K on zerte W issen sch aft M u seen

Transcription

K on zerte W issen sch aft M u seen
Konzerte
Wissenschaft
Museen
Magazin zur Mozartwoche
Salzburg. Juli 2014
INHALT
06
11
18
30
34
37
VorworT
04
küNsTLerIscHer DreIkLANg
06
Mozart, Marc Minkowski und Bartabas
Le roI-soLeIL?
11
Bartabas und die Académie équestre de Versailles
ruHM uND PferDePrAcHT
12
Die Felsenreitschule
PrIMA Le PAroLe – PrIMA LA MusIcA?
14
Christiane Karg: Lieder von Mozart und Schubert
reIseN IN DeN
erw1eITerTeN MozArT-kosMos
18
Die Wiener Philharmoniker in drei Konzerten
der Mozartwoche 2015
reIf für grosse DAMeN
22
Diana Damrau im Gespräch
goTT Des kuNsTLIeDes,
gLückLoser MusIkDrAMATIker
26
Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“
konzertant bei der Mozartwoche 2015
DAs wuNDer MozArT
30
Mitsuko Uchida: „Das Festival macht mir Druck im
positiven Sinn“
„MozArT ergIbT eINfAcH sINN“
34
Piotr Anderszewski kehrt nach vier Jahren
zur Mozartwoche zurück
Partner in Education der Stiftung Mozarteum Salzburg
42
44
47
59
71
74
MusIk VoN Der MeNscHLIcHkeIT
Des seINs
37
Pierre-Laurent Aimard verbindet Werke
von Mozart und Elliott Carter
JAHrHuNDerT-MusIk
40
Frühe und späte Werke von Mozart, Schubert und
Carter im Programm der Mozartwoche 2015
NoAHs ArcHeNkoNzerT
42
Emmanuel Pahud und die österreichische
Erstaufführung von Elliott Carters „Flute Concerto“
eINe ALTe geIge uND Der kosMos
44
Midori Seiler und die Mozart-Violinen
DIe MAcHT Der MusIk
47
Mozart Kinderorchester und Superar-Chor:
mitreißende Begeisterung für die Musik
MeHr ALs DIe suMMe
Der eINzeLTeILe
50
Das Hagen Quartett spielt Mozarts Streichquartette
sPüLwAsser uND scHokoLADe
52
Kristian Bezuidenhout und der Facettenreichtum
gültiger Mozart-Deutungen
AufzeIcHNuNgeN zu kLäNgeN
uND sTäDTeN
56
Drei Dokumentationen im Filmprogramm
der Mozartwoche 2015
100 JAHre MozArTeuM
59
Präsident Johannes Honsig-Erlenburg im Gespräch
IM LArgHeTTo zuM zIeL
62
Vor 100 Jahren wurde das neu erbaute MozarteumGebäude seiner Bestimmung übergeben
VoM kLANg Der worTe
uND DeM sINN Der TöNe
68
Das Festival „Dialoge“ begibt sich 2014 auf die
Spur des Wortes
VerTrAuTHeIT uND
grosse gefüHLe
71
Kammermusik in den Saison-Konzerten 2014/15
gLückLIcH VereINT
74
Dauerleihgabe „Nannerl“
HALbzeIT IN kubA
76
„Eine Stiftung im Kleinen“
kALeNDArIuM
80
Mozartwoche 2015
IMPressuM
82
Liebe Leserinnen und Leser,
Dear readers,
Marc Minkowski und Bartabas in Versailles zu erleben – und das in der Académie équestre, die
dem Schloss direkt gegenüber liegt und damit präsentabler nicht liegen könnte – war einfach wunderbar und ließ sehr viel von unserem zentralen Vorhaben bei der kommenden Mozartwoche 2015
erahnen. Nicht nur die fantastischen Arkaden der Felsenreitschule waren dabei Thema, sondern
beispielsweise auch die Besonderheiten des spezifischen Sandes, den Bartabas für sich und seine
Pferde benötigt; auf dem Tisch ausgestreut, konnte er gleich betastet werden. Die Idee von Marc
Minkowski, Bartabas in einen „Mozart-Rahmen“ zu setzen, musste einfach in die Tat umgesetzt
werden: Er weiß mit besonderen Werken, mit herausragenden Künstlern an beeindruckenden
Orten umzugehen.
Neben dem selbst dirigierenden Künstlerischen Leiter der Mozartwoche, Marc Minkowski, werden
Sie bei dem Festival rund um Mozarts Geburtstag am 27. Jänner wieder zahlreiche neue, ebenso
wie bekannte Künstler erleben. Mozart52 – Magazin zur Mozartwoche möchte Ihnen vorab Eindrücke und Hintergründe vermitteln.
Dirigenten der jüngeren Generation bei der Mozartwoche 2015 sind Pablo Heras-Casado, Christoph
Koncz, Andrés Orozco-Estrada, Ainars Rubikis, Juraj Valcuha – und Antonello Manacorda. Letzterer
wird eine Oper von Schubert konzertant zur Aufführung bringen, die so gut wie nie gespielt wird,
aber zahlreiche Momente des Hörglücks verspricht. Dies als Teil eines ausgedehnten SchubertZyklus, der die Mozartwoche 2015 besonders prägen wird. Der Amerikaner Elliott Carter hat
Schubert sehr bewundert und ist selbst ein Protagonist der Avantgarde geworden. Ihm ist ebenso
ein besonderer Schwerpunkt gewidmet.
Überaus traurig sind wir, dass Lorin Maazel am 13. Juli verstorben ist und dass er das für die Mozartwoche 2015 geplante Konzert nicht mehr wird leiten können. Das Programm war gemeinsam mit
ihm konzipiert und hätte – wie Marc Minkowski und ich denken – nicht besser auf ihn zugeschnitten sein können. Die Musikwelt trauert zu Recht um einen der ganz Großen!
Auch in dieser Ausgabe von Mozart52 wird auf weitere Aktivitäten der Stiftung Mozarteum Salzburg hingewiesen. In diesem Jahr ist besonders das 100-Jahr-Jubiläum des „Mozarteum“-Gebäudes
in der Schwarzstraße von Bedeutung. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnte die jahrzehntelangen Bemühungen der Salzburger Bürgerschaft, endlich einen „idealen“ Aufführungsort für die
Werke Mozarts zu errichten, nicht stoppen. Grund genug, dass der Präsident der Stiftung Mozarteum
Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg, im Rahmen dieser Ausgabe ausführlich dazu Stellung nimmt
und die Hintergründe darlegt.
Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung Mozarteum, Ulrich Leisinger, und die Leiterin der MozartMuseen, Gabriele Ramsauer, sind in die Vorbereitungen der Mozartwoche ebenfalls intensiv eingebunden; es ist uns insgesamt ein Anliegen, die Bereiche der Stiftung Mozarteum bestmöglich
zu verknüpfen. Die Bibliotheca Mozartiana könnte beispielsweise ein eigenes Buch füllen, genauso wie das Kinder- und Jugendprogramm „KlangKarton“ oder die Mozart Ton- und Filmsammlung.
Wir laden Sie ein, uns auch über die Mozartwoche hinaus kennen zu lernen.
Seeing Marc Minkowski and Bartabas in Versailles – in the prestigious Académie équestre, directly
opposite the Palace – was a wonderful experience, presaging a major event at the 2015 Mozart
Week. Our attention focused not only on the fantastic arcades of the Felsenreitschule but also,
for example, on the specific qualities of the sand required by Bartabas for himself and his horses;
a sample was available for us to let it run through our fingers. Minkowski has a flair for staging
unique works and outstanding artists in impressive settings, and his idea of putting Bartabas in a
Mozart context just had to be implemented.
Besides conductor and Artistic Director Marc Minkowski, many first-rate artists, both new and
familiar, will be performing at the festival held around Mozart’s birthday on 27th January. Magazin
Mozart52 is designed to give you a foretaste and provide background information.
Conductors of the younger generation in 2015 are Pablo Heras-Casado, Christoph Koncz, Andrés
Orozco-Estrada, Ainars Rubikis, Juraj Valcuha – and Antonello Manacorda, who will conduct a
concert performance of a rarely-heard opera by Schubert, promising many musical highlights.
This is part of the extensive Schubert series which is a special feature of the 2015 Mozart Week.
American composer Elliott Carter, a great admirer of Schubert, became a protagonist of the avantgarde. His work also takes a prominent place in the programme.
We deeply mourn the passing of Lorin Maazel on 13 July, and regret that he will not be conducting
the concert planned for the 2015 Mozart Week. The programme was chosen in collaboration with
him, and – as Marc Minkowski and I believe – it could not have been better suited to him. The
music world mourns a great master.
This edition of Mozart52 gives details of further activities in the Salzburg Mozarteum Foundation.
2014 sees the centenary of the Mozarteum building in the Schwarzstrasse. The outbreak of World
War I could not stop the work put in over decades by Salzburg citizens to have an “ideal” venue
built for performing Mozart’s music – reason enough for Johannes Honsig-Erlenburg, President of
the Salzburg Mozarteum Foundation, to express his view here and to explain the background story.
Ulrich Leisinger, Director of Research, and Gabriele Ramsauer, Director of the Mozart Museums,
are also closely involved in the preparations for Mozart Week. We set great store by including as
far as possible all fields of the Foundation. The Bibliotheca Mozartiana, for instance, could fill a
book by itself; so could the Children’s and Youth Programme KlangKarton or the Mozart audio
and film collection.
We cordially invite you to make closer acquaintance with us, beyond the festival, and we look forward
to welcoming you at the 2015 Mozart Week.
With best wishes,
Wir freuen uns darauf, Sie bei der Mozartwoche 2015 begrüßen zu dürfen!
Matthias schulz
CEO and General Artistic Director
Matthias schulz
Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter
„Jeden Winter auch eine szenische Produktion“, wünschten sich Marc Minkowski, Künstlerischer Leiter der Mozartwoche
(re.), und Matthias Schulz (li.), Kaufmännischer Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg, als sie 2012 gemeinsam mit der Gestaltung der Mozartwoche begonnen haben. Nach „Lucio Silla“ (2013) und
„Orfeo ed Euridice“ (2014) haben sie für die Mozartwoche 2015 die Kantate „Davide penitente“ ausgewählt und deren
szenische Umsetzung dem „Pferde-Choreographen“ Bartabas mit seinem Team der Académie équestre de Versailles anvertraut.
küNsTLerIscHer DreIkLANg
Mozart, Marc Minkowski und Bartabas bei der Mozartwoche 2015
Ob ihm die Idee auf dem Rücken seines eigenen Pferdes gekommen sei?
Marc Minkowski kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Zu lange trägt er jedenfalls diesen Plan schon
mit sich herum. Er, der nicht nur ein
leidenschaftlicher Dirigent und Orchesterchef ist, seit nunmehr zwei Spielzeiten im Austausch mit Matthias
Schulz auch als ideensprühender
Künstlerischer Leiter der Mozartwoche fungiert – und der sich zudem als
eifriger Reiter entpuppt.
Bartabas, der Tiermagier also, soll
nun mit seiner Mischung aus hoher
Schule und eigenwilliger Pferdecharakterparade einen Ort zurückerobern,
der in den letzten Jahrzehnten bis auf
wenige statistenähnliche Ausnahmen,
etwa in Peter Steins ShakespeareProduktionen oder zuletzt in Alvis Hermanis Inszenierungen von Bernd Alois
Zimmermanns „Die Soldaten“ und
Harrison Birtwistles „Gawain“, weitgehend Vierbeiner-frei geblieben ist: die
Salzburger Felsenreitschule.
Bartabas, der Pferdeflüsterer, mehr
noch, in Frankreich ein Pferdekönig,
den wollte Marc Minkowski als künstlerischen Partner. Schließlich sind er
selbst und die französische Nation,
aber auch viele Reitbegeisterte und
Kunstfreunde auf der ganzen Welt fasziniert von dessen spezieller Art, mit
Pferden umzugehen, sie auf Augenhöhe
in musikalisch-theatralische Spektakel
einzubinden mit immer anderen Klängen aus jedem Winkel des Globus.
1693 wurde sie unter Erzbischof Johann Ernst von Thun nach Plänen von
Johann Bernhard Fischer von Erlach
neben den Hofstallungen errichtet und
als erzbischöfliche Sommerreitschule
sowie für Tierhatzen verwendet. Das
Publikum fand in den 96 aus dem
Mönchsberg gemeißelten Arkaden
Platz, die dreigeschossig übereinander
angelegt sind. 1841 wurde die Reitschule für die Hofstallkaserne als k. k.
Kavallerie-Reithalle adaptiert, erweitert und mit einem Dach versehen.
Nach dem Ersten Weltkrieg war hier
das erste Bundesheer stationiert. Dann
folgte die Kunst, zunächst Max Reinhardt mit Goldonis „Diener zweier
Herren“ oder seiner „Faust“-Inszenierung. Herbert von Karajan verwandelte
den Ort 1948 erstmals in eine Opernbühne – für Glucks „Orfeo ed Euridice“. So schließt sich der Kreis.
Mensch und Tier in einer von Musik
getragenen Aufführung, wo man am
Ende eines atemberaubenden Reigens
von energetischen, temperamentvollen, kraftstrotzend schnellen, aber auch
poetisch langsamen Bildern gar nicht
mehr merken soll, wer eigentlich wen
dominiert. Und die bis heute einzigartig geblieben sind.
„Ein magischer Ort, der den zögerlichen, durchaus schwierigen Bartabas
sofort gereizt hat“, freut sich Marc Minkowski. „Und es ist genau der richtige
Zeitpunkt, um so etwas zu wagen“, findet er. „Wir haben in unserem ersten
Mozartwochen-Jahr mit dem vom Publikum, aber auch von der Kritik begeistert aufgenommenen „Lucio Silla“ in
der Regie des Kanadiers Marshall Pynkoski gezeigt, wie ein hierzulande ungewöhnlicher choreographisch-graziöser, aus dem kreativen Wissen um
die Darstellungspraxis der Rokokozeit
entwickelter Inszenierungsstil, unsere Sehgewohnheiten verändern kann.
Die zweite Saison brachte dank des
300. Geburtstages von Christoph Willibald Gluck die Möglichkeit, unser Repertoire um einen von Mozarts wichtigsten, vorbildhaften Zeitgenossen zu
erweitern und „Orfeo ed Euridice“ zu
einem Erfolg werden zu lassen.“
Da sollte nur die dritte Runde sich auf
ein Mozart-Werk im überraschenden
Kontext konzentrieren, das eher selten im Fokus steht. „Ich glaube sogar,
es ist das unbekannteste Bühnenwerk
von Mozart, obwohl große Teile der
Musik in einem anderen Zusammenhang hier natürlich sehr bekannt
sind“, lächelt Minkowski.
Recht hat er, denn das kurze Oratorium „Davide penitente“, uraufgeführt
DAVIDE PENITENTE
© Matthias Baus
© Marco Borggreve / Naïve
Manuel Brug
8
DAVIDE PENITENTE
BARTABAS REGIE
PFERDE UND REITER DER
ACADÉMIE ÉQUESTRE DE VERSAILLES
DIRIGENT MARC MINKOWSKI
LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE
SALZBURGER BACHCHOR
CHRISTIANE KARG SOPRAN
MARIANNE CREBASSA MEZZOSOPRAN
STANISLAS DE BARBEYRAC TENOR
Mozart
Adagio und Fuge c-Moll KV 546
Maurerische Trauermusik KV 477
Davide penitente KV 469
einführungsvorträge jeweils 18.30 uhr
In Kooperation mit der Académie équestre de Versailles
Mozarts „Lucio Silla“, die szenische Produktion
der Mozartwoche 2013 in der Regie von Marshall
Pynkoski, eine Koproduktion mit den Salzburger
Festspielen und dem Musikfest Bremen, wo die
Oper im Sommer 2013 gezeigt wurde, geht nun
an die Mailänder Scala: Von Ende Februar bis Mitte März 2015 wird Marc Minkowski dort ,unseren‘
„Lucio Silla“ mit dem Orchester, dem Chor und
dem Ballett des Teatro alla Scala leiten.
9
1785 in Wien in Wohltätigkeitskonzerten zugunsten der
„Tonkünstler-Societät“, ist der im Barock verbreitete, bei
Mozart relativ selten vorkommende Fall einer Selbstparodie: das heißt der Umarbeitung eines vorhandenen Werkes in ein neues, oft stimmungsmäßig ganz anderes. In diesem Fall war es die 1782 begonnene, aber nie vollendete
Missa c-Moll KV 427, heute übrigens wie der „Jedermann“
einer der programmatischen Eckpfeiler der Salzburger
Festspiele (seit 1927 von der Stiftung Mozarteum Salzburg im Rahmen der Salzburger Festspiele veranstaltet).
Als er die ehrenvolle, aber nicht dotierte und recht dringliche Anfrage der Hilfsorganisation für bedürftige Musiker
bekam, zog Mozart schnell den längst schon ad-acta gelegten Messe-Torso hervor und montierte fast ohne Änderungen das Kyrie sowie das Gloria auf eine selbstverfertigte Auswahl von Bruchstücken aus dem Psalter des büßenden Davids um. Möglicherweise hat sogar Lorenzo da Ponte,
sein bester Librettist, diese literarische Arbeit geleistet.
Neukomponiert wurden lediglich eine Fugenstelle im Gloria sowie zwei kurze, virtuose Arien für den Tenor Valentin Adamberger und die berühmte „geläufige Gurgel“ der
Koloratursopranistin Caterina Cavalieri, Mozarts erstem
Belmonte und die Konstanze in dem 1782 erstmals gegebenen Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“. Der
Sopranpart der Messe war hingegen für seine ihm frisch
angeheiratete Frau Constanze geschrieben worden.
Lange galt dieses Gelegenheitswerk beim Publikum weit
mehr als die originale, aber eben fragmentarische Messe
und wurde viel häufiger aufgeführt. Heute, mit unserer
rigiden Auffassung gegenüber Original- und Erstlingswerken, ist das umgekehrt. „Deswegen halte ich dieses gleichwohl musikalisch reizvolle, auch sehr eigenständige
Stück für die ideale Musikgrundlage dieses sehr besonderen Projektes“, führt Marc Minkowski weiter aus. Freilich
wird es mit einigen Ergänzungen, so Mozarts Adagio und
Fuge c-Moll KV 546 und der Maurerischen Trauermusik
KV 477 auf abendfüllende Länge gebracht.
Produktives Treffen in Versailles
im Frühsommer 2014: (v. l. n. re)
Marc Minkowski, Bartabas und
Matthias Schulz.
„Es wird eine Mischung aus abstrakter Dressur und einem Eingehen auf
die Musik werden. Und ich werde beim
Dirigieren dazwischen stehen“, erzählt
Minkowski weiter. Chor und Orchester, auch die Vokalsolisten hingegen
sollen in den Arkaden positioniert sein,
„das funktioniert sehr gut. Wir haben
mit dem Salzburger Bachchor und
meinen Musiciens du Louvre Grenoble
bereits Akustiktests gemacht.“
heiten, es muss klappen“. Ausprobiert hat er eine Annäherung zwischen Pferden und Musik bereits dieses Jahr auf seinem kleinen Privatfestival bei seinem Feriendomizil (und
dem Stallort seines Pferdes, eines
robusten Kaltblütlers) auf der Île de
Ré bei La Rochelle. Sein Fazit: „Pferde sind extrem lernwillig, neugierig
und müssen dauernd beschäftigt werden. Außerdem knabbern sie gern an
Partituren und an Dirigentenhemden.“
se für diese sehr besondere Aufführung bereits geweckt sei: „Wir haben
viele Anfragen von Eltern pferdebegeisterter Kinder, aber auch von Lipizzaner-Fans, die gerne etwas anderes kennenlernen möchten. Es kommt also
mit Sicherheit nicht nur das vorrangig
an der Musik interessierte Publikum.“
Anders wird es bestimmt, denn schon
die Atmosphäre in den grandiosen Stallungen des Sonnenkönigs, die Ludwig
der XIV. quasi als Entrée zu seinem
Aber es ist auch kompliziert. Die mindestens zwölf Pferde müssen auf Es sei ganz erstaunlich, sagt hingegen Schloss in Versailles für diese wichtieinem möglichst nahen Hof unterge- Matthias Schulz, wie sehr das Interes- gen Mitspieler im großen Hofstaatbracht werden. Bartabas ist nämlich
mehr um ihr Wohlergehen besorgt
denn um das seiner Reiter oder der
SUMMARY
vokalen Mitstreiter. Die freilich sind
auserlesen: Christiane Karg, der Mez- Marc Minkowski’s choice of artist partner was Bartabas, seen in France as a horse
zosopran Marianne Crebassa, die Ent- king – for he knows better than anyone how to include horses on equal terms
deckung des „Lucio Silla“ vor zwei Jah- in dramatic performances with a wide variety of musical scores. The ideal
ren, und Tenor Stanislas de Barbeyrac. place for this in Salzburg is the Felsenreitschule, built in 1693 under Archbishop Johann Ernst von Thun and used as a summer riding-school and for
Geprobt wird in Paris, in Salzburg wird animal-baiting. Spectators were accommodated in the arcades, which were
dann zusammengebaut und angepasst. chiselled out of the Mönchsberg rock three years later. “A magical place; it
Hauptsächlich aber sollen sich die kost- held an immediate fascination for the diffident, refractory Bartabas”, says
baren Hauptakteure hier in aller Ruhe Marc Minkowski. Here one of Mozart’s least-known works will be performed
eingewöhnen. Der Bühnenboden in der in a surprising context – “although substantial sections of the music are of
Felsenreitschule muss verstärkt, ge- course very well-known”. Minkowski is right, for the short oratorio Davide
polstert und isoliert werden; man fand penitente, first performed in 1785 in Vienna, is an adaptation of the C minor
extra Sand, der federt, Geräusche iso- Mass K427, begun in 1782 but never completed. “It will be a mixture of
liert und bequem für die Pferde ist. abstract dressage and responsiveness to the music – and when I’m conducting,
Kopfzerbrechen bereiteten die Siche- I’ll be standing in between”, says Minkowski. The horses – at least twelve –
rungszäune, die Beleuchtung der Ar- have to be housed on a nearby farm, and the stage in the Felsenreitschule
kaden, aber bis jetzt fügt sich alles.
reinforced, cushioned and insulated. A kind of sand has even been found that
is resilient, noise-insulating and comfortable for the horses’ hooves. Marc
Ob Marc Minkowski mitreiten wird? Minkowski says that “horses are extremely willing to learn; they are curious,
„Ich denke eher nicht“, sagt er kate- and they need to be kept constantly occupied. And they enjoy taking a nibble
gorisch, „wir wollen keine Unsicher- at the score”.
DAVIDE PENITENTE
© Yann Werdefroy
Do 22. JäNNer 19.30 uHr #01
so 25. JäNNer 19.30 uHr #10
fr 30. JäNNer 19.30 uHr #26
Felsenreitschule
Die Kantate „Davide penitente“ ist
ein wunderschönes Werk, dessen
szenische Umsetzung in der Mozartwoche 2015 einem einzigartigen
Meister seines Fachs anvertraut
wird: „Die Kunst Bartabas’ lässt sich
kaum kategorisieren“ so Marc
Minkowski, „Pferde, Menschen,
Musik, Bewegung, Licht und
Kostüme verbindet er zu poetischen
Gesamtkunstwerken.“
10
© Yann Priou
© Thomas Bartel
© Gisela Schenker
Solisten in „Davide penitente“ mit Les Musiciens du Louvre Grenoble und dem Salzburger Bachchor unter der Leitung von Marc Minkowski
in der Felsenreitschule: (v.l.n.r) christiane karg (Sopran), Marianne crebassa (Mezzosopran) und stanislas de barbeyrac (Tenor).
Wenn nicht unten die Hauptakteure
angetreten sind, bisweilen geritten von
mehrheitlich amazonen-schönen Damen, manchmal auch ohne Sattel. Da
sind die honigfarbenen Lusitanos mit
den wässrigblauen Augen und den straff
geflochtenen Mähnen aus Portugal, die
kleinen Sorraias aus Spanien, von deDraußen vor der Tür wird öffentlich nen aus mit dem Bogen geschossen
auf einer Sandfläche geübt, drinnen in wird, und die argentinischen Criollos.
Dazwischen samtschwarze Andalusier.
Oben in einer Foyer-Vitrine liegt als
Musterstück ein fein bestickter Ärmel
der eng anliegenden Jackettuniformröcke, die der Antwerpener Stardesigner Dries van Noten eigens kreiert hat:
Bartabas möchte es fein und ganzheitlich. Das ist seine Philosophie.
Manuel Brug
Jede(r) von Bartabas’ Reiterinnen und
Reitern lernt außerdem zu singen, zu
fechten und zu tanzen. Mensch und
Tier, manchmal auch bewusst voneinander losgelöst, bewegen sich in
vollkommener Symbiose. Und demnächst nicht zur Musik von Bach oder
Strawinsky, sondern zu der Mozarts.
Die Show wird hier sonst nur selten
weiterentwickelt, höchstens regelmäßig um einige Bilder verändert. So ist
der exklusive, ganz auf diesen für Bartabas so voll Vorfreude erwarteten Ort
Felsenreitschule beschränkte Salzburger Ausflug, zur willkommenen Abwechslung geworden.
Er redet nicht viel, obwohl er sehr fokussiert sein kann. Seine besten Freunde sind die Pferde. Dennoch ist dieser
zähe, federnd gehende Clément Marty,
den in Frankeich – und nicht nur dort
– die staunenden Massen als Bartabas
kennen, kein einsamer Wolf. Was er
tut ist einzigartig, obwohl es natürlich
historische Vorläufer gibt. Seit er erstmals 1985 mit seinem musikalischen
Pferdetheater „Zingaro“ auftrat, das
alles andere ist als die übliche Dressurshow, nahm er die Festivals im Sturm
und wird seither fast kultisch verehrt.
DAVIDE PENITENTE
11
© Agathe Poupeney
SUMMARY
He doesn’t say much, although he can be extremely focused. His best friends
are the horses. Nevertheless, Clément Marty is not a lone wolf; he is known
and widely acclaimed, (not only) in his native land, as Bartabas. What he
does is unique – although there have of course been historic predecessors.
Since his first performance, in 1985, with his musical equestrian theatre
“Zingaro” – far removed from the usual dressage show – he has been taking
festivals by storm and has become something of a cult hero. Bartabas has had his own theatre in the Paris suburb of
Aubervilliers since 1989. From this base he travels with his four-legged star performers as far as Japan and America
– and now for the first time to Salzburg. Since 2003 he has also directed his Equestrian Show Academy in Versailles;
here, in the former royal stables of Louis XV, he has effected quite some change. He designed new, contemporary, highly
poetic presentations, enhanced from time to time through unusual co-operations. He appeared with 35 selected horses
and the “Zingaro” theatre at a baroque equestrian festival at the Neptune fountain in Versailles Palace park, for
Rameau’s ballet Voyage aux Indes galantes; and he drew inspiration from Akira Kurosawa’s film Throne of Blood, an
adaptation of Macbeth. Bartabas’ main concern is always communication. These performances are designed to
express something that cannot be said in words or with the resources of the traditional arts.
Le roI-soLeIL? DAs PferD!
Er ist kein einfacher Mann, denn die
Pferde stehen für ihn immer an erster
Stelle. Er will, dass es ihnen, die er oft
selbst handverlesen ausgewählt und
aufgezogen hat, gut geht, dass sie Spaß
haben an dem, was sie tun. Denn Pferde sind intelligent, emphatisch, spielerisch und wissensdurstig – findet
Bartabas.
Auch in Frankreich, als einem Mutterland der Hohen Schule, geht die
kunstvolle Art des Reitens auf militärische Ursprünge zurück. Die werden bis
heute an der berühmten Reitschule
des Cadre Noir in Saumur an der unteren Loire gepflegt. Doch die französische Regierung wollte, dass gerade
Bartabas mit seinem unkonventionellen, innovativen und nomadischen
Esprit den leerstehenden Tempel der
Pferde gegenüber dem Schloss des
Sonnenkönigs belebt – der Glanz der
meistbesuchten Touristenattraktion des
Landes sollte sich hier widerspiegeln.
Bartabas entwarf eine neue, zeitgemäße, vor allem poetische Präsentation.
Die wird von Zeit zu Zeit bereichert
durch ungewöhnliche Zusammenarbeiten. So trat er mit seinen ausgewählten 35 Pferden und dem „Zingaro“-Theater bei einem barocken Reiterfest am Neptun-Bassin im Schlosspark auf, man feierte Rameau und
sein Ballett-Spektakel „Voyage aux
Indes galantes“; bei dem barocken
Pferdespektakel „Les Juments de la
nuit“ („Die Stuten der Nacht“) ließ
sich Bartabas von Orson Welles’ Verfilmung des „Macbeth“ und dem japanischen Film „Schloss im Spinnenwald“ von Akira Kurosawa inspirieren.
Seit 1989 hat Bartabas sein eigenes,
um luxuriöse Stallungen zentriertes
Theater im Pariser Vorort Aubervilliers. Von hier aus reist er mit seinen
vierbeinigen Stars bis nach Japan und
Amerika, erstmals nun auch nach
Österreich. Seit 2003 führt er in Versailles seine Académie du spectacle
équestre. Hier, wo unter Ludwig XV.
bis zu 3000 Pferde in zwei monumen- Neben seinem musikalischen „Haustalen Stallungen untergebracht waren, gott“ Johann Sebastian Bach ließ sich
hat er freilich einiges verändert.
Bartabas mit seinen Pferden auch
schon von dem Pianisten Alexandre
Tharaud begleiten, nutzte Musik von
Philip Glass wie auch Igor Strawinskys „Le sacre du printemps“ und er
schickte seine Protagonisten zu Orgelklängen auf einen Parcours durch die
aufgelassene Abteikirche Saint-Ouen
in Rouen. Er partizipierte mit Tänzern
von Pina Bausch, mit Indonesiern
und Thailändern, aber auch mit der
zeitgenössischen Choreografin Carolyn Carlson.
Immer geht es Bartabas dabei um
Kommunikation: So soll in diesen
Aufführungen etwas ausgedrückt werden, das sich mit Worten und den
Möglichkeiten der herkömmlichen
Künste nicht sagen lässt. Er hat
zudem Filme mit und um die Pferde
gedreht – und nun sind Mozart und
der Genius loci der einzigartigen Felsenreitschule in Salzburg seine nächste Herausforderung.
Danach werden seine Stars wieder in
ihren wunderschönen Holzboxen hinter der Manege von Versailles frei stehen, ganz anders als einst in jener
Beengtheit, die man anhand der Futterrinnen in den historischen Gemäuern noch erkennen kann. Es gibt dort
sogar so etwas wie eine Luxusdusche,
und selbst für ein pferdegerechtes Solarium ist gesorgt. Denn für Bartabas
ist und bleibt der einzige Sonnenkönig
das Pferd.
BARTABAS
Bei Bartabas geht es ungezwungener,
aber nicht weniger diszipliniert zu. In
Hermès-Orange prangen Kasse und
Café-Foyer im elegant geschwungenen
Bogen der Grande Écurie, in der Bartabas vor elf Jahren auf Wunsch des französischen Kulturministers mit seiner
neu aufgebauten Académie équestre de
Versailles einzog. Von dem französischen Modehaus, das einst als Reiterausstatter anfing und das bereits einige Male Bartabas samt schnaubender
Stars für seine Defilees etwa im Grand
Palais gebucht hat, bezieht man auch
die feinsäuberlich in ihrer eigenen Kammer aufgereihten Sättel.
der rechteckigen Manege, wo die Vorführungen während der Saison jedes
Wochenende stattfinden, herrscht einfacher, aber eleganter Schick. Alle Einbauten mit ihrem filigranen Spantenwerk sind aus unbehandeltem Holz, ein
wenig erinnert das mit seinen Logen
und Verschalungen an das Teatro Farnese in Parma. Spiegel und scheinbar
verwitterte Pferdefresken gliedern wie
in der glamourösen Galerie des Glaces
im nahen Schloss die Seiten. MuranoLüster aus milchig gläsernen Blättern
ziehen die Blicke zur Decke.
© A. Poupel
Theater unübersehbar errichten ließ,
unterscheidet sich von der Stallburg
und dem Saal der Spanischen Hofreitschule zwischen Redoutensälen und
Michaelertrakt der Hofburg in Wien.
12
Hedwig Kainberger
Neapolitaner mit Blick auf die Bucht
von Neapel, aus der Stichfolge „Equile
Ioannis Austriaci“ von Jan van der
Straet und Philipp Galle; das Buch
trägt das Wappensupralibros von Wolf
Dietrich, UBS G 408 I
RUHM UND PFERDEPRACHT
Reitschulen dienen heute – wenigstens in ihren Strukturen – als Spielstätten der Salzburger Festspiele und
der Mozartwoche: Aus dem Hofmarstall wurde das Große Festspielhaus,
aus der einstigen Winterreitschule wurde der als Pausenfoyer genützte KarlBöhm-Saal, die Felsenreitschule war
früher die sommerliche Reitschule.
13
Dieser Neapolitaner hält sich in eleganter, geradezu majestätischer Pose, als
wüsste er, dass er porträtiert würde. Er
ist frisiert – in welch Lockenpracht sind
Mähne und Schweif getrimmt! Er hat
sich offenbar glänzend striegeln lassen.
Mit welch scheinbarer Leichtigkeit hält
er die für ihn schwierige, anstrengende
Balance mit gehobenen Vorderhufen,
und: Lächelt er nicht gar? Als wollte
er seinen Betrachtern einen freundlichen, huldvollen Blick schenken?
Den Neapolitaner und sechzehn weitere Pferde exquisiter Rassen haben der
aus Brügge stammende und in Florenz
wirkende Maler und Zeichner Jan van
der Straet (1523-1605) und der niederländische Kupferstecher Philipp Galle
(1537-1612) abgebildet. Ihre hinreißenden Bildkompositionen zeigen Pferde
aus dem Gestüt des Siegers von Lepanto, Don Juan d’Austria. Dass Wolf Dietrich diese Stiche in seiner Bibliothek
gehabt hat, bestätigt seinen hohen
Sinn für Pferdekultur, für die er in
Salzburg Meilensteine gesetzt hat.
Schon im 16. Jahrhundert kümmerten
sich die Salzburger Erzbischöfe mehr
um Pferde, als es für ein Nutz- und
Transporttier angemessen wäre. Wolf
Dietrich begann, die den Pferden gewidmete Pracht so in Kunst und Städtebau zu übersetzen, dass es der fürstlichen Repräsentation zum Nutzen gereichte. Die von ihm und seinen Nachfolgern errichteten Pferdebauten und
An vielen Stellen im heutigen Festspielbezirk wird daran erinnert, dass
hier einst das Herz der Pferdestadt gewesen ist. Einige Zeugen der hohen
Pferdekultur sind aus dem kostbarsten Material, das weitum zu finden
war und für das Salzburg seit je bestaunt worden ist: feiner, fast samtig
weich wirkender, doch steinharter weißer Untersberger Marmor. Aus ihm
sind die Pferdeschwemme samt Rossbändiger, das von Bernhard Fischer
von Erlach gestaltete Triumphtor an
der Stirnseite des Großen Festspielhauses sowie der Brunnen am Eingang zum Faistauer-Foyer. Diese riesige Schale in Form einer Muschel war
einer von zwei Wandbrunnen, die Erzbischof Johann Ernst von Thun um
1700 im Hof des Marstalls hatte erbauen lassen.
Einst sogar waren im Hofmarstall die
Futtertröge der Pferde aus diesem weißen Marmor, während die „Pferdegemeinen“, also die Pferdeknechte, aus
Blech- und Holznäpfen aßen. Von die-
Zurück zu Wolf Dietrich: Er baute an
der Wand des Mönchsbergs nicht bloß
einen Stall, sondern ein monumentales Gebäude zur fürstlichen Repräsentation. Von der streng eleganten Renaissancearchitektur samt marmornen
Futtertrögen ist seit dem Bau des Großen Festspielhauses in den 1950er-Jahren wenig übrig – nur noch die Fassade
und zwei Tore an der Längsseite. Am
linken Tor hat Wolf Dietrich seine Großtat mit einer Inschrift verewigen lassen: „Der Raitenauer Fürst baute diesen Pferdestall von so großer Ausdehnung als erster in kurzer Zeit und
(gab) errichtete einen Kornspeicher
voll mit Feldfrüchten aller Art, sodass
nicht mit dem großen Bau (Flügel)
die Menge (an Vorrat) fehle. Im Jahr
des Herrn 1607“.
Der Hofmarstall wurde von Wolf Dietrichs Nachfolgern nicht nur erweitert
und verschönert, sondern auch mit
einer höchst praktischen Einrichtung
versehen: Unter dem Stall fließt ein
Arm des Almkanals. Dieser war so
konstruiert, dass mit dem Wasser, das
aus der Königssee-Ache durch den
Mönchsberg in die Altstadt fließt,
nicht nur die Pferde zu tränken, sondern auch der Stall immer wieder
gründlich zu reinigen war. Heute noch
wird es zur Kühlung des Großen Festspielhauses genutzt. Zu sehen und zu
hören ist das Brausen im unterirdischen Kanal gegenüber dem Eingang
zum Haus für Mozart – in einer Öffnung neben dem Brunnen mit dem
Wilden Mann (Fischmarkt-Brunnen).
edles Blut erweist auch dich als ritterlichen Stammes würdig. Siehe, sogar
die Felsen weichen von ihrem Platz!
