Praxis der Nachqualifizierung An
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Praxis der Nachqualifizierung An
Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter Herausgeber: © isw Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung mbH Hoher Weg 3 06120 Halle Halle (Saale), im Dezember 2011 Halle (Saale), im Juli 2009 Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und aus dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. Der Europäische Sozialfonds ist das zentrale arbeitsmarktpolitische Förderinstrument der Europäischen Union. Er leistet einen Beitrag zur Entwicklung der Beschäftigung durch Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des Unternehmergeistes, der Anpassungsfähigkeit sowie der Chancengleichheit und der Investition in die Humanressourcen. Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter Herausgeber: © isw Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung mbH Seebener Straße 22 06114 Halle Halle (Saale), im Dezember 2011 Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 2 Vorwort Das Fördervorhaben „Perspektive Berufsabschluss“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hat bundesweit eine positive Entwicklung genommen. Die Bedürfnisse Erwachsener ohne Berufsabschluss auf einem anderen Weg, als der Umschulung, doch zu einem anerkannten Berufsabschluss zu gelangen, ist stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Durch die Vielzahl regionaler Projekte, ihren gesammelten Erfahrungen und den vielerorts bereits wirksamen Strukturen, werden Erwachsenen, gleich ob beschäftigt oder arbeitssuchend, orts- und betriebsnahe Möglichkeiten geboten, um zielgerichtet abschlussorientierte Nachqualifizierung wahrzunehmen. Der Prozess der Nachqualifizierung ist jedoch nicht nur durch den unmittelbaren Bildungsprozess geprägt, sondern gerade wegen seiner individuellen Prägung durch einen, manchmal langwierigen Beratungsprozess gekennzeichnet und weist häufig Elemente des begleitenden Coachings auf. Der Mitteldeutsche Verband für Weiterbildung e. V. mit seinem Projekt „Netzwerk Pro Beruf Halle“ hat in mehr als dreijähriger Arbeit die Beratung und Qualifizierung genau diesen Prozess, mit den Akteuren des Arbeits- und Bildungsmarktes und der Zielgruppe der An- und Ungelernten, gestaltet. Mehr als 300 Erwachsene ohne Berufsabschluss wurden bis jetzt beraten und ein großer Teil in betriebsnahe modulare Nachqualifizierung vermittelt. Das Projekt hat gleichzeitig die Möglichkeit den beschriebenen Prozess nachhaltig zu begleiten und Erfahrungen, zielgruppenspezifische Fragestellungen und regionale Besonderheiten aufzubereiten und für spätere Entwicklungen und verwandte Themenstellungen hilfreich festzuschreiben und Ansätze zur Überprüfung von Arbeitsständen zu sichern. So entstanden unter Federführung der isw Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistungen mbH die folgenden Projektstudien: „Die abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung von An- und Ungelernten in der Region Halle (Saale)“ (2009) „Möglichkeiten zur Verbesserung der abschlussorientierten Nachqualifizierung von an- und ungelernten Erwerbspersonen in der Leiharbeitsbranche“ (2009) „Erarbeitung eines Systems zur periodisch und dauerhaften Bereitstellung von Daten über Anund Ungelernte in Unternehmen und im Bereich der SGB II - sowie SGB III - Leistungsempfänger in der Region Halle (Saale)“ (2010) „Fachkräftesicherung durch Qualifizierung An- und Ungelernter“ (2011) Diese Studien sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich überwiegend an die Akteure, die Unternehmen, die Institutionen und Bildungsunternehmen, also die Fachöffentlichkeit richten. Mit der nun vorliegenden Studie beziehen wir ganz bewusst die Zielgruppe der An- und Ungelernten ein und versuchen den gesamten Prozess aus der Sicht des Qualifizierungswilligen und eines Beraters plastisch darzustellen. Also richtet sich diese Studie an Qualifizierungswillige, die am Anfang ihrer möglichen Nachqualifizierung stehen. Man könnte die Studie auch als allgemeinen Leitfaden auffassen. Die Dialogform ist bewusst gewählt und spiegelt ein Konglomerat der Fragestellungen im Beratungsprozess dar. An dieser Stelle möchten wir uns bei der isw GmbH und insbesondere bei Herrn Dr. Frank Schubert für sein Engagement, für die Bereitschaft andere Wege der Dokumentation zu beschreiten und die stets angenehme Zusammenarbeit bedanken. Halle (Saale), im April 2012 Frank Ludwig Vorsitzender des MVW e. V. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung.............................................................................................................................. 6 2 „Ein Berufsabschluss, das wäre gut…“ .................................................................................... 7 3 WER unterstützt mich? .......................................................................................................... 9 5 WIE bin ich? ........................................................................................................................ 33 6 WO und WIE kann ich lernen? ............................................................................................. 45 7 „Ich bin so froh!“ ................................................................................................................. 59 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 4 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Arbeitsmarktchancen in verschiedenen Berufsfeldern ................................................. 24 Tabelle 2: Die wichtigsten überfachlichen Anforderungen .......................................................... 33 Tabelle 3: Häufigkeit fachlicher und überfachlicher Anforderungen in Stellenangeboten ............. 34 Tabelle 4: Rangfolge der häufigsten überfachlichen Anforderungen ............................................ 35 Tabelle 5: Unterschiede zwischen Qualifikation und Kompetenz .................................................. 36 Tabelle 6: Anforderungen an Grundkompetenzen bei unterschiedlichen Qualifikationsstufen ...... 40 Tabelle 7: Eignung von Bildungsträgern für Nachqualifizierung ................................................... 48 Tabelle 8: Verschiedene Formen des Lernens .............................................................................. 50 Tabelle 9: Fördermöglichkeiten für Nachqualifizierungen ............................................................ 56 Tabelle 10: Individueller Qualifizierungsplan ............................................................................... 60 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 5 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Suchanfrage im Internet und Ergebnisseite (vom 21.09.2011) .................................... 7 Abbildung 2: Projektbüro „Netzwerk Pro Beruf Halle“ .................................................................. 8 Abbildung 3: Wege zum Berufsabschluss ...................................................................................... 9 Abbildung 4: Dialog im Internet-Forum „Arbeits-ABC“ ................................................................ 11 Abbildung 5: Zielgruppen für eine Nachqualifizierung ................................................................ 12 Abbildung 6: Ablauf einer Nachqualifizierung .............................................................................. 13 Abbildung 7: „Netzwerk Pro Beruf“ für Sachsen-Anhalt Süd und Nord ........................................ 14 Abbildung 8: Teilnehmerbezogene Inhalte des Beratungs- und Informationstools (BIT) ................ 15 Abbildung 9: Formular für persönliche Daten im BIT ................................................................... 16 Abbildung 10: Beratungsprotokoll im BIT ................................................................................... 17 Abbildung 11: Berufsbiografie im BIT ......................................................................................... 18 Abbildung 12: Wege zum Berufsabschluss ................................................................................... 19 Abbildung 13: Chancen am Arbeitsmarkt .................................................................................... 21 Abbildung 14: Chancenatlas für den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt und Thüringen ................... 23 Abbildung 15: Übersicht über modular gegliederte Berufe .......................................................... 25 Abbildung 16: Modulare Gliederung des Berufs „Berufskraftfahrer/-in“ ..................................... 26 Abbildung 17: Modularisierung von Qualifizierungsangeboten (am Beispiel „Fachlagerist“) ........ 26 Abbildung 18: Inhalte (Bausteine) des Moduls „Wareneingang“ ................................................. 27 Abbildung 19: Merkmale modularer Nachqualifizierung .............................................................. 28 Abbildung 20: Vorteile modularer Nachqualifizierung ................................................................. 29 Abbildung 21: Gestaffelte Qualifizierungen im Bereich Lager / Logistik ....................................... 30 Abbildung 22: Selbstcheck für berufliche Qualifikationen ........................................................... 31 Abbildung 23: Ursprung persönlicher Qualitäten ......................................................................... 37 Abbildung 24: System der Grundkompetenzen ............................................................................ 38 Abbildung 25: Der Kompetenzatlas ............................................................................................ 39 Abbildung 26: Bedeutsamkeit der Grundkompetenzen in Stellenangeboten ............................... 40 Abbildung 27: Kompetenzbilanzierung mit Kombit ..................................................................... 42 Abbildung 28: Kompetenzbilanzierung mit Hilfe verschiedener Quellen ...................................... 43 Abbildung 29: Merkmale selbst organisierten Lernens ................................................................. 44 Abbildung 30: Anforderungen an Nachqualifizierungen ............................................................... 45 Abbildung 31: Individueller Ablauf einer modularen Nachqualifizierung ..................................... 46 Abbildung 32: Bildungskatalog für modulare Nachqualifizierung in der Region Halle ................... 47 Abbildung 33: Organisationsformen der Nachqualifizierung ........................................................ 48 Abbildung 34: Wie wird am meisten gelernt? ............................................................................. 49 Abbildung 35: Chancen für informelles Lernen ........................................................................... 51 Abbildung 36: Stellenangebote richtig lesen und interpretieren................................................... 52 Abbildung 37: Externe und interne Fachkräfte-Reserven ............................................................. 53 Abbildung 38: Inhalte eines individuellen Qualifizierungsplans .................................................... 54 Abbildung 39: Weiterbildungsbegleitende Hilfen ........................................................................ 55 Abbildung 40: Formen der Finanzierung ..................................................................................... 57 Abbildung 41: Wege bei der modularen Nachqualifizierung ........................................................ 59 Abbildung 42: Qualifizierungspass für den Süden von Sachsen-Anhalt ........................................ 61 Abbildung 43: Checkliste für Anmeldung und Zulassung zur Externenprüfung ............................. 62 Abbildung 44: Externe Prüfungsteilnehmer im Jahr 2010 ............................................................ 63 Abbildung 45: Vom Bauhelfer zum Industrieelektriker ................................................................ 63 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 6 1 Einleitung In kaum einer Einschätzung zur abschlussorientierten Nachqualifizierung von An- und Ungelernten wird nicht auf die Notwendigkeit verwiesen, dieses System der Qualifizierung zu einem anerkannten Berufsabschluss noch deutlich stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Zu den immer wieder hervorgehobenen Entwicklungsbedarfen gehört die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit sowohl in Bezug auf die Zielgruppen der Nachqualifizierung als auch auf die Unternehmen mit ihrem zunehmend schwieriger zu deckenden Fachkräftebedarf. So wird in einer der jüngsten und repräsentativsten Analysen, die auf Interviews mit 50 Kammern aus ganz Deutschland basiert, gefordert, die Informationen über die Externenprüfung zu verbessern und das Verfahren für die Zielgruppen transparenter, ausführlicher und für die Adressaten verständlich und bedarfsgerecht darzustellen.1 Ziel der vorliegenden Studie ist es deshalb für potenzielle Interessenten möglichst umfassend und anschaulich darzustellen, wie Nachqualifizierungen in der Praxis organisiert und durchgeführt werden. Sie soll interessierte Personen und Unternehmen in die Lage versetzen, § ein grundlegendes Verständnis für die Voraussetzungen, Bedingungen und Vorgehensweisen bei der Nachqualifizierung entwickeln zu können, § Nachqualifizierungen aktiv zu unterstützen und mit zu gestalten, das heißt mündige und kompetente Partner im Rahmen der „Perspektive Berufsabschluss“ zu werden. Für die Darstellung wird die Form eines fiktiven Dialogs zwischen einem NachqualifizierungsInteressenten und einem Berater für Nachqualifizierungen gewählt. Unter inhaltlichen Gesichtspunkten soll deutlich werden, dass Nachqualifizierungen § nach einem grundlegenden Verfahrensalgorithmus erfolgen, § in ihrer Planung und Durchführung eine erhebliche Spielbreite aufweisen können (die trotz des gewählten Einzelbeispiels deutlich werden soll), § innerhalb regionaler Netzwerke erfolgen, die sich durch teilweise spezifische Kooperationsformen, Beratungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote auszeichnen und in denen spezifische Methoden und Instrumente zur Anwendung kommen, was im Folgenden am Beispiel des „Netzwerkes Pro Beruf Halle“ und für den Süden Sachsen-Anhalts erläutert wird. 1 Grund, St.; Kramer, B.: Zulassung zur Externenprüfung. Analyse und Auswertung der qualitativen Interviews mit den zuständigen Stellen zum Vorgehen bei der Zulassung zur Externenprüfung. Ergebnisbericht. ZWHBericht, Düsseldorf 2010; http://www.q-zwh.de/zwh/fileadmin/p_bqf/nachqualifizierung_pdf/ZWHErgebnisbericht_Zulassung_Externenpruefung.