Kundenmagazin Nordex 360

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Kundenmagazin Nordex 360
Ausgabe 1 | 2015
Die Nordex-Rundschau – Wind. Energie. Leistung.
Dynamisches
Wachstum
Türkei
Service – am besten
vom Hersteller
Innen
N131/3000 ist die
Turbine des Jahres
News
Blattzentrum
Nordex investiert 50 Millionen Euro
8
Fit für die Zukunft
Blattzentrum
Top-Thema
Der korrekte Mieter renoviert spätestens alle sieben Jahre seine komplette Wohnung – Schönheitsreparaturen. Eher zufällig trifft Nordex bei der
Modernisierung seiner Fertigung erneut diese Zeitspanne, allerdings geht
es dabei um deutlich mehr als nur ein bisschen Farbe. Denn um unsere
Wachstumsziele bis 2017 erreichen zu können, mussten wir unsere Produktion fit machen für das geplante Volumen sowie für aktuelle und künftige
Rotorblattgenerationen.
8 | Fit für die Zukunft
Nordex investiert 50 Millionen Euro
in seine Blattstrategie
Dafür haben wir unsere zentrale Fertigung in Rostock zum Nordex-Blattzentrum ausgebaut. Durch zusätzliche Produktionslinien und verbesserte Prozesse werden wir unsere Blattkapazität im Verbund mit unseren Partnern
mittelfristig fast verdreifachen. Neue Formen und veränderte Produktionslinien sind nun auf die zunehmend größeren Blattdimensionen ausgelegt.
Über die Fertigungsstrukturen hinaus haben wir zudem unsere Blattstrategie geschärft: Das neue Blattzentrum fungiert als Leitwerk, das zum einen
die Entwicklungsarbeit für komplexe technische Lösungen leistet und zum
anderen Standards vorgibt sowie regelmäßig deren Umsetzung überprüft.
Damit werden wir das Volumen und die Qualität unserer Rotorblätter für die
nächsten Jahre absichern. Das Rotorblatt ist absehbar bei Nordex kein Engpass mehr. Natürlich geht auch die technische Entwicklung weiter.
12 | Rostocker Blattproduktion zum
Leitwerk ausgebaut
Höhere Kapazitäten und neue Logistik
Impressum
Herausgeber: Nordex SE,
Langenhorner Chaussee 600, 22419 Hamburg,
Tel.: +49 (0)40 300 30 1000
E-Mail: info@nordex-online.com
Projektleitung und V. i. S. d. P.: Sandra Jaekel
Autoren dieser Ausgabe: Silke Brandes (SBR),
Sandra Jaekel (SJA), Dierk Jensen (DJE),
Irmela Tölke (ITO)
Fotos: Nordex, soweit nicht anders vermerkt
Gestaltung: Orange Cube Werbeagentur, Hamburg
Druck: Rasch Druckerei und Verlag GmbH & Co. KG,
Bramsche
Ihr
Lars Bondo Krogsgaard,
Chief Customer Officer (CCO), Nordex SE
2|
Papier: Dieses Kundenmagazin ist auf
Novatech satin, 150 g / m², gedruckt.
Auflage: 10.000 (4.000 deutsch,
6.000 englisch)
Nachdruck, auch auszugsweise, und
elektronische Verarbeitung nur mit
ausdrücklicher Genehmigung des
Herausgebers.
16
Experten in
luftiger Höhe
24
Energiehungrige Türkei
macht mächtig Wind
Innen
Außen
4 | N131/3000 ist die Turbine
des Jahres 2014
Auszeichnung durch Windpower Monthly
20 | Erster selbst entwickelter
Nordex-Windpark in Polen am Netz
Marktkenntnisse und Netzwerk
bringen Erfolg
24 | Energiehungrige Türkei
macht mächtig Wind
Feste Position in einem dynamisch
wachsenden Windenergiemarkt
21 | Deutschland
Krogsgaard ist neuer Vorsitzender­
im VDMA-Lenkungs­gremium
Windenergieanlagen
28 | Litauen:
Nordex ist da!
6 | Strategie 2017
Als Spezialanbieter für komplexe
Lösungen Werte schaffen
14 | 30 Jahre Nordex
Vom Pionier zum Profi im Windgeschäft
16 | Seilmonteure:
Experten in luftiger Höhe
22 | Nordex und WSB bauen
Projekt in Italien
29-Megawatt-Windpark Melfi
in Errichtung
18 | Warum es auf den
Service ankommt –
und warum man Serviceleistungen
vom Hersteller beziehen sollte
Wissen
30 | Technisches Lexikon
Teil 4: Nordex Control
31 | Die Winde der Welt
Teil 1: Meltemi
|3
N131/3000 ist
die Turbine des
Jahres 2014
Die Zeichen stehen gut für die neue N131/ 3000 der Generation Delta. Nach
der erfolgreichen Zertifizierung der Schwachwindanlage kommt jetzt auch
der Auftragseingang in Schwung: Bereits vier konkrete Aufträge über 26 Anlagen oder 78 Megawatt liegen Nordex vor. Zudem kürte das Fachmagazin
Windpower Monthly die N131/ 3000 im Januar zur Turbine des Jahres 2014
im Bereich der 3-Megawatt-Anlagen.
Das Titelbild des Magazins Windpower Monthly
In Finnland hat Nordex die ersten großen Windparks
mit Anlagen der Generation Delta gebaut – hier das
Projekt Mäkikangas mit elf Turbinen vom Typ N117/3000
auf 141 Meter Nabenhöhe.
Foto: HeliFoto Oy
4|
innen Produktmanagement
Im September 2014
war das große Rotorblatt der N131/3000 der
Blickfang auf der Messe
Mit einem Rotordurchmesser von 131 Metern
und einer überstrichenen Rotorfläche von 13.478
Quadrat­metern ist die N131/3000 die zurzeit effizienteste Anlage für IEC-3-Standorte im Markt – und
das bei einem Schallleistungspegel von 104,5 dB(A),
der im Vergleich mit ähnlichen Anlagen der Wett­
bewerber sehr gering ausfällt. Diese Merkmale sowie das von Nordex selbst entwickelte innovative
Rotorblatt NR65.5 waren nach Angaben des Fach­
magazins Windpower Monthly ausschlaggebend für
die Auszeichnung als Turbine des Jahres 2014.
Vier Aufträge liegen schon vor
Nachdem für den deutschen Markt alle Typen­
prüfungen nach DIBT 2012 für die Nabenhöhen von
99, 114 und 134 Metern vorliegen und auch die internationale IEC-Zertifizierung in Form des Design
Evaluation Conformity Statements DECS für die
Naben­höhen von 99 und 114 Metern erfolgt ist, sind
alle erforderlichen Unterlagen für Baugenehmigungen mit der N131/3000 vorhanden. Das honorieren
Kalender
Erstes Halbjahr 2015
Bilanz-Pressekonferenz
finaler Jahresabschluss 2014
23. März 2015
WindEnergy Hamburg.
auch Nordex-Kunden. Bereits im September meldete das Unternehmen den ersten Vertragsabschluss:
Für den Bürger windpark Hollich Sellen GmbH &
Co. K G im Kreis Steinfurt, Nordrhein-Westfalen, errichtet N
­ ordex acht Turbinen des Typs N131/3000.
Drei weitere Aufträge erhielt Nordex in den ersten Monaten des Jahres 2015: Für die Windparks
Wettringen-Brechte sowie Wettringen-Stroenfeld,
­e benfalls in Nordrhein-Westfalen, wird Nordex in
Summe neun weitere Anlagen liefern. Der erste
Auftrag aus ­F innland umfasst zudem neun Anlagen
für das ­Projekt Kooninkallio-Kankaanpää des Großkunden Taaleritehdas. Text: ITO
IWPC, Istanbul, Türkei
31. März – 2. April 2015
Konzern-Zwischenbericht
1. Quartal 2015
13. Mai 2015
Hannover Messe
Industrie, Deutschland
13.–17. April 2015
Windpower 2015, Orlando, USA
18.–21. Mai 2015
PWEA, Serock, Polen
14.–15. April 2015
Hauptversammlung, Rostock
2. Juni 2015
Strategie 2017 – Nordex will
als Spezialanbieter für komplexe
Lösungen Werte schaffen
Nordex hat sich neue Ziele gesetzt:
Nach der erfolgreichen Restrukturierung und Neuausrichtung will
das Unternehmen nun seine gute
­Position sichern und ausbauen. Wie
sieht die Strategie für die nächsten
drei Jahre im Detail aus?
Bis 2017 will der Konzern einen Umsatz von 2 Milliarden Euro erwirtschaften und das operative Ergebnis auf eine EBIT-Marge von 7 bis 8 Prozent
erhöhen. Vorstandschef Dr. Jürgen Zeschky erklärt:
„Wir sind in den letzten Jahren schnell gewachsen,
um eine Mindestgröße von 1,5 Milliarden Euro Umsatz zu erreichen. Diese Mindestgröße brauchen
wir, um unsere Produktentwicklung zu finanzieren.
