Ausgabe November 2012 - Staatsschauspiel Dresden
Transcription
Ausgabe November 2012 - Staatsschauspiel Dresden
Staatsschauspiel Dresden Die Theaterzeitung 33 November 2012 Liebes Publikum, begeht ein Theater seine einhundertste Spielzeit, dann muss es sich auch der großen, der ganz großen Stoffe annehmen – Shakespeares „Hamlet“ zum Beispiel oder Goethes „Faust“. Wir machen gleich beides auf die eine und die andere Weise. Roger Vontobel, dessen Dresdner „Don Carlos“ seit drei Jahren auf unserem Spielplan steht, erzählt – unter anderem mit Christian Friedel in der Titelrolle – die Geschichte vom dänischen Prinzen Hamlet. Mit einer besonderen musikalischen Ebene, für die die Band Woods Of Birnam sorgt. Und auch das Bühnenbild bietet ungewöhnliches: die Architektur des Zuschauerraums setzt sich auf der Bühne fort, sodass das Haus „gespiegelt“ wird. Miriam Tscholl und die Bürgerbühne erzählen uns in „Ich armer Tor“ anhand von Motiven aus Goethes „Faust“ vom Altern als Mann und den vielfältigen Krisen, die das So-klug-als-wie-zuvor-Sein mit sich bringt. Nuran David Calis zeigt im Kleinen Haus seine Version von „Endstation Sehnsucht“ – längst ein Klassiker der Moderne und ein Stoff, der den Furor und die Selbstzweifel eines Hamlet ebenso aufgreift, wie die verzweifelte Sinnsuche und Einsamkeit eines Faust. Tennessee Williams verdichtet diese Motive zur Geschichte von Stanley, Stella und Blanche und ihrem Dreikampf. Schließlich präsentieren die Studentinnen und Studenten der Bühnenbildklasse der Hochschule für Bildende Künste ihr Projekt: „Sie befinden sich hier“. In einem theatralen Parcours werden im Schauspielhaus Winkel erkundet, die Sie normalerweise nicht zu Gesicht bekommen – und dabei Geschichten und Geschichte aus 100 Jahren Schauspielhaus erlebbar gemacht. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei all unseren theatralen Erkundungen! Ihr Wilfried Schulz Hamlet von William Shakespeare Premiere am 24. November um 19:30 Uhr im Schauspielhaus (weitere Termine: 26.11., 6.12., 12, 26. und 30.12.) Tribute to Hamlet er Regisseur Roger Vontobel inszenierte in Dresden bereits Schillers „Don Carlos“ (ausgezeichnet mit dem deutschen Theaterpreis „Der Faust“) und Kleists „Zerbrochnen Krug“. In seiner Hamlet-Inszenierung stellt er nun die Frage, wie richtiges Handeln möglich ist, wenn man den Spagat zwischen privater Not und politischer Realität machen muss. Wer ist hier im Recht? Hamlet, dem ein Geist den Racheauftrag gab und ihm die Intrige einflüsterte? Oder König Claudius, der vorgeblich alle privaten Sorgen und Nöte dem Staatswohl unterordnet? Wer lügt? Wer sieht noch klar? Wer ist wahnsinnig und wer vernünftig in dieser Welt, die aus den Fugen ist? Am Rande einer Probe sprach der Dramaturg Robert Koall mit dem Regisseur Roger Vontobel. D Robert Koall: Roger Vontobel, Sie sind bekannt dafür, dass Sie sich gern der großen Stoffe annehmen. „Die Orestie“, „Don Carlos“, den Antikenzyklus „Die Labdakiden“ – es waren fast immer die großen Dramenerzählungen. Was ist so reizvoll an der ganz großen Form? Roger Vontobel: Das spannende an den großen Geschichten ist, dass sich so wahnsinnig viele Zusammenhänge ergeben, die man beleuchten kann. Es ergeben sich sozusagen dynastische Momente und nicht nur kleine Aufnahmen von Welt. Die Bögen sind größer, dadurch die Geschichte und dadurch haben die Figuren im Fortsetzung auf Seite 02 besten Falle mehr Leben. Ein Spieler durch und durch: Christian Friedel als Hamlet FOTO: MATTHIAS HORN Staatsschauspiel Dresden 02 Fortsetzung von Seite 01 der er nicht nachdenken muss. Würde er nicht ständig über die Sachen nachdenken, die er tut, hätte er plötzlich ein Gefühl von Wahrhaftigkeit – das ist jetzt eine Unterstellung von mir – aber er tut es eben immer. Er reflektiert sich immer selbst und insofern nimmt er sich immer die Chance dieser Erfahrung von der Wahrhaftigkeit. Außer in der Musik. Es gibt einen internen Untertitel für die Arbeit, einen Arbeitsuntertitel, der heißt „Tribute to Hamlet“ – also „Tribut an Hamlet“. Damit ist nicht Prinz Hamlet gemeint, sondern sein Vater, Hamlet der Ältere. Was hat es mit dem Tribut an Hamlet auf sich? Die Grundsituation, die unserer Inszenierung zugrunde liegt, ist ein Trauerkonzert des Sohns, ein Konzert für den verstorbenen Vater – in memoriam Hamlet. Das ist im Prinzip der „Tribute to Hamlet“, und da Hamlet gleich heißt wie sein Vater, ergibt sich diese seltsame Zweideutigkeit. Wer ist jetzt