Alles, was du hier betrittst, war Berg,
so hoch, wie er sich mit seinem Kamm
erstreckt. Zur Erinnerung bleibt übrig
die ,lebende‘ Seite beider Wände und
es erstrahlt durch den Lichteinfall ringsum das starre Gestein. Entfalte und
übe deine Kräfte – in keinem Stadion
kannst du dies tüchtiger tun! Alles
weicht der Tugend! Zuletzt, auf dass
du nicht das gewaltige Ausmaß des
Baues allzu verächtlich deutest und für
Luxus hältst: Den gebrochenen Stein
hat in gewaltigen Blöcken für öffentliche Bauten sorgsam bereitgestellt, im
Jahr des Herrn 1662, Fürsterzbischof
Guidobald.“
© Oskar Anrather
Mit welcher Pracht wurden Pferde in salzburg einst empfangen, gehegt und verehrt! wie
ergötzlich der Anblick dieser Tiere war und welch ruhm an ihnen haftete, ist an einem
stich abzulesen, den erzbischof wolf Dietrich von raitenau (1559-1617) in seinem
besitz hatte und der heute in der universitätsbibliothek salzburg verwahrt wird:
zu sehen ist ein herrlicher Hengst, im Hintergrund die bucht von Neapel.
ser Pracht berichteten einige Europareisende. So steht etwa im „Mathematischen Lexikon“ aus 1747, erschienen in Leipzig, geschrieben: „Der
Fürstliche Hof=Stall zu Salzburg,
über welchem im obern Geschoß die
grosse Fecht=Schule angelegt ist, präsentiret von aussen einen recht prächtigen Palast von starcker und schöner
Architectur. Inwendig sind die Bahren aus weissem Marmor gemacht, deren in dem Grössern Stall zu beyden
Seiten eine grosse Anzahl sich befinden.“ (Zit. in Norbert Hierl-Deronco,
Theatrum Equorum Salisburgensium,
Eigenverlag, Krailing/Starnberg 2007)
Neben der Pferdekultur gibt es eine
weitere Besonderheit, die im heutigen
Festspielbezirk abzulesen ist: die Steinbrüche. Das Konglomerat des Mönchsbergs war Baumaterial für Salzburger
Paläste, Kirchen und Wohnhäuser. Die
Schnitte in den Berg sind noch über
der Pferdeschwemme am Karajan-Platz
zu erkennen.
Direkt daneben machte dann Erzbischof Johann Ernst von Thun aus der
Auch auf der anderen Seite des eins- Unansehnlichkeit des Steinbruchs einen
tigen Hofmarstalles waren Steinbrü- ästhetischen Geniestreich: Er ließ aus
che. Da ließ Erzbischof Guidobald Thun dem Konglomerat drei Arkadenreihen
die gedeckte Winterreitschule – heu- herausbrechen und schuf so einen
te Karl-Böhm-Saal – errichten, in der raffinierten Raum – als Reitschule,
die Schönheit des Steines in nackter für Tourniere und heutzutage als festWand zur Schau gestellt wird. Dass liche Spielstätte für Kunst und Kultur.
diese Reitschule mehr war als ein Immer wieder waren in der Felsengestampfter Boden zum Dressieren reitschule vereinzelt Pferde als Nevon Nutztieren, sondern vielmehr ein bendarsteller in Operninszenierungen
Ort der Kultur, der Tugend und der zu sehen. Doch erst jetzt, zur MozartTüchtigkeit, hält eine Inschrift fest: woche 2015, treten sie endlich wieder
„Wohlan! Von trojanischer Herkunft als Hauptdarsteller auf!
Die Felsenreitschule,
in der in der Mozartwoche 2015 „Davide
penitente“ in der Regie
des „Pferde-Choreographen“ Bartabas
und seiner Académie
équestre de Versailles
aufgeführt wird.
© Oskar Anrather
SUMMARY
An engraving (around 1580) from a book bearing Wolf Dietrich’s coat of arms shows how horses were once honoured
and cared for in Salzburg, and accommodated in great splendour. As early as the 16th century, the Salzburg archbishops began to endow art and building with similar splendour, to serve their own prestige. The structures of the
stables and riding-schools built by Wolf Dietrich and his successors are today used as venues for the Salzburg Festival
and the Mozart Week: the court stables became the Large Festival Hall, the former winter riding-school is now the Karl
Böhm Saal, and the Felsenreitschule was once the summer riding-school. Some monuments to this prestigious equine
culture in the Festival precinct are made of the most costly material to be found far and wide: fine, velvety-looking
but hard, white marble from the Untersberg. The ornamental horse-pond with the horse-tamer, the triumphal gateway designed by Bernhard Fischer von Erlach in the façade of the Large Festival Hall and the fountain at the entrance to
the Faistauer foyer are all fashioned from this white marble. So, at one time, were even the horse-troughs – while the
grooms and stable-boys ate from wooden or tin bowls.
RUHM UND PFERDEPRACHT
ruHM uND PferDePrAcHT
14
PrIMA Le PAroLe –
PrIMA LA MusIcA?
Auf etwa 30 Liedkompositionen brachte es Mozart, Schubert aber hinterließ über 600 Lieder.
Die Sopranistin Christiane Karg hat für die Mozartwoche 2015 eine kluge Auswahl getroffen,
die sie mit Florian Birsak am Hammerklavier im Mozart-Wohnhaus vortragen wird.
cHrIsTIANe kArg IM gesPräcH
mit Teresa Pieschacón Raphael
15
wie ‚Das Veilchen‘ kV 476 nach einem
gedicht von goethe?
Eine zutiefst ergreifende Geschichte,
die Mozart in einer packenden Ballade erzählt. Einem unbedarften Mädchen wird das Herz gebrochen. Man
muss den Text sehr ernst nehmen und
darf ihn nicht ins Lächerliche ziehen.
Selbst wenn die Zeiten sich ändern,
die Affekte bleiben gleich.
Auch in Mozarts eigenartigem Lied
,Als Luise die briefe ihres ungetreuen
Freunde, die ihn oft überreden mussten, seine Werke aufzuführen. Schubert war auch nicht in der Öffentlichkeit als Wunderkind gefeiert worden
wie Mozart. Das prägt das Werk und
vielleicht auch den Charakter.
es gibt in Mozarts Liedschaffen auch
gelegenheitswerke...
…die man nicht überinterpretieren
sollte. Wie etwa ‚An Chloe‘ KV 524,
beeinflusst die eigene befindlichkeit das zärtlich charmant und sehr bedie Liedinterpretation?
liebt ist.
Natürlich. Wenn man in einer ähnlichen Situation wie die Protagonistin wie auch ‚Der zauberer‘ kV 472.
wäre, würde vielleicht manches emo- Damit habe ich das Publikum sofort
tionaler hinüberkommen. Die eigene in der Tasche! Trotzdem sehe ich das
Singtechnik muss allerdings so gut sein, nicht als Gelegenheitswerk. Es geht
dass man nicht zu weinen anfängt. in diesem vierstrophigen Couplet um
Manchmal hat man auch keine Emo- Schüchternheit, um Leidenschaft, um
tion. Wenn man etwa in einer Opern- die Verwirrung der Gefühle eines junproduktion tagein tagaus gearbeitet gen Mädchens. Auch die nicht ganz
hat, dann fehlt irgendwann nicht un- großen Meisterwerke haben in einem
bedingt die Stimme, sondern die Emo- Liederabend ihre Berechtigung, mehr
tion. Dann muss man eine Emotion, noch, sie sind sehr wichtig. Wenn es
herstellen und hoffen, dass der Zuhö- nur um eine Ansammlung von aufrütrer es nicht bemerkt. Das ist kein Auto- telnden und anspruchsvollen Stümatismus. Professionalität spielt eine cken geht, ist das Publikum bald erschöpft und mit seinen Gedanken
große Rolle
nicht mehr da. Man muss eine Mibeide Lieder von Mozart sind sehr schung finden. Die Lieder müssen sodramatisch. Hatte er immer auch das wohl von ihrer Dynamik als auch in
ihrem Anspruch und ihrer Form in
Publikum im Hinterkopf?
Ja. Er suchte die Öffentlichkeit, ganz einer Art Wellenbewegung verlaufen,
anders als Schubert. Der hatte seine die Stimmungen dürfen sich zwar än-
BLINDTEXT
CHRISTIANE KARG
Im gegensatz zu Mozart, der sich für
die gattung kaum zu interessieren
schien: nur etwa 30 Lieder – im gegensatz zu den rund 600 schubertLiedern.
Mozarts Lieder werden oft kritisiert,
häufig als zu „einfache Musik“ oder als
„einfach zu singen“ eingeschätzt. Aber
es gibt Meisterwerke unter ihnen…
Liebhabers verbrannte‘, das er dem
freund gottfried von Jacquin abtrat.
Ja. Ich weiß auch nicht, warum er
sich nicht als Autor bekannte. Es ist
wohl sein dramatischstes Lied, mehr
noch eine Szene. Und es geht um eine
eifersüchtige Frau. Da gibt es alle möglichen Interpretationen. Bitterkeit,
Traurigkeit, Zynismus, all das kann
man hineinfließen lassen.
© Gisela Schenker
was haben Mozart und schubert gemein?
Ihr Leben war kurz. Aber was für ein
großes Werk haben sie hinterlassen!
Und dies in der kurzen Zeit ihres Lebens. Beide müssen unendlich schnell
komponiert haben. Schubert nicht in
allen Gattungen der Musik wie Mozart.
Dafür hat er eine Gattung zur Vollendung gebracht, sie neu definiert: das
Lied.
16
Do 22. JäNNer 19.30 uHr #01
so 25. JäNNer 19.30 uHr #10
fr 30. JäNNer 19.30 uHr #26
Felsenreitschule
DAVIDE PENITENTE
Programm und Besetzung s. S. 8
sA 31. JäNNer 15.00 uHr #29
Mozart-Wohnhaus, Tanzmeistersaal
CHRISTIANE KARG SOPRAN
FLORIAN BIRSAK HAMMERKLAVIER
Mozart
Das Veilchen KV 476
An Chloe KV 524
Als Luise die Briefe ihres ungetreuen
Liebhabers verbrannte KV 520
Der Zauberer KV 472
Dans un bois solitaire KV 308
franz schubert
Gretchen am Spinnrade op. 2 – D 118
Mignon I D 726
Mignon II D 727
Mignon D 321
Sehnsucht D 359
Hoffnung D 251
Der Jüngling am Bache D 192
Des Mädchens Klage op. 58/3 – D 191
Thekla op. 88/2 – D 595
Die Götter Griechenlands D 677
Elysium D 584
17
SUMMARY
Salzburg is almost like a “home game” for her – or this is how it is seen
by German soprano Christiane Karg, who grew up in the Bavarian town
of Feuchtwangen. She lived in Salzburg for eight years while studying
voice at the Mozarteum University, and has “very happy memories” of
her time here. “You never forget the beginning”, she says – but also “I
learned so much here that I would never have learned anywhere else.”
Even before graduating, Christiane Karg made her début at the
Salzburg Festival in 2006, with two Mozart roles: Melia in Apollo und
Hyacinth and Worldliness in Die Schuldigkeit des ersten Gebotes,
Mozart’s first dramatic work, written when he was only 11. Mozart, she
says, should “follow a singer all through life. There’s a role suited to
every moment in life.” And “he will remain the focal point of my work”,
even if early this year she presented a CD with lieder by Richard Strauss
and – much in demand for concerts, lied recitals and oratorio – she
has a repertoire ranging from Bach through Schubert and up to the
20th century. Christiane Karg’s contribution to the 2015 Mozart Week
is entitled “Mozart, Schubert and the Lied”; she has made a special
selection for her programme, which she performs in the Mozart Residence with Florian Birsak on hammerklavier. She promises “great and
less great masterworks”. “If there’s simply a collection of moving, demanding pieces, then the audience is soon exhausted and their attention
elsewhere. You have to find a mix. A lied recital is often very intensive,
so it shouldn’t last more than two hours.”
Die Dichtung war Mozart noch „eine
gehorsame Tochter der Musik“.
Prima le parole? Oder prima la musica? Es ist ein ewiger Streit. Jeder Interpret muss sich entscheiden. Für mich
steht fest: wenn ich den Text spreche,
habe ich auch den richtigen Energieflorian birsak wird sie im Tanzmeis- fluss, aus dem Musik ja besteht. Betersaal des Mozart-wohnhauses am sonders bei Schubert, bei ihm waren
Hammerklavier begleiten.
Dichtung und Musik auf gleicher Ebene.
Ich freue mich. Einerseits ist dies ein
wunderbares Umfeld für ein Liedpro- Mit dem genialen ‚gretchen am spinngramm, andererseits mache ich mir rade‘ des 17-jährigen schubert begann
Gedanken wegen der Akustik. Man 1814 eine neue epoche des Liedes.
hört bei Mozart einfach alles. Die Qua- Es wurde so oft gesungen und ist dalität der Stimme, den technischen Zu- durch für mich als Interpretin etwas
stand, jeden Kratzer. Bei Puccini kann belastet. Es gibt in der Kunst nicht
das noch funktionieren, weil das wirklich den Königsweg. Eine endgülOrchester laut genug ist. Wir sind uns tige Interpretation ist in der Kunst faauch noch nicht einig, ob wir Mozarts tal. Es gibt keine Lösung, es gibt nur
Originalinstrument nehmen oder ein einen Moment. Und dem sollte eine gewisse Naivität inne sein. Schwer geanderes Hammerklavier.
nug. Gretchen wird oft von dramatiwie erlernen sie ein Lied?
schen Stimmen gesungen, dabei ist
Oft präge ich mir zuerst den Text ein. sie ein junges Mädchen, das verliebt
Das habe ich von meinem wunderba- ist und von tragischen Verwicklungen
ren Gesangslehrer Wolfgang Holzmair noch nichts weiß.
gelernt, der vom Wort kam. Viele Fragen der Interpretation lösen sich al- kein musikalisches Porträt, wie es
lein durch die Deklamation des Tex- Mozart oft komponierte, sondern Austes. Besonders bei Schubert. Da ergibt druck eines seelenzustandes.
sich vieles aus dem Text: die Farben, Den konnte Mozart zwar auch komponieren, aber anders als Schubert.
die Stimmungen, die Dynamik.
Schubert war der identifizierende AsDaher Ihr ausgeprägter sinn für wort- pekt, der Blick nach innen, noch weverständlichkeit?
sentlich wichtiger als Mozart. Mozart
Ja. Wenn man heute Schauspieler hört, ist ja ein Komponist der Klassik und
wundert man sich oft, warum die so nicht der Romantik.
nuscheln. Bei den älteren Kollegen ab
Mitte Fünfzig hört man immer noch eine epoche, die geheimnisvolle gedas rollende R. Das ist heute zwar ver- stalten wie Mignon aus goethes „wilpönt, aber an manchen Stellen muss helm Meister“ liebte.
einfach mehr artikuliert werden. Man Ja. Mignon ist eine zentrale Figur im
muss verstehen, was man singt. Wenn Liedschaffen Schuberts und ich singe
der Text nicht richtig vermittelt wird, seine drei Lieder D 726, D 727 und
fehlt eine große Dimension. Man kann D 321. Ich habe Postkarten gekauft, um
doch nicht ein Totengebet genauso mir ein optisches Bild von Mignon zu
singen wie eine Liebesarie! Immer die- machen: Ein braunes, schwarzhaariges,
se Verliebtheit in die eigene Stimme! seltsames Mädchen in Knabenkleidern,
Alles muss schön klingen, aber Schön- von geheimnisvoller Herkunft, das
klang kann auch sehr schnell langwei- mit einer Seiltänzergruppe umherlig werden. Schönes Gedudel interes- zieht und von dem man ahnt, dass es
früh sterben wird. Ein freier künstlesiert mich nicht.
rischer Geist. Die Sehnsucht des Menschen in der Romantik.
‚sehnsucht‘ heißt ein anderes Lied.
Oh, da weiß ich jetzt nicht weiter. Es
gibt so viele Sehnsucht-Vertonungen
(lacht).
und ‚Hoffnung‘-Vertonungen auch.
Ich singe D 251 nach Schiller. Jetzt
weiß ich es: „Es reden und träumen die
Menschen viel von schöneren Tagen“.
So fängt es an.
Dieses und andere gedichte schillers
haben schubert lange beschäftigt.
Ja. Schillers Sprache war wohl nicht
ganz einfach zu vertonen. ‚Des Mädchens Klage‘ und ‚Der Jüngling am
Bache‘ gibt es in mehreren Versionen.
Ich singe D 191 und D 192, vielleicht
nicht immer berauschende Kompositionen, aber wie ich vorhin meinte:
Wenn man nur erschütternde Lieder
bringt, kann es sehr anstrengend werden. Da kann eine Nummer ruhig einmal etwas schlichter sein. Auch ‚Thekla‘ hat mehrere Varianten. D 595 ist
sehr ergreifend.
warum?
Ihr Gesang klingt wie aus dem Jenseits, mystisch, ganz im Piano, ohne
Ausbrüche, sehr schwierig. Aber wenn
man es durchhält, hat er eine unglaubliche Wirkung.
und last but not least: ‚elysium‘ und
‚Die götter griechenlands‘…
…mit diesen wunderbaren Zeilen:
„Schöne Welt wo bist Du? Kehre wieder“. Auch von Schiller, wobei Schubert nur die zwölfte von insgesamt 16
Strophen vertonte. Ein Aufschrei. Und
eigentlich ganz modern. Das muss anständig vorgetragen werden und die
Pausen so, wie sie vorgeschrieben sind.
‚Elysium‘ ist eine richtige Konzertarie,
sehr lang, mit vielen Rezitativen. Aber
dann ist Schluss. Ein Liederabend ist
oft so intensiv und sollte deshalb höchstens zwei Stunden dauern. Sonst läuft
einem das Publikum weg.
CHRISTIANE KARG
© Gisela Schenker
dern, aber nicht gebrochen werden.
Liedern, in denen man das Publikum
ganz an sich lässt, sollten andere folgen, in denen man etwas auf Distanz
geht. Einen Liederabend zusammenzustellen ist eine schwierige Kunst.
© Schaffler & Friese
In den Museumskonzerten kann man dem Genius loci auf
ganz besondere Weise nahekommen. Christiane Karg spürt,
begleitet von florian birsak, in der Mozartwoche 2015 im
Tanzmeistersaal des Mozart-Wohnhauses neben Mozart
auch Franz Schubert nach.
18
reIseN
IN DeN erweITerTeN
MozArT-kosMos
Die Wiener Philharmoniker bei der Mozartwoche 2015
In dem Konzert der Wiener Philharmoniker unter der
Leitung von Andrés orozco-estrada sind drei symphonische Erstlingswerke zu hören: von Mozart (KV 16),
Franz Schubert und Elliott Carter.
WIENER PHILHARMONIKER
Bis heute pflegen die Wiener Philharmoniker ihre Tradition und Orchesterkultur, welche über die Jahre und
Jahrzehnte freilich stets neu beleuchtet
und erweitert wurde. Und fast ebenso
lang ist das Orchester fixer Bestandteil des Salzburger Konzertlebens, welches auch in der Mozartwoche 2015
wieder um drei „Wiener“ Abende bereichert wird.
19
Die Verbindung aus der Achtung ihres Erbes und dem Verzicht auf einen
Chefdirigenten ermöglicht es den Wiener Philharmonikern einerseits, sich
auf jede Lesart eines Gastdirigenten,
einer Gastdirigentin, einzulassen. Andererseits sorgen die Orchestermitglieder dafür, dass die Interpretation
in einem charakteristischen Rahmen
bleibt, den sie in den letzten Jahren
und Jahrzehnten allerdings durchaus
und mit Neugier erweitert haben. Im
Jänner 2015 begeben sich Andrés Orozco-Estrada und Thomas Hengelbrock
in der Mitte und am Ende der Mozartwoche auf ihre persönlich geprägten
Reisen in den Mozart-Kosmos, der um tionsstil zwischen enormer Spannkraft
die Klangwelten Franz Schuberts und und satter Lust am vollmundigen Klang
hat sich in dieser Zeit weiterentwiElliott Carters erweitert ist.
ckelt. Der Ansatz dazu ist selbst bei
Trauer um Lorin Maazel
seinen älteren Platten-Einspielungen
Doch in die Vorfreude auf die kommen- schon zu spüren, doch erst die Erfahde Mozartwoche hat sich nun tiefe rung eines langen Interpretenlebens
Trauer gemengt: Am 13. Juli, vor weni- hat diese genießerische Eigenheit so
gen Tagen, erlag Lorin Maazel im Alter erblühen lassen. Welche besseren Vorvon 84 Jahren den Folgen einer Lun- aussetzungen kann es für die Musik
genentzündung. Im Laufe seiner Kar- Mozarts oder Schuberts geben? Für
riere leitete er mehr als 150 Ensembles sein Programm bei der Mozartwoche
durch rund 5.000 Opern und Konzerte 2015 hatte Lorin Maazel Mozarts lichund mehr als 300 Tonträger-Aufnah- te A-Dur-Symphonie KV 201 und die
men.
disparate „große“ g-Moll-Symphonie
gewählt. Dazwischen Schuberts sogeLorin Maazel war das erste Konzert nannte „Unvollendete“ – die mit ihren
mit den Wiener Philharmonikern in der zwei geheimnisvollen Sätzen tatsächMozartwoche 2015 zugedacht. Mit dem lich so vollendet ist, wie es ein Musikberühmten Wiener Orchester verband stück nur sein kann.
ihn, der auch dessen Ehrenmitglied war,
eine 52-jährige Zusammenarbeit, ge- Zum ersten Mal war Lorin Maazel
prägt von großer Wertschätzung. Rund 1966 bei der Mozartwoche zu Gast,
500 Konzerte, darunter elf weltweit danach wieder im Jänner 1983, beide
übertragene Neujahrskonzerte, brach- Male ebenfalls am Pult der Wiener
te Maazel mit den Wiener Philharmoni- Philharmoniker. Lorin Maazels Tod ist
kern zur Aufführung. Sein Interpreta- ein großer künstlerischer und mensch-
Das Programm von Thomas Hengelbrock bei der Mozartwoche 2015 ist in lichte
Farben getaucht: Schuberts „kleine“ C-Dur-Symphonie steht am Beginn, im strahlenden C-Dur der „Jupiter-Symphonie“ wird das Konzert enden. Dazwischen singt
Diana Damrau Arien von Mozart.
licher Verlust. Wir sind dankbar für bei auf dem klassisch-romantischen
die vielen Spuren, die er hinterlässt Repertoire, doch bleibt ihm kein muund die bleiben werden.
sikalisches Gebiet fremd. Solcherart
ist Orozco-Estrada „geerdet“ in der
Die ersten symphonien
Tradition, aus der Kenntnis des BeDie zwei weiteren Konzerte mit den stehenden heraus das Neue zuwege
Wiener Philharmonikern in der Mozart- zu bringen. Die Wiener Philharmoniker
woche 2015 schreiten zum Anfang wie haben ihn außerplanmäßig als Einzum Ende von Mozarts symphonischer springer im Oktober 2010 kennen- und
Welt. Ein Anfang ist in gleich mehr- umgehend schätzen gelernt. Für ihn
facher Hinsicht bei Andrés Orozco- selbst ist, wie er im Gespräch verrät,
Estrada zu finden. Da ist zuerst sein die Arbeit mit dem Meisterorchester
Konzertprogramm mit drei sympho- „wie für jeden Dirigenten ein Höhenischen Erstlingswerken, die jedes für punkt“.
sich einen ganz individuellen Beginn
repräsentieren. Und da ist der Dirigent Diese drei ersten Symphonien – von
selbst, der heute zwar keinesfalls mehr Mozart, Schubert und Carter – verraam Anfang seiner Karriere steht, aber ten auch etwas über äußere Gegebendoch erst seit einigen Jahren seinen heiten: Die Komponisten waren acht,
gewonnenen internationalen Status 16 und 34 Jahre alt, als sie sich an
erfolgreich und zügig ausbaut. Orozco- dieses langlebig-wandlungsfähige GenEstrada bringt Neugier und Begeiste- re wagten, das freilich auch zu jeder
rung in sein Musizieren ein, die nicht dieser Zeiten etwas anderes bedeutet
nur sofort ansteckend wirken, sondern und verlangt hat. Sowohl für Mozart
auch immer wieder die Begegnung als auch für Schubert wirkte die Ausmit seltener gespielten Werken ermög- einandersetzung mit der Symphonie
lichen. Sein Hauptaugenmerk liegt da- schon im Kindes- oder Jugendalter
ganz selbstverständlich – und beide
waren Genies, Mozart unter idealen,
Schubert unter weniger günstigen Rahmenbedingungen. Als Carter 1908 geboren wurde, war die musikalische
Welt eine völlig andere. Nicht ohne
Grund folgte von Carter auch keine
Symphonie Nummer 2: Die Gattung im
klassisch-romantischen Sinn spielte
für ihn keine Rolle mehr, ja nicht einmal mehr in jenem einer klassischen
Moderne. Im Vergleich zu Carters späteren Werken bezeichnet OrozcoEstrada die Tonsprache seiner ersten
Symphonie als „geradezu romantisch“ – eine kleine Überraschung.
Diese drei Symphonien im Zusammenhang zu erleben, stellt einen ganz
eigenen Höhepunkt der Mozartwoche
2015 dar, wobei die Aufführung der
herrlichen Schubertschen „Arpeggione-Sonate“ mit Gautier Capuçon am
Solo-Cello in der zarten, fein ziselierten
Orchesterfassung des spanischen Cellisten Gaspard Cassadó (1897-1966)
zusätzlichen Reiz verspricht. Mozarts
Symphonie KV 16 findet im dritten der
WIENER PHILHARMONIKER
© Martin Sigmund
1877 spielten die wiener Philharmoniker das erste Mal in ihrer damals mit gut
35 Jahren noch jungen geschichte außerhalb wiens. wo? In salzburg, bei einem
von der ,Vorgängerorganisation‘ der heutigen stiftung Mozarteum salzburg veranstalteten „Mozart-fest“. Dieses erste Auftreten hat seither zu unzähligen weiteren
besuchen des berühmtesten österreichischen klangkörpers in salzburg geführt.
© Gunter Glücklich / NDR
Markus Hennerfeind
20
WIENER PHILHARMONIKER
DIRIGENT N.N.
Mozart
Symphonie A-Dur KV 201
franz schubert
Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 „Die Unvollendete“
Mozart
Symphonie g-Moll KV 550
künstlergespräch 18.30 uhr
Marc Minkowski und Matthias Schulz im Gespräch
MI 28. JäNNer 19.30 uHr #19
Großes Festspielhaus
WIENER PHILHARMONIKER
DIRIGENT ANDRÉS OROZCO-ESTRADA
GAUTIER CAPUÇON VIOLONCELLO
franz schubert
Symphonie Nr. 1 D-Dur D 82
franz schubert
Sonate a-Moll D 821 „Arpeggione-Sonate“
Bearbeitung von Gaspar Cassadó als Concerto a-Moll
für Violoncello und Orchester
Mozart
Symphonie Es-Dur KV 16
elliott carter
Symphonie Nr. 1
künstlergespräch 18.30 uhr
Andrés Orozco-Estrada und Christoph Koncz im Gespräch
sA 31. JäNNer 19.30 uHr #30
Großes Festspielhaus
WIENER PHILHARMONIKER
DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK
DIANA DAMRAU SOPRAN
franz schubert
Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589
Mozart
„Vado, ma dove? oh Dei!“. Arie für Sopran
und Orchester KV 583
„Alma grande e nobil core“. Arie für Sopran
und Orchester KV 578
Kavatine der Gräfin Nr. 11 „Porgi amor qualche
ristoro“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492
Rezitativ und Arie der Gräfin Nr. 20
„E Susanna non vien!“ – „Dove sono i bei
momenti“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492
Mozart
Symphonie C-Dur KV 551 „Jupiter“
einführungsvortrag 18.30 uhr
21
Der kreis schließt sich
Thomas Hengelbrock hat in seinem Repertoire nie irgendeine magische Grenze gezogen, ganz im Gegenteil zeichnet der Spezialist für den sogenannten „Originalklang“ auch für manche
Uraufführung verantwortlich. Nur die
Wurzeln des Mitt-Fünfzigers liegen in
der historisch informierten Aufführungspraxis, deren Erkenntnisse seine Interpretationen stets mitbestimmen. Sein Programm bei der Mozartwoche 2015 ist in lichte Farben getaucht: Schuberts „kleine“ C-Dur-Symphonie steht am Beginn und im strahlenden C-Dur der „Jupiter-Symphonie“
wird das Konzert auch enden. Dazwischen singt Diana Damrau zwei Einlagearien, die Mozart für Aufführungen
anderer Opern geschrieben hat, „Vado, ma dove? oh Dei!“ KV 583 und
„Alma grande e nobil core“ KV 578
sowie die beiden Arien der Gräfin aus
„Le nozze di Figaro“.
Wohin sich Mozarts Genie seit seiner
ersten Symphonie entwickelt hat, ist
kein Geheimnis, und es wäre dieses
KV 16 keine Komposition Mozarts,
würde sich nicht auch hier ein kleines Wunder ereignen. Als solches darf
man nämlich das Andante bezeichnen,
das trotz der äußeren Schlichtheit
bereits alle Züge späterer Großtaten
in sich trägt. Außerdem stimmt das
Horn darin ein viertöniges Motiv an,
welches das Finale der „Jupiter-Symphonie“ vorwegnimmt: der Anfang
eines Kreises, den das Schicksal nach
einem guten Vierteljahrhundert viel
zu früh schließen sollte.
gautier capuçon spielt am Mittwoch, 28. Jänner 2015 mit den Wiener Philharmonikern unter Andrés Orozco-Estrada
Schuberts „Arpeggione“-Sonate in der zarten, fein ziselierten Orchesterfassung von Gaspard Cassadó.
SUMMARY
In 1877, the Vienna Philharmonic performed outside Vienna for the first time in their only 35-year history.
Where? In Salzburg, at a “Mozartfest” arranged by one of the organisations preceding today’s Mozarteum
Foundation. This first appearance led to countless further visits to Salzburg by the most famous Austrian
ensemble. In January 2015, Andrés Orozco-Estrada and Thomas Hengelbrock embark on their personal
journeys into the Mozart cosmos, which expands to include the musical worlds of Franz Schubert and
Elliott Carter. Sadly, our happy anticipation of the coming Mozart Week is now mingled with deep sorrow:
on 13 July 2014, Lorin Maazel – who was to conduct the first concert with the Vienna Philharmonic – died
of pneumonia at the age of 84. He had chosen Mozart’s light A major Symphony K201 and the contrasting
“great G minor”, with Schubert’s so-called “Unfinished” in between. Lorin Maazel first performed at the
Mozart Week in 1966, and later in 1983, on both occasions with the Vienna Philharmonic. His death is a
great loss, both artistic and personal. We are grateful for the many lasting memories he leaves us.
The two further concerts with the Vienna Philharmonic in the 2015 Mozart Week highlight the beginning
and the end of Mozart’s symphonic world. Andrés Orozco-Estrada offers a beginning in several respects: his
concert programme features no less than three first symphonies – by Mozart, Schubert and Carter –, each
representing a highly individual inception; then there is the conductor himself who, although no longer at
the start of his career, has only in recent years been building rapidly on his international status. The concert in January 2015 will (probably) be his third with the Vienna Philharmonic – planned this time, after
he twice stepped in at short notice. A soloistic counterpoint is provided by Schubert’s “Arpeggione” Sonata
with Gautier Capuçon on cello, in the arrangement for orchestra by the Spanish cellist Gaspard Cassadó.
Thomas Hengelbrock’s 2015 Mozart Week programme is bathed in pastel colours: it opens with Schubert’s
“little C major” Symphony and closes with the radiant C major of Mozart’s “Jupiter” Symphony. In
between, Diana Damrau sings two concert arias and the Countess’s two arias from The Marriage of Figaro.
When the famous four-note motif from the Andante of his First Symphony appears in the last movement
of the “Jupiter”, the symphonic Mozart cosmos comes full circle.
WIENER PHILHARMONIKER
In Memoriam Lorin Maazel
philharmonischen Konzerte der Mozartwoche 2015 schließlich ihre Fortführung und Vollendung in seiner letzten,
der „Jupiter-Symphonie“.
© Gregory Bartardon
© Andrew Garn
sA 24. JäNNer 19.30 uHr #07
Grosses Festspielhaus
Tiefe Trauer hat sich in die Vorfreude auf die
kommende Mozartwoche gemengt: Vor
wenigen Tagen erlag Lorin Maazel den Folgen
einer Lungenentzündung. Das von ihm geplante Konzert am 24. Jänner 2015 wird zu
seinem Gedenken stattfinden.
22
reIf für
grosse DAMeN
..
..
»FÜR DIE SPEZIELLEN SINGVÖGEL DIE PASSENDE MUSIK«
DIANA DAMrAu IM gesPräcH
mit Teresa Pieschacón Raphael
23
Von kühen heißt es, sie gäben bei
Mozarts Musik mehr Milch. wie musikalisch können Pferde sein?
Vielleicht ist ‚musikalisch‘ nicht der
richtige Ausdruck. Ein Pferd kann aber
Wellenlängen und vielleicht auch Schallwellen empfangen, die ein Mensch
nicht mehr spürt. Es gibt Pferde, die
gerne im Takt zur Musik laufen. Als Reiterin und Sängerin weiß ich allerdings
eines: Meine Stimme muss ich so behandeln, wie ich als Reiterin auch mein
Pferd behandle. Man kann ein Pferd
mit dem Ausatmen antreiben oder stoppen, es ist wie beim Singen. Mit Gewalt geht da nichts. Und wie die Musiker brauchen auch die Pferde einen guten Dirigenten beziehungsweise Dompteur.
singen sie beim reiten?
Eigentlich nicht, und wenn, dann eher
leise!
und noch nie abgeworfen worden?
(Lachen) Ohne Singen schon oft! Aber
Gott sei Dank nicht, als das Fernsehen
ein Portrait von mir machte. Sie setzten
mich auf einen riesigen Schimmel, den
ich nicht kannte, ich sollte galoppieren
und dabei singen.
ein Handschuh. Der kann sich nicht so
schnell verändern wie Kleidergrößen.
Haben die zwei schwangerschaften
Ihre stimme verändert?
Vor der Geburt war ich mir natürlich
unsicher. Manche Sängerinnen verlieren zwei, drei Spitzentöne. Ich habe
Glück gehabt. Toi, toi, toi! Durch die
Geburt meiner beiden Söhne, das hormonelle Auf und Ab, hat sich die Stimme zwar verändert, aber in einem für
mich guten Sinn. Sie hat vor allem in
der Mittel- und der tiefen Lage beträchtlich an Volumen gewonnen. Die dunklen Farben gelingen mir jetzt noch besser und auch die Höhe hat mehr Rundung und Flexibilität. Neue Farben
und Möglichkeiten sind dazugekommen. Jetzt klingt es nach Frau – als
Mutter bin ich mehr Frau. Außerdem
bin ich ja mit der Zeit auch älter und
reifer geworden.
„Meine stimme ist wie ein Pferd“
sagten sie in der fAz. wie fühlt sich
denn Ihr Pferd im Moment an?
So! (Lautes Lachen) Spass beiseite:
Der Vergleich gilt auf mehreren Ebenen. Als Sänger muss man arbeiten wie
ein Ackergaul, ohne Unterlass, mit Geduld und Kontinuität, sich zudem ein
dickes Fell zulegen und doch feinnervig sein in der Künstlerschaft. Die Stimme dagegen ist das Renn-, das Dressuroder das Springpferd – das kommt auf
die Rolle an. Ich muss fordern, aber
immer mit Liebe, und ich muss in mir
sicher sein. Pferde spüren die geringste
Angst, die kleinste Verspannung. So
muss ich als Sänger lernen, mein Un- und reif also für Mozarts „große Daterbewusstsein im Griff zu haben, denn men“ wie die gräfin Almaviva?
die Stimme reagiert sofort.
Ja, stimmlich ist für die beiden Arien
der Contessa aus dem „Figaro“ eine
„Die Aria sey einem sänger so accurat gute und farbige Mittel- als auch tiefeangemessen“, schrieb Mozart, „wie ein re Lage wichtig. Aber auch technisch
gutgemachts kleid“.
wie emotional muss man eine breitere
Oh. Das mit den Kleidern kann sich Palette bedienen können – wie die rieimmer ändern. Vor allen Dingen die sigen Legatobögen, mit denen die
Größe eines Kleides. Nach einer Geburt Contessa ihre ganze Trauer über die
sieht es da oft anders aus! Sagen wir es Untreue des Grafen zeigt, etwa in „Porbesser so: Die Rollen müssen passen wie gi amor qualche ristoro“ oder über ihr
verlorenes Glück in „Dove sono i bei
momenti“. Gleichzeitig bekennt sie sich
aber zu ihrer Liebe. Alles ist so wahrhaftig. Mozart war ein solch großer
Frauenkenner!
Ihren Mann, den bassbariton Nicolas
Testé, lernten sie in einer „Don giovanni“-Produktion kennen.
Ja, das war lustig. Mozart hätte doch
die Konstellation Masetto – Donna
Anna ausprobieren sollen, die klappt!
Einige Jahre davor sangen wir aber in
München die „Apocalypse selon St.
Jean“ von Jean Françaix, da war er
„der Erlöser“! Tja!
Mit der gräfin Almaviva hätten sie ja
bald alle wichtigen frauenfiguren aus
dem „figaro“ durch. Den Anfang nahmen sie mit der barbarina.
Mit ihr stand ich überhaupt zum ersten Mal auf der Bühne – 1995 am Stadttheater in Würzburg. Als Soubrette.
