Generation sorglos
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Generation sorglos
Die Kultur feiern Sternekoch Nelson Müller über Erfolg und Integration Menschen & Medien, Seite 31 FREITAG, 8. APRIL 2016 NRW 68 Die lächerlichste Band der Welt Axl Rose und Slash spielen wieder miteinander. In Las Vegas feiern Guns N’ Roses ihr Comeback Kultur, Seiten 8/9 1 EURO ,, NACHRICHTEN POLITIK SPD schrumpft auf 21 Prozent Um die Rente kann ich mich noch in 20 Jahren kümmern Deutschlandtrend: Sozialdemokraten fallen auf den tiefsten je gemessenen Wert. Auch die Zustimmung für Vizekanzler Sigmar Gabriel sackt ab. Seite 4 WIRTSCHAFT Der bizarre Erfolg des Spezis Kaum ein anderes Getränk ist so deutsch wie der Cola-OrangenMix. Warum es einige Brauereien nun dennoch im Ausland versuchen wollen. Seite 22 PANORAMA Spender überweist Görlitz letzte Rate Nach 21 Jahren endet das Märchen von der „Altstadtmillion“: Der anonyme Gönner, der jedes Jahr überwies, hat nun zum letzten Mal gezahlt. Letzte Seite IM INTERNET Tweets des Tages Kaum zu glauben!! #F1 geht zurück zum alten Qualifying Modus. Ab #ChinaGP FLORIANKOENIG1 Ich werde 2017 nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Ich wollte nie mein ganzes Leben lang Abgeordnete bleiben und dann ist's jetzt Zeit. Marie Generation sorglos Wer Mitte 20 ist, hat eine Menge im Kopf – die Frage nach der Alterssicherung gehört nicht dazu. Dabei betreffen viele Rentenentscheidungen, die die Regierung fällt, gerade die Jungen. Doch für Aufregung sorgt das nicht Seiten 2/3 ,, Ich glaube nicht, dass die private Altersvorsorge eine Zukunft hat Felix ,, SCHROEDER_K Treffpunkt für Fans facebook.com/weltkompakt Twittern, was uns bewegt twitter.com/weltkompakt E-Mail an die Redaktion kompakt@welt.de Abo & mehr www.welt-kompakt.de/abo Digitale Angebote Tel. 0800 / 95 15 00 0 digital@welt.de MARTIN U. K. LENGEMANN News rund um die Uhr www.welt.de Kundenservice: 0800 / 53 73 78 3 VW-Vorstände sollen auf ihre Boni verzichten Soweit plane ich nicht im Voraus. Ich hoffe, es wird später reichen Arta © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Aufsichtsrat setzt Manager unter Druck I m VW-Aufsichtsrat wächst der Druck auf die Vorstände des Autobauers, vollständig auf Bonuszahlungen für das vergangene Jahr zu verzichten. Aus dem sechsköpfigen Präsidium des Kontrollgremiums erfuhr die „Welt“, dass man einen freiwilligen Verzicht der Manager erwarte. Zuvor war bekannt geworden, dass es trotz des Abgasskandals und des daraus womöglich resultierenden Verlusts im Jahr 2015 Widerstand gegen eine Streichung der Boni gibt. Wie hoch die Prämien ausfallen sollten, ist nicht bekannt. VON N. DOLL UND P. VETTER Allerdings gilt die Verzichtsforderung nur für den erfolgsabhängigen Bonus der Vorstände. Der heutige Aufsichtsratschef und frühere Finanzvorstand des Konzerns, Hans Dieter Pötsch, soll im vergangenen Jahr zudem eine weitere Sonderzahlung über etwa zehn Millionen Euro für seinen vorzeitigen Wechsel in das Kontrollgremium erhalten haben. Dafür löste Pötsch seinen eigentlich noch bis 2017 laufenden und deutlich besser dotierten Vorstandsvertrag auf. Ein VW-Sprecher bestätigte die Sonderzahlung indirekt. Aus Kreisen der Arbeitnehmervertreter hieß es am Donnerstag, es sei nicht akzeptabel, dass die Vorstände trotz der Folgen des Abgasskandals auf der Zahlung eines Bonus bestehen. Vorstandschef Matthias Müller hatte