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Konzerte Wissenschaft Museen Magazin zur Mozartwoche Salzburg. Juli 2014 INHALT 06 11 18 30 34 37 VorworT 04 küNsTLerIscHer DreIkLANg 06 Mozart, Marc Minkowski und Bartabas Le roI-soLeIL? 11 Bartabas und die Académie équestre de Versailles ruHM uND PferDePrAcHT 12 Die Felsenreitschule PrIMA Le PAroLe – PrIMA LA MusIcA? 14 Christiane Karg: Lieder von Mozart und Schubert reIseN IN DeN erw1eITerTeN MozArT-kosMos 18 Die Wiener Philharmoniker in drei Konzerten der Mozartwoche 2015 reIf für grosse DAMeN 22 Diana Damrau im Gespräch goTT Des kuNsTLIeDes, gLückLoser MusIkDrAMATIker 26 Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ konzertant bei der Mozartwoche 2015 DAs wuNDer MozArT 30 Mitsuko Uchida: „Das Festival macht mir Druck im positiven Sinn“ „MozArT ergIbT eINfAcH sINN“ 34 Piotr Anderszewski kehrt nach vier Jahren zur Mozartwoche zurück Partner in Education der Stiftung Mozarteum Salzburg 42 44 47 59 71 74 MusIk VoN Der MeNscHLIcHkeIT Des seINs 37 Pierre-Laurent Aimard verbindet Werke von Mozart und Elliott Carter JAHrHuNDerT-MusIk 40 Frühe und späte Werke von Mozart, Schubert und Carter im Programm der Mozartwoche 2015 NoAHs ArcHeNkoNzerT 42 Emmanuel Pahud und die österreichische Erstaufführung von Elliott Carters „Flute Concerto“ eINe ALTe geIge uND Der kosMos 44 Midori Seiler und die Mozart-Violinen DIe MAcHT Der MusIk 47 Mozart Kinderorchester und Superar-Chor: mitreißende Begeisterung für die Musik MeHr ALs DIe suMMe Der eINzeLTeILe 50 Das Hagen Quartett spielt Mozarts Streichquartette sPüLwAsser uND scHokoLADe 52 Kristian Bezuidenhout und der Facettenreichtum gültiger Mozart-Deutungen AufzeIcHNuNgeN zu kLäNgeN uND sTäDTeN 56 Drei Dokumentationen im Filmprogramm der Mozartwoche 2015 100 JAHre MozArTeuM 59 Präsident Johannes Honsig-Erlenburg im Gespräch IM LArgHeTTo zuM zIeL 62 Vor 100 Jahren wurde das neu erbaute MozarteumGebäude seiner Bestimmung übergeben VoM kLANg Der worTe uND DeM sINN Der TöNe 68 Das Festival „Dialoge“ begibt sich 2014 auf die Spur des Wortes VerTrAuTHeIT uND grosse gefüHLe 71 Kammermusik in den Saison-Konzerten 2014/15 gLückLIcH VereINT 74 Dauerleihgabe „Nannerl“ HALbzeIT IN kubA 76 „Eine Stiftung im Kleinen“ kALeNDArIuM 80 Mozartwoche 2015 IMPressuM 82 Liebe Leserinnen und Leser, Dear readers, Marc Minkowski und Bartabas in Versailles zu erleben – und das in der Académie équestre, die dem Schloss direkt gegenüber liegt und damit präsentabler nicht liegen könnte – war einfach wunderbar und ließ sehr viel von unserem zentralen Vorhaben bei der kommenden Mozartwoche 2015 erahnen. Nicht nur die fantastischen Arkaden der Felsenreitschule waren dabei Thema, sondern beispielsweise auch die Besonderheiten des spezifischen Sandes, den Bartabas für sich und seine Pferde benötigt; auf dem Tisch ausgestreut, konnte er gleich betastet werden. Die Idee von Marc Minkowski, Bartabas in einen „Mozart-Rahmen“ zu setzen, musste einfach in die Tat umgesetzt werden: Er weiß mit besonderen Werken, mit herausragenden Künstlern an beeindruckenden Orten umzugehen. Neben dem selbst dirigierenden Künstlerischen Leiter der Mozartwoche, Marc Minkowski, werden Sie bei dem Festival rund um Mozarts Geburtstag am 27. Jänner wieder zahlreiche neue, ebenso wie bekannte Künstler erleben. Mozart52 – Magazin zur Mozartwoche möchte Ihnen vorab Eindrücke und Hintergründe vermitteln. Dirigenten der jüngeren Generation bei der Mozartwoche 2015 sind Pablo Heras-Casado, Christoph Koncz, Andrés Orozco-Estrada, Ainars Rubikis, Juraj Valcuha – und Antonello Manacorda. Letzterer wird eine Oper von Schubert konzertant zur Aufführung bringen, die so gut wie nie gespielt wird, aber zahlreiche Momente des Hörglücks verspricht. Dies als Teil eines ausgedehnten SchubertZyklus, der die Mozartwoche 2015 besonders prägen wird. Der Amerikaner Elliott Carter hat Schubert sehr bewundert und ist selbst ein Protagonist der Avantgarde geworden. Ihm ist ebenso ein besonderer Schwerpunkt gewidmet. Überaus traurig sind wir, dass Lorin Maazel am 13. Juli verstorben ist und dass er das für die Mozartwoche 2015 geplante Konzert nicht mehr wird leiten können. Das Programm war gemeinsam mit ihm konzipiert und hätte – wie Marc Minkowski und ich denken – nicht besser auf ihn zugeschnitten sein können. Die Musikwelt trauert zu Recht um einen der ganz Großen! Auch in dieser Ausgabe von Mozart52 wird auf weitere Aktivitäten der Stiftung Mozarteum Salzburg hingewiesen. In diesem Jahr ist besonders das 100-Jahr-Jubiläum des „Mozarteum“-Gebäudes in der Schwarzstraße von Bedeutung. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnte die jahrzehntelangen Bemühungen der Salzburger Bürgerschaft, endlich einen „idealen“ Aufführungsort für die Werke Mozarts zu errichten, nicht stoppen. Grund genug, dass der Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg, im Rahmen dieser Ausgabe ausführlich dazu Stellung nimmt und die Hintergründe darlegt. Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum, Ulrich Leisinger, und die Leiterin der MozartMuseen, Gabriele Ramsauer, sind in die Vorbereitungen der Mozartwoche ebenfalls intensiv eingebunden; es ist uns insgesamt ein Anliegen, die Bereiche der Stiftung Mozarteum bestmöglich zu verknüpfen. Die Bibliotheca Mozartiana könnte beispielsweise ein eigenes Buch füllen, genauso wie das Kinder- und Jugendprogramm „KlangKarton“ oder die Mozart Ton- und Filmsammlung. Wir laden Sie ein, uns auch über die Mozartwoche hinaus kennen zu lernen. Seeing Marc Minkowski and Bartabas in Versailles – in the prestigious Académie équestre, directly opposite the Palace – was a wonderful experience, presaging a major event at the 2015 Mozart Week. Our attention focused not only on the fantastic arcades of the Felsenreitschule but also, for example, on the specific qualities of the sand required by Bartabas for himself and his horses; a sample was available for us to let it run through our fingers. Minkowski has a flair for staging unique works and outstanding artists in impressive settings, and his idea of putting Bartabas in a Mozart context just had to be implemented. Besides conductor and Artistic Director Marc Minkowski, many first-rate artists, both new and familiar, will be performing at the festival held around Mozart’s birthday on 27th January. Magazin Mozart52 is designed to give you a foretaste and provide background information. Conductors of the younger generation in 2015 are Pablo Heras-Casado, Christoph Koncz, Andrés Orozco-Estrada, Ainars Rubikis, Juraj Valcuha – and Antonello Manacorda, who will conduct a concert performance of a rarely-heard opera by Schubert, promising many musical highlights. This is part of the extensive Schubert series which is a special feature of the 2015 Mozart Week. American composer Elliott Carter, a great admirer of Schubert, became a protagonist of the avantgarde. His work also takes a prominent place in the programme. We deeply mourn the passing of Lorin Maazel on 13 July, and regret that he will not be conducting the concert planned for the 2015 Mozart Week. The programme was chosen in collaboration with him, and – as Marc Minkowski and I believe – it could not have been better suited to him. The music world mourns a great master. This edition of Mozart52 gives details of further activities in the Salzburg Mozarteum Foundation. 2014 sees the centenary of the Mozarteum building in the Schwarzstrasse. The outbreak of World War I could not stop the work put in over decades by Salzburg citizens to have an “ideal” venue built for performing Mozart’s music – reason enough for Johannes Honsig-Erlenburg, President of the Salzburg Mozarteum Foundation, to express his view here and to explain the background story. Ulrich Leisinger, Director of Research, and Gabriele Ramsauer, Director of the Mozart Museums, are also closely involved in the preparations for Mozart Week. We set great store by including as far as possible all fields of the Foundation. The Bibliotheca Mozartiana, for instance, could fill a book by itself; so could the Children’s and Youth Programme KlangKarton or the Mozart audio and film collection. We cordially invite you to make closer acquaintance with us, beyond the festival, and we look forward to welcoming you at the 2015 Mozart Week. With best wishes, Wir freuen uns darauf, Sie bei der Mozartwoche 2015 begrüßen zu dürfen! Matthias schulz CEO and General Artistic Director Matthias schulz Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter „Jeden Winter auch eine szenische Produktion“, wünschten sich Marc Minkowski, Künstlerischer Leiter der Mozartwoche (re.), und Matthias Schulz (li.), Kaufmännischer Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg, als sie 2012 gemeinsam mit der Gestaltung der Mozartwoche begonnen haben. Nach „Lucio Silla“ (2013) und „Orfeo ed Euridice“ (2014) haben sie für die Mozartwoche 2015 die Kantate „Davide penitente“ ausgewählt und deren szenische Umsetzung dem „Pferde-Choreographen“ Bartabas mit seinem Team der Académie équestre de Versailles anvertraut. küNsTLerIscHer DreIkLANg Mozart, Marc Minkowski und Bartabas bei der Mozartwoche 2015 Ob ihm die Idee auf dem Rücken seines eigenen Pferdes gekommen sei? Marc Minkowski kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Zu lange trägt er jedenfalls diesen Plan schon mit sich herum. Er, der nicht nur ein leidenschaftlicher Dirigent und Orchesterchef ist, seit nunmehr zwei Spielzeiten im Austausch mit Matthias Schulz auch als ideensprühender Künstlerischer Leiter der Mozartwoche fungiert – und der sich zudem als eifriger Reiter entpuppt. Bartabas, der Tiermagier also, soll nun mit seiner Mischung aus hoher Schule und eigenwilliger Pferdecharakterparade einen Ort zurückerobern, der in den letzten Jahrzehnten bis auf wenige statistenähnliche Ausnahmen, etwa in Peter Steins ShakespeareProduktionen oder zuletzt in Alvis Hermanis Inszenierungen von Bernd Alois Zimmermanns „Die Soldaten“ und Harrison Birtwistles „Gawain“, weitgehend Vierbeiner-frei geblieben ist: die Salzburger Felsenreitschule. Bartabas, der Pferdeflüsterer, mehr noch, in Frankreich ein Pferdekönig, den wollte Marc Minkowski als künstlerischen Partner. Schließlich sind er selbst und die französische Nation, aber auch viele Reitbegeisterte und Kunstfreunde auf der ganzen Welt fasziniert von dessen spezieller Art, mit Pferden umzugehen, sie auf Augenhöhe in musikalisch-theatralische Spektakel einzubinden mit immer anderen Klängen aus jedem Winkel des Globus. 1693 wurde sie unter Erzbischof Johann Ernst von Thun nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach neben den Hofstallungen errichtet und als erzbischöfliche Sommerreitschule sowie für Tierhatzen verwendet. Das Publikum fand in den 96 aus dem Mönchsberg gemeißelten Arkaden Platz, die dreigeschossig übereinander angelegt sind. 1841 wurde die Reitschule für die Hofstallkaserne als k. k. Kavallerie-Reithalle adaptiert, erweitert und mit einem Dach versehen. Nach dem Ersten Weltkrieg war hier das erste Bundesheer stationiert. Dann folgte die Kunst, zunächst Max Reinhardt mit Goldonis „Diener zweier Herren“ oder seiner „Faust“-Inszenierung. Herbert von Karajan verwandelte den Ort 1948 erstmals in eine Opernbühne – für Glucks „Orfeo ed Euridice“. So schließt sich der Kreis. Mensch und Tier in einer von Musik getragenen Aufführung, wo man am Ende eines atemberaubenden Reigens von energetischen, temperamentvollen, kraftstrotzend schnellen, aber auch poetisch langsamen Bildern gar nicht mehr merken soll, wer eigentlich wen dominiert. Und die bis heute einzigartig geblieben sind. „Ein magischer Ort, der den zögerlichen, durchaus schwierigen Bartabas sofort gereizt hat“, freut sich Marc Minkowski. „Und es ist genau der richtige Zeitpunkt, um so etwas zu wagen“, findet er. „Wir haben in unserem ersten Mozartwochen-Jahr mit dem vom Publikum, aber auch von der Kritik begeistert aufgenommenen „Lucio Silla“ in der Regie des Kanadiers Marshall Pynkoski gezeigt, wie ein hierzulande ungewöhnlicher choreographisch-graziöser, aus dem kreativen Wissen um die Darstellungspraxis der Rokokozeit entwickelter Inszenierungsstil, unsere Sehgewohnheiten verändern kann. Die zweite Saison brachte dank des 300. Geburtstages von Christoph Willibald Gluck die Möglichkeit, unser Repertoire um einen von Mozarts wichtigsten, vorbildhaften Zeitgenossen zu erweitern und „Orfeo ed Euridice“ zu einem Erfolg werden zu lassen.“ Da sollte nur die dritte Runde sich auf ein Mozart-Werk im überraschenden Kontext konzentrieren, das eher selten im Fokus steht. „Ich glaube sogar, es ist das unbekannteste Bühnenwerk von Mozart, obwohl große Teile der Musik in einem anderen Zusammenhang hier natürlich sehr bekannt sind“, lächelt Minkowski. Recht hat er, denn das kurze Oratorium „Davide penitente“, uraufgeführt DAVIDE PENITENTE © Matthias Baus © Marco Borggreve / Naïve Manuel Brug 8 DAVIDE PENITENTE BARTABAS REGIE PFERDE UND REITER DER ACADÉMIE ÉQUESTRE DE VERSAILLES DIRIGENT MARC MINKOWSKI LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE SALZBURGER BACHCHOR CHRISTIANE KARG SOPRAN MARIANNE CREBASSA MEZZOSOPRAN STANISLAS DE BARBEYRAC TENOR Mozart Adagio und Fuge c-Moll KV 546 Maurerische Trauermusik KV 477 Davide penitente KV 469 einführungsvorträge jeweils 18.30 uhr In Kooperation mit der Académie équestre de Versailles Mozarts „Lucio Silla“, die szenische Produktion der Mozartwoche 2013 in der Regie von Marshall Pynkoski, eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen und dem Musikfest Bremen, wo die Oper im Sommer 2013 gezeigt wurde, geht nun an die Mailänder Scala: Von Ende Februar bis Mitte März 2015 wird Marc Minkowski dort ,unseren‘ „Lucio Silla“ mit dem Orchester, dem Chor und dem Ballett des Teatro alla Scala leiten. 9 1785 in Wien in Wohltätigkeitskonzerten zugunsten der „Tonkünstler-Societät“, ist der im Barock verbreitete, bei Mozart relativ selten vorkommende Fall einer Selbstparodie: das heißt der Umarbeitung eines vorhandenen Werkes in ein neues, oft stimmungsmäßig ganz anderes. In diesem Fall war es die 1782 begonnene, aber nie vollendete Missa c-Moll KV 427, heute übrigens wie der „Jedermann“ einer der programmatischen Eckpfeiler der Salzburger Festspiele (seit 1927 von der Stiftung Mozarteum Salzburg im Rahmen der Salzburger Festspiele veranstaltet). Als er die ehrenvolle, aber nicht dotierte und recht dringliche Anfrage der Hilfsorganisation für bedürftige Musiker bekam, zog Mozart schnell den längst schon ad-acta gelegten Messe-Torso hervor und montierte fast ohne Änderungen das Kyrie sowie das Gloria auf eine selbstverfertigte Auswahl von Bruchstücken aus dem Psalter des büßenden Davids um. Möglicherweise hat sogar Lorenzo da Ponte, sein bester Librettist, diese literarische Arbeit geleistet. Neukomponiert wurden lediglich eine Fugenstelle im Gloria sowie zwei kurze, virtuose Arien für den Tenor Valentin Adamberger und die berühmte „geläufige Gurgel“ der Koloratursopranistin Caterina Cavalieri, Mozarts erstem Belmonte und die Konstanze in dem 1782 erstmals gegebenen Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“. Der Sopranpart der Messe war hingegen für seine ihm frisch angeheiratete Frau Constanze geschrieben worden. Lange galt dieses Gelegenheitswerk beim Publikum weit mehr als die originale, aber eben fragmentarische Messe und wurde viel häufiger aufgeführt. Heute, mit unserer rigiden Auffassung gegenüber Original- und Erstlingswerken, ist das umgekehrt. „Deswegen halte ich dieses gleichwohl musikalisch reizvolle, auch sehr eigenständige Stück für die ideale Musikgrundlage dieses sehr besonderen Projektes“, führt Marc Minkowski weiter aus. Freilich wird es mit einigen Ergänzungen, so Mozarts Adagio und Fuge c-Moll KV 546 und der Maurerischen Trauermusik KV 477 auf abendfüllende Länge gebracht. Produktives Treffen in Versailles im Frühsommer 2014: (v. l. n. re) Marc Minkowski, Bartabas und Matthias Schulz. „Es wird eine Mischung aus abstrakter Dressur und einem Eingehen auf die Musik werden. Und ich werde beim Dirigieren dazwischen stehen“, erzählt Minkowski weiter. Chor und Orchester, auch die Vokalsolisten hingegen sollen in den Arkaden positioniert sein, „das funktioniert sehr gut. Wir haben mit dem Salzburger Bachchor und meinen Musiciens du Louvre Grenoble bereits Akustiktests gemacht.“ heiten, es muss klappen“. Ausprobiert hat er eine Annäherung zwischen Pferden und Musik bereits dieses Jahr auf seinem kleinen Privatfestival bei seinem Feriendomizil (und dem Stallort seines Pferdes, eines robusten Kaltblütlers) auf der Île de Ré bei La Rochelle. Sein Fazit: „Pferde sind extrem lernwillig, neugierig und müssen dauernd beschäftigt werden. Außerdem knabbern sie gern an Partituren und an Dirigentenhemden.“ se für diese sehr besondere Aufführung bereits geweckt sei: „Wir haben viele Anfragen von Eltern pferdebegeisterter Kinder, aber auch von Lipizzaner-Fans, die gerne etwas anderes kennenlernen möchten. Es kommt also mit Sicherheit nicht nur das vorrangig an der Musik interessierte Publikum.“ Anders wird es bestimmt, denn schon die Atmosphäre in den grandiosen Stallungen des Sonnenkönigs, die Ludwig der XIV. quasi als Entrée zu seinem Aber es ist auch kompliziert. Die mindestens zwölf Pferde müssen auf Es sei ganz erstaunlich, sagt hingegen Schloss in Versailles für diese wichtieinem möglichst nahen Hof unterge- Matthias Schulz, wie sehr das Interes- gen Mitspieler im großen Hofstaatbracht werden. Bartabas ist nämlich mehr um ihr Wohlergehen besorgt denn um das seiner Reiter oder der SUMMARY vokalen Mitstreiter. Die freilich sind auserlesen: Christiane Karg, der Mez- Marc Minkowski’s choice of artist partner was Bartabas, seen in France as a horse zosopran Marianne Crebassa, die Ent- king – for he knows better than anyone how to include horses on equal terms deckung des „Lucio Silla“ vor zwei Jah- in dramatic performances with a wide variety of musical scores. The ideal ren, und Tenor Stanislas de Barbeyrac. place for this in Salzburg is the Felsenreitschule, built in 1693 under Archbishop Johann Ernst von Thun and used as a summer riding-school and for Geprobt wird in Paris, in Salzburg wird animal-baiting. Spectators were accommodated in the arcades, which were dann zusammengebaut und angepasst. chiselled out of the Mönchsberg rock three years later. “A magical place; it Hauptsächlich aber sollen sich die kost- held an immediate fascination for the diffident, refractory Bartabas”, says baren Hauptakteure hier in aller Ruhe Marc Minkowski. Here one of Mozart’s least-known works will be performed eingewöhnen. Der Bühnenboden in der in a surprising context – “although substantial sections of the music are of Felsenreitschule muss verstärkt, ge- course very well-known”. Minkowski is right, for the short oratorio Davide polstert und isoliert werden; man fand penitente, first performed in 1785 in Vienna, is an adaptation of the C minor extra Sand, der federt, Geräusche iso- Mass K427, begun in 1782 but never completed. “It will be a mixture of liert und bequem für die Pferde ist. abstract dressage and responsiveness to the music – and when I’m conducting, Kopfzerbrechen bereiteten die Siche- I’ll be standing in between”, says Minkowski. The horses – at least twelve – rungszäune, die Beleuchtung der Ar- have to be housed on a nearby farm, and the stage in the Felsenreitschule kaden, aber bis jetzt fügt sich alles. reinforced, cushioned and insulated. A kind of sand has even been found that is resilient, noise-insulating and comfortable for the horses’ hooves. Marc Ob Marc Minkowski mitreiten wird? Minkowski says that “horses are extremely willing to learn; they are curious, „Ich denke eher nicht“, sagt er kate- and they need to be kept constantly occupied. And they enjoy taking a nibble gorisch, „wir wollen keine Unsicher- at the score”. DAVIDE PENITENTE © Yann Werdefroy Do 22. JäNNer 19.30 uHr #01 so 25. JäNNer 19.30 uHr #10 fr 30. JäNNer 19.30 uHr #26 Felsenreitschule Die Kantate „Davide penitente“ ist ein wunderschönes Werk, dessen szenische Umsetzung in der Mozartwoche 2015 einem einzigartigen Meister seines Fachs anvertraut wird: „Die Kunst Bartabas’ lässt sich kaum kategorisieren“ so Marc Minkowski, „Pferde, Menschen, Musik, Bewegung, Licht und Kostüme verbindet er zu poetischen Gesamtkunstwerken.“ 10 © Yann Priou © Thomas Bartel © Gisela Schenker Solisten in „Davide penitente“ mit Les Musiciens du Louvre Grenoble und dem Salzburger Bachchor unter der Leitung von Marc Minkowski in der Felsenreitschule: (v.l.n.r) christiane karg (Sopran), Marianne crebassa (Mezzosopran) und stanislas de barbeyrac (Tenor). Wenn nicht unten die Hauptakteure angetreten sind, bisweilen geritten von mehrheitlich amazonen-schönen Damen, manchmal auch ohne Sattel. Da sind die honigfarbenen Lusitanos mit den wässrigblauen Augen und den straff geflochtenen Mähnen aus Portugal, die kleinen Sorraias aus Spanien, von deDraußen vor der Tür wird öffentlich nen aus mit dem Bogen geschossen auf einer Sandfläche geübt, drinnen in wird, und die argentinischen Criollos. Dazwischen samtschwarze Andalusier. Oben in einer Foyer-Vitrine liegt als Musterstück ein fein bestickter Ärmel der eng anliegenden Jackettuniformröcke, die der Antwerpener Stardesigner Dries van Noten eigens kreiert hat: Bartabas möchte es fein und ganzheitlich. Das ist seine Philosophie. Manuel Brug Jede(r) von Bartabas’ Reiterinnen und Reitern lernt außerdem zu singen, zu fechten und zu tanzen. Mensch und Tier, manchmal auch bewusst voneinander losgelöst, bewegen sich in vollkommener Symbiose. Und demnächst nicht zur Musik von Bach oder Strawinsky, sondern zu der Mozarts. Die Show wird hier sonst nur selten weiterentwickelt, höchstens regelmäßig um einige Bilder verändert. So ist der exklusive, ganz auf diesen für Bartabas so voll Vorfreude erwarteten Ort Felsenreitschule beschränkte Salzburger Ausflug, zur willkommenen Abwechslung geworden. Er redet nicht viel, obwohl er sehr fokussiert sein kann. Seine besten Freunde sind die Pferde. Dennoch ist dieser zähe, federnd gehende Clément Marty, den in Frankeich – und nicht nur dort – die staunenden Massen als Bartabas kennen, kein einsamer Wolf. Was er tut ist einzigartig, obwohl es natürlich historische Vorläufer gibt. Seit er erstmals 1985 mit seinem musikalischen Pferdetheater „Zingaro“ auftrat, das alles andere ist als die übliche Dressurshow, nahm er die Festivals im Sturm und wird seither fast kultisch verehrt. DAVIDE PENITENTE 11 © Agathe Poupeney SUMMARY He doesn’t say much, although he can be extremely focused. His best friends are the horses. Nevertheless, Clément Marty is not a lone wolf; he is known and widely acclaimed, (not only) in his native land, as Bartabas. What he does is unique – although there have of course been historic predecessors. Since his first performance, in 1985, with his musical equestrian theatre “Zingaro” – far removed from the usual dressage show – he has been taking festivals by storm and has become something of a cult hero. Bartabas has had his own theatre in the Paris suburb of Aubervilliers since 1989. From this base he travels with his four-legged star performers as far as Japan and America – and now for the first time to Salzburg. Since 2003 he has also directed his Equestrian Show Academy in Versailles; here, in the former royal stables of Louis XV, he has effected quite some change. He designed new, contemporary, highly poetic presentations, enhanced from time to time through unusual co-operations. He appeared with 35 selected horses and the “Zingaro” theatre at a baroque equestrian festival at the Neptune fountain in Versailles Palace park, for Rameau’s ballet Voyage aux Indes galantes; and he drew inspiration from Akira Kurosawa’s film Throne of Blood, an adaptation of Macbeth. Bartabas’ main concern is always communication. These performances are designed to express something that cannot be said in words or with the resources of the traditional arts. Le roI-soLeIL? DAs PferD! Er ist kein einfacher Mann, denn die Pferde stehen für ihn immer an erster Stelle. Er will, dass es ihnen, die er oft selbst handverlesen ausgewählt und aufgezogen hat, gut geht, dass sie Spaß haben an dem, was sie tun. Denn Pferde sind intelligent, emphatisch, spielerisch und wissensdurstig – findet Bartabas. Auch in Frankreich, als einem Mutterland der Hohen Schule, geht die kunstvolle Art des Reitens auf militärische Ursprünge zurück. Die werden bis heute an der berühmten Reitschule des Cadre Noir in Saumur an der unteren Loire gepflegt. Doch die französische Regierung wollte, dass gerade Bartabas mit seinem unkonventionellen, innovativen und nomadischen Esprit den leerstehenden Tempel der Pferde gegenüber dem Schloss des Sonnenkönigs belebt – der Glanz der meistbesuchten Touristenattraktion des Landes sollte sich hier widerspiegeln. Bartabas entwarf eine neue, zeitgemäße, vor allem poetische Präsentation. Die wird von Zeit zu Zeit bereichert durch ungewöhnliche Zusammenarbeiten. So trat er mit seinen ausgewählten 35 Pferden und dem „Zingaro“-Theater bei einem barocken Reiterfest am Neptun-Bassin im Schlosspark auf, man feierte Rameau und sein Ballett-Spektakel „Voyage aux Indes galantes“; bei dem barocken Pferdespektakel „Les Juments de la nuit“ („Die Stuten der Nacht“) ließ sich Bartabas von Orson Welles’ Verfilmung des „Macbeth“ und dem japanischen Film „Schloss im Spinnenwald“ von Akira Kurosawa inspirieren. Seit 1989 hat Bartabas sein eigenes, um luxuriöse Stallungen zentriertes Theater im Pariser Vorort Aubervilliers. Von hier aus reist er mit seinen vierbeinigen Stars bis nach Japan und Amerika, erstmals nun auch nach Österreich. Seit 2003 führt er in Versailles seine Académie du spectacle équestre. Hier, wo unter Ludwig XV. bis zu 3000 Pferde in zwei monumen- Neben seinem musikalischen „Haustalen Stallungen untergebracht waren, gott“ Johann Sebastian Bach ließ sich hat er freilich einiges verändert. Bartabas mit seinen Pferden auch schon von dem Pianisten Alexandre Tharaud begleiten, nutzte Musik von Philip Glass wie auch Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ und er schickte seine Protagonisten zu Orgelklängen auf einen Parcours durch die aufgelassene Abteikirche Saint-Ouen in Rouen. Er partizipierte mit Tänzern von Pina Bausch, mit Indonesiern und Thailändern, aber auch mit der zeitgenössischen Choreografin Carolyn Carlson. Immer geht es Bartabas dabei um Kommunikation: So soll in diesen Aufführungen etwas ausgedrückt werden, das sich mit Worten und den Möglichkeiten der herkömmlichen Künste nicht sagen lässt. Er hat zudem Filme mit und um die Pferde gedreht – und nun sind Mozart und der Genius loci der einzigartigen Felsenreitschule in Salzburg seine nächste Herausforderung. Danach werden seine Stars wieder in ihren wunderschönen Holzboxen hinter der Manege von Versailles frei stehen, ganz anders als einst in jener Beengtheit, die man anhand der Futterrinnen in den historischen Gemäuern noch erkennen kann. Es gibt dort sogar so etwas wie eine Luxusdusche, und selbst für ein pferdegerechtes Solarium ist gesorgt. Denn für Bartabas ist und bleibt der einzige Sonnenkönig das Pferd. BARTABAS Bei Bartabas geht es ungezwungener, aber nicht weniger diszipliniert zu. In Hermès-Orange prangen Kasse und Café-Foyer im elegant geschwungenen Bogen der Grande Écurie, in der Bartabas vor elf Jahren auf Wunsch des französischen Kulturministers mit seiner neu aufgebauten Académie équestre de Versailles einzog. Von dem französischen Modehaus, das einst als Reiterausstatter anfing und das bereits einige Male Bartabas samt schnaubender Stars für seine Defilees etwa im Grand Palais gebucht hat, bezieht man auch die feinsäuberlich in ihrer eigenen Kammer aufgereihten Sättel. der rechteckigen Manege, wo die Vorführungen während der Saison jedes Wochenende stattfinden, herrscht einfacher, aber eleganter Schick. Alle Einbauten mit ihrem filigranen Spantenwerk sind aus unbehandeltem Holz, ein wenig erinnert das mit seinen Logen und Verschalungen an das Teatro Farnese in Parma. Spiegel und scheinbar verwitterte Pferdefresken gliedern wie in der glamourösen Galerie des Glaces im nahen Schloss die Seiten. MuranoLüster aus milchig gläsernen Blättern ziehen die Blicke zur Decke. © A. Poupel Theater unübersehbar errichten ließ, unterscheidet sich von der Stallburg und dem Saal der Spanischen Hofreitschule zwischen Redoutensälen und Michaelertrakt der Hofburg in Wien. 12 Hedwig Kainberger Neapolitaner mit Blick auf die Bucht von Neapel, aus der Stichfolge „Equile Ioannis Austriaci“ von Jan van der Straet und Philipp Galle; das Buch trägt das Wappensupralibros von Wolf Dietrich, UBS G 408 I RUHM UND PFERDEPRACHT Reitschulen dienen heute – wenigstens in ihren Strukturen – als Spielstätten der Salzburger Festspiele und der Mozartwoche: Aus dem Hofmarstall wurde das Große Festspielhaus, aus der einstigen Winterreitschule wurde der als Pausenfoyer genützte KarlBöhm-Saal, die Felsenreitschule war früher die sommerliche Reitschule. 13 Dieser Neapolitaner hält sich in eleganter, geradezu majestätischer Pose, als wüsste er, dass er porträtiert würde. Er ist frisiert – in welch Lockenpracht sind Mähne und Schweif getrimmt! Er hat sich offenbar glänzend striegeln lassen. Mit welch scheinbarer Leichtigkeit hält er die für ihn schwierige, anstrengende Balance mit gehobenen Vorderhufen, und: Lächelt er nicht gar? Als wollte er seinen Betrachtern einen freundlichen, huldvollen Blick schenken? Den Neapolitaner und sechzehn weitere Pferde exquisiter Rassen haben der aus Brügge stammende und in Florenz wirkende Maler und Zeichner Jan van der Straet (1523-1605) und der niederländische Kupferstecher Philipp Galle (1537-1612) abgebildet. Ihre hinreißenden Bildkompositionen zeigen Pferde aus dem Gestüt des Siegers von Lepanto, Don Juan d’Austria. Dass Wolf Dietrich diese Stiche in seiner Bibliothek gehabt hat, bestätigt seinen hohen Sinn für Pferdekultur, für die er in Salzburg Meilensteine gesetzt hat. Schon im 16. Jahrhundert kümmerten sich die Salzburger Erzbischöfe mehr um Pferde, als es für ein Nutz- und Transporttier angemessen wäre. Wolf Dietrich begann, die den Pferden gewidmete Pracht so in Kunst und Städtebau zu übersetzen, dass es der fürstlichen Repräsentation zum Nutzen gereichte. Die von ihm und seinen Nachfolgern errichteten Pferdebauten und An vielen Stellen im heutigen Festspielbezirk wird daran erinnert, dass hier einst das Herz der Pferdestadt gewesen ist. Einige Zeugen der hohen Pferdekultur sind aus dem kostbarsten Material, das weitum zu finden war und für das Salzburg seit je bestaunt worden ist: feiner, fast samtig weich wirkender, doch steinharter weißer Untersberger Marmor. Aus ihm sind die Pferdeschwemme samt Rossbändiger, das von Bernhard Fischer von Erlach gestaltete Triumphtor an der Stirnseite des Großen Festspielhauses sowie der Brunnen am Eingang zum Faistauer-Foyer. Diese riesige Schale in Form einer Muschel war einer von zwei Wandbrunnen, die Erzbischof Johann Ernst von Thun um 1700 im Hof des Marstalls hatte erbauen lassen. Einst sogar waren im Hofmarstall die Futtertröge der Pferde aus diesem weißen Marmor, während die „Pferdegemeinen“, also die Pferdeknechte, aus Blech- und Holznäpfen aßen. Von die- Zurück zu Wolf Dietrich: Er baute an der Wand des Mönchsbergs nicht bloß einen Stall, sondern ein monumentales Gebäude zur fürstlichen Repräsentation. Von der streng eleganten Renaissancearchitektur samt marmornen Futtertrögen ist seit dem Bau des Großen Festspielhauses in den 1950er-Jahren wenig übrig – nur noch die Fassade und zwei Tore an der Längsseite. Am linken Tor hat Wolf Dietrich seine Großtat mit einer Inschrift verewigen lassen: „Der Raitenauer Fürst baute diesen Pferdestall von so großer Ausdehnung als erster in kurzer Zeit und (gab) errichtete einen Kornspeicher voll mit Feldfrüchten aller Art, sodass nicht mit dem großen Bau (Flügel) die Menge (an Vorrat) fehle. Im Jahr des Herrn 1607“. Der Hofmarstall wurde von Wolf Dietrichs Nachfolgern nicht nur erweitert und verschönert, sondern auch mit einer höchst praktischen Einrichtung versehen: Unter dem Stall fließt ein Arm des Almkanals. Dieser war so konstruiert, dass mit dem Wasser, das aus der Königssee-Ache durch den Mönchsberg in die Altstadt fließt, nicht nur die Pferde zu tränken, sondern auch der Stall immer wieder gründlich zu reinigen war. Heute noch wird es zur Kühlung des Großen Festspielhauses genutzt. Zu sehen und zu hören ist das Brausen im unterirdischen Kanal gegenüber dem Eingang zum Haus für Mozart – in einer Öffnung neben dem Brunnen mit dem Wilden Mann (Fischmarkt-Brunnen). edles Blut erweist auch dich als ritterlichen Stammes würdig. Siehe, sogar die Felsen weichen von ihrem Platz! Alles, was du hier betrittst, war Berg, so hoch, wie er sich mit seinem Kamm erstreckt. Zur Erinnerung bleibt übrig die ,lebende‘ Seite beider Wände und es erstrahlt durch den Lichteinfall ringsum das starre Gestein. Entfalte und übe deine Kräfte – in keinem Stadion kannst du dies tüchtiger tun! Alles weicht der Tugend! Zuletzt, auf dass du nicht das gewaltige Ausmaß des Baues allzu verächtlich deutest und für Luxus hältst: Den gebrochenen Stein hat in gewaltigen Blöcken für öffentliche Bauten sorgsam bereitgestellt, im Jahr des Herrn 1662, Fürsterzbischof Guidobald.