über den Ford Capri (PDF Download)
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ZeitHaus Automobile Klassiker Ford Capri – das erste Großserien-Sportcoupé nach Maß 1969-1973 Automobile Meilensteine sind das Thema des ZeitHauses in der Autostadt – dies ungeachtet ihrer Herkunft. ZeitHaus-Philosophie ist es, Trendsetter zu präsentieren: Automobile, die Maßstäbe definierten und anderen Herstellern als Vorbild dienten, sei es technologisch, in der Produktionsweise, im Design, konzeptionell oder in Sachen Marketing. Der Ford Capri gehört zweifellos zu diesem elitären Kreis. Er war Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts das erste preisgünstige Großserien-Sportcoupé Europas, das sich der Kunde dank üppigen Variantenreichtums schon ab Werk individuell auf Maß schneidern lassen konnte. Ursprünglich sollte das nach dem Vorbild des US-Ford Mustang konzipierte, deutschenglische Sportcoupé „Colt“ heißen. Doch diese Typbezeichnung schien den Verantwortlichen der europäischen FordDependance in letzter Minute doch zu aggressiv. Sie wollten das Automobil nicht nach einer Schusswaffe benennen, und so gaben sie ihm den eher süßlichen Namen „Capri“. Und tatsächlich ging mit diesem Modell 1969 in Köln und Dagenham (dem Ford-Standort in England) die Sonne auf: Ford Europe hatte nach einer Durststrecke endlich wieder einen Verkaufsschlager im Programm. Und der stand, wenn auch in Stückzahl und Karosserieformat europäisch bescheidener dimensioniert, dem bereits 1964 in Amerika lancierten Mustang in Nichts nach. Genau wie der Mustang, den das zeitgenössische Werbemotiv rechts zeigt, im- ponierte der Capri mit den typischen Proportionen eines rassigen Supersportwagens der klassischen FrontmotorÄra: lange, Kraft verheißende Motorhaube, geduckter Fahrgastbereich, fließende Dachpartie, kurzes Stummelheck, sportliche Blechzierde, zum Beispiel angedeutete BelüftungsKiemen vor den Hinterrädern. In der ZeitHaus-Ausstellung „Design IKONEN“ der Autostadt steht der von dem legendären Ford-Designer Uwe Bahnsen gezeichnete Capri deshalb zur Verdeutlichung dieser formalen Anlehnung direkt neben einem Jaguar E-Type. Dieser britische Sportwagen verkörpert wie kein Zweiter die Stilmittel des klassischen SportwagenDesigns der 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Zum Erfolg des Capri – rechts eine frühe Studie – trug nicht allein dessen eindrucksvolle Linienführung bei. Zu ihr gesellte sich im Innenraum eine sehr sportlich wirkende Ausstattung mit tief angeordnetem Gestühl, Einzelsitzausformung im Fond, imposanter Mittelkonsole und gut bestücktem Armaturenbrett. Vor allem aber erlaubte es eine fast unüberschaubare Vielfalt an Technik-, Ausstattungs- und Optik-Optionen, einen Capri genau auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Käufers zuzuschneiden – dies in einer Zeit, da seitenstarke Broschüren über Aufpreis-Extras bei allen europäischen Ford-Konkurrenten noch keineswegs die Regel waren. So hatte der Käufer im Laufe der rund fünfjährigen CapriProduk-tionszeit die Wahl unter nicht weniger als zwölf verschiedenen Motorversionen mit Zylinderanordnungen im V und in Reihe, mit vier und mit sechs Zylindern, mit Hubräumen von 1,3 bis drei Liter Volumen, mit Nennleistungen von 50 bis 150 PS, mit Preisen (1972) von 7.975 bis 16.200 D-Mark. Schwang sich die Basisversion Capri 1300, wie sie das ZeitHaus präsentiert, gerade mal zu 133 km/h Höchstgeschwindigkeit auf, so erreichte das Spitzenmodell Capri RS 2600 beeindruckende 205 km/h. Damit bot Ford mit dem Capri in Personalunion eine Alternative sowohl für den Karmann-Ghia von Volkswagen, als auch für den Porsche 911 T. Die Ausstattungsoptionen für Capri-Käufer reichten je nach verfügbarem Budget von L über XL und GT bis GXL, so dass der in den USA auf den Mustang gemünzte Slogan „a custombuilt sports car for everybody“ („ein maßgefertigter Sportwagen für