Optischer Nachweis von Sprengstoffen aus sicherer Entfernung

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Optischer Nachweis von Sprengstoffen aus sicherer Entfernung
Zündende Entdeckungen
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Optischer Nachweis
von Sprengstoffen aus
sicherer Entfernung
Bahnhöfe oder Flughäfen gehören zu den am meisten gefährdeten Orten. Mit optischen Messverfahren könnten potenzielle Attentäter in einer Menschenmenge aus sicherer Entfernung enttarnt werden.
Was die meisten von uns am liebsten verdrängen, ist für
Forscher der Fraunhofer-Gesellschaft ein Forschungsthema: Wie können wir der Gefahr terroristischer Sprengstoffanschläge begegnen? Die Strategien gegen feind­
liche Bedrohung passen sich seit jeher den Taktiken der
Angreifer an. Wo früher Schutzwälle oder Burganlagen
als Bollwerk gebaut wurden, sind heute raffiniertere
Methoden gefragt, um den subtilen Mitteln zeitgenössischer Terroristen vorzubeugen. Fraunhofer IPM arbeitet
auf dem Gebiet der Sicherheitstechnologie an verschiedenen Methoden zum Nachweis von Sprengstoffen oder
versteckten Waffen, darunter Terahertz-Messtechnik und
IR-Spektroskopie.
Letztere ist Gegenstand des Projekts OFDEX, in dem Wissenschaftler der Fraunhofer-Institute für Physikalische Messtechnik, Angewandte Festkörperphysik, Chemische Technologie
(Projektkoordination) und Lasertechnik Möglichkeiten der
optischen Ferndetektion von Explosivstoffen (OFDEX) erproben. Ziel ist es, Methoden zu entwickeln, mit deren Hilfe sich
Sprengstoffe erkennen lassen, etwa in größeren Menschenmengen, Stadien oder Verkehrssystemen – und zwar aus
möglichst großer und sicherer Entfernung, ohne direkten Kontakt mit der explosiven Substanz. So sollen Selbstmordattentäter ausfindig gemacht werden, die sich an gefährdeten Orten
aufhalten. Außerdem wird an einer Technik getüftelt, die
Autobomben aus der Distanz erkennen kann. Die Ziele der
OFDEX |
Optischer Nachweis von Sprengstoffen aus sicherer Entfernung
Wissenschaftler sind ehrgeizig: Über große Distanzen – bei
Personen aus mehr als 10 Metern, bei Fahrzeugen eines Tages
vielleicht sogar aus mehr als 100 Meter Distanz – sollen bereits
geringe Spuren der verdächtigen Stoffe in Sekundenschnelle
mit äußerst hoher Zuverlässigkeit nachgewiesen werden.
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Um dies zu erreichen, machen sich die Forscher zum einen zu
Nutze, dass viele Explosionsstoffe in der Gasphase nachweisbar sind, etwa als Ansammlung von Spurengasen – der so
genannten Plume –, über einem potenziellen Attentäter. Zum
anderen haften viele dieser Substanzen gut an Oberflächen
wie zum Beispiel an Kleidung oder Händen einer Person, die
damit hantiert hat, ebenso wie an Gebäude- oder Fahrzeugteilen. Eine weitere hilfreiche Eigenschaft der Explosionsstoffe:
Aufgrund ihrer chemischen Zu­­sammensetzung absorbieren
unterschiedliche Sprengstoffe Strahlung bei einer ganz spezi­
fischen Wellenlänge. Sie lassen sich also aufgrund ihres
Absorptionsspektrums identifizieren und auch von anderen
Stoffen unterscheiden, die sich in der Umgebung eines Attentäters oder verdächtiger Gegenstände und Fahrzeuge befinden. »Wir nutzen in unserem Gemeinschaftsprojekt ver­
schiedene spektroskopische Methoden, um Explosionsstoffe
nachzuweisen – je nachdem, welche Zielsetzung die jeweilige
Arbeitsgruppe verfolgt«, erklärt Projektleiter Horst Krause vom
Fraunhofer ICT .
Sende- und Empfangseinheit für den IR-Messstrahl bei der
Open-Path TATP-Detektion.