Jetzt liegt ­u nser Fokus ganz klar auf der Verbesserung unser­er Profitabilität.“
Kundenbezug
Wettbewerbsfähige
Qualitätsprodukte
auf den Markt
bringen
2 Mrd.
Euro 7– 8 %
Nachhaltiges,
profitables
Wachstum
sichern
Zielorientierte
Erweiterung des
Geschäftsmodells
Weiterentwicklung zu einem
projektgesteuerten Unternehmen
Dr. Zeschky: „Hinter jedem Auftrag steht ein Kunde,
den wir professionell bei der Errichtung seines
Windparks unterstützen.“
Das Nordex-StrategieHaus: Mit diesem soliden
Gerüst will Nordex
die Geschäftsziele bis
Nordex denkt in Projekten
„Wir haben wettbewerbsfähige Produkte und eine
erfolgreiche Vertriebs- und Servicestrategie. Künftig wird ein Schwerpunkt sein, unsere Prozesse anzupassen, um in der Projektabwicklung noch
­e ffizienter zu arbeiten“, sagt Dr. Zeschky. Dabei
geht es um eine Prozesslandschaft, die sich am Projektgeschäft orientiert und der Tatsache Rechnung
trägt, dass Nordex kein klassischer Hersteller von
standardisierten Serienprodukten ist. Vielmehr bedeutet dies, über den Tellerrand hinauszudenken:
Statt 600 bis 700 Serienturbinen im Jahr zu produzieren, will Nordex etwa 100 individuelle Projekte
erfolgreich abwickeln. Aktuell analysiert das Unternehmen seine Prozesse und passt sie an, um
den optimalen Ablauf vom serienreifen Produkt bis
zur Auftragsabwicklung im Feld zu gewährleisten.
6|
Innen Corporate Development
Hochwertige Produkte und
komplexe Lösungen
Nordex will sich durch maßgeschneiderte Produkte
mit marktfähigen Stromgestehungskosten differenzieren. Windenergie soll die Netzparität erreichen, also
gleiche oder geringere Stromgestehungs­kosten im
Vergleich zu konventionellen fossilen Energie­trägern
– und zwar für alle Windklassen. Dies entspricht
Stromgestehungskosten von zukünftig 5 Cent pro
Kilowattstunde oder darunter. Dr. Zeschky: ­„Unsere
Produkte­und Dienstleistungen setzen immer da an,
wo wir Werte für unsere Kunden schaffen können.
Das sind natürlich zuallererst effizientere Produkte.
Aber auch im Design eines Windparks steckt viel Potenzial für Ertragssteigerungen.“ So bietet Nordex verstärkt kundenspezifische Lösungen im sogenannten
­Micrositing von Projekten an.
2017 erreichen.
Umsatz
EUR 2 Mrd.
EBIT
7–8 %
CoE –15 %
Drei übergeordnete
Ziele verfolgt Nordex mit
der neuen Strategie: ein
moderates Umsatzwachstum und Fokussierung
auf die Profitabilität
sowie die Senkung der
Stromgestehungskosten.
Profitables, moderates Wachstum
„Nordex wird weiter wachsen – aber gezielt. Mehr
Volumen ist gut, allerdings nur im Verbund mit nachhaltiger und gesunder Profitabilität. Wir bearbeiten
die stabilen, entwickelten Märkte in Europa weiterhin, besonders Deutschland, Frankreich, die Türkei und Nordeuropa. Außerdem gehen wir jährlich
in ein bis zwei neue Wachstumsmärkte“, erklärt
Ver­triebsvorstand Lars Bondo Krogsgaard das Vorgehen. Neue Märkte wie etwa Chile haben gutes
Potenzial, auch für die Errichtung schlüssel­fertiger
g eschäft
Projekte. Im schon profitablen Service­
b esteht die ­
­
H erausforderung, durch intelligente
Maßnahmen, vor ­a llem bei den immer wichtigeren
Premiumverträgen, die technische Verfügbarkeit
weiterhin zu verbessern.
Permanente Überprüfung
des Geschäftsmodells
Die Marktumgebung und damit auch die Nachfrage
werden sich in Zukunft weiterentwickeln. In Deutschland beispielsweise stehen fundamentale Veränderungen im Energiesektor an. Nordex muss und wird
sich auf neue Themen einstellen, die sich etwa aus
der Direktvermarktung von Strom oder aus sich verändernden Vergütungsmechanismen ergeben – weg
von festen Einspeisevergütungen, hin zu Ausschreibungen, wie sie auch in Europa zunehmend geplant
sind. Hier überlegt das Unternehmen, wie es seine
Kunden besser darin unterstützen kann, erfolgreich
an solchen Auktionen teilzunehmen. Diese können
wegen komplexer Verfahren oder auch wegen der
Höhe der erforderlichen Bürgschaften insbesondere­
für kleine und mittelgroße Projektentwickler den
Zugang erschweren. Dazu Krogsgaard: „In Summe
geht es darum, Marktveränderungen genau zu beobachten und uns anzupassen, wo es nötig ist. Wir
werden in Bewegung bleiben und uns kontinuierlich
entwickeln.“ Text: Sja
Innen Corporate Development
|7
Fit für die Zukunft:
Nordex investiert
50 Millionen Euro in
seine Blattstrategie
8|
Top-Thema Blattzentrum
Nordex wächst. 2 Milliarden Euro Umsatz will das Unternehmen bis 2017 machen – dieses
Volumen muss auch die Produktion stemmen. Im vergangenen Jahr fiel der Startschuss für
das neue Blattzentrum: Der Hersteller hat seine Rotorblattproduktion für die Wachstumsziele
fit gemacht, Strategie und Fertigungsstrukturen angepasst. Nordex 360° fragt beim Leiter des
Blattzentrums, Bernd Treiber, nach: Was haben Sie verändert und wie ist der Status?
Nordex hat angebaut. Auf zusätzlichen
10.000 Quadratmetern konzentriert der
Hersteller nun die Endbearbeitung seiner Rotorblätter. Die neue Halle oben
links im Bild und rechts beim Innenausbau.
Fotos: Ove Arscholl
Top-Thema Blattzentrum
|9
wir die neusten Blattgenerationen fertigen. In den
nächsten Jahren werden das die Typen NR58.5 und
NR65.5 für unsere Turbinen N131/3000, N117/3000
und N117/2400 sein. In unserem Leitwerk werden
wir auch die Entwicklungsarbeit für unsere Blätter
sowie für komplexe technische Lösungen wie das
Anti-Icing-System leisten.
360°: Was genau umfasst dieser Ausbau
und wann wird er abgeschlossen sein?
Wir erweitern und modernisieren den Standort. Die
Blattdimensionen und somit auch die Abmessungen
der zur Herstellung erforderlichen Blattformen sind
deutlich gewachsen. Daher war ein Umbau ­unserer
Produktionshallen erforderlich. Für die Endbearbeitung der Rotorblätter haben wir zudem eine völlig
neue Halle errichtet und damit Rohbau und End­
bearbeitung voneinander getrennt. Damit konzentrieren wir die staubigen Arbeiten in einer ­H alle, was
Vorteile für die Qualitätssicherung mit sich bringt.
Aktuell befinden wir uns im Set-up. Die ­F ormen
sind eingerichtet.
Bernd Treiber leitet das
Nordex-Blattzentrum.
360°: Herr Treiber, Nordex will die Fertigungskapazität des Blattzentrums massiv hochfahren. 2014 wurden rund 500
Blätter produziert, bis 2016 soll die Kapazität auf 840 Blätter erhöht werden. Wie
wollen Sie das erreichen?
Zum Ende des Frühjahrs wollen wir insgesamt acht
NR58.5-Linien, drei NR50-Linien und die ersten zwei
NR65.5-Linien im Verbund mit Produktionspartnern
in Betrieb haben. Die Hälfte der Investitionssumme,
also rund 25 Millionen Euro, fließt in unser Rostocker
Werk, das wir zum Leitwerk ausbauen. Hier werden
360°: Bisher hat Nordex 20– 30 Prozent seiner Blätter selbst gefertigt. Schrauben Sie
den Eigenanteil jetzt nach oben?
Nein, an diesem Anteil halten wir auch künftig fest,
um mit bewährten Lieferanten flexibel auf steigende Bedarfe reagieren zu können. Das bedeutet,
auch die Partner in unserem internationalen Fertigungsnetzwerk werden höhere Stückzahlen produzieren. Die Verträge mit Carbon Rotec und TPI
haben wir entsprechend angepasst, und ­N ordex
investiert in zusätzliche Blattformen bei den Ko ­
operationspar tnern. Dafür setzen wir weitere­
25 Millionen Euro ein.
Vom Standardblatt
„Anzug von der Stange“
über Built-to-Spec
„Maßanzug“
Spezifikation
Spezifikation
Spezifikation
Spezifische Werkzeuge
Spezifische Werkzeuge
Spezifische Werkzeuge
Materialien
Materialien
Materialien
Fertigungsprozesse
Fertigungsprozesse
Fertigungsprozesse
Qualität
Qualität
Qualität
Fertigungsausführung
Fertigungsausführung
Fertigungsausführung
Werksinfrastruktur/
Mitarbeiter
Werksinfrastruktur/
Mitarbeiter
Werksinfrastruktur/
Mitarbeiter
Kunde / Lieferant
10 | Top-Thema Blattzentrum
bis Built-to-Print
„Anzug nach Anweisungen“
Kunde
Li efera nt
Blattstrategie
360°: Das Rotorblatt ist entscheidend für
den späteren Ertrag der Windenergie­
anlage. Wie stellen Sie sicher, dass auch bei
der Fremdfertigung die Qualität stimmt?
Nun, zunächst einmal arbeiten wir mit beiden Partnern bereits erfolgreich zusammen. Zudem investieren wir weiter in das Built-to-Print-Verfahren. Dabei
wird der Lieferant im Prinzip genauso behandelt wie
die eigene Fertigung: Nicht nur das Design und die
Spezifikation gibt Nordex vor, sondern auch Arbeitsanweisungen sowie Prozess- und Prüfstandards. Hier
kommt wieder das Leitwerk ins Spiel, das sämtliche
Standards von Materialien über Werkzeuge bis hin zur
Qualität genau definiert. Die einheitliche Anwendung
sichert wiederum unser Änderungsmanagement.
360°: Wie funktioniert
das Änderungsmanagement?