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 7 2 „Ein Berufsabschluss, das wäre gut…“ Er sitzt und wartet, wartet - schon länger als eine halbe Stunde. Die anderen ein bisschen beobachten, ein wenig vor sich hin träumen; mehr passiert nicht. Nun greift er doch noch nach einer der Zeitungen auf dem Tisch. Der Sport, der Wetterbericht, das Lokale – und schon wieder fertig. Der Wirtschaftsteil ist nicht so interessant… Aber diese Überschrift da! Ungelernte haben immer weniger vom Lohn Das Gefühl hat er ja auch – Monat für Monat, eigentlich Tag für Tag. Die Löhne von Arbeitnehmern ohne Berufsausbildung, liest er gespannt, sinken unter Berücksichtigung der Inflation seit der Wiedervereinigung kontinuierlich. Sie befinden sich derzeit wieder auf dem Niveau von 1984. An der Zunahme des gesellschaftlichen Wohlstandes haben sogenannte Geringqualifizierte in den vergangenen 25 Jahren keinen Anteil gehabt. Durch die Globalisierung wird die Verfügbarkeit von Arbeitskräften mit einfachen Kenntnissen weiter steigen und das Risiko von Niedriglohn und Arbeitslosigkeit weiter zunehmen.2 Er kennt noch eine Menge weiterer Risiken und Unannehmlichkeiten aus eigener Erfahrung: uninteressante Arbeitsaufgaben, unsichere Zukunft im Beruf und im persönlichen Leben, häufig Konkurrenz mit den besser Qualifizierten, lange Jobsuche nach Entlassungen, zunehmende gesundheitliche Anfälligkeit, Leben am Minimum, geringe Rentenansprüche, Missachtung und kaum Fürsorge im Betrieb, abgehängt bei Weiterbildungen, beruflichen Anerkennungen, Aufstiegschancen … Eigentlich hat er es schon seit Langem begriffen: Leute ohne ordentlichen Berufsabschluss sind wie das fünfte Rad am Wagen. Ihnen fehlt die Eintrittskarte in den richtigen Arbeitsmarkt. Soll das noch über 30 Jahre lang so weiter gehen? Nein, jetzt reicht‘s! Von heute an werde ich mich kümmern. Bloß, wie komme ich zu einem Berufsabschluss? In meinem Alter? Habe ich trotzdem noch eine Chance? Ob es das gibt, „einen Berufsabschluss nachholen“? Zu Hause werde ich gleich mal versuchen, mich gründlich zu informieren. Im Internet. Abbildung 1: Suchanfrage im Internet und Ergebnisseite (vom 21.09.2011) 2 Leipziger Volkszeitung, 2. August 2011, S. 6 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 8 Sieh mal an, da ist ja schon was – vieles sogar. Und selbst direkt hier in Halle macht man so was, unter der Überschrift „Perspektive Berufsabschluss“. Die da in Halle haben auch noch eine eigene Internetadresse: http://www.pro-beruf-halle.de. Ein ganzes Stück hilft das schon, was man da lesen kann. Aber eine richtige Vorstellung von dieser „Nachqualifizierung“ habe ich davon trotzdem noch nicht. Deshalb werde ich morgen bei „Pro Beruf“ vor der Tür stehen. Mal sehen, wie die das erklären, ob man dort was für mich tun kann! Es wäre doch so was von schön … Abbildung 2: Projektbüro „Netzwerk Pro Beruf Halle“ 3 3 Homepage „Netzwerk Pro Beruf Halle“; http://www.pro-beruf-halle.de isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 9 3 WER unterstützt mich? Ich möchte endlich einen Beruf mit richtigem Abschluss haben. Deshalb komme ich zu Ihnen. Ich zähle immer als Ungelernter – und das hat so viele negative Folgen. Können Sie mir helfen? Ja freilich und gerne noch dazu. Wir hier vom „Netzwerk Pro Beruf Halle“ unterstützen und beraten alle, die bisher keine Berufsausbildung haben und sich in Richtung eines Berufsabschlusses qualifizieren wollen. Wir müssten dazu zwar noch eine ganze Menge klären, aber das kriegen wir hin. Zuerst aber sollte Ihnen klar sein, dass niemandem - auch Ihnen nicht - der Berufsabschluss geschenkt wird. Die Anforderungen an Sie werden letztlich die gleichen sein wie bei jeder anderen Abschlussprüfung einer beruflichen Erstausbildung. Wir können Sie bei Ihrer Nachqualifizierung beraten und unterstützen – aber machen müssen Sie es letzen Endes! Das ist mir klar. Ich will mich ja anstrengen und ich weiß auch, dass ich nicht von heute auf morgen Facharbeiter sein werde. Aber ich will – wenn es möglich ist – eine zweite Chance bekommen und sie auch wirklich nutzen. Ich habe ja schon mal eine Berufsausbildung begonnen … sie aber leider abgebrochen. Können Sie so einem noch helfen? Aha, das ist sehr interessant und wahrscheinlich auch günstig für Ihr Qualifizierungsvorhaben. Aber wir gehen mal der Reihe nach vor. Qualifizieren für einen anerkannten Beruf – das geht auf verschiedenen Wegen. Hier ist das schön gezeigt. Abbildung 3: Wege zum Berufsabschluss 4 4 Gutschow, K.: Potenziale nutzen durch berufliche Nachqualifizierung. Stuttgart 2010; http://www.bibb.de/images/inhalte/a12pr_veranstaltung_2010222_didacta_forum_ausbildung_qualifiaktion_ gutschow.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 10 Der Normalfall für die meisten ist der Weg als Auszubildender über eine normale Berufsausbildung bis hin zu einer Abschlussprüfung, meistens vor der IHK oder HWK. Damit hat man dann seine Berufsausbildung abgeschlossen und ist Facharbeiter oder Geselle. Es gibt aber auch ziemlich viele, die aus irgendwelchen Gründen ihre Berufsausbildung nicht abgeschlossen oder gar keine begonnen haben. Die sind dann schnell für eine berufliche Erstausbildung zu alt! Trotzdem haben sie meistens etliche Jahre gearbeitet, oft auf unterschiedlichsten Arbeitsstellen, mehr oder weniger glücklich damit. Kommt mir vor, als ob Sie von mir reden... Schon möglich. Egal, ob Sie nun ein „Beschäftigter mit Tätigkeiten unterhalb des Facharbeiterniveaus“ sind, eine „Person mit diskontinuierlicher Lern- und Erwerbsbiografie“ oder beides sind: Sie können sich wie es in der Abbildung heißt in einer „Kombination von Betrieb und Bildungseinrichtung und/oder Beschäftigungsträger“ qualifizieren. Auch bis hin zu einem Berufsabschluss! Den erhalten Sie nach einer sogenannten Externenprüfung. Diese Möglichkeit, diesen Weg, den man speziell für Personen ohne Berufsabschluss entwickelt hat, nennt man „abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung“. Was glauben Sie, wie viele Leute es gibt, die dafür in Frage kämen, die das nutzen könnten? Ein paar kenne ich, aber sehr viele können das nicht sein. Ich denke so 300 oder 400 Leute. Ach, es sind viel, viel mehr, als man glaubt! In ganz Sachsen-Anhalt gibt es mehr als 150.000 Personen ohne Berufsabschluss – hier in Halle allein schon rund 14.000. Und in ganz Deutschland sind es sage und schreibe rund 4,5 Millionen. Mit anderen Worten: Ungefähr 15 % all jener, die im „Arbeitsalter“ sind, geht es so oder so ähnlich wie Ihnen. Sie sehen, Sie sind bei Leibe kein Einzelfall!5 Das ist kaum zu glauben! Ich habe immer gedacht: Wenige sind so schlecht dran wie ich. Mich wundert’s nur, dass mir bisher noch niemand gesagt hat, dass man einen Berufsabschluss auch nachträglich noch machen kann. Das glaube ich Ihnen. Wir tun zwar sehr viel, um diese Möglichkeit publik zu machen, aber noch viel zu viele kennen diese gute Möglichkeit nicht. Schauen Sie grad mal hier, da ist auch jemand, der sich nicht zu helfen wusste. Ich war gerade in einem Forum zum Thema „Alles rund um die Arbeit und um’s Vorwärtskommen“. Da kann man seine Fragen stellen und die Meinungen anderer dazu erfahren. Selbst auf diesem Wege können Sie schon Ratschläge und Unterstützung erhalten. 5 vgl. isw GmbH: Erarbeitung eines Systems zur periodisch und dauerhaften Bereitstellung von Daten über Anund Ungelernte in Unternehmen und im Bereich der SGB II - sowie SGB III - Leistungsempfänger in der Region Halle. Halle (Saale) 2009 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 11 Abbildung 4: Dialog im Internet-Forum „Arbeits-ABC“ 6 Wer kommt denn für eine Nachqualifizierung prinzipiell alles infrage? Wenn Sie das wissen, wissen Sie auch, ob Sie dazu gehören. 6 http://arbeits-abc.de/forum/ (21. 09. 2011) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter Abbildung 5: Zielgruppen für eine Nachqualifizierung 12 7 Personen ohne Berufsabschluss (An- und Ungelernte) … älter als 25 Jahre (z.B. Berufs- und Studienabbrecher) Zielgruppen für Nachqualifizierung … derzeit mit oder ohne Beschäftigung (Beschäftigte oder Arbeitslose SGB III + II Selbständige) … in Teilzeitbeschäftigung, Kurzarbeit, Zeitarbeit u.a. … ohne verwertbaren Berufsabschluss (z.B. Berufsrückkehrer) … mit nicht anerkanntem Berufsabschluss (z.B. Zuwanderer aus dem Ausland) Mit Blick auf diese Zielgruppen gilt für Sie erst mal: ohne Berufsabschluss und über 25 Jahre alt. Jetzt ist noch zu fragen, ob Sie arbeitslos oder in Arbeit sind? Bis vor wenigen Tagen war ich in Arbeit, zuletzt als Zeitarbeiter. Dann wurde mir ganz plötzlich gekündigt. Das kenne ich schon zur Genüge. Nun sitze ich wieder mal ohne was da. Und damit überhaupt etwas passiert, will ich mich hier kümmern. Verstanden, das passiert nicht so selten. Wir haben jetzt erst mal gesehen, dass Sie für eine Nachqualifizierung in Frage kommen könnten, weil Sie zur „Zielgruppe“ gehören. Dann zeige ich Ihnen jetzt mal Schritt für Schritt, was es zu tun gibt, wenn uns Ihre Nachqualifizierung gelingen soll. Damit erhalten Sie sozusagen einen Wegweiser. Sie wissen dann, wo es langgehen wird und was im Einzelnen, das heißt Schritt für Schritt, passieren wird. Außerdem können Sie ja vielleicht mal anderen durch einen Hinweis helfen, aus dem bescheidenen Leben ohne Berufsabschluss raus zu kommen. Unsere Devise heißt: „Netzwerk Pro Beruf Halle … und es geht weiter“. 7 Die Zielgruppen der Nachqualifizierung können – insbesondere wenn sie durch öffentliche Gelder gefördert werden – in Abhängigkeit von europäischen, bundesweiten oder regionalen Förderbestimmungen variieren. Gleiches gilt für eine Reihe weiterer Aussagen, die im Folgenden getroffen werden, sofern sie mit Finanzierungskonsequenzen verbunden sind. Aktuelle Aussagen dazu sind am besten immer bei den Projektträgern der Nachqualifizierung zu erhalten (siehe auch Kapitel 6). isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 13 Abbildung 6: Ablauf einer Nachqualifizierung Ablauf der Nachqualifizierung 1. Grundinformationen und Einstieg 2. Bildungs- und Berufsbiografie erstellen Fachliche Qualifikationen analysieren Kompetenzen bilanzieren Zielberuf finden und festlegen 3. Individuellen Bildungsplan erarbeiten Qualifizierungsangebote sondieren und auswählen Finanzierung planen und sichern 4. Modular und praxisbezogen qualifizieren Qualifizierung begleiten und dokumentieren 5. Abschlussprüfung vorbereiten Externenprüfung absolvieren Mit diesen Punkten haben wir uns zu beschäftigen. Allerdings gibt es dabei auch noch Partner, die an dem „Gesamtwerk“ mitarbeiten und Sie auch unterstützen werden. Übrigens, es gibt in ganz Deutschland über 40 solcher Anlauf- und Beratungsstellen wie diese hier.8 Und zwar deshalb, weil es überall in Ost und West, in Nord und Süd viel zu viele Menschen ohne oder ohne verwertbaren Berufsabschluss gibt. Auf der anderen Seite fehlt es neuerdings überall an jüngeren Fachkräften. Das ist kein Zustand ... Damit es für den Einzelnen auch räumlich relativ gut möglich ist, sich zum Nachholen eines Berufsabschlusses beraten zu lassen, haben wir in Sachsen-Anhalt drei Zentren dafür. 8 vgl. http://www.perspektive-berufsabschluss.de isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 14 Abbildung 7: „Netzwerk Pro Beruf“ für Sachsen-Anhalt Süd und Nord 9 Gibt’s bis hierher Fragen bei Ihnen? Damit wir uns nicht aus den Augen verlieren, nehmen Sie noch unseren Flyer mit. Da haben Sie Anschrift, Telefonnummern und das Grundwissen zum Programm „Perspektive Berufsabschluss“ drauf. Vielen Dank, einiges ist mir ja jetzt schon klarer geworden – und eigentlich haben Sie mir Mut gemacht. Können wir vielleicht gleich noch ein paar Schritte weiter gehen? Natürlich gern – dann betrachten wir Sie nun schon fast als neuen Teilnehmer an der Nachqualifizierung zu einem Berufsabschluss. Als erstes müssen wir dafür mal Ihre persönlichen Daten aufnehmen. Die brauchen wir ständig und bis zum Abschluss Ihrer Qualifizierung. Dabei zeige ich Ihnen hier am Computer gleich unser Beratungs- und Informations-Tool, kurz sagen wir BIT dazu. Es gibt da je einen Bereich für Partner, für Unternehmen und für Teilnehmer. In den Bereichen, die speziell für Teilnehmer angelegt sind, müssen Sie sich gut auskennen, denn Sie können und sollen dort auch selbst Eintragungen oder Ergänzungen vornehmen. Insgesamt ist auch das BIT eine wesentliche Hilfe für Sie – aber auch für uns, wie Sie gleich sehen werden. Im BIT gibt es für den Teilnehmer mehrere verschiedene Inhalte.10 9 Netzwerk Pro Beruf Halle: Newsletter 3-11, S. 2; http://www.pro-beruf-halle.de/uploads/media/Newsletter_3-11.pdf 10 Netzwerk Pro Beruf Halle: Beratungs- und Informations-Tool (BIT). Handout. Halle/Saale 2011; Bönisch, T.: Beratung für Nachqualifizierung professionalisieren. Erfurt 2011; http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/Downloads/Station_2__BIT_Praesentation_Boenisch_-_Erfurt_09.06.11.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 15 Abbildung 8: Teilnehmerbezogene Inhalte des Beratungs- und Informationstools (BIT) Personendaten Berufsbiografie Beratungsprotokoll Inhalte des BIT Kompetenzbilanzierung (KomBit) mit Sprachenkompetenz Modulare Berufe (Datenbank) Qualifizierungspass Alles, was Sie als Teilnehmer oder wir gemeinsam in Ihr Bewerberprofil eintragen, ist natürlich vor den Augen Fremder geschützt. Deshalb melden wir Sie jetzt erst mal an, und Sie erhalten Ihren persönlichen Zugang mit Username und Passwort. Die Partner in unserem Qualifizierungsnetzwerk, mit denen Sie und wir zusammen arbeiten werden, haben allerdings Zugriff auf Ihre Daten. Sonst würde ja das Gemeinschaftswerk „Ein Berufsabschluss für Sie“ nicht zustande zu bringen sein. Im Original sieht das BIT nun so aus ... und hier haben wir die Seite für Ihre persönlichen Daten. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 16 Abbildung 9: Formular für persönliche Daten im BIT 11 Sie diktieren nun bitte mal, was wir für Sie auf dieser Seite eintragen! ... So, fertig! Schauen wir jetzt mal noch hier in den Abschnitt „Beratungsprotokoll“. Da trage ich mit dem Datum von heute ein: „Erstkontakt am … Grundinformationen übermittelt/Einstieg positiv. Berufsbiografie wird vorbereitet! Nächster Termin am …“ Und so protokollieren wir dann fortlaufend jeden unserer Kontakte und jede Ihrer Aktivitäten. Da verlieren wir den Faden nicht! Insgesamt haben wir durch dieses System alles das gut im Blick, was für jede einzelne Nachqualifizierung wichtig ist. Damit wird das BIT tatsächlich zu einer wichtigen Unterstützung für Sie und Ihr Vorhaben. 11 vgl. www.pro-beruf-halle.de. Dieser Bereich ist jedoch geschützt, also für Externe und Unangemeldete nicht einsehbar. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 17 Abbildung 10: Beratungsprotokoll im BIT 12 Was dann beim nächsten Mal zu tun ist, wird bestimmt schwieriger und schweißtreibender als das, was wir heute machen. Wir müssen uns ja dann mit der Frage beschäftigen: In welchem Beruf wollen Sie den Abschluss machen – und welche Voraussetzungen haben Sie dafür? Darauf müssen Sie sich schon zu Hause möglichst gründlich vorbereiten. Also notieren Sie sich bitte zwei Fragen: 1. Welcher oder welche Berufe kommen für mich infrage – und warum? 2. Welche Voraussetzungen habe ich dafür? Um uns der Antwort auf die erste Frage zu nähern, machen wir jetzt noch Folgendes. Sie gehen mal in den nächsten Abschnitt des BIT – in die „Berufsbiografie“. Dort ist allerhand einzutragen. 12 vgl. www.pro-beruf-halle.de. Dieser Bereich ist jedoch geschützt, also für Externe und Unangemeldete nicht einsehbar. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 18 Abbildung 11: Berufsbiografie im BIT 13 Zu Hause beantworten Sie bitte die einzelnen Fragen – soweit diese für Sie zutreffen – so gut und so genau wie es geht. Von der Schulbildung und Ihrer Ausbildung bis hin zum Wehr- oder Zivildienst ist immer wieder in der gleichen Weise darzustellen: die Zeitdauer, die Beschreibung der Inhalte, der jeweils erreichte Abschluss oder vorhandene Nachweise darüber. Das können sein: Abschluss- und Zwischenzeugnisse, Arbeitszeugnisse, Teilnahmebestätigungen, Zertifikate, Ausbildungs- und Arbeitsverträge, Kündigungsschreiben, Praktikumsbescheinigungen und was es sonst noch so gibt. Leicht wird es zunächst sein, Ihre Schulbildung darzustellen: von ... bis … welche Schule ... mit welchem Abschluss. Auch Ihr Ausbildungsabschnitt (wann, wo, was) wird keine großen Probleme machen. Danach tragen Sie bitte Ihren beruflichen Werdegang ein. Schritt-für-Schritt und keine Station vergessen! Zu allem, was Sie darstellen bringen Sie wie gesagt beim nächsten Mal unbedingt alle Ihre „Papiere“ mit. Wenn Sie das innerhalb einer Woche eingeben, kann ich mir das dann schon anschauen und mir vor unserem nächsten Treffen Gedanken darüber machen, wie wir Ihren weiteren beruflichen Weg gestalten. Einverstanden? Ja, das reicht aber nun auch für heute, denke ich. Ich werde mich zu Hause mit den Sachen beschäftigen, die Sie mir aufgetragen haben und versuchen, damit klar zu kommen. Wenn es nicht so läuft, schicke ich schnell mal eine Mail hierher oder rufe an. Bei dieser Arbeit werden Sie selbst schon merken, wie Ihre Voraussetzungen für eine Zulassung zur Externenprüfung sind. Es gibt zwei Wege dahin, wobei der Umfang der Berufserfahrung im angestrebten Beruf eine ausschlaggebende Rolle spielt. 13 vgl. www.pro-beruf-halle.de. Dieser Bereich ist jedoch geschützt, also für Externe und Unangemeldete nicht einsehbar. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 19 Abbildung 12: Wege zum Berufsabschluss Berufserfahrung im angestrebten Beruf (mind. eineinhalbfache Zeit der regulären Ausbildung) (mehr als einfache Zeit der regulären Ausbildung) Berufserfahrung im angestrebten Beruf (weniger als einfache Zeit der regulären Ausbildung) Nachqualifizierung nicht erforderlich / aber meistens: Nachweis über berufliche Handlungsfähigkeit notwendig Zeugnisse, Zertifikate usw. / sowie: komplette Umschulung in neuen Beruf Vorbereitungskurs auf Externenprüfung Externenprüfung Berufserfahrung im angestrebten Beruf = Rechtsanspruch auf Zulassung zur Prüfung ergänzende Nachqualifizierung Abschlussprüfung Erstens kann es sein, dass Sie im angestrebten Beruf schon Berufserfahrungen haben; und zwar über die eineinhalbfache Zeit der üblichen Ausbildungszeit. Wenn eine Berufsausbildung also normalerweise zwei Jahre dauert – dann müssen Sie drei Jahre Berufserfahrung in dem betreffenden Beruf nachweisen können. Auch Zeiten der Erstausbildung werden dabei berücksichtigt! Zweitens: Wenn Sie diese Zeit nicht schaffen und weniger als ein Jahr Berufserfahrung haben – dann werden glaubhafte Nachweise in Form von Zeugnissen, Zertifikaten usw. wichtig. Deshalb müssen Sie zu Hause alles zusammensuchen, was Sie in dieser Hinsicht haben. Im ersten Falle haben Sie einen Rechtsanspruch auf eine Prüfungszulassung; im zweiten wird jeder Einzelfall geprüft und Sie können zugelassen werden.14 Drittens kann es noch sein, dass jemand sehr wenig Berufserfahrung im angestrebten Beruf hat. Dann führt nur eine komplette Umschulung zum Berufsabschluss – sofern diese genehmigt wird. Prinzip verstanden? Für diejenigen, die zu uns kommen, führt mal der erste Weg und mal der zweite zur Prüfungszulassung. Schauen wir mal, wie es bei Ihnen steht. Beim nächsten mal werden wir darüber zu sprechen haben. 14 Einen guten Einblick in die teilweise unterschiedlichen Verfahrensweisen und Beurteilungskriterien der zuständigen Stellen (HWK, IHK) bei der Zulassung zur Externenprüfung vermitteln Grund, St.; Kramer, B. (a. a. O.). Da nicht nur die Vorgehensweisen und Beurteilungskriterien dieser Stellen regional unterschiedlich sind, sondern auch ihre Vertrautheit, ihre Anforderungen und die erwünschten Formen der Zusammenarbeit mit den Projekt- und Bildungsträgern, ist nicht der individuelle Kontakt einzelner Qualifizierungs-Teilnehmer mit ihnen angebracht, sondern der durch die entsprechenden Projekt- bzw. Bildungsträger. vgl. auch: Zulassung zur Externenprüfung. „Berufliche Perspektiven eröffnen“. Erfurt 2011; http://www.f-bb.de/fileadmin/Veranstaltungen/110609_S1_Protokoll.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 4 20 WAS will ich – WAS kann ich? Über eine Woche lang ging mir fast nichts Anderes durch den Kopf als meine Nachqualifizierung. § Für welchen Beruf entscheide ich mich? § Welche Berufserfahrungen habe ich? Morgen ist wieder Termin bei „Pro Beruf“. Die werden mir sicherlich auch noch helfen bei diesen verdammt schweren Entscheidungen. Na, junger Mann, heute auf ein Neues! Was Sie in Ihrer Berufsbiografie eingetragen haben, habe ich schon intensiv studiert. Es fällt auf, dass Ihnen noch manches eingefallen ist, was in Ihrem Lebenslauf, den Sie das letzte Mal hier gelassen hatten, nicht erwähnt war. Sie sehen: Nachdenken hilft schon. Jetzt bin ich aber gespannt, was Sie nun wollen. Welcher berufliche Abschluss schwebt Ihnen vor? Das ist eine ziemlich verzwickte Sache. Es gibt so viele „pro“ und „kontra“ dabei. Ich habe mich gefragt, wozu habe ich Lust – welche Arbeit würde mir gefallen. Dann habe ich noch überlegt, ob ich von dieser Arbeit oder diesem Beruf eine Vorstellung habe, also weiß, was mich dort in etwa erwartet. Früher wusste ich das meistens nicht – und habe das dann nicht selten bereut. Und drittens habe ich versucht heraus zu finden, für welche Berufe ich schon Voraussetzungen mitbringe. In erster Linie im Hinblick auf die Dauer meiner Berufserfahrung. Außerdem muss man halbwegs wissen, was im jeweiligen Beruf verlangt wird und ob man wenigstens von einigen Bereichen schon etwas Ahnung hat. Bei dem ganzen Nachdenken ist mir auch klar geworden, dass ich immer als Ungelernter bezahlt wurde – obwohl ich nicht selten auch Arbeiten für gelernte Facharbeiter gemacht habe. Das glaube ich Ihnen gern, deshalb nehmen wir ja jetzt noch mal richtig Anlauf. Und deshalb sollte man eine solche „Entscheidung fürs Leben“ möglichst von allen Seiten beleuchten und gut durchdenken. Was ist denn bisher das Ergebnis Ihrer Berufswahlentscheidung? Tja, ich schwanke noch zwischen Kraftfahrer, dem Bereich der Logistik oder etwas mit Elektronik. Gut, dann müssen wir darüber diskutieren und die Entscheidung noch offen lassen. Grundsätzlich ist das alles nicht verkehrt, denn ich merke sofort, dass sich darin Ihre Erfahrungen von früheren Ausbildungs- und Arbeitsstellen widerspiegeln. Als Zeitsoldat hatten Sie mit dem Fuhrpark und mit Lkws zu tun ... Logistik verstehe ich auch, denn während Ihrer Zeitarbeit waren Sie vorrangig in diesem Bereich beschäftigt. Ihr Interesse an der Elektronik ist natürlich auch plausibel, denn Sie haben ein Jahr lang eine Berufsausbildung in diesem Bereich absolviert. Ja – und vor allem ist oder besser gesagt war Elektronik mal mein Hobby. Sie sollten mal sehen, was ich zu Hause alles entwickelt und gebaut habe ... Verstehe. Würde jetzt vielleicht ein bisschen zu weit führen. Aber wir kommen wieder darauf zurück. Bei Ihren Überlegungen fehlt mir aber noch eines! Wollen Sie eigentlich auch Arbeit haben in dem Beruf, für den Sie eines Tages qualifiziert sind? isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 21 Tolle Frage! Wäre ja ziemlich dumm, sich für etwas zu qualifizieren, wofür es keinen Bedarf, also keine freien Stellen gibt. Hm, aber darüber habe ich kaum nachgedacht. Ich war praktisch nur auf mich, das heißt auf meine Wünsche und Voraussetzungen konzentriert. Aber Sie haben freilich recht. Ich möchte am Ende ja nicht nur einen Berufsabschluss haben, sondern auch einen Arbeitsplatz, der möglichst lange hält. Sonst nützt das ja alles so gut wie nichts. Und mein Arbeitsplatz sollte hier in der näheren Umgebung sein. Das ist eine klare Antwort. Wir müssen deshalb auch schauen, in welchen Berufen man hier in der Region gute oder weniger gute Arbeitschancen hat. Haben Sie eine Idee, wo und wie man das herausfinden kann? Vielleicht gibt es dazu auch was im Internet. Sicherlich weiß man auch in der Arbeitsagentur darüber Bescheid. Es müsste eine Übersicht darüber geben, in welchen Berufen Fachkräfte gesucht werden. So was habe ich aber noch nie gesehen, denn ich habe mich bis jetzt immer nur auf Stellen beworben, die ich meistens zufällig gefunden habe oder die mir von anderen angeboten wurden. Aber so ein grundsätzlicher Überblick wäre schon sehr nützlich, man könnte daraus allerhand Schlussfolgerungen ziehen. Haben Sie so was? Kommen Sie, wir nehmen uns die Zeit und ich zeige Ihnen etwas, was Ihnen hilft, den Arbeitsmarkt ein für alle Mal richtig zu verstehen. Wir müssen deshalb darüber nachdenken, wovon die Zukunftschancen am Arbeitsmarkt – auch Ihre – abhängig sind. Wir sprechen ja vom Arbeitsmarkt – wo also immer eine bestimmte Nachfrage nach Fachkräften einem bestimmten Angebot an Fachkräften gegenübersteht. Die Chancen in einem Beruf sind umso größer, je größer der Bedarf und je geringer das Angebot an Fachkräften ist. Diese Abbildung jetzt zeigt Ihnen sechs Bedingungsfaktoren, die die Zukunftschancen am Arbeitsmarkt bestimmen. Abbildung 13: Chancen am Arbeitsmarkt Zahlenmäßige Stärke des Berufsfeldes Beschäftigungsentwicklung Anzahl gemeldeter Stellenzugänge Arbeitsmarktchancen abhängig von ... Anzahl Erwerbsloser im Berufsfeld Anzahl Älterer im Berufsfeld Verhältnis Ausbildungsstellen – Ausbildungsbewerber isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 22 Wir machen mal dazu ein paar Gedankenexperimente! Für wen werden die Chancen für eine Arbeitsstelle größer sein: für einen Kraftfahrer oder für jemanden, der Motorräder repariert? Stellen für Kraftfahrer sind viel häufiger – das liest man ständig. Motorradbesitzer gibt es nicht so viele und oft reparieren die ihre Maschinen auch noch selbst. Beides sind also zahlenmäßig sehr unterschiedlich starke Berufsfelder. Genau so muss man das sehen. Dann erkennt man, wo man die besseren Chancen hat. Das nächste: Wissen oder ahnen Sie, wie sich in den letzten Jahren die Zahl der Arbeitsplätze in der Altenpflege und beispielsweise bei den Tischlern entwickelt hat? Die Aufgaben in der Altenpflege boomen heutzutage, weil die Bevölkerung immer älter wird. Tischlereien haben es, so denke ich, recht schwer zu überleben. Die Nachfrage nach klassischen Produkten vom Tischler geht zurück – und deshalb wird wohl die Zahl der dort Beschäftigten immer weiter abnehmen. Sehen Sie, zweite Überlegung auch richtig. Jetzt schauen wir mal noch auf das Verhältnis von Ausbildungsstellen und Ausbildungsbewerbern. Wenn Sie heute als „reiferer Jugendlicher“ einen Beruf erlernen wollen, dann treten Sie ja praktisch mit den ganz jungen Leuten in Konkurrenz. Wählen Sie einen Beruf, der bei den Jugendlichen sehr gefragt ist, sind Ihre Zukunftschancen dadurch möglicher Weise weniger gut. Was meinen Sie also: Was ist bei Jugendlichen heute mehr gefragt – Berufe wie zum Beispiel Mechatroniker und Elektroniker oder Berufe wie Gerüstbauer und Stuckateur? Was ein Stuckateur ist, werden wohl viele gar nicht wissen. Auch Gerüstbauer ist etwas recht Spezielles. Ich glaube nicht, dass viele auf diese Idee kommen. Aber Mechatroniker und Elektroniker sind so richtige Trendberufe. Dafür wird es viele Bewerber geben – wenn ich mich mit denen messen muss, sieht das für mich möglicherweise nicht so gut aus! Wo Sie recht haben, haben Sie recht. Ich denke auch, so würde das ausgehen. Auch diesen Zusammenhang merken wir uns. Und jetzt keine Experimente mehr, sondern ganz konkret. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 23 Abbildung 14: Chancenatlas für den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt und Thüringen 15 Gehen Sie rein in den Chancenatlas! Da können Sie in jedem Bundesland einzelne Städte oder Regionen auswählen und sich diejenigen Berufsgruppen anzeigen lassen, in denen dort die größten beruflichen Chancen bestehen. Wählen Sie neben Halle mal noch drei oder vier angrenzende Städte oder Landkreise aus. Dann schreiben Sie für die ausgewählten Regionen auf, was der Chancenatlas aussagt. Machen Sie das in Form einer übersichtlichen Tabelle. Und dann stellen Sie dar, was Ihnen das Ganze sagt hinsichtlich Ihrer drei angedachten Berufe. Na aber – das artet ja schon wieder richtig in Arbeit oder Schule aus! Hätte ich nicht gedacht. Aber eigentlich ist das ganz spannend. Womöglich ist das auch so was wie ein Test von Ihnen! Na gut, mach dich ran, alter Junge! ... Fertig, hier ist meine Übersicht. 15 http://www.arbeitsagentur.de/nn_17796/Dienststellen/RD-SAT/RDSAT/Chancenatlas/Dokumente/Chancenatlas-Agenturbezirke-Anliegen.html isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 24 Tabelle 1: Arbeitsmarktchancen in verschiedenen Berufsfeldern Berufsgruppen mit den größten Chancen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt Halle (Saale) Merseburg Dessau-Roßlau Sangerhausen Waren-/Dienstleistungskaufleute chemische Berufe metallverarbeitende Berufe Berufe des Landverkehrs Lager-/Transportarbeiter Elektriker chemische Berufe metallverarbeitende Berufe Berufe des Landverkehrs Lager/Transportarbeiter Lager-/Transportarbeiter Lager-/Transportarbeiter chemische Berufe Gesundheits-/ Pflegeberufe Gesundheitsdienstberufe Waren-/Dienstleistungskaufleute Nach dieser Aufstellung hier würde ich mit meiner Logistik beziehungsweise mit den Lager- und Transportarbeiten sehr gut liegen, wenn es um einen Arbeitsplatz geht. Zum „Landverkehr“ werden wohl die Kraftfahrer gehören – auch das wäre okay. Elektronik taucht hier aber gar nicht auf ... Ja, wieder eine Erkenntnis mehr. Was Sie hier herausgesucht haben, ist eine grobe Orientierung – aber es ist eine! Wir könnten das noch weiter verfeinern oder auch nachschauen, wie das mit anderen Berufen aussieht. Ist aber jetzt eigentlich nicht nötig. Wir gehen nun mal wieder in unser BIT und zwar in den Bereich, der mit „Partner“ überschrieben ist. Da wird Ihnen auf mehreren Seiten eine alphabetische Übersicht mit einer großen Zahl von Berufen angeboten. Beachten Sie dabei, dass diese Berufe als „modular gegliederte Berufe“ bezeichnet werden. Was das bedeutet erfahren Sie dann gleich. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 25 Abbildung 15: Übersicht über modular gegliederte Berufe 16 Über die grüne Plus-Schaltfläche links können Sie sich anschauen, was im Groben die Inhalte der Nachqualifizierung in dem gewählten Beruf sind. Das wird Ihnen hier zunächst in Form „großer Pakete“ gezeigt, die auch als Module oder Bausteine bezeichnet werden. Beim Beruf „Berufskraftfahrer“ gibt es beispielsweise 13 Module und Sie sehen außerdem, wie viele Wochen bzw. Stunden jedes Modul dauert. Die Schaltfläche ganz rechts mit der Lupe zeigt dann noch die Gesamtdauer einer Nachqualifizierung im betreffenden Beruf. Wenn Sie die Module aufgeschlagen haben, können Sie in den PDF-Dateien noch einen wesentlich tieferen Blick in die einzelnen Module werfen. Diese Detailansicht macht Ihnen deutlich, was der konkrete Inhalt eines jeden Moduls ist und was in Theorie und Praxis zu lernen ist. Sie zum Beispiel interessieren sich für den Beruf des Kraftfahrers. Da können Sie sich hier anschauen, wie dieser Beruf modular gegliedert ist. 17 Was der genaue Inhalt der einzelnen Module ist, was im theoretischen und praktischen Teil der Ausbildung stattfindet, wie lange sie jeweils dauern können, in welcher Reihenfolge diese absolviert werden können und einige andere Dinge, sehen Sie hier. Etwa das Gleiche finden Sie auf unserer Webseite unter der entsprechenden Berufsbezeichnung. 16 http://www.pro-beruf-halle.de/index.php?id=12&pageNum_Recordset1=2&type=0 Netzwerk Pro Beruf Halle; Verkehrsinstitut Reimertshofer Halle: Modellprojekt Modulare Nachqualifizierung im Beruf „Berufskraftfahrer/-in“. Handout, Halle 2011 17 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter Abbildung 16: Modulare Gliederung des Berufs „Berufskraftfahrer/-in“ 26 18 Sollte sich jemand für einen Beruf interessieren, der hier nicht aufgeführt ist, geht man am besten im Internet zu „BERUFENET“ der Bundesagentur für Arbeit.19 So kommt man auch weiter. Schauen wir uns die Sache mit den Modulen mal noch genauer an. Nehmen wir noch ein Berufsfeld, das Sie interessiert - die Logistik. Was erwartet Sie dort? Mithilfe dieser Abbildungen wird jeder schnell verstehen, worum es bei der „Modularisierung“ von Nachqualifizierungen geht. Abbildung 17: Modularisierung von Qualifizierungsangeboten (am Beispiel „Fachlagerist“) 20 18 http://www.pro-beruf-halle.de/index.php?id=12&index=58&pageNum_Recordset1=0&type=0 http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp 20 Rüb, H.: Modularisierung von Qualifizierungsangeboten. Chancen und Risiken. Würzburg 2011; http://212.42.241.201/site/publikationen/download/data/site/2011_02_21_Beitrag_HerbertRueb.pdf 19 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 27 Schöne Abbildung! Der ganze Ablauf vom Wareneingang über die Lagerung bis zum Warenausgang. Das ist so im Handel, bei PKW-Herstellern oder auch auf einem Flughafen. Und weiter? Was muss an den einzelnen Stationen dieses Gesamtprozesses jeweils genau getan und gekonnt werden? Na. beim Wareneingang zum Beispiel Folgendes. Abbildung 18: Inhalte (Bausteine) des Moduls „Wareneingang“ 21 Eben das macht genau den Inhalt des ersten Moduls aus. Was hier beschrieben ist, muss ein Fachlagerist können – oder erlernen. Genau so verfährt man dann beim zweiten Modul bis hin zum fünften und letzten. „Module“ sind ein Wesensmerkmal unserer Art zu qualifizieren. Wir sprechen deshalb auch vom „modularen Nachqualifizierungskonzept“. In der nächsten Abbildung haben wir dargestellt, was Module in der Nachqualifizierung sind und welche Merkmale sie haben. So ist das in jeden Beruf innerhalb von Nachqualifizierungen. Nebenbei gesagt, die duale Berufsausbildung ist anders aufgebaut – das Endergebnis beider Ausbildungsformen ist aber das Gleiche. 21 http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/bausteine/bst_154.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter Abbildung 19: Merkmale modularer Nachqualifizierung Module sind inhaltlich und zeitlich abgegrenzte und prüfbare Lerneinheiten … die aus dem jeweiligen Berufsbild und Ausbildungsordnungen abgeleitet sind … sich an betrieblichen Arbeitsbereichen und -abläufen orientieren Nachqualifizierung in Modulen … theoretische und praktische Ausbildungsinhalte umfassen An- und Ungelernte) … zur fachgerechten Ausführung von Arbeiten in einem betrieblichen Arbeitsbereich befähigen … einzeln zertifizierbar sind (Modulzertifikat) und in einem Qualifizierungspass dokumentiert werden … alle zusammen sind Voraussetzung für die Externenprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf Nachqualifizierung auf modulare Art und Weise hat etliche Vorteile. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH 28 Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 29 Abbildung 20: Vorteile modularer Nachqualifizierung bessere Überschaubarkeit und Planbarkeit des Qualifizierungsprozesses Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrungen, Qualifikationen möglich (Individualisierung) Motivationsanreiz für Lernende Stärkung des Selbstvertrauens Vorteile modularer Nachqualifizierung flexible Kombinationsmöglichkeiten für Lernorte, Lernformen u. a. An- und Ungelernte) leichterer Einstieg oder Wiedereinstieg nach Unterbrechungen in Qualifizierungsprozess unmittelbare Verwertbarkeit auf Arbeitsmarkt – Basis für betriebliche Einsatzplanung Ergänzungsmöglichkeiten (z. B. bei betrieblichen Besonderheiten, technischorganisatorischen Entwicklungen) dokumentiert in einem Qualifizierungspass – bessere internationale Vergleichbarkeit Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten (modulweise) Ich zeige Ihnen mal gleich noch etwas. Sie wissen, dass die Ausbildung zum Facharbeiter meistens drei Jahre dauert. So ist das zum Beispiel auch bei der Fachkraft für Lagerlogistik. Gesetzt den Fall, Sie haben in der Logistik eine Berufserfahrung von drei Jahren, so würde für Sie die Qualifizierung zur Fachkraft maximal zwei Jahre, also 24 Monate, dauern. Das sehen Sie auf der folgenden Abbildung unten. Eine andere Variante für Sie wäre eine Stufe darunter, den Fachlagerist, anzupeilen. Das braucht maximal 16 Monate. Und falls Sie nur eine sehr begrenzte Durchhaltefähigkeit besitzen könnten Sie nach 12 Monaten zumindest „qualifizierter Lagerhelfer“ sein. Wenn Sie es sich dann später mal noch anders überlegen, können Sie die Sache „nach oben“ wieder fortsetzen. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 30 Abbildung 21: Gestaffelte Qualifizierungen im Bereich Lager / Logistik 22 Das ist ja richtig gut! Es gibt also eigentlich viel mehr Möglichkeiten, als man ahnt. Aber andererseits macht das die Entscheidungen nur noch schwieriger. Was Halbes, was Ganzes oder was denn? Bitte ruhig bleiben, ganz ruhig. Ich zeige Ihnen ja erst mal „nur“ die prinzipiellen Möglichkeiten. Die sollen Sie kennen und sich durch den Kopf gehen lassen. Ihre endgültige Entscheidung hat immer noch etwas Zeit. Sicherlich ist Ihnen das mit den Modulen nun richtig klar. Deshalb können Sie jetzt an eine größere Aufgabe ran gehen. § Sie nehmen sich die drei Berufe vor, die in Ihrer engeren Auswahl stehen. Für diese drucken Sie die im BIT (unter „Partner“) vorhandenen PDF-Dateien aus. § Für jeden Beruf und jedes seiner Module richten Sie am rechten Rand des Blattes drei Spalten ein. In denen sollen Sie kennzeichnen, wie gut oder sicher Sie das kennen und beherrschen, was dort als Modul-Inhalt angegeben ist. Dabei nutzen Sie auch alle Ihre Unterlagen, also Zeugnisse, Bescheinigungen usw., die Sie mitgebracht haben. Denn Ihre Einschätzungen sollen ja möglichst richtig und belegbar sein. Am Ende sieht das so aus wie hier ... 22 NachQualifizierungsNetzwerk Niederrhein: Modulare Weiterbildung zum Berufsabschluss Fachkraft für Lagerlogistik oder Fachlagerist/Fachlageristin; http://www.nq-niederrhein.de/data/qualifizierung_logistik_faltblatt2_neu_1.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 31 Abbildung 22: Selbstcheck für berufliche Qualifikationen 23 Damit kennzeichnen Sie modulweise, über welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten Sie, in Bezug auf einen gewünschten Beruf, bereits verfügen und in welchem Ausmaß. Uns ist beiden klar, das sind letzten Endes Selbsteinschätzungen. Da kann man auch falsch liegen – aber das steht jetzt erst mal nicht zur Debatte. Es kann passieren, dass manche Formulierungen bei den Modulinhalten unverständlich sind. Dann haben Sie zwei Möglichkeiten. Die bessere ist, Sie googeln so lange, bis Ihnen klar ist, was gemeint ist. Das gelingt fast immer, wenn man sich Zeit nimmt. Die zweite Möglichkeit ist, Sie fragen uns direkt hier. Sie werden sehen, wie Sie auf diesem Wege schon hineinwachsen in einen Beruf. Keiner von uns denkt doch, dass so ein Schritt ins Neuland etwas Einfaches wäre, der uns nichts Besonderes abverlangt. Wissen Sie, ich finde es eigentlich ja nicht schlecht, dass ich hier ganz schön ran muss und nicht bloß Zuhörer und Befehlsempfänger bin. Wahrscheinlich würde das mit mir auch gar nicht gut funktionieren. Es geht ja um mein Leben, mein ureigenes Anliegen – da will man schließlich auch mitreden und mitbestimmen. Aber gut, dass ich hier von Ihren Erfahrungen und Ihrer Vorgehensweise profitieren kann! Also, ziehen Sie sich jetzt zurück und bringen Sie mal richtige Ordnung und Systematik in Ihre vorhandenen beruflichen Erfahrungen, Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Das Gesamtergebnis Ihrer Arbeit stellen wir dann in einer Tabelle zusammen. Dazu erhalten Sie einen Vordruck. Als erstes tragen wir in der Kopfzeile die Berufe ein, die in Ihre engere Wahl kommen. Und dann dazu jeweils die Dauer der Berufserfahrung, die Sie in diesen Berufen haben. Mithilfe des BIT finden wir die jeweilige Dauer der beruflichen Nachqualifizierung und die Gesamtzahl der Module als „Soll“ heraus. Darunter tragen Sie noch das „Ist“ ein, das bedeutet, wie viele der Module eines Berufes kennen und beherrschen Sie Ihrer Meinung nach. Wenn das getan ist, schauen wir uns gemeinsam Ihr Ergebnis 23 Hiller, Th.: Bildungsbedarfsdiagnose. Erfurt 2011; http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/Downloads/Station_3__Kombit_Praesentation_Hiller_-_Erfurt_09.06.11.