Die beteiligten Institute konzentrieren sich nämlich auf jeweils
unterschiedliche Szenarien. So tüftelt man am ILT an einer
Lösung zur Detektion von Sprengstoffspuren an der Oberfläche mit Hilfe der Ramanspektroskopie. Die Sprengstoffpartikel
werden mit Laserlicht bestrahlt und senden daraufhin Licht
mit charakteristischen Wellenlängen aus, das sich dann detektieren lässt und Rückschlüsse auf vorhandene Substanzen er­­
laubt. Auf diese Weise lassen sich unauffällig Messungen aus
Distanzen von mehreren Metern, beispielsweise an Gepäckstücken oder Kraftfahrzeugen vornehmen.
Ansteuerungs- und Auswerteeinheit
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QCL-Sende- und
Empfangseinheit
Open-path TATP-Detektion in einer Menschenmenge
Retroreflektor
Gerade für die Sicherheit von Flughäfen oder anderen Gebäuden, in denen sich meist viele Personen aufhalten, ist es von
großer Bedeutung, die Gefahr eines Attentats so schnell wie
möglich zu erkennen. Forscher des Fraunhofer IAF richten ihre
Arbeit daher darauf aus, Rückstände auf Oberflächen von
Taschen oder anderen Gegenständen aufzuspüren. Sie setzen
dazu Infrarot-Laser ein, mit denen die Objekte beleuchtet werden. Trifft der Strahl auf bestimmte Substanzen, liefert die
rückgestreute Strahlung Informationen über fehlende Linien
im Spektrum und damit Auskunft über vorhandene explosive
Substanzen. Das Thema Sprengstoffdetektion an kontaminierten Oberflächen wird von den OFDEX-Partnern und Industrie-
Optischer Nachweis von Sprengstoffen aus sicherer Entfernung
firmen im Projekt IRLDEX weiter verfolgt. Hier übernimmt
Fraunhofer IPM die Systemintegration für ein Demonstrationsgerät zur Rückstreuspektroskopie.
Messreihe TATP
in Summe
1,16
| OFDEX
1,15
Spannung / mV
1,14
1,13
1,12
1,11
1,10
1,09
1,08
600
800
1000
1200
1400
Zeit / s
1600
Ebenfalls auf geschlossene Räume konzentrieren sich die Mitarbeiter des Fraunhofer IPM, wobei sie nach Rückständen
­verdächtiger Stoffe in der Luft suchen, die sich etwa in der
Plume um einen Selbstmordattentäter herum befinden.
Grundlage hierzu bildet die Transmissions-Spektroskopie über
eine offene Wegstrecke, auch »Open-path« Gasmessung
genannt. Dazu führen die Freiburger mit Hilfe einer Optik
einen Laserstrahl über eine Messstrecke durch den Raum und
spiegeln ihn zurück. Auch hier dienen fehlende Bereiche im
Spektrum dazu, Aussagen über das Vorhandensein und die
Menge bestimmter Sprengstoffe zu treffen. Zentrales Bauelement ist – ebenso wie bei der Detektion von Sprengstoffrückständen auf Oberflächen von Gegenständen – ein so genannter Quantenkaskadenlaser, der vom Fraunhofer IAF für beide
Anwendungen entwickelt wird. Das Freiburger Institut nimmt
eine Spitzenposition bei der Entwicklung dieser abstimmbaren
Halbleiterlaser ein.
»
»Bei unseren Experimenten konzentrieren wir uns zunächst
auf den Nachweis von TATP, einen Sprengstoff, der häufig
von Terroristen benutzt wird«, erklärt Jürgen Hildenbrand,
Projektleiter am Fraunhofer IPM. Auf diese Weise komme man
insbesondere Tätern auf die Spur, die im Untergrund agieren
und sich bei der Herstellung ihrer Sprengsätze oftmals eher
unkonventioneller Methoden bedienen. Triacetontriperoxid, so
der ausgeschriebene Name von TATP, wird von Terroristen auf
der ganzen Welt eingesetzt, so auch bei den verheerenden
Sprengstoffanschlägen in Madrid und London. Die Zutaten für
den explosiven Stoff, der sich unter recht einfachen Bedingungen herstellen lässt, sind frei verkäuflich und das fertige Endprodukt hoch explosiv. Es ist äußerst instabil und braucht
daher keinen Zünder – oder kann selbst als solcher dienen –
und hat dabei eine Wirkung, die beinahe an die des bekannten Sprengstoffs TNT heran reicht.