gemeint? Wer wird da gefeiert? Tatsächlich der Vater? Oder ist es ein Ego-Trip des Sohns, der sich die Welt erspielt und mit Musik greifbar zu machen sucht? Das heißt, die „Mausefalle“, das berühmte Stück im Stück, ist auch ein Musikstück? Oder Musiktheater? Im Englischen würde man es „spoken word“ nennen. Es ist Text mit Musik. Es geht um die Kraft der Musik, mit vielen Mitteln Direktheit zu erzeugen. FOTO: DIANA KÜSTER Shakespeare zeigt uns ziemlich deutlich, dass die Verdächtigungen des Prinzen begründet sind: Sein Stiefvater hat tatsächlich den alten König ermordet, und er plant nun auch, den Prinzen zu ermorden. Wie stark wird man in Ihrer Inszenierung diese Intrige erkennen können? Bei „Hamlet“ live on stage – die Musiker der Band Woods Of Birnam. FOTO: PR Ich würde es so formulieren: Ganz im Sinne „Hamlets“ lassen wir hier etwas in der Schwebe. Weil es eben eine nur vermeintlich objektive Wahrheit ist. Der ZuschauUnd im speziellen Falle von „Hamlet“? Hat die Auf der soeben beendeten Probe haben wir eine er muss sich selber eine Meinung darüber bilden, wer Figur des Prinzen da auch mehr Leben? Oder ver- Szene gesehen, in der Christian Friedel als Hamlet jetzt wohl Recht hat. größert sich sein Rätsel? dem Horatio begegnet ist und in der Sie als RegisIch glaube schon, dass bei „Hamlet“ das Rätsel sehr, sehr seur ihn durch eine ganz große Anzahl von Zustän- Zum Regisseur groß ist. Aber genau damit spielt das Stück ja auch. Es den und Spielweisen durchgeschickt haben. Er hat Roger Vontobel studierwird eben nicht alles auserzählt. Statt objektiver Wahr- Dialekt gesprochen, er hat andere Sprecher imite Schauspiel und Regie heit stößt man immer nur auf Beziehungen, Momente tiert, er hat den König Claudius imitiert, er hat in New York, Pasadena der Ahnung oder Projektionen. Es sind immer nur Mut- hohe pathetische Töne gehabt, dann wieder ganz und Hamburg. Er arbeimaßungen über Wahrheit. Es sind Mutmaßungen über pure, echte Töne. Kommen wir durch dieses austet unter anderem am Zusammenhänge, aber es sind nie die eigentlichen Zu- ufernde Spiel dem Hamlet näher oder entfernt er Deutschen Schauspielsammenhänge, die im Mittelpunkt stehen. sich durch dieses Spiel von uns? Ist es Maske oder haus in Hamburg, an ist es eine Öffnung? den Münchner KammerDas Stück „Hamlet“ zu erzählen, hieße dann auch, Dadurch kommt man ihm extrem nahe. Viel näher, als spielen sowie als Hausregisseur am Schauspielhaus mit einem offenen Rätsel umzugehen? Oder kann wenn er uns das Spiel nicht vorführen und es immer Bochum. man die Figur Hamlet, kann man das „Rätsel Ham- wieder brechen würde. Maske und Gesicht sind eben Für seine Dresdner Inszenierung von Schillers „Don let“ lösen? Muss man damit leben, dass der „Rest gleichzeitig sichtbar. Das Problem der Wahrhaftigkeit Carlos“ erhielt Vontobel 2010 den deutschen Theaterschweigen“ ist, weil man zum Grunde dieses Men- bleibt: Bin ich mit der Maske wahrhaftiger als ohne? preis „Faust“. Außerdem wurde „Don Carlos“ 2011 als schen nicht vordringen kann? Und wenn ich das nicht unterscheiden kann, emotio- eine der zehn bemerkenswertesten deutschsprachigen Ja, ich glaube, das ist so. Man macht als Regisseur und nal, dann hab ich ein Problem. Dann bin ich Hamlet. Inszenierungen zum Berliner Theatertreffen eingelaauch als Schauspieler natürlich viele Versuche, ins Inden. nere vom Hamlet vorzustoßen. Genauso, wie man die Kann Hamlet das unterscheiden? Geschichte drum herum versucht, bis ins Letzte auszu- Ich glaube nicht. Ich glaube, es fällt ihm wahnsinnig leuchten. Aber bei „Hamlet“ – beim Stück wie bei der schwer. Das ist auch sein konstituierendes Element als Figur – wird es immer einen Rest geben, einen versteck- Figur oder als Mensch. Besetzung ten, dunklen Winkel, ein unbekanntes Land. Das macht Mit: Christian Friedel, Benedikt Kauff, Hannelore Koch, Jonas Friedrich das Stück ja so einzigartig, es ist größer als wir. Nun haben wir heute nicht nur Christian Friedel als Leonhardi, Ahmad Mesgarha, Torsten Ranft, Matthias Reichwald, Hamlet auf der Bühne gesehen, sondern auch eine Annika Schilling und Sebastian Wendelin Band: Christian Friedel (Gesang & Klavier), Ludwig Bauer (Klavier & Hamlet ist ein Spieler durch und durch, der zu Be- Band. Es erwartet uns ein musikalischer Hamlet? Synthesizer), Philipp Makolies (Gitarre), Christian Grochau (Schlagginn des Stücks beschließt, den anderen etwas vor- Es erwartet uns ein Hamlet, der in verschiedenen For- zeug), Uwe Pasora (Bass) zuspielen und vielleicht auch sich selber etwas vor- men nach Wahrheit sucht. Musik ist eine davon. Sie ist Regie: Roger Vontobel Bühne: Claudia Rohner Kostüm: Ellen zuspielen. vielleicht auch die einzige Form der Welterfahrung, bei Hofmann Musik: Woods Of Birnam Dramaturgie: Robert Koall Die Theaterzeitung 11/2012 03 100 Jahre Staatsschauspiel Dresden – Extras zum Jubiläum Sie befinden sich hier Ein theatraler Parcours durch das Schauspielhaus und seine Geschichte In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Studiengang Bühnen- und Kostümbild Premiere am 15. November um 18:00 Uhr im Schauspielhaus (weitere Termine: 17. und 22.11., 6., 7., 8. und 29.12. um 18:00 Uhr sowie 15.12. um 17:30 Uhr) A cht Studierende des Studiengangs für Bühnen- und Kostümbild der Hochschule für Bildende Künste Dresden haben Erinnerungen, Geschichten und Anekdoten um das Schauspielhaus zusammengetragen und laden dazu ein, das Theater aus einer neuen Perspektive zu erkunden. Auf einem Parcours der Erinnerung durch das Haus eröffnen Installationen, Szenen und Performances neue Blicke und verbinden Fiktion mit Wirklichkeit. Der geführte Parcours dauert ca. eine Stunde. Eintrittskarten erhalten Sie an den Kassen des Staatsschauspiels. Über die Entstehung des Projekts berichten Bettina Katja Lange und Ansgar Prüwer. Kühe, Theaterzelt, „Wende“ und Oper – das sind nur einige von vielen Stichworten, die auf Geschichten aus 100 Jahren Schauspielhaus verweisen. Wir haben uns auf die Spurensuche der Schauspielhausgeschichte begeben. Chroniken und Festschriften der Theatergeschichte haben wir dabei zunächst außer Acht gelassen und uns auf das konzentriert, was ein Theater lebendig macht: das Publikum und die Mitarbeiter. Ausgestattet mit Kamera und Diktiergerät, haben wir im Theater und in der Stadt nach Stimmen gesucht, welche die Geschichte des Hauses auf eine sehr persönliche Art und Weise erzählen. Wenn wir heute durch das Gebäude gehen, ist fast jeder Winkel mit einer Geschichte aufgeladen: In der Kassenhalle streunen vier Pitbulls um die Säulen – eine Inszenierungsidee aus den neunziger Jahren, die nie verwirklicht wurde. Vor dem Balkon im zweiten Rang stehen Eimer voll Regenwasser. Doch das undichte Dach hielt nicht von den politischen Diskussionen 1989 ab. Ganz oben unterm Dach spazieren Zirkuselefanten auf einem Stahlträger – Herr Sarrasani unterstützte damit den Wiederaufbau des Hauses nach dem Krieg. artour – Das MDR-Kulturmagazin Das MDR-Fernsehen sendet am 29. November aus dem Schauspielhaus Am 29. 11. um 22:05 Uhr ist es soweit: das MDR-Kulturmagazin artour widmet dem Staatsschauspiel Dresden anlässlich der 100. Spielzeit eine ganze Sendung. Dann heißt es: heraus aus dem Leipziger Studio und hinein in das Dresdner Schauspiel- Das Schauspielhaus zeigt sich in diesem Modell ganz von seiner Schokoladenseite. FOTO: BETTINA KATJA LANGE/ANSGAR PRÜWER Die Andenken und Aufzeichnungen aus unterschiedlichen Zeiten bilden einen vielfältigen Erinnerungsspeicher, anhand dessen sich die Geschichte des Hauses rekonstruieren lässt. Aber bedeutet Rekonstruktion zugleich Wahrheit? Zumal wenn diese nicht auf Fakten, sondern auf mündlich überlieferten Erinnerungen beruht? Manchmal liegen Wahrheit und Erinnerung meilenweit auseinander. Das Besondere unserer Sammlung ist die Subjektivität des Erinnerten. Jeder Mensch erlebt und verarbeitet Geschichte anders. Kleine Anekdoten werden zu Legenden, und die eigentlichen Tatsachen geraten dabei nach und nach in Vergessenheit. Doch bietet sich nicht gerade dadurch ein umfassender Blick auf das Erlebte, wenn mehrere dieser individuellen Perspektiven zusammengetragen werden? Mit unserem theatralen Parcours nehmen wir teil an der Geschichte des Schauspielhauses, indem wir sie auf unsere Weise ein weiteres Mal erzählen und in die Zukunft weiterspinnen. 1990 „Es war eine große Leistung nach der Wende, das Ensemble bei der Stange zu halten, bei diesen zweifellos belastenden Bedingungen.“ 1993 „Es wurde ein Theaterzelt aufgebaut, wie beim Zirkus, und dort wurde diese berühmte Show gespielt, wie , hieß sie, ‚Rocky Horry . Ein Riesenerfolg, das war Party.“ 2002 „Man hat die Dimension der Katastrophe nicht verstanden, das ging alles zu schnell. Gut zwanzig Kühe, die wirklich echt aussahen, sind wie die Buddeln bei der Seefahrt mit den Wassermassen davongeschwommen. Seitdem war mir die Elbe nicht mehr ganz so lieb.