bereits vor einigen Wochen angekündigt, dass die Erfolgsprämie für die Tarifmitarbeiter des Konzerns deutlich niedriger ausfallen werde als in den Vorjahren. Im vergangenen Jahr hatten die VW-Beschäftigten einen Bonus von je 5900 Euro erhalten. Zwar solle die Sonderzahlung für die Mitarbeiter nicht komplett wegfallen, sagte Müller, es werde aber nur eine „Anerkennungsprämie“ geben. Seiten 15 und 19 WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 2 THEMA DES TAGES DIE WELT KOMPAKT Ich bin noch jung. Über meine Rente habe ich mir noch keine Gedanken gemacht „So weit plane ich nicht im Voraus“ Fatma Die Bundesregierung steckt Milliarden in die Altersversorgung – die Zeche zahlt die junge Generation. Doch von dort kommt kaum Protest. Wenn es um die eigene Zukunft geht, verschließen Jugendliche die Augen VON RICARDA BREYTON UND MORITZ SEYFFARTH Mit dem aktuellen Rentensystem wird daraus nichts. Die Beiträge, die heute eingezahlt werden, fließen unmittelbar in die Renten und werden nicht angespart werden. Umlagefinanziert nennt man das. Das funktioniert gut, wenn es viele Beitragszahler und vergleichsweise weniger Rentner gibt. Doch durch den demografischen Wandel kommt das System an die Belastungsgrenze. Die junge Generation muss schon heute einen hohen Beitrag zahlen, um die Renten zu finanzieren. Von den aktuellen Rentengeschenken hat sie später nichts mehr. Ein Grund zur Aufregung – möchte man meinen. Doch statt Widerstand und Eigeninitiative herrscht Sorglosigkeit. „Das ist so weit in der Zukunft, da kann ich mich noch in 20 Jahren drum kümmern“, sagt etwa die 20-jährige Marie. „Wenn ich mir jetzt schon Gedanken über die Rente machen muss, fühle ich mich, als würde ich mit ei- nem Fuß im Grab stehen.“ Ähnlich sieht es auch Wirtschaftsstudentin Sophie. „Vielleicht wäre es sinnvoll, sich Gedanken zu machen. Ich war einfach noch nicht so richtig interessiert,“ sagt sie. Vor der Bibliothek der Berliner Humboldt-Universität ist diese Meinung weitverbreitet. „So weit plane ich nicht im Voraus“, sagt BWL-Studentin Arta. „Ich hoffe, es wird später reichen.“ Auch der 20-jährige Conor hat sich noch nicht mit seiner Altersvorsorge befasst. „Ich bin ganz ehrlich, es ist wegen Faulheit“, sagt er. Warum die Jugend so gleichgültig in ihre Zukunft blickt, weiß Klaus Hurrelmann. Der Sozialwissenschaftler kennt sich aus mit den Menschen zwischen 17 und 27. Alle drei Jahre befragt er sie im Rahmen der MetallRenteStudie nach ihren Vorstellungen von der Altersvorsorge. Gerade hat er wieder eine Umfrage abgeschlossen. „Dass die Jugend sich nicht gegen die aktuelle Rentenpolitik wehrt, hängt damit zusammen, dass sie sich grundsätzlich in diesem Staat wohlfühlt und nicht den Eindruck hat, irgendwie betrogen zu werden.“ Und noch einen weiteren Punkt spricht der Forscher an. „Die überraschend positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt strahlt ab.