Mit der susanna debütierten sie 2006
an der Mailänder scala.
Eine richtig lyrische Partie, in der ich
den ganzen Umfang der Stimme erklingen lassen konnte. Mozarts Musik
birgt in sich unendliche Möglichkeiten
für mich, meine Emotionen und mei-
ne Stimme. Die Susanna sang ich auch ...damit er ihm seinen Handschuh
in München, Wien und Salzburg.
schustern konnte (lacht). Wissen um
Gesangsstimme und Technik ist beim
Mit der königin der Nacht, mit der Komponieren unerlässlich. Die meisten
sie 1996 in würzburg debütierten, Komponisten unserer Zeit lassen sich
sind sie weit gereist, haben sie aber von den Möglichkeiten der jeweiligen
dann abgegeben. Dennoch nennt man Stimme inspirieren und versuchen, den
sie bis heute den besten koloratur- Sänger in seiner schönsten Lage erklinsopran der welt.
gen zu lassen, seine Vorzüge hervorzuIch habe die Königin an fast allen gro- heben. Lorin Maazel hat mir zwei Rolßen Häusern in mindestens 16 unter- len in seiner Oper „1984“ für das Royal
schiedlichen Produktionen gesungen. Opera House Covent Garden auf den
Darunter zwei Produktionen bei den Leib geschrieben und der junge Brite
Salzburger Festpielen, in New York Pa- Iain Bell hat mir neben Liederzyklen
mina und Königin in derselben Serie, eine ganze Oper komponiert: „A HarNeuproduktionen in London, München lot’s Progress“ haben wir 2013 am
und so fort. Das ist Hochleistungssport. Theater an der Wien uraufgeführt.
Diese Rolle singt man nur für eine
gewisse Zeit und vor allem im passen- zwei der Arien, die sie bei der Mozartden Rollenumfeld. Seit einiger Zeit sin- woche 2015 singen werden, kompoge ich die großen italienischen Belcan- nierte Mozart für Louise Villeneuve.
to-Partien, nun auch Traviata, das passt Mozart hat für die großen Sängerinnen
nicht zur Königin. Obwohl ich die Rolle seiner Zeit komponiert, für die spezielsehr liebe und die „F“s immer noch len Singvögel die passende Musik gehabe – ich kann und möchte keinen schrieben. Nur zu gern würde ich höSalto mortale machen. Man kann der ren, wie damals gesungen wurde! MoStimme sehr leicht wehtun. Jede Rol- zarts Musik fordert gesangstechnisch
alles und verlangt eine homogene, unle hat ihre Zeit.
gebrochene Stimme. Vom Sopran fores heißt, Mozart begann erst zu kom- dert er manchmal einen Stimmumfang
ponieren, wenn er den sänger hatte von bis zu drei Oktaven. Doch mit diesingen hören.
sen Anlagen muss man geboren sein!
DIANA DAMRAU
DIANA DAMRAU
Die Mozartwoche 2015 wird mit
bartabas zu Mozarts kantate „Davide
penitente“ eröffnet. Das müsste sie als
passionierte reiterin doch freuen!
Oh ja, und wie! Ich liebe lange Reittouren mit Zelt und Satteltaschen und
allem Drum und Dran. Zuletzt bin ich
durch Afrika geritten, mit Krokodilen
und Nashörnern drum herum. Schade,
dass ich zur Premiere noch nicht in
Salzburg sein kann. Ich trete ja erst
eine Woche später auf.
© Micheal Tammaro / Virgin Classics
Aus dem bayerisch schwäbischen günzburg hinaus in die weite welt: In nur wenigen Jahren
hat es die sopranistin Diana Damrau an die weltspitze geschafft. bei der Mozartwoche 2015
wird sie unter anderem die beiden Arien der contessa Almaviva interpretieren.
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Als „weltbeste Königin der Nacht“ wird Diana Damrau bis heute von der internationalen
Presse gefeiert, obwohl sie längst Mozarts dämonische Koloraturhexe verlassen und sich den
tiefgründigen, emotional fordernden Frauencharakteren Mozarts zugewandt hat.
wie verhält sich dies mit Iain bell?
Iain hat mich und meine Stimme über
Jahre verfolgt, kennengelernt und einige Liederzyklen für mich komponiert,
die ich auch gesungen habe. Er kann
Worte großartig in Musik umsetzen
und für die Stimme komponieren.
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einführungsvortrag 18.30 uhr
© Rebecca Fay / Erato
sA 31. JäNNer 19.30 uHr #30
Großes Festspielhaus
WIENER PHILHARMONIKER
DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK
DIANA DAMRAU SOPRAN
franz schubert
Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589
Mozart
„Vado, ma dove? oh Dei!“. Arie für Sopran
und Orchester KV 583
„Alma grande e nobil core“. Arie für Sopran
und Orchester KV 578
Kavatine der Gräfin Nr. 11 „Porgi amor qualche
ristoro“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492
Rezitativ und Arie der Gräfin Nr. 20
„E Susanna non vien!“ – „Dove sono i bei
momenti“ aus „Le nozze di Figaro“ KV 492
Mozart
Symphonie C-Dur KV 551 „Jupiter“
was lieben sie an Ihrem beruf?
Das Großartige ist, dass wir die Grenzgänge, die Brüche, die manche Menschen und viele Opernfiguren in sich
bergen, darstellen dürfen, sie stimmlich-musikalisch umsetzen, sie durch-
welche Voraussetzungen sind für den
sänger-beruf wichtig?
Man muss dazu geschaffen sein. Meine
Großmutter etwa hätte die Begabung
gehabt, aber zu ihrer Zeit war dies nicht
möglich – als Mutter vieler Kinder in
einer Kleinstadt; vielleicht hat sie sich
auch nicht getraut. Es kommt viel zusammen, wenn man so eine Karriere
anstrebt: Eine schöne Stimme reicht
nicht, man muss auch charakterlich
die Anlagen mitbringen, um diesen Beruf durchzustehen und die richtigen
Lehrer finden.
welchen gefahren ist man als sänger
ausgesetzt?
Man kann an eine falsche Rolle gelangen, weil Manager oder Veranstalter es
so wollen. Bei allem Ehrgeiz muss man
sich Realismus bewahren. Es ist wichtig, dass man Vertraute hat. Zu meinen
Lehrern habe ich immer noch Kontakt. Und ich zeichne Proben auf, um
meinen Gesang so zu hören, wie ihn
die anderen hören. Ich bin sehr kritisch und finde immer etwas, das mir
nicht passt. Trotzdem ist man nicht
davor gefeit, kleine Problemchen zu
leicht zu nehmen, die sich dann aber
zu einem großen Problem auswachsen können. Deshalb ist es wichtig,
sich immer auch mit anderen zu besprechen.
sie wirken so fröhlich, so bodenständig. Ist das der garant für eine solide
karriere?
(Lachen) Ich bin Optimistin und relativ flexibel, dennoch habe auch ich
Schicksalsschläge erlebt. Davor ist niemand gefeit. Ich stamme aus einer
Kleinstadt und einer intakten Familie.
Günzburg gehört zu mir, ist meine Familienbasis. Ich lasse mich nicht von
dem schönen Schein und materiellen
Dingen blenden. Ich selbst bin eigentlich ein Landei, genieße zwar die Großstadt und ihre Möglichkeiten, aber ertrage auf Dauer die dort herrschende
Anonymität und Rastlosigkeit nicht. Ich
brauche die Natur, die Pferde, die Bewegung, die Luft, den Tanz, da schöpfe
ich viel Kraft und Inspiration heraus.
Beruflich bin ich sowieso in den großen
Städten unterwegs, mich begeistern
fremde Sprachen und das Eigentümliche einer jeden Stadt, sei es in Wien,
Paris, London, New York oder Mailand.
Aber ich brauche das kleine Umfeld um
mich herum. Mein Beruf ist trotz aller
Kommunikation auch sehr anonym.
suMMAry
Loosely quoting Nietzsche, one might say that for soprano Diana Damrau, without Mozart’s music, life would be a
mistake – for Mozart runs like a golden thread through her whole career. She made her début as Barbarina in Figaro
in 1996 at the municipal theatre in Würzburg, and as Queen of the Night she conquered the world stage. The press –
“the world’s best coloratura soprano” (New York Sun) – was fascinated by her voice, crystal-clear in the high register, soulfully feminine in the middle and with wonderfully warm depths – quite apart from her intuitive approach and her dramatic
power. “Everything must emerge from the moment, as authentically as possible”, she is convinced. Although Damrau is
currently earning accolades as Violetta in La Traviata, although her repertoire includes Zerbinetta, Manon, Lucia,
Gilda and many other roles, and she is in great demand as a lied singer, Mozart’s operas will remain a constant in her
professional life. “Mozart’s music holds infinite possibilities for me – emotionally and vocally”, she says. After her second
child, she feels ready for dramatic soprano roles – for instance, Mozart’s complex, emotionally demanding characters
such as Contessa Almaviva, whose two great arias she is to perform at the Mozart Week with the Vienna Philharmonic
under Thomas Hengelbrock.
DIANA DAMRAU
BLINDTEXT
Thomas Hengelbrock wird in dem konzert bei der Mozartwoche 2015 sein
Debüt mit den wiener Philharmonikern geben.
Tja, die Wiener Philharmoniker habe
ich allerdings schon dirigiert (lacht).
Das war in der Carnegie Hall im letzten Frühjahr! So ein Spaß und eine
Überraschung für alle, als Zubin Mehta mir den Taktstock bei der Zugabe in
die Hand drückte! Thomas Hengelbrock schätze ich sehr. Jetzt kommen
wir endlich zu unserem ersten gemeinsamen Konzert. Ich freue mich
sehr auf diesen Abend. Ich bin ein großer Fan der authentischen Aufführungspraxis und habe zum Beispiel mit Jérémie Rhorer und seinem Cercle de
l’Harmonie zwei Aufnahmen mit Mozart-Arien aufgenommen, mit Nikolaus
Harnoncourt und seinem Concentus
Musicus habe ich Mozarts „Zaide“ eingespielt, mit Fabio Biondi und seinen
Europa Galante gearbeitet und mit
anderen.
leben können. Natürlich bin ich nicht
so machtbesessen und skrupellos wie
eine Königin der Nacht, aber es ist faszinierend, dass ich mich in ihren Charakter hineinversetzen darf und ihn auf
die Bühne bringen kann, mit allem,
was ich habe. Es sind ja nicht nur die
Stimme, die Klänge und Töne, die ich
produziere, oder die Artikulation und
Farbe, mit denen ich den Charakter
zeichne. Ich muss alles auch mit der
Körperspannung ausdrücken. Ein liebendes Mädchen hat eine andere Körperspannung als eine Elektra oder eine
verbitterte alte Frau. Alles muss aus
dem Moment heraus entstehen, so
wahrhaftig wie möglich.
26
Antonello Manacorda wird die konzertante Aufführung von Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ mit dem
Mozarteumorchester Salzburg, dem Salzburger Bachchor und namhaften Solisten im Haus für Mozart leiten. Der
gebürtige Turiner ist seit 2010 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter der Kammerakademie Potsdam und seit
2011 außerdem Chefdirigent des niederländischen Het Gelders Orkest.
goTT Des kuNsTLIeDes,
gLückLoser MusIkDrAMATIker
Die Mozartwoche 2015 zeigt Franz Schuberts Oper „Alfonso und Estrella“ in einer
konzertanten Aufführung. Erst im 20. Jahrhundert entwickelte sich, nicht zuletzt
durch Künstler wie Dietrich Fischer-Dieskau, ein neues Sensorium für die
im besten Sinne eigentümlichen Qualitäten des eindrucksvollen Werks.
Florian Oberhummer
27
Es ist ein Treppenwitz der Musikgeschichte, dass der populärste aller Liedkomponisten trotz neun vollendeter
Bühnenwerke im Opernbereich nie
wirklich Fuß fasst. Dabei ist Schubert
erwiesenermaßen ein Theaterbegeisterter, ein Kenner der musikdramatischen Meisterwerke seiner Zeit, verehrt Gluck und kennt die wichtigsten
Mozart-Opern, hört Webers „Frei-
schütz“ und Beethovens „Fidelio“. Unschwer zu verstehen, dass Franz Liszt,
der dieses Werk in gekürzter Form
1854 zur Uraufführung bringt, sich in
Schuberts Opernschaffen eine Potenzierung der Liedkunst erhofft. In dieser Logik liegt aber vielleicht auch ein
Teil des Problems: Liegen etwa Kunstlied-Meisterwerken wie „Gretchen am
Spinnrade“ oder dem „Erlkönig“ geniale Schöpfungen eines Goethe zugrunde, so muss Schubert bei seinen
Opern-Versuchen auf ungleich irdischere Geister zurückgreifen.
Das stellt sich auch im Falle des Librettisten von „Alfonso und Estrella“
nicht anders dar: Franz von Schober
ist eine Zentralfigur des Freundeskreises von Franz Schubert, beherbergt diesen, leitet Leseabende und
infiziert den Komponisten mit der
großen Literatur. Nicht nur Kleists
Dramen und Goethes „Faust“, auch
Rückerts Gedichte lernt Schubert bei
diesen „Kunstgesprächen“ kennen –
und vertont so manches davon wenig
später. Schlegels Idee einer „Universalkunst“, in der Text und Musik zu
einem großen Ganzen werden sollten, wird in diesem Kreis gelebt und
beeinflusst die beiden Freunde nicht
zuletzt auch bei der Arbeit zu „Alfonso und Estrella“. Schober ist also ein
wichtiger „Spiritus Rector“ für den
Geist des jungen Komponisten, als
unsterblicher Dichter schafft es der
Adelige aber nicht in die Geschichtsbücher – auch wenn Schobers Gedicht
„An die Musik“ Franz Schubert zu
einem seiner populärsten Lieder inspirieren sollte.
Die beiden Mitt-Zwanziger – Schober
ist gerade einmal ein Jahr älter als
Schubert – ziehen sich im Herbst
1821 für ein Monat auf Schloss Ochsenburg nahe St. Pölten zurück, um
parallel an Libretto und Musik zu arbeiten. Eine kreative Landpartie zweier Junggesellen darf man sich hierunter vorstellen, Bier, Pfeife, Ball- und
Konzertbesuche, sprichwörtliche Schubertiaden samt „aufs nobelste entzückter“ blaublütiger Zuhörerinnen.
Schober schwärmt von Schuberts
„herrlichen Melodien“, es sei „wunderbar, wie reich und blühend er wie-
ALFONSO UND ESTRELLA
© Nikolaj Lund
Man nehme zwei verfeindete Monarchen, zwei Königskinder und einen
Feldherrn. Die Königstochter weist den
Schlachtenführer ab und verliebt sich
in den Sohn des verstoßenen Todfeinds. Der Feldherr schwört blindwütig Rache und lässt die Unwillige
entführen. Die darauffolgende Schlacht
kann nur durch Liebe und Versöhnung
beendet werden. Ein Stoff, wie geschaffen für eine große romantische
Oper. Und doch kennt ihn kein Mensch.
Kein Wunder: Franz Schuberts Oper
„Alfonso und Estrella“ ist nicht existent auf den Bühnen dieser Welt, die
Aufführungen in den vergangenen
150 Jahren lassen sich an einer Hand
abzählen.
28
der Gedanken hineingegossen hat“.
Die sprachlichen Mängel in Schobers
Libretto, die holzschnittartige Personenzeichnung jedoch können offenbar auch Schuberts musikalische Genieblitze nicht kompensieren. Das 1822
vollendete Werk enttäuscht nicht nur
Schuberts befreundete Wiener Sänger,
sondern auch die nach Berlin engagierte Sopranistin Anna Milder-Hauptmann. Sie begründet ihre Absage damit, „dass Ihr Buch hievon den hiesigen Geschmack nicht entspricht, man
ist die große, hoch tragische Oper gewöhnt oder die französisch komische
Oper“. Zu Schuberts Lebzeiten wird es
zu keiner Aufführung kommen, auch
Franz Liszts Interesse knapp drei Jahrzehnte später weckt ein nicht gerade
objektiver Fürsprecher dieses Werks:
Franz von Schober, schon 1839 für
kurze Zeit Liszts Sekretär und nun Legationsrat in Weimar.
fr 23. JäNNer 19.00 uHr #04
Haus für Mozart
franz schubert
ALfoNso uND esTreLLA
D 732
Oper in drei Akten
Libretto von Franz von Schober
Konzertante Aufführung
Dort hebt Liszt das Werk aus der Taufe, nicht ohne seine Verwunderung
darüber zu erwähnen, „dass ein wie
Schubert an substanziell feine, poetische Nahrung gewöhnter Geist die
Unzulänglichkeit des gewählten Libretto nicht hätte bemerken sollen“.
„In dramaturgischer Hinsicht hat die
Oper Schwächen“, sagt auch Antonello Manacorda, der die konzertante Aufführung dieses Werks bei der Mozartwoche 2015 dirigieren wird. „Schubert
und Schober haben versucht, eine
Antwort auf die französische Grand
opéra und auf den Belcanto zu finden“, erläutert der gebürtige Turiner
– und beginnt von der „melodischen
Erfindungsgabe“ der Oper zu schwärmen: „Man denkt an ,Fidelio‘.“ Aber
auch das in dieser Zeit grassierende
Rossini-Fieber in Wien habe Schubert
nicht kalt gelassen, meint Manacorda:
„Es gibt eine rhythmische Lebendigkeit in seiner Musik, die an Rossini
erinnert.“ Über die musikalische Qualität dieser Oper lasse sich ohnehin
nicht streiten: „Bei ,Alfonso und Estrella‘ ist alles drin – Arien, Lieder,
Kammermusik.“ Der konzertante Rahmen berge folglich durchaus Chancen, „hier hört man nur Musik pur,
man ist nicht so sehr auf die Handlung fokussiert.“ Und: „Die Besetzung
ist der Wahnsinn!“ Aleksandra Kurzak,
Toby Spence, Markus Werba, Michael
Nagy und Alastair Miles hat ein Dirigent
fürwahr nicht jeden Tag zur Verfügung.
Da darf man schon einmal 700 Euro für
die Urtext-Partitur ausgeben, wie Manacorda unverhohlen bekennt. Genia Kühmeier, die ursprünglich für die Partie
der Estrella vorgesehen war, musste aus
familiären Gründen leider absagen. Wir
freuen uns aber sehr, dass Aleksandra
Kurzak, ebenfalls eine wunderbare Sängerin, diesen Sopranpart übernimmt.
Der 44-Jährige Dirigent gilt als Schubert-Spezialist. Mit seiner Kammerakademie Potsdam arbeitet er sich seit
einigen Jahren durch die SchubertSymphonien, die CD-Gesamteinspielung dieses symphonischen Bergmassivs soll 2015 komplett auf dem Markt
erhältlich sein. „Schuberts Sprache
wird nicht von vielen beherrscht“, so
Manacorda, der auf den großen Claudio Abbado als Lehrmeister verweisen kann. 15 Jahre hat das Gründungsmitglied des Mahler Chamber
Orchestra mit Abbado gearbeitet,
davon acht Jahre als Konzertmeister.
Die Erinnerungen an den im Jänner
verstorbenen Maestro sind dementsprechend lebendig. „Er holte das Beste aus den Musikern, weil man als Musiker die komplette Freiheit hatte. Dirigieren ist keine Frage der Kontrolle,
man kann nur helfen.“ Oder, wie es
ein weiterer Lehrmeister Manacordas
formulierte: „Help, don’t disturb.“
Freiheit prägt auch Manacordas Schubert-Interpretationen, die sich weder
der reinen Originalklang-Lehre noch
einer von schwerem, romantischem
Orchesterklang geprägten Ästhetik
zurechnen lassen. „Wir spielen auf
modernen Instrumenten, bis auf das
Blech“, verweist der charismatische
Italiener auf die Mischung, die wohl
auch die Programmverantwortlichen
der Mozartwoche, Marc Minkowski und
Matthias Schulz, auf ihn aufmerksam
gemacht hat. Manacorda gibt sich diplomatisch: „Heutzutage kann man die
historisch informierte Aufführungs-
praxis nicht ignorieren. Es geht jedoch
nicht darum, welche Saite man spielt,
sondern wie man sie spielt.“ Phrasieren à la Originalklang, Klangrhetorik
– anything goes! Denn: „Die Wahrheit
liegt im Text.“ Wichtig sei ihm die kleine Besetzung.
In Salzburg, wo Antonello Manacorda
mit dem Mozarteumorchester arbeiten wird, trifft er diesbezüglich auf
fruchtbaren Boden. Chefdirigent Ivor
Bolton, den Manacorda sehr schätzt,
hat das Orchester in seiner mittlerweile ein Jahrzehnt andauernden Regentschaft mit der Ästhetik historisch
informierten Musizierens bekannt gemacht, ohne auf die klanglichen Möglichkeiten der modernen Instrumente
zu verzichten.
Es ist also alles angerichtet für die
Wiederentdeckung einer SchubertTrouvaille, die dem glücklosen Musikdramatiker fast zwei Jahrhunderte
nach ihrer Entstehung späte Genugtuung bescheren könnte.
Links oben: Theaterzettel der Premiere von „Alfonso und Estrella“ am Hoftheater Weimar 1854, ohne Nennung des Librettisten
Franz von Schober und des Dirigenten Franz Liszt.
Links unten: Arie des Adolfo, autographer Klavierauszug.
Rechts: Aleksandra kurzak (li., Estrella) und Toby spence (Alfonso) in der konzertanten Aufführung der Mozartwoche 2015.
MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG
SALZBURGER BACHCHOR
DIRIGENT ANTONELLO MANACORDA
ALEKSANDRA KURZAK ESTRELLA
TOBY SPENCE ALFONSO
MARKUS WERBA FROILA
MICHAEL NAGY MAUREGATO
ALASTAIR MILES ADOLFO
BENJAMIN HULETT ANFÜHRER
KÖNIGLICHE LEIBWACHE
einführungsvortrag 18.00 uhr
29
ALFONSO UND ESTRELLA
Alfonso und Estrella was never performed during Franz Schubert’s lifetime, and even after Franz Liszt conducted the première in 1854, this great Romantic opera was staged only very rarely – typical enough of
Schubert’s ill-starred career as a composer of opera. In the autumn of 1821, Schubert and his friend Franz
von Schober retreated for a month to Schloss Ochsenburg, near St. Pölten, to collaborate on libretto and
music. Schubert’s wonderful melodies could not, however, compensate for deficiencies in language and role
portrayal, and the opera proved a flop. “From a dramatic point of view, the opera does have weaknesses”,
admits Italian Antonello Manacorda, who conducts the concert performance at the 2015 Mozart Week. He
is looking forward to the “stunning cast” in Salzburg, which features Toby Spence and Markus Werba.
Regrettably, Genia Kühmeier has had to cancel for personal reasons. We are pleased to announce, however,
that top-flight soprano Aleksandra Kurzak will be a worthy replacement in the part. Manacorda is considered
a specialist, not least since his complete recording of Schubert’s symphonies; long-time leader of the Mahler
Chamber Orchestra under Claudio Abbado, with the Mozarteum Orchestra he will bring to bear his experience
of modern instruments and historically informed performance practice.
© Andrzej Swietlik
ALFONSO UND ESTRELLA
SUMMARY
30
DAs wuNDer MozArT
..
»LÄSST MICH DAS BESSER SPIELEN?«
MITsuko ucHIDA IM gesPräcH
mit Florian Oberhummer
Mitsuko uchida ist seit 20 Jahren so etwas wie ein stammgast bei
der Mozartwoche. Auch 2015 wird die japanischstämmige Musikerin,
die in wien studierte und in London lebt, sowohl als solistin wie
auch als kammermusikerin in salzburg zu erleben sein –
mit werken von schubert und Mozart, die auch zentrale säulen
in der mittlerweile mehr als 50-jährigen karriere der Pianistin
darstellen. zudem verleiht die stiftung Mozarteum salzburg
Mitsuko uchida an Mozarts 259. geburtstag die goldene
Mozart-Medaille. grund genug, sie zum Interview zu bitten.
© Justin Pumfrey / Decca
besitzen Auszeichnungen allgemein
für sie eine bedeutung?
Ich weiß es nicht. Ich freue mich darüber, dass die Leute etwas von dem,
was ich versuche, jeden Tag etwas besser zu machen, zu schätzen wissen.
Aber mehr ist das nicht. Schauen Sie,
ich bin eine „Dame of the British Empire“. Lässt mich das besser spielen?
Die Antwort ist: Nein!
Die wahl der stiftung Mozarteum
hängt wohl damit zusammen, dass
sie sich seit Jahrzehnten mit dem
werk Mozarts in exemplarischer
weise beschäftigen – nicht zuletzt in
der gesamteinspielung der Mozartsonaten und -konzerte in den
1980er-Jahren. und in den letzten
Jahren haben sie viele der klavierkonzerte mit dem cleveland orchestra
neu eingespielt. Mozart hat sie also
nie losgelassen, oder?
Es stellt meine immerwährende Mühe dar, Mozart einen Schritt näher zu
kommen. Die „Achtziger“ waren meine Mozart-Jahre, da habe ich so viel
Mozart gespielt und so viel Mozart zu
verstehen versucht. Danach habe ich
mich ein bisschen von ihm entfernt; in
letzter Zeit kehre ich mehr und mehr
zu ihm zurück.
zusammenstellung?
Ich wollte gerne einmal in einem Konzert je eine frühe Sonate, eine mittlere und eine späte Sonate spielen. Dabei wollte ich eher die Unterschiedlichkeit aufzeigen als eine innere Verwandtschaft. Mozart konnte ja an einem Tag
eine Komödie schreiben, am nächsten
sie haben einmal gesagt, Mozart ver- Tag die größte Tragödie.
ändere sich von Tag zu Tag. was genau meinen sie damit?
Die D-Dur-Sonate hat für mich den
Mozart denkt nicht nur sehr schnell, unwahrscheinlichsten langsamen Satz.
auch sein Herz ändert sich sehr Die abenteuerlichen harmonischen
schnell. Er besitzt eine enorme Reak- Wanderungen, man verliert sich in
tions- und Wandlungsfähigkeit inner- der Durchführung. Es ist unglaublich!
halb eines Musikstücks. Er verliebt sich Wenn sich Mozart von der Haupttonin ein Mädel, und er ist so verliebt, art entfernt, ist es immer speziell. Dann
dass man glaubt, er wird für den Rest findet man sich in einer Welt wieder,
seines Lebens in dieses Mädel verliebt die man so nicht erwartet hat. Das
bleiben. 10 Sekunden später ist er be- kann ganz dunkel sein. Kommt man
reits in ein anderes Mädel verliebt. So zur Tonika zurück, findet man sich in
ändern sich seine Gefühle ebenso einer mystischen Welt wieder – das
schnell. Man muss immer mit ihm ist das Wunder Mozart.
mitgehen und ihn erwischen. Bei
Mozart geht es immer darum, wo man sich verlieren in einer klangwelt, das
selbst steht in der Musik und welche macht ja auch schuberts klangkosEcken man von ihm erwischt. Man mos aus. gibt es da eine Verbindung
kann nie sagen, dass man Mozarts zwischen den beiden?
Musik voll verstehen kann. Es ist nicht Nein. Mir geht es hier um Gegenüberstellungen. Man muss nicht immer
mehr als ein Versuch.
zwanghaft Verbindungen von A nach
In Ihrem rezital bei der Mozartwoche B suchen. Man kann aber sagen, dass
2015 werden sie die sonaten f-Dur das h-Moll-Adagio jenes Stück von
kV 280, c-Dur kV 330 und D-Dur Mozart ist, das Schubert am nächsten
kV 576 spielen. wie kam es zu dieser liegt.
MITSUKO UCHIDA
frau uchida, sie werden bei der Mozartwoche 2015 die goldene MozartMedaille erhalten, die höchste Auszeichnung der stiftung Mozarteum
salzburg. Damit fügen sie sich in
eine illustre reihe von Preisträgern
wie Nikolaus Harnoncourt, Milos forman oder Alfred brendel.
Ich fühle mich geehrt.
32
DI 27. JäNNer 11.00 uHr #14
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
FESTAKT
ZU MOZARTS 259. GEBURTSTAG
Verleihung der Goldenen Mozart-Medaille an
MITSUKO UCHIDA
werke von schubert und Mozart bilden nicht nur das Programm Ihres rezitals, sondern auch jenes des kammerkonzerts mit Veronika
eberle und Marie-elisabeth Hecker. wie kam es zu diesem klaviertrio?
Wir sind kein Trio, wir spielen ein Trio-Konzert (lacht). Veronika ist
eine wunderbare junge Geigerin, Marie-Elisabeth eine wunderbare
junge Cellistin. Ich habe Schuberts B-Dur-Trio mit ihnen beim Preisträgerkonzert zum 10-Jahr-Jubiläum des Borletti Buitoni Trust gespielt. Dabei hatte ich das Gefühl, wenn ich mit den beiden Mädels,
wie ich sie nenne, dieses Werk spiele, dann könnte sich etwas entwickeln. Wir haben sehr viel geprobt und am Ende versucht, ganz
tief in das Werk hineinzubohren. Ich hatte das Gefühl, etwas zu erreichen, was ich bisher in diesem Werk nicht geschafft habe. Deswegen wollte ich in einem „wirklichen“ Konzert mit den beiden auftreten.
Das E-Dur-Trio Mozarts war nicht einmal meine Wahl, sondern jene
von Veronika Eberle. Die hat sich in dieses Stück verliebt. Also habe
ich gesagt: Probieren wir doch und schau’n wir mal. Dieses Trio ist et-
MITSUKO UCHIDA
SUMMARY
33
© Benjamin Ealovega
worin liegt für sie schuberts faszination?
Nun, ich fühle mich Schubert bis heute als Mensch am meisten verbunden. Wahrscheinlich hat mich seine Einsamkeit so berührt, bereits
im Kindesalter. Und sie tut es noch immer. Mozarts Einsamkeit ist
anders. Mozart ist ja kaum einsam. Es gibt zwar absolute Tragik, wie
im h-Moll-Adagio oder im a-Moll-Rondo – Mozarts besondere Stücke in
dieser Hinsicht. Einsamkeit ist da, aber das ist nicht die unmögliche
Einsamkeit von Schubert. Das hängt damit zusammen, dass Mozart
ständig mit einer anderen Person lebt, in eine andere Person verliebt ist. Auch bei den Instrumental-Stücken wird stets zueinander
gesungen, miteinander gesprochen – ein Dialog. Schubert hingegen
empfinde ich als absolute menschliche Einsamkeit.
Pianist Mitsuko Uchida, now resident in London, has been a regular guest at the Mozart Week for 20 years. “The festival
puts pressure on me – in the positive sense – to keep studying Mozart’s solo pieces”, she says. In 2015 she will not only
give a recital and a chamber concert, but will also receive the Golden Mozart Medal awarded by the Mozarteum Foundation.
“I feel very honoured”, she declares – and talks about her “constant endeavour to come one step closer to Mozart”.
Mozart’s emotions change very quickly, she explains; this is why one can never claim to be able to understand his
music completely. In Schubert’s music, on the other hand, Uchida has since her childhood loved his “absolute human
loneliness”, which is very different from that of Mozart. Always a keen chamber musician, Uchida has already studied
Schubert’s B flat major Trio with young musicians Veronika Eberle and Marie-Elisabeth Hecker, for a prize-winners’
concert; here they “gained profound insights into the work”. In general, chamber music, she says, is “a form of musicmaking where every line has to be valid. It’s a question of listening to one another.”
was ganz Besonderes: Es ist in E-Dur,
das ist einzigartig in Mozarts Œuvre.
Das Terzett „Soave sia il vento“ aus
„Così fan tutte“, der langsame Satz im
5. Violinkonzert – das ist E-Dur, das
ist eine besondere emotionale Welt.
welche rolle nimmt kammermusik in
Ihrem künstlerleben ein?
Kammermusik steht für jeden Musiker im Mittelpunkt. Seit 22 Jahren bin
ich in das Marlboro Festival in den
USA involviert, seit 14 Jahren bin ich
Leiterin. Wir machen hauptsächlich
Kammermusik, durchschnittlich sechs
Wochen im Jahr. Gerade deshalb fällt
es mir nicht leicht, einfach so in der
großen Welt mit kammermusikalischen Stücken herumzuflitzen – weil
ich weiß, wie viel Zeit man braucht
und wie gut man einander kennen
muss. Mit einem fixen Streichquartett
zu musizieren, ist etwas leichter. In
Salzburg habe ich ja bereits mit dem
Hagen Quartett und dem Quatuor
Ébène gespielt. Bei einem Klaviertrio
hingegen muss man jahrelang daran
gearbeitet haben, bevor man sich auf
die Bühne wagen kann. Heutzutage treffen sich die Leute einen Tag lang, und
dann spielen sie bereits ein Konzert. sem festival also seit 20 Jahren verIch kann das nicht. Ich weiß, wie bunden. was macht das spezielle
der Mozartwoche aus?
schlecht das gemacht werden kann.
Es ist immer eine Freude, bei der MoMan merkt: Diese kunstform liegt zartwoche zu sein. Das Festival ist ja
Ihnen sehr am Herzen. welche Para- um Mozarts Geburtstag herum prometer sind denn nötig, um der kam- grammiert – obwohl er persönlich
nicht so gut mit Salzburg ausgekommermusik gerecht zu werden?
Kammermusik ist eine Form des men ist (lacht). Ich finde die WinterMusizierens, in der jede Linie Gültig- tage wunderschön. Das Festival macht
keit haben muss. Sehr oft höre ich bei mir Druck im positiven Sinn, mich
Kammerkonzerten das Stück gar nicht immer wieder mit den Solostücken
– zum Beispiel bei einer Violinsonate: von Mozart auseinanderzusetzen. OhWenn die Geige nicht zu begleiten ne Mozartwoche hätte ich etwa diese
weiß, dann wird es zum Problem für drei Solo-Sonaten derzeit nicht im
den Zuhörer. Da gibt es oftmals große Repertoire. Ich habe immer gerne die
Missverständnisse. Man muss aufein- seltener gespielten Sonaten gewählt.
ander hören – das lernt man in der Als ich erstmals die Sonaten komplett
Kammermusik. Und dann spiele ich eingespielt habe, sprachen Kollegen
auch Klavierkonzerte anders, einfühl- von schwächeren Stücken, die zu
samer. Wissen, dass man nicht so Recht weniger gespielt werden. Doch
wichtig ist, wie man glauben möchte jede Mozart-Sonate ist auf ihre Art
– auch das lernt man in der Kammer- faszinierend und eine eigene Welt. Es
musik. Der Solist soll nicht ständig macht einem Freude, wieder eine anlaut sein. Das finde ich – verzeihen dere, neue Bekanntschaft mit Mozart
Sie diesen Ausdruck – minderwertig. zu machen und zu entdecken. Auch
deshalb ist die Mozartwoche für mich
Die Leute aber lieben so was…
so wichtig. Es ist eine Wonne, wieder
Ihr Debüt bei der Mozartwoche fei- da zu sein und wieder Mozart spielen
erten sie im Jahr 1994, sie sind die- zu können.
MITSUKO UCHIDA
fr 30. JäNNer 11.00 uHr #24
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
MITSUKO UCHIDA KLAVIER
VERONIKA EBERLE VIOLINE
MARIE-ELISABETH HECKER VIOLONCELLO
Mozart
Adagio h-Moll für Klavier KV 540
Mozart
Trio E-Dur für Klavier, Violine
und Violoncello KV 542
franz schubert
Trio B-Dur für Klavier, Violine und
Violoncello op. post. 99 – D 898
„Wir sind kein Trio, wir spielen ein
Trio-Konzert“, meint Mitsuko Uchida
lächelnd über ihr Konzert mit der
„wunderbaren jungen Cellistin“
Marie-elisabeth Hecker (li.)
und Veronika eberle, der
„wunderbaren jungen Geigerin“.
© Marco Borggreve
© Richard Avedon
Mo 26. JäNNer 11.00 uHr #11
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
MITSUKO UCHIDA KLAVIER
Mozart
Sonate F-Dur für Klavier KV 280
Sonate C-Dur für Klavier KV 330
Sonate D-Dur für Klavier KV 576
franz schubert
Vier Impromptus für Klavier op. post. 142 – D 935
schubert nimmt in Ihrem Œuvre zeitlebens eine ähnlich zentrale
rolle ein wie Mozart.
Ich habe Schubert schon als kleines Kind geliebt. Ich lebte in Japan,
es war sehr wenig Musik um mich herum. Nur ein paar alte Aufnahmen, darunter eine Einspielung der Schubert-Impromptus von
Artur Schnabel – eine geschmackvolle Auswahl meiner Eltern. Ich
erinnere mich auch an die Aufnahme eines Männerchors, der „Am
Brunnen vor dem Tore“ sang – mit einer falschen Harmonie. Ich
wusste nicht, was das war, bis ich dann zum ersten Mal die „Winterreise“ hörte.
34
MozArT ergIbT
eINfAcH sINN
Piotr Anderszewski kehrt nach vier Jahren zur Mozartwoche zurück –
und ist so nachdenklich und kompromisslos wie eh und je.
35
Spricht man mit ihm über diesen unerbittlichen Anspruch, dann sind
Nachdenklichkeit, Selbstkritik und
kompromisslose künstlerische Ernsthaftigkeit die entsprechend präsenten
Untertöne. Für Anderszewski ist Verantwortung ein zentraler Begriff in
seinem Selbstverständnis als interpretierender Künstler – sie gilt dem Werk
wie dem Publikum gleichermaßen.