“ © Oskar Anrather Mit welcher Pracht wurden Pferde in salzburg einst empfangen, gehegt und verehrt! wie ergötzlich der Anblick dieser Tiere war und welch ruhm an ihnen haftete, ist an einem stich abzulesen, den erzbischof wolf Dietrich von raitenau (1559-1617) in seinem besitz hatte und der heute in der universitätsbibliothek salzburg verwahrt wird: zu sehen ist ein herrlicher Hengst, im Hintergrund die bucht von Neapel. ser Pracht berichteten einige Europareisende. So steht etwa im „Mathematischen Lexikon“ aus 1747, erschienen in Leipzig, geschrieben: „Der Fürstliche Hof=Stall zu Salzburg, über welchem im obern Geschoß die grosse Fecht=Schule angelegt ist, präsentiret von aussen einen recht prächtigen Palast von starcker und schöner Architectur. Inwendig sind die Bahren aus weissem Marmor gemacht, deren in dem Grössern Stall zu beyden Seiten eine grosse Anzahl sich befinden.“ (Zit. in Norbert Hierl-Deronco, Theatrum Equorum Salisburgensium, Eigenverlag, Krailing/Starnberg 2007) Neben der Pferdekultur gibt es eine weitere Besonderheit, die im heutigen Festspielbezirk abzulesen ist: die Steinbrüche. Das Konglomerat des Mönchsbergs war Baumaterial für Salzburger Paläste, Kirchen und Wohnhäuser. Die Schnitte in den Berg sind noch über der Pferdeschwemme am Karajan-Platz zu erkennen. Direkt daneben machte dann Erzbischof Johann Ernst von Thun aus der Auch auf der anderen Seite des eins- Unansehnlichkeit des Steinbruchs einen tigen Hofmarstalles waren Steinbrü- ästhetischen Geniestreich: Er ließ aus che. Da ließ Erzbischof Guidobald Thun dem Konglomerat drei Arkadenreihen die gedeckte Winterreitschule – heu- herausbrechen und schuf so einen te Karl-Böhm-Saal – errichten, in der raffinierten Raum – als Reitschule, die Schönheit des Steines in nackter für Tourniere und heutzutage als festWand zur Schau gestellt wird. Dass liche Spielstätte für Kunst und Kultur. diese Reitschule mehr war als ein Immer wieder waren in der Felsengestampfter Boden zum Dressieren reitschule vereinzelt Pferde als Nevon Nutztieren, sondern vielmehr ein bendarsteller in Operninszenierungen Ort der Kultur, der Tugend und der zu sehen. Doch erst jetzt, zur MozartTüchtigkeit, hält eine Inschrift fest: woche 2015, treten sie endlich wieder „Wohlan! Von trojanischer Herkunft als Hauptdarsteller auf! Die Felsenreitschule, in der in der Mozartwoche 2015 „Davide penitente“ in der Regie des „Pferde-Choreographen“ Bartabas und seiner Académie équestre de Versailles aufgeführt wird. © Oskar Anrather SUMMARY An engraving (around 1580) from a book bearing Wolf Dietrich’s coat of arms shows how horses were once honoured and cared for in Salzburg, and accommodated in great splendour. As early as the 16th century, the Salzburg archbishops began to endow art and building with similar splendour, to serve their own prestige. The structures of the stables and riding-schools built by Wolf Dietrich and his successors are today used as venues for the Salzburg Festival and the Mozart Week: the court stables became the Large Festival Hall, the former winter riding-school is now the Karl Böhm Saal, and the Felsenreitschule was once the summer riding-school. Some monuments to this prestigious equine culture in the Festival precinct are made of the most costly material to be found far and wide: fine, velvety-looking but hard, white marble from the Untersberg. The ornamental horse-pond with the horse-tamer, the triumphal gateway designed by Bernhard Fischer von Erlach in the façade of the Large Festival Hall and the fountain at the entrance to the Faistauer foyer are all fashioned from this white marble. So, at one time, were even the horse-troughs – while the grooms and stable-boys ate from wooden or tin bowls. RUHM UND PFERDEPRACHT ruHM uND PferDePrAcHT 14 PrIMA Le PAroLe – PrIMA LA MusIcA? Auf etwa 30 Liedkompositionen brachte es Mozart, Schubert aber hinterließ über 600 Lieder. Die Sopranistin Christiane Karg hat für die Mozartwoche 2015 eine kluge Auswahl getroffen, die sie mit Florian Birsak am Hammerklavier im Mozart-Wohnhaus vortragen wird. cHrIsTIANe kArg IM gesPräcH mit Teresa Pieschacón Raphael 15 wie ‚Das Veilchen‘ kV 476 nach einem gedicht von goethe? Eine zutiefst ergreifende Geschichte, die Mozart in einer packenden Ballade erzählt. Einem unbedarften Mädchen wird das Herz gebrochen. Man muss den Text sehr ernst nehmen und darf ihn nicht ins Lächerliche ziehen. Selbst wenn die Zeiten sich ändern, die Affekte bleiben gleich. Auch in Mozarts eigenartigem Lied ,Als Luise die briefe ihres ungetreuen Freunde, die ihn oft überreden mussten, seine Werke aufzuführen. Schubert war auch nicht in der Öffentlichkeit als Wunderkind gefeiert worden wie Mozart. Das prägt das Werk und vielleicht auch den Charakter. es gibt in Mozarts Liedschaffen auch gelegenheitswerke... …die man nicht überinterpretieren sollte. Wie etwa ‚An Chloe‘ KV 524, beeinflusst die eigene befindlichkeit das zärtlich charmant und sehr bedie Liedinterpretation? liebt ist. Natürlich. Wenn man in einer ähnlichen Situation wie die Protagonistin wie auch ‚Der zauberer‘ kV 472. wäre, würde vielleicht manches emo- Damit habe ich das Publikum sofort tionaler hinüberkommen. Die eigene in der Tasche! Trotzdem sehe ich das Singtechnik muss allerdings so gut sein, nicht als Gelegenheitswerk. Es geht dass man nicht zu weinen anfängt. in diesem vierstrophigen Couplet um Manchmal hat man auch keine Emo- Schüchternheit, um Leidenschaft, um tion. Wenn man etwa in einer Opern- die Verwirrung der Gefühle eines junproduktion tagein tagaus gearbeitet gen Mädchens. Auch die nicht ganz hat, dann fehlt irgendwann nicht un- großen Meisterwerke haben in einem bedingt die Stimme, sondern die Emo- Liederabend ihre Berechtigung, mehr tion. Dann muss man eine Emotion, noch, sie sind sehr wichtig. Wenn es herstellen und hoffen, dass der Zuhö- nur um eine Ansammlung von aufrütrer es nicht bemerkt. Das ist kein Auto- telnden und anspruchsvollen Stümatismus. Professionalität spielt eine cken geht, ist das Publikum bald erschöpft und mit seinen Gedanken große Rolle nicht mehr da. Man muss eine Mibeide Lieder von Mozart sind sehr schung finden. Die Lieder müssen sodramatisch. Hatte er immer auch das wohl von ihrer Dynamik als auch in ihrem Anspruch und ihrer Form in Publikum im Hinterkopf? Ja. Er suchte die Öffentlichkeit, ganz einer Art Wellenbewegung verlaufen, anders als Schubert. Der hatte seine die Stimmungen dürfen sich zwar än- BLINDTEXT CHRISTIANE KARG Im gegensatz zu Mozart, der sich für die gattung kaum zu interessieren schien: nur etwa 30 Lieder – im gegensatz zu den rund 600 schubertLiedern. Mozarts Lieder werden oft kritisiert, häufig als zu „einfache Musik“ oder als „einfach zu singen“ eingeschätzt. Aber es gibt Meisterwerke unter ihnen… Liebhabers verbrannte‘, das er dem freund gottfried von Jacquin abtrat. Ja. Ich weiß auch nicht, warum er sich nicht als Autor bekannte. Es ist wohl sein dramatischstes Lied, mehr noch eine Szene. Und es geht um eine eifersüchtige Frau. Da gibt es alle möglichen Interpretationen. Bitterkeit, Traurigkeit, Zynismus, all das kann man hineinfließen lassen. © Gisela Schenker was haben Mozart und schubert gemein? Ihr Leben war kurz. Aber was für ein großes Werk haben sie hinterlassen! Und dies in der kurzen Zeit ihres Lebens. Beide müssen unendlich schnell komponiert haben. Schubert nicht in allen Gattungen der Musik wie Mozart. Dafür hat er eine Gattung zur Vollendung gebracht, sie neu definiert: das Lied. 16 Do 22. JäNNer 19.30 uHr #01 so 25. JäNNer 19.30 uHr #10 fr 30. JäNNer 19.30 uHr #26 Felsenreitschule DAVIDE PENITENTE Programm und Besetzung s. S. 8 sA 31. JäNNer 15.00 uHr #29 Mozart-Wohnhaus, Tanzmeistersaal CHRISTIANE KARG SOPRAN FLORIAN BIRSAK HAMMERKLAVIER Mozart Das Veilchen KV 476 An Chloe KV 524 Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte KV 520 Der Zauberer KV 472 Dans un bois solitaire KV 308 franz schubert Gretchen am Spinnrade op. 2 – D 118 Mignon I D 726 Mignon II D 727 Mignon D 321 Sehnsucht D 359 Hoffnung D 251 Der Jüngling am Bache D 192 Des Mädchens Klage op. 58/3 – D 191 Thekla op. 88/2 – D 595 Die Götter Griechenlands D 677 Elysium D 584 17 SUMMARY Salzburg is almost like a “home game” for her – or this is how it is seen by German soprano Christiane Karg, who grew up in the Bavarian town of Feuchtwangen. She lived in Salzburg for eight years while studying voice at the Mozarteum University, and has “very happy memories” of her time here. “You never forget the beginning”, she says – but also “I learned so much here that I would never have learned anywhere else.” Even before graduating, Christiane Karg made her début at the Salzburg Festival in 2006, with two Mozart roles: Melia in Apollo und Hyacinth and Worldliness in Die Schuldigkeit des ersten Gebotes, Mozart’s first dramatic work, written when he was only 11. Mozart, she says, should “follow a singer all through life. There’s a role suited to every moment in life.” And “he will remain the focal point of my work”, even if early this year she presented a CD with lieder by Richard Strauss and – much in demand for concerts, lied recitals and oratorio – she has a repertoire ranging from Bach through Schubert and up to the 20th century. Christiane Karg’s contribution to the 2015 Mozart Week is entitled “Mozart, Schubert and the Lied”; she has made a special selection for her programme, which she performs in the Mozart Residence with Florian Birsak on hammerklavier. She promises “great and less great masterworks”. “If there’s simply a collection of moving, demanding pieces, then the audience is soon exhausted and their attention elsewhere. You have to find a mix. A lied recital is often very intensive, so it shouldn’t last more than two hours.” Die Dichtung war Mozart noch „eine gehorsame Tochter der Musik“. Prima le parole? Oder prima la musica? Es ist ein ewiger Streit. Jeder Interpret muss sich entscheiden. Für mich steht fest: wenn ich den Text spreche, habe ich auch den richtigen Energieflorian birsak wird sie im Tanzmeis- fluss, aus dem Musik ja besteht. Betersaal des Mozart-wohnhauses am sonders bei Schubert, bei ihm waren Hammerklavier begleiten. Dichtung und Musik auf gleicher Ebene. Ich freue mich. Einerseits ist dies ein wunderbares Umfeld für ein Liedpro- Mit dem genialen ‚gretchen am spinngramm, andererseits mache ich mir rade‘ des 17-jährigen schubert begann Gedanken wegen der Akustik. Man 1814 eine neue epoche des Liedes. hört bei Mozart einfach alles. Die Qua- Es wurde so oft gesungen und ist dalität der Stimme, den technischen Zu- durch für mich als Interpretin etwas stand, jeden Kratzer. Bei Puccini kann belastet. Es gibt in der Kunst nicht das noch funktionieren, weil das wirklich den Königsweg. Eine endgülOrchester laut genug ist. Wir sind uns tige Interpretation ist in der Kunst faauch noch nicht einig, ob wir Mozarts tal. Es gibt keine Lösung, es gibt nur Originalinstrument nehmen oder ein einen Moment. Und dem sollte eine gewisse Naivität inne sein. Schwer geanderes Hammerklavier. nug. Gretchen wird oft von dramatiwie erlernen sie ein Lied? schen Stimmen gesungen, dabei ist Oft präge ich mir zuerst den Text ein. sie ein junges Mädchen, das verliebt Das habe ich von meinem wunderba- ist und von tragischen Verwicklungen ren Gesangslehrer Wolfgang Holzmair noch nichts weiß. gelernt, der vom Wort kam. Viele Fragen der Interpretation lösen sich al- kein musikalisches Porträt, wie es lein durch die Deklamation des Tex- Mozart oft komponierte, sondern Austes. Besonders bei Schubert. Da ergibt druck eines seelenzustandes. sich vieles aus dem Text: die Farben, Den konnte Mozart zwar auch komponieren, aber anders als Schubert. die Stimmungen, die Dynamik. Schubert war der identifizierende AsDaher Ihr ausgeprägter sinn für wort- pekt, der Blick nach innen, noch weverständlichkeit? sentlich wichtiger als Mozart. Mozart Ja. Wenn man heute Schauspieler hört, ist ja ein Komponist der Klassik und wundert man sich oft, warum die so nicht der Romantik. nuscheln. Bei den älteren Kollegen ab Mitte Fünfzig hört man immer noch eine epoche, die geheimnisvolle gedas rollende R. Das ist heute zwar ver- stalten wie Mignon aus goethes „wilpönt, aber an manchen Stellen muss helm Meister“ liebte. einfach mehr artikuliert werden. Man Ja. Mignon ist eine zentrale Figur im muss verstehen, was man singt. Wenn Liedschaffen Schuberts und ich singe der Text nicht richtig vermittelt wird, seine drei Lieder D 726, D 727 und fehlt eine große Dimension. Man kann D 321. Ich habe Postkarten gekauft, um doch nicht ein Totengebet genauso mir ein optisches Bild von Mignon zu singen wie eine Liebesarie! Immer die- machen: Ein braunes, schwarzhaariges, se Verliebtheit in die eigene Stimme! seltsames Mädchen in Knabenkleidern, Alles muss schön klingen, aber Schön- von geheimnisvoller Herkunft, das klang kann auch sehr schnell langwei- mit einer Seiltänzergruppe umherlig werden. Schönes Gedudel interes- zieht und von dem man ahnt, dass es früh sterben wird. Ein freier künstlesiert mich nicht. rischer Geist. Die Sehnsucht des Menschen in der Romantik. ‚sehnsucht‘ heißt ein anderes Lied. Oh, da weiß ich jetzt nicht weiter. Es gibt so viele Sehnsucht-Vertonungen (lacht). und ‚Hoffnung‘-Vertonungen auch. Ich singe D 251 nach Schiller. Jetzt weiß ich es: „Es reden und träumen die Menschen viel von schöneren Tagen“. So fängt es an. Dieses und andere gedichte schillers haben schubert lange beschäftigt. Ja. Schillers Sprache war wohl nicht ganz einfach zu vertonen. ‚Des Mädchens Klage‘ und ‚Der Jüngling am Bache‘ gibt es in mehreren Versionen. Ich singe D 191 und D 192, vielleicht nicht immer berauschende Kompositionen, aber wie ich vorhin meinte: Wenn man nur erschütternde Lieder bringt, kann es sehr anstrengend werden. Da kann eine Nummer ruhig einmal etwas schlichter sein. Auch ‚Thekla‘ hat mehrere Varianten. D 595 ist sehr ergreifend. warum? Ihr Gesang klingt wie aus dem Jenseits, mystisch, ganz im Piano, ohne Ausbrüche, sehr schwierig. Aber wenn man es durchhält, hat er eine unglaubliche Wirkung. und last but not least: ‚elysium‘ und ‚Die götter griechenlands‘… …mit diesen wunderbaren Zeilen: „Schöne Welt wo bist Du? Kehre wieder“. Auch von Schiller, wobei Schubert nur die zwölfte von insgesamt 16 Strophen vertonte. Ein Aufschrei. Und eigentlich ganz modern. Das muss anständig vorgetragen werden und die Pausen so, wie sie vorgeschrieben sind. ‚Elysium‘ ist eine richtige Konzertarie, sehr lang, mit vielen Rezitativen. Aber dann ist Schluss. Ein Liederabend ist oft so intensiv und sollte deshalb höchstens zwei Stunden dauern. Sonst läuft einem das Publikum weg. CHRISTIANE KARG © Gisela Schenker dern, aber nicht gebrochen werden. Liedern, in denen man das Publikum ganz an sich lässt, sollten andere folgen, in denen man etwas auf Distanz geht. Einen Liederabend zusammenzustellen ist eine schwierige Kunst. © Schaffler & Friese In den Museumskonzerten kann man dem Genius loci auf ganz besondere Weise nahekommen. Christiane Karg spürt, begleitet von florian birsak, in der Mozartwoche 2015 im Tanzmeistersaal des Mozart-Wohnhauses neben Mozart auch Franz Schubert nach. 18 reIseN IN DeN erweITerTeN MozArT-kosMos Die Wiener Philharmoniker bei der Mozartwoche 2015 In dem Konzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Andrés orozco-estrada sind drei symphonische Erstlingswerke zu hören: von Mozart (KV 16), Franz Schubert und Elliott Carter. WIENER PHILHARMONIKER Bis heute pflegen die Wiener Philharmoniker ihre Tradition und Orchesterkultur, welche über die Jahre und Jahrzehnte freilich stets neu beleuchtet und erweitert wurde. Und fast ebenso lang ist das Orchester fixer Bestandteil des Salzburger Konzertlebens, welches auch in der Mozartwoche 2015 wieder um drei „Wiener“ Abende bereichert wird. 19 Die Verbindung aus der Achtung ihres Erbes und dem Verzicht auf einen Chefdirigenten ermöglicht es den Wiener Philharmonikern einerseits, sich auf jede Lesart eines Gastdirigenten, einer Gastdirigentin, einzulassen. Andererseits sorgen die Orchestermitglieder dafür, dass die Interpretation in einem charakteristischen Rahmen bleibt, den sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten allerdings durchaus und mit Neugier erweitert haben. Im Jänner 2015 begeben sich Andrés Orozco-Estrada und Thomas Hengelbrock in der Mitte und am Ende der Mozartwoche auf ihre persönlich geprägten Reisen in den Mozart-Kosmos, der um tionsstil zwischen enormer Spannkraft die Klangwelten Franz Schuberts und und satter Lust am vollmundigen Klang hat sich in dieser Zeit weiterentwiElliott Carters erweitert ist. ckelt. Der Ansatz dazu ist selbst bei Trauer um Lorin Maazel seinen älteren Platten-Einspielungen Doch in die Vorfreude auf die kommen- schon zu spüren, doch erst die Erfahde Mozartwoche hat sich nun tiefe rung eines langen Interpretenlebens Trauer gemengt: Am 13. Juli, vor weni- hat diese genießerische Eigenheit so gen Tagen, erlag Lorin Maazel im Alter erblühen lassen. Welche besseren Vorvon 84 Jahren den Folgen einer Lun- aussetzungen kann es für die Musik genentzündung. Im Laufe seiner Kar- Mozarts oder Schuberts geben? Für riere leitete er mehr als 150 Ensembles sein Programm bei der Mozartwoche durch rund 5.000 Opern und Konzerte 2015 hatte Lorin Maazel Mozarts lichund mehr als 300 Tonträger-Aufnah- te A-Dur-Symphonie KV 201 und die men. disparate „große“ g-Moll-Symphonie gewählt. Dazwischen Schuberts sogeLorin Maazel war das erste Konzert nannte „Unvollendete“ – die mit ihren mit den Wiener Philharmonikern in der zwei geheimnisvollen Sätzen tatsächMozartwoche 2015 zugedacht. Mit dem lich so vollendet ist, wie es ein Musikberühmten Wiener Orchester verband stück nur sein kann. ihn, der auch dessen Ehrenmitglied war, eine 52-jährige Zusammenarbeit, ge- Zum ersten Mal war Lorin Maazel prägt von großer Wertschätzung. Rund 1966 bei der Mozartwoche zu Gast, 500 Konzerte, darunter elf weltweit danach wieder im Jänner 1983, beide übertragene Neujahrskonzerte, brach- Male ebenfalls am Pult der Wiener te Maazel mit den Wiener Philharmoni- Philharmoniker. Lorin Maazels Tod ist kern zur Aufführung. Sein Interpreta- ein großer künstlerischer und mensch- Das Programm von Thomas Hengelbrock bei der Mozartwoche 2015 ist in lichte Farben getaucht: Schuberts „kleine“ C-Dur-Symphonie steht am Beginn, im strahlenden C-Dur der „Jupiter-Symphonie“ wird das Konzert enden. Dazwischen singt Diana Damrau Arien von Mozart. licher Verlust. Wir sind dankbar für bei auf dem klassisch-romantischen die vielen Spuren, die er hinterlässt Repertoire, doch bleibt ihm kein muund die bleiben werden. sikalisches Gebiet fremd. Solcherart ist Orozco-Estrada „geerdet“ in der Die ersten symphonien Tradition, aus der Kenntnis des BeDie zwei weiteren Konzerte mit den stehenden heraus das Neue zuwege Wiener Philharmonikern in der Mozart- zu bringen. Die Wiener Philharmoniker woche 2015 schreiten zum Anfang wie haben ihn außerplanmäßig als Einzum Ende von Mozarts symphonischer springer im Oktober 2010 kennen- und Welt. Ein Anfang ist in gleich mehr- umgehend schätzen gelernt. Für ihn facher Hinsicht bei Andrés Orozco- selbst ist, wie er im Gespräch verrät, Estrada zu finden. Da ist zuerst sein die Arbeit mit dem Meisterorchester Konzertprogramm mit drei sympho- „wie für jeden Dirigenten ein Höhenischen Erstlingswerken, die jedes für punkt“. sich einen ganz individuellen Beginn repräsentieren. Und da ist der Dirigent Diese drei ersten Symphonien – von selbst, der heute zwar keinesfalls mehr Mozart, Schubert und Carter – verraam Anfang seiner Karriere steht, aber ten auch etwas über äußere Gegebendoch erst seit einigen Jahren seinen heiten: Die Komponisten waren acht, gewonnenen internationalen Status 16 und 34 Jahre alt, als sie sich an erfolgreich und zügig ausbaut. Orozco- dieses langlebig-wandlungsfähige GenEstrada bringt Neugier und Begeiste- re wagten, das freilich auch zu jeder rung in sein Musizieren ein, die nicht dieser Zeiten etwas anderes bedeutet nur sofort ansteckend wirken, sondern und verlangt hat. Sowohl für Mozart auch immer wieder die Begegnung als auch für Schubert wirkte die Ausmit seltener gespielten Werken ermög- einandersetzung mit der Symphonie lichen. Sein Hauptaugenmerk liegt da- schon im Kindes- oder Jugendalter ganz selbstverständlich – und beide waren Genies, Mozart unter idealen, Schubert unter weniger günstigen Rahmenbedingungen. Als Carter 1908 geboren wurde, war die musikalische Welt eine völlig andere. Nicht ohne Grund folgte von Carter auch keine Symphonie Nummer 2: Die Gattung im klassisch-romantischen Sinn spielte für ihn keine Rolle mehr, ja nicht einmal mehr in jenem einer klassischen Moderne. Im Vergleich zu Carters späteren Werken bezeichnet OrozcoEstrada die Tonsprache seiner ersten Symphonie als „geradezu romantisch“ – eine kleine Überraschung. Diese drei Symphonien im Zusammenhang zu erleben, stellt einen ganz eigenen Höhepunkt der Mozartwoche 2015 dar, wobei die Aufführung der herrlichen Schubertschen „Arpeggione-Sonate“ mit Gautier Capuçon am Solo-Cello in der zarten, fein ziselierten Orchesterfassung des spanischen Cellisten Gaspard Cassadó (1897-1966) zusätzlichen Reiz verspricht. Mozarts Symphonie KV 16 findet im dritten der WIENER PHILHARMONIKER © Martin Sigmund 1877 spielten die wiener Philharmoniker das erste Mal in ihrer damals mit gut 35 Jahren noch jungen geschichte außerhalb wiens. wo? In salzburg, bei einem von der ,Vorgängerorganisation‘ der heutigen stiftung Mozarteum salzburg veranstalteten „Mozart-fest“. Dieses erste Auftreten hat seither zu unzähligen weiteren besuchen des berühmtesten österreichischen klangkörpers in salzburg geführt. © Gunter Glücklich / NDR Markus Hennerfeind 20 WIENER PHILHARMONIKER DIRIGENT N.N. Mozart Symphonie A-Dur KV 201 franz schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 „Die Unvollendete“ Mozart Symphonie g-Moll KV 550 künstlergespräch 18.30 uhr Marc Minkowski und Matthias Schulz im Gespräch MI 28. JäNNer 19.30 uHr #19 Großes Festspielhaus WIENER PHILHARMONIKER DIRIGENT ANDRÉS OROZCO-ESTRADA GAUTIER CAPUÇON VIOLONCELLO franz schubert Symphonie Nr. 1 D-Dur D 82 franz schubert Sonate a-Moll D 821 „Arpeggione-Sonate“ Bearbeitung von Gaspar Cassadó als Concerto a-Moll für Violoncello und Orchester Mozart Symphonie Es-Dur KV 16 elliott carter Symphonie Nr. 1 künstlergespräch 18.30 uhr Andrés Orozco-Estrada und Christoph Koncz im Gespräch sA 31. JäNNer 19.30 uHr #30 Großes Festspielhaus WIENER PHILHARMONIKER DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK DIANA DAMRAU SOPRAN franz schubert Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589 Mozart „Vado, ma dove? oh Dei!“. Arie für Sopran und Orchester KV 583 „Alma grande e nobil core“. Arie für Sopran und Orchester KV 578 Kavatine der Gräfin Nr. 11 „Porgi amor qualche ristoro“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492 Rezitativ und Arie der Gräfin Nr. 20 „E Susanna non vien!“ – „Dove sono i bei momenti“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492 Mozart Symphonie C-Dur KV 551 „Jupiter“ einführungsvortrag 18.30 uhr 21 Der kreis schließt sich Thomas Hengelbrock hat in seinem Repertoire nie irgendeine magische Grenze gezogen, ganz im Gegenteil zeichnet der Spezialist für den sogenannten „Originalklang“ auch für manche Uraufführung verantwortlich. Nur die Wurzeln des Mitt-Fünfzigers liegen in der historisch informierten Aufführungspraxis, deren Erkenntnisse seine Interpretationen stets mitbestimmen. Sein Programm bei der Mozartwoche 2015 ist in lichte Farben getaucht: Schuberts „kleine“ C-Dur-Symphonie steht am Beginn und im strahlenden C-Dur der „Jupiter-Symphonie“ wird das Konzert auch enden. Dazwischen singt Diana Damrau zwei Einlagearien, die Mozart für Aufführungen anderer Opern geschrieben hat, „Vado, ma dove? oh Dei!“ KV 583 und „Alma grande e nobil core“ KV 578 sowie die beiden Arien der Gräfin aus „Le nozze di Figaro“. Wohin sich Mozarts Genie seit seiner ersten Symphonie entwickelt hat, ist kein Geheimnis, und es wäre dieses KV 16 keine Komposition Mozarts, würde sich nicht auch hier ein kleines Wunder ereignen. Als solches darf man nämlich das Andante bezeichnen, das trotz der äußeren Schlichtheit bereits alle Züge späterer Großtaten in sich trägt. Außerdem stimmt das Horn darin ein viertöniges Motiv an, welches das Finale der „Jupiter-Symphonie“ vorwegnimmt: der Anfang eines Kreises, den das Schicksal nach einem guten Vierteljahrhundert viel zu früh schließen sollte. gautier capuçon spielt am Mittwoch, 28. Jänner 2015 mit den Wiener Philharmonikern unter Andrés Orozco-Estrada Schuberts „Arpeggione“-Sonate in der zarten, fein ziselierten Orchesterfassung von Gaspard Cassadó. SUMMARY In 1877, the Vienna Philharmonic performed outside Vienna for the first time in their only 35-year history. Where? In Salzburg, at a “Mozartfest” arranged by one of the organisations preceding today’s Mozarteum Foundation. This first appearance led to countless further visits to Salzburg by the most famous Austrian ensemble. In January 2015, Andrés Orozco-Estrada and Thomas Hengelbrock embark on their personal journeys into the Mozart cosmos, which expands to include the musical worlds of Franz Schubert and Elliott Carter. Sadly, our happy anticipation of the coming Mozart Week is now mingled with deep sorrow: on 13 July 2014, Lorin Maazel – who was to conduct the first concert with the Vienna Philharmonic – died of pneumonia at the age of 84. He had chosen Mozart’s light A major Symphony K201 and the contrasting “great G minor”, with Schubert’s so-called “Unfinished” in between. Lorin Maazel first performed at the Mozart Week in 1966, and later in 1983, on both occasions with the Vienna Philharmonic. His death is a great loss, both artistic and personal. We are grateful for the many lasting memories he leaves us. The two further concerts with the Vienna Philharmonic in the 2015 Mozart Week highlight the beginning and the end of Mozart’s symphonic world. Andrés Orozco-Estrada offers a beginning in several respects: his concert programme features no less than three first symphonies – by Mozart, Schubert and Carter –, each representing a highly individual inception; then there is the conductor himself who, although no longer at the start of his career, has only in recent years been building rapidly on his international status. The concert in January 2015 will (probably) be his third with the Vienna Philharmonic – planned this time, after he twice stepped in at short notice. A soloistic counterpoint is provided by Schubert’s “Arpeggione” Sonata with Gautier Capuçon on cello, in the arrangement for orchestra by the Spanish cellist Gaspard Cassadó. Thomas Hengelbrock’s 2015 Mozart Week programme is bathed in pastel colours: it opens with Schubert’s “little C major” Symphony and closes with the radiant C major of Mozart’s “Jupiter” Symphony. In between, Diana Damrau sings two concert arias and the Countess’s two arias from The Marriage of Figaro. When the famous four-note motif from the Andante of his First Symphony appears in the last movement of the “Jupiter”, the symphonic Mozart cosmos comes full circle. WIENER PHILHARMONIKER In Memoriam Lorin Maazel philharmonischen Konzerte der Mozartwoche 2015 schließlich ihre Fortführung und Vollendung in seiner letzten, der „Jupiter-Symphonie“. © Gregory Bartardon © Andrew Garn sA 24. JäNNer 19.30 uHr #07 Grosses Festspielhaus Tiefe Trauer hat sich in die Vorfreude auf die kommende Mozartwoche gemengt: Vor wenigen Tagen erlag Lorin Maazel den Folgen einer Lungenentzündung. Das von ihm geplante Konzert am 24. Jänner 2015 wird zu seinem Gedenken stattfinden. 22 reIf für grosse DAMeN .. .. »FÜR DIE SPEZIELLEN SINGVÖGEL DIE PASSENDE MUSIK« DIANA DAMrAu IM gesPräcH mit Teresa Pieschacón Raphael 23 Von kühen heißt es, sie gäben bei Mozarts Musik mehr Milch. wie musikalisch können Pferde sein? Vielleicht ist ‚musikalisch‘ nicht der richtige Ausdruck. Ein Pferd kann aber Wellenlängen und vielleicht auch Schallwellen empfangen, die ein Mensch nicht mehr spürt. Es gibt Pferde, die gerne im Takt zur Musik laufen. Als Reiterin und Sängerin weiß ich allerdings eines: Meine Stimme muss ich so behandeln, wie ich als Reiterin auch mein Pferd behandle. Man kann ein Pferd mit dem Ausatmen antreiben oder stoppen, es ist wie beim Singen. Mit Gewalt geht da nichts. Und wie die Musiker brauchen auch die Pferde einen guten Dirigenten beziehungsweise Dompteur. singen sie beim reiten? Eigentlich nicht, und wenn, dann eher leise! und noch nie abgeworfen worden? (Lachen) Ohne Singen schon oft! Aber Gott sei Dank nicht, als das Fernsehen ein Portrait von mir machte. Sie setzten mich auf einen riesigen Schimmel, den ich nicht kannte, ich sollte galoppieren und dabei singen. ein Handschuh. Der kann sich nicht so schnell verändern wie Kleidergrößen. Haben die zwei schwangerschaften Ihre stimme verändert? Vor der Geburt war ich mir natürlich unsicher. Manche Sängerinnen verlieren zwei, drei Spitzentöne. Ich habe Glück gehabt. Toi, toi, toi! Durch die Geburt meiner beiden Söhne, das hormonelle Auf und Ab, hat sich die Stimme zwar verändert, aber in einem für mich guten Sinn. Sie hat vor allem in der Mittel- und der tiefen Lage beträchtlich an Volumen gewonnen. Die dunklen Farben gelingen mir jetzt noch besser und auch die Höhe hat mehr Rundung und Flexibilität. Neue Farben und Möglichkeiten sind dazugekommen. Jetzt klingt es nach Frau – als Mutter bin ich mehr Frau. Außerdem bin ich ja mit der Zeit auch älter und reifer geworden. „Meine stimme ist wie ein Pferd“ sagten sie in der fAz. wie fühlt sich denn Ihr Pferd im Moment an? So! (Lautes Lachen) Spass beiseite: Der Vergleich gilt auf mehreren Ebenen. Als Sänger muss man arbeiten wie ein Ackergaul, ohne Unterlass, mit Geduld und Kontinuität, sich zudem ein dickes Fell zulegen und doch feinnervig sein in der Künstlerschaft. Die Stimme dagegen ist das Renn-, das Dressuroder das Springpferd – das kommt auf die Rolle an. Ich muss fordern, aber immer mit Liebe, und ich muss in mir sicher sein. Pferde spüren die geringste Angst, die kleinste Verspannung. So muss ich als Sänger lernen, mein Un- und reif also für Mozarts „große Daterbewusstsein im Griff zu haben, denn men“ wie die gräfin Almaviva? die Stimme reagiert sofort. Ja, stimmlich ist für die beiden Arien der Contessa aus dem „Figaro“ eine „Die Aria sey einem sänger so accurat gute und farbige Mittel- als auch tiefeangemessen“, schrieb Mozart, „wie ein re Lage wichtig. Aber auch technisch gutgemachts kleid“. wie emotional muss man eine breitere Oh. Das mit den Kleidern kann sich Palette bedienen können – wie die rieimmer ändern. Vor allen Dingen die sigen Legatobögen, mit denen die Größe eines Kleides. Nach einer Geburt Contessa ihre ganze Trauer über die sieht es da oft anders aus! Sagen wir es Untreue des Grafen zeigt, etwa in „Porbesser so: Die Rollen müssen passen wie gi amor qualche ristoro“ oder über ihr verlorenes Glück in „Dove sono i bei momenti“. Gleichzeitig bekennt sie sich aber zu ihrer Liebe. Alles ist so wahrhaftig. Mozart war ein solch großer Frauenkenner! Ihren Mann, den bassbariton Nicolas Testé, lernten sie in einer „Don giovanni“-Produktion kennen. Ja, das war lustig. Mozart hätte doch die Konstellation Masetto – Donna Anna ausprobieren sollen, die klappt! Einige Jahre davor sangen wir aber in München die „Apocalypse selon St. Jean“ von Jean Françaix, da war er „der Erlöser“! Tja! Mit der gräfin Almaviva hätten sie ja bald alle wichtigen frauenfiguren aus dem „figaro“ durch. Den Anfang nahmen sie mit der barbarina. Mit ihr stand ich überhaupt zum ersten Mal auf der Bühne – 1995 am Stadttheater in Würzburg. Als Soubrette. Mit der susanna debütierten sie 2006 an der Mailänder scala. Eine richtig lyrische Partie, in der ich den ganzen Umfang der Stimme erklingen lassen konnte. Mozarts Musik birgt in sich unendliche Möglichkeiten für mich, meine Emotionen und mei- ne Stimme. Die Susanna sang ich auch ...damit er ihm seinen Handschuh in München, Wien und Salzburg. schustern konnte (lacht). Wissen um Gesangsstimme und Technik ist beim Mit der königin der Nacht, mit der Komponieren unerlässlich. Die meisten sie 1996 in würzburg debütierten, Komponisten unserer Zeit lassen sich sind sie weit gereist, haben sie aber von den Möglichkeiten der jeweiligen dann abgegeben. Dennoch nennt man Stimme inspirieren und versuchen, den sie bis heute den besten koloratur- Sänger in seiner schönsten Lage erklinsopran der welt. gen zu lassen, seine Vorzüge hervorzuIch habe die Königin an fast allen gro- heben. Lorin Maazel hat mir zwei Rolßen Häusern in mindestens 16 unter- len in seiner Oper „1984“ für das Royal schiedlichen Produktionen gesungen. Opera House Covent Garden auf den Darunter zwei Produktionen bei den Leib geschrieben und der junge Brite Salzburger Festpielen, in New York Pa- Iain Bell hat mir neben Liederzyklen mina und Königin in derselben Serie, eine ganze Oper komponiert: „A HarNeuproduktionen in London, München lot’s Progress“ haben wir 2013 am und so fort. Das ist Hochleistungssport. Theater an der Wien uraufgeführt. Diese Rolle singt man nur für eine gewisse Zeit und vor allem im passen- zwei der Arien, die sie bei der Mozartden Rollenumfeld. Seit einiger Zeit sin- woche 2015 singen werden, kompoge ich die großen italienischen Belcan- nierte Mozart für Louise Villeneuve. to-Partien, nun auch Traviata, das passt Mozart hat für die großen Sängerinnen nicht zur Königin. Obwohl ich die Rolle seiner Zeit komponiert, für die spezielsehr liebe und die „F“s immer noch len Singvögel die passende Musik gehabe – ich kann und möchte keinen schrieben. Nur zu gern würde ich höSalto mortale machen. Man kann der ren, wie damals gesungen wurde! MoStimme sehr leicht wehtun. Jede Rol- zarts Musik fordert gesangstechnisch alles und verlangt eine homogene, unle hat ihre Zeit. gebrochene Stimme. Vom Sopran fores heißt, Mozart begann erst zu kom- dert er manchmal einen Stimmumfang ponieren, wenn er den sänger hatte von bis zu drei Oktaven. Doch mit diesingen hören. sen Anlagen muss man geboren sein! DIANA DAMRAU DIANA DAMRAU Die Mozartwoche 2015 wird mit bartabas zu Mozarts kantate „Davide penitente“ eröffnet. Das müsste sie als passionierte reiterin doch freuen! Oh ja, und wie! Ich liebe lange Reittouren mit Zelt und Satteltaschen und allem Drum und Dran. Zuletzt bin ich durch Afrika geritten, mit Krokodilen und Nashörnern drum herum. Schade, dass ich zur Premiere noch nicht in Salzburg sein kann. Ich trete ja erst eine Woche später auf. © Micheal Tammaro / Virgin Classics Aus dem bayerisch schwäbischen günzburg hinaus in die weite welt: In nur wenigen Jahren hat es die sopranistin Diana Damrau an die weltspitze geschafft. bei der Mozartwoche 2015 wird sie unter anderem die beiden Arien der contessa Almaviva interpretieren. 