingegen legten deutlich zu. Ähnlich sah die Situation bei den Betriebsarten aus. Die Landesdienststellen, die 1999 sogar am häufigsten
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 61: Mitgliedsbetriebe mit Kontakten zu Krankenkassen oder anderen Institutionen der Gesundheitsförderung.
24) Die Innungskrankenkassen sind zwar in ihrem Kernbereich, dem Handwerk, mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen aktiv. Sie spielen für die Betriebe des öffentlichen Dienstes nach vorliegenden Erkenntnissen aber keine Rolle.
92
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
3 Kontaktierte
20 %
40 %
2 Kontaktierte
60 %
1 Kontaktierte
80 %
100 %
Keine Kontakte
Abbildung 62: Mitgliedsbetriebe mit Kontakten zu Institutionen der Prävention.
Kontakte zu anderen Partnern aufwiesen,
lagen 2004 mit 27 % deutlich hinter Kommunen und Kreisen und vor allem hinter den
anderen Betrieben zurück. Von der letztgenannten Gruppe mit Sparkassen und Krankenhäusern hatte 2004 jeder zweite Betrieb
Kontakt mit einer Krankenkasse oder einem
sonstigen Partner.
Zum Teil schienen die unterschiedlichen
Kontaktzahlen in den bestehenden Beratungsalternativen begründet zu sein. Um
dies zu überprüfen, wurden die Kontaktpartner der Betriebe insgesamt errechnet.
Die Ergebnisse belegen, dass 2004 für einen
Teil der Mitgliedsbetriebe parallele Kontakte
zu Institutionen auf dem Feld der Prävention
bestanden, für einen anderen Teil überhaupt
keine (Abbildung 62). Als Gruppe fallen insbesondere die kleineren Betriebe auf, unter
denen nur jeder zweite zu irgendeiner Institution Kontakt aufnahm. Je größer die Belegschaft, um so größer war die Anzahl der
Betriebe mit Kontakten, vor allem auch mit
mehreren Kontakten. Deshalb müssen die
Zahlen in ihrer Bedeutung für die Prävention
relativiert werden. Dies bedeutet nämlich,
dass der Anteil der Beschäftigten, die über
Präventionsmaßnahmen von den Kontakten profitieren konnten, höher war als der
Anteil der Betriebe. Vor dem Hintergrund
der Ergebnisse von 2004 sind die kleineren
Betriebe am ehesten als blinder Fleck in der
Betreuung beim Arbeits- und Gesundheitsschutz durch die dafür verantwortlichen Institutionen anzusehen.
Bezogen auf ihre Kontakte wiesen die Betriebsarten ebenfalls unterschiedliche Muster auf. Ein Drittel der Landesdienststellen
hatte keine Kontakte zu Präventionsinstitutionen, von den anderen Betrieben waren
dies 29 %. Bei Sparkassen, Krankenhäusern
und anderen Betrieben hatte ein Viertel mit
drei Partnern Kontakt, ein weiteres Viertel
mit zweien. In dieser Betriebsart kumulierten die Kontakte am stärksten, während
bei Kommunen, Kreisen und Landesdienststellen Kontakte zu einer einzigen Institution
überwogen.
93
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Unterstützungserwartungen für
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Unterstützungsbedarf in den Betrieben ist
sicher nur zum Teil als Folge vermehrter
Aufmerksamkeit für die betriebliche Gesundheitsförderung zu verstehen. Politik
und Wirtschaftsverbände präferieren seit
einem Jahrzehnt die Deregulierung im Arbeitsschutz. Infolgedessen wurde eine Vielzahl von Vorschriften geändert und auf viele
konkrete Festlegungen zur Umsetzung verzichtet. Informations- und Beratungsbedarf
ergibt sich daher zum einen aus Fragen zum
Verständnis und zur Anwendung der erneuerten Vorschriften. Zum anderen wird die
Kehrseite des Verzichts auf viele verbindliche Vorgaben zur Umsetzung immer deutlicher. Allgemeinere Zielsetzungen und For-
mulierungen lassen Spielräume für Interpretationen und fordern eigenverantwortliche
Festlegungen. Bei allen Verantwortlichen,
die sich nicht intensiv mit Arbeitsschutz und
Gesundheitsförderung befassen, sorgt dies
zwangsläufig für Verunsicherung und Orientierungssuche. Die wachsende Flexibilität
wird mit intensiverer Informationsbeschaffung erkauft.
Dabei geht es nicht nur um neue Normen
oder Grenzwerte. Es sind vor allem neue
Verfahrensweisen in den Unternehmen zu
entwickeln, wie sie die erforderlichen Informationen beschaffen, auswerten und zur
Anwendung bringen. Dieser Aspekt des Unterstützungsbedarfs wird vielen Mitgliedsbetrieben erst allmählich bewusst. Die betriebliche Gesundheitsförderung verbreitet
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
Unfallversicherung
40 %
60 %
Staatlicher Arbeitsschutz
80 %
100 %
Krankenkassen
Abbildung 63: Mitgliedsbetriebe mit Unterstützungserwartungen an Unfallversicherungsträger, staatlichen
Arbeitsschutz und Krankenkassen.
94
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
sich hingegen über innovative Projekte sowie über Beispiele „guter Praxis“. Die Förderung des Austauschs unter den Betrieben
ist ebenso eine Herausforderung für die gesetzliche Unfall- und Krankenversicherung
wie für den staatlichen Arbeitsschutz.
rangegangenen. Allerdings waren hierbei
zwei Drittel der größeren Betriebe beteiligt,
während die mittleren Betriebe nur zu einem
Drittel solchen Erwartungen äußerten. Die
kleineren Betriebe lagen zwischen diesen
beiden Gruppen.
Der Einstieg in die Gesundheitsförderung
ist in vielen Mitgliedsbetrieben mit einzelnen Maßnahmen bereits gelungen. Die offenbar positiven Erfahrungen lassen eine
Intensivierung der Gesundheitsförderung
erwarten. In der Umfrage wurde ermittelt,
an welche Partner sich die Erwartungen der
Betriebe auf Unterstützung bei der Planung
und Durchführung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen richten. Wegen der Vielzahl der Daten konzentriert sich die Darstellung auf die Angaben des Jahres 2004.
Mit 27 % war der Anteil der Landesdienststellen, die sich von den Krankenkassen
Unterstützung wünschten, weitaus niedriger
als der anderer Betriebe. Unter allen anderen Betrieben erwartete hingegen mehr als
die Hälfte entsprechende Unterstützung. Der
höhere Anteil der Beamten im Landesdienst
kann dabei eine Rolle spielen, denn diese
sind Mitglieder in privaten Krankenversicherungen. Nur die gesetzlichen Krankenkassen
erbringen Leistungen zur Gesundheitsförderung.
Die Erwartungen an die Unfallversicherungsträger hatten 2004 ein hohes Niveau
erreicht. Fast drei Viertel wollten bei Gesundheitsförderungsmaßnahmen
unterstützt
werden (Abbildung 63). Die Unterschiede
ließen sich dabei weniger an der Betriebsgröße festmachen. Unter den Landesdienststellen fielen die Erwartungen auf gut die
Hälfte der Betriebe ab. Hingegen wünschten
mehr als 80 % der Kommunen, Kreise und
anderen Betriebe die Unterstützung der Unfallversicherungsträger. Immerhin die Hälfte
aller Mitgliedsbetriebe stellte sich vor, dass
die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz einen Unterstützungsbeitrag leisten sollten.