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 32 an und denken darüber nach, was man daraus machen kann. Ein wenig habe ich ja schon in dieser Richtung vorgedacht – aber noch nicht so richtig im Detail. Ich werde dazu eine ganze Zeit lang brauchen. ... Ich denke, dass ich jetzt fertig bin. Das war nicht nur mühsam, sondern auch aufschlussreich. Wissen Sie, als erstes ist mir klar geworden, dass der Kraftfahrer für mich nicht mehr in Frage kommt. Dafür habe ich zwar recht gute Voraussetzungen, aber das ganze Drum und Dran, ich meine die Arbeitsbedingungen, schrecken mich eigentlich ab. Auch die Logistik ist nur noch zweite Wahl, denn es ist doch häufig so, dass da vor allem der Verdienst zu wünschen übrig lässt. An Reichtümer denke ich ja gar nicht, aber so viel wie möglich Gerechtigkeit möchte ich nun schon mal erleben. Deshalb habe ich mich auch noch mit den Berufen in der Elektronik beschäftigt. Ich weiß, dass da die Arbeitsmarktchancen nicht so überragend sind. Dazu kommt, dass dies ein Wunschberuf vieler Jugendlicher ist. Und nicht zuletzt: Die normale Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre! Dann kam ich auf die Idee, mich mal noch genauer zu befassen mit den Industrieelektrikern. Die hatten ja recht gute Arbeitsmarktchancen und dort habe ich auch allerhand Berufserfahrung. Und so weit weg liegt das oft nicht von den Elektronikberufen – vielleicht kann ich das später mal miteinander verbinden. Also – das ist jetzt meine Entscheidung. Wie finden Sie die? Ehrlich gesagt, ich habe mir von Anfang so was Ähnliches gedacht. Aber jetzt ist das Ihre Entscheidung, Sie haben intensiv darüber nachgedacht, das Für und Wider abgewogen – und wir sind uns jetzt einig. Ein ganz wichtiger Meilenstein! Wir werden zwar noch tiefer eindringen müssen in Ihre bisherige Einschätzung, um zu sehen, ob Ihre Sicht auf die Module wirklich richtig ist. Und wir können da nichts behaupten, sondern wir müssen vorprüfen, nachweisen und die anrechenbaren Module von der IHK bestätigen lassen.24 24 vgl. Kramer, B.; Tan, Q.: Hinweise und Anregungen zur abschlussbezogenen Nachqualifizierung für die Zulassung zur Externenprüfung. Düsseldorf 2011; http://www.q-zwh.de/zwh/fileadmin/p_bqf/nachqualifizierung_pdf/ZWH_Handreichung_Nachqualifizierung.pdf Dellbrück, J.: „Modulare Nachqualifizierung“ mit „fachlichem Feststellungsverfahren“ bis zur Externenprüfung. (ohne Angaben); http://download.f-bb.de/download/nq/Dellbrueck.pdf Dellbrück, J.: Fachliche Feststellung von Kompetenzen. Grundlage für eine passgenaue Qualifizierung. Nürnberg 2011; http://www.f-bb.de/fileadmin/Veranstaltungen/110503_Workshop_Vortrag_Hr._Dellbrueck.pdf Kranz, M.: Kompetenzfeststellung – Verfahren, Beispiele, Chancen. Berlin 2010; http://download.f-bb.de/download/nq/Kranz.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 33 5 WIE bin ich? Heute habe ich meinen 3. Termin. Bin gespannt, was es heute noch zu tun gibt... Darf ich Sie gleich mal wieder mit einer Frage überraschen? Was ist denn überhaupt das Ziel einer Berufsausbildung? Das habe ich schon oft gelesen. Es wird immer wieder gesagt, das Ziel einer Berufsausbildung ist das Erlangen der beruflichen Handlungsfähigkeit. Dafür muss man sich die beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten aneignen, die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendig sind. So steht das im Berufsbildungsgesetz. Besser kann man es nicht formulieren. Das letzte Mal haben Sie sich intensiv mit Ihren beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten beschäftigt. Zusammengefasst wird das auch als Ihre berufliche Qualifikation bezeichnet. Ich sage Ihnen aber gleich: Das ist nur eine Seite der beruflichen Handlungsfähigkeit. Sie schauen sich ja bestimmt auch hin und wieder Stellenanzeigen in den Zeitungen an, und hoffentlich schauen Sie da recht genau hin, welche Anforderungen dort gestellt werden. In den etwas größeren Stellenanzeigen gibt es meist diese zwei Komplexe: § fachliche Anforderungen und § überfachliche Anforderungen. Bei den fachlichen Anforderungen im Beruf gibt es meistens kaum eine Diskussion. Aber: Wie ernst muss man „das Gerede“ von den überfachliche Anforderungen nehmen? Das will ich Ihnen eben mal zeigen. Man hat schon vor längerer Zeit mal Folgendes gemacht: Zeitungen mit Stellenanzeigen aus ganz Deutschland genommen und bei 25.000 Stellenangeboten ausgezählt, was dort neben den fachlichen Anforderungen von den Arbeitskräften und eventuell künftigen Mitarbeitern noch gefordert wird. Das Ergebnis sah so aus. Tabelle 2: Die wichtigsten überfachlichen Anforderungen 25 Rangplatz Anforderungen an … prozent. Anteil (Mehrfachnennung) 1. Team-, Kooperations-, Kommunikationsfähigkeiten 52 % 2. Selbständige Lern- und Arbeitsweisen 36 % 3. Flexibilität, Ideenreichtum, Kreativität 31 % 4. Mitwirkungs- und Gestaltungskompetenzen 21 % 5. Kognitive Fähigkeiten und Problemlösungskompetenzen 9% 25 Bundesinstitut für Berufsbildung: BIBB-Stellenanzeigenanalyse 2001. Bonn 2001; http://www.bibb.de/de/1947/htm isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 34 Runde zehn Jahre später wurde so was Ähnliches noch mal gemacht – hier in unserer Region. Es wurde wieder ausgezählt, wie oft in den Stellenanzeigen Begriffe auftauchen, die entweder fachliche oder überfachliche Anforderungen betreffen. Hier ist das Ergebnis dieser Analyse. Tabelle 3: Häufigkeit fachlicher und überfachlicher Anforderungen in Stellenangeboten 26 Anzahl Stellenangebote Berufsabschlüsse fachliche Anforderungen überfachliche Anforderungen Weitere Anforderungen Elektro 38 41 84 106 30 IT 72 81 360 280 43 Metall 89 96 242 283 158 Gesamtzahl 199 218 686 669 231 Branche Sie sehen, „nur“ 199 Stellenangebote wurden analysiert, aber dabei zwischen drei verschiedenen Branchen unterschieden. Dabei wurde als erstes festgehalten, ob und wie oft dort Berufsabschlüsse verlangt wurden. Weiterhin wurde ausgezählt, ob die in der ausgeschriebenen Stelle erwähnten Anforderungen in den Bereich der fachlichen oder der überfachlichen Anforderungen gehören. Dann gab es mitunter auch noch „weitere Anforderungen“, die weder der einen noch der anderen Kategorie zugeordnet werden können. Denken Sie dabei an so etwas wie „Fahrerlaubnis“ oder „Bereitschaft zu Schichtarbeit“. Nun, was sagen Ihnen diese Zahlen? Erstens sehe ich, dass eigentlich jedes Stellenangebot verknüpft ist mit der Forderung, einen Berufsabschluss zu haben. Warum die Zahl der Berufsabschlüsse größer ist als die Zahl der Stellenangebote, kann ich mir nicht erklären. Zweitens sehe ich, dass die Zahl der fachlichen Anforderungen im Prinzip genau so groß ist wie die der überfachlichen Anforderungen. Das ist schon erstaunlich. Das Überfachliche ist also nicht bloß „Garnitur“, sondern hat für die Unternehmen wohl eine ebenso große Bedeutung wie das Fachliche, das einer mitbringt. Wenn die Anzeigen in der Branche IT nicht so ein deutliches Schwergewicht auf die fachlichen Anforderungen legen würden, müsste man sogar sagen: Die überfachlichen Anforderungen sind zahlreicher und vielleicht sogar gewichtiger als die Anforderungen an das Fachliche. Was Sie hier gesehen und ganz richtig erklärt haben, sollten Sie sich merken. Vielen, die sich um Arbeit bewerben, ist das so nicht bewusst! Und übrigens: Wenn ein Stellenangebot nur aus zwei kleinen Zeilen besteht und dort praktisch nur gesagt wird „Suchen Berufskraftfahrer für Sattelschlepper“, dann wollte die Firma bei der Anzeige nur Geld sparen. Wenn Sie dort antreten würden, gelten die gleichen Anforderungen wie in allen anderen Fällen auch. Nun möchten Sie bestimmt noch wissen, welche überfachlichen Anforderungen in dieser Untersuchung die Spitzenplätze belegt haben? Ob Sie wohl einige davon besitzen? 26 isw GmbH: PFIFF – Portal für interessierte und flexible Fachkräfte Sachsen-Anhalt. 8. Zwischenbericht zur wissenschaftlichen Begleitung. Halle/Saale 2009 (unveröffentlicht) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 35 Tabelle 4: Rangfolge der häufigsten überfachlichen Anforderungen 27 1. Überfachliche Anforderungen an... Teamfähigkeit 2. Flexibilität 28 3. Selbständigkeit 24 4. Verantwortungsbewusstsein 20 5. Kommunikationsfähigkeit 18 6. Analytische Fähigkeiten 9 7. Einsatzbereitschaft 9 8. Zuverlässigkeit 8 9. Durchsetzungsvermögen 8 10. Belastbarkeit 8 11. Weiterbildungsbereitschaft 8 12. Kreativität 7 Rangplatz Häufigkeit der Nennung 43 Ich denke Sie sehen zunächst mal, im Endeffekt haben beide Analysen im Prinzip zu den gleichen oder zu sehr ähnlichen Ergebnissen geführt. Das heißt, überfachliche Anforderungen ändern sich wohl wesentlich weniger schnell als die fachlichen Anforderungen. Und sie sind ziemlich unabhängig davon um welchen Beruf es konkret geht. Weil sie von so grundlegender und berufsübergreifender Bedeutung sind, werden diese Qualitäten, die die Menschen mehr oder weniger besitzen, als Schlüsselqualifikationen oder auch als Kompetenzen bezeichnet. Zwischen beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen sollte ein Unterschied gemacht werden, weil damit Unterschiedliches hervorgehoben wird.28 Andererseits hängt beides auch zusammen, weil Kompetenz immer auch Qualifikation einschließt. Berufliche Handlungsfähigkeit ist wesentlich mehr als „fachliche Qualifikation“ – nämlich eine gute Synthese aus fachlichem Wissen und Können und deutlich fachübergreifenden Fähigkeiten beziehungsweise Kompetenzen. 27 isw GmbH (a. a. O.) Für die Mehrzahl der theoretischen und praktischen Arbeiten zur Nachqualifizierung ist typisch, dass berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten als Kompetenzen bezeichnet werden. Dadurch wird der eigentliche Kompetenzaspekt mitunter nicht mehr bzw. zu wenig erhellt. 28 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 36 Tabelle 5: Unterschiede zwischen Qualifikation und Kompetenz Qualifikation Kompetenz 29 § Arbeitsanforderungen anhand eines externen § Anforderungssituationen komplex, offen, Bedarfs konkret definiert widersprüchlich, unbekannt § bezogen auf Sach- bzw. Fachebene des Handelns bzw. der Arbeitsverrichtungen § bezogen auf den Menschen selbst (Subjektbezug), seine internen Möglichkeiten § unmittelbar berufsfachliches Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten § ganzheitliche innere Voraussetzungen (Dispositionen) zur Selbstorganisation des geistigen und körperlichen Handelns § ist immer fremd organisiert, d. h. auf Erfüllung vorgegebener, fremdgesetzter Zwecke gerichtet § ist selbst organisierte Befähigung zu kreativem Handeln in offenen Problem- und Entscheidungssituationen; ermöglicht Handlungsvariabilität und Handlungsvielfalt Wo kommen denn alle diese Merkmale oder Qualitäten einer Person her? Sie haben sich in den verschiedenen Lebensbereichen und Tätigkeiten der betreffenden Person entwickelt. Sicher hat die berufliche Tätigkeit einen ganz besonderen Stellenwert, aber lassen Sie uns die anderen Bereiche auch nicht vernachlässigen. 29 vgl. Kirchhöfer, D.: Lernkultur Kompetenzentwicklung. Berlin 2004; Heyse, V.; Erpenbeck, J.: Kompetenzen – eine begriffliche Klärung. Regensburg, Berlin 2009; http://www.competenzia.de/index.php?option=com_content&task=view&id=104&Itemid=118 Erpenbeck, J.:(a. a. O.) In der neuen Klassifikation der Berufe wird die hier diskutierte Unterscheidung praktisch aufgegriffen, indem z. B. alle Helfer- und Anlerntätigkeiten als einfachen Routinetätigkeiten bezeichnet werden (Anforderungsniveau 1). Tätigkeiten mit höherer Komplexität entsprechen dagegen dem Anforderungsniveau 2 und setzen eine Berufsausbildung voraus. vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Klassifikation_der_Berufe_2010 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 37 Abbildung 23: Ursprung persönlicher Qualitäten Familienbiografie/ soziales Umfeld Ausbildungsbiografie Berufsbiografie Persönliche Qualitäten Weiterbildungsbiografie Non-Profit-Arbeitsbiografie Ehrenamts-Arbeitsbiografie Wollen wir uns nun mal Ihre Kompetenzen genauer anschauen? Damit kommen wir dann auch zu unserem KomBit, das der Kompetenzbilanzierung dient. Was wir bis jetzt diskutiert haben, war ja praktisch Folgendes. Berufliche Handlungsfähigkeit eines ausgebildeten Facharbeiters setzt sich aus mindestens zwei Komponenten zusammen. Zunächst mal vor allem aus seinem beruflichen Wissen sowie seinen beruflichen Fertigkeiten. Das zusammen macht seine berufsfachlichen Qualifikationen aus. Und dann haben wir eben darüber gesprochen, dass darüber hinaus noch „überfachliche Qualifikationen“ notwendig sind. Die einen nennen das, was wir hier meinen überfachliche oder Schlüsselqualifikationen und andere nennen es „Kompetenzen“. Zunächst einmal werden die Kompetenzen in vier große Gruppen, in Grundkompetenzen, eingeteilt.30 30 Heyse, V.; Erpenbeck, J. (Hrsg.): Kompetenzmanagement. Methoden, Vorgehen, KODE® und KODE®X im Praxistest. Berlin 2007; http://www.e-cademic.de/data/ebooks/extracts/9783830918257.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 38 Abbildung 24: System der Grundkompetenzen Personale Kompetenz Aktivitäts- und Handlungskompetenz Grundkompetenzen Fach- und Methodenkompetenz Sozial-kommunikative Kompetenz Jede Grundkompetenz setzt sich zusammen aus einer Anzahl von Teilkompetenzen. Man hat beispielsweise ein System entwickelt, bei dem jede Grundkompetenz aus 16 Teilkompetenzen gebildet wird. So entsteht ein ganzer „Kompetenzatlas“. Schauen Sie mal drauf! Sie können auch schnell mal prüfen, ob Sie auch in diesem System die Begriffe – manchmal etwas abgewandelt – wieder finden, die wir in unserer Liste der TOP 12-Anforderungen hatten. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 39 Abbildung 25: Der Kompetenzatlas 31 Da gibt es jede Menge Parallelen. Mich würde aber jetzt noch interessieren, auf welchen Kompetenzbereich Arbeitgeber den größten Wert legen. Dann könnte man sich ja insbesondere in dieser Hinsicht selbst einschätzen oder sich vielleicht sogar trainieren ... Da muss ich mit einer Antwort etwas vorsichtig sein. Obwohl wir gesagt haben, dass Kompetenzen berufsübergreifende Bedeutung haben, hängt die Bedeutung der einzelnen Kompetenzen auch davon ab, um was es jeweils geht – also um welche Tätigkeit beziehungsweise um welchen Beruf. Stellen Sie sich einen Programmierer, einen Verkäufer und einen Maschinenbediener an einem Fließband vor. Ganz unterschiedliche Berufe – und deshalb auch unterschiedliche Anforderungen. 