Reader - professur wolfgang schett

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Reader - professur wolfgang schett
Le Corbusier
und seine Bauten in Frankreich
Seminarreise Herbstsemester 2009
18. Oktober - 24. Oktober 2009
Professur Wolfgang Schett
ETH Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
3
TeilnehmerInnen
Alder
Banakar
Baumgartner
Bedekovic
Byrelid
Cheung
Dürig
Gehrig
Golub
Hofer
Ingold
Kan
Kündig
Müller
Neuenschwander
Nunn
Oggier
Schaefle
Scheidegger
Simoni
Tammaro
Zimonjic
Zitzelsberger
Matthias
Simon
Micha
Chris
Ninni
Simon
Guillermo
Sandra
Elena
Thomas
Lukas
Rayson
Léone
Nathanael
Tommy
Andreas
Julian
Philipp
Angelika
Martino
Fabio
Nemanja
Ludwig
Gutzwiller
Manetsch
Isabel
Franziska
4
Organisation
Treffpunkt:
Sonntag, 18. Oktober 2009
07.00 Uhr
Busbahnhof Zürich
Zürich - Marseille:
Mit dem Bus via La Chaux de Fonds, Ronchamp, La Tourette, Firminy nach
Marseille
Marseille - Paris:
Dienstag 20. Oktober 2009
Gruppe 1
Marseille Saint Charles
Paris Gare Lyon
Gruppe 2
Marseille Saint Charles
Paris Gare Lyon
Organisation:
Lehrstuhl Prof. W. Schett
Departement Architektur
HIL E 62.1
Wolfgang-Paulistr. 15
CH - 8093 Zürich Hönggerberg
T: +41 44 633 29 40
F: +41 44 633 10 25
www.arch.ethz.ch/schett
Assistentinnen:
Isabel Gutzwiller
e: gutzwiller@arch.ethz.ch
m: 0041 78 683 27 50
Franziska Manetsch
e: fmanetsc@arch.ethz.ch
m: 0041 79 308 51 19
ab 15.28 Uhr
an 18.41 Uhr
ab 16.28 Uhr
an 19.31 Uhr
Paris - Zürich:
Samstag 24. Oktober 2009
Paris Est
ab 17.54 Uhr
Zürich HB
an 22.26 Uhr
Hotel L‘Arbresle:
Hotel La Tourterelle
394 route de Sain-Bel
69210 L‘Arbresle
Tel. +33 4 74 01 23 86
Hotel Marseille:
Hotel Le Corbusier
280, Boulevard Michelet
13008 Marseille
Tél +33 4 91 16 78 00
Hotel Paris:
Hotel de la Herse d’Or
20, rue Saint-Antoine
75004 Paris
Tel: (33 1) 48 87 84 09
5
Programm
Sonntag 18. Oktober 2009
Morgen
La Chaux de Fonds
Villa Fallet
Villa Stotzer
Villa Jacquemet
La Maison Blanche
Villa Schwob
Villa Favre-Jacot
Nachmittag
Ronchamp
Chapelle Nôtre-Dame-du-Haut
Weiterreise nach Eveux / La Tourette
Montag 19. Oktober 2009
Morgen
La Tourette
Couvent Saint-Marie-de-la Tourette
Nachmittag
Firminy
La Maison de la Culture et la Jeunesse
Stade
Eglise Saint-Pierre de Firniny
Unité d‘Habitation
Weiterreise nach Marseille
Dienstag 20. Oktober 2009
Morgen
Marseille
Unité d‘Habitation
Nachmittag
Der Hafen und die
Wohnbauten von Fernand Pouillon
Weiterreise nach Paris
Mittwoch 21. Oktober 2009
Morgen
Villas La Roche-Jeanneret
Maison Molitor
Nachmittag
Maison de Verre von Pierre Chareau
Die Bauten von Robert Mallet-Stevens
Donnerstag 22. Oktober 2009
Morgen
Atelier Ozenfant
Pavillon Suisse
Pavillon du Bresil
Nachmittag
Villa Planeix
Cité de Refuge
Freitag 23. Oktober 2009
Morgen
Maisons Jaoul
Nachmittag
Villa Savoy
Samstag 24. Oktober 2009
frei
ev.
Villa Besnus
Villa Stein
La Petit Maison de Weekend
Villa Lipchitz - Miestchaninoff
Villa Ternesien
Rückreise nach Zürich
6
Inhalt
Texte
Le Corbusier et Pierre Jeanneret, Oeuvre Complèt 1910-1929
Einleitung zur ersten Auflage
Timothy J. Benton, Pariser Villen 1920-1930
Einführung
Jean-Louis Cohen, Le Corbusier
Die Lyrik der Architektru des Maschinenzeitalter - Einleitung
Stanislaus von Moos, Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Vorwort
Stanislaus von Moos, Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Die fünf Punkte einer neuen Architektur
Stanislaus von Moos, Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Maison Citohan
Le Corbusier et Pierre Jeanneret, Oeuvre Complèt 1910-1929
‹‹Plan Voisin›› de Paris 1925
Stanislaus von Moos, Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Versuch einer Chronologie
11
15
21
27
29
33
37
41
7
Die Bauten von Le Corbusier
La Chaux-de-Fons bis Marseille
Villa Fallet
Villa Favre-Jacot
Villa Stotzer
Villa Jacquemet
La Maison Blanche - Villa Jeanneret
Villa Schwob
Chapelle Nôtre-Dame-du-Haut
Couvent Saint-Marie-de-a-Tourette
Firminy-Vert
La Maison de la Culture et la Jeunesse
Stade
Église Saint-Pierre de Firminy
Unité d‘Habitation Firminy
Unité d‘Habitation Marseille
Paris
Villa La Roche - Jeanneret
Maison Molitor
Villa Lipchitz - Miestchaninoff
Villa Cook
Villa Ternesien
Villa Besnus
Villa Stein
La Petit Maison de Weekend
Atelier Ozenfant
Villa Planeix
Pavillon Suisse
Pavillon du Brésil
Annex du Palais du Peuple
Cité du Refuge
Maisons Jaoul
Villa Savoye
Die Bauten der Zeitgenossen
50
51
52
53
55
57
59
63
67
71
75
77
79
81
87
91
93
95
97
99
101
103
105
107
109
111
113
115
117
121
Fernand Pouillon
l‘immeuble façade du Vieux-Port
Vieux-Port / Tourette
L‘opération de la Tourette
127
131
132
133
Robert Mallet-Stevens
Maison Reifenberg
Maison Allatini
Maison Dreyfuss
Maison Martel
Maison Mallet-Stevens
Atelier Barillet
135
136
137
138
139
140
141
Pierre Chareau
La Maison de Verre
143
Stadtpläne
Marseille
Paris
Paris - die Bauten von Le Corbusier
Paris - Metro fern
Paris - Metro nah
155
156
157
158
159
Bibliografie
160
Texte
10
11
Le Corbusiers et Pierre Jeanneret, Oeuvre Complète 1910-1929
Publiée par W. Boesiger et O. Stonorov
Intoduction et textes par Le Corbusier
Einleitung zur ersten Auflage
Verleger und zwei junge Architekten vereinigten ihren guten Willen,
um dies Buch, eine Art Bilanz unserer bisherigen Arbeit, erscheinen zu
lassen. Dieser Beweis von Interesse der heranwachsenden Generation
erfüllt uns mit großer Freude. Schade wäre es jedoch, wenn dieses Buch
zu einer endgültigen Bilanz würde, unsere Entwicklung fixierend und sie
zum Stillstand bringend. Auch da ich 42 Jahre alt geworden bin, habe ich
nicht aufgehört, Student zu sein. Mehr denn je bin ich der unaufhörlichen
Bewegung nahe, die die heutige Welt beseelt. Ich analysiere die Elemente,
die den Charakter unserer Zeit bestimmen, an die ich glaube und von der
ich nicht nur die äußere Erscheinungsform zu verstehen suche, sondern
ihren tieferen Sinn, und deren geistige Struktur darzustellen mir der
eigentliche Sinn der Architektur zu sein scheint. Die verschiedenen Stile,
die Spielereien der Mode berühren mich nicht: Schein und Maskerade.
Vielmehr bewegt mich das herrliche Phänomen des architektonischen
Gestaltens, und architektonisch gestalten heißt für mich durch die
geistige Qualität der Konstruktion wirkend handeln, durch geordnete
Schöpfung ein zusammenhängendes System bilden, zur Synthese
bringen, das den allgemeinen Zeitgeist und nicht eine individuelle Laune
zum Ausdruck bringt. Ich glaube nicht an allgemeine Formeln spontanen
Ursprungs, an immanente Formeln. Ich glaube, daß jede Architektur mit
Anspruch auf Geistigkeit immer das Werk eines einzelnen ist. Einer hier,
einer dort, der sieht, erfaßt, der entscheidet und schafft. Sie bestimmen
das Programm, zu dem man sich bekennt.
Welch erhebendes Moment, da die Kristallisation sich im tiefsten Innern
eines Menschen wie in einem Schmelztiegel - vollzieht. Jeder kann diese
Kristallisation, die Schöpfung bedeutet, hervorrufen. Ein jeder kann es
sogar so gut - im kleinen, im mittleren oder im großen Maße -, daß ich in
dieser Macht, die in uns liegt, das Geheimnis des Glückes sehe. Obwohl
die Schwierigkeiten mit unserem Fortschritte stetig wachsen, bin ich
glücklich, täglich in dieser freudigen Tätigkeit aufgehen zu können. Und es
schmerzt mich zu sehen, wie wenig man andern von diesem Freudenquell
offenbaren konnte, und wieviele sich auf der Suche nach unerreichbaren
und enttäuschenden Paradiesen verbrauchen und verzehren.
Neben dem bewegten Berufe eines modernen Architekten, der überall
sein muß und den täglich tausenderlei Aufgaben bestürmen, pflege ich
einen stillen Garten, der Kunst geweiht. Dieses Wort, ich weiß es, wird
von jüngeren Generationen gehaßt, die glauben, auf diese Weise die
akademische Hydra töten zu können. Sollte ich aber zu der Erkenntnis
kommen, daß meine Hand von den Resten der Jahrhunderte beschmutzt
ist, so würde ich vorziehen, sie zu waschen, als sie abzuhauen. Denn die
Jahrhunderte beschmutzen unsere Hände nicht; vielmehr legen sie
ihre Fülle darein. Sich mit Kunst, d. h. mit dem befassen, über das man
alleiniger Richter, einziger Herr des Gebietes ist, wo reiner Tisch herrscht
und wo, was wir darauf legen, das unverfälschliche Produkt unseres
Selbst ist, heißt sich der Verantwortlichkeit bewußt sein, und sich so zu
bekennen, wie man wirklich ist, nicht mehr und nicht weniger; heißt,
sich loyal dem öffentlichen Urteil auszusetzen und sich nicht hinter
Zufälligkeiten verbergen, die man im Falle des Versagens verantwortlich
macht und im Falle des Erfolges verschweigt.
Die Architektur verlangt, die Aufgabe scharf zu formulieren. Alles
hängt davon ab. Hier liegt das entscheidende Moment, da man Farbe
bekennen muß. Werden wir das Problem dahin begrenzen, uns lediglich
mit der Befriedigung des Nützlichen zu beschäftigen? Dann sollten wir
aber das Nützliche definieren! Gibt es Poesie, Schönheit und Harmonie
im Haushalt des modernen Menschen, oder herrscht dort nur das
mechanische Funktionieren der Wohnmaschine? Mir scheint, das Streben
nach Harmonie ist die schönste menschliche Leidenschaft. Das Ziel in
seiner Unendlichkeit ist bestimmt, es ist weit, denn es erstreckt sich auf
alles.
Ich habe bis zum Jahre 1907 in meinem Geburtsort einen Meister gehabt
- L‘Epplatenier -, der ein mitreißender Lehrer war und der mir die Tore
zur Kunst öffnete. Wir verschlangen die Meisterwerke aller Zeiten und
Länder. Ich bewahre jener bescheidenen Bibliothek, die sich in einem
kleinen Wandschrank unseres Zeichensaales befand und in die unser
Meister alles, was er für unsere geistige Nahrung notwendig erachtete,
vereinigt hatte, große Dankbarkeit. Später bin ich viel gereist, Ich habe
Eugène Grasset gekannt, der der eigentliche Vater jenes Geistes um 1900
war. Er war es, der mich an Auguste Perret verwies. Kann heute sich ein
Leser vorstellen, daß es in den Jahren 1908/09 geradezu als heroische
Tat galt, daß Perret in Eisenbeton konstruierte und daß er - nach de
Baudot - behauptete, dieser neuen Konstruktionsweise eine neue
architektonische Form zu geben? Auguste Perret nimmt in der Geschichte
der modernen Architektur einen ganz bestimmten, sehr hohen Rang ein.
Er ist ein „Konstrukteur“. Als ich 1910 von ihm in Deutschland erzählte und
behauptete, daß er in jenem Augenblick der Einzige sei, der sich in der
Richtung auf ein neues Bauen hin bewege, lachte man, man zweifelte,
man überging, verkannte ihn gänzlich. Man tat sein Haus in der Rue
Franklin mit „Jugendstil“ ab, weil es mit Keramik verkleidet war! Nun
aber war dieses Haus ein Manifest! In den Jahren 1908 und 1909 machte
Auguste Perret mich mit dem Eisenbeton vertraut und erzählte mir von
der „galerie des machines“. „Die Verzierung“, so sagte er, „verbirgt immer
einen Konstruktionsfehler.“ Bedenken wir, daß man zu jener Zeit in allen
Ländern mit oder ohne Ornamente verzierte, weil man noch nicht so
weit war, durch eine vollkommene Umgestaltung des architektonischen
12
Phänomens das Gesicht einer Epoche auszudrücken, die wenige mit
Optimismus betrachteten. Man glaubte sich in einem Zustand der
Fäulnis, vollkommener Dekadenz, absoluter Anämie. Und dennoch rollte
die Welt seit Stephenson einer neuen Bestimmung entgegen.
In der düsteren Periode, da man beginnt, die Menschen kennen zu lernen,
da man aus den Studienjahren heraustritt, um sich voller Vertrauen
in das große Spiel des Lebens zu werfen, das man für Leute mit gutem
Willen offen glaubt, die ihre Kräfte, ihre Ausdauer mitbringen und all ihr
Wissen, wenn dann diese naive Prätention an der Mauer der normalen,
alltäglichen menschlichen Indifferenz zerschellt - in jenem Augenblick
habe ich einen älteren Freund gefunden, der der wohltuende geistige
Vertraute meines Staunens, meiner Unsicherheit und unvermeidlicher
Intrigen wurde. Er glaubte weder an Cézanne und noch weniger an
Picasso, aber das entzweite uns keineswegs. Er war voller „Weisheit“;
sein Herz befand sich in ewigen Trancezuständen vor dem Phänomen der
Natur und vor den Kämpfen, die der Mensch auszuführen gezwungen
ist. Wir haben zusammen große Landschaften von geschichtlicher
Vergangenheit - Seen, Hochebenen, Alpen - durchwandert. Und langsam,
langsam habe ich mich in mir gefestigt; ich habe entdeckt, daß man nur
auf seine eigenen Kräfte zählen kann. Dieser Freund war William Ritter.
In Lyon hatte Toni Garnier gegen 1900 gewagt - er war „Grand prix
d‘Architecture“ in Rom -, dem „Institut“ die Pläne einer industriellen
Stadt einzusenden. Dieser Mann ahnte die Neugeburt der Architektur
aus einem neuen sozialen Phänomen. Seine Pläne zeugen von großer
Geschicklichkeit: die Pläne Garniers stellen ein letztes Auswirken von
Jahrhunderten französischer Architektur dar. Es herrscht darin eine
Schule der Plankunst. Aber oberflächliche Professoren ohne Sinn für Idee
oder Zweck bauen, auf diese Plankunst gestützt, in den Schulen ins Blaue
hinein und entfalten Sinn für Pomp und Prätention. Das Leben unserer
Zeit spielt sich für sie zu Füßen ihrer „unsterblichen Kuppel“ ab. Ihr
Elfenbeinturm wird, vom Leben belagert, stürzen. Bereits bemächtigen
sich revolutionäre Ideen der Schüler. Sie haben keine akademischen
Palmen in ihrem Tornister und beginnen sich über die seltsamen
Kunststücke zu beunruhigen, die man sie für eine rein hypothetische
Gesellschaft machen läßt, die bald nicht mehr wissen wird, was sie mit
solchen Spielereien anfangen soll.
Während des Krieges hatte ich jede architektonische Tätigkeit verlassen.
Die Nachkriegszeit fand mich mitten in den Problemen des industriellen
und wirtschaftlichen Wiederaufbaues. In wunderbarer Weise begann ich
die moderne Welt kennen zu lernen, jenes Milieu, das eines Tages wohl
seine Architektur, den Ausdruck seines Geistes erzeugen muß. Es gab also
einen geistigen Zustand im positiven Sinne wirkend, konstruktiv, einen
geistigen Zustand voll mächtiger Fruchtbarkeit. War eine neue Epoche in
Vorbereitung, in Gestaltung?
„Eine große Epoche hat begonnen, von einem neuen Geiste belebt. Ein Geist
des Aufbaus und der Synthese, geführt von einer klaren Konzeption.“ Mit
diesen Worten begannen wir, Dermée, Ozenfant und ich, im Jahre 1920 den
„Esprit Nouveau“, internationale Zeitschrift zeitgenössischer Aktivität.
Die Debatte entspann sich auf hohem Niveau. Künstler entdeckten Dinge
im voraus, herrliche, ermutigende, erhebende, begeisternde Dinge... eine
große Zeit bricht an...
Mit einem Schlage fand das Problem der Architektur sein Publikum. Es
war eine Art internationaler Zusammenschluß im Zeichen der Zukunft.
Wir waren Legion in jedem Lande, die unter der selben Einkellerung
litten, die eine konstruktive Forderung befürworteten. In einigen Jahren
ist eine internationale Architektur erschienen, als Tochter der modernen
Wissenschaft und Dienerin der neuen Gesellschaft neue Ideale erzeugend.
Die neue Architektur ist geboren; sie ist noch sehr jung, sie steckt in
ihren Anfängen. Die Reaktion der Akademie ist heftig und verschlagen,
feige. Die Akademie liegt im Sterben; sie merkt es. Mit Schnabel und
Klauen (ein alter Schnabel, abgestumpfte Klauen, die in hundert Jahren
nachgewachsen sind) verteidigt sie sich bedrängt. Sie wird sterben,
die Akademie. Es ist ihr Schicksal. Es ist Gesetz, der einfachste Verstand
verlangt es. Aber ihr Geschrei widerhallt überall, ihre Palmen wehen wie
bei einem Fest... wie bei einem Totenfest...
Die Akademie hat noch den Durchbruch des Boulevard Haußmann
geschaffen. Sie plant den Bau der „route triomphale“ von Paris, die beim
Etoile endigen wird. Sie bedarf der Ehren und Trophäen; sie versteift
sich darauf, sich bei Cäsars Triumph zu wähnen. Sie vergißt, daß Paris
an Blutlosigkeit zugrunde geht, zermalmt von der Maschine. Dieser
von Gefahren bedrängten Stadt bereitet man Triumphe und Festzüge...
Dabei wird Tuberkulose die Stadt vernichten, Ueberstauung den Handel,
Paralyse das Land. Was schert sie das, sie wird ihre Trophäen haben. Keine
einzige Zeitschrift mehr, die sich herbeiließe, solches Zeug zu drucken!...
Aber eine neue Architektur ist geboren: das Resultat des Geistes unserer
Zeit. Das Leben wird mächtiger sein als alle diese Festveranstalter.
Im Jahre 1922 habe ich mich mit meinem Vetter Pierre Jeanneret
zusammengetan. Mit Loyalität, Optimismus, Initiative und Ausdauer,
mit gutem Humor... und im Bunde mit den Widerständen der Zeit haben
wir uns an die Arbeit gemacht. Zwei Männer, die sich verstehen, sind so
viel wert wie fünf andere, die allein sind. Indem wir niemals lukrative
Zwecke verfolgten, keine Kompromisse schlossen, sondern im Gegenteil
uns am schöpferischen Suchen begeisterten, das die Freude des Daseins
ausmacht, haben wir das ganze Schachbrett der Architektur besetzt,
vom niedrigsten Detail bis zu den großen Plänen einer Stadt. Wir haben
in unserem Atelier in der Rue de Sèvres junge, begeisterte, gläubige
Menschen aus allen möglichen Ländern versammelt gesehen (Frankreich,
Deutschland, Tschechoslowakei, Schweiz, England, Amerika, Türkei,
Rußland, Jugoslawien, Polen, Spanien, Japan). Und alle arbeiten wir als
gute Kameraden in selbstgewählter Disziplin. Diese großherzige Hilfe der
Jungen erlaubt uns, Arbeiten in desinteressierter Weise zu unternehmen,
Arbeiten, in denen wir dafür vielleicht zur Lösung des großen Problems
zeitgenössischer Architektur etwas beitragen konnten.
Möge der Leser dieses Buches die Etappen rekonstruieren, die in 25 Jahren
aus: Oeuvre Complète 1919-1929- Le Corbusier
Architektur durchschritten wurden. Das Schauspiel ist abwechslungsreich,
vorwärtsdrängend, verblüffend.
Um 1900 herrliche Geste der „Art Nouveau“.
Man haucht dem alten Gerippe neues Leben ein. Als ich 1908 nach Paris
kam, stand schon die „Samaritaine“ von Franz Jourdain. Aber wir fanden
es sehr geistreich, über diese Kuppeln in Eisengitter-Konstruktion zu
lachen und unterließen es, zu beobachten, daß ihre Seitenfassaden ganz
aus Glas sind. (Der „Centrosoyus“ in Moskau 1929 wird nichts anderes
bringen.) Wir wußten, daß Otto Wagner in Wien, in einem Lande ohne
starke Tradition eine neue Aesthetik gewagt und daß Josef Hoffmann
eine Innenarchitektur voller Erfindungskunst und Geschmack geschaffen
hatte. Paris erschien in voller akademischer Lethargie. Häufig wallfahrtete
ich in die Rue Cassini, um dort zwei kleine „Hôtels“ von Lecœur zu
betrachten und ein Haus aus Eisen und Glas in der Rue Réaumur. Man
ging gerade an den Abbruch der „Galerie de machines“ gegenüber dem
Eiffelturm. St-Jean de Montmartre, die Kirche von De Boudot, erschien
uns „schauderhaft“. Wir vergaßen die Bedeutung dieser Erfindung zu
würdigen. Ferner gab es die Garage Ponthieu von Auguste Perret (1906),
den Eiffelturm und die eiserne Brücke über die Seine gleich daneben. In
der näheren Umgebung von Paris entdeckte das Auge, das sehen wollte,
große Ateliers und Fabriken: das Reihenfenster war seit zwanzig oder
vierzig Jahren da! Wenn man dagegen in die Modebäder ging, sah man
das modernisierte normannische Haus in voller Blüte. Der Heimatschutz
erwachte! Die Dächer triumphierten, erhoben sich wie Pyramiden und die
ganze architektonische Erneuerung schien sich in diese sentimentalen
Auferstehungen vergangener Epochen vergraben zu wollen.
1909 an der „Ecole des Beaux-Arts“ in Paris: der Professor für
Baukonstruktion ist krank: er wird durch einen der Chefingenieure
der Metro von Paris ersetzt: „Meine Herren, ich werde diese wenigen,
außerordentlichen Vorlesungen benützen, um Ihnen vom Eisenbeton
zu sprechen... „ Er kann nicht weitersprechen. Pfeifen, Radau, Gejohle.
Er ist besiegt, erledigt. Und nun erzählt er uns von mittelalterlichen
Dachkonstruktionen!
Die Abteilung für angewandte Kunst des „Salon d‘ Automne“ machte
große Anstrengungen der Erneuerung: aber es sind im Grunde nur
Variationen über veraltete Themen. (Eines Tages, im Jahre 1913, brachte
eine Zeitschrift Werke von Frank Lloyd Wright, einem großen Vorläufer.)
Zentraleuropa - Holland und Deutschland - nahm die französische
Bewegung von 1900 auf, unter Vermeidung des freien Schaffens, um nicht
in den oberflächlichen Manifestationen des „Jugendstil“ unterzugehen.
Man hielt sich an geschichtliche Vorbilder, die man modernisierte und mit
dem Geiste der Epoche zu vereinbaren suchte. BerIage (durch konstruktive
Bemühungen), Tessenow (mit Sauberkeit durch Sparsamkeit), van
der VeIde (Maler) und Peter Behrens (Maler, durch geistige Haltung
architekturale Absicht und durch ästhetische Bemühung). Ich vergesse
gewiß manche Pioniere dieser reichen Bewegung. Neben den „Stars“
waren diejenigen, die lediglich die vielfachen Nuancen der Erneuerung
13
der Architektur ausdrückten.
Nach dem Kriege lernten wir die Hangars in Orly von Freyssinet und
die amerikanischen Speicheranlagen kennen. Die Zustimmung war
allgemein. In zehn Jahren haben wir die Luftschiffahrt entstehen sehen.
Der Krieg hat die moderne Architektur nicht geschaffen, aber ihren
Fortschritt aufs intensivste beschleunigt.
Ich habe die Schule mit 13 Jahren verlassen und eine dreijährige Lehre bei
einem Graveur gemacht. Mit 17 Jahren fand ich einen Bauherrn, der mich
die Pläne seines Hauses zeichnen ließ. Zwischen meinem achtzehnten
und neunzehnten Lebensjahr habe ich dieses Haus gebaut, mit großer
Sorgfalt und einer Unmenge rührender Details. Dieses Haus ist vielleicht
häßlich, aber frei von jedem architektonischen Ballast. Ich war mir
bewußt, daß man ein Haus mit Materialien und Arbeitern baute, und
daß man je nach Grundriß und Schnitt Erfolg oder Mißerfolg habe. Ich
empfand daraufhin einen Schauder vor allem Schulunterricht, vor allen
abgedroschenen Rezepten, vor den a priori des göttlichen Rechts. Und
ich erkannte, daß man auf das eigene Urteil abstellen muß. Mit meinen
Ersparnissen unternahm ich kleine Streifzüge durch verschiedene Länder,
weg von den Schulen. Ich begann die Augen zu öffnen.
Die menschlichen Schöpfungen erreichen eines Tages den Grad, da sie
sich zu klaren, logischen, indiskutabeln Systemen konkretisieren. Sie
werden kodifiziert und wandern ins Museum. Das ist ihr Tod. Eine neue
Betrachtungsweise, eine Erfindung tritt auf, die alles wieder umstürzt. Ein
Stillstand ist unmöglich. Nur die individuelle Schöpferkraft erlischt eines
Tages; das bedeutet das Ende eines Menschen, nicht das der Architektur.
Junge Generationen kommen; sie steigen dir ungeniert auf die Schultern,
und ohne dem Sprungbrett zu danken, hissen sie das Banner ihrer Ideen
höher.
Die moderne Architektur ist in ihrem Anfang. Sie ist geboren. Sie ist ans
Licht gedrungen. Ihr Weg wird sie weit weg von den heutigen Resultaten
führen. Dinge, die wir uns heute noch nicht vorstellen können, werden
morgen auftauchen. Keine Angst vor dem, was heute ist. Es ist erst die
Morgenröte neuer Zeiten.
Paris, im September 1929
Wenn ich diese kindlichen Details niederschreibe, geschieht es nur, um
vielleicht eine Art jugendlicher Überzeugung zu bekräftigen, die immer
wieder durch die Flut der Zweifler bedrängt wird. Hat man mir nicht
das Scheitern einer Karriere prophezeit, in der ich darauf ausging, mich
den umfangreichen Schulprogrammen und dem langen Aufenthalt
in den Akademien zu entziehen, und in der ich von vornherein auf die
schmeichelnden Vorteile eines Diploms, das in feierlicher Weise die Studien
beendigt, verzichtete?
14
15
Le Corbusiers Pariser Villen 1920 -1930
Timothy J. Benton
Einführung
Oft wird über die Architekten der Moderne kritisch geäußert, sie hätten
den Sozialbau gepredigt, aber private Häuser für die Reichen errichtet.
Auch wenn man alle Einflußfaktoren in Betracht zieht - den politischen
Kontext, die Notwendigkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder das
kultivierte Bürgertum durch die Form zu verführen, um es von der Kraft
des Inhalts zu überzeugen - , bleibt das Problem immer noch bestehen.
Viele grundlegende Dogmen der modernen Architektur entspringen aus
den verschiedenen Strömungen sozialer Utopien und Reformen, und
ein Historiker muß sich die Frage stellen, wie viele dieser Doktrinen von
Architekten kompromittiert wurden, die von reichen, geschmäcklerischen
Auftraggebern abhängig waren. Im Falle von Le Corbusier und Pierre
Jeanneret sind diese Erörterungen nicht ohne Bedeutung. Sie errichteten
zwar während der zwanziger Jahre einige «soziale» Bauvorhaben,
darunter eine Reihe von Wohnanlagen, von denen Pessac bei weitem die
wichtigste war, aber die tatsächliche Einkommensquelle bestand aus
Honoraren für private Häuser, vor allem solche in der Pariser Gegend.
Am Ende des Jahrzehnts begann die «Ära der großen Arbeiten» mit dem
Auftrag für Centrosoyus, dem Bau für die Heilsarmee, der Fondation
Suisse, dem Clarté-Gebäude in Genf und den Appartements in der Rue
Nungesser-et-Coli in Paris. Le Corbusier erwarb sich durch diese Arbeiten
sowie durch seinen weltweiten Ruf die Freiheit, sich von der üblichen
Praxis privater Architektur zurückziehen zu können und sich auf die
langwierigen und frustrierenden Studien der Planung für ganze Städte
in aller Welt, von Algier bis Rio de Janeiro, von Stockholm bis Paris, zu
konzentrieren.
Eine zweite wichtige Einkommensquelle entsprang natürlich während
der zwanziger Jahre aus der Veröffentlichung von nicht nur sechs
bedeutenden Büchern, mehreren Ausgaben der Zeitchrift L ‚Architecture
Vivante, dem ersten Band des Gesamtwerks, sondern auch von
unzähligen Artikeln und Pamphleten. Selbst die Beteiligung am Magazin
Esprit Nouveau, dessen Hauptaktionär er war, verschaffte ihm trotz
dessen instabiler Finanzen ein gewisses Einkommen. Die Beziehung
zwischen der Architektur von Privathäusern und Publikationen an
sich ist aufschlußreich. Man kann die Bücher in solche aufteilen, die
hauptsächlich theoretischer Natur sind (Kommende Baukunst, Städtebau,
Précisions), und jene, deren Hauptanliegen es war, Le Corbusiers eigenes
Werk bekannt zu machen und zu erklären (Une maison, un palais,
Zwei Wohnhäuser, die Nummern von L ‚Architecture Vivante und das
Gesamtwerk). Bei letzteren zählte die Möglichkeit, das gebaute Werk
ausgiebig mit Fotografien und Zeichnungen zu veranschaulichen und
so Architektenkreise zu beeindrucken. Die Architektur von Privathäusern
spielte eine wesentlich Rolle zu einer Zeit, als es außerordentlich schwierig
war, Aufträge für andere Arten von Bauten zu bekommen. Gropius‘ Buch
Internationale Architektur von 1925 (das auf Fotografien basiert, die für die
Bauhaus-Ausstellung von 1923 gesammelt worden waren) ist in diesem
Zusammenhang aufschlußreich: Das Atelier Ozenfant und das Haus
Besnus in Vaucresson von Le Corbusier gehören zu den relativ wenigen
modernen Bauten - im Gegensatz zu Bauplänen -, die darin abgebildet
waren, und sie gewährten ihm einen Platz unter den Pionieren der
internationalen Moderne. Die Häuser trugen auch dazu bei, Kontakte zu
knüpfen und Leute zu beeinflussen, die Machtpositionen einnahmen.
Die Entwürfe für Monsieur Mongermon, einen der Direktoren der Autound Flugzeugfabrik Voisin, sicherten Le Corbusier die finanzielle und
moralische Unterstützung für den Pavillon Esprit Nouveau und den Plan
Voisin de Paris im Jahre 1925. Drei Jahre später ebnete ihm der Entwurf
eines Hauses für Madame Ocampo den Weg für seine Vortragsreise nach
Argentinien im Jahr 1929.
Die Symbiose der Standard-Wohnhaus-Prototypen (Dom-ino, Citrohan
I und II, Immeuble-Villas, Pavillon Esprit Nouveau, Loucheur-Häuser) mit
den private Einfamilienhäusern verhinderte außerdem die einfache
Unterscheidung zwischen beiden Gruppen. Die meisten Häuser der
zwanziger Jahre können, je nachdem, ob sie von einer oder der anderen
diese «Standard-Zellen» abgeleitet sind, in Typen aufgeteilt werden, und
das gilt ebenso für die Luxusprojekt Meyer, Stein-de Monzie und Savoye
wie für die bescheideneren Häuser. Fast alle Charakteristika der privaten
Häuser können auf Le Corbusiers allgemein Theorie der Stadtplanung
zurückgeführt, mit dem Gebrauch neuer Materialien, dem Zeitgeist,
der Standardisierung, der Ford-Revolution und so weiter verbunden
werden. Wenn man zum Beispiel die Frage stellt, warum die Pilotis eine
so wichtige Roll bei diesen Häusern spielen, so führt die Begründung der
Funktionalität oder der Praktikabilität zu keiner Antwort. Die Idee der
Pilotis entstammte einer allgemeinen Theorie, nach der die Bebauung
der Städte über den Boden erhoben werden sollte, um den Fahrzeugen
darunter ungehinderten Verkehr zu ermöglichen. wie im Entwurf für
die Stadt mit drei Millionen Einwohnern (1922). Aber man kann auch auf
Dogmen hinweisen, die den Gebrauch des «richtigen» Materials für das
20. Jahrhundert -Stahlbeton- propagieren und dabei Argumente der
rationellen Konstruktion benutzen, die auf Choisy oder Viollet-le-Duc
zurückgehen. Ein hervorstechendes Beispiel für die Auswechselbarkeit
der Wertvorstellungen von Massenwohnungsbau und privaten Häusern
wurde in der Form der Ausstellungsgebäude gegeben. Der Pavillon Esprit
Nouveau sollte eine Standardzelle in einem Appartementblock darstellen
- die lmmeuble-Villa, die selber eine Standardeinheit ist, die man auf
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städtischen Maßstab, wie im Plan Voisin de Paris, ausdehnen kann. Aber
Le Corbusier benutzte die von der Ausstellung ausgehende Reklame
auch dazu, für ein weitgehend auf dem Pavillon beruhendes Haus als
Modell für potentielle Bauunternehmer und Privatkunden zu werben. Der
Pavillon Esprit Nouveau mit seinem teilweise eingezäunten hängenden
Garten bildet den Prototyp für die späteren Entwürfe der Villa Meyer, für
das Haus Stein-de Monzie und die Villa Savoy.