Auch hier spielte die Betriebsgröße keine
Rolle. Am häufigsten wurden Erwartungen
an diese Stellen mit 66 % von Landesdienststellen genannt, während die anderen
Betriebe unter dem Durchschnitt blieben.
Die Erwartungen an die Krankenkassen erreichten ein ähnliches Ausmaß wie die vo-
Andere potenzielle Partner, die in der Umfrage explizit aufgeführt waren, folgten mit
weitem Abstand: Der öffentliche Gesundheitsdienst wurde von 27 % aller Betriebe
genannt und damit noch am häufigsten
aufgeführt. Die kleineren Betriebe setzten
darauf ihre Hoffnung deutlich häufiger auf
den öffentlichen Gesundheitsdienst als alle
anderen Mitgliedsbetriebe. Nur 9 % der Mitgliedsbetriebe richteten ihre Erwartungen
an wissenschaftliche Einrichtungen. Hier taten sich wiederum die größeren Betriebe mit
22 % hervor. Kaum eine Rolle spielten in den
Vorstellungen der Betriebe mit knapp 3 %
hingegen die Unternehmensberater als potenzielle Unterstützer, obwohl die Zahl der
freien Berater für Gesundheitsförderung und
Gesundheitsmanagement eine steigende
Tendenz aufweist. Auf dem selben niedrigen
Niveau bewegten sich die Erwartungen an
die Gewerkschaften.
95
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Leistungen der öffentlichen Unfallversicherungsträger und ihre Bedeutung für
die Gesundheitsförderung
Die Unfallversicherungsträger haben für
die Prävention von Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen verschiedene
Leistungsangebote entwickelt. Schwerpunkte bilden Information, Beratung, Besichtigung oder Überwachung, Schulung,
Aus- und Weiterbildung. Für die UKH ist
das aktuelle Leistungsangebot auf ihrer Internetseite (www.ukh.de) zu finden. Dazu
gehören insbesondere die Informationsschriften (Reihe GUV-I), die Beratung durch
fachlich oder regional zuständige Aufsichtspersonen und die Organisationsberatung
sowie das differenzierte Seminarprogramm.
Die Leistungen des Bereichs Prävention für
die Mitgliedsbetriebe unterscheiden sich
in einigen wesentlichen Aspekten. So sind
beispielsweise die Informationsangebote
kostenfrei und einfach zugänglich, während
der Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu beantragen ist. Die meisten
Leistungen sind offene Angebote und verlangen die Initiative der Mitgliedsbetriebe.
Die Besichtigung kann ganz ohne die Einwilligung der Betriebe erfolgen.
Die fünf genannten Leistungsangebote der
Unfallversicherungsträger (Information, Beratung, Schulung, Aus- und Weiterbildung
und Überwachung) wurden in den Umfragen
zur Bewertung vorgegeben. Die Mitgliedsbetriebe sollten sie nach ihrer Bedeutung
für die Gesundheitsförderung in eine Rangfolge bringen. Die Ergebnisse von 1999 und
von 2004 unterschieden sich nur in wenigen
Punkten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit
erfolgt die Darstellung deshalb bezogen auf
2004. Auf wesentliche Abweichungen von
1999 wird im Text hingewiesen.25)
2004 erwarteten 43 % der Mitgliedsbetriebe
den größten Nutzen von Informationen der
Unfallversicherungsträger über die Gesundheitsförderung (Abbildung 64). Mit 30 %
ersten Rängen folgten in der Einschätzung
der Betriebe Beratungsleistungen. Beide
Leistungen zusammen, Information und
Beratung, wurden von der Mehrheit der Betriebe auf den ersten beiden Rängen platziert. Nur jeder zehnte Mitgliedsbetrieb sah
in Schulungen den wichtigsten Hebel und
13 % in der Aus- und Weiterbildung. Am wenigsten versprachen sich die Betriebe für die
Gesundheitsförderung von Besichtigungen
mit Überwachungscharakter.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass
die Einschätzungen sowohl von der Größe
der Mitgliedsbetriebe als auch von ihrer Art
abhingen. Die Information wurde mit zunehmender Betriebsgröße für wichtiger gehalten. Die Beratung kam bei den kleineren
Betrieben auf den ersten Rang. Die Betriebe
mittlerer Größe gewichteten die Schulung
etwas höher als die anderen. Die kleineren
Betriebe bewerteten die Wirksamkeit der
Überwachung höher.
Für die Landesdienststellen spielte die Beratung bei der Nutzbarmachung der Gesundheitsförderung die Hauptrolle. Doch diese
Einschätzung trugen weder Kommunen und
Kreise noch die anderen Betriebe mit. Für diese waren Informationen die wichtigere Unterstützung. Die Bedeutung der Schulungen
wurde generell von allen deutlich niedriger
angesetzt. Bei Sparkassen, Krankenhäusern
und anderen Betrieben lagen sie kaum besser als die Überwachung. Eine Erklärung
für diese Unterschiede liefert die Umfrage
nicht. So ließ sich zum Beispiel kein eindeutiger Zusammenhang mit den vorliegenden
Erfahrungen in der Gesundheitsförderung,
gemessen an der Zahl der Gesundheitsförderungsthemen, ermitteln.
25) Methodischer Hinweis: Da einige der Befragten die ersten Ränge mehrfach, einige wiederum nur erste
Ränge vergaben und andere überhaupt keine Bewertung vornahmen, weichen die Gesamtergebnisse zu
den ersten und zweiten Rängen von den jeweils zu erwartenden 100 % pro Rang ab.
96
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Information
Beratung
Schulung
Aus- und
Weiterbildung
Besichtigung
0%
20 %
40 %
1. Rang
60 %
80 %
100 %
2. Rang
Abbildung 64: Bewertung verschiedener Unterstützungsleistungen der Unfallversicherungsträger durch die
Mitgliedsbetriebe.26)
Inhaltliche Ausrichtung des Unterstützungsbedarfs für die Gesundheitsförderung
Die Umfrage gibt genauere Aufschlüsse
über die Themen, bei denen Unterstützungsbedarf geäußert wurde. Denn zu beiden Zeitpunkten stellte jeweils die Hälfte der
Mitgliedsbetriebe einen Bedarf an Information und Beratung in Fragen der Gesundheitsförderung fest. Da es auch hier keine großen
Veränderungen gab, konzentriert sich die
Darstellung wiederum auf die Ergebnisse
von 2004 (Abbildung 65). In beiden Umfragen wurden jeweils fünf mögliche Unterstützungsarten vorgegeben. Jedoch blieb die
Rangfolge bei allen Themen die gleiche: Am
häufigsten wurde der Bedarf an Information
geäußert. Auf dem zweiten Platz rangierte die
Beratung. Hilfen bei der Durchführung und
Austausch mit anderen Unternehmen sowie
konkrete Ansprechpartner wurden erheblich
seltener gewünscht. In der Abbildung wurde
zugunsten der Übersichtlichkeit deshalb auf
diese Differenzierung verzichtet.