24 Als „weltbeste Königin der Nacht“ wird Diana Damrau bis heute von der internationalen Presse gefeiert, obwohl sie längst Mozarts dämonische Koloraturhexe verlassen und sich den tiefgründigen, emotional fordernden Frauencharakteren Mozarts zugewandt hat. wie verhält sich dies mit Iain bell? Iain hat mich und meine Stimme über Jahre verfolgt, kennengelernt und einige Liederzyklen für mich komponiert, die ich auch gesungen habe. Er kann Worte großartig in Musik umsetzen und für die Stimme komponieren. 25 einführungsvortrag 18.30 uhr © Rebecca Fay / Erato sA 31. JäNNer 19.30 uHr #30 Großes Festspielhaus WIENER PHILHARMONIKER DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK DIANA DAMRAU SOPRAN franz schubert Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589 Mozart „Vado, ma dove? oh Dei!“. Arie für Sopran und Orchester KV 583 „Alma grande e nobil core“. Arie für Sopran und Orchester KV 578 Kavatine der Gräfin Nr. 11 „Porgi amor qualche ristoro“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492 Rezitativ und Arie der Gräfin Nr. 20 „E Susanna non vien!“ – „Dove sono i bei momenti“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492 Mozart Symphonie C-Dur KV 551 „Jupiter“ was lieben sie an Ihrem beruf? Das Großartige ist, dass wir die Grenzgänge, die Brüche, die manche Menschen und viele Opernfiguren in sich bergen, darstellen dürfen, sie stimmlich-musikalisch umsetzen, sie durch- welche Voraussetzungen sind für den sänger-beruf wichtig? Man muss dazu geschaffen sein. Meine Großmutter etwa hätte die Begabung gehabt, aber zu ihrer Zeit war dies nicht möglich – als Mutter vieler Kinder in einer Kleinstadt; vielleicht hat sie sich auch nicht getraut. Es kommt viel zusammen, wenn man so eine Karriere anstrebt: Eine schöne Stimme reicht nicht, man muss auch charakterlich die Anlagen mitbringen, um diesen Beruf durchzustehen und die richtigen Lehrer finden. welchen gefahren ist man als sänger ausgesetzt? Man kann an eine falsche Rolle gelangen, weil Manager oder Veranstalter es so wollen. Bei allem Ehrgeiz muss man sich Realismus bewahren. Es ist wichtig, dass man Vertraute hat. Zu meinen Lehrern habe ich immer noch Kontakt. Und ich zeichne Proben auf, um meinen Gesang so zu hören, wie ihn die anderen hören. Ich bin sehr kritisch und finde immer etwas, das mir nicht passt. Trotzdem ist man nicht davor gefeit, kleine Problemchen zu leicht zu nehmen, die sich dann aber zu einem großen Problem auswachsen können. Deshalb ist es wichtig, sich immer auch mit anderen zu besprechen. sie wirken so fröhlich, so bodenständig. Ist das der garant für eine solide karriere? (Lachen) Ich bin Optimistin und relativ flexibel, dennoch habe auch ich Schicksalsschläge erlebt. Davor ist niemand gefeit. Ich stamme aus einer Kleinstadt und einer intakten Familie. Günzburg gehört zu mir, ist meine Familienbasis. Ich lasse mich nicht von dem schönen Schein und materiellen Dingen blenden. Ich selbst bin eigentlich ein Landei, genieße zwar die Großstadt und ihre Möglichkeiten, aber ertrage auf Dauer die dort herrschende Anonymität und Rastlosigkeit nicht. Ich brauche die Natur, die Pferde, die Bewegung, die Luft, den Tanz, da schöpfe ich viel Kraft und Inspiration heraus. Beruflich bin ich sowieso in den großen Städten unterwegs, mich begeistern fremde Sprachen und das Eigentümliche einer jeden Stadt, sei es in Wien, Paris, London, New York oder Mailand. Aber ich brauche das kleine Umfeld um mich herum. Mein Beruf ist trotz aller Kommunikation auch sehr anonym. suMMAry Loosely quoting Nietzsche, one might say that for soprano Diana Damrau, without Mozart’s music, life would be a mistake – for Mozart runs like a golden thread through her whole career. She made her début as Barbarina in Figaro in 1996 at the municipal theatre in Würzburg, and as Queen of the Night she conquered the world stage. The press – “the world’s best coloratura soprano” (New York Sun) – was fascinated by her voice, crystal-clear in the high register, soulfully feminine in the middle and with wonderfully warm depths – quite apart from her intuitive approach and her dramatic power. “Everything must emerge from the moment, as authentically as possible”, she is convinced. Although Damrau is currently earning accolades as Violetta in La Traviata, although her repertoire includes Zerbinetta, Manon, Lucia, Gilda and many other roles, and she is in great demand as a lied singer, Mozart’s operas will remain a constant in her professional life. “Mozart’s music holds infinite possibilities for me – emotionally and vocally”, she says. After her second child, she feels ready for dramatic soprano roles – for instance, Mozart’s complex, emotionally demanding characters such as Contessa Almaviva, whose two great arias she is to perform at the Mozart Week with the Vienna Philharmonic under Thomas Hengelbrock. DIANA DAMRAU BLINDTEXT Thomas Hengelbrock wird in dem konzert bei der Mozartwoche 2015 sein Debüt mit den wiener Philharmonikern geben. Tja, die Wiener Philharmoniker habe ich allerdings schon dirigiert (lacht). Das war in der Carnegie Hall im letzten Frühjahr! So ein Spaß und eine Überraschung für alle, als Zubin Mehta mir den Taktstock bei der Zugabe in die Hand drückte! Thomas Hengelbrock schätze ich sehr. Jetzt kommen wir endlich zu unserem ersten gemeinsamen Konzert. Ich freue mich sehr auf diesen Abend. Ich bin ein großer Fan der authentischen Aufführungspraxis und habe zum Beispiel mit Jérémie Rhorer und seinem Cercle de l’Harmonie zwei Aufnahmen mit Mozart-Arien aufgenommen, mit Nikolaus Harnoncourt und seinem Concentus Musicus habe ich Mozarts „Zaide“ eingespielt, mit Fabio Biondi und seinen Europa Galante gearbeitet und mit anderen. leben können. Natürlich bin ich nicht so machtbesessen und skrupellos wie eine Königin der Nacht, aber es ist faszinierend, dass ich mich in ihren Charakter hineinversetzen darf und ihn auf die Bühne bringen kann, mit allem, was ich habe. Es sind ja nicht nur die Stimme, die Klänge und Töne, die ich produziere, oder die Artikulation und Farbe, mit denen ich den Charakter zeichne. Ich muss alles auch mit der Körperspannung ausdrücken. Ein liebendes Mädchen hat eine andere Körperspannung als eine Elektra oder eine verbitterte alte Frau. Alles muss aus dem Moment heraus entstehen, so wahrhaftig wie möglich. 26 Antonello Manacorda wird die konzertante Aufführung von Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ mit dem Mozarteumorchester Salzburg, dem Salzburger Bachchor und namhaften Solisten im Haus für Mozart leiten. Der gebürtige Turiner ist seit 2010 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter der Kammerakademie Potsdam und seit 2011 außerdem Chefdirigent des niederländischen Het Gelders Orkest. goTT Des kuNsTLIeDes, gLückLoser MusIkDrAMATIker Die Mozartwoche 2015 zeigt Franz Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ in einer konzertanten Aufführung. Erst im 20. Jahrhundert entwickelte sich, nicht zuletzt durch Künstler wie Dietrich Fischer-Dieskau, ein neues Sensorium für die im besten Sinne eigentümlichen Qualitäten des eindrucksvollen Werks. Florian Oberhummer 27 Es ist ein Treppenwitz der Musikgeschichte, dass der populärste aller Liedkomponisten trotz neun vollendeter Bühnenwerke im Opernbereich nie wirklich Fuß fasst. Dabei ist Schubert erwiesenermaßen ein Theaterbegeisterter, ein Kenner der musikdramatischen Meisterwerke seiner Zeit, verehrt Gluck und kennt die wichtigsten Mozart-Opern, hört Webers „Frei- schütz“ und Beethovens „Fidelio“. Unschwer zu verstehen, dass Franz Liszt, der dieses Werk in gekürzter Form 1854 zur Uraufführung bringt, sich in Schuberts Opernschaffen eine Potenzierung der Liedkunst erhofft. In dieser Logik liegt aber vielleicht auch ein Teil des Problems: Liegen etwa Kunstlied-Meisterwerken wie „Gretchen am Spinnrade“ oder dem „Erlkönig“ geniale Schöpfungen eines Goethe zugrunde, so muss Schubert bei seinen Opern-Versuchen auf ungleich irdischere Geister zurückgreifen. Das stellt sich auch im Falle des Librettisten von „Alfonso und Estrella“ nicht anders dar: Franz von Schober ist eine Zentralfigur des Freundeskreises von Franz Schubert, beherbergt diesen, leitet Leseabende und infiziert den Komponisten mit der großen Literatur. Nicht nur Kleists Dramen und Goethes „Faust“, auch Rückerts Gedichte lernt Schubert bei diesen „Kunstgesprächen“ kennen – und vertont so manches davon wenig später. Schlegels Idee einer „Universalkunst“, in der Text und Musik zu einem großen Ganzen werden sollten, wird in diesem Kreis gelebt und beeinflusst die beiden Freunde nicht zuletzt auch bei der Arbeit zu „Alfonso und Estrella“. Schober ist also ein wichtiger „Spiritus Rector“ für den Geist des jungen Komponisten, als unsterblicher Dichter schafft es der Adelige aber nicht in die Geschichtsbücher – auch wenn Schobers Gedicht „An die Musik“ Franz Schubert zu einem seiner populärsten Lieder inspirieren sollte. Die beiden Mitt-Zwanziger – Schober ist gerade einmal ein Jahr älter als Schubert – ziehen sich im Herbst 1821 für ein Monat auf Schloss Ochsenburg nahe St. Pölten zurück, um parallel an Libretto und Musik zu arbeiten. Eine kreative Landpartie zweier Junggesellen darf man sich hierunter vorstellen, Bier, Pfeife, Ball- und Konzertbesuche, sprichwörtliche Schubertiaden samt „aufs nobelste entzückter“ blaublütiger Zuhörerinnen. Schober schwärmt von Schuberts „herrlichen Melodien“, es sei „wunderbar, wie reich und blühend er wie- ALFONSO UND ESTRELLA © Nikolaj Lund Man nehme zwei verfeindete Monarchen, zwei Königskinder und einen Feldherrn. Die Königstochter weist den Schlachtenführer ab und verliebt sich in den Sohn des verstoßenen Todfeinds. Der Feldherr schwört blindwütig Rache und lässt die Unwillige entführen. Die darauffolgende Schlacht kann nur durch Liebe und Versöhnung beendet werden. Ein Stoff, wie geschaffen für eine große romantische Oper. Und doch kennt ihn kein Mensch. Kein Wunder: Franz Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ ist nicht existent auf den Bühnen dieser Welt, die Aufführungen in den vergangenen 150 Jahren lassen sich an einer Hand abzählen. 28 der Gedanken hineingegossen hat“. Die sprachlichen Mängel in Schobers Libretto, die holzschnittartige Personenzeichnung jedoch können offenbar auch Schuberts musikalische Genieblitze nicht kompensieren. Das 1822 vollendete Werk enttäuscht nicht nur Schuberts befreundete Wiener Sänger, sondern auch die nach Berlin engagierte Sopranistin Anna Milder-Hauptmann. Sie begründet ihre Absage damit, „dass Ihr Buch hievon den hiesigen Geschmack nicht entspricht, man ist die große, hoch tragische Oper gewöhnt oder die französisch komische Oper“. Zu Schuberts Lebzeiten wird es zu keiner Aufführung kommen, auch Franz Liszts Interesse knapp drei Jahrzehnte später weckt ein nicht gerade objektiver Fürsprecher dieses Werks: Franz von Schober, schon 1839 für kurze Zeit Liszts Sekretär und nun Legationsrat in Weimar. fr 23. JäNNer 19.00 uHr #04 Haus für Mozart franz schubert ALfoNso uND esTreLLA D 732 Oper in drei Akten Libretto von Franz von Schober Konzertante Aufführung Dort hebt Liszt das Werk aus der Taufe, nicht ohne seine Verwunderung darüber zu erwähnen, „dass ein wie Schubert an substanziell feine, poetische Nahrung gewöhnter Geist die Unzulänglichkeit des gewählten Libretto nicht hätte bemerken sollen“. „In dramaturgischer Hinsicht hat die Oper Schwächen“, sagt auch Antonello Manacorda, der die konzertante Aufführung dieses Werks bei der Mozartwoche 2015 dirigieren wird. „Schubert und Schober haben versucht, eine Antwort auf die französische Grand opéra und auf den Belcanto zu finden“, erläutert der gebürtige Turiner – und beginnt von der „melodischen Erfindungsgabe“ der Oper zu schwärmen: „Man denkt an ,Fidelio‘.“ Aber auch das in dieser Zeit grassierende Rossini-Fieber in Wien habe Schubert nicht kalt gelassen, meint Manacorda: „Es gibt eine rhythmische Lebendigkeit in seiner Musik, die an Rossini erinnert.“ Über die musikalische Qualität dieser Oper lasse sich ohnehin nicht streiten: „Bei ,Alfonso und Estrella‘ ist alles drin – Arien, Lieder, Kammermusik.“ Der konzertante Rahmen berge folglich durchaus Chancen, „hier hört man nur Musik pur, man ist nicht so sehr auf die Handlung fokussiert.“ Und: „Die Besetzung ist der Wahnsinn!“ Aleksandra Kurzak, Toby Spence, Markus Werba, Michael Nagy und Alastair Miles hat ein Dirigent fürwahr nicht jeden Tag zur Verfügung. Da darf man schon einmal 700 Euro für die Urtext-Partitur ausgeben, wie Manacorda unverhohlen bekennt. Genia Kühmeier, die ursprünglich für die Partie der Estrella vorgesehen war, musste aus familiären Gründen leider absagen. Wir freuen uns aber sehr, dass Aleksandra Kurzak, ebenfalls eine wunderbare Sängerin, diesen Sopranpart übernimmt. Der 44-Jährige Dirigent gilt als Schubert-Spezialist. Mit seiner Kammerakademie Potsdam arbeitet er sich seit einigen Jahren durch die SchubertSymphonien, die CD-Gesamteinspielung dieses symphonischen Bergmassivs soll 2015 komplett auf dem Markt erhältlich sein. „Schuberts Sprache wird nicht von vielen beherrscht“, so Manacorda, der auf den großen Claudio Abbado als Lehrmeister verweisen kann. 15 Jahre hat das Gründungsmitglied des Mahler Chamber Orchestra mit Abbado gearbeitet, davon acht Jahre als Konzertmeister. Die Erinnerungen an den im Jänner verstorbenen Maestro sind dementsprechend lebendig. „Er holte das Beste aus den Musikern, weil man als Musiker die komplette Freiheit hatte. Dirigieren ist keine Frage der Kontrolle, man kann nur helfen.“ Oder, wie es ein weiterer Lehrmeister Manacordas formulierte: „Help, don’t disturb.“ Freiheit prägt auch Manacordas Schubert-Interpretationen, die sich weder der reinen Originalklang-Lehre noch einer von schwerem, romantischem Orchesterklang geprägten Ästhetik zurechnen lassen. „Wir spielen auf modernen Instrumenten, bis auf das Blech“, verweist der charismatische Italiener auf die Mischung, die wohl auch die Programmverantwortlichen der Mozartwoche, Marc Minkowski und Matthias Schulz, auf ihn aufmerksam gemacht hat. Manacorda gibt sich diplomatisch: „Heutzutage kann man die historisch informierte Aufführungs- praxis nicht ignorieren. Es geht jedoch nicht darum, welche Saite man spielt, sondern wie man sie spielt.“ Phrasieren à la Originalklang, Klangrhetorik – anything goes! Denn: „Die Wahrheit liegt im Text.“ Wichtig sei ihm die kleine Besetzung. In Salzburg, wo Antonello Manacorda mit dem Mozarteumorchester arbeiten wird, trifft er diesbezüglich auf fruchtbaren Boden. Chefdirigent Ivor Bolton, den Manacorda sehr schätzt, hat das Orchester in seiner mittlerweile ein Jahrzehnt andauernden Regentschaft mit der Ästhetik historisch informierten Musizierens bekannt gemacht, ohne auf die klanglichen Möglichkeiten der modernen Instrumente zu verzichten. Es ist also alles angerichtet für die Wiederentdeckung einer SchubertTrouvaille, die dem glücklosen Musikdramatiker fast zwei Jahrhunderte nach ihrer Entstehung späte Genugtuung bescheren könnte. Links oben: Theaterzettel der Premiere von „Alfonso und Estrella“ am Hoftheater Weimar 1854, ohne Nennung des Librettisten Franz von Schober und des Dirigenten Franz Liszt. Links unten: Arie des Adolfo, autographer Klavierauszug. Rechts: Aleksandra kurzak (li., Estrella) und Toby spence (Alfonso) in der konzertanten Aufführung der Mozartwoche 2015. MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG SALZBURGER BACHCHOR DIRIGENT ANTONELLO MANACORDA ALEKSANDRA KURZAK ESTRELLA TOBY SPENCE ALFONSO MARKUS WERBA FROILA MICHAEL NAGY MAUREGATO ALASTAIR MILES ADOLFO BENJAMIN HULETT ANFÜHRER KÖNIGLICHE LEIBWACHE einführungsvortrag 18.00 uhr 29 ALFONSO UND ESTRELLA Alfonso und Estrella was never performed during Franz Schubert’s lifetime, and even after Franz Liszt conducted the première in 1854, this great Romantic opera was staged only very rarely – typical enough of Schubert’s ill-starred career as a composer of opera. In the autumn of 1821, Schubert and his friend Franz von Schober retreated for a month to Schloss Ochsenburg, near St. Pölten, to collaborate on libretto and music. Schubert’s wonderful melodies could not, however, compensate for deficiencies in language and role portrayal, and the opera proved a flop. “From a dramatic point of view, the opera does have weaknesses”, admits Italian Antonello Manacorda, who conducts the concert performance at the 2015 Mozart Week. He is looking forward to the “stunning cast” in Salzburg, which features Toby Spence and Markus Werba. Regrettably, Genia Kühmeier has had to cancel for personal reasons. We are pleased to announce, however, that top-flight soprano Aleksandra Kurzak will be a worthy replacement in the part. Manacorda is considered a specialist, not least since his complete recording of Schubert’s symphonies; long-time leader of the Mahler Chamber Orchestra under Claudio Abbado, with the Mozarteum Orchestra he will bring to bear his experience of modern instruments and historically informed performance practice. © Andrzej Swietlik ALFONSO UND ESTRELLA SUMMARY 30 DAs wuNDer MozArT .. »LÄSST MICH DAS BESSER SPIELEN?« MITsuko ucHIDA IM gesPräcH mit Florian Oberhummer Mitsuko uchida ist seit 20 Jahren so etwas wie ein stammgast bei der Mozartwoche. Auch 2015 wird die japanischstämmige Musikerin, die in wien studierte und in London lebt, sowohl als solistin wie auch als kammermusikerin in salzburg zu erleben sein – mit werken von schubert und Mozart, die auch zentrale säulen in der mittlerweile mehr als 50-jährigen karriere der Pianistin darstellen. zudem verleiht die stiftung Mozarteum salzburg Mitsuko uchida an Mozarts 259. geburtstag die goldene Mozart-Medaille. grund genug, sie zum Interview zu bitten. © Justin Pumfrey / Decca besitzen Auszeichnungen allgemein für sie eine bedeutung? Ich weiß es nicht. Ich freue mich darüber, dass die Leute etwas von dem, was ich versuche, jeden Tag etwas besser zu machen, zu schätzen wissen. Aber mehr ist das nicht. Schauen Sie, ich bin eine „Dame of the British Empire“. Lässt mich das besser spielen? Die Antwort ist: Nein! Die wahl der stiftung Mozarteum hängt wohl damit zusammen, dass sie sich seit Jahrzehnten mit dem werk Mozarts in exemplarischer weise beschäftigen – nicht zuletzt in der gesamteinspielung der Mozartsonaten und -konzerte in den 1980er-Jahren. und in den letzten Jahren haben sie viele der klavierkonzerte mit dem cleveland orchestra neu eingespielt. Mozart hat sie also nie losgelassen, oder? Es stellt meine immerwährende Mühe dar, Mozart einen Schritt näher zu kommen. Die „Achtziger“ waren meine Mozart-Jahre, da habe ich so viel Mozart gespielt und so viel Mozart zu verstehen versucht. Danach habe ich mich ein bisschen von ihm entfernt; in letzter Zeit kehre ich mehr und mehr zu ihm zurück. zusammenstellung? Ich wollte gerne einmal in einem Konzert je eine frühe Sonate, eine mittlere und eine späte Sonate spielen. Dabei wollte ich eher die Unterschiedlichkeit aufzeigen als eine innere Verwandtschaft. Mozart konnte ja an einem Tag eine Komödie schreiben, am nächsten sie haben einmal gesagt, Mozart ver- Tag die größte Tragödie. ändere sich von Tag zu Tag. was genau meinen sie damit? Die D-Dur-Sonate hat für mich den Mozart denkt nicht nur sehr schnell, unwahrscheinlichsten langsamen Satz. auch sein Herz ändert sich sehr Die abenteuerlichen harmonischen schnell. Er besitzt eine enorme Reak- Wanderungen, man verliert sich in tions- und Wandlungsfähigkeit inner- der Durchführung. Es ist unglaublich! halb eines Musikstücks. Er verliebt sich Wenn sich Mozart von der Haupttonin ein Mädel, und er ist so verliebt, art entfernt, ist es immer speziell. Dann dass man glaubt, er wird für den Rest findet man sich in einer Welt wieder, seines Lebens in dieses Mädel verliebt die man so nicht erwartet hat. Das bleiben. 10 Sekunden später ist er be- kann ganz dunkel sein. Kommt man reits in ein anderes Mädel verliebt. So zur Tonika zurück, findet man sich in ändern sich seine Gefühle ebenso einer mystischen Welt wieder – das schnell. Man muss immer mit ihm ist das Wunder Mozart. mitgehen und ihn erwischen. Bei Mozart geht es immer darum, wo man sich verlieren in einer klangwelt, das selbst steht in der Musik und welche macht ja auch schuberts klangkosEcken man von ihm erwischt. Man mos aus. gibt es da eine Verbindung kann nie sagen, dass man Mozarts zwischen den beiden? Musik voll verstehen kann. Es ist nicht Nein. Mir geht es hier um Gegenüberstellungen. Man muss nicht immer mehr als ein Versuch. zwanghaft Verbindungen von A nach In Ihrem rezital bei der Mozartwoche B suchen. Man kann aber sagen, dass 2015 werden sie die sonaten f-Dur das h-Moll-Adagio jenes Stück von kV 280, c-Dur kV 330 und D-Dur Mozart ist, das Schubert am nächsten kV 576 spielen. wie kam es zu dieser liegt. MITSUKO UCHIDA frau uchida, sie werden bei der Mozartwoche 2015 die goldene MozartMedaille erhalten, die höchste Auszeichnung der stiftung Mozarteum salzburg. Damit fügen sie sich in eine illustre reihe von Preisträgern wie Nikolaus Harnoncourt, Milos forman oder Alfred brendel. Ich fühle mich geehrt. 32 DI 27. JäNNer 11.00 uHr #14 Stiftung Mozarteum, Großer Saal FESTAKT ZU MOZARTS 259. GEBURTSTAG Verleihung der Goldenen Mozart-Medaille an MITSUKO UCHIDA werke von schubert und Mozart bilden nicht nur das Programm Ihres rezitals, sondern auch jenes des kammerkonzerts mit Veronika eberle und Marie-elisabeth Hecker. wie kam es zu diesem klaviertrio? Wir sind kein Trio, wir spielen ein Trio-Konzert (lacht). Veronika ist eine wunderbare junge Geigerin, Marie-Elisabeth eine wunderbare junge Cellistin. Ich habe Schuberts B-Dur-Trio mit ihnen beim Preisträgerkonzert zum 10-Jahr-Jubiläum des Borletti Buitoni Trust gespielt. Dabei hatte ich das Gefühl, wenn ich mit den beiden Mädels, wie ich sie nenne, dieses Werk spiele, dann könnte sich etwas entwickeln. Wir haben sehr viel geprobt und am Ende versucht, ganz tief in das Werk hineinzubohren. Ich hatte das Gefühl, etwas zu erreichen, was ich bisher in diesem Werk nicht geschafft habe. Deswegen wollte ich in einem „wirklichen“ Konzert mit den beiden auftreten. Das E-Dur-Trio Mozarts war nicht einmal meine Wahl, sondern jene von Veronika Eberle. Die hat sich in dieses Stück verliebt. Also habe ich gesagt: Probieren wir doch und schau’n wir mal. Dieses Trio ist et- MITSUKO UCHIDA SUMMARY 33 © Benjamin Ealovega worin liegt für sie schuberts faszination? Nun, ich fühle mich Schubert bis heute als Mensch am meisten verbunden. Wahrscheinlich hat mich seine Einsamkeit so berührt, bereits im Kindesalter. Und sie tut es noch immer. Mozarts Einsamkeit ist anders. Mozart ist ja kaum einsam. Es gibt zwar absolute Tragik, wie im h-Moll-Adagio oder im a-Moll-Rondo – Mozarts besondere Stücke in dieser Hinsicht. Einsamkeit ist da, aber das ist nicht die unmögliche Einsamkeit von Schubert. Das hängt damit zusammen, dass Mozart ständig mit einer anderen Person lebt, in eine andere Person verliebt ist. Auch bei den Instrumental-Stücken wird stets zueinander gesungen, miteinander gesprochen – ein Dialog. Schubert hingegen empfinde ich als absolute menschliche Einsamkeit. Pianist Mitsuko Uchida, now resident in London, has been a regular guest at the Mozart Week for 20 years. “The festival puts pressure on me – in the positive sense – to keep studying Mozart’s solo pieces”, she says. In 2015 she will not only give a recital and a chamber concert, but will also receive the Golden Mozart Medal awarded by the Mozarteum Foundation. “I feel very honoured”, she declares – and talks about her “constant endeavour to come one step closer to Mozart”. Mozart’s emotions change very quickly, she explains; this is why one can never claim to be able to understand his music completely. In Schubert’s music, on the other hand, Uchida has since her childhood loved his “absolute human loneliness”, which is very different from that of Mozart. Always a keen chamber musician, Uchida has already studied Schubert’s B flat major Trio with young musicians Veronika Eberle and Marie-Elisabeth Hecker, for a prize-winners’ concert; here they “gained profound insights into the work”. In general, chamber music, she says, is “a form of musicmaking where every line has to be valid. It’s a question of listening to one another.” was ganz Besonderes: Es ist in E-Dur, das ist einzigartig in Mozarts Œuvre. Das Terzett „Soave sia il vento“ aus „Così fan tutte“, der langsame Satz im 5. Violinkonzert – das ist E-Dur, das ist eine besondere emotionale Welt. welche rolle nimmt kammermusik in Ihrem künstlerleben ein? Kammermusik steht für jeden Musiker im Mittelpunkt. Seit 22 Jahren bin ich in das Marlboro Festival in den USA involviert, seit 14 Jahren bin ich Leiterin. Wir machen hauptsächlich Kammermusik, durchschnittlich sechs Wochen im Jahr. Gerade deshalb fällt es mir nicht leicht, einfach so in der großen Welt mit kammermusikalischen Stücken herumzuflitzen – weil ich weiß, wie viel Zeit man braucht und wie gut man einander kennen muss. Mit einem fixen Streichquartett zu musizieren, ist etwas leichter. In Salzburg habe ich ja bereits mit dem Hagen Quartett und dem Quatuor Ébène gespielt. Bei einem Klaviertrio hingegen muss man jahrelang daran gearbeitet haben, bevor man sich auf die Bühne wagen kann. Heutzutage treffen sich die Leute einen Tag lang, und dann spielen sie bereits ein Konzert. sem festival also seit 20 Jahren verIch kann das nicht. Ich weiß, wie bunden. was macht das spezielle der Mozartwoche aus? schlecht das gemacht werden kann. Es ist immer eine Freude, bei der MoMan merkt: Diese kunstform liegt zartwoche zu sein. Das Festival ist ja Ihnen sehr am Herzen. welche Para- um Mozarts Geburtstag herum prometer sind denn nötig, um der kam- grammiert – obwohl er persönlich nicht so gut mit Salzburg ausgekommermusik gerecht zu werden? Kammermusik ist eine Form des men ist (lacht). Ich finde die WinterMusizierens, in der jede Linie Gültig- tage wunderschön. Das Festival macht keit haben muss. Sehr oft höre ich bei mir Druck im positiven Sinn, mich Kammerkonzerten das Stück gar nicht immer wieder mit den Solostücken – zum Beispiel bei einer Violinsonate: von Mozart auseinanderzusetzen. OhWenn die Geige nicht zu begleiten ne Mozartwoche hätte ich etwa diese weiß, dann wird es zum Problem für drei Solo-Sonaten derzeit nicht im den Zuhörer. Da gibt es oftmals große Repertoire. Ich habe immer gerne die Missverständnisse. Man muss aufein- seltener gespielten Sonaten gewählt. ander hören – das lernt man in der Als ich erstmals die Sonaten komplett Kammermusik. Und dann spiele ich eingespielt habe, sprachen Kollegen auch Klavierkonzerte anders, einfühl- von schwächeren Stücken, die zu samer. Wissen, dass man nicht so Recht weniger gespielt werden. Doch wichtig ist, wie man glauben möchte jede Mozart-Sonate ist auf ihre Art – auch das lernt man in der Kammer- faszinierend und eine eigene Welt. Es musik. Der Solist soll nicht ständig macht einem Freude, wieder eine anlaut sein. Das finde ich – verzeihen dere, neue Bekanntschaft mit Mozart Sie diesen Ausdruck – minderwertig. zu machen und zu entdecken. Auch deshalb ist die Mozartwoche für mich Die Leute aber lieben so was… so wichtig. Es ist eine Wonne, wieder Ihr Debüt bei der Mozartwoche fei- da zu sein und wieder Mozart spielen erten sie im Jahr 1994, sie sind die- zu können. MITSUKO UCHIDA fr 30. JäNNer 11.00 uHr #24 Stiftung Mozarteum, Großer Saal MITSUKO UCHIDA KLAVIER VERONIKA EBERLE VIOLINE MARIE-ELISABETH HECKER VIOLONCELLO Mozart Adagio h-Moll für Klavier KV 540 Mozart Trio E-Dur für Klavier, Violine und Violoncello KV 542 franz schubert Trio B-Dur für Klavier, Violine und Violoncello op. post. 99 – D 898 „Wir sind kein Trio, wir spielen ein Trio-Konzert“, meint Mitsuko Uchida lächelnd über ihr Konzert mit der „wunderbaren jungen Cellistin“ Marie-elisabeth Hecker (li.) und Veronika eberle, der „wunderbaren jungen Geigerin“. © Marco Borggreve © Richard Avedon Mo 26. JäNNer 11.00 uHr #11 Stiftung Mozarteum, Großer Saal MITSUKO UCHIDA KLAVIER Mozart Sonate F-Dur für Klavier KV 280 Sonate C-Dur für Klavier KV 330 Sonate D-Dur für Klavier KV 576 franz schubert Vier Impromptus für Klavier op. post. 142 – D 935 schubert nimmt in Ihrem Œuvre zeitlebens eine ähnlich zentrale rolle ein wie Mozart. Ich habe Schubert schon als kleines Kind geliebt. Ich lebte in Japan, es war sehr wenig Musik um mich herum. Nur ein paar alte Aufnahmen, darunter eine Einspielung der Schubert-Impromptus von Artur Schnabel – eine geschmackvolle Auswahl meiner Eltern. Ich erinnere mich auch an die Aufnahme eines Männerchors, der „Am Brunnen vor dem Tore“ sang – mit einer falschen Harmonie. Ich wusste nicht, was das war, bis ich dann zum ersten Mal die „Winterreise“ hörte. 34 MozArT ergIbT eINfAcH sINN Piotr Anderszewski kehrt nach vier Jahren zur Mozartwoche zurück – und ist so nachdenklich und kompromisslos wie eh und je. 35 Spricht man mit ihm über diesen unerbittlichen Anspruch, dann sind Nachdenklichkeit, Selbstkritik und kompromisslose künstlerische Ernsthaftigkeit die entsprechend präsenten Untertöne. Für Anderszewski ist Verantwortung ein zentraler Begriff in seinem Selbstverständnis als interpretierender Künstler – sie gilt dem Werk wie dem Publikum gleichermaßen. „Wenn ein Dirigent meint, 45 Minuten reichten aus, um ein Solokonzert zu proben, kann ich wütend werden“, sagt er und fügt mit einem Anflug von Resignation hinzu: „Es hilft aber meistens leider nichts.