Jede Abweichung vom definierten Standard muss
beantragt werden. Das Engineering und unser Leitwerk prüfen sie dann. Befinden sie eine Änderung
für gut, wird diese von allen Fertigungsstätten ange­
wendet. Eine kontinuierliche Betreuung der Partner
und regelmäßige Audits gewährleisten, dass alle
Blätter nahezu identisch sind – egal, wo und von
wem sie gefertigt wurden. Das ist wichtig, denn
schließlich sollen all unsere Blätter 20 Jahre im Feld
für unsere Kunden arbeiten.
Das Nordex-Produktionshaus
Planung und Kontrolle
Fertigungsplanung
und -steuerung
Technologie
Fertigungsprozesse/
Vorrichtungen und Werkzeug /Arbeitsanweisungen
Qualität
Qualitätsprozesse, -prüfung und Equipment
Einkauf
Koordinierung Lieferantenportfolio
und Materialkostensenkung
Anweisungen
Vorschläge
Produktion
Management der
internen Produktion
Logistik
Innerbetriebliche
Materialversorgung
Fertigungspartner-Management
Management der
externen Produktion
FertigungspartnerNetzwerk
Engineering
Spezifikationen (Design, Aerodynamik, Struktur, Werkstoffe)
Im Blatt-Rohbau
Neu: die Form für das
360°: Herr Treiber, wo sehen Sie
die wesentlichen Vorteile des
Built-to-Print-Verfahrens?
größte Nordex-Rotorblatt
NR65.5 (u.)
Einen der Vorteile habe ich gerade im Zusammenhang mit dem Änderungsmanagement angedeutet:
das Best-Practice-Sharing. Dabei übertragen wir eine
positive Änderung auf alle Produktionsstandorte. Das
kann eine Abweichung im Verfahren sein, beispielsweise beim Aufbringen des Gelcoats. Die Vorteile
beginnen aber bereits bei der Kapazitätsplanung: Mit
Kooperationspartnern können wir viel flexibler auf
Marktschwankungen reagieren. Zudem erreichen
wir dadurch für unsere Kunden Kostenvorteile, etwa
durch geringere Logistikaufwendungen, wenn wir
in einem Werk mit möglichst geringer Distanz zum
­späteren Anlagenstandort produzieren können.
360°: Sind wir mit den neuen Strukturen
und der neuen Strategie auf lange Sicht
wettbewerbsfähig? Was sind Ihre nächsten Ziele?
Ich bin überzeugt, dass wir damit unsere Liefertreue
und Produktqualität absichern können. Die neue
Konstellation Leitwerk und Kooperationspartner bietet uns die besten Voraussetzungen für eine flexible Kapazitätsplanung und eine hohe Produktqualität.
Natürlich dauert es immer einige Zeit, bis eine neue
Strategie greift. So wird unser Hauptaugenmerk 2015
auf der Prozessstabilität liegen. Text: Sja
Top-Thema Blattzentrum
| 11
3
4
Rostocker
Blatt­produktion zum
Leitwerk ausgebaut
Immer größere, hocheffiziente Rotoren, steigende
Stückzahlen. Diese Entwicklung in der Rotorblattproduktion bei Nordex machte zuletzt eine
Anpassung der Fertigungsstrukturen erforderlich.
25 Millionen Euro hat das Unternehmen in eine
Erweiterung und Modernisierung seines Rostocker Leitwerks investiert.
Dr. Jürgen Zeschky (Nordex CEO), Christian Pegel (Landesenergie­
minister MV), Roland Methling (Oberbürgermeister Rostock) und Bernd
Treiber (Leiter Blattzentrum) legen den Grundstein zur neuen Halle.
12 | Top-Thema Blattzentrum
Der Weg zum technischen Leitwerk
2
1
2001: Werksgründung
12.000 m2 (15 Mio. Euro)
2
2007/08: erste Werkserweiterung und Modernisierung
23.000 m2 (86 Mio. Euro)
– höhere Automatisierung der Fertigung
3
2010: Ausbau Prüfstandtechnologie
2.300 m2 (3 Mio. Euro)
4
2014/15: zweite Werkserweiterung
10.000 m2 (25 Mio. Euro)
– Fokus auf neue Produkte („Leitwerk“)
1
Bereit zum Produktionsstart
Neue Inbound-Logistik
Mitte März 2015 ist die neue Halle bezugsfertig, nachdem im Sommer der Grundstein gelegt worden war. Zum Jahresende
hat Nordex die NR50-Linien abgeschaltet,
und die Formen sind zu einem Kooperationspartner umgezogen. Die neuen Formen für die Blätter NR58.5 und NR65.5
stehen und sollen demnächst in Betrieb
gehen. „Trotz des Umbaus haben wir 2014
eine tolle Mengenleistung erreicht“, freut
sich Bernd Treiber, „das war ein ganz schöner Kraftakt.“
Eine deutliche Ausweitung der Produktionskapazität sowie die logistische Anpassung an die großen Dimensionen der
neuen Rotor­blattgenerationen waren die
Ziele des Umbaus.
Nordex wird die Kapazität des Blattzentrums von 300 Stück 2013 vor Baubeginn auf
840 Stück 2016 nach Erweiterung und abgeschlossenem Effizienzprogramm nahe­
zu verdreifachen. Auf fünf Fertigungs­linien
produziert das Unternehmen dann in den
nächsten Jahren in Rostock ausschließlich
die Blatttypen NR58.5 und NR65.5 für die
Turbinen N131/3000, N117/ 3000 sowie
N117/2400. Diese effizienten Anlagen mit
den Großrotoren fragt der Markt zurzeit
stark nach. Mit neuen Formen und Werk­
zeugen sowie veränderten Produktionslinien hat Nordex die Fertigung auf die großen
Rotorblätter ausgelegt. Der Leiter des Blattzentrums, Treiber, erklärt: „Das NR65.5 ist
eine ganz neue Blattdimension – schlank
und elastisch stellt es völlig andere Logistikanforderungen.“ Text: Sja
Top-Thema Blattzentrum | 13
Technische Evolution: Die N27/250 (l.) ist 1987 die größte Serienturbine. Heute setzen
Anlagen der Generation Delta neue Maßstäbe (r.).
30 Jahre Nordex:
vom Pionier zum Profi im Windgeschäft
1985. Boris Becker wird als 17-Jähriger zum jüngsten Wimbledon-Gewinner der Geschichte,­
Modern Talking stürmen die Charts. Und in Dänemark gründen zwei Brüder das Familien­
unternehmen Nordex. Inzwischen ist die Firma endgültig den Kinderschuhen entwachsen.
Was zeichnet Nordex heute aus? Das Porträt eines gereiften, dynamischen 30-Jährigen.
Windenergieanlagen, die effizient „jede Menge“
Strom produzieren – das war die Vision der NordexGründerfamilie Pedersen, als sie 1985 in Dänemark
das Unternehmen Nordex ins Leben rief. Ihre Pionierarbeit wurde damals belächelt – fehlten doch weitgehend technische Grundlagen und empirisches Wissen.
Erfahrung
Heute sind Windturbinen hochkomplexe technische
Systeme, die eine Evolution durchlaufen haben: immer
leistungsstärker, effizienter, zuverlässiger. So ist die
Die erste deutsche
Produktionshalle in
Rerik (l.) ist bald zu
klein. 1999 bezieht
Nordex das Rostocker
DMR und führt 2010 das
Prinzip der Fließ­fertigung
ein – rechts
die Nabenlinie.
14 | innen 30 Jahre Nordex
Nordex-Generation Delta die vierte Anlagengeneration
derselben Plattform. Ihre ausgereiften technischen Lösungen bilden eine zuverlässige Basis, wie eine durchschnittliche Verfügbarkeit von 98 Prozent bestätigt.
Neben der Technologie ist auch das Unternehmen selbst
gereift. Die einstige Garagenwerkstatt hat sich zu einem
modernen Hersteller mit bewährten Prozessen und Verfahren entwickelt: Die Rostocker Produktionszentrale
basiert auf dem Prinzip der modernen Fließfertigung.
Sie macht das Produktionsvolumen besser planbar und
garantiert eine gleichbleibend hohe Produktqualität.
Ob Sahara (l.), Nordkap (M.) oder Trentino, mit technischen Optionen und logistischen Sonderlösungen erschließt Nordex
schwierige Standorte – stets im Sinne des Kunden.
Projektgesellschaft
Für die erfolgreiche Projektabwicklung hat Nordex Arbeitsmethodiken entwickelt, die Standards schaffen
und die Effizienz erhöhen. „Das ist wichtig für unsere
Kunden und für uns, denn es definiert eine gleichbleibende Qualität und schafft Planungssicherheit“, erklärt
Thomas Osbar, Head of Global Project Management.
Aufgrund der zunehmenden Komplexität denkt Nordex
in individuellen Projekten und nicht in standardisierten
Einzelanlagen. Alle Prozesse werden permanent daran angepasst, den Ablauf von der Fertigung bis zur
Auftragsabwicklung im Feld zu optimieren.
Kundenorientierung
Auch Nordex hat zunehmend auf Export gesetzt und
kein Risiko gescheut, wenn es darum ging, spektakuläre Projekte zu verwirklichen.
Dagegen verfährt Nordex heute nach dem Motto
„Weniger ist mehr“ und konzentriert seinen Vertrieb
auf rund 20 Märkte – strebt dort jedoch tief gehende Marktkenntnisse an, eine nachhaltige Position
sowie einen umfassenden Service. Chief Customer
­O fficer Lars Bondo Krogsgaard: „Dieses Vorgehen
hat sich bewährt, denn in neuen Märkten konnte
Nordex nicht nur schnell die erforderlichen Strukturen schaffen, sondern auch geschäftlich Fuß fassen.
Ein anschauliches Beispiel ist Südafrika. In nur zwei
Jahren haben wir uns hier eine Top-Three-Position
erarbeitet.“ Text: Sja
30 Jahre boten bereits
viel Gelegenheit zum
Feiern: Bundeskanzler
Schröder weiht 2000 den
Prototyp der N80 / 2500
ein (r.) Bundeskanzlerin
Merkel besucht 2010 das
Rotorblattwerk (l.)