„Wenn ein Dirigent meint, 45 Minuten reichten aus, um ein Solokonzert
zu proben, kann ich wütend werden“,
sagt er und fügt mit einem Anflug von
Resignation hinzu: „Es hilft aber meistens leider nichts.“ Vor drei Jahren
hatten ihn diese Konflikte, sein Perfektionismus und die damit verbundenen Selbstzweifel inmitten des
ruhelosen internationalen Konzertbetriebs schon einmal die Notbremse
ziehen lassen, wie er selbst es nennt:
Auf der Höhe seines Erfolgs nahm er
plötzlich für achtzehn Monate vollständig Abschied von den Podien dieser Welt, trat nicht mehr auf und richtete sich stattdessen in seiner Wahlheimat Lissabon ein neues, von langen
Spaziergängen und ausgiebiger Lektü-
re geprägtes Leben ein. Damals spielte er kurz vor seinem „sabbatical“ noch
Mozarts d-Moll-Konzert KV 466 bei
der Mozartwoche 2011 – vielleicht das
tragischste und pessimistischste aller
Klavierkonzerte des Komponisten. Nun
wird Piotr Anderszewski 2015 zur
Mozartwoche zurückkehren. Er freut
sich darauf und auf Salzburg in der
ihm eigenen, jenseits der Musik den
Überschwang meidenden Art: „Sehr
angenehme, freundliche Menschen.
Sehr zivilisiert.“ Natürlich wird er wiederum Mozart spielen – mit dem Klavierkonzert G-Dur KV 453 allerdings
verhältnismäßig lichtere Gefilde durchwandern als noch bei seinem Mozartwochen-Debüt vor vier Jahren.
„Mozart ist vielleicht der einzige Komponist, den zu spielen ich nie müde
werde“, erklärt Anderszewski seine
unablässige Hinwendung, „ich bin
ihm seit meiner Kindheit absolut treu
SUMMARY
The celebrated Polish pianist Piotr Anderszewski returns to the Mozart Week
with Mozart’s Piano Concerto no. 17 in G major K453. Since his début here in
2011 he has given cause for concern, as for example by cancelling all concert
engagements and withdrawing from the public eye for eighteen months.
Mozart’s music, he says, has always played the same role that it did in his
childhood: it offers orientation that “simply makes sense” in the great questions
of life. He associates the G major Concerto, which is often described as bright
and positive, with “a lyrical, almost feminine kind of music”, under the elegant
surface of which there are, however, glimpses of profound melancholy. At the
Mozart Week, he will perform the work for the first time with the young Slovakian conductor Juraj Valcuha and the Camerata Salzburg; the programme
also includes Schubert’s Symphony no. 3 and Mozart’s “Linz” Symphony. For
perfectionist Anderszewski, who often wishes to take maximum control of his
performances, this is an adventurous combination, but one awaited with
eager anticipation.
Mo 26. JäNNer 19.30 uHr #13
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
CAMERATA SALZBURG
DIRIGENT JURAJ VALCUHA
PIOTR ANDERSZEWSKI KLAVIER
franz schubert
Symphonie Nr. 3 D-Dur D 200
Mozart
Konzert G-Dur für Klavier und
Orchester KV 453
Mozart
Symphonie C-Dur KV 425 „Linzer“
© MG de Saint Venant
„Voyageur intranquille“ heißt ein
Film, den der Regisseur Bruno Monsaingeon über Piotr Anderszewski
gedreht hat – „Ruheloser Reisender“.
Wer mit dem gefeierten polnischen
Pianisten am Telefon verabredet ist,
gewinnt leicht einen Eindruck davon,
was es auf alltäglicher Ebene bedeuten kann, wenn man ihn schließlich
zwischen verspäteten Flügen und im
Pariser Verkehrschaos feststeckenden
Bussen erreicht. Wann er wieder zu
Hause sei? Kann er noch nicht sicher
sagen. Doch er bietet sofort an, es
einfach am sehr späten Abend noch
einmal zu versuchen. Ist man schließlich im Gespräch, verflüchtigt sich
schnell aller Eindruck von Unruhe
und Hektik, denn Anderszewski ist in
Wahrheit das Gegenteil eines JetsetPianisten, der um die Welt fliegt, um
keinen renommierten Konzertsaal und
kein exklusives Festival auszulassen.
Eher scheint es ein inneres Suchen
zu sein, das den 45-Jährigen dazu antreibt, neben seinen abwechselnden
Wohnorten Paris und Lissabon die
meiste Zeit auf der Reise zu Konzertorten zu verbringen, die häufig abseits der üblichen „Handelsrouten“
pianistischer Weltklasseware liegen:
Ein sich bis zur Erschöpfung steigerndes Streben nach der Idealkonfiguration aus perfekter Vorbereitung, aufgeschlossener Publikumshaltung und
dem glücklich-gelingenden Funkenschlag im Konzert.
geblieben.“ Andere, Beethoven, Chopin
oder auch Schumann zum Beispiel,
mit dem er sich momentan vielleicht
am meisten beschäftige, seien bei
aller Bewunderung und Faszination dagegen Komponisten, die er nach Phasen der intensiven Auseinandersetzung
manchmal auch über Jahre hinweg
einfach gar nicht mehr spielen mag.
Über sie spricht er, als ginge es um
Schübe heftigen Verliebtseins: Hochleidenschaftlich und bereit, sich in
ihrem Dienst völlig zu verausgaben –
doch auch immer in der Gefahr, ihrer
großen Reize irgendwann überdrüssig
zu werden. Mozart aber, das ist so
etwas wie eine lebenslange Beziehung, die „absolute Konstante“, wie
Anderszewski zugibt. Er kommt ein
wenig ins Stocken, wenn er von seiner Liebe zu Mozart berichtet und
fast scheint es, diesem hochreflektierten Künstler sei so viel Schwärmerei doch etwas unangenehm. Aber
dann sagt er es doch: „Mozart ergibt
für mich einfach Sinn“ – und fügt
gleich wie entschuldigend hinzu: „Das
klingt natürlich sehr dumm.“ In all
der scheinbaren Absurdität und den
wiederkehrenden großen Fragen des
Seins aber bedeute Mozart für ihn doch
immerhin so etwas wie eine dauer-
hafte Orientierung: „Im Kontakt zu
seiner Musik habe ich das Gefühl, hier
sei ein Beweis dafür erbracht, dass dieses Leben irgendwie einen Sinn hat.“
Intuitiv könnte man nun meinen, für
das G-Dur-Klavierkonzert gelte diese
Einschätzung im Besonderen, heißt
es in der Tat oft, es handle sich dabei
um das wohl leuchtendste, heiterste
und am ehesten vorbehaltlos lebensbejahende aller Mozart-Konzerte. Aber
Piotr Anderszewski will diesen Eindruck nicht zur Gänze teilen: „Bei
Mozarts G-Dur-Konzert denke ich zunächst einmal vor allem an ein sehr
PIOTR ANDERSZEWSKI
PIOTR ANDERSZEWSKI
Janis El-Bira
36
37
Wer einmal die Aufnahme des Konzerts hört, die der Pianist mit dem
Scottish Chamber Orchestra eingespielt hat, findet dort klingenden Ausdruck für Anderszewskis Vorbehalte
gegenüber einer allzu vereinheitlichenden Interpretation des Werkes:
Da erlebt man Mozart als Vorläufer
Schuberts, wenn im zweiten Satz das
Klavier nach langer Orchestereinleitung einsam im Dunkeln zu tasten
scheint, jäh von der Leere einer gedehnten Generalpause unterbrochen
wird und anschließend umso fordernder und entschlossener zurückkehrt.
Alles Süßliche ist sehr weit entfernt,
die Linien des Soloparts scheinen nur
den mühevollen Auf- und den umso
gefährlicheren Abstieg zu kennen.
Doch wird hier keinesfalls zwanghaft
allein nach den abgründigen Seiten
dieser Musik gesucht: Im Finale dominieren nobelste Eleganz und Leichtigkeit, Solo- und Orchesterpart treten in angeregte Konversation, die
Mozart-typisch auch einmal mit einem
derberen Scherz aufwarten darf. Anderszewski ist voller Bewunderung
für die unerschöpfliche Ausdrucksbreite, die Mozart in diesem Konzert
erreicht hat: „Alle seine Klavierkonzerte sind die Werke eines Genies,
aber für mich gibt es vielleicht fünf
oder sechs unter ihnen, die über jeden Zweifel hinweg schlicht vollkommen sind. Dieses ist eines davon.“
Bei dem Konzert im Rahmen der
Mozartwoche 2015 wird Anderszewski mit dem slowakischen Dirigenten
Juraj Valcuha zusammenarbeiten, der,
obwohl noch keine vierzig Jahre alt,
in den zurückliegenden Jahren bereits ein beindruckendes Portfolio an
Auftritten mit den weltweit renommiertesten Orchestern gesammelt hat.
Unter Valcuhas Leitung wird die Camerata Salzburg in Schuberts Symphonie Nr. 3 D 200 und Mozarts „Linzer“ Symphonie KV 425 zwei weitere
Werke zur Aufführung bringen, die
ähnlich wie das Klavierkonzert vielfach die dunklen Seiten von Dur erkunden. Während Piotr Anderszewski
und die Camerata bereits bestens
vertraut sind, ist es für Pianist und
Dirigent das erste gemeinsame Konzert überhaupt. Bedeutet das nicht ein
Risiko für einen, der wie Anderszewski
offen gesteht, die große Kontrolle, die
er in Solo-Rezitalen oder gar im Auf-
ˇ
nahmestudio genießt, oftmals den
Komplikationen und Meinungsdifferenzen eines Konzerts mit Orchester und
Dirigent vorzuziehen? „Vielleicht ein
kleines“, lacht er, „aber ich habe nur
sehr gute Dinge über Juraj Valcuha
gehört und wenn man mit jemandem
arbeitet, der respektvoll ist, inspirierend und einem vielleicht sogar ganz
neue Horizonte öffnet, kann das fantastisch sein.“ Trotzdem hält es Anderszewski für möglich, in Zukunft weit
weniger Orchesterkonzerte und mehr
Rezitale zu spielen. Aber sich ganz vom
riesigen Repertoire für Klavier und Orchester zu verabschieden? „Das hieße,
zum Beispiel auf das Schumann-Konzert oder fantastische Werke aus dem
20. Jahrhundert verzichten zu müssen“, sagt er und angesichts dessen gibt
dieser ebenso große Pianist wie Skeptiker und Zweifler glücklicherweise
dann doch noch vorläufige Entwarnung:
„Das wäre ein Jammer!“
Rainer Lepuschitz
Aimard war ein Musiker von 20 Jahren im damals noch ganz jungen Ensemble intercontemporain in Paris.
„Pierre Boulez, ein Anwalt der Musik
von Elliott Carter, hat ein Porträtkonzert von ihm im American Center zusammengestellt. Ich habe die Sonate
für Violoncello und Klavier und das
Duo für Violine und Klavier gespielt
und mit Carter gearbeitet. Für mich
war diese Musik eine Entdeckung.“
Aimard traf Carter dann anlässlich
von Konzerten in Paris mehrmals
wieder und lernte einen „geistvollen,
immer freundlichen und sehr bescheidenen Menschen mit einer grenzenlosen Kultur kennen“, erinnert
sich Aimard. „Es war immer ein Privileg, einige Stunden mit ihm verbringen zu dürfen. Er hatte nicht nur eine
große musikalische, sondern ebenso
eine große literarische Kultur.“ Das
beschränkte sich keineswegs auf die
englischsprachige Literatur. „Er kannte die französische Literatur, auch die
zeitgenössische, wie nur wenige Franzosen. Er sprach fließend Französisch
und hat Paris und Frankreich sehr geliebt.“ Der New Yorker Textilhändlersohn, der im Alter von 16 Jahren durch
das Erlebnis von Strawinskys „Le sacre du printemps“ gänzlich der Musik
verfiel, studierte in Paris Komposition
bei Nadia Boulanger am Amerikanischen Konservatorium in Fontainebleau und hielt sein Leben lang Kontakt mit der europäischen Avantgarde,
an der er größtes Interesse hegte. Mit
Boulez verband Carter eine gegenseitige Bewunderung. Und Aimard kam
nicht aus dem Staunen heraus über
das „wunderbare Gedächtnis“ von
Carter und über dessen „Humor. Er
hatte immer eine gewisse Leichtigkeit
des Seins.“ Dies merke man auch seinen Kompositionen an, je später das
Entstehungsdatum, desto stärker.
Aimard hörte Carter oft davon sprechen, dass in seiner Musik „die verschiedenen Stimmen und Linien der
Polyphonie verschiedene Personen
seien“. Auf diese Weise sind aus den
Partituren Theaterstücke zwischen
den Protagonisten der Komposition geworden. Da kommt natürlich sofort
Mozart ins Spiel, der ja auch, selbst in
instrumentalen Stücken, immer ein
Theaterkomponist war. Bei beiden,
Mozart wie Carter, entstehe laut Aimard
immer „Musik mit großen Kontrasten, voller unterschiedlicher Charaktere und Situationen – und mit permanenten Brüchen, die aber dennoch
in einem ständigen musikalischen Fluss
bleiben“.
Ein wesentliches Mittel Carters, die Polyphonie ständig zu erneuern, sei die
„schöpferische Arbeit mit dem Phänomen der Zeit“, sagt Aimard. „In unserer Epoche gibt es nicht nur eine
Zeit, es gibt mehrere Zeiten. Wie man
als Mensch diese unterschiedlichen
Zeitwahrnehmungen in eine Synthese
bringen kann, das war Carters Art, zu
komponieren. Er schuf Schichten von
mehreren verschiedenen Geschwindigkeiten des musikalischen Ablaufs.“
Man stelle sich einen Menschen vor,
der aus dem Fenster eines Hochhauses in New York blickt und gleichzeitig das Wiegen der Bäume im Park,
ein fahrendes Auto, einen gehenden
Menschen und die am Horizont versinkende Sonne sieht. Das sind vier
verschiedene Zeitabläufe, die aber
gleichzeitig wahrgenommen werden
PIERRE-LAURENT AIMARD
PIOTR ANDERSZEWSKI
lyrisches, regelrecht feminines Werk,
nicht an ein besonders fröhliches
oder lustiges.“ Das könne man zwar
für den opernhaften „buffo“-Charakter des vor ausgelassener Virtuosität
nur so sprühenden Finalsatzes behaupten, im Andante aber erreicht Mozart
für Anderszewski geradezu unerhörte
Tiefen an Dunkelheit und Melancholie.
elliott cook carter und wolfgang Amadé Mozart – der französische Pianist Pierre-Laurent
Aimard, der im Laufe seines Musikerlebens den us-amerikanischen komponisten immer
besser kennen lernte, verbindet in zwei konzertprogrammen im salzburger winter 2015 werke
der beiden komponisten. zeiten fließen ineinander. „Der Punkt, wo sich Mozart mit carter trifft,
ist ihre unglaublich lebendige und menschliche Musik“, spricht Aimard für beide komponisten.
© MMarco Borggreve / DG
Unter der Leitung von Juraj Valcuha (li.) interpretiert Piotr
Anderszewski als Solist mit der camerata salzburg (u.)
Mozarts formal ungewöhnliches Klavierkonzert G-Dur KV 453.
MusIk VoN Der
MeNscHLIcHkeIT
Des seINs
38
Für Pierre-Laurent Aimard vereinen
sich in Elliott Carters Musik „Sensibilität
und Lebendigkeit“ und vermischen sich
„Phantasie und eine starke, aber immer
raffinierte Ordnung“.
Deshalb sind Carters Kompositionen
so variantenreich, keine ist wie die andere, jede erzählt von einem neuen
Aspekt des Daseins. „Carter war ein
Schöpfer, der einen großen Reichtum
an musikalischen Inhalten verwirklichen konnte. Man bräuchte Bücher,
um dies zu beschreiben.“ Für Aimard
vereinen sich in Carters Musik „Sensibilität und Lebendigkeit“ und vermischen sich „Phantasie und eine
starke, aber immer raffinierte Ordnung“. Die Organisation jeder Komposition sei garantiert, man würde sie
aber nicht immer bemerken, da sie
diskret bleibe. Musik von der Leichtigkeit der Komplexität.
Do 29. JäNNer 11.00 uHr #20
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER
MITGLIEDER DES CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE
Mozart
Duo B-Dur für Violine und Viola KV 424
Zwölf Duos für zwei Hörner KV 487 (Auswahl)
elliott carter
Quintett für Klavier und Bläser
elliott carter
„Au Quai“ für Fagott und Viola
„Duettino“ für Violine und Violoncello
„Inner Song“ für Oboe
„Duettone“ für Violine und Violoncello
„Retracing II“ für Horn
„Enchanted Preludes“ für Flöte und
Violoncello
Mozart
Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe,
Klarinette, Horn und Fagott KV 452
so 01. februAr 11.00 uHr #31
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE
LEITUNG UND KLAVIER PIERRE-LAURENT AIMARD
elliott carter
„Instances“ für Kammerorchester
Österreichische Erstaufführung
39
Österreichische Erstaufführung
Mozart
Konzert D-Dur für Klavier und
Orchester KV 537 „Krönungskonzert“
© Marco Borggreve / DG
BLINDTEXT
Mozart
Konzert B-Dur für Klavier und
Orchester KV 595
elliott carter
„Epigrams“ für Klavier, Violine
und Violoncello
Aimard hat für die Mozartwoche 2015
zwei Konzertprogramme mit den Musikern des Chamber Orchestra of Europe
zusammengestellt, in denen allein
schon die Stückauswahl Ähnlichkeiten zwischen den Komponisten der
Wiener Klassik und der amerikanischen Moderne mit europäischen Zügen hervorbringt. Einem Kammerkonzert mit Aimard und Musikern des
Chamber Orchestra of Europe geben
die beiden Quintette für Klavier und
Bläserquartett „ganz natürlich die
Grundstruktur“, so Aimard. Carter
hat auf Anregung des mit ihm befreundeten Komponisten Heinz Holliger ein Quintett in derselben Besetzung
wie Mozarts Es-Dur-Werk KV 452 komponiert. Er schuf darin drei verschiedene instrumentale Charaktere: Klavier, Horn und das Trio der Rohrblattinstrumente.
Ansonsten hat Aimard für dieses Programm Duos von beiden Komponisten ausgewählt, und zwar ausschließlich Duos für Melodieinstrumente,
„denn da ist die Faktur noch transparenter. Die Dialektik zwischen den
beiden Protagonisten ist in allen Duos
von Mozart und Carter extrem lebendig.“ Zudem sind es Stücke, die man
nicht oft hört, in zum Teil seltenen
instrumentalen Kombinationen: zwei
Hörner bei Mozart (KV 487), oder
Carters „Enchanted Preludes“ für Flöte und Violoncello sowie „Au Quai“ für
Fagott und Viola. „Zu den beiden Kunstwerken der Quintette gibt es als Introduktion ein Spiel mit dem raren
Genre der Duos“, kündigt Aimard auch
eine spielerische Leichtigkeit des musikalischen Seins an. „Carter liebte
zu lächeln und zu lachen, das findet
sich in vielen seiner Kompositionen.“
Auch Mozart hat gerne gelacht. „Und
wie!“ ruft der erfahrene Mozart-Interpret Aimard aus.
Letzte Stücke von beiden Komponisten hat der Pianist in einem Konzert
mit dem Chamber Orchestra of Europe
kombiniert. Er spielt als Solist die
zwei letzten Klavierkonzerte von Mozart (D-Dur KV 537, B-Dur KV 595),
denen er die zwei letzten Kompositionen Carters gegenüberstellt: „Instances“ für Kammerorchester und das
Klaviertrio „Epigrams“, das Aimard
mit zwei Musikern des Orchesters spielen wird. Bei „Instances“ ist Aimard
besonders berührt, wenn „durch eine
choralartige, harmonische Schreibweise alles zur Mediation und zum
Frieden kommt. Man fühlt, dass Carter schon wusste, dass er nicht mehr
lang zu leben hatte.“ Im April 2012
hat Aimard den inzwischen 103 Jahre alten Komponisten noch einmal in
New York besucht und ihn wie immer
„humorvoll, nett und stark“ erlebt.
Damals begann Carter an den zwölf
„Epigrams“ zu schreiben, in denen
man spüre, so Aimard, „wie die wunderbare Philosophie dieses Menschen
bis zum Ende lebendig, und er positiv
geblieben ist“. Am 5. November 2012
verstarb Carter wenige Wochen vor
seinem 104. Geburtstag. Er lebte fast
dreimal so lange wie Mozart. Aber auch
verschiedene Lebensspannen gehen
in die musikalische Polyphonie der
Zeiten ein.
SUMMARY
In the course of his career, French pianist Pierre-Laurent Aimard has become
ever more closely acquainted with the American composer; here, in two
concerts, he combines similar works by Elliott Cook Carter and Wolfgang
Amadé Mozart. Different periods merge. “The point in which Mozart meets
Carter is the incredible vitality and humanity of their music”, says Aimard.
In Carter’s music, the various voices and melodic lines in the polyphony
represent various persons. Here Mozart comes into play, as a true theatre
composer, even in his instrumental music. In both Mozart and Carter, says
Aimard, we find “music with strong contrasts, full of different characters and
situations – and with constant interruptions which, however, still remain in a
continuous musical flow”. In his compositions, Carter participated in life, in
every moment and with the full range of emotions; it is vivacious music, issuing
from the humanity of being. For the 2015 Mozart Week, Aimard has compiled
two programmes with the musicians of the Chamber Orchestra of Europe, in
which the choice of pieces brings out similarities between the composers of
the Viennese Classical school and the American Modern period: a chamber
concert with duos and a quintet for piano and winds by each composer, and
a programme with Mozart’s last two piano concertos and the last two works
by Carter, who died in 2012, shortly before his 104th birthday.
PIERRE-LAURENT AIMARD
können. Vielleicht kann dieses Bild
verdeutlichen, was es mit den verschiedenen zeitlichen Ebenen und
Abläufen in Carters Musik auf sich
hat. Dabei gehe es keineswegs um
„ein kaltes Auge der reinen Beobachtung, sondern um eine menschliche
Beobachtung. Carter hat mit der Musik seine persönliche Meinung zu den
Beobachtungen abgegeben.“ Er nahm
in seinen Kompositionen am Leben
teil, mit allen Gefühlen und in jedem
Moment. Eine temperamentvolle Musik von der Menschlichkeit des Seins.
40
JAHrHuNDerT-MusIk
Frühe und späte Werke von Mozart, Franz Schubert und
Elliott Carter im Programm der Mozartwoche 2015.
41
treter der Zweiten Wiener Schule noch Carters Kompositionen, im Todesjahr
immer mehr seine Zeitgenossen und seines Komponisten.
Weggefährten als etwa John Cage, Luigi
Nono oder Pierre Boulez.
Die Konfrontation speziell früher oder
später Werke Mozarts, Schuberts und
Wenn Elliott Carter in den Konzerten Carters macht jedoch auch unmittelder Mozartwoche nun mehrfach an der bar sinnfällig, wie schwach die BegrifSeite von Mozart und Schubert zu hö- fe „Spät-“ oder „Frühwerk“ in Wahrren ist, wird er also erneut in die große heit eigentlich bestimmt sind. Was
europäische Tradition eingebettet, zu berechtigt denn dazu, Kompositionen
deren möglicherweise letzten Exponen- wie Schuberts „Unvollendete“ oder
ten er gehört hat. Dabei ergibt sich zu- Mozarts g-Moll Symphonie (beide zu
gleich ein bemerkenswerter Kontrast: hören im Konzert am 24. Jänner) als
Carter, der 103-jährig verstorbene Zeu- ausgemachte „Spätwerke“ zu bezeichge eines ganzen Jahrhunderts, trifft nen? Ihre Schöpfer waren gerade einauf Mozart und Schubert – jene Früh- mal 25 beziehungsweise 32 Jahre alt –
vollendeten, deren kurze Leben bloß etwas jünger noch als Elliott Carter
35 beziehungsweise 31 Jahren währ- bei der Arbeit an seiner 1. Symphonie
ten, und die doch eine solche Fülle an (1942), einem „echten“ Frühwerk.
Meisterwerken hinterließen, dass sie Und wo beginnt eigentlich das späte
selbst bei doppelter oder dreifacher Werk eines Mannes, der das hundertste
Lebensspanne als höchst produktiv Lebensjahr deutlich überschreiten
hätten gelten müssen. Besonders reiz- sollte?
volle Perspektiven verspricht dabei die
vielfache Begegnung explizit früher Natürlich sind derlei Erwägungen und
und später Werke der drei Komponis- Sortierungen zunächst einmal relativ
ten im selben Konzertprogramm. So zur Lebensspanne des betreffenden
etwa im Konzert der Wiener Philhar- Künstlers zu sehen. Sicherlich kann
moniker am 28. Jänner, das jeweils eine Komposition wie Schuberts „Vier
den ersten Symphonien Schuberts, Impromptus“ D 935 (im Konzert mit
Mozarts und Carters gewidmet sein Mitsuko Uchida am 26. Jänner), entwird; oder andersherum im Fokus auf standen im Jahr vor seinem Tod, mit
reife und späteste Komposition, den einigem Grund als spätes Werk gelam 31. Jänner die Camerata Salzburg ten. Zieht man aber heran, dass weniunter Pablo Heras-Casado eröffnet, ge Jahre zuvor Entstandenes noch unwenn Carters „Flute Concerto“ (2008) ter die Jugendphase subsumiert werund die für Sopran und Kammeror- den müsste, wird sogleich einiges unchester entstandene Arbeit „What are scharf. Vielmehr scheint doch die
Years“ (2009) neben Mozarts Sym- Mythenbildung, die Früh- wie Spätphonie in Es-Dur KV 543 (1788) er- werke gleichermaßen überschattet,
klingen. Mit „Epigrams“ und „Instan- hier viel an Unterstützung zur Begriffsces“ von 2012 sind zudem zwei der bildung zu leisten: Der unverbrauchte
letzten Werke Carters überhaupt ver- Charme der Jugend und die staunend
treten. Sie werden am 1. Februar im machenden Wunderkinder auf der
Konzert des Chamber Orchestra of einen, die zu früh aus dem Leben geEurope auf Mozarts Klavierkonzert rissenen, tragischen Meister auf der
KV 595 treffen – entstanden, ganz wie anderen Seite. Wir haben unweiger-
Elliott Carter und seine
Frau Helen Frost-Jones.
© Geek Zwetsloot
„Elliott Carter ist einer der letzten klassisch geprägten Komponisten“, sagt
Daniel Barenboim in einem Interview
zu Beginn von Frank Scheffers Film
„Elliott Carter: Labyrinth der Zeit“
und fügt hinzu: „Einer, für den Mozart
nicht altmodisch und Schubert nicht
passé ist“. Wahrscheinlich ist es unvermeidlich, dass sich die europäische Musiktradition im Werk des bedeutendsten amerikanischen Komponisten der
letzten Jahrzehnte tief eingeschrieben
hat. Wer sich die Lebensdaten Elliott
Carters vergegenwärtigt, der 1908 in
New York geboren wurde und 2012
ebendort starb, kann jedenfalls schnell
erkennen, welche Geister fernliegender
Zeiten entlang dieser fast 104-jährigen
Biographie stets in die Gegenwart ragten: Als Carter zur Welt kam, war Gustav Mahler noch am Leben und arbeitete an seinen letzten Symphonien, der
epochale Eklat von Igor Strawinskys
„Le sacre du printemps“ (1913) stand
noch einige Jahre aus und als Alban
Berg 1925 mit der Uraufführung seines „Wozzeck“ das Musiktheater revolutionierte, war Carter bereits ein junger Mann. Als Künstler, der die vermeintlichen „Epochenschranken“ um
viele Jahre überlebte, war Carter freilich kein Einzelfall. Anders aber als
etwa der späte Richard Strauss stand
der New Yorker Komponist nie im Verdacht, eine Art Relikt zu sein, dem in
der Gegenwart auch ein gewisser musealer Charakter anhaftet. Carter wurde auch und gerade in den letzten Jahrzehnten seines Schaffens meist als
uneingeschränkt modern empfunden;
das modische Adjektiv „postmodern“
hat man allerdings bezeichnenderweise
nicht mit ihm in Verbindung gebracht.
Stattdessen wird Carter in einer Publikation aus den 1990er-Jahren noch
als „Wahlverwandter des Expressionismus“ gehandelt – als seien die Ver-
lich Mozart vor Augen, wie er schon als Kleinkind einmal Gehörtes angeblich
unmittelbar notieren und nachspielen konnte; aber auch, wie er schwerstkrank
und in existentiellen Geldnöten an jenem großen „Requiem“ arbeitet, das
quasi sein eigenes werden sollte. Gerne und oft wird wiederholt, wie befreit,
vollkommen mühelos, ja regelrecht himmlisch der „späte“ Mozart-Stil sei.
Zur vollendeten Symbiose aus der Eleganz der Wiener Klassik und der kontrapunktischen Strenge der Barockmusik, die Mozart zuletzt besonders interessierte, kommt nun eine unerreichte emotionale Ausdruckstiefe hinzu, die der
Romantik die Tür zu öffnen scheint. In der gedrängten Zeit des zu frühen
Lebensabends, so sagt man, ist hier noch einmal alles versammelt und wird
durch die Nähe des drohenden Todes zusätzlich in singulärer Weise sublimiert.
Ähnlich verhält es sich beim syphilitischen Schubert der letzten Monate: Kann
man hier nicht in der seltsamen Gelassenheit der finalen Lieder und Chorstücke diese unheimliche jenseitige Heiterkeit heraushören? Ganz so, als wisse
da jemand, was kommt, und komponiere eigentlich schon von der „anderen
Seite“ her: Ruhevoll, mit endlosem Melodienfluss – geradezu wie Mozart! Das
Schöne an dieser Art von Mythenbildung ist ihre unbeweisbare Sinnfälligkeit:
Es mag so manches davon an der Wahrheit vorbeigehen – aber jeder weiß und
hört doch, was gemeint ist.
schon derart lange in Schach gehalten,
dass es fast wieder überraschend daherkommt, wenn er ihm schließlich doch
nachgeben muss. So haben auch Carters letzte Arbeiten, die oft für kleinere Ensembles oder Soloparts gesetzt
sind, eher etwas von einer konzentrierten stilistischen Verdichtung und der
Fortsetzung eingeschlagener Wege
mit unverändert offenem Ausgang an
sich. Zu dieser Konzentrierung gehört
auch die intensive Bezugnahme auf
die Tradition, der Carter sich seit jeher verpflichtet sah. Sie vollzieht sich
in Gestalt von Ähnlichkeiten, Reminiszenzen und Anleihen, nicht aber
im Verfahren postmodernen Collagierens, bei dem die historischen Vorläufer bloß als zitierter „Text“ und
Spielunterlage auftreten würden.
Elliott Carters Leben und Werk sind dagegen denkbar unanfällig für derlei Meta- Stattdessen schimmert noch einmal
physik. Wer bei nie nachlassender Produktivität 103 Jahre alt wird, hat den Tod ein wenig von Debussys Klangwelt in
den Linien des Soloinstruments im
„Flute Concerto“ und „What are Years“
schließt einen hochexpressiven Bogen
SUMMARY
zu Arnold Schönbergs „Pierrot LuEarly and late works by Mozart, Schubert and Carter in the Mozart Week naire“ und „Erwartung“. Im Falle Elprogramme: In the Mozart Week concert programmes, works by Elliott liott Carters ist diese Nähe originär als
Carter will be juxtaposed with works by Mozart and Schubert. This unusual eine biographische und stilistisch präcombination brings a composer who reached the age of 103 closer to two gende – nicht vermittelt oder angeprolific masters who died in their thirties. It becomes clear just how deeply lernt. Sie führt ihn zu Debussy, StraCarter’s work is rooted in the European tradition: the historical foundations winsky und Schönberg, wie sie Schuof his composition go back to Stravinsky and the representatives of the bert zu Mozart und Mozart zu Bach
Second Viennese school, and thus to Schubert and Mozart. Just as Schubert und Händel führte. Vielleicht sind jerelates to Mozart, and he in turn to Handel and Bach, for Carter the ne Werke an den Eckpunkten der Biothorough knowledge of his historical predecessors was the basis for his own graphien ihrer Komponisten besoncreativity and originality. For all three composers, it is above all the late and ders geeignet, um den Blick zu klären
last works in the programme that not only represent a distillate of the style für die „longue durée“ der europäand the musical personality of each, but at the same time afford an oppor- ischen Musiktradition und die relativ
tunity to sharpen our perception of the overall developments through the Dauer eines noch so kurzen oder lanhistory of music.
gen Lebens darin: What are Years?
JAHRHUNDERT-MUSIK: ELLIOTT CARTER
JAHRHUNDERT-MUSIK: ELLIOTT CARTER
Janis El-Bira
42
NoAHs
ArcHeNkoNzerT
Emmanuel Pahud und die österreichische Erstaufführung
des für ihn komponierten „Flute Concerto“ von Elliott Carter.
Carter habe für das „biblische Instrument Flöte“ (Pahud) ein Konzert
komponiert, in dem archaische Kräfte freigesetzt werden. Allein schon
durch die Besetzung des begleitenden
Orchesters. So hat Carter jedes Ins-
ELLIOTT CARTERS „FLUTE CONCERTO“
SUMMARY
43
American composer Elliott Carter was 99 when, in Jerusalem on 9 September
2008, Swiss flautist Emmanuel Pahud gave the world première of the Flute
Concerto composed for him. “He was a man with a young voice”, Pahud says,
remembering the many telephone conversations with Carter, in which the
work was discussed and the première prepared. “He spoke a great deal about
the quality of lightness which should carry his music along.” Emmanuel
Pahud is now thoroughly familiar with the Concerto, which has remained in
his repertoire since the première, and which he is to perform at the 2015
Mozart Week with the Camerata Salzburg under the conductor Pablo HerasCasado. Carter, says Pahud, has composed for the “biblical instrument” a
concerto in which archaic forces are released. This is apparent in the
orchestration alone, each instrument being represented by one player.
Pahud draws a comparison from the Old Testament: “like Noah’s Ark – only
one of each kind is taken into the concerto”. In Carter’s “Noah’s Ark concerto”
Noah, the flautist, takes them all with him; “he enters into dialogues with the
other instruments and moderates the concerto”.
trument im Prinzip mit nur einem
Spieler besetzt, „wie auf die Arche
Noahs ist von jeder Gattung einer in
das Konzert genommen worden“,
zieht Pahud einen gewissermaßen alttestamentarischen Vergleich. Die Flöte als „wahrscheinlich ältestes Instrument“ sei nie nur für Tänze verwendet worden, sondern wurde immer
für spirituelle Bereiche eingesetzt. In
Carters „Archenkonzert“ nimmt Noah,
der Flötist, alle mit, er befindet sich
in „Dialogen mit den anderen Instrumenten und moderiert das Konzert“,
so Pahud. „Bei jedem der drei Teile
des Konzerts gibt die Flöte die Themen und Motive vor, die dann von
den Orchesterinstrumenten übernommen und wie in einem Puzzle zusammengefügt werden. Auf diese Weise
entsteht am Ende von jedem Teil immer ein größeres Bild von all dem,
was davor gerade zu hören war.“
Schon am Anfang des Konzerts spielt
die Flöte in schneller Abfolge eine
Reihe von Tönen, die dann im Orchester wieder wie kleine Sterne aufleuchten und verlöschen. Je virtuoser der
Flötenpart wird, desto intensiver sind
dann auch die Klänge des Orchesters.
Der Amerikaner Carter hat als Komponist ein „starkes Bewusstsein der
musikalischen Tradition und der Vergangenheit gehabt, ähnlich wie seine
europäischen Zeitgenossen Ligeti,
Boulez und Kurtág. Nur in der Art,
wie er das weiter entwickelt und wo
er hinführt, ist Carter doch sehr
nordamerikanisch, weniger kompliziert und für uns Europäer beinahe
sA 31. JäNNer 11.00 uHr #27
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
CAMERATA SALZBURG
DIRIGENT PABLO HERAS-CASADO
EMMANUEL PAHUD FLÖTE
KERSTIN AVEMO SOPRAN
franz schubert
Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125
elliott carter
„Flute Concerto“ für Flöte und Ensemble
Österreichische Erstaufführung
elliott carter
„What Are Years“ für Sopran
und Kammerensemble
Österreichische Erstaufführung
Mozart
Symphonie Es-Dur KV 543
künstlergespräch 10.00 uhr
Pierre-Laurent Aimard und Emmanuel Pahud
im Gespräch mit Matthias Schulz
naiv in der Aussage. Die Musik sprüht
Funken, wie ich es in der europäischen Musik nicht kenne.“ Der Mittelteil ist für Pahud ein Notturno,
„eine Form, die wir in Europa vergessen haben. Mahler hat es einst mit
seiner siebten Symphonie mit nach
Amerika genommen.“ Auch andere
amerikanische Komponisten wie
Copland und Bernstein (in seinem
Flötenkonzert „Halil“) übernahmen
das Notturno als eine „Hommage an
die europäische Vergangenheit“.
Für Pahud ist es nach dem Tod von
Elliott Carter 2012 jedes Mal eine Hommage an den amerikanischen Komponisten, wenn er das Flötenkonzert
spielt.