“ Vor drei Jahren hatten ihn diese Konflikte, sein Perfektionismus und die damit verbundenen Selbstzweifel inmitten des ruhelosen internationalen Konzertbetriebs schon einmal die Notbremse ziehen lassen, wie er selbst es nennt: Auf der Höhe seines Erfolgs nahm er plötzlich für achtzehn Monate vollständig Abschied von den Podien dieser Welt, trat nicht mehr auf und richtete sich stattdessen in seiner Wahlheimat Lissabon ein neues, von langen Spaziergängen und ausgiebiger Lektü- re geprägtes Leben ein. Damals spielte er kurz vor seinem „sabbatical“ noch Mozarts d-Moll-Konzert KV 466 bei der Mozartwoche 2011 – vielleicht das tragischste und pessimistischste aller Klavierkonzerte des Komponisten. Nun wird Piotr Anderszewski 2015 zur Mozartwoche zurückkehren. Er freut sich darauf und auf Salzburg in der ihm eigenen, jenseits der Musik den Überschwang meidenden Art: „Sehr angenehme, freundliche Menschen. Sehr zivilisiert.“ Natürlich wird er wiederum Mozart spielen – mit dem Klavierkonzert G-Dur KV 453 allerdings verhältnismäßig lichtere Gefilde durchwandern als noch bei seinem Mozartwochen-Debüt vor vier Jahren. „Mozart ist vielleicht der einzige Komponist, den zu spielen ich nie müde werde“, erklärt Anderszewski seine unablässige Hinwendung, „ich bin ihm seit meiner Kindheit absolut treu SUMMARY The celebrated Polish pianist Piotr Anderszewski returns to the Mozart Week with Mozart’s Piano Concerto no. 17 in G major K453. Since his début here in 2011 he has given cause for concern, as for example by cancelling all concert engagements and withdrawing from the public eye for eighteen months. Mozart’s music, he says, has always played the same role that it did in his childhood: it offers orientation that “simply makes sense” in the great questions of life. He associates the G major Concerto, which is often described as bright and positive, with “a lyrical, almost feminine kind of music”, under the elegant surface of which there are, however, glimpses of profound melancholy. At the Mozart Week, he will perform the work for the first time with the young Slovakian conductor Juraj Valcuha and the Camerata Salzburg; the programme also includes Schubert’s Symphony no. 3 and Mozart’s “Linz” Symphony. For perfectionist Anderszewski, who often wishes to take maximum control of his performances, this is an adventurous combination, but one awaited with eager anticipation. Mo 26. JäNNer 19.30 uHr #13 Stiftung Mozarteum, Großer Saal CAMERATA SALZBURG DIRIGENT JURAJ VALCUHA PIOTR ANDERSZEWSKI KLAVIER franz schubert Symphonie Nr. 3 D-Dur D 200 Mozart Konzert G-Dur für Klavier und Orchester KV 453 Mozart Symphonie C-Dur KV 425 „Linzer“ © MG de Saint Venant „Voyageur intranquille“ heißt ein Film, den der Regisseur Bruno Monsaingeon über Piotr Anderszewski gedreht hat – „Ruheloser Reisender“. Wer mit dem gefeierten polnischen Pianisten am Telefon verabredet ist, gewinnt leicht einen Eindruck davon, was es auf alltäglicher Ebene bedeuten kann, wenn man ihn schließlich zwischen verspäteten Flügen und im Pariser Verkehrschaos feststeckenden Bussen erreicht. Wann er wieder zu Hause sei? Kann er noch nicht sicher sagen. Doch er bietet sofort an, es einfach am sehr späten Abend noch einmal zu versuchen. Ist man schließlich im Gespräch, verflüchtigt sich schnell aller Eindruck von Unruhe und Hektik, denn Anderszewski ist in Wahrheit das Gegenteil eines JetsetPianisten, der um die Welt fliegt, um keinen renommierten Konzertsaal und kein exklusives Festival auszulassen. Eher scheint es ein inneres Suchen zu sein, das den 45-Jährigen dazu antreibt, neben seinen abwechselnden Wohnorten Paris und Lissabon die meiste Zeit auf der Reise zu Konzertorten zu verbringen, die häufig abseits der üblichen „Handelsrouten“ pianistischer Weltklasseware liegen: Ein sich bis zur Erschöpfung steigerndes Streben nach der Idealkonfiguration aus perfekter Vorbereitung, aufgeschlossener Publikumshaltung und dem glücklich-gelingenden Funkenschlag im Konzert. geblieben.“ Andere, Beethoven, Chopin oder auch Schumann zum Beispiel, mit dem er sich momentan vielleicht am meisten beschäftige, seien bei aller Bewunderung und Faszination dagegen Komponisten, die er nach Phasen der intensiven Auseinandersetzung manchmal auch über Jahre hinweg einfach gar nicht mehr spielen mag. Über sie spricht er, als ginge es um Schübe heftigen Verliebtseins: Hochleidenschaftlich und bereit, sich in ihrem Dienst völlig zu verausgaben – doch auch immer in der Gefahr, ihrer großen Reize irgendwann überdrüssig zu werden. Mozart aber, das ist so etwas wie eine lebenslange Beziehung, die „absolute Konstante“, wie Anderszewski zugibt. Er kommt ein wenig ins Stocken, wenn er von seiner Liebe zu Mozart berichtet und fast scheint es, diesem hochreflektierten Künstler sei so viel Schwärmerei doch etwas unangenehm. Aber dann sagt er es doch: „Mozart ergibt für mich einfach Sinn“ – und fügt gleich wie entschuldigend hinzu: „Das klingt natürlich sehr dumm.“ In all der scheinbaren Absurdität und den wiederkehrenden großen Fragen des Seins aber bedeute Mozart für ihn doch immerhin so etwas wie eine dauer- hafte Orientierung: „Im Kontakt zu seiner Musik habe ich das Gefühl, hier sei ein Beweis dafür erbracht, dass dieses Leben irgendwie einen Sinn hat.“ Intuitiv könnte man nun meinen, für das G-Dur-Klavierkonzert gelte diese Einschätzung im Besonderen, heißt es in der Tat oft, es handle sich dabei um das wohl leuchtendste, heiterste und am ehesten vorbehaltlos lebensbejahende aller Mozart-Konzerte. Aber Piotr Anderszewski will diesen Eindruck nicht zur Gänze teilen: „Bei Mozarts G-Dur-Konzert denke ich zunächst einmal vor allem an ein sehr PIOTR ANDERSZEWSKI PIOTR ANDERSZEWSKI Janis El-Bira 36 37 Wer einmal die Aufnahme des Konzerts hört, die der Pianist mit dem Scottish Chamber Orchestra eingespielt hat, findet dort klingenden Ausdruck für Anderszewskis Vorbehalte gegenüber einer allzu vereinheitlichenden Interpretation des Werkes: Da erlebt man Mozart als Vorläufer Schuberts, wenn im zweiten Satz das Klavier nach langer Orchestereinleitung einsam im Dunkeln zu tasten scheint, jäh von der Leere einer gedehnten Generalpause unterbrochen wird und anschließend umso fordernder und entschlossener zurückkehrt. Alles Süßliche ist sehr weit entfernt, die Linien des Soloparts scheinen nur den mühevollen Auf- und den umso gefährlicheren Abstieg zu kennen. Doch wird hier keinesfalls zwanghaft allein nach den abgründigen Seiten dieser Musik gesucht: Im Finale dominieren nobelste Eleganz und Leichtigkeit, Solo- und Orchesterpart treten in angeregte Konversation, die Mozart-typisch auch einmal mit einem derberen Scherz aufwarten darf. Anderszewski ist voller Bewunderung für die unerschöpfliche Ausdrucksbreite, die Mozart in diesem Konzert erreicht hat: „Alle seine Klavierkonzerte sind die Werke eines Genies, aber für mich gibt es vielleicht fünf oder sechs unter ihnen, die über jeden Zweifel hinweg schlicht vollkommen sind. Dieses ist eines davon.“ Bei dem Konzert im Rahmen der Mozartwoche 2015 wird Anderszewski mit dem slowakischen Dirigenten Juraj Valcuha zusammenarbeiten, der, obwohl noch keine vierzig Jahre alt, in den zurückliegenden Jahren bereits ein beindruckendes Portfolio an Auftritten mit den weltweit renommiertesten Orchestern gesammelt hat. Unter Valcuhas Leitung wird die Camerata Salzburg in Schuberts Symphonie Nr. 3 D 200 und Mozarts „Linzer“ Symphonie KV 425 zwei weitere Werke zur Aufführung bringen, die ähnlich wie das Klavierkonzert vielfach die dunklen Seiten von Dur erkunden. Während Piotr Anderszewski und die Camerata bereits bestens vertraut sind, ist es für Pianist und Dirigent das erste gemeinsame Konzert überhaupt. Bedeutet das nicht ein Risiko für einen, der wie Anderszewski offen gesteht, die große Kontrolle, die er in Solo-Rezitalen oder gar im Auf- ˇ nahmestudio genießt, oftmals den Komplikationen und Meinungsdifferenzen eines Konzerts mit Orchester und Dirigent vorzuziehen? „Vielleicht ein kleines“, lacht er, „aber ich habe nur sehr gute Dinge über Juraj Valcuha gehört und wenn man mit jemandem arbeitet, der respektvoll ist, inspirierend und einem vielleicht sogar ganz neue Horizonte öffnet, kann das fantastisch sein.“ Trotzdem hält es Anderszewski für möglich, in Zukunft weit weniger Orchesterkonzerte und mehr Rezitale zu spielen. Aber sich ganz vom riesigen Repertoire für Klavier und Orchester zu verabschieden? „Das hieße, zum Beispiel auf das Schumann-Konzert oder fantastische Werke aus dem 20. Jahrhundert verzichten zu müssen“, sagt er und angesichts dessen gibt dieser ebenso große Pianist wie Skeptiker und Zweifler glücklicherweise dann doch noch vorläufige Entwarnung: „Das wäre ein Jammer!“ Rainer Lepuschitz Aimard war ein Musiker von 20 Jahren im damals noch ganz jungen Ensemble intercontemporain in Paris. „Pierre Boulez, ein Anwalt der Musik von Elliott Carter, hat ein Porträtkonzert von ihm im American Center zusammengestellt. Ich habe die Sonate für Violoncello und Klavier und das Duo für Violine und Klavier gespielt und mit Carter gearbeitet. Für mich war diese Musik eine Entdeckung.“ Aimard traf Carter dann anlässlich von Konzerten in Paris mehrmals wieder und lernte einen „geistvollen, immer freundlichen und sehr bescheidenen Menschen mit einer grenzenlosen Kultur kennen“, erinnert sich Aimard. „Es war immer ein Privileg, einige Stunden mit ihm verbringen zu dürfen. Er hatte nicht nur eine große musikalische, sondern ebenso eine große literarische Kultur.“ Das beschränkte sich keineswegs auf die englischsprachige Literatur. „Er kannte die französische Literatur, auch die zeitgenössische, wie nur wenige Franzosen. Er sprach fließend Französisch und hat Paris und Frankreich sehr geliebt.“ Der New Yorker Textilhändlersohn, der im Alter von 16 Jahren durch das Erlebnis von Strawinskys „Le sacre du printemps“ gänzlich der Musik verfiel, studierte in Paris Komposition bei Nadia Boulanger am Amerikanischen Konservatorium in Fontainebleau und hielt sein Leben lang Kontakt mit der europäischen Avantgarde, an der er größtes Interesse hegte. Mit Boulez verband Carter eine gegenseitige Bewunderung. Und Aimard kam nicht aus dem Staunen heraus über das „wunderbare Gedächtnis“ von Carter und über dessen „Humor. Er hatte immer eine gewisse Leichtigkeit des Seins.“ Dies merke man auch seinen Kompositionen an, je später das Entstehungsdatum, desto stärker. Aimard hörte Carter oft davon sprechen, dass in seiner Musik „die verschiedenen Stimmen und Linien der Polyphonie verschiedene Personen seien“. Auf diese Weise sind aus den Partituren Theaterstücke zwischen den Protagonisten der Komposition geworden. Da kommt natürlich sofort Mozart ins Spiel, der ja auch, selbst in instrumentalen Stücken, immer ein Theaterkomponist war. Bei beiden, Mozart wie Carter, entstehe laut Aimard immer „Musik mit großen Kontrasten, voller unterschiedlicher Charaktere und Situationen – und mit permanenten Brüchen, die aber dennoch in einem ständigen musikalischen Fluss bleiben“. Ein wesentliches Mittel Carters, die Polyphonie ständig zu erneuern, sei die „schöpferische Arbeit mit dem Phänomen der Zeit“, sagt Aimard. „In unserer Epoche gibt es nicht nur eine Zeit, es gibt mehrere Zeiten. Wie man als Mensch diese unterschiedlichen Zeitwahrnehmungen in eine Synthese bringen kann, das war Carters Art, zu komponieren. Er schuf Schichten von mehreren verschiedenen Geschwindigkeiten des musikalischen Ablaufs.“ Man stelle sich einen Menschen vor, der aus dem Fenster eines Hochhauses in New York blickt und gleichzeitig das Wiegen der Bäume im Park, ein fahrendes Auto, einen gehenden Menschen und die am Horizont versinkende Sonne sieht. Das sind vier verschiedene Zeitabläufe, die aber gleichzeitig wahrgenommen werden PIERRE-LAURENT AIMARD PIOTR ANDERSZEWSKI lyrisches, regelrecht feminines Werk, nicht an ein besonders fröhliches oder lustiges.“ Das könne man zwar für den opernhaften „buffo“-Charakter des vor ausgelassener Virtuosität nur so sprühenden Finalsatzes behaupten, im Andante aber erreicht Mozart für Anderszewski geradezu unerhörte Tiefen an Dunkelheit und Melancholie. elliott cook carter und wolfgang Amadé Mozart – der französische Pianist Pierre-Laurent Aimard, der im Laufe seines Musikerlebens den us-amerikanischen komponisten immer besser kennen lernte, verbindet in zwei konzertprogrammen im salzburger winter 2015 werke der beiden komponisten. zeiten fließen ineinander. „Der Punkt, wo sich Mozart mit carter trifft, ist ihre unglaublich lebendige und menschliche Musik“, spricht Aimard für beide komponisten. © MMarco Borggreve / DG Unter der Leitung von Juraj Valcuha (li.) interpretiert Piotr Anderszewski als Solist mit der camerata salzburg (u.) Mozarts formal ungewöhnliches Klavierkonzert G-Dur KV 453. MusIk VoN Der MeNscHLIcHkeIT Des seINs 38 Für Pierre-Laurent Aimard vereinen sich in Elliott Carters Musik „Sensibilität und Lebendigkeit“ und vermischen sich „Phantasie und eine starke, aber immer raffinierte Ordnung“. Deshalb sind Carters Kompositionen so variantenreich, keine ist wie die andere, jede erzählt von einem neuen Aspekt des Daseins. „Carter war ein Schöpfer, der einen großen Reichtum an musikalischen Inhalten verwirklichen konnte. Man bräuchte Bücher, um dies zu beschreiben.“ Für Aimard vereinen sich in Carters Musik „Sensibilität und Lebendigkeit“ und vermischen sich „Phantasie und eine starke, aber immer raffinierte Ordnung“. Die Organisation jeder Komposition sei garantiert, man würde sie aber nicht immer bemerken, da sie diskret bleibe. Musik von der Leichtigkeit der Komplexität. Do 29. JäNNer 11.00 uHr #20 Stiftung Mozarteum, Großer Saal PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER MITGLIEDER DES CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE Mozart Duo B-Dur für Violine und Viola KV 424 Zwölf Duos für zwei Hörner KV 487 (Auswahl) elliott carter Quintett für Klavier und Bläser elliott carter „Au Quai“ für Fagott und Viola „Duettino“ für Violine und Violoncello „Inner Song“ für Oboe „Duettone“ für Violine und Violoncello „Retracing II“ für Horn „Enchanted Preludes“ für Flöte und Violoncello Mozart Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott KV 452 so 01. februAr 11.00 uHr #31 Stiftung Mozarteum, Großer Saal CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE LEITUNG UND KLAVIER PIERRE-LAURENT AIMARD elliott carter „Instances“ für Kammerorchester Österreichische Erstaufführung 39 Österreichische Erstaufführung Mozart Konzert D-Dur für Klavier und Orchester KV 537 „Krönungskonzert“ © Marco Borggreve / DG BLINDTEXT Mozart Konzert B-Dur für Klavier und Orchester KV 595 elliott carter „Epigrams“ für Klavier, Violine und Violoncello Aimard hat für die Mozartwoche 2015 zwei Konzertprogramme mit den Musikern des Chamber Orchestra of Europe zusammengestellt, in denen allein schon die Stückauswahl Ähnlichkeiten zwischen den Komponisten der Wiener Klassik und der amerikanischen Moderne mit europäischen Zügen hervorbringt. Einem Kammerkonzert mit Aimard und Musikern des Chamber Orchestra of Europe geben die beiden Quintette für Klavier und Bläserquartett „ganz natürlich die Grundstruktur“, so Aimard. Carter hat auf Anregung des mit ihm befreundeten Komponisten Heinz Holliger ein Quintett in derselben Besetzung wie Mozarts Es-Dur-Werk KV 452 komponiert. Er schuf darin drei verschiedene instrumentale Charaktere: Klavier, Horn und das Trio der Rohrblattinstrumente. Ansonsten hat Aimard für dieses Programm Duos von beiden Komponisten ausgewählt, und zwar ausschließlich Duos für Melodieinstrumente, „denn da ist die Faktur noch transparenter. Die Dialektik zwischen den beiden Protagonisten ist in allen Duos von Mozart und Carter extrem lebendig.“ Zudem sind es Stücke, die man nicht oft hört, in zum Teil seltenen instrumentalen Kombinationen: zwei Hörner bei Mozart (KV 487), oder Carters „Enchanted Preludes“ für Flöte und Violoncello sowie „Au Quai“ für Fagott und Viola. „Zu den beiden Kunstwerken der Quintette gibt es als Introduktion ein Spiel mit dem raren Genre der Duos“, kündigt Aimard auch eine spielerische Leichtigkeit des musikalischen Seins an. „Carter liebte zu lächeln und zu lachen, das findet sich in vielen seiner Kompositionen.“ Auch Mozart hat gerne gelacht. „Und wie!“ ruft der erfahrene Mozart-Interpret Aimard aus. Letzte Stücke von beiden Komponisten hat der Pianist in einem Konzert mit dem Chamber Orchestra of Europe kombiniert. Er spielt als Solist die zwei letzten Klavierkonzerte von Mozart (D-Dur KV 537, B-Dur KV 595), denen er die zwei letzten Kompositionen Carters gegenüberstellt: „Instances“ für Kammerorchester und das Klaviertrio „Epigrams“, das Aimard mit zwei Musikern des Orchesters spielen wird. Bei „Instances“ ist Aimard besonders berührt, wenn „durch eine choralartige, harmonische Schreibweise alles zur Mediation und zum Frieden kommt. Man fühlt, dass Carter schon wusste, dass er nicht mehr lang zu leben hatte.“ Im April 2012 hat Aimard den inzwischen 103 Jahre alten Komponisten noch einmal in New York besucht und ihn wie immer „humorvoll, nett und stark“ erlebt. Damals begann Carter an den zwölf „Epigrams“ zu schreiben, in denen man spüre, so Aimard, „wie die wunderbare Philosophie dieses Menschen bis zum Ende lebendig, und er positiv geblieben ist“. Am 5. November 2012 verstarb Carter wenige Wochen vor seinem 104. Geburtstag. Er lebte fast dreimal so lange wie Mozart. Aber auch verschiedene Lebensspannen gehen in die musikalische Polyphonie der Zeiten ein. SUMMARY In the course of his career, French pianist Pierre-Laurent Aimard has become ever more closely acquainted with the American composer; here, in two concerts, he combines similar works by Elliott Cook Carter and Wolfgang Amadé Mozart. Different periods merge. “The point in which Mozart meets Carter is the incredible vitality and humanity of their music”, says Aimard. In Carter’s music, the various voices and melodic lines in the polyphony represent various persons. Here Mozart comes into play, as a true theatre composer, even in his instrumental music. In both Mozart and Carter, says Aimard, we find “music with strong contrasts, full of different characters and situations – and with constant interruptions which, however, still remain in a continuous musical flow”. In his compositions, Carter participated in life, in every moment and with the full range of emotions; it is vivacious music, issuing from the humanity of being. For the 2015 Mozart Week, Aimard has compiled two programmes with the musicians of the Chamber Orchestra of Europe, in which the choice of pieces brings out similarities between the composers of the Viennese Classical school and the American Modern period: a chamber concert with duos and a quintet for piano and winds by each composer, and a programme with Mozart’s last two piano concertos and the last two works by Carter, who died in 2012, shortly before his 104th birthday. PIERRE-LAURENT AIMARD können. Vielleicht kann dieses Bild verdeutlichen, was es mit den verschiedenen zeitlichen Ebenen und Abläufen in Carters Musik auf sich hat. Dabei gehe es keineswegs um „ein kaltes Auge der reinen Beobachtung, sondern um eine menschliche Beobachtung. Carter hat mit der Musik seine persönliche Meinung zu den Beobachtungen abgegeben.“ Er nahm in seinen Kompositionen am Leben teil, mit allen Gefühlen und in jedem Moment. Eine temperamentvolle Musik von der Menschlichkeit des Seins. 40 JAHrHuNDerT-MusIk Frühe und späte Werke von Mozart, Franz Schubert und Elliott Carter im Programm der Mozartwoche 2015. 41 treter der Zweiten Wiener Schule noch Carters Kompositionen, im Todesjahr immer mehr seine Zeitgenossen und seines Komponisten. Weggefährten als etwa John Cage, Luigi Nono oder Pierre Boulez. Die Konfrontation speziell früher oder später Werke Mozarts, Schuberts und Wenn Elliott Carter in den Konzerten Carters macht jedoch auch unmittelder Mozartwoche nun mehrfach an der bar sinnfällig, wie schwach die BegrifSeite von Mozart und Schubert zu hö- fe „Spät-“ oder „Frühwerk“ in Wahrren ist, wird er also erneut in die große heit eigentlich bestimmt sind. Was europäische Tradition eingebettet, zu berechtigt denn dazu, Kompositionen deren möglicherweise letzten Exponen- wie Schuberts „Unvollendete“ oder ten er gehört hat. Dabei ergibt sich zu- Mozarts g-Moll Symphonie (beide zu gleich ein bemerkenswerter Kontrast: hören im Konzert am 24. Jänner) als Carter, der 103-jährig verstorbene Zeu- ausgemachte „Spätwerke“ zu bezeichge eines ganzen Jahrhunderts, trifft nen? Ihre Schöpfer waren gerade einauf Mozart und Schubert – jene Früh- mal 25 beziehungsweise 32 Jahre alt – vollendeten, deren kurze Leben bloß etwas jünger noch als Elliott Carter 35 beziehungsweise 31 Jahren währ- bei der Arbeit an seiner 1. Symphonie ten, und die doch eine solche Fülle an (1942), einem „echten“ Frühwerk. Meisterwerken hinterließen, dass sie Und wo beginnt eigentlich das späte selbst bei doppelter oder dreifacher Werk eines Mannes, der das hundertste Lebensspanne als höchst produktiv Lebensjahr deutlich überschreiten hätten gelten müssen. Besonders reiz- sollte? volle Perspektiven verspricht dabei die vielfache Begegnung explizit früher Natürlich sind derlei Erwägungen und und später Werke der drei Komponis- Sortierungen zunächst einmal relativ ten im selben Konzertprogramm. So zur Lebensspanne des betreffenden etwa im Konzert der Wiener Philhar- Künstlers zu sehen. Sicherlich kann moniker am 28. Jänner, das jeweils eine Komposition wie Schuberts „Vier den ersten Symphonien Schuberts, Impromptus“ D 935 (im Konzert mit Mozarts und Carters gewidmet sein Mitsuko Uchida am 26. Jänner), entwird; oder andersherum im Fokus auf standen im Jahr vor seinem Tod, mit reife und späteste Komposition, den einigem Grund als spätes Werk gelam 31. Jänner die Camerata Salzburg ten. Zieht man aber heran, dass weniunter Pablo Heras-Casado eröffnet, ge Jahre zuvor Entstandenes noch unwenn Carters „Flute Concerto“ (2008) ter die Jugendphase subsumiert werund die für Sopran und Kammeror- den müsste, wird sogleich einiges unchester entstandene Arbeit „What are scharf. Vielmehr scheint doch die Years“ (2009) neben Mozarts Sym- Mythenbildung, die Früh- wie Spätphonie in Es-Dur KV 543 (1788) er- werke gleichermaßen überschattet, klingen. Mit „Epigrams“ und „Instan- hier viel an Unterstützung zur Begriffsces“ von 2012 sind zudem zwei der bildung zu leisten: Der unverbrauchte letzten Werke Carters überhaupt ver- Charme der Jugend und die staunend treten. Sie werden am 1. Februar im machenden Wunderkinder auf der Konzert des Chamber Orchestra of einen, die zu früh aus dem Leben geEurope auf Mozarts Klavierkonzert rissenen, tragischen Meister auf der KV 595 treffen – entstanden, ganz wie anderen Seite. Wir haben unweiger- Elliott Carter und seine Frau Helen Frost-Jones. © Geek Zwetsloot „Elliott Carter ist einer der letzten klassisch geprägten Komponisten“, sagt Daniel Barenboim in einem Interview zu Beginn von Frank Scheffers Film „Elliott Carter: Labyrinth der Zeit“ und fügt hinzu: „Einer, für den Mozart nicht altmodisch und Schubert nicht passé ist“. Wahrscheinlich ist es unvermeidlich, dass sich die europäische Musiktradition im Werk des bedeutendsten amerikanischen Komponisten der letzten Jahrzehnte tief eingeschrieben hat. Wer sich die Lebensdaten Elliott Carters vergegenwärtigt, der 1908 in New York geboren wurde und 2012 ebendort starb, kann jedenfalls schnell erkennen, welche Geister fernliegender Zeiten entlang dieser fast 104-jährigen Biographie stets in die Gegenwart ragten: Als Carter zur Welt kam, war Gustav Mahler noch am Leben und arbeitete an seinen letzten Symphonien, der epochale Eklat von Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ (1913) stand noch einige Jahre aus und als Alban Berg 1925 mit der Uraufführung seines „Wozzeck“ das Musiktheater revolutionierte, war Carter bereits ein junger Mann. Als Künstler, der die vermeintlichen „Epochenschranken“ um viele Jahre überlebte, war Carter freilich kein Einzelfall. Anders aber als etwa der späte Richard Strauss stand der New Yorker Komponist nie im Verdacht, eine Art Relikt zu sein, dem in der Gegenwart auch ein gewisser musealer Charakter anhaftet. Carter wurde auch und gerade in den letzten Jahrzehnten seines Schaffens meist als uneingeschränkt modern empfunden; das modische Adjektiv „postmodern“ hat man allerdings bezeichnenderweise nicht mit ihm in Verbindung gebracht. Stattdessen wird Carter in einer Publikation aus den 1990er-Jahren noch als „Wahlverwandter des Expressionismus“ gehandelt – als seien die Ver- lich Mozart vor Augen, wie er schon als Kleinkind einmal Gehörtes angeblich unmittelbar notieren und nachspielen konnte; aber auch, wie er schwerstkrank und in existentiellen Geldnöten an jenem großen „Requiem“ arbeitet, das quasi sein eigenes werden sollte. Gerne und oft wird wiederholt, wie befreit, vollkommen mühelos, ja regelrecht himmlisch der „späte“ Mozart-Stil sei. Zur vollendeten Symbiose aus der Eleganz der Wiener Klassik und der kontrapunktischen Strenge der Barockmusik, die Mozart zuletzt besonders interessierte, kommt nun eine unerreichte emotionale Ausdruckstiefe hinzu, die der Romantik die Tür zu öffnen scheint. In der gedrängten Zeit des zu frühen Lebensabends, so sagt man, ist hier noch einmal alles versammelt und wird durch die Nähe des drohenden Todes zusätzlich in singulärer Weise sublimiert. Ähnlich verhält es sich beim syphilitischen Schubert der letzten Monate: Kann man hier nicht in der seltsamen Gelassenheit der finalen Lieder und Chorstücke diese unheimliche jenseitige Heiterkeit heraushören? Ganz so, als wisse da jemand, was kommt, und komponiere eigentlich schon von der „anderen Seite“ her: Ruhevoll, mit endlosem Melodienfluss – geradezu wie Mozart! Das Schöne an dieser Art von Mythenbildung ist ihre unbeweisbare Sinnfälligkeit: Es mag so manches davon an der Wahrheit vorbeigehen – aber jeder weiß und hört doch, was gemeint ist. schon derart lange in Schach gehalten, dass es fast wieder überraschend daherkommt, wenn er ihm schließlich doch nachgeben muss. So haben auch Carters letzte Arbeiten, die oft für kleinere Ensembles oder Soloparts gesetzt sind, eher etwas von einer konzentrierten stilistischen Verdichtung und der Fortsetzung eingeschlagener Wege mit unverändert offenem Ausgang an sich. Zu dieser Konzentrierung gehört auch die intensive Bezugnahme auf die Tradition, der Carter sich seit jeher verpflichtet sah. Sie vollzieht sich in Gestalt von Ähnlichkeiten, Reminiszenzen und Anleihen, nicht aber im Verfahren postmodernen Collagierens, bei dem die historischen Vorläufer bloß als zitierter „Text“ und Spielunterlage auftreten würden. Elliott Carters Leben und Werk sind dagegen denkbar unanfällig für derlei Meta- Stattdessen schimmert noch einmal physik. Wer bei nie nachlassender Produktivität 103 Jahre alt wird, hat den Tod ein wenig von Debussys Klangwelt in den Linien des Soloinstruments im „Flute Concerto“ und „What are Years“ schließt einen hochexpressiven Bogen SUMMARY zu Arnold Schönbergs „Pierrot LuEarly and late works by Mozart, Schubert and Carter in the Mozart Week naire“ und „Erwartung“. Im Falle Elprogramme: In the Mozart Week concert programmes, works by Elliott liott Carters ist diese Nähe originär als Carter will be juxtaposed with works by Mozart and Schubert. This unusual eine biographische und stilistisch präcombination brings a composer who reached the age of 103 closer to two gende – nicht vermittelt oder angeprolific masters who died in their thirties. It becomes clear just how deeply lernt. Sie führt ihn zu Debussy, StraCarter’s work is rooted in the European tradition: the historical foundations winsky und Schönberg, wie sie Schuof his composition go back to Stravinsky and the representatives of the bert zu Mozart und Mozart zu Bach Second Viennese school, and thus to Schubert and Mozart. Just as Schubert und Händel führte. Vielleicht sind jerelates to Mozart, and he in turn to Handel and Bach, for Carter the ne Werke an den Eckpunkten der Biothorough knowledge of his historical predecessors was the basis for his own graphien ihrer Komponisten besoncreativity and originality. For all three composers, it is above all the late and ders geeignet, um den Blick zu klären last works in the programme that not only represent a distillate of the style für die „longue durée“ der europäand the musical personality of each, but at the same time afford an oppor- ischen Musiktradition und die relativ tunity to sharpen our perception of the overall developments through the Dauer eines noch so kurzen oder lanhistory of music. gen Lebens darin: What are Years? JAHRHUNDERT-MUSIK: ELLIOTT CARTER JAHRHUNDERT-MUSIK: ELLIOTT CARTER Janis El-Bira 42 NoAHs ArcHeNkoNzerT Emmanuel Pahud und die österreichische Erstaufführung des für ihn komponierten „Flute Concerto“ von Elliott Carter. Carter habe für das „biblische Instrument Flöte“ (Pahud) ein Konzert komponiert, in dem archaische Kräfte freigesetzt werden. Allein schon durch die Besetzung des begleitenden Orchesters. So hat Carter jedes Ins- ELLIOTT CARTERS „FLUTE CONCERTO“ SUMMARY 43 American composer Elliott Carter was 99 when, in Jerusalem on 9 September 2008, Swiss flautist Emmanuel Pahud gave the world première of the Flute Concerto composed for him. “He was a man with a young voice”, Pahud says, remembering the many telephone conversations with Carter, in which the work was discussed and the première prepared. “He spoke a great deal about the quality of lightness which should carry his music along.” Emmanuel Pahud is now thoroughly familiar with the Concerto, which has remained in his repertoire since the première, and which he is to perform at the 2015 Mozart Week with the Camerata Salzburg under the conductor Pablo HerasCasado. Carter, says Pahud, has composed for the “biblical instrument” a concerto in which archaic forces are released. This is apparent in the orchestration alone, each instrument being represented by one player. Pahud draws a comparison from the Old Testament: “like Noah’s Ark – only one of each kind is taken into the concerto”. In Carter’s “Noah’s Ark concerto” Noah, the flautist, takes them all with him; “he enters into dialogues with the other instruments and moderates the concerto”. trument im Prinzip mit nur einem Spieler besetzt, „wie auf die Arche Noahs ist von jeder Gattung einer in das Konzert genommen worden“, zieht Pahud einen gewissermaßen alttestamentarischen Vergleich. Die Flöte als „wahrscheinlich ältestes Instrument“ sei nie nur für Tänze verwendet worden, sondern wurde immer für spirituelle Bereiche eingesetzt. In Carters „Archenkonzert“ nimmt Noah, der Flötist, alle mit, er befindet sich in „Dialogen mit den anderen Instrumenten und moderiert das Konzert“, so Pahud. „Bei jedem der drei Teile des Konzerts gibt die Flöte die Themen und Motive vor, die dann von den Orchesterinstrumenten übernommen und wie in einem Puzzle zusammengefügt werden. Auf diese Weise entsteht am Ende von jedem Teil immer ein größeres Bild von all dem, was davor gerade zu hören war.“ Schon am Anfang des Konzerts spielt die Flöte in schneller Abfolge eine Reihe von Tönen, die dann im Orchester wieder wie kleine Sterne aufleuchten und verlöschen. Je virtuoser der Flötenpart wird, desto intensiver sind dann auch die Klänge des Orchesters. Der Amerikaner Carter hat als Komponist ein „starkes Bewusstsein der musikalischen Tradition und der Vergangenheit gehabt, ähnlich wie seine europäischen Zeitgenossen Ligeti, Boulez und Kurtág. Nur in der Art, wie er das weiter entwickelt und wo er hinführt, ist Carter doch sehr nordamerikanisch, weniger kompliziert und für uns Europäer beinahe sA 31. JäNNer 11.00 uHr #27 Stiftung Mozarteum, Großer Saal CAMERATA SALZBURG DIRIGENT PABLO HERAS-CASADO EMMANUEL PAHUD FLÖTE KERSTIN AVEMO SOPRAN franz schubert Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125 elliott carter „Flute Concerto“ für Flöte und Ensemble Österreichische Erstaufführung elliott carter „What Are Years“ für Sopran und Kammerensemble Österreichische Erstaufführung Mozart Symphonie Es-Dur KV 543 künstlergespräch 10.00 uhr Pierre-Laurent Aimard und Emmanuel Pahud im Gespräch mit Matthias Schulz naiv in der Aussage. Die Musik sprüht Funken, wie ich es in der europäischen Musik nicht kenne.