An der Spitze des Informations- und Beratungsbedarfs stand 2004 der Umgang mit
psychischen Belastungen. Vier der sechs
meist genannten Themen gehörten zu dieser
Gruppe. Angebote der UKH zu psychischen
Belastungen sollten daher offene Türen bei
den Mitgliedsbetrieben vorfinden. An Führungskräfteseminaren zur betrieblichen Gesundheitsförderung sowie für betriebliche
Bewegungsprogramme bestand ebenfalls
ein hoher Bedarf.
26) Da alle fünf Leistungsarten in eine Rangfolge zu bringen waren, machen die Ränge 3 bis 5 die Differenz zu
100 % aus.
97
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Alle Betriebe
400 und mehr
Beschäftigte
150-399
Beschäftigte
Unter 150
Beschäftigte
Landesdienststellen
Kommunen und
Kreise
Andere Betriebe
0%
20 %
40 %
2004
60 %
80 %
100 %
1999
Abbildung 65: Mitgliedsbetriebe mit Informations- und Beratungsbedarf.
Informations- und Beratungsbedarf in
Fragen des Gesundheitsschutzes und der
Gesundheitsförderung
Sehr hoher Bedarf 2004: ≥ 30 %
Mobbingbewältigung
Stressbewältigung
Hoher Bedarf 2004: 25-29 %
Ermittlung psychischer Belastungen
Führungskräfteseminare zur betrieblichen Gesundheitsförderung
Entspannungsprogramme
Bewegungsprogramme
Mittlerer Bedarf 2004: 20-24 %
Gefährdungsbeurteilung
Suchtprävention
Gesunde Gestaltung von Arbeitsumfeld
und Arbeitsbedingungen
98
Ergonomie bzw. gesunde Arbeitsgestaltung
Konfliktbewältigungsseminar
Mitarbeitergespräche Arbeitszufriedenheit
Führungskräfteseminar zur Verantwortung im Arbeitsschutz
Kommunikationstraining
Gesundheitsgerechte Aufbau- und
Ablauforganisation
Rückkehrgespräche nach Krankheit
Mäßiger Bedarf 2004: 15-19 %
Auswertung von Fehlzeiten
Herz-Kreislauf-Programme
Ernährungsprogramme
Krebsvorsorge
Auswertung von Krankenrückkehrgesprächen
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Seminare zum Umgang mit Gefahrstoffen
Arbeitsschutzhandbuch
Arbeitsschutzleitlinien
Mitarbeitergespräche zum Arbeitsschutz
Niedriger Bedarf 2004: ≤ 14 %
Zielvereinbarungen
Auswertung von Unfalldaten
Mitarbeiterbefragungen
Regelwerksmanagement
Betriebliches Vorschlagswesen
Controlling im Arbeitsschutz
Gesundheitszirkel
Gesundheitsberichte
Integration des Arbeitsschutzes in
Prozesse
Im Bereich der mittleren Bedarfshäufigkeit
fanden sich unter anderem klassische Arbeitsschutzthemen wie Gefährdungsbeurteilung, Ergonomie sowie sichere und gesunde Gestaltung von Arbeitsbedingungen.
Auch die Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation gehörte dazu. Bausteine aus
dem betrieblichen Gesundheitsmanagement wie Kommunikationstraining, Mitarbeitergespräche zur Arbeitszufriedenheit
und Krankenrückkehrgespräche wurden
ebenfalls im Mittelfeld platziert. Als Einzelthema wurde außerdem die Suchtprävention genannt. Auffallend waren im Vergleich
zu 1999 die rückläufigen Bedarfsnennungen
bei den damals ebenfalls abgefragten Arbeitsschutzthemen. Ein Teil des Bedarfs
schien inzwischen befriedigt oder hatte an
Relevanz verloren.
Mäßige bis niedrigere Bedarfsbekundungen
gab es 2004 für Programme mit Krankheitsbezug, ausgenommen die Suchtthematik.
Im weniger nachgefragten Bereich landeten
auch die Elemente des Arbeitsschutzmanagements vom Arbeitsschutzhandbuch bis
hin zum Arbeitsschutzcontrolling sowie Arbeitsschutzthemen, die erst in neuerer Zeit
in die Diskussion gebracht wurden wie etwa
das Regelwerksmanagement und die Inte-
gration in relevante Prozesse. Auch der Bedarf hinsichtlich von Analyseinstrumenten
der betrieblichen Gesundheitsförderung
schien 2004 unerheblich zu sein. Besonders stark zurückgefallen war seit 1999 der
Gesundheitsbericht.
Bedarfsmeldungen und Handlungsbedarf
Bei der Gesundheitsförderung und dem Arbeitsschutz handelt es sich nicht um Kernaufgaben der befragten Mitgliedsbetriebe.
Vielmehr sind sie spezifische Instrumente,
die beim Personalmanagement, bei betrieblichen Sozialaufgaben oder − als Sicherheitstechnik den Ausschnitt der Unfallverhütung betreuend − in einem technischen
Bereich angesiedelt sind. Als solche stehen
sie immer nur vorübergehend im Fokus betrieblicher Aufmerksamkeit, in der Regel
nämlich
bei betrieblichen Problemen mit Sicherheit, Gesundheit oder überhöhter Abwesenheit wegen Krankheit sowie
bei der Umsetzung neuer strukturverändernder Vorschriften.
Die betrieblichen Bedürfnisse sind daher
nicht als dauerhaft anzusehen, sondern stellen eine Momentaufnahme dar. Sie unterliegen einer Konjunktur, die von Informationen
und öffentlicher Diskussion, aber auch von
technischer Innovation und Managementkonzepten beeinflusst wird. Der Druck zur
Zertifizierung von Managementsystemen
bezieht in einigen Bereichen, wie den Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, zunehmend die Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen mit ein.
Für die UKH ergeben sich daraus zweierlei
Aufgaben:
Die geäußerten Informations- und Beratungsbedürfnisse positiv aufzugreifen
und
die Kommunikation des neuen Verständnisses von Arbeitsschutz im nationalen
99
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
und europäischen Trend zu intensivieren.
Bei einigen Themen kann auf die vorhandenen Bedürfnisse aufgebaut werden. Dort
stellt sich die Frage, wie Angebot und Nachfrage besser in Übereinstimmung gebracht
werden können. Für andere Themen wird
mehr Aufklärung und ein beharrliches Werben erforderlich sein, wenn sie stärkere Beachtung in den Betrieben finden sollen. Die
Seminare für Bürgermeister in den Jahren
2005 und 2006, in denen über Verantwortung und Haftung der Gemeindevorsteher
informiert wurde, verbanden beides miteinander. Eine Vielzahl von nachfolgenden
Anfragen zeigte, dass sich vorhandener Beratungsbedarf durchaus in ein Beratungsbedürfnis überführen lässt. Doch nicht für alle
Organisationsthemen wird die oberste Leitungsebene die geeignete Zielgruppe sein.
Neben der zweiten Führungsebene gilt es,
die Verantwortlichen für Personal, Beschaffung, Baumaßnahmen und Organisation
als Partner für Sicherheit und Gesundheitsschutz in den Mitgliedsbetrieben zu gewinnen.