Über 6.500 Errichtungen waren eine gute Schule,
um sich auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse einzustellen. Nordex hat seine Produkte und
Dienstleistungen darauf ausgerichtet. Heute bietet
das Unternehmen eine breite Auswahl an Optionen,
die eine Anlage optimal an den Standort anpassen.
Sein Anti-Icing-System hat Nordex sogar eigens für
den Windpark eines skandinavischen Kunden entwickelt. Das auch, weil weitere Kunden vergleichbare
Lösungen suchen.
Daneben bietet das Unternehmen im Rahmen des
Micrositings eine umfangreiche und individuelle Unterstützung bei der Bestimmung der geeigneten
Windenergieanlage und ihrer genauen Position innerhalb des Windparks. Die Errichtung erfolgt auf
Wunsch schlüsselfertig inklusive Netzanschluss.
Marktfokussierung
Noch vor wenigen Jahren waren in der jungen
Windenergiebranche ein starkes Wachstum und
eine internationale Ausrichtung die wesentlichen
Erfolgsfaktoren.
i
CEO Jürgen Dr. Zeschky: „Unser Jubi­
läum wollen wir gemeinsam mit unse­
ren Kunden feiern. Damit dies für alle
bequem möglich ist, planen wir keine
zentrale Feier. Wir machen eine Road­
show und kommen zu unseren Kun­
den. Detaillierte Informationen folgen.“
Innen 30 Jahre Nordex | 15
„Auch nach
Hunderten von
Einsätzen bleibt
das Kribbeln.“
Frank Arndt, Seilmonteur
Seilmonteure: Experten
in luftiger Höhe
Die Arbeit an Rotorblättern in schwindelnder Höhe ist ein Job für Spezialisten.
Körperliche Fitness, Höhentauglichkeit, eine Prise Coolness und Erfahrung sind
Grundvoraussetzungen, um die anspruchsvolle Aufgabe sicher und effizient
erledigen zu können. Nordex 360° hat zwei Seilmonteure vom Nordex-Blatt­
service einen Arbeitstag lang bei einer Standardinspektion begleitet.
16 | INNEN SERVICE
8.00 Uhr, Windpark Hohenahr, Hessen. Die Seilmonteure Frank Arndt und Frank Kroll starten die Inspektion der NR58.5-Blätter an der ersten von sieben
N117/2400-Anlagen. Wie immer haben sie rechtzeitig von den Kollegen in der Zentrale ihre Tourdaten
für die nächsten Tage erhalten, der Materialwagen
ist entsprechend mit allem Notwendigen bestückt.
Sie sind angemeldet. „Wir können ja nicht einfach
dort hineinspazieren und loslegen“, sagt Arndt. „Die
Fernüberwachung und das Parkmanagement müssen Bescheid wissen, damit alles vorbereitet und die
Anlage gestoppt ist, bevor wir loslegen.“ Die Wetter­
bedingungen sind perfekt, die Sonne lacht und der
Wind weht nur mäßig. Kroll: „Da wir rund ums Jahr
im Einsatz sind, kommt es natürlich vor, dass wir aufgrund von Wind, Gewitter oder auch Eisbildung nicht
an die Blätter können. Deshalb verfolgen wir die Vorhersagen genau und ändern notfalls den Tourplan.“
Die Nabenhöhe der Anlagen im Park liegt bei 141 Metern. „Das ist gut, denn ab 80 Metern gibt es im Turm
eine Befahranlage“, freut sich Arndt über die Erleichterung. „Ohne Fahrstuhl müssen wir die Leiter hochklettern. Das ist nicht nur anstrengender, sondern
dauert auch deutlich länger.“
Die wichtigste Sicherung findet im
Kopf statt
Sicherungs- und Arbeitsseile in allen Längen, eine
Vielzahl an Karabinern, Helm, Handschuhe, rutschfestes Schuhwerk, Kamera: Jeder der beiden trägt bei
einem Einsatz bis zu 25 Kilogramm Ausrüstung am
Körper, um die Arbeit an den Rotorblättern ohne Unterbrechung und sicher durchführen zu können. „Pro
Tag schaffen wir in der Regel eine Anlage“, sagt Kroll.
„Bei den neuen Anlagen vom Typ N131/3000 benötigen wir etwas mehr Zeit, da die Rotorblätter noch mal
länger geworden sind.“ Die drei Rotorblätter werden
zunächst von außen beklettert, dafür steht das jeweilige Blatt senkrecht nach unten. Anschließend geht
es in der Horizontalen in den Hohlraum der Blätter.
Arndt: „Wir klettern oben aus dem Maschinenhaus
heraus, sichern uns an den Vorrichtungen und werfen
die Arbeitsseile aus. Dabei gehen wir jeden Moment
der Inspektion im Kopf vorab durch. Das minimiert
das Risiko und bewahrt einen vor leichtsinniger Routine.“ Dann lässt sich der Erste der beiden langsam am
Seil herab. „Es ist ein bisschen wie Freeclimbing am
Überhang. Auch nach Hunderten von Einsätzen bleibt
das Kribbeln“, betont Arndt. Schritt für Schritt wird das
Blatt nun in der Außeninspektion auf der Saug- und
Druckseite von oben nach unten auf Schäden abgesucht. Arndt: „Das kann eine Rissbildung in der Oberfläche sein, ein Anbauteil oder auch die Erosionsfolie
an der Nasenkante betreffen. Wir dokumentieren jede
Auffälligkeit, markieren und fotografieren sie. Kleinere Mängelbehebungen wie beispielsweise die Ausbesserung der Erosionsfolie können wir in der Regel
sofort durchführen.“ Abschließend geht es mit speziellen Steighilfen und Muskelkraft über das Maschinenhaus wieder nach oben. Der andere Kollege ist mit
dem nächsten Rotorblatt dran.
Dokumentation ist das A und O
Nach einer halben Stunde Mittagspause mit kaiserlicher Aussicht steht als zweite Runde die Inneninspektion an. Dafür ziehen sich die Seilmonteure im
Maschinenhaus spezielle Schutzanzüge über. „In
die horizontal gestellten Rotorblätter gehen wir zusammen. Dabei überprüfen wir, ob überschüssige
Klebereste entfernt werden müssen und ob die Verklebungen und Stege in Ordnung sind“, so Kroll. Heute
ist alles so, wie es sein soll. Der anstrengende Teil des
Tages ist vollbracht. Arndt weiter: „Unten am Boden
schreiben wir einen Bericht, der zusammen mit den
Fotos sowohl an die Kollegen im Backoffice als auch
an den Kunden geht. Diese Dokumentation ist mit
das Wichtigste an unserer Arbeit (s. Infokasten).“ Um
16.30 Uhr ist heute für die beiden Feierabend. Rund
eine Woche werden sie beschäftigt sein, bis sie alle
sieben Anlagen im Park inspiziert haben. Text: SBR
Seilmonteure Frank Kroll
(l.) und Frank Arndt (r.)
bei einer Schulung in der
Nordex-Academy (o.) und
an ihrem Arbeitsplatz am
Blatt (l.).
Blattservice bei Nordex
„Mit dem Blattservice schließen wir unsere Wertschöpfungskette
und bündeln die gesamte Blattkompetenz unter einem Dach“, erläutert ­Roman Sobottka, Head of Blade Service. „Neben unserem Blade
­Engineering und dem Nordex-Blade Center mit Produktion und Einkauf rückt unsere Abteilung das Rotorblatt nach der Inbetriebnahme
als eigenständiges Produkt in den Fokus.“ Derzeit arbeiten im Blattservice 18 Kollegen, darunter zwei Teams permanent im Feld. „Weltweit
kooperieren wir zudem mit zertifizierten Partnern, die den Service –
aufgrund von Schulungen und Reparaturanweisungen – exakt nach
unseren Vorstellungen umsetzen. Schließlich kennt niemand unsere
Rotorblätter besser als wir selbst. Diese Tatsache garantiert beste
Qualität zum Vorteil der Kunden“, so Sobottka. Die Arbeitsschwer­
punkte liegen in der turnusmäßigen Inspektion und auf Reparaturarbeiten. Sobottka: „Die Berichte aus dem Feld werden ausgewertet
und in unser Datenmanagementsystem übertragen. Damit bekommen sowohl die Seilmonteure kumuliertes Wissen an die Hand als
auch das Engineering und die Produktion. So schließt sich der Kreis.“
INNEN SERVICE
| 17
Warum es auf den Service ankommt –
und warum man Serviceleistungen vom
Hersteller beziehen sollte
Die Windbranche befindet sich im Wandel. Früher haben Investoren lediglich die Kosten
der Anfangsinvestition gesehen. Heute jedoch berücksichtigen sie zunehmend die Kosten
und die Erträge über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage. Investoren suchen nach
einer zuverlässigen Stromerzeugung zu wettbewerbsfähigen Kosten, auch, lange nachdem
der Windpark in Betrieb genommen wurde. Ein zuverlässiger, leistungsfähiger und kosten­
günstiger Service ist daher sehr wichtig geworden – und für viele Anleger ist dies bereits
ein wesentlicher Bestandteil des Kaufpakets.
Von Bo Mørup
Seit Juni 2012 leitet Bo
Mørup den Global Service bei Nordex und seit
Januar 2014 verantwortet
er dort auch die globale
HSE-Funktion. Er ist seit
15 Jahren in der Windenergiebranche tätig und
hat dort in seiner bisherigen Laufbahn ein breites
Wissen und große Erfahrung gesammelt.
Folglich ist eine der wichtigsten Entscheidungen für Investoren,
ob sie die Wartung ihrer Anlage durch den Hersteller (OEM) oder
durch einen unabhängigen Servicedienstleister (ISP) wählen.