“ Der Mittelteil ist für Pahud ein Notturno, „eine Form, die wir in Europa vergessen haben. Mahler hat es einst mit seiner siebten Symphonie mit nach Amerika genommen.“ Auch andere amerikanische Komponisten wie Copland und Bernstein (in seinem Flötenkonzert „Halil“) übernahmen das Notturno als eine „Hommage an die europäische Vergangenheit“. Für Pahud ist es nach dem Tod von Elliott Carter 2012 jedes Mal eine Hommage an den amerikanischen Komponisten, wenn er das Flötenkonzert spielt. „Als Solist muss man das Werk in überragender Weise einstudieren und alles, von den Noten bis zur Artikulation, vollkommen verinnerlicht haben, damit man spielerisch mit dem Werk umgehen kann, um diese Leichtigkeit zu erreichen“, sagt emmanuel Pahud (li.) über das von Elliott Carter für ihn komponierte Flötenkonzert. „Kondensierte 13 Minuten Musik“ erwarte das Publikum, so Pahud, „mit vielen Verbindungen in die Vergangenheit und Projektionen in die Zukunft“. Am Pult der Camerata Salzburg steht in diesem Konzert der Mozartwoche 2015 der spanische Dirigent Pablo Heras-casado (re.), ein sehr junger „Alte-Musik-Spezialist“, und wird neben Werken von Mozart und Schubert auch zwei österreichische Erstaufführngen von Werken Elliott Carters leiten. ELLIOTT CARTERS „FLUTE CONCERTO“ zu erreichen.“ Emmanuel Pahud ist inzwischen innig vertraut mit dem Konzert, das er seit der Uraufführung in seinem Repertoire hat und es nun auch bei der Mozartwoche 2015 mit der Camerata Salzburg unter der Leitung des Dirigenten Pablo Heras-Casado spielen wird. „Kondensierte 13 Minuten Musik“ erwarte das Publikum, so Pahud, „mit vielen Verbindungen in die Vergangenheit und Projektionen in die Zukunft.“ © Josef Fischnaller Elliott Carter war 99, als am 9. 9. des Jahres 2008 in Jerusalem der aus der französischsprachigen Schweiz stammende Flötist Emmanuel Pahud das für ihn komponierte Flötenkonzert des US-amerikanischen Komponisten uraufführte. „Er war ein Mann mit frischer Stimme“, erinnert sich Pahud an die vielen Telefonate mit Carter, in denen das Werk besprochen und die damalige Premiere vorbereitet wurde. „Er hat sehr viel über die Leichtigkeit gesprochen, von der seine Musik getragen sein soll. Als Solist muss man das Werk in überragender Weise einstudieren und alles, von den Noten bis zur Artikulation, vollkommen verinnerlicht haben, damit man spielerisch mit dem Werk umgehen kann, um diese Leichtigkeit © Harald Hoffmann Rainer Lepuschitz 44 eINe ALTe geIge uND Der kosMos Midori seiler wuchs in salzburg auf; neben ihrer konzerttätigkeit wirkt sie heute als Professorin für barockvioline an der weimarer Musikhochschule. Noch weiß sie nicht, welche der Mozart-Violinen sie in ihrem konzert mit Jos van Immerseel am 27. Jänner in Mozarts geburtshaus spielen wird. © Maike Helbig .. »ES GIBT MOMENTE, IN DENEN SICH DER KOSMOS ÜBER MIR ZU ÖFFNEN SCHEINT« MIDORI SEILER Die stiftung Mozarteum salzburg besitzt nicht nur eine einzigartige sammlung von Porträts und briefen der familie Mozart, sondern auch zahlreiche originalinstrumente, darunter Mozarts kindergeige, seine salzburger konzertvioline und eine geige von Pietro Antonio Dalla costa, die Mozart in seinen Jahren in wien gespielt hat. Jos van Immerseel wird am Hammerklavier sitzen. welche der geigen werden sie spielen? Eine spannende Frage, weil ich tatsächlich noch nicht weiß, was mich erwartet. Darf ich die Geigen außer Haus nehmen? Mit meinen eigenen Saiten beziehen? Welcher meiner Bögen wird besser passen? Wie viel Zeit werde ich haben, um mich an die Geige zu gewöhnen – und die Geige an mich? Aber diese Fragen werden sich bestimmt rechtzeitig klären! 45 was wissen sie von dieser geige? Ich kenne nur die Fakten, die damals durch die Presse gingen. Dass Frau Dr. Nicola Leibinger-Kammüller dieses Instrument stiftete, war eine großartige Geste. Solche Menschen schieben die leidige Kulturdebatte auf geradezu beschämende Weise in die richtige Richtung. Denn es ist völlig klar: Kunst kostet Geld. So wie Sport beispielsweise auch. Der kostet manchmal sogar Menschenleben. Offensichtlich nicht nur beim Ausüben, sondern, wie aktuell der Fall, auch bei der Errichtung der Spielstätten. Ich kann mich aber nicht erinnern, jemals im Zusammenhang mit Sport die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und finanziellem Nutzen gehört zu haben, wie das immer wieder in der Kunst der Fall ist. kann. Bei manchen Ausnahmen ging dieser Prozess schneller. Jede Geige hat ihr eigenes Wesen. Und ob eine Geige auf meine Spielart positiv reagiert oder sich damit unwohl fühlt, kann ich sehr genau spüren – und hören. Ich bin sehr gespannt auf diese Begegnung. warum werden geigen „schlechter“, wenn sie nicht gespielt werden? Ein Instrument wird durch die Vibration zu einem Klangkörper. Diese Dynamik erzeugt das Wesen einer Geige. Mozarts Musik wurde, wie viele andere Ohne Vibration schläft sie ein. Sie kann Kunstwerke, in Situationen von mate- aber wieder aufgeweckt werden. rieller und gesundheitlicher Bedrängnis geschaffen und besitzt diese im- könnten sie, als eine der historischen mense Kraft, uns seelisch anzuspre- Aufführungspraxis verbundene Musichen. Also uns auf eine immaterielle kerin, den „authentischen“ streicherArt zu bereichern. Auch da gibt es of- klang beschreiben, den sich Mozart in fensichtlich kein ausgewogenes Ver- seinen wiener Jahren vorgestellt hat? Ich würde viel darum geben, wenn hältnis... ich eine kleine Zeitreise antreten dürfMozarts costa-Violine sei jahrzehnte- te in einen Konzertsaal im Jahre 1790. lang nicht gespielt worden, ist aber Wir können, anhand von zeitgenössiin einem guten zustand, heißt es. Vor schen Beschreibungen über handwerkwelcher Herausforderung werden liche Gepflogenheiten nur mutmaßen, sie stehen, sollten sie dieses Instru- wie die Saiten und Bogenhaare beschaffen waren. Zusammen mit den Expoment spielen? Aus Erfahrung weiß ich, dass ich mich naten der Sammlungen in den Museen nach etwa einem halben Jahr wirk- ergibt sich dann ein Bild, von dem wir lich vertraut mit einer Geige fühlen aber auch leider wissen, dass es nicht vollständig sein kann. Jedenfalls aus einen möglichst der „menschlichen stimme“ angenäherten klang für die instrumentaler Sicht. (solo-)konzertvioline und einen „silbWas die Aufführungspraxis, also die rigen“ für die orchestervioline. was Stilistik angeht, ist die Annäherung sagen sie dazu? auch nicht einfacher. Wir haben na- Unterschiedliche Klangideale, was das türlich wichtige Schulen und Theorie- Ensemble- und das Solospiel, also den werke, wie Leopold Mozarts Violin- „Cantus“-Part, angeht, gibt es meines schule. Darin gibt es viele Hinweise Wissens schon sehr viel früher. Andrea beispielsweise zum Gebrauch von Amati war zu seiner Zeit ein herausVibrato, Fingersätzen, Rubato, Porta- ragender Geigenbauer eines Modells, mento et cetera, trotzdem geschieht die das die Klangideale des Solospiels daAuslegung dieser Hinweise innerhalb mals erfüllte. Der Korpus war deutlich des individuellen, persönlichen Ge- kleiner als ein „Tuttimodell“, daraus schmacks. Es ist nicht wie bei einem ergab sich ein Klang, der heller und als alten Kochbuch, aus dem man ein oberste Stimme mühelos im GesamtRezept nachkochen möchte. Manche klang zu hören war. Zutaten haben sich natürlich im Laufe der Zeit qualitativ verändert, aber Mozarts Vater Leopold war ein wichein Hühnerei ist doch ziemlich genau tiger geigenpädagoge. Inwiefern beeinein Hühnerei geblieben. Wohingegen flusste er das geigenspiel des sohnes? die häufigen Warnungen in den alten Wenn es stimmt, dass Mozart in der Schulen, die Grenzen des guten Ge- Lage war, einige seiner Partien selbst schmacks, zum Beispiel bei Vibrato, zu spielen – es gibt auch die Annahnicht zu verletzen, eine genaue Vor- me, dass er den Viola-Part der Sinfokenntnis des geläufigen „guten Ge- nia Concertante selbst gespielt haben schmacks“ voraussetzt. Ich bespreche soll –, dann muss er wirklich eine inmich da auch mit meinem Begleiter tensive Schulung als Geiger erlebt haben. Wie in jedem Handwerk war Jos van Immerseel. es naheliegend, dass der Vater auch Angeblich soll es von etwa 1750 bis die Kinder in seinem Fach unterwies. 1826 zwei klangideale gegeben haben: Leopold hat seinen Kindern eine ge- samte musikalische Erziehung angedeihen lassen, also auch im Komponieren, Generalbassspiel et cetera. Seine Violinschule war für viele folgende Generationen von Geigenpädagogen in ganz Europa wegweisend und wurde nicht nur in viele Sprachen übersetzt, sondern teilweise auch plagiiert, wie wir heute sagen würden. Er war also einer der ganz großen Geigenpädagogen und hat den Werdegang seines Sohnes bestimmt stark verantwortet. „du weist selbst nicht wie gut du Violin spielst“, schrieb Leopold an seinen sohn 1777, „…da manche nicht einmal wissen, dass du die Violin spielest, und du von deiner kindheit an als clavierist bekannt bist“. warum kam die geige auf Mozarts reisen während seiner kindheit so wenig zum einsatz? Das wüsste ich auch gern. Eine Geige ist so viel leichter zu transportieren. Wir wissen ja, dass Mozart auf den beschwerlichen Reisen in den Kutschen ein Clavichord mitführte, um pianistisch in Form zu bleiben. Insofern wäre das Leben als reisender Musiker mit Geige wirklich viel einfacher gewesen... Zumal ein Pianist auch heute nie weiß, welches Instru- MIDORI SEILER MIDorI seILer IM gesPräcH mit Teresa Pieschacón Raphael 46 DIe MAcHT Der MusIk Spannend präsentieren das Mozart Kinderorchester und der Superar-Chor ihre mitreißende Begeisterung für die Musik in der Mozartwoche 2015. Ernst Strobl DI 27. JäNNer 15.00 uHr #15 Mozarts Geburtshaus MIDORI SEILER MOZARTS VIOLINE JOS VAN IMMERSEEL HAMMERKLAVIER Mozart Sonate F-Dur für Klavier und Violine KV 377 Fantasie c-Moll für Klavier KV 475 Sechs Variationen g-Moll über das französische Lied „Au bord d’une fontaine“ („Hélas, j’ai perdu mon amant“) für Klavier und Violine KV 360 Sonate G-Dur für Klavier und Violine KV 379 ri geradezu ein schnäppchen. warum? Die Entwicklung der Preise bei alten italienischen Geigen hat schon vor langer Zeit aufgehört, irgendwelchen Prinzipien der Logik zu folgen. was ist das besondere an den werken, die sie spielen werden, wie kV 377? Das ist eine Sonate voller Gegensätze: Ein durch die forsche TriolenbeweDer Marktwert der costa-geige be- gung sehr dynamischer erster Satz, ein trägt „nur“ 100.000 euro, im Ver- melancholischer Variationssatz an zweigleich zum Marktwert vieler stradiva- ter Stelle und ein galantes Menuett als Schlusssatz. Menuett als Schlussstück: ein Fingerzeig in die barocke Vergangenheit. Ein altes französisches Volkslied diente als Vorlage für die Variationen KV 360. Wie erstaunlich blüht doch Mozarts musikalische Fantasie anhand einer vorgegebenen thematischen Linie! Mein Favorit unter den Sonaten aus der Wiener Zeit Mozarts ist die Sonate G-Dur für Klavier und Violine KV 379. Es gibt darin Momente, in denen sich der Kosmos über mir zu öffnen scheint. MIDORI SEILER SUMMARY 47 The 2015 Mozart Week could hardly have chosen a more fascinating musician than Midori Seiler to play Mozart’s “new” original violin – not only because she grew up in Salzburg and because her recording of Mozart’s seven great Viennese violin sonatas was awarded both the 2002 Diapason d’Or and the Choc du Monde de la Musique. As teacher of baroque violin at the Weimar Academy of Music, member of the Berlin Academy for Ancient Music (Akamus) and leader of the ensemble Anima Eterna, founded by Jos van Immerseel, she is very much at home in historical performance practice. She admits, however: “I would give a lot to travel back in time to a concert hall of 1790.” There are plenty of tutors and theories on the performance practice of the period, but this is “not like an old cookery-book where you can follow a recipe”. She says of Mozart’s Violin Sonata K379: “There are moments in it when it seems as though the whole cosmos is opening above me” – and this feeling will surely be shared by her audience. Wie weit das Projekt mittlerweile gediehen ist, zeigt die neuerliche Festspieleinladung. Das Mozart Kinderorchester teilt sich mit dem Salzburger Festspiele und Theaterkinderchor die Bühne, unter anderem für die „Spatzenmesse“ Mozarts. Seine G-Dur-Symphonie KV 45a ist auch kein „Kinderspiel“, und das trifft genau den Gedanken, wie ihn Christoph Koncz im Sinn hat. Der junge Geiger der Wiener Philharmoniker ist seit Beginn quasi „Chefdirigent“ des Mozart Kinderorchesters. Er fand zur Schar der sieben- bis zwölfjährigen Talente rasch Zugang und erfreut sich großer Beliebtheit. Doch betrachte er die Kinder als professionelle Musiker, sagt Koncz. „Meine Absicht ist es, die Kinder gar nicht wie Kinder zu behandeln.“ Denn es sei ja auch umgekehrt so, dass „die Kinder fühlen wollen, dass sie ernst genommen werden. Und sie wissen auch, dass unser Ziel nur mit Üben und mit Die Kinder werden von den jeweiligen viel Arbeit erreicht werden kann. Lehrern an den verschiedenen Musikschulen ausgewählt. Der Kreis wurde Auch Marc Minkowski, der künstleri- von der „Homebase“ Stiftung Mozarsche Leiter der Mozartwoche, hat sei- teum aus weit gezogen, auch Musikne Freude mit dem Kinderorchester. schulen im benachbarten bayerischen Nicht nur, dass er im Konzert ein Raum wirken mit – ein „Projekt ohne Werk dirigiert, er überlässt sogar spon- Grenze“, meint Schulz. Allerdings, „der tan den Taktstock einem der Musi- logistische Aufwand darf nicht unterkanten. „Weil er vermitteln will, dass schätzt werden“, und er sei vor allem ein Musiker flexibel sein muss, und den aufopferungsbereiten Eltern, aber das beginnt schon beim Wechsel der auch dem Musikum Salzburg sehr Dirigenten“, erklärt Christoph Koncz. dankbar. Dort sehe man, wie ihm GeDavon kann er als Mitglied der Wiener spräche mit Michael Seywald und Philharmoniker viel erzählen. Das ge- Ludwig Nussbichler, den Führungspermeinsame Erleben ist wichtig, was in sönlichkeiten des Musikums bestätigkollektiven Wochenenden – so war ten, wie schwer es ist, die nötigen Mitman schon in Abtenau oder Obertrum tel „aufzustellen“, und wie wenig, selbst auf „Ferienlager“ – intensiv genossen im Vergleich mit anderen österreichiwird. schen Bundesländern, in Salzburg für MOZART KINDERORCHESTER ment ihn am Konzertort erwartet und manche böse Überraschung erlebt. Ich denke, dass das Klavier schließlich zu dem Instrument für Mozart wurde, auf dem er sich selbst am besten ausdrücken konnte und auf dem er, wegen der polyphonen Möglichkeiten, seinen schöpferischen Geist am besten entfalten konnte. Es wird viel und zu Recht kritisiert, dass die musische Ausbildung der Kinder heruntergespart und vernachlässigt wird. Doch da gibt es zahlreiche Gegenbewegungen und private Initiativen; auch in Institutionen gibt es Menschen, die sich unermüdlich einsetzen: so zum Beispiel Michael Seywald, den künstlerisch-pädagogischen Leiter des Musikums Salzburg, der ebenso zu Recht viel Unterstützung einfordert und diese auch bekommen sollte. Ohne das Musikum Salzburg und sämtliche beteiligten Musikschulen, auch aus dem bayerischen Umland, wäre diese Initiative nicht möglich, die da lautet „Mozart Kinderorchester“. Wer hätte sich ausmalen können, was aus dem Projekt wird, das sich Matthias Schulz von der Stiftung Mozarteum Salzburg gemeinsam mit ein paar Mitstreitern ausgedacht hat? Das Mozart Kinderorchester, so der ursprüngliche Plan, sollte jedes Jahr zum Abschluss der Mozartwoche zwei Konzerte geben, eines für das „normale“ Mozartwochen-Publikum und eines für die Schulklassen. 2013 war es soweit, nachdem wochenlang geprobt wurde. Jeder, der dieses erste Konzert erlebte, war voller Bewunderung für die begeisterte Anteilnahme der Kinder im Orchester, ein hinreißendes Erlebnis. Auch die Salzburger Festspiele wurden auf die jungen Musiker aufmerksam und schon im folgenden Sommer ergab sich die Gelegenheit, dass das Mozart Kinderorchester sich mit den Kindern aus Venezuela die Notenpulte teilte bei einer öffentlichen Probe mit den Jüngsten des „Sistema“Projektes, das mittlerweile Weltgeltung erlangt hat. © Hoerner © Maike Helbig Marc Minkowski bei einer Probe mit dem Mozart Kinderorchester. 48 Österreichische Erstaufführung franz schubert Auszüge aus „Deutsche Messe“ D 872 Fassung für Chor und Orgel Mozart „Dir, Seele des Weltalls“. Kantate für Tenor, dreistimmigen Männerchor und Orchester (Fragment) KV 429 „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt“. Kantate für eine Singstimme und Klavier KV 619 Bearbeitung für Chor und Orchester Mozart Symphonie C-Dur KV 73 Aufführung für Schulklassen: 2. Februar 2015 der Mozartwoche 2015 steht nicht nur Schuberts populäre „Deutsche Messe“. Die Beteiligten haben das Programm entlang des Leitfadens der Mozartwoche sorgsam ausgewählt. Neben Mozart und Schubert ist 2015 Elliott Carter ein Schwerpunkt gewidmet. Der 2012 im Alter von 104 Jahren verstorbene Komponist ist Schulz ein Anliegen, „er war einer der führenden Avantgardisten und fühlte sich Schubert verbunden“. Das Mozart Kinderorchester wird – nach Werken von Arvo Pärt 2014 und einer Uraufführung von Johannes Maria Staud 2013 – erneut ein zeitgenössisches Stück erarbeiten, Carters „Sound Fields“. Nach Sven-Eric Bechtolf und Johanna Wokalek moderiert das Konzert 2015 Sunnyi Melles. „Die Kinder finden es toll, mit berühmten Künstlern zusammen sein zu können“, meint Schulz. Er ist überzeugt, dass das Mozart Kinderorchester zu einem „Aushängeschild geworden ist, das in viele Richtungen wirkt“. SUMMARY Matthias Schulz, manager and artistic director of the Salzburg Mozarteum Foundation, founded a splendid project with the assistance of colleagues from the music schools. Within a short time, the Mozart Children’s Orchestra has become a showpiece of the Foundation, says Schulz. Their very first performance, at the 2013 Mozart Week under the baton of Marc Minkowski and Christoph Koncz, a young Vienna Philharmonic violinist, was greeted with enthusiasm, and led to an invitation from the Salzburg Festival to join with the children of the Venezuelan “El Sistema” for a performance in the summer of that same year. The Orchestra was also acclaimed at the 2014 Mozart Week. Besides Christoph Koncz, who insisted on treating the children “like professional musicians”, Marc Minkowski, artistic director of the Mozart Week, enjoyed working with the youthful ensemble, which has reached an admirable Auf dem Programm des ersten gemein- standard. At the 2015 Mozart Week, the children’s choir of the cultural and samen Konzertes des Mozart Kinder- social project SUPERAR is invited to join the Orchestra for a performance. orchesters und des Superar-Chors bei This is a fantastic project – for music, and for life. MOZART KINDERORCHESTER © Internationale Stiftung Mozarteum Nach den Kindern des „Sistema“ aus Venezuela kommen 2015 neue Partner zur Mozartwoche. Auch „Superar“ ist ein Kultur- und Sozialprojekt, das in Anlehnung an „El Sistema“ 2010 in Wien vom Konzerthaus, der Caritas und den Wiener Sängerknaben gegründet wurde und das aktive Singen, Tanzen und Musizieren von Kindern aus schwierigen gesellschaftlichen Verhältnissen fördert. Gerald Wirth, künstlerischer Leiter der Wiener Sängerknaben, ist hoch engagiert. „Die Mehrheit der Kinder hat nichts mit der typischen Hochkultur zu tun, wir unterstützen sie. Trotzdem es ist kein Sozialprojekt, sondern wichtig für das Leben der Kinder“. Ziel sei auch die Heranbildung professioneller Ensembles, ob Tanz, Gesang oder Orchester. „In Wien werden täglich etwa 700 Kinder von Superar betreut. Das Interesse ist eher zu groß als zu klein“, meint das Superar-Vorstandsmitglied. „Eigentlich wollten wir klein bleiben, aber es gibt, wie sich gezeigt hat, auch anderswo in Europa Bedarf und Nachfrage. Wir arbeiten in der Schweiz, in Rumänien oder mit Roma-Kinder in der Slowakei. Ein weiteres wichtiges Projekt ist in Bosnien. In der Schule in Srebenica singen rund 80 Chorkinder gemeinsam, sie kommen aus allen Volks- und Religionsgruppen.“ So betrachtet ist Superar auch ein Friedensprojekt. so 01. februAr 15.00 uHr #32 Stiftung Mozarteum, Großer Saal MOZART KINDERORCHESTER SUPERAR CHOR DIRIGENT MARC MINKOWSKI CHRISTOPH KONCZ DIRIGENT UND LEITUNG SUNNYI MELLES MODERATION Mozart Intrada aus Bastien und Bastienne KV 50 elliott carter „Sound Fields“ für Orchester © Robert Recker © Alexandra Vosding Musikerziehung ausgegeben werde. Aber: „Das Mozart Kinderorchester kann ein Türöffner sein, damit vergegenwärtigt wird, wie wichtig Musik und gemeinsames Musizieren für die Kinder ist“, hofft Schulz. Man könne mit einem derartigen Projekt sehr viel bewegen, ist er überzeugt. „Nicht nur wir tun etwas für die Kinder, die Kinder geben so viel zurück und es ist auch für das Publikum großartig. Es hat sich eine Art Familie gebildet, die man in anderen Stiftungskonzerten wiedersieht“. MOZART KINDERORCHESTER LIVE Die Schauspielerin sunnyi Melles (re.) moderiert das Konzert des Mozart Kinderorchesters in der Mozartwoche 2015. Li.: Das Mozart kinderorchester bei einer Probe mit christoph koncz auf der Bühne des Großen Saals in der Stiftung Mozarteum. 50 MeHr ALs DIe suMMe Der eINzeLTeILe sabine Meyer, First Lady der Klarinette, wird im letzten Konzert des Zyklus’ „Mozarts Streichquartette“ diesen abrunden und gemeinsam mit dem Hagen Quartett und Mozarts Klarinettenquintett KV 581 zu erleben sein. zehn große werke dieser gattung aus Mozarts feder: kaum ein kammermusikensemble darf sich in ähnlicher weise berufen fühlen, seine streichquartette innerhalb weniger Tage in ihrer gesamtheit und chronologischen folge darzustellen, wie das Hagen Quartett; ergänzt um das herrliche klarinettenquintett kV 581, bei denen sie keine geringere als sabine Meyer als kollegin begrüßen. 51 ständiges Geben und Nehmen, das nur dann möglich ist, wenn jeder dem anderen völlig vertraut, wenn jeder sein Ego zu Hause lässt“, sagt Rainer Schmidt. Ihre Erfahrungen geben die Musiker an der Universität Mozarteum Salzburg, an der Hochschule Basel und im Rahmen von Meisterkursen in aller Welt an die jüngeren Generationen weiter, wobei sie den Studenten „ein Zuhören, welches große Aufmerksamkeit, Offenheit und den Wunsch, den anderen wirklich zu verstehen, beinhaltet“, vermitteln wollen. Bei der Mozartwoche 2015 stellt das Hagen Quartett nun die zehn großen Streichquartette Mozarts innerhalb weniger Tage in chronologischer Abfolge vor, wobei das Filmprogramm der Mozart Ton- und Filmsammlung im Mozart-Wohnhaus mit Konzertmitschnitten von den Mozartwochen 1998 und 2000 zum interpretatorischen Vergleich einlädt. Eingeleitet wird die Konzertserie mit den sechs Quartetten, die Mozart „Al mio caro Amico Haydn“ widmete; nachdem dieser am 15. Jänner und 12. Februar 1785 die ihm zugeeigneten Kompositionen im kleinen Kreis gehört hatte, äußerte er sich begeistert darüber. Anschließend steht das sogenannte „Hoffmeister-Quartett“ KV 499 auf dem Programm, das der Wiener Verleger zusammen mit Haydns d-Moll-Quartett op. 42 publizierte und das zwischen den „Haydn-Quartetten“ und denen, die Mozart dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. widmete, entstand. Nach den „Preußischen Quartetten“, deren „kantable Cellolinien unter den Händen von Clemens Hagen zu vollendeter Schönheit erblühen“ (Neue Zürcher Zeitung), wird die QuartettWerkschau mit einer Aufführung des Klarinettenquintetts KV 581 abgerundet, mit keiner Geringeren als Sabine Meyer, die regelmäßig mit dem Hagen Quartett zusammenarbeitet. Kein Wunder, dass sich im Zusammenspiel der fünf Musikerinnen und Musiker dynamische Balance, das Übernehmen von melodischer Führung und das Zurücktreten in den Gesamtklang beziehungsweise das gemeinsame Ausgestalten von dramatischen Steigerungen mit familiärer Selbstverständlichkeit ergeben – aufgrund der in Ton und Geste spürbaren gegenseitigen Vertrautheit sowie der tiefen Werkkenntnis. Daran, dass auch diese Komposition Mozarts in vollendeter Pracht erstrahlen wird, kann also kein Zweifel bestehen. fr 23. JäNNer 15.00 uHr #03 Stiftung Mozarteum, Großer Saal HAGEN QUARTETT Lukas Hagen und rainer schmidt Violine Veronika Hagen Viola clemens Hagen Violoncello Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello G-Dur KV 387 d-Moll KV 421 Es-Dur KV 428 einführungsvortrag 14.00 uhr sA 24. JäNNer 15.00 uHr #06 Stiftung Mozarteum, Großer Saal HAGEN QUARTETT Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello B-Dur KV 458 A-Dur KV 464 C-Dur KV 465 fr 30. JäNNer 15.00 uHr #25 Stiftung Mozarteum, Großer Saal HAGEN QUARTETT Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello D-Dur KV 499 D-Dur KV 575 B-Dur KV 589 SUMMARY The Hagen Quartet, which celebrated its 30th anniversary in the 2012/13 season, is – to quote the Neue Zürcher Zeitung – “definitively the most famous quartet” of our time. At the 2015 Mozart Week, the Quartet will perform Mozart’s ten great string quartets in chronological sequence, in the space of only a few days. The series will begin with the six quartets which Mozart dedicated to “mio caro Amico Haydn”, and which Haydn found delightful. These are followed by the so-called “Hoffmeister Quartet” K499; after the “Prussian Quartets”, where “in the hands of Clemens Hagen, the cantabile cello lines blossom into consummate beauty” (Neue Zürcher Zeitung), the quartet series is rounded off with a performance of the Clarinet Quintet K581, with no other than the First Lady of the clarinet, Sabine Meyer, who works regularly with the Hagen Quartet. © Harald Hoffmann MOZARTS STREICHQUARTETTE Das Hagen Quartett, das in der Spielzeit 2012/2013 seinen 30. Geburtstag feierte, ist ein „Weltklasse-Ensemble“, das auch nach seiner drei Jahrzehnte andauernden Karriere interpretatorisch „erneut ein Stück weiter vorgedrungen ist. Die neue Sicht ist atemberaubend und kann süchtig machen... Berückend der Reichtum an Farben und Emotionen“ (FonoForum). Ihre Karriere starteten die vier Geschwister 1981 im Alter zwischen 15 und 19 Jahren von Salzburg aus; den ersten Unterricht hatte der Vater, Solobratschist des Mozarteumorchesters, übernommen. Nachdem die Älteste, Angelika Hagen, sich gegen das Leben als Berufsmusikerin entschieden hatte, übernahm Rainer Schmidt die 2. Geige. Seitdem treibt die Quartettmitglieder der Wille an, die emotionalen Potenziale eines jeden Werks – das Repertoire reicht von der Wiener Klassik bis zu Vertretern der Neuen Musik – systematisch auszuloten. Das Ergebnis: „Musik gegen den Strom der Konvention... – zum Niederknien schön“ (Hamburger Abendblatt). „Die einzelne Stimme ist nichts ohne die anderen, erst im Gemeinsamen erhält jede Stimme ihre endgültige Funktion. Das Ganze ist viel, viel mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Es ist ein © Christian Ruvolo Harald Hodeige sA 31. JäNNer 15.00 uHr #28 Stiftung Mozarteum, Großer Saal HAGEN QUARTETT SABINE MEYER KLARINETTE Mozart Quartett F-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello KV 590 Quintett A-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello KV 581 52 sPüLwAsser uND scHokoLADe Als logische Fortsetzung der Mozartwoche 2014, in deren Rahmen Fazil Say und Kristian Bezuidenhout gemeinsam schon alle Klaviersonaten Mozarts gespielt haben, tun sie nun das gleiche, kehren jedoch die Werkaufteilung um – Kristian Bezuidenhout wieder am Hammerklavier, Fazil Say am modernen Konzertflügel. Zwei aufregend unterschiedliche, individuelle Lesarten, die einander ergänzen – und den Facettenreichtum gültiger Mozart-Deutungen aufs Neue beweisen. Das war ein spannender Programmpunkt der Mozartwoche 2014: zwei Pianisten, die bereit waren, sich dem Vergleich zu stellen; in vier konzerten und mit allen 18 klaviersonaten von Mozart. Der aus südafrika stammende kristian bezuidenhout saß dabei am Hammerklavier, der türkische Pianist fazil say am modernen flügel. gemeinsam teilten sie sich das repertoire auf. Das hieß: zehn sonaten für say und acht für bezuidenhout. bei der Mozartwoche 2015 läuft es genau umgekehrt. bezuidenhout übernimmt die zehn sonaten, die fazil say 2014 spielte. und umgekehrt. »MOZART IST TIEF VERANKERT IN MEINEM SYSTEM« krIsTIAN bezuIDeNHouT IM gesPräcH mit Teresa Pieschacón Raphael fazil say stammt aus der Türkei, sie sind in südafrika geboren und wuchsen in Australien auf. glauben sie, es könnte auch an einer unterschiedlichen Mentalität liegen? Nein, das glaube ich weniger. Das würde vielleicht auf ein Lied von Schubert zutreffen. seinen Adern hat, wagt den Schritt nach Salzburg. ‚Du musst wissen, was Du tust‘, warnten mich viele. Doch irgendwann dachte ich mir: es geht doch um Musik! Außerdem: so ganz unabendländisch sind Ihre wurzeln ja nicht. wir unterhalten uns gerade auf Deutsch und sie haben niederländische Vorfahren. Ja, der Name Bezuidenhout ist niederländisch. Außerdem hatte meine Großmutter mütterlicherseits an der Leipziger Musikhochschule Klavier studiert, bevor sie in den 1930er-Jah- Als ich mit etwa Sechzehn nach Salzburg an die Universität Mozarteum kam, war ich regelrecht eingeschüchwaren sie im letzten Jahr in den kon- tert: ein australischer Pianist mit südafrikanischen Wurzeln, der eben nicht zerten von fazil say? Ich habe es leider nicht geschafft. Aber das Erbe abendländischer Kultur in nicht, weil ich etwas gegen Fazil hätte oder wegen des modernen Flügels. SUMMARY Doch für jemanden, der zeitgleich das selbe Repertoire einstudiert hat und Ever since pianist Kristian Bezuidenhout received the 2013 Echo Award for spielt, ist es nicht ganz einfach, den his recording of Mozart’s Piano Concertos K 453 and K 482, the press has Kollegen anzuhören. Ich habe derzeit termed him “Mr. Mozart”. He does not see himself as such, however – otherwise nicht genügend Abstand, bin einfach he would not (as in 2014) appear in competition and comparison with Fazil zu nah dran. Es würde mich ein biss- Say, the second “Mr. Mozart”. The two pianists share all of Mozart’s 18 piano chen die Orientierung verlieren las- sonatas – but this time Bezuidenhout takes the very repertoire that Fazil Say sen. Es ist so, als würde man einen played last year. Say will perform on a modern grand piano, Bezuidenhout on a Film in einer Fremdsprache ansehen. hammerklavier. Bezuidenhout was born in South Africa, grew up in Australia Und ich bin mir sicher, dass es ihm and studied in the USA and Europe. The only time he becomes really emphatic genauso geht. Wir präsentieren beide is on the subject of his instrument. A champion of historical performance ja sehr unterschiedliche Klangwelten, practice, he finds the hammerklavier far more suited to Mozart than the modern artikulieren unterschiedlich und ha- piano: “On the modern piano, the colours merge. Then lots of things sound ben auch je ein eigenes Timing. Seit like dishwater. On a hammerklavier the notes keep their own voice.” Let us vier, fünf Jahren mache ich Mozart, not forget that “Mozart was also a great contrapuntist, particularly in his tagein, tagaus. Er ist derzeit tief ver- sonatas. Here transparency is incredibly important.” And “I only hope I’m ankert in meinem System. Wie soll ich not going to disappoint anyone in Salzburg if I perform all the sonatas on the da anders denken? hammerklavier.” MOZARTS KLAVIERSONATEN © Marco Borggreve bei der Mozartwoche 2015 werden sie die zehn klaviersonaten Mozarts interpretieren, die fazil say im letzten Jahr spielte… …und Fazil die acht Sonaten, die ich im letzten Jahr spielte. Ja, als Matthias Schulz mir dieses Programm vorstellte, war ich zuerst etwas irritiert; fand es dann aber doch sehr spannend. Allein schon deshalb, weil wir auf unterschiedlichen Instrumenten spielen. 