„Als Solist muss man das Werk in überragender Weise einstudieren und alles, von den Noten bis
zur Artikulation, vollkommen verinnerlicht haben, damit man spielerisch mit dem Werk umgehen
kann, um diese Leichtigkeit zu erreichen“, sagt emmanuel Pahud (li.) über das von Elliott Carter
für ihn komponierte Flötenkonzert. „Kondensierte 13 Minuten Musik“ erwarte das Publikum, so
Pahud, „mit vielen Verbindungen in die Vergangenheit und Projektionen in die Zukunft“. Am Pult
der Camerata Salzburg steht in diesem Konzert der Mozartwoche 2015 der spanische Dirigent
Pablo Heras-casado (re.), ein sehr junger „Alte-Musik-Spezialist“, und wird neben Werken von
Mozart und Schubert auch zwei österreichische Erstaufführngen von Werken Elliott Carters leiten.
ELLIOTT CARTERS „FLUTE CONCERTO“
zu erreichen.“ Emmanuel Pahud ist
inzwischen innig vertraut mit dem Konzert, das er seit der Uraufführung in seinem Repertoire hat und es nun auch
bei der Mozartwoche 2015 mit der Camerata Salzburg unter der Leitung des
Dirigenten Pablo Heras-Casado spielen wird. „Kondensierte 13 Minuten
Musik“ erwarte das Publikum, so Pahud, „mit vielen Verbindungen in die
Vergangenheit und Projektionen in die
Zukunft.“
© Josef Fischnaller
Elliott Carter war 99, als am 9. 9. des
Jahres 2008 in Jerusalem der aus der
französischsprachigen Schweiz stammende Flötist Emmanuel Pahud das
für ihn komponierte Flötenkonzert des
US-amerikanischen Komponisten uraufführte. „Er war ein Mann mit frischer
Stimme“, erinnert sich Pahud an die
vielen Telefonate mit Carter, in denen
das Werk besprochen und die damalige Premiere vorbereitet wurde. „Er hat
sehr viel über die Leichtigkeit gesprochen, von der seine Musik getragen sein
soll. Als Solist muss man das Werk in
überragender Weise einstudieren und
alles, von den Noten bis zur Artikulation, vollkommen verinnerlicht haben,
damit man spielerisch mit dem Werk
umgehen kann, um diese Leichtigkeit
© Harald Hoffmann
Rainer Lepuschitz
44
eINe ALTe geIge
uND Der kosMos
Midori seiler wuchs in salzburg auf; neben ihrer konzerttätigkeit wirkt sie heute als
Professorin für barockvioline an der weimarer Musikhochschule. Noch weiß sie nicht,
welche der Mozart-Violinen sie in ihrem konzert mit Jos van Immerseel am 27. Jänner
in Mozarts geburtshaus spielen wird.
© Maike Helbig
..
»ES GIBT MOMENTE, IN DENEN SICH DER KOSMOS ÜBER MIR ZU ÖFFNEN SCHEINT«
MIDORI SEILER
Die stiftung Mozarteum salzburg besitzt nicht nur eine einzigartige sammlung von Porträts und briefen der familie Mozart, sondern auch zahlreiche
originalinstrumente, darunter Mozarts
kindergeige, seine salzburger konzertvioline und eine geige von Pietro Antonio Dalla costa, die Mozart in seinen
Jahren in wien gespielt hat. Jos van
Immerseel wird am Hammerklavier
sitzen. welche der geigen werden sie
spielen?
Eine spannende Frage, weil ich tatsächlich noch nicht weiß, was mich erwartet. Darf ich die Geigen außer Haus
nehmen? Mit meinen eigenen Saiten
beziehen? Welcher meiner Bögen wird
besser passen? Wie viel Zeit werde
ich haben, um mich an die Geige zu
gewöhnen – und die Geige an mich?
Aber diese Fragen werden sich bestimmt rechtzeitig klären!
45
was wissen sie von dieser geige?
Ich kenne nur die Fakten, die damals
durch die Presse gingen. Dass Frau
Dr. Nicola Leibinger-Kammüller dieses
Instrument stiftete, war eine großartige Geste. Solche Menschen schieben
die leidige Kulturdebatte auf geradezu
beschämende Weise in die richtige
Richtung. Denn es ist völlig klar: Kunst
kostet Geld. So wie Sport beispielsweise
auch. Der kostet manchmal sogar Menschenleben. Offensichtlich nicht nur
beim Ausüben, sondern, wie aktuell
der Fall, auch bei der Errichtung der
Spielstätten. Ich kann mich aber nicht
erinnern, jemals im Zusammenhang
mit Sport die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und
finanziellem Nutzen gehört zu haben,
wie das immer wieder in der Kunst der
Fall ist. kann. Bei manchen Ausnahmen ging
dieser Prozess schneller. Jede Geige
hat ihr eigenes Wesen. Und ob eine Geige auf meine Spielart positiv reagiert
oder sich damit unwohl fühlt, kann
ich sehr genau spüren – und hören. Ich
bin sehr gespannt auf diese Begegnung.
warum werden geigen „schlechter“,
wenn sie nicht gespielt werden?
Ein Instrument wird durch die Vibration zu einem Klangkörper. Diese Dynamik erzeugt das Wesen einer Geige.
Mozarts Musik wurde, wie viele andere Ohne Vibration schläft sie ein. Sie kann
Kunstwerke, in Situationen von mate- aber wieder aufgeweckt werden. rieller und gesundheitlicher Bedrängnis geschaffen und besitzt diese im- könnten sie, als eine der historischen
mense Kraft, uns seelisch anzuspre- Aufführungspraxis verbundene Musichen. Also uns auf eine immaterielle kerin, den „authentischen“ streicherArt zu bereichern. Auch da gibt es of- klang beschreiben, den sich Mozart in
fensichtlich kein ausgewogenes Ver- seinen wiener Jahren vorgestellt hat?
Ich würde viel darum geben, wenn
hältnis...
ich eine kleine Zeitreise antreten dürfMozarts costa-Violine sei jahrzehnte- te in einen Konzertsaal im Jahre 1790.
lang nicht gespielt worden, ist aber Wir können, anhand von zeitgenössiin einem guten zustand, heißt es. Vor schen Beschreibungen über handwerkwelcher Herausforderung werden liche Gepflogenheiten nur mutmaßen,
sie stehen, sollten sie dieses Instru- wie die Saiten und Bogenhaare beschaffen waren. Zusammen mit den Expoment spielen?
Aus Erfahrung weiß ich, dass ich mich naten der Sammlungen in den Museen
nach etwa einem halben Jahr wirk- ergibt sich dann ein Bild, von dem wir
lich vertraut mit einer Geige fühlen aber auch leider wissen, dass es nicht
vollständig sein kann. Jedenfalls aus einen möglichst der „menschlichen
stimme“ angenäherten klang für die
instrumentaler Sicht.
(solo-)konzertvioline und einen „silbWas die Aufführungspraxis, also die rigen“ für die orchestervioline. was
Stilistik angeht, ist die Annäherung sagen sie dazu?
auch nicht einfacher. Wir haben na- Unterschiedliche Klangideale, was das
türlich wichtige Schulen und Theorie- Ensemble- und das Solospiel, also den
werke, wie Leopold Mozarts Violin- „Cantus“-Part, angeht, gibt es meines
schule. Darin gibt es viele Hinweise Wissens schon sehr viel früher. Andrea
beispielsweise zum Gebrauch von Amati war zu seiner Zeit ein herausVibrato, Fingersätzen, Rubato, Porta- ragender Geigenbauer eines Modells,
mento et cetera, trotzdem geschieht die das die Klangideale des Solospiels daAuslegung dieser Hinweise innerhalb mals erfüllte. Der Korpus war deutlich
des individuellen, persönlichen Ge- kleiner als ein „Tuttimodell“, daraus
schmacks. Es ist nicht wie bei einem ergab sich ein Klang, der heller und als
alten Kochbuch, aus dem man ein oberste Stimme mühelos im GesamtRezept nachkochen möchte. Manche klang zu hören war.
Zutaten haben sich natürlich im Laufe der Zeit qualitativ verändert, aber Mozarts Vater Leopold war ein wichein Hühnerei ist doch ziemlich genau tiger geigenpädagoge. Inwiefern beeinein Hühnerei geblieben. Wohingegen flusste er das geigenspiel des sohnes?
die häufigen Warnungen in den alten Wenn es stimmt, dass Mozart in der
Schulen, die Grenzen des guten Ge- Lage war, einige seiner Partien selbst
schmacks, zum Beispiel bei Vibrato, zu spielen – es gibt auch die Annahnicht zu verletzen, eine genaue Vor- me, dass er den Viola-Part der Sinfokenntnis des geläufigen „guten Ge- nia Concertante selbst gespielt haben
schmacks“ voraussetzt. Ich bespreche soll –, dann muss er wirklich eine inmich da auch mit meinem Begleiter tensive Schulung als Geiger erlebt
haben. Wie in jedem Handwerk war
Jos van Immerseel.
es naheliegend, dass der Vater auch
Angeblich soll es von etwa 1750 bis die Kinder in seinem Fach unterwies.
1826 zwei klangideale gegeben haben: Leopold hat seinen Kindern eine ge-
samte musikalische Erziehung angedeihen lassen, also auch im Komponieren, Generalbassspiel et cetera. Seine Violinschule war für viele folgende
Generationen von Geigenpädagogen in
ganz Europa wegweisend und wurde
nicht nur in viele Sprachen übersetzt,
sondern teilweise auch plagiiert, wie
wir heute sagen würden. Er war also
einer der ganz großen Geigenpädagogen und hat den Werdegang seines Sohnes bestimmt stark verantwortet.
„du weist selbst nicht wie gut du Violin spielst“, schrieb Leopold an seinen sohn 1777, „…da manche nicht
einmal wissen, dass du die Violin
spielest, und du von deiner kindheit
an als clavierist bekannt bist“. warum kam die geige auf Mozarts reisen während seiner kindheit so wenig zum einsatz? Das wüsste ich auch gern. Eine Geige
ist so viel leichter zu transportieren.
Wir wissen ja, dass Mozart auf den
beschwerlichen Reisen in den Kutschen ein Clavichord mitführte, um
pianistisch in Form zu bleiben. Insofern wäre das Leben als reisender
Musiker mit Geige wirklich viel einfacher gewesen... Zumal ein Pianist
auch heute nie weiß, welches Instru-
MIDORI SEILER
MIDorI seILer IM gesPräcH
mit Teresa Pieschacón Raphael
46
DIe MAcHT Der MusIk
Spannend präsentieren das Mozart Kinderorchester und der Superar-Chor
ihre mitreißende Begeisterung für die Musik in der Mozartwoche 2015.
Ernst Strobl
DI 27. JäNNer 15.00 uHr #15
Mozarts Geburtshaus
MIDORI SEILER MOZARTS VIOLINE
JOS VAN IMMERSEEL HAMMERKLAVIER
Mozart
Sonate F-Dur für Klavier und Violine KV 377
Fantasie c-Moll für Klavier KV 475
Sechs Variationen g-Moll über das
französische Lied „Au bord d’une fontaine“
(„Hélas, j’ai perdu mon amant“) für
Klavier und Violine KV 360
Sonate G-Dur für Klavier und Violine KV 379
ri geradezu ein schnäppchen. warum?
Die Entwicklung der Preise bei alten
italienischen Geigen hat schon vor
langer Zeit aufgehört, irgendwelchen
Prinzipien der Logik zu folgen.
was ist das besondere an den werken,
die sie spielen werden, wie kV 377?
Das ist eine Sonate voller Gegensätze:
Ein durch die forsche TriolenbeweDer Marktwert der costa-geige be- gung sehr dynamischer erster Satz, ein
trägt „nur“ 100.000 euro, im Ver- melancholischer Variationssatz an zweigleich zum Marktwert vieler stradiva- ter Stelle und ein galantes Menuett als
Schlusssatz. Menuett als Schlussstück:
ein Fingerzeig in die barocke Vergangenheit. Ein altes französisches Volkslied diente als Vorlage für die Variationen KV 360. Wie erstaunlich blüht
doch Mozarts musikalische Fantasie
anhand einer vorgegebenen thematischen Linie! Mein Favorit unter den
Sonaten aus der Wiener Zeit Mozarts
ist die Sonate G-Dur für Klavier und
Violine KV 379. Es gibt darin Momente, in denen sich der Kosmos über mir
zu öffnen scheint.
MIDORI SEILER
SUMMARY
47
The 2015 Mozart Week could hardly have chosen a more fascinating musician than Midori Seiler
to play Mozart’s “new” original violin – not only because she grew up in Salzburg and because her
recording of Mozart’s seven great Viennese violin sonatas was awarded both the 2002 Diapason d’Or
and the Choc du Monde de la Musique. As teacher of baroque violin at the Weimar Academy of
Music, member of the Berlin Academy for Ancient Music (Akamus) and leader of the ensemble Anima
Eterna, founded by Jos van Immerseel, she is very much at home in historical performance practice.
She admits, however: “I would give a lot to travel back in time to a concert hall of 1790.” There
are plenty of tutors and theories on the performance practice of the period, but this is “not like
an old cookery-book where you can follow a recipe”. She says of Mozart’s Violin Sonata K379:
“There are moments in it when it seems as though the whole cosmos is opening above me” – and
this feeling will surely be shared by her audience.
Wie weit das Projekt mittlerweile gediehen ist, zeigt die neuerliche Festspieleinladung. Das Mozart Kinderorchester teilt sich mit dem Salzburger
Festspiele und Theaterkinderchor die
Bühne, unter anderem für die „Spatzenmesse“ Mozarts. Seine G-Dur-Symphonie KV 45a ist auch kein „Kinderspiel“, und das trifft genau den Gedanken, wie ihn Christoph Koncz im
Sinn hat. Der junge Geiger der Wiener Philharmoniker ist seit Beginn
quasi „Chefdirigent“ des Mozart Kinderorchesters. Er fand zur Schar der
sieben- bis zwölfjährigen Talente rasch
Zugang und erfreut sich großer Beliebtheit. Doch betrachte er die Kinder
als professionelle Musiker, sagt Koncz.
„Meine Absicht ist es, die Kinder gar
nicht wie Kinder zu behandeln.“ Denn
es sei ja auch umgekehrt so, dass „die
Kinder fühlen wollen, dass sie ernst genommen werden. Und sie wissen auch,
dass unser Ziel nur mit Üben und mit Die Kinder werden von den jeweiligen
viel Arbeit erreicht werden kann.
Lehrern an den verschiedenen Musikschulen ausgewählt. Der Kreis wurde
Auch Marc Minkowski, der künstleri- von der „Homebase“ Stiftung Mozarsche Leiter der Mozartwoche, hat sei- teum aus weit gezogen, auch Musikne Freude mit dem Kinderorchester. schulen im benachbarten bayerischen
Nicht nur, dass er im Konzert ein Raum wirken mit – ein „Projekt ohne
Werk dirigiert, er überlässt sogar spon- Grenze“, meint Schulz. Allerdings, „der
tan den Taktstock einem der Musi- logistische Aufwand darf nicht unterkanten. „Weil er vermitteln will, dass schätzt werden“, und er sei vor allem
ein Musiker flexibel sein muss, und den aufopferungsbereiten Eltern, aber
das beginnt schon beim Wechsel der auch dem Musikum Salzburg sehr
Dirigenten“, erklärt Christoph Koncz. dankbar. Dort sehe man, wie ihm GeDavon kann er als Mitglied der Wiener spräche mit Michael Seywald und
Philharmoniker viel erzählen. Das ge- Ludwig Nussbichler, den Führungspermeinsame Erleben ist wichtig, was in sönlichkeiten des Musikums bestätigkollektiven Wochenenden – so war ten, wie schwer es ist, die nötigen Mitman schon in Abtenau oder Obertrum tel „aufzustellen“, und wie wenig, selbst
auf „Ferienlager“ – intensiv genossen im Vergleich mit anderen österreichiwird.
schen Bundesländern, in Salzburg für
MOZART KINDERORCHESTER
ment ihn am Konzertort erwartet und
manche böse Überraschung erlebt. Ich
denke, dass das Klavier schließlich zu
dem Instrument für Mozart wurde,
auf dem er sich selbst am besten ausdrücken konnte und auf dem er, wegen der polyphonen Möglichkeiten,
seinen schöpferischen Geist am besten entfalten konnte.
Es wird viel und zu Recht kritisiert,
dass die musische Ausbildung der Kinder heruntergespart und vernachlässigt wird. Doch da gibt es zahlreiche
Gegenbewegungen und private Initiativen; auch in Institutionen gibt es
Menschen, die sich unermüdlich einsetzen: so zum Beispiel Michael Seywald, den künstlerisch-pädagogischen
Leiter des Musikums Salzburg, der
ebenso zu Recht viel Unterstützung
einfordert und diese auch bekommen
sollte. Ohne das Musikum Salzburg
und sämtliche beteiligten Musikschulen, auch aus dem bayerischen Umland, wäre diese Initiative nicht möglich, die da lautet „Mozart Kinderorchester“. Wer hätte sich ausmalen
können, was aus dem Projekt wird, das
sich Matthias Schulz von der Stiftung
Mozarteum Salzburg gemeinsam mit
ein paar Mitstreitern ausgedacht hat?
Das Mozart Kinderorchester, so der ursprüngliche Plan, sollte jedes Jahr zum
Abschluss der Mozartwoche zwei Konzerte geben, eines für das „normale“
Mozartwochen-Publikum und eines für
die Schulklassen. 2013 war es soweit,
nachdem wochenlang geprobt wurde.
Jeder, der dieses erste Konzert erlebte, war voller Bewunderung für die
begeisterte Anteilnahme der Kinder
im Orchester, ein hinreißendes Erlebnis. Auch die Salzburger Festspiele
wurden auf die jungen Musiker aufmerksam und schon im folgenden
Sommer ergab sich die Gelegenheit,
dass das Mozart Kinderorchester sich
mit den Kindern aus Venezuela die
Notenpulte teilte bei einer öffentlichen
Probe mit den Jüngsten des „Sistema“Projektes, das mittlerweile Weltgeltung erlangt hat.
© Hoerner
© Maike Helbig
Marc Minkowski bei einer Probe mit dem
Mozart Kinderorchester.
48
Österreichische Erstaufführung
franz schubert
Auszüge aus „Deutsche Messe“ D 872
Fassung für Chor und Orgel
Mozart
„Dir, Seele des Weltalls“. Kantate für Tenor,
dreistimmigen Männerchor und Orchester
(Fragment) KV 429
„Die ihr des unermesslichen Weltalls
Schöpfer ehrt“. Kantate für
eine Singstimme und Klavier KV 619
Bearbeitung für Chor und Orchester
Mozart
Symphonie C-Dur KV 73
Aufführung für Schulklassen: 2. Februar 2015
der Mozartwoche 2015 steht nicht
nur Schuberts populäre „Deutsche
Messe“. Die Beteiligten haben das Programm entlang des Leitfadens der Mozartwoche sorgsam ausgewählt. Neben Mozart und Schubert ist 2015
Elliott Carter ein Schwerpunkt gewidmet. Der 2012 im Alter von 104
Jahren verstorbene Komponist ist
Schulz ein Anliegen, „er war einer
der führenden Avantgardisten und
fühlte sich Schubert verbunden“. Das
Mozart Kinderorchester wird – nach
Werken von Arvo Pärt 2014 und einer
Uraufführung von Johannes Maria
Staud 2013 – erneut ein zeitgenössisches Stück erarbeiten, Carters „Sound
Fields“. Nach Sven-Eric Bechtolf und
Johanna Wokalek moderiert das Konzert 2015 Sunnyi Melles. „Die Kinder
finden es toll, mit berühmten Künstlern zusammen sein zu können“, meint
Schulz. Er ist überzeugt, dass das Mozart Kinderorchester zu einem „Aushängeschild geworden ist, das in viele
Richtungen wirkt“.
SUMMARY
Matthias Schulz, manager and artistic director of the Salzburg Mozarteum
Foundation, founded a splendid project with the assistance of colleagues from
the music schools. Within a short time, the Mozart Children’s Orchestra has
become a showpiece of the Foundation, says Schulz. Their very first performance, at the 2013 Mozart Week under the baton of Marc Minkowski and
Christoph Koncz, a young Vienna Philharmonic violinist, was greeted with
enthusiasm, and led to an invitation from the Salzburg Festival to join with
the children of the Venezuelan “El Sistema” for a performance in the summer
of that same year. The Orchestra was also acclaimed at the 2014 Mozart
Week. Besides Christoph Koncz, who insisted on treating the children “like
professional musicians”, Marc Minkowski, artistic director of the Mozart Week,
enjoyed working with the youthful ensemble, which has reached an admirable
Auf dem Programm des ersten gemein- standard. At the 2015 Mozart Week, the children’s choir of the cultural and
samen Konzertes des Mozart Kinder- social project SUPERAR is invited to join the Orchestra for a performance.
orchesters und des Superar-Chors bei This is a fantastic project – for music, and for life.
MOZART KINDERORCHESTER
© Internationale Stiftung Mozarteum
Nach den Kindern des „Sistema“ aus
Venezuela kommen 2015 neue Partner zur Mozartwoche. Auch „Superar“
ist ein Kultur- und Sozialprojekt, das
in Anlehnung an „El Sistema“ 2010 in
Wien vom Konzerthaus, der Caritas
und den Wiener Sängerknaben gegründet wurde und das aktive Singen, Tanzen und Musizieren von Kindern aus
schwierigen gesellschaftlichen Verhältnissen fördert. Gerald Wirth, künstlerischer Leiter der Wiener Sängerknaben, ist hoch engagiert. „Die Mehrheit
der Kinder hat nichts mit der typischen Hochkultur zu tun, wir unterstützen sie. Trotzdem es ist kein Sozialprojekt, sondern wichtig für das Leben
der Kinder“. Ziel sei auch die Heranbildung professioneller Ensembles, ob
Tanz, Gesang oder Orchester. „In Wien
werden täglich etwa 700 Kinder von
Superar betreut. Das Interesse ist eher
zu groß als zu klein“, meint das Superar-Vorstandsmitglied. „Eigentlich wollten wir klein bleiben, aber es gibt, wie
sich gezeigt hat, auch anderswo in
Europa Bedarf und Nachfrage. Wir arbeiten in der Schweiz, in Rumänien
oder mit Roma-Kinder in der Slowakei. Ein weiteres wichtiges Projekt ist
in Bosnien. In der Schule in Srebenica
singen rund 80 Chorkinder gemeinsam, sie kommen aus allen Volks- und
Religionsgruppen.“ So betrachtet ist
Superar auch ein Friedensprojekt.
so 01. februAr 15.00 uHr #32
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
MOZART KINDERORCHESTER
SUPERAR CHOR
DIRIGENT MARC MINKOWSKI
CHRISTOPH KONCZ DIRIGENT UND LEITUNG
SUNNYI MELLES MODERATION
Mozart
Intrada aus Bastien und Bastienne KV 50
elliott carter
„Sound Fields“ für Orchester
© Robert Recker
© Alexandra Vosding
Musikerziehung ausgegeben werde.
Aber: „Das Mozart Kinderorchester
kann ein Türöffner sein, damit vergegenwärtigt wird, wie wichtig Musik und
gemeinsames Musizieren für die Kinder ist“, hofft Schulz. Man könne mit
einem derartigen Projekt sehr viel bewegen, ist er überzeugt. „Nicht nur wir
tun etwas für die Kinder, die Kinder
geben so viel zurück und es ist auch
für das Publikum großartig. Es hat sich
eine Art Familie gebildet, die man in
anderen Stiftungskonzerten wiedersieht“.
MOZART KINDERORCHESTER
LIVE
Die Schauspielerin sunnyi Melles (re.) moderiert das Konzert des Mozart Kinderorchesters
in der Mozartwoche 2015.
Li.: Das Mozart kinderorchester bei einer
Probe mit christoph koncz auf der Bühne des
Großen Saals in der Stiftung Mozarteum.
50
MeHr ALs DIe
suMMe Der eINzeLTeILe
sabine Meyer, First Lady der
Klarinette, wird im letzten
Konzert des Zyklus’ „Mozarts
Streichquartette“ diesen abrunden
und gemeinsam mit dem Hagen
Quartett und Mozarts Klarinettenquintett KV 581 zu erleben sein.
zehn große werke dieser gattung aus Mozarts feder: kaum ein kammermusikensemble darf sich
in ähnlicher weise berufen fühlen, seine streichquartette innerhalb weniger Tage in ihrer gesamtheit und chronologischen folge darzustellen, wie das Hagen Quartett; ergänzt um das herrliche
klarinettenquintett kV 581, bei denen sie keine geringere als sabine Meyer als kollegin begrüßen.
51
ständiges Geben und Nehmen, das nur
dann möglich ist, wenn jeder dem anderen völlig vertraut, wenn jeder sein Ego
zu Hause lässt“, sagt Rainer Schmidt.
Ihre Erfahrungen geben die Musiker
an der Universität Mozarteum Salzburg, an der Hochschule Basel und im
Rahmen von Meisterkursen in aller
Welt an die jüngeren Generationen weiter, wobei sie den Studenten „ein Zuhören, welches große Aufmerksamkeit, Offenheit und den Wunsch, den
anderen wirklich zu verstehen, beinhaltet“, vermitteln wollen.
Bei der Mozartwoche 2015 stellt das
Hagen Quartett nun die zehn großen
Streichquartette Mozarts innerhalb
weniger Tage in chronologischer Abfolge vor, wobei das Filmprogramm
der Mozart Ton- und Filmsammlung
im Mozart-Wohnhaus mit Konzertmitschnitten von den Mozartwochen
1998 und 2000 zum interpretatorischen Vergleich einlädt. Eingeleitet
wird die Konzertserie mit den sechs
Quartetten, die Mozart „Al mio caro
Amico Haydn“ widmete; nachdem
dieser am 15. Jänner und 12. Februar
1785 die ihm zugeeigneten Kompositionen im kleinen Kreis gehört hatte,
äußerte er sich begeistert darüber.
Anschließend steht das sogenannte
„Hoffmeister-Quartett“ KV 499 auf dem
Programm, das der Wiener Verleger
zusammen mit Haydns d-Moll-Quartett op. 42 publizierte und das zwischen
den „Haydn-Quartetten“ und denen,
die Mozart dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. widmete, entstand.
Nach den „Preußischen Quartetten“,
deren „kantable Cellolinien unter den
Händen von Clemens Hagen zu vollendeter Schönheit erblühen“ (Neue
Zürcher Zeitung), wird die QuartettWerkschau mit einer Aufführung des
Klarinettenquintetts KV 581 abgerundet, mit keiner Geringeren als Sabine
Meyer, die regelmäßig mit dem Hagen
Quartett zusammenarbeitet. Kein Wunder, dass sich im Zusammenspiel der
fünf Musikerinnen und Musiker dynamische Balance, das Übernehmen von
melodischer Führung und das Zurücktreten in den Gesamtklang beziehungsweise das gemeinsame Ausgestalten von dramatischen Steigerungen
mit familiärer Selbstverständlichkeit
ergeben – aufgrund der in Ton und
Geste spürbaren gegenseitigen Vertrautheit sowie der tiefen Werkkenntnis. Daran, dass auch diese Komposition Mozarts in vollendeter Pracht
erstrahlen wird, kann also kein Zweifel bestehen.
fr 23. JäNNer 15.00 uHr #03
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
HAGEN QUARTETT
Lukas Hagen und rainer schmidt Violine
Veronika Hagen Viola
clemens Hagen Violoncello
Mozart
Quartette für zwei Violinen, Viola und
Violoncello G-Dur KV 387
d-Moll KV 421
Es-Dur KV 428
einführungsvortrag 14.00 uhr
sA 24. JäNNer 15.00 uHr #06
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
HAGEN QUARTETT
Mozart
Quartette für zwei Violinen, Viola und
Violoncello B-Dur KV 458
A-Dur KV 464
C-Dur KV 465
fr 30. JäNNer 15.00 uHr #25
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
HAGEN QUARTETT
Mozart
Quartette für zwei Violinen, Viola und
Violoncello D-Dur KV 499
D-Dur KV 575
B-Dur KV 589
SUMMARY
The Hagen Quartet, which celebrated its 30th anniversary in the 2012/13 season, is – to quote the Neue
Zürcher Zeitung – “definitively the most famous quartet” of our time. At the 2015 Mozart Week, the Quartet will perform Mozart’s ten great string quartets in chronological sequence, in the space of only a few days.
The series will begin with the six quartets which Mozart dedicated to “mio caro Amico Haydn”, and which
Haydn found delightful. These are followed by the so-called “Hoffmeister Quartet” K499; after the “Prussian
Quartets”, where “in the hands of Clemens Hagen, the cantabile cello lines blossom into consummate beauty”
(Neue Zürcher Zeitung), the quartet series is rounded off with a performance of the Clarinet Quintet K581,
with no other than the First Lady of the clarinet, Sabine Meyer, who works regularly with the Hagen Quartet.
© Harald Hoffmann
MOZARTS STREICHQUARTETTE
Das Hagen Quartett, das in der Spielzeit 2012/2013 seinen 30. Geburtstag
feierte, ist ein „Weltklasse-Ensemble“,
das auch nach seiner drei Jahrzehnte
andauernden Karriere interpretatorisch „erneut ein Stück weiter vorgedrungen ist. Die neue Sicht ist atemberaubend und kann süchtig machen...
Berückend der Reichtum an Farben
und Emotionen“ (FonoForum). Ihre
Karriere starteten die vier Geschwister 1981 im Alter zwischen 15 und 19
Jahren von Salzburg aus; den ersten
Unterricht hatte der Vater, Solobratschist des Mozarteumorchesters, übernommen. Nachdem die Älteste, Angelika Hagen, sich gegen das Leben als
Berufsmusikerin entschieden hatte,
übernahm Rainer Schmidt die 2. Geige. Seitdem treibt die Quartettmitglieder der Wille an, die emotionalen Potenziale eines jeden Werks – das Repertoire reicht von der Wiener Klassik bis zu Vertretern der Neuen Musik
– systematisch auszuloten. Das Ergebnis: „Musik gegen den Strom der Konvention... – zum Niederknien schön“
(Hamburger Abendblatt). „Die einzelne Stimme ist nichts ohne die anderen, erst im Gemeinsamen erhält
jede Stimme ihre endgültige Funktion.
Das Ganze ist viel, viel mehr als die
Summe ihrer Einzelteile. Es ist ein
© Christian Ruvolo
Harald Hodeige
sA 31. JäNNer 15.00 uHr #28
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
HAGEN QUARTETT
SABINE MEYER KLARINETTE
Mozart
Quartett F-Dur für zwei Violinen, Viola
und Violoncello KV 590
Quintett A-Dur für Klarinette, zwei
Violinen, Viola und Violoncello KV 581
52
sPüLwAsser
uND scHokoLADe
Als logische Fortsetzung der Mozartwoche 2014, in deren Rahmen Fazil Say
und Kristian Bezuidenhout gemeinsam schon alle Klaviersonaten Mozarts gespielt
haben, tun sie nun das gleiche, kehren jedoch die Werkaufteilung um –
Kristian Bezuidenhout wieder am Hammerklavier, Fazil Say am modernen
Konzertflügel. Zwei aufregend unterschiedliche, individuelle Lesarten, die einander
ergänzen – und den Facettenreichtum gültiger Mozart-Deutungen aufs Neue beweisen.
Das war ein spannender Programmpunkt der Mozartwoche 2014: zwei Pianisten, die bereit waren,
sich dem Vergleich zu stellen; in vier konzerten und mit allen 18 klaviersonaten von Mozart. Der aus
südafrika stammende kristian bezuidenhout saß dabei am Hammerklavier, der türkische Pianist
fazil say am modernen flügel. gemeinsam teilten sie sich das repertoire auf. Das hieß:
zehn sonaten für say und acht für bezuidenhout. bei der Mozartwoche 2015 läuft es genau
umgekehrt. bezuidenhout übernimmt die zehn sonaten, die fazil say 2014 spielte. und umgekehrt.
»MOZART IST TIEF VERANKERT IN MEINEM SYSTEM«
krIsTIAN bezuIDeNHouT IM gesPräcH
mit Teresa Pieschacón Raphael
fazil say stammt aus der Türkei, sie
sind in südafrika geboren und wuchsen in Australien auf. glauben sie,
es könnte auch an einer unterschiedlichen Mentalität liegen?
Nein, das glaube ich weniger. Das
würde vielleicht auf ein Lied von
Schubert zutreffen. seinen Adern hat, wagt den Schritt
nach Salzburg. ‚Du musst wissen, was
Du tust‘, warnten mich viele. Doch irgendwann dachte ich mir: es geht doch
um Musik!
Außerdem: so ganz unabendländisch
sind Ihre wurzeln ja nicht. wir unterhalten uns gerade auf Deutsch und
sie haben niederländische Vorfahren.
Ja, der Name Bezuidenhout ist niederländisch. Außerdem hatte meine
Großmutter mütterlicherseits an der
Leipziger Musikhochschule Klavier
studiert, bevor sie in den 1930er-Jah-
Als ich mit etwa Sechzehn nach Salzburg an die Universität Mozarteum
kam, war ich regelrecht eingeschüchwaren sie im letzten Jahr in den kon- tert: ein australischer Pianist mit südafrikanischen Wurzeln, der eben nicht
zerten von fazil say?
Ich habe es leider nicht geschafft. Aber das Erbe abendländischer Kultur in
nicht, weil ich etwas gegen Fazil hätte oder wegen des modernen Flügels.
SUMMARY
Doch für jemanden, der zeitgleich das
selbe Repertoire einstudiert hat und Ever since pianist Kristian Bezuidenhout received the 2013 Echo Award for
spielt, ist es nicht ganz einfach, den his recording of Mozart’s Piano Concertos K 453 and K 482, the press has
Kollegen anzuhören. Ich habe derzeit termed him “Mr. Mozart”. He does not see himself as such, however – otherwise
nicht genügend Abstand, bin einfach he would not (as in 2014) appear in competition and comparison with Fazil
zu nah dran. Es würde mich ein biss- Say, the second “Mr. Mozart”. The two pianists share all of Mozart’s 18 piano
chen die Orientierung verlieren las- sonatas – but this time Bezuidenhout takes the very repertoire that Fazil Say
sen. Es ist so, als würde man einen played last year. Say will perform on a modern grand piano, Bezuidenhout on a
Film in einer Fremdsprache ansehen. hammerklavier. Bezuidenhout was born in South Africa, grew up in Australia
Und ich bin mir sicher, dass es ihm and studied in the USA and Europe. The only time he becomes really emphatic
genauso geht. Wir präsentieren beide is on the subject of his instrument. A champion of historical performance
ja sehr unterschiedliche Klangwelten, practice, he finds the hammerklavier far more suited to Mozart than the modern
artikulieren unterschiedlich und ha- piano: “On the modern piano, the colours merge. Then lots of things sound
ben auch je ein eigenes Timing. Seit like dishwater. On a hammerklavier the notes keep their own voice.” Let us
vier, fünf Jahren mache ich Mozart, not forget that “Mozart was also a great contrapuntist, particularly in his
tagein, tagaus. Er ist derzeit tief ver- sonatas. Here transparency is incredibly important.” And “I only hope I’m
ankert in meinem System. Wie soll ich not going to disappoint anyone in Salzburg if I perform all the sonatas on the
da anders denken?
hammerklavier.”
MOZARTS KLAVIERSONATEN
© Marco Borggreve
bei der Mozartwoche 2015 werden
sie die zehn klaviersonaten Mozarts
interpretieren, die fazil say im letzten Jahr spielte…
…und Fazil die acht Sonaten, die ich
im letzten Jahr spielte. Ja, als Matthias
Schulz mir dieses Programm vorstellte, war ich zuerst etwas irritiert; fand
es dann aber doch sehr spannend.
Allein schon deshalb, weil wir auf unterschiedlichen Instrumenten spielen.
54
ren als Erzieherin nach Angola ging. Später lebte sie in
Berlin.
so 25. JäNNer 15.00 uHr #09
Große Universitätsaula
FAZIL SAY KLAVIER
Mozart
Sonate C-Dur KV 309
Sonate G-Dur KV 283
Sonate F-Dur KV 332
Sonate C-Dur KV 279
Sonate D-Dur KV 311
Mo 26. JäNNer 15.00 uHr #12
Große Universitätsaula
KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER
Mozart
Sonate D-Dur KV 576
Sonate C-Dur KV 330
Sonate B-Dur KV 570
Sonate Es-Dur KV 282
MI 28. JäNNer 15.00 uHr #18
Große Universitätsaula
FAZIL SAY KLAVIER
Mozart
Sonate C-Dur KV 545
Sonate B-Dur KV 281
Sonate F-Dur KV 280
Sonate D-Dur KV 284
Sonate a-Moll KV 310
BLINDTEXT
Do 29. JäNNer 15.00 uHr #21
Große Universitätsaula
KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER
Mozart
Sonate A-Dur KV 331
Sonate F-Dur KV 533
Sonate c-Moll KV 457
Sonate B-Dur KV 333
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Ihre Liebe zu Mozart entdeckten sie im fernen, australischen brisbane.
Ja, aber nicht im Konzert. Sondern – es ist mir fast peinlich, dies zuzugeben: mit dem Film „Amadeus“, den ich
1990 sah. Ich war elf Jahre alt und spielte schon Klavier.
Natürlich war Tom Hulces Lachen ein absoluter Blödsinn
und so manches andere auch ziemlich übertrieben. Aber
ich war unendlich berührt von der Figur des Salieri, wie
er Mozarts Genie erkannte, ich war berührt von der Musik, die dort gespielt wurde, überhaupt von dem Stück
von Peter Shaffer…
und von der gesamtaufnahme von Mozarts klavierkonzerten mit Malcolm bilson am Hammerklavier?