Die Befragungsergebnisse machen einerseits deutlich, dass für bestimmte Themen
aktuell eine besondere Nachfrage vorhanden ist. So hatte das Thema „Psychische
Belastungen“ offenbar 2004 „Konjunktur“
und war in zentralen Bereichen wesentlich
stärker gefragt als 1999. Das Bedürfnis nach
Unterstützung bei der Beurteilung psychischer Belastungen ist zwar immer noch
relativ stark ausgeprägt, aber rückläufig.
Da gleichzeitig festzustellen ist, dass die
Beurteilung psychischer Belastungen sich
nach der Selbsteinschätzung der Mitgliedsbetriebe kaum verändert hat, ist dies ein
klares Indiz für ein abnehmendes Interesse
an diesem Thema.
Das vordere Feld der geäußerten Informations- und Beratungsbedürfnisse besetzen
darüber hinaus weitere klassische Themen
der betrieblichen Gesundheitsförderung.
Hingegen liegt das Interesse an Themen,
die sich auf die Organisation des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung beziehen, auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Daran wird ein Dilemma der aktuellen
Diskussion deutlich: Einerseits wird Themen des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung eine gewisse Bedeutung
beigemessen. Auch Unterstützung wird eingefordert. Andererseits sind die Konzepte
des modernen Arbeitsschutzes und des betrieblichen Gesundheitsmanagements noch
nicht akzeptiert. Es ist jedoch anzustreben,
beide Felder zielgerichtet und strukturiert
zu bearbeiten.
Kooperation von staatlichen Arbeitsschutzbehörden und Unfallkasse Hessen
Die Kooperation zwischen den Arbeitsschutzinstitutionen ist in Hessen besonders eng. Zwischen dem Hessischen Sozialministerium und der UKH wurde 2005
eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit
geschlossen. Damit sollen die Prioritäten in
der Beratung und Überwachung deutlicher
abgegrenzt werden, ohne ein Eingreifen
der staatlichen Behörden auszuschließen.
Die Kooperation bezieht sich auf präventive
Aktivitäten. Während die UKH ihre Schwerpunkte auf die Beratung und Überwachung
zum Arbeitsschutzgesetz und zu den nachfolgenden Verordnungen legt, bleibt der
soziale Arbeitsschutz weiterhin ein Aktionsfeld der staatlichen Dienststellen.27) Auch
die Überwachung bestimmter Anlagen sowie der in Verkehr gebrachten Produkte und
Geräte bleibt in staatlicher Hand.
27) Zum Zeitpunkt der Befragungen trugen die staatlichen Dienststellen die Bezeichnung „Staatliches Amt
für Arbeitsschutz“. Im Zuge einer Neugliederung der Landesdienststellen wurden sie in die Regierungspräsidien eingegliedert und sind dort jeweils als „Abteilung Arbeitschutz und Sicherheitstechnik“ angesiedelt.
100
KAPITEL
XII · UNTERSTÜTZUNG BEI ARBEITSSCHUTZ UND GESUNDHEITSFÖRDERUNG
Ein direkter Austausch von Informationen
mit dem jeweiligen Regierungspräsidium ist
vereinbart:
Bei schwerwiegenden Mängeln − zum
Beispiel fehlenden Prüfungen überwachungsbedürftiger Anlagen − sowie
Mängeln von überbetrieblicher Bedeutung − zum Beispiel fehlerhafte Stoff-
kennzeichnung und -information oder
gefährliche Gerätekonstruktionen.
Im übrigen ist ein regelmäßiger Austausch
zu Betriebsarten wie Schulen, Hochschulen, Kliniken, Theatern und zum Flughafen
Frankfurt vorgesehen, wo weiterhin beide
Institutionen initiativ tätig sein werden.
101
XIII
Plädoyer für eine stärkere Integration von
Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
Die betriebliche Gesundheitsförderung wurde in den vergangenen Jahren im Öffentlichen Dienst in Hessen forciert. Doch trotz
aller positiven Bekundungen behielten viele
Ansätze Projektcharakter und blieben ohne
eigene Infrastruktur. Darin verbirgt sich ein
Risiko. Sicherheit und Gesundheitsschutz
sind in den Mitgliedsbetrieben schließlich
keine Kernaufgaben, sondern werden neben
dem Kerngeschäft mit erledigt. Auf Dauer
wird sich in den Betrieben jedoch kein Dualismus von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung etablieren lassen. Je stärker sich
der Arbeitsschutz den im Arbeitsschutzgesetz genannten Zielen aktiv zuwendet und je
stärker sich die Gesundheitsförderung zum
Gesundheitsmanagement weiterentwickelt,
um so mehr werden die Überschneidungen
zwischen den Ansätzen deutlich. Warum
aber sollten sich Betriebe zwei unterschiedliche Systeme leisten, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu schützen und zu fördern?
In den Zielsetzungen besteht eine Gemeinsamkeit, die in der Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen oder − bei präventiver Orientierung − in der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren liegt.
Deswegen hat der Gesetzgeber diese Aufgabe sowohl den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern als auch den gesetzlichen
Krankenkassen in deren Pflichtenhefte geschrieben, letzteren sogar mit einem Kooperationsgebot. Des weiteren ist die Verringerung betrieblicher Fehlzeiten ein Bestreben,
in dem sich Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement treffen, da Fehlzeiten sowohl
durch unfallbedingte Verletzungen als auch
durch andere Erkrankungen entstehen.
102
Eine naheliegende Perspektive der Weiterentwicklung ist die stärkere Integration von
Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung und
Gesundheitsmanagement auf betrieblicher
Ebene. Damit ist jedoch nicht die eilige organisatorische Zusammenführung zum Selbstzweck gemeint. Vielmehr kommt es darauf
an, die Stärken der unterschiedlichen Konzepte zu erhalten und wechselseitig besser
zu nutzen. Dazu werden im folgenden einige
praktische Möglichkeiten aufgezeigt.
Beurteilung der Arbeitsbedingungen als
Mittelpunkt aller Gesundheitsaktivitäten
Mit der Beurteilung der Arbeitsbedingungen
hat der Gesetzgeber ein Instrument in den
Mittelpunkt des Gesundheitsschutzes gerückt, dessen Möglichkeiten noch nicht
umfassend genutzt werden. Das Ziel ist die
sichere und gesundheitsverträgliche Arbeit.
Das Verfahren ist nicht im Detail vorgeschrieben. Es orientiert sich jedoch offensichtlich
am Managementkreislauf. Deshalb umfasst
es die Pflichten zur Ermittlung von Gefährdungen, zur Festlegung von Schutzmaßnahmen und zu deren Überprüfung mit dem Ziel
der Verbesserung. Damit soll dem Anspruch
nach ein kontinuierlicher Prozess zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Gang
gesetzt werden, was in der Praxis noch zu
selten der Fall ist.
Grundsätzlich richtet sich die Intention der
Beurteilung auf die Prävention, d. h. auf die
Verhütung von Unfällen und Erkrankungen.
