Sozialversicherungssystem – Gewinner und Verlierer

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Sozialversicherungssystem – Gewinner und Verlierer
ASDA-KURIER
COURRIER ASDA
CORRIERE ASDA
Offizielles Organ von: Association suisse des diplômés en assurance – Schweizerische Vereinigung der diplomierten Versicherungsfachleute – Associazione svizzera dei diplomati in assicurazione.
Redaktion: Hanspeter Weber, CSS Versicherung, Tribschenstrasse 21/Postfach 2568, 6002 Luzern, hanspeter.weber@asda.ch
Sozialversicherungssystem –
Gewinner und Verlierer
In einem früheren Bericht im August 2014 habe ich mich zu unserem Sozialversicherungssystem geäussert, dabei
auch kritische Gedanken erwähnt, ohne aber die positiven Seiten zu vergessen. Hier möchte ich mehr auf die
Gewinner und Verlierer der aktuellen Entwicklungen eingehen.
Von Ernst Rietmann
Ernst Rietmann ist Mandatsleiter und BVG-Spezialist im Zen­
tralvorstand und zuständig für
den Bereich Finanzen.
I
m Bereich der Sozialversicherungen ist
in der Zwischenzeit einiges geschehen,
hier nicht abschliessend aufgeführt:
Stark zunehmende polemische Diskussionen um die Sozialhilfe generell, die KESBund die SKOS-Richtlinien mit Austritten von
einzelnen Städten und Gemeinden
Bezüglich Altersvorsorge-Reform liegen
detailliertere Berichte und/oder Stellungnahmen vor. Wie nicht anders zu erwarten
war, gehen hier die Vorstellungen teilweise
diametral auseinander
Die IV musste sich vermehrt Kritik bezüglich Gutachtenserteilung gefallen lassen
Das Rentenalter der Frauen (aktuell 64)
steht einmal mehr zur Diskussion
Bezüglich Rentenalter der Männer gibt es
Stimmen, die eine Erhöhung auf 67 oder 68
Jahre fordern
Der Entscheid der Nationalbank (SNB) bezüglich Euro-Stützung hat hohe Wellen geworfen.
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Die Diskussionen werden in diesen und anderen Gebieten weitergehen, mal ruhiger,
mal polemischer, abhängig davon, wer welche Interessen wie laut oder leise vertreten
will. Einmal mehr zeigt sich die massive
Lobby-Arbeit in National- und Ständerat in
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Form von verschiedenen, teilweise fragwürdigen und zu wenig durchdachten Entscheiden. Bereits jetzt schon kann aber gesagt
werden, dass sich wie schon früher Gewinner und Verlierer je länger je mehr herauskristallisieren. Nachstehend möchte ich näher darauf eingehen.
Wegfall Stützung des Euro
(Entscheid Nationalbank)
Auf den ersten Blick ist hier der Einfluss
nicht unbedingt sofort erkennbar. Betrachtet man dies aber näher, sind kritische Einflüsse durchaus vorhanden, die da z.B. wären:
Zunahme von Arbeitslosenzahlen und damit auch Wegfall von Beitragszahlern und/
oder Beitragszahlungen in unser Sozialversicherungssystem bei gleichzeitig steigenden Auszahlungen
Verschiebung von Arbeitsplätzen ins Ausland mit anschliessender weiterer Zunahme
von Arbeitslosen und Wegfall von Beitragszahlern bzw. reduzierten Beitragszahlungen
Pensionskassen und die Wirtschaft generell (seien es Unternehmen, Banken, Vermögensverwaltungsfirmen etc.) können durch
sinkende Aktienwerte Vermögen verlieren.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Werte wieder erholen werden
Verschärft wird das Ganze dadurch, dass
sich im Bereich der Obligationen bei den
Pensionskassen durch den fortlaufenden
Wegfall renditehöherer Anlagen teilweise
nicht einmal mehr der BVG-Mindestzins von
1,75 Prozent erzielen lässt
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März 2015 | Schweizerischer Versicherungs-Kurier
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Zunahme von Sozialhilfebezügern in Städten und Gemeinden, was die herrschende
Polemik weiter verschärfen wird. Eine teilweise sehr fragwürdige Rolle spielen hier
gewisse Medien, welche Einzel- als Regelfälle erscheinen lassen und damit das ganze
System in Frage stellen. Damit werden Sozialhilfebezüger je länger je mehr als Schmarotzer und/oder Betrüger hingestellt, was
mit Sicherheit niemandem hilft
Forderung nach zusätzlichen Steuerkürzungen für Unternehmen und/oder Reduktion oder Wegfall von bestehenden Steuern
wegen sinkender oder gänzlich wegfallender Umsätze. Folge: tiefere Steuereinnahmen bei steigenden Ausgaben
Forderungen bezüglich Kurzarbeitsentschädigung an die Arbeitslosenversicherung
(AlV) dürften seitens von Unternehmen erst
beginnen und ansteigen.