31 Heyse, V.; Erpenbeck, J.; Michel, L.: Kompetenzprofiling. Weiterbildungsbedarf und Lernformen in Zukunftsbranchen. Münster 2002 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 40 Nicht nur an Ihre fachlichen, sondern auch an ihre überfachlichen Qualifikationen beziehungsweise Kompetenzen. Trotzdem kann ich Ihnen zeigen, wie die Bedeutsamkeiten der verschiedenen Grundkompetenzen bei der Anzeigen-Analyse aussahen, über die wir schon gesprochen haben. Abbildung 26: Bedeutsamkeit der Grundkompetenzen in Stellenangeboten 32 Personale Kompetenz Aktivitäts- und Handlungskompetenz Sozial-kommunikative Kompetenz Fach- und Methodenkompetenz Und gleich noch etwas dazu. So falsch, wie es ist, die Bedeutung der überfachlichen Qualitäten eines Menschen zu unterschätzen so falsch wäre es auch zu denken, dass diese wohl erst bei einem Vorarbeiter, einem Meister oder bei irgendeinem „großen Chef“ so richtig wichtig sind. Die folgende Tabelle zeigt ja wohl überzeugend, dass die typischen Kompetenzanforderungen in gleicher Weise für Facharbeiter, Meister/Techniker und Hochschulabsolventen gelten. Tabelle 6: Anforderungen an Grundkompetenzen bei unterschiedlichen Qualifikationsstufen (Metallbranche) 33 32 33 Kompetenzanforderungen Facharbeiter Meister/ Techniker Hochschulabsolventen Häufigkeiten einzelner Kompetenz anforderungen Sozial-kommunikative Kompetenz 24 % 20 % 25 % 64 Personale Kompetenz 44 % 31 % 32 % 97 Fach- und Methodenkompetenz 8% 26 % 18 % 41 Aktivitäts- und Handlungskompetenz 24 % 23 % 26 % 66 isw GmbH (a. a. O.) ebenda isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 41 Aber nun wirklich mal zu unserem „KomBit“.Dieses Instrument ist auch aufgebaut nach dem Prinzip der vier Grundkompetenzen, es kann ausgewählt werden, mit welcher davon man sich jeweils beschäftigen will. Wenn wir beispielsweise den Bereich „Personale Kompetenzen“ auswählen, dann tauchen als nächstes die zugehörigen Teilkompetenzen auf. Nun können und sollen Sie eine Selbsteinschätzung machen: „In welchem Maße besitzen Sie Ihrer Meinung nach die jeweiligen Kompetenzen?“ Das tragen Sie direkt in die einzelnen Felder ein. Dabei können Sie Ihren „Besitzstand“ wieder kenntlich machen mit Einschätzungen von 0 bis 100. Bei den anderen Kompetenzbereichen gehen Sie dann genau so vor. Der Clou ist aber, dass auch andere gefragt werden können, wie es mit Ihren Kompetenzen aussieht. Zunächst mal kann sich Ihr Berater/Betreuer vom „Netzwerk Pro Beruf Halle“ dazu äußern. Das traue ich mir jetzt schon in ziemlich vielen Fällen zu, denn ich kenne Sie ja bereits ganz gut. Und nicht umsonst haben Sie ein paar „Hausaufgaben“ von mir bekommen, ich habe Fragen an Sie gestellt, Ihre Meinung hören wollen und so weiter. Auf diese Weise habe ich einen Eindruck von Ihren Kompetenzen gewinnen können. Wenn Sie derzeit in Arbeit wären, könnten wir uns bei Ihrem Arbeitgeber, Ihrem Vorarbeiter oder Kollegen darüber erkundigen. Manchmal kann hier auch noch etwas in Erfahrung gebracht werden, wenn Sie zum Beispiel Ihren Arbeitgeber gewechselt haben. Und letztlich müssen wir noch schauen, ob wir zum Beispiel aus Ihren Arbeitszeugnissen dazu etwas „herauslesen“ können. Aus all diesen Einschätzungen ermitteln wir dann sozusagen Ihren Mittelwert. Ein Problem dabei ist allerdings, dass im Prinzip jeder Bewerter (Lehrer, Berufsausbilder, Prüfungskommission usw.) ein anderes Bewertungssystem für die Kompetenzausprägung benutzt. Aber das soll uns jetzt mal nicht beschäftigen.34 Nun können Sie sich wahrscheinlich denken, dass es so gut wie nie möglich ist, rundum alle Kompetenzen einzuschätzen. Manches ist uns nicht zugänglich. Manches brauchen wir aber auch nicht. Hauptsache ist, dass wir die jeweils wesentlichen Kompetenzen erfassen. Und Sie wissen es schon – was wesentlich ist hängt ab von der oder den Aufgaben, mit denen Sie sich auseinander zu setzen haben; anders ausgedrückt es hängt ab von der Tätigkeit, die Sie auszuführen haben oder erlernen wollen. Wir wollen also Ihre Kompetenzen bilanzieren, ein Gesamtbild darüber erstellen. 34 Netzwerk Pro Beruf Halle: Untersuchung zu Möglichkeiten einer umfassenden Kompetenzbilanzierung. Handout. Halle/Saale 2011 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 42 Abbildung 27: Kompetenzbilanzierung mit Kombit 35 Kompetenzbilanzierung für Max Mustermann Deutlich übersichtlicher wird eine solche Kompetenztabelle, wenn man nur die wesentlichsten Kompetenzen betrachtet und das Ergebnis grafisch darstellt. 35 Hiller, Th.: Bildungsbedarfsdiagnose. Erfurt 2011; http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/Downloads/Station_3__Kombit_Praesentation_Hiller_-_Erfurt_09.06.11.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 43 Abbildung 28: Kompetenzbilanzierung mit Hilfe verschiedener Quellen 36 Womöglich war das jetzt ein bisschen schwierig. Inwieweit Sie das Grundlegende verstanden haben, wird sich gleich zeigen, wenn ich Sie bitte mal über folgendes Problem nachzudenken. Sie wollen in eine Berufsausbildung starten. Da kommt ziemlich viel Neues und Ungewohntes auf Sie zu. Die Situation, in der Sie handeln – sprich lernen – müssen, ist ganz eindeutig unbekannt und sozusagen offen für Sie... Ach, Sie meinen, da braucht man die Fähigkeit zur Selbstorganisation, also Kompetenz. Ja klar, das Meiste werde ich wohl allein zustande bringen müssen. Da haben Sie so was von recht! Sie werden vieles selbst planen, organisieren und steuern müssen. Schließlich haben Sie nicht wie in der Schule oder der normalen Berufsausbildung fast ständig einen Lehrer oder Ausbilder neben sich. Ob Ihnen ein Lernen und Vorwärtskommen unter diesen Bedingungen gelingt, hängt eben auch von Ihren Kompetenzen ab. Sie müssen sich Lebens- und Lernsituationen schaffen, die es ermöglichen, Ihr berufliches Ziel zu erreichen. Wenn Ihnen das nicht gelingt, wird auch die Nachqualifizierung nicht gelingen. Wenn es Ihnen aber gelingt, wird das in der Berufspraxis und am Arbeitsmarkt immer stark anerkannt! Deshalb interessieren wir uns hier so sehr dafür, ob und wie Sie in der Lage sein werden, sozusagen selbst gesteuert zu lernen. 36 Hiller, Th. (a. a. 0.) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 44 Schauen Sie mal, was dafür unserer Meinung nach wichtig ist. Je mehr Sie in dieser Hinsicht leisten können desto besser. Abbildung 29: Merkmale selbst organisierten Lernens bewältigen eigenaktiv erkannte Lerndefizite und vorhandene Lernbedürfnisse setzen sich Lernziele und planen Zielerreichung kennen eigene Stärken, Fähigkeiten und Motivationslagen Selbständig Lernende ... greifen nach Situation auf unterschiedliche Formen der Unterstützung zurück An- und Ungelernte) wählen geeignete Hilfsmittel aus verfolgen und überprüfen Lernprozesse schätzen eigene Unzulänglichkeiten und Grenzen realistisch ein verfügen über positives Selbstbild beruhend auf vorangegangenen Erfahrungen Was ich bisher von Ihnen weiß, stimmt mich sehr hoffnungsfroh in dieser Hinsicht. Aber ich sage Ihnen auch ehrlich, dass ich etliche Leute kenne, bei denen das deutlich anders aussieht. Da hätte es keinen Zweck, diesen grundlegenden Mangel zu beschönigen. Und da ist dann jedem mehr geholfen, wenn von einer Nachqualifizierung abgeraten wird … isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 45 6 WO und WIE kann ich lernen? Nun haben wir uns gemeinsam aber schon ganz schön weit vorwärts bewegt. Wir wissen jetzt, § welchen Berufsabschluss Sie ansteuern wollen, § welche Anforderungen Ihre Berufsausbildung stellt, § welche Berufserfahrungen Sie haben, § welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten Sie vermutlich besitzen, § welche Schlüsselqualifikationen bzw. Kompetenzen Sie auszeichnen. Da können wir nun einfach sagen: Das, was Ihnen noch fehlt, werden Sie innerhalb Ihrer Nachqualifizierung erlernen. Alle Nachqualifizierungen sollen grundsätzlich folgenden Anforderungen genügen. Abbildung 30: Anforderungen an Nachqualifizierungen modular abschlussbezogen arbeitsmarktbezogen individualisiert Nachqualifizierungen sollen sein … arbeitsbezogen betriebsorientiert flexibel finanzierbar An dem nächsten Beispiel hier sehen Sie noch mal, welchen Nutzen das Planen und Umsetzen einer Nachqualifizierung in modularer Form hat. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 46 Abbildung 31: Individueller Ablauf einer modularen Nachqualifizierung 37 Für den Qualifikationsteilnehmer steht hier fest, welche beruflichen Kompetenzen bei ihm bereits vorhanden sind und welche er, in welchen Modulen noch erlangen muss. Seine tatsächliche Qualifizierung wird also nur noch die Module 1, 5, 7 und 9 umfassen, wie das in der Abbildung dargestellt ist. Wenn für die anderen fünf Module eine offiziell bestätigende Anerkennung vorgelegt werden kann, dann braucht er sich nur noch mit den vier „neuen“ Modulen zu beschäftigen – und dann kann schon die Externenprüfung ins Auge gefasst werden. Dieses Prinzip gefällt mir ja so gut – und anderen bestimmt auch! Die ersten drei Anforderungen bei Nachqualifizierungen kenne ich und verstehe, worum es da geht. Aber sagen Sie mal, was es mit den anderen Merkmalen auf sich hat! Ja, die stehen jetzt im Mittelpunkt. Dass wir versuchen, Ihre Qualifizierung individualisiert, also sozusagen maßgeschneidert für Sie zu gestalten, haben Sie eben schon am Beispiel der Module gesehen. Wir sagen nicht: „Da kommt ein Berufsanfänger - also fängt er automatisch bei Null an zu lernen.“ Nein, so eben nicht. Und deshalb geben wir uns auch so viel Mühe, Ihre schon vorhandenen Vorleistungen und Voraussetzungen genau zu bestimmen. Einfach gesagt: Wir wollen mit Ihnen eine Qualifizierung planen und durchführen, die § Ihren individuellen Voraussetzungen, Zielen und Möglichkeiten bestmöglich entspricht § einen geeigneten Betrieb in die Qualifizierung einbezieht, wobei auch dieser Betrieb bestimmte Voraussetzungen, Ziele, Bedürfnisse und Möglichkeiten hat § Lernen in der Arbeit und für die Arbeit ermöglicht und nutzt § eine weitgehende Flexibilität im gesamten Vorgehen gewährleistet Um das zu realisieren, brauchen wir die Ihnen schon bekannten Partner, nämlich Berufsbildungseinrichtungen beziehungsweise Bildungsdienstleister und Betriebe ... und dann sicherlich auch noch die Agentur für Arbeit. 37 http://www.hnn-online.de/teilnahme-und-ablauf/fuer-arbeitnehmer/weiterer-ablauf.html isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 47 Deshalb wird es jetzt auch Zeit, dass wir für Sie einen geeigneten Bildungsdienstleister finden. Welche es hier in der Region gibt ist leicht herauszufinden. Dafür haben wir hier bei uns entweder einen Bildungskatalog oder auch auf unserer Webseite eine Auflistung aller möglichen Qualifizierungsangebote. Da können Sie nach dem gewünschten Beruf schauen und erfahren, welche Bildungseinrichtung die entsprechende modulare Qualifizierung bis zur externen Prüfung anbietet. Abbildung 32: Bildungskatalog für modulare Nachqualifizierung in der Region Halle 38 Dabei hat man die Qual der Wahl. Das Vorgehen bei der modularen Nachqualifizierung stellt Bildungseinrichtungen vor eine ganze Reihe neuer und ungewohnter Herausforderungen. Sie müssen eine enge Zusammenarbeit mit Betrieben eingehen – und sie haben Personengruppen mit unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen und Bildungszielen weiterzubilden und zu betreuen. Das heißt, sie müssen ihre Qualifizierungsangebote deutlich ausrichten auf die Bedarfe ihrer Kunden - das sind die Qualifizierungsteilnehmer und die Betriebe. Bildungseinrichtungen, die das nicht können oder nicht wollen, arbeiten angebotsorientiert. Diejenigen, die das können, verdienen die Bezeichnung „Bildungsdienstleister“.39 Wir sind in Ihrem Interesse an wirklichen Bildungsdienstleistungen interessiert! In dieser Hinsicht beraten wir Sie auch – und zwar unabhängig und neutral, ohne Einfluss von außen. Wir suchen den optimalen Nutzen für Sie. Um eine Entscheidung für geeignete Bildungsdienstleister zu treffen, interessiert uns beispielsweise, wo eine Bildungseinrichtung steht auf dem Weg vom traditionellen Bildungsträger zum kundenorientierten Bildungsdienstleister. 38 Netzwerk Pro Beruf Halle: Bildungskatalog der Region Halle (Saale) für die Nachqualifizierung. Halle/Saale 2010; http://www.pro-beruf-halle.de/index.php?id=bildungskatalog 39 „Das normale Marketing vieler Bildungsträger bestand bisher im Verkauf von kursförmigen Standardprodukten an öffentliche Kostenträger. Es war an deren institutionelle Bedürfnisse ausgerichtet. Die Teilnehmer kamen dabei nur mittelbar vor. Mit anderen Marktsegmenten konnten die meisten Bildungsträger daher in der Vergangenheit nicht erfolgreich umgehen. Nur wenige traditionelle Bildungsträger konnten etwa das Segment der betrieblichen Weiterbildung im nennenswerten Umfang erschließen....“ (Döring, O., Freiling, Th.: Stand und Perspektiven der Bildungsträgerlandschaft in Deutschland. In: Loebe, H. u. a. (Hrsg.): Weiterbildung auf dem Prüfstand. Bielefeld 2006, S.76) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 48 Wenn Sie demnächst Kontakt zu einer Bildungseinrichtung oder zu mehren aufnehmen, sollten Sie dazu ruhig ein paar Fragen stellen... Tabelle 7: Eignung von Bildungsträgern für Nachqualifizierung 40 Fragen an einen Bildungsträger … § Hat die Bildungseinrichtung Erfahrungen mit modularen und betriebsbezogenen Qualifizierungen? § Kennen ihre Mitarbeiter sowohl die schulische als auch die betriebliche Seite des Berufs bzw. der Berufsausbildung? § Werden die fachlichen und überfachlichen Voraussetzungen der Teilnehmer berücksichtigt und wie geschieht das? § Werden der betriebliche Bedarf und die betrieblichen Bedingungen berücksichtigt? § Werden die Betriebe an der Planung und Durchführung der Qualifizierung beteiligt? § Werden Hilfestellungen für die betriebliche Gestaltung des Lernens durch berufspädagogische Experten gegeben? § Gibt es unterstützende Angebote und Betreuungsmaßnahmen bei besonderen Schwierigkeiten der zu Qualifizierenden? Stellen wir uns jetzt mal Ihren Lernweg vor. Bei der Nachqualifizierung kann es unterschiedliche Organisationsformen geben. Abbildung 33: Organisationsformen der Nachqualifizierung Kooperationsmaßnahme Bildungseinrichtung – Betrieb Lehrgangsmaßnahme in der Bildungseinrichtung Organisationsformen der Nachqualifizierung Gruppenmaßnahme Einzelmaßnahme Selbständiges (autodidaktisches) Lernen (insbes. Theorieinhalte) Crashkurs zur Prüfungsvorbereitung (bei der Bildungseinrichtung) Die Erfahrungen zeigen, dass auf jeden Fall die Kooperation zwischen Bildungseinrichtung und Betrieb zu bevorzugen ist. Für Sie würde das heißen: Einen Teil der Qualifizierung absolvieren Sie in der Bildungseinrichtung und einen Teil in einem Betrieb. 40 vgl. Krings, U.: Chancen für An- und Ungelernte – modulare Qualifizierung in der Personalentwicklung. In: Leitfaden für die Bildungspraxis. Bd. 1, Bielefeld 2002; http://www.f-bb.de/fileadmin/Materialien/Fachartikel/Leitfaden_Band_1_Webversion.