“ Die junge Generation fühle sich sicher und sei optimistisch. In einem System, das grundsätzlich prosperiert, sieht sie einfach keinen Zwang zum Handeln. Dabei reicht die gesetzliche Rente schon jetzt nicht mehr bei allen aus. Und in 40 Jahren wird der Anteil derer, die mit der staatlichen Rente nicht über die Runden kommen, noch deutlich höher sein. Der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen schätzt, dass das Rentenniveau in 25 Jahren bei Dass ich mich nicht um meine Rente kümmere, hat einen einfachen Grund: Faulheit Conor Es ärgert mich, dass die Politik nur für die Rentner betrieben wird Patricia MARTIN U. K. LENGEMANN R ente ab 63, Mütterrente und jetzt die geplante Lebensleistungsrente. Die sozialen Großvorhaben der großen Koalition haben eines gemeinsam: Die aktuelle Generation der Rentner profitiert, die Kosten tragen die Jungen. Denn sie müssen die teuren neuen Leistungen bezahlen – über dauerhaft höhere Beitragszahlungen. Es ist eine existenzielle Frage für jungen Menschen. Sie wird entscheiden, wie viel Geld sie in ihrem Berufsleben netto verdienen. Und sie wird natürlich entscheiden, ob sie ihren Ruhestand eines Tages sorglos genießen können. FREITAG, 8. APRIL 2016 © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT THEMA DES TAGES 3 FREITAG, 8. APRIL 2016 Die Rente könnte Mal ein Problem sein, aber solange ich jung bin, denke ich darüber nicht nach und hoffe, dass es wirtschaftlich läuft Teo Vielleicht wäre es sinnvoll, sich über die Rente Gedanken zu machen. Ich war bis jetzt einfach noch nicht richtig interessiert Sophie Beitragssatz und Nachhaltigkeitsrücklage bis 2030 PROGNOSE Beitragssatz in Prozent 18,7 Rücklage in Monatsausgaben 1,91 2030 21,8 2025 20,5 2021 19,3 19,9 1,75 Rücklage Obergrenze: 1,5 Untergrenze: 0,2 2006 2010 0,20 2015 2020 2025 2030 Quelle: Deutsche Rentenversicherung Vor dem Kollaps So viele Arbeitnehmer müssen einen Rentner ernähren 0 1 2 3 4 5 6 7 0 1 Japan USA Deutschland Australien Großbritannien China Europa Welt 2015 2 3 2050 4 5 6 7 Quelle: UN, Citi Research knapp über 40 Prozent des ursprünglichen Einkommens liegen wird. Grund dafür sind die Reformen der Schröder-Regierung, die festlegten, dass die Rentenbeiträge bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen dürfen. Das war notwendig, sagt Raffelhüschen, um den demografischen Wandel abzufedern. Die Baby-Boomer, die geburtenstarken Jahrgänge der 50er-Jahre und 60er-Jahre, kommen demnächst ins Rentenalter. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Beitragszahler. Weil das Rentensystem so unter Druck ist, hält der Experte die jüngsten Reformen der Bundesregierung für falsch. „Mütterente und die Rente mit 63 sind die Sündenfälle der großen Koalition“, sagt Raffelhüschen. Mit der geplanten Lebensleistungsrente, also der Aufstockung der Altersrente für einen Teil der Arbeitnehmer, die 40 Jahre lang Beiträge gezahlt haben, komme ein weiterer hinzu. Alle drei Maßnahmen gehen zulasten der jungen Generation. Das zeigen allein die Zahlen. Rund zehn Milliarden Euro kosten die von der großen Koalition 2014 beschlossene Mütterrente und Rente mit 63 bis 2030 jährlich – eine beachtliche Summe, die sich nur durch die Zusammensetzung der Wählerschaft erklären lässt. Mit 52,4 Prozent stellte die Gruppe der Über-50-Jährigen laut Statistischem Bundesamt schon bei der Bundestagswahl 2013 den Großteil der Wahlberechtigten. „Eine Politik gegen die Generation 50 plus ist eine Politik gegen die Mehrheit der Wähler“, sagt Raffelhüschen. Hinzu kommt, dass für die älteren Wähler – anders als für die Jungen – die Rentenpolitik wahlentscheidend ist. Das empfinden jungen Menschen schon als Benachteiligung. Jurastudentin Patricia: „Es ärgert mich, dass die Politik nur für die Rentner betrieben wird.