“ Im Folgenden ein Vorgeschmack auf das zugrundeliegende Material: 1913 „Der Baustil, eine Geschmackssache. Es ist kein richtiger Baustil, es ist ein Gemisch, aus allem ein bisschen was. Jugendstil, Neue Sachlichkeit, Neobarock. Der Standort war bei Baubeginn so begrenzt.“ 1948 „Wiederaufbau – damals waren Ballett und Oper noch mit im Haus. Da haben wir wunderbare Aufführungen erlebt. ‚Tosca‘. Beeindruckend, auch die Akustik. Der Zuschauersaal war in diesem Fünfziger-Jahre-Stil, lindgrün. Und die Restaurantbestuhlung war altmodischer, ich glaube, es gab weiße Tische oder braune, egal, und Stühle mit rotem Samtbezug.“ Hannelore Hoger liest „Jans muss sterben“ von Anna Seghers am 27. November um 20:00 Uhr im Schauspielhaus haus. „artour“-Moderatorin Evelyn Fischer wird für Sie im Haus unterwegs sein, hinter die Kulissen schauen und mit den Dresdner Theatermachern sprechen. Dazu gibt es Berichte über die Jubiläumsspielzeit (natürlich über den noch ganz frischen „Hamlet“ vom 24.11.) sowie Erinnerungen an Theater-Höhepunkte und -Stars der letzten Jahre und Jahrzehnte. Konzeption und Gestaltung: Bettina Katja Lange und Ansgar Prüwer (Leitung), Tanja Berndt, Maira Bieler, Juliette Collas, Franziska Harm, Romina Kaap, Anna Maria Münzner Künstlerische Betreuung: Prof. Barbara Ehnes, Robert Lehniger Künstlerische Mitarbeit: Miriam Visaczki Dramaturgie: Beret Evensen Prominente Schauspieler lesen Jahrhunderttexte FOTO: JIM RAKETE / PHOTOSELECTION Ich bin nicht ganz so sehr ein Fan von Eierschecke, den Teig unten ess ich meist gar nicht mit W ir wollen die vergangenen 100 Jahre auch literarisch Revue passieren lassen, indem wir renommierte Schauspielerinnen und Schauspieler nach Dresden einladen, um aus großen Werken der deutschsprachigen Literatur zu lesen. Hannelore Hoger, die zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen zählt, wird diese Veranstaltungsreihe eröffnen. Sie liest die Erzählung Jans muss sterben von Anna Seghers, ein frühes, wenig bekanntes Meisterstück, das von Marie und Martin Jansen erzählt, die ihre Liebe füreinander unmerklich verbraucht haben und die nun all ihre Sehnsüchte an ihren Sohn knüpfen. Weitere Termine: 13.12. Ulrich Matthes liest Thomas Mann 15.1. Manfred Krug liest Bertolt Brecht 26.2. Katharina & Anna Thalbach lesen Thomas Brasch 3.4. Dagmar Manzel liest Christa Wolf. Staatsschauspiel Dresden 04 ausschließlich an der Produktion arbeiten. Es gibt auch kein Links und kein Rechts. Alle sind pünktlich, die Pausen sind kurz. Es gibt sieben „Fäuste“ in der Inszenierung. Warum diese Vervielfachung des Faust? Miriam Tscholl: Ein Stück Faust steckt in jedem von uns – aber eben in jedem ein anderes Stück. Man kann durch die Vervielfältigung aus unterschiedlichen Perspektiven auf den Faust schauen oder auch mal einen „Gegenfaust“ entwickeln. Hajo Kurzenberger: Es hat noch einen weiteren Nebeneffekt, der ebenfalls produktiv ist: Die Einmaligkeit der Figur wird aufgelöst. Faust steht ja auf einem Sockel. Alle sagen: Das ist der „Übermensch“ schlechthin. Goethe selbst war enorm kritisch gegenüber seinem „Faust“! Das hat den Germanisten und „Faust“-Forscher, Albrecht Schöne, vor kurzem herausgefunden. Es ist die Rezeption des „Faust“, die ihn heroisiert hat. Wir holen ihn vom Sockel herunter. Da kommen jetzt sieben Männer, die heißen Armin, Benno, Bertolt, Kai-Uwe, Sandro, Sebastian, Valentin und behaupten, sie seien Faust. Faust auf der Suche nach Glück: Bertolt List, Sandro Zimmermann, Armin Biedermann, Benno Fritz, Sebastian Eckhardt, Kai-Uwe Kroll Ich armer Tor nach Goethes „Faust“ mit Dresdner Männern in der Midlife-Crisis Die Bürgerbühne Uraufführung am 9. November um 20:00 Uhr im Kleinen Haus 3 (weitere Termine: 13. und 19.11. sowie 9. und 17.12.) Ein Stück Faust steckt in jedem von uns S paren Sie das Geld für den Therapeuten, schmeißen Sie Ihren Job nicht hin, beenden Sie nicht Ihre Beziehung und gehen Sie nicht in den Swingerclub, sondern beschäftigen Sie sich mit Goethes „Faust“! Seitdem die Proben für das neue Bürgerbühnenprojekt Ich armer Tor begonnen haben, tun sieben Dresdner Männer in der Midlife-Crisis genau dies und klopfen den wichtigsten und berühmtesten deutschen Theaterstoff auf Parallelen zum eigenen Leben ab. Was sie – und auch das künstlerische Team – dabei für Entdeckungen gemacht haben, das erfahren Sie im Interview mit den Darstellern Benno Fritz (49) und Sebastian Eckhardt (34) sowie der Regisseurin Miriam Tscholl und dem Dramaturgen Hajo Kurzenberger. Die Fragen stellte