54 ren als Erzieherin nach Angola ging. Später lebte sie in Berlin. so 25. JäNNer 15.00 uHr #09 Große Universitätsaula FAZIL SAY KLAVIER Mozart Sonate C-Dur KV 309 Sonate G-Dur KV 283 Sonate F-Dur KV 332 Sonate C-Dur KV 279 Sonate D-Dur KV 311 Mo 26. JäNNer 15.00 uHr #12 Große Universitätsaula KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER Mozart Sonate D-Dur KV 576 Sonate C-Dur KV 330 Sonate B-Dur KV 570 Sonate Es-Dur KV 282 MI 28. JäNNer 15.00 uHr #18 Große Universitätsaula FAZIL SAY KLAVIER Mozart Sonate C-Dur KV 545 Sonate B-Dur KV 281 Sonate F-Dur KV 280 Sonate D-Dur KV 284 Sonate a-Moll KV 310 BLINDTEXT Do 29. JäNNer 15.00 uHr #21 Große Universitätsaula KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER Mozart Sonate A-Dur KV 331 Sonate F-Dur KV 533 Sonate c-Moll KV 457 Sonate B-Dur KV 333 55 Ihre Liebe zu Mozart entdeckten sie im fernen, australischen brisbane. Ja, aber nicht im Konzert. Sondern – es ist mir fast peinlich, dies zuzugeben: mit dem Film „Amadeus“, den ich 1990 sah. Ich war elf Jahre alt und spielte schon Klavier. Natürlich war Tom Hulces Lachen ein absoluter Blödsinn und so manches andere auch ziemlich übertrieben. Aber ich war unendlich berührt von der Figur des Salieri, wie er Mozarts Genie erkannte, ich war berührt von der Musik, die dort gespielt wurde, überhaupt von dem Stück von Peter Shaffer… und von der gesamtaufnahme von Mozarts klavierkonzerten mit Malcolm bilson am Hammerklavier? Der Film und diese Aufnahme änderten mein Leben! Ich war wild entschlossen, auch so etwas zu machen. Und dann das Jahr 1991, das zweihundertjährige Mozart-Jubiläum mit der Philips Complete Mozart Edition. 180 CDs! Ich war als Jugendlicher ein besessener Plattensammler, ich hörte zuhause und in der Bibliothek alles, was ich in die Hände bekam, John Eliot Gardiner, Frans Brüggen, Christopher Hogwood, Frieder Bernius… Ich hörte Messen von Zelenka, sehr viel Bach und immer wieder Mozart, Haydn und Schubert. Es war wie ein eigenes Universum. Nun wird es wohl auf der anderen seite der welt nicht viele Hammerklaviere gegeben haben. Nein, die gab es natürlich nicht. Und auch keine Professoren. Deshalb ging ich nach New York, an die Eastman School in Rochester. Einige fanden meine Vorliebe für dieses Instrument ein bisschen bizarr. Aber schon deshalb faszinierte es mich umso mehr. Ich nahm sogar bei Malcolm Bilson Unterricht und gewann dann einen Hammerklavier-Wettbewerb in Brügge. Da war ich 21 Jahre alt. spülwasser? Ja, die Farben werden vermischt. Anders bei einem Hammerklavier: da behalten die Töne ihre eigene Stimme. Mozart war auch ein großer Kontrapunktiker, besonders in seinen Sonaten. Da ist Transparenz unglaublich wichtig. kritiker werfen dem Hammerklavier andererseits einen trockenen klang vor, wenig Durchschlagskraft und wirkung, auch eine gewisse Atemlosigkeit. Es gibt heute technisch sehr ausgefeilte Nachbauten, die diese negativen Effekte nicht mehr haben. Ich selbst kann meine Gefühle wesentlich besser auf dem Hammerklavier ausdrücken als auf dem modernen Flügel. sie sagten in einem Interview, klangschönheit sei Ihnen sehr wichtig, und äußerten die befürchtung, kritiker könnten Ihr spiel regelrecht „schokoladig“ finden. wie passt das zusammen? Mein Gott, das sind ja sehr interessante Fragen, die Sie haben! Ich glaube, Schönheit schließt sich beim Hammerklavier nicht aus. Sie muss nur anders definiert werden. Es ist nicht die schwelgerische, satte epischromantische und vielleicht auch nicht die filigrane ätherische Schönheit. Die kann gerade bei Mozart sehr tricky sein, weil dann alles sehr rokoko-porzellanhaft und ohne Körper klingt. Man muss einen Mittelweg finden. Und das kann man nur durch eine durchdachte und präzise Artiku- lation erreichen. Mozart zu interpre- kein Fachmensch sein, um das zu tieren ist mit das Schwierigste über- spüren und zu erleben. haupt. 1990 entdeckte eine bibliothekarin fazil say nennt die sonaten „un- in Philadelphia beim staubwischen klavier“-Musik. er stelle sich bei den Autograph von kV 457 mitsamt Mozarts Instrumentalwerken immer der fantasie kV 475. Faszinierend, nicht wahr? Wir haben seine opern vor. Gewiss: man skizziert immer eine Art das Werk bis dahin nach der 1785 erTheaterlandschaft, wenn man die Wer- schienenen Erstausgabe von Artaria ke spielt. Und dennoch darf man nie gespielt. Mozart bleibt immer ein Geso musizieren, dass der Zuhörer so- heimnis. fort meint: ‚Oh, das ist Susanna, und das Figaro. Und dort der Don Giovan- Die Handschrift kam 1990/91 in den ni.‘ Das ist wäre plakativ. Und zu ein- besitz der stiftung Mozarteum. fach gesehen. Auch aus musikwissen- Sie ist wirklich ein Prachtstück. Es erschaftlicher Sicht: Mozart war ein füllt einen mit großer Ehrfurcht, wenn universal in allen Gattungen kompo- man die Handschrift Mozarts sieht. nierendes Genie und natürlich ein Ich spiele allerdings nur KV 457. großer Operndramatiker. Ein „spiritual flavour“ seiner Opern ist wohl in zwei briefe soll Mozart seiner widjeder seiner Note, aber auch nur das, mungsträgerin Therese von Trattner ein Flavour. Seine Klavierwerke un- geschrieben haben… terliegen, folgen ganz anderen inner- …zu dem sehr innigen Adagio der musikalischen Gesetzmäßigkeiten als Sonate. Aus dem Autographen wissen wir, dass Mozart den langsamen Satz etwa seine Opern. mindestens zwei Mal notiert hat: zuDann fangen wir an. bitte einen kur- nächst in einer unverzierten Version – zen kommentar zu den werken, die wie eine Übungsstudie –, dann in einer sie spielen werden. verzierten. Schließlich war Therese KV 282 von Anfang 1775: Ungewöhn- von Trattner seine Klavierschülerin. lich, weil Mozart mit einem langsamen Adagio beginnt, auf das ein Menuett zwei Jahre vor seinem Tod kompofolgt. Stilistisch zwischen Bach und nierte er die wiener sonaten, „um in meinen umständen geld zu bekomdem frühen Beethoven. men“. „hier ist doch gewiß das clavierland“ KV 570 und KV 576 sind seine letzten schrieb der immer wieder blanke Mo- Sonaten. Er war in Leipzig gewesen, zart an seinen Vater 1781 aus wien. hatte eine Motette von Bach gehört, er 1783 komponiert er kV 330 bis 333. war fasziniert von Bachs Kontrapunkt. KV 330 – Ein Werk ohne Schatten, in Das Allegro von KV 576 ist von Bach der klassischen Tonart C-Dur. KV 331 inspiriert, mit Imitation und Kanons. beginnt mit einem sechsteiligen Vari- Und erst recht das abschließende ationszyklus. So charming ist das (singt Rondo. und spielt das Thema nach). Und dann das berühmte „alla turca“, dieser Mozart sprach von „leichten sonaKlassik-Schlager. Mozart ist einfach ten“. genial und dabei so clever. Er wusste, Leicht??! (Lautes Lachen) Man hört dass dies gefallen würde. Doch im- hier alles, die kleinste Ungenauigkeit. mer, wenn man denkt es sei ganz ein- Ich hoffe nur, dass ich in Salzburg niefach, fangen die Schwierigkeiten an. manden enttäusche, wenn ich all die Sonaten auf dem Hammerklavier spiele. kV 332 wird fazil spielen, sie kV 333. Die Kadenz ist großartig, doch es wä- einen fußtritt wie seinerzeit Mozart re zu einfach zu sagen: das ist Oper. von einem kammerdiener des fürstMozart wandelt in unglaublichen har- erzischofs colloredo werden sie nicht monischen Regionen, des-Moll im bekommen! zweiten Satz. Das ist kühn! Man muss Ich hoffe nicht! MOZARTS KLAVIERSONATEN © Marco Borggreve Die beiden Seiten der selben klingenden Münze, nun aber mit vertauschten Stempeln geprägt: Als logische Fortsetzung der Mozartwoche 2014, in deren Rahmen Fazil Say und kristian bezuidenhout gemeinsam schon alle Klaviersonaten Mozarts gespielt haben, kehren sie nun die Werkaufteilung um. In einem Interview empfehlen sie, der an einem steinway klavier spielen lernte, diesen als basis für eine sichere Technik. Ja, das stimmt. Das liegt an den mechanischen Möglichkeiten des Instruments, die ja immer weiterentwickelt wurden. Sämtliche Klangmöglichkeiten und auch die Kontrolle über ein Instrument lernte ich am Steinway, gerade weil die Gefahr groß ist, dass sich die Töne sehr schnell mischen. Aber für Mozarts Sonaten ist ein moderner Flügel kritisch: da kann schnell alles wie dreckiges Spülwasser klingen. 56 New York: Brooklyn Bridge im Sonnenuntergang. AufzeIcHNuNgeN zu kLäNgeN uND sTäDTeN Drei Dokumentationen im Filmprogramm der Mozartwoche 2015 AUFZEICHNUNGEN ZU KLÄNGEN UND STÄDTEN Janis El-Bira 57 Immer wieder tritt Elliott Carter an das Fenster seines Apartments im New Yorker Stadtteil Greenwich, schaut hinaus in die Häuserschluchten. Sonnenlicht bricht sich an den scharfen Kanten der Wolkenkratzer und lässt die Gegenstände im Zimmer lange Schatten werfen. Einige tausend Kilometer weiter östlich, auf der Grenze zwischen zwei Kontinenten, wandert der Blick entlang der nicht enden wollenden Blechlawinen auf der großen Bosporus-Brücke, die den europäischen mit dem asiatischen Teil Istanbuls verbindet. Der Pianist Fazil Say sitzt vor den hohen Fenstern des Beylerbeyi-Palasts an einem Flügel und spielt Bach. Draußen malen die Schiffe im Vorbeifahren verschieden breite Schaumkronen auf die Wellen des Wassers. Flug zurück nach Salzburg: Kinder spielen in den verwinkelten Straßen der Altstadt, Touristen intonieren mäßig erfolgreich die ersten Takte der „Kleinen Nachtmusik“ vor dem bekanntesten Haus in der Getreidegasse und im Hintergrund lässt dessen berühmter Bewohner in gelesenen Briefen dem Ärger über seine Heimatstadt freien Lauf: Einmal mehr war die Begeisterung, die der junge Wolfgang Amadé Mozart im Ausland längst hervorgerufen hatte, im fürsterzbischöflichen Salzburg eher mit Achselzucken quittiert worden. teilen eine gemeinsame Faszination für das kreative Habitat ihrer Protagonisten: Mit Elliott Carter streift man in Frank Scheffers „Elliott Carter: Labyrinth der Zeit“ (2004) in langen Sequenzen durch New York, Fazil Say nimmt uns in „Fazil Say – Alla turca“ (2005) von Gösta Courkamp mit durch die Nacht und auf die alle Sinne überfordernden Märkte der türkischen Metropole und Daniel Finkernagels und Alexander Lücks „Mozart in Salzburg“ (2006) lädt dazu ein, das Salzburg Mozarts an dem unserer Tage zu spiegeln: Taxifahrer des Jahres 2006 geben über ihre Kollegen auf den Kutschböcken im 18. Jahrhundert Auskunft, Erzbischof Alois Kothgasser spricht über die heiligen und „mäßig heiligen“ Vorgänger in seinem Amt. Allesamt sind es ausgesprochen sinnliche Filme. Sie versuchen, den vielen Eindrücken, das heißt konkret den Geräuschen, Gerüchen und Anblicken, nachzuspüren, denen die porträtierten Komponisten und Künstler an den Orten ihrer Produktivität täglich ausgesetzt sind. Am prägnantesten gelingt das wohlmöglich in Scheffers CarterFilm, wenn der hochbetagte Mann langsamen Schrittes und mit hellwachen Augen durch den unerbittlichen New Yorker Verkehr wandert oder von den Brookyln Bridge aus den Sonnenuntergang betrachtet. Er hält sich die Ohren zu, als ein Feuerwehrwagen kreischend an ihm vorbeifährt und lächelt doch nachsichtig dabei. Urbanität spielt eine tragende Rolle in Carters Werk: Ohne die Faszination für das Mozart Ton- und filmsammlung der stiftung Mozarteum salzburg Mozart-Wohnhaus, Makartplatz 8 Beginn jeweils 15.00 Uhr, Eintritt frei Mo 26.01 FESTKONZERT ZUM 250. GEBURTSTAG MOZARTS Mozartwoche 2006 Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti Mitsuko Uchida, Cecilia Bartoli, Thomas Hampson sA 24.01 DON GIOVANNI KV 527 Musikfilm 1979. Regie: Joseph Losey DI 27.01 FAZIL SAY: ALLA TURCA Dokumentation 2005. Regie: Gösta Courkamp FILMPROGRAMM DER MOZARTWOCHE 2015 SUMMARY The documentary films in the Mozart Week programme show Elliott Carter, Fazil Say and Wolfgang Amadé Mozart against the background of the cities associated with them – New York, Istanbul and Salzburg. In this juxtaposition of city and musician, the aim is to consider the everyday circumstances of the creative process, allowing the city to play a kind of second lead beside the artist portrayed. Thus the urban life of New York is deeply engraved in Elliott Carter’s music: the chaotic quality of the city was a lifelong influence on the composer. Fazil Say, on the other hand, is thematically duplicated, so to speak, by “his” city of Istanbul: both represent a musical and cultural bridge between Occident and Orient, Europe and Asia. Finally, Mozart’s Salzburg is observed from the viewpoint of 2006, the 250th anniversary of the composer’s Die dokumentarischen Beiträge zum birth: the city now, with its Mozart-mad residents and tourists, makes a contrast Filmprogramm der Mozartwoche 2015 to the mediocre recognition accorded to him during his lifetime. so 25.01 ELLIOTT CARTER – A LABYRINTH OF TIME Dokumentation 2004. Regie: Frank Scheffer MI 28.01 VOYAGE AUX INDES GALANTES Versailles 2005. Académie du spectacle équestre. Regie: Bartabas Do 29.01 MOZART: KLARINETTENQUINTETT A-DUR KV 581 STREICHQUARTETT D-MOLL KV 421 Mozartwoche 1998 und Mozartwoche 2000 Hagen Quartett, Sabine Meyer fr 30.01 FRANZ SCHUBERT: ALFONSO UND ESTRELLA Chamber Orchestra of Europe, Arnold Schoenberg Chor, Nikolaus Harnoncourt Inszenierung: Brian Large Olaf Bär, Luba Orgonášová, Thomas Hampson, Alfred Muff u. a. (Theater an der Wien, 1997) sA 31.01 MOZART IN SALZBURG Dokumentation 2006. Regie: Alexander Lück, Daniel Finkernagel 58 100 JAHre MozArTeuM oder mit Daniel Barenboim in Berlin. Während die beiden weiteren Dokumentationen im Filmprogramm auf derart scharfe Kontrastierungen von Privatheit und öffentlicher Geltung verzichten, gehen sie doch ähnlich stark im städtischen Umfeld ihrer Beobachtungen auf. Gösta Courkamps Film über Fazil Say ist beinahe ebenso auch ein Film über Istanbul. Von der einzigartigen Brückenstadt zwischen Okzident und Orient lässt er sich in jedem Fall den Rhythmus diktieren. Man meint, das Mediterrane, die Salzigkeit der Luft und die Nähe zum Wasser zu spüren; die Kamera flaniert im Istanbuler Nachtleben lange durch die lebendigen Straßen, vorbei an Händlern und Lokalen. Aus der Luft gefilmt ragen die prachtvollen Moscheen und steinernen Zeugnisse vom Glanz des osmanischen Reiches auf. Fazil Say wird zur Spiegelfigur dieser urbanen Mittelstellung zwischen Ost und West: Wir sehen ihn bei der Arbeit an den Werken der europäischen Tradition ebenso wie bei Aufführungen seiner eigenen Kompositionen, die jene Musik, die ihn weltbekannt machte, mit der seiner türkischen Heimat zu ver- binden suchen. Die Brücken als durchgehendes Motiv des Films finden so klingende Entsprechung. Den hintergründigsten und durchaus auch humorvollsten Umgang mit einem Komponisten und „seiner“ Stadt leistet indes „Mozart in Salzburg“. Unter weitgehendem Verzicht auf nachgestellte Szenen mit Schauspielern verlassen sich die Regisseure lieber auf das Hier und Jetzt: Während Mozarts abwechselnde Flucht und Rückkehr vor allem in Briefen aus der Zeit zum Tragen kommt, läuft das moderne Salzburg in seiner ganzen Ambivalenz mit Bezug auf den berühmtesten Sohn zur Hochform auf. Ähnlich wie in Hollywood jeder ein Drehbuch im Nachtschrank haben soll, scheint hier jeder etwas zu Mozart sagen zu können. So reihen sich neben die Experten aus Konzertleben und Wissenschaft auch munter die ganz „normalen“ Touristen, Schützenkönige, Taxifahrer und Kirchenleute ein. Sanft-ironisch wird so eine Stadt zwischen Mozart-Erbe und Mozart-Wahnsinn porträtiert. Nur die Liebe zu ihm, sie scheint – anders als zu seinen Lebzeiten – inzwischen uneingeschränkt zu gelten. 59 © Frank Scheffer AUFZEICHNUNGEN ZU KLÄNGEN UND STÄDTEN elliott carter vor der Brooklyn Bridge, New York. Vor einhundert Jahren, am 29. september 1914, erfolgte die feierliche eröffnung des „Mozarthauses“ (Mozarteum) in der schwarzstraße. ein denkwürdiger Anlass für die stiftung Mozarteum salzburg, dieses Jubiläum mit einem großen fest zu begehen. Das Mozarteum ist nicht nur als Veranstaltungsort bis heute einmalig, das gebäude stellt als gesamtkunstwerk eine architektonische rarität dar. Die stiftung Mozarteum setzte mit diesem repräsentativen und selbstbewussten bau 1914 ein weithin sichtbares zeichen – auch als DAs kompetenzzentrum in sachen Mozart, eine stellung, die heute mehr denn je gültigkeit hat. »ES IST EINE IRONIE DER GESCHICHTE...« PräsIDeNT JoHANNes HoNsIg-erLeNburg IM gesPräcH mit Walter Weidringer Herr Dr. Honsig-erlenburg, das Mozarteum-gebäude wird 100 Jahre alt – was bedeutet dieses Jubiläum für sie als Präsident der stiftung Mozarteum salzburg? Natürlich eine große Freude, mehr aber noch ist dieses Haus für mich Symbol für das einzigartige Engagement überzeugter Enthusiasten, die für etwas so Wertvolles wie „die Sache Mozart“ eingetreten sind und heute noch eintreten. Nur aus der visionären Kraft meiner Vorgänger und nur mit deren „gesunder“ Beharrlichkeit konnte das Mozarteumsgebäude verwirklicht werden. Es ist mehr als nur ein Symbol – daran können wir uns heute noch ein Beispiel nehmen. 1914 begann aber auch der untergang des alten europa... Ja, das stimmt mich nachdenklich: Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Eröffnung unseres Hauses messerscharf mit dem Beginn des 1. Weltkrieges zusammenfällt. Erinnern wir uns aber, dass die Planungen zu diesem Gebäude 50 und mehr Jahre zurückreichen – und erinnern wir uns, dass dabei auch die keinesfalls sympathischen Absichten der „Mozartianer“ verfolgt wurden, ein „heroisiertes“ Mo- zart-Bild zu verwirklichen. Als nackter, in Bronze gegossener Apoll steht Mozart noch heute im Eingangsfoyer des Großen Saals, für mich ein Sinnbild für diese teilweise Verfremdung. Diesem Mozart hat man im 19. Jahrhundert gehuldigt, ihm wollte man „einen Tempel errichten“. Mit den Schüssen in Sarajewo und der folgenden Mobilmachung war von einem Moment auf den anderen alles verändert und das groß angelegt geplante Eröffnungsfest weggefegt. Damit ist das Gebäudeprojekt im Realgeschehen des frühen 20. Jahrhunderts angekommen. Ein auf den ersten Blick vielleicht schmerzlicher Bruch, bei richtiger Betrachtung aber gesund und zukunftsweisend, denn damit gab es für das heroisierende, deutschtümlerische Mozart-Bild (vorerst jedenfalls) keine Zukunft mehr. Möglicherweise hatte die Weltkriegstragödie auch dazu beigetragen, dass das Haus zu einem Ort der ernsthaften Auseinandersetzung mit Musik, bis hin zur Avantgarde, wurde. Geblieben ist ein gewisser Widerspruch: Das Gebäude, errichtet im Münchner Reformstil, demonstriert Richard Berndls sehr persönliche Auffassung von Architektur. Betritt man das Haus, taucht man rein äußerlich in eine vergangene Welt ein, in ein Gefüge aus Neobarock verbunden mit ArtDeco- und Jugendstil; eine vornehme, im Großen Saal fast „imperiale“ Stimmung, die nur und ausschließlich aufgrund der Bauentscheidung wenige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs möglich war. Dass sich Salzburger Entscheidungsträger im Übrigen damals für den Münchner Architekten Richard Berndl entschieden hatten, war, insbesondere was die Architektur betrifft, ein Glücksfall. Hatte die entscheidung für berndl eine sonstige bedeutung? Ich denke ja: Abgesehen von architektonischen Gründen sehe ich in dieser Entscheidung eine Art „Unabhängigkeitserklärung“ Wien gegenüber. Wien war das unbestrittene Machtzentrum der k.u.k. Monarchie. Die Salzburger haben keine selbstverständliche Zugehörigkeit zur Monarchie verspürt. 100 Jahre nach Ende der Souveränität Salzburgs bestand wenig Identität mit dem Vielvölkerstaat – lieber den Architekten aus dem benachbarten 100 JAHRE MOZARTEUM Chaos von New York wäre seine Musik eine andere gewesen. Im Film erklingt dieses echte Martinshorn entsprechend wie ein Echo der „komponierten“ Sirene in Edgar Varèses radikal modernistischem Orchesterwerk „Amériques“ (1921), das auf den jungen Elliott Carter enormen Eindruck gemacht hatte, und in Auszügen auch in Scheffers Film zu hören ist. New York spielt überhaupt so etwas wie die zweite Hauptrolle in „Elliott Carter: Labyrinth der Zeit“. Die Stadt scheint den Film bis in die Lichtsetzung hinein zu bestimmen, die gleißend und kantig daherkommt. Die Wohnung Elliott Carters und seiner 2003 verstorbenen Frau Helen Frost-Jones erscheint darin wie ein sonnendurchfluteter Ruhepol. Wir sehen die Eheleute im Alltag, den Komponisten bei der Arbeit am Klavier oder in Proben mit Musikern, deren Tonproduktion von den ausladenden Polstermöbeln der Carters gedämpft wird. Man versichert sich erst dann wieder der Gewissheit, hier den wohl bedeutendsten amerikanischen Komponisten der letzten Jahrzehnte vor sich zu haben, wenn Carter die Wohnung verlässt – etwa um mit Pierre Boulez in Paris zu arbeiten 60 61 Bayern, als ein weiteres „k.u.k.-zerti- Kaffeegeruch in unserem Pausenfoyer, fiziertes“ Architekturbeispiel. im Sommer unseren charmanten Bastionsgarten und ich liebe genauso den welche Aufgaben erfüllt das Haus? „Vielklang“, wenn ich in unserem PräIch denke und hoffe, dass dieses Haus sidium arbeite. deutlich zur Musikentwicklung beiträgt. Historisch, schon in den 1920er-Jah- warum viel klang? ren, wurde im Großen Saal Beethovens Ein Teil unseres Gebäudes wird nach Opus 111 gemeinsam mit Musik von wie vor von der Universität Mozarteum Charles Ives aufgeführt, hier dirigier- als Mieterin genützt. In unserem Haus te Richard Strauss seine Festspielkon- sind Gesangsklassen, teilweise die Piazerte, Herbert von Karajan gab hier nisten und die Organisten. Das ersein Debütkonzert, hier schlug die Ge- zeugt eine zusätzliche Lebendigkeit, burtsstunde der Camerata Salzburg. die das Haus belebt; wenngleich – zuIm selben Großen Saal hat Meg Stuart gegeben – so manche Koloratur oder 2006 mit ihrer Tanzkompanie diesen auch ewig wiederholte Übestelle ganz Ort mit nackter Tanzperformance auf schön nerven kann. den Boden des Fassbaren geholt, hier entwickelte Pollini seine „Progetti“… Der große saal der stiftung Mozarteum im sommer: ein Aufführungsort Aber vergessen wir nicht vermeintli- der salzburger festspiele? che „Nebenschauplätze“: Ich liebe den Ja, seit Gründung der Salzburger Fest- spiele ist vor allem der Große Saal der Stiftung Mozarteum ein wichtiger Aufführungsort. Auch darin liegt eine gewisse Ironie: Mit Gründung der Salzburger Festspiele durch Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal haben die „Mozartianer“ ihren Plan, reine MozartFestspiele zu veranstalten, aufgeben müssen. Die Stiftung Mozarteum ist einen eigenen Weg gegangen und hat ihr Profil geschärft. Mit den „MozartHäusern“, einer groß angelegten Wissenschaftsabteilung und dem Konzertbereich, insbesondere der Mozartwoche, konnte die weltweit einzigartige Institution zur authentischen, aber auch zeitgemäßen Auseinandersetzung mit Mozart geschaffen werden. Dass die Salzburger Festspiele beispielsweise durch die Mozart-Matineen in unserem Großen Saal genauso zu dieser Mozart-Auseinandersetzung beitra- gen, ist selbstverständlich; ich will das gaben und zugleich Kunstinteresse hanicht als Konkurrenz, sondern eher als ben, ist nicht wirklich leicht. Bereicherung sehen. Auf der anderen Seite sind bürger- und Dasselbe gilt, wenn die Salzburger Fest- zivilgesellschaftliches Engagement heuspiele den Großen Saal für spannende, te wichtiger denn je. Täglich spüren durchaus kontrovers programmierte und erleben wir, wie sich die ÖffentKonzerte nützen. Das ist der Geist, das lichkeit mehr und mehr aus ihren kommunalen Aufgaben zurückzieht. Für ist die Musik, die dieses Haus prägt. Kunst und Kultur ist das fast schon Die eingangs angesprochenen enthu- eine Selbstverständlichkeit, was für ein siasten, das engagierte bürgertum – außergewöhnlicher „Erfolg“, wenn die existiert das denn überhaupt noch in Salzburger Festspiele verkünden können, dass ihre jahrelang öffentlichder damaligen form? Ja, es existiert, aber es wird langsam rechtlichen Träger die jahrelang einzur „Mangelware“; Menschen zu fin- gefrorenen Beitragszahlungen geringden, die Sinn für gesellschaftliche Auf- fügig erhöhen werden. Seit ihrem Bestehen lebt und arbeitet die Stiftung Mozarteum in ihrer staatlichen Unabhängigkeit. Heute wie damals ist es das Engagement überzeugter Enthusiasten, das zusammen mit den professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, das „Schiff“ Stiftung Mozarteum steuert. Wenn auch nicht mehr so leicht, wird es doch weiterhin diejenigen geben, die ihr Engagement, ihr Wissen und ihre Zeit zur Verfügung stellen, damit das Mozarteum in der Schwarzstraße ein außergewöhnlicher Ort der Begegnung mit Musik, nicht nur der Musik Mozarts, ist und bleibt. SUMMARY Commitment of staunch enthusiasts In an interview, Johannes Honsig-Erlenburg, President of the Salzburg Mozarteum Foundation, refers to the symbolic value of the Mozarteum building, now 100 years old, as testimony to a “unique strength, based on the commitment of staunch enthusiasts” among Salzburg citizens. The “Mozart cause”, however, had far earlier champions – even if at that time their view of the composer was heroistic or perhaps Teutonomanic. He sees it as a piece of good fortune – which may have contributed to the openness extended even to the avant-garde – that the building was completed in 1914, “at the last moment”, so to speak, before the outbreak of World War I. It is no coincidence that Salzburg became the scene of rivalry between the Mozartians and the group surrounding Hofmannsthal, Reinhardt and Strauss. The relationship with the Salzburg Festival is excellent, Mozart Week and the Dialogues Festival standing in friendly rivalry with the Festival outside the summer months. The building is filled with music daily, as students practise in the rehearsal rooms, and a unique collaboration is provided by research and the association with the Mozart Museums – “we can offer the opportunity of hearing Mozart’s original instruments in a concert.” The necessary representatives of committed citizens are not so easily found today, but they continue to give full support to the professional employees to ensure that the Mozarteum “remains an outstanding place for encounters with music, not only by Mozart”. 100 JAHRE MOZARTEUM 100 JAHRE MOZARTEUM © Wolfgang Lienbacher Johannes Honsig-erlenburg wuchs in Salzburg auf. Die Musikbegeisterung seiner Eltern ging auf ihn über: Er begann als Volksschulkind Klavier zu spielen und studierte als Gymnasiast an der Universität Mozarteum Klavier und Orgel. 25 Jahre lang war Johannes Honsig-Erlenburg Organist in der Aigner Kirche in Salzburg. Nach der Matura am Akademischen Gymnasium studierte er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg und schloss diese 1984 mit dem Doktortitel ab. Seit 1990 ist er als Rechtsanwalt tätig. 2002 wurde Johannes Honsig-Erlenburg zum Vizepräsidenten der Stiftung Mozarteum unter Friedrich Gehmacher gewählt. Am 30. November 2006 berief ihn das Kuratorium zum jüngsten Präsidenten der bis dahin 126-jährigen Geschichte der Stiftung. Seit 2009 ist er außerdem Mitglied des Kuratoriums der Salzburg Biennale und seit 2010 geschäftsführender Vorstand der Stiftung Herbert von Karajan, Osterfestspiele Salzburg. 62 IM LArgHeTTo zuM zIeL Vor 100 Jahren wurde das neu erbaute Mozarteum-gebäude seiner bestimmung übergeben. Der weg dorthin war langwierig und von vielfältigen kulturellen bemühungen des salzburger bürgertums geprägt. Walter Weidringer Die Szene aus dem Roman von Joseph Roths „Radetzkymarsch“ passt beinah genau auf die Umstände der Eröffnung des Mozarteums-Gebäudes 1914 in Salzburg, nur waren die großen Feierlichkeiten für den Saisonbeginn im September geplant – zu einer Zeit, da weite Teile der Bevölkerung längst dem Hurrapatriotismus erlegen waren. Im gleichsam letzten Moment hatte sich während der Monarchie noch der Glücksfall eines Neubaus für Kunst und Kultur ereignet, bevor das grauenvolle Gewitter des Weltkriegs alles hinwegzufegen drohte. Foto: Fritz von der Schulenburg Doch der Reihe nach. Naive Huldigungen Der britische Historiker Eric Hobsbawm hat den Begriff des „langen 19. Jahrhunderts“ geprägt, das die Zeit von der Französischen Revolution 1789 bis zum Beginn des 1. Weltkriegs 1914 umfasste – eine Epoche, die auch als das „bürgerliche Zeitalter“ beschrieben wird. Die Geschichte des Umgangs mit dem „Erbe“ Mozarts im Salzburg dieser Zeit lässt sich nun tatsächlich als Geschichte eines Bürgertums lesen, das sich kulturelle Aufgaben zu eigen macht, ja zu eigen machen muss. Denn im Zuge der politischen Umwälzungen der napoleonischen Zeit mit Besatzung und Plünde- rungen, der Auflösung der Universität und dem Bedeutungsniedergang Salzburgs zur entlegenen oberösterreichischen Kreisstadt mit der 1816 erfolgten endgültigen Angliederung an das Kaisertum Österreich verarmte das Kulturleben, das nun nicht mehr von finanzkräftigen, geistlich wie weltlich herrschenden Fürsterzbischöfen auch aus Gründen standesgemäßer Hofhaltung auf hohem Niveau garantiert werden konnte. Das Ende des selbständigen Fürstentums bedeutete zugleich das Ende der Hofkapelle, während immerhin das Hoftheater als nunmehriges k. k. Nationaltheater erhalten werden konnte. In diesem wurde auch Mozart gehuldigt: „Beliebt waren dafür offensichtlich Bearbeitungen Mozartscher Werke oder Schauspiele und Allegorien über Mozart, für uns heute ein Greuel, damals aber Ausdruck naiver, populärer Mozart-Verehrung“, schreibt der Historiker Karl Wagner und führt als Beispiel das Programm eines Abends an, der in einem großen Tableau gipfelte: „Die Büste Mozarts, umgeben von den Hauptfiguren aus sämtlichen Opern Mozarts, mit einer begleitenden Symphonie des Meisters“. ein Denkmal – für die gäste Neben dem Theater und der auf Michael Haydn zurückgehenden Pflege des Männerchorwesens etablierte sich in Salzburg jedoch schon früh eine dritte bürgerliche Kulturbewegung, die sich über die politischen Umbrüche hinweg wandeln und deshalb halten konnte: die „Museums-Gesellschaft“, welche Literatur, Musik und Geselligkeit auf ihre Fahnen geschrieben hatte. „Als Beweis, wie vorteilhaft ein solcher Verein auf jeden einzelnen und auf alle wirkt, soll hier nur auf einen einzigen seiner Zwecke hingedeutet werden“, heißt es in einem um Beitritte werbenden Aufruf an die Salzburger, der im Juli 1816 veröffentlicht wurde: „den Genuß der Musik, welche in einer Stadt, deren Erde die Wiege Mozarts trug und die Hülle Michael Haydns zudeckt, wo Wölfl, Neukomm und mehrere andere berühmte Meister der Töne Leben und Bildung empfingen, gewiß den höchsten Reiz hat und wärmste Teilnahme finden muß.“ Nach einem so erheblichen Bedeutungsniedergang, wie er für Salzburg zu verzeichnen war, erscheint es nur allzu menschlich, dass in Zeiten eines notgedrungen bescheideneren Neubeginns die Kulturpflege retrospektive Züge annahm und die stolze Berufung auf ein großes Erbe früherer Zeiten in den Vordergrund rückte. Dazu zählte bald auch der Wunsch nach einem Denkmal für Mozart, mit dem der aus Posen gebürtige Schriftsteller Julius Schilling in Salzburg Gehör fand: 1836 konstituierte auf sein Betreiben hin die „Museums-Gesellschaft“ ein Denkmal-Komitee und strebte fortan nach der Sammlung der nötigen finanziellen Mittel, zu denen Zuwendungen der als österreichische Kaiserin-Witwe mittlerweile in Salzburg lebenden Carolina Augusta und ihres kunstsinnigen Bruders König Ludwig I. von Bayern ebenso beitrugen wie erhebliche Spenden aus der Bevölkerung. Dabei ging es freilich weniger um die Anerkennung von Mozarts künstlerischer Größe; vielmehr argumentierte man sogar damals schon eher aus lokalpatriotischer Sicht im Hinblick auf Gäste aus aller Welt: „Wir müssen dieses Monument als eine gemeinsame Stadtsache betrachten, als etwas, dessen verfehlte oder mangelhafte Ausführung ein ungünstiges Licht auf uns werfen würde. ‚Seht‘, würden jene Fremden sagen, wie sie jeder 100 JAHRE MOZARTEUM „Wir müssen das Fest abbrechen!“, ist Major Zoglauer überzeugt – das schöne, große, in wochenlanger Arbeit vorbereitete Sommerfest, ein glänzender Erfolg, eingefasst von Musikkapellen, Umzügen, Tombolas, Konfettisternchen und Feuerwerkskörpern. Aber nicht etwa das nahende Unwetter ist der Grund, sondern ein im Galopp beigebrachtes Schreiben: „Thronfolger gerüchtweise in Sarajevo ermordet“. 64 © Internationale Stiftung Mozarteum (4) sA 27. sePTeMber 19.30 uHr Stiftung Mozarteum, Großer Saal FESTKONZERT „100 JAHRE MOZARTEUM“ rekonstruktion des konzerts aus Anlass der eröffnung des Mozarteums 1914 Mit Claire Elizabeth Craig, Meredith Hoffmann-Thomson, David Steffens, Gregory Ahss, Alessandro Misciasci, Camerata Salzburg, Salzburger Bachchor u.a. Informationen: www.mozarteum.at 100 JAHRE MOZARTEUM Sommer zu Tausenden zu uns führt, wenn sie unsere Kirchen, Paläste, öffentliche Bauten betrachten und dann zu jenem Denkmale kommen und dieses in kleinlicher Gestalt vor ihnen stehen würde, ‚Seht, was die Voreltern Großes und Würdiges mit eigenen Mitteln in bescheidenem Stile gewirkt und erreicht haben und wie Geringes die Nachkommen mit der Unterstützung ganz Europas nach so vielen öffentlichen Besprechungen zu Stande gebracht!‘“ Wenn aber zu guter Letzt „von allen Weltgegenden die Reisenden nach Salzburg strömen, die angesehensten Männer, die gefeyertsten Künstler aller Nationen sich in seinen Mauern versammeln, der feyerliche Augenblick naht, …der Ruhm Salzburgs überall verkündigt wird, mit welchem frohen Bewußtseyn wird dann Jeder auf dieses Denkmal blicken, der sich sagen kann, nach Kräften zu demselben beygetragen zu haben.