“ Mit Blick auf die Entwicklung erscheinen Zweifel an der langfristigen Stabilität der staatlichen Rentenversicherung durchaus berechtigt. Zumal sich an der Situation bei der gesetzlichen Rente, da ist sich zumindest Raffelhüschen sicher, wohl nichts ändern wird. Seine Schlussfolgerung: „Für die Sicherung der Lebensstandards ist nicht mehr die Deutsche Rentenversicherung zuständig, sondern jeder selbst“, sagt der Experte. Statt auf eine Wende hin zu einer nachhaltigen Rentenpolitik zu hoffen, sollten sich die jungen Menschen also lieber um ihre private Altersvorsorge kümmern. Das Problem: Auch das macht kaum einer. Nur 38 Prozent der 17- bis 27Jährigen sorgen privat für ihr Alter vor, geht aus Hurrelmanns letzter Studie hervor. „Sich langfristig ein individuelles Konzept zu überlegen, fällt den Jugendlichen extrem schwer“, sagt er. Schon gar bei dem unübersichtlichen Fördersystem der zusätzlichen Altersvorsorge, wie es in Deutschland vorherrscht. „Das Durcheinander entmutigt die Leute und führt zu Fatalismus.“ Das Gefühl, die Dinge nicht überblicken zu können, hätte sich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise sogar noch ver- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung stärkt. „Wenn ich jetzt Geld zurücklege, wer sagt mir dann, dass ich davon in 40 Jahren noch irgendetwas habe?“, sei eine weitverbreitete Ansicht. Statt in Vorsorge investierten die jungen Menschen ihr Geld lieber in Freizeit und Bildung. Auch die Jurastudentin Patricia hat bisher nichts in ihre Altersversorgung investiert. Sie glaubt aber, dass sie genug verdienen wird, um entspannt in die Zukunft zu blicken. „Ich würde schauen, dass ich privat vorsorge, ein Vermögen aufbaue oder auch die betriebliche Rentenvorsorge nutze“, sagt sie. Und: „Die Anwälte haben ihr eigenes Rentensystem, da wird immer noch genügend Geld drin sein.“ Wie Patricia hat auch Felix bereits Vorstellungen davon, wie dürftig seine Rente ausfallen wird. Anders als der Großteil seiner Altersgenossen hat er sogar bereits in eine private Altersvorsorge investiert. Große Hoffnungen setzt er allerdings nicht in das System. „Ich glaube nicht, dass die private Altersvorsorge eine Zukunft hat, bei den niedrigen Zinsen, die es heutzutage gibt.“ Auch Felix geht davon aus, dass es vor allem sein Erspartes sein wird, dass ihn im Alter über die Runden helfen wird. Nicht jeder kann so planen wie Patricia und Felix, warnt Hurrelmann. Denn so gute Voraussetzungen wie die beiden Akademiker haben wenige. „Die Kompetenz, mit Finanz- und Gelddingen umzugehen, ist nur in dieser Gruppe hoch“, sagt der Forscher. „Gleichzeitig ist das auch die Gruppe, die genug verdienen wird, um überhaupt Mittel für die Altersvorsorge beiseitezulegen.“ Ein Luxus, den sich laut Hurrelmann zwei Drittel der jetzigen Generation nicht leisten können werden. Eine Kluft zwischen den Schichten im Alter ist vorprogrammiert. Um die soziale Spaltung zu vermeiden, fordert der Experte eine Umstellung der Bildungs- und der Rentenpolitik. „Die Kompetenz von jungen Leuten, mit Geld umzugehen, muss dringend gestärkt werden.“ Es sei unhaltbar, dass wirtschaftliche Zusammenhänge in vielen Schulen nicht ausreichend gelehrt würden. Neben der Aufklärung der Jugend benötigt es laut Hurrelmann auch ein Umdenken in der Politik. Er fordert eine Diskussion darüber, ob die Rente langfristig wieder erhöht werden kann. Dies würde allerdings bedeuteten, das auch die Rentenbeiträge wieder steigen müssten. Ein anderer Vorschlag kommt von der Jungen Union (JU). In einem Brandbrief