Auseinandersetzungen mit der langmütigen Madame Savoye:
«Sie sollten auf dem Tisch der Eingangshalle unten ein Buch auslegen
(pompös das <Goldene Buch> genannt), und jeder Ihrer Besucher muß
seinen Namen und seine Herkunft hineinschreiben. Sie werden sehen,
wie viel hübsche Unterschriften Sie sammeln werden.»
Aber wahrscheinlich ärgerte sich nicht nur Henry Church über die
Eindringlinge:
Will man aus Le Corbusiers Werk ein «Genre» auswählen, so sollte man
nicht künstlich eine rein zufällige Architekturform abtrennen, sondern
eine Hauptströmung seiner Kulturpolitik in den zwanziger Jahren
herausarbeiten. Wir werden jedoch feststellen, daß das Luxushaus,
vor allem in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, ein tatsächliches
Problem bildete, und Sigfried Giedion war einer der ersten, die darauf
aufmerksam gemacht haben. Das bürgerliche Haus stellte für einen
Architekten von Le Corbusiers idealistischer Einstellung insofern ein
Problem dar, als es seine Bewohner wenigstens bis zu einem Mindestmaß
befriedigen sollte. Wir werden bei den folgenden Fallstudien sehen, daß
ein typischer Auftrag Verzögerungen beim Entwurf der Pläne, eine oft
eigenmächtige Auslegung der Wünsche des Kunden, Schätzungen, die
im allgemeinen 50 bis 100 Prozent unter den tatsächlichen Kosten lagen,
wirre Buchführung und eine ganze Reihe von katastrophalen technischen
Mängeln mit sich brachte, die kostspielige Reparaturen und peinliche,
bis in die späten dreißiger Jahre gehende Korrespondenzen nach sich
zogen. Enge persönliche Freundschaften wurden bis zum äußersten
strapaziert und zerbrachen manchmal unwiderruflich. Nur wenige
Häuser wurden von ihren ursprünglichen Auftraggebern lange bewohnt
oder entgingen Umbauten oder Zerstörung. Natürlich gab es dafür viele
Gründe, nicht zuletzt Geldmangel oder Eigenwilligkeit der Bauherren. Le
Corbusiers Schwägerin zum Beispiel hatte eine fixe Idee, was den hohen
Arsenikgehalt in französischen Farben anbetraf, und bestand darauf,
Proben in Schweden testen zu lassen mit dem Erfolg, daß nach ihrer
Rückkehr das ganze Haus neu angestrichen werden mußte. Die meisten
Kunden hatten wohl eine gewisse Ahnung, worauf sie sich einließen, denn
viele kannten sich untereinander und hatten wahrscheinlich Gelegenheit,
Schauergeschichten zu hören, bevor sie eine Verpflichtung eingingen. Die
amerikanischen Kunden zum Beispiel kannten sich alle: William Cook,
Michael Stein und Henry Church.
Ein wesentlicher Punkt in Le Corbusiers Strategie war es, seine Häuser
regelmäßig von interessierten Leuten besichtigen zu lassen. Mehrere
Kunden wiesen auf Besonderheiten anderer Häuser von Le Corbusier
hin, die sie in ihren eigenen Bauten angebracht haben wollten. Le
Corbusier erwartete eindeutig von seinen zufriedenen Bauherren, dass
sie auf die Berümtheit ihrer Häuser stolz waren. So schrieb er anläßlich
der Einweihung der Villa Savoy nach unzähligen Schierigkeiten und
«Würden Sie mir den Gefallen tun und keine Leute mehr schicken,
die meinen Besitz besichtigen wollen. Die Häuser werden nicht mehr
besichtigt, und ich habe meinem Personal diesbezüglich strenge
Anweisungen erteilt.»
Nur wenige Bauherren scheinen so loyal und begeistert gewesen zu
sein wie Raoul La Roche, der sich bewußt war, daß das, worin er lebte,
wohl eher als Architektur denn als ein «Haus» im konventionellen Sinne
eingeschätzt wurde. Er schrieb einen Neujahrsbrief an Le Corbusier, in dem
er ein Fotoalbum des bekannten Fotografen Boissonnas kommentierte:
«Ich muß Ihnen gestehen, daß die Villa La Roche trotz der Kunst von
Monsieur Boissonnas in Wirklichkeit viel schöner ist als auf dem
Bild. Woran liegt das? Sicherlich daran, daß die beste Reproduktion
nur unvollkommen die Erregung wiedergeben kann, die man beim
unmittelbaren Kontakt mit dieser Symphonie von Prismen fühlt. O diese
Prismen, man möchte glauben, nur Sie und Pierre kennten das Geheimnis,
denn vergebens suche ich sie anderswo. Sie haben uns ihre Schönheit
gezeigt, uns beigebracht, welchen Sinn sie haben, und dank Ihnen wissen
wir jetzt, was Architektur ist. Wir haben sie zugleich theoretisch und
praktisch verstanden.
Mögen im Laufe der kommenden Jahre ebenso viele Bauten entstehen,
kleine und große, deren Autoren man sofort erkennen wird; ihre Namen
sollen nicht auf die Fassaden geschrieben sein, aber der Beschauer soll
bewegt und spontan ausrufen: „Das ist Architektur!“ »
Ebendas wollte Le Corbusier hören. Und doch hatte er das Vorbild eines
komfortablen Lebensstils im modernen Sinne im Auge, den er seinen
Kunden empfahl und der auf den Idealvorstellungen von Privatheit,
Freiheit, Bequemlichkeit und Glück beruhte. Später benutzte er die
Bezeichnung «la coquille de I‘escargot» (Schneckenhaus), die man dem
bekannteren Slogan «machine à habiter» (Wohnmaschine) als Begriff für
das moderne Haus entgegensetzen konnte. Le Corbusiers Modellhaus
ist vor allem anthropozentrisch, es trägt menschlichen Maßen und den
essentiellen Ereignissen Rechnung. Das Innere seiner Häuser ist voll von
aus: Le Corbusiers Pariser Villen 1920-1930, Timothy J. Benton
«Plätzen», beherrschenden Punkten, an denen die Bewohner stehen,
sitzen oder liegen sollen. Diese Plätze sind durch Balkone, Einbuchtungen
oder Vorsprünge in den Betonplatten oder Trennwänden gekennzeichnet.
Viele der Innenperspektiven zeigen die optimale Aussicht, auf die der
Bewohner hingelenkt wird, sie stellen dar, wie die «Prismen» zum
Gebrauch und nicht nur zur Befriedigung des Architekten verteilt worden
sind.
Das Modell aber verlangt Opfer. Le Corbusiers Vorlieben traten klar bei
der Ausführung und Möblierung des Hauses La Roche zutage, wobei
der Bauherr ihm freie Hand gelassen halte. Wir werden sie im einzelnen
als Fallstudie behandeln, denn das Haus diente zum Vorbild für spätere
Inneneinrichtungen. Schlafzimmer waren im allgemeinen klein und
streng gehalten, auch wenn die späteren «Luxushäuser» oft prächtigere
Schlafräume mit großzügigen abgerundeten Formen hatten. Toiletten
waren gewöhnlich winzig, Badezimmer sachlich, durch herrliche
Porzellanware verschönt. In vielen der später gebauten Häuser hielt
mit den eingelassenen Badebassins auch die Farbe Einzug: Sie waren
mit kostspieligen, meist hellblauen Keramikkacheln ausgekleidet. Auch
wenn den Wohnzimmern soviel Raum wie möglich zugestanden wurde,
oft doppelte Höhe an einem Ende, wurde der tatsächliche Wohnbereich
häufig nach außen verlegt, auf Dachterrassen, Veranden, Balkone und
Gärten. Die eigentlichen Quellen der Freude waren natürlichen Ursprungs:
Sonne, Luft, der Blick auf eine schöne Landschaft, auf vorhandene oder
frisch gesetzte Bäume und Pflanzen, auf den nächtlichen Himmel. Diese
Attribute eines gehobenen Lebensstils des modernen Menschen sind in
dem berühmt gewordenen Brief an Madame Meyer vom Oktober 1925
aufgezählt. In der Beschreibung der Villa Savoye beschwört Le Corbusier
den virgilschen Traum herauf: Der moderne Mensch, umgeben von
den Produkten einer mechanisierten Gesellschaft, fühlt sich in seiner
intellektuellen Überlegenheit bestätigt, aber den Blick auf eine schöne
und unberührte Landschaft gerichtet.
Le Corbusier glaubte, wie Adolf Loos, daß man den Fortschritt nicht
zurückdrehen könne. Der Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts sei
zu verstädtert, zu zivilisiert, also zwangsläufig zu intellektuell, um
sich in althergebrachten kunstgewerblichen Formen auszudrücken. In
einer Welt, in welcher der Luftraum erobert worden ist, die Bautechnik
sich revolutionär entwickelt hat, gehöre der Mensch in eine erhobene
Position, so hoch wie möglich über dem Boden, auf daß er nicht nur
der Verseuchung durch feuchte und wuchernde Vegetation, sondern
auch den Folgen der Zusammenballung in den Städten entkomme. Le
Corbusiers Häuser erheben sich oft zu einer Reihe von hohen Punkten,
von denen aus man nicht nur die außerhalb liegende Gegend, sondern
auch das Innere des Hauses selbst kontrollieren kann. Er baute, wo immer
es möglich war, «Architektur-Promenaden» (eine Bezeichnung, die bei
der Beschreibung der Villa La Roche zum ersten Mal geprägt wurde), die
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in vorbildlicher Weise durch die Räume des Hauses führen, sich auf die
verschiedenen Ebenen menschlicher Aktivitäten erheben und in einer
Bibliothek oder einem Aussichtspunkt auf die Natur enden. Diese hohen
Punkte sind oft absichtlich mit Risiken und persönlichem Engagement
verbunden: Steile Leitern und eng gewundene Treppen müssen erklettert,
flache Dächer ohne Brüstungen erstiegen werden.
Die Fußböden sind nüchtern gehalten: kleine, eng verlegte Kacheln
(schwarze für «öffentliche», weiße für «saubere»» Räume), nahtloses
Linoleum für Schlafzimmer und Empfangsräume, Gummibelag
für Aufgänge. Schwarzweiße Berberteppiche und weiße Vorhänge
waren erlaubt. Thonet-Stühle und Maples-Ledersessel wurden in der
ersten Hälfte des Jahrzehnts bevorzugt, Stahlrohr-Prototypen (die
ebenfalls von Thonet hergestellt wurden), nachdem im Jahre 1927 die
Zusammenarbeit mit Charlotte Perriand begann. Kamine aus Beton
standen frei und auffallend im Raum. Die Wände waren mit Temperaoder Ölfarbe gestrichen, in einer Skala von hellen Grün- und Blautönen,
gebrannter Umbra oder Schwarz für zurückgesetzte Flächen, hell- und
dunkelgrauen Halbtönen. Henry Church beschwerte sich schriftlich über
das Farbschema von Le Corbusier, aber die meisten Bauherren scheinen
es akzeptiert zu haben.
Die Auftraggeber können in Künstler (Ozenfant, Lipchitz, Miestchaninoff,
Ternisien - ein Musiker - und Planeix), Kunstliebhaber und Sammler (La
Roche, Stein, Cook) und Vermögende (wieder Stein, Church, Savoye)
unterteilt werden. Diese Einteilung ist in gewissem Grade hilfreich die Ateliers können klar von den Häusern unterschieden werden -, aber
eine wichtigere Unterscheidung ergibt sich aus der Zugehörigkeit der
Häuser zu den verschiedenen Epochen. Beim Haus Besnus und dem
Atelier Ozenfant tauchen in unterschiedlicher Stil- und Symmetriefragen
auf – sie betreffend die Grundlagen, auf denen die EIemente des LeCorbusier-Hauses beruhen: Fenster, Türen und Schränke. Vom Haus La
Roche an wirkt die Entwicklung malerischer Eindrücke, innen wie außen,
als Gegenpol zur strengen Analyse der Standardformen, die aus den
Wohnzellen resultierten. Aus diesem Grund sind die Projekte Casa Fuerte
und Mongermon (Januar bis April 1925) sowie die vier Meyer-Entwürfe
(Oktober 1925 bis Mai 1926) entscheidend für die Entwicklung des
Themas der «Architektur-Promenade» innerhalb der streng begrenzten
Gegebenheiten städtischer Grundstücke. Bei vielen späteren Entwürfen
kann man beobachten, daß zwischen dem Versuch, die Beschränkung
(und eine «gegebene» Form) zu meistern, und explosive Ausbrüchen ins
Malerische, Organische und Dynamische ein Konflikt entsteht. Der zutiefst
romantische Impuls, innerhalb eines begrenzten Grundstücks und bei
limitierten Finanzen unmögliche großartige Eindrücke schaffen zu wollen,
wird stets neu entwickelt und tritt dann wieder in den Hintergrund. Diese
Spannung zwischen Freiheit und Beschränkung kommt in einer Reihe von
spezifischen Elementen praktisch zum Ausdruck.
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Die Form der Partnerschaft mit seinem Vetter Pierre Jeanneret, und mit
anderen Personen im Atelier in den zwanziger Jahren, wechselte oft von
der Rolle der «Anpassung» zur Rolle der «Öffnung», wobei Le Corbusier
im allgemeinen, aber nicht immer, die letztere spielte. Pierre hatte
bezeichnenderweise die Aufgabe, die Pläne auszuarbeiten, sie lesbar zu
machen, sich um alle Nebenaufgaben zu kümmern, das Verhältnis von
Grundriß zu Aufriß zu überwache usw. Le Corbusier griff oft ein, indem er
gekrümmte Wände einsetzte, den Räumen mittels starker Schatten Tiefe
zu geben versuchte und vielfältige Forme symbolischer und imaginärer
Wirkung hinzufügte. Der Dialog zwischen Freiheit und Beschränkung
spielt sich an zweiter Stelle oft in brutal materieller Art und Weise
zwischen Architekt und Bauherrn ab. In viele Fällen - und im Verlaufe
der Jahre immer öfter -waren die ersten Entwürfe zu hochfliegend und
erwiesen sich, nachdem man Angebote eingeholt und Kostenvoranschläge
ausgearbeitet hatte, als viel zu teuer für den Auftraggeber. Viele
bemerkenswerte Charakteristika der gebauten Häuser entstanden
daher aus der Notwendigkeit, ausgearbeitete Entwürfe wortwörtlich
zu «komprimieren». Das Interesse komplexen geometrischen Rastern,
welche die Anordnung der Pilotis festsetzten, kann teilweise dadurch
erklärt werden, daß man mit allen Mittel versuchte, vielfältige Funktionen
in die starre Hülle eines gegebenen Schemas zu pressen. Dieses Problem
wird bei der Villa Stein-de Monzie abgehandelt. Ein weiteres Zeichen
für diese «Kompression» ist, was Alan Colquhoun die «Übertragung von
Bedeutungen» genannt hat. Formen, die zunächst zu einem bestimmten
Zweck und mit genauer Bestimmung in einem Entwurf aufgenommen
wurden, werden später im Verlauf der Planung auf andere Teile des
Hauses übertragen und erhalten unterschiedliche Funktionen. Hier
liegt einer der wichtigsten Gründe, warum die Forschungsarbeit, die
diesem Buch zugrunde liegt, überhaupt unternommen wurde. Die
Ebenen des kreativen Schaffens aufzudecken, die sich in den greifbaren
Formen eines Gebäudes manifestieren, ist nicht nur von historischem
Interesse. Le Corbusier selbst war leidenschaftlich davon überzeugt,
daß die «recherche patiente», die geduldige Forschung, Bestandteil der
Arbeit des Architekten sein müsse, daß der Prozeß dieser Forschung zu
seiner Tätigkeit gehöre und man beides nicht ohne Bruch trennen könne.
Wenn man in die große Halle der Villa La Roche tritt und den von einer
Brücke überquerten leeren Raum entdeckt, stellt man sich als erstes die
Frage: Warum? Eine Antwort darauf ist, daß diese Brücke das verbindet,
was in einer fortgeschrittenen Fassung des Entwurfs tatsächlich zwei
Häuser gewesen sind. Oder wenn man an der Nordwestfassade der Villa
Savoye hinaufblickt und eine «Fenster»-Öffnung am Ende der Wand des
Solariums entdeckt, so kann dies auf zumindest zwei sich ergänzende
Arten erklärt werden. Das Fenster gehörte ursprünglich zu dem
Hauptschlafzimmer, dem «Raum mit Ausblick» und in gewissem Sinne
Mittelpunkt des Hauses. Als das Schlafzimmer aus Sparsamkeitsgründen
aus dem obersten Stock entfernt wurde, benutzte man das Fenster als
Ruhepunkt am Ende der «Architektur-Promenade», als Ziel, an dem
man Ausblick auf den Himmel und die Natur hat, wenn man die Rampe
hinaufsteigt. Beide Bedeutungen aber überlagern sich und sind präsent.
Es besteht kein Zweifel daran, daß diese Kämpfe, Änderungen,
Anpassungen und Opfer zum Teil, nach Le Corbusiers Auffassung,
auf eine Dialektik zwischen Ideal und Pragmatik zurückzuführen
sind. Zu seinen idealen, im wesentlichen unrealisierbaren Formen
gehörten die unsichtbare Konstruktion, die schwebenden Volumen, die
unbefleckte Reinheit der «Prismen», das Sich-Öffnen des Raumes. Aber
er schätzte auch praktische Entdeckungen. Er war geradezu besessen
von Details. Zu einigen seiner eindrucksvollsten Zeichnungen gehören
solche für Fenstermechanismen, Türschlösser, Dachluken, Lampen
und Einrichtungsgegenstände. In den zwanziger Jahren unternahm
er wiederholt Versuche, ein Standard-Langfenster patentieren und
herstellen zu lassen. Patente wurden in Frankreich und der Schweiz
erwirkt und die Firma Ronéo sowie andere Industrieunternehmen mit
der Ausführung beauftragt. Aber er machte bittere Erfahrungen auf
dem Gebiet der Standardisierung sowohl in Pessac als auch bei den
Privathäusern. Die Metalltüren von Ronéo, die für die Häuser La Roche
und Jeanneret, die Ateliers Lipchitz und Miestchaninoff geliefert wurden,
verursachten endlose Schwierigkeiten, ausgedehnte Reparaturen und
lange Auseinandersetzungen mit der Herstellerfirma. Die industriell
produzierten Metallfenster für die Villa Savoye hatten, als sie ankamen,
nicht die richtige Größe, weil die Entwürfe in der Zwischenzeit geändert
worden waren, und wieder einmal waren kostspielige Anpassungen der
Fensteröffnungen notwendig. Le Corbusier entwarf immer wieder Kästen
für die Baumann-Jalousien, welche die großen Fenster (von der Villa
Besnus an) beschatten sollten. Und wiederholt hatte er Schwierigkeiten
mit ihnen. In den meisten Häusern zeugen die Details von ehrlichem
handwerklichem Können. Die kleinen Entwässerungslöcher und -rinnen
unter den Fenstern, die das Kondenswasser auffangen und ableiten,
die Türschlösser und Klinken, die Beleuchtung und die Dachluken,
alle diese Details befriedigen den Betrachter im höchsten Grade, aber
die Korrespondenz beweist, welcher Kämpfe es bedurfte, damit sie
funktionierten.
Nicht immer gab es diesen Konflikt zwischen Idealvorstellung und Praxis.
Das Langfenster stellte die Ideallösung dar: ein Fenster, das für alle
Zwecke geeignet war, vom Völkerbundpalast bis zum bescheidenen Haus.
Es war eine Lösung, welche die Konstruktion offenlegte, eine «klassische»
Lösung insofern, als sie unnötige Nebensächlichkeiten vermied,
eine anthropozentrische Lösung ohne hierarchisch gestufte interne
Organisation und eine Lösung die, so glaubte Le Corbusier, jeder anderen
Form, die Innenräume zu belichten, überlegen war. Aber das Langfenster
war auch das Produkt einer Summ praktischer Detaillösungen. Das 2,50
m lange Standardelement, in den zwanziger Jahren entwickelt, stellte
in seinen Proportionen eine Einheit dar, war aber auch anpaßbar. Jede
aus: Le Corbusiers Pariser Villen 1920-1930, Timothy J. Benton
beliebige Art fester oder zu öffnender Verglasung konnte angewendet
werden, ganz gleich, ob es sich um Dreh-, Schwing- oder Schiebefenster
handelte. Man brauchte das Fenster nicht zu zerschneiden, wenn man
es unterteile wollte. Es bot auch im Innenraum vielfältige Möglichkeiten,
denn es endete immer in einem längslaufenden Sims, unter dem man
Heizkörper oder Schränke (die wiederum mit seitlich eingehängten oder
Schiebetüren ausgestattet waren) unterbringen konnte. Auch ließen sich
aus dem Sims Tische machen, oder man konnte es verlängern und Kamine
und andere Einrichtungen anbringen. Diese Erweiterungsmöglichkeit
wuchs von einem Projekt zum anderen.
Die Details verbesserten und vereinheitlichten sich zwar während der
zwanziger Jahre, aber daran hatten sicherlich auch die Handwerker und
Bauunternehmer, welche die Häuser ausführten, einen entscheidenden
Anteil. Bisher ist nur wenig über die Mannschaft, die Le Corbusier
beistand, gesagt worden. Wie eng die Zusammenarbeit zwischen
Architekt und Bauunternehmern tatsächlich war, bedarf einiger
Erklärung, denn jedes Projekt endete in Auseinandersetzungen und
mehr oder weniger erbitterten Kämpfen, um den Bauherren überfällige
Zahlungen abzuringen. Sie wehrten sich gegen Rechnungen für
Arbeiten, die vom Architekten unzureichend spezifiziert worden waren.
Der Kern der Mannschaft bestand aus dem Maurer Summer, dem
Tischler Louis, dem Anstreicher und Glaser Celio, dem Installateur und
Heizungstechniker Pasquier und dem Elektriker Barth. Bei allen Bauten,
von denen Unterlagen vorhanden sind, wurde erstaunlicherweise
Crépin als Gärtner bestellt. Er erweckte bei fast allen Kunden feindselige
Gefühle, weil er außerordentlich hohe Preise verlangte. Le Corbusier
drängte ihn aber seinen Kunden immer wieder auf. Untersuchungen über
die Gartengestaltung bei Le Corbusier und über seine Beziehungen zur
Kunstgewerbepraxis im Paris der zwanziger Jahre sind längst überfällig.
Crépins Arbeit für Le Corbusier, die reichlich dokumentiert ist, zeigt, wie
abhängig der Architekt stets von seiner kunstgewerblichen Herkunft war
und wie stark ihn seine Liebe zu den Blumen und Pflanzen des Jura um La
Chaux-de-Fonds beeinflußt hat.
Im Laufe der Jahre kamen immer mehr junge Leute, besonders Ausländer,
in das Atelier in der Rue de Sèvres, um dort zu arbeiten. Viele von ihnen
erschienen, um an den großen Ausschreibungen wie dem Entwurf
für den Völkerbundpalast zu arbeiten. Der Einfluß von Männern wie
José-Luis Sert, Kunio Maekawa, Albert Frey oder Alfred Roth ist noch
nicht angemessen festgestellt worden. Sie trugen ihr Fachwissen zu
einigen Entwürfen bei, besonders bei der Behandlung «schwieriger»
Techniken wie der Axonometrik, der Pierre anscheinend etwas hilflos
gegenüberstand. Nur später, bei der Arbeit für das Haus Church, den
letzten Zeichnungen und Details für die Villa Savoye und einem Teil der
Arbeit für Beistegui kann man die Hand ganz bestimmter Mitarbeiter mit
einiger Sicherheit identifizieren.
Dieses Buch ist das Ergebnis von mehr als zehnjähriger Arbeit in den
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Archiven der Fondation Le Corbusier. Die Zeichnungen befanden sich
noch in Rollen im ehemaligen Appartement von Le Corbusier in der Rue
Nungesser-et-Coli und waren nicht numeriert, als ich sie zum erstenmal
sichtete. Die ersten Archivdokumente, die ich sah, waren genauso
ungeordnet und so belassen, wie sie vom Atelier abgeholt worden
waren. Die Zeichnungen bedeuten im Jahre 1972 eine Entdeckung, da sie
praktisch unbekannt waren. Seitdem hat es zahlreiche Ausstellungen,
Artikel und Bucher darüber gegeben.
Die Fondation Le Corbusier sollte nach seinem eigenen Vermächtnis
das verborgene Werk des Meisterarchitekten aufbewahren. Er selbst
war davon überzeugt, daß ein Historiker die Spuren wie ein Archäologe
verfolgen müßte, um die volle Bedeutung seines Werkes aufdecken zu
können. Nicht nur über 32’000 Zeichnungen waren erhalten, sondern
auch eine ungeheure Menge an Dokumentationsmaterial, das in einigen
Fällen jede Einzelheit des Auftrags, der Planung und der Ausführung eines
Gebäudes enthielt. Diese Sammlung ist einmalig und interessant, aber
man kommt schwer mit ihr zu Rande. Wie oft haben Historiker davon
geträumt, hinter die Kulissen blicken zu können, zu sehen, was seinerzeit
wirklich passiert ist.
Wenn ich in der Fondation Le Corbusier arbeitete, im Zimmer von Albert
Jeanneret und Lotti Raaf saß und die Blätter umdrehte, die oft wie während
eines Telefongesprächs hingekritzelte Notizen wirkten, wurde die Illusion
von Aktualität und unmittelbarer Präsenz manchmal fast unerträglich.
Und doch sind natürlich die wichtigsten Fragen noch unbeantwortet.
Warum ist diese Form so, wie sie ist? Wer hat das entschieden? Was wurde
über dem Zeichenbrett, im Café oder auf der Baustelle gesagt? Und am
Ende bleiben uns nur die Zeichnungen.
Unser Verständnis und unsere Auffassung von Le Corbusiers und Pierre
Jeannerets Architektur werden jedoch in mancher Hinsicht unwiderruflich
verändert. Die Arbeitsbedingungen, der Druck, die Spannungen, der Lärm
der täglichen kritischen Auseinandersetzungen und die tatsächliche
Lösung von Problemen werden uns oft klar. Einerseits ist es wichtig, diese
Stufen des Arbeitsablaufs nicht mit dem eigentlichen Schaffensprozeß zu
verwechseln, andererseits aber notwendig, die beiden nicht zu trennen.
Einige Entwürfe erscheinen zu unserem Erstaunen im wesentlichen so
auf dem Papier, wie sie gebaut worden sind. Wir müssen nicht unbedingt
davon ausgehen, daß in der erhaltenen Sammlung von Zeichnungen
Verluste entstanden sind. Die Villa Cook und in gewissem Sinne die Villa
Savoye sind Beispiele für «unbefleckte Empfängnis». Le Corbusier selbst
hat dies ausgedrückt, indem er von seiner «Abneigung zu zeichnen» oder
seiner Überzeugung sprach, daß «Architektur im Kopf geschaffen» werde.
Die überwiegende Mehrzahl der Zeichnungen, die von der Fondation
Le Corbusier aufbewahrt werden, sind nicht «Werkzeichnungen» in
dem Sinne, daß man aus der Verwirrung sich entwickelnde Formen
unterscheiden kann oder daß bewiesen werden könnte, wie eine Reihe
von Berechnungen ein Resultat hervorgebracht haben. Meist besteht
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die Zeichenarbeit darin, Einzelheiten hervorzuheben, geringfügige
Schwierigkeiten zu beseitigen, einen Entwurf zu bereichern, zu
bereinigen oder zu reduzieren. Aber gerade bei dieser Arbeit werden die
Denkweise, die Gewohnheiten und die inneren Auseinandersetzungen
enthüllt, die zur Lösung eines Problems führen. Und in vielen Fällen
scheitert die detaillierte Ausführung, meist unter Druck von außen
(Kunde, Sparmaßnahmen, Grundstück, Baumaterialien), und wir können
die Anpassung vom einen zum anderen Entwurf verfolgen. Bei diesen
Brüchen und Unterbrechungen kommt, wie in einer Spalte im Gestein, die
innere Ideenstruktur zum Ausdruck. Es vollzieht sich eine Art natürlicher
Auslese, ein Naturgesetz greift in den Konflikt der Kräfte ein, welcher
die Vollkommenheit des Projekts zu zerstören droht. Die starken oder
elastischen Teile eines Entwurfs überleben, andere Teile erweisen sich als
zu brüchig, um aufgenommen werden zu können, und müssen verworfen
werden, während wieder andere wie vorübergehende Launen erscheinen,
die man leicht abtut, wenn es darauf ankommt.
Dies ist das Ergebnis meiner Untersuchungen.
21
Le Corbusier
Jean-Louis Cohen
Die Lyrik der Architektur im
Maschinenzeitalter - Einleitung
Wenige Architekten haben die Hoffnungen und Enttäuschungen des
Industriezeitalters so prägnant zum Ausdruck gebracht wie Le Corbusier
- und nur wenige haben ihre Zeitgenossen so schockiert, mit Ausnahme
von Adolf Loos und Frank Ll0yd Wright. Sarkasmen und Verleumdungen
haben lange das Leben eines der wenigen Architekten begleitet, dessen
Name der breiten Öffentlichkeit bekannt ist. Wenn man sich sein
Lebenswerk aus sechs Jahrzehnten anschaut - angefangen bei der Villa
Fallet von 1907 bis hin zu den posthum fertig gestellten Projekten - kann
man über die Fülle nur staunen. Le Corbusier hat 75 Einzelbauten in zwölf
Ländern gebaut und 42 bedeutende städtebauliche Pläne ausgearbeitet.
Er hat 8000 Handzeichnungen, über 400 Gemälde, 44 Skulpturen und
27 Entwürfe für Gobelins hinterlassen. Daneben hat er 34 Bücher mit
insgesamt 7000 Seiten, Hunderte von Artikeln und Vorträgen und über
den Büroschriftverkehr hinaus etwa 6500 persönliche Briefe geschrieben.
Le Corbusier erlebte die Verbreitung des Auto- und Flugverkehrs und war
einer der ersten Architekten, der gleichzeitig auf mehreren Kontinenten
baute. Dank Fotografie und Presse war er eine prominente Person, dessen
Erklärungen öffentliches Ärgernis erregten. Er gestaltete selbst eifrig
sein öffentliches Image mit, hat allen Spannungen des 20. Jahrhunderts
Ausdruck verliehen und uns ein in seiner Vielfalt einzigartiges Werk
vermacht. Le Corbusier zeichnete sich außerdem durch Treue aus. Die
in seiner Heimatstadt erlebten Bindungen begleiteten ihn sein ganzes
Leben. Seine Mutter, Marie-Amelie Jeanneret-Perret, und sein Bruder
Albert blieben seine engsten Vertrauten und Ansprechpartner wie auch
der Schriftsteller William Ritter. Er pflegte die Freundschaften der ersten
Stunde - mit Léon Perrin und Auguste Klipstein ebenso wie die späteren
mit Künstlern wie Fernand Léger oder Louis Soutter.
Ganz Europa als Lehrstätte
Charles-Edouard Jeanneret, der den Künstlernamen Le Corbusier erst
1920 annahm, wurde 1887 in La Chaux-de-Fonds geboren, einer Stadt
im Schweizer Jura, die Karl Marx als „eine einzige Uhrenmanufaktur“
bezeichnete. Die hier erlebte Wechselwirkung zwischen Fabrikation und
Kunst blieb auch in Jeannerets Berufstätigkeit eine Konstante. In diesem
Milieu glaubte man an die pädagogischen Tugenden der geometrischen
Form, ein wesentliches Element der Fröbelschen Lehrmethode, die
Jeanneret seit seiner Kindheit kannte. In der vom Kunstmaler CharIes
L‘Eplattenier geleiteten und vom Gedankengut Ruskins sowie der Artsund-Crafts-Bewegung geprägten Kunstgewerbeschule entfernte sich
der junge Le Corbusier allmählich vom Berufsziel eines Ziselierers und
Gravierers von Uhren und entdeckte die Architektur.
Seine eigentliche Ausbildung zum Architekten erhielt er zeitlebens
auf seinen unzähligen Reisen. Seine selbst gezeichnete Europakarte
markierte drei Arten von Orten, die er von 1907 bis 1912 besuchte, und zwar
die Zentren von Kultur, Industrie und Folklore. Seine erste Reise führte
ihn in die Toskana, wo er zarte Aquarelle der Bauten von Pisa, Siena und
Florenz malte. Er nahm sich vor, die „Sprache der Steine“ zu entschlüsseln
und interessierte sich für Ornamentik, aber auch für Bauten wie das
Kartäuserkloster Galluzzo im Val d‘Ema. Anschließend fuhr er nach Wien
und Paris, wo ihm der Plakatmaler Eugène Grasset von den Gebrüdern
Perret erzählte, die „Beton zusammen mit Eisen in Holzkästen packen“.
Auguste Perret stellte ihn ein, nachdem er seine Skizzen gesehen hatte,
und Le Corbusier arbeitete 15 Monate lang im Büro Perret im Erdgeschoss
des neuartigen Wohn- und Geschäftshauses Nr. 25a, rue Franklin. Er
arbeitete am Entwurf der Kathedrale von Oran mit und entwarf 1908 die
Jagdhütte La Saulot in der Sologne. Perret bildete seinen Geschmack und
ließ ihn Gustave Eiffels Viadukt bei Garabit, die Pariser Bauten von Anatole
de Baudot und Henri Sauvage sowie schließlich Tony Garniers Wirken in
Lyon entdecken.