“ 65 Deutschnationale Vereinnahmung Als das Denkmal schließlich 1842 im Rahmen eines großen Festes enthüllt werden konnte (es erstreckte sich von der Aufführung Mozartscher Messen im Dom bis hin zu einem Aufzug von Ehrengästen und der Zünfte nebst Blaskapellen zu einem aus MozartMotiven arrangierten Marsch), waren freilich aus Bürgertum und Liedertafeln auch deutschnationale Nebenstimmen im jubelnden Zusammenklang vernehmbar: „Vom Himmel trug der Barde Mozart nieder / Den deutschen Sang …“; „Germania, in Feierklange / Erhebe Mozart, er ist Dein!“. „Triumph! Es lebt der Fürst der Töne, / So lang ein deutsches Lied erklingt“, hieß es beispielsweise in entsprechenden literarisch-musikalischen Erzeugnissen – ein Beleg dafür, wie Karl Wagner anmerkt, dass „naive Verehrung ohne echte innere Beziehung zur Musik … jeder Mißinterpretation durch Modeströmungen oder Ideologien Tür und Tor“ öffnen könne. Die Enthüllungsfeierlichkeiten waren jedoch die Initialzündung für weitere Feste, wie sie 1852 zum zehnjährigen Denkmalsjubiläum und 1856 zur „Säcularfeier“, also dem 100. Geburtstag des Komponisten, veranstaltet wurden – und der Humus für die späteren Festspiele, welcher mit den Mozart-Festen der Jahre 1877 bis 1910 weiter und noch fruchtbarer aufbereitet werden sollte. „emporbringung der Musik in allen ihren zweigen“ Zur Zeit der Denkmalsenthüllung war mittlerweile ein weiterer Wahlsalzburger zu einem zentralen Akteur des städtischen Kulturlebens geworden: der aus Wien stammende Jurist und im Bankwesen tätige Franz Edler von Hilleprandt, ansässig im Gurkerhof in der Kaigasse. Er spielte als Vorstand der „Museums-Gesellschaft“ und vor allem von 1841 an bis zu seinem Tod 30 Jahre später als leitender „Sekretär“ eine wichtige Rolle im „Dom-MusikVerein und Mozarteum“ – jener Doppelinstitution, welche auf Veranlassung des Fürsterzbischofs Friedrich Kardinal Fürst zu Schwarzenberg die heruntergekommene Salzburger Kirchenmusikpflege neu beleben und in Fotos oben von li. nach re.: Erzherzog Eugen von Österreich, Protektor der Stiftung Mozarteum, bei der feierlichen Grundsteinlegung des Mozarteum-Gebäudes am 6. August 1910 im Rahmen des 8. Mozart-Festes. Lilli Lehmann, 1901 „in dankbarer Anerkennung der unvergänglichen Verdienste um die Förderung des Instituts“ mit der Ehrenmitgliedschaft belohnt, inszenierte 1906 zum 150. Geburtstag Mozarts beim 7. Salzburger Musikfest „Don Giovanni“ mit Francesco d’Andrade in der Titelpartie und ihr selbst als Donna Anna. Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum, 1887. Stehend (v.l.n.r.): Franz Gessele, Oskar Berggruen, Josef Stigler, Wenzel Sedlitzky. Sitzend (v.l.n.r.): Johann Evangelist Engl, Josef Hitschfeld, Baron Carl Sterneck(Präsident), Carl Spängler (Kassier), Hans Schläger. Wettbewerbsentwurf von Richard Berndl, Blick auf das Konzerthaus, 1910. einer Sing- und Instrumentalschule musikalischen Nachwuchs heranbilden sollte. Hilleprandt orientierte sich dabei eng an der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bis hinein in deren Statuten: Auch in Salzburg stand somit die „Emporbringung der Musik in allen ihren Zweigen“ im Zentrum, besonders aber der Kirchenmusik und der „Gründung und Beförderung einer Musikanstalt zur würdigen Erhaltung des Andenkens Mozarts in seiner Vaterstadt“. Mit der (wenige Monate vor der Denkmalenthüllung verstorbenen) Witwe und den Söhnen Mozarts befreundet, gelang es ihm, zahlreiche Briefe und andere Hinterlassenschaft der Familie zu erwerben; 1856 war bei der „Säcularfeier“ eine erste „MozartAusstellung“ im Geburtshaus in der Getreidegasse zu sehen. Außerdem wurden der „Verein, insbesondere das Mozarteum … im Laufe der Zeit mit zahlreichen Legaten bedacht, die sowohl in Widmungen von Musikalien als auch in finanziellen Zuwendungen bestanden“, schreibt der Musikwissenschaftler Ernst Hintermaier, wobei die Stiftung Constanze Mozarts und ihrer kinderlosen Söhne die bedeutendsten waren: Franz Xaver Wolfgang Mozart etwa vermachte dem Mozarteum 1844 alle in seinem Nachlass befindlichen Manuskripte, das Clavichord und seine komplette Bibliothek. SUMMARY The end of Salzburg as an independent principality and the incorporation of the Province into the Austrian Empire, in 1816, resulted in economic decline and a severe loss of influence. In this situation, the rising middle class began to assume responsibility for cultural affairs. In 1836 a society was founded for the purpose of erecting a Mozart monument, which was unveiled six years later amid festivities which led to regular Mozart festivals, later preparing the ground for the Salzburg Festival. After complicated developments, in 1880 the society finally evolved into the International Mozarteum Foundation, its aims being to perform works not only by Mozart, to offer a sound musical education, to build up a collection and to carry out research. The existing building was soon unable to accommodate the growing activities, and in 1909 Richard Berndl’s proposal was chosen from submissions to an architects’ competition for a new building. In 1914, on the eve of World War I and the collapse of the Danube monarchy, the Munich Jugendstil building was completed and the Foundation installed – not least as a monument to the music-loving citizens of Salzburg. zu leisten, allein am Dom jährlich etwa 2000!) legten jedoch schon in den 1860er-Jahren eine Umstrukturierung und Neuverteilung der Aufgaben nahe, auch wenn sich zunächst formalrechtliche Hindernisse in den Weg jener Bürger legten, welche die Missstände erkannten und beheben wollten: Unter der Führung des Lehrers und MusikDie entstehung der Internationalen schriftstellers Johann Evangelist Engl sowie des aus Wien stammenden Fistiftung Mozarteum Finanzielle Schwierigkeiten von „Dom- nanzrates Karl Freiherr von SterneckMusik-Verein und Mozarteum“ (immer- Daublebsky zu Ehrenstein setzten sich hin waren an 14 Kirchen Musikdienste 1869 im Gasthof „Zur Krone“ (Roitt- ner-Haus) fünfzehn Salzburger Bürger zum Ziel, das Mozarteum aus dem kirchlichen Einfluss zu lösen und es zu einer durch Stipendien zugänglichen Musikhochschule zu machen, lebende „Tondichter und Tonkünstler“ nach Vorbild der 1855 in Weimar gegründeten Deutschen Schiller-Stiftung zu unterstützen, ein „MozartHaus“ zu errichten, das Konzertaufführungen, eine musikalische Universalbibliothek und ein Mozart-Archiv beherbergen sollte, sowie periodische Versammlungen als „Mozart-Tage“ 100 JAHRE MOZARTEUM so 28. sePTeMber 10.00-17.00 uHr Stiftung Mozarteum, Schwarzstraße 26-28 TAG DER OFFENEN TÜR 66 67 nicht nur die Wiener Hofoper unter Gustav Mahler mit einem glanzvollen „Figaro“, sondern inszenierte Lehmann (unter teils widrigen Umständen) auch einen neuen „Giovanni“ mit Francesco d’Andrade in der Titelpartie, ihr selbst als Anna und etwa Geraldine Farrar als Zerlina sowie Reynaldo Hahn am Pult der Wiener Philharmoniker. Die Aufführung muss, trotz eines abschätzigen Urteils aus Mahlers Mund, offenbar in mehrerlei Hinsicht richtungsweisend geraten sein: durch die Wahl des italienischen Originals, das Bestreben, Tragik und Humor gleichermaßen gerecht zu werden und durch einen naturalistischen Zug, der für Giovanni weniger die traditionelle Höllenfahrt als vielmehr eine „Herzlähmung“ Hundert Jahre nach Mozarts Tod war (Lehmann) als Todesursache bedeuim Festprogramm dreier Julitage 1891 tete. neben Konzerten und einer „Figaro“Aufführung auch der gemeinschaftliche Besuch einer Mozart-„Kultstätte“ vorgesehen, nämlich des damals auf dem Kapuzinerberg stehenden „Zauberflöten-Häuschens“, das 1873 von Wien nach Salzburg transferiert worden war, nachdem es Graf Starhemberg der Stiftung Mozarteum geschenkt hatte. 1950 fand es, gründlich renoviert, im Garten des Mozarteums seine bleibende Heimstatt – ein Kuriosum der Mozart-Verehrung, das ein bisschen an die Legende vom Geburtshaus Mariens erinnert, welches Engel von Nazareth durch die Lüfte nach Loreto getragen haben sollen… ein „Don giovanni“ der zukunft Als dann 1901 Lilli Lehmann erstmals bei einem Salzburger Musikfest auftrat und im „Stadt-Theater“ die Donna Anna sang, bedeutete dies für die Internationale Stiftung Mozarteum zwar keine überirdische, aber doch eine künstlerisch enorm wertvolle und fruchtbare Begegnung, die noch im selben Jahr „in dankbarer Anerkennung der unvergänglichen Verdienste um die Förderung des Instituts“ mit der Ehrenmitgliedschaft für die große deutsche Sopranistin belohnt wurde. Für 1904 regte sie eine Aufführung der c-Moll-Messe an – bis heute als Veranstaltung der Stiftung Mozarteum Salzburg im Rahmen der Salzburger Festspiele unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Festspielsommers! –, und 1906 gastierte zum 150. Geburtstag Mozarts beim 7. Salzburger Musikfest sieg für „Larghetto“ Im Rahmen des 8. Mozart-Festes kam es am 6. August 1910 zur feierlichen Grundsteinlegung des Mozarteum-Gebäudes im Garten der nach einigem Suchen zu diesem Zweck angekauften Villa Lasser in der Schwarzstraße: „Zu Ehren Mozarts, des leuchtenden Sternes am Himmel deutscher Kunst, dessen Aufgang zu schauen die Stadt Salzburg beglückt war“, wurde der Neubau im Beisein von Erzherzog Eugen begründet, dem Protektor der Stiftung. Doch wie sollte das lang ersehnte „Mozart-Haus“ mit Schul- und Verwaltungsräumen, Platz für die große Bibliothek, zwei repräsentativen Konzertsälen und den nötigen Künstlerzimmern, Garderoben und Nebenräumen aussehen? „Larghetto“ lautete das Codewort für den Beitrag, der siegreich aus dem 1909 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb mit 64 Einreichungen hervorging – ein unbeabsichtigter ironischer Kommentar zu dem Tempo, mit dem der Jahrzehnte alte Plan nun endlich verwirklicht werden sollte? Zu spät war es freilich noch nicht. Der Münchner Richard Berndl gewann vielleicht auch deshalb, weil er in seinem Entwurf auf das Salzburger Stadtbild Rücksicht nahm, in das sich sein „Münchner Jugendstil“ mit relativ nüchterner Außengestaltung gut einfügte in ein „antiquarisches, schläfriges, romantisches Städtchen am letzten Abhange der Alpen, die dort mit Bergen und Hügeln sanft in das deutsche Flachland übergehen“, wie Stefan Zweig seine Wahlheimat in der „Welt von Gestern“ beschrieb, als diese „noch nicht die durch ihre Fest- spiele berühmte (und im Sommer snobistisch sich gebärdende) Rendezvousstadt der ‚Prominenten‘“ geworden war. In den Jahren 1912 bis 1914 wurde Berndls Bau verwirklicht – mit Kosten von insgesamt 1,2 Millionen Kronen (6,65 Millionen Euro), die durch Spenden, Benefizkonzerte und Lotterien aufgebracht werden konnten: eine enorme Leistung. Die Eröffnungsfeiern wurden 1914 gestrichen wie das Finale der sommerlichen Lustbarkeiten im eingangs zitierten „Radetzkymarsch“, gewiss. Das eigentliche Fest aber, das vielfältige Leben im Gebäude der Internationalen Stiftung Mozarteum nämlich, dauert über alle kriegerisch-politische Tiefen und künstlerische Höhen hinweg, nun schon 100 Jahre an. Die bibliotheca Mozartiana im ersten Stock des Mozarteums (Eingang Schwarzstraße 26) ist die weltweit umfangreichste Bibliothek zum Thema „Mozart“ und heute in fast unverändertem Originalzustand. BLINDTEXT Institutioneller Neubeginn „Die Internationale Mozart-Stiftung in Salzburg vereinigt mit dem Mozarteum: Salzburg hat nunmehr nur einen rein kirchlichen und einen rein weltlichen Musikverein und beide stehen zueinander in Harmonie und Eintracht! Das mit der Internationalen Mozart-Stiftung vereinigte Mozarteum bleibt ein Kunstinstitut, welches seine eigene Schule für Gesang und Musik, ein Orchester für seine Jahres-Vereinsconzerte und einen Fonds zur Unterstützung hilfsbedürftiger und talentirter Tondichter und Tonkünstler besitzt und sowohl in Mozarts Vaterstadt, als anderwärts, den bei den vorausgegangenen beiden Musikfesten von der Internationalen Mozart Stiftung neu aufgenommenen Mozart-Cultus pflegt und verbreitet“, hieß es stolz auf einem Merkblatt aus dem Gründungsjahr. Der Musikwissenschaftler und langjährige wissenschaftliche Leiter sowie Generalsekretär der Stiftung Mozarteum Salzburg, Rudolph Angermüller, stellt auch für diesen neuen Abschnitt der MozartPflege in Salzburg fest, dass neben den „Allerhöchsten Gönnern und Wohltätern“ vom Kaiser abwärts „die Männer, die die Internationale Stiftung Mozarteum aus Idealismus trugen, aus dem mittleren und gehobenen Bürgertum der Salzachstadt kamen, auch dem Adel – mehr dem Kleinadel – angehörten, sie alle Musikliebhaber und Musikdilettanten im besten Sinne des Wortes, aber keine professionellen ausübenden Musiker und Künstler waren“. Mozart-wallfahrt auf den kapuzinerberg Das hinderte sie freilich nicht, sich für die schon erwähnten Mozart-Feste der namhaftesten Interpreten zu versichern. Im Juli 1877 konzertierten unter Otto Dessoff etwa die Wiener Philharmoniker erstmals außerhalb Wiens – der Beginn einer bis heute währenden, innigen Beziehung des Or chesters zu Salzburg. Als es 1887 hundert Jahre „Don Giovanni“ zu feiern galt, traten einerseits renommierte Hofopernsänger auf, aber ergänzten andererseits Stimmführer aus München und Wien die damals bescheideneren Kräfte des Mozarteumorchesters und anderer ansässiger Musiker. Foto: Fritz von der Schulenburg 100 JAHRE MOZARTEUM abzuhalten. Zu diesem Zweck riefen sie 1870 die „Internationale MozartStiftung“ ins Leben, die nach zehnjährigem vereinsrechtlichen (oder gar: vereinsmeierlichen) Hin und Her und der erfolgten Trennung von „DomMusik-Verein und Mozarteum“ (genauer: dem Austritt des Dom-MusikVereins aus dieser Verbindung) schließlich mit dem Mozarteum fusionieren und sich als „Internationale Stiftung Mozarteum“ am 16. Oktober 1880 neu konstituieren konnte. Zuvor aber kam die erste wissenschaftliche MozartAusgabe in Gang, die von 1877-1910 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien, denn: „Ein großer Genius kann nicht würdiger geehrt werden, als durch eine correcte Ausgabe sämtlicher Werke“, wie Ludwig Ritter von Köchel aus diesem Anlass feststellte. 68 VoM kLANg Der worTe uND DeM sINN Der TöNe DI 02.12.2014 18.00 uhr Mozart-Wohnhaus Teaser um Sechs ŒNM . ÖSTERREICHISCHES ENSEMBLE FÜR NEUE MUSIK Mozart, Ligeti, eötvös MI 03.12.2014 16.30 uhr Mozart-Wohnhaus, Autographentresor Mozart-fragmente und -briefe 18.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Atelier Gespräch Peter Eötvös, Maxime Pascal, Matthias Schulz, Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner 19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal ENSEMBLE MUSIKFABRIK, MAXIME PASCAL, SARAH MARIA SUN, KAI WESSEL, OMAR EBRAHIM, MARCO BLAAUW, MIKLÓS LUKÁCS eötvös „Natasha“ Ligeti „Aventures“, „Nouvelles Aventures“ Mozart Trio B-Dur KV 502 eötvös „Da Capo” für Cimbalom und Ensemble Auftragswerk – Österr. EA Das festival „Dialoge“ begibt sich vom 2. bis 7. Dezember 2014 auf die spur des wortes: kann es tatsächlich der urgrund aller Dinge sein? Auch und gerade in der Musik? wo übersetzt sie das wort in klang? und wo bleibt sie ganz autonom, selbst wenn sie Text vertonen mag? 69 Seil: „wir habemus joués colle carte di Tarock. à sept heur siamo andati spatzieren in den horto aulico. faceva la plus pulchra tempestas von der Welt.“ Wie weit ist es da noch bis „∫pçΦfkc stθh“? Der Bass flüstert es, wird dabei aber plötzlich lauter und lauter. „fp tsçx ∫tvdz kx“ kontert die Sopranistin, „cjmᵊnᵚɲ“ murmelt der Alt vor sich hin: radikal sinnlose, aber mit gestischer Überzeugung vorgetragene Lautketten statt Worten machen Ligetis „Aventures“ und „Nouvelles Aventures“ zu kurios-fantastischen, auch szenisch prägnanten Hörabenteuern rund um die Schimäre der Kommunikation. Handverlesene Solisten und das Ensemble musikFabrik unter Maxime Pascal werden diese „erregt gestiku- Matthias Schulz, Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg, hat dieses Festival nun zum dritten Mal programmiert und spürt bei der diesjährigen Auflage der „Dialoge“ der Frage nach dem Verhältnis zwischen Musik und Wort nach, natürlich mit betont zeitgenössischen Vorzeichen – und zwar in der Gegenüberstellung von Werken György Ligetis, Peter Eötvös’ und eines gewissen „gnagflow Trazom“ oder „Romatz“. So kehrte nämlich Mozart in Briefen seinen Namen um, wirbelte die Buchstaben durcheinander und drehte sogar noch viel komplexere Pirouetten auf dem sprachspielerischen SUMMARY lierenden Psychodramen“ (Ulrich Dibelius) zum Bühnenleben erwecken. „Die Komik ist immer da“, erklärte der 2006 verstorbene, ungarisch-österreichische Komponist dazu. „Aber das Komische verschwindet allmählich und das Dunkle, das Schwarze wird stärker. Es gibt in den „Aventures“ mehrere Schichten des Komischen, des Ängstlichen, des sehr Aggressiven, des Sentimentalen und des Erotischen…“. Dass Ligetis innovativeigenständiges Schaffen insgesamt ähnlich reichhaltig ist und dennoch immer auf Verständigung zielt, davon kann man sich bei den „Dialogen“ überzeugen: Im Orchesterstück „Melodien“ lässt er wortlose Kantilenen kontinuierlich ineinander fließen, sein Whole operas have dealt exhaustively with this problem: prima la musica, poi le parole? Or conversely, does the text take priority, making the music subservient? Does the sound need the inspiration of the word? If so, can it ever detach itself completely from the word? – The 2014 Dialogues festival explores these questions, taking as the basis Mozart’s frequent pert but virtuosic word-play. Similar enjoyment of sense and nonsense inspired György Ligeti as he wrote the unintelligible, wordless yet highly expressive texts for his fantastic Aventures and Nouvelles Aventures. This versatile composer’s œuvre quite deservedly takes a central place in the programme. The power of the word as it becomes, or is fused with, music is also frequently manifest in the work of Peter Eötvös – as for instance in his Korrespondenz where, in a string quartet, he deals with selected passages from the correspondence between Mozart father and son. Eötvös is the third in the central Dialogues group of composers. The programme includes his da capo, based on Mozart fragments – commissioned by the Mozarteum Foundation. fr 05.12.2014 15.00 uhr Mozart Ton- und Filmsammlung Film All Clouds are Clocks 18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal Im Gespräch Peter Eötvös und Calder Quartet 19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal CALDER QUARTET, JOHANNA WOKALEK Mozart Quartett C-Dur KV 465 Ligeti Streichquartett Nr. 2 Mozart Briefe (Lesung) eötvös „Korrespondenz“ ab 21.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Lounge 22.00 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal Film 2001: Odyssee im Weltraum sA 06.12.2014 14.30 uhr Mozart-Wohnhaus, Autographentresor Mozart-fragmente und -briefe 16.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal 2 x hören Moderiertes Konzert GRAUSCHUMACHER PIANO DUO, MARTINA TAUBENBERGER eötvös „Kosmos“ 18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Einführungsgespräch mit Oliver Kraft 19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal PETER EÖTVÖS, PATRICIA KOPATCHINSKAJA, MIKLÓS PERÉNYI, MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG Ligeti „Melodien“ eötvös „DoReMi“ Ligeti Konzert für Violoncello und Orchester Mozart Adagio und Fuge c-Moll KV 546 ab 21.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Lounge BLINDTEXT Ganze Opern haben sich schon an dem Problem abgearbeitet: Prima la musica, poi le parole? Oder ist umgekehrt der Text wichtiger und muss sich die Musik unterordnen? Braucht der Klang die Inspiration durch das Wort? Und wenn ja, kann er sich jemals ganz von ihm lösen? – „Mein Bruder ist nicht sehr musikalisch. Er hat eine Vorliebe für Einzugsmärsche und betrachtet in der Oper die Komponisten als ‚Wortmörder‘“, spöttelt die Gräfin im Capriccio von Richard Strauss und Clemens Krauss – jenem selbstbezüglichen Stück Musiktheater, in welchem der Dichter über den Musiker entsetzt ausruft: „Schrecklich, ich fürchte, er komponiert mich… Er zerstört meine Verse… Mein schönes Gedicht mit Musik übergossen.“ Do 04.12.2014 11.00 uhr Mozart Ton- und Filmsammlung Film Aventures/Nouvelles Aventures 15.00 uhr Waagplatz 1a, Führung Georg Trakl 17.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Konzert und Georg Trakl-Preisverleihung CLAIRE ELIZABETH CRAIG, ERIC BYERS, FLORIAN BIRSAK, JOHANNA WOKALEK eötvös „Two poems to Polly“ Ligeti Continuum für Cembalo Mozart Lieder 18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal Einführungsgespräch mit Andreas Schett 19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal TANZ BODEN STÜCKE mit WORT ANSAGEN FRANUI MUSICBANDA, WOLFGANG MITTERER © Fred Eerdekens DIALOGE „WORT“ Walter Weidringer s0 07.12.2014 15.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Gesprächskonzert Peter Eötvös und Stefan Fricke Ligeti „Artikulation“ eötvös „Mese (Märchen/Tale/Conte)“ 18.00 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal PABLO HERAS-CASADO, KERSTIN AVEMO, IDA ALDRIAN, JULIEN BEHR, ANDRÈ SCHUEN, CAMERATA SALZBURG, SALZBURGER BACHCHOR eötvös „Herbsttag“ Ligeti „Lux aeterna“ Mozart Requiem d-Moll KV 626 Seite 69: Werke von fred eerdekens sind während der DIALOGE „Wort“ ausgestellt. Die skulpturalen Objekte des 1951 in Belgien geborenen Künstlers untersuchen das diffizile Zusammenspiel von Sprache, Material und Licht, das er mit unterschiedlichen Ansätzen der Verwendung von Zeichen als Bedeutungssystem in eine diskrete Poesie überführt. Re.: Peter eötvös ist Gast der DIALOGE 2014 und kommt mehrfach „zu Wort“: mit ausgewählten Werken, bei einem Atelier- und einem Publikumsgespräch sowie als Dirigent des Mozarteumorchesters Salzburg. VerTrAuTHeIT uND grosse gefüHLe Walter Weidringer 71 Nicht nur als Komponist, auch als Dirigent des Mozarteumorchesters tritt Ligetis 21 Jahre jüngerer und gleichfalls aus Siebenbürgen stammender Kollege Peter Eötvös hinzu. Einer der bedeutendsten Musikdramatiker der Gegenwart, betrachtet er auch seine Werke abseits der Oper als „Theatermusik“ und somit von starken semantischen Kräften geprägt. Das gilt umso mehr dann, wenn er Text vertont, etwa die tausend Jahre alten Gedichte einer Autorin am japanischen Kaiserhof: „Two poems to Polly“ sei ein „gesprochenes Lied über die Unannehmlichkeit der Unveränderlichkeit“, sagt Eötvös, „ein Dialog: Ein Mann erwartet seine verstorbene Geliebte aus dem Jenseits zurück. Und die Stimme aus dem Jenseits antwortet“: Burgschauspielerin Johanna Wokalek und Eric Byers am Violoncello lassen sich auf dieses intime Spiel ein. Eötvös hat aber das Wort auch als Klangmaterial verwendet: In „Mese (Märchen/Tale/Conte)“ benützt er 99 ungarische Volksmärchen, erzählt von einer Frauenstimme, und komprimiert sie auf zwölfeinhalb Minuten, überlagert, filtert, montiert sie nach musikalischen Gesichtspunkten als dreistimmigen Zeitproportionenkanon. Das Wort auf unterschiedliche © Sisi Burn Art in Klang übersetzen zwei andere seiner Werke: Im vom Calder Quartet erarbeiteten Stück „Korrespondenz“ werden Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Vater und Sohn Mozart über vermeintliche und echte Krisen des Jahres 1778 zu Musik. Von zwei Violinen begleitet und kommentiert, verkörpert das Violoncello Leopold sowie die Viola Wolfgang Amadé; gemeinsam rücken sie das in den Vordergrund, was zwischen den Zeilen steht. Das andere Werk ist ein Derivat von Eötvös’ Tschechow-Oper „Drei Schwestern“: Die exaltierte Natasha wird in der Bearbeitung des Solisten Marco Blaauw vom Spiel einer Doppelschalltrichtertrompete „verkörpert“, während Eötvös mit Cimbalom und Ensemble wortlosen Melodienotizen Mozarts in „Da Capo“ neue, moderne Gestalten abringt – ein Auftragswerk der Stiftung Mozarteum. Und sein 2. Violinkonzert findet in Patricia Kopatchinskaja eine fulminante Interpretin. Trazom/Romatz bildet dazu den klassischen Kontrapunkt – ob nun im Gedankenaustausch mit seinem Freund Joseph Haydn über die Möglichkeiten des Komponierens für Streichquartett anhand des „Disso- nanzenquartetts“ KV 465 oder in der bei Baron van Swieten angeeigneten Sprache des Barocks, wie er sie in Adagio und Fuge KV 546 anwendet. Völlig losgelöst von biographischen Einflüssen wirkt dagegen das Klaviertrio KV 502, ein bestürzend wonniges Stück, das entstand, als Mozarts drittes Kind wenige Wochen alt verstorben war. Darüber hinaus denkt die Musicbanda Franui mit Wolfgang Mitterer an Orgel, präpariertem Klavier und Elektronik bei „Tanz Boden Stücke mit Wort Ansagen“ Werke von Haydn, Mozart, Bartók, Ligeti oder Eötvös auf gewohnt respektlos-zünftige, gleichzeitig aber poetisch-kluge Weise weiter. Zum Abschluss heißt es mit Rainer Maria Rilke „Herr, es ist Zeit“: Eötvös’ „Herbsttag“, in dem er Rilkes Verse auf zwei unterschiedliche Arten deutet, die mikrotonal verschwimmenden, die Worte auflösenden Klangfarben von Ligetis „Lux aeterna“ und Mozarts unvollendet-unsterbliches Requiem lassen uns in der Interpretation durch die Camerata Salzburg, den Salzburger Bachchor und junge Solisten unter Pablo Heras-Casado vor der Macht der Musik verstummen. Mit einem festkonzert im großen saal wurde am 29. september 1914 das Mozarteum eingeweiht. „wir sind 100 Jahre später nach wie vor stolz darauf, mit diesem außergewöhnlichen konzertsaal und dem wiener saal so wunderbare Möglichkeiten für kammermusik bieten zu können. Jeder Ton, jede struktur, jede emotion wird hör- und erlebbar – es ist kein zufall, dass diese räume von den künstlern überaus geschätzt werden“, begeistert sich Matthias schulz, der das Programm der konzertsaison 2014/15 mit zentralen werken der kammermusik und großartigen Interpreten aufbereitet hat. „Im Kammerstil, in den vier Wänden, mit wenigen Instrumenten zeigt sich der Musiker am ersten“, war Robert Schumann überzeugt. „Ich habe die Menschen nie leiden können, die einer Menge ihr Gefühl u. ihr Herz zur Schau trugen; aber ich liebe die Menschen, die den wenigen Erwählten warm und innig ihre ganzen Gefühle nennen.“ Zu diesen Erwählten, denen Schumann seine Seele offenbart, darf sich auch das Salzburger Publikum zählen, wenn Werke des großen deutschen Romantikers einen der zentralen und größten jener vielfach sich überschneidenden Themenkreise bilden, aus denen Matthias Schulz das vielschichtig-beziehungsreiche Jahresprogramm der Stiftung Mozarteum Salzburg in der Saison 2014/15 zusammensetzt. Eindruck, dass Sie wie kein anderer heutzutage fähig dazu wären. Und ich bin überzeugt, dass Sie damit Erfolg hätten, auch finanziell.“ Doch zunächst schlug der junge verhinderte Virtuose Liszts Rat in den Wind und lenkte seine Inspiration zielgenau in andere Bahnen: Erst nach viel Klaviermusik, seinem Hochzeits- und Liederjahr 1840 sowie folgenden Orchesterwerken wandte Schumann sich der Kammermusik zu: Nach dem Studium der Wiener Klassik brachte er drei Streichquartette op. 41 zu Papier (laut eigener und auch Mendelssohns Einschätzung sein „bestes Werk der früheren Zeit“), in denen er nicht zuletzt Beethoven auf subtile Weise seine Reverenz erweist, sowie unter anderem auch das effektvolle Klavierquartett op. 47, dessen virtuoser Klavierpart auf die glänzenden pianistischen Dabei faszinierten Schumann, der sich Fähigkeiten seiner Frau Clara zugelängere Zeit nicht zwischen seinen schnitten ist. literarischen und musikalischen Begabungen entscheiden konnte, zu- In Salzburg übernimmt Elena Bashkinächst andere Genres. Er solle doch rova diese Rolle im Verein mit weiteauch einmal Kammermusik schrei- ren Gästen vom Jerusalem Chamber ben, machte den 29-Jährigen dann kein Music Festival, während die Trias von Geringerer als Franz Liszt aufmerk- Opus 41 auf das Mozarteum, das Konczsam, „Trios, Quintette oder Septette. und das Stadler Quartett aufgeteilt Sie verzeihen mir doch, dass ich auf ist: Vielfalt in der Einheit. Merkwürdig, diesem Punkt insistiere? Ich habe den dass Schumann in der Kammermusik von größeren zu kleineren Besetzungen fortschritt, etwa zu seinen drei beliebten Klaviertrios, die Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov an einem einzigen Abend geben. Dazu gesellen sich noch die beiden Sonaten und die Romanzen op. 94 für Klavier und Violine, Adagio und Allegro op. 70 („prächtig, frisch und leidenschaftlich“, fand Clara) sowie in einem Konzert, das sich ganz späterer Neuinterpretation barocken Kontrapunkts widmet, unter anderem Schumanns Studien für Pedalflügel op. 56 sowie seine Bearbeitungen Bach’scher Violinsonaten und -partiten: Zeugnisse für des Komponisten „Fugenpassion“. Unterdessen wird auch Schumann selbst neu interpretiert: in einer Hommage durch die schillernde Musicbanda Franui. „Ich dachte“, schrieb Schumann 1853 in seinem berühmten Aufsatz „Neue Bahnen“, „es würde und müsse… einmal plötzlich einer erscheinen, der den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre, einer, der uns die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern, wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion entspränge. Und er ist gekom- SAISONKONZERTE 2014/15 DIALOGE „WORT“ Cellokonzert endet mit einer berühmt gewordenen, virtuosen „Flüsterkadenz“ (hier von Miklós Perényi dargeboten), das Cembalowerk „Continuum“ schafft aus extrem rasch aufeinander folgenden Einzeltönen die verblüffende Illusion eines belebten Dauerklangs – und in „Artikulation“ entsteht aus zerteilten und neu zusammengeklebten Tonbändern ein imaginäres, weil rein elektronisch erzeugtes Gespräch. 72 Dessen herrlicher Kammermusik gilt ein weiterer Schwerpunkt der Saison, wobei gerade die erste der drei Violinsonaten, die von Leonidas Kavakos und Yuja Wang gedeutet werden, in schmerzlich-inniger Weise auf das Schicksal der Familie Schumann Bezug nimmt, während das traurige Horntrio den Tod von Brahms’ Mutter verarbeitet. „Es ist nicht schwer, zu komponieren, aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen“, merkte Brahms einmal an – und hat angeblich über zwanzig frühere Streichquartette vernichtet, bevor er das erste für würdig erachtete, veröffentlicht zu werden. SAISON KONZERTE 2014 / 15 STIFTUNG MOZARTEUM SALZBURG DI 07. 19.30 ● DI 14. 19.30 ● DO 23. 19.30 DO 30. 19.30 ● ● okTober 2014 Yuki Kasai, Herbert Lindsberger, Marco Testori, Florian Birsak Ilya Gringolts, Benjamin Schmid, Nicolas Altstaedt, Aleksandar Madžar CityScienceTalk: „Musik, die Kraft zum Glück“ Simon Keenlyside, Emanuel Ax DI 04. 19.30 ● DI 11. 19.30 DI 18. 19.30 ● DO 20. 19.30 ● NoVeMber 2014 Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras, Alexander Melnikov „The Mark of Zorro“, Dennis James Sebastian Bäverstam, Constantine Finehouse Joshua Bell, Alessio Bax ● DezeMber 2014 Musicbanda FRANUI, Wolfgang Mitterer DO 04. 19.30 DI 24. 19.30 DO 26. 19.30 ● ● ● februAr 2015 Steven Isserlis, Robert Levin Steven Isserlis, Robert Levin DI 03. 19.30 DO 12. 19.30 ● ● SO 22. 11.00 DI 24. 19.30 ● SO 12. DO 16. DI 21. DI 28. 11.00 19.30 19.30 19.30 ● DI 05. 19.30 SO 10. 11.00 ● DI 12. 19.30 DI 19. 19.30 ● SO 07. 11.00 DI 09. 19.30 DI 16. 19.30 ● ● ● ● ● ● ● ● ● März 2015 Tai Murray, Silke Avenhaus Anna Samuil, Mihaela Martin, Amihai Grosz, Frans Helmerson, Elena Bashkirova Baole Quintett Andrej Bielow, Adrian Brendel, Kit Armstrong APrIL 2015 Koncz-Quartett Leonidas Kavakos, Yuja Wang Stadler Quartett „The Lost World“, Dennis James MAI 2015 Hyperion Ensemble Sarah Willis, Kotowa Machida, Cordelia Höfer Musicbanda FRANUI Claire Huangci Dieses leidenschaftliche Opus 51/1 steht beim Koncz-Quartett auf dem Programm, während das Hyperion Ensemble das Streichsextett op. 36 mit dem berühmten, weil ganz unscheinbaren, aber enorm sich entwickelnden Beginn interpretiert: „Das Thema“, schrieb Clara Schumann dem engen Freund, „könnte Dir wohl gestohlen werden, aber was finge einer damit an, der es nicht versteht wie Du, es so aufs reizendste und geistvollste mit Motiven zu umkleiden, die immer darum herumspielen und sich ineinander schlingen wie eine Kette lieblicher Gedanken.