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Wie sich das Ganze entwickeln wird, wird die
Zukunft weisen. Die Prognosen sind je nach
Position sehr unterschiedlich, und die Politik
ist im Wartestand. Es bleibt abzuwarten,
was geschieht, wenn zwei oder mehr verschiedene Punkte ineinandergreifen. Einmal
mehr zeigt sich dann auch die unschöne
Seite des Föderalismus, in dem Kompetenzen entweder unklar oder verschachtelt
sind, was in der Praxis dazu führt, dass ein
Kompetenzengerangel entsteht und jeder
nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist,
was schon jetzt teilweise klar zum Ausdruck
kommt. Umso wichtiger ist daher auch die
Zukunft der bilateralen Verträge und der
übrigen Abkommen mit der EU. Unsicherheiten und polemische Forderungen können
hier für die Schweizer Wirtschaft insgesamt
von existenzieller Bedrohung sein.
Es geht auch vergessen, dass rund 800 000
Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
leben und arbeiten und dass sehr viele davon
im EU-Raum im Bereich der Sozialversicherungen von den bilateralen Verträgen profitieren, indem sie und auch ihre Arbeitgeber
keine doppelten Sozialversicherungsbeiträge
bezahlen müssen. Auch bezüglich Leistungsbezug aufgrund Beitragszahlungen in verschiedenen Ländern bieten die bilateralen
Verträge für Versicherte massive Erleichterungen. Oder wünschen sich die Kritiker vielleicht die frühere Situation zurück, in der
Renten teilweise in langwierigen und komplizierten Verfahren in den einzelnen Ländern
geltend gemacht werden mussten? Es wäre
schön, wenn Politiker und Parteien auch an
diese rund 800 000 Personen denken würden, bevor sie sich auf die vermeintlich nur
böse EU einschiessen. Die EU ist auch für unsere Versicherungsindustrie ein sehr wichtiger Markt, und es steht einiges auf dem Spiel.
Sozialhilfe
Diese steht seit längerem unter Beschuss
verschiedenster Kreise, andere wiederum
stärken ihr den Rücken. SKOS wird angefeindet, immer häufiger teilweise unter der Gürtellinie kritisiert, und Städte und Gemeinden
drohen mit Austritt oder sind schon ausgetreten. Dabei steckt eigentlich der Teufel im
Detail oder einmal mehr in unserem Föderalismus. Warum? SKOS wird grundsätzlich
von Kantonen und Gemeinden anerkannt
und deren Richtlinien gilt es üblicherweise
anzuwenden. Das Problem: Teure Sozialfälle
werden in verschiedenen Kantonen bezüglich Finanzierung total unterschiedlich behandelt. Die einen überlassen alles überforderten Gemeinden, ohne diese in welcher
Form auch immer zu unterstützen, mit der
Folge, dass diese Gemeinden eigentlich ihre
Steuern erhöhen müssten. Andere Kantone
verfügen z.B. über einen Fonds (gespiesen
von allen Gemeinden und/oder durch zusätzliche Kantonsbeiträge), über welchen
teure Fälle (die es immer gegeben hat und
geben wird) zumindest teilweise finanziert
und Gemeinden damit entlastet werden. Das
letztgenannte System empfinde ich als fair,
ist es doch eine wirkliche Hilfe für betroffene Städte und Gemeinden.
In letzter Zeit nimmt die Unsitte zu, dass
Städte und Gemeinden versuchen, Sozialfälle abzuschieben. Dabei geht vergessen,
dass es sich hier in den meisten Fällen z.B.
ASDA-Sektion Basel
Neujahrsapéro 2015
Am 8. Januar 2015, exakt am gleichen Tag
wie vor einem Jahr, durfte der Vorstand
zahlreiche Mitglieder begrüssen. Der Vorstand war leider reduziert, da der Präsident,
Martin Kuttler, und der Vizepräsident, Frank
Raddatz, unverschiebbare geschäftliche Termine wahrnehmen mussten und Florina
Mittner an eine Weiterbildung in Zürich war.