In Paris, wo er eine Mansarde am Quai Saint-Michel bewohnte, las
Jeanneret 1908 „Also sprach Zarathustra“ von Friedrich Nietzsche, aber
auch „La Vie de Jésus“ von Ernest Renan und „Les Grands Initiés“ von
Edouard Schure. Nietzsches Imperativ „Werde, der du bist!“ wurde zu
seinem Wahlspruch. L‘Eplattenier schickte ihn nach Deutschland, um dort
neue Entwicklungen in der angewandten Kunst und der industriellen
Fertigung zu studieren, und empfahl ihm, ein Buch über Städtebau zu
schreiben. Wie Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe arbeitete er
einige Zeit bei dem Berliner Architekten Peter Behrens. Er besuchte seinen
Bruder Albert im Institut von Jacques Dalcroze in der Gartenstadt Hellerau
bei Dresden und entdeckte die sachliche Klassizistik Heinrich Tessenows,
der dort zahlreiche Wohnhäuser und das Festspielhaus gebaut hatte. In
München lernte Jeanneret den Schriftsteller William Ritter kennen, der
ihm half, die Gegensätze zwischen deutscher und romanischer Kultur zu
verstehen.
Ritter kannte die slawischen Länder und riet ihm, sie zu besuchen.
Jeanneret reiste nach Prag, Serbien und Bulgarien, wo er dörfliche
Architektur in Zeichnungen festhielt. Die Höhepunkte seiner Balkanreise
waren Konstantinopel und Athen. Unermüdlich zeichnete er die Silhouette
der osmanischen Hauptstadt und vergrößerte seine Skizzensammlung
von Häusern am Berg. Die architektonische Komposition der Akropolis
sollte ihn nicht wieder loslassen. Nach Griechenland besuchte er Pompeji,
Rom und die poetische Landschaft um die Hadrian-Villa bei Tivoli. Nach
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der Rückkehr beschrieb Jeanneret seine Reiseeindrücke in Aufsätzen,
die in der „Feuille d‘avis de la Chaux-de-Fonds“ erschienen. Die vor
Ort erworbene Kenntnis von Stadtlandschaften, Baudenkmälern und
volkstümlichen Baustilen beeinflusste seine eigenen Entwürfe und er
stellte einen Katalog städtebaulicher, architektonischer und ornamentaler
Elemente zusammen, den er ungezwungen einsetzte. Die Kenntnis der
Baugeschichte verringerte seine Wertschätzung für die Bauten der Antike
und der Renaissance nicht. In der Folge zitierte er die „Lehre Roms“ und
beschimpfte die „ehrwürdigen Scheißkerle“ der Académie des Beaux-Arts,
die diese Lehre verbogen und kastrierten.
Auf der Suche nach einem „neuen Geist“ in Paris
Als Reaktion auf die Zerstörung der französischen Landschaft legte er
zusammen mit dem Bauingenieur Max du Bois im Jahr 1914 den Entwurf
des „Dom-ino“-Hauses vor (abgeleitet von den lateinischen Vokabeln
„domus“ und „innovatio“). Wie Dominosteine lässt es sich in geraden
Reihen zu L- oder U-Formen zusammenstellen. Die Konstruktion aus
Stützen und Betongeschossdecken gewährt größtmögliche Freiheit bei
der Fassadengestaltung und der Innenaufteilung. In enger brieflicher
Abstimmung mit Perret begann er auch mit der Arbeit an dem Buchprojekt
„France-Allemagne“, in dem er die Vorrangstellung Frankreichs in der
modernen Architekturbewegung beanspruchte. Er verbrachte das Jahr
1915 damit, Bücher über Stadtverschönerungen und Gärten für das
1909 begonnene Buchprojekt über Städtebau abzuzeichnen, das er aber
schließlich aufgab.
Jeanneret siedelte 1917 mit dem Ehrgeiz nach Paris über, sich die Stadt
zu Eigen zu machen. Er führte dort zunächst ein Doppelleben als
Baugewerbetreibender und Intellektueller. Das einzige Bauwerk, das er
zustande brachte, war ein neo-klassizistisch gestalteter Wasserturm
in einem Weinberg des Bordeaux-Gebietes, in Podensac. Wegen
der beruflichen Enttäuschung stellte er die Arbeiterbewegung der
Nachkriegszeit in Frage und näherte sich den reformwilligen Arbeitgebern
an. Durch Perret lernte er den Maler Amédée Ozenfant kennen, der seit 1915
die Zeitschrift „L‘Elan“ herausgab und in ihm das Interesse an der Malerei
weckte. Beide zeigten ihre Bilder 1918 in der Galerie Thomas. In Ergänzung
zur Ausstellung publizierten Ozenfant und Jeanneret das Manifest
„Après le cubisme“, in dem sie ein vieldeutiges ästhetisches Programm
aufstellten. Sie lobten die „Objekte der vollkommensten Banalität“, die
„den Vorteil perfekter Lesbarkeit und müheloser Erkennbarkeit (haben),
Zerstreuung und Ablenkung der Aufmerksamkeit vermeiden“. Im selben
Jahr, in dem Jean Cocteau in „Der Hahn und der Harlekin“ die romanischen
Tugenden ehrte, näherten sich Ozenfant und Jeanneret der griechischen
Architektur und dem modernen Fabrikbau.
Im Jahr 1920 gründeten beide zusammen mit dem Dichter und
Dada-Publizisten Paul Dermée die Zeitschrift „L‘Esprit nouveau“, eine
„internationale Illustrierte zeitgenössischer Werktätigkeit“, in der sie bis
1925 ihre Theorien und Kritiken veröffentlichten. Der Titel stammte aus
einem Gedicht von Guillaume Apollinaire. In 28 Ausgaben berichteten
Ozenfant und Jeanneret über aktuelle politische, künstlerische und
wissenschaftliche Entwicklungen. Gleich ab dem ersten Heft schrieb
Jeanneret unter dem Pseudonym Le Corbusier (in Anlehnung an seinen
Vorfahren Lecorbésier oder auch den Maler Le Fauconnier). Das visuelle
Universum von „L‘Esprit nouveau“ ist verwandt mit den von Jeanneret ab
1919 geschaffenen Gemälden. Durch Ozenfant lernte er Künstler wie Juan
Gris, Fernand Léger und Jacques Lipchitz kennen und besuchte die großen
Ausstellungen der Kunsthändler Kahnweiler und Uhde, bei denen er für
den Baseler Bankier Raoul La Roche kubistische Bilder erwarb. Während
des Krieges wurde die „Rückkehr zur Ordnung“ begonnen und Ozenfant
und Jeanneret begaben sich - wie die Kubisten - auf die Suche nach einer
verfeinerten Formensprache, lehnten aber die Aufteilung von Objekten in
Kunst- und Gebrauchsgegenstände sowie jedes Abgleiten ins Dekorative
ab. Um die formalen Konstanten aufzuzeigen, konstruierten sie ihre Bilder
als Zusammenstellungen von „Typen“: bauchige Karaffen, Bistro-Gläser,
Tellerstapel, Gitarren oder Pfeifen im Dialog mit rechteckigen Büchern
und Spielwürfeln. Solche Familienporträts des Maschinenzeitalters oder
„organische Bildkompositionen“ stellten Ordnung und Struktur dar und
vermittelten mit ihrer der griechischen Antike entlehnten chromatischen
Farbpalette eine klassische Ruhe.
„L‘Esprit nouveau“ wurde weltweit vertrieben und Le Corbusier
veröffentlichte auch Texte wie 1923 „Vers une architecture“ oder 1925
„Urbanisme“, „L‘ Art décoratif d‘aujourd‘hui“ und „La Peinture moderne“.
Letzteres redigierte er mit Ozenfant. Die Nummer 29 wurde nach der
Einstellung der Zeitschrift im Jahr 1925 in einen „Almanach d‘architecture
moderne“ (1926) umgewandelt. „Vers une architecture“ wurde schon
bald nach seinem Erscheinen ins Englische und Deutsche übersetzt. Es
zeigte in provokativen Gegenüberstellungen Verbindungen zwischen der
Welt der Maschinen und der Kunst auf und bot einem breiten Publikum
neue Denkanstöße. Le Corbusier verglich das Parthenon mit einem Auto
von Delage und meinte, dass ein vom Bildhauer bearbeiteter Stein und
ein „maschinelles Organ“ von vergleichbarer Schönheit seien. Seine
„Ermahnungen an die Herren Architekten“ in Bezug auf Grundriss,
Oberflächen und Baumasse vereinten sich in dem Bemühen, „Augen,
die nicht sehen“ für den Blick auf Flugzeuge, Kraftfahrzeuge oder
Ozeandampfer zu öffnen. Aber er vergaß auch nicht, in die Geschichte
zurückzublicken und die Bedeutung der „Lehre Roms“ und der „AufrissRegler“ zu unterstreichen, nach denen die Proportionen von Notre-Damede-Paris oder der Porte Saint-Denis festgelegt waren.
Therapeut kranker Städte
Ab den 1920er Jahren verfolgte Le Corbusier zwei unterschiedliche
aus: Le Corbusier - Lyrik der Architektur im Maschinenzeitalter, Jean-Louis Cohen
Richtungen: Zum einen setzte er seine mit der „Dom-ino“-Serie von 1914
begonnenen Studien an ökonomisch orientierten Bautypen fort. Daneben
entwickelte er im Auftrag unkonventioneller und begüterter Bauherren,
die durch die Zeitschrift oder Ausstellungen auf ihn aufmerksam
geworden waren, auch Entwürfe für einzelne Baugrundstücke. Als
Architekt mit dem Hang zum Provozieren entwickelte sich Le Corbusier
rasch zu einem Bilderstürmer im Städtebau. Auf die Schlagworte von
„Vers une architecture“ folgten die seines Buches „Urbanisme“, in dem
er die „Korridorstraße“ anprangerte. Er lehnte die neue „Medizin“ ab, mit
der die europäischen Städtebauer die Krankheiten der Großstadt kurieren
wollten und forderte im Bruch mit eigenen pittoresken Auffassungen eine
einschneidende Chirurgie. Dennoch ergriff Le Corbusier jede Gelegenheit,
bescheidenere Projekte für konkrete Grundstücke zu entwerfen.
Ausgestattet mit seinen ersten Manifesten unternahm er ständig
Vortragsreisen durch Europa. Städtebauliche Studien bildeten dabei
vielfach den Schlusspunkt. So wurde er 1930 von den sowjetischen
Behörden beauftragt, ein Gutachten zur Dezentralisierung von
Freizeiteinrichtungen zu erstellen. Seine „Antwort auf Moskau“ (später
in „La Ville radieuse“ umgetauft) sah in innovativer Weise industrielle
Bauweisen vor. Das Verwaltungszentrum der Stadt befand sich dabei
außerhalb der Wohnviertel, die Le Corbusier sich als „grüne Stadt“
vorstellte.
Auf einer Vortragsreise im Herbst 1929 nach Südamerika gewann er eine
neue Sicht auf Stadt und Landschaft, die er nun - anders als noch Florenz
oder Rom - aus dem Flugzeug entdeckte. Sein Interesse an der Luftfahrt
führte zu dem Bildband „Aircraft“, der 1935 auf Englisch erschien, und
ließ ihn das Flugzeug fortan häufig benutzen. Ergriffen vom Anblick der
Pampa und der großen Ströme Südamerikas skizzierte er Generalpläne
für Buenos Aires, Montevideo und Sao Paulo - später auch für Algier.
Diese Reisen waren an Kontakte geknüpft, die er mit Arbeitgebern
oder der Verwaltung pflegte, und weckten in ihm ein tiefes Interesse
für Führung und Rationalisierung in der Gesellschaft, wie sie damals
von der technischen Elite gepredigt wurde. Unermüdlich leistete er
Überzeugungsarbeit: Die Regierung sollte radikale Maßnahmen ergreifen
und sogar Besitzer zur Verwirklichung seiner Pläne enteignen. Nachdem
er sich von 1928 bis 1931 mit den Fünf-Jahres-Plänen der Sowjetunion
identifiziert hatte, umriss er den „Plan Obus“ für Algier im Rahmen
einer zweifelhaften Modernisierungsstrategie, für die sich auch die
Zeitschriften „Plans“ und „Prélude“ einsetzten, deren Redakteur er von
1931 bis 1936 war. Die Entscheidung zwischen Amerikanisierung und
Bolschewisierung brachte seiner Meinung nach die Situation in Europa
auf den Punkt. Das Prinzip der „linearen Industriestadt“, das die Russen
verfolgten und das 1935 beim städtebaulichen Plan für das Tal von Zlin in
Mähren zur Anwendung kam, wurde zu einer der „Trois établissements
humains“ - so der Titel seiner letzten theoretischen Abhandlung, die er
1945 veröffentlichte.
23
Nach 1945 befasste sich Le Corbusier nur noch mit wenigen, dafür aber
konkreten Bauvorhaben. Im 2. Weltkrieg versuchte er im besetzten
Frankreich die Vichy-Regierung für seine Ideen zu gewinnen. Er war
in seiner publizistischen Tätigkeit erfolgreich, zum Beispiel mit der
Veröffentlichung der „Charta von Athen“ (1943) - einem Handbuch
des funktionalistischen Städtebaus - bevor er sich an den Plänen der
Résistance zur Gestaltung eines neuen Frankreich nach der Befreiung
beteiligte.
Überraschungen im reiferen Alter
Le Corbusier hatte die Sechzig bereits überschritten und genoss längst
Weltruhm, als er ein neues Leben begann. Das Gebäude der Vereinten
Nationen in New York beruhte zwar auf seinen Entwurfsideen, wurde
aber von anderen gebaut und Le Corbusier fühlte sich „all seiner
Rechte beraubt“. Auch der Wiederaufbau in Frankreich war für ihn ein
Fehlschlag, weil es ihm nicht gelang, auch nur einen seiner für Europa
entwickelten städtebaulichen Pläne durchzusetzen. In Marseille
konnte er aber die erste „Unité d‘habitation“ bauen, einen Prototyp
der Großwohneinheit, an deren Konzeption er seit 1922 arbeitete. Er
vollendete, assistiert von Joseph Savina, seine ersten Skulpturen sowie
Arbeitsvorlagen für Gobelins und philosophierte über die Synthese der
hohen Künste. Im Bruch mit der Maschinenästhetik befasste er sich mit
der Entwicklung eines „namenlosen Raums“, einer architektonischen
Figur jenseits ingenieurtechnischer Bemessungen. Er verlieh seinen
Werken eine zusammenhängendere Struktur durch sein universelles
Proportionssystem „Modulor“ auf der Basis des Goldenen Schnitts und
der Maßverhältnisse des menschlichen Körpers, das bis zu seinem Tod
1965 die Maßgrundlage aller seiner Bauten und Projekte blieb. Daneben
publizierte er regelmäßig Bücher, so „Les Plans de Paris“, „L‘ Atelier de la
recherche patiente“ und „Le Poème de I‘angle droit“, die keine Manifeste
mehr sind, sondern schöne Bildbände, in denen er sämtliche Aspekte
seiner Gedankenwelt darlegte, in denen die Theorie aber auch häufig von
der Autobiografie verdrängt wird.
Alle, die Le Corbusier in die Schublade der weißen Bauästhetik und der
schlichten Hauskörper der 1920er Jahre gesteckt hatten, waren angesichts
seiner plastisch geformten Kirche von Ronchamp und des traditionellen
Habitus seiner Jaoul-Häuser verblüfft. Weil er das Vertrauen des indischen
Premierministers genoss, durfte er endlich eine ganze Stadt, Chandigarh,
und ihre Regierungsbauten entwerfen. In Ahmedabad baute er zwei
Villen und ein Mehrfamilienhaus, wobei er die in Indien herrschenden
Klima- und Lichtverhältnisse mit seinen eigenen Lieblingsideen verbinden
konnte. Danach baute Le Corbusier das Nationalmuseum Westlicher
Kunst in Tokio und das Carpenter Center in den USA. Im Sommer lebte er
als Eremit in seiner Holzhütte in Roquebrune-Cap-Martin oder in seinem
Pariser Maleratelier.
24
Le Corbusiers letzte Werke sind keineswegs gefällig, sondern von der
gleichen produktiven Rastlosigkeit beseelt wie seine ersten. Sie stehen
im Dialog mit Spiritualität wie das Dominikanerkloster La Tourette und
die unvollendete Kirche in Firminy - oder erkunden neue technische und
ästhetische Möglichkeiten - wie der Philips-Pavillon auf der Brüsseler
Weltausstellung von 1958. Gleichzeitig aktualisierte Le Corbusier
seine allerersten Werkthemen - zum Beispiel die „architektonische
Promenade“ und den „freien Plan“ - oder entdeckte Orte wie Venedig - im
Zusammenhang mit einem Krankenhausprojekt - wieder, die ihn schon
früher in ihren Bann gezogen haben. Bis zu seinem Tod im Jahr 1965
leben seine Bauten und Entwürfe von der Erinnerung des Architekten an
Landschaften und Gebäude, einschließlich seiner eigenen.
Zwiespältig und vielseitig
Bis hierher wurde Le Corbusier aus der Sicht der Allgemeinheit vor
allem als Architekt dargestellt, der mit einigen Kultbauten wie der Villa
Savoye in Poissy, der Unité d‘habitation in Marseille oder der Kirche von
Ronchamp identifiziert wurde - aber auch als Autor beißend kritischer
Schlagworte, mit denen er nie geizte und die im Laufe seines Lebens
immer melancholischer klangen. Wenn man sich aber bemüht, seine
Persönlichkeit zu erfassen, wie sie sich in den 1920er Jahren darstellt,
erscheint Le Corbusier außerdem als Fabrikant, Maler (auch wenn er
selbst meint, die professionellen Maler würden ihn ablehnen), Kritiker,
Berichterstatter, Dekorateur... An der Persönlichkeit, die er in der
Öffentlichkeit zeigte, wurde in Wirklichkeit ständig gearbeitet. In einem
Brief von 1926 offenbarte er seinen inneren Zwiespalt: „Le Corbusier
ist ein Pseudonym. Le Corbusier macht ausschließlich Architektur. Er
verfolgt uneigennützige Interessen... Das ist eine von Gewicht, Fleisch
und Blut losgelöste Einheit. Er darf niemals (aber wird ihm das gelingen?)
absinken. Ch. Édouard Jeanneret ist der Mann aus Fleisch und Blut,
der alle glückstrahlenden oder verzweiflungsvollen Abenteuer eines
ziemlich bewegten Lebens durchgemacht hat. Jeanneret Ch. E. malt,
weil er - da er kein Maler ist - sich immer leidenschaftlich für die Malerei
interessiert und schon immer gemalt hat.“ Dieser Zwiespalt in seiner
Persönlichkeit macht seine radikalsten Bauten interessant und erweitert
die Wahrnehmung seiner Malerei.
Der Kreis von Menschen, in dem Le Corbusier sich entwickelte, umfasste
mehrere Generationen, angefangen bei den Vaterfiguren L‘Eplattenier,
Auguste Perret, der übrigens kaum zehn Jahre älter war als er, Peter
Behrens (von dem Le Corbusier sich später abwandte) oder den Münchner
Architekten Theodor Fischer, für den er Achtung und Zuneigung hegte.
Seine Kontakte zu Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius waren
im ersten Fall flüchtig, im zweiten intensiver. Le Corbusier unterstützte
die Arbeit des Bauhauses und engagierte sich mit Gropius für die CIAM,
die internationalen Kongresse moderner Architektur, die von 1928 bis 1959
stattfanden, um der Elite des Berufsstands die revolutionären Thesen der
modernen Architektur zu vermitteln. Er war dem Züricher Kunsthistoriker
und CIAM-Generalsekretär Sigfried Giedion freundschaftlich verbunden,
während sein Verhältnis zu etlichen französischen CIAM-Mitgliedern wie
André Lurçat eher schwierig war. Beziehungen mit Kollegen im Ausland
wie Alexander Wesnin und den russischen Konstruktivisten, mit Lucio
Costa und den jungen Architekten von Rio de Janeiro, Oscar Niemeyer
und Affonso Eduardo Reidy, waren ihm wichtig. Zu Frank Ll0yd Wright,
dessen Arbeit er schon früh kennen lernte, blieb er auf Distanz. Wright
war offenbar eifersüchtig auf das Charisma des Parisers, und zwar so sehr,
dass er dessen Unité d‘habitation von Marseille heftig kritisierte.
Aus dem Kreis seiner engsten Freunde sind Pierre Jeanneret, Charlotte
Perriand und Jean Prouvé hervorzuheben, die politisch eher links standen
und sich zum größten Teil auch aus politischen Gründen Ende der 1930er
Jahre von Le Corbusier distanzierten. Auch die ehemaligen Mitarbeiter
des Büros in der rue de Sèvres bildeten einen Kreis von treuen Freunden
unterschiedlichen Alters. Vor 1940 waren Pierre-André Emery, Alfred Roth,
Josep Lluis Sert oder Junzo Sakakura die führenden Persönlichkeiten im
Atelier Le Corbusier. Gérald Hanning, André Wogenscky, Georges Candilis
und Roger Aujame sorgten nach 1945 für den Fortbestand des Büros.
lannis Xenakis, Balkrishna Doshi und Jean-Louis Véret sowie nach ihnen
José Oubrerie, Guillermo Jullian de la Fuente und viele andere trugen dazu
bei, Le Corbusiers Werk in seinen letzten zehn Lebensjahren und darüber
hinaus zu prägen.
Vom Skandal zur Konsekration
Mit dem Erscheinen von „L‘Esprit nouveau“ wurde Le Corbusier eine
öffentliche Person oder eine Mehrzahl öffentlicher Personen. Seine
bilderstürmerischen Artikel machten ihn zunächst zum Rebellen
Nietzschescher Prägung, zum zerstörerischen Nihilisten, bevor
seine ersten ausgeführten Bauten die russischen Machthaber dazu
veranlassten, in ihm den „Inbegriff des neuen Menschen“ zu sehen. Von
Salvador Dali höhnisch umgedeutet, wurde er für die Antikommunisten
zum „trojanischen Pferd des Bolschewismus“. Aus Sicht der Kritiker der
Unité d‘habitation in Marseille war er nach 1945 der „Verrückte“, ein
Vertreter brutalen Betons. Der Kunsthistoriker Pierre Francastel warf ihm
vor, er wolle die Bewohner mit geradezu totalitären Baumaßnahmen zu
ihrem Glück zwingen.
In den 1950er jahren genoss Le Corbusier unangefochtenen Ruhm, wurde
jedoch von den französischen Baubehörden kaum beachtet, bis der
damalige Kulturminister Andre Malraux ihn schließlich mit dem Bau des
Museums beauftragte, das er schon seit 30 Jahren realisieren wollte. In
dieser Lebensphase, in der seine architektonische Handschrift weltweit
- mitunter in einem karikierenden Formalismus - Anwendung fand,
aus: Le Corbusier - Lyrik der Architektur im Maschinenzeitalter, Jean-Louis Cohen
entdeckten der Architekturkritiker Colin Rowe und junge amerikanische
Architekten wie John Hejduk, Peter Eisenman oder Richard Meier die
entscheidende Tragweite und strenge Logik von Le Corbusiers Werken
aus seinen puristischen Jahren. Nun bemühten sich Architekturhistoriker,
einen Stammbaum seiner Bauten und Theorien zu entwickeln und es
entging ihnen nichts mehr - von Anekdoten aus seiner Kindheit bis zu den
geheimsten Wendungen in seinen Beziehungen zur „Obrigkeit“.
Le Corbusier war nun allgemein bekannt und erschien dennoch immer
vielschichtiger und für Überraschungen gut. Sein Nachruhm hat so
gewaltige Ausmaße angenommen, dass einige seiner Entwürfe von
der Ausführung bedroht sind. Der Pavillon „L‘Esprit nouveau“ wurde
in Bologna exakt nachgebaut und der Entwurf der Kirche für Firminy
wurde vor Le Corbusiers Tod so genau untersucht, dass sie gebaut werden
könnte. Das Haus Errazuriz (eine Studie von 1930 für Chile) oder der
Gouverneurspalast in Chandigarh wären aber - würde man sie in naher
Zukunft realisieren - sicher kaum mehr als original große, aber seelenlose
Modelle.
Ist es überhaupt möglich, die Botschaft Le Corbusiers, der zeitlebens
von prophetischem Eifer beseelt war, letztgültig zu fassen? Sein
Vermächtnis besteht aus vielen verschiedenen Teilen und umfasst dabei
keinen „Werkzeugkasten“ im Stil Le Corbusiers, kein Verfahren, das die
Ausführung seiner Entwürfe erlauben würde. Seine eigene Übersetzung
vom Konzept ins Bauwerk spielt mit ganz unterschiedlichen Gebilden von einzelnen Bauelementen bis zu Bautypen oder Raumkompositionen.
Erst in den Problemlösungen der komplexesten Projekte entdeckt man
die nützlichen Erfahrungswerte seines Schaffens. Le Corbusier schien
selbst einen gewissen Manierismus zu praktizieren, wenn er Elemente
wieder aufgriff und sie dabei umformte, so wie Michelangelo es auch mit
seinen Motiven der frühen Renaissance getan hat.
Le Corbusiers Schaffen ließe sich zweifellos als ein Ensemble
unterschiedlicher, wenn nicht sogar gegensätzlicher Positionen
zusammenfassen und fußt auf seiner unerschöpflichen Neugierde in
Bezug auf die Stadt und ihre Wandlungen, auf die Architekturgeschichte
und volkstümliche Bauweisen. Seine Architektur erklärt sich in gewissem
Maße auch in seinen Schriften. Gerade weil Le Corbusier die Theorie
beherrschte, war er ein anerkannter Neuerer. Seine Tätigkeit als Architekt
bedeutete aber auch politisches Handeln. Wenn er die Illusion hegte,
er könne Entscheidungsträger von der Notwendigkeit seiner Thesen
überzeugen, dann vor allem, weil ihm zu Recht bewusst war, dass die
Architektur Lösungen für die Probleme der Stadt bereit hielt. Niemand ist
im Übrigen weniger Le Corbusier nachempfunden als Le Corbusier selbst.
Weit davon entfernt, sich auf einen einzigen Ansatz zu beschränken, und
sei es auch der eigene, stellte er seine eigenen Architekturauffassungen
wiederholt selbst in Frage.
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Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Stanislaus von Moos
Vorwort
Auf den ersten Blick scheint es nicht schwer, ein paar Angaben zu Le
Corbusier zusammenzustellen. Fast alle seine Bauten und Projekte sind
in den sieben Bänden des «Oeuvre Complète» dokumentiert. Auch seine
theoretischen Überlegungen sind ohne weiteres zugänglich - denn Le
Corbusier wußte jederzeit, was er tat, und hat darüber in etwa vierzig
Büchern und Schriften Rechenschaft abgelegt. Niemand hat Le Corbusiers
Denken und Schaffen so aufmerksam kritisch verfolgt und so ausführlich
kommentiert wie er selbst - und darin liegt vielleicht auch der Grund,
warum es heute, trotz der unabsehbaren Reihe von Zeitungsartikeln
und Detailstudien, trotz der ausführlichen Würdigungen in den großen
Geschichtsbüchern der neueren Architektur, nur ganz wenige Bücher
über Le Corbusier gibt. Es schien lange Zeit beinah unmöglich, Le
Corbusier besser und richtiger zu interpretieren als er es selbst getan.
Heute, zum Zeitpunkt, wo diese Zeilen geschrieben werden - etwas mehr
als drei Jahre nach seinem Tod liegt noch keine zusammenfassende
Darstellung von Corbusiers nunmehr abgeschlossenem Lebenswerk vor.
Hier wird ein erster Versuch unternommen, dies nachzuholen.
Es kann aber nicht darum gehen, Le Corbusiers Architektur in ein
paar Bildern zu vergegenwärtigen und seine eigenen Thesen dazu
wiederzugeben. Dafür sind die Grenzen, die uns hier gesetzt sind,
ohnehin zu eng. Andererseits ist es noch zu früh, ihn durch die Brille
der Kunstgeschichte als Erscheinung der Vergangenheit zu würdigen.
Le Corbusier meinte einmal: man tritt nicht mit Lackschuhen und
Glacéhandschuhen auf ein Schlachtfeld. In der Tat ist Corbusiers Botschaft
noch zu frisch für die rein historiographische Bestandesaufnahme. Die
grundsätzlichen sozialen, technischen und künstlerischen Probleme, die
sie aufwirft, sind auch unsere Probleme.
Heute steht das Werk Corbusiers da, bruchstückhaft vielleicht, und nicht
ohne jene scheinbaren und tatsächlichen Widersprüchlichkeiten, die zu
jeder Äußerung des Lebens gehören - aber doch überschaubar und als
Einheit faßbar. Tag für Tag wird deutlich, wie viel Zukünftiges in diesem
Werk vorweggenommen wurde, und es wird auch deutlich, wie viel
Vergangenes in ihm nachklingt.
Corbusier ist kein Randphänomen. Er griff in die Grundsubstanz seiner
Epoche. Die Welt an der Schwelle der «époque machiniste» mit ihren
gewaltigen Verwirrungen und ihren ebenso gewaltigen Möglichkeiten
wird in der Vision Le Corbusiers zum Ausgangspunkt einer Neuordnung
der menschlichen Siedlungsform, ja der menschlichen Lebensform
schlechthin. Alles wird neu gesehen und in den Griff genommen: Die
neuen Materialien und Konstruktionen, die die Technik bereitstellte,
werden in ein architektonisches, räumliches und plastisches Medium
verwandelt; die Bevölkerungsexplosion und die Ansammlung der
Massen in den Großstädten führen dazu, daß ein Problem, das während
einiger Jahrhunderte außerhalb der direkten Kompetenz des Architekten
lag, wieder in den Mittelpunkt der architektonischen und geistigen
Bemühung tritt: das Problem der Stadt.
Und da Corbusier im Grunde ein Künstler und Dichter war, ist sein Denken
und sein Tun immer bezogen auf die neue Erfahrung der Natur und der
Welt, die die moderne Kunst herbeiführte.
Aber vielleicht besaß Corbusier nur deshalb die Kraft, so viel aktuelle
Realität im eigenen Kopf und mit den eigenen Händen zu verarbeiten,
weil er im Grunde ein Mensch des 18. Jahrhunderts war; ein Aufklärer,
der an den Segen der heraufkommenden «époque machiniste» glaubte
und daran, daß sie imstande sein würde, eine weltweite «liberté, égalité,
fraternité» herbeizuführen.
«Père Corbu» - er liebte es, von sich selbst in der dritten Person zu sprechen
- ist nicht der alleinige Vater der modernen Architektur und des heutigen
Städtebaus. Aber er war unter seinen Weggenossen derjenige, der es am
besten verstand, die Ziele des «neuen Bauens» anschaulich zu machen
und wirkungsvoll die Trommel dafür zu rühren. Die Saat seines Wirkens
ist noch zu seinen Lebzeiten aufgegangen. Zu Ende seines Lebens konnte
er die Waffen strecken und feststellen: «la bataille est vaincue» - die
moderne Architektur hat den Sieg erfochten. Für ihn war das der Beweis
der Richtigkeit seiner Thesen.
Jedoch, machen wir uns keine Illusionen. Die Ziele und Argumente, mit
denen Corbusier Geschichte machte, sind nicht mehr ohne weiteres
unsere Ziele und unsere Argumente. Sie sind selber Geschichte geworden.
Freilich: eine große Zahl von Corbusiers Thesen sind noch heute die
selbstverständliche Plattform des architektonischen und städtebaulichen
Gesprächs. Viele Formen, die er prägte, sind längst zum Allgemeinbesitz
der heutigen Architektur aller Kontinente geworden. Es wäre jedoch allzu
einfach, Le Corbusiers Werk, das einer bestimmten historischen Situation
entsprang, unbesehen als Musterbuch in unsere Zeit herüberzuretten.
Wir müssen versuchen, die Ebene der Stellungnahme «pro und kontra» zu
verlassen, um etwas Distanz und Übersicht zu gewinnen. Der Pulverdampf
der Schlachten um die moderne Architektur, und die Definition der Stadt,
ja um das weltumspannende Programm einer neuen Lebensform liegt
noch immer in der Luft - das macht unsere Aufgabe nicht einfacher.
Spätere Zeiten werden klarer sehen.
Le Corbusiers Vermächtnis liegt in der Idee, daß das Planen und Bauen
in unserer Zeit von Grund auf bis in die äußersten Verästelungen einem
poetischen Weltentwurf, ja einer poetischen Kosmologie und einer
Skala menschlicher Werte unterworfen werden sollte. Es ist der Sinn der
28
folgenden Seiten, einige Angaben dazu zusammenzustellen.
Zunächst haben wir uns allerdings an das Naheliegende und Greifbare
zu halten. Wir haben zu fragen, was Corbusiers Formensprache bedeutet:
als künstlerisches Zeugnis einer geschichtlichen Situation, einer
Persönlichkeit. Dieses Buch will den Versuch unternehmen, einige der
Probleme, die das Werk Le Corbusiers stellt, begrifflich zu fassen und
dazu einige Fragen aufzuwerfen; einige Zusammenhänge, die bisher
noch wenig beachtet wurden, zu beleuchten, und, bei dieser Gelegenheit,
einige bisher noch unbekannte Fakten zu berichten.
Zürich, im Oktober 1968
S. von Moos
29
Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Stanislaus von Moos
Die fünf Punkte einer neuen Architektur
Um 1926 hat Le Corbusier seine architektonischen Postulate in fünf
Punkten zusammengefaßt. Es überrascht nicht, daß all das, von dem
bisher die Rede war (Kastenform, Symmetrie, Verselbständigung der
Teile) hier nicht zur Sprache kommt, denn Le Corbusier hat dies alles in
seinem Werk verwirklicht, ohne es explizit als Maxime des Handelns zu
objektivieren. Architekturtheorie ist nicht der Boden, auf dem Architektur
wächst, sie ist Kommentar, der - oft befruchtend, oft hemmend - auf das
Geschehen einwirkt. Aber die Wurzeln liegen im Dunkel der Geschichte.