Doch auch die reaktive Variante ist sinnvoll,
nämlich die Untersuchung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen
KAPITEL XIII
gemäß dem Beurteilungsschema. Anhand
der Fragestellungen, welche Gefahren bisher nicht gesehen wurden und welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen
sind, wird eine vorhandene Beurteilung
fortgeführt und angepasst. Nicht nur das
Versagen der vorhandenen Schutzmaßnahmen, sondern auch neue Erkenntnisse zu
Gefährdungen über das bisher bekannte
Spektrum hinaus, sollen zur Überprüfung
genutzt werden. Wenn man das ganze Spektrum der Aktivitäten im Arbeitsschutz, in Gesundheitsförderungs- und Gesundheitsmanagementprojekten betrachtet, so gibt es
eine Vielzahl von Gelegenheiten, die Anstoß
zu einer Überprüfung der Gefährdungen und
der getroffenen Schutzmaßnahmen geben
können:
Arbeitsunfälle werfen die Frage auf, ob
die Gefährdungen ausreichend ermittelt
und die getroffenen Schutzmaßnahmen
angemessen sind. Deshalb sollten dies
die Leitfragen der Unfalluntersuchung
sein. Gleiches gilt für auftretende Berufskrankheiten oder andere arbeitsbedingte Erkrankungen, deren individuelle
Verursachung eindeutig in der Arbeit begründet liegen. Hinzu kommen Unfallereignisse, die zwar Dritte betreffen (z. B.
Beschäftigte von Fremdfirmen oder Besucher), aber in mangelhafter Verkehrssicherung des Betriebs begründet sind.
Gesundheitsberichte oder andere statistische Auswertungen von Unfall- und
Erkrankungsdaten können auf erhöhte
Risikopotenziale einzelner Betriebe, Betriebsbereiche oder Tätigkeitsgruppen
hinweisen. Damit steht die Frage nach
dem Einfluss der Arbeit im Raum. Ihre
Beantwortung erfordert in der Regel allerdings weitere Untersuchungen oder
zumindest Überlegungen zu den konkreten Gefährdungen, bevor mit Schutzmaßnahmen angemessen reagiert werden kann.
· PLÄDOYER
Weitere Informationen über erhöhte
Risikopotenziale von Mitarbeitergruppen liefern Mitarbeiterbefragungen. Da
hiermit in der Regel gesundheitliche
Befindlichkeiten erhoben werden, sind
Risiken bereits vor ihrer Manifestierung
in Krankheitszahlen erkennbar. Hier gilt
ebenso wie bei Gesundheitsberichten,
dass zunächst die betrieblichen Einflussfaktoren, die damit im Zusammenhang
stehen, genauer zu untersuchen sind.
In Gruppenbefragungen wie der Arbeitssituationsanalyse lassen sich Defizite
bei Schutzmaßnahmen ermitteln. Die
gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend mit anderen Instrumenten
des Gesundheitsmanagements verfeinert.
Gruppengespräche sind eine gute Möglichkeit, nicht erkannte Gefährdungen
zu ermitteln und Verbesserungen bei
Schutzmaßnahmen zu erörtern. Dazu
können alle auf Dialog angelegten Unterweisungen, Sicherheitsgespräche, Gesundheitszirkel sowie andere Gespräche
mit einschlägigem Inhalt dienen, wie sie
häufig zu Gesundheitsmanagementprogrammen gehören.
Etliche Hinweise auf Gefährdungen der
Gesundheit werden in vielen Einzelgesprächen geäußert, ohne dass sie weitere Verwendung finden. In jedem Mitarbeitergespräch, das die Arbeitszufriedenheit berührt, tauchen zumindest am
Rande Aussagen zur Belastung auf. In
Gesundheitsmanagementprogrammen
sehen Mitarbeitergespräche das Thema
Belastungen explizit vor.
Rückkehrgespräche und die viel kritisierten Fehlzeitengespräche enthalten
zweckmäßigerweise die Frage nach
Arbeitseinflüssen auf die individuelle
Gesundheit, wie es auch in den Integra103
KAPITEL XIII
· PLÄDOYER
tionsgesprächen vorgesehen ist. Es ist
zu erwarten, dass hierbei neben persönlichen Faktoren überfordernde Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle
spielen.
In Gesundheitsförderungsmaßnahmen
werden Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die den Teilnehmern eine bessere Einschätzung von Gefährdungen
erlauben und dazu anregen, über Verbesserungen der Arbeitsbedingungen
und der eigenen Arbeitstechniken nachzudenken. Als Resultat können daraus
Hinweise auf Risiken und gezielte Vorschläge zu gesundheitsverträglicher
Arbeitsgestaltung erwachsen. Insbesondere von Maßnahmen, die Lastenhandhabung, Bewegungsabläufe, Bewegungsarmut oder Stressbewältigung
zum Inhalt haben, ist dies bekannt. Ganz
abgesehen davon können sie gezielt als
Qualifizierungs- und Schutzmaßnahmen
eingesetzt werden, wenn ein Bezug zur
Tätigkeit hergestellt wird. Beispiele
sind das Erlernen von Hebe- und Tragetechniken für manuelle Tätigkeiten oder
von Methoden der Stresskontrolle und
Entspannung für Mitarbeiter, die häufig
in entsprechende Situationen kommen
können.
Nicht zuletzt können in der Zusammenarbeit mit Gesundheitsförderungsexperten
neue Erkenntnisse über längerfristige
Auswirkungen der Arbeitsbedingungen
auf die Gesundheit vermittelt werden.
Von Sportfachkräften durchgeführte Bewegungsanalysen am Arbeitsplatz sind
ein Beispiel dafür, wie Gefährdungen mit
einer Fachgruppe, die bislang selten in
Betrieben präsent war, entdeckt und geeignete Schutzmaßnahmen entwickelt
werden können.
104
In Betrieben, die Gesundheitsförderung
oder Gesundheitsmanagement betreiben,
fällt demnach eine Fülle von Informationen
an, die für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen genutzt werden können. Allerdings gehört dazu die Bereitschaft, die erlangten Informationen aufzubereiten. Oft
müssen vom Verdacht auf Gefährdungen
der Gesundheit bis hin zu einer eindeutigen
Antwort oder bis zu Schutzmaßnahmen einige Fragen geklärt werden. Deshalb ist es
zielgerichtet, Verdachtsmomente über Gefährdungen in der Beurteilung vorläufig zu
dokumentieren, anstatt sie bis zum endgültigen Beweis zu ignorieren. Im übrigen
erscheint es hilfreich, auch positive Ergebnisse − etwa aus Befragungen − sowie vorgenommene Gestaltungsmaßnahmen mit
positiven Wirkungen zu dokumentieren, um
das Engagement in Arbeitsschutzbelangen
zu belegen.
Die Schwerpunkte der vorhandenen Beurteilungen der Arbeitsbedingungen liegen häufig bei Gefährdungen durch Arbeitsmittel,
Arbeitsstoffe und die Arbeitsumgebung. Mit
der Einbeziehung weiterer Erkenntnisse können sich die Themen stärker hin zur Arbeitsorganisation, zu den Arbeitsanforderungen
und dem Arbeitsverhalten verschieben. Damit wird die Bereicherung der Beurteilungen
um so deutlicher. Insgesamt führt die Integration von Arbeitsschutz, Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung zur
anspruchsvollen Erfüllung einer gesetzlich
geforderten Aufgabe, wie sie in der Beurteilung der Arbeitsbedingungen besteht. Mit
der Integration verbindet sich daher ein zusätzlicher Nutzen für das Unternehmen und
die verantwortlichen Führungskräfte, der in
Unternehmen und Fachkreisen bisher noch
kaum wahrgenommen wird.