Absorptionsmessung verschiedener Kleinstmengen TATP in
einer 10 cm langen Messzelle. Durch Aufheizen wird die
Substanz partikelweise verdampft – sichtbar an den charakteristischen Mess-Peaks. Die Konzentration ist hier auf 1 m
­Messtrecke hochgerechnet. Für TATP konnte eine Nachweisgrenze von 5 ppm*m erreicht werden.
TATP verfügt aber auch über eine Eigenschaft, die sich dazu
nutzen lässt, Tätern auf die Schliche zu kommen: Der Stoff
verdampft sehr leicht. Das heißt: Wo immer mit dieser Substanz gearbeitet wurde, finden sich Spuren von TATP in der
Luft. »Wir können davon ausgehen, dass Selbstmordattentäter Spuren des Stoffes an den Händen und an der Kleidung
tragen und daher von einer verräterischen Dampfwolke umgeben sind«, sagt Hildenbrand und ergänzt: »Das gleiche gilt
übrigens auch für Gebäude, in denen Terroristen Bomben
bauen.« Auch hier entweichen bei der Herstellung größerer
OFDEX |
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Mengen von Explosivstoffen oder verdächtiger Chemikalien
Dämpfe durch den Kamin oder undichte Stellen des Gebäudes. Bei einschlägigem Verdacht können auch diese mithilfe
der Transmissions-Spektroskopie aus der Entfernung nachgewiesen werden.
Im Labor laufen die experimentellen Messungen zum TATPNachweis auf vollen Touren. Erste, sehr ermutigende Resultate
konnten bereits erzielt werden. Dort wird zunächst allerdings
noch nicht im freien Raum gemessen, sondern in geschlossenen Messzellen. Hildenbrand ist zuversichtlich, dass sich mit
dem Verfahren Mengen im ppm-Bereich detektieren lassen.
»Das ist schon sehr gut, von der realen Situation allerdings
noch weit entfernt«, gibt der Wissenschaftler zu bedenken.
Denn: die TATP-Konzentration, die im offenen Raum in der
Plume um einen Attentäter auftritt, dürfte noch weit unter
den Mengen liegen, mit denen derzeit im Labor experimentiert wird. Es gilt nun, die Technik soweit zu verfeinern, dass
noch weit geringere Mengen der TATP-Bestandteile nachweisbar werden und zudem weitere Substanzen in der Raumluft
die Messung nicht beeinflussen.
Sven Rademacher, Bernard Halford, Projektleiter Jürgen Hildenbrand und Johannes Herbst sind Sprengstoffen auf der Spur.
Kontakt:
Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM
Jürgen Hildenbrand
Projektleiter
Tel. +49(0)761 8857-411
juergen.hildenbrand@ipm.fraunhofer.de
www.ipm.fraunhofer.de
Fotos: © Fraunhofer IPM (2); fotolia (1)
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»Außerdem«, so formuliert Hildenbrand seine Hoffnungen für
das weitere Fortschreiten des Projekts, »ist es natürlich wünschenswert, das System dahingehend zu erweitern, dass wir
mehrere Substanzen gleichzeitig aufspüren können, um in der
Zukunft einen möglichst flexiblen und flächendeckenden
Schutz zu gewährleisten.« Da der Lichtstrahl immer nur in
einem definierten Wellenlängenbereich ausgesendet wird,
lässt sich auch jeweils nur eine spezielle Substanz nachweisen.
Mit mehreren Messstrahlen, so das Konzept für zukünftige
Systeme, kann jedoch ein größeres Spektrum an Sprengstoffen detektiert werden. »Bis zum fertigen Messsystem liegt
noch ein gutes Stück Arbeit vor uns«, gibt sich Projektleiter
Krause realistisch. Der Schutz vor Terror rechtfertigt die
Mühen allemal.