Erst aus einiger Entfernung werden die wahren Faktoren sichtbar. Einige
davon hat Le Corbusier in seinen fünf Punkten formuliert
1. Die «pilotis»
dunkeln und feuchten Kellerräume alter Bauten sind durch die Pilotis wie
in den Wind geblasen.
Im Zusammenhang mit der «Befreiung des Bodens» hat Corbusier später
seinen Widerspruch zu Vignola und den Beaux-Arts-Palästen mit ihren
«statisch unnötigen» Kolonnaden und ihren «Festungsgrundmauern»
besonders scharf umrissen. Er sah schon um 1929 klar: Er wollte den Boden
für das Bewegte - den Verkehr, aber auch für die Vegetation - freihalten;
das Unbewegte aber - die Arbeit, das Wohnen - in die oberen Geschosse
verweisen. Strahlend klar hat Corbusier diesen Gedanken in der Villa Savoye
verwirklicht. In den buntbemalten, gekurvten Wandungen der Einfahrten
und Durchgänge im Untergeschoß der «Cité du Refuge» erscheint das
Prinzip zur phantastischen Architekturlandschaft gesteigert. Die Loge
des Concierge erhielt hier die Gestalt einer geschweiften langgezogenen
Kabine, die wie eine Zunge, rot gestrichen, die Einfahrt ins Untergeschoß
begleitet.
In der Tat eröffnen sich hier grundlegende architekturgeschichtliche
Perspektiven. Es sind die neuen Möglichkeiten der Konstruktion, die
das Haus auf Pilotis geschaffen haben; wie es auch die säkularen
Gewohnheiten des Bauens waren, die den Palästen zu ihren massiven
Fundamenten verhalfen. Jedoch sind - damals wie heute - äußere Faktoren
entscheidend im Spiel. Es scheint, als verhalte sich der motorisierte
Verkehr zum Haus auf Pilotis wie während Jahrhunderten der Krieg
zum Haus auf Festungsgrundmauern. Weder Verkehr noch Krieg haben
eine Architektursprache geschaffen. Aber sie haben beide geholfen, eine
architektonische Formensprache zu größter Klarheit zu führen.
2. Der Dachgarten
In der modernen Architektur hat der Beton- oder Stahlpfeiler die statische
Funktion der Mauer übernommen. Dies wurde durch die Entwicklung
der modernen Eisenbetonkonstruktionen in den Vereinigten Staaten
und in Frankreich möglich. Entscheidend ist aber die Idee, Bauwerke auf
Pfeiler zu stützen, um dadurch den Boden frei benützbar zu machen. Sie
erscheint in Corbusiers städtebaulichen Spekulationen sehr früh. Bereits
vor 1920 wollte er die Städte über einem Rost, der 4 bis 5 m über dem
Boden liegt, aufbauen. Die «Befreiung des Bodens», die sich in seinen
späteren städtebaulichen Entwürfen ankündigt, war die unmittelbare
Folge. In dem Modell des «Maison Citrohan», das am «Salon d‘Automne»
von 1922 ausgestellt war, heben die Pilotis den «Wohnkasten» in die Luft
wie auf einen Tisch. Solche Architektur teilt mit den Konstruktionen der
Ingenieure die Eigenschaft, an jeder Stelle der Erdoberfläche installiert
werden zu können. Ja die Pilotis ermöglichen sogar Pfahlbauten über
dem Wasser, was Le Corbusier im Zusammenhang mit den «Lotissements
de l‘Oued-Ouchaia» 1933 bis 1934 ins Auge gefaßt, und 1952/53 mit der
«Unité d‘Habitation» in Nantes um 1950 tatsächlich realisiert hatte. Die
Le Corbusier arbeitet mit praktischen Argumenten, um sein Publikum
von der Notwendigkeit des Flachdachs zu überzeugen. Der Vorzug des
Flachdachs liegt in erster Linie darin, in nördlichen oder gebirgigen
Gegenden den Abfluß des Schneewassers rasch und gefahrlos zu
gewährleisten. Das Wasser fließt in der Mitte des Hauses ab; da das Haus
normalerweise geheizt ist, besteht - im Gegensatz zum traditionellen
Dach mit seinen Dachrinnen - keine Gefahr des Gefrierens.
Jeanneret-Le Corbusier hatte diese Idee bereits 1916 in La Chaux-deFonds realisiert. Nun kam aber noch etwas dazu. Da sich der Eisenbeton
stark dilatiert, schlug Le Corbusier vor, das Dach mit einer dünnen
30
Humusschicht zu decken, auf der Gras und alle möglichen Pflanzen, die
der Wind heranträgt, aufwachsen können. Dadurch sollte auf dem Dach
gleichbleibende Feuchtigkeit gewährleistet werden.
Flachdach und Dachgarten haben Le Corbusier schon sehr früh, in La
Chaux-de-Fonds, beschäftigt. Man sieht es an den Zeichnungen für eine
Villa am Meeresufer, die Jeanneret für den Modekönig Paul Poiret skizziert
hat. Man kann hier vielleicht noch nicht von Dachgarten sprechen.
Hingegen sind aus den Jahren 1915 bis 1916 verschiedene Skizzen erhalten,
die flache Dächer vorsehen, auf denen eine Art «Belvedere» angeordnet
ist. Auf einem bisher unveröffentlichten Blatt, das wahrscheinlich in
diesen Zusammenhang gehört, zeichnet Jeanneret sogar kühn zwei große
Bäume auf das Dach. Ohne Zweifel geht solches auf Eindrücke zurück, die
der Architekt 1911 während seiner Mittelmeerreise gewonnen hatte.
In dem kleinen Häuschen, das Le Corbusier 1923 bei Vevey am Genfersee
seinen Eltern baute, hat er die Idee zum erstenmal realisiert. Die
Humusschicht mit ihrer wechselnden Vegetation arbeitet noch heute
als perfekter Wärme- und Kälteisolator. Von alledem hat Le Corbusier in
dem kleinen Büchlein «Une petite maison» berichtet. «On monte sur le
toit. Plaisir qui fut celui de certaines civilisations à certaines époques ...»
- Nicht zufällig mischt sich in die Beschreibung dieses Hausdachs am
Genfersee neuerdings die Assoziation des Hochseedampfers : «Appuyé
sur la rambarde du navire ... Appuyé sur le bord du toit ...»
Deutlich navale Züge zeigen die Dachgärten der Villa Stein in Garches
und vor allem der Villa Savoye in Poissy. Sie enthalten im Keime die
dramatischen plastischen Formationen auf den Dächern der «Unités
d‘Habitation» in Europa und auf den Dächern des Sekretariatspalasts und
Parlaments in Chandigarh.
Sigfried Giedion betont: «Bei Frank Lloyd Wright müssen wir um die
Häuser herumgehen, um ihre Formation zu erfassen. Jetzt aber konnte
ein Haus zugleich von oben und von unten gesehen werden; in einem
gewissen Sinne stellt es eine Fläche dar, die sich nach oben öffnet.» Es
ist die Inspiration des Hochseedampfers, die der Architektur diese neue
räumliche Dimension verlieh.
3. Der freie Grundriß
In der bisherigen Architektur war der Plan der Sklave der tragenden
Mauern gewesen. Nun war es möglich geworden, die Wände freizustellen,
je nach den Bedürfnissen des Innenraums. Bereits 1914/15 hatte JeanneretLe Corbusier den Weg zu einer wirklichen Flexibilität in der Architektur
vorgezeichnet: in einigen seiner Entwürfe für den Domino-Bautyp, wo
sich die Fassaden, ganz ohne Kompositionsabsicht, nach den zufälligen
Bedürfnissen der Bewohner ergeben sollten. Freilich: in Le Corbusiers
Bauten der zwanziger Jahre wurde diese Flexibilität einem rigorosen
künstlerischen Ordnungswillen unterworfen. Aber es gibt immer wieder
Momente, wo der Gedanke der vollständigen Selbstbestimmung der
einzelnen Bewohner klare Gestalt gewinnt. Am großartigsten in Le
Corbusiers «Plan Obus» für Algier (1930).
Gemessen am «Plan Obus» ist die «Flexibilität» der frühen Bauten relativ
bescheiden; aber sie war immerhin etwas grundlegend Neues.
In dem langgestreckten Haus an der Weißenhofsiedlung führte Le
Corbusier Schiebewände ein, die die gesamte, breit gelagerte Wohnung
des Nachts in drei Schlafräume unterteilten. Der gleiche Gedanke
erscheint auch später wieder. Die Wohn- respektive Schlafräume wurden
in Stuttgart durch einen langen Korridor erschlossen, dessen Maße von
den Schlafwagen der «Compagnie Internationale des Wagons-Lits»
übernommen waren. Alfred Roth, der die Bauführung der beiden Häuser
innehatte, erzählt, daß damals in Stuttgart viel gelacht wurde - denn
es war nicht für alle schwäbischen Besucher leicht, in diesen engen
Korridoren zu zirkulieren.
Allerdings war gerade die Siedlung Weißenhof ein Beispiel dafür, daß der
«freie Grundriß» Le Corbusier nicht nur dazu diente, die Wohnung wirklich
beweglich zu machen, sondern vor allem dazu, sie seinen räumlichplastischen Absichten zu unterwerfen. Nicht nur Wandschränke, sondern
auch Tische und im oberen Geschoß sogar ein Bett wurden in Beton
ausgeführt!
4. «La fenêtre en longueur»
Bereits das Domino-Projekt enthielt im Keime die Möglichkeit, Fenster
unbeschränkt in die Länge zu ziehen. Aber Jeanneret hatte dies damals,
1914/15, noch nicht gesehen. (Allerdings war bereits 1908/1909, im Atelier
Perrets, sein Arbeitstisch vor einer Art «fenêtre en longueur» gestanden.)
Es war Walter Gropius, der den Gedanken etwas später in architektonische
Gestalt übertragen hatte, nämlich in seinem Fabrikgebäude an der
Werkbundausstellung in Köln, 1914. Jeanneret kannte diesen Bau und
war sich über seine entwicklungsgeschichtliche Bedeutung im klaren.
Er war nämlich zum Schluß der Werkbundausstellung im Juli 1914 nach
Köln gereist. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis das Fensterband im
Vokabular Le Corbusiers auftaucht.
Man findet es zuerst, wenn auch in bescheidenen Ausmaßen, im
Obergeschoß der Villa in Vaucresson. Dann erscheint es wieder, auf 11
Meter gestreckt, in dem kleinen Häuschen am Genfersee (1923); auch
hier ist es noch Element einer deutlich symmetrischen Komposition.
Seine Enden stoßen keineswegs an die Ecken des Baus, noch führen sie
gar, wie bei den Faguswerken von Gropius (1911), um die Ecken herum.
Der Prospekt eines Photographen brachte nun für die «5 Punkte» den
«wissenschaftlichen» Beweis dafür, daß diese Fensterform mehr Licht
ins Haus bringt als die traditionelle: hier wurden die Photographen
angewiesen, in einem Raum mit «fenêtre en longueur» viermal weniger
lang zu belichten als in einem normalen Zimmer. «La pellicule sensible a
parlé. Ergo!»
Es war das «fenêtre en longueur», das den Grundriß des Häuschens am
Genfersee so stark in die Breite zog. Denn nun war es möglich, alle Räume
aus: Le Corbusier -Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos
gleichmäßig zu erhellen. Das breitgelagerte Haus mit dem Bandfenster,
das übrigens als Schiebefenster («fenêtre coulissante») konzipiert
war, stellt nun die eigentliche Alternative zum Kastentyp des «Maison
Citrohan» dar. Die beiden Alternativen stehen in Stuttgart, beide auf
Pilotis, gleich nebeneinander.
Demgegenüber sind die Villenbauten Le Corbusiers in den zwanziger
Jahren höchst komplexe Adaptionen aller hier dargelegten Prinzipien.
In dem Entwurf für den Völkerbundspalast gelangte jedoch die Idee des
Fensterbandes zu einer Entfaltung, die alles bisher Gesehene übertraf. Die
«fenêtres en longueur» wurden hier bis 200 Meter in die Breite gezogen.
5· Die freie Fassade
Sie ist die unmittelbare Konsequenz aller dieser Prinzipien. Denn es war
für Le Corbusier von vornherein klar, daß nicht an allen Stellen des Hauses
Fenster notwendig waren. Nun war es eine Frage der Komposition, offene
und geschlossene Partien gegeneinander abzuwägen.
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Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Stanislaus von Moos
Maison Citrohan
Le Corbusiers Formensprache entwickelt sich erst nach 1920 - nun
aber in rasch aufeinanderfolgenden Schritten. Sie beruht allerdings
nicht bloß auf den neuen Möglichkeiten der Konstruktion oder auf
der Vorliebe für den Elementarismus der philebosschen Körper. Es liegt
ihr ein Wohnprinzip zugrunde. Bereits in der Villa Schwob hatte er
Schlaf- und Wirtschaftsräume um eine große, zweistöckige Wohnhalle
angeordnet. Diese Idee, die Wohnung in einem großen «Foyer» der
Familie zusammenzufassen, geht durch Le Corbusiers Werk wie ein roter
Faden. Zum erstenmal wird sie präzisiert in dem Entwurf des «Maison
Citrohan» (1920 bis 1922).
Man hat über die Herkunft des Citrohan -Typus oft und vieles spekuliert.
Gelegentlich liest man, das Pariser Künstleratelier sei der Ausgangspunkt
für diesen Wohnungstyp - denn man stellt sich den jungen Jeanneret
in Paris gerne als entwurzelten Bohémien vor, der in Künstlerkreisen
verkehrte. Dieses romantische Bild hat wenig mit der Wirklichkeit zu
tun. Der junge Schweizer war in Paris - wenn auch nicht mit glänzendem
Erfolg - geschäftlich tätig, und er malte nur samstags und sonntags,
weit abseits der Künstler-Bohème. Wenn er nicht gerade über einem
seiner Probleme studierte, saß er mit seinen Schweizer Freunden
zusammen. Trotzdem ist es reizvoll festzustellen, daß die zweistöckige
Halle des Citrohan-Hauses gerade im volkstümlichen Pariser Atelier- und
Werkstatt-Typ eine Vorstufe findet. In verwandter Form kehrt sie dann
wieder in gewissen Atelierhäusern, die André Lurçat 1924 bis 1926 in dem
«Villa Seurat» benannten Sträßchen in Paris baute - auch Auguste Perret
errichtete hier einen Atelierbau.
Jedoch, nicht irgend ein Pariser Atelier, sondern eine einfache
Kutscherkneipe, das Bistrot «Legendre» an der Rue Godot-de-Mauroy,
gegenüber dem Atelier von Ozenfant, gab 1920 den Anstoß. Le Corbusier
und Ozenfant pflegten sich dort häufig abends zu treffen, um gemeinsam
zu essen. Le Corbusier hat selbst darüber berichtet: «Nous mangions dans
un petit restaurant de cochers, du centre de Paris; il y a le bar (le zinc), la
cuisine au fond; une soupente coupe en deux la hauteur du local; la
devanture ouvre sur la rue. Un beau jour, on découvre cela et l‘ on s‘ aperçoit
que les preuves sont ici présentes, de tout un méchanisme architectural qui
peut correspondre a l‘ organisation de la maison d‘ un homme.»
Man spielte mit dem Gedanken, diese Urform des Hauses irgendwo
in der Landschaft aufzustellen. Vorne: über beide Stockwerke ein
großes Fenster als einzige Lichtquelle für den gesamten Innenraum. Zu
beiden Seiten: Mauern, in örtlichen Materialien ausgeführt - Haustein,
Backstein oder ein vom lokalen Maurer improvisiertes Agglomerat. Der
Boden des Obergeschosses, das sich auf die offene Halle öffnet, der
Boden der Dachterrasse und die Treppen würden als standardisierte
Eisenbetonelemente montiert. Die erste Niederschrift der Idee zeigt,
als Verbindung zwischen den beiden Stockwerken, die gleiche Metall-
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aus: Le Corbusier -Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos
Spindeltreppe, die man heute noch im Café «Le Mauroy» vorfindet. Später, ab 1922, beteiligte sich nun auch Pierre Jeanneret am CitrohanEntwurf.
Am Salon d‘Automne von 1922 stellten L.C. & P.J. neben ihrem Projekt einer
Stadt für drei Millionen Einwohner auch das Gipsmodell einer Variante
dieses Haustypus aus. Die Markenbezeichnung «Maison Citrohan»
- sie unterschied sich absichtlich nur minim von der Marke «Citroën» verkündete demonstrativ, daß dieses Haus für die Produktion in großen
Mengen gedacht war: entworfen, produziert und vertrieben wie ein
Omnibus, eine Schiffskabine oder ein Auto. Im Gegensatz zur ersten
Studie stand nun der ganze Komplex wie eine Kommode auf Stützen.
Diese Stützen, «pilotis», sind hiermit in die Architektur Le Corbusiers
eingezogen.
Es wurde nun eine Variante für die Banlieue von Paris, eine Variante für
die Côte d‘ Azur projektiert. Gebaut wurde der Typus erst 1927, in der
Werkbundsiedlung Weißenhof in Stuttgart. Der Schlafbalkon, der in
die Wohnhalle greift, ist im Grundriß ein wenig abgeschrägt, und vom
Wohnraum aus schiebt sich ein kleiner Balkon, wie die Kommandobrücke
eines Kapitäns, nach außen - es sind fast die einzigen Abänderungen
gegenüber dem ursprünglichen Schema.
Der Maisonette-Typ sollte aber nicht nur als kleine Villa oder, etwas
abgeändert, als Werkstatt für Handwerker in den Plänen Le Corbusiers
wieder erscheinen: er war von Anfang an als Wohnungseinheit für
große, vielstöckige Wohnblöcke gedacht. Die Vorzüge einer Villa mit
Terrasse und Garten sollten sich mit den Vorzügen des Wohnens in
großer Dichte verbinden - ein Thema, das noch heute, ja heute wieder
im Vordergrund der Planungsarbeit steht. Bereits 1922 hatten Corbusier
und Pierre Jeanneret die Idee der «immeuble-villas» auf dem Rücken
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einer Menükarte formuliert. Den Prototyp einer solchen MaisonetteWohnung haben die Architekten 1925 als «Pavillon de l‘Esprit Nouveau»
an der «Exposition Internationale des Arts Décoratifs» aufgestellt. Alle
Nebenräume werden in diesem Haustyp auf das absolute Mindestmaß
beschränkt. Dafür öffnen sich die Schlafräume auf die zweistöckige
Wohnhalle. Seitlich ist eine große, gedeckte Terrasse angeordnet.
Die Vorbereitungen für den «Pavillon de l‘Esprit Nouveau» und das
Diorama des «Plan Voisin» erforderten ziemlich viel Platz. 1924 mietete
Corbusier an der Rue de Sèvres No. 35 einen langen, schmalen Korridor
mit einem ehemaligen Kreuzgang; eine Lebensmittelhändlerin, die
dort ihr Depot besaß, hatte ihm das Lokal im ersten Stock günstig zur
Verfügung gestellt. Dieser unscheinbare Raum sollte für beinah ein
halbes Jahrhundert zu einem Brennpunkt der internationalen Architektur
werden! - Leider wurde das Atelier unmittelbar nach Corbusiers Tod
ausgeräumt.
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Le Corbusiers et Pierre Jeanneret, Oeuvre Complète 1910-1929
Publiée par W. Boesiger et O. Stonorov
Intoduction et textes par Le Corbusier
‹‹Plan Voisin ›› de Paris 1925
DIE STRASSE
im «Intransigeant» Mai 1929.
Es folgt die freie Beschreibung bestimmter Stadtpläne und einer
Architektur, die auf die Wirklichkeit der Statistik aufgebaut ist,
auf die Widerstandsfähigkeit der Materialien, auf die soziale und
wirtschaftliche Organisation einer vernünftigen Valorisation
des Grundeigentums.
Bisherige Definition:
Ein Fahrweg: meistens breite oder schmale Bürgersteige, senkrecht
darauf Häusermauern: die Silhouette gegen den Himmel ist eine alberne
zerrissene Linie von Lukarnen, Mansarden, Dachkandeln. Die Straße
liegt in der Tiefe dieser Abenteuer, sie liegt in ewigem Halbdunkel. Der
Himmel als schöne Hoffnung sehr weit, sehr hoch droben. Die Straße ist
eine Rinne, ein tiefer Spalt, ein enger Gang. Man kann nicht atmen; das
Herz wird immer noch beklemmt davon, obwohl man schon tausend
Jahre daran gewöhnt ist. Die Straße ist voller Menschen, man muß sehr
auf seinen Weg achten. Seit einigen Jahren ist sie voll rascher Fahrzeuge;
zwischen den beiden Abgrenzungen des Bürgersteigs droht der Tod. Aber
wir sind dazu dressiert, dem Zerquetschtwerden die Stirne zu bieten.
Die Straße wird von tausenderlei verschiedenen Häusern gebildet;
bereits haben wir uns an die Schönheit des Häßlichen gewöhnt - das
heißt unser Unglück von der guten Seite betrachten. Die tausend Häuser
sind schwarz und ihre gegenseitige Nachbarschaft ist wie ein Mißton.
Es ist furchtbar..., aber wir gehen daran vorbei. Am Sonntag breiten
diese leeren Straßen ihre ganze Trostlosigkeit aus. Werktags fassen sie
mit Mühe den Menschenstrom. Die Läden glänzen. Das volle Drama des
Lebens vibriert in allem. Und wenn wir Augen haben, amüsieren wir uns
auf der Straße unheimlich. Es ist schöner als in einem Theater, schöner
als in einem Roman: Gier und Gesichter.
Nichts von alledem ruft in uns die Freude wach, die die Wirkung der
Architektur sein könnte. Weder der Stolz, der das Ergebnis der Ordnung
ist, noch der Unternehmungsgeist, der in großen Räumen entsteht.
Aber Mitleid und Erbarmen werden wach, wenn wir plötzlich ins Antlitz
unseres Nachbarn sehen... und des Tages Mühsal bedrückt uns.
Die Straße kann ihre menschliche Tragödie tragen. Sie kann unter neuem
Aufblitzen der Lichter erstrahlen, sie kann mit ihrem bunt gewürfelten
Reklametafeln lachen. Es ist die Straße des tausendjährigen Fußgängers:
ein Überrest von Jahrhunderten, ein wirkungsloses heruntergekommenes
Organ.
Die Straße verbraucht uns.
Sie ekelt uns an.
Warum existiert sie denn eigentlich noch?
Zwanzig Jahre Automobil (und noch andere Dinge, die uns in den
hundert Jahren des Maschinenzeitalters in neue Abenteuer gestürzt
haben) führen uns vor neue Entscheidungen. Ein Kongreß des neuen
Paris wird in diesem Augenblick vorbereitet. Was wird mit Paris passieren,
was wird man uns für neue Straßen geben? Der Himmel möge uns vor
Balzacbegeisterten Kongreßteilnehmern behüten, begeistert von der
Tragödie der Gesichter, begeistert von den schwarzen Spalten der Straßen
von Paris...! Der gesunde Menschenverstand fordert dringend gute
Lösungen. Wenn doch ein geeigneter Lyrismus den rationellen Gedanken
ergriffe und ihn der Architektur zum Vorteil gereichen ließe? Paris von
morgen könnte wunderbar sein, wenn es den Ereignissen entspräche, die
uns Tag für Tag einem neuen Abschnitt der Zivilisation entgegenführen.
Spezialisten des Städtebaues haben Untersuchungen angestellt und
manchmal glückliche Lösungen vorgeschlagen. Die Diskussion geht
um den Verkehr: der Bach für Pferdefuhrwerke ist zum Amazonenstrom
für Automobile angeschwollen. Also Ausdehnung, Breite, Ordnung:
der Fußgänger, das Auto... und noch eine Menge anderer Dinge, die die
Städtebauer in Ordnung bringen müssen.
Ich möchte das Porträt der zeitgenössischen «Straße» zeichnen. Leser,
versuche in dieser neuen Stadt zu spazieren und überlasse Dich den
Wohltaten einer nicht akademischen Initiative. Also: Du wirst Dich
unter Bäumen befinden inmitten großer Rasenplätze, ungeheuer grüner
Flächen. Gesunde Luft. Fast kein Geräusch. Du siehst keine Häuser mehr.
Wie denn? Durch das Geäst der Bäume, durch das liebliche Arabeskennetz
der Blätter wirst Du gegen den Himmel weit voneinander entfernt
ungeheure Kristallkörper erblicken, höher als irgendein Gebäude der Welt.
Kristall, das im All spiegelt, das im grauen Winterhimmel leuchtet, das
viel mehr in der Luft zu schweben scheint, als auf dem Boden zu stehen,
Kristall, das bei Nacht ein Funkeln ist, ein elektrisches Zauberwerk. Eine
Untergrundbahn fährt unter jedem dieser hellen Prismen, sie gibt die
Distanz an, die sie voneinander trennt. Es sind Bureauxgebäude. Die Stadt
ist drei- bis viermal dichter bewohnt als heute; die Entfernungen, die zu
durchmessen sind, sind also drei- bis viermal so klein und die Ermüdung
des einzelnen hat sich um ein drei- bis vierfaches verringert. Die Gebäude
bedecken nur 5 bis 10 % der Oberfläche dieses Stadtteils; das ist der
Grund, weshalb Du jetzt in einem Park bist und weshalb die Autostraßen
so weit von Dir entfernt sind.
Ein ideales Bureau besteht aus einer Glaswand und drei Mauern. Tausend
Bureaux ebenso und zehntausend Bureaux gleichfalls. Alles ist also
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aus: Oeuvre Complète 1919-1929- Le Corbusier
in Glas, die Fassade von unten bis oben. Es gibt an diesen ungeheuren
Gebäuden keine sichtbaren Steine mehr, nur Kristall... und Proportionen.
Ein Architekt braucht für seine Konstruktionen keine Steine mehr; Paläste
und Häuser sind nicht mehr aus Steinen.
Zur Zeit Ludwigs XIV. hatte man sehr nützliche Gesetze über die
Höhe der Gebäude aufgestellt mit Grenzen, die die Grenzen der
Konstruktionsmöglichkeit in Stein darstellten. Heute bauen unsere
Ingenieure was man will und so hoch wie man will. Aber die
Bestimmungen Ludwigs XIV. sind geblieben: zwanzig Meter bis zum
Fries: Du wirst nicht höher bauen. Da seid Ihr also: Ihr bedeckt die ganze
Grundfläche der Stadt, nicht nur 5-10 % der Oberfläche, sondern 50-60 %.
Und Ihr fahrt fort, Straßen wie schwarze Schlitze zu bauen, eine Schande
und das Verderben unserer Städte! Und die Dichte ist um ein vielfaches
geringer.
Ihr habt eben gesehen, daß die Straße nicht so sein wird wie die von New
York, dieses fürchterliche Fiasko. Wenn man die ungeheuren Fundamente
für diese Bureauxgebäude ausheben wird, werden Berge von Erde aus
den Grabungen kommen. Wir werden dann aber mit dem lächerlichen
Spiel der Schuttkarren aufhören, die die Erde zu den Seinekähnen
transportieren, die sie ihrerseits wieder in die Umgegend befördern (so
daß der ganze Boden von Paris neben Paris wieder aufgeschüttet wird).
Nein, wir werden die Erde ruhig zwischen den Gebäuden lassen, mitten in
den Parks; wir werden diese Hügel mit Bäumen bepflanzen und Gras säen.
Gehen Sie doch in den «Jardin des Plantes» und schauen Sie sich neben
dem Museum den kleinen künstlichen Hügel an, der dort eine reizende
Landschaft schafft und ein Zentrum unerwarteter Perspektiven darstellt.
Durch die Zweige, die wie im Kino den Vordergrund abgeben, erblickt man
hinter den Hügeln die Kristallprismen der ungeheuren Bureauhäuser. In
400 Meter Entfernung erheben sie sich regelmäßig ohne Rücksicht auf
die Richtung der Verkehrsadern der Autos und Fußgänger. Hier befindet
man sich ganz plötzlich vor einer entzückenden gotischen Kirche mitten
im Grünen: St-Martin oder St-Merry aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Dort
ein Klub, der in einem Hotel von Marais eingerichtet ist, unter Heinrich IV.
erbaut und zu den schöne Alleen führend.
Weiterhin steigt der Gehweg für Fußgänger als sanfte Rampe an; wir
kommen zu einer tausend Meter langen Terrasse: Kaffees mitten im
Parkgrün, ein Geschoß hoch über dem Boden der Stadt. Eine zweite
Rampe hat uns einen Stock höher, zu einer neuen Straße geführt.
Auf der einen Seite die Auslagen der Luxusgeschäfte: neue Rue de
La Paix; auf der andern Seite Aussicht in die Fernen der Stadt. Und die
dritte Rampe bringt dich auf eine dritte Straße, wo die Klubs und die
Restaurants sich befinden. Man ist schon fast ganz über dem Grünen. Ein
Meer von Bäumen und hier und da, dort unten, weiter fort, immer und
überall das majestätische Kristall, in reinen, gewaltigen, klaren Prismen.
Beständigkeit, Unbeweglichkeit, Ruhe, Raum, Himmel, Licht, Heiterkeit...
Reizende Werke der Architektur ragen aus dem Gekräusel der Kronen
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hervor; diese vergoldete Kuppel, die über einem griechischen Hügel
thront, ist das Theater X, letztes Werk des Herrn Y, membre de l‘Institut.
Das hat aber weiter keine Bedeutung. Ob es echte Renaissance ist oder
kopiert, stört keineswegs die Harmonie der Architektur; es bleibt lediglich
Frage des persönlichen Geschmacks.
Die drei aufeinanderfolgenden Terrassen - Gärten der Semiramis und
Straßen der Erholung - ziehen als entzückende Horizontale niedrig
fliehender Linien zwischen den großen vertikalen Kristallen dahin. Dort
hinten siehst Du jenen feinen Strich - man sieht ihn kaum - auf einer
langen Säulenreihe (was für eine Kolonnade, mein Gott, von 20 Kilometer
Länge); es ist die erhöhte Einbahn-Autostraße, auf der die Automobile
ohne Halt wie Raketen, Paris durcheilen.
Die Arbeit im Bureau geschieht nicht mehr in der ewigen Dämmerung
freudloser Straßen, sondern wie im Freien, in voller Athmosphäre. Lacht
nicht: die 400’000 Angestellten der Geschäftsstadt streifen mit ihrem
Blick über eine großartige Landschaft. Genau so sieht man von einem der
hohen Felsen an der Seine bei Rouen unter sich das Meer von Bäumen
wie eine wogende Herde grüner Schafe. Absolute Ruhe. Woher käme auch
der Lärm?
Es ist Nacht. Wie ein Meteorenschwarm in den Sommer-Aequinoktien
zeichnen die Autos Feuerzeichen der Autostraße entlang. Zweihundert
Meter darüber, auf den Dachgärten der Wolkenkratzer (wirkliche
Gärten, geplättelt, mit Spindelbäumen, mit Tuja, Lorbeer, Efeu, Tulpen
und Geranien bepflanzt), breitet das elektrische Licht ruhige Freude aus.
Die Nacht darüber. Bequeme Stühle, Menschen, die sich unterhalten,
Orchester, Tanzbars, Ruhe. In derselben Höhe von 200 Meter über dem
Boden andere Dachgärten, weiter fort, ringsherum wie goldene Teller im
Raume schwebend. Die Bureaux sind dunkel, die Fassaden erloschen, die
Stadt scheint zu schlafen. Man hört den fernen Lärm der Quartiere von
Paris, die unter ihrer alten Kruste geblieben sind.
Hier ist die pulsierende Geschäftsstadt, die « City».
Die Zahlen bekräftigen die Hypothesen. Die «City» von Paris zu
verwirklichen, ist keine Schimäre, sondern heißt für den Staat Milliarden
verdienen indem er das Zentrum von Paris noch wertvoller macht.
Sich des Zentrums von Paris zu bemächtigen, als einer durchdachten
Finanzoperation, heißt Milliarden schaffen.
Die Straße wird nicht mehr existieren.
Und auch für die Wohnquartiere ist die Straße, der Straßenspalt keine
Lösung mehr.
Le Corbusier
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Le Corbusier - Elemente einer Synthese
Stanislaus von Moos
Versuch einer Chronologie
1887
6. Oktober, Geburt von CharIes Edouard Jeanneret (Le
Corbusier) als Sohn von Edouard Jeanneret-Perret und Marie
Charlotte Amelie Jeanneret-Perret, an der Rue de la Serre 38,
La Chaux-de-Fonds.
1891 Eintritt in die Volksschule.
1900 Eintritt in die Kunstgewerbeschule als Graveur-Ciseleur (bis
1904).
1902 Diplôme d‘honneur für eine ziselierte Taschenuhr an der
Internationalen Kunstgewerbeausstellung in Turin.
1904 Abschluß der Graveur-Ciseleur-Lehre; Eintritt in den noch
inoffiziellen Cours Supérieur de Décoration.
1905 Auftrag Villa Fallet, La Chaux-de-Fonds (1907 vollendet).
1907 Juni: Reise nach Florenz; Besuch der Kartause Ema in
Galluzzo. Besuch von Siena, u. a.
Herbst: über Ravenna, Padua, Budapest nach Wien.
In Wien Pläne für Villa Stotzer und Villa Jaquemet, La Chauxde-Fonds.
1908 In Wien: Besuch bei Joseph Hoffmann.
Februar: über Nürnberg. München, Straßburg, Nancy zum
erstenmal nach Paris. Besuch bei Jourdain, Plumet, Sauvage,
Grasset. Begegnung mit Tony Garnier in Lyon(?).
Sommer: Eintritt bei Auguste Perret (bis Frühjahr 1909).
Studentenzimmer am Quai St-Michel.
1909 Herbst: Rückkehr nach La Chaux-de-Fonds.
1910 Winter: Beteiligung am 6. Großen Skirennen der Schweiz
in Grindelwald. Gründung der Ateliers d‘Art Réunis in La
Chaux-de-Fonds.
April: nach München; Kontakt mit Theodor Fischer.
Anschließend Kontakte mit den Spitzen des Deutschen
Werkbundes.
Juni: Besuch der AEG in Berlin. Zusammenfassung der
Eindrücke in der Schrift «Etudes sur le Mouvment d’ Art
Décoratif en Allemagne» (La Chaux-de-Fonds, 1912).