Was sich jedoch gegenüber den Vorjahren
geändert hatte, war die Lokalität, da wir mit
den Leistungen nicht zufrieden waren. Wir
trafen uns im Restaurant Pane con Carne
und wurden vorzüglich bedient. Der grosse
Unterschied war, dass wir im Pane con Carne
nicht in einem separaten Raum waren, sondern dass wir inmitten des Restaurants einen Teil für uns hatten. Nach einem kurzen
Rückblick auf die Events im 2014 und einem
Ausblick auf 2015 durfte der Vorstand vier
Neumitglieder begrüssen. Ihnen wurde der
obligatorische ASDA-Pin sowie die begehrte
Prosecco-Flasche der Sektion Basel übergeben. Es war ein durchaus gelungener Anlass,
und wir vom Vorstand haben sehr viele positive Feedbacks erhalten. Als Verbesserung
werden wir beim nächsten Mal anstelle der
Tische und Stühle mehr Platz für das Zirkulieren lassen. Claudio Genasci
um Alleinerziehende mit Kindern oder um
ausgesteuerte Arbeitslose mit oder ohne
Familie handelt, welche ohne Perspektive
und allein gelassen werden. Hat schon mal
einer der Kritiker und Polemiker überlegt,
welche Hoffnungslosigkeit in solchen Personen herrscht und welcher Schaden insbesondere bei Kindern angerichtet wird?
Diese Kinder und auch Erwachsenen werden teilweise aus einer vertrauten Umgebung gerissen und müssen dann später vielleicht für teures Geld therapiert werden
(notabene zu Lasten der Sozialhilfe), damit
eine Integration in die Gesellschaft und/
oder Wirtschaft möglich ist, wenn dies denn
überhaupt gelingt. Dieses Thema wurde
schon vor vielen Jahren zumindest ansatzweise in der Working-Poor-Studie aufgenommen. Viele Politiker schweigen es tot,
sind aber auch nicht bereit, die daraus entstehenden Kosten zu bezahlen. Es wird eine
Art Parallelgesellschaft gezüchtet, die sich
kaum mehr integrieren lässt. Die darin lebenden Kinder haben wenig bis gar keine
Chancen auf eine gute Bildung und haben
keine Perspektive. Folge: Sie dürften dann
während vielen Jahren weiterhin der Sozialhilfe zur Last fallen. Der Hamster bewegt
sich im Rad und kommt nicht heraus. Das
Gleiche geschieht mit den Kosten: Man will
sie senken, weil aber die Ursachen nicht behoben werden, steigen die Kosten weiter
massiv an.
Was mich am meisten ärgert: Ich hatte vor
Jahren schon öfters die Aufgabe, erkrankte
Mitarbeitende aus der Krankentaggeldversicherung in die IV und/oder Pensionskasse
zu begleiten. Dabei habe ich leider auch genügend Fälle erlebt, wo Gemeinden mit Erfolg in medizinisch fragwürdigen Fällen Sozialhilfeempfänger an die IV (und damit
dann auch an die Pensionskasse) abgeschoben haben. Ich weiss von Fällen, wo eine Gemeinde die dafür notwendigen Anwaltskosten übernommen hat, um zukünftige Kosten
zu Lasten der Gemeinde abzuschieben. Einige dieser Fälle landen nun nach Revision
bzw. Überprüfung bei der IV und einer damit
verbundenen Rentenstreichung wieder bei
der Sozialhilfe. Den wegen diesem Vorgehen
→
entstandenen volkswirtschaftlichen
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Schaden z.B. zu Lasten IV, Pensionskasse etc. möchte ich lieber nicht wissen,
notabene ohne administrative Kosten und
anfallende Gerichts- und Anwaltskosten z.B.
der IV.
Klar ist: Missbrauch hat es wie bei anderen
Sozialversicherungen auch, auch bei der Sozialhilfe immer gegeben und wird es immer
geben. Dieser ist klar zu verurteilen. Problematisch ist aber eben auch, dass z.B. eine
Schulbehörde eine kostenintensive Therapie
oder sonstige Massnahmen bei Kindern verfügt, welche in der Folge vom Sozialamt zu
übernehmen ist. Das Sozialamt hat in solchen Fällen wenig bis gar keine Entscheidungskompetenz.