jedermann“) ohne Einschränkung auch auf den Capri zutraf. Letzter Anreiz für den Kauf eines Capri war zweifellos dessen Preis: Denn der erschien den Zeitgenossen geradezu sensationell günstig. Tatsächlich kostete so ein rassiges Sportcoupé nur ein paar Hundertmark-Scheine mehr als eine brave Limousine vergleichbarer Motorisierung, im Ford-Programm durch den Taunus repräsentiert. Da der Capri wie eine Limousine vier Sitze aufweisen konnte, übte er auch auf junge Familienväter unwiderstehliche Reize aus. Dies erhöhte sein Marktpotenzial gegenüber dem gleichfalls 1969 vorgestellten Rüsselsheimer Konkurrenten, dem lediglich zweisitzigen Opel GT, drastisch. Dass unter dem sportlich geformten Blech der meisten CapriVarianten Spezialtyps (mit RS Ausnahme 2600) des biedere Großserientechnik geboten wurde, nahmen die Kunden in Kauf. Viele sahen diesen Umstand gar als Vorteil, garantierte er doch denkbar niedrige Wartungskosten und versprach hohe Zuverlässigkeit und Alltagstauglichkeit. Tatsächlich ist speziell das Capri-Fahrwerk von ernüchternder Einfachheit. Das zeigt sich vor allem an der Hinterhand, wo die starre Antriebsachse ganz im Stil der simpel konstruierten TechnikLieferanten Ford Escort und Cortina an archaischen Längsblattfedern hängt. Im Gegensatz dazu bot beispielsweise das Fahrwerk des parallel von Ford Deutschland angebotenen MittelklasseModells Taunus eine regelrechte Technik-Delikatesse, nämlich eine schraubengefederte, von Längs- und Schräglenkern sauber geführte Starrachse. Im täglichen Umgang mit dem Capri bleibt dem Piloten diese Schlichtheit naturgemäß nicht verborgen, wenngleich dank straffer Federung und guter Dämpfung durchaus Fahrspaß aufkommt. So lassen Geradeauslauf und Bodenhaftung auf gut ausgebauten Pisten kaum Wünsche offen. Erst, wenn Spurrillen, Unebenheiten oder gar Schlaglöcher die Fahrbahn prägen, kommt ein zügig bewegter Capri an seine Grenzen. Er beginnt zu hüpfen, versetzt an der Hinterachse und nötigt den Fahrer auch bei Geradeausfahrt des Öfteren zu Korrekturen mit der zwar exakten und direkten, aber keineswegs sehr leichtgängigen Lenkung. Die Fahrsicherheit leidet unter solchen Allüren indessen nicht: Der Capri zählt zu den betont gutmütigen Automobilen – das gilt sowohl fahrwerksseitig, als auch motorisch. „Das ist das Zwiespältige am Capri“, notierte das Fachmagazin „auto motor und sport“ im ersten Capri-Test (Ausgabe 9/1969), „daß er auftritt wie ein Rennpferd, aber das Herz eines Ackergauls besitzt.“ Tatsächlich stammen mit Ausnahme der Topmotorisierung des Typs RS 2600 alle Motorvarianten aus bürgerlichen Ford-Limousinen: Die kleinen Vierzylinder tun auch in den Modellen Escort, 12 M und Taunus Dienst. Die Motoren mit plus/minus zwei Liter Hubraum finden sich unverändert im deutschen Taunus, englischen Cortina, deutschen 17 M und 20 M. Alte Bekannte aus den Limousinen 26 M und (ab 1972) Consul/Granada sind die großen V-Sechszylinder. Insbesondere in der 1,3-Liter-Variante, wie sie die Autostadt aus erster Hand und unrestauriert in der Schweiz fand und nun im ZeitHaus präsentiert, herrscht beim Be- schleunigen eine gewisse Lethargie, die so gar nicht zum dynamischen Äußeren des Coupés passen will. Auch der Blick in den Motorraum enttäuscht angesichts der stattlichen Länge der Motorhaube: Das extrem kompakte V4-Triebwerk lässt hier genügend freien Raum, um an Stelle des tunnelartigen Windleitbleches des Kühlluftventilators einen zweiten V4 zu beherbergen – oder besser gleich einen amerikanischen V8. Gleichwohl erfreute sich der Capri in Europa eines durchaus sportlichen Images, erworben in heißen Rennschlachten der Deutschen Rundstrecken-Meisterschaft, der Deutschen Rennsportmeisterschaft (DRM) und der Tourenwagen-Europameisterschaft. So wurde Dieter Glemser 1971 „Europa-Tourenwagenmeister“. Jochen Mass holte sich 1971 den Titel „Deutscher Rundstrecken-Meister“ und 1972 