Winter 1910/11: Arbeit im Atelier von Peter Behrens, Berlin.
Dezember: einige Tage bei Heinrich Tessenow in Hellerau,
wo der Bruder, Albert Jeanneret, an der 1910 eröffneten
1911
1912
1913
1914
1915
1916
1917
1918
Bildungsanstalt Jacques Dalcroze wirkt.
Januar: Entwurf Ateliers d‘Art.
In Berlin bei Behrens: kurze Begegnung mit Mies van der
Rohe, der im Mai bei Behrens eintritt. Kein Kontakt mit
Gropius, der bereits seit Mai 1910 selbständig arbeitet.
Mai: nach Dresden, Prag, Wien, Budapest, .... Istanbul,
Berg Athos (21 Tage), Athen; zusammen mit dem
Kunstgeschichtsstudenten und späteren Antiquar August
Klipstein, Bern.
Oktober: Pompeji, Neapel.
Herbst (?): Beginn des Unterrichts an der Nouvelle Section
de l‘ Ecole d‘ Art in La Chaux-de-Fonds als Lehrer für
Composition décorative appliquée a l‘ architecture jusqu‘ aux
plus petits objets.
In La Chaux-de-Fonds (kurze Reisen nach Zürich, Paris, etc.).
Bau Maison Jeanneret-Père an der Rue de la Montagne.
La Chaux-de-Fonds.w
Bau Villa Favre-Jacot, Le Locle.
Juni: Besuch der Bauausstellung in Dresden.
Erwirbt Zeichenlehrerpatent des Kantons Neuenburg.
März bis Mai: Aufhebung der von L‘Eplattenier gegründeten
Nouvelle Section de I‘ Ecole d‘ Art.
Juli: nach Köln zum Schluß der Werkbundausstellung.
September: Entwurf Maisons Domino.
In La Chaux-de-Fonds; z. T. in Paris für Studien in der
Bibliothèque Nationale (Département des Estampes).
Vorbereitung eines Manuskriptes über Städtebau (nicht
vollendet).
Projekt für den Pont Butin über die Rhone bei Genf.
Bau der Villa Schwob in La Chaux-de-Fonds (bis 1917).
Sommer(?): definitive Abreise aus La Chaux-de-Fonds.
In Paris Wohnung an der Rue Jacob 20 (bis 1933). Ch.-E.
Jeanneret gründet die Societé des Entreprises Industrielles.
Bureau in der Rue d‘Astor; Ziegelei in Fonteville, S.-O.
(eventuell 1918?).
Mai: Bekanntschaft mit Amédée Ozenfant an einer
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1919
1920
1921
1922
1923
1924
Veranstaltung der Gruppe Art et Liberté.
September: in Andernos bei Bordeaux Redaktion der Schrift
«Après le Cubisme» zusammen mit Ozenfant.
Dezember: Ausstellung Ozenfant - Jeanneret in der Galerie
Thomas.
Projekt einer Villa am Meeresufer für Paul Poiret
(eventuell später).
Spätherbst: Gründung der Zeitschrift «L‘Esprit Nouveau»,
zusammen mit Ozenfant und dem Dichter Paul Dermée, der
die Hauptschriftleitung übernimmt. Bureau der Redaktion
an der Rue du Cherche-Midi.
Projekt Maisons Monol.
Projekt für Häuser in Gußbeton in Troyes.
Wahl des Pseudonyms «Le Corbusier» als Signatur eines
Artikels in Nr. 1 der Zeitschrift «L‘Esprit Nouveau» (erscheint
am 15. Oktober). Bekanntschaft mit Fernand Léger.
Entwurf Maison Citrohan.
Januar/Februar: Ausstellung von Bildern Jeannerets in der
Galerie Druet. Zusammenbruch der Société des Entreprises
Industrielles.
Beginn der Zusammenarbeit mit dem Genfer Architekten
Pierre Jeanneret, dem Vetter Le Corbusiers, im Hinblick auf
den Salon d‘Automne.
September: Reise nach Venedig, Vicenza. Erster Vortrag an
der Sorbonne, Paris.
Am Salon d‘ Automne:
Plan pour une Ville Contemporaine de trois Millions
d’Habitants.
Gipsmodell des Haustyps Citrohan.
Projekt und Bau des Wohnhauses in Vaucresson und des
Atelierhauses von Ozenfant (Bau 1923).
1. Projekt für Villa La Roche.
Publikation von «Vers une Architecture». Ausstellung
Jeanneret-Ozenfant bei Léonce Rosenberg, in der Galerie
L‘Effort Moderne. Beteiligung am Salon des Indépendants.
Plan des Häuschens am Genfersee (1925 ausgeführt).
Bau der Villa La Roche-Albert Jeanneret in Auteuil (bis
1924).
Bezug des Ateliers an der Rue de Sèvres 35. Vorträge in Genf,
Lausanne, Prag. Daselbst Begegnung mit Krishnamurti;
Einladung nach Indien.
Doppelhaus Lipschitz-Miestschaninoff in Boulogne sur
Seine.
Villa Ternisien in Boulogne sur Seine.
Bau der Arbeiterwohnhäuser in Légé (Landes).
Projekt eines Weekendhauses in Rambouillet (nicht
1925
1926
1927
1928
1929
ausgeführt).
Projekt Serienhäuser für Handwerker (nicht ausgeführt).
Publikation von « Urbanisme », «L‘Art Décoratif
d‘Aujourd’hui» und «La Peinture Moderne» (mit Ozenfant).
Im Herbst Erscheinen der letzten Nummer des «L‘ Esprit
Nouveau». Beteiligung an der Exposition lnternationale des
Arts Décoratifs. Bekanntschaft mit Minister Ch. de Monzie,
vermittelt durch Gertrude Stein.
Bau und Einrichtung des Pavillon de L‘ Esprit Nouveau.
Präsentation des Plan Voisin.
Bau der Gartenstadt in Pessac bei Bordeaux (bis 1926).
Projekt einer Villa für Mme. Meyer.
Projekt einer Studentensiedlung; u. a.
11. April: Tod des Vaters. Publikation von «Almanach
d‘Architecture Moderne».
Bau des Wohnhauses Cook in Boulogne sur Seine.
Bau des Hauses Guiette in Antwerpen.
Bau des Palais du Peuple der Heilsarmee in Paris (1927
fertig).
Projekt Maison Minimum (nicht ausgeführt); u. a.
Vergrößerung des Ateliers; Zuzug neuer Mitarbeiter; u.
a. aus der Schweiz, im Hinblick auf das Projekt für den
Völkerbundspalast in Genf. Vorträge in Madrid, Barcelona
(Besichtigung der Bauten Antonio Gaudìs), Frankfurt und
Brüssel.
Februar: Abgabe des Projektes für den Palais des Nations.
Zuerkennung des 1. Preises ex aequo.
Bau zweier Häuser in derWeißenhofsiedlung in
Stuttgart.
Bau der Villa Stein in Garches.
Bau der Maison Plainex in Paris.
Juni: Gründung der Congrès lnternationaux d‘Architecture
Moderne (CIAM) auf Schloß La Sarraz, Kanton Waadt.
Manifest von La Sarraz. Kontakte mit dem Genfer
Industriellen Wanner im Hinblick auf ein zu bauendes
Mietshaus in Genf. Vorträge in Prag und Moskau.
Herbst: Publikation von «Une Maison- un Palais».
Bau eines demontablen Pavillons der Firma Nestlé an
der Pariser Handelsmesse.
Projekt Centrosoyus, Moskau (Bau 1935 vollendet).
Projekt Villa in Carthage, 1. Fassung (nicht ausgeführt).
Projekt eines Mundaneums in Genf (nicht ausgeführt).
Überarbeitung des Projekts für den Völkerbundspalast
nach Wahl des neuen Standortes.
Bau der Villa Church in Ville d‘Avray.
April: in Genf 2. Projektvariante für den Völkerbundspalast
aus: Le Corbusier -Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos
1930
1931
unterbreitet.
Juni: Baukommission des Völkerbundes bestimmt in Madrid
das Projekt der Architekten Nénot, Vago, Lefèbre und Broggi
zur Ausführung.
Juni: nach Moskau wegen Centrosoyus.
September: Flug im Zeppelin nach Buenos Aires. 10 Vorträge
in Buenos Aires, 2 in Montevideo, 2 in Rio de Janeiro, 2 in Sao
Paolo. (Zusammenfassung in dem Buch «Précisions sur un
Etat Présent de L‘Architecture et de l‘Urbanisme», Paris, 1930).
Dezember: Rückfahrt nach Bordeaux auf dem Dampfer
Lutetia. An Bord Bekanntschaft mit Josephine Baker.
Im Herbst: am Salon d‘ Automne Ausstellung der zusammen
mit Charlotte Perriand entworfenen Möbel. 2. CIAMKongreß in Frankfurt am Main.
Bau der Villa Savoye in Poissy (bis 1931).
Bau der Villa in Carrhage, Tunis (2. Fassung).
Projekt Maisons Loucheur.
Auftrag für Bau der Cité du Refuge durch die Princesse E.
de Polignac. (Bau 1933 vollendet).
Projekt für ein Mietshaus an der Rue Nungesser-et-Coli
(Bau 1933 vollendet).
Wird französischer Staatsbürger. Heiratet Yvonne Gallis.
Frühjahr: Reise nach Moskau. 3. CIAM-Kongreß in Brüssel.
Beginn der Mitarbeit an der neugegründeten Zeitschrift
«Plans», zusammen mit François de Pierrefeu u.a.
Reise nach Spanien.
Pläne für das Haus Errazuris in Chile.
Luxusappartement auf dem Dach eines Hauses an
den Champs-Elysées für M. CharIes de Beistegui (1931
vollendet).
Baubeginn Mietshaus Clarté, Genf (Bau 1932 vollendet).
Haus für Mme. de Mandrot in Le Pradet bei Toulon (1931
vollendet).
Baubeginn des Pavillon Suisse in der Cité Universitaire in
Paris (1932 vollendet).
Baubeginn der Cité du Refuge (1933 vollendet).
Einladung der Sowjetregierung zur Teilnahme am
beschränkten Wettbewerb für den Sowjetpalast.
März: CIRPAC-Kongreß in Barcelona.
April: Reise nach Algier; Vortrag bei den Amis d‘ Alger. Besuch
der Kasbah von Algier. - Erste Skizzen für die städtebauliche
Reorganisation von Algier.
August: mit P. J. Reise im Auto über Spanien nach Marokko,
Besuch der Städte des M‘Zab (v. a. Ghardaia), zurück über
Algier und Marseille.
Projekt Sowjetpalast.
1932
1933
1934
r935
1. Stadtplan für Algier (Plan Obus).
Idee eines Musée a croissance ilIimitée, Christian Zervos
unterbreitet.
Baubeginn des Mietshauses an der Rue Nungesser-et
Coli.
Beteiligung am Ideenwettbewerb für die Exposition
Internationale d‘Art et Techniques, Paris, 1937.
Publikation des Büchleins «Croisade ou le Crépuscule des
Académies».
Projekt Apartmenthaus Zürichhorn, Zürich.
Verleihung des Ehrendoktors der Philosophischen Fakultät II
der Universität Zürich.
29. Juli bis 13. August: 4. CIAM-Kongreß im Rahmen
einer Kreuzfahrt nach Athen auf dem Schiff «Patris II».
Entscheidender Anteil an der Formulierung der Charte d‘
Athènes.
In Algier: Wird im Februar in der Kasbah überfallen und
verletzt.
Im Rahmen der Exposition de la Cité Moderne Erklärung des
Plan Obus.
In Paris: Bezug der Dachwohnung im neuen Mietshaus an
der Rue Nungesser-et-Coli.
Vorträge in Stockholm, Oslo, Göteborg, Algier, Antwerpen.
Städtebauliche Projekte für Antwerpen, Genf und
Stockholm.
Projekt treppenförmiger Terrassenhäuser für M. Durand
in Oued Ouchaia, Algier (nicht ausgeführt).
Projekt Arbeiterwohnhäuser an der Hardturmstraße in
Zürich (nicht ausgeführt).
Projekt für Verwaltungsbau der Rentenanstalt in Zürich
(nicht ausgeführt).
Mai/Juni in Rom; hört Rede Mussolinis an die jungen
Architekten (?).
Juli: Besuch der Fiat-Werke in Turin. Teilnahme am
Symposion über «Kunst und Staat» des Institut International
de Coopération Intellectuelle de la Société des Nations, in
Venedig. In Paris Beginn der Studien zur Réorganisation
agraire, zusammen mit dem normannischen Landarbeiter
Norbert Bézard (bis 1938).
Vorträge in Rom, Mailand, Algier, Barcelona, Athen.
Ab 1934 häufige Reisen nach Algier.
Plan der Stadt Nemours, Nordafrika.
Publikation des Buches «La Ville Radieuse» (beruhend auf
den in «PLANS» veröffentlichten Aufsätzen.)
Vortrag in der Salle Pleyel (Paris); wird ausgepfiffen.
Dezember: Schiffsreise nach USA, wohin ihn Nelson
43
44
1936
1937
1938
1939
Rockefeller und das Musem of Modrn Art für eine
Vortragsreise berufen haben.
Bau des Lusthäuschens in Celle-St. Cloud.
Vollendung des Centrosoyus in Moskau.
Projekt der Bebauung des Tals Zlin, CSR.
Projekt einer Cité Bata in Hellocourt, Lothringen.
Malt sein erstes Wandbild in Vézeley.
lm Winter 1935/36 Vorträge in New York (u. a. Columbia
University), Yale, Boston, Chicago, Madison, Philadelphia,
Hartford, Vassar College u.a.
Februar/März: Rückreise von New York nach Paris. Schreibt
«Quand les Cathédrales étaient Blanches». (Paris, 1937).
lm Sommer Reise nach Rio de Janeiro. Konsultationen mit
Oscar Niemeyer, Lucio Costa, Affonso Edoardo Reidy u.a.
wegen Bau des Erziehungsministeriums in Rio. 6 Vorträge
in Rio.
In Paris Beteiligung an den Gesprächen über «La Querelle du
Réalisme» im Maison de la Culture, zusammen mit Fernand
Léger, Louis Aragon u.a.
Ideenprojekt für die Cité Universitaire du Brésil.
Wird Chevalier de la légion d‘honneur.
Frühjahr: Nervenentzündung (5 Monate bettlägerig) nach
Bad im kalten Meer. CIAM 5 in Paris, im Zusammenhang mit
Corbusiers Pavillon des Temps Nouveaux an der Exposition
Internationale d‘ Art el Techniques.
Mitglied der Regionalplanulgskommission Algier.
Im Winter 1936/37 Bau des Pavillon des Temps Nouveaux
an der Porte Maillot.
Projekt eines Stadions für 100 000 Zuschauer.
1937/38 Teilnahme am Wettbewerb für ein nationales
Denkmal für Vaillant-Couturier.
Studien für die städtebauliche Reorganisation von Paris.
Ausstellung von Le Corbusiers Malerei im Kunsthaus Zürich
und bei Louis Carré in Paris.
Publikation von «Des Canons des Munitions? - Merci! Des
Logis, s. v.p ....»
August: Schwerer Badeunfall an der Riviera; Verletzung
durch eine Schiffsschraube.
Hochhausprojekt Quartier de la Marine, Algier
(Weiterbearbeitung bis 1942; nicht ausgeführt).
1938/39: 8 Wandbilder für Jean Badovici in seinem Haus
in Vézelay sowie für Badovici und Helen Gray in Cap
Martin.
Publikation von «Le Lyrisme des Temps Nouveaux et
l’Urbanisme».
Bekanntschaft mit Jean Giraudoux.
1940
1941
1942
1943
1944
1945
Baubeginn der Munitionsfabrik in Moutiers-Rozeille bei
Aubusson (nicht vollendet).
Studien für das Observatorium auf dem Pic du Midi
(Pyrenäen) i.A. der Regierung.
Projekt einer Sommer- und Winterstation im Vars-Tal.
14. Juni: Kampflose Besetzung von Paris durch deutsche
Truppen. Corbusier reist mit seiner Frau und Pierre Jeanneret
nach Ozon (Pyrenäen).
November: Trennung von P. J., der nach Grenoble in die
Résistance geht.
Vorschlag der Maisons Murondins zuhanden
französischer Jugendorganisationen (publ. 1942).
Einrichtung der Galerie des Arts für die Ausstellung La
France d‘Outremer, Paris.
Haus in Lannemezan (Hautes Pyrénées).
Längere Zeit in Vichy, Kontakt mit Marschall Pétain, dem er
sich für den Wiederaufbau Frankreichs empfiehlt. Schreibt
daselbst, zusammen mit François de Pierrefeu, «La Maison
des Hommes» (Paris 1942). Publikation von «Destini de Paris»
und «Sur les Quatre Routest».
2. Besuch in Algier in offizieller Mission des Vichy-Regimes.
12. Juni: endgültige Ablehnung des Plan directeur von
Le Corbusier und der Gruppe «CIAM-Alger» durch die
algerischen Behörden.
In Paris Gründung der ASCO- RAL (Assemblée de
Constructeurs pour une Rénovation Architecturale) - eine Art
Forschungsausschuss der französischen CIAM-Gruppe.
Publikation von «Entretien avec les Etudiants des Ecoles
d‘Architecture» und «La Charte d‘Athènes».
Bericht über die städtebauliche Erschließung des
Pyrenäengebietes zuhanden der Regierung.
Projekt einer Unité d’habitation transitoire.
Nach der Befreiung Gründung des ATBAT (Atelier des
Bâtisseurs). Ernennung zum Urbaniste en chef der Region von
La Rochelle-Pallice. Vertrag mit Wiederaufbauminister Raoul
Dautry über Bau der Unité d‘Habitation in Marseille. Beginn
der Zusammenarbeit mit André Wogenschky. Ernennung
zum Haupt einer französischen Regierungsdelegation, die
zum Studium der amerikanischen Architektur seit 1939 nach
USA reist. Abfahrt (zusammen mit Sive, Emery, Hanning,
Bodiansky und Claudius Petit) im Dezember. An Bord des
Cargo Vernon S. Hood Modulor-Studien. In Paris Publikation
von «Les Trois Etablissements Humains», «Manière de penser
l‘Urbanisme» und « Propos d‘ Urbanisme». Beteiligung an der
Ausstellung La France d‘Outremer (Paris).
Wiederaufbauplan von La Rochelle-Pallice (nicht
aus: Le Corbusier -Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos
1946
1947
1948
1949
1950
ausgeführt).
Wiederaufbauplan von St-Dié bei Nancy (nicht
ausgeführt).
Winter: nach kurzem Aufenthalt in New York zurück nach
Paris.
Februar: Ernennung zum französischen Delegierten der
UN-Headquarters-Commission (für die Wahl des Standortes
des UN-Sekretariats).
Frühjahr: Begegnung mit Albert Einstein in Princeton.
Mai: Flug nach New York.
Bis Dezember: Reisen in USA mit Headquartes-Commission.
Februar: Fertigstellung des Projektes 23A für das UNGeneralsekretariat in New York.
März: Ankunft der anderen Mitglieder der
Planungskommission in New York. Später Übernahme der
Projektleitung durch Wallace K. Harrison. Reise nach Bogota.
Juli: Rückkehr nach Paris. CIAM 6 in Bridgewater.
Unterbreitet «Grille CIAM». Publiziert «U. N.-Headquarters».
Große L. C.-Ausstellung in Wien.
Baubeginn der Textilfabrik Duval in St-Dié (1951
vollendet).
Baubeginn der Unité d‘Habitation in Marseille (1952
vollendet).
Erste Holzskulpturen in Zusammenarbeit mit dem
bretonischen Tischler Joseph Savina.
Verschiedene Corbusier-Ausstellungen in den USA.
Projekt des Heiligtums La Sainte Baume , Südfrankreich,
(nicht realisiert).
Großes Wandbild im Pavillon Suisse der Cité Universitaire,
Paris.
Erste Tapisserieentwürfe.
Juli: CIAM 7 in Bergamo.
Plan des Hauses für Dr. Currutchet, La Plata, Argentinien.
Projekt der Hangbebauung Roq et Rob, Cap Martin
(nicht ausgeführt).
Mai: erste Skizzen auf dem Hügel von Ronchamp.
November: Besuch des Chefingenieurs des Pandschabs,
Varma, und des Sekretärs des Punjab Govt. Capital Project,
Thapar, um Le Corbusier zur Mitarbeit in Chandigarh zu
gewinnen. Publikation von «Poésie sur Alger», «Le Modulor».
Projekt eines Pavillons für die Veranstaltung Synthèse
des Arts Majeurs an der Porte Molitor, Paris.
Plan eines Hauses für Professor Fueter am Bodensee
(nicht ausgeführt).
Stadtbaupläne für Marseille Vieux-Port; Marseille-Veyre;
Bogotà (zusammen mit J. L. Sert) und Izmir.
1951
1952
1953
1954
Ernennung zum Government Architectural Adviser für den
Bau von Chandigarh, mit der Verpflichtung, zweimal jährlich
nach Chandigarh zu reisen. Auftrag, den Hohen Gerichtshof,
das Sekretariatsgebäude, das Parlamentsgebäude und den
Gouverneurspalast zu bauen.
18. Februar: Abflug nach Indien, zusammen mit Pierre
Jeanneret. Zusammentreffen mit Maxwell Fry und
Jane Drew in Simla. Bereinigung des Stadtplans von
Chandigarh. In Ahmedabad Kontakte mit Mr. Kasturbhai
und Mr. Sarabhai, die ihm wichtige Aufträge in ihrer Stadt
übertragen.
Juli: Ablehnung Le Corbusiers als Architekt des UNESCOGebäudes in Paris. Wahl in das Fünferkomitee zur
Beaufsichtigung der Arbeiten (zusammen mit Gropius,
Breuer, Markelius, Rogers). Teilnahme am Kongreß De Divina
Proportione in Mailand.
Projektierung von Ronchamp (Einweihung 1955).
Stadtplan von Chandigarh; Projektierung der
Kapitolsbauten (Gericht: 1956 eröffnet; Sekretariat: 1958
eröffnet; Parlament: 1962 eröffnet; Gouverneurspalast
nicht ausgeführt).
Auftrag für Museum Ahmedabad (1956 eröffnet).
Projekt Millowners- Verwaltungsbau in Ahmedabad
(Bau 1956/57);
Projekt Villa Shodan und Villa Sarabhai in Ahmedabad
(beide 1954 bis 1956 erbaut).
In Long Island, USA: 2 Wandbilder im Haus des
befreundeten Bildhauers Tino Nivola.
Baubeginn in Chandigarh.
April: (auf Rückreise von Indien) Aufenthalt in Gize, Ägypten.
14. Oktober: Beförderung zum Commandeur de la légion
d‘honneur, anläßlich der Eröffnung der Unité d‘Habitation in
Marseille. Père Alain Couturier O. P. wendet sich an Corbusier
wegen La Tourette.
Auftrag für Unité d‘Habitation in Nantes-Rézé (1955
eröffnet).
Auftrag für Maisons Jaoul in Neuilly sur Seine (1955
vollendet).
Bau des Cabanons in Cap Martin.
Große Corbusier-Ausstellung im Musée National d‘Art
Moderne in Paris; Corbusier-Ausstellung in London. ClAM 9
in Aix-en-Provence; Thema: Formulierung einer «Charte de I‘
Habitat». (nicht zustande gekommen).
Auftrag Kloster La Tourette (1958 eingeweiht).
Baubeginn der Unité d‘Habitation in Nantes.
Corbusier-Ausstellungen in Bern und Como. Publikation von
45
46
aus: Le Corbusier -Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos
1955
1956
1957
1958
1959
1960
«Une Petite Maison» und «MODULOR 2».
Baubeginn Villa Shodan, Villa Sarabhai und Maisons
Jaoul in Neuilly (alle 1956 vollendet).
Bau der baraque de chantier , 15 m neben dem Cabanon
in Roquebrune. In dieser winzigen Baracke arbeitet L. C.
jährlich mehrere Wochen.
25. Juni: Einweihung der Kapelle N.-D. du Haut in Ronchamp.
In Chandigarh: Holzmodell des Monuments der offene Hand
aufgerichtet. Publikation von .«Le Poème Je I‘ Angle Droit».
Weist Angebot des Institut De France zurück, einen Lehrstul
an der Académie des Beaux-Arts zu übernehmen.
März: Reise nach Chandigarh, zur Eröffnung des Hohen
Gerichts durch Premierminister Nehru. Vortrag in Bagdad.
Sommer: Ausstellung in Lyon.
Planung von 5 Unités d‘Habitation in Meaux (nicht
ausgeführt); im Hinblick auf dieses Projekt, Beginn der
Vorfabrikationsstudien in Zusammenarbeit mit der
Firma Renault.
Projekt Unité d‘Habitation in Berlin (1958 eröffnet; mit
wichtigen Abweichungen vom Projekt).
Projekt Kulturzentrum Tokio (Museum für westliche
Kunst, ca. 1957 vollendet).
Projekt Metallhäuser in Lagny (nicht ausgeführt).
Projekt billige Wohnhäuser in Autoy (nicht ausgeführt).
Projekt Stadion in Firminy und Bagdad.
5. Oktober: Tod seiner Frau Yvonne. Große
Wanderausstellung, von Willy Boesiger zusammengestellt,
in Zürich (anschließend in Berlin, München, Wien, Frankfurt,
Den Haag, Paris). Publikation von «Les Plans de Paris».
Bau des Pavillons du Brésil in der Cité Universitaire in
Paris, zusammen mit Lucio Costa (1959 eröffnet).
Baubeginn La Tourette (Einweihung 1960).
Bau der Staumauer Bakhra, Indien.
Bau des Philips-Pavillons, Weltausstellung in Brüssel.
Komposition des Poème électronique, zusammen mit
dem Komponisten Edgar Varèse.
Eröffnung des Sekretariats von Chandigarh.
Bau der Cité Sportive in Bagdad, Irak.
Bau der Schleuse in Kembs-Niffer, Elsaß.
November: in Cambridge, Mass., Besichtigung des Geländes
für das Carpenter Center for Visual Arts.
Planung Carpenter Center (Bau 196r bis 1964).
15. Februar: Tod der Mutter im Alter von 100 Jahren.
In Chandigarh: Pläne für Art School und College of
Architecture.
Plan für den Boat-Club am Sukhna-Lake (alles in den
1961
1962
1963
1964
1965
1967
folgenden Jahren ausgeführt).
19. Oktober: Kloster La Tourette eingeweiht.
Bau des Carpenter Center for Visual Arts (1964 eröffnet).
Bau des Maison de Culture in Firminy (1965 eröffnet).
Projekt eines Kulturzentrums Orsay-Paris (nicht
ausgeführt).
Projekt eines elektronischen Rechenzentrums für
Olivetti in Rhô bei Mailand (nicht ausgeführt).
Parlament Chandigarh eröffnet.
Projekt eines Ausstellungspavillons in Stockholm (nicht
ausgeführt) und in Zürich (1967 eröffnet).
Sommer: Reise nach Florenz zur Ausstellung im Palazzo
Strozzi. Kontakt mit Erzbischof Lercaro wegen Bau einer
Kirche in Bologna (nicht zustandegekommen).
Projekt Kunstzentrum Erlenbach-Frankfurt (nicht
ausgeführt).
Projekt eines elektronischen Rechenzentrums in Rhô bei
Mailand, für Olivetti, 2. Fassung (nicht ausgeführt).
Projekt eines Kongreßpalastes für das Europaparlament
in Straßburg (nicht ausgeführt).
Projekt der Französischen Botschaft in Brasilia.
April: unterbreitet in Venedig die Pläne für den
Spitalneubau.
Juli: Redigiert das Manuskript «Le Voyage D‘Orient» von 1910.
27. August, 11 Uhr Vormittags, Tod durch Herzschlag, beim
Baden im Meer vor Roquebrune-Cap Martin.
15. Juli: Eröffnung des «Centre Le Corbusier» in Zürich.
47
Die Bauten von
Le Corbusier
50
LC La Chaux-de-Fonds
Villa Fallet
Le Corbusier
mit René Chapellaz
1905-1907
1, chemin de Pouillerel, 2300 La Chaux-de-Fonds
Wie es Le Corbusier in seiner Confession von 1925 andeutet, ist jede
Einzelheit der Villa Fallet von der jurassischen Umwelt angeregt worden.
Von der Blüte bis zu den Bergen, die sich rythmisch am Horizont erstrecken,
von der reinen Form des Bauernhauses bis zur fast kristallklaren Felswand
aus in kleinen Würfeln zerteiltem Kalkstein, bildet sie so einige Seiten
des ehrerbietigsten und rührendsten Wörterbuches der ausdrucksvollen
Formen.
LC La Chaux-de-Fonds
51
Villa Favre-Jacot
Le Corbusier
mit Léon Perrin
1912
6, côtes des Billodes, 2400 Le Locle
Der nunmehr selbständige Architekt Jeanneret begegnete in den Jahren
1912 - 1917 den Grossindustriellen der Neuenburger Uhrmacherei. Eine
erste grosse Villa entstand schon 1912 für Georges Favre-Jacot (1843-1917),
der durch die Marke „Zenith“ bekannt war. Sie steht auf einer langen
Gartenterrasse, die von einer früheren Chalet-Konstruktion stammt;
daher der linear aufgebaute Grundriss, der sich von der halbrunden
Vorfahrt (für Autos!) über ein doppelgeschossiges rundes Vestibül zu einer
grosszügigen Salon-Flucht entwickelt. Wiederum ein Haus das klassisch
in der grossen Form, aber innovativ im räumlichen und konstruktiven
Aufbau ist; man beachte etwa die Loslösung der Fensterwand von den
tragenden Stützen im Herrenzimmer.
52
LC La Chaux-de-Fonds
Villa Stotzer
Le Corbusier
mit René Chapellaz
1907-1909
6, chemin de Pouillerel, 2300 La Chaux-de-Fonds
LC La Chaux-de-Fonds
53
Villa Jacquemet
Le Corbusier
mit René Chapellaz
1907-1909
8, chemin de Pouillerel, 2300 La Chaux-de-Fonds
Die beiden Villen Stotzer und Jacquement, in denen man Elemente
mittelalterlicher Architektur erkennen mag, bieten eine regionalistische
Auslegung des Monolith-Konzepts, das die plastische Logik des hier schon
angewendeten Eisenbetons bestimmt.
Die Poesie der Verzierungen, die eng mit dem Geist der Villa Fallet
verbunden ist, mildert das Rustikale an der Bauart der Villa L‘ Eplattenier
und die kristallartigen Volumen, die die späteren Forschungen
ankündigen.
54
LC La Chaux-de-Fonds
55
La Maison Blanche - Villa Jeanneret
Le Corbusier
1912
12, chemin de Pouillerel, 2300 La Chaux-de-Fonds
Le Corbusier schlug mit dem Bau der „weißen Villa“ für seine Eltern
einen neuen gestalterischen Weg ein, bei der die Wohnung nicht länger
- wie beim Chalet üblich - ins Innere einer zuvor festgelegten äußeren
Form gepresst wurde. Das Haus stößt nicht vom Hang vor, sondern steht
quer dazu auf einer von einer Stützmauer befestigten Geländeterrasse.
Von der Straße gelangt man über einen langen Gartenweg zur Haustür
im Erdgeschoss. Zunächst wird der Weg zum versteckt liegenden
Hauseingang von einer Pergola überdacht (ähnlich der, die Jeanneret in
Pompeji abzeichnete) und nach einer rechtwinkligen Kehre von Bäumen
überwölbt.
Durch die Haustür gelangt man in eine durch ein Rundfenster erhellte
kleine Diele und zum Treppenhaus. Ein Vestibül dient als Vorraum der
Wohnräume, die auf einer Achse bis zum Esszimmer - das sich durch die
Fenster eines halbrunden Erkers zum Garten öffnet - angeordnet sind.
Der Vorraum bietet durch ein breites Fenster Ausblick zum Wald, der
Wohnraum zum Horizont. Die Hausecken umfassen den kleinen Salon
und die Bibliothek. Die Schlafzimmer im ersten Stock werden durch ein
langes horizontales Fensterband erhellt, das an Frank Ll0yd Wrights
Haus Winslow in River Forest erinnert, wie es Jeanneret aus deutschen
Publikationen kannte.
Mit ihrem weißen Verputz und Dach aus Asbestzement, aber auch
ihrer Ähnlichkeit mit Wohnhäusern, die Jeanneret im Jahr zuvor für
Grundstücke am Bosporus entworfen hat, stellt die Villa die gesammelten
Erfahrungen seiner Italien- und Orientreisen dar.
Zwischen deutscher Reformkultur und mediterranem Klassizismus,
denen sich Jeanneret durch die Lektüre von Publikationen wie „Entretiens
de la Villa du Rouet“ (1908) von CharIes Cingria-Vaneyre angenähert
hatte, schälte sich seine persönliche Gestaltungsweise heraus - noch
etwas unbeholfen, für einen jungen Mann von kaum 25 Jahren aber
schon recht entschieden. Die Villa, die er im selben Jahr für Georges FavreJacot, Uhrenfabrikant der Marke Zenith, in Le Locle baute, bekräftigte
seine Ablehnung der Jura-Architektur. Sie weist nicht nur Züge von
Pariser Stadthäusern auf, sondern auch von zeitgenössischer deutscher
Architektur. Die Baugestalt lässt an Schultze-Naumburgs und Mebes‘
Postulate denken, die Fassade und die Raumaufteilung an Häuser von
Behrens.
56
LC La Chaux-de-Fonds
57
Villa Schwob
Le Corbusier
mit Marcel Montadon, Léon Perrin
1916-1917
167, rue du Doubs, 2300 La Chaux-de-Fonds
Die von den Nachbarn „Türkische Villa“ getaufte Villa Schwob war das
letzte Bauwerk Jeannerets in La Chaux-de-Fonds und das einzige seiner
frühen Häuser, das er später in „L‘Esprit nouveau“ veröffentlichte.