Bürgerbühnenmitarbeiterin Elisabeth Blunck. Miriam Tscholl, warum inszenieren Sie den „Faust“ ausschließlich mit Männern? Miriam Tscholl: Meiner Erfahrung nach fällt es Frauen relativ leicht, auch Persönliches mit in den Probenprozess einzubringen, gerade deshalb fand ich es eine Herausforderung, dieses Mal nur mit Männern zu arbeiten. Ich bin davon ausgegangen, dass sich der Stoff sehr gut mit vielen Themen, die die Männer beschäftigen, in Beziehung setzen lässt. Diese These bestätigte sich im Laufe der Arbeit. Beinahe zu jedem Thema, das wir mit den Männern anschneiden, lässt sich etwas im „Faust“ finden: sei es die Sinnkrise, die Krise mit den Frauen, die Gottesfrage, Frage nach dem Geld und die Frage von Schuld … Hajo Kurzenberger: Wir spielen auch deswegen einen „Faust“ NACH Goethe. Es geht nicht darum, einen heili- FOTO: DANIEL KOCH gen Text als Rollendarstellung auf die Bühne zu bringen. Sondern es geht darum, dass die Männer, die sich hier eingefunden haben und sich mit dem Stoff beschäftigen, ihre eigenen Biografien im „Faust“ spiegeln. „Faust“ VON Goethe bleibt aber immer der Ausgangs- und Bezugspunkt. Was hat die „eigene Lebensmitte“ bzw. die MidlifeCrisis bei Männern von heute mit Goethes „Faust“ zu tun? Hajo Kurzenberger: Die Figur Faust ist ja permanent in der Krise, von Anfang bis Ende. Er ist der ewig Unzufriedene. Er ist der, der sich nicht aufs Faulbett legen will und der immer weitersucht, nach Möglichkeiten, sich und sein Leben zu erweitern. Sebastian Eckhardt: Ich finde es spannend, dass ich in meinem eigenen Leben plötzlich „Szenen“ entdecke, zu denen ich dann parallel Motive im „Faust“ finde. Zum Beispiel die Kritik am Gelddrucken oder die Liebesgeschichte zwischen Faust und Gretchen. Benno Fritz: Mir ist der „Faust“-Stoff jetzt viel näher: Der „alte“ Faust ist an einer Station seines Lebens angelangt, an der er dem, was er bisher erreicht hat, nicht mehr viel abgewinnen kann. Auch ich bin in meinem Leben als Pfarrer schon mehrfach in Situationen geraten, in denen ich vielen Dingen, für die ich mich bis dahin eingesetzt hatte – beruflich und privat – nicht mehr viel abgewinnen konnte. Als Konsequenz darauf habe ich mich eher zurückgezogen. Und jetzt habe ich durch das Theaterspielen die Möglichkeit bekommen, aus diesem Rückzug wieder ein Stückchen hervorzukommen und mit meinen Erfahrungen und den Erfahrungen des Faust zu spielen – im wahrsten Sinne des Wortes! Wie stark konnten Sie Ihre eigenen, persönlichen Themen in die Inszenierung einbringen? Benno Fritz: Jeder von uns hat einen Einfluss darauf gehabt, wie viel er von sich rein gibt in den Probenprozess. Und das ist auch sensibel gehandhabt worden. Und dann gibt es diesen Schutz der Rolle. Das, was ich rein gebe, kommt aus den Händen der Regie anders wieder zurück. Es ist wie ein Spiegel, in den ich gucke. Und hoffentlich ist es auch ein Spiegel für manchen, der sich das dann anschaut. Miriam Tscholl: Es geht immer auch ums Publikum. Indem ihr es wagt, eine persönliche Nähe zu „Faust“ herzustellen, ermöglicht ihr auch, dem Publikum eine Nähe zu „Faust“ herzustellen. Wir arbeiten hier an einer größeren Sache, als nur über uns selbst nachzudenken – und trotzdem denken wir über uns selbst nach! Hajo Kurzenberger: Das ist sozusagen die tiefere Begründung, warum man ein Leben durch die Theatermühle drehen sollte! Besetzung Mit: Armin Biedermann, Sebastian Eckhardt, Benno Fritz, Kai-Uwe Kroll, Bertolt List, Valentin Steinhäuser und Sandro Zimmermann Regie: Miriam Tscholl Bühne und Kostüm: Bernhard Siegl Musik: Jan Maihorn Dramaturgie: Hajo Kurzenberger, Felicitas Zürcher Neues von der Bürgerbühne Die Bürgerbühne startet ein großes Landschaftstheaterprojekt in der Sächsischen Schweiz! Zusammen mit Regisseur Uli Jäckle, dem Theater ASPIK und echten sächsischen Schweizern wollen wir in ReinhardtsdorfSchöna ein intergalaktisches Open Air-Theaterspektakel entwickeln: Der Fall aus dem All – ein spannender Science-Fiction-Krimi um Liebe, Intrige, Verrat und Versöhnung. Für dieses Projekt suchen wir noch Darsteller und Musiker aus Reinhardtsdorf-Schöna und Umgebung. Vorkenntnisse sind keine erforderlich! Am 17. 11. Was waren die besonderen Überraschungsmomente um 15:00 Uhr laden wir zum Infotreffen in die Sporthalle des Sport- und Freizeittreffs Reinhardtsdorf in der im Probenprozess? Sebastian Eckhardt: Man kommt auf die Probebühne, Waldbadstraße 52e in Reinhardtsdorf-Schöna ein. und schon am dritten Tag hat man ein Kostüm an, das wundersamer Weise auch noch passt! Mit dieser Schnel- Anmeldungen nehmen wir gern unter buergerbuehne ligkeit habe ich nicht gerechnet. Ich habe auch damit @staatsschauspiel-dresden.de oder unter 0351 . 