Der Film und diese Aufnahme änderten mein Leben! Ich
war wild entschlossen, auch so etwas zu machen. Und
dann das Jahr 1991, das zweihundertjährige Mozart-Jubiläum mit der Philips Complete Mozart Edition. 180 CDs!
Ich war als Jugendlicher ein besessener Plattensammler,
ich hörte zuhause und in der Bibliothek alles, was ich in
die Hände bekam, John Eliot Gardiner, Frans Brüggen,
Christopher Hogwood, Frieder Bernius… Ich hörte Messen von Zelenka, sehr viel Bach und immer wieder Mozart,
Haydn und Schubert. Es war wie ein eigenes Universum.
Nun wird es wohl auf der anderen seite der welt nicht
viele Hammerklaviere gegeben haben.
Nein, die gab es natürlich nicht. Und auch keine Professoren. Deshalb ging ich nach New York, an die Eastman
School in Rochester. Einige fanden meine Vorliebe für
dieses Instrument ein bisschen bizarr. Aber schon deshalb faszinierte es mich umso mehr. Ich nahm sogar bei
Malcolm Bilson Unterricht und gewann dann einen Hammerklavier-Wettbewerb in Brügge. Da war ich 21 Jahre
alt.
spülwasser?
Ja, die Farben werden vermischt. Anders bei einem Hammerklavier: da
behalten die Töne ihre eigene Stimme. Mozart war auch ein großer Kontrapunktiker, besonders in seinen Sonaten. Da ist Transparenz unglaublich
wichtig.
kritiker werfen dem Hammerklavier
andererseits einen trockenen klang
vor, wenig Durchschlagskraft und
wirkung, auch eine gewisse Atemlosigkeit.
Es gibt heute technisch sehr ausgefeilte Nachbauten, die diese negativen Effekte nicht mehr haben. Ich
selbst kann meine Gefühle wesentlich besser auf dem Hammerklavier
ausdrücken als auf dem modernen
Flügel.
sie sagten in einem Interview, klangschönheit sei Ihnen sehr wichtig, und
äußerten die befürchtung, kritiker
könnten Ihr spiel regelrecht „schokoladig“ finden. wie passt das zusammen?
Mein Gott, das sind ja sehr interessante Fragen, die Sie haben! Ich glaube, Schönheit schließt sich beim
Hammerklavier nicht aus. Sie muss
nur anders definiert werden. Es ist
nicht die schwelgerische, satte epischromantische und vielleicht auch
nicht die filigrane ätherische Schönheit. Die kann gerade bei Mozart sehr
tricky sein, weil dann alles sehr rokoko-porzellanhaft und ohne Körper
klingt. Man muss einen Mittelweg finden. Und das kann man nur durch
eine durchdachte und präzise Artiku-
lation erreichen. Mozart zu interpre- kein Fachmensch sein, um das zu
tieren ist mit das Schwierigste über- spüren und zu erleben.
haupt.
1990 entdeckte eine bibliothekarin
fazil say nennt die sonaten „un- in Philadelphia beim staubwischen
klavier“-Musik. er stelle sich bei den Autograph von kV 457 mitsamt
Mozarts Instrumentalwerken immer der fantasie kV 475.
Faszinierend, nicht wahr? Wir haben
seine opern vor.
Gewiss: man skizziert immer eine Art das Werk bis dahin nach der 1785 erTheaterlandschaft, wenn man die Wer- schienenen Erstausgabe von Artaria
ke spielt. Und dennoch darf man nie gespielt. Mozart bleibt immer ein Geso musizieren, dass der Zuhörer so- heimnis.
fort meint: ‚Oh, das ist Susanna, und
das Figaro. Und dort der Don Giovan- Die Handschrift kam 1990/91 in den
ni.‘ Das ist wäre plakativ. Und zu ein- besitz der stiftung Mozarteum.
fach gesehen. Auch aus musikwissen- Sie ist wirklich ein Prachtstück. Es erschaftlicher Sicht: Mozart war ein füllt einen mit großer Ehrfurcht, wenn
universal in allen Gattungen kompo- man die Handschrift Mozarts sieht.
nierendes Genie und natürlich ein Ich spiele allerdings nur KV 457.
großer Operndramatiker. Ein „spiritual flavour“ seiner Opern ist wohl in zwei briefe soll Mozart seiner widjeder seiner Note, aber auch nur das, mungsträgerin Therese von Trattner
ein Flavour. Seine Klavierwerke un- geschrieben haben…
terliegen, folgen ganz anderen inner- …zu dem sehr innigen Adagio der
musikalischen Gesetzmäßigkeiten als Sonate. Aus dem Autographen wissen
wir, dass Mozart den langsamen Satz
etwa seine Opern.
mindestens zwei Mal notiert hat: zuDann fangen wir an. bitte einen kur- nächst in einer unverzierten Version –
zen kommentar zu den werken, die wie eine Übungsstudie –, dann in einer
sie spielen werden.
verzierten. Schließlich war Therese
KV 282 von Anfang 1775: Ungewöhn- von Trattner seine Klavierschülerin.
lich, weil Mozart mit einem langsamen
Adagio beginnt, auf das ein Menuett zwei Jahre vor seinem Tod kompofolgt. Stilistisch zwischen Bach und nierte er die wiener sonaten, „um in
meinen umständen geld zu bekomdem frühen Beethoven.
men“.
„hier ist doch gewiß das clavierland“ KV 570 und KV 576 sind seine letzten
schrieb der immer wieder blanke Mo- Sonaten. Er war in Leipzig gewesen,
zart an seinen Vater 1781 aus wien. hatte eine Motette von Bach gehört, er
1783 komponiert er kV 330 bis 333. war fasziniert von Bachs Kontrapunkt.
KV 330 – Ein Werk ohne Schatten, in Das Allegro von KV 576 ist von Bach
der klassischen Tonart C-Dur. KV 331 inspiriert, mit Imitation und Kanons.
beginnt mit einem sechsteiligen Vari- Und erst recht das abschließende
ationszyklus. So charming ist das (singt Rondo.
und spielt das Thema nach). Und
dann das berühmte „alla turca“, dieser Mozart sprach von „leichten sonaKlassik-Schlager. Mozart ist einfach ten“.
genial und dabei so clever. Er wusste, Leicht??! (Lautes Lachen) Man hört
dass dies gefallen würde. Doch im- hier alles, die kleinste Ungenauigkeit.
mer, wenn man denkt es sei ganz ein- Ich hoffe nur, dass ich in Salzburg niefach, fangen die Schwierigkeiten an. manden enttäusche, wenn ich all die
Sonaten auf dem Hammerklavier spiele.
kV 332 wird fazil spielen, sie kV 333.
Die Kadenz ist großartig, doch es wä- einen fußtritt wie seinerzeit Mozart
re zu einfach zu sagen: das ist Oper. von einem kammerdiener des fürstMozart wandelt in unglaublichen har- erzischofs colloredo werden sie nicht
monischen Regionen, des-Moll im bekommen!
zweiten Satz. Das ist kühn! Man muss Ich hoffe nicht!
MOZARTS KLAVIERSONATEN
© Marco Borggreve
Die beiden Seiten der selben
klingenden Münze, nun aber mit
vertauschten Stempeln geprägt:
Als logische Fortsetzung der
Mozartwoche 2014, in deren
Rahmen Fazil Say und kristian
bezuidenhout gemeinsam schon
alle Klaviersonaten Mozarts
gespielt haben, kehren sie nun
die Werkaufteilung um.
In einem Interview empfehlen sie,
der an einem steinway klavier spielen lernte, diesen als basis für eine
sichere Technik.
Ja, das stimmt. Das liegt an den mechanischen Möglichkeiten des Instruments, die ja immer weiterentwickelt
wurden. Sämtliche Klangmöglichkeiten und auch die Kontrolle über ein
Instrument lernte ich am Steinway,
gerade weil die Gefahr groß ist, dass
sich die Töne sehr schnell mischen.
Aber für Mozarts Sonaten ist ein moderner Flügel kritisch: da kann schnell
alles wie dreckiges Spülwasser klingen.
56
New York: Brooklyn
Bridge im Sonnenuntergang.
AufzeIcHNuNgeN
zu kLäNgeN
uND sTäDTeN
Drei Dokumentationen im Filmprogramm der Mozartwoche 2015
AUFZEICHNUNGEN ZU KLÄNGEN UND STÄDTEN
Janis El-Bira
57
Immer wieder tritt Elliott Carter an
das Fenster seines Apartments im New
Yorker Stadtteil Greenwich, schaut
hinaus in die Häuserschluchten. Sonnenlicht bricht sich an den scharfen
Kanten der Wolkenkratzer und lässt
die Gegenstände im Zimmer lange
Schatten werfen. Einige tausend Kilometer weiter östlich, auf der Grenze
zwischen zwei Kontinenten, wandert
der Blick entlang der nicht enden wollenden Blechlawinen auf der großen
Bosporus-Brücke, die den europäischen mit dem asiatischen Teil Istanbuls verbindet. Der Pianist Fazil Say
sitzt vor den hohen Fenstern des Beylerbeyi-Palasts an einem Flügel und
spielt Bach. Draußen malen die Schiffe im Vorbeifahren verschieden breite
Schaumkronen auf die Wellen des
Wassers. Flug zurück nach Salzburg:
Kinder spielen in den verwinkelten
Straßen der Altstadt, Touristen intonieren mäßig erfolgreich die ersten
Takte der „Kleinen Nachtmusik“ vor
dem bekanntesten Haus in der Getreidegasse und im Hintergrund lässt dessen berühmter Bewohner in gelesenen Briefen dem Ärger über seine Heimatstadt freien Lauf: Einmal mehr
war die Begeisterung, die der junge
Wolfgang Amadé Mozart im Ausland
längst hervorgerufen hatte, im fürsterzbischöflichen Salzburg eher mit Achselzucken quittiert worden.
teilen eine gemeinsame Faszination
für das kreative Habitat ihrer Protagonisten: Mit Elliott Carter streift man
in Frank Scheffers „Elliott Carter: Labyrinth der Zeit“ (2004) in langen
Sequenzen durch New York, Fazil Say
nimmt uns in „Fazil Say – Alla turca“
(2005) von Gösta Courkamp mit durch
die Nacht und auf die alle Sinne überfordernden Märkte der türkischen Metropole und Daniel Finkernagels und
Alexander Lücks „Mozart in Salzburg“
(2006) lädt dazu ein, das Salzburg
Mozarts an dem unserer Tage zu spiegeln: Taxifahrer des Jahres 2006 geben über ihre Kollegen auf den Kutschböcken im 18. Jahrhundert Auskunft,
Erzbischof Alois Kothgasser spricht
über die heiligen und „mäßig heiligen“ Vorgänger in seinem Amt.
Allesamt sind es ausgesprochen sinnliche Filme. Sie versuchen, den vielen
Eindrücken, das heißt konkret den Geräuschen, Gerüchen und Anblicken,
nachzuspüren, denen die porträtierten Komponisten und Künstler an den
Orten ihrer Produktivität täglich ausgesetzt sind. Am prägnantesten gelingt
das wohlmöglich in Scheffers CarterFilm, wenn der hochbetagte Mann langsamen Schrittes und mit hellwachen
Augen durch den unerbittlichen New
Yorker Verkehr wandert oder von den
Brookyln Bridge aus den Sonnenuntergang betrachtet. Er hält sich die Ohren zu, als ein Feuerwehrwagen kreischend an ihm vorbeifährt und lächelt
doch nachsichtig dabei. Urbanität
spielt eine tragende Rolle in Carters
Werk: Ohne die Faszination für das
Mozart Ton- und filmsammlung
der stiftung Mozarteum salzburg
Mozart-Wohnhaus, Makartplatz 8
Beginn jeweils 15.00 Uhr, Eintritt frei
Mo 26.01
FESTKONZERT ZUM
250. GEBURTSTAG MOZARTS
Mozartwoche 2006
Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti
Mitsuko Uchida, Cecilia Bartoli,
Thomas Hampson
sA 24.01
DON GIOVANNI KV 527
Musikfilm 1979. Regie: Joseph Losey
DI 27.01
FAZIL SAY: ALLA TURCA
Dokumentation 2005.
Regie: Gösta Courkamp
FILMPROGRAMM
DER MOZARTWOCHE 2015
SUMMARY
The documentary films in the Mozart Week programme show Elliott Carter,
Fazil Say and Wolfgang Amadé Mozart against the background of the cities
associated with them – New York, Istanbul and Salzburg. In this juxtaposition
of city and musician, the aim is to consider the everyday circumstances of the
creative process, allowing the city to play a kind of second lead beside the
artist portrayed. Thus the urban life of New York is deeply engraved in Elliott
Carter’s music: the chaotic quality of the city was a lifelong influence on the
composer. Fazil Say, on the other hand, is thematically duplicated, so to
speak, by “his” city of Istanbul: both represent a musical and cultural bridge
between Occident and Orient, Europe and Asia. Finally, Mozart’s Salzburg is
observed from the viewpoint of 2006, the 250th anniversary of the composer’s
Die dokumentarischen Beiträge zum birth: the city now, with its Mozart-mad residents and tourists, makes a contrast
Filmprogramm der Mozartwoche 2015 to the mediocre recognition accorded to him during his lifetime.
so 25.01
ELLIOTT CARTER – A LABYRINTH OF TIME
Dokumentation 2004. Regie: Frank Scheffer
MI 28.01
VOYAGE AUX INDES GALANTES
Versailles 2005. Académie du
spectacle équestre. Regie: Bartabas
Do 29.01
MOZART: KLARINETTENQUINTETT A-DUR KV 581
STREICHQUARTETT D-MOLL KV 421
Mozartwoche 1998 und Mozartwoche 2000
Hagen Quartett, Sabine Meyer
fr 30.01
FRANZ SCHUBERT: ALFONSO UND ESTRELLA
Chamber Orchestra of Europe, Arnold
Schoenberg Chor, Nikolaus Harnoncourt
Inszenierung: Brian Large
Olaf Bär, Luba Orgonášová, Thomas
Hampson, Alfred Muff u. a.
(Theater an der Wien, 1997)
sA 31.01
MOZART IN SALZBURG
Dokumentation 2006.
Regie: Alexander Lück, Daniel Finkernagel
58
100 JAHre
MozArTeuM
oder mit Daniel Barenboim in Berlin.
Während die beiden weiteren Dokumentationen im Filmprogramm auf
derart scharfe Kontrastierungen von
Privatheit und öffentlicher Geltung verzichten, gehen sie doch ähnlich stark
im städtischen Umfeld ihrer Beobachtungen auf. Gösta Courkamps Film
über Fazil Say ist beinahe ebenso
auch ein Film über Istanbul. Von der
einzigartigen Brückenstadt zwischen
Okzident und Orient lässt er sich in
jedem Fall den Rhythmus diktieren.
Man meint, das Mediterrane, die Salzigkeit der Luft und die Nähe zum Wasser zu spüren; die Kamera flaniert im
Istanbuler Nachtleben lange durch
die lebendigen Straßen, vorbei an Händlern und Lokalen. Aus der Luft gefilmt
ragen die prachtvollen Moscheen und
steinernen Zeugnisse vom Glanz des
osmanischen Reiches auf. Fazil Say
wird zur Spiegelfigur dieser urbanen
Mittelstellung zwischen Ost und West:
Wir sehen ihn bei der Arbeit an den
Werken der europäischen Tradition
ebenso wie bei Aufführungen seiner
eigenen Kompositionen, die jene Musik, die ihn weltbekannt machte, mit
der seiner türkischen Heimat zu ver-
binden suchen. Die Brücken als durchgehendes Motiv des Films finden so
klingende Entsprechung.
Den hintergründigsten und durchaus
auch humorvollsten Umgang mit einem
Komponisten und „seiner“ Stadt leistet indes „Mozart in Salzburg“. Unter
weitgehendem Verzicht auf nachgestellte Szenen mit Schauspielern verlassen sich die Regisseure lieber auf
das Hier und Jetzt: Während Mozarts
abwechselnde Flucht und Rückkehr
vor allem in Briefen aus der Zeit zum
Tragen kommt, läuft das moderne Salzburg in seiner ganzen Ambivalenz mit
Bezug auf den berühmtesten Sohn
zur Hochform auf. Ähnlich wie in Hollywood jeder ein Drehbuch im Nachtschrank haben soll, scheint hier jeder
etwas zu Mozart sagen zu können. So
reihen sich neben die Experten aus
Konzertleben und Wissenschaft auch
munter die ganz „normalen“ Touristen, Schützenkönige, Taxifahrer und
Kirchenleute ein. Sanft-ironisch wird
so eine Stadt zwischen Mozart-Erbe
und Mozart-Wahnsinn porträtiert. Nur
die Liebe zu ihm, sie scheint – anders
als zu seinen Lebzeiten – inzwischen
uneingeschränkt zu gelten.
59
© Frank Scheffer
AUFZEICHNUNGEN ZU KLÄNGEN UND STÄDTEN
elliott carter vor der Brooklyn
Bridge, New York.
Vor einhundert Jahren, am 29. september 1914, erfolgte die feierliche eröffnung des
„Mozarthauses“ (Mozarteum) in der schwarzstraße. ein denkwürdiger Anlass für die
stiftung Mozarteum salzburg, dieses Jubiläum mit einem großen fest zu begehen. Das
Mozarteum ist nicht nur als Veranstaltungsort bis heute einmalig, das gebäude stellt als
gesamtkunstwerk eine architektonische rarität dar. Die stiftung Mozarteum setzte mit diesem
repräsentativen und selbstbewussten bau 1914 ein weithin sichtbares zeichen – auch als
DAs kompetenzzentrum in sachen Mozart, eine stellung, die heute mehr denn je gültigkeit hat.
»ES IST EINE IRONIE DER GESCHICHTE...«
PräsIDeNT JoHANNes HoNsIg-erLeNburg IM gesPräcH
mit Walter Weidringer
Herr Dr. Honsig-erlenburg, das Mozarteum-gebäude wird 100 Jahre alt
– was bedeutet dieses Jubiläum für
sie als Präsident der stiftung Mozarteum salzburg?
Natürlich eine große Freude, mehr aber
noch ist dieses Haus für mich Symbol
für das einzigartige Engagement überzeugter Enthusiasten, die für etwas so
Wertvolles wie „die Sache Mozart“ eingetreten sind und heute noch eintreten. Nur aus der visionären Kraft meiner Vorgänger und nur mit deren „gesunder“ Beharrlichkeit konnte das
Mozarteumsgebäude verwirklicht werden. Es ist mehr als nur ein Symbol –
daran können wir uns heute noch ein
Beispiel nehmen.
1914 begann aber auch der untergang
des alten europa...
Ja, das stimmt mich nachdenklich: Es
ist eine Ironie der Geschichte, dass
die Eröffnung unseres Hauses messerscharf mit dem Beginn des 1. Weltkrieges zusammenfällt. Erinnern wir
uns aber, dass die Planungen zu diesem Gebäude 50 und mehr Jahre zurückreichen – und erinnern wir uns,
dass dabei auch die keinesfalls sympathischen Absichten der „Mozartianer“
verfolgt wurden, ein „heroisiertes“ Mo-
zart-Bild zu verwirklichen. Als nackter,
in Bronze gegossener Apoll steht Mozart
noch heute im Eingangsfoyer des Großen Saals, für mich ein Sinnbild für
diese teilweise Verfremdung.
Diesem Mozart hat man im 19. Jahrhundert gehuldigt, ihm wollte man
„einen Tempel errichten“. Mit den
Schüssen in Sarajewo und der folgenden Mobilmachung war von einem Moment auf den anderen alles verändert
und das groß angelegt geplante Eröffnungsfest weggefegt. Damit ist das
Gebäudeprojekt im Realgeschehen des
frühen 20. Jahrhunderts angekommen.
Ein auf den ersten Blick vielleicht
schmerzlicher Bruch, bei richtiger Betrachtung aber gesund und zukunftsweisend, denn damit gab es für das
heroisierende, deutschtümlerische
Mozart-Bild (vorerst jedenfalls) keine
Zukunft mehr. Möglicherweise hatte die
Weltkriegstragödie auch dazu beigetragen, dass das Haus zu einem Ort der
ernsthaften Auseinandersetzung mit
Musik, bis hin zur Avantgarde, wurde.
Geblieben ist ein gewisser Widerspruch:
Das Gebäude, errichtet im Münchner
Reformstil, demonstriert Richard
Berndls sehr persönliche Auffassung
von Architektur. Betritt man das Haus,
taucht man rein äußerlich in eine
vergangene Welt ein, in ein Gefüge
aus Neobarock verbunden mit ArtDeco- und Jugendstil; eine vornehme,
im Großen Saal fast „imperiale“
Stimmung, die nur und ausschließlich aufgrund der Bauentscheidung wenige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs möglich war.
Dass sich Salzburger Entscheidungsträger im Übrigen damals für den Münchner Architekten Richard Berndl entschieden hatten, war, insbesondere
was die Architektur betrifft, ein Glücksfall.
Hatte die entscheidung für berndl
eine sonstige bedeutung?
Ich denke ja: Abgesehen von architektonischen Gründen sehe ich in dieser
Entscheidung eine Art „Unabhängigkeitserklärung“ Wien gegenüber. Wien
war das unbestrittene Machtzentrum
der k.u.k. Monarchie. Die Salzburger
haben keine selbstverständliche Zugehörigkeit zur Monarchie verspürt.
100 Jahre nach Ende der Souveränität Salzburgs bestand wenig Identität
mit dem Vielvölkerstaat – lieber den
Architekten aus dem benachbarten
100 JAHRE MOZARTEUM
Chaos von New York wäre seine Musik eine andere gewesen. Im Film erklingt dieses echte Martinshorn entsprechend wie ein Echo der „komponierten“ Sirene in Edgar Varèses radikal modernistischem Orchesterwerk
„Amériques“ (1921), das auf den jungen Elliott Carter enormen Eindruck
gemacht hatte, und in Auszügen auch
in Scheffers Film zu hören ist. New
York spielt überhaupt so etwas wie die
zweite Hauptrolle in „Elliott Carter:
Labyrinth der Zeit“. Die Stadt scheint
den Film bis in die Lichtsetzung hinein zu bestimmen, die gleißend und
kantig daherkommt. Die Wohnung
Elliott Carters und seiner 2003 verstorbenen Frau Helen Frost-Jones erscheint darin wie ein sonnendurchfluteter Ruhepol. Wir sehen die Eheleute
im Alltag, den Komponisten bei der Arbeit am Klavier oder in Proben mit Musikern, deren Tonproduktion von den
ausladenden Polstermöbeln der Carters
gedämpft wird. Man versichert sich
erst dann wieder der Gewissheit, hier
den wohl bedeutendsten amerikanischen Komponisten der letzten Jahrzehnte vor sich zu haben, wenn Carter die Wohnung verlässt – etwa um
mit Pierre Boulez in Paris zu arbeiten
60
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Bayern, als ein weiteres „k.u.k.-zerti- Kaffeegeruch in unserem Pausenfoyer,
fiziertes“ Architekturbeispiel.
im Sommer unseren charmanten Bastionsgarten und ich liebe genauso den
welche Aufgaben erfüllt das Haus?
„Vielklang“, wenn ich in unserem PräIch denke und hoffe, dass dieses Haus sidium arbeite.
deutlich zur Musikentwicklung beiträgt.
Historisch, schon in den 1920er-Jah- warum viel klang?
ren, wurde im Großen Saal Beethovens Ein Teil unseres Gebäudes wird nach
Opus 111 gemeinsam mit Musik von wie vor von der Universität Mozarteum
Charles Ives aufgeführt, hier dirigier- als Mieterin genützt. In unserem Haus
te Richard Strauss seine Festspielkon- sind Gesangsklassen, teilweise die Piazerte, Herbert von Karajan gab hier nisten und die Organisten. Das ersein Debütkonzert, hier schlug die Ge- zeugt eine zusätzliche Lebendigkeit,
burtsstunde der Camerata Salzburg. die das Haus belebt; wenngleich – zuIm selben Großen Saal hat Meg Stuart gegeben – so manche Koloratur oder
2006 mit ihrer Tanzkompanie diesen auch ewig wiederholte Übestelle ganz
Ort mit nackter Tanzperformance auf schön nerven kann.
den Boden des Fassbaren geholt, hier
entwickelte Pollini seine „Progetti“… Der große saal der stiftung Mozarteum im sommer: ein Aufführungsort
Aber vergessen wir nicht vermeintli- der salzburger festspiele?
che „Nebenschauplätze“: Ich liebe den Ja, seit Gründung der Salzburger Fest-
spiele ist vor allem der Große Saal der
Stiftung Mozarteum ein wichtiger
Aufführungsort. Auch darin liegt eine
gewisse Ironie: Mit Gründung der Salzburger Festspiele durch Max Reinhardt
und Hugo von Hofmannsthal haben die
„Mozartianer“ ihren Plan, reine MozartFestspiele zu veranstalten, aufgeben
müssen. Die Stiftung Mozarteum ist
einen eigenen Weg gegangen und hat
ihr Profil geschärft. Mit den „MozartHäusern“, einer groß angelegten Wissenschaftsabteilung und dem Konzertbereich, insbesondere der Mozartwoche, konnte die weltweit einzigartige
Institution zur authentischen, aber
auch zeitgemäßen Auseinandersetzung
mit Mozart geschaffen werden. Dass
die Salzburger Festspiele beispielsweise durch die Mozart-Matineen in
unserem Großen Saal genauso zu dieser Mozart-Auseinandersetzung beitra-
gen, ist selbstverständlich; ich will das gaben und zugleich Kunstinteresse hanicht als Konkurrenz, sondern eher als ben, ist nicht wirklich leicht.
Bereicherung sehen.
Auf der anderen Seite sind bürger- und
Dasselbe gilt, wenn die Salzburger Fest- zivilgesellschaftliches Engagement heuspiele den Großen Saal für spannende, te wichtiger denn je. Täglich spüren
durchaus kontrovers programmierte und erleben wir, wie sich die ÖffentKonzerte nützen. Das ist der Geist, das lichkeit mehr und mehr aus ihren kommunalen Aufgaben zurückzieht. Für
ist die Musik, die dieses Haus prägt.
Kunst und Kultur ist das fast schon
Die eingangs angesprochenen enthu- eine Selbstverständlichkeit, was für ein
siasten, das engagierte bürgertum – außergewöhnlicher „Erfolg“, wenn die
existiert das denn überhaupt noch in Salzburger Festspiele verkünden können, dass ihre jahrelang öffentlichder damaligen form?
Ja, es existiert, aber es wird langsam rechtlichen Träger die jahrelang einzur „Mangelware“; Menschen zu fin- gefrorenen Beitragszahlungen geringden, die Sinn für gesellschaftliche Auf- fügig erhöhen werden.
Seit ihrem Bestehen lebt und arbeitet
die Stiftung Mozarteum in ihrer staatlichen Unabhängigkeit. Heute wie damals ist es das Engagement überzeugter Enthusiasten, das zusammen mit
den professionellen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, das „Schiff“ Stiftung
Mozarteum steuert.
Wenn auch nicht mehr so leicht, wird
es doch weiterhin diejenigen geben,
die ihr Engagement, ihr Wissen und ihre Zeit zur Verfügung stellen, damit
das Mozarteum in der Schwarzstraße
ein außergewöhnlicher Ort der Begegnung mit Musik, nicht nur der Musik
Mozarts, ist und bleibt.
SUMMARY
Commitment of staunch enthusiasts
In an interview, Johannes Honsig-Erlenburg, President of the Salzburg Mozarteum
Foundation, refers to the symbolic value of the Mozarteum building, now 100 years
old, as testimony to a “unique strength, based on the commitment of staunch
enthusiasts” among Salzburg citizens. The “Mozart cause”, however, had far
earlier champions – even if at that time their view of the composer was heroistic
or perhaps Teutonomanic. He sees it as a piece of good fortune – which may
have contributed to the openness extended even to the avant-garde – that the
building was completed in 1914, “at the last moment”, so to speak, before the
outbreak of World War I. It is no coincidence that Salzburg became the scene
of rivalry between the Mozartians and the group surrounding Hofmannsthal,
Reinhardt and Strauss. The relationship with the Salzburg Festival is excellent,
Mozart Week and the Dialogues Festival standing in friendly rivalry with the
Festival outside the summer months. The building is filled with music daily, as
students practise in the rehearsal rooms, and a unique collaboration is provided
by research and the association with the Mozart Museums – “we can offer the
opportunity of hearing Mozart’s original instruments in a concert.” The necessary
representatives of committed citizens are not so easily found today, but they
continue to give full support to the professional employees to ensure that the
Mozarteum “remains an outstanding place for encounters with music, not only
by Mozart”.
100 JAHRE MOZARTEUM
100 JAHRE MOZARTEUM
© Wolfgang Lienbacher
Johannes Honsig-erlenburg wuchs in Salzburg auf. Die Musikbegeisterung seiner Eltern ging
auf ihn über: Er begann als Volksschulkind Klavier zu spielen und studierte als Gymnasiast an
der Universität Mozarteum Klavier und Orgel. 25 Jahre lang war Johannes Honsig-Erlenburg
Organist in der Aigner Kirche in Salzburg. Nach der Matura am Akademischen Gymnasium
studierte er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg und schloss
diese 1984 mit dem Doktortitel ab. Seit 1990 ist er als Rechtsanwalt tätig. 2002 wurde
Johannes Honsig-Erlenburg zum Vizepräsidenten der Stiftung Mozarteum unter Friedrich
Gehmacher gewählt. Am 30. November 2006 berief ihn das Kuratorium zum jüngsten
Präsidenten der bis dahin 126-jährigen Geschichte der Stiftung. Seit 2009 ist er außerdem
Mitglied des Kuratoriums der Salzburg Biennale und seit 2010 geschäftsführender Vorstand der
Stiftung Herbert von Karajan, Osterfestspiele Salzburg.
62
IM LArgHeTTo zuM zIeL
Vor 100 Jahren wurde das neu erbaute Mozarteum-gebäude seiner
bestimmung übergeben. Der weg dorthin war langwierig und von vielfältigen
kulturellen bemühungen des salzburger bürgertums geprägt.
Walter Weidringer
Die Szene aus dem Roman von Joseph
Roths „Radetzkymarsch“ passt beinah genau auf die Umstände der Eröffnung des Mozarteums-Gebäudes 1914
in Salzburg, nur waren die großen
Feierlichkeiten für den Saisonbeginn
im September geplant – zu einer Zeit,
da weite Teile der Bevölkerung längst
dem Hurrapatriotismus erlegen waren.
Im gleichsam letzten Moment hatte
sich während der Monarchie noch der
Glücksfall eines Neubaus für Kunst und
Kultur ereignet, bevor das grauenvolle
Gewitter des Weltkriegs alles hinwegzufegen drohte.
Foto: Fritz von der Schulenburg
Doch der Reihe nach.
Naive Huldigungen
Der britische Historiker Eric Hobsbawm hat den Begriff des „langen
19. Jahrhunderts“ geprägt, das die Zeit
von der Französischen Revolution
1789 bis zum Beginn des 1. Weltkriegs
1914 umfasste – eine Epoche, die
auch als das „bürgerliche Zeitalter“
beschrieben wird. Die Geschichte des
Umgangs mit dem „Erbe“ Mozarts im
Salzburg dieser Zeit lässt sich nun
tatsächlich als Geschichte eines Bürgertums lesen, das sich kulturelle Aufgaben zu eigen macht, ja zu eigen machen muss. Denn im Zuge der politischen Umwälzungen der napoleonischen Zeit mit Besatzung und Plünde-
rungen, der Auflösung der Universität
und dem Bedeutungsniedergang Salzburgs zur entlegenen oberösterreichischen Kreisstadt mit der 1816 erfolgten endgültigen Angliederung an das
Kaisertum Österreich verarmte das
Kulturleben, das nun nicht mehr von
finanzkräftigen, geistlich wie weltlich
herrschenden Fürsterzbischöfen auch
aus Gründen standesgemäßer Hofhaltung auf hohem Niveau garantiert werden konnte. Das Ende des selbständigen Fürstentums bedeutete zugleich
das Ende der Hofkapelle, während immerhin das Hoftheater als nunmehriges k. k. Nationaltheater erhalten werden konnte. In diesem wurde auch
Mozart gehuldigt: „Beliebt waren dafür offensichtlich Bearbeitungen Mozartscher Werke oder Schauspiele und
Allegorien über Mozart, für uns heute
ein Greuel, damals aber Ausdruck naiver, populärer Mozart-Verehrung“,
schreibt der Historiker Karl Wagner
und führt als Beispiel das Programm
eines Abends an, der in einem großen
Tableau gipfelte: „Die Büste Mozarts,
umgeben von den Hauptfiguren aus
sämtlichen Opern Mozarts, mit einer
begleitenden Symphonie des Meisters“.
ein Denkmal – für die gäste
Neben dem Theater und der auf Michael Haydn zurückgehenden Pflege des
Männerchorwesens etablierte sich in
Salzburg jedoch schon früh eine dritte
bürgerliche Kulturbewegung, die sich
über die politischen Umbrüche hinweg wandeln und deshalb halten konnte: die „Museums-Gesellschaft“, welche
Literatur, Musik und Geselligkeit auf
ihre Fahnen geschrieben hatte. „Als
Beweis, wie vorteilhaft ein solcher Verein auf jeden einzelnen und auf alle
wirkt, soll hier nur auf einen einzigen
seiner Zwecke hingedeutet werden“,
heißt es in einem um Beitritte werbenden Aufruf an die Salzburger, der im
Juli 1816 veröffentlicht wurde: „den
Genuß der Musik, welche in einer Stadt,
deren Erde die Wiege Mozarts trug und
die Hülle Michael Haydns zudeckt, wo
Wölfl, Neukomm und mehrere andere
berühmte Meister der Töne Leben und
Bildung empfingen, gewiß den höchsten Reiz hat und wärmste Teilnahme
finden muß.“
Nach einem so erheblichen Bedeutungsniedergang, wie er für Salzburg zu verzeichnen war, erscheint es nur allzu
menschlich, dass in Zeiten eines notgedrungen bescheideneren Neubeginns
die Kulturpflege retrospektive Züge annahm und die stolze Berufung auf ein
großes Erbe früherer Zeiten in den
Vordergrund rückte. Dazu zählte bald
auch der Wunsch nach einem Denkmal für Mozart, mit dem der aus Posen
gebürtige Schriftsteller Julius Schilling
in Salzburg Gehör fand: 1836 konstituierte auf sein Betreiben hin die „Museums-Gesellschaft“ ein Denkmal-Komitee und strebte fortan nach der Sammlung der nötigen finanziellen Mittel, zu
denen Zuwendungen der als österreichische Kaiserin-Witwe mittlerweile
in Salzburg lebenden Carolina Augusta und ihres kunstsinnigen Bruders
König Ludwig I. von Bayern ebenso beitrugen wie erhebliche Spenden aus der
Bevölkerung. Dabei ging es freilich weniger um die Anerkennung von Mozarts
künstlerischer Größe; vielmehr argumentierte man sogar damals schon
eher aus lokalpatriotischer Sicht im
Hinblick auf Gäste aus aller Welt: „Wir
müssen dieses Monument als eine gemeinsame Stadtsache betrachten, als
etwas, dessen verfehlte oder mangelhafte Ausführung ein ungünstiges Licht
auf uns werfen würde. ‚Seht‘, würden
jene Fremden sagen, wie sie jeder
100 JAHRE MOZARTEUM
„Wir müssen das Fest abbrechen!“, ist
Major Zoglauer überzeugt – das schöne,
große, in wochenlanger Arbeit vorbereitete Sommerfest, ein glänzender Erfolg, eingefasst von Musikkapellen, Umzügen, Tombolas, Konfettisternchen
und Feuerwerkskörpern. Aber nicht
etwa das nahende Unwetter ist der
Grund, sondern ein im Galopp beigebrachtes Schreiben: „Thronfolger gerüchtweise in Sarajevo ermordet“.
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© Internationale Stiftung Mozarteum (4)
sA 27. sePTeMber 19.30 uHr
Stiftung Mozarteum, Großer Saal
FESTKONZERT „100 JAHRE MOZARTEUM“
rekonstruktion des konzerts aus Anlass
der eröffnung des Mozarteums 1914
Mit Claire Elizabeth Craig, Meredith
Hoffmann-Thomson, David Steffens, Gregory
Ahss, Alessandro Misciasci, Camerata
Salzburg, Salzburger Bachchor u.a.
Informationen: www.mozarteum.at
100 JAHRE MOZARTEUM
Sommer zu Tausenden zu uns führt,
wenn sie unsere Kirchen, Paläste, öffentliche Bauten betrachten und dann
zu jenem Denkmale kommen und dieses in kleinlicher Gestalt vor ihnen stehen würde, ‚Seht, was die Voreltern
Großes und Würdiges mit eigenen Mitteln in bescheidenem Stile gewirkt und
erreicht haben und wie Geringes die
Nachkommen mit der Unterstützung
ganz Europas nach so vielen öffentlichen Besprechungen zu Stande gebracht!‘“ Wenn aber zu guter Letzt
„von allen Weltgegenden die Reisenden nach Salzburg strömen, die angesehensten Männer, die gefeyertsten
Künstler aller Nationen sich in seinen
Mauern versammeln, der feyerliche
Augenblick naht, …der Ruhm Salzburgs überall verkündigt wird, mit welchem frohen Bewußtseyn wird dann
Jeder auf dieses Denkmal blicken, der
sich sagen kann, nach Kräften zu demselben beygetragen zu haben.“
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Deutschnationale Vereinnahmung
Als das Denkmal schließlich 1842 im
Rahmen eines großen Festes enthüllt
werden konnte (es erstreckte sich von
der Aufführung Mozartscher Messen
im Dom bis hin zu einem Aufzug von
Ehrengästen und der Zünfte nebst
Blaskapellen zu einem aus MozartMotiven arrangierten Marsch), waren
freilich aus Bürgertum und Liedertafeln auch deutschnationale Nebenstimmen im jubelnden Zusammenklang vernehmbar: „Vom Himmel trug
der Barde Mozart nieder / Den deutschen Sang …“; „Germania, in Feierklange / Erhebe Mozart, er ist Dein!“.