Die imposante Villa für Anatole Schwob, Besitzer der Cyma-Uhrenfabrik,
wirkt radikal; sie stellt eine Art Rekapitulation all dessen dar, was
Jeanneret bis dato gelernt hat, und die Ankündigung seines in den 1920er
Jahren vollzogenen Übergangs zur Abstraktion. Jeanneret entfernte sich
hier von dem 1909 im Büro Perret entworfenen „Flaschenhaus“ aus
Beton: Seinem Mentor teilte er im Jahr 1916 mit, dass die Villa „Fassaden
mit Balkonterrassen ,à la française‘, aber aus Eisenbeton“ hätte.
Jeanneret verwendete „das in wenigen Wochen errichtete Betonskelett
und die Ausfachung mit hübschen kleinen unverputzten Ziegelsteinen“
nach dem Vorbild der Seitenfassade des Theatre des Champs-Elysees
von Perret, dessen quadratisches Motiv der Hauptfassade er hier mit der
großen weißen Fläche an der Hauswand zur rue du Doubs aufgriff. Die klar
umrissene Würfelform wird durch halbzylindrische Apsiden verbreitert
und verkörpert so Jeannerets endgültige Abkehr vom volkstümlichen und
klassischen Vokabular seiner ersten Bauten. Das äußere Erscheinungsbild
bewahrt „einen Hauch Istanbul“, wobei Betonelemente die Holzteile der
osmanischen Häuser ersetzen - daher der Spitzname „Türkische Villa“.
Das Hausinnere integriert mehrere Inspirationsquellen nur, um sie hinter
sich zu lassen.
Die Raumfolge vom Haupteingang zum zweigeschossigen Wohnzimmer
lässt sich mit den 1911 in Pompeji angefertigten Skizzen vergleichen und
scheint den um ein Atrium entwickelten Grundriss der so genannten
Diomedes-Villa zu reproduzieren. Es ist schwer, die Quellen dieses Entwurfs
zu unterscheiden: etwa die zweigeschossige englische Eingangshalle oder
das weiträumige leere Pariser Künstleratelier, dessen großes Fenster hier
Ausblick in den Garten bietet, oder auch die Haupthalle der von Auguste
Perret 1908 in der Pariser rue de Ponthieu errichteten Autogarage. Der
Wohnraum mit dem Konzertflügel ist das eigentliche Zentrum des
Hauses. Die beiden Schlafräume im Obergeschoss bilden ein U um die
zentrale Eingangshalle. Die Küche ist in einem Anbau zur Straßenseite hin
untergebracht; die Bäder im Obergeschoss sind zwischen Schlafzimmern
und Treppenhaus eingefügt.
58
LC Ronchamp
59
Chapelle Nôtre-Dame-du-Haut
Le Corbusier
mit André Maisonnier, Bänke von Joseph Savina
1950-1955
Haute-Saône, 70250 Ronchamp
Angesichts der „plastischen Revolution“ von Ronchamp waren Le
Corbusiers Anhänger und Schüler starr vor Staunen: sie ist das
Ergebnis seiner Auseinandersetzung mit der Sakralarchitektur. In
der Nachkriegszeit gaben ihm seine Aufträge Anlass, über den vom
Menschen bewohnten Raum zwischen Himmel und Erde zu meditieren.
Auf dem Hügel von Bourlémont (500 m. ü. M.), einem letzten Ausläufer
der Vogesen, sollte er die im Zweiten Weltkrieg durch Bomben völlig
zerstörte Kirche Notre-Dame-du-Haut, einen historischen Wallfahrtsort,
wieder aufbauen. Trotz seines Misstrauens gegenüber der katholischen
Kirche gab er den Bitten der Angehörigen der Bewegung für sakrale Kunst
nach, die sich für die Einführung der modernen Architektur und Malerei
in Kirchenbauten einsetzte. Den Patres Couturier und Régamey sowie
François Mathey und Maurice Jardot gelang es schließlich, Le Corbusier
für diese Aufgabe zu gewinnen.
Schon bei seinem ersten Ortstermin im Jahr 1950 war Le Corbusier
fasziniert von der Lage: der Ort ähnelte der zusammen mit L‘Eplattenier
40 Jahre zuvor erkundeten Juralandschaft. Er ergriff die Gelegenheit, „die
Menschen mit dem Kosmos zu verbinden“, und zwar nach dem Vorbild
der indischen Sternwarten, die er zur gleichen Zeit entdeckte. Sein Bau
wurde ganz spezifisch nur für diesen Ort entworfen. Er studierte seine
Geschichte, las ein vom Kanonikus Belot verfasstes Buch über die alte Kirche
und schickte sich an, „ein an den Ort gerichtetes Wort“ zu formulieren,
gewissermaßen eine „Antwort auf den Horizont“. Das Gelände und
seine Lage sind zwar die wichtigsten entwurfsbestimmenden Faktoren,
aber nicht die einzigen. Der Grundgedanke ging vom Fund eines leeren
Krabbenpanzers am Strand von Long Island aus, ähnlich denen, die er in
den 1930er Jahren auf seine Leinwände gebannt hatte. Der Panzer gab
dem auf vier dicken Betonmauern ruhenden Dach der Kapelle seine Form.
Ausgehend von dieser Grundidee wurden nach und nach mehrere
Modelle aus Eisendraht und Holz gebaut, nach denen 1952 der endgültige
Entwurf entstand. Die Bauarbeiten begannen 1954. Das Dach wurde
wie eine Art Flugzeugtragfläche aus zwei, in einer Schale übereinander
liegenden Decken angefertigt; die durch einen schmalen Zwischenraum
von der Dachschale getrennten frei stehenden Mauern und Pfeiler aus
Stahlbeton bilden das Tragwerk, an dem innen und außen der Verputz
aufgebracht wurde. Die Südmauer ist zugleich dicker und „löchriger“
als die übrigen; während der Entwurfsphase wurde der tragende
60
LC Ronchamp
61
Pfeiler auf der Ostseite - ursprünglich so dünn wie ein „Zeltpflock“ - zur
Entsprechung einer Kranzkapelle. Die Bodenplatten und Altartische sind
aus Stein. Der Grundriss wurde im Verlauf der Entwurfsarbeiten immer
asymmetrischer und innen wie außen durch die Position der Altäre
bestimmt. Eine polychrom gefasste Marienfigur des 17. Jahrhunderts
- einziger Überrest aus der zerstörten alten Kirche - wurde so platziert,
dass sie gleichzeitig von den Besuchern der Messe und den Priestern und
Messdienern gesehen werden kann.
Nicht nur der Krabbenpanzer, auch andere, ganz unterschiedliche Vorbilder
flossen in Le Corbusiers Entwurf ein: moderne Elemente wie die vom Dach
vorkragenden, an Skisprungschanzen erinnernden Wasserspeier, aber
auch Bilder, an die sich Le Corbusier aus frühesten Tagen erinnerte. Die in
die Seitenkapellen einfallenden Lichtstrahlen lassen zum Beispiel an das
Serapeum der Villa Hadrian denken, das er im Jahr 1911 abzeichnete. Er
beschrieb es wie ein „geheimnisvolles Loch“, in dem er etwas ausfindig
gemacht hatte. Die überraschende Lichtschutzvorrichtung der Südwand
mit ihren farblich klar modulierten Nischen beschwört die Fassade der
Sidi-Brahim-Moschee in EI Atteuf herauf, die Le Corbusier 1931 auf seiner
Reise zur Pentapolis des Wadi M‘zab entdeckte. Die periskopartigen
Glockentürme schließlich erinnern an die Grabstelen von Ischia.
Das Spiel mit Massen und Licht, das Le Corbusier in Ronchamp umsetzte,
brach mit seiner Besessenheit für glatte Flächen und homogene Klarheit
der 1920er Jahre. Licht und Schatten wurden von nun an zu Werkzeugen,
um den Raum zu gestalten. Die Fassade, deren einzige Tugend bisher
in ihrer „Freiheit“ bestanden hatte, erlaubte dank der Mauerstärke
fortan eine solche Gestaltung. Der weiß getünchte, körnige Beton der
Mauern und der schalungsrauhe Beton des Daches ersetzen unter einer
dramatischen Beleuchtung die glatten, fast abstrakten Fassaden der
„Wohnmaschinen“ durch Zeugnisse menschlicher Arbeit. 1954 bat Le
Corbusier Edgar Varèse vergeblich, ein für diesen Ort passendes Werk zu
komponieren.
62
Grundriss 5. Obergeschoss
1
Krankenzelle
2
Krankenzimmer
3
Gästezelle
4
Zellen der Patres
5
Zelle des Studienpräfekten
6
Zellen der Priesterschüler
8
Zellen der Laienbrüder
10-12 Waschräume und Toiletten
25 Kirche
Grundriss 3. Obergeschoss
1
Sprechzimmer
2
Portier
3
Aufenthaltsraum der Laienbrüder
4
Betzimmer
5
Aufenthaltsraum der angehenden Laienbrüder
7
Lesesaal
8
Bibliothek
9
Klasse A
10 Aufenthaltsraum der Priesterschüler
11
Klasse B
12
KlasseC
13
Aufenthaltsraum der Patres
14 Klasse D
18 Treppe zum Atrium
21
Grosser Gang
22 Kleiner Gang
23 Atrium
24 Waschräume und Teiletten
25 Kirche
Grundriss 5. Obergeschoss
3
4
8
5
22
21
23
18
9
10
25
Grundriss 3. Obergeschoss
Grundriss 2. Obergeschoss
14
13
12
11
Grundriss 2. Obergeschoss
1
Büro
2
Refektorium
3
Kapitelsaal
4
Atrium
5
Gang
7
Hochaltar
8
Nördlicher und südlicher Altar und Sakristei
9, 10 Höfe
18 Treppe zum Atrium
25 Kirche
Querschnitt
LC La Tourette
63
Couvent Saint-Marie-de-la Tourette
Le Corbusier
mit Iannis Xenakis, Fernand Gardien, André Wogenscky
1953-1960
La Tourette, Frères dominicains, 69591 l‘Arbresle-cedex
Das Klosterleben hatte Jeanneret schon 1907 bei seinem Besuch des
Kartäuserklosters von Ema und 1911 auf dem Berg Athos berührt.
In einem Brief an Marguerite Tjader-Harris sprach er vom harten
und beschwerlichen Leben der Mönche und nannte ihre Askese
„heroisch“. Die Arbeitsbedingungen in Ronchamp bestärkten ihn und
er nahm den Auftrag von Pater Couturier an, in der Nähe von Lyon ein
Dominikanerkloster zu bauen. Um „einen Ort der Meditation, der Suche
und des Gebets für die Predigermönche“ errichten zu können, besuchte
er zuvor das Zisterzienserkloster Thoronet in Südfrankreich, das lebhafte
Eindrücke bei ihm hinterließ.
Seine ersten Pläne von 1953 für das leicht nach Süden abfallende
Gelände zeigen ein rechtwinkliges Gebäude, das an seinem Standort
etwas ungelenk wirkt. Der endgültige Entwurf von 1954 ist subtiler. Die
Bauarbeiten zogen sich aufgrund der beschränkten finanziellen Mittel der
Dominikaner in die Länge. Wie alle seine großen Gebäude seit den 1920er
Jahren stellt auch dieser Bau zwei Ordnungen aus genormten Elementen
gegenüber: die Mönchszellen und die Gemeinschaftsräume. Le Corbusier
interessierte sich für die historische Entwicklung der Zisterzienserklöster.
Er legte die Klausur mit ihren Gängen um den zentralen Innenhof jedoch
nicht in der traditionellen Form an, wie er sie zum ersten Mal in Ema
gesehen hatte, sondern verlegte den Kreuzgang in die Mitte: er trennt die
übrigen Klosterbereiche voneinander, und zwar in Form eines Kreuzes, das
vier Höfe bildet. Das Gebäude scheint nicht fest auf der Erde zu stehen,
sondern wie an der Horizontalen des gemeinsamen Daches befestigt;
es berührt den Boden nur mit Betongittern, „so gut es kann“, pflegte Le
Corbusier zu sagen.
Ein U-förmiger Bauteil nimmt die Mönchszellen auf, sozusagen die
extremste Form seiner in den 1920er Jahren entwickelten Wohnungen
für das Existenzminimum oder auch Schlafwagenabteilen und
Schiffskabinen nachempfunden. Die gleichförmigen Wohnungen
sind hier auf ihre einfachste Form reduziert, die Verschalungen ihrer
Sonnenblenden stammen aus der Unité von Nantes-Rezé. Die Zellen sind
mit einem Waschbecken ausgestattet und äußerst sparsam möbliert.
Die vorgelagerten Flure führen in den zentralen Hof und werden
durch schmale Bandfenster erhellt. Der nach Süden weisende Teil des
U verbindet das Refektorium mit der Bibliothek, die sich beide zum
Innenhof hin öffnen durch eine Wand, bei der Le Corbusier abwechselnd
mit verglasten und ausgefachten Rechtecken spielt, weshalb sie den
64
LC La Tourette
65
Spitznamen „Mondrian-Mauer“ erhielt.
Die Kirche ist eine autonome Einheit, vom U der Zellen durch einen
schmalen Zwischenraum getrennt. Mit ihrer Form setzte Le Corbusier
ein neues Konzept um, nämlich das eines „Wunderkastens“ - eines
großen Raums, in dem alle möglichen „Schauspiele“ veranstaltet werden
können und das er in Tokio vergeblich zu realisieren versuchte. Die
Dunkelheit des Raums - ebenfalls ein neues Thema -, die das Schwarz
des Steinfußbodens unter dem Altar vertieft, wird durch eine senkrechte
Wandspalte nach Osten und eine waagerechte Spalte nach Westen
aufgehellt. In der an den Hauptraum angrenzenden Krypta werden die
sieben Altäre, an denen die Dominikaner einer (nach dem 2. Vatikanischen
Konzil abgeschafften) Ordensregel folgend ihre Messen zelebrieren, von
einer mehrfach geschwungenen Mauer umfasst. Die Altäre werden durch
„Lichtkanonen“ beleuchtet, die die Krypta in den Abglanz ihrer farbig
gestrichenen Laibungen tauchen. Die Sakristei auf der anderen Seite des
Kirchenschiffs wird durch sieben „Lichtmaschinengewehre“ erhellt.
Nahe dem durch drei Zylinderformen markierten Eingang befindet
sich eine kleinere, von einer Betonpyramide bekrönte Kapelle. Die
Galeriepassagen kreuzen sich in einem Atrium mit Pultdach und laden
zu einem großartigen „architektonischen Spaziergang“ ein, der die
Entdeckung der Baukörper und der Landschaft erlaubt, über der sie von
dünnen Betonscheiben getragen schweben. Wellenförmige Verglasungen,
deren Holzrahmen nach dem Modulor bemessen sind und die wechselnde
lineare Schattenmuster auf die Böden werfen, rhythmisieren die Wände
der Galerien. Die Ausführung hat dem griechischen Bauleiter lannis
Xenakis, der als politischer Flüchtling in Paris lebte, viel zu verdanken.
Zur gleichen Zeit komponierte er sein Hauptwerk „Metastasis“, dessen
Klangsequenzen sich in den „Wellenfenstern“ wieder finden.
Ein „Werk der Liebe“ in den Augen Le Corbusiers, weckt dieses Kloster aus
rauhem Beton zugleich Ratlosigkeit und Interesse. Der amerikanische
Architekturhistoriker Vincent Scully verglich es mit den Villen der 1920er
Jahre. Er sah im Haus „Citrohan“ ein griechisches Megaron (älteste
griechische Hausform mit einem Raum und einer Vorhalle) mit vier
massiven und einer verglasten Mauer, in der Villa Savoye ein „Sandwich“
- und La Tourette demzufolge als „Megaron, das davon träumt, sich in
ein Sandwich zu verwandeln (oder umgekehrt)“. Colin Rowe seinerseits
bemerkte, der Architekt habe „sich bewusst darum bemüht, die
akademische Debatte in künstlerische Begriffe umzusetzen“ und das
Kloster sei „weniger eine von Wohnungen umgebene Kirche als ein
bewohnbares Theater für Virtuosen der Askese, das durch eine Sporthalle
für das Training spiritueller Athleten verdoppelt wird“. Als der Orden
infolge fehlenden Nachwuchses sein Aufbauprogramm der klösterlichen
Gemeinschaft in La Tourette aufgab, wurde das Kloster zum Kultur- und
Begegnungszentrum.
66
Gesamtplan der Anlage
1
Gemeindezentrum
1a Die Kirche - Eingang zum Pfarrhaus und zu den Gemeindesälen
1b Eingangsrampe zur Kirche
1c Platz bei der Kirche
2
Schwimmbad
2a Gedecktes Schbimmbassin 25 x 15 m
2b Ankleideraum
2cWellenbad
3
Stadion
3a Kassen
3b Ausgang der Zuschauer
3c Strasse der Zuschauer
3d 3400 Sitzplätze
3e Gedeckte Tribüne
3f Fussballplatz, Rugby
3g Eingang der Athleten
4
5
6
7
8
9
10
11
Jugendhaus
4a Strasse des Jugendhauses
4b Eingang des Baues
"Boîte à miracle" (kleines Mehrzwecktheater, nicht ausgeführt)
Eingang der Défilés, elektronische Spiele, Zufahrt der Lastwagen ins Terrain
Tribüne
Theater
Bühne
Übungsplatz
Parkplätze
LC Firminy
67
Volume 8 des Oeuvres Complet
Eugène Claudius Petit
Firminy-Vert
Die zwei Stadtplanungen für Firminy-Vert, wovon die erste praktisch
innerhalb von neun Jahren verwirklicht worden ist und die zweite im
Begriff steht, ausgeführt zu werden, verfolgen folgende Absichten:
a) Schaffung der Grundlagen für ein neues Wohnen in menschlicher,
familiärer und sozialer Hinsicht; Umwertung des täglichen Ablaufes,
insbesondere in Rücksicht auf die Frau, die Mutter, was das Verhalten der
Kinder weitgehend mitbestimmen dürfte.
b) Gestaltung der Umgebung, des städtischen Alltags. Gestaltung
von Raum und Masse, von Form und Farbe; Wiederherstellung der
geschichtlichen Grundlage unter Erneuerung der zweckdienlichen
Anlagen in neuer Anordnung und Verteilung, insofern von den
historischen Resten nichts mehr vorhanden war.
Infolgedessen standen die Architekten und Stadtplaner vor gewaltigen
Aufgaben, um das Durchschnittliche zu verbannen, die Banalität zu
verhüten, die Kopien zu vermeiden, mit einem Wort: um trotz kargen
Mitteln der Schönheit neue Bahnen in Firminy zu öffnen.
Die ersten Arbeiten bedeuteten die Anfangsstufe einer Entwicklung,
bei welcher zunächst das Interesse der Bevölkerung wach wurde, sich
dann aber zu einer wirklichen Begeisterung steigerte im Bewußtsein,
daß dieses Gesamtwerk dem größten zeitgenössischen Architekten
anvertraut worden sei.
Das Stadion, das Haus der Kultur und der große Wohnblock waren teils
geplant, teils in Ausführung begriffen, als Le Corbusier beauftragt wurde,
die Petruskirche zu planen und zu bauen.
Am 14. April 1960 schrieb mir Le Corbusier: «Ich fahre nach Indien und bin
froh über die Studien, die für Firminy gemacht worden sind.
Ich glaube, daß es sich um eine wichtige Weiterentwicklung von
Marseille, Berlin und Co. handelt. Dank Ihrer wachen Mitarbeit wird es
uns gelingen, keine Scheußlichkeiten zu bauen, sondern gute Sachen. So
wollen wir das Spiel spielen, ein Spiel, das leider in den meisten Fällen
verkehrt gehandhabt wird.»
Er meinte damit den Wohnblock in Firminy.
Am 21. Mai 1965 besichtigte er die Arbeiten dieses Wohnblockes, der
damals auf die halbe Höhe gebracht worden war; zuvor hatte er sich
lange im Haus der Kultur aufgehalten, das kürzlich vollendet worden war.
Er war von der Reise und der Besichtigung etwas ermüdet; war aber über
den Empfang, den ihm die Bevölkerung, die Bauunternehmer und die
Arbeiter entgegenbrachten, sehr gerührt.
Es war sein letzter Besuch in Firminy. Natürlich äußerte er mir gegenüber
seine Ungeduld, den Bau der Kirche beginnen zu sehen. Er war sich
der Widerstände bewußt, doch hatte er sein Vertrauen gesetzt in die
Hartnäckigkeit derer, die ihn beauftragt hatten.
Am 23. März 1960 schrieb der Vorsteher der Kirchgemeinde: «Wir haben
dem Bischof unseren Entschluß unterbreitet, unsere Kirche durch Le
Corbusier bauen zu lassen. Im Prinzip ist Seine Hochwürden nicht
dagegen, wenn nur Le Corbusier eine passende Kirche baue... Er ist ein
Geistlicher, der die Dinge begreift und dessen Ideen auf einen einfachen,
aber schönen Kirchenbau hinzielen, der auch in Zukunft als Ausdruck
unserer zeitgenössischen Architektur Geltung behalten müßte... »
Meinerseits schrieb ich an jemanden: «Sie wollen keinen falschen
Schein, sie wollen Echtheit. Sie wünschen weder aufwendige Mittel
noch technische Eigenheiten. Sie wollen, daß der Geist die bescheidenen
Materialien belebe und den Volumen, dem Raum, dem Licht einen Sinn
verleihe. Ein in die Wirklichkeit übertragener Gedanke. Sie denken, daß
Le Corbusier dies besser als irgendwer bieten kann; sie haben meines
Erachtens recht.»
Am 30. Januar 1962 schrieb einer der Bauberater des Bistums: «Es ist
ein allzu seltenes Glück für die Diözese, daß für den Kirchenbau eine
Anlage vorgesehen wird, die in bester Übereinstimmung mit den neuen
Stadtteilen steht.»
Am 19. Juni 1962 kam Le Corbusier nach Firminy, um den Standort
der Kirche zu bestimmen. Mit Skizzenbuch und Bleistift in der Hand
durchschritt er Firminy-Vert, die umliegenden Hügel und die bestehenden
Bauten umreißend; er gab Farbtöne an und unterstrich den Sinn aller
Dinge. Er stieg bergwärts, beobachtete mit dem ihm eigenen Scharfsinn
die Gegend, stieg wieder talwärts, langsam bis zu dem Punkte, wo er den
Bau situierte.
68
LC Firminy
69
Ich schrieb gelegentlich an Zögernde: «Man muß den höheren Sinn eines
solchen Werkes erfassen. Der bedeutendste Architekt, der den Bau einer
Kathedrale in Norditalien abgelehnt hat... und den Auftrag akzeptiert,
eine unansehnliche Kirche zu bauen, wie sie der Armut zusteht, die
nur als würdevoller Zustand verstanden werden darf - gewiß, und hier
bringt gerade der architektonische Gehalt jene Würde - mitten in ein
Arbeiterquartier hinein, das die Erneuerung der Stadt kennzeichnet. Eine
rohe, einfache Kirche, bescheiden in der Anlage, jedoch bestimmt im
Ausdruck eines Willens, wo schon allein das Licht wie in Ronchamp, wie in
La Tourette zum Gebet wird.»
Sieben Monate vor seinem Tode sandte Le Corbusier an Pater Tardy, der
uns durch Unfall entrissen wurde, seinen letzten Brief, der die Kirche
betraf. Welch edler Arbeiter, welch hohes Gewissen und welch ein Stolz
über sein Schaffen leuchten aus diesen alltäglichen Worten! Welch ein
Wille tut sich hier kund und vor allem welche Zuversicht, welches Hoffen!
Es war am 28. Januar 1965.
Le Corbusier: «All das hat zahlreiche Wochen geduldiger Anstrengung,
Bereinigung benötigt, um unter hartnäckigen Untersuchungen,
durch eine sorgfältige Organisation der verschiedenen Phasen, unter
systematischer Trennung des Unnötigen oder Überflüssigen, einen
Gesamtpreis zu erwirken, der dem vertraglich festgelegten entspreche...
Eine Arbeit ist mir aufgetragen worden. Ich habe sie gewissenhaft
geleistet. Ich habe es unternommen, mit Bescheidenheit, sagten Sie
selber zu mir damals, alles von neuem zu beginnen, als ich ein zu
großzügiges Projekt entworfen hatte. Ich habe genaue Ausführungspläne
und Studienmodelle gemacht. lch habe mich mit dem Bauunternehmer
in Diskussionen eingelassen. Ich habe gekämpft mit den Materialien,
den Formen, dem Unternehmer. Ich habe sämtliche Bedingungen des
Vertrages erfüllt. Ich habe meine Arbeit geleistet. Ich fühle mich mehr
als je an dieses Werk gebunden, das unser Werk ist... Und ich kann von
jetzt an nichts dringlicher erwarten als den Beginn des Baues, zur größten
geistigen Freude aller...»
Am 27. Juli 1965 bat mich Le Corbusier, an der Rue de Sèvres
vorbeizukommen, um mir eine Skizze über die Planung eines Sektors von
Paris zu zeigen, dessen bewußte Kühnheit ergreifend war. Eine einfache,
logische, klare, wirkungsvolle, starke Idee...
Am 27. August 1965 trauerte die Stadt Firminy um den Menschen, der ihr
so viel gegeben hatte. Auf den Bauplätzen gingen die Arbeiten weiter, und
andere werden kommen «zur größten geistigen Freude aller».
21. Juli 1969
70
LC Firminy
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La Maison de la Culture et la Jeunesse
Le Corbusier
mit Stribick Ingenieure
1959-1965
Rue de St. Just-Malmont, 42700 Firminy, Loire
Anfänglich sollte das Volksbildungs- und Jugendhaus mit dem
Stadion für 10’000 Personen zusammen erstellt werden. Es hat eine
ungewöhnliche Lage auf der Rückseite der Tribünen des Stadions. Damit
wurde sowohl an Bodenfläche wie auch an Fundamenten gespart. Die
zwei Bauten waren eng miteinander verbunden. Da aber zeigte sich,
dass das Stadion einem anderen Ministerium unterstellt war als das
Volksbildungs- und Jugendhaus. Folge: Es wurde angeordnet, dass das
Volksbildungs- und Jugendhaus am anderen Ende des vorgesehenen
Terrains erstellt werden müsse. Da aber die erste Lösung eine Fülle
von Vorteilen für das Jugendhaus ergab, hielt Le Corbusier an seiner
Lösung fest. Daher kommt die ungewöhnliche Form des Gebäudes.
Mit den Bauarbeiten ist 1961 begonnen worden. Bereits entstand in
Zentralamerika ein ähnlicher Bau, Plagiat der Arbeiten aus dem Atelier Le
Corbusier. Was nicht zum erstenmal geschah.
Das 112 Meter lange Gebäude setzt sich aus 16 Jochen von 7 Metern,
die durch zwei Dilatationsfugen getrennt sind, zusammen. Die
Hängekonstruktion des Daches von 18,25 Metern theoretischer
Spannweite weist im Schnitt eine unsymmetrische Parabel auf bei einer
Biegung von 1,30 Metern. Die Auflager sind in der Höhe um etwa 2,95
Meter versetzt.
Die Bedachung besteht aus Celiumplatten und wird von 132 Kabeln
getragen, die eine Gesamtlänge von 2500 Metern bilden, wobei jedes
Kabel aus 19 Drähten von 38/10 gebildet wird; sie sind je zu zweien
gruppiert bei einem Abstand von 235 mm; der Achsenabstand beträgt
1,75 Meter.
Bei den Giebeln und den Dilatationsfugen liegt das Kabel von der
Fugenmitte 41 cm, und vom Giebel 34 cm entfernt, die Celiumplatten
kragen bei diesen Kabeln vor. Jedes Kabel hat an den Enden eine Hülse.
Jede Achse wird in waagerechter Lage durch zwei gelochte Pleuel von
36 mm Durchmesser und in senkrechter Stellung durch geschweißte
Stahlstücke festgehalten.
Diese Pleuel sind an den Randbalken aus Eisenbeton durch Hülsen von
60/70 befestigt und durchstoßen diese beim Betonierungsvorgang, so
daß die Zugkräfte in das Betonskelett übertragen werden.
Durch dieses Vorgehen wurde die Bedachung völlig unabhängig vom
Skelettsystem.
Diese Hülsen wurden auf den Millimeter genau versetzt, um insbesondere
bei der Ostfassade das nötige Gefälle für das Regenwasser zu ergeben,
das sich an jedem Giebel durch Wasserspeier nach außen ergießt.
Die Regulierung des Hängedaches geschieht entweder von innen, indem
die Bügel der Kabel gespannt werden, oder von außen her durch Drehung
der Schraubenmuttern an den Pleueln.
Die Dachplatten bestehen aus Celium-Zellbeton von 10 cm Dicke; sie
sind direkt auf den Kabeln versetzt; Wärmeisolierung und selbsttragende
Eigenschaften waren ausschlaggebend, wobei die Armierung schon bei
der Herstellung am unteren Rande vorgesehen war. Die Fixierung der
Platten an den Kabeln geschieht durch Klammern und galvanisierte
Platten.
Die Fugen sind mit Mörtel ausgefüllt zur Versteifung des Ganzen,
worauf dann die Dichtungsschichten ausgebreitet wurden. Diese ganze
Dachkonstruktion ist völlig unabhängig von den Zwischenwänden und
Giebeln. Die Anschlußstellen sind mit galvanisiertem Blech versehen, das
vom Dichtungsmaterial überdeckt wird.
Im Oberteil sind die Trennungswände nicht an die Dachkonstruktion
angeschlossen, um der Dilatation ein gewisses Spiel zu lassen; der
Zwischenraum ist mit oben und unten geklebten Gummibändern
ausgefüllt.
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LC Firminy
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74
LC Firminy
Stade
Le Corbusier
mit André Wogenscky, Fernand Gardien
1965-1968
1, rue des Noyers, 42700 Firminy, Loire
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LC Firminy
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Église Saint-Pierre de Firminy
Le Corbusier
mit José Oubrerie
1961-2006
Place-du-Mail, 42700 Firminy, Loire
Die Kirche von Firminy-Vert ist im Hinblick auf ihre Lage in einer Talsohle
projektiert. Sie besteht aus einer hyperboliden Schale und stellt neben
Ronchamp und La Tourette einen dritten neuartigen Kirchentyp dar.
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LC Firminy
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Unité d‘Habitation Firminy
Le Corbusier
mit André Wogenscky
1968
Les Bruneaux, 42700 Firminy, Loire
Der Bürgermeister von Firminy, Monsieur Claudius Petit, beauftragte
Le Corbusier mit dem Bau einer Unité d‘habitation als Abschluss einer
Siedlung, deren erste Etappe von anderen Architekten erstellt worden
war (Marcel Roux et Sive). Wie alle anderen Unités de ‹‹grandeur
conforme›› ist das Gebäude auf der Ost- und Westfassade mit
Sonnenblenden versehen. Schnitt und Fassade der Unité d‘habitation
und deren Proportionen sind denen der Unité von Marseille sehr ähnlich.
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LC Marseille
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Unité d‘Habitation Marseille
Le Corbusier
mit André Masonnier, André Wogenscky
1945-1952
280, boulvard Michelet, 13008 Marseille, Bouches-du-Rhone
Die Unite d‘habitation war Le Corbusiers erster staatlicher Bauauftrag.
Um den ausgebombten Bewohnern der zerstörten Stadtviertel wieder
ein Dach über dem Kopf zu verschaffen, wandte er ein Prinzip an,
das auf seine „immeuble-villas“ und „gezahnte Häuserblocks“ von
1922 zurückgeht. 1930 hatte er in Moskau festgestellt, dass Moissej
Ginzburg und die Konstruktivisten seine Ideen schon beim NarkomfinHaus umgesetzt hatten, indem sie darin „Gemeinschaftsdienste“
einrichteten. Diesen Plänen hat le Corbusiers Entwurf viel zu verdanken.
In den 1930er Jahren hatten zwei Entwicklungen zur Formulierung
eines Gebäudes mit gleichförmig großen Wohneinheiten geführt: Zum
einen stellte sein in Genf 1930-1932 entstandener Wohnblock Clarté mit
Stahlskelettkonstruktion den ersten Bautyp dieser Art mit MaisonetteWohnungen dar. Zum andern führte er in den „gezahnten Häuserblocks“
zum ersten Mal die durchgehenden Erschließungswege des NarkomfinBaus ein und begann dann, sie in seinen städtebaulichen Plänen in
einzelnen Gebäuden zu segmentieren. Im Krieg in „la Maison des
hommes“ (1942) formuliert, kam das Prinzip der autonomen Wohneinheit
auch beim Wiederaufbauplan der Stadt Saint-Dié (1944) zur Anwendung,
der sämtliche Einwohner in sechs Wohnblöcken unterbrachte.
Der Entstehungsprozess der Unité in Marseille gestaltete sich schwierig.
Vom Minister für Wiederaufbau und Städtebau, Raoul Dautry, in Auftrag
gegeben, wurde sie nur dank der Entschlossenheit seines Nachfolgers
Eugène Claudius-Petit fertig gestellt, den konservativen Architekten zum
Trotz, die heftig dagegen kämpften. Infolge eines perfiden Gutachtens,
das die Entwicklung von Geisteskrankheiten bei den künftigen Mietern
prognostizierte, brach eine landesweite Kontroverse aus und das
Gebäude hieß von nun an im Marseiller Volksmund „Maison du Fada“ Haus des Verrückten.
Die „Unité“ war als „vertikale Gartenstadt“ konzipiert, probeweise für vier
verschiedene Standorte, bevor sie ihren endgültigen Platz am Boulevard
Michelet fand, in einem der guten Stadtviertel von Marseille. Auf dicken
Betonpfeilern aufgeständert, die sämtliche Rohre enthalten, nimmt ein
82
LC Marseille
83
Stahlbeton-Tragwerk in Form eines Flaschenregals die „Flaschen“ - die
337 Wohnungen - auf, deren Fassadenteile mit Sonnenschutzgittern aus
Beton vorgefertigt wurden. Von Ost nach West werden die Wohnungen
alle drei Stockwerke über „innere Straßen“ erschlossen, an denen le
Corbusier seit 1929 arbeitete. Eine dieser Straßen - höher gelegen und an
ihren vertikalen Sonnenblenden erkennbar - beherbergt Läden und ein
Hotel. Die Loggien der Wohnungen bieten Ausblick auf die Berge oder
auf das Mittelmeer; die Dachterrasse umfasst eine Kindertagesstätte
und eine Sporthalle und reproduziert damit mitten in der mediterranen
Landschaft die Kommandobrücken der von Le Corbusier seit 30 Jahren
bewunderten Ozeandampfer.