Ein Schulbeispiel des teilweise unseligen Föderalismus ist das KESB (auch sehr häufig
kritisiert, ob zu Recht oder zu Unrecht kann
ich nicht sagen). Einst als gute Idee im Sinn
einer Professionalisierung von der Politik national eingeführt, zeigen sich in der Umsetzung Schwächen. Die Aufgaben dürften zwar
mehr oder weniger klar geregelt sein, die Organisation ist aber zumindest teilweise den
Kantonen überlassen worden. Die logische
Folge: KESB-Stellen können kantonsübergreifend kaum verglichen werden, was die
Sache auch nicht gerade erleichtert. Dazu
kommt die Tatsache, dass die Sozialhilfe in
der Kompetenz der Gemeinden bzw. der
Städte ist und mit Sicherheit unterschiedlich
gehandhabt worden ist. Die KESB-Stellen
sind natürlich auf einen guten Kontakt angewiesen und haben mit Sicherheit bei der
Kommunikation auch nicht alles richtig gemacht. Der KESB nun aber allein die Schuld
geben zu wollen ist etwa so falsch, wie die
Schweiz für eine finanzielle Krise in Chile
verantwortlich machen zu wollen. Im Interesse aller geht es darum, Stärken zu behalten und Schwächen gegenseitig zu beheben.
Verlierer sind die Zentrumsstädte und/oder
Gemeinden, die teure Fälle z.B. seit Jahren
als Altlasten und dafür zu wenig Unterstützung haben. Verlierer sind aber auch Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger, von
denen immer mehr gefordert wird, denen
aber aus Zeitmangel oder aus anderen
Gründen zu wenig geholfen wird. Ein wichtiger Grund: Sozialfälle können mangels Perso-
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nal und/oder zunehmendem Bürokratismus
nur noch verwaltet werden. Die Zeit für hilfreiche Unterstützung fehlt für die allein gelassenen Sozialhilfeempfängerinnen und
-empfänger, denen häufig auch noch Missbrauch vorgeworden wird oder deren Familiensituation sich massiv zuspitzt, was dann zu
tragischen Familiendramen führen kann. Wer
erinnert sich noch an den Fall der erschossenen Sozialhilfe-Angestellten, der sich vor Jahren ereignete? Aufgrund fehlender Ressourcen, vielleicht auch Konfliktunterschätzung,
oder aus anderen Gründen können sich solche Fälle wiederholen. Aber eben, es soll ja
gespart werden, womit wir wieder beim bereits erwähnten Hamsterrad wären.
Teilzeitangestellte
Die nächsten Verlierer sind die Teilzeitangestellten. Wer zwei Teilzeitjobs hat und in beiden die BVG-Einstiegshürde erfüllt, hat oft
zwei volle Koordinationsabzüge. Dies führt
dann nicht selten dazu, dass ein Salär von
aktuell 49 350 Franken nicht versichert ist,
sowohl bezüglich Sparen als auch bei Risikoleistungen, wenn der Koordinationsabzug
nicht an den Teilzeitarbeitsgrad gekoppelt
ist. Dieses Problem ist seit vielen Jahren bekannt, unternommen hat bis anhin die Politik noch gar nichts, obwohl auch daraus immer wieder Forderungen nach vermehrter
Teilzeitarbeit kommen.
In letzter Zeit nimmt die
Unsitte zu, dass Städte und
Gemeinden versuchen,
Sozialfälle abzuschieben.
Seitens der Wirtschaft, aber auch aus der
Politik, sind Stimmen zu hören, wonach ältere Mitarbeitende ihr Pensum ab z.B. Alter
60 schrittweise reduzieren können. Bei sinkendem Lohn und weiterhin vollem Koordinationsabzug reduziert sich deren Leistung
im Alter und bei den Risikoleistungen (Tod
und Invalidität). Kommt dazu, dass heute in
den meisten Fällen der Arbeitnehmer den
fehlenden Lohn selbst finanzieren muss. Im
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Normalfall dürfte es kaum reichen, neben
den normalen BVG-Abzügen und den Lebenshaltungskosten weitere Einzahlungen
für eine vorzeitige Teilpensionierung anzusparen. Ich rechne nicht damit, dass sich
hier in Zukunft etwas bessern wird, es sei
denn, fortschrittliche Arbeitgeber setzen
hier zusammen mit dem Arbeitnehmer eine
angemessene Lösung um.
Arbeitslose ab Alter 50
und Ausgesteuerte
Diese Personen sind die nächsten grossen
Verlierer. Warum? Ab Alter 45 steigen die
Sparbeiträge je nach Plan massiv an. Werden
diese Personen arbeitslos und am Ende sogar ausgesteuert, ist es in vielen Fällen vor
allem aus finanziellen Gründen fast nicht
mehr möglich, mit Einkäufen die fehlenden
Jahre auszugleichen, wenn sie denn überhaupt eine Stelle finden. Meistens sind die
Konditionen schlechter, z.B. bezüglich Salär.