„Triumph! Es lebt der Fürst der Töne,
/ So lang ein deutsches Lied erklingt“,
hieß es beispielsweise in entsprechenden literarisch-musikalischen Erzeugnissen – ein Beleg dafür, wie Karl Wagner anmerkt, dass „naive Verehrung
ohne echte innere Beziehung zur Musik … jeder Mißinterpretation durch
Modeströmungen oder Ideologien Tür
und Tor“ öffnen könne. Die Enthüllungsfeierlichkeiten waren jedoch die
Initialzündung für weitere Feste, wie
sie 1852 zum zehnjährigen Denkmalsjubiläum und 1856 zur „Säcularfeier“,
also dem 100. Geburtstag des Komponisten, veranstaltet wurden – und der
Humus für die späteren Festspiele, welcher mit den Mozart-Festen der Jahre
1877 bis 1910 weiter und noch fruchtbarer aufbereitet werden sollte.
„emporbringung der Musik in allen
ihren zweigen“
Zur Zeit der Denkmalsenthüllung war
mittlerweile ein weiterer Wahlsalzburger zu einem zentralen Akteur des städtischen Kulturlebens geworden: der
aus Wien stammende Jurist und im
Bankwesen tätige Franz Edler von Hilleprandt, ansässig im Gurkerhof in der
Kaigasse. Er spielte als Vorstand der
„Museums-Gesellschaft“ und vor allem von 1841 an bis zu seinem Tod 30
Jahre später als leitender „Sekretär“
eine wichtige Rolle im „Dom-MusikVerein und Mozarteum“ – jener Doppelinstitution, welche auf Veranlassung des Fürsterzbischofs Friedrich
Kardinal Fürst zu Schwarzenberg die
heruntergekommene Salzburger Kirchenmusikpflege neu beleben und in
Fotos oben von li. nach re.:
Erzherzog Eugen von Österreich,
Protektor der Stiftung Mozarteum,
bei der feierlichen Grundsteinlegung des Mozarteum-Gebäudes
am 6. August 1910 im Rahmen
des 8. Mozart-Festes.
Lilli Lehmann, 1901 „in dankbarer Anerkennung der unvergänglichen Verdienste um die Förderung des Instituts“ mit der Ehrenmitgliedschaft belohnt, inszenierte
1906 zum 150. Geburtstag
Mozarts beim 7. Salzburger
Musikfest „Don Giovanni“ mit
Francesco d’Andrade in der Titelpartie und ihr selbst als Donna
Anna.
Kuratorium der Internationalen
Stiftung Mozarteum, 1887.
Stehend (v.l.n.r.): Franz Gessele,
Oskar Berggruen, Josef Stigler,
Wenzel Sedlitzky.
Sitzend (v.l.n.r.): Johann Evangelist Engl, Josef Hitschfeld, Baron
Carl Sterneck(Präsident), Carl
Spängler (Kassier), Hans Schläger.
Wettbewerbsentwurf von Richard
Berndl, Blick auf das Konzerthaus,
1910.
einer Sing- und Instrumentalschule
musikalischen Nachwuchs heranbilden
sollte. Hilleprandt orientierte sich dabei eng an der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bis hinein in deren
Statuten: Auch in Salzburg stand somit die „Emporbringung der Musik in
allen ihren Zweigen“ im Zentrum, besonders aber der Kirchenmusik und
der „Gründung und Beförderung einer
Musikanstalt zur würdigen Erhaltung
des Andenkens Mozarts in seiner Vaterstadt“. Mit der (wenige Monate vor
der Denkmalenthüllung verstorbenen)
Witwe und den Söhnen Mozarts befreundet, gelang es ihm, zahlreiche
Briefe und andere Hinterlassenschaft
der Familie zu erwerben; 1856 war bei
der „Säcularfeier“ eine erste „MozartAusstellung“ im Geburtshaus in der
Getreidegasse zu sehen. Außerdem
wurden der „Verein, insbesondere das
Mozarteum … im Laufe der Zeit mit
zahlreichen Legaten bedacht, die sowohl in Widmungen von Musikalien
als auch in finanziellen Zuwendungen
bestanden“, schreibt der Musikwissenschaftler Ernst Hintermaier, wobei die
Stiftung Constanze Mozarts und ihrer
kinderlosen Söhne die bedeutendsten
waren: Franz Xaver Wolfgang Mozart etwa vermachte dem Mozarteum 1844
alle in seinem Nachlass befindlichen
Manuskripte, das Clavichord und seine
komplette Bibliothek.
SUMMARY
The end of Salzburg as an independent principality and
the incorporation of the Province into the Austrian
Empire, in 1816, resulted in economic decline and a
severe loss of influence. In this situation, the rising middle
class began to assume responsibility for cultural affairs.
In 1836 a society was founded for the purpose of erecting
a Mozart monument, which was unveiled six years later
amid festivities which led to regular Mozart festivals,
later preparing the ground for the Salzburg Festival.
After complicated developments, in 1880 the society
finally evolved into the International Mozarteum Foundation, its aims being to perform works not only by
Mozart, to offer a sound musical education, to build up a
collection and to carry out research. The existing building
was soon unable to accommodate the growing activities,
and in 1909 Richard Berndl’s proposal was chosen from
submissions to an architects’ competition for a new
building. In 1914, on the eve of World War I and the collapse of the Danube monarchy, the Munich Jugendstil
building was completed and the Foundation installed –
not least as a monument to the music-loving citizens of
Salzburg.
zu leisten, allein am Dom jährlich etwa 2000!) legten jedoch schon in den
1860er-Jahren eine Umstrukturierung
und Neuverteilung der Aufgaben nahe,
auch wenn sich zunächst formalrechtliche Hindernisse in den Weg jener Bürger legten, welche die Missstände erkannten und beheben wollten: Unter
der Führung des Lehrers und MusikDie entstehung der Internationalen schriftstellers Johann Evangelist Engl
sowie des aus Wien stammenden Fistiftung Mozarteum
Finanzielle Schwierigkeiten von „Dom- nanzrates Karl Freiherr von SterneckMusik-Verein und Mozarteum“ (immer- Daublebsky zu Ehrenstein setzten sich
hin waren an 14 Kirchen Musikdienste 1869 im Gasthof „Zur Krone“ (Roitt-
ner-Haus) fünfzehn Salzburger Bürger
zum Ziel, das Mozarteum aus dem
kirchlichen Einfluss zu lösen und es
zu einer durch Stipendien zugänglichen Musikhochschule zu machen,
lebende „Tondichter und Tonkünstler“ nach Vorbild der 1855 in Weimar
gegründeten Deutschen Schiller-Stiftung zu unterstützen, ein „MozartHaus“ zu errichten, das Konzertaufführungen, eine musikalische Universalbibliothek und ein Mozart-Archiv
beherbergen sollte, sowie periodische
Versammlungen als „Mozart-Tage“
100 JAHRE MOZARTEUM
so 28. sePTeMber 10.00-17.00 uHr
Stiftung Mozarteum, Schwarzstraße 26-28
TAG DER OFFENEN TÜR
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nicht nur die Wiener Hofoper unter
Gustav Mahler mit einem glanzvollen
„Figaro“, sondern inszenierte Lehmann (unter teils widrigen Umständen)
auch einen neuen „Giovanni“ mit Francesco d’Andrade in der Titelpartie, ihr
selbst als Anna und etwa Geraldine
Farrar als Zerlina sowie Reynaldo Hahn
am Pult der Wiener Philharmoniker.
Die Aufführung muss, trotz eines abschätzigen Urteils aus Mahlers Mund,
offenbar in mehrerlei Hinsicht richtungsweisend geraten sein: durch die
Wahl des italienischen Originals, das
Bestreben, Tragik und Humor gleichermaßen gerecht zu werden und durch
einen naturalistischen Zug, der für Giovanni weniger die traditionelle Höllenfahrt als vielmehr eine „Herzlähmung“
Hundert Jahre nach Mozarts Tod war (Lehmann) als Todesursache bedeuim Festprogramm dreier Julitage 1891 tete.
neben Konzerten und einer „Figaro“Aufführung auch der gemeinschaftliche Besuch einer Mozart-„Kultstätte“
vorgesehen, nämlich des damals auf
dem Kapuzinerberg stehenden „Zauberflöten-Häuschens“, das 1873 von
Wien nach Salzburg transferiert worden war, nachdem es Graf Starhemberg der Stiftung Mozarteum geschenkt
hatte. 1950 fand es, gründlich renoviert, im Garten des Mozarteums seine bleibende Heimstatt – ein Kuriosum
der Mozart-Verehrung, das ein bisschen an die Legende vom Geburtshaus Mariens erinnert, welches Engel
von Nazareth durch die Lüfte nach
Loreto getragen haben sollen…
ein „Don giovanni“ der zukunft
Als dann 1901 Lilli Lehmann erstmals
bei einem Salzburger Musikfest auftrat und im „Stadt-Theater“ die Donna
Anna sang, bedeutete dies für die Internationale Stiftung Mozarteum zwar
keine überirdische, aber doch eine
künstlerisch enorm wertvolle und
fruchtbare Begegnung, die noch im
selben Jahr „in dankbarer Anerkennung der unvergänglichen Verdienste
um die Förderung des Instituts“ mit
der Ehrenmitgliedschaft für die große
deutsche Sopranistin belohnt wurde.
Für 1904 regte sie eine Aufführung
der c-Moll-Messe an – bis heute als
Veranstaltung der Stiftung Mozarteum
Salzburg im Rahmen der Salzburger
Festspiele unverzichtbarer Bestandteil
eines jeden Festspielsommers! –, und
1906 gastierte zum 150. Geburtstag
Mozarts beim 7. Salzburger Musikfest
sieg für „Larghetto“
Im Rahmen des 8. Mozart-Festes kam
es am 6. August 1910 zur feierlichen
Grundsteinlegung des Mozarteum-Gebäudes im Garten der nach einigem
Suchen zu diesem Zweck angekauften Villa Lasser in der Schwarzstraße:
„Zu Ehren Mozarts, des leuchtenden
Sternes am Himmel deutscher Kunst,
dessen Aufgang zu schauen die Stadt
Salzburg beglückt war“, wurde der Neubau im Beisein von Erzherzog Eugen
begründet, dem Protektor der Stiftung. Doch wie sollte das lang ersehnte „Mozart-Haus“ mit Schul- und Verwaltungsräumen, Platz für die große
Bibliothek, zwei repräsentativen Konzertsälen und den nötigen Künstlerzimmern, Garderoben und Nebenräumen aussehen? „Larghetto“ lautete das
Codewort für den Beitrag, der siegreich
aus dem 1909 ausgeschriebenen Architektenwettbewerb mit 64 Einreichungen hervorging – ein unbeabsichtigter ironischer Kommentar zu
dem Tempo, mit dem der Jahrzehnte
alte Plan nun endlich verwirklicht
werden sollte? Zu spät war es freilich
noch nicht. Der Münchner Richard
Berndl gewann vielleicht auch deshalb, weil er in seinem Entwurf auf
das Salzburger Stadtbild Rücksicht
nahm, in das sich sein „Münchner Jugendstil“ mit relativ nüchterner Außengestaltung gut einfügte in ein „antiquarisches, schläfriges, romantisches Städtchen am letzten Abhange der Alpen,
die dort mit Bergen und Hügeln sanft
in das deutsche Flachland übergehen“,
wie Stefan Zweig seine Wahlheimat in
der „Welt von Gestern“ beschrieb, als
diese „noch nicht die durch ihre Fest-
spiele berühmte (und im Sommer snobistisch sich gebärdende) Rendezvousstadt der ‚Prominenten‘“ geworden war.
In den Jahren 1912 bis 1914 wurde
Berndls Bau verwirklicht – mit Kosten
von insgesamt 1,2 Millionen Kronen
(6,65 Millionen Euro), die durch Spenden, Benefizkonzerte und Lotterien
aufgebracht werden konnten: eine enorme Leistung.
Die Eröffnungsfeiern wurden 1914 gestrichen wie das Finale der sommerlichen Lustbarkeiten im eingangs zitierten „Radetzkymarsch“, gewiss. Das
eigentliche Fest aber, das vielfältige Leben im Gebäude der Internationalen
Stiftung Mozarteum nämlich, dauert
über alle kriegerisch-politische Tiefen
und künstlerische Höhen hinweg, nun
schon 100 Jahre an.
Die bibliotheca Mozartiana im
ersten Stock des Mozarteums
(Eingang Schwarzstraße 26) ist die
weltweit umfangreichste Bibliothek
zum Thema „Mozart“ und heute in
fast unverändertem Originalzustand.
BLINDTEXT
Institutioneller Neubeginn
„Die Internationale Mozart-Stiftung in
Salzburg vereinigt mit dem Mozarteum:
Salzburg hat nunmehr nur einen rein
kirchlichen und einen rein weltlichen
Musikverein und beide stehen zueinander in Harmonie und Eintracht! Das
mit der Internationalen Mozart-Stiftung
vereinigte Mozarteum bleibt ein Kunstinstitut, welches seine eigene Schule
für Gesang und Musik, ein Orchester
für seine Jahres-Vereinsconzerte und
einen Fonds zur Unterstützung hilfsbedürftiger und talentirter Tondichter
und Tonkünstler besitzt und sowohl in
Mozarts Vaterstadt, als anderwärts, den
bei den vorausgegangenen beiden Musikfesten von der Internationalen Mozart Stiftung neu aufgenommenen
Mozart-Cultus pflegt und verbreitet“,
hieß es stolz auf einem Merkblatt aus
dem Gründungsjahr. Der Musikwissenschaftler und langjährige wissenschaftliche Leiter sowie Generalsekretär der Stiftung Mozarteum Salzburg,
Rudolph Angermüller, stellt auch für
diesen neuen Abschnitt der MozartPflege in Salzburg fest, dass neben den
„Allerhöchsten Gönnern und Wohltätern“ vom Kaiser abwärts „die Männer, die die Internationale Stiftung Mozarteum aus Idealismus trugen, aus
dem mittleren und gehobenen Bürgertum der Salzachstadt kamen, auch
dem Adel – mehr dem Kleinadel – angehörten, sie alle Musikliebhaber und
Musikdilettanten im besten Sinne des
Wortes, aber keine professionellen ausübenden Musiker und Künstler waren“.
Mozart-wallfahrt auf den
kapuzinerberg
Das hinderte sie freilich nicht, sich für
die schon erwähnten Mozart-Feste der
namhaftesten Interpreten zu versichern. Im Juli 1877 konzertierten unter Otto Dessoff etwa die Wiener Philharmoniker erstmals außerhalb Wiens
– der Beginn einer bis heute währenden, innigen Beziehung des Or chesters zu Salzburg. Als es 1887
hundert Jahre „Don Giovanni“ zu feiern galt, traten einerseits renommierte Hofopernsänger auf, aber ergänzten
andererseits Stimmführer aus München und Wien die damals bescheideneren Kräfte des Mozarteumorchesters
und anderer ansässiger Musiker.
Foto: Fritz von der Schulenburg
100 JAHRE MOZARTEUM
abzuhalten. Zu diesem Zweck riefen
sie 1870 die „Internationale MozartStiftung“ ins Leben, die nach zehnjährigem vereinsrechtlichen (oder gar:
vereinsmeierlichen) Hin und Her und
der erfolgten Trennung von „DomMusik-Verein und Mozarteum“ (genauer: dem Austritt des Dom-MusikVereins aus dieser Verbindung) schließlich mit dem Mozarteum fusionieren
und sich als „Internationale Stiftung
Mozarteum“ am 16. Oktober 1880 neu
konstituieren konnte. Zuvor aber kam
die erste wissenschaftliche MozartAusgabe in Gang, die von 1877-1910
in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien, denn: „Ein großer Genius kann
nicht würdiger geehrt werden, als
durch eine correcte Ausgabe sämtlicher Werke“, wie Ludwig Ritter von
Köchel aus diesem Anlass feststellte.
68
VoM kLANg
Der worTe uND
DeM sINN Der TöNe
DI 02.12.2014
18.00 uhr Mozart-Wohnhaus Teaser um Sechs
ŒNM . ÖSTERREICHISCHES ENSEMBLE FÜR NEUE MUSIK
Mozart, Ligeti, eötvös
MI 03.12.2014
16.30 uhr Mozart-Wohnhaus, Autographentresor
Mozart-fragmente und -briefe
18.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Atelier Gespräch Peter Eötvös, Maxime Pascal,
Matthias Schulz, Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner
19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
ENSEMBLE MUSIKFABRIK, MAXIME PASCAL, SARAH MARIA SUN,
KAI WESSEL, OMAR EBRAHIM, MARCO BLAAUW, MIKLÓS LUKÁCS
eötvös „Natasha“ Ligeti „Aventures“, „Nouvelles
Aventures“ Mozart Trio B-Dur KV 502 eötvös „Da Capo”
für Cimbalom und Ensemble Auftragswerk – Österr. EA
Das festival „Dialoge“ begibt sich vom 2. bis 7. Dezember 2014 auf die spur des wortes:
kann es tatsächlich der urgrund aller Dinge sein? Auch und gerade in der Musik? wo übersetzt
sie das wort in klang? und wo bleibt sie ganz autonom, selbst wenn sie Text vertonen mag?
69
Seil: „wir habemus joués colle carte di
Tarock. à sept heur siamo andati spatzieren in den horto aulico. faceva la
plus pulchra tempestas von der Welt.“
Wie weit ist es da noch bis „∫pçΦfkc
stθh“? Der Bass flüstert es, wird dabei
aber plötzlich lauter und lauter. „fp
tsçx ∫tvdz kx“ kontert die Sopranistin, „cjmᵊnᵚɲ“ murmelt der Alt vor sich
hin: radikal sinnlose, aber mit gestischer Überzeugung vorgetragene Lautketten statt Worten machen Ligetis
„Aventures“ und „Nouvelles Aventures“
zu kurios-fantastischen, auch szenisch
prägnanten Hörabenteuern rund um
die Schimäre der Kommunikation.
Handverlesene Solisten und das Ensemble musikFabrik unter Maxime
Pascal werden diese „erregt gestiku-
Matthias Schulz, Geschäftsführer und
Künstlerischer Leiter der Stiftung
Mozarteum Salzburg, hat dieses Festival nun zum dritten Mal programmiert
und spürt bei der diesjährigen Auflage
der „Dialoge“ der Frage nach dem
Verhältnis zwischen Musik und Wort
nach, natürlich mit betont zeitgenössischen Vorzeichen – und zwar in der
Gegenüberstellung von Werken György Ligetis, Peter Eötvös’ und eines gewissen „gnagflow Trazom“ oder „Romatz“. So kehrte nämlich Mozart in
Briefen seinen Namen um, wirbelte
die Buchstaben durcheinander und
drehte sogar noch viel komplexere Pirouetten auf dem sprachspielerischen
SUMMARY
lierenden Psychodramen“ (Ulrich Dibelius) zum Bühnenleben erwecken.
„Die Komik ist immer da“, erklärte der
2006 verstorbene, ungarisch-österreichische Komponist dazu. „Aber das
Komische verschwindet allmählich
und das Dunkle, das Schwarze wird
stärker. Es gibt in den „Aventures“
mehrere Schichten des Komischen,
des Ängstlichen, des sehr Aggressiven, des Sentimentalen und des Erotischen…“. Dass Ligetis innovativeigenständiges Schaffen insgesamt
ähnlich reichhaltig ist und dennoch
immer auf Verständigung zielt, davon
kann man sich bei den „Dialogen“
überzeugen: Im Orchesterstück „Melodien“ lässt er wortlose Kantilenen
kontinuierlich ineinander fließen, sein
Whole operas have dealt exhaustively with this problem: prima la musica, poi
le parole? Or conversely, does the text take priority, making the music subservient? Does the sound need the inspiration of the word? If so, can it ever
detach itself completely from the word? – The 2014 Dialogues festival
explores these questions, taking as the basis Mozart’s frequent pert but virtuosic
word-play. Similar enjoyment of sense and nonsense inspired György Ligeti as
he wrote the unintelligible, wordless yet highly expressive texts for his fantastic
Aventures and Nouvelles Aventures. This versatile composer’s œuvre quite
deservedly takes a central place in the programme. The power of the word as
it becomes, or is fused with, music is also frequently manifest in the work of
Peter Eötvös – as for instance in his Korrespondenz where, in a string quartet,
he deals with selected passages from the correspondence between Mozart father
and son. Eötvös is the third in the central Dialogues group of composers. The
programme includes his da capo, based on Mozart fragments – commissioned
by the Mozarteum Foundation.
fr 05.12.2014
15.00 uhr Mozart Ton- und Filmsammlung
Film All Clouds are Clocks
18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
Im Gespräch Peter Eötvös und Calder Quartet
19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
CALDER QUARTET, JOHANNA WOKALEK
Mozart Quartett C-Dur KV 465 Ligeti Streichquartett
Nr. 2 Mozart Briefe (Lesung) eötvös „Korrespondenz“
ab 21.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Lounge
22.00 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
Film 2001: Odyssee im Weltraum
sA 06.12.2014
14.30 uhr Mozart-Wohnhaus, Autographentresor
Mozart-fragmente und -briefe
16.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
2 x hören Moderiertes Konzert
GRAUSCHUMACHER PIANO DUO, MARTINA TAUBENBERGER
eötvös „Kosmos“
18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Einführungsgespräch mit Oliver Kraft
19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
PETER EÖTVÖS, PATRICIA KOPATCHINSKAJA, MIKLÓS PERÉNYI,
MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG
Ligeti „Melodien“ eötvös „DoReMi“ Ligeti Konzert
für Violoncello und Orchester Mozart Adagio und Fuge
c-Moll KV 546
ab 21.30 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal Lounge
BLINDTEXT
Ganze Opern haben sich schon an
dem Problem abgearbeitet: Prima la
musica, poi le parole? Oder ist umgekehrt der Text wichtiger und muss sich
die Musik unterordnen? Braucht der
Klang die Inspiration durch das Wort?
Und wenn ja, kann er sich jemals ganz
von ihm lösen? – „Mein Bruder ist
nicht sehr musikalisch. Er hat eine
Vorliebe für Einzugsmärsche und betrachtet in der Oper die Komponisten
als ‚Wortmörder‘“, spöttelt die Gräfin
im Capriccio von Richard Strauss und
Clemens Krauss – jenem selbstbezüglichen Stück Musiktheater, in welchem
der Dichter über den Musiker entsetzt ausruft: „Schrecklich, ich fürchte, er komponiert mich… Er zerstört
meine Verse… Mein schönes Gedicht
mit Musik übergossen.“
Do 04.12.2014
11.00 uhr Mozart Ton- und Filmsammlung
Film Aventures/Nouvelles Aventures
15.00 uhr Waagplatz 1a, Führung Georg Trakl
17.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Konzert und Georg Trakl-Preisverleihung
CLAIRE ELIZABETH CRAIG, ERIC BYERS, FLORIAN BIRSAK,
JOHANNA WOKALEK
eötvös „Two poems to Polly“ Ligeti Continuum
für Cembalo Mozart Lieder
18.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
Einführungsgespräch mit Andreas Schett
19.30 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
TANZ BODEN STÜCKE mit WORT ANSAGEN
FRANUI MUSICBANDA, WOLFGANG MITTERER
© Fred Eerdekens
DIALOGE „WORT“
Walter Weidringer
s0 07.12.2014
15.00 uhr Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Gesprächskonzert Peter Eötvös und Stefan Fricke
Ligeti „Artikulation“ eötvös „Mese (Märchen/Tale/Conte)“
18.00 uhr Stiftung Mozarteum, Großer Saal
PABLO HERAS-CASADO, KERSTIN AVEMO, IDA ALDRIAN,
JULIEN BEHR, ANDRÈ SCHUEN, CAMERATA SALZBURG,
SALZBURGER BACHCHOR
eötvös „Herbsttag“ Ligeti „Lux aeterna“
Mozart Requiem d-Moll KV 626
Seite 69: Werke von fred eerdekens sind während der DIALOGE
„Wort“ ausgestellt. Die skulpturalen Objekte des 1951 in Belgien
geborenen Künstlers untersuchen das diffizile Zusammenspiel von
Sprache, Material und Licht, das er mit unterschiedlichen Ansätzen
der Verwendung von Zeichen als Bedeutungssystem in eine diskrete
Poesie überführt.
Re.: Peter eötvös ist Gast der DIALOGE 2014 und kommt mehrfach „zu Wort“: mit ausgewählten Werken, bei einem Atelier- und
einem Publikumsgespräch sowie als Dirigent des Mozarteumorchesters Salzburg.
VerTrAuTHeIT uND
grosse gefüHLe
Walter Weidringer
71
Nicht nur als Komponist, auch als Dirigent des Mozarteumorchesters tritt
Ligetis 21 Jahre jüngerer und gleichfalls aus Siebenbürgen stammender
Kollege Peter Eötvös hinzu. Einer der
bedeutendsten Musikdramatiker der
Gegenwart, betrachtet er auch seine
Werke abseits der Oper als „Theatermusik“ und somit von starken semantischen Kräften geprägt. Das gilt
umso mehr dann, wenn er Text vertont, etwa die tausend Jahre alten
Gedichte einer Autorin am japanischen Kaiserhof: „Two poems to Polly“
sei ein „gesprochenes Lied über die
Unannehmlichkeit der Unveränderlichkeit“, sagt Eötvös, „ein Dialog:
Ein Mann erwartet seine verstorbene
Geliebte aus dem Jenseits zurück.
Und die Stimme aus dem Jenseits antwortet“: Burgschauspielerin Johanna
Wokalek und Eric Byers am Violoncello lassen sich auf dieses intime
Spiel ein. Eötvös hat aber das Wort
auch als Klangmaterial verwendet: In
„Mese (Märchen/Tale/Conte)“ benützt
er 99 ungarische Volksmärchen, erzählt von einer Frauenstimme, und
komprimiert sie auf zwölfeinhalb Minuten, überlagert, filtert, montiert sie
nach musikalischen Gesichtspunkten
als dreistimmigen Zeitproportionenkanon. Das Wort auf unterschiedliche
© Sisi Burn
Art in Klang übersetzen zwei andere
seiner Werke: Im vom Calder Quartet
erarbeiteten Stück „Korrespondenz“
werden Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Vater und Sohn Mozart
über vermeintliche und echte Krisen
des Jahres 1778 zu Musik. Von zwei
Violinen begleitet und kommentiert,
verkörpert das Violoncello Leopold sowie die Viola Wolfgang Amadé; gemeinsam rücken sie das in den Vordergrund, was zwischen den Zeilen
steht. Das andere Werk ist ein Derivat
von Eötvös’ Tschechow-Oper „Drei
Schwestern“: Die exaltierte Natasha
wird in der Bearbeitung des Solisten
Marco Blaauw vom Spiel einer Doppelschalltrichtertrompete „verkörpert“, während Eötvös mit Cimbalom
und Ensemble wortlosen Melodienotizen Mozarts in „Da Capo“ neue, moderne Gestalten abringt – ein Auftragswerk der Stiftung Mozarteum. Und
sein 2. Violinkonzert findet in Patricia Kopatchinskaja eine fulminante
Interpretin.
Trazom/Romatz bildet dazu den klassischen Kontrapunkt – ob nun im
Gedankenaustausch mit seinem
Freund Joseph Haydn über die Möglichkeiten des Komponierens für
Streichquartett anhand des „Disso-
nanzenquartetts“ KV 465 oder in der
bei Baron van Swieten angeeigneten
Sprache des Barocks, wie er sie in
Adagio und Fuge KV 546 anwendet.
Völlig losgelöst von biographischen
Einflüssen wirkt dagegen das Klaviertrio KV 502, ein bestürzend wonniges
Stück, das entstand, als Mozarts drittes Kind wenige Wochen alt verstorben war.
Darüber hinaus denkt die Musicbanda Franui mit Wolfgang Mitterer an
Orgel, präpariertem Klavier und
Elektronik bei „Tanz Boden Stücke
mit Wort Ansagen“ Werke von Haydn,
Mozart, Bartók, Ligeti oder Eötvös auf
gewohnt respektlos-zünftige, gleichzeitig aber poetisch-kluge Weise weiter.
Zum Abschluss heißt es mit Rainer
Maria Rilke „Herr, es ist Zeit“: Eötvös’
„Herbsttag“, in dem er Rilkes Verse
auf zwei unterschiedliche Arten deutet, die mikrotonal verschwimmenden, die Worte auflösenden Klangfarben von Ligetis „Lux aeterna“ und
Mozarts unvollendet-unsterbliches
Requiem lassen uns in der Interpretation durch die Camerata Salzburg,
den Salzburger Bachchor und junge
Solisten unter Pablo Heras-Casado
vor der Macht der Musik verstummen.
Mit einem festkonzert im großen saal wurde am 29. september 1914 das
Mozarteum eingeweiht. „wir sind 100 Jahre später nach wie vor stolz darauf,
mit diesem außergewöhnlichen konzertsaal und dem wiener saal so wunderbare Möglichkeiten für kammermusik bieten zu können. Jeder Ton, jede
struktur, jede emotion wird hör- und erlebbar – es ist kein zufall, dass
diese räume von den künstlern überaus geschätzt werden“, begeistert sich
Matthias schulz, der das Programm der konzertsaison 2014/15 mit zentralen werken der kammermusik und großartigen Interpreten aufbereitet hat.
„Im Kammerstil, in den vier Wänden,
mit wenigen Instrumenten zeigt sich
der Musiker am ersten“, war Robert
Schumann überzeugt. „Ich habe die
Menschen nie leiden können, die einer
Menge ihr Gefühl u. ihr Herz zur
Schau trugen; aber ich liebe die Menschen, die den wenigen Erwählten
warm und innig ihre ganzen Gefühle
nennen.“ Zu diesen Erwählten, denen
Schumann seine Seele offenbart, darf
sich auch das Salzburger Publikum
zählen, wenn Werke des großen deutschen Romantikers einen der zentralen
und größten jener vielfach sich überschneidenden Themenkreise bilden,
aus denen Matthias Schulz das vielschichtig-beziehungsreiche Jahresprogramm der Stiftung Mozarteum Salzburg in der Saison 2014/15 zusammensetzt.
Eindruck, dass Sie wie kein anderer
heutzutage fähig dazu wären. Und ich
bin überzeugt, dass Sie damit Erfolg
hätten, auch finanziell.“ Doch zunächst schlug der junge verhinderte
Virtuose Liszts Rat in den Wind und
lenkte seine Inspiration zielgenau in
andere Bahnen: Erst nach viel Klaviermusik, seinem Hochzeits- und Liederjahr 1840 sowie folgenden Orchesterwerken wandte Schumann sich
der Kammermusik zu: Nach dem Studium der Wiener Klassik brachte er
drei Streichquartette op. 41 zu Papier
(laut eigener und auch Mendelssohns
Einschätzung sein „bestes Werk der
früheren Zeit“), in denen er nicht zuletzt Beethoven auf subtile Weise seine
Reverenz erweist, sowie unter anderem auch das effektvolle Klavierquartett op. 47, dessen virtuoser Klavierpart auf die glänzenden pianistischen
Dabei faszinierten Schumann, der sich Fähigkeiten seiner Frau Clara zugelängere Zeit nicht zwischen seinen schnitten ist.
literarischen und musikalischen Begabungen entscheiden konnte, zu- In Salzburg übernimmt Elena Bashkinächst andere Genres. Er solle doch rova diese Rolle im Verein mit weiteauch einmal Kammermusik schrei- ren Gästen vom Jerusalem Chamber
ben, machte den 29-Jährigen dann kein Music Festival, während die Trias von
Geringerer als Franz Liszt aufmerk- Opus 41 auf das Mozarteum, das Konczsam, „Trios, Quintette oder Septette. und das Stadler Quartett aufgeteilt
Sie verzeihen mir doch, dass ich auf ist: Vielfalt in der Einheit. Merkwürdig,
diesem Punkt insistiere? Ich habe den dass Schumann in der Kammermusik
von größeren zu kleineren Besetzungen fortschritt, etwa zu seinen drei beliebten Klaviertrios, die Isabelle Faust,
Jean-Guihen Queyras und Alexander
Melnikov an einem einzigen Abend geben. Dazu gesellen sich noch die beiden
Sonaten und die Romanzen op. 94 für
Klavier und Violine, Adagio und Allegro op. 70 („prächtig, frisch und leidenschaftlich“, fand Clara) sowie in
einem Konzert, das sich ganz späterer
Neuinterpretation barocken Kontrapunkts widmet, unter anderem Schumanns Studien für Pedalflügel op. 56
sowie seine Bearbeitungen Bach’scher
Violinsonaten und -partiten: Zeugnisse
für des Komponisten „Fugenpassion“.
Unterdessen wird auch Schumann
selbst neu interpretiert: in einer Hommage durch die schillernde Musicbanda Franui.
„Ich dachte“, schrieb Schumann 1853
in seinem berühmten Aufsatz „Neue
Bahnen“, „es würde und müsse… einmal plötzlich einer erscheinen, der den
höchsten Ausdruck der Zeit in idealer
Weise auszusprechen berufen wäre,
einer, der uns die Meisterschaft nicht
in stufenweiser Entfaltung brächte,
sondern, wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des
Kronion entspränge. Und er ist gekom-
SAISONKONZERTE 2014/15
DIALOGE „WORT“
Cellokonzert endet mit einer berühmt
gewordenen, virtuosen „Flüsterkadenz“ (hier von Miklós Perényi dargeboten), das Cembalowerk „Continuum“ schafft aus extrem rasch aufeinander folgenden Einzeltönen die verblüffende Illusion eines belebten Dauerklangs – und in „Artikulation“ entsteht aus zerteilten und neu zusammengeklebten Tonbändern ein imaginäres, weil rein elektronisch erzeugtes
Gespräch.
72
Dessen herrlicher Kammermusik gilt
ein weiterer Schwerpunkt der Saison,
wobei gerade die erste der drei Violinsonaten, die von Leonidas Kavakos
und Yuja Wang gedeutet werden, in
schmerzlich-inniger Weise auf das
Schicksal der Familie Schumann Bezug nimmt, während das traurige Horntrio den Tod von Brahms’ Mutter verarbeitet. „Es ist nicht schwer, zu komponieren, aber es ist fabelhaft schwer,
die überflüssigen Noten unter den
Tisch fallen zu lassen“, merkte Brahms
einmal an – und hat angeblich über
zwanzig frühere Streichquartette vernichtet, bevor er das erste für würdig
erachtete, veröffentlicht zu werden.
SAISON
KONZERTE
2014 / 15
STIFTUNG MOZARTEUM SALZBURG
DI 07. 19.30
●
DI 14. 19.30
●
DO 23. 19.30
DO 30. 19.30
●
●
okTober 2014
Yuki Kasai, Herbert Lindsberger,
Marco Testori, Florian Birsak
Ilya Gringolts, Benjamin Schmid,
Nicolas Altstaedt, Aleksandar Madžar
CityScienceTalk: „Musik, die Kraft zum Glück“
Simon Keenlyside, Emanuel Ax
DI 04. 19.30
●
DI 11. 19.30
DI 18. 19.30
●
DO 20. 19.30
●
NoVeMber 2014
Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras,
Alexander Melnikov
„The Mark of Zorro“, Dennis James
Sebastian Bäverstam,
Constantine Finehouse
Joshua Bell, Alessio Bax
●
DezeMber 2014
Musicbanda FRANUI, Wolfgang Mitterer
DO 04. 19.30
DI 24. 19.30
DO 26. 19.30
●
●
●
februAr 2015
Steven Isserlis, Robert Levin
Steven Isserlis, Robert Levin
DI 03. 19.30
DO 12. 19.30
●
●
SO 22. 11.00
DI 24. 19.30
●
SO 12.
DO 16.
DI 21.
DI 28.
11.00
19.30
19.30
19.30
●
DI 05. 19.30
SO 10. 11.00
●
DI 12. 19.30
DI 19. 19.30
●
SO 07. 11.00
DI 09. 19.30
DI 16. 19.30
●
●
●
●
●
●
●
●
●
März 2015
Tai Murray, Silke Avenhaus
Anna Samuil, Mihaela Martin,
Amihai Grosz, Frans Helmerson,
Elena Bashkirova
Baole Quintett
Andrej Bielow, Adrian Brendel,
Kit Armstrong
APrIL 2015
Koncz-Quartett
Leonidas Kavakos, Yuja Wang
Stadler Quartett
„The Lost World“, Dennis James
MAI 2015
Hyperion Ensemble
Sarah Willis, Kotowa Machida,
Cordelia Höfer
Musicbanda FRANUI
Claire Huangci
Dieses leidenschaftliche Opus 51/1
steht beim Koncz-Quartett auf dem
Programm, während das Hyperion Ensemble das Streichsextett op. 36 mit
dem berühmten, weil ganz unscheinbaren, aber enorm sich entwickelnden Beginn interpretiert: „Das Thema“,
schrieb Clara Schumann dem engen
Freund, „könnte Dir wohl gestohlen
werden, aber was finge einer damit
an, der es nicht versteht wie Du, es so
aufs reizendste und geistvollste mit
Motiven zu umkleiden, die immer darum herumspielen und sich ineinander schlingen wie eine Kette lieblicher
Gedanken.“
In seiner Cellosonate op. 38 hingegen
knüpft Brahms auf originelle Weise
an die bahnbrechenden Cellowerke
Beethovens an, der gleichfalls gewichtig zu Wort kommt. Steven Isserlis
JuNI 2015
Philharmonisches Ensemble – Wien
Cameron Carpenter
Mozarteum Quartett
und Robert Levin musizieren sämtliche seiner Kompositionen für Violoncello und Klavier, also neben den großen Sonaten auch die reizenden Variationswerke über Themen von Händel
und Mozart sowie die Cellofassung der
Hornsonate op. 17 – ein wahrlich sonorer Doppelabend. Ihn ergänzen das
„Komplimentierquartett“ (Koncz-Quartett), das a-Moll-Streichquartett (Tetzlaff Quartett) sowie unter anderem
zwei Klaviertrios, wobei auch Freunde
vom Kammermusikfest Lockenhaus
erwartet werden.