Die Bauarbeiten an diesem bislang größten Projekt des Architekten
verzögerten sich aufgrund von Finanzierungsengpässen und wurden
schließlich erst nach fünf Jahren statt der geplanten zwölf Monate
abgeschlossen. Die Unité war nicht nur das erste Bauwerk, bei dem
das von Le Corbusier seit 1943 entwickelte Modulor-Proportionssystem
zur Anwendung kam, sondern auch eine Versuchsreihe für einfache,
industriell hergestellte Möbel. Jean Prouvé und Charlotte Perriand
waren an der eleganten Gestaltung der Inneneinrichtung, u. a. der
Einbauschränke, beteiligt. Für Le Corbusier machte die Unité aber nur
wirklich Sinn als ein Ensemble städtischer Wohnquartiere. Das Scheitern
seines Satellitenstadtplans für Marseille-Süd mit 23 Wohneinheiten und
seiner Vorschläge für Straßburg und Meaux verwehrte ihm die Chance,
diese Idee umzusetzen. Er musste sich damit zufrieden geben, unter
zum Teil schwierigen Umständen, einzelne Wohnblöcke in Nantes-Rezé,
Briey-en-Forêt, Firminy und - im Rahmen der Interbau 1957 - in BerlinCharlottenburg zu realisieren.
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LC Marseille
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LC Paris
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Villas La Roche - Jeanneret
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1923-1925
8-10, square du Docteur-Blanche, 75016 Paris
Das 1923 für Raoul La Roche und Albert Jeanneret im Pariser Vorort Auteuil
geplante Doppelhaus markiert eine Schwelle im architektonischen
Denken Le Corbusiers. Die ersten Entwürfe für ein Grundstück in einem
gut bürgerlichen Wohnviertel mit damals noch dörflicher Atmosphäre
waren rein spekulativ, wie so viele kleine Projekte, an denen Le Corbusier
in Paris arbeitete. Ein bescheidenes Raumprogramm entwickelte sich, und
die ursprünglich symmetrisch skizzierten Grundrisse wurden verworfen.
Tatsächlich markiert dieses Projekt den Beginn von Le Corbusiers Studium
der Werke seiner europäischen Zeitgenossen. Obwohl ihm viele deutsche
Strömungen eher fremd waren, unterstützte er das Weimarer Bauhaus
im Überlebenskampf vor seiner Auflösung, zeigte aber, trotz seiner
Korrespondenz mit Ilja Ehrenburg und EI Lissitzky, noch wenig Sensibilität
für die feinen Unterschiede innerhalb der russischen Avantgarde.
Von den im Oktober 1923 in der Galerie „L‘Effort moderne“ gezeigten
Architekturmodellen von Theo van Doesburg und Cornelis van Eesteren,
die als „Architekten der De-Stijl-Gruppe“ vorgestellt wurden, war
er so begeistert, dass er die Grundsätze revidierte, nach denen er
seine bisherigen Wohngebäude entworfen hatte. Angesichts ihrer
„Gegenkompositionen“ modifizierte er den Entwurf der Villa La RocheJeanneret und ersetzte die kleineren Fensteröffnungen durch sehr viel
größere Glasflächen. So wurde das Haus zur Collage aus großen Mauerund Glasflächen, und konventionelle Fensteröffnungen trafen fortan mit
den Raum- bzw. Gebäudekanten zusammen. Seine Architektur brach mit
allen für ein Wohnhaus typischen Gestaltungsmomenten.
Die Raumfolge ordnet sich wie eine „architektonische Promenade“. Le
Corbusier setzte hier zum ersten Mal einen Gedanken um, der ihm bei
der Untersuchung der Akropolis in Athen gekommen war - den einer
Prozessionshalle, wie er sie auch schon in Auguste Choisys „Histoire de
I‘architecture“ beschrieben fand. Ein Spaziergang bietet stets wechselnde
An- und Aussichten, die sich hier in drei Richtungen auftun. Wenn
man die Treppe vom Eingang hinaufgeht, erschließt sich die Weite der
Eingangshalle und ihre Beziehung zum Esszimmer. Auf der Höhe der
88
LC Paris
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Baumkronen setzt sich der Spaziergang zur Bildergalerie fort, hinter
deren geschwungener Wand sich die Rampe verbirgt, die zur Dachterrasse
führt. Die Bildergalerie bildet den lichterfüllten baulichen Rahmen für die
kubistischen und puristischen Gemälde, die Le Corbusier und Ozenfant
für La Roche erworben haben.
Die neuartige Gestaltung dieser Villa zeigt, dass Le Corbusier von dem
in der „Domino“-Serie noch spürbaren konstruktiven Rationalismus
Perrets zu einer vorurteilsfreien Gestaltung von Oberflächen ohne
konstruktive Funktion gewechselt ist. Die unregelmäßig gegliederte
Bauform wird durch die Tatsache gerechtfertigt, dass „jedes Organ einer
organischen Begründung folgend neben seinem Nachbarn auftaucht;
das Innen macht es sich bequem und bestimmt das Außen, das seine
diversen Vorsprünge ausbildet.“ Diese Art deduktiver Gestaltung, bei
der der Grundriss die Form sämtlicher Hausvolumen erzeugt, greift die
der französischen Rationalisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts
auf. Die Unregelmäßigkeit wird allerdings durch einen formalen
Grundsatz gebändigt, der die Beziehungen zwischen den verschiedenen
Komponenten des Bauwerks regelt. Die neuen Räumlichkeiten werden
im Innern entworfen und angeordnet, während die Proportionen
der Baumasse und die Fassadenöffnungen einer „regulierenden
Linienführung“ auf der Grundlage des Goldenen Schnitts unterliegen, die
jedem Element sein Maß und seinen Platz zuweist.
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LC Paris
91
Maison Molitor
Immeuble et Appartement de Le Corbusier
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1931-1934
24, rue Nungesser-et-Coli, 75016 Paris
Um dieses Wohnhaus an der Stadtgrenze von Paris zwischen den
Brandmauern der Nachbarhäuser einzufügen, musste Le Corbusier
darauf verzichten, eine seiner „Immeuble-villas“ zu entwerfen, die
den gesamten Häuserblock eingenommen hätte. Im Auftrag des
Wohnungsbauunternehmens Société immobilière de Paris-Parc des
Princes und des Bauträgers Kouznetzoff et Noble entwarf er einen Block
mit Eigentumswohnungen. Die Häuser an der rue Nungesser-et-Coli
bilden eine lange Fassadenfront nach Osten in Richtung Paris in einem
Stadtgebiet, das von großen Sporthallen und Stadien eingesäumt wird.
Wie das direkt angrenzende Haus von Michel Roux-Spitz hebt sich auch
Le Corbusiers Gebäude aufgrund seiner Metall- und Glasfassade von den
übrigen Nachbarbauten ab. Zunächst sah Le Corbusier ein Stahlskelett vor,
das er jedoch durch eine preisgünstigere Betonkonstruktion ersetzte. Auf
einer 12 m breiten und 25 m tiefen Parzelle erlaubte eine axiale Stützenreihe
die freie Aufstellung der Zwischenwände. Unter Berücksichtigung der
Standards für Häuserfronten, die im Regulierungsplan für Paris von 1902
aufgestellt wurden, sind die Fassadenvorsprünge zur Straße hin reduziert.
Trotz dieser Zwänge wollte Le Corbusier „Vorzeige-Wohnungen unter
den Bedingungen der Ville radieuse“ schaffen. Im Erdgeschoss sind die
Eingangshalle, die Zimmer der Hausangestellten und die kurvige Zufahrt
zur Tiefgarage untergebracht. Die auf sechs Stockwerken angeordneten
Wohnungen sind nach Bedarf der Käufer zu zweit oder dritt gruppiert.
Sie sind variabel in der Raumaufteilung und jeweils an einen kleinen
Lieferantenhof und einen größeren Hof angeschlossen. Mittels Fassaden
aus Drahtgitterglasscheiben, Nevada-Glasbausteinen und Klarglas in
einem Stahlrahmenwerk wird jede Etage natürlich belichtet.
Im siebten Stock richtete Le Corbusier seine eigene, über den
Lastenaufzug des Hauses zugängliche Wohnung ein und stattete sie mit
Tonnengewölben aus, deren Spannweiten mit dem vorschriftsmäßigen
Raster übereinstimmen. Die Abendsonne taucht die Räume zur rue de la
Tourelle in warmes Licht, vom Bad zum Schlafzimmer, eine Abfolge fließend
ineinander übergehender Räume. Die Gestaltung der Kücheneinrichtung
bestimmte Charlotte Perriand wesentlich mit. Breite Drehschwingtüren
führen in das vom größeren der zwei Gewölbe überspannten Atelier mit
Büroecke und Dienstbotenzimmer.
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Villas Lipchitz - Miestchaninoff
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1923-1924
9, allée des pins, 92100 Boulogne-sur-Seine
Originally conceived as an artist colony of three studio-residences about
a communal garden, one of the clients, M. Canale of 3 rue des Arts, did
not build his house according to the architects‘ plan. The building with
passarelle, or bridge, was owned by Oscar Miestchaninoff, the other by
Jacques Lipchitz, who executed sculptures for several of Le Corbusier‘s
projects including Villa de Mandrot.
As combination studio-residences, the buildings are variations on
the house executed for Ozenfant, which in turn has precedent in the
nineteenth-century Parisian workshop and in Le Corbusier‘s Maison
Citrohan, with its complex of sources. The functional requirements of large
sculpture necessitated that the studios be returned to their traditional
placement on ground level with dwellings above, the inverse of Atelier
Ozenfant. Dignified prismatic volumes, these three studio-residences are
distinct from the fluid vision of the column grid with cantilever slabs set
forth in the Maison Dom-ino.
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Villa Cook
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1926
6, rue Denfert-Rocherau, 92100 Boulogne-sur-Seine
The clients for this house, the expatriate American journalist William
Cook and his French wife, Jeanne, belonged to the intellectual and artistic
circle that included many of Le Corbusier‘s clients, the Steins among
them. In fact, the Cooks commissioned their house within weeks of the
Steins, but moved into it long before their friends could inhabit the palace
at Garches. The speed with which the house was designed reflects, in part,
the extent to which it expressed a set of thoroughly formulated ideas
concerning art and industry. As Le Corbusier stated, „here are applied very
clearly the certitudes acquired to this point.“
The certitudes took the form of what Le Corbusier called „the true cubic
house“. Plan, section, and elevation all derive from the same square and
in reference to one another. The canon of the Five Points: the continuous
strip window, round pilotis, free plan, free facade and roof garden is
deployed in service to this cubic organization, but without the axial
extension implicit in the Maison Dom-ino.
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Villa Ternisien
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1926-1927
5, allée des Pins, 92100 Boulogne-sur-Seine
Le Corbusier described the house as a „jeu d‘esprit“ referring to its witty
adaptation of his studio type to a peculiar site. The Ternisiens engaged Le
Corbusier after hearing him lecture at the Sorbonne in 1923. Originally,
Madame Ternisien‘s painting studio stood at the rear, an unmodulated
double-height box with industrial sash windows, the pure studio type.
Paul Ternisien‘s music room engaged the corner with a curved wall
evocative of the instruments depicted in purist paintings. A smalI,
glazed dining room and entrance connected the two studios and framed
the site‘s small tree. One can imagine the neighborhood of 1926 as an
extended site unified by the nautical theme of Le Corbusier‘s purist
shapes: the „smokestack“ stair and ship‘s bridge of Miestchaninoff down
the street, complemented by Ternisien‘s „pointed bow.“
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Villa Besnus
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1922
85, Boulevard de la République, 94400 Vaucresson
Praktische Konsequenz der Studien im „Salon d‘Automne“ 1922. Der
Augenblick, da alle Schwierigkeiten auf einmal zusammenkommen.
Man hatte im „Esprit Nouveau“ Theorien entwickelt, genügend klare
Gesichtspunkte aufgestellt, um das Terrain zu reinigen. In diesem ganz
kleinen Haus galt es nun, im Gegensatz dazu alles architektonisch neu
zu schaffen, den Konstruktionsvorgang, eine wirkungsvolle konstruktive
Lösung des Daches zu finden, die Einrahmung der Fenster, Gesimse
etc. Man entdeckte den „freien Plan“ (Einrichtung eines Badezimmers
inmitten einer Etage), man bestimmte die Form des Fensters, sein Mass
(Höhe menschlichem Mass entsprechend).
Corbusier erzählt: „Eines Abends im Velodrome d‘hiver während eines
Sechstagerennens; herrliches Schauspiel von Grösse und Einheit; beim
Herausgehen in der geistigen Stille, die die Strasse vermittelt, schien mir
plötzlich, dass dieses senkrecht auf der Fassade stehende Treppenhaus
ein Widerspruch zu ihrem Rhythmus war, der die Einheit der Komposition
durchbrach: Ich liess das Treppenhaus eine Viertels Drehung beschreiben
und jetzt reihte es sich der Fassade an, sie verlängernd und bereichernd.“
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Villa Stein
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1927-1928
17, rue du Prof. Victor Pauchet, 94400 Vaucresson
Dieses Haus, das Komfort, Luxus und architektonische Ästhetik in sich
vereinigt, stellt eine wichtige Etappe im Bauen Le Corbusiers dar. Das
ganze Haus wird von einem Säulensystem getragen, wobei die Abstände
5 und 2.5 m betragen. Die innere Anordnung spielt dabei keine Rolle.
Würde man diese Säulen zu einem Bündel vereinigen, so ergäbe sich
eine Querschnittsfläche von 110/80 cm. Das ganze Haus wird also von
einem Betonquerschnitt von 110/80 cm getragen. Der Eindruck des
Reichtums entsteht nicht durch Luxusmaterialien, sonder durch Anlage
des Grundrisses und der Proportionen.
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La Petit Maison de Weekend
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1935
49, avenue du Chesnay, 78170 La Celle-St-Cloud
Das Haus von 2.60 Meter Höhe befindet sich an der Ecke des Grundstückes.
Das flach gewölbte Dach ist mit Gras beplanzt; als Baustoff wurde
Bruchstein verwendet.
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Atelier Ozenfant
Le Corbusier
mit Amédée Ozenfant
1922-1924
53, avenue Reille, 75014 Paris
The client for this studio-residence was Amédéé Ozenfant, Le Corbusier‘s
mentor in the development of Purism. Ozenfant was a painter and a critic
who moved easily among arts and industries, designing a streamlined
automobile body called the Hispano-Suiza (1912) and establishing an
aesthetic journal l‘,Elan (1915). He made several ventures into the world of
fashion with the designer Germaine Bongard, the sister of Paul Poiret, and
then with his Russian wife.
In the pages of l‘Esprit Nouveau, and at the Salon d‘Automne (1922), Le
Corbusier proposed several versions of a universal dwelling called the
Maison Citrohan, based on the potentials and demands of the machine
age. Conceived as a standardized object of mass production, it had a
reinforced concrete structure, metal sash windows and prefabricated
details, all designed according to a module. For the organization of
this „architectural mechanism,“ Le Corbusier looked to various sources,
including vernacular Mediterranean types and a small bistro he
frequented in Paris which had a double-height salon and small kitchen
tucked beneath a mezzanine. As Reyner Banham has observed, however,
it was the nineteenth-century Parisian studio-workshop that provided Le
Corbusier with the directness of the vernacular, the spatial formula of the
café, and the forms of industry together in a single entity.
Atelier Ozenfant, as such a Parisian studio-workshop, was a particularly
apt program with which to begin the exploration of yet untested ideas
of dwelling. The house had service quarters and garage on the ground
level; a piano nobile entered directly from the spiral stair with master
apartment in the front and a gallery at the rear; and a top floor studio.
The generic aspects of the Citrohan dominate the expression of the
building: concrete floor slabs and piers, glass facades with industrial
metal sashes, non-bearing partitions freely disposed, a dominant doubleheight studio space with mezzanine and circulation along the edge.
Elements particular to the house evoke related industrial sources, such as
the original skylights now gone, or the metal ship‘s ladder leading to the
library „cockpit.“ This vocabulary sets it apart from its neighboring arts
and craft houses, although its relation to the street is similar.
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Villa Planeix
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1924-1928
24 bis, boulevard Masséna, 75013 Paris
Rez-de-chaussée: un garage au centre de l‘immeuble. A gauche et à droit
du garage sont deux ateliers. La hauteur de chaque atelier est de 4,50 m
divisible en deux fois 2.20 m. (Atelier, soupent, chambre à coucher, bains
et suisine.)
Premier étage: l‘appartement du propriétaire. Entrée, living-room, deux
chambre à coucher, bains et cuisine. Du living-room und paserelle conduit
directement dans le jardin.
Deuxieme étage: grand atelier.
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Grundriss 4. Obergeschoss
Grundriss 2. / 3. Obergeschoss
Grundriss 2. / 3. Obergeschoss
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Pavillon Suisse
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1930-1933
7, boulevard Jourdan, Cité Universitaire Internationel, 75014 Paris
Die Konstruktion dieses Pavillons erfolgte unter ausserordentlich
schwierigen Umständen (Finanzen und Bodenbeschaffenheit) und
brachte wahre Laboratoriumsarbeit moderner Architektur mit sich.
Probleme von grösster Dinglichkeit wurden in Angriff genommen,
insbesondere das der Trockenbauweise und der Schallisolierung.
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Pavillon du Brésil
Le Corbusier und Lúcio Costa
mit André Wogenscky, Jacques Michel, Fernand Gardien
1957-1959
4, avenue de la Porte Gentilly, Cité Universitaire, 75014 Paris
In Zusammenarbeit mit Lucio Costa aus Rio de Janeiro, welcher die ersten
Entwürfe erarbeitete, wurden später die Pläne weiter vom Atelier Le
Corbusier bearbeitet. Die Zimmer der Studenten und Studentinnen liegen
im Westen und erhalten Sonnenblenden. Westlich dieses Gebäudes steht
der Schweizer Pavillon, den Le Corbusier im Jahre 1930 baute und welcher
bis heute eine bedeutende Rolle in der modernen Architektur spielt.
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Annex du Palais du Peuple
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1926-1927
29, rue des Cordelières, 75013 Paris
De l‘Armée du Salut à Paris. L‘essentiel de la solution apportée ici,
consistait dans l‘emploi d‘un terrain oublié derrière les corps de logis
existants. En recouvrant ce terrain négligé, on laissait libre au-devant
des nouveaux dortoirs et au-devant des anciens dortoirs du Palais du
Peuple, un jardin en plein soleil et le vaste dégagement des domaines des
Gobelins. La solution primitivement envisagée par d‘autres architectes,
consitait à couvrir ce jardin ensoleillé des dortoirs dont la mitoyenne
eut été orientée au sud et les fenêtres au nord; le bâtiment lui-même,
ainsi placé eût projeté son ombre sur les constructions déjà existantes.
L‘architecture consiste souvent, non pas à s‘occuper de façades, mais à
choisir l‘emplacement favorable.
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Cité de Refuge
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret, Möbel von Charlotte Perriand
1929-1933
12, rue Cantagrel, 75013 Paris
Das Obdachlosenheim ist das dritte Bauvorhaben, das Le Corbusier für
die Heilsarmee realisierte - nach dem Volkspalast (1926-1927) und dem
„schwimmenden Nachtasyl“ auf der Seine, einem großen Frachtkahn
aus Beton, der 1929/30 für Obdachlose zu Schlafsälen umgebaut
wurde. Mit der Cité de Refuge, die von 20 000 Spendern und der Fürstin
Winaretta Polignac-Singer finanziert wurde, sollte ein Heim für 500-600
obdachlose Pariser geschaffen werden. Die Einfügung eines sehr großen
Baukörpers in ein dicht bebautes Stadtviertel veranlasste Le Corbusier zu
umfangreichen Studien, bevor er den endgültigen Entwurf erstellte: Die
Gemeinschaftseinrichtungen befinden sich im Erdgeschoss auf der Seite
der rue Cantagrel, der verglaste Schlafsaalkasten liegt im Seitenflügel an
der rue du Chevaleret.
Mit den verschiedenen Bauteilen hat Le Corbusier hier seinem in „Vers
une architecture“ dargelegten Interesse an Ozeandampfern Gestalt
verliehen. Die Raumfolge der großen Säle im Erdgeschoss, ausgehend
vom Haupteingang mit der von Glasbausteinen eingefassten EmpfangsRotunde, reproduziert die Anordnung der Aufenthaltsräume und
Rauchsalons auf großen Dampfern. Die nach dem Vorbild dieser
Passagierschiffe aufgebauten Stockwerke und die Gestalt des ganzen
Gebäudes - bekrönt mit Kommandobrücken ähnelnden Aufbauten haben eine schiffsartige Silhouette. Die Reihung der Schlafsaalmodule
imitiert auf jeder Etage die monotone Abfolge von Schiffskabinen;
die für die großzügige Spenderin in den obersten Etagen reservierte
dreigeschossige Wohnung lässt an den Kommandoposten eines Admirals
denken.
Vom Passagierdampfer entlehnt die Cité de refuge auch ihre Kompaktheit.
Hier wendete Le Corbusier das in Moskau aufgegebene Prinzip der
„exakten Atmung“ an. Jeweils separate Lüftungskanäle sollten die Flure,
Schlafsäle und Einzelzimmer der Bewohner „hygienisch“ belüften und
beheizen. Fehlende Kühlung im Sommer und die Tatsache, dass sich
die Fenster in der Südfassade nicht öffnen lassen, verdammten diese
Maßnahmen allerdings zum Scheitern. Die Cité de refuge wurde im
Zweiten Weltkrieg durch Bombardements schwer beschädigt, da sie in der
Nähe des Gare d‘Austerlitz liegt. Die vollständig zerstörte Fassade wurde
rekonstruiert und durch ein Sonnenschutzgitter ergänzt, das Le Corbusier
noch einmal in projektbezogener Zusammenarbeit mit Pierre Jeanneret
entwarf, obwohl die beiden 1940 ihr gemeinsames Büro aufgelöst hatten.
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Maisons Jaoul
Le Corbusier
mit German Samper, André Wogenscky, Jacques Michel
1952-1955
81 bis, rue de Longchamp, 92200 Neuilly-sur-Seine
Die beiden 1955 fertig gestellten Häuser Jaoul gehören zu den Bauten
Le Corbusiers, die den Bruch mit seinen weißen Villen der 1920er Jahre
vollziehen. Die Steinsockel des Hauses Loucheur (1928), die Ziegelmauern
der Villa de Mandrot in Le Pradet (1931) und schließlich das kleine
ebenerdige Wochenendhaus in La Celle-Saint-Cloud (1935) mit seinen
unverputzten Bruchsteinmauern und schmalen Betongewölben
markieren diese Wende. Als Pendant zur plastischen Revolution von
Ronchamp zeugen sie von Le Corbusiers Fähigkeit, sich immer wieder neu
zu erfinden.
Schon 1937 entwarf er ein Wochenendhaus für den Aluminiumfabrikanten
Andre Jaoul, den er 1935 auf seiner USA-Reise kennen gelernt hatte.
Nun sollte er in einem Vorort von Paris ein Haus für Jaoul selbst - mit
Frau Suzanne und Kindern - und eines für den Sohn Michel und seine
Familie entwerfen. Beide Häuser erheben sich vom gemeinsamen
Garagensockelgeschoss und sind über einen Rampenaufgang zugänglich.
Das erste Haus steht parallel zur Straße, das zweite orthogonal dahinter,
beide besitzen einen Garten und die Küchen öffnen sich auf einen
gemeinsamen Hof hin.
Die Klinkerfassadenflächen mit vertieften Fugen werden durch
unterschiedliche Fensteröffnungen unterbrochen und durch horizontale
schalungsrauhe Betonbänder unterteilt. Das Dach über den dicken
Außenmauern ist mit schmalen gewölbten Terrakottaziegeln gedeckt,
deren Zwickel mit Beton ausgefüllt sind. Es erinnert an Hausdächer, die
Le Corbusier vor dem Krieg in Katalonien und auf den Kykladen gesehen
hatte. James Stirling verglich die beiden Häuser mit provenzalischen
Bauernhäusern oder traditionellen indischen Häusern. Indem er ihre fast
schon primitive Ländlichkeit dem städtischen Charakter der Villa Stein-de
Monzie gegenüberstellte, notierte Stirling 1955, Le Corbusier, der „häufig
beschuldigt wird, ,internationalistisch‘ zu sein“ sei „tatsächlich der größte
Regionalist von allen Architekten“.
Der Unterschied zu den puristischen Villen zeigt sich innen noch
deutlicher. Das Erdgeschoss wird in beiden Häusern von Treppenhaus und
Kamin, die man schon vom Eingang aus sieht, bestimmt. Zwischenwände
unterteilen das Innere auf zwanglose Weise und sorgen für einen
räumlichen Fluss, den das strenge Äußere nicht vermuten lässt. Im
zweigeschossigen Wohnraum bildet die Küche einen kleinen schmalen
Kasten nach Art der Küchen in den Speisewagen von Eisenbahnwaggons,
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denen die Häuser aufgrund ihrer gewölbten Dächer nachempfunden
scheinen. Der Kamin, der fast den Rang des aus osteuropäischen Häusern
vertrauten Ofens einnimmt, wird in seiner Massivität durch Nischen und
Regale aufgelockert.
Es ist aber vor allem das Spiel mit dem Licht, mit dem Le Corbusier von
seinen Vorkriegshäusern abweicht. Das Licht strömt von allen Seiten
in die Räume, entweder durch breite Öffnungen oder schmale Schlitze
und schafft so ein differenziertes, aber dennoch einheitlich wirkendes
Interieur, verstärkt in seiner Einheitlichkeit durch die mit Sperrholzplatten
verkleideten Wände. So sind verschiedene Nutzungen eines Zimmers
möglich, dessen Lichtverhältnisse sich im Tagesverlauf verändern.
Die Fenstergrößen reichen von der kleinen Öffnung, durch die nur
punktuell Licht einfällt, zu großen, raumhohen Fenstern, die durch
Holzplatten unterbrochen und somit an die jeweilige Raumnutzung
angepasst werden. Die Öffnungen treten in Wechselbeziehung zu den
geschlossenen Mauerflächen und der geometrischen Anordnung der
beiden Häuser und folgen so den vom Modulor-System vorgeschriebenen
Proportionsreihen.
Die farbig gestrichenen oder holzgetäfelten Wände und die Backsteine
mit ihren warmen Farbtönen bilden eine neue Materialpalette, die
Le Corbusier zeitgleich beim Bau der Villa Sarabhai in Ahmedabad
verwendete. Wenn die Jaoul-Häuser auch auf den ersten Blick wie die
Antipoden der puristischen Villen erscheinen, so bewahren sie doch
ihre Verbindung zu den Pariser Wohnhäusern des 18. Jahrhunderts. Auf
die Schlafzimmer folgt ein Wäscheraum, Abstellkammern, ein Bad mit
anschließender Ankleide und sogar eine Hauskapelle, genau wie in den
frühen Pariser Stadthäusern. Mit einer Terrasse, die sich zur Stadt hin
öffnet, laden die Häuser zur Entspannung ein.
Wenn die Jaoul-Häuser, wie Stirling treffend bemerkte, so komfortabel
sind, dass sie die Vorstellung einer „Wohnmaschine“ widerlegen und
„jedermann zusagen“, dann deshalb, weil sie das Werk eines Architekten
sind, der in 30 Jahren einen großen Erfahrungsschatz gesammelt hat. Der
auf Komfort verzichtende Bohemien hat einem sinnlicheren Architekten
Platz gemacht, der den Anforderungen des häuslichen Lebens mehr
Aufmerksamkeit schenkt, dabei aber nicht weniger fantasievoll vorgeht.
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Villa Savoye
Le Corbusier
mit Pierre Jeanneret
1929-1931
82, rue de Villiers, 78300 Poissy
Zwei Jahre nach der Villa Stein-de Monzie schloss sich der Zyklus der
puristischen Häuser mit dem spektakulären Wochenendhaus des
Versicherungsinhabers Pierre Savoye in Poissy, auch „Les heures claires“
genannt, für dessen Bau Le Corbusier ein äußerst großzügiges Budget zur
Verfügung stand. Auf einem ausgedehnten, bewaldeten Gelände hoch
oben über dem Seine-Tal ist es der Inbegriff einer freien Anwendung der
1927 formulierten „Fünf Punkte einer neuen Architektur“.
Äußerlich wirkt die Villa streng funktional, ihr Baukörper erhebt sich
über pilotis, die aus einer weiten Rasenfläche aufsteigen. Autos erreichen
sie auf direktem Wege und parken zwischen den Stützen, der Halbkreis
der „Vorfahrt“ bestimmt die Form der Glaswand des Eingangsbereichs.
Die Zimmer der Hausangestellten und die Garage sind hinter diesem
funktionalen Zugang angeordnet, der die Form der Eingangshöfe nobler
Pariser Stadthäuser umzukehren scheint. Hinter der Glaswand haben
Besucher die Wahl zwischen zwei Aufgängen: einer Treppe und einer
Rampe, die zu einem ursprünglichen räumlichen Erlebnis des Hauses
einlädt. Aus der Sicht Le Corbusiers „trennt“ die Treppe, während die
Rampe „verbindet“ und vom Rasen bis zum Himmel den Faden einer
majestätischen architektonischen Promenade spannt.
Im Innern des Quaders auf quadratischem Grundriss sind die Räume
in einer L-Form gruppiert, welche die Wohnräume klar von den
Schlafzimmern abgrenzt. Das Wohnzimmer lässt sich als überdachter
Teil eines geräumigen Empfangsbereichs lesen, der zu zwei Dritteln aus
einem offenen Patio besteht; ein durchgehendes Bandfenster verwischt
den Übergang zwischen Innen und Außen. Die drei Schlafzimmer sind
über Flure zugänglich, die das Hauptbadezimmer separieren. Eine
kurvenreiche Mauer - Abbild bestimmter Figuren aus puristischen
Gemälden - umfasst den offenen Dachterrassenraum.
Dieses einzigartige Bauwerk kann man mit einer Maschine vergleichen:
Mehrere Elemente lassen an Kommandobrücken und Aufbauten eines
Ozeandampfers denken. Es ähnelt auch den hängenden Gärten des
Klosters von Ema, während die Anordnung der Schlafzimmer und
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ihrer Nebenräume an die herrschaftlichen Pariser Stadthäuser des
18. Jahrhunderts erinnern. Den Bewohnern wird sinnlicher Genuss
geboten: Das große Wohnzimmerfenster lässt sich beiseite schieben,
so dass Außenhof und Innenräume ineinander übergehen. Das durch
ein Oberlicht erhellte Bad lädt zur Entspannung ein. Le Corbusiers
Raumexperimente enthalten traditionelle Formen, aber auch einfache
Elemente der verputzten Häuser in den Pariser Vorstädten und die für
Gewerbebauten typischen Stahlrahmen. Seine Häuser machen damit
gleichzeitig gegen noble Stadthäuser aus behauenen Steinen und gegen
die Vororthäuschen mit Kieselsteinfassaden Front. Im krassen Gegensatz
zum Luxus der Villa scheint die kleine Pförtnerloge in der Eingangshalle
seine Studien zur Wohnung für das Existenzminimum abzubilden.
In der Rückschau auf die Häuser der letzten zehn Jahre unterschied Le
Corbusier 1930 vier Typen: Dem „eher leichten Genre, malerisch und
bewegt“ der Villa La Roche stellt er den „sehr schwierigen“ Quader des
„Citrohan“-Modells gegenüber, der den Geist zufrieden stellt und zu
dem „ultraleichten, praktischen, kombinierbaren“ „Domino“ mit all
seinen Varianten führt. Die Synthese ist die Villa Savoye vom Typ „sehr
großzügig“, in der „man nach außen einen architektonischen Willen
demonstriert und im Innern sämtliche funktionalen Erfordernisse
erfüllt“. Von ihren Eigentümern nur selten bewohnt, blieb die Villa Savoye
ein bauliches Manifest, das 1965 als erstes Gebäude Frankreichs noch zu
Lebzeiten seines Architekten unter Denkmalschutz gestellt wurde. Le
Corbusier starb vor Beginn der Restaurierung, die er ab 1960 vorbereitet
hatte und die das Haus erheblich verändert hätte.
Die Bauten der
Zeitgenossen
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Fernand Pouillon
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werk, bauen + wohnen, 3 2004
Jaques Lucan
Fernand Pouillon: Architekt
Lange war der Name Fernand PouiIlon (1913-1986) den Franzosen vor
allem deshalb ein Begriff, weil sich mit ihm der betrügerische Bankrott
des «Comptoir national du logement» verband. Der Architekt hatte
diese Wohnungsbaugesellschaft gegründet, um im Pariser Raum
Wohnsiedlungen zu bauen. Der Konkurs des Unternehmens, der in
dem berühmten, 1968 erschienen Buch «Mémoires d‘un architecte»
geschildert wird, schlug seinerzeit hohe Wellen: Nach seiner Verhaftung
entweicht der Architekt aus dem Gefängnis und versteckt sich in Italien,
um später, am Tag seines Prozesses wieder in Frankreich aufzutauchen
und sich dem Gericht zu stellen...
Klatsch und Architektur
Es waren die wenig rühmlichen Episoden, die in den Klatschspalten
kolportiert wurden und die Aufmerksamkeit ausschliesslich auf die
Person Pouillon lenkten, während das Schaffen des Architekten Pouillon
darüber verdrängt und vergessen wurde. Grandios und prunkliebend
soll er gewesen sein, Rebell, Aussenseiter, Mönch, Eremit oder Betrüger
sind nur einige der vielen Beinamen, mit denen Pouillon bedacht wurde.
Doch bald war es an der Zeit, sich neu mit seinem Werk zu beschäftigen.
Die Affäre hatte sich gelegt, es blieben die Bauten. Damit waren indes
keineswegs alle Schwierigkeiten überwunden, die sich einer vertieften
Beschäftigung mit seinem Werk in den Weg stellten.