Lorbeeren als „Europa- Tourenwagenmeister“. Und Hans-Joachim Stuck ging 1972 als Sieger aus der Deutschen Rennsportmeisterschaft hervor. Alle drei Piloten fuhren auf Ford Capri zu ihren Erfolgen. Verantwortlich für diese Siegesserie war nicht zuletzt die clevere Homologations-Politik der Ford-Rennleiter Jochen Neerpasch und (ab 1972) Mike Kranefuß. Da von Serienautos nicht abstammende beliebig Rennwagen modifiziert werden durften, lancierten die Ford-Sportmanager 1970 die Serienfertigung einer Hochleistungsvariante des Capri. Dieses sogenannte „HomologationsModell“ namens Capri RS 2600 wies bereits die meisten, auf der Rennstrecke Erfolg versprechenden Zutaten ab Werk auf: Leichtbauteile, Kugelfischer-Einspritzanlage, Spezialfahrwerk. Dieser Super-Capri diente als Basis für unschlagbare Ford- Rennboliden mit bis zu 325 PS. Sie demütigten Anfang der 70er Jahre in der sogenannten „Großen Division“ der DRM selbst Porsche und BMW – und zwangen diese Marken, selber so genannte Homologations-Modelle (Porsche Carrera RS und BMW 3.0 CSL) in einer vom Motorsport-Reglement geforderten Mindeststückzahl aufzulegen, um der bürgerlichen Marke Ford Paroli bieten zu können. Trotz dieser sportlichen Erfolge war der Capri-Stern im Jahr des Stuckund Mass-Doppelerfolges, 1972, bereits im Sinken begriffen: Der Absatz des modischen Coupés brach ein, woran auch Modellpflegemaßnahmen nichts änderten: Im September 1972 erhielt der Capri andere Leuchten vorn und hinten, modifizierte Armaturen, breitere Räder. Und an die Stelle der deutschen V4-Motoren traten in den hubraumschwachen Varianten britische Reihen-Vierzylinder. Diese Maßnahmen brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg: Im Dezember 1973 wurde die Produktion der ersten Capri-Generation eingestellt und durch den größeren, rundlicheren und mit großer KombiHeckklappe versehenen Capri II ersetzt. Der wurde für den deutschen Markt bis Ende 1984, für England gar bis Frühjahr 1987 gebaut – danach war der Capri nach insgesamt 1.886.647 produzierten Exemplaren Geschichte. Hersteller: Ford-Werke AG / Baujahr 1972 Meilenstein Ford Capri W arum Meilenstein? Der Capri war das erste europäische „personal car“, ein sportlich eigenständig eingekleidetes Coupé, das sich der Käufer nach seinen individuellen Wünschen zusammenstellen konnte. Beim Capri-Debüt offerierte Ford sechs Motorvarianten mit vier und sechs Zylindern und vier Ausstattungs-Pakete, später kamen weitere, bis zu 150 PS starke Versionen hinzu. Basismotorisierung war anfangs der im ZeitHaus gezeigte 1,3-Liter-V4, ab September 1972 ein Reihenvierzylinder mit 1,3 Liter Hubraum und 55 PS. W ann entstanden? Ford Deutschland und Ford England präsentierten den Capri im Januar 1969, zwei Monate zuvor war die Produktion in den FordWerken Köln, Saarlouis, Dagenham, Halewood und Genk angelaufen. Die erste Capri-Serie endete im Dezember 1973, abgelöst durch den erheblich veränderten Capri II. W ie erfolgreich? In den deutschen Ford-Werken wurden in fünf Produktionsjahren rund 784.000 Capri produziert, von denen rund 244.000 Exemplare auf dem deutschen Markt Absatz fanden. W elche Wirkung? Mit seinem Konzept fand der Capri bei Opel (Manta), Toyota (Celica) wagen und Volks- (Scirocco) Nachahmer. Die vom Capri ausgelöste Entwicklung extrem breit gefächerter Motorenund Ausstattungs- Optionen pro Typ ist heute genereller Standard. W elche Daten? V-Vierzylinder, 1.288 ccm, 37 kW/50 PS, vorn Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern, hinten Starrachse mit Längsblattfedern, Höchstgeschwindigkeit: 133 km/h; damaliger Neupreis der im ZeitHaus präsentierte Variante Capri 1300 XL: 8.385 DM. W eitere Informationen finden Sie unter www.autostadt.de oder erhalten Sie direkt beim ZeitHaus-Team unter zeithaus@autostadt.de Fotonachweis: Autostadt, bei einigen der abgebildeten Motive handelt es sich um zeitgenössische Dokumente