Verfügung stehen. Dieses verinnerlichte Wissen und diese Kompetenzen bescheren dem OEM einen Vorteil, den ein ISP auch
durch umfangreiche Schulungen und das Abwerben früherer
OEM-Angestellter nicht erreichen kann.
Remote Services und Datenanalyse: Eng mit einem
oft höheren technischen Know-how verknüpft ist der Zugang
zu Remote Services, also der Fernüberwachung und -wartung
der Anlagen. Die meisten Hersteller haben Teams mit Spezialisten aufgebaut, die die Anlagenflotte aus der Ferne überwachen. Obwohl unabhängige Servicedienstleister häufig
Zugang zu Daten- und Benachrichtigungssystemen haben, ist
es ­unwahrscheinlich, dass diese ebenso detailliert sind wie die
des Herstellers beziehungsweise dass ein Servicedienstleister
hieraus ebenso schnell die notwendigen Schritte einleiten könnte wie der Hersteller.
Meiner Meinung nach ist der wichtigste Faktor – und hier haben
die Hersteller den größten Vorteil – das technische Know-how.
Hinzu kommt, dass OEMs heutzutage typischerweise ihre eigenen Datenanalyse-Teams beschäftigen, damit die Daten,
die ständig von einer Flotte abgefragt werden, analysiert und
ein­g esetzt werden können, um im Falle von Problemen die
­Situation schnell zu korrigieren. In vielen Fällen nutzen sie die
analysierten Daten zudem vorbeugend und halten dadurch Ausfallzeiten und Kosten möglichst klein. Die notwendigen Kompetenzen, um diesen Schritt von reaktiver zu proaktiver und dann
zu ­z ustandsorientierter Wartung zu gehen, stehen den ISPs
­einfach nicht zur Verfügung.
Technisches Know-how: Im Falle eines etablierten und erfahrenen Herstellers ist technisches Know-how im Unternehmen
tief verwurzelt. Dieses Wissen wird im Laufe vieler Jahre gewonnen, während das Unternehmen sein Produkt entwirft und
herstellt. Dieser Prozess startet bei der Produktentwicklung und
geht bis zum Ende der Gewährleistung, eventuelle Nachbesserungen eingeschlossen. Die Techniker des Herstellers konzentrieren sich ausschließlich auf ihr Produkt, was bedeutet, dass sich
das Wissen, die Werkzeuge, der Zugang zu Remote Services und
die Fehlerbehebung alle schon bewährt haben und kurzfristig zur
Service-Komplettpakete: Hersteller verstehen das Verhalten ihrer Flotte besser als jeder andere und sind als Einzige in der
Lage, den Investoren ansprechende und effiziente Wartungs- und
Reparaturdienstleistungen anzubieten. Sie können sogar Servicepakete mit einer Laufzeit von 10–15 Jahren anbieten, um auf diese Weise zu gewährleisten, dass die Turbinen optimal laufen und
dass die Investoren sich keine Sorgen um Wartungen oder Reparaturen machen müssen. Solche Komplettpakete erfordern erhebliche Kompetenz und Erfahrung mit dem einzelnen Anlagentyp.
Daher bieten viele ISPs diese nur ungern an.
Welches sind die entscheidenden Faktoren, die eine solche
­Entscheidung beeinflussen, und wie sind die Fähigkeiten und
Kompetenzen der OEMs und ISPs im Vergleich?
18 | Innen Service
Kosten: Zum Schluss kommen wir zu den Kosten. Oft behaupten unabhängige Servicedienstleister, dass sie in dem Punkt wett­
bewerbsfähiger seien als die Hersteller, aber ich persönlich habe
da meine Zweifel, wenn man vom gleichen Serviceniveau ausgeht.
Probleme schnell und kurzfristig zu beheben, um so optimale Erträge der Anlagen zu erzielen. Also ein JA zur Kosteneffizienz,
aber ein klares NEIN, was Abstriche bezüglich der Qualität oder
der Verfügbarkeit der Techniker betrifft.
Ein unabhängiger Servicedienstleister könnte niedrigere Kosten Eine subtilere Überlegung ist, dass ein Hersteller auch über grödurch eine Reduzierung der Anzahl von Technikern erreichen. Um ßere Vorräte an Ersatzteilen und besonderen Werkstoffen für
dies aber umsetzen zu können, müsste er effizienter arbeiten als seine eigenen Anlagen verfügt als der unabhängige Serviceder Hersteller, das heißt, jeder einzelne Techniker müsste mehr dienstleister. Dies könnte zu längeren Ausfallzeiten und infolgeAnlagen warten. Theoretisch ist dies in bestimmten Regionen dessen zu geringeren Erträgen führen.
möglich, in denen der ISP zufällig eine starke Präsenz und eine
StakeTechnical
Scheduled
Minor
Spare parts
Remote
Replacement of
Modernisation/
große
mit Servicevertrag
sollte support
Die Kosten werden
immer einmain
wichtiger
Faktorupgrades
sein, wenn es
holder Anzahl Anlagen
maintenance
repairs
management
services hat. Anderenorts
components
es jedoch keine wichtigen Unterschiede geben, besonders da die um die Entscheidung für den Service durch einen Hersteller
OEMs
OEM-Techniker
in der Lage sind, sich ausschließlich auf Turbinen oder einen unabhängigen Servicedienstleister geht. Ich möchte
aus
aber behaupten, dass die Kostenunterschiede zwischen OEMs
ISPsder eigenen Herstellung zu fokussieren, während die ISPTechniker typischerweise an Anlagen verschiedener OEMs arbei- und ISPs eher einer Wahrnehmung als der Realität entsprechen.
ten müssen. Zudem sollte es bei gleich hoher Qualifikation keine Ich finde, dass die Kosten nicht der wichtigste – und gewiss
größeren Unterschiede bei den Gehältern der Techniker geben. nicht der einzige – Faktor für die Entscheidungsfindung sein sollDa die Wartungsarbeit in einem Windpark ein erhebliches Maß ten. Wenn Investoren den Ertrag über den gesamten Lebens­
an Fehlerbehebungen beinhalten kann, ist ein Team aus hochqua- zyklus berücksichtigen, dann gibt es sehr starke Argumente, die
lifizierten, erfahrenen Technikern unerlässlich, das in der Lage ist, für den Service durch einen Hersteller sprechen.
Hersteller und unabhängige Dienstleister im Vergleich:
Wo liegen ihre Stärken im Service?
Serviceanbieter
Planmäßige
Wartung
Remote
Services
Kleinere
Reparaturen
Technischer
Support
Ersatzteilmanagement
Große Reperaturen/
Komponententausch
Modernisierung /
Upgrades
Hersteller
Unabhängige
Dienstleister
Innen Service
| 19
Erster selbst entwickelter
Nordex-Windpark in Polen
am Netz
Mit dem Windpark Orla hat Nordex das erste selbst entwickelte
Projekt im anspruchsvollen polnischen Markt ans Netz gebracht.
20 | Aussen Polen
Das 22,5-Megawatt-Projekt Orla im Osten Polens besteht aus
neun Windenergieanlagen vom Typ N100/2500. Es ist der erste
Bauabschnitt eines 37,5-Megawatt-Windparks, der insgesamt 15
Turbinen vom Typ N100/2500 in der Kaltklimaversion umfassen
wird. Nordex hat das Projekt schrittweise entwickelt und gleichzeitig Investoren gesucht. So konnte das Unternehmen eine
Gruppe von internationalen Investoren für Orla gewinnen. Die
Projektfinanzierung übernahm die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). „Wir freuen uns sehr, dass wir
dieses Projekt gemeinsam mit unseren Partnern und der EBRD
erfolgreich umsetzen konnten”, kommentiert der zuständige
Transaction Manager in der Projektentwicklung von Nordex Polska, Wojciech Kawecki.
Den zweiten Bauabschnitt des Windparks Orla mit sechs weiteren N100/2500-Turbinen wird Nordex voraussichtlich Mitte dieses Jahres errichten. Die Banken haben die Finanzierung bereits
verbindlich zugesagt. Nach seiner Fertigstellung soll der Gesamtpark einen mittleren Energieertrag von bis zu 100 Gigawattstunden im Jahr erzeugen und dabei einen Kapazitätsfaktor von
überdurchschnittlichen 33 Prozent erzielen.
Tiefe Marktkenntnisse und ein gutes Netzwerk
als Schlüssel zum Erfolg
Mit dem Startschuss 2008 hat die Nordex-Projektentwicklung
die Planung von Orla konsequent vorangetrieben. Die eigentliche Entwicklung war Ende 2012 abgeschlossen und alle notwendigen Genehmigungen lagen vor. Allerdings änderten sich in
diesem Zeitraum die Marktbedingungen in Polen, denn das System der grünen Zertifikate soll ab 2016 auf ein Auktionssystem
mit Einspeisetarifen umgestellt werden. Diese Unsicherheit im
Markt führte zu einer deutlichen Verzögerung beim Abschluss
der Finanzierung und erschwerte die Suche nach geeigneten Investoren und dem erforderlichen Fremdkapital.