KAPITEL XIII
· PLÄDOYER
Erkenntnisse über Gefährdungen und Gestaltungs- oder Schutzmaßnahmen
aus Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und zum Gesundheitsmanagement
Aufgaben
Ermittlung von
Gefährdungen
Gestaltungsund Schutzmaßnahmen
Zusätzliche Erkenntnisse
Instrumente
Erhöhte Erkrankungshäufigkeiten bzw.
Krankenstände
Erhöhte Unfallhäufigkeiten
Gesundheitsberichte
Statistische
Auswertungen
Auffällige Häufung von gesundheitlichen
Beschwerden
Überdurchschnittliche Beanspruchung durch
die Arbeit
Sicherheitsbedenken
Mitarbeiterbefragungen
Erfahrungen mit der Beanspruchung durch
die Arbeit
Sicherheitsbedenken
Gruppengespräche
Gesundheitszirkel
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Individuelle Erfahrungen mit der
Beanspruchung durch die Arbeit
Mitarbeitergespräche
Rückkehrgespräche
Fehlzeitengespräche
Vorschläge zur Verringerung ungünstiger
Beanspruchung
Vorschläge für verbesserte Schutzmaßnahmen
Aneignung von tätigkeitsrelevanten
gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen
Gruppengespräche
Gesundheitszirkel
Mitarbeitergespräche
Rückkehrgespräche
Fehlzeitengespräche
Gesundheitsförderungsmaßnahmen
Vorschläge zur individuellen Anpassung von
Anforderungen und Schutzmaßnahmen
Rückkehrgespräche
Fehlzeitengespräche
Integrationsgespräche
Sicherheitsvorschläge
Gesundheitszirkel
Betriebliches Vorschlagswesen
Gruppengespräche
Mitarbeitergespräche
Bewertung und Akzeptanz von Gestaltungs- und
Schutzmaßnahmen
Mitarbeiterbefragung
Entwicklung von Führungskompetenz
Im betrieblichen Gesundheitsmanagement
wird die Verantwortung und Kompetenz der
Führungskräfte herausgehoben. Ihre Kommunikation und ihr Handeln werden als ausschlaggebend für den Erfolg angesehen. Im
Arbeitsschutz gilt dies auch in rechtlicher
Hinsicht, weil die Verantwortung für die Umsetzung in der Linienorganisation liegt. In
der Praxis wird diese Verantwortung jedoch
häufig auf die Arbeitsschutzexperten ver-
schoben, beispielsweise bei der Beurteilung
der Arbeitsbedingungen. Die explizite Übernahme von Verantwortung für Sicherheit
und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter mit
der Führungsrolle, die nach juristischen Kriterien im Rahmen der erteilten Befugnisse
faktisch erfolgt, hätte eine Aufwertung der
Führungsaufgabe zur Folge. Beispiele dafür
sind:
105
KAPITEL XIII
· PLÄDOYER
Die Veranlassung und Koordination der
Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
auch die Abstimmung mit den Arbeitsschutzexperten
das regelmäßige Gespräch der Führungskraft mit ihren Mitarbeitern zu Sicherheit
und Gesundheit
die gemeinsame Begehung mit Fachkraft
oder Betriebsarzt, bei der nicht nur Mängel gesucht, sondern Schutzkonzepte
besprochen werden
die Erstuntersuchung von Arbeitsunfällen durch die Führungskraft mit Vorschlägen zur Vermeidung
die Veranlassung von geeigneteren
Schutzmaßnahmen im Rahmen ihrer Befugnisse
die Zusammenstellung von Anforderungskriterien für sichere und gesundheitsverträgliche Betriebsmittel aus
eigener Sicht und derjenigen der Mitarbeiter bei der Beschaffung oder Veränderung
die regelmäßige Information der Führungskraft über Sicherheit und Gesundheit in ihrem Bereich anhand von Kennzahlen
die Berichterstattung der Führungskraft
über Gesundheit und Sicherheit in ihrem Bereich an die übergeordneten Führungsebenen.
Der Nutzen größerer Führungskompetenz im
Arbeitsschutz liegt nicht nur in der größeren
Transparenz der Aufgabenverteilung, sondern schlägt sich auch in erweiterten Kenntnissen der Vorschriften und einem engagierteren Umgang mit Schutzmaßnahmen nieder. Sie dient somit auch der Führungskraft
selbst, indem diese ihre Verantwortung im
doppelten Sinne bewusster wahrnimmt.
Hier liegt in der Gesundheitsförderung ein
weiteres Handlungsfeld. Oftmals wird den
Führungskräften nur die Rolle von Beobachtern zugeschrieben, bis die Umsetzung von
Verbesserungsvorschlägen ansteht. Der Personalbereich steuert das Gesundheitsförde106
rungsangebot für die Mitarbeiter in Eigenregie. Gesundheitsförderungsmaßnahmen mit
einem thematischen Bezug zu den auszuführenden Tätigkeiten bieten den Führungskräften ebenso wie den Mitarbeitern die
Gelegenheit, ihre Kenntnisse zu erweitern.
Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn
den Mitarbeitern Veränderungen im Arbeitsverhalten empfohlen werden. Die Teilhabe
am kollektiven Lernprozess erleichtert einer
Führungskraft die Kommunikation mit ihrem
Personal über die praktische Anwendung
neuer Verhaltensweisen und über die gezielte Anpassung von Arbeitsbedingungen.
Statt der direkten Teilnahme kann auch ein
begleitendes Coaching durch Gesundheitsförderungsexperten ein geeigneter Weg
sein, mit der Führungskraft die gesundheitliche Bedeutung, die wichtigsten Techniken
und die Vorgehensweise im Programm zu
erörtern. Der Nutzen einer stärkeren Einbindung der Führungskräfte ist ein sukzessiver
Aufbau von Gesundheitskompetenz im Betrieb.
Angemessene Einbeziehung von
Mitarbeitern
Während in der Gesundheitsförderung die
Mitarbeiter als „Experten ihrer Arbeit und
ihrer Gesundheit“ gelten, sperrt sich der
Arbeitsschutz mit seiner Vielzahl an Regelungen und dem umfangreichen Fachwissen, das auch in der Anwendung zum
Tragen kommen soll, gegen eine einfache
Vermittlung an die Mitarbeiter. Die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes werden
im Sinne des T-O-P-Prinzips interpretiert:
Technische Schutzmaßnahmen haben Priorität vor organisatorischen Maßnahmen,
diese wiederum vor personenbezogenen
Schutzmaßnahmen. Betriebsanweisungen
und Unterweisungen, die das persönliche
Verhalten der Beschäftigten beeinflussen
sollen, werden konsequent als Endglied
der Schutzmaßnahmen betrachtet. Damit
soll einer übermäßigen Verlagerung der Risikobewältigung auf das Arbeitsverhalten
KAPITEL XIII
vorgebeugt werden. Gleichzeitig beschränkt
die gesetzliche Unfallversicherung die Verantwortung der Beschäftigten bei Arbeitsunfällen auf die seltenen Fälle vorsätzlicher
Selbstschädigung. Es verwundert daher
nicht, dass Beschäftigte aus der Perspektive des Arbeitsschutzes vorwiegend als zu
schützende Personen betrachtet werden.