Diese Personenkategorie büsst vielfach doppelt. Einerseits, weil sie keine Stellen mehr
findet, andererseits, weil dann im Alter die
Rentenleistungen massiv sinken können.
Folge: Diese Personen sind frustriert und
fühlen sich ausgegrenzt, fallen unter Umständen in die Sozialhilfe (siehe dazu meine
vorherigen Bemerkungen) und fallen noch
tiefer. Es ist tragisch, mit Betroffenen zu
sprechen. Ihr Selbstwertgefühl sinkt je länger, je mehr. Seitens der ALV, aber auch der
Sozialhilfe, werden sie nicht selten gezwungen, sich auch für nicht geeignete Jobs zu
bewerben, obwohl die Aussichten dafür
denkbar ungünstig sind. Hier werden Personen vom Leben ausgegrenzt, die ihren Beitrag jahrelang erbracht haben.
Es ist für mich nicht ganz nachvollziehbar,
wenn nun ausgerechnet Arbeitgeber-Organisationen die Zukunft dieser Kategorie als gut
ansehen. Bewerben sich Personen dieser Kategorie aber heute bei Mitgliedern dieser Arbeitgeber-Organisationen, werden sie häufig
schon in der ersten Ausscheidung nicht berücksichtigt und hören als Grund für die
Nichtberücksichtigung, sie seien zu teuer.
Wenn sie dann vielleicht einmal gebraucht
werden könnten (z.B. in sechs Jahren), sind
sie zu lange weg vom Arbeitsmarkt oder
Missbrauch hat es bei
der Sozialhilfe
immer gegeben und wird
es immer geben.
schon längst desillusioniert in einem Job,
der ihnen nicht gefällt, den sie aber nicht
kündigen können, weil es nichts anderes
gibt.
Schlussbemerkungen
Gewinner gibt es eigentlich nur wenige. So
fällt mir aktuell gerade eine Aktienkursentwicklung ein, wenn z.B. ein Unternehmen
Stellen abbaut und der Aktienkurs als Folge
davon in die Höhe schiesst. Pensionskassen
und/oder andere Anleger profitieren dann
von Aktienentwicklungen, während die Sozialversicherungen die Kosten dieser Massnahme tragen dürfen.
Zu den Gewinnern zählen aber leider auch
Parteien und Politiker, die aus bedauerlichen negativen Einzelfällen Regelfälle machen und das ganze System in Frage stellen.
Die gleichen Politiker gestehen der Verwaltung (sei es IV, sei es das Sozialamt) aber
nicht die notwendige Anzahl Stellen zu, da-
mit sie eine seriöse Arbeit machen kann.
Wenn ich z.B. lese (siehe dazu auch ein kürzlich erschienener Artikel in der «Sonntagszeitung» zum Thema Sozialhilfe) wie desillusioniert und/oder von der vielen Arbeit
überfordert das Personal bei den Sozialämtern ist, müssen sich diese Parteien und/
oder Politiker mit Recht die Frage gefallen
lassen, ob sie ihrer Verantwortung nachkommen. Letzteres wage ich zu bezweifeln.
Ebenfalls zu den Gewinnern gehören Medien
(wie z.B. «Blick» oder «Weltwoche»), die be-
dauerliche Einzelfälle medial ausschlachten
und Sperrfeuer gegen alle möglichen Verantwortlichen oder auch Nicht-Verantwortlichen schiessen. Dies äussert sich in kurzfristig steigenden Verkaufszahlen von Zeitungen. Den gesellschaftlichen Schaden, den
sie mit solchen Kampagnen anrichten, nehmen die Medien oft bewusst und provokativ
in Kauf. Ist dies der richtige Weg? Wo bleibt
die Sachlichkeit? Wo bleibt die Menschlichkeit gegenüber Betroffenen?
Wir stehen als Gesellschaft vor grossen Herausforderungen, und der Grat, dass z.B.
auch langjährige verdiente und gute Fachkräfte von heute auf morgen ihren Job verlieren können, wird immer schmaler. Die
Auswirkungen können für alle Beteiligten
dramatisch sein. Es wäre zu wünschen, dass
solche Themen in einer sachlichen Form diskutiert und gelöst werden. Ob dies wie in
der Vergangenheit je wieder möglich sein
wird, wage ich leider zu bezweifeln.
Adressliste schweizerische vereinigung der diplomierten versicherungsfachleute (ASDA)
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