Mit rund 25 potenziellen Partnern führte das Transaction Team
der Nordex-Projektentwicklung Gespräche. Zudem gelang es in
diesem herausfordernden Marktumfeld, die EBRD von der Qualität und Stärke des Projekts Orla zu überzeugen. „Die Entwicklungsarbeit von Orla war eine erhebliche Herausforderung. Aber
wer Projektentwicklung betreibt, weiß, dass tiefe Marktkenntnisse, ein hervorragendes Netzwerk und kreative Lösungsideen wichtige Schlüssel zum Erfolg sind“, erklärt Kawecki und
schmunzelt: „Und manchmal eben auch ein wenig Geduld.“
Projektentwicklung bei Nordex Polska
Nordex betreibt bereits seit der Gründung einer Gesellschaft
in Polen im Jahr 2006 eine Abteilung für Projektentwicklung
vor Ort. Dort sind sechs Kollegen beschäftigt, die sich intensiv
um die Entwicklung eigener Projekte kümmern – wovon einige schlüsselfertig angeboten werden. Das Team rechnet damit,
dass der polnische Markt anzieht, wenn das Auktionssystem
kommt. Kawecki: „Wir sind dann bereits gut aufgestellt. Aktuell hat die Nordex-Projektentwicklung in Polen ein Volumen von
rund 500 Megawatt in unterschiedlichen Entwicklungsstadien
in der Pipeline. Wir verbessern unsere Pipeline und suchen die
besten Marktmöglichkeiten, damit wir im neuen regulatorischen
Umfeld noch wettbewerbsfähiger sind.“ Text: Sja / ITO
Krogsgaard ist neuer
Vorsitzender­im VDMALenkungs­gremium
Windenergieanlagen
Im September 2014 haben die Hersteller von Windenergieanlagen im
Fachverband Power Systems des
Verbands Deutscher Maschinen- und
Anlagenbau (VDMA Power Systems)
den 48-jährigen Dänen Lars Bondo
Krogsgaard zum Vorsitzenden des
Lenkungsgremiums Windenergie­
anlagen gewählt.
Der Nordex-Vorstand stellt sicher, dass die Interessenvertretung des Verbandes bei Windenergiethemen
weiterhin in strategischen Bahnen verläuft. Zu seinen
Aufgaben gehört es, die Leitlinien des Lenkungsgremiums Windenergieanlagen für die Verbandsarbeit zu
formulieren und diese sowohl öffentlich als auch politisch zu vertreten.
„Mein Ziel ist es, die Stimme der Industrie weiter zu
stärken. Das ist insbesondere im Rahmen der laufenden Debatte um die Ausgestaltung der deutschen
Energiewende wichtig. Viele dieser Themen sind aber
auch international von Bedeutung. Hier ist eine hohe
Vernetzung der Akteure gefragt“, sagte Krogsgaard.
Zu den Bereichen der Interessenvertretung zählen
zum Beispiel die allgemeine Energiepolitik, der wirtschaftliche Ordnungsrahmen sowie das technische
Regelwerk für Kraftwerke. Krogsgaard ist ein erfahrener Repräsentant der deutschen Windindustrie auf
internationaler Ebene mit vielen Jahren Branchenerfahrung auf Kunden- und Herstellerseite. Text: Sja
Aussen Deutschland | 21
Nordex und WSB bauen
Projekt in Italien
Auch nach der Einführung des Auktionsverfahrens zur ­Vergabe von Windenergieprojekten fährt Nordex in Italien erste Erfolge ein: Gemeinsam mit
dem Kunden WSB wird das Unternehmen den 29-Megawatt-Windpark
„Melfi1“ im Süden Italiens bauen.
„Im Frühling 2015 werden wir acht Anlagen vom Typ N117/3000
sowie zwei der Baureihe N117/2400 in der Region Basilicata
errichten“, erklärt Francesco Paolo Liuzzi, Geschäftsführer von
Nordex Italia. Zudem umfasst der Vertrag Premiumservice über
eine Laufzeit von mindestens 15 Jahren. Da am Standort mittlere Windbedingungen herrschen, wurde das Projekt mit Anlagen
geplant, die mit einem überdurchschnittlich großen Rotor ausgestattet sind und auf einen hohen Kapazitätsfaktor kommen.
Kunde des Projekts ist die deutsche WSB-Gruppe. Entwickelt
und gebaut wird der Windpark von ihrer italienischen Tochter­
gesellschaft VSB energia verde S.R.L. mit Sitz in Genua.
Kundenzufriedenheit sorgt für Nachfolgegeschäft
„Nachdem wir die ersten N117-Turbinen in Frankreich installiert
hatten, wollten wir die gute Zusammenarbeit mit Nordex fortsetzen“, betont Emmanuel Macqueron, General Manager VSB
22 | Aussen Italien
France & Italy. „Die Anlagen N117/2400 und N117/3000 sind perfekt, um die Windbedingungen am Standort Melfi optimal auszunutzen. Außerdem schätzen wir die enge Zusammen­arbeit,
den technischen Support und das Know-how, mit dem Nordex
Italia den gesamten Planungs- und Entwicklungsprozess unterstützt und zudem den künftigen Ertrag des Windparks weiter
optimiert. Der Windpark Melfi wird rund 30.000 Haushalte mit
Strom versorgen.“ Den Zuschlag für das Projekt hat VSB in der
ersten Auktionsrunde erhalten.
Ausschreibungssystem verändert Markt
Seit Einführung des neuen Systems Ende 2012 ist die durchschnittliche jährliche Neuinstallation in Italien von rund 1.000 Megawatt 2012 über 300 im Jahr 2013 auf circa 150 Megawatt im
letzten Jahr zurückgegangen. „Für die WSB-Gruppe haben wir
in der Vergangenheit schon Projekte umgesetzt und freuen uns
Insgesamt acht Anlagen vom Typ N117/3000 (u.) und
N117/2400 – wie im Projekt Manfredonia (M.) – errichten
Nordex und WSB in der Region Basilicata.
Tipp der
region!
über das Geschäft. Dieser Auftrag verdeutlicht, dass wir auch unter den veränderten Marktbedingungen in Italien wettbewerbsfähig sind. Wichtig hierfür sind die enge Zusammenarbeit mit
unseren Kunden und eine umfangreiche Beratung zu allen Projektphasen von Planung und Entwicklung über Technik und Logistik bis hin zur Finanzierung“, so Nordex-Vorstand Lars Bondo
Krogsgaard. Von den insgesamt 520 Megawatt, die in Italien in
Auktionen vergeben wurden, konnte Nordex bisher Projekte mit
einem Gesamtvolumen von 46,5 Megawatt gewinnen, inklusive
des Windparks Manfredonia Eolsiponto. Text: ITO
Die Sassi di Matera
in Basilicata
Die Region Basilicata liegt im Süden Italiens und bietet Touristen neben Naturparks und breiten Stränden bedeutende historische Stätten. Ein besonderer
Schatz der Region ist die Altstadt von Matera, die
zum Teil aus Höhlensiedlungen, den Sassi, besteht.
Die Sassi di Matera sind in den Kalkstein gehauene Siedlungen aus der Altsteinzeit, auch bekannt als
die „Stadt der Steine“. Seit 1993 gehören sie zum
UNESCO-Welterbe. Die Höhlensiedlungen waren bis
in die 50er-Jahre bewohnt. Heute bilden die Sassi
eine Museumsstadt mit Wohnhäusern, Kirchen, Fassaden und engen Gassen; viele Gebäude beherbergen inzwischen Restaurants und elegante Hotels.
Matera ist im Oktober 2014 zur italienischen „Kulturhauptstadt Europas 2019“ gewählt worden.
Quellen: sassimatera.net; Wikipedia.org
ITALIEN
Rom
Manfredonia (17,5 MW)
Melfi (28,8 MW)
Matera
MITTELMEER
Nordex
Projekt
Region
Basilicata
Aussen ITALIEN
| 23
Energiehungrige
Türkei macht
mächtig Wind
Der türkische Windenergiemarkt wächst dynamisch. Davon profitiert
auch Nordex. Das Unternehmen festigt mit großem Erfolg und feinem
Gespür für die dortige Kultur weiter seine führende Position.
24 | Aussen Türkei
Aussen Türkei | 25
Gut im Geschäft:
Dorotea Delbrück
leitet die Vertriebsregion
EMEA South.
Als sie im August 2010 nach Istanbul kam, da zählte das Team der Nordex Enerji A.S. nur zehn Mit­
arbeiter. „Heute sind wir über 100“, sagt Dorotea
D elbrück im Konferenzraum des Nordex-Büros,
­
das sich im zehnten Stock eines Bürogebäudes im
Business Park B
­ loklari in der Nähe des Istanbuler
Flughafens befindet. Ihr Blick schweift durch große
Fensterscheiben über eine urbane Landschaft, die
kaum älter als zehn Jahre ist und sinnbildlich für
das enorme Wirtschaftswachstum der Türkei steht.
„Das Geschäft brummt“, freut sich die im Sommer
2014 neu ernannte Verkaufsleiterin der Nordex-Vertriebsregion Southern Europe, Middle East and Africa (EMEA South), „wir stellen fortlaufend neue
Mitarbeiter ein.“
Nordex mischt mit
Installierte
Windenergie­
leistung der Türkei
in Megawatt
Nordex
900 MW
Gesamt
3.800 MW
26 | Aussen türkei
Eine davon ist Oya Yetkin. Ihr Arbeitsplatz liegt im
sonnigen Izmir, wo Nordex im Mai einen Neubau
am Rande eines Gewerbeparks unmittelbar an der
ägäischen Küste bezogen hat. An diesem Standort,
an dem in Sichtweite Pelikane in Salzwiesen waten,
baut man eine neue Servicestation auf und es ist ein
Ersatzteillager untergebracht worden. Yetkin spricht
perfekt Deutsch, ist doch die Türkin im Berliner
Stadtteil Rudow groß geworden. „Der Umzug von
Deutschland hierher war gar nicht so schwer“, sagt
die aufgeweckte Kommunikationswissenschaftlerin.
Die 27-Jährige hat die Aufgabe, die vielfältigen Schulungen für mittlerweile über 50 Servicetechniker zu
organisieren. Unterrichtet wird das Servicepersonal,
das in den nächsten Monaten um 20 Mitarbeiter erweitert werden soll, in den neuen Räumen, die im
Übrigen einen guten Einblick in die Lagerhalle bieten, in der fast 1.000 verschiedene Ersatzteile bereitgehalten werden.