Die erste Schwierigkeit besteht darin, dass Pouillon selbst sich nicht
die Mühe gemacht hat, der Nachwelt Schriften über seine Arbeiten zu
hinterlassen, als hätte er Sinn und Zweck der Architektur ausschliesslich
darin gesehen, dass sie sich in ausgeführten Bauten manifestiert, die
erhaltenswert sind und die Zeit überdauern. So gesehen verstand sich
Pouillon als Baumeister, und zwar im Sinne eines mittelalterlichen
Werkmeisters, wie er ihn in seinem Roman «Les pierres sauvages»
verkörperte. Er huldigt ihm auch in den reich ausgestatteten Publikationen
über die Ruinen von Les Baux-de-Provence und die Zisterzienser-Abteien
Sénanque, Silvacane und Le Thoronet.
Das zweite Problem besteht darin, dass Pouillon ein paradoxes Werk
geschaffen hat. S0 konzipierte er zwischen 1945 und 1961 vor allem in
Frankreich und Algerien zahlreiche Bauten, ohne sich um die Grundsätze
zu kümmern, die damals gemeinhin als modern galten. Ihm kam es einzig
und allein darauf an, architektonisch geschlossene Anlagen von grosser
visueller Ausdruckskraft und aussergewöhnlicher Dauerhaftigkeit zu
schaffen, wobei die verwendeten Baustoffe - inbesondere Naturstein - wie
auch das Entwerfen klar begrenzter, häufig regelmässiger, symmetrischer
Räume ausschlaggebend waren. Dabei folgte er einem «französischen»
Plan(ungs)konzept, dem seinerzeit namentlich Auguste Perret in
bedeutenden Beispielen Gestalt verliehen hatte. Pouillon zollte Perret
übrigens uneingeschränkte Bewunderung, seit er beim Wiederaufbau
des Alten Hafenviertels von Marseille (1948-1955) - dem ersten grossen
Bauvorhaben, das für den weiteren Werdegang des Architekten
ausschlaggebend werden sollte - mit Perret zusammenarbeitete.
Nach allem, was hier über Pouillon berichtet wurde, ist es nicht
verwunderlich, dass seine Architektur lange als anachronistisch galt. Die
dem Meer zugewandte Front des Alten Hafenviertels von Marseille, die
Realisationen in Aix-en-Provence, ein Ensemble wie die «200 Säulen» der
Wohnsiedlung «Climat-de-France»in Algier oder auch die Bauvorhaben
in Pantin, Montrouge, Boulogne-Billancourt oder Meudon-la-Forêt lassen
dezidierte Optionen erkennen: die Wahl «geschlossener» Figuren bei den
Wohnsiedlungen, die eine klar erkennbare Raumabfolge implizieren;
die Wahl von Naturstein als bevorzugten Baustoff und das Misstrauen
gegenüber «rohem» Beton oder «schwerer» Vorfertigung; schliesslich
die Wahl der vertikal betonten Gliederung als architektonisches
Charakteristikum dieser Bauten. Aus der Verbindung dieser drei
Hauptoptionen resultierte eine ganz eigene Architektursprache, die für
einen Architektur- und Stadtbegriff einer anderen Modernität steht.
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Die Wahl geschlossener Figuren
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird bei den grossen Wohnungsbauvorhaben
in Europa vielfach eine sog. «offene Ordnung» geschaffen, indem die
Bauten nach «heliothermischen» Gesichtspunkten, d. h. nach dem Lauf
der Sonne, ausgerichtet werden. Das ist bei PouilIons Realisationen
nicht der Fall. Im Vergleich zur offenen Ordnung kann bei seinen
Wohnsiedlungen geradezu von einer entsprechend gegensätzlichen
Anordnung gesprochen werden. Pouillon hat stets seine Vorliebe für
Formen betont, die eine analoge Affinität zu Plätzen und Höfen haben.
Seinen Beitrag zur Erforschung der Stadt nährt er aus der Qualität der
öffentlichen Räume, der architektonischen und urbanen Qualität der
Plätze, Höfe und Promenaden von Aix-en-Provence, wo er mehrere Jahre
lebte. Als er in dem umfassenden, 1953 erschienen Band «Ordonnances»
die Aufnahmezeichnungen veröffentlichte, die Studenten in seinem
Auftrag angefertigt hatten, hielt er nachdrücklich fest, was für ihn
zur Überzeugung und bereits zum Programm geworden war: «Bei der
Raumgestaltung kann sich der Architekt nur auf sich selbst verlassen.
Jedes Werk muss eine in sich abgeschlossene Komposition sein. Wer
danach kommt, wird in demselben Geist weiterbauen. Eine Stadt kann
man nicht nur als Grundriss planen: Man muss auch imstande sein, sich
die jeweilige Architektur bis ins kleinste Detail vorzustellen.(...) Es war das
besondere Verdienst der Stadtgrundrisse des 17. und 18. Jahrhunderts,
stets auf eine vorweg entworfene Architektur Bezug zu nehmen. Form
und Physiognomie der Bauten prägten den Grundriss der Stadt. Damals
war es leicht, eine Stadt anzulegen, denn Stadtplanung und Städtebau
hiess Bauten zu errichten.»
Wenn Städtebau und -planung weiter im Dienst der Architektur stehen
und das Modell der Plätze, Höfe und Alleen seine Gültigkeit behalten
sollten - was allerdings einige Anpassungen und Neuinterpretationen
erforderte, damit Räume sich schliessen konnten, ohne sich vollständig
zu verschliessen - dann durfte für die Bauten Pouillons nicht allein die
heliothermische Orientierung massgeblich sein. Vielmehr musste es ihm
bei jedem Projekt darum gehen, «eine abgeschlossene Komposition“
zu entwerfen, d. h. eine Komposition, die ein unverwechselbares, in sich
geschlossenes Ganzes darstellte, das - um mit Pouillon zu sprechen - ganz
auf seine «innere Landschaft» bezogen war.
MateriaI Naturstein
Die Entscheidung für den Baustoff Stein erforderte, dass das Material
auf den Baustellen verfügbar war; bei grösseren Baustellen sollte sich
jedoch schon bald zeigen, dass Steinbrüche, die noch ganz auf den
handwerklichen Bedarf zugeschnitten waren, die Nachfrage nicht
befriedigen konnten. Also musste Pouillon für seine Bauvorhaben den
Nachschub des Baumaterials sicherstellen. Dabei verliess er sich zu
Beginn auf einen seiner Freunde, Besitzer der Steinbrüche von Fonvieille
bei Avignon, der leistungsfähige Maschinen für den Abbau und die
Steinbearbeitung entwickelt hatte. Mit dem in Fonvieille gewonnenen
Stein realisierte Pouillon mehrere grosse Bauvorhaben, nicht nur in Aixen-Provence und Marseille, sondern auch in Algier und im Pariser Raum.
Mit dem Baumaterial Stein wurden eine Reihe unterschiedlicher
Verarbeitungsverfahren und die Entwicklung entsprechender Techniken
notwendig. In der Wohnsiedlung «La Tourette» in Marseille (1948-1953)
beispielsweise sind die Mauern als Naturstein-Verband ausgeführt
oder es wurden drei bis fünf Zentimeter dicke Steinplatten für die
Verschalung nicht armierter Betonwände verwendet - Pouillon selbst
spricht in diesem Zusammenhang von «Schalungssteinen» (système de
la pierre banchée). Für die drei Bauvorhaben, die er zwischen 1953 und
1957 in Algier realisierte, liess Pouillon die Steine per Schiff aus Marseille
anliefern; die Hausteine wurden eigens für die Baustellen massgefertigt:
Es handelte sich sozusagen um «vorgefertigte» Steine mit imposanten
Massen. Die Kantenlänge der Steinquader, die die Basis der zweihundert
Säulen im grossen Hof der Wohnsiedlung «Climat-de-France» (1954-1957)
bilden, beträgt beispielsweise einen Meter. In Meudon-Ia-Forêt (19571962) wird ähnlich verfahren: Auf Baustellenphotos aus der Zeit kurz nach
Fernand Pouillon
Baubeginn sind Steinhaufen zu sehen, aus denen dann die Mauern oder
Kolossalpfeiler der mehrgeschossigen Bauten hochgezogen wurden. Auch
in Pantin (1955-1957) und in Montrouge (1955-1958) blieb - trotz kleinerem
Massstab - die Verarbeitung die gleiche, während in dem Projekt «Le
Point-du-Jour» in Boulogne-Billancourt (1957-1963) an den vertikal
hochstrebenden Bauten mit hartem Stein verkleidete Giebelmauern aus
bewehrtem Beton erforderlich waren.
In den meisten der angeführten Fälle blieb die rauhe Oberfläche der
Hausteine erhalten; teils sind noch die Spuren des Zurichtens zu sehen;
die Fugen sind als Hohlfugen gestaltet und mit Mörtel ausgestrichen;
eine Modenatur kommt nur äusserst sparsam oder überhaupt nicht zum
Zug. Alles dient dazu, die Oberfläche voll zur Geltung zu bringen. Darum
legte PouilIon auch dem Helden in seinem Roman «Les pierres sauvages»
folgenden Satz in den Mund: «(...) schon bald nach meinem Eintreffen (auf
der Baustelle) war mir klar: diese Steine würden nur grob behauen, aber
mit grösster Sorgfalt versetzt werden. Wie soll ich dir erklären, dass die
Schönheit der Mauern schliesslich von dieser Empfindung abhängt (...)?»
Ordonnance oder Die Wahl der Ordnung
Das Joch ist das sich wiederholende Mass; es bestimmt und gliedert den
gesamten Grundriss. Korrelativ ist das Joch Ausdruck des Baus, während
Säulen bzw. Pfeiler die Vertikalität betonen und die Ableitung der Lasten
verdeutlichen. Das Joch hat also mit der «Tektonik» des Gebäudes zu tun,
nicht mit der «Wahrheit» der Konstruktion. Der Unterschied ist wichtig,
ja von geradezu zentraler Bedeutung für das Verständnis von Pouillons
Architektur. Nehmen wir zum Beispiel Meudon-la-Forêt, so sehen wir,
dass die vertikal gegliederten Bauten in regelmässigen Abständen
steinerne Kolossalpfeiler aufweisen; dabei handelt es sich jedoch nicht
um tragende Bauteile, da keine Decken auf ihnen aufruhen. Pouillon
bezeichnet solche Pfeiler als «Paravent», doch bringen diese Paravents
die solide Beschaffenheit des Baus zum Ausdruck. Sehen wir uns Pantin
oder Montrouge näher an, so stellen wir fest, dass der Fassadenaufbau die
129
Tektonik des Gebäudes ausmacht: In regelmässigem Wechsel zeigen sie
Pilaster, die das Skelett darstellen, und aus roten Marmortafeln gebildete
Felder, mit denen das Skelett ausgefacht ist - ähnlich wie bei einem
«klassischen» Bau oder wie bei Perrets Arbeiten aus den dreissiger Jahren.
Stets ist die Vertikalität betont. Aus eben diesem Grund bevorzugte
Pouillon auch durchweg das stehende Fenster, das sich über die ganze
Geschosshöhe erstreckt, - genau wie Perret, der das liegende Fenster
bekanntlich ablehnte, dies tat.
Aus dem Unterschied zwischen Ausdruck und Wahrheit der Konstruktion,
d. h. zwischen Anschein und Wahrheit, entspringen alle Probleme im
Umgang mit Pouillons Architektursprache und ihren syntaktischen
Determinantien, einer Sprache, die sich ausdrücklich zu den Paradigmen
der klassischen Architektur und ihren Ordnungen bekennt. In der hier
behandelten Periode liess sich Pouillon deshalb nie auf serviles Kopieren
ein, verfiel auch nicht dem Neoklassizismus und konnte auf direkte
Anleihen bei anderen Bauten oder Denkmälern verzichten. Ihm genügte
es, wirkungsmächtige Vorstellungen zu erwecken.
Was wir von Pouillon lernen können, ist seine Fähigkeit, urbane und
architektonische Fragestellungen zu verbinden, also seine Fähigkeit,
Konstruktion, Architektur und Stadtgestalt als Ganzes, nie isoliert von
einander zu behandeln. So entstanden Ensembles von unbestreitbarer
Kohärenz und Geschlossenheit. Und dezidierte Optionen, die ein
ehrgeiziges Ziel verfolgten: «... durch ein beschränktes Vokabular wird die
Ausdruckskraft nur noch gesteigert».
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Fernand Pouillon
L‘immeuble façade du Vieux-Port
Fernand Pouillon
mit André Leconte, Auguste Perret, André Devin
1946-1955
Quai du Port, Marseille
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132
Fernand Pouillon
Vieux -Port / Tourette
Fernand Pouillon
mit André Leconte, August Perret, André Devin
1948-1953
Quai du Port, Marseille
Fernand Pouillon
L‘opération de la Tourette
Fernand Pouillon
mit René Egger
1948-1953
Square Protis, Marseille
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Robert Mallet-Stevens
Moderne Architektur Paris 1900-1990
Martin Hervé
Robert Mallet-Stevens, Architekt
Robert Mallet-Stevens, sechs Villen (1927),
rue Mallet-Stevens, Paris XVI
Das Meisterwerk Mallet-Stevens: eine für ihn selbst und einige Freunde
entworfene Straße, die seinen Namen schon trug, als er lebte. Über die
Verwirklichung isolierter Gebäude hinausgehend, baut er hier ein sehr
homogenes Stadt-Teil, einen urbanen Raum einer für Paris in den 20er
und 30er Jahren wohl einmaligen Qualität.
Le Corbusier gab vor, die universell gültigen Theorien zum urbanen Leben
im 20. Jahrhundert zu definieren. Dieses demiurgische Sozialprojekt
war Mallet-Stevens fremd. Seine Beschäftigung war ausschließlich
architektonischer und plastischer Art. Nicht interessiert an der großen
Frage des Jahrhunderts - der Unterbringung der Massen-, baut er
fast ausschließlich Stadthäuser und Villen für die reiche, »moderne«
Bourgeoisie,
Diese Abwesenheit des sozialen Diskurses ist wohl der Grund dafür,
daß Mallet-Stevens, der zu seiner Zeit ebenso berühmt und umstritten
war wie Le Corbusier, in Vergessenheit geriet. Ein anderer Grund
mag die Kürze seiner Karriere sein: Zwischen dem Bau seines ersten
Hauses, als er 37 Jahre alt ist, und seiner letzten Arbeit 1939, liegen
nur 16 Jahre. Letztendlich scheint seinem Werk auch der Stempel des
Ephemeren anzuhaften: er schuf Ausstattungen, vor allem für den Film
»L‘lnhumaine« von Marcel L‘Herbier, Ausstellungspavillons, Wohnungsund Ladeneinrichtungen.
Die rue Mallet-Stevens ist vor allem die architektonische Manifestierung
seines außergewöhnlichen Ideenreichtums (siehe auch seine
Zeichnungen, veröffentlicht 1932 in »Une cité moderne«). Seine
Prinzipien sind einfach: Das Spiel makellos weißer und glatter Kuben, die
»das Aussehen der Fassade vereinheitlichen, denn Volumen zählen mehr
als Konstruktionsdetails.« Abstufungen, Staffelungen, Türme, das Spiel
der Öffnungen, Vordächer u. ä., bilden eine enorme Skulptur, denn »der
Architekt schafft eine Skulptur aus einem riesigen Block: das Haus.«
Die Verarbeitung ist ganz besonders raffiniert und bis ins kleinste
Detail geplant (etwa die Glasfenster von Barillet, Gitter und Türen
von Prouvé). Die Innenausstattungen sind vor allem von Charreau,
Guevrekian und Mallet-Stevens selbst. Leider wurden mehrere
Villen verändert oder aufgestockt (vor allem Nr. 12, wo sich sein
Büro befand).
Mallet-Stevens geht hier weit über das einfache Nebeneinandersetzen von Bauwerken hinaus. Seine Straße schafft einen
echten, von einem Bildhauer gestalteten „Innenraum« und nimmt
als Projekt die Auseinandersetzungen der kreativsten Architekten
der Gegenwart vorweg. Wenn Le Corbusier sein Vorhaben
hätte verwirklichen können, den square du Docteur Blanche
fertigzubauen, wäre ein Vergleich faszinierend gewesen.
135
136
Robert Mallet-Stevens
Maison Reifenberg
Robert Mallet-Stevens
1925-1927
4-6, rue Mallet-Stevens, 92100 Boulogne-sur-Seine
Robert Mallet-Stevens
Maison Allatini
Robert Mallet-Stevens
1925-1928
3-5, rue Mallet-Stevens, 92100 Boulogne-sur-Seine
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Robert Mallet-Stevens
Maison Dreyfuss
Robert Mallet-Stevens
1925-1928
7, rue Mallet-Stevens, 92100 Boulogne-sur-Seine
Robert Mallet-Stevens
Maison Martel
Robert Mallet-Stevens
1926-1927
10, rue Mallet-Stevens, 92100 Boulogne-sur-Seine
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Robert Mallet-Stevens
Maison Mallet-Stevens
Robert Mallet-Stevens
1926-1927
12, rue Mallet-Stevens, 92100 Boulogne-sur-Seine
Robert Mallet-Stevens
Atelier Barillet
Robert Mallet-Stevens
1931
12, square de Vergennes, 92100 Boulogne-sur-Seine
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Pierre Chareau
143
La Maison de Verre
Pierre Chareau
1925-1932
31, rue Saint-Guillaume, Paris
The house is made of glass. Its translucent glass-block façade hides
everything that happens inside. There are no plastered walls; the doors
open without handles; the entire building is an amazing glass box set
in an 18th-century paved courtyard, with above it an older structure,
opposite an 18th-century building. From the street it is invisible. To reach
it, I had to cross the courtyard. The doorbells for ‚Doctor‘, ‚Visitors‘, and
‚Tradesmen‘ make different sounds.
It was usually my grandfather‘s nursing assistant, Madame Carré, who
answered the door; however Noémie, the faithful lady‘s maid, could, from
her lookout post in the laundry room, let visitors come in and go up to the
first floor where my grandmother, Annie Dalsace, the lady of the house,
stood at the top of the main staircase. Silent and elegant, she would watch
you come upstairs. Her hair, drawn back from her forehead, swept down
flawlessly in a series of waves that covered her ears. Every morning, her
immaculate coiffure was tamed by an invisible hairnet. When I reached
her level I could feel her disapproval of my too-daring cl0thes or make-up.
Her natural shyness led her to object violently to anything that she judged
to be in poor taste. Nonetheless, it was to her that I owed my first black
dress with a white lace collar, which we chose together. It did not seem
out of place to her that I should wear black, a colour then unthinkable for
a girl of sixteen.
My teenage self did not see this unusual house in the passionate way that
I would later. The architecture was not what appealed to me. It was the
lunches that I enjoyed, when I would often find an imaginative little gift
on my plate, the discovery of unusual flavours, combinations of sweet and
savoury, foreign dishes, exotic fruits.
The dining room opens on all sides to the great room (we called it ‚Ie
grand hall‘), the blue sitting room, and the corridor leading to the kitchen,
and is separated from the main staircase by a row of small cupboards,
above which can be seen, depending on where one is seated at the table,
the wall of glass bricks, the garden, or the bookcase filling the wall in the
great room.
Under the stairs to the second floor, continuing the line of the cupboards,
is a perfectly proportioned tall cupboard in black lacquer with sliding
curved doors. To my delight, it opened to reveal brooms.
My grandmother‘s choice of contemporary materials and shapes rules
in this house; not a single obstacle arrests the eye as it glides under
144
Pierre Chareau
the cupboards, above the balustrade bookshelves and between the
steps of the open staircases. Suddenly I understand something of my
grandmother‘s insolence: she is the one behind the building of this
mysterious house. Who ever said my grandmother was shy? Her house of
glass is nothing if not bold. I learned to appreciate her own sturdy fragility,
and, much later, to recognize her boldness.
This house made a deep impression on my adolescent years; it was so
unlike anything I knew. The glass façade readily suggests all the danger
of its inherently breakable material. The interior spaces can be made to
expand or shrink, thanks to the silently sliding perforated metal panels. In
some ways the house reminds me of a boat.
In the great room, a large wheel operates a ventilation system whose
elements tilt inwards; the windows of the blue sitting room slide down
at the touch of a tiny knob. They give a view of the garden that is cut off
halfway down, drawing the eye away into the distance. Every sound can
be identified. As in an enormous sound box, I could hear the door of my
grandfather‘s study sliding open and shut, and the rush of water through
the pipes from the bathrooms.
In the children‘s rooms, the washbasin and the swivelling bidet are
barely concealed from view by a moving screen. Despite her sense of
modesty, my grandmother allowed the bathrooms to be seen, whereas in
traditional buildings they are always hidden.
Her small blue sitting room is the only place that I find less imposing: more
modest in size, it looks out onto the garden. My grandmother was very
fond of this room, which is linked to her bedroom by a folding staircase.
She entertained guests to tea there. A tiny serving hatch hidden in a
corner opened at a touch and a glass cake box with a silver lid appeared,
filled with delicious cinnamon biscuits. My grandmother received her
guests seated on a divan covered with lemon-yellow ottoman fabric. In
front of her would be a little glass-topped table where the tea cups would
be set out. In this room, pictures were hung close together on picture rails.
She wanted a room exclusively for listening to music.
Only her bedroom and the blue sitting room were carpeted, in midnight
blue, and our feet made differents sounds on the original Pirelli rubber
flooring in the great room, the wooden parquet in the corridors and the
dining room, or the grey terrazzo, resembling shagreen, in the bathrooms
and some of the bedrooms.
We were not allowed into the kitchen: that was the cook‘s domain.
At the end of her life, my ailing grandmother still let me pay a visit to
her in her bedroom. I came with my four-year-old daughter. On either side
of her bed, she was shielded from view by swivelling panels that formed
an alcove and bedside tables on which there stood butterfly lamps with
alabaster wings covered in a lacy fabric like a fine, golden-brown spider‘s
web. My grandmother lay on her pale burr-elm bed. I found out later
that the curved black lacquer door next to the bed concealed her private
bathroom, with lights that came on automatically when the door was
145
opened.
The dignity with which she endured her illness made her seem more
human to me. I recognized the determination that she had shown all her
life, the imagination that she had used to fulfil her dream of the house
of glass. It was her obstinacy that had driven her to knock down an 18thcentury town house without a second thought and allow this amazing
object to be built in its place.
This house was also the home of my grandfather, Dr Jean Dalsace.
The ground floor was his domain, where he reigned alone, but I have
always believed that the existence of the house was the deliberate choice
of my grandmother. She was among the first to be excited by modernism,
while my grandfather‘s passions lay elsewhere. Although many books
today refer to the building as ‚Dr Dalsace‘s house‘, my grandmother‘s role
was the crucial one. This house was her work.
After both my grandparents had died, I went to live in the house with
my daughter. Life was different now; the servants had gone. We took over
the kitchen, my grandmother‘s room became my room, and my mother‘s
room became my daughter‘s. My journey through the house was reduced
to coming down the flights of stairs that led from the bedroom to the
kitchen. That room now became a meeting place.
The dining room fell into a slumber, and the great room was only lit on
special occasions. Then for a few hours the party lights shone on the
enchanted guests; their faces lit up, amazed by the boldness and charm
of the building. The sound of footsteps and voices rang out as the house
came alive, showing its visitors an unexpected side and filling them with
lightness of being. At the end of the evening, the sound faded as the last
party-goers watched the silhouette of the house disappear into the night.
Very soon my daughter decided to paint clouds on the ceiling of her
bedroom, without the consent of Pierre Chareau, but without so much
as a raised eyebrow from my parents who were by now the owners. Her
idiosyncratic disorder never disturbed the order of the other rooms. And
when she wanted to stop people from coming into her bedroom, she
could close it with an inner latch.
I discovered the secrets of the house, the secrets of the many staircases.
For children, they offer dizzying descents and provide countless hiding
places. The space under the steps of the open staircase that leads to the
first floor is a secret refuge. The house becomes a huge theatre, with the
great room as the stage and the second floor as the boxes. The children
would take over the whole space on all three levels, for one long game of
tag. Tarzan had the last word, and even the sliding ladder of the bookcase
could be turned into a jungle vine or a look-out post. The house became
a huge playroom, and the children‘s disrespect demystified the gravity of
the place.
We were not the owners whose decisions contributed to the construction
of the house, which had been a setting for impressive social and
professional lives. We were simply its privileged tenants.
146
Pierre Chareau
This house asks to be courted. It contains many mysteries: the telephone
booth where Dr Dalsace could receive calls from his patients without
being overheard, with its fine woody smell, where the lights are turned
on by the pressure of feet on the floor, a place to hide; the tiny knobs
for opening cupboards; the folded aeroplane wings in the bathroom that
conceal the storage spaces ...
Corners and edges are all rounded to the touch, with no harsh shapes to
distract one‘s attention. The black lacquer of the built-in cupboards rolls
in curving waves and reflects the light from the windows that overlook
the garden. Each cupboard contains particular fittings for keeping things.
Shoes and hats have their own purpose-built spaces, corresponding to
their shapes.
Pierre Chareau designed the cupboards to be opened both from inside the
bedrooms and from outside in the corridors. One day I found my daughter
huddled inside a cupboard, trying to overhear the sounds coming from
the bedroom. Bluebeard could have hidden his wives behind more than
fifty different doors!
I have come to know the house, and its lines no longer look like a cold
mathematical drawing to me. I run my hand from one material to another,
constantly discovering new subtleties. I penetrate deeper into its silence.
The house is transformed by changing light throughout the day and the
seasons. At nightfall, floodlights outside wrap it in a grey light, filtered
through the glass bricks. It becomes cl0udy and abstract.
After my grandmother and my mother, I am the third woman to have
lived in the house.
I have never related to the house on a technical level. My perception
does not strip it down as architects do, dazzled by its perfection - that
of a masterly machine. I am not a specialist, just someone in love with
this place. I walk through the smallest secrets that it conceals, although
everything may seem open and visible. I play hide and seek, seeing
without being seen. On the second floor, along the corridor, I even
lie down and look into the great room through the black veils of the
bookshelves, watching what is going on below. The interplay of appearing
and disappearing continues with the sliding doors; these create the secret
of intimacy. Part of the great room, when the screen is closed, becomes a
small study with its furniture and its day-bed where my grandfather took
his afternoon nap, next to his telephone booth and near the open metal
staircase leading down to his consulting room.
My grandmother‘s bedroom next to the bathroom is enclosed on the
garden side by a double sliding wall which, depending on whether
one wanted to be invisible or to see everything, could shift from the
transparency of glass to the opacity of duralumin.
The bathroom is divided into feminine and masculine. The two sexes live
side by side in this house. The bathtub is on the feminine side, the shower
on the masculine. The subtle arrangement of the folding duralumin doors
that nowhere reach the ceiling screens the body but allows conversation
147
to continue. You are wrapped round by all the materials of which the
bathroom is made. The perforated sheet metal screen above the bathtub
opens onto the gentleman‘s shower area. The lady of the house, from her
bath, can wander through the trees.
The shaving mirror can be made to disappear. The coat hooks curve in a
gentle smile. So well designed that they need no other trimming, they look
intriguing, like sculpture. The tiny white mosaic tiles have a kaleidoscopic
effect. Underfoot is cool terrazzo.
From outside the house may look small, but when one gets to the foot of
the main staircase, the real dimensions of the space become apparent. One
is only aware of this inside. The glass wall of the great room, forming the
outer façade, absorbs and refracts the light. Light invades the room with
a disturbing intensity. Its presence is absolute - monumental white light,
almost dizzying, with no escape. It makes one feel unable to move. Sitting
on the couch covered with tapestry designed by Jean Lurçat, I notice the
way that it prevents a direct gaze, and how it appears invisible from the
courtyard. The great room is a beating heart. It is like a modern cathedral,
where eleven orange and black columns studded with rivets and bolts
impose a rhythm and form the framework of the house. Their different
sizes, their colours, with black changing into orange, the striking size of
the bolts, all are amazing. Wherever one looks in this house, something
is happening. The more one looks, the more one discovers the volumes,
the different materials, the meticulous details. They are incomparable,
their determinacy leaves no place for vagueness or uncertainty. Their
perfection is as precise as a musical score. The spaces are modulated by
the fabric and perforated metal screens, the curtains hung from curving
rails. Behind each division lies a secret waiting to be revealed.
The same design, the same materials are used throughout the entire
house, which has no sense of segregation between a ‚piano nobile‘ and
servants‘ quarters. Subtle, almost imperceptible elements imply a high
degree of abstraction. I found that the grey and black house also contains
colours. The orange columns, the tapestry-covered furniture, the warm
wood, the books on the bookshelf wall all give off signs of life, sparks of
joy. Colour bursts forth. The house also has its own smell, made up of the
scent of books, waxed parquet and rubber floors, a smell created by the
passage of time.
The Maison de Verre, with its many screens and secrets behind open and
cl0sed doors, looks onto a paved court yard, dry, deserted and austere,
but on the other side lies a garden like that in ‚Le Grand Meaulnes‘,
with hundred-year-old trees rising into the sky. I have loved this place
passionately. Sometimes I have felt the wish to leave, but I always come
back.
DOMINIQUE VELLAY
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Pierre Chareau
149
150
Pierre Chareau
151
Stadtpläne
Marseille
155
156
Paris
Paris - Die Bauten von Le Corbusier
1.
2
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Villa Planeix
Annex du Palais du Peuple
Asile Flottant
Cité de Refuge
Atelier Ozenfant
Pavillon Suisse
Pavillon du Brésil
Villas La Roche-Jeanneret
Immeuble et Appartement de Le Corbusier
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
Villas Lipchitz-Miestchaninoff
Villa Cook
Villa Ternisien
Maisons Jaoul
Villa Besnus
Villa Stein
La Petite Maison de Weekend
Villa Savoy
157
158
Paris - Metro fern
Paris - Metro nah
159
160
Bibliografie
Le Corbusier
Le Corbusier & Pierre Jeanneret, Oeuvre complètes en 8 volumes, Les
Editions d’Architecture Artemides Zurich
La Villa Savoye : Poissy - Yvelines / Guillemette Morel-Journel - Paris :
Editions du Patrimoine, 1997
Le Corbusier – Ideen und Formen, William J.R. Curtis, Stuttgart: Deutsche
Verlagsanstalt 1987
Le Corbusier: l‘unité d‘habitation à Marseille / Jacques Sbriglio; Fondation
Le Corbusier, Birkhäuser, Paris - Basel 2004
Le Corbusiers Pariser Villen aus den Jahren 1920 bis 1930 / Timothy
J.Benton, Stuttgart : Deutsche Verlagsanstalt, 1984
Immeuble 24 N.C. et appartement Le Corbusier
Fondation Le Corbusier; Birkhäuser, Basel 1996
Le Corbusier – Elemente einer Synthese, Stanislaus von Moos, Verlag
Huber & Co., Frauenfeld und Stuttgart 1968
Le Corbusier before Le Corbusier : applied arts, architecture, painting,
photography, 1907-1922 / ed. by Stanislaus von Moos and Arthur Rüegg.
- New Haven : Yale University Press, 2002
Le Corbusier – Elements of a Synthesis, Stanislaus von Moos, 010
Publishers, Rotterdam 2009
The Le Corbusier Guide, Deborah Gans, Princeton Architectural Press, New
York 2006
Le Corbusier – die Lyrik der Architektur im Maschinenzeitalter, Jean-Louis
Cohen, Taschen 2006
La Chaux-de-Fonds et Jeanneret - avant Le Corbusier,Musée des beauxarts, La Chaux-de-Fonds en collaboration avec la Fondation Le Corbusier,
Paris 1987
Le Corbusier : moments in the life of a great architect / photogr. by René
Burri; ed. and with texts by Arthur Rüegg. – Birkhäuser, Basel 1999
Le Corbusier: les villas La Roche-Jeanneret / Jacques Sbriglio; Birkhäuser,
Basel 1997
/ Jacques Sbriglio;
Le Corbusier - zeitlos / Text: Dominique Lyon; Fotogr.: Anriet Denis; Koord.:
Olivier Boissière. - Paris : Telleri, 1999
Le Corbusier / H. Allen Brooks, ed.; essays by Reyner Banham ... [et al.]. Princeton, New Jersey : Princeton University Press 1987
Ausblicke auf eine Architektur, Le Corbusier 1922, Bauwelt Fundamente,
Friedrich Fieweg & Sohn, Braunschweig / Wiessbaden 1982
Feststellungen, Le Corbusier 1929, Bauwelt Fundamente 12, Verlag Ullstein
GmbH, Berlin – Frankfurt 1964
Le Corbusier, Norbert Huse, Rowohlts Monographien, Hamburg 1976
Le Corbusier, Herausgegeben von Willy Boesiger, Verlag für Architektur
Artemis Zürich, 1990
161
Fernand Pouillon
Fernand Pouillon architecte : Pantin, Montrouge, Boulogne-Billancourt,
Meudon-la-Forêt / sous la dir. de Jacques Lucan. - Paris : Editions du
Pavillon de l‘Arsenal, 2003
Marseille, 1945-1993 / Jacques Sbriglio; avec la collab. de Marie-Hélène
Biget. - Marseille : Editions Parenthèses, 1993
Fernand Pouillon – Architetto delle 200 colonne, Documenti di
architecttura, Electa, Milano 1987
Werk, Bauen + Wohnen 3, 2004
Robert Mallet-Stevens
Robert Mallet-Stevens : architecte / sous la direction de Jean-Pierre
Lyonnet. - Paris : Editions 15, Square de Vergennes, 2005
Robert Mallet-Stevens : 1886-1945 / Cristiana Volpi. - Milano : Electa, 2005.
Moderne Architektur Paris 1900 – 1990, Hervé Martin, o.O., o.J., 1986
Pierre Chareau
La maison de verre : Pierre Chareau‘s modernist masterpiece / Dominique
Vellay. - London: Thames & Hudson, 2007
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Notizen
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Notizen
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Notizen
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Impressum
Seminarreise Herbstsemester 2009
Professur Wolfgang Schett
Departement Architektur
ETH Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Organisation, Programm
Isabel Gutzwiller
Franziska Manetsch
Druck
Reprozentrale ETH Hönggerberg
© bei den jeweiligen Autoren
Zürich, September 2009