Sie haben vor allen Dingen vorgegebene
Regeln einzuhalten und die Schutzausrüstung zu benutzen. Eine aktive Rolle in der
Mitgestaltung wird im Arbeitsschutzrecht
nur den nach § 22 SGB VII als Sicherheitsbeauftragten bestellten Beschäftigten zugeschrieben.
In der Gesundheitsförderung und noch
mehr im betrieblichen Gesundheitsmanagement werden Mitarbeiter hingegen in einer
aktiven Rolle gesehen. Im Gesundheitsmanagement werden sie als Informations- und
Ideengeber betrachtet, aber auch als Verantwortliche für ihr Gesundheits- und Anwesenheitsverhalten. Ihre Sichtweise zu den
Arbeitseinflüssen auf ihre Gesundheit ist gefragt, aber auch ihre Vorschläge, wie ihre Tätigkeit gesundheitsverträglich gestaltet werden kann. In Fehlzeitengesprächen, denen
in der Regel ein festgelegtes Fehlzeitenmuster vorausgeht, sind sie zur Stellungnahme
zu ihrem Gesundheitsverhalten aufgefordert. Darüber hinaus werden sie zum Überdenken ihrer Anwesenheitsentscheidung
angeregt. Die Verantwortungszuschreibung
an die Mitarbeiter ist also sehr weit gefasst,
eine Aufwertung, die auch Anlass zu Kritik
von verschiedenen Seiten gibt.
In der Gesundheitsförderung ist eine solche Ambivalenz nicht anzutreffen. Vielmehr
dominiert eine optimistische Sicht: Mitarbeiter können eigene Beiträge zu ihrer Gesunderhaltung leisten, wofür man ihnen die
Aneignung entsprechender Kenntnisse und
Fertigkeiten in Form von Gesundheitsförderungsmaßnahmen anbietet. Mit anderen
Instrumenten wie Mitarbeiterbefragungen
· PLÄDOYER
und Gesundheitszirkeln verfolgt man einen
noch weiter führenden Gedanken: Mitarbeiter kennen ihre Arbeitssituation besser als
ihre Führungskräfte und erst recht besser
als Außenstehende. Diese intime Kenntnis
bezieht sich vor allem auf das Auftreten von
Belastungen und die daraus folgende Beanspruchung, auf die Häufung gefährlicher
Situationen und naturgemäß auch auf den
Umgang mit den getroffenen oder angeordneten Schutzmaßnahmen. Diese Arbeitserfahrungen lassen sich abfragen und für Verbesserungen nutzbar machen, was viele Mitarbeiterbefragungen und Gesundheitszirkel
belegen. Ein weiteres Anwendungsbeispiel
ist die Beurteilung der Arbeitsbedingungen.
In der Praxis scheinen die Fälle, in denen
eine externe Beurteilung durch Fachkräfte
für Arbeitssicherheit vorgenommen wurde,
deutlich zu überwiegen. Demgegenüber
wird die Erörterung mit den Mitarbeitern
offenbar deutlich seltener praktiziert. Offen bleibt, wie das Zusammenwirken von
Mensch, Technik und Organisation auf diese
Weise erfasst wird. Insbesondere die Fälle
von physischer oder psychischer Erschöpfung, wie sie durch Mitarbeiterbefragungen
gelegentlich aufgedeckt werden, können im
Rahmen einer Begehung kaum erkannt werden.
Manchmal klingt die Betonung, die der Einbeziehung der Mitarbeiter verliehen wird,
wie eine romantische Vorstellung vom harmonischen Team. Besser sind realistische
Erwartungen an den Dialog. Mitarbeiter
können auch unrealistische und falsche
Einschätzungen äußern, weil sie manche
betrieblichen Gegebenheiten nicht kennen
oder weil ihnen fachliches Wissen fehlt. In
einer Arbeitswelt mit Produkten und Anwendungen aus den verschiedensten Fachdisziplinen treten leicht Vermutungen an die
Stelle gesicherten Wissens. Aber selbst die
Aufdeckung unzutreffender Gefährdungseinschätzungen der Mitarbeiter ist für den
Betrieb und die Führungskraft von Bedeu107
KAPITEL XIII
· PLÄDOYER
tung, weil sich die Meinungen im Verhalten
oder in der Stimmung der Mitarbeiter niederschlagen können.
oder die Auffälligkeiten bei einer exponierten Gruppe, nicht die Leistungsfähigkeit
des Einzelnen.
Es ist hilfreich, die Einbeziehung der Mitarbeiter nicht dem Belieben jeder Führungskraft zu überlassen, sondern betriebliche
Regeln dafür zu entwickeln. In moderierten
Gesundheitszirkeln und beim Training von
Mitarbeitergesprächen zum Themenkreis
Gesundheit wird vielfach deutlich, dass fehlende Übung im konstruktiven Dialog im allgemeinen und mit dem Thema Gesundheit
im besonderen das Gespräch erschweren.
Die Festlegung von Gesprächsanlässen
und von allgemeinen Fragestellungen zum
Arbeitsschutz kann deshalb Hilfestellung
geben und den Einstieg in eine neue Gesprächskultur erleichtern. Ebenso können
ausgearbeitete Methoden zur effizienten
Gesprächsführung beitragen, etwa zur Ermittlung von Gefährdungen und zur Ausarbeitung von besseren mitarbeiterorientierten Schutzkonzepten.
Umgekehrt lässt die arbeitsmedizinische
Betreuung für einzelne Mitarbeiter und
für bestimmte Tätigkeiten Empfehlungen
für gezielte Gesundheitsförderungsmaßnahmen zu. Solche Empfehlungen können
sich auf Untersuchungsergebnisse oder auf
Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Gefährdungsbeurteilung stützen. Im Rahmen
einer erweiterten Konzeption kann der Betriebsarzt als Ideengeber für die Auswahl
und Ausgestaltung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Aus der Zusammenarbeit
zwischen den Arbeitsschutzexperten und
den Gesundheitsförderern können auf diese
Weise vielfältige neue Ansätze zum Gesundheitsschutz entstehen.
Verfügbares Expertenwissen nutzen
Die Zusammenführung von Erkenntnissen
über die gesundheitliche Situation der Mitarbeiter mit den Einschätzungen des Betriebsarztes und der Fachkraft für Arbeitssicherheit für einen Arbeitsbereich wird in der
Gesundheitsförderung oftmals unterlassen.