Darüber hinaus fehlen weder Mozart
noch Haydn, ist Franz Schubert nicht
bloß mit der „Winterreise“ vertreten,
auf die sich Simon Keenlyside und
Emanuel Ax begeben, sondern nicht
zuletzt mit dem dramatischen c-Moll-
Quartettsatz, kommen Clara Schumann als Komponistin und Felix Mendelssohn ebenso zu Wort wie Kollegen aus späteren Zeiten: Joshua Bell
und Alessio Bax spielen Grieg und
Prokofjew, das Baole Quintett präsentiert (nicht nur) Augenzwinkerndes von György Ligeti, Luciano Berio
und Jean Françaix, Werke von Erich
Wolfgang Korngold, György Kurtág
und Jörg Widmann beleuchten weitere Facetten des 20. und 21. Jahrhunderts. Und wenn Anna Samuil die
bekenntnishafte Romanzen-Suite von
Dmitri Schostakowitsch nach den
symbolistisch-schmerzlichen Worten von Aleksandr Blok singt, dann
offenbart auch dieser Komponist
darin, wie Robert Schumann formuliert hat, „wenigen Erwählten warm
und innig“ seine ganzen Gefühle.
SUMMARY
●
●
●
●
●
Kammermusik im Großen Saal der Stiftung Mozarteum
Kammerzyklus Wien – Berlin im Wiener Saal
Kammermusik im Wiener Saal
Orgel Plus im Großen Saal
Orgel & Film im Großen Saal
“In chamber music style, within four walls and with only few instruments – this is where the true
musician shows.” Thus Robert Schumann: works by the great German Romantic are a focus of
the Mozarteum Foundation’s multi-faceted, richly evocative 2014/15 programme. Besides Schumann’s complete trios, string quartets, piano quartet and interesting rarities, there are also several
works by Johannes Brahms: the violin sonatas, horn trio, first string quartet and the G major string
sextet. The third main composer is Ludwig van Beethoven, represented by his complete works
for cello and piano, one early and one late string quartet, and two piano trios. Mozart and Haydn
also feature, as do Schubert (not only with the Winterreise), Clara Schumann and Felix Mendelssohn.
They are joined by colleagues from later periods, such as Grieg, Prokofiev, Korngold, Ligeti,
Kurtág, Berio and Françaix, right up to Jörg Widmann – and distinguished performers reveal (as
Schumann once put it) “their whole feelings, warmly and intimately, to a select few”.
SAISONKONZERTE 2014/15
●
sePTeMber 2014
Tetzlaff Quartett
Festkonzert „100 Jahre Mozarteum“
© Christian Schneider
●
© Isabelle Menin
DI 23. 19.30
SA 27. 19.30
Isabelle faust ist in den nächsten
Monaten zwei Mal im Großen Saal
der Stiftung Mozarteum zu erleben:
In unserer Konzertsaison führt
sie am 4. November alle drei
Schumann-Klaviertrios mit JeanGuihen Queyras und Alexander
Melnikov auf. Am 29. Jänner 2015
wird sie dann im Rahmen der
Mozartwoche mit Il Giardino
Armonico unter Giovanni Antonini
alle fünf Violinkonzerte Mozarts
spielen.
© Felix Broede
men, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazie und Helden Wache hielten.
Er heißt Johannes Brahms.“
74
© Priska Ketterer
gLückLIcH VereINT:
DAuerLeIHgAbe „NANNerL“
Ein Schweizer Privatsammler übergab der Stiftung Mozarteum Salzburg ein seltenes
musikalisches Schriftzeugnis von Mozarts Schwester Maria Anna („Nannerl“).
Ulrich Leisinger
den Händen des Offenbacher Musikverlegers Johann Anton André, der beabsichtigte, die noch unbekannten
Werke Stück für Stück in seinem Musikverlag zu publizieren. Der englische
Violinist und Konzertveranstalter John
Ella (1802-1888) hatte ein besonderes
Faible für Mozart, das wahrscheinlich
durch seinen Lehrer Thomas Attwood,
DAUERLEIHGABE „NANNERL“
SUMMARY
75
Permanent loan Nannerl
Myth has it that in the Mozart family all the attention was focused on Wolfgang,
preventing his sister Nannerl from developing her talent. An exceptional
acquisition by the Mozarteum Foundation goes some way towards disproving
this; a private Swiss collector purchased a manuscript sketch, and has placed
it with the Foundation on permanent loan. It consists of studies in basso continuo and improvisation; the awkward script, indicating a child’s hand, dates
the piece from the composer’s early days. Along with the manuscript of an
incomplete fugato symphony movement in D major (K 291), which seems like
a study for the finale of the Jupiter, it comes from the estate of the English
violinist and concert organiser John Ella (1802-1888), who purchased these two
Mozart manuscripts on a trip to Vienna in 1845. Ella’s collection went to the
Royal College of Organists, which ultimately had it auctioned at Sotheby’s. In
December 2010, the Salzburg Mozarteum Foundation purchased the fugato, a
copy in Mozart’s handwriting of a work by Johann Michael Haydn. Regretfully,
outbid by a dealer, the Foundation had to let the other manuscript go.
A happy coincidence has now brought the two manuscripts together again.
Progress made during work on the New Mozart Edition, in differentiating
between the handwriting of the various members of the Mozart family and the
manuscript paper they used, has shown clearly that the manuscript supposedly
by the young Mozart in fact dates from the mid-1770s, and only a few notes on
the verso are in Wolfgang’s hand. The cadenza-like improvisation studies, on the
other hand, were written by his sister Maria Anna (“Nannerl”). This manuscript is one of the few written musical testimonies from Mozart’s sister.
der um 1785 vom Meister persönlich
Kompositionsunterricht erhalten hatte, initiiert worden war. Auf einer Reise nach Wien im Jahr 1845 konnte er
auf Vermittlung von Aloys Fuchs, dem
seinerzeit besten Kenner von Mozarts
Handschrift, gleich zwei Mozart-Autographe, oder besser Bruchstücke von
Mozart-Autographen, erwerben: Einen
unvollendeten fugierten Symphoniesatz in D KV 291, der wie eine Studie
zum Finale der Jupiter-Symphonie
wirkt, und ein Manuskript mit Studien
im Generalbass und in der Improvisation, das mit seinen ungelenken
Schriftzügen eindeutig aus der Kinderzeit des Komponisten zu stammen
schien. Stolz klebte Ella das Blättchen auf einen Karton, fügte ein Bildchen hinzu, das Mozart als Neunjährigen am Klavier während seines Aufenthaltes in London zeigt, und versah
dieses Stillleben mit einigen Bemerkungen zu Mozart als Wunderkind.
Ellas Nachlass gelangte an das Royal
College of Organists, das die Sammlung lange verwahrte und offenbar auch
das Mozart-Blatt über Jahrzehnte unter Glas gerahmt aushängte. Schließlich ließ die Musikschule, um Geld für
ihre Kernaufgaben zu lukrieren, die
Autographen der Sammlung Ella bei
Sotheby’s versteigern. Auf diese Weise
konnte die Stiftung Mozarteum am
1. Dezember 2010 um 121.250 Pfund
das Fugato erwerben, von dem man
inzwischen wusste, dass es sich gar
nicht um eine Eigenkomposition Mozarts handelte, sondern um eine Partiturkopie von seiner Hand eines Werkes des Salzburger Haydn, Johann
Michael. Schweren Herzens musste
die Stiftung Mozarteum bei dieser
Gelegenheit das andere Blatt, das von
einem Autographenhändler ersteigert
wurde, ziehen lassen.
Ein glücklicher Zufall hat die beiden
Handschriften inzwischen wieder zusammengeführt: Ein Schweizer Privatsammler hat das Studien-Blatt erworben und der Stiftung Mozarteum Salzburg als Dauerleihgabe zur Verfügung
gestellt. Die Fortschritte in der Unterscheidung der Handschriften der einzelnen Mitglieder der Mozart-Familie
und der von ihnen verwendeten Noten-
Nicht nur beim Klavierspiel wie auf dem Familienbild von 1780, auch in
anderen musikalischen Fragen bildeten die Geschwister Mozart ein Team.
© Stiftung Mozarteum Salzburg (2)
Obwohl Wolfgang Amadé Mozart im
Laufe seines kurzen Lebens mehr als
20.000 Seiten mit Noten beschrieben
hat, gehörten in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts Mozart-Handschriften
zu den Raritäten, um die sich die Autographensammler rissen. Der größte Teil
der Mozart-Autographe befand sich
nämlich seit der Jahrhundertwende in
papiere im Rahmen der Neuen MozartAusgabe haben – schon vor der Sotheby’s-Auktion – deutlich gemacht,
dass das angebliche Blatt aus Mozarts
Jugendzeit erst in der Mitte der 1770erJahre entstanden ist und tatsächlich
nur auf der Rückseite einige wenige
Noten von Wolfgangs Hand enthält,
und zwar die Schlusstakte einer Kadenz
zu einem bislang nicht sicher identifizierten fremden Klavierkonzert in
F-Dur, das in der Mozart-Familie gespielt wurde. Die kadenzartigen Improvisationsübungen stammen hingegen
von anderer Hand – der seiner Schwester Maria Anna, genannt „Nannerl“.
Dabei werden nicht nur einfache Tonarten wie e-Moll oder d-Moll angesteuert; selbst fis-Moll bleibt hier nicht
ausgespart. Das Blatt gehört zu den
wenigen musikalischen Schriftzeugnissen von Mozarts Schwester, und die
Vereinigung der Handschriften der
beiden Geschwister auf Vorder- und
Rückseite eines Notenblatts zeigt deutlich, dass sie bis zum Ende von Wolfgangs Salzburger Zeit ganz selbstverständlich in musikalischen Fragen zusammenwirkten. Der Mythos, dass in
der Mozart-Familie alle Aufmerksamkeit Wolfgang galt und Nannerl hierdurch an der Entfaltung ihres Talents
gehindert wurde, ist durch diese Handschrift um eine Facette ärmer, der
Autographentresor der Stiftung Mozarteum Salzburg hingegen um ein
außergewöhnliches Stück reicher.
DAUERLEIHGABE „NANNERL“
Ein rares Original: Kein Jugendwerk von Wolfgang Amadé
Mozart, wie man lange glaubte, sondern Kompositions- und
Improvisationsstudien von der Hand seiner Schwester.
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HALbzeIT IN kubA
„Wir können von den Kubanern mehr lernen als sie von uns.“
Die ferne erzeugt bilder im kopf. bilder wie jenes eines vielleicht neun Jahre alten
kubanischen buben, der sich eine Mozart-klaviersonate anhört und einfach nicht
stillhalten kann. unablässig trommelt er auf dem Tisch herum, imitiert den Pianisten. Die
begeisterung steht ihm ins gesicht geschrieben. „einmal pro woche gehen schulklassen in
die Mediathek. Da sitzen kinder und hören vergleichend Mozart-klaviersonaten in verschiedenen Interpretationen“, berichtet Matthias schulz, geschäftsführer und künstlerischer
Leiter der stiftung Mozarteum salzburg, von seinem letzten Aufenthalt in Havanna.
Florian Oberhummer
© Eric Dahan
Lyceum Mozartiano mit großer Freu- deten das Programm des Konzerts zum
de persönlich übergeben.
Abschluss dieses Meisterkurses.
Im Moment ist Halbzeit. Zeit, Bilanz zu
ziehen. „Dass das Lyceum Mozartiano sich in so kurzer Zeit derart entwickeln konnte und zu einer sichtbaren
kulturellen Einrichtung in Havanna geworden ist, das hätte ich so nicht für
möglich gehalten“, sagt Schulz. Die
Kubaner würden das Lyceum mittlerweile als sinnvolle Ergänzung der Musikausbildungs-Einrichtungen im Land
sehen. In den vergangenen Monaten
gab es zahlreiche Workshops und Konzerte, Künstler von Weltrang wie Geiger Renaud Capuçon, Bratschist Gérard Caussé oder Dirigent Thomas
Hengelbrock haben heuer ihre Spuren in Havanna hinterlassen. Die Begeisterung der Kubaner überträgt sich
dabei unmittelbar auf die europäischen
Gäste. „Ich bin als Dirigent gekommen und als Freund gegangen“, meinte Hengelbrock, nachdem er mit kubanischen Studenten eine Woche lang
gearbeitet hatte. Beethovens „Eroica“,
eine Uraufführung von Simon Wills
und natürlich kubanische Musik bil-
„Wir können von den Kubanern mehr
lernen als sie von uns“, bestätigt Matthias Schulz. Umgekehrt versuchen die
europäischen Projektinitiatoren, den
Kubanern hiesiges Management-Knowhow und Planungssicherheit zu vermitteln: „Dass man etwa Künstler im
Vorfeld auf fixe Programme festlegt,
ist in Kuba schwierig. Man fragt auch
nicht die Musiker direkt an, sondern
die Musik-Institutionen, die diese Musiker beschäftigen.“
Dennoch konstatiert Schulz eine „deutliche Öffnung“ im sozialistischen Karibikstaat. Ein neues Investitionsgesetz
etwa forciert ausländische Investitionen. „Kubas Führung hat erkannt, welche Möglichkeiten internationale Kooperationen bieten – auch für die
Entwicklung des Wohlstands im Land.“
Dazu kommt die Reisefreiheit: Seit
rund einem Jahr können Kubaner,
wenn sie das Geld dazu haben, uneingeschränkt reisen. Natürlich prallen im
Verlauf einer Entwicklung wie jener
MOZART EN LA HABANA
Die im Oktober 2013 eröffnete Mediathek ist Teil des Projekts, das die Stiftung Mozarteum Salzburg mithilfe der
EU in der kubanischen Metropole initiiert hat. Ziel ist der Aufbau des Lyceum Mozartiano, das freilich nicht nur
eine Mediathek – übrigens die größte
für klassische Musik in Lateinamerika – beinhaltet. „Es geht darum, die
klassisch-europäische Musik in Havanna wieder neu zu verankern“, betont
Schulz. Konkret bedeutet das: Seit
2012 wird im Herzen der Altstadt
Havannas am Aufbau einer Orchesterschule und eines Konzertveranstalters
gearbeitet – „einer Stiftung im Kleinen“, wie Schulz ergänzt. Initiiert
wurde das Projekt vom Präsidenten der
Stiftung Mozarteum Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg, der das Projekt
tatkräftig begleitet. So finanzierte er
zum Beispiel einen Bus, indem er anlässlich seines runden Geburtstages
vor zwei Jahren seinen Gratulanten nahelegte, von Geschenken abzusehen
und stattdessen für diesen unabdingbar wichtigen Mobilitätsfaktor der Orchestermitglieder zu spenden. Im Dezember 2013 konnte er den Bus dem
78
© Stiftung Mozarteum Salzburg (3)
88 Stufen führen auf den den Aróstegui-Hügel („Universitäts-Hügel“); von hier aus bietet sich ein stimmungsvoller
Blick auf Havanna.
Ein 19-sitziger Bus, den der Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg, Johannes Honsig-Erlenburg organisierte, gewährleistet nun
die Mobilität der Musiker und ihrer Instrumente. Re.: Im Oktober 2013 wurde die Mediathek im Zerntrum Havannas eröffnet – sie soll
Partituren und Musikbücher ohne Einschränkung verfügbar machen. Für die nötige „Software“ in Gestalt von Professoren wiederum
sorgt unter anderem die Universität Mozarteum als Partner des Projekts.
Zum Abschluss eines Workshops im Februar 2014, den er gemeinsam mit Gérard Caussé am
Lyceum Mozartiano gab, leitete Renaud Capuçon ein Konzert im Oratorio de San Felipe Neri.
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Since 2012 the Salzburg Mozarteum Foundation has been working, as part of
an EU project, on building the Lyceum Mozartiano in Cuba, a combination of
orchestra school and concert organisation. In October 2013 Latin America’s
largest mediatheque was opened – a further step towards establishing classical
European music in Havana, declares Matthias Schulz, General Manager and
Artistic Director of the Salzburg Mozarteum Foundation. Half-way through
the project, he observes that the Cubans already recognise the Lyceum Mozartiano
as complementing their own musical training facilities. Musicians including
Renaud Capuçon or Gérard Caussé and music managers from Europe and the
USA have already held workshops there. Thomas Hengelbrock, for instance,
shared the Cubans’ enthusiasm: „I came as a conductor and left as a friend“, he
said. Last year, the first container ship arrived in Havana, bringing computers
and other equipment, and this autumn another load will set off. The completion
of the project will be marked with a Cuban Mozart festival in October 2015 –
a co-operation between Cuban musicians and international stars of classical
music. A further project is planned for working with children and young people.
MOZART EN LA HABANA
SUMMARY
BLINDTEXT
Das bringt wieder ein Bild ins Spiel.
Ein Container wird im deutschen Bremerhaven auf die Reise über den Atlantik geschickt und zwei Monate später
wohlbehalten an die Küste Havannas
gespült. Computer, Drucker, Server
transportierte der erste Container im
Sommer 2013, und allerlei weiteres
Equipment für die Mediathek. „Ein
weiterer wird im Herbst folgen“, sagt
Schulz. Der Container steht symbolhaft für die Bemühungen der Salzburger Projektinitiatoren, die sich in
einer unterstützenden Rolle sehen.
Auch die Workshops mit Künstlern
und Musikmanagern werden 2015
fortgesetzt. Schließlich gilt es gerade
im Musikmanagement-Bereich, die
bislang erworbenen „Basics“ zu erweitern. Dafür sorgen Fachleute wie
Louwrens Langevoort, Intendant der
Philharmonie Köln, der dann bereits
zum zweiten Mal Einblicke in Projekt- len soll. Auch ein Folgeprojekt wünscht
Management, künstlerische Planung, sich Matthias Schulz, der bereits in
Finanzierung oder Marketing gibt.
Verhandlungen mit Brüssel steht: Kontinuierliche Jugendarbeit, vergleichDen Abschluss des dreijährigen Pro- bar mit dem Kinder- und Jugendprojekts bildet ein voraussichtlich zehn- gramm „KlangKarton“ der Stiftung Motägiges Mozart-Fest im Oktober 2015, zarteum Salzburg, wäre sinnvoll. „Es
das erste Festival dieser Art in Ha- geht um ein zukünftiges Publikum“,
vanna. „Weniger einen Schlusspunkt meint Schulz – und erhofft sich eine
als einen Anfangspunkt“ sieht Schulz „Öffnung der Konzertsäle für Kinder“.
in diesem Festreigen, der ein Mitein- Im Kopf taucht wieder das Bild dieses
ander der prominenten Wegbegleiter kleinen kubanischen Jungen auf, der
des Projekts mit kubanischen Künst- Mozarts Musik im Ohr und Begeistelern und Institutionen vor Ort darstel- rung im Herzen hat.
©
Eric Dahan
© Wolfgang
Lienbacher
MOZART EN LA HABANA
des Lyceum Mozartiano auch Welten
aufeinander. Wenn etwa Mark Gillespie, Leiter des „Youth Orchestra of the
Americas“, über die gesellschaftliche
Relevanz von Orchesterarbeit und
die Voraussetzungen für die bestmögliche Entfaltung von Kreativität doziert und die Verantwortlichen aus
Havanna entgegnen: „Wir haben nicht
einmal einen ordentlichen Nachschub an Violin-Saiten“.
80
DAVIDe PeNITeNTe Besetzung und Programm siehe #01
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge
SINFONIEORCHESTER DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM
DIRIGENT AINARS RUBIKIS, PREISTRÄGER DES AUSWAHLSPIELS
DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM
schubert „Rosamunden-Ouvertüre“ D 644 elliott carter „Dialogues II“ „Two Controversies and a Conversation“ Mozart Symphonie D-Dur KV 385 „Haffner“
oper konzertant
FRANZ SCHUBERT ALFONSO UND ESTRELLA D 732
19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #13
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #14
Mozart Sonaten A-Dur KV 331, F-Dur KV 533, c-Moll
KV 457, B-Dur KV 333
FESTAKT ZU MOZARTS 259. GEBURTSTAG
19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #22
15.00 Mozarts Geburtshaus #15
IL GIARDINO ARMONICO, GIOVANNI ANTONINI DIRIGENT
ISABELLE FAUST VIOLINE
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Fazil Say: Alla Turca
22.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal #23
19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #16
Nach(t)konzert DIMITRI NAIDITCH TRIO
„Mozart on Jazz“
schubert Symphonie Nr. 6 C-Dur D 589 Mozart Arien für
Sopran und Orchester „Vado, ma dove? oh Dei!“ KV 583,
„Alma grande e nobil core“ KV 578, Aus „Le nozze di Figaro“
KV 492: „Porgi amor qualche ristoro“, „E Susanna non vien!“
– „Dove sono i bei momenti“, Symphonie C-Dur KV 551
„Jupiter“
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Schüttkasten
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #31
CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE, PIERRE-LAURENT AIMARD
LEITUNG UND KLAVIER
elliott carter „Instances“ Mozart Klavierkonzert B-Dur
KV 595 elliott carter „Epigrams“ Mozart Klavierkonzert
D-Dur KV 537 „Krönungskonzert“
15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #32
FR 30.01
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #24
MITSUKO UCHIDA KLAVIER, VERONIKA EBERLE VIOLINE
MARIE-ELISABETH HECKER VIOLONCELLO
Mozart Adagio h-Moll für Klavier KV 540, Trio E-Dur für
Klavier, Violine und Violoncello KV 542 schubert Trio BDur für Klavier, Violine und Violoncello op. post. 99 – D 898
15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #25
HAGEN QUARTETT
INforMATIoNeN uND besTeLLuNgeN
Kartenbüro der Stiftung Mozarteum Salzburg, Mozart-Wohnhaus, Theatergasse 2, 5020 Salzburg, Austria
T +43-662-87 31 54, F +43-662-87 44 54, tickets@mozarteum.at, www.mozarteum.at
WIENER PHILHARMONIKER, DIRIGENT THOMAS HENGELBROCK
DIANA DAMRAU SOPRAN
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Mozart & Hagen Quartett
14.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Round Table II mit Alfred brendel u. a.
Mozart Klavierkonzert A-Dur KV 488, Violinkonzert A-Dur
KV 219 schubert Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal
19.30 Großes Festspielhaus #30
SO 01.02
DI 27.01
SA 24.01
KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER
Mozart Violinkonzerte G-Dur KV 216, B-Dur KV 207, D-Dur
KV 218, D-Dur KV 211, A-Dur KV 219
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal
Mozart Symphonie A-Dur KV 201 schubert Symphonie
Nr. 7 h-Moll D 759 Mozart Symphonie g-Moll KV 550
künstlergespräch 18.30 Uhr, Fördererlounge
Marc Minkowski und Matthias schulz
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Mozart in Salzburg
15.00 Große Universitätsaula #21
Mozart Sonate F-Dur KV 377, Fantasie c-Moll KV 475, Sechs
Variationen g-Moll KV 360, Sonate G-Dur KV 379
IN MEMORIAM LORIN MAAZEL
WIENER PHILHARMONIKER, DIRIGENT N.N.
Lieder von Mozart und franz schubert
Mozart Duo B-Dur für Violine und Viola KV 424, Zwölf
Duos für zwei Hörner KV 487 (Auswahl) elliott carter
Quintett für Klavier und Bläser, „Au Quai“, „Duettino“,
„Inner Song“, „Duettone“, „Retracing II“, „Enchanted
Preludes“ Mozart Quintett Es-Dur für Klavier, Oboe,
Klarinette, Horn und Fagott KV 452
schubert Symphonie Nr. 3 D-Dur D 200 Mozart Klavierkonzert
G-Dur KV 453, Symphonie C-Dur KV 425
LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE, MARC MINKOWSKI
DIRIGENT, THIBAULT NOALLY MOZARTS VIOLINE
FRANCESCO CORTI MOZARTS HAMMERKLAVIER
CHRISTIANE KARG SOPRAN, FLORIAN BIRSAK HAMMERKLAVIER
PIERRE-LAURENT AIMARD KLAVIER, MITGLIEDER DES
CHAMBER ORCHESTRA OF EUROPE
HAGEN QUARTETT
19.30 Großes Festspielhaus #07
schubert Symphonie Nr. 2 B-Dur D 125 elliott carter „Flute
Concerto“, „What Are Years“ Mozart Symphonie Es-Dur KV 543
künstlergespräch 10.00 Uhr, Wiener Saal
Pierre-Laurent Aimard und emmanuel Pahud
15.00 Mozart-Wohnhaus, Tanzmeistersaal #29
MIDORI SEILER MOZARTS VIOLINE, JOS VAN IMMERSEEL HAMMERKLAVIER
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
„Don Giovanni“ KV 527
CAMERATA SALZBURG, DIRIGENT PABLO HERAS-CASADO
EMMANUEL PAHUD FLÖTE, KERSTIN AVEMO SOPRAN
Mozart Quartett F-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello
KV 590, Quintett A-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola
und Violoncello KV 581
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #20
15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #06
Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello
B-Dur KV 458, A-Dur KV 464, C-Dur KV 465
DAVIDe PeNITeNTe
Besetzung und Programm siehe #01
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge
HAGEN QUARTETT, SABINE MEYER KLARINETTE
CAMERATA SALZBURG, DIRIGENT JURAJ VALCUHA
PIOTR ANDERSZEWSKI KLAVIER
MOZARTEUMORCHESTER SALZBURG, SALZBURGER BACHCHOR
DIRIGENT ANTONELLO MANACORDA, MIT ALEKSANDRA KURZAK,
TOBY SPENCE, MARKUS WERBA, MICHAEL NAGY, ALASTAIR
MILES, BENJAMIN HULETT
einführungsvortrag 18.00 Uhr, Fördererlounge
19.30 Felsenreitschule #26
15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #28
schubert Symphonie Nr. 1 D-Dur D 82, Sonate a-Moll D 821
(Bearbeitung) Mozart Symphonie Es-Dur KV 16 elliott
carter Symphonie Nr. 1
künstlergespräch 18.30 Uhr, Fördererlounge
Andrés orozco-estrada und christoph koncz
DO 29.01
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Festkonzert zum 250. Geburtstag Mozarts
Ludwig van beethoven Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur
op. 15 schubert Symphonie Nr. 5 B-Dur D 485 Mozart
Klavierkonzert Es-Dur KV 482
WIENER PHILHARMONIKER, ANDRÉS OROZCO-ESTRADA DIRIGENT
GAUTIER CAPUÇON VIOLONCELLO
15.00 Große Universitätsaula #12
19.00 Haus für Mozart #04
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #27
19.30 Großes Festspielhaus #19
Mozart Sonaten F-Dur KV 280, C-Dur KV 330, D-Dur KV 576
schubert Vier Impromptus op. post. 142 – D 935
Mozart Sonaten D-Dur KV 576, C-Dur KV 330, B-Dur KV 570,
Es-Dur KV 282
CAPPELLA ANDREA BARCA, ANDRÁS SCHIFF
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Bartabas: Voyage aux Indes galantes
MITSUKO UCHIDA KLAVIER
Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello
G-Dur KV 387, d-Moll KV 421, Es-Dur KV 428
einführungsvortrag 14.00 Uhr, Wiener Saal
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #05
Mozart Sonaten C-Dur KV 545, B-Dur KV 281, F-Dur
KV 280, D-Dur KV 284, a-Moll KV 310
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #11
KRISTIAN BEZUIDENHOUT HAMMERKLAVIER
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Alfonso und Estrella
Mozart Quartette für zwei Violinen, Viola und Violoncello
D-Dur KV 499, D-Dur KV 575, B-Dur KV 589
MOZART KINDERORCHESTER, SUPERAR CHOR, MARC MINKOWSKI
DIRIGENT, CHRISTOPH KONCZ DIRIGENT UND LEITUNG
SUNNYI MELLES MODERATION
Mozart Intrada aus „Bastien und Bastienne“ KV 50
elliott carter „Sound Fields“ schubert Aus „Deutsche
Messe“ D 872 Mozart Kantaten „Dir, Seele des Weltalls“
KV 429, „Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer
ehrt“ KV 619, Symphonie C-Dur KV 73
19.30 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #33
INSULA ORCHESTRA, CHŒUR DE CHAMBRE ACCENTUS
DIRIGENTIN LAURENCE EQUILBEY
JULIE FUCHS SOPRAN, MARIANNE CREBASSA MEZZOSOPRAN
BENJAMIN HULETT TENOR, JOHANNES WEISSER BASS
schubert Symphonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“ Mozart
Missa C-Dur KV 317 „Krönungs-Messe“
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Wiener Saal
KALENDARIUM MOZARTWOCHE 2015
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #02
Lieder von Mozart und franz schubert
FAZIL SAY KLAVIER
19.30 Felsenreitschule #10
MO 26.01
FR 23.01
15.00 Mozart-Wohnhaus FILM
Elliott Carter – „A Labyrinth of Time“
CHRISTINE SCHÄFER SOPRAN, DANIEL SEPEC VIOLINE
ERIC SCHNEIDER KLAVIER
15.00 Große Universitätsaula #18
Mozart Sonaten C-Dur KV 309, G-Dur KV 283, F-Dur KV 332,
C-Dur KV 279, D-Dur KV 311
HAGEN QUARTETT
KALENDARIUM MOZARTWOCHE 2015
FAZIL SAY KLAVIER
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #17
SA 31.01
15.00 Große Universitätsaula #09
Mozart Adagio und Fuge c-Moll KV 546, Maurerische
Trauermusik KV 477, Davide penitente KV 469
einführungsvortrag 18.30 Uhr, Fördererlounge
15.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #03
81
CAPPELLA ANDREA BARCA, ANDRÁS SCHIFF
Programm siehe #05
FR 30.01
DAVIDe PeNITeNTe
BARTABAS REGIE UND CHOREOGRAPHIE, PFERDE UND REITER
DER ACADÉMIE ÉQUESTRE DE VERSAILLES, MARC MINKOWSKI
DIRIGENT, LES MUSICIENS DU LOUVRE GRENOBLE, SALZBURGER
BACHCHOR, MIT CHRISTIANE KARG, MARIANNE CREBASSA,
STANISLAS DE BARBEYRAC
11.00 Stiftung Mozarteum, Großer Saal #08
MI 28.01
19.30 Felsenreitschule #01
SO 25.01
DO 22.01
14.00 Stiftung Mozarteum, Wiener Saal
Round Table I mit bartabas u. a.
82
100
JAHRE
MOZARTEUM
100 Years Mozarteum
Präsidium der Stiftung Mozarteum Salzburg: Johannes Honsig-erlenburg Präsident, Johannes graf von Moÿ und
friedrich urban Vizepräsidenten, Thomas bodmer, reinhart von gutzeit. Stellvertretend für das Kuratorium:
erich Marx Vorsitzender, christoph Andexlinger Stv. Vorsitzender.
Programm Mozartwoche 2015
Marc Minkowski Künstlerischer Leiter Mozartwoche
Matthias schulz Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum Salzburg
Das »Mozarteum« wurde 1914 erbaut und ist Sitz der Stiftung Mozarteum Salzburg. Es beherbergt mit der
Bibliotheca Mozartiana die weltweit größte Spezialbibliothek zu Mozart sowie zwei fantastische Konzertsäle. Der Große Saal ist einer der schönsten Veranstaltungsorte Europas und bietet mit seiner einzigartigen
Akustik eine ideale Spielstätte für Kammermusik oder Orchesterkonzerte während des ganzen Jahres. Wir
feiern das 100-jährige Bestehen mit einem Tag der offenen Tür und einem Festkonzert im September 2014.
The Mozarteum was built in 1914 and is the main office of the Salzburg Mozarteum Foundation. It houses
the Bibliotheca Mozartiana, the world’s most extensive library focusing on Mozart, as well as two fantastic
concert halls. The Great Hall (Großer Saal) is one of the most beautiful venues in Europe, its excellent
acoustics ensure outstanding chamber music or orchestral concert performances throughout the year. We
celebrate our 100th anniversary with an open day and a gala concert in September 2014.
Termin-, Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Redaktionsschluss: 26. Juli 2014.
Impressum Medieninhaber u. Verleger: Stiftung Mozarteum Salzburg, Schwarzstr. 26, A 5020 Salzburg, T. +43 662 88940
www.mozarteum.at
gesamtverantwortung Matthias Schulz, Kfm. Geschäftsführer und Künstlerischer Leiter; Referentin: Kaja Wiedamann.
redaktion Angelika Worseg. Mitarbeit konzertplanung Petra Hinterholzer-Leinhofer. Layout, grafik Angelika Worseg;
Mitarbeit: Danja Katzer; Titelgestaltung: Matthias Horngacher; CI: Linie 3 (www.linie3.com). fotos, wenn nicht anders
angegeben: Agenturen oder Künstler. englische übersetzungen Gail Schamberger. Inserate Paul Dürnberger. Druck
Roser.
IMPRESSUM
www.mozarteum.at
83
www.facebook.com/StiftungMozarteum
Konzerte
Wissenschaft
Museen
Autoren dieser Ausgabe: Manuel Brug, Janis El-Bira, Markus Hennerfeind, Harald Hodeige, Hedwig Kainberger, Ulrich
Leisinger, Rainer Lepuschitz, Florian Oberhummer, Teresa Pieschacón Raphael, Ernst Strobl, Walter Weidringer.
Mitarbeit Korrektorat: Geneviève Geffray, Johanna Senigl.
MITGLIED FÖRDERER STIFTER
MEMBER PATRON FOUNDER
MozArT
eN LA HAbANA
Seit mehr als 120 Jahren widmet sich die Stiftung Mozarteum Salzburg der Person und dem Werk Wolfgang Amadé
Mozarts. Mit Aktivitäten in den drei Kernbereichen – Konzerte, Wissenschaft, Museen – baut sie die Brücke zwischen Tradition und zeitgenössischer Kultur und eröffnet wechselnde Perspektiven sowie neue Denkanstöße in der
Auseinandersetzung mit dem Komponisten. Die Stiftung Mozarteum Salzburg ist ein Verein, der sich aus Ordentlichen Mitgliedern, Förderern, Stiftern, Ehrenmitgliedern und den Mitgliedern der Akademie für Mozart-Forschung
zusammensetzt. Wenn Sie die Arbeit der Stiftung Mozarteum Salzburg unterstützen möchten, am aktiven und
ideellen Kontakt interessiert sind, laden wir Sie zur Mitgliedschaft ein als
MITgLIeD (€ 50,– p.a.), förDerer (€ 500,– p.a.), sTIfTer (€ 30.000,– einmalig).
The Salzburg Mozarteum Foundation was founded in 1880; since then, it has made a study of Wolfgang Amadé
Mozart’s life and work. Today, with initiatives in three main fields – concerts, research and museums – the Salzburg
Mozarteum Foundation forges links between maintaining tradition and promoting contemporary culture. The aim
is to open up changing perspectives and new ideas in the study of the composer. The Salzburg Mozarteum Foundation is an association that comprises ordinary members, patrons, founders, honorary members and the members of
the Central Institute for Mozart Research. If you are interested in supporting and taking part in the activities of the
Salzburg Mozarteum Foundation, the Foundation accepts with pleasure the following memberships:
Seit 2009 treibt die Stiftung Mozarteum Salzburg den Auf- und Ausbau einer Jugendorchesterschule
im Herzen Havannas, Kuba, voran. Mithilfe einer dreijährigen EU-Förderung wurde das Projekt
im Oktober 2012 auf eine breitere Basis gestellt: Neben der Gründung einer Mozart-Gesellschaft
und dem Austausch europäischer Professoren und Studenten wird eine Mediathek aufgebaut, die
den Kubanern Partituren und Musikbücher verfügbar macht. Das Projekt wird das kulturelle
Leben Havannas bereichern und die europäisch-klassische Musik – insbesondere das Werk
Mozarts – auf nachhaltige Weise dort verankern.
MeMber
(€ 50 p.a.), PATroN (€ 500 p.a.), fouNDer (€ 30,000 single donation)
Unterstützen Sie das Kuba-Projekt der Stiftung Mozarteum Salzburg!
Internationale Stiftung Mozarteum bei Bankhaus Carl Spängler & Co. AG
BLZ 19530, Kto. 100095799, IBAN: AT98 1953 0001 0009 5799, BIC: SPAEAT2S
Informationen / information:
Claudia Gruber-Meikl, T +43-662-88 940 943, F 88 940 50, friends@mozarteum.at, www.mozarteum.at
Das Projekt wird von der
Europäischen Union
gefördert
Konzerte
Wissenschaft
Museen
Weitere Informationen: Franziska Förster, T +43-662-88940 51,
foerster@mozarteum.at, www.mozarteum.at