49 13 – 849 nicht gerechnet, dass bis zu fünf Mal in der Woche die entgegen. Weitere Informationen erhalten Sie auf gesamte Mannschaft anwesend ist, Regisseur, Bühnen- www.staatsschauspiel-dresden.de/buergerbuehne. bildner, Dramaturg, Assistenten, und alle in dieser Zeit Wir freuen uns auf Sie! Die Theaterzeitung 11/2012 05 Sascha Göpel als Stanley, Nele Rosetz als Blanche und Ines Marie Westernströer als Stella Wo zur Hölle enden wir? , n Tennessee Williams berühmtem Drama „Endstation Sehnsucht“ prallen Wunschtraum, Sehnsucht und Realität aufeinander. Gedanken zum Stück der Damaturgin Beret Evensen I Die Plantage Belle Rêve, seit Generationen Sitz der Familie DuBois, musste zwangsversteigert werden. Blanche DuBois, die letzte Bewohnerin des Anwesens, hat zudem ihre Stellung als Lehrerin verloren und taucht nun bei ihrer Schwester Stella auf, um Unterschlupf zu suchen. Stella lebt in New Orleans mit ihrem Mann Stanley Kowalski, einem polnischen Einwanderer, in ärmlichen Verhältnissen. Die verwöhnte Blanche ist entsetzt von diesem Milieu und gibt sich keine Mühe, ihr Missfallen zu verbergen. Der soziale Abstieg ist ihr unerträglich, Blanche trinkt und droht mehr und mehr den Bezug zur Realität zu verlieren. Sie klammert sich an die schöngeistigen Ideale ihrer Jugend, während ihre jüngere Schwester Stella die gute Erziehung im feudalen Elternhaus bewusst hinter sich gelassen hat. Stella lebt nur für Stanley, sie ist absorbiert von seiner erotischen Ausstrahlung, seiner unbedingten Vorwärtsgewandtheit. Schon bald kommt es zu Spannungen in dem kleinen Appartement ... In seinem weltberühmten Stück von 1947 lässt Tennessee Williams die untergehende aristokratische Kultur der Südstaaten gegen das proletarische, moderne Amerika antreten. Zur Entstehungszeit des Dramas, kurz nach Ende des II. Weltkrieges, befindet sich die amerikanische Gesellschaft in einem Prozess der Neuordnung. Die wohlhabenden Familien europäischen Ursprungs, die sich einst samt ihren Idealen von Bildung, Kunst und Moral erfolgreich in der Neuen Welt etablieren konnten, haben ihren Einfluss verloren. Eine neue Generation bestimmt jetzt die Regeln: einfache Leute wie Stanley und seine Freunde. Diese selbstbewussten Männer definieren den American Dream der 1950er Jahre, der in erster Linie persönliches Glück, wirtschaftlichen und beruflichen Erfolg vorsieht. „Stanley hat seine Welt nach seinen Vorstellungen geschaffen und toleriert es nicht, dass diese Welt durch eine korrupte, kranke, zerstörerische Hochstaplerin zerstört wird. Recht hat er! Gehen wir auf eine ‚Ära Stanley‘ zu? Er mag pragmatisch gesehen im Recht sein ... aber wo zur Hölle enden wir damit?“, notierte der renommierte Filmregisseur Elia Kazan während seiner Vorbereitung für die Verfilmung von „Endstation Sehnsucht“ 1951, die mit Marlon Brando und Vivien Leigh in den Hauptrollen ins kollektive Gedächtnis eingegangen ist. Ist also Blanche die Heldin des Stücks? Auch wenn wir sie mit jedem Mann flirten sehen und sie ein ausschweifendes Leben geführt hat, erscheint sie gleichzeitig glaubhaft als die Verkörperung der klassischen Tugenden. Und auch wenn ihr Weg sie am Ende ins Irrenhaus führt, ist Blanche, so Tennessee Williams, „die rationalste aller Figuren, die ich geschaffen habe und vor allem die stärkste“. Williams feierte seinen ersten Broadway-Triumph nach vielen Jahren als erfolgloser Dramatiker mit „Die Glasmenagerie“. Zwei Jahre darauf folgte „Endstation Sehnsucht“ und 1955 das Familiendrama „Die Katze auf dem , heißen Blechdach“. Alle Stücke variieren Williams zentrales Thema: der Konflikt zwischen den Wunschträumen des Menschen und der Realität, mit der ihn das Leben konfrontiert. Der Dramatiker findet in seinen Texten für diese Gegensätze eine Fülle einprägsamer Symbole, seine Vorliebe für Metaphern durchzieht sein gesamtes Werk. So beschreibt er beispielsweise die Anregung zum Titel für sein Drama „Endstation Sehnsucht“ wie folgt: „Wenn ich überhaupt eine Heimat gehabt habe, dann ist dies New Orleans, das mich mehr als jeder andere Teil der USA mit Stoff versorgt hat. Ich wohnte ganz in der Nähe der Hauptstraße des alten Stadtviertels. Sie führt den Namen Royal. Diese Straße entlang, auf denselben Gleisen, fahren zwei Straßenbahnen. Die eine heißt Desire, Sehnsucht, die andere Cemetery, Friedhof. Ihre unentwegte Fahrt die Straße hinauf und herab schien mir plötzlich von symbolischer Bedeutung für das Leben in diesem Viertel – und übrigens auch , für das Leben überhaupt.