Das medizinische, ergonomische und sicherheitstechnische Know how ist aber für
die Abklärung von Befragungsbefunden unverzichtbar. Wenn zum Beispiel gesundheitliche Beschwerden in einer Tätigkeitsgruppe
gehäuft auftreten und eine eindeutige Erklärung dafür aussteht, bietet die arbeitsmedizinische Untersuchung eine Alternative oder
Ergänzung zur Klärung im Gespräch. Dafür
ist eine epidemiologische und präventivmedizinische Perspektive zweckmäßiger als
eine individualmedizinische. Im Fokus der
Aufmerksamkeit liegen bei einem solchen
betriebsärztlichen Betreuungskonzept die
Beanspruchungen einer Tätigkeitsgruppe
108
Aneignung eines erweiterten
Methodenspektrums
An den aufgeführten Beispielen für die Integration von Arbeitsschutz, Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung
wird deutlich, dass sie für einander wichtige
Ergänzungen darstellen. Die Erkenntnisse
können bei entsprechender Aufbereitung
im wechselseitigen Austausch zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes beitragen.
Gleichzeitig ist festzustellen, dass bei allen
drei Ansätzen der Blick in die Werkzeugkiste
der jeweils anderen zu einer Bereicherung
führen kann.
Das Spektrum an Instrumenten zur Gewinnung von Informationen über Angemessenheit und Risiken von Arbeitsanforderungen
wurde durch die betriebliche Gesundheitsförderung erheblich erweitert. Zur Erhebung
von Belastungen und Beanspruchungen haben sich die Befragungsinstrumente ebenso bewährt wie zur Aufdeckung organisatorischer Mängel. Eine Weiterentwicklung
zum Zweck der Gefährdungsbeurteilung ist
KAPITEL XIII
leicht vorstellbar, insbesondere durch die
Einbeziehung von Fragestellungen, die eine
vorläufige Bewertung von Risiken ermöglichen, indem sie den Umfang spezifischer
Belastungen sowie das Ausmaß und die
Häufigkeit der daraus resultierenden Beanspruchungen mit erfassen.
Einige Möglichkeiten zur Verbesserung der
Gesprächskultur in Arbeitsschutzbelangen
wurden bereits erwähnt. Die Intensivierung
des Dialogs zwischen Führungskräften und
Mitarbeitern sowie zwischen Führungskräften und Experten für Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung wurde dabei in den Vordergrund gerückt. Doch auch zur Methodik
· PLÄDOYER
des Dialogs sollten weitere Überlegungen
angestellt werden, weil ein höherer Grad an
Verbindlichkeit in ihren Ergebnissen erwartet wird. Sie sollen auch bei einer Prüfung
von außen bestehen können. Einheitliche
Fragestellungen und Moderationsmethoden
erleichtern den Vergleich von Resultaten
im gemeinsamen Gespräch. Beim Dialog
über Gefährdungen und Schutzmaßnahmen
sowie bei Unterweisungen ist dies von Bedeutung. Eine klare Strukturierung von Gesprächen anhand von Leitfäden erleichtert
den Führungskräften die Vorbereitung und
Durchführung, sichert ihnen außerdem die
Akzeptanz ihrer Ergebnisse.
109
XIV
I
Abkürzungen
ArbSchG
ArbStättV
ASCA
ASiG
ASM
ASR
BaustellV
BetrSichV
BGB
BildscharbV
BImSchG
BioStoffV
BGF
BGM
GefStoffV
GPSG
GPSGV
GUV-V A1
GUV-V A2
GUV-V A3
GUV-V A4
GUV-V A6/7
110
Anhang
Arbeitsschutzgesetz
Arbeitsstättenverordnung
Arbeitsschutz sicherheitstechnischer Check in Anlagen
Arbeitssicherheitsgesetz
Arbeitsschutzmanagement
Arbeitsstätten-Richtlinie
Baustellenverordnung
Betriebssicherheitsverordnung
Bürgerliches Gesetzbuch
Bildschirmarbeitsverordnung
Bundesimmissionsschutzgesetz
Biostoffverordnung
Betriebliche Gesundheitsförderung
Betriebliches Gesundheitsmanagement
Gefahrstoffverordnung
Geräte- und Produktesicherheitsgesetz
Verordnung(en) zum Geräteund Produktesicherheitsgesetz
Unfallverhütungsvorschrift
„Grundsätze der Prävention“
In Bearbeitung befindliche
Unfallverhütungsvorschrift
„Betriebsärzte und Fachkräfte
für Arbeitssicherheit“
Unfallverhütungsvorschrift
„Elektrische Betriebsmittel“
Unfallverhütungsvorschrift
„Arbeitsmedizinische Vorsorge“
Unfallverhütungsvorschrift
„Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit“
(derzeit gültige Fassung)
IfSG
IHK
Infektionsschutzgesetz
Industrie- und Handelskammer
JArbSchG
Jugendarbeitsschutzgesetz
KindArbSchG Kinderarbeitsschutzgesetz
LASI
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
LasthandhabV Lastenhandhabungsverordnung
MuSchArbV
Verordnung zum Schutz der
Mütter am Arbeitsplatz
MuSchG
Mutterschutzgesetz
OHRIS
Occupational Health- and
Risk-Managementsystem
OHSAS
Occupational Health and
Safety Assessment Series
OWiG
Ordnungswidrigkeitengesetz
PSA
Persönliche Schutzausrüstung
PSA-BV
PSA-Benutzungsverordnung
RöV
Röntgenverordnung
SCC
Sicherheits Certifikat Contraktoren
SGB
Sozialgesetzbuch
StGB
Strafgesetzbuch
StrlSchV
Strahlenschutzverordnung
TR
Technische Regel
TRBA
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
TRBS
Technische Regeln für Betriebssicherheit
TRGS
Technische Regeln für Gefahrstoffe
UKH
Unfallkasse Hessen
UVV
Unfallverhütungsvorschrift
II
Fragebogen der Befragung von 2004
111
ANHANG
112
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
ANHANG
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
113
ANHANG
114
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
ANHANG
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
115
ANHANG
116
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
ANHANG
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
117
ANHANG
118
II
· FRAGEBOGEN DER BEFRAGUNG VON 2004
Die bislang erschienenen Titel sind zu beziehen:
Unfallkasse Hessen
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Servicetelefon Prävention: 069 29972-440, Telefax: 069 29972-207
E-Mail: ukh@ukh.de
Download: www.ukh.de Informationen Druckschriften Schriftenreihe der UKH
Nichtmitglieder wenden sich bitte an den Universum Verlag, Wiesbaden,
Tel.: 06 11 90 30-501, Fax: 06 11 90 30-181 bzw. www.universum.de/shop
Band 1
Nachbereitung extrem
belastender Einsätze bei
der Feuerwehr
Band 2
Mehr Sicherheit im
Schulsport
Band 3
Mehr Sicherheit durch
Bewegung
Band 4
Der Gewalt
auf der Spur
Band 5
Handbuch der
Arbeitssicherheit
Band 6
Körpergerechtes
Arbeiten für
Erzieherinnen und
Erzieher
Band 7
Erziehung (k)ein
Kinderspiel
Band 8
Kindertagesstätten
sicher gestalten
Band 9
Die sichere Schule
Band 10
Einführung in die
Schultafelprüfung
Band 11
Bibliotheken
und Archive.
(K)ein Platz für
Schimmelpilze
Band 12
Kooperation mit
Fremdfirmen.
Arbeitsschutz bei
Werkverträgen
Band 14
Einführung in die
Gefährdungsbeurteilung
für Führungskräfte
Band 15
Unterweisen in der
betrieblichen Praxis