Kein Zweifel: Nordex mischt im schnell wachsenden
türkischen Windenergiegeschäft kräftig mit. So sind
rund 900 Megawatt der insgesamt 3.800 Mega­watt
in der Türkei installierten Windenergieleistung (Stand
Ende Dezember 2014) aus dem Hause ­Nordex. Allein
im Jahr 2014 haben Delbrück & Co. neue Aufträge
im Umfang von rund 300 Megawatt Leistung sichern
können. Der relative kleine, aber potente Kundenkreis besteht in der Regel aus türkischen Mischkonzernen, die sich mit der Windenergie ein neues
Geschäftsfeld eröffnen. Sie fragen derzeit fast ausschließlich die 2,5- bis 3,5-Megawatt-Klasse nach,
wobei die geplanten Windparks hauptsächlich im Bereich von 30 bis 50 Megawatt und aufwärts liegen.
Mit neuen Großaufträgen in der Pipeline behauptet
sich Nordex weiterhin unter den Top Three der Hersteller im türkischen Markt. Obwohl sich das türkische Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den
Vorjahren etwas abschwächt, bleiben die Ziele für
den Ausbau der Windenergie auch nach der Wahl des
neuen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu ambitioniert. So hält die neue Regierung in Ankara am Ausschreibungsverfahren des 2007 in Kraft getretenen
türkischen Erneuerbare-Energien-Gesetzes fest und
will nach wie vor die schon vor Jahren proklamierte Windenergieleistung von 20.000 Megawatt bis
2023 erreicht haben. Gleichzeitig haben die Akteure der konventionellen Energiewirtschaft eine starke
Lobby im Land und forcieren den Ausbau von Gas-,
„Bei Nordex stimmen der Preis, die
Technik und das
Vollwartungspaket.“
Dr. Ruchan Hamamci, Nordex-Kunde
Kohle- und Atomkraftwerken. Die Türken fahren diese ambivalente Strategie nicht zuletzt aus der Not
heraus, den weiter wachsenden Energiehunger zu
stillen und sich langfristig von der Abhängigkeit von
Energieimporten zu befreien.
Bauingenieur Dr. Ruchan
Hamamci hat für Eksim
mehrere Nordex-Windparks realisiert.
Herstellerrat ist gefragt
Doch ist es bis dahin noch ein weiter Weg. Zumal
auch am Bosporus nicht alles Gold ist, was glänzt.
„Wir haben nach 2007 viele Lizenzen für Windenergie­
projekte im Umfang von 1.000 Megawatt erhalten,
doch haben wir davon erst 250 Megawatt realisieren
können“, sagt Dr. Ruchan Hamamci, ein guter Kunde
von Nordex und langjähriger General­koordinator für
erneuerbare Energien in der Firmenholding ­Eksim.
„Das Hauptproblem liegt darin, dass die erforder­
lichen Genehmigungen von Behörden mehrerer
­Ministerien eingeholt werden müssen. Das ist wie
Roulette, verursacht eine Menge zeitraubender Bürokratie“, klagt Dr. Hamamci.
Im September 2014 ist er zur Sancak Holding gewechselt, die vor allem im Pharmabereich aktiv ist,
aber nun in Windenergie investieren will. Auch als
Geschäftsführer der neu gegründeten Energie­sparte
von Sancak setzt er weiter auf Nordex-Anlagen.
„Dorotea Delbrück hat sich für unsere speziellen
Anforderungen Zeit genommen, während andere
Hersteller uns gar nicht auf der Rechnung hatten“,
erzählt der Bauingenieur. „Die türkischen Windpark­
investoren arbeiten im Gegensatz zu anderen Ländern nur ungern mit externen Beratern zusammen,
fragen stattdessen direkt beim Hersteller nach Rat.
Wir lassen uns auf diese Unternehmenskultur ein“,
fügt ­Delbrück hinzu. Dr. Hamamci nickt zufrieden und
führt drei weitere Argumente an: „Zudem stimmen
der Preis, die Technik und das Vollwartungspaket.“
Rund 155.000 Megawattstunden Strom produziert
der Windpark Silivri
(u.) im Jahr – genug, um
so viel Energie im Jahr wie ein deutscher Haushalt. Die Nordex-Anlagen in Silivri stehen auf den
Feldern von insgesamt 45 Landwirten, die ihre Flächen bereitstellen mussten. Die Betreiber zahlten
für jeden überbauten Hektar rund 50.000 Euro an
den Staat, der ihnen dafür ein 49-jähriges Nutzungsrecht einräumt. Wie die Welt nach Ablauf dieser
Zeit ausschaut, kann keiner voraussagen. Ob die
Windenergie bis dahin die derzeit geplante Rolle
im zukünftigen Energiemarkt der Türkei wird füllen
können, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre
es ­a llerdings allemal. Text: DJE
eine Stadt mittlerer
Größe zu versorgen; (o.):
Trafostation.
Wohin geht die Entwicklung?
„Wir erwarten in Zukunft innerhalb des türkischen
Energiesystems steigende Preise“, sagt indessen
Şeyhmus Özmen im Windpark Silivri angesichts
einer niedrigen Einspeisevergütung von 7,3 DollarCent plus einem Bonus von 1,4 Dollar-Cent, wenn
Türme und Blätter im Inland gefertigt werden.
­Ö zmen ist Mitbetreiber des 45-Megawatt-Windparks mit 18 Anlagen vom Typ N100/2500, der im
Februar in der Nähe der gleichnamigen Hafenstadt
am Marmarameer, rund 75 Kilometer nordwestlich von Istanbul, ans Netz ging und mehrheitlich
der Eksim Holding gehört. Weite Ackerflächen prägen die leicht hügelige und an Bäumen arme, aber
windreiche Region. Der Windpark soll etwa 155.000
Megawattstunden pro Jahr produzieren, genug
Energie, um den Jahresverbrauch von etwa 48.000
Einwohnern der Region zu decken. Mit einem Gesamtverbrauch von 245.500 Gigawattstunden pro
Jahr steht die Türkei auf Rang 21 der größten Energiekonsumenten weltweit. Ihr Energiebedarf wuchs
zwischen 2007 und 2012 um 5,6 Prozent jährlich.
Ein türkischer Haushalt verbraucht bis zu sechsmal
Aussen Türkei
| 27
Litauen:
Nordex ist da!
Um die Wachstumsziele zu erreichen, ist für
Nordex die Entwicklung neuer Märkte eine
der Maßnahmen der Stunde. Das baltische
Land Litauen ist ein gutes Beispiel dafür.
­Nordex hat dort im September und November
2014 seine ersten ­beiden Windparkverträge
unterzeichnet und sieht Potenzial für mehr.
„In der nächsten
Tenderrunde
rechnen wir uns
reelle Chancen
für weitere
Projekte aus.“
Alexander Morber, Country Manager Nordic Area
Foto: Ulrich Mertens
28 | Aussen Litauen
Für den ersten Auftrag liefert Nordex
acht N117/3000 (l.).
„Unsere Erfolge in dem jungen Markt Litauen belegen die besonderen Qualitäten von Nordex“, so
­A lexander Morber, Country Manager Nordic Area.
„Wir punkten nicht nur mit einem ausgefeilten Produktportfolio für Binnenlandstandorte, sondern auch
mit der Nähe zum Kunden, maximaler Flexibilität
und ausgeprägtem Pragmatismus. Die Gespräche in
­Litauen haben Stehvermögen und ein Eindenken in
die lokalen Verhältnisse erfordert. All das haben wir
sehr gut gemeistert.“ Der erste Auftrag für den Windpark Jurbarkas mit acht Anlagen vom Typ N117/3000
sowie 15-jährigem Premium-Service­vertrag kam im
September 2014. Das 24-Megawatt-Projekt liegt ­circa
50 Kilometer von der Ostsee entfernt und wird nach
seiner Errichtung in diesem Frühjahr 80 Millionen
­Kilowattstunden sauberen Strom jährlich erzeugen.
Jurbarkas wurde von dem Projektentwickler Eurakras
entwickelt, der zu 86 Prozent zur Investmentholding
Renagro und zu 14 Prozent zur Beteiligungsgesellschaft Baltcap gehört.
Das zweite, größere Projekt Mazeikiai folgte bereits
zwei Monate später. Nordex errichtet – ebenfalls in diesem Jahr – im Nordwesten Litauens 19 Anlagen des
Typs N117/2400. Die Vereinbarung umfasst wie schon
bei Jurbarkas einen Premium-Servicevertrag über eine
Laufzeit von mindestens 15 Jahren. Auftraggeber des
45-Megawatt-Projekts ist das Unternehmen UAB, das
sich im Besitz des litauischen Orion Alternative Energy Fonds und eines auf Energie spezialisierten Investmentfonds mit Sitz in den Niederlanden befindet.
Auf einem Blick: Litauen
Die Republik Litauen (litauisch Lietuva) ist der südlichste und größte
der drei baltischen Staaten. Litauen ist Mitgliedstaat der Europäischen
Union (EU) und der NATO. Es hat eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in der EU und ist am 1. Januar 2015 der Euro­
zone beigetreten.
Die Flagge Litauens ist eine Trikolore mit drei horizontalen Streifen in Gelb, Grün und Rot. Die drei Farben symbolisieren die litauischen Werte: Gelb steht für Sonne,
Licht und Güte, Grün bedeutet Natur, Freiheit und Hoffnung, Rot ist
das Land, der Mut und das Blut, das für die Heimat vergossen wurde.
Lietuvos Respublika /Republik Litauen
Amtssprache: Litauisch
Hauptstadt: Vilnius (Wilna)
Staatsform: parlamentarische Republik
Fläche: 65.300 km²
Einwohnerzahl: 2.930.865 (Juli 2014)
Nordex
Projekt
LETTLAND
Mazeikiai (45,6 MW)
w
OSTSEE
Jurbarkas (24 MW)
275 Megawatt sind möglich
In Litauen kommt bei der Auftragsvergabe das Ausschreibungsverfahren zum Zuge. „Im ersten Tender,
der nun abgeschlossen ist, ging es um vier Projekte.