“ Williams Drama ist mehr als eine packende, psychologisch exakte Menschenstudie. In der Figur Blanche DuBois beklagt der Autor den Niedergang der Kultur als Ausdruck einer zivilisierten Lebensweise. Zum Regisseur Nuran David Calis ist Autor, Theater- und Filmregisseur. Neben seinen Theaterinszenierungen wie u. a. „Frühlings Erwachen!“ und „Peer Gynt“ machte er mit dem Kinofilm „Meine Mutter, mein Bruder und ich“ sowie mit dem Romandebüt „Der Mond ist unsere Sonne“ auf sich aufmerksam. Seine Inszenierungen , zeichnen sich durch Calis großes Gespür für kraftvolle, authentische Figuren sowie fragile, poetische Bilder aus, mit denen er prägende Werke der dramatischen Literatur ins Heute übersetzt. FOTO: ARNO DECLAIR Endstation Sehnsucht von Tennessee Williams Premiere am 22. November um 19:30 Uhr im Kleinen Haus 1 (weitere Termine: 24.11., 6., 26. und 31. 12.) FOTO: MATTHIAS HORN Besetzung Mit: Sascha Göpel, Andreas Hammer, Matthias Luckey, Wolfgang Michalek, Nele Rosetz, Laina Schwarz, Ines Marie Westernströer u. a. Regie: Nuran David Calis Bühne: Irina Schicketanz Kostüm: Amelie von Bülow Musik: Vivan Bhatti Dramaturgie: Beret Evensen Staatsschauspiel Dresden 06 Staatsschauspiel Dresden – 100 Jahre Schauspielhaus Außenblicke In der Jubiläumsspielzeit laden wir einmal im Monat uns nahestehende Persönlichkeiten ein, in unserer neuen Kolumne „Außenblicke“ ihre Gedanken rund um das Das Jubiläumsbuch Theater kreisen zu lassen. Herausgegeben von In dieser Ausgabe übernimmt dies der Theaterfotograf Wilfried Schulz Matthias Horn. Matthias Horn fotografiert seit dem Beund Harald Müller ginn der Intendanz von Wilfried Schulz die Produktionen in Zusammenarbeit des Staatsschauspiels Dresden und ist ebenso für das fotomit dem grafische Konzept des Staatsschauspiels und die SpielzeitStaatsschauspiel Dresden. heft-Fotos verantwortlich. Für die Jubiläumspublikation Verlag Theater der Zeit „Staatsschauspiel Dresden – 100 Jahre Schauspielhaus“ Buchpremiere am 24. November hat er einen Fotoessay erarbeitet. Außerdem arbeitet er um 18:00 Uhr im Schauspielhaus frei für weitere renommierte deutschsprachige Bühnen wie Bei der Buchpremiere stellen Ihnen Wilfried Schulz, das Schauspielhaus Zürich, das Residenztheater München Harald Müller sowie Peter Michalzik und weitere und das Nationaltheater Mannheim. Autoren das Buch vor. Der entscheidende Augenblick Vom Königlichen Schauspielhaus bis zum heutigen von Matthias Horn Staatsschauspiel Dresden – anlässlich der 100. Spielzeit veröffentlichen wir in Zusammenarbeit mit dem Verlag Jeder kennt das: ,,Mach mal schnell 'n Foto.“ Klick! Und Theater der Zeit das Jubiläumsbuch „Staatsschauspiel dann das: Kein Film in der Kamera, Deckel vorm ObjekDresden – 100 Jahre Schauspielhaus“. Der Band versam- tiv. Unscharf, verwackelt oder aber einfach nur alles in melt auf 400 Seiten Texte von Künstlern, Wissenschaft- der Mitte – zwar scharf aber öde. Knapp daneben ist eben lern, Journalisten und Zeitzeugen, die sich ausgiebig auch vorbei. und facettenreich mit der Geschichte, Gegenwart und Ein Mittel, diese fünf großen Fehler in der Fotografie zu Zukunft nicht nur des Staatsschauspiels befassen. Dem vermeiden, hat der Fotograf Henri Cartier-Bresson gezur Seite stehen umfangreiche Fotostrecken, die die funden. vor nunmehr 60 Jahren hat er einen Aufsatz verfasst, der in die Fotogeschichte eingegangen ist: „The wechselvolle Geschichte des Hauses dokumentieren. Decisive Moment – Der entscheidende Augenblick“. ca. 400 Seiten Format 230 x 270 mm Dort beschreibt HCB, was man tun muss, um an ein Mit freundlicher Unterstützung des Fördervereins Staatsschauspiel Dresden gutes Foto zu kommen. Auch wenn er kein Patentrezept auf Lager hat, so empfiehlt er doch dem Fotografen, erst Subskription einmal schrittweise das Ereignis zu umkreisen: ,,sich beSie können das Buch noch vor Erscheinen zum Subhutsam auf Sammetpfötchen, aber mit Argusaugen. skriptionspreis von 20,00 € (Ladenpreis 30,00 €) Unser Auge hat beständig zu messen und abzuschätzen. beim Theater bestellen. Schicken Sie dazu bis spätesDurch eine leichte Kniebeuge verändern wir die Perspektens 23. November 2012 eine E-Mail an info@staatstive, durch eine unmerkliche Bewegung des Kopfes brinschauspiel-dresden.de, schicken Sie eine Postkarte gen wir bestimmte Linien zur Deckung. Nur kein Geoder rufen Sie an unter: 0351.49 13 – 756. schiebe und Gedränge – wer angeln will, darf das Wasser vorher nicht trüben.“ Das Verhältnis, dass der Fotograf dabei zwischen sich News aus dem Staatsschauspiel und den Leuten herstellt, ist entscheidend für das Ergeb- nis. „Gelingt ihm das nicht, kann ein einziges Wort alles verderben, alles zum Gefrieren bringen. Manchmal findet sich die passende Bild-Lösung in ein paar Sekunden, manchmal braucht man Stunden und Tage dazu.“ Wachsamkeit ist nötig, denn „wir beschäftigen uns mit Dingen, die wieder verschwinden und die man, wenn sie erst mal verschwunden sind, unmöglich wieder zum Leben erwecken kann. Was aber bestimmt die Geometrie des Augenblicks? Wie trifft man den richtigen Ton, den einen Moment? Der Schauspieler z. B. fasst sich Abend für Abend ein Auftrittsherz, um auf die Bühne zu gehen. Er hat seinen Text gelernt, und sein Kostüm gibt ihm Halt so wie die Kamera dem Fotografen Halt gibt. Aber eine andere Sache ist die Gänsehaut, die wir kriegen, wenn uns sein Spiel im ‚entscheidenden Augenblick‘ packt. Was er dabei einsetzt, bleibt sein Geheimnis. Wir jedenfalls versuchen es dann als Ausstrahlung, Anmut und Präsenz zu beschreiben. Aber nicht selten sieht das der Nebenmann im Zuschauerraum schon wieder völlig anders. Als Fotograf von Theater muss man ein Sensorium für Schauspieler entwickeln. Denn wenn ich zum Fotografieren auf drei Proben gehe, sehe ich dreimal etwas völlig Neues. Ich sehe den ‚entscheidenden Augenblick‘ manchmal sogar kommen. Aber wenn ich auf dem zweiten Druckpunkt auslöse (dann nämlich, wenn der Kameraspiegel für den Bruchteil einer Sekunde hochklappt, um den Verschluss zu öffnen), schaue ich ins Nichts. Alles schwarz. Erst beim Sichten füllt sich die Leere der schwarzen Löcher wieder auf. Erst jetzt liegen eine Reihe von Bildern, vermeintlicher ‚entscheidender Augenblikke‘ vor. Das ist dann die Stunde der Wahrheit. Sticht das eine Bild hervor? Cartier-Bresson beschreibt in den 70er Jahren das Geheimnis des ‚entscheidenden Augenblicks‘ noch einmal so: „Fotografieren, das heißt, den Atem anhalten, wenn sich im Augenblick der flüchtigen Wirklichkeit alle unsere Fähigkeiten vereinigen. Im Bruchteil einer Sekunde müssen Kopf, Auge und Herz auf eine Linie gebracht werden.“ Bis dahin gilt auf der Bühne und hinter der Kamera: Tief durchatmen, weiter probieren! Das Staatsschauspiel Dresden ist Partner der KulturLoge Dresden. Idee und Ziel der KulturLoge Dresden ist es, Menschen mit geringem Einkommen eine lebbare und kostenfreie Möglichkeit zu bieten, wieder am kulturellen und gesellschaftlichen Leben ihrer Stadt teilnehmen zu können. Dies geschieht durch die Vermittlung von Restkarten für nicht ausverkaufte Veranstaltungen, die Kulturund Sportveranstalter kostenlos zur Verfügung stellen. Gäste der KulturLoge Dresden können alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dresden werden, die über ein geringes Einkommen verfügen. Mehr Informationen unter: KulturLoge c/o Bürgerstiftung Dresden, Tel.: 0351.3 15 81 19, info@kulturloge-dresden.de, Homepage: www.kulturloge-dresden.de. Der mit 20.000 € dotierte Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft geht an Wolfgang Herrndorf. Herrndorf war zuletzt für seinen Agententhriller „Sand“ für den Deutschen Buchpreis nominiert. Die Theaterfassung seines Romans „Tschick“, die abenteuerliche Reise zweier Jugendlicher durch Ostdeutschland, steht nach wie vor auf dem Spielplan im Kleinen Haus und erfreut sich einer ungebrochen hohen Nachfrage. Mittlerweile steht das Stück in der Fassung von Chefdramaturg Robert Koall auf den Spielplänen von über 30 Theatern und es zählt zu den meistgespielten Stücken dieser Saison. Ein Fotoessay von Matthias Horn in der Jubiläumspublikation erlaubt überraschende Blicke auf und in das Theater. Staatsschauspiel Dresden Adressen: Schauspielhaus Theaterstraße 2, 01067 Dresden Kleines Haus Glacisstraße 28, 01099 Dresden Karten: per Telefon: 0351.49 13 – 555 per Fax: 0351.49 13 – 981 per E-Mail: tickets@staatsschauspiel-dresden.de im Internet: www.staatsschauspiel-dresden.de Impressum Herausgeber: Staatsschauspiel Dresden Intendant: Wilfried Schulz Kaufmännischer Geschäftsführer: Christian Krentel-Seremet Redaktion: Dramaturgie / Öffentlichkeitsarbeit Layout: Anett Backofen, Redaktion DMV Redaktionsschluss: 23. 10. 2012