“ In seiner Cellosonate op. 38 hingegen knüpft Brahms auf originelle Weise an die bahnbrechenden Cellowerke Beethovens an, der gleichfalls gewichtig zu Wort kommt. Steven Isserlis JuNI 2015 Philharmonisches Ensemble – Wien Cameron Carpenter Mozarteum Quartett und Robert Levin musizieren sämtliche seiner Kompositionen für Violoncello und Klavier, also neben den großen Sonaten auch die reizenden Variationswerke über Themen von Händel und Mozart sowie die Cellofassung der Hornsonate op. 17 – ein wahrlich sonorer Doppelabend. Ihn ergänzen das „Komplimentierquartett“ (Koncz-Quartett), das a-Moll-Streichquartett (Tetzlaff Quartett) sowie unter anderem zwei Klaviertrios, wobei auch Freunde vom Kammermusikfest Lockenhaus erwartet werden. Darüber hinaus fehlen weder Mozart noch Haydn, ist Franz Schubert nicht bloß mit der „Winterreise“ vertreten, auf die sich Simon Keenlyside und Emanuel Ax begeben, sondern nicht zuletzt mit dem dramatischen c-Moll- Quartettsatz, kommen Clara Schumann als Komponistin und Felix Mendelssohn ebenso zu Wort wie Kollegen aus späteren Zeiten: Joshua Bell und Alessio Bax spielen Grieg und Prokofjew, das Baole Quintett präsentiert (nicht nur) Augenzwinkerndes von György Ligeti, Luciano Berio und Jean Françaix, Werke von Erich Wolfgang Korngold, György Kurtág und Jörg Widmann beleuchten weitere Facetten des 20. und 21. Jahrhunderts. Und wenn Anna Samuil die bekenntnishafte Romanzen-Suite von Dmitri Schostakowitsch nach den symbolistisch-schmerzlichen Worten von Aleksandr Blok singt, dann offenbart auch dieser Komponist darin, wie Robert Schumann formuliert hat, „wenigen Erwählten warm und innig“ seine ganzen Gefühle. SUMMARY ● ● ● ● ● Kammermusik im Großen Saal der Stiftung Mozarteum Kammerzyklus Wien – Berlin im Wiener Saal Kammermusik im Wiener Saal Orgel Plus im Großen Saal Orgel & Film im Großen Saal “In chamber music style, within four walls and with only few instruments – this is where the true musician shows.” Thus Robert Schumann: works by the great German Romantic are a focus of the Mozarteum Foundation’s multi-faceted, richly evocative 2014/15 programme. Besides Schumann’s complete trios, string quartets, piano quartet and interesting rarities, there are also several works by Johannes Brahms: the violin sonatas, horn trio, first string quartet and the G major string sextet. The third main composer is Ludwig van Beethoven, represented by his complete works for cello and piano, one early and one late string quartet, and two piano trios. Mozart and Haydn also feature, as do Schubert (not only with the Winterreise), Clara Schumann and Felix Mendelssohn. They are joined by colleagues from later periods, such as Grieg, Prokofiev, Korngold, Ligeti, Kurtág, Berio and Françaix, right up to Jörg Widmann – and distinguished performers reveal (as Schumann once put it) “their whole feelings, warmly and intimately, to a select few”. SAISONKONZERTE 2014/15 ● sePTeMber 2014 Tetzlaff Quartett Festkonzert „100 Jahre Mozarteum“ © Christian Schneider ● © Isabelle Menin DI 23. 19.30 SA 27. 19.30 Isabelle faust ist in den nächsten Monaten zwei Mal im Großen Saal der Stiftung Mozarteum zu erleben: In unserer Konzertsaison führt sie am 4. November alle drei Schumann-Klaviertrios mit JeanGuihen Queyras und Alexander Melnikov auf. Am 29. Jänner 2015 wird sie dann im Rahmen der Mozartwoche mit Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini alle fünf Violinkonzerte Mozarts spielen. © Felix Broede men, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazie und Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms.“ 74 © Priska Ketterer gLückLIcH VereINT: DAuerLeIHgAbe „NANNerL“ Ein Schweizer Privatsammler übergab der Stiftung Mozarteum Salzburg ein seltenes musikalisches Schriftzeugnis von Mozarts Schwester Maria Anna („Nannerl“). Ulrich Leisinger den Händen des Offenbacher Musikverlegers Johann Anton André, der beabsichtigte, die noch unbekannten Werke Stück für Stück in seinem Musikverlag zu publizieren. Der englische Violinist und Konzertveranstalter John Ella (1802-1888) hatte ein besonderes Faible für Mozart, das wahrscheinlich durch seinen Lehrer Thomas Attwood, DAUERLEIHGABE „NANNERL“ SUMMARY 75 Permanent loan Nannerl Myth has it that in the Mozart family all the attention was focused on Wolfgang, preventing his sister Nannerl from developing her talent. An exceptional acquisition by the Mozarteum Foundation goes some way towards disproving this; a private Swiss collector purchased a manuscript sketch, and has placed it with the Foundation on permanent loan. It consists of studies in basso continuo and improvisation; the awkward script, indicating a child’s hand, dates the piece from the composer’s early days. Along with the manuscript of an incomplete fugato symphony movement in D major (K 291), which seems like a study for the finale of the Jupiter, it comes from the estate of the English violinist and concert organiser John Ella (1802-1888), who purchased these two Mozart manuscripts on a trip to Vienna in 1845. Ella’s collection went to the Royal College of Organists, which ultimately had it auctioned at Sotheby’s. In December 2010, the Salzburg Mozarteum Foundation purchased the fugato, a copy in Mozart’s handwriting of a work by Johann Michael Haydn. Regretfully, outbid by a dealer, the Foundation had to let the other manuscript go. A happy coincidence has now brought the two manuscripts together again. Progress made during work on the New Mozart Edition, in differentiating between the handwriting of the various members of the Mozart family and the manuscript paper they used, has shown clearly that the manuscript supposedly by the young Mozart in fact dates from the mid-1770s, and only a few notes on the verso are in Wolfgang’s hand. The cadenza-like improvisation studies, on the other hand, were written by his sister Maria Anna (“Nannerl”). This manuscript is one of the few written musical testimonies from Mozart’s sister. der um 1785 vom Meister persönlich Kompositionsunterricht erhalten hatte, initiiert worden war. Auf einer Reise nach Wien im Jahr 1845 konnte er auf Vermittlung von Aloys Fuchs, dem seinerzeit besten Kenner von Mozarts Handschrift, gleich zwei Mozart-Autographe, oder besser Bruchstücke von Mozart-Autographen, erwerben: Einen unvollendeten fugierten Symphoniesatz in D KV 291, der wie eine Studie zum Finale der Jupiter-Symphonie wirkt, und ein Manuskript mit Studien im Generalbass und in der Improvisation, das mit seinen ungelenken Schriftzügen eindeutig aus der Kinderzeit des Komponisten zu stammen schien. Stolz klebte Ella das Blättchen auf einen Karton, fügte ein Bildchen hinzu, das Mozart als Neunjährigen am Klavier während seines Aufenthaltes in London zeigt, und versah dieses Stillleben mit einigen Bemerkungen zu Mozart als Wunderkind. Ellas Nachlass gelangte an das Royal College of Organists, das die Sammlung lange verwahrte und offenbar auch das Mozart-Blatt über Jahrzehnte unter Glas gerahmt aushängte. Schließlich ließ die Musikschule, um Geld für ihre Kernaufgaben zu lukrieren, die Autographen der Sammlung Ella bei Sotheby’s versteigern. Auf diese Weise konnte die Stiftung Mozarteum am 1. Dezember 2010 um 121.250 Pfund das Fugato erwerben, von dem man inzwischen wusste, dass es sich gar nicht um eine Eigenkomposition Mozarts handelte, sondern um eine Partiturkopie von seiner Hand eines Werkes des Salzburger Haydn, Johann Michael. Schweren Herzens musste die Stiftung Mozarteum bei dieser Gelegenheit das andere Blatt, das von einem Autographenhändler ersteigert wurde, ziehen lassen. Ein glücklicher Zufall hat die beiden Handschriften inzwischen wieder zusammengeführt: Ein Schweizer Privatsammler hat das Studien-Blatt erworben und der Stiftung Mozarteum Salzburg als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die Fortschritte in der Unterscheidung der Handschriften der einzelnen Mitglieder der Mozart-Familie und der von ihnen verwendeten Noten- Nicht nur beim Klavierspiel wie auf dem Familienbild von 1780, auch in anderen musikalischen Fragen bildeten die Geschwister Mozart ein Team. © Stiftung Mozarteum Salzburg (2) Obwohl Wolfgang Amadé Mozart im Laufe seines kurzen Lebens mehr als 20.000 Seiten mit Noten beschrieben hat, gehörten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Mozart-Handschriften zu den Raritäten, um die sich die Autographensammler rissen. Der größte Teil der Mozart-Autographe befand sich nämlich seit der Jahrhundertwende in papiere im Rahmen der Neuen MozartAusgabe haben – schon vor der Sotheby’s-Auktion – deutlich gemacht, dass das angebliche Blatt aus Mozarts Jugendzeit erst in der Mitte der 1770erJahre entstanden ist und tatsächlich nur auf der Rückseite einige wenige Noten von Wolfgangs Hand enthält, und zwar die Schlusstakte einer Kadenz zu einem bislang nicht sicher identifizierten fremden Klavierkonzert in F-Dur, das in der Mozart-Familie gespielt wurde. Die kadenzartigen Improvisationsübungen stammen hingegen von anderer Hand – der seiner Schwester Maria Anna, genannt „Nannerl“. Dabei werden nicht nur einfache Tonarten wie e-Moll oder d-Moll angesteuert; selbst fis-Moll bleibt hier nicht ausgespart. Das Blatt gehört zu den wenigen musikalischen Schriftzeugnissen von Mozarts Schwester, und die Vereinigung der Handschriften der beiden Geschwister auf Vorder- und Rückseite eines Notenblatts zeigt deutlich, dass sie bis zum Ende von Wolfgangs Salzburger Zeit ganz selbstverständlich in musikalischen Fragen zusammenwirkten. Der Mythos, dass in der Mozart-Familie alle Aufmerksamkeit Wolfgang galt und Nannerl hierdurch an der Entfaltung ihres Talents gehindert wurde, ist durch diese Handschrift um eine Facette ärmer, der Autographentresor der Stiftung Mozarteum Salzburg hingegen um ein außergewöhnliches Stück reicher. DAUERLEIHGABE „NANNERL“ Ein rares Original: Kein Jugendwerk von Wolfgang Amadé Mozart, wie man lange glaubte, sondern Kompositions- und Improvisationsstudien von der Hand seiner Schwester. 76 HALbzeIT IN kubA „Wir können von den Kubanern mehr lernen als sie von uns.“ Die ferne erzeugt bilder im kopf. bilder wie jenes eines vielleicht neun Jahre alten kubanischen buben, der sich eine Mozart-klaviersonate anhört und einfach nicht stillhalten kann. unablässig trommelt er auf dem Tisch herum, imitiert den Pianisten. Die begeisterung steht ihm ins gesicht geschrieben. „einmal pro woche gehen schulklassen in die Mediathek. Da sitzen kinder und hören vergleichend Mozart-klaviersonaten in verschiedenen Interpretationen“, berichtet Matthias schulz, geschäftsführer und künstlerischer Leiter der stiftung Mozarteum salzburg, von seinem letzten Aufenthalt in Havanna. Florian Oberhummer © Eric Dahan Lyceum Mozartiano mit großer Freu- deten das Programm des Konzerts zum de persönlich übergeben. Abschluss dieses Meisterkurses. Im Moment ist Halbzeit. Zeit, Bilanz zu ziehen. „Dass das Lyceum Mozartiano sich in so kurzer Zeit derart entwickeln konnte und zu einer sichtbaren kulturellen Einrichtung in Havanna geworden ist, das hätte ich so nicht für möglich gehalten“, sagt Schulz. Die Kubaner würden das Lyceum mittlerweile als sinnvolle Ergänzung der Musikausbildungs-Einrichtungen im Land sehen. In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche Workshops und Konzerte, Künstler von Weltrang wie Geiger Renaud Capuçon, Bratschist Gérard Caussé oder Dirigent Thomas Hengelbrock haben heuer ihre Spuren in Havanna hinterlassen. Die Begeisterung der Kubaner überträgt sich dabei unmittelbar auf die europäischen Gäste. „Ich bin als Dirigent gekommen und als Freund gegangen“, meinte Hengelbrock, nachdem er mit kubanischen Studenten eine Woche lang gearbeitet hatte. Beethovens „Eroica“, eine Uraufführung von Simon Wills und natürlich kubanische Musik bil- „Wir können von den Kubanern mehr lernen als sie von uns“, bestätigt Matthias Schulz. Umgekehrt versuchen die europäischen Projektinitiatoren, den Kubanern hiesiges Management-Knowhow und Planungssicherheit zu vermitteln: „Dass man etwa Künstler im Vorfeld auf fixe Programme festlegt, ist in Kuba schwierig. Man fragt auch nicht die Musiker direkt an, sondern die Musik-Institutionen, die diese Musiker beschäftigen.“ Dennoch konstatiert Schulz eine „deutliche Öffnung“ im sozialistischen Karibikstaat. Ein neues Investitionsgesetz etwa forciert ausländische Investitionen. „Kubas Führung hat erkannt, welche Möglichkeiten internationale Kooperationen bieten – auch für die Entwicklung des Wohlstands im Land.“ Dazu kommt die Reisefreiheit: Seit rund einem Jahr können Kubaner, wenn sie das Geld dazu haben, uneingeschränkt reisen. Natürlich prallen im Verlauf einer Entwicklung wie jener MOZART EN LA HABANA Die im Oktober 2013 eröffnete Mediathek ist Teil des Projekts, das die Stiftung Mozarteum Salzburg mithilfe der EU in der kubanischen Metropole initiiert hat. Ziel ist der Aufbau des Lyceum Mozartiano, das freilich nicht nur eine Mediathek – übrigens die größte für klassische Musik in Lateinamerika – beinhaltet. „Es geht darum, die klassisch-europäische Musik in Havanna wieder neu zu verankern“, betont Schulz. Konkret bedeutet das: Seit 2012 wird im Herzen der Altstadt Havannas am Aufbau einer Orchesterschule und eines Konzertveranstalters gearbeitet – „einer Stiftung im Kleinen“, wie Schulz ergänzt. Initiiert wurde das Projekt vom Präsidenten der Stiftung Mozarteum Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg, der das Projekt tatkräftig begleitet. So finanzierte er zum Beispiel einen Bus, indem er anlässlich seines runden Geburtstages vor zwei Jahren seinen Gratulanten nahelegte, von Geschenken abzusehen und stattdessen für diesen unabdingbar wichtigen Mobilitätsfaktor der Orchestermitglieder zu spenden. Im Dezember 2013 konnte er den Bus dem 78 © Stiftung Mozarteum Salzburg (3) 88 Stufen führen auf den den Aróstegui-Hügel („Universitäts-Hügel“); von hier aus bietet sich ein stimmungsvoller Blick auf Havanna. Ein 19-sitziger Bus, den der Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg organisierte, gewährleistet nun die Mobilität der Musiker und ihrer Instrumente. Re.: Im Oktober 2013 wurde die Mediathek im Zerntrum Havannas eröffnet – sie soll Partituren und Musikbücher ohne Einschränkung verfügbar machen. Für die nötige „Software“ in Gestalt von Professoren wiederum sorgt unter anderem die Universität Mozarteum als Partner des Projekts. Zum Abschluss eines Workshops im Februar 2014, den er gemeinsam mit Gérard Caussé am Lyceum Mozartiano gab, leitete Renaud Capuçon ein Konzert im Oratorio de San Felipe Neri. 79 Since 2012 the Salzburg Mozarteum Foundation has been working, as part of an EU project, on building the Lyceum Mozartiano in Cuba, a combination of orchestra school and concert organisation. In October 2013 Latin America’s largest mediatheque was opened – a further step towards establishing classical European music in Havana, declares Matthias Schulz, General Manager and Artistic Director of the Salzburg Mozarteum Foundation. Half-way through the project, he observes that the Cubans already recognise the Lyceum Mozartiano as complementing their own musical training facilities. Musicians including Renaud Capuçon or Gérard Caussé and music managers from Europe and the USA have already held workshops there. Thomas Hengelbrock, for instance, shared the Cubans’ enthusiasm: „I came as a conductor and left as a friend“, he said. Last year, the first container ship arrived in Havana, bringing computers and other equipment, and this autumn another load will set off. The completion of the project will be marked with a Cuban Mozart festival in October 2015 – a co-operation between Cuban musicians and international stars of classical music. A further project is planned for working with children and young people. MOZART EN LA HABANA SUMMARY BLINDTEXT Das bringt wieder ein Bild ins Spiel. Ein Container wird im deutschen Bremerhaven auf die Reise über den Atlantik geschickt und zwei Monate später wohlbehalten an die Küste Havannas gespült. Computer, Drucker, Server transportierte der erste Container im Sommer 2013, und allerlei weiteres Equipment für die Mediathek. „Ein weiterer wird im Herbst folgen“, sagt Schulz. Der Container steht symbolhaft für die Bemühungen der Salzburger Projektinitiatoren, die sich in einer unterstützenden Rolle sehen. Auch die Workshops mit Künstlern und Musikmanagern werden 2015 fortgesetzt. Schließlich gilt es gerade im Musikmanagement-Bereich, die bislang erworbenen „Basics“ zu erweitern. Dafür sorgen Fachleute wie Louwrens Langevoort, Intendant der Philharmonie Köln, der dann bereits zum zweiten Mal Einblicke in Projekt- len soll. Auch ein Folgeprojekt wünscht Management, künstlerische Planung, sich Matthias Schulz, der bereits in Finanzierung oder Marketing gibt. Verhandlungen mit Brüssel steht: Kontinuierliche Jugendarbeit, vergleichDen Abschluss des dreijährigen Pro- bar mit dem Kinder- und Jugendprojekts bildet ein voraussichtlich zehn- gramm „KlangKarton“ der Stiftung Motägiges Mozart-Fest im Oktober 2015, zarteum Salzburg, wäre sinnvoll. „Es das erste Festival dieser Art in Ha- geht um ein zukünftiges Publikum“, vanna. „Weniger einen Schlusspunkt meint Schulz – und erhofft sich eine als einen Anfangspunkt“ sieht Schulz „Öffnung der Konzertsäle für Kinder“. in diesem Festreigen, der ein Mitein- Im Kopf taucht wieder das Bild dieses ander der prominenten Wegbegleiter kleinen kubanischen Jungen auf, der des Projekts mit kubanischen Künst- Mozarts Musik im Ohr und Begeistelern und Institutionen vor Ort darstel- rung im Herzen hat. © Eric Dahan © Wolfgang Lienbacher MOZART EN LA HABANA des Lyceum Mozartiano auch Welten aufeinander. Wenn etwa Mark Gillespie, Leiter des „Youth Orchestra of the Americas“, über die gesellschaftliche Relevanz von Orchesterarbeit und die Voraussetzungen für die bestmögliche Entfaltung von Kreativität doziert und die Verantwortlichen aus Havanna entgegnen: „Wir haben nicht einmal einen ordentlichen Nachschub an Violin-Saiten“. 80 DAVIDe PeNITeNTe Besetzung und Programm siehe #01 einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge SINFONIEORCHESTER DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM DIRIGENT AINARS RUBIKIS, PREISTRÄGER DES AUSWAHLSPIELS DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM schubert „Rosamunden-Ouvertüre“ D 644 elliott carter „Dialogues II“ „Two Controversies and a Conversation“ Mozart Symphonie D-Dur KV 385 „Haffner“ oper konzertant FRANZ SCHUBERT ALFONSO UND ESTRELLA D 732 19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #13 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #14 Mozart Sonaten A-Dur KV 331, F-Dur KV 533, c-Moll KV 457, B-Dur KV 333 FESTAKT ZU MOZARTS 259. GEBURTSTAG 19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #22 15.00 Mozarts Geburtshaus #15 IL GIARDINO ARMONICO, GIOVANNI ANTONINI DIRIGENT ISABELLE FAUST VIOLINE 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Fazil Say: Alla Turca 22.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal #23 19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #16 Nach(t)konzert DIMITRI NAIDITCH TRIO „Mozart on Jazz“ schubert Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589 Mozart Arien für Sopran und Orchester „Vado, ma dove? oh Dei!“ KV 583, „Alma grande e nobil core“ KV 578, Aus „Le nozze di Figaro“ KV 492: „Porgi amor qualche ristoro“, „E Susanna non vien!“ – „Dove sono i bei momenti“, Symphonie C-Dur KV 551 „Jupiter“ einführungsvortrag 18.30 Uhr, Schüttkasten 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #31 CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE, PIERRE-LAURENT AIMARD LEITUNG UND KLAVIER elliott carter „Instances“ Mozart Klavierkonzert B-Dur KV 595 elliott carter „Epigrams“ Mozart Klavierkonzert D-Dur KV 537 „Krönungskonzert“ 15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #32 FR 30.01 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #24 MITSUKO UCHIDA KLAVIER, VERONIKA EBERLE VIOLINE MARIE-ELISABETH HECKER VIOLONCELLO Mozart Adagio h-Moll für Klavier KV 540, Trio E-Dur für Klavier, Violine und Violoncello KV 542 schubert Trio BDur für Klavier, Violine und Violoncello op. post. 99 – D 898 15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #25 HAGEN QUARTETT INforMATIoNeN uND besTeLLuNgeN Kartenbüro der Stiftung Mozarteum Salzburg, Mozart-Wohnhaus, Theatergasse 2, 5020 Salzburg, Austria T +43-662-87 31 54, F +43-662-87 44 54, tickets@mozarteum.at, www.mozarteum.at WIENER PHILHARMONIKER, DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK DIANA DAMRAU SOPRAN 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Mozart & Hagen Quartett 14.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Round Table II mit Alfred brendel u. a. Mozart Klavierkonzert A-Dur KV 488, Violinkonzert A-Dur KV 219 schubert Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944 einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal 19.30 Großes Festspielhaus #30 SO 01.02 DI 27.01 SA 24.01 KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER Mozart Violinkonzerte G-Dur KV 216, B-Dur KV 207, D-Dur KV 218, D-Dur KV 211, A-Dur KV 219 einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal Mozart Symphonie A-Dur KV 201 schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 Mozart Symphonie g-Moll KV 550 künstlergespräch 18.30 Uhr, Fördererlounge Marc Minkowski und Matthias schulz 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Mozart in Salzburg 15.00 Große Universitätsaula #21 Mozart Sonate F-Dur KV 377, Fantasie c-Moll KV 475, Sechs Variationen g-Moll KV 360, Sonate G-Dur KV 379 IN MEMORIAM LORIN MAAZEL WIENER PHILHARMONIKER, DIRIGENT N.N. Lieder von Mozart und franz schubert Mozart Duo B-Dur für Violine und Viola KV 424, Zwölf Duos für zwei Hörner KV 487 (Auswahl) elliott carter Quintett für Klavier und Bläser, „Au Quai“, „Duettino“, „Inner Song“, „Duettone“, „Retracing II“, „Enchanted Preludes“ Mozart Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott KV 452 schubert Symphonie Nr. 3 D-Dur D 200 Mozart Klavierkonzert G-Dur KV 453, Symphonie C-Dur KV 425 LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE, MARC MINKOWSKI DIRIGENT, THIBAULT NOALLY MOZARTS VIOLINE FRANCESCO CORTI MOZARTS HAMMERKLAVIER CHRISTIANE KARG SOPRAN, FLORIAN BIRSAK HAMMERKLAVIER PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER, MITGLIEDER DES CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE HAGEN QUARTETT 19.30 Großes Festspielhaus #07 schubert Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125 elliott carter „Flute Concerto“, „What Are Years“ Mozart Symphonie Es-Dur KV 543 künstlergespräch 10.00 Uhr, Wiener Saal Pierre-Laurent Aimard und emmanuel Pahud 15.00 Mozart-Wohnhaus, Tanzmeistersaal #29 MIDORI SEILER MOZARTS VIOLINE, JOS VAN IMMERSEEL HAMMERKLAVIER 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM „Don Giovanni“ KV 527 CAMERATA SALZBURG, DIRIGENT PABLO HERAS-CASADO EMMANUEL PAHUD FLÖTE, KERSTIN AVEMO SOPRAN Mozart Quartett F-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello KV 590, Quintett A-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello KV 581 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #20 15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #06 Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello B-Dur KV 458, A-Dur KV 464, C-Dur KV 465 DAVIDe PeNITeNTe Besetzung und Programm siehe #01 einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge HAGEN QUARTETT, SABINE MEYER KLARINETTE CAMERATA SALZBURG, DIRIGENT JURAJ VALCUHA PIOTR ANDERSZEWSKI KLAVIER MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG, SALZBURGER BACHCHOR DIRIGENT ANTONELLO MANACORDA, MIT ALEKSANDRA KURZAK, TOBY SPENCE, MARKUS WERBA, MICHAEL NAGY, ALASTAIR MILES, BENJAMIN HULETT einführungsvortrag 18.00 Uhr, Fördererlounge 19.30 Felsenreitschule #26 15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #28 schubert Symphonie Nr. 1 D-Dur D 82, Sonate a-Moll D 821 (Bearbeitung) Mozart Symphonie Es-Dur KV 16 elliott carter Symphonie Nr. 1 künstlergespräch 18.30 Uhr, Fördererlounge Andrés orozco-estrada und christoph koncz DO 29.01 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Festkonzert zum 250. Geburtstag Mozarts Ludwig van beethoven Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 schubert Symphonie Nr. 5 B-Dur D 485 Mozart Klavierkonzert Es-Dur KV 482 WIENER PHILHARMONIKER, ANDRÉS OROZCO-ESTRADA DIRIGENT GAUTIER CAPUÇON VIOLONCELLO 15.00 Große Universitätsaula #12 19.00 Haus für Mozart #04 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #27 19.30 Großes Festspielhaus #19 Mozart Sonaten F-Dur KV 280, C-Dur KV 330, D-Dur KV 576 schubert Vier Impromptus op. post. 142 – D 935 Mozart Sonaten D-Dur KV 576, C-Dur KV 330, B-Dur KV 570, Es-Dur KV 282 CAPPELLA ANDREA BARCA, ANDRÁS SCHIFF 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Bartabas: Voyage aux Indes galantes MITSUKO UCHIDA KLAVIER Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello G-Dur KV 387, d-Moll KV 421, Es-Dur KV 428 einführungsvortrag 14.00 Uhr, Wiener Saal 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #05 Mozart Sonaten C-Dur KV 545, B-Dur KV 281, F-Dur KV 280, D-Dur KV 284, a-Moll KV 310 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #11 KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Alfonso und Estrella Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello D-Dur KV 499, D-Dur KV 575, B-Dur KV 589 MOZART KINDERORCHESTER, SUPERAR CHOR, MARC MINKOWSKI DIRIGENT, CHRISTOPH KONCZ DIRIGENT UND LEITUNG SUNNYI MELLES MODERATION Mozart Intrada aus „Bastien und Bastienne“ KV 50 elliott carter „Sound Fields“ schubert Aus „Deutsche Messe“ D 872 Mozart Kantaten „Dir, Seele des Weltalls“ KV 429, „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt“ KV 619, Symphonie C-Dur KV 73 19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #33 INSULA ORCHESTRA, CHŒUR DE CHAMBRE ACCENTUS DIRIGENTIN LAURENCE EQUILBEY JULIE FUCHS SOPRAN, MARIANNE CREBASSA MEZZOSOPRAN BENJAMIN HULETT TENOR, JOHANNES WEISSER BASS schubert Symphonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“ Mozart Missa C-Dur KV 317 „Krönungs-Messe“ einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal KALENDARIUM MOZARTWOCHE 2015 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #02 Lieder von Mozart und franz schubert FAZIL SAY KLAVIER 19.30 Felsenreitschule #10 MO 26.01 FR 23.01 15.00 Mozart-Wohnhaus FILM Elliott Carter – „A Labyrinth of Time“ CHRISTINE SCHÄFER SOPRAN, DANIEL SEPEC VIOLINE ERIC SCHNEIDER KLAVIER 15.00 Große Universitätsaula #18 Mozart Sonaten C-Dur KV 309, G-Dur KV 283, F-Dur KV 332, C-Dur KV 279, D-Dur KV 311 HAGEN QUARTETT KALENDARIUM MOZARTWOCHE 2015 FAZIL SAY KLAVIER 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #17 SA 31.01 15.00 Große Universitätsaula #09 Mozart Adagio und Fuge c-Moll KV 546, Maurerische Trauermusik KV 477, Davide penitente KV 469 einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge 15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #03 81 CAPPELLA ANDREA BARCA, ANDRÁS SCHIFF Programm siehe #05 FR 30.01 DAVIDe PeNITeNTe BARTABAS REGIE UND CHOREOGRAPHIE, PFERDE UND REITER DER ACADÉMIE ÉQUESTRE DE VERSAILLES, MARC MINKOWSKI DIRIGENT, LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE, SALZBURGER BACHCHOR, MIT CHRISTIANE KARG, MARIANNE CREBASSA, STANISLAS DE BARBEYRAC 11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #08 MI 28.01 19.30 Felsenreitschule #01 SO 25.01 DO 22.01 14.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Round Table I mit bartabas u. a. 82 100 JAHRE MOZARTEUM 100 Years Mozarteum Präsidium der Stiftung Mozarteum Salzburg: Johannes Honsig-erlenburg Präsident, Johannes graf von Moÿ und friedrich urban Vizepräsidenten, Thomas bodmer, reinhart von gutzeit. Stellvertretend für das Kuratorium: erich Marx Vorsitzender, christoph Andexlinger Stv. Vorsitzender. Programm Mozartwoche 2015 Marc Minkowski Künstlerischer Leiter Mozartwoche Matthias schulz Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg Das »Mozarteum« wurde 1914 erbaut und ist Sitz der Stiftung Mozarteum Salzburg. Es beherbergt mit der Bibliotheca Mozartiana die weltweit größte Spezialbibliothek zu Mozart sowie zwei fantastische Konzertsäle. Der Große Saal ist einer der schönsten Veranstaltungsorte Europas und bietet mit seiner einzigartigen Akustik eine ideale Spielstätte für Kammermusik oder Orchesterkonzerte während des ganzen Jahres. Wir feiern das 100-jährige Bestehen mit einem Tag der offenen Tür und einem Festkonzert im September 2014. The Mozarteum was built in 1914 and is the main office of the Salzburg Mozarteum Foundation. It houses the Bibliotheca Mozartiana, the world’s most extensive library focusing on Mozart, as well as two fantastic concert halls. The Great Hall (Großer Saal) is one of the most beautiful venues in Europe, its excellent acoustics ensure outstanding chamber music or orchestral concert performances throughout the year. We celebrate our 100th anniversary with an open day and a gala concert in September 2014. Termin-, Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Redaktionsschluss: 26. Juli 2014. Impressum Medieninhaber u. Verleger: Stiftung Mozarteum Salzburg, Schwarzstr. 26, A 5020 Salzburg, T. +43 662 88940 www.mozarteum.at gesamtverantwortung Matthias Schulz, Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter; Referentin: Kaja Wiedamann. redaktion Angelika Worseg. Mitarbeit konzertplanung Petra Hinterholzer-Leinhofer. Layout, grafik Angelika Worseg; Mitarbeit: Danja Katzer; Titelgestaltung: Matthias Horngacher; CI: Linie 3 (www.linie3.com). fotos, wenn nicht anders angegeben: Agenturen oder Künstler. englische übersetzungen Gail Schamberger. Inserate Paul Dürnberger. Druck Roser. IMPRESSUM www.mozarteum.at 83 www.facebook.com/StiftungMozarteum Konzerte Wissenschaft Museen Autoren dieser Ausgabe: Manuel Brug, Janis El-Bira, Markus Hennerfeind, Harald Hodeige, Hedwig Kainberger, Ulrich Leisinger, Rainer Lepuschitz, Florian Oberhummer, Teresa Pieschacón Raphael, Ernst Strobl, Walter Weidringer. Mitarbeit Korrektorat: Geneviève Geffray, Johanna Senigl. MITGLIED FÖRDERER STIFTER MEMBER PATRON FOUNDER MozArT eN LA HAbANA Seit mehr als 120 Jahren widmet sich die Stiftung Mozarteum Salzburg der Person und dem Werk Wolfgang Amadé Mozarts. Mit Aktivitäten in den drei Kernbereichen – Konzerte, Wissenschaft, Museen – baut sie die Brücke zwischen Tradition und zeitgenössischer Kultur und eröffnet wechselnde Perspektiven sowie neue Denkanstöße in der Auseinandersetzung mit dem Komponisten. Die Stiftung Mozarteum Salzburg ist ein Verein, der sich aus Ordentlichen Mitgliedern, Förderern, Stiftern, Ehrenmitgliedern und den Mitgliedern der Akademie für Mozart-Forschung zusammensetzt. Wenn Sie die Arbeit der Stiftung Mozarteum Salzburg unterstützen möchten, am aktiven und ideellen Kontakt interessiert sind, laden wir Sie zur Mitgliedschaft ein als MITgLIeD (€ 50,– p.a.), förDerer (€ 500,– p.a.), sTIfTer (€ 30.000,– einmalig). The Salzburg Mozarteum Foundation was founded in 1880; since then, it has made a study of Wolfgang Amadé Mozart’s life and work. Today, with initiatives in three main fields – concerts, research and museums – the Salzburg Mozarteum Foundation forges links between maintaining tradition and promoting contemporary culture. The aim is to open up changing perspectives and new ideas in the study of the composer. The Salzburg Mozarteum Foundation is an association that comprises ordinary members, patrons, founders, honorary members and the members of the Central Institute for Mozart Research. If you are interested in supporting and taking part in the activities of the Salzburg Mozarteum Foundation, the Foundation accepts with pleasure the following memberships: Seit 2009 treibt die Stiftung Mozarteum Salzburg den Auf- und Ausbau einer Jugendorchesterschule im Herzen Havannas, Kuba, voran. Mithilfe einer dreijährigen EU-Förderung wurde das Projekt im Oktober 2012 auf eine breitere Basis gestellt: Neben der Gründung einer Mozart-Gesellschaft und dem Austausch europäischer Professoren und Studenten wird eine Mediathek aufgebaut, die den Kubanern Partituren und Musikbücher verfügbar macht. Das Projekt wird das kulturelle Leben Havannas bereichern und die europäisch-klassische Musik – insbesondere das Werk Mozarts – auf nachhaltige Weise dort verankern. MeMber (€ 50 p.a.), PATroN (€ 500 p.a.), fouNDer (€ 30,000 single donation) Unterstützen Sie das Kuba-Projekt der Stiftung Mozarteum Salzburg! Internationale Stiftung Mozarteum bei Bankhaus Carl Spängler & Co. AG BLZ 19530, Kto. 100095799, IBAN: AT98 1953 0001 0009 5799, BIC: SPAEAT2S Informationen / information: Claudia Gruber-Meikl, T +43-662-88 940 943, F 88 940 50, friends@mozarteum.at, www.mozarteum.at Das Projekt wird von der Europäischen Union gefördert Konzerte Wissenschaft Museen Weitere Informationen: Franziska Förster, T +43-662-88940 51, foerster@mozarteum.at, www.mozarteum.at