Davon haben wir zwei gewonnen“, so Morber. „Die
nächste Ausschreibungsrunde ist noch nicht angekündigt. Wir stehen aber mit lokalen Projektentwicklern in kontinuierlichen Planungsgesprächen, um für
die 2015 erwartete nächste Runde gut gerüstet zu
sein.“ Das Ausschreibungs­verfahren geht also recht
überschaubar und gemächlich voran. Morber dazu:
„Litauen ist ein kleines Land. Aber das vorhandene
Potenzial wollen wir nutzen. In der nächsten Tenderrunde rechnen wir uns r­eelle Chancen für weitere
Projekte aus.“
Lokale Servicemitarbeiter
Das Nordex-Engagement in Litauen wird vom Bereich
Nordic Area von Skandinavien aus geleitet. Je ein Project Manager pro Windpark sowie ein Commercial
Project Manager sorgen für die Umsetzung der beiden Projekte. 2015 sollen dann bis zu fünf lokale Servicemitarbeiter vor Ort eingestellt werden, die sich
um die errichteten Windparks im Rahmen der Serviceverträge kümmern.
Panevezys
LITAUEN
Kaunas
Vilnius
KALININGRAD
POLEN
Quellen: Europa.eu; Wikipedia.org
Windstandort Litauen
Aktuell ist der Anteil der Windenergie im Energiemix
mit 279 Megawatt installierter Leistung (Stand: Juli
2014) in Litauen noch sehr gering. Bis 2020 sollen es
500 Megawatt werden. Das EU-Land bietet vor allem­
IEC-3-Standorte mit im Schnitt 6,5 bis 7,5 Meter/­
Sekunde Windgeschwindigkeit. Die Küstenregionen
selbst kommen dabei als Standorte kaum infrage, da
sie größtenteils unter Naturschutz stehen. Für das
2009 abgeschaltete AKW Ingnalina konnte bisher
kein Ersatz gefunden werden. Litauen ist nicht zuletzt
deshalb gezwungen, neben den mit über 70 Prozent
derzeit noch wichtigsten Primärenergieträgern Erdgas und Erdöl alternativen Energieformen verstärkt
eine Chance zu geben. Nur so kann das Land seinem
Ziel, in der Energieversorgung unabhängiger zu sein,
Text: SBR
näher kommen.
Aussen Litauen
| 29
WEISSR
Technisches Lexikon
Teil 4:
Nordex Control
In der Rubrik Technisches Lexikon erklärt Nordex 360° die zentralen Komponenten der
Windenergieanlagen. Dazu gehört auch das SCADA-System (Supervisory Control and
Data Acquisition) zur Steuerung und Datensammlung im Windpark. Bei Nordex heißt es
Nordex Control.
Nordex Control ist ein System, das gewissermaßen das
Nervensystem des Kraftwerks Windpark darstellt. Es besteht aus mehreren Modulen, die an den Anlagen oder
zentral im Windpark wirken, und fasst alle Komponenten zu einer Kommunikations- und Steuereinheit zusammen. Rund um die Uhr steuert, überwacht und visualisiert
­N ordex Control die Leistung und die Betriebsdaten der
­Turbinen und des Windparks. Über das SCADA-System
wird der Windpark mit dem Umspannwerk, das den Strom
ins Netz einspeist, und der Fernüberwachung vernetzt.
Die Module von Nordex Control
Jede Windenergieanlage verfügt über eine eigene Betriebsführung. Dieses Modul überwacht und steuert die
einzelnen Systeme – vom Hauptumrichter über die Windnachführung bis zu Kühlung und Rotorblattverstellung.
Für die Steuerung des gesamten Windparks ist das Combined Wind Farm Management and Electrical System
(CWE) zuständig. Das CWE befindet sich am Netzverknüpfungspunkt und regelt die elektrischen Eigenschaften des Windparks nach Vorgabe des Energieversorgers.
Dezentral
Zentral
Nordex Control
SCADA-Systeme
Windparkebene SCADA
Turbinenebene SCADA
LPC
Turbinenserver
MET
Wetterstation
Leitwarte SCADA
WFP
Windparkserver
Datenanalyse
2.500
2.500
2.000
2.000
DATEN:
EINTRITT:
10
20
30
40
50
Leistung (kW)
500
0
1.500
1.000
Leistung (kW)
Gemessen
Referenz
1.500
1.000
500
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Windgeschwindigkeit (m/s)
2,500
2,500
2,000
2,000
Fernüberwachung
1,500
Power (kW)
1,000
500
DATA:
Measured
Reference
OCCURENCE:
10
20
30
40
50
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Wind speed (m/s)
1,500
1,000
Power (kW)
Datenschnittstelle (CIF)
Windgeschwindigkeit (m/s)
500
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Wind speed (m/s)
Windparknetzwerk
NFC
Turbinensteuerung
CWE
Windparksteuerung
Fernsteuerung Netzbetreiber
Kontrollschnittstelle
Nordex Control besteht aus mehreren vernetzten Modulen und ist das zentrale Nervensystem eines Windparks.
30 | Wissen Technisches Lexikon
Im Zusammenspiel mit der Turbinensteuerung stellt
es sicher, dass die Netzanschlussrichtlinien eingehalten werden. Über Schnittstellen kann das CWE auch
externe Signale, zum Beispiel des Netzbetreibers
oder Direktvermarkters, empfangen, um den Park zu
regeln.
Die kommunikativen Einheiten von Nordex Control
heißen LPC und WFP. Auf Anlagenebene übernimmt
der lokale PC (LPC) die SCADA-Funktionen: Dieser Rechner ruft die Daten der Anlage von der Turbinensteuerung ab, speichert sie und stellt sie für
den Windfarm-Server bereit. Über den Touchscreen
des LPC kann lokal die Visualisierung bedient werden. Das Kommunikationszentrum des gesamten
Windparks ist das Wind Farm Portal (WFP) mit
dem SCADA-Server als Kernstück. Das WFP ruft die
Daten der einzelnen Anlagen ab, sorgt für die Datenhaltung sowie -sicherung und dient als Basis für
Schnittstellen zum Datenexport. So bildet es auch
die Grundlage für die Datenschnittstelle Customer
Interface (CIF), die die Onlinedaten aller Module für
das SCADA-System des Kunden bereitstellt.
Für den sicheren Zugriff aus der Ferne sorgt das
Kommunikationsmodul. Über verschiedene Telekommunikationsmedien können die Windturbinen jederzeit mit der Fernüberwachung von Nordex oder dem
Kunden kommunizieren. Zudem kontrolliert dieses
Modul die Zugriffsberechtigungen und verhindert
eine unerlaubte Einwahl.
Zum Nordex-SCADA-System gehört auch das Modul Meteorological System (MET), das die Daten der
Wettermasten im Windpark erfasst. Diese Daten
nimmt Nordex Control auf, bildet sie ab und stellt sie
für die weitere Analyse über CWE und WFP bereit.
Warum eine eigene Software?
Die Entwicklung und Weiterentwicklung von Nordex
Control ist eine der technischen Nordex-Kernkompetenzen. Die Software ist optimal auf die Nordex-Turbinen ausgelegt und bewährt sich seit vielen Jahren
in der Praxis: Die erste Generation ging Ende der
90er-Jahre ins Feld, kurz gefolgt von der zweiten.
Seitdem entwickelt Nordex das System, das generationsübergreifend funktioniert, immer weiter, um
es an die Bedürfnisse der Anwender, wie beispielsweise des Service, anzupassen. Dabei orientiert sich
Nordex Control stets an der Technik der neusten
Turbinengeneration, für deren Betrieb die Software
erforderlich ist, und ermöglicht dadurch neue technische Optionen. So wird Nordex auch künftig daran
arbeiten, Nordex Control noch schneller, zuverlässiger und sicherer zu machen und mit den Standards
von morgen auszustatten. Text: Sja
Die Winde der Welt, Teil 1:
Meltemi
Diese Serie widmet Nordex 360° der
Naturkraft, ohne die es Nordex nicht
gäbe: dem Wind. Überall auf der Welt
gibt es Winde. Einige der bekanntesten
an Standorten von Nordex-Windparks
stellen wir hier vor. Den Anfang macht
der Meltemi.
Der Meltemi ist für das Geschäft von Nordex in der
Türkei von großer Bedeutung. Ingo Hirschhausen, Mitarbeiter Wind and Site Assessment, Hamburg: „Der
Meltemi hat einen wesentlichen Anteil an den guten
bis sehr guten Windverhältnissen in der türkischen
Ägäis und für die Nordex-Standorte in dieser Region.
Der weitaus größte Teil der installierten und geplanten Windparks in der Türkei konzentriert sich auf die
vom Meltemi dominierte Region, also den Westen der
Türkei und die küstennahen Standorte.“ Der Meltemi
ist der Sommerwind der Ägäis. Als Schönwetterwind
weht er aus dem nördlich festliegenden Sommerhoch
fächerförmig Richtung südlich liegender Tiefdruck­
gebiete und bringt neben einer angenehmen Kühlung
der Sommerhitze vor allem strahlend blauen Himmel
und eine fantastische Fernsicht mit sich. Zwischen
Juni und September ist die Saison des Meltemi. Windgeschwindigkeiten von bis zu 20 m/s sind dann keine
Seltenheit, vor allem auf dem Wasser. Er kündigt sich
mit steigendem Luftdruck, hohen Schäfchenwolken,
nächtlichen Wetterleuchten und – für Segler interessant – dem Ausbleiben des Taus an Deck an.