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 49 Für diese Form gibt es viele Beispiele, allerdings meistens für An- und Ungelernte, die bereits in einem Betrieb beschäftigt sind. Nun bekommen Sie sicherlich eine immer bessere Vorstellung darüber, wie sich Nachqualifizierung gestalten kann. Bei einer Kooperation zwischen Bildungseinrichtung und Unternehmen werden einige Sachen möglich, die sonst nicht möglich sind, wie beispielsweise: § individueller Qualifizierungsbedarf kann anhand betrieblicher Anforderungen präzisiert werden § Qualifizierung kann betriebs- und arbeitsplatzbezogen erfolgen § Qualifizierung erfolgt im betrieblichen Arbeitsprozess § berufs- und betriebsspezifische Entwicklung von Schlüsselqualifikationen § Aufgreifen betrieblicher Anforderungen und Besonderheiten im Rahmen der Qualifizierung in der Bildungseinrichtung Da kommt mir eine Idee... Eigentlich sagt man ja: „Lernen kann man überall!“ Das ist erst mal richtig – aber etwas Wesentliches fehlt. Der Satz müsste heißen: „Lernen kann man überall – aber unterschiedlich gut.“ Schauen Sie, hier hat man eine große Zahl „ausgelernter“ Leute befragt, genau waren es 3.746 Personen, wo sie in ihrem bisherigen Leben am meisten gelernt haben. Versuchen Sie mal zu erläutern, was die Ergebnisse aussagen! Abbildung 34: Wie wird am meisten gelernt? 41 Am meisten haben die Leute gelernt beim arbeitsbegleitenden Lernen. Das wird ein „Lernen beim Arbeiten“ sein. Das kennt man ja eigentlich: Man ist mit einer kniffligen Arbeitsaufgabe beschäftigt ... es treten Probleme auf ... man probiert dies und das ... und dann hat man’s plötzlich! Das merkt man sich und macht es beim nächsten Mal wieder so. Da hat man was gelernt. So ähnlich funktioniert das auch, wenn man nicht auf Arbeit ist, sondern privat, also zu Hause oder bei Freunden. 41 Baethge-Kinsky, V.: Arbeitsprozess- und /oder Wissenschaftsbezug als Leitprinzipien der Curriculumentwicklung. Überlegungen aus Sicht der industriesoziologischen Qualifikationsforschung. Hamburg 2007; http://www.ibw.uni-hamburg.de/forschung/arbeiten/ht2004/ht2004-ws07-baethge-kinsky.ppt isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 50 Bei seinem Hobby beispielsweise lernt man auch so manches nebenbei – oft merkt man das gar nicht. Erst wenn einer fragt: Wo hast Du das gelernt – dann fällt einem auf, dass man praktisch wie durch Zufall was Neues kann und dass man selbst sein Lehrer war ... Das haben Sie sehr gut beobachtet! Weiterhin sagt die Abbildung uns noch Folgendes: Die anderen angegebenen Formen des Lernens haben sich als weniger wirkungsvoll erwiesen. „Traditionelle Medien“ – damit sind vor allem Lehrbücher und ähnliches gemeint. „Formales Lernen“ ist das „Lernen auf der Schulbank“ mit einem Lehrer unter schulischen oder schulähnlichen Bedingungen. Auch das Lernen am PC hat nicht gut abgeschnitten. Manchmal aber können auch diese Formen des Lernens sehr wirkungsvoll sein. Das heißt: Die Eignung einer Lernform hängt immer davon ab, was denn genau zu lernen ist. Sie merken jetzt sicher, dass wir es deshalb nicht darauf anlegen werden, Sie straff auf die Schulbank zu setzen. Aber wir legen es darauf an, dass Sie hier auch gleich ein paar „Geheimnisse“ richtigen und erfolgreichen Lernens erfahren. Das gehört mit zu unserer Beratung für Sie und die anderen Kunden. Deshalb haben wir gerade darüber gesprochen, dass es verschiedene Formen des Lernens gibt und darüber, dass Lernen nicht immer heißen muss: Klassenzimmer, Lehrer, Zuhören, Mitschreiben... Das ist das sogenannte „formale Lernen“. Es gibt aber auch noch anderes Lernen. Tabelle 8: Verschiedene Formen des Lernens Formales Lernen § Lernen in speziell organisierten pädagogischen Situationen (problemunabhängig) § aus Sicht des Lernenden beabsichtigt und zielgerichtet § strukturiert hinsichtlich Lernzielen, Lernzeit, Lernwegen usw. (fremdgesteuert) § offizielle Zertifizierung Nicht-formales Lernen § Lernen ist in planvolle Tätigkeiten eingebettet (problemorientiert) § aus Sicht des Lernenden beabsichtigt; selbst organisiert § Lernen durch Beobachten, Probieren, Nachahmen, Erfahrungen austauschen ... (Erfahrungslernen) § üblicherweise nicht zertifiziert/keine Abschlüsse Informelles Lernen § Lernen als Begleiterscheinung von Alltags-Tätigkeiten (beiläufiges Lernen) § nicht als Lernen beabsichtigt (unbewusst) § nicht organisiert und strukturiert bzgl. Lernziele, Lernzeit, Lernwegen usw. § üblicherweise nicht zertifiziert/keine Abschlüsse42 Das wollte ich Ihnen gern noch vor Augen führen, damit Sie weiterhin – vielleicht sogar noch mehr als bisher – Ihre Arbeit, Ihre Freizeit, Ihre sozialen Kontakte als Lerngelegenheiten betrachten und nutzen. Bitte beherzigen Sie: „Es gibt mehr als eine Möglichkeit zum Lernen – und das gilt für das ganze Leben!“ Deshalb gebe ich Ihnen das hier als „Merkzettel“ mit. 42 Die Anerkennung nicht-formal und informell erworbener Kompetenzen spielt im Bereich der An- und Ungelernten eine besonders große Rolle und ist im Konzept der Nachqualifizierung auch vorgesehen. Sie stößt jedoch noch immer auf eine Reihe methodischer und organisatorischer Schwierigkeiten. vgl. Geldermann, B.; Seidel, S.; Severing, E.: Rahmenbedingungen zur Anerkennung informell erworbener Kompetenzen. Bielefeld 2009; Gutschow, K. u. a.: Anerkennung von nicht formal und informell erworbenen Kompetenzen. In: Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft 118, Bonn 2010 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 51 Abbildung 35: Chancen für informelles Lernen 43 Nun bekommen Sie sicherlich eine immer bessere Vorstellung darüber, wie sich Nachqualifizierung vollziehen kann. Wir können ruhig noch einige Überlegungen zur Ausgestaltung Ihres Qualifizierungsplans anstellen. Immerhin müssen wir dabei jetzt auch an unsere Partner, die Bildungseinrichtungen und die Unternehmen, denken. Welche Rolle können sie bei der Nachqualifizierung spielen – wie sind sie einzubeziehen? Ich zeige Ihnen, was man alles machen könnte. Sie sagen, ob Ihnen dieses oder jenes zusagen würde und dann schauen wir noch, ob sich das auch umsetzen lässt. Einverstanden? Wir und auch Ihre Bildungseinrichtung werden also alles daran setzen, dass Ihre Qualifizierung in Kooperation mit einem Betrieb stattfinden wird. Das wäre einfacher, wenn Sie jetzt nicht ohne Arbeitgeber wären. Man weiß aus Erfahrung und aus vielen Befragungen von Unternehmen, dass diese eine Reihe von Vorbehalten haben, wenn es um Weiterbildungen geht und besonders dann, wenn es sich um Betriebsfremde und um Leute mit einigen Handicaps handelt.44 Wir müssen also versuchen, sie für uns zu begeistern, Ihnen auch wo es geht entgegenkommen. Bei dieser Werbeaktion könnten Sie mithelfen! Wie denn? Ich kenne erst mal keinen Betrieb, wo ich mich vorstellen könnte. „Ich möchte Industrieelektriker werden. Bisher habe ich aber größtenteils andere Arbeiten gemacht. Deshalb will ich jetzt eine Qualifizierung beginnen. Wenn ich einen Teil davon hier in Ihrem Betrieb machen könnte, würde ich mich sehr freuen – und Sie würden eine Fachkraft mit entwickeln, die dann genau in Ihren Betrieb passt...“ So geht das doch nicht? Warum denn nicht? Das war nicht schlecht! Wir reden noch mal gesondert darüber. 43 Wirtschaftsdidaktisches Lexikon (Widawiki): Informelles Lernen. http://widawiki.wiso.uni-dortmund.de/index.php/Informelles_Lernen 44 Kramer, M.; Res, M.: Benachteiligtenförderung aus betrieblicher Sicht – Untersuchungsergebnisse einer Befragung betrieblicher Ausbildungsexperten. Nürnberg 2008; http://www.f-bb.de/uploads/tx_fffbb/08-01-25_BNFausbetrieblicherSicht_MK_05.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 52 Aber jetzt gebe ich Ihnen erst mal einen Leitfaden in die Hand, wo den Betrieben die Nachqualifizierung erklärt und schmackhaft gemacht wird.45 Wir werden nicht jeden begeistern und aufschließen können, aber einige schon. Auch die zunehmenden Fachkräfteengpässe führen dazu, dass sich die Unternehmen immer mehr öffnen für alle möglichen Bewerber und dass sie zunehmend zusätzliche Angebote und Hilfen für die unterschiedlichsten Bewerbergruppen bereit halten.46 Hm, dann schauen Sie sich bitte mal das hier an! Was sagen Sie zu so was? Das hatte ich mir ausgeschnitten. Abbildung 36: Stellenangebote richtig lesen und interpretieren Ganz gut so was. Wenn dieser Betrieb Bedarf an einem Elektrofacharbeiter hat (lassen Sie sich nicht von dem „Meister“ stören) und tatsächlich „vielseitige Fort- und Weiterbildung“ bietet. Zusätzlich wird die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche geboten, die Ihnen einen Tag Zeit gäbe für’s Qualifizieren. Das sollte man sich dann genauer anschauen. Schließlich haben auch Sie was zu bieten: Sie sind jung, Sie können manches schon, Sie werden in absehbarer Zeit fachmännisch qualifiziert sein, Sie werden bei Ihrer Qualifizierung organisatorisch und finanziell unterstützt, Sie wachsen schon in dem Betrieb auf, für den Sie sich qualifizieren. Unsere Projektarbeit führt also dazu, dass die folgende Darstellung so nicht mehr stimmt. 45 Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg: Perspektive Berufsabschluss. Projektleitfaden Nachqualifizierung für Betriebe. Waldeck-Frankenberg 2008; http://www.nachqualifizierung-wa-fkb.de/ (Downloads) 46 Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Qualifizierungsmonitor – Empiriegestützes Monitoring zur Qualifizierungssituation in der deutschen Wirtschaft. Schlussbericht. Köln 2010; http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/qualifizierungsmonitor isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 53 Abbildung 37: Externe und interne Fachkräfte-Reserven 47 Sie kommen zwar vom Arbeitsmarkt, gehören also erst mal nicht zum Betrieb, aber § Ihre (sozialen) Kompetenzen sind so gut bekannt, wie es nur sehr selten vorkommt § den Bewerbungs- und Auswahlprozess braucht der Arbeitgeber nicht zu fürchten, denn Sie stehen dem Arbeitgeber nach einer intensiven Vorauswahl als geeigneter Kandidat sozusagen „frei Haus“ zur Verfügung § Ihre Anlernzeit wird kürzer sein als bei den allermeisten anderen Möglichkeiten, mit denen Personal vom Arbeitsmarkt gewonnen werden kann Deshalb sind hier noch mal auf einen Blick die grundsätzlichen Merkmale eines individuellen Qualifizierungsplanes. 47 http://www.nachqualifizierung-wa-fkb.de/ (Downloads) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 54 Abbildung 38: Inhalte eines individuellen Qualifizierungsplans Lernziele Lerninhalte Lernorte Individueller Qualifizierungsplan Lernformen Weiterbildungsbegleitende Hilfen Lerndauer – Lernzeiten Sagen Sie bitte noch, was es im Qualifizierungsplan mit den weiterbildungsbegleitenden Hilfen auf sich hat! Das ist kein Geheimnis. Egal wer lernt, ob Schüler, Azubi oder Student - Lernen ist immer Horizonterweiterung. Man stößt in Neuland vor, durchbricht manchmal sozusagen Schallmauern und persönliche Grenzen. Da ist es gut, wenn Hilfestellungen vorhanden sind – also weiterbildungsbegleitende Hilfen. Und Sie wissen doch schon: „Nachqualifikanten“ unterscheiden sich von vornherein ziemlich stark voneinander. 20, 30 oder 40 Jahre Lebenserfahrung haben bei jedem individuelle Spuren hinterlassen. Der eine ist mehr zum Praktiker geworden, der andere hat in der Theorie seine Stärken. Der eine ist es gewohnt, längere Phasen des Lernens zu absolvieren, für einen anderen war die Fahrschule seine größte Herausforderung während der letzten zehn Jahre. Der eine ist „frei und ledig“, der andere hat Familie mit mehreren kleinen Kindern. Manche wollen sich qualifizieren haben aber ein Manko zu überwinden, das Ihnen überhaupt nicht bewusst ist. Ich meine das Beherrschen der deutschen Sprache – wenn es sich um jemanden handelt, der nicht in Deutschland geboren ist. Schon klar, was Sie meinen. Kürzlich traf ich hier eine jüngere Frau. Sie hat drei Kinder – hat sie mir erzählt. Wenn man unter solchen Bedingungen für einen Berufsabschluss lernen will, ist das was anderes, als wenn man sich nur um sich selbst zu kümmern hat. In solchen Fällen muss man besonders über Erleichterungen, Veränderungen, Unterstützungen nachdenken. Eben, eben. Deshalb gibt es die weiterbildungsbegleitenden Hilfen, die das Lernen und Qualifizieren ermöglichen und unterstützen. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 55 Abbildung 39: Weiterbildungsbegleitende Hilfen 48 Weiterbildungsbegleitung kann bedeuten: Es gibt Hilfen für „Fächer“, die häufig Schwierigkeiten bereiten, wie zum Beispiel Rechnen, Grundlagen Physik oder Chemie … Anderen wieder wird versucht zu helfen, wenn sie Schulden oder andere häusliche Sorgen haben. Für etliche ist es auch wichtig, erst mal wieder das Lernen zu lernen, das heißt, beim Lernen zweckmäßig vorzugehen. Was wir jetzt die ganze Zeit zusammen gemacht haben, geht auch in diese Richtung. Also auch eine Form weiterbildungsbegleitender Hilfe. Dafür gibt es manchmal bei den Nachqualifizierungen einen richtigen Kursus, eine Vorschalt-Maßnahme über mehrere Wochen.49 Wir versuchen also, mit Ihnen zusammen alles das aus dem Weg zu räumen, was Sie bei Ihrer großen Aufgabe behindern würde. Nicht zuletzt ist es üblich und auch notwendig, dass eine spezielle Vorbereitung auf die Abschlussprüfung gemacht wird. Diese „unmittelbare Wettkampfvorbereitung“ ist noch mal eine Art weiterbildungsbegleitender Hilfe. Über eines müssen wir uns freilich auch noch unterhalten. Das ist die Frage, woher das Geld für Ihre Nachqualifizierung kommt. Die wird ja einige Zeit brauchen und ist deshalb nicht ganz billig. Das Geld ist natürlich – wie immer – der springende Punkt im Ganzen. In dieser Hinsicht haben alle, die sich 48 Dauser, D.; Schweigard-Kahn, E.: Beratung in der Nachqualifizierung. Erfahrungen, Strategien und Instrumente. Bielefeld 2011, S. 35 49 HWK Südthüringen/BTZ Rohr-Kloster: Modulare abschlussbezogene Weiterbildung (Nachqualifizierung). Rohr 2011; http://www.ausbildungsservice-tw.de/haupt/service/box_info/foerderung/nachqualifizierung.pdf Rehbein, H.-D.; Thiering, S.: „Ablauf Nachqualifizierungsmaßnahme“ Erfurter Netzwerk Nachqualifizierung. Erfurt 2011; http://www.f-bb.de/fileadmin/Veranstaltungen/110609_S5_Thiering_HWK_Erfurt.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 56 mit Nachqualifizierungen beschäftigen, die gleiche Erfahrung machen müssen.50 Die Problematik der Finanzen ist so kompliziert und so stark ständigen Veränderungen unterworfen, dass wir an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen. Nehmen Sie als Groborientierung diese Aufstellung, wo über die finanziellen Fördermöglichkeiten Grundlegendes gesagt ist. Tabelle 9: Fördermöglichkeiten für Nachqualifizierungen Fördermöglichkeiten WeGeBau „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer im Unternehmen“ Weiterbildungsförderung für wieder eingestellte Mitarbeiter in der Zeitarbeit Arbeitsentgeltzuschuss für Arbeitgeber Förderung der Qualifizierung von Beschäftigten Qualifizierungszuschuss für junge Arbeitnehmer Berufsbezogene Sprachförderung (ESF-BAMF-Programm) Einstellungszuschuss bei Vertretung („Job-Rotation“) Komunal-Kombi Bildungsprämie Förderung beruflicher Weiterbildung während des Bezuges von Kurzarbeitergeld Die Fördermöglichkeiten hängen im Einzelnen zum Beispiel davon ab, ob Sie Beschäftigter in einem Betrieb sind oder in Kurzarbeit oder Arbeitslos; ob Sie Jünger oder Älter sind und so weiter und so fort. Soll ich Ihnen was sagen? Jetzt komme ich nicht mehr mit. Ich verstehe Bahnhof ... Das kann ich mir denken. Deshalb müssen Sie sich in dieser Frage ganz und gar auf uns verlassen. Schauen Sie hier, wir haben Glück – hier gibt es eine Übersicht, die das Ganze grundsätzlich klar macht. 50 vgl.: BBJ Servis gGmbH: Bestandsanalyse - „Befragung zum Erfahrungsstand mit der abschlussorientierten Nachqualifizierung unter den Westbrandenburger Akteuren“. Potsdam 2009; http://www.nachqualifizierung.info/de?t=/documentManager/sfdoc.file.detail&fileID=1244811442515 Frings, K.; Kuse, St.: Nachqualifizierung An- und Ungelernter in Hessen. Report Nr. 804, Wiesbaden 2011; http://www.hessen-agentur.de/dynasite.cfm?dssid=75&dsmid=1786&dspaid=90339 Grünert, H.; Wiener, B.; Winge, S.: Zusammenarbeit von Betrieben und Bildungsträgern in der beruflichen Weiterbildung. Halle/Saale 2011; http://www.zsh-online.de/fileadmin/PDFDokumente/Zusammenarbeit_von_Betrieben_und_Tr%C3%A4gern_in_der_Weiterbildung.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 57 Abbildung 40: Formen der Finanzierung 51 Arbeitnehmer allgemein Arbeitgeber allgemein Ø Aus- und Weiterbildungskonten Ø Tarifvereinbarungen Ø Fondsmodelle Mischformen AN+AG AN+Institution AN+AG+Staat Ø Teilnahme Spar-späterProgramm Ø Betriebsinterne POE Ø Stiftungsgelder als nichtrückzahlbarer Kredit Ø Freistellungs- und Ø Bildungsprämie Bildungskostenfinanzierung Ø Bildungsgutschein Ø Micro-Darlehen Ø Weiterbildungssparen Ø Bildungscheck Ø Bildungs- und Lernkonten Ø Bildungsdarlehen Ø Nutzung landesspezifischer Qualifizierungsprogramme Es gibt demnach drei Quellen, wo das Geld für Ihre Qualifizierung her kommen kann: a. vom qualifizierungsinteressierten Arbeitnehmer, b. vom Arbeitgeber und c. aus verschiedenen Mischformen Für Sie habe ich folgenden Vorschlag: Bis Sie prüfungsreif sind, wird es wohl fast zwei Jahre brauchen. Eine Förderung über eine so lange Zeit „aus einer Hand“ zu bekommen, gelingt selten. Außerdem braucht es immer eine ganze Zeit, bis eine beantragte Förderung zum Beispiel bei der Arbeitsagentur bewilligt wird. Was machen wir da? Keine Ahnung – ganz schön schwierig! Ich habe gedacht, dass so eine Sache rundum finanziell gefördert wird. Man hört immer so viel über die Förderung Arbeitsloser ... Ich stelle mir vor, dass Sie sich in der Zeit Ihrer jetzigen Arbeitslosigkeit zusammen mit Ihrem Bildungsdienstleister erst mal die zwei Module zertifizieren lassen, über die wir schon gesprochen haben. Dann sollten Sie ganz sorgfältig prüfen, ob Sie vielleicht noch ein Modul selbst-lernend bewältigen können. Auch da können Sie sich Rat und Unterstützung von der Bildungseinrichtung holen. Das sollten Sie so hinbekommen, dass Sie damit im Prinzip fertig sind, wenn in der Bildungseinrichtung der nächste Lehrgang zur modularen Nachqualifizierung für Industrieelektriker beginnt. Den absolvieren Sie dann in wahrscheinlich sechs bis neun Monaten und schließen dort weitere Module ab. Dafür beantragen wir bei der Arbeitsagentur einen Bildungsgutschein für Sie. Danach sind Sie schon auf dem besten Weg zu einer Fachkraft! Damit könnte es uns dann gelingen, einen Betrieb für Sie zu finden, der Sie einstellt und auch noch etwas Freiraum gibt für Ihre letzten Qualifizierungsschritte. So ein ähnlicher Betrieb wie in Ihrer Annonce... 51 Ludwig, F.: Alternative Finanzierungsformen für die Nachqualifizierung. Erfurt 2011; http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/Downloads/Station_4__Finanzierung_Praesentation_Ludwig_-_Erfurt_09.06.11.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 58 Für dieses Entgegenkommen kann der Arbeitgeber einen Arbeitsentgeltzuschuss erhalten. Und Sie haben Ihren Lohn und sind von Stund an nicht mehr arbeitslos. Ich denke, das könnte eine ziemlich optimale Lösung für Sie sein – oder sehen Sie das anders? Das klingt ganz gut. Ich denke auch, so könnte das gehen. Aber um so viele Ecken hätte ich nicht gedacht. Was ich vor allem auch selbst wollte, das ist die Zeit zu nutzen, bis wir alles in Sack und Tüten haben. Ich sehe ja ein, dass das Ganze natürlich auch Zeit braucht. Aber mir läuft sie ja eigentlich davon. Ich wollte also auf jeden Fall mich schon geistig einarbeiten in meinen neuen Beruf, wollte mir Leute suchen, die eine Ausbildung zum Industrieelektriker machen und Kontakt zu einer Berufsschule aufnehmen, wollte mich mit Modulinhalten beschäftigen und schauen, wo ich tiefer gehen muss. Lassen Sie mich noch eines betonen. Wir haben schon einmal festgestellt, dass Betriebe nicht ohne Weiteres begeistert sind, wenn sich bei Ihnen Leute vorstellen, die keine fertigen Fachkräfte sind. Sie scheuen oft den Zeit- und finanziellen Aufwand und die eventuellen Probleme, die mit einer Qualifizierung einhergehen. Andererseits sind Sie daran interessiert, dass Sie § in zeitlicher und finanzieller Hinsicht Unterstützungen bei der Ausbildung bzw. Qualifizierung erhalten § „Berufsbildungs-Know-how“ in den Betrieb bekommen § auf die Ausbildungsinhalte Einfluss nehmen können § eine pädagogische Begleitung und individuelle Betreuung erhalten und dass ein ausreichender Informationsaustausch zwischen Bildungseinrichtung und Betrieb erfolgt.52 Alles das ist von uns und vonseiten unserer Partner aus möglich. Nutzen Sie diese Argumente bei Ihrer Werbung in eigener Sache! Alles klar, dann kann ich mich wohl nun langsam auf den Weg machen? Ja, das heißt, wir vereinbaren jetzt noch einen ersten Termin mit einem Bildungsdienstleister. Sie müssen sich dort vorstellen und nehmen alle Ihre Unterlagen mit. Ich kündige Sie dann dort noch mal gesondert an, erkläre die Situation und das, was wir bisher zusammen gemacht und uns ausgedacht haben. 52 Kramer, M.; Res, M. (a. a. O.) isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 59 7 „Ich bin so froh!“ Der Anfang ist gemacht! Ich war ein paar Tage lang bei meinem Bildungsdienstleister. Wir haben uns kennengelernt, und ich fühle mich dort auch gut aufgehoben. Auch haben wir uns noch mal vor Augen geführt, in welcher Reihenfolge die neun Module beim Industrieelektriker absolviert werden können. Abbildung 41: Wege bei der modularen Nachqualifizierung 53 53 Netzwerk Pro Beruf Halle: Modulare Berufe. http://www.pro-beruf-halle.de/fileadmin/redaktion/de/documents/pdf-documents/berufe/ber_55.pdf isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 60 Dann haben wir noch darüber gesprochen, ob es Module gibt, wo ich mich schon auskenne. Ich habe die Module 3 und 4 genannt, so wie wir das auch hier schon eingeschätzt hatten. Dann habe ich dazu Prüfungsbeispiele erhalten, die bin ich zu Hause durchgegangen. Ein Lehrbuch habe ich dazu auch noch erhalten. Dann musste ich zur sogenannten „fachlichen Feststellung“ antreten – da hat alles einwandfrei geklappt. Zwei Modulabschlusstests sind gemacht! Dann haben wir noch lange darüber diskutiert, ob mir das Jahr meiner Berufsausbildung und meine praktischen Erfahrungen von meinen Arbeitsstellen und von meiner Hobbyarbeit noch was nutzen könnte. Sie haben mir gesagt, dass es vielleicht möglich wäre, dass ich dadurch auch noch das Modul 7 anerkannt bekommen könnte, wenn ich diese Sache noch mal auffrische. Aber das muss noch weiter geprüft werden. Trotzdem, ich bin total zufrieden und froh, wie das bis jetzt läuft! Mein Fahrplan für die Nachqualifizierung sieht nun so aus. Tabelle 10: Individueller Qualifizierungsplan Modul Festlegung M1 Grundlagen anerkannt M2 Grundlagen anerkannt M3 Fachliche Feststellung bestanden M4 Fachliche Feststellung bestanden M5 Qualifizierung in Bildungseinrichtung (Werkstatt) M6 Qualifizierung in Bildungseinrichtung (Werkstatt) M7 Fachliche Feststellung sinnvoll M8 Qualifizierung im Betrieb M9 Qualifizierung im Betrieb sinnvoll Das ist wirklich gut. Und jetzt werden Sie staunen. Die Module 3 und 4 sind für Sie auch schon von der zuständigen Stelle mit Stempel und Unterschrift bestätigt worden. Das habe ich freilich unter Ihrem Namen schon im BIT festgehalten. Und schauen Sie hier, Sie haben jetzt einen Qualifizierungspass, wo man alle Ihre Fortschritte festhalten und verfolgen kann. isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 61 Abbildung 42: Qualifizierungspass für den Süden von Sachsen-Anhalt 54 Erst einmal stehen da die wesentlichsten Angaben zu Ihrer Person drin – es ist ja ein Ausweis. Dann gibt es einen Abschnitt „Berufs- und Bildungsbiografie“. Dort tauchen die Inhalte auf, die wir gemeinsam hier bei uns erarbeitet und zusammen getragen haben. Im Prinzip ist das das Gleiche, wie es im BIT steht. Dann aber kommt das Neue. Für Ihren ausgewählten Beruf sind entsprechend des Berufsbildes alle Module aufgeführt und deren Dauer. Und vor allen Dingen haben wir jetzt schon eine offizielle Bestätigung der zuständigen Stelle, dass Ihnen Modul 3 und 4 anerkannt wird. Bleiben noch 5 Module – vielleicht auch nur noch 4, die Sie Schritt für Schritt absolvieren werden. Nach jedem abgeschlossenen Modul und einer Überprüfung der jeweils erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten gibt’s dann von Ihrem Bildungsdienstleister wieder ein Modulzertifikat und „einen Stempel“. Sie sehen so, wie Sie wachsen und vorwärts kommen. Außerdem sind im Qualifizierungspass alle Ihre bisherigen Zeugnisse, Bescheinigungen, Zertifikate und was sonst noch wertvoll ist gesammelt, als Kopien. Zuletzt gibt’s noch Hinweise und Hilfestellungen für die Anmeldung zur Externenprüfung.55 54 Netzwerk Pro Beruf Halle: Qualifizierungspass für den Süden von Sachsen-Anhalt. Handout. Halle/Saale 2011 Diese Inhalte entsprechen den gegenwärtigen anerkannten Qualitätsstandards für Qualifizierungspässe (vgl. Schubert, M.: Kompetenzfeststellung und Qualifizierungspässe: Flexible Qualifizierungswege eröffnen. Erfurt 2011); . http://www.f-bb.de/fileadmin/Veranstaltungen/110609_S3_Schubert_BBJ.pdf 55 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 62 Abbildung 43: Checkliste für Anmeldung und Zulassung zur Externenprüfung 56 Na, so weit ist es noch nicht. Aber trotzdem gut, wenn man weiß, was dann im Vorfeld der Prüfung zu tun ist. Danke sehr. Bei meinem Bildungsdienstleister hat man schon eindringlich darauf hingewiesen, dass die Prüfungsvorbereitung eine sehr große Rolle spielt. Man muss wissen, wie die Prüfung gestaltet ist, muss die Aufgabenstellungen verstehen und die Prüfungssituation simulieren. Dann sollte es klappen... Hier, das habe ich im Internet gefunden: ist auch eine ganz gute Orientierung von A bis Z für die Nachqualifizierung.57 Manchmal sind Sie schon ein richtiger Fachmann auf dem Gebiet der beruflichen Nachqualifizierung! Und deshalb wird es auch klappen. Ich denke, Sie sind jetzt schon auf einem guten Weg. Sehen Sie, andere haben es ja auch geschafft. Mehr als 25.000 haben letztes Jahr ihre Externenprüfung abgelegt. Bald gehören auch Sie dazu!58 56 Netzwerk Pro Beruf Halle: Checkliste für die Anmeldung und Zulassung zur Prüfung. http://www.pro-beruf-halle.de/uploads/media/Checkliste_Zulassung.pdf; vgl. auch: BBJ Consult: Externenprüfung. Die zweite Chance auf einen Berufsabschluss. Berlin 2011; http://www.nachqualifizierung.info/de/veroeffentlichung/ 57 Kappler, R.: Perspektive anerkannter Berufsabschluss über den Weg Nachqualifizierung. Leitfaden (Empfehlung) für die Nachqualifizierungspraxis. Dresden 2010; http://www.perspektive-berufsabschlussdresden.de (downloads) 58 Kammer Schätzung isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Praxis der Nachqualifizierung An- und Ungelernter 63 Abbildung 44: Externe Prüfungsteilnehmer im Jahr 2010 59 Diese Beispiele können Ihnen ja vielleicht helfen, wenn Sie mal einen „Durchhänger“ haben sollten. Es geht also, das sehen Sie sogar an einem Ihrer Vorgänger hier in Halle. Nehmen Sie diesen Kurzbericht mit – und wenn Sie fertig sind veröffentlichen wir auch gerne Ihre Erfolgsgeschichte! Abbildung 45: Vom Bauhelfer zum Industrieelektriker 60 Ja, das wäre nicht schlecht. Aber „Ohne Fleiß kein Preis“ – das ist mir klar. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um energisch weiter zu machen. Danke vielmals – und Sie hören von mir! 59 Schreiber, D. u. a.: Anerkennung beruflicher Kompetenzen am Beispiel der Zulassung zur Abschlussprüfung im Rahmen der Externenregelung. Zwischenbericht. Bonn 2010; http://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/zw_43301.pdf 60 Bundesministerium für Bildung und Forschung: Perspektive Berufsabschluss. Sonderbeilage zum Newsletter Nr. 5, Bonn 2010. S. 49 isw GESELLSCHAFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE BERATUNG UND DIENSTLEISTUNG mbH Ein Projekt des Mitteldeutschen Verbandes für Weiterbildung e.V.