Griechenland Zeitung, 01. August 2012

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Griechenland Zeitung, 01. August 2012
A
G
E
N
ATHEN / ATTIKA
Festivals
■ Athen und Epidaurus
3. und 4. August. Theater. „Die Ballade vom
alten Seemann“ von S. T. Coleridge. Mit Fiona
Shaw und Daniel Hay-Gordon. Regie: Phyllida Lloyd und Kim Brandstrup. Englisch mit
griechischen Untertiteln. Kleines Theater Epidauros, Argolis.
4. und 5. August. Theater. „Amphitryon“
von Moliere. Nationaltheater. Regie: Lefteris
Vogiatzis. Antikes Theater Epidauros.
Tel.: 27530 22026.
10. und 11. August. Alkistis Protopsalti und
Stefanos Korkolis. Kleines Theater Epidauros ,
Argolis.
10. und 11. August. Theater. „Die Vögel“ von
Aristophanes. Regie: Jannis Kakleas. Antikes
Theater Epidauros. Tel.: 27530 22026.
www.greekfestival.gr
■ Alsos Veikou
2. August. Tanz. „Carmen Flamenco“ von
George Bizet. Danza Flamenca Grupo.
8. August. Filippos Pliatsikas und Eleonora
Zouganeli.
Galatsi. Tel.: 210 2917182.
■ Chalandri - Rematia
1. August. Hommage an Mikis Theodorakis.
Philharmoniker von Chalandri. Festival Rematias, Theater Rematias, Fußgängerzone
Profiti Ilia, Chalandri. Tel.: 210 6825335.
Konzerte und mehr …
2. August. Leonidas Balafas. Bolivar, Akti
Iliou, Alimos.
Ausstellungen
Bis 3. August und 23. bis 31. August. „Green
Project 2012 Moving Exhibition“. Michalis
Kakojiannis Stiftung, Piräos 206, Tavros.
Tel.: 210 3418550.
Bis 31. August. Skulpturen von Konstantinos
Valai. Grand Resort Lagonissi, 40. km AthenSounion, Lagonisi. Tel.: 22910 76000.
Bis 2. September. „Winter Garden“. 14
Künstler aus Japan. Theocharaki Stiftung,
Vas. Sofias/ Merlin. Tel.: 210 3611206.
Bis 2. September. „Von Picasso bis Koons“.
Schmuck von Künstlern des 20. und 21.
Jhdt’s. U. a. Werke von S. Antonakos, Ben, G.
di Chirico, M. Ernst, K. Haring, R. Lichtenstein, Yoko Ono, P. Picasso und M. Ray.
Benaki Museum, Koumbari 1/ Vas. Sofias.
Tel.: 210 3671000.
Bis 2. September. „Dies ist ein Gedicht“.
Skizzen, Kollagen, Malerei, Bücher, Installationen, Skulpturen und Audiovisuelle Medien aus dem 30-jährigen Bestehen der Gruppe
Kino-Premiere
Choris synora – Without Borders
(GR/USA 2010)
Ein Film von Nick Gaitatzis mit Jorgos
Vogiatzis, Jorgos Chorafas, Veronika Vassilakopoulou u. a.
Die fünfjährige Russin Melissa lebt in
Griechenland beim Kleinhändler Thanassis, der für sie sorgt, während ihre Mutter
Milla in den USA ihr Glück sucht. Als Milla mit ihrem Mann zurückkehrt, um Melissa abzuholen, muss Thanassis lernen,
mit seiner neuen Einsamkeit und ohne die
Freude, die Melissa ihm bescherte, zurechtzukommen. Sein Cousin, Freunde
und Nachbarn ermutigen ihn, sie zu besuchen. Also reist er illegal über Mexiko in
die USA und gerät schließlich in die Hände der Polizei. Ihm werden Mord und
Entführung vorgeworfen. Um seine Unschuld zu beweisen, erzählt er den Polizisten seine Geschichte. (GZmb)
In ausgewählten griechischen Kinos.
D
A
„Optikis Piisis“. Nationales Museum zeitgenössischer Kunst, Gebäude des Athener
Konservatoriums, Vas. Georgiou B’ 17-19/
Rigillis. www.emst.gr
NEU Bis 5. September. Gruppenausstellung. „Carte Blanche IX“. Booze Cooperativa,
Kolokotroni 57. Tel.: 210 3240945.
Bis 9. September. „Geschichten des Lichts“.
Die Beziehung des Menschen zum natürlichen Licht, aber auch zu den früheren Lampen, Fackeln und dem heiligen Licht in den
Tempeln der Götter. Akropolis Museum, Dionysiou Areopagitou 15. Tel.: 210 9000900.
Bis 9. September. „Eine Geschichte aus Licht,
im Licht“. Lampen aus der Antike bis heute.
Technopolis, Raum „Kostis Palamas“, Piräos
100, Gazi. Tel.: 210 3475518.
Bis 16. September. A: „Who is afraid of the
Walls?“ Athina Ioannou. B: „Die Araber am
Mittelmeer“. Fotos von Dora Minaidi und
Maria Fakidi. Museum Islamischer Kunst, Ag.
Asomaton 22/ Dipylou 12. Tel.: 210 3251311.
Bis 19. September. Ugo Rondinone. Malerei,
Skizzen, Fotos, Video, Installationen und
Skulpturen. Museum Kykladischer Kunst,
Neofytou Douka 4. Tel.: 210 7228321.
Bis 30. September. Jannis Kounellis. Museum Kykladischer Kunst, Neofytou Douka 4,
Kolonaki. Tel.: 210 7228321.
Bis 31. Oktober. A: „Collecting Architecture – Territories“. Gruppenausstellung zur
Architektur. B: Werke von Pawel Althamer, Urs Fischer, Jacob Kassay und Jakub
Julian Ziolkowski. Deste-Stiftung, Em.
Pappa/ Filellinon 11, Nea Ionia. Tel.: 210
2758490.
Bis 31. Oktober. „Totem Legs“. Fotos von
Vaggelis Rassias. Michalis Kakogiannis-Stiftung, Piräos 206, Tavros. Tel.: 210 3418550.
Bis 28. April 2013. „Das Wrack von Antikythira“. Das Schiff, die Schätze, der Mechanismus. Nationales Archäologisches Museum,
Patission 44. Tel.: 210 8217724.
Für Kinder
■ Athen
Alsos Veikou
1. August. Theater für Kinder. „O Jim kai to
Tzitziki“.
5. August. Theater für Kinder. „Alice im Wunderland“.
Galatsi. Tel.: 210 2917182.
■ Anderswo
Itis Kid’s Festival
2. August. Puppentheater.
6. August. Schattentheater.
www.xwra.gr/kid-festival
■ Kreta
Jeden Mi. bis 15. September. Den Klimawandel spielend erforschen. Cretaquarium.
Tel.: 2810 337788.
Being Flynn (USA 2012)
Ein Film von Paul Weitz mit Robert DeNiro, Julianne Moore, Paul Dano u. a.
Der junge Nick Flynn arbeitet in einem
Obdachlosenasyl in Boston und versucht
sich nebenbei als Schriftsteller. Sein Vater
Jonathan, ein Betrüger und selbsternannter Dichter, „Meister des Erzählens“, wie
er sich selbst bezeichnet, ist für ihn kaum
mehr als eine Erinnerung – seit fast zwanzig Jahren hat er ihn nicht mehr gesehen.
Seine Mutter Jody, an deren sanftes und
liebevolles Wesen er sich oft zurückerinnert, ist nicht mehr am Leben. Gerade als
er vor einem neuen Lebensabschnitt steht,
indem er mit der jungen Frau Denise eine
Beziehung eingehen will, taucht sein Vater
wieder auf, dem der Rausschmiss aus seiner Wohnung droht. Er streckt eine Hilfe
suchende Hand nach seinem Sohn aus, der
nicht weiß, ob er nach ihr greifen soll, um
ihre Beziehung zu retten. (GZmb)
Ab dem 2. August in den griechischen Kinos.
Mittwoch, 1. August 2012
10
semble. Drei Pianistinnen aus Griechenland,
Deutschland und der Ukraine.
7. August. Elli Paspala (Gesang) und Takis
Farazis (Klavier).
13. August. Notis Mavroudis.
Megaron Gyzi, Fira, Santorin. Tel.: 22860
23077. www.megarogyzi.gr
■Sani Festival
4. August. Dionysis Savvopoulos. SaniHügel.
5. August. Ghost Note Project. Garden
Theatre.
11. August. Thanos Mikroutsikos und Maria Farantouri. Sani-Hügel.
Chalkidiki, Sani Resort. Tel.: 2310 317327.
Der bekannte Dionysis Savvopoulos beim Sani-Festival (4.8.)
(Foto: ek/Archiv)
GOETHE-INSTITUT
■ Thessaloniki
Bis 20. September. „Vom Photo“. Fotomuseum, Lagerhalle 1, 1. Stock, Hafen. Tel.: 2310
889610.
Infos unter Tel.: 2310 889610. Vass. Olgas 66.
THESSALONIKI
Ausstellungen
Bis 2. September. Werke der Kostakis-Sammlung, russische Avantgarde. Moni Lazariston,
Kolokotroni 21. Tel.: 2310 650999.
Bis 30. September. „Archäokapilia Telos“.
Ausstellung zur Sensibilisierung für den
Schutz antiker Funde, gegen Schwarzhandel,
Raub und illegale Ausgrabungen. Archäologisches Museum von Thessaloniki, M. Andronikou 6. Tel.: 2310 830538.
Bis 30. September 2012. A: Die Juden in
Thessaloniki. Unauslöschliche Spuren im
Stadtbild. B: „Das Geschenk des Dionysos –
Il dono di Dioniso“. Gegenstände, die mit
dem Gott Dionysos verbunden sind, und
die aus Mittelitalien und Nordgriechenland
stammen. Archäologisches Museum von
Thessaloniki, M. Andronikou 6. Tel.: 2310
830538. www.amth.gr.
Bis 30. September. „It’s the Political Economy, Stupid!“ Zentrum für zeitgenössische
Kunst, Lagerhalle B1, Hafen.
Bis Ende September. „Archäologia stin praxi“. Fotos von Pierre Buch über die europäische Archäologie von heute u. a. aus Griechenland, Deutschland, Frankreich und
Belgien. Archäologisches Museum von Thessaloniki, M. Andronikou 6. Tel.: 2310 830538.
FESTIVALS –
Übriges Griechenland
■ Mani-Sonnenlink-Festival
Bis 8. September. jeden Sa. Sonnenuntergangskonzerte mit einem biologischen Buffet
und einer Kunstausstellung.
4. August. Gabriele Kastner und ManiNostalgie Band. Griechische Lieder mit
poetischer Übersetzung mit Bouzouki, Gitarre und Violine.
11. August. Martina Schäffer und Julia Stocke.
Barocke und spanische Musik (Flöte und Gitarre).
Pyrgos-West Mani, Infos unter Tel. 2721078077 und auf www.mani-sonnenlink.com
■ Samos Youth Festival
6. August. Ross Daly Quartett.
7. August. Trio Blick. Werke von J. Brahms,
L. Spohr, F. Schubert und A. Sveinsson.
8. August. Meitar Ensemble. Werke von J.
Brahms, W. A. Mozart und Y. Leef.
9. August. Ensemble Nikos Skalkottas. Werke
von R. Schumann, Sir Malcom Arnold, M. Kalomiris, R. Clarke, G. Jacob.
10. August. Manhattan School of Music
Chamber Ensemble. Werke von G. Gershwin,
G. Rochberg, Ph. Glass, M. Merryman, S.
Reich, M. Feldman und P. Schönfeld.
11. August. Istanbul Wind Ensemble. Werke
von W. A. Mozart, G. Rossini, G. Briccialdi, C.
Nielsen, F. Ferenc und F. Say.
12. August. Jazz-Trio „Fußspuren“.
www.samosfestival.com
■ Festival im Saronischen Golf
2. August. Werke von Mozart und Schubert
für Streichensembles. Amphitheater im Syngrou-Megaron, Poros.
4. August. Werke von Ravel, Vivaldi und
Brahms. Amphitheater im Syngrou-Megaron,
Poros.
5. August. Werke von Debussy, Mozart, Ravel, Villa Lobos und Beethoven für Flöte, Klavier und Streichinstrumente. Melina Merkouri-Halle, Hydra.
7. August. Werke von Debussy, Beethoven,
Villa Lobos und Mozart für Flöte und Streichinstrumente. Kulturzentrum von Methana.
www.leondari-ensemble.com
■ Festival Argos und Mykene
8. August. Glykeria, Areti Ketime und Dilec
Koc. Nea Kios.
18. August. Vaggelis Trigas. Stratones Kapodistria.
Tel.: 27510 67895
■ Philippi Festival
5. August. Filippos Pliatsikas und Eleonora
Zouganeli. Antikes Theater von Philippi.
11. August. „Tin Glossa pou mas edosan elliniki“. Musik und Vortrag. Kastro Kavalas.
13. August. Tango Tango Ensemble. Musik
von Astor Piazzolla.
www.philippifestival.gr
■ Naxos Festival
2. August. „Sélène – La lune et ses mystères“. Zeitgenössischer Tanz mit Janet
Amato. Musik: Monique de Vivie. Dionysos
Heiligtum, Yria.
4. August. Werke von W. A. Mozart, Robert
Schumann, Franz Liszt, Herbert Leuermann
und Periklis Liakakis. Christos Marantos und
Harald Ossberger (Klavier). Bazeos Tower.
8. August. Elli Paspala und Takis Farazis. Bazeos Tower.
www.bazeostower.gr
■ Festival Olympou
5. August. „Bachari, Kanella, Giorti“. Alkistis
Protopsalti und Evanthia Remboutsika. Antikes Theater Dion.
13. August. Psarantonis. Kastro Platamona.
www.festivalolympou.gr
■ Gyzi Festival
1. bis 23. August. Gruppenausstellung. „Anamnyseis“.
4. August. „One Piano, Six Hands“. AXA En-
1. bis 5. August. River Party. Nestorio.
www.riverparty.org
1. August. Marietta Fafouti. Festival Itis. Leleika, Ypati. Tel.: 22310 51075.
www.xwra.gr/festival-oitis
Apropos-Anderswo
■ Chios
Bis 15. August. „The changing face of Greece“.
Fotos von Manes Pangalos.
www.citrus-chios.gr
■ Patmos
Bis 3. August. Theater. Teile der „Apokalypse
des Johannes“. www.techni-patmos.gr
■ Kreta
Bis 31. August. A: „Pyli A“. Nikos Alexiou. B:
„Agoni Grammi – Non Profit Line“. Skulpturen von Jorgos Gyparakis. Museum zeitgenössischer Kunst, Chimaras 5, Rethymno.
Tel.: 28310 52530.
Bis 14. September. „Der Planet verändert
sich“. Ausstellung zum Klimawandel in Zusammenarbeit mit dem American Museum of
Natural History. DEKK, ehemaliger amerikanischer Militärstützpunkt bei Gournes, Heraklion. Tel.: 2810 337788.
■ Naxos
Bis 2. September. „Di-Mitir-Gi“. Bazeos Tower. www.bazeostower.gr
■ Korfu
Bis 3. August. „Korfu heute und gestern“. Pinakothek, Ioannou Theotoki 77.
Bis 27. August. Angelos Giourgas und Konstantinos Grammenos. Pinakothek, Ioannou
Theotoki 77.
Bis 31. August. „Edward Lear & the Ionian
Islands“. Museum Asiatischer Kunst, Alter
Palast. Tel.: 26610 30443.
■ Kefalonia
Bis 5. August. „Die Frau in der Kunst“. Malerei, Grafik und Skulpturen. Kastro Ag. Georgiou. Tel.: 26710 69944.
■ Samos
Bis 20. September. Harun Farocki. Ehemaliges Hotel Pythagoras.
www.samosfestival.com
■ Hydra
Bis 23. September. „(o)ikea“. Künstler aus aller Welt. Palio Gymnasio.
Bis 23. September. „Animal Spirits“. Zeichnungen aus der Dakis Ioannou-Sammlung.
Deste-Foundation Project Space, Schlachthof.
Tel.: 210 2758490.
■ Andros
Bis 30. September. Hommage an den Surrealismus. Museum zeitgenössischer Kunst Vassilis und Elisa Goulandri, Chora. Tel.: 22820
22444.
■ Pieria
Bis 14. Oktober. „Russische Avantgarde“.
Zentrum für Mosaike des Mittelmeers, Dion.
Tel.: 23510 76041.
■ Paros
NEU Bis 30. Mai 2013. Maria Vlanti und
Nikos Vlachos. FrancaScala, Paläa Agora,
Parikia. Tel.: 210 7244552.
Alle Angaben ohne Gewähr.
I
N T E R V I E W
Mittwoch, 1. August 2012
11
„Gedanken gegen die Krise“*: Ein Interview mit der griechischen Komponistin Konstantia Gourzi
Mit Lebensfreude, Kreativität und Heraklit gegen die Krise
D
ie griechische Komponistin, Dirigentin und Professorin Konstantia Gourzi lebt seit vielen Jahren in
Deutschland. Nun hat sie die künstlerische Leitung des Samos Young Artists
Festival übernommen. Sie sprach mit
Jan Hübel und Robert Stadler über das
Festival und die positiven Seiten der
Krise in Griechenland.
um die Lage der Menschen in Griechenland
zu verbessern?
GZ: Frau Gourzi, Sie haben in diesem Jahr
die künstlerische Leitung des Samos Young
Artists Festival, das nun zum dritten Mal
stattfindet, übernommen. Wie kam es dazu?
GOURZI: Ich bin seit ein paar Jahren mit
dem Ehepaar Schwarz, dass das Festival
ins Leben gerufen hat, befreundet. Sie
standen vor der Frage, ob es sich professionalisieren soll. Also wurde ich gefragt,
ob ich es übernehmen möchte, um es auf
einer anderen Ebene weiter aufzubauen.
GZ: Was hat Sie denn an Ihrer neuen Aufgabe
am meisten fasziniert?
GOURZI: Mich hat die Zeit, in der Griechenland sich gerade befindet und was ich
in dem Zusammenhang mit dem Festival
machen kann, fasziniert. Schließlich habe
ich die künstlerische Freiheit bekommen,
das Konzept so zu entwickeln, wie ich
es für richtig halte. Da hat mich auch die
offene Haltung fasziniert, die das Ehepaar
Schwarz zeigt. Sie wollen in Griechenland
in dieser Zeit, in der Krise und Unsicherheit herrschen, etwas Positives schaffen.
GZ: Welchen künstlerischen Charakter wollen Sie denn dem Festival verleihen?
GOURZI: Es wird vielseitig. Im Mittelpunkt steht das Zusammentreffen internationaler Musiker, die nicht unbedingt
das Alter einen muss. Es heißt zwar
Young Artists Festival, aber es geht noch
mehr um neue Musikideen. Mich interessieren auch nicht die Herkunftsländer der
Ensembles, mich interessieren die Kulturen, die hier zusammenkommen. Ich habe
bewusst den Schwerpunkt „Osten und
Westen“ gesetzt, weil es in Nordeuropa
eine gewisse Arroganz gegenüber der
östlichen Musik und Kultur gibt. Deswegen kommen Ensembles aus Israel, der
Türkei und Griechenland, die dann auf
Ensembles aus Deutschland, Island, England und auch den USA treffen. Bei diesem Konzept geht es um das respektvolle
Experimentieren mit nationalen Musiken,
den Austausch darüber und um neue
Ideen.
GZ: Wie viele Länder sind dieses Jahr insgesamt vertreten?
GOURZI: Musiker aus acht Ländern kommen dieses Jahr zusammen. Wichtig war,
dass sie klassische Musik spielen, deren
Interpretation ihnen aber freisteht, weil ich
gegen die Wiederholung der immer gleichen Schule bin. Sie sollen als klassische
Musiker die Freiheit zur Improvisation
bekommen und daran Freude haben, sie
Konstantia Gourzi leitet seit diesem Sommer auch das Samos Young Artists Festival. (Foto: Norbert Banik)
sollen aber auch die Melodien bewusster
wahrnehmen. Und indem sie einen Komponisten aus ihrem eigenen Land vertreten, soll man verstehen, was Musik heute
in dem jeweiligen Land bedeutet.
„Wir alle sind Teil
eines Ganzen“
GZ: Sie sind eine Verehrerin von Heraklit.
Warum?
GOURZI: Ich habe den Text „Verbindungen“ von Heraklit vertont. Darin spricht
Heraklit davon, dass alles Teil eines Ganzen ist. In dem Moment, in dem man das
akzeptiert, kann man auch die Krise als
Teil eines Ganzen akzeptieren. Wir sind in
Griechenland an einem Punkt angekommen, an dem es um die Akzeptanz der
inneren Werte geht. Der Text von Heraklit
zeigt, dass wir seit 2000 Jahren dieselben
Gedanken verfolgen, wir müssen sie nur
wieder auffrischen.
GZ: Sie sind selbst auch Komponistin. Wir
verarbeiten Sie die griechische Mentalität und
Musiktradition in Ihren Werken?
GOURZI: Das war ein weiter Weg, den
ich gegangen bin. Lange war ich nur an
meinen technischen Fähigkeiten interessiert. Ich dachte, dass ich bestimmte Dinge
tun muss, um dazuzugehören. So habe
ich auch viele Preise gewonnen. Nur war
ich innerlich unglücklich. Irgendwann
habe ich dann verstanden, dass ich zuerst
meine Wurzeln akzeptieren und sie in mir
wirken lassen muss. In diesem Moment
hat sich eine Tür geöffnet, die mir gezeigt
hat, dass ich meine Wurzeln mit dem, was
ich gelernt habe, kombinieren kann. Nur
so kann ich ehrlich dem Publikum gegenüberstehen, mit ihm kommunizieren und
ihm zeigen, was man heute machen kann,
um die eigene Sprache zu finden.
Europa braucht
einen „weiten Blick“
GOURZI: Heutzutage als Grieche in
Deutschland wird man nicht als Individuum gesehen, sondern als Stellvertreter Griechenlands. Da kann man
schon eine aggressive Haltung zu spüren bekommen. Dann kommen Fragen
wie „Warum soll ich als Deutscher die
griechischen Schulden bezahlen?“ Da
steckt eine unterschwellige Aggressivität dahinter, die aus den Medienberichten in Deutschland resultiert. Sie zeigen eine nicht-europäische, beschränkte
Haltung. Dabei bedeutet doch Europa
im Altgriechischen „weiter Blick“. Aber
ich merke, dass solche Fragen weniger
werden, weil das Bewusstsein entsteht,
dass es nicht mehr nur ein griechisches
Problem ist, sondern auch andere Länder betroffen sind. Der Blick fällt auf den
globalen Zusammenhang, aus dem man
sich nicht raushalten kann. Was ich mir
nicht wünsche, ist, dass diese Krise auch
in Nordeuropa um sich greift, weil das
schlimmere Auswirkungen hätte. Die
griechische Mentalität lässt die Griechen
im Krisenalltag flexibler sein; den Deutschen würde es schwerer fallen, in solch
einer Krise zu leben.
GZ: Sie kommen ja immer wieder nach Griechenland, auch für Musikprojekte …
GOURZI: … ich hatte das Glück mit der
staatlichen Rundfunkanstalt ERT zusammenarbeiten zu dürfen, mit ihren beiden
Orchestern und dem Chor. Ich bin also
in der letzten Zeit oft in Griechenland
gewesen. Die Erfahrungen sind eigentlich ganz lustig. Das Orchester der ERT
dachte, bevor sie mich kennen gelernt
haben: „Jetzt kommt die Deutsche“, sie
haben erwartet, ich sei hart. Ich versuche
aber immer meine zwei Seelen – schließlich lebe ich schon mein halbes Leben in
Deutschland – miteinander zu verbinden.
Denn wenn man nur die eine Haltung
ausdrückt, kann das heutzutage problematisch werden.
Die Krise als
GZ: Sie leben als Griechin in Deutschland. kreative Chance
Haben Sie auch angespannte Momente des
deutsch-griechischen Verhältnisses zu spüren
bekommen?
GZ: Was können denn Kulturschaffende
in diesen kritischen Zeiten dazu beitragen,
GOURZI: Was ich mir für unser Festival wünsche, ist, dass es uns gelingt,
den Besuchern Lebensfreude zu vermitteln, indem wir Menschen auf die
Bühne bringen, die selbst mit Freude
dabei sind. Es reicht schon, wenn fünf
Leute in einem Saal die Freude spüren,
weil sie dann um sich greift, wie der
Stein, den man ins Wasser wirft und
der dann Wellen schlägt. Ich glaube
an die Verbindungen zwischen den
Menschen. Um die Krise zu überwinden, brauchen wir Menschen, die mit
ganzem Herzen dabei sind und uns
helfen, unsere Ideale aufzufrischen.
Im Moment muss man die Botschaft
aussenden, dass die Krise nicht nur
negativ, sondern eine Zeit des neuen
Kreierens ist. Sie bedeutet nicht das
Ende, sondern sie verschiebt den Fokus
auf Dinge, die man vorher nicht gesehen hat.
GZ: Woran denken Sie da genau?
GOURZI: Die Menschen müssen viel
mehr miteinander reden, auch über ihre
privaten Angelegenheiten. Sie müssen sich von ihrem materiellen Streben
verabschieden. Wir sind alle egoistisch
geworden und haben vergessen, dass
wir Teil eines Ganzen sind, wie bei
Heraklit. Wir haben vergessen, dass wir
Nachbarn, Geschwister, Freunde haben
und denken immer nur, dass unser Ego
uns vorwärts bringen wird. Das zeigt
sich auch in der Krise; sie ist der Gipfel
unseres Egoismus, und der Kapitalismus hat sehr viel mit Egoismus zu tun –
ich muss immer mehr von Allem und
mehr als die Anderen haben. Wir alle
sind Menschen, das müssen wir bewusst
akzeptieren. Wir werden viel Geduld,
Natur- und Lebensvertrauen brauchen,
um aus der Situation raus zu kommen. In
dieser Übergangszeit müssen wir wieder
Teil der Natur werden: Gerade verbrennen wir wie ein Wald, aber danach werden wir uns wieder regenerieren. Es gibt
Hoffnung und Optimismus, so muss die
Botschaft lauten, weil die Menschen in
solchen Krisenzeiten kreativer werden.
Sie verlassen ihre Bequemlichkeit, um
ihrem Leben wieder Sinn zu geben.
GZ: Was wünschen Sie sich für Griechenland
in der Zukunft?
GOURZI: Was ich mir wünsche, ist, dass
dieser Dreck, der jetzt hervorkommt,
auch aus der Politik, komplett aus- und
wegspült wird. Dann kann Griechenland, auch aus seiner Geschichte heraus,
wieder in die Welt ausstrahlen.
* „Gedanken gegen Krise“. Unter diesem Motto
erscheinen in der Griechenland Zeitung unregelmäßig Texte und Interviews, die um das
Thema Krise in Griechenland in all ihren Facetten kreisen. Krise wortwörtlich genommen als:
innehalten, beurteilen, neu entscheiden.
U
N T E R
U N S
„Freunde der ESEPA“
starten Waldbrandcamp 2012
Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz (Foto: Esepa)
Die „Freunde der ESEPA“, der Förderverein des griechischen Feuer-, Zivil
und Katastrophenschutzes, ist auch in
diesem Sommer wieder vom 19. Juli bis
zum 30. August mit internationalem
Einsatzpersonal und Löschfahrzeugen
in Griechenland, um die griechische
Feuerwehr im Kampf gegen Waldbrände zu unterstützen. Mit bis zu 25 Mann
aus Deutschland, Holland, Österreich
und der Schweiz reisen die Feuerwehrtrupps an, um Brand- und Zivilschutz
in Brandregionen zu leisten. Schon
Ende Juni wurde ein Tanklöschfahrzeug über Weyregg am Attersee, Salzburg und Venedig nach Griechenland
überführt, um die Brandschutzkompetenz zwischen den mittelgriechischen
Städten Larissa und Trikala zu stärken. Bereits im vorigen Jahr hatten die
„Freunde der ESEPA“ ein Tanklöschfahrzeug nach Griechenland zur Unterstützung der Feuerwehr transportiert.
Im Gepäck hat der Verein dieses Jahr
außerdem fast 1000 Kilogramm an feuerwehrtechnischem Spendenmaterial
für den griechischen Waldbrandschutz.
Der Verein finanziert sich ausschließlich
durch Spenden. Die Vereinsmitglieder,
die diesen Sommer nach Griechenland
kommen, tragen die Kosten für die
Reise und ihre Verpflegung selbst, viele
von ihnen opfern sogar ihren Jahresurlaub, um der lokalen Feuerwehr unter
die Arme zu greifen und die griechische Natur und die Menschen in Brandregionen zu schützen.
Weitere Informationen unter Tel. und
Fax +49 (0)511 2715171 und auf www.
freunde-esepa.de. (GZmb)
Betriebspraktikum in Deutschland
für Schüler aus Thessaloniki
Eine Gruppe von vier Schülerinnen und
Schülern des griechischen Zweigs der
Deutschen Schule Thessaloniki befindet
sich derzeit in Köln, um ein mehrwöchiges Betriebspraktikum zu absolvieren.
Während dieser Zeit sind die Schüler in
Familien in Köln und Umgebung untergebracht.
Die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) hatte die Aufgabe
übernommen, für diese Schülerinnen
und Schüler Betriebspraktika zu organisieren.
Dieses Angebot der Deutschen Schule Thessaloniki in Zusammenarbeit mit
dem DHW an die Schüler ihres griechischen Zweiges hat schon Tradition. Es
soll den Schülern einen ersten Einblick in
die Berufs- und Arbeitswelt in Deutschland geben, ihnen die Region näher bringen und auch die Studienmöglichkeiten
in Deutschland aufzeigen. Bereits im
letzten Jahr gab es eine sehr erfolgreiche
Partnerschaft mit einer Schule in München.
Für die Zukunft hoffen die Initiatoren des Projekts, dass es sich als feste
Zusammenarbeit zur Förderung der 24jährigen Städtepartnerschaft zwischen
Köln und Thessaloniki etablieren kann.
Deswegen wird auch an einer Schulpartnerschaft zwischen der Deutschen Schule Thessaloniki und einer Kölner Schule
gearbeitet. Im Dezember soll auch schon
eine ganze Schulklasse aus Thessaloniki
nach Köln kommen.
Bei einem Gespräch im Kölner Rathaus
trafen die griechischen Schüler u. a. auf
den Beauftragten der Bundeskanzlerin
für die Deutsch-Griechische Versammlung und Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesarbeitsministeriums,
Hans-Joachim Fuchtel, der Parlamentarischen Staatssekretärin des Gesundheitsministeriums und Kölner Bundestagsabgeordneten, Ursula Heinen-Esser,
und auf Vertreter der DHW. Bei diesem
Meinungsaustausch wurde die Bedeutung solcher Schüleraustausche in Krisenzeiten hervorgehoben, um die Verständigung zwischen den Ländern zu
fördern und erste Bausteine für eine
zukünftige Zusammenarbeit zu legen.
(GZeb/mb)
Mittwoch, 1. August 2012
Liebe Freunde
von Meer, Strand
und Bergen!
Wenn Ihr echte Gastfreundschaft
genießen wollt, wenn euch natürliche
Berglandschaften, bewirtschaftete Felder mit dicken Kartoffeln, fleischigen,
roten Tomaten, blühende Blumenparadiese in Höfen, Gärten, Strandanlagen in allen denkbaren Farbnuancen gefallen könnten, wenn Ihr neben
Sonne und Strand eine Freude am
Farbenspiel des Meeres von grünblau
über türkis, azurblau bis dunkelblau
habt, und wenn Ihr Menschen kennen lernen wollt, die sich echt um
Euch bemühen, nicht nur, weil Ihr
Touristen seid, sondern weil sie es
im Blut haben, die Gastfreundschaft
dem Fremden (Xenos = Gast, Freund,
Fremder) gegenüber, macht Euch auf
nach Griechenland!
Wir haben sie wieder und wieder
erlebt: in Chalkidiki, Naoussa, Kreta,
Karpathos, Samos, Ikaria, um nur eine
kleine Auswahl zu nennen. In diesem
Mai und Juni auf Naxos. Zusätzlich
hatten wir unsere Freude an vielen,
teils bekannten, alten, traditionellen
griechischen Tänzen, die wir zu lernen
versuchten. Wir haben sie auch mit
Einheimischen tanzen dürfen.
Es war schön, gemeinsam Musik,
Tanz und die griechische Lebensart zu
genießen. Viele griechische Menschen
haben uns ihre Wünsche mitgegeben:
„Erzählt zu Hause von dem Griechenland, wie Ihr es kennen gelernt habt!“
Das tun wir hiermit gerne und aus
Überzeugung. Leute, macht Euch auf
nach Griechenland!
Ute Fasold, begeisterte Teilnehmerin einer
Tanzreise nach Naxos
Beamtenjobs sind wenig
zielführend
Die Meinung in dem Leserbrief „Industrien aufbauen“ (GZ 339) ist auch für
mich der Weg, der die dringend notwendigen Arbeitplätze schafft, aber
man müsste auch Griechen finden, die
dort arbeiten wollen. Was ich so höre,
streben die jüngeren Griechen doch
lieber einen Büro-, besser: Beamtenjob
oder den Beruf des Arztes oder Rechtsanwalts an, was in meinen Augen
wenig zielführend ist. Ich kann mich
noch daran erinnern, dass vor vielen
Jahren z. B. die Unterwäsche in vielen Versandkatalogen Made in Greece
war, weil dort Baumwolle wuchs und
die Fabriken waren. Das wäre heute
möglicherweise bei bio-produzierter
Baumwolle eine Marktlücke gegenüber der mit Chemie überfrachteten
Baumwolle und den Baumwollprodukten aus Asien, die dazu noch für
die lange Reise in den Containern mit
Chemie bedampft werden. Chinaläden sprießen zurzeit in Griechenland
wie Pilze aus dem Boden mit billigen
Baumwollklamotten. Das gibt doch zu
12
denken! Außerdem frage ich mich
ständig, warum kommen die Kirschen, Pfirsiche und Kiwis nur aus
Spanien, Frankreich, Italien oder Neuseeland in unsere Supermärkte? In
Griechenland wachsen diese Früchte
doch auch und z. T. wäre der Weg viel
kürzer. Aber man müsste wahrscheinlich Griechen suchen, die anbauen,
ernten und verpacken, Griechen eben
und keine Albaner, Bulgaren oder
Rumänen, dann hätten Griechen auch
Arbeitsplätze. Da muss sich in den
Köpfen noch einiges ändern und das
sehr bald.
Johanna Schmalenbach, Lüdenscheid
Hinderliche „Neuerungen“
Ihre Zeitung ist immer wieder ein
wichtiger Begleiter und Informant
auch auf unserer Insel Skopelos, die
wir lieben gelernt haben und seit
zehn Jahren besuchen. Inzwischen
haben wir uns hier eingemietet und
leben einen längeren Zeitraum hier.
An unsere erste Urlaubsreise haben
wir nur gute Erinnerungen: Flug von
Deutschland nach Skiathos gebucht,
nach Landung mit Taxi zum Flughafen und dann aufs Schiff „Papadiamantis“ nach Skopelos. Die Anreise war einfach und unkompliziert.
Mittlerweile haben sich die Anreisemöglichkeiten aus Deutschland sehr
stark verändert – zum Nachteil für
die Urlauber. Es fliegt inzwischen
keine Fluggesellschaft von Deutschland direkt nach Skiathos oder nach
Volos aufs Festland. Jetzt müssen wir
feststellen, dass Hellenic Seaways wieder eine zeitliche Hürde eingebaut
hat: Bisher fuhren die Boote um 14.30
Uhr ab Volos, jetzt um 13 Uhr. Das
heißt, wenn die Maschine um 11.50
Uhr vor Volos landet, man mit dem
Flughafen-Bus etwa 45 Minuten zum
Hafen fahren muss, bekommt man
das Boot um 13 Uhr nicht mehr. Man
muss also wieder im Hotel absteigen
und am nächsten Morgen aufs Schiff.
Oder, man nimmt sich ein Taxi, was
50 Euro kostet. Schön für die Menschen, die viel Zeit und Geld haben.
Doch der deutsche Urlauber hat meist
nicht viel Zeit und möchte natürlich
solche Späße nicht mitmachen. Dabei
ist der Grieche auf den Inseln darauf
angewiesen, Touristen zu haben, um
davon zu leben. Und es lohnt sich wirklich, die wunderschöne grüne Insel
kennen zu lernen, die zum Schwimmen und besonders zum Wandern
einlädt. Wir persönlich nehmen die
Hürden in Kauf, aber andererseits ist
es ärgerlich, immer wieder negative
Veränderungen zu sehen, um den
Menschen das Geld aus der Tasche
zu ziehen. Meine Begeisterung für die
Insel wird dadurch nicht weniger, mir
war es ein Bedürfnis meinem Ärger
Luft zu machen.
Margit Keppler
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen
Veranstaltungen in Griechenland und im deutschsprachigen
Ausland finden Sie unter www.griechenland.net/kalender
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16
Mittwoch, 1. August 2012
F
E U I L L E T O N
Ein Spaziergang durch Athens Plaka im Sommer 2012
D
a hatte ich endlich mal was Positives
gelesen: Athens schöne Altstadt, die
Plaka, sei von den sonst in der Metropole fast überall sichtbaren Auswirkungen
der Wirtschaftskrise – den geschlossenen
Läden, leeren Tavernen, den Protestmärschen und fehlenden Touristen sowie
auch von der Überflutung durch „Fliegende Händler“, die in China produzierte
Handtaschen und Sonnenbrillen auf dem
Asphalt ausbreiten – verschont. Ich machte die Probe aufs Exempel.
An der Metrostation „Akropoli“ stieg
ich aus dem Untergrund und bog in die
Areopagitou-Straße ein, die touristische
Fußgängerallee zwischen dem Akropolisfelsen und dem Akropolis Museum.
Und ich freute mich: Oben auf der Burg
helle Säulen unter strahlend blauem Himmel, leuchtend neben mir die Relikte des
antiken Dionysos-Heiligtums und gerade
gegenüber der fulminante Glasbau des
spiegelnden Museums. Eine Weile lief ich
hierhin und dorthin, und dabei – leider
– veränderte sich vor meinen Augen das
Bild, das mir wohl die Freude an Schönheit und hellem Sonnenschein so perfekt
vorgegaukelt hatte: Im Liliput-Zug für die
Touristen, der gerade vorbeifuhr, saßen
ein paar weit gestreute Grüppchen, die
meisten Waggons waren leer. Der ersten
Pferdekutsche, die ich erblickt hatte, folgte
keine zweite und die wenigen Pulks von
'::)4!4
Momentaufnahme in der Altstadt (Foto: ek/Archiv)
Reisegruppen schlossen zwischen sich
lange menschenleere Abstände ein. „Das
sind nur dreihundert Leute“, sagte mir
ein Einheimischer, der Werbeflyer für eine
Kunsthandlung verteilte, „hier müssten
eigentlich jetzt Tausende Touristen sein.“
Ich machte mich, längs der vielen Volkskunst- und Andenkenläden auf den Weg
ins Herz der Altstadt, am LysikratesMonument vorbei in die Adrianou-, die
Hauptgeschäftsstraße der Plaka. Fast ein
Uhr mittags, die Stunde, in der europäische Gäste im Unterschied zu den „späteren“ Griechen gemeinhin ihr Mittagessen
einnehmen. Die zentrale große Taverne
hier an der Ecke sehe ich erstmals nicht,
wie gewohnt, dicht besetzt; nur an vier,
fünf Tischen sitzen Leute. Der Koch – man
erkennt ihn an der Mütze – unterhält
sich mit einem einheimischen Gast, der
eine Zeitung und einen Frappé vor sich
hat. „Wie läuft’s denn so?“, frage ich den
Küchenmeister, geradeheraus. „Schlecht,
statt zwanzig Gerichte bieten wir nur noch
fünf an, die Zutaten verderben uns sonst.“
Darunter sind „Bauernsalat“, Tzatziki und
Moussakas natürlich die Standardangebote, dazu vielleicht ein Grillgericht und
Kalamarakia … Ich ziehe weiter durch die
Adrianou: In den meisten Geschäften –
tiefe Räume mit Regalreihen voller Antikenimitationen, Folklorekunst und Textilien – wandert einzig der Besitzer oder
die Besitzerin umher. Auf meiner ganzen
Strecke fand ich tatsächlich nur drei asiatische Migranten am Straßenrand sitzen,
ohne die üblichen großen Laken mit den
Handtaschenplagiaten, die man schnell
zusammenraffen kann, falls der nächste
Ordnungshüter kommen sollte.
Ich wende mich nun seitwärts hinauf in
die romantischeren Seitensträßchen der
Plaka, hin zu den Treppentavernen unter
Weinlaubdächern: Die Tische einladend
gedeckt, aber vollkommen leer. In meiner
Lieblings-Ouzerie in der Tripodonstraße,
direkt neben der byzantinischen NikolaosRangava-Kirche mit ihren farbigen Mauersteinen, sitzt der Wirt der traditionsreichen Familientaverne einsam vor seiner
Kasse. Schlecht gehe es, höchstens 50 Prozent Auslastung: „Wir können eigentlich
zumachen.“ Nein, sie bieten nicht weniger
Gerichte an als sonst, immer noch werden die riesigen Tabletts mit den 18 verschiedenen „Mezedakia“ zum Aussuchen
von Tisch zu Tisch getragen, immer noch
fließt der volle dunkle Rotwein aus den
Karaffen … „Die Auswahl ist die gleiche
geblieben, aber mit der Zubereitung der
Mengen sind wir vorsichtiger, wenn ein
Gericht aus geht, ist es eben aus“, berichtet
Herr Nikos. Ich verspreche ihm, an einem
der künftigen Sommerabende hier mit
meinem Mann wieder einzukehren.
Denn trotz der Leere ist die Plaka und
nicht nur sie, sondern sind auch andere Athener Szene-Viertel noch genau so
schön, so malerisch und anziehend wie
eh und je. Die Menschen, die hier einkehren, sind vor allen Unbilden der Straße,
die sonst im Stadtzentrum die Ferienlaune stören könnten, behütet und sie sind
herzlich willkommen – so erwünscht wie
vielleicht noch nie zuvor.
Ursula Spindler-Niros
Wer ganz unter dem Joch des Geldes steht, dürfte wohl niemals gerecht sein können.
'::)4!4
Demophilos, altgriechischer Dichter, um 600
E m a n u e l v o n F r i e d r i c h s t h a l ( 1 8 0 9 - 1 8 4 2 ) . „ R e i s e i n d e n S ü d l i c h e n T h e i l e n v o n N e u - G r i e c h e n l a n d “ , Te i l 6
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Pelz oder Mantel sind das Bett nach langem, ermüdendem Ritt
I
n dieser Ausgabe erzählt Friedrichsthal von seinen Erlebnissen und Eindrücken während der Rückreise per Pferd
durch „das schöne freie Land“ – von
Messolonghi nach Patras.
Uns ergehend vor dem Stadttore, durch
welches die Straße gegen Vrachori sich
ziehet, begegneten wir einem Bataillon
baierischer Freiwilliger, welches vor
wenig Monden 700 Mann stark von
hier ausgezogen war, um an der Grenze
Thessaliens gegen die Klephten1) zu operieren. Mehr als ein Drittel davon liegt
nun bei Kopeiawi begraben, gar weit
vom fernen Baierlande; auch folgten dem
Haufen noch zahlreiche Kranke, die vor
Erschöpfung sich kaum auf den Pferden
aufrecht hielten. Einer der Krieger leitete
ein Maultier, worauf ein Knabe saß; die
Mutter hat er begraben, den Sohn nur
bringt er heim. (…)
Zurück nach Patras wählten wir den
Weg zu Lande, denn zu der schon verkosteten Seefahrt mochten wir uns nicht
mehr entschließen. Mit Tagesanbruch
wurden zwei Pferde bestiegen, über
deren Packsättel unsere Mäntel geworfen, und dann trabten wir hinaus in das
schöne freie Land. Vor uns her eilte ein
Führer flüchtigen Schrittes, dessen Ausdauer wir durch volle neun Stunden zu
bewundern Gelegenheit hatten. Von Zeit
zu Zeit gewahrten wir noch Merkmale
des blutigen Kampfes; Strünke verbrannter Palmen, auch Reste türkischer und
griechischer Bauten.
Wir stießen auf ein Nomadendorf der
hier in Menge verbreiteten Wlachen,
deren Weiber die gestreifte Wollschürze
noch mit ihren Schwestern des Nordens
gemein haben. Diese wandernden Stämme verweilen nach Belieben in dieser
oder jener Gegend, wo sie genügendes
Futter für ihre Herden finden; ist die
Weide erschöpft, so werden die Zelte
abgebrochen, samt Weib und Kind auf
Esel geladen und die alte Heimat wird
mit einer neuen vertauscht.
Wie in den meisten Ländern unseres
Europas, so bildeten die Stürme des Mittelalters auch Griechenlands Bevölkerung aus verschiedenartigen Stoffen. So
haben die Flächen Rumeliens jene Wlachen wie auch Bulgaren und Albanesen
zu Bewohnern, während sein Urstamm
sich meist nur in den Gebirgen findet.
Albanesen sind übrigens auch in den
Nomarchien Argolis und Arkadia, auf
Hydra und Spezzia2) heimisch. Sprache
und Sitte und Brauch haben sich bei diesen einzelnen Völkerfamilien fortgeerbt
und dadurch stehen sie einander schroffer gegenüber, als so langer Verkehr es
erwarten ließe.
Hinter dem Orte Hypochori, der uns
zur Rechten geblieben, durchwateten wir
den Evenus, jetzt Phidari genannt, und
ritten nicht ferne von der Stelle, wo einst
Kalidon lag, lange im Gebirge, bis wir die
blaue See von der Kaki-Skala 40 Klafter
unter uns erblickten. Dieser schmale Felsweg des Berges Tafiassos ist von Steingeröll so sehr verdorben, dass unsere sonst
zuverlässigen Rosse, die wir frei vor uns
hergehen ließen, sich nur mühsam auf
den Beinen hielten. Freilich wären nach
der Meinung vieler Leute unsere staubigen Kunststraßen hierzulande gar nicht so
übel, möchte auch darüber die Romantik
einer griechischen Reise zu Grabe gehen.
Dass eine solche den eigentümlichsten
Charakter trägt, magst du meiner Versicherung glauben. Du schwingst dich am
Morgen auf den Gaul, der nebst dir ein
Paar Pistolen trägt, die du wohl schwerlich brauchen wirst, welche aber jedenfalls dein Ansehen erhöhen. Nun geht es
fort durch Schluchten und Täler, Berge
und Wälder, wo dich ein umgestürzter
Baum oft nötigt, durch’s Dickicht eine
neue Bahn zu brechen; du stößt bald
auf einen Posten Gendarmen, der unter
Bäumen lagert, bald auf Herden von
Wollvieh und Ziegen, die aufgeschreckt
zum Gebüsche flüchten. Ohne irgendeinen Aufenthalt außer dem mehrmaligen
Tränken der Pferde kommst du endlich
spät in’s Nachtquartier, sei es ein Chan3)
oder Bauernhaus, und magst nun deine
Kochkunst üben, wenn du so glücklich
bist, etwas Fleisch oder Geflügel aufzutreiben. Pelz oder Mantel sind dein Bett,
auf denen du übrigens trefflich schläfst
nach dem langen, ermüdenden Ritte.
(1) Griechisch: Kleftes. Deutsch: Räuber. So nannte man
auch Rebellen während des Freiheitskampfes gegen
die osmanische Fremdherrschaft, der 1821 begann. Sie
hielten sich in meist unzugänglichen Bergregionen auf
und leisteten einen nicht unwesentlichen Anteil bei der
Befreiung des Landes.
(2) Spetses, griechische Insel im Argolischen Golf, in der
Nähe von Athen und Piräus. Hieß während der Zeit der
Venezianer (13. bis 15. Jhdt.) „Spezie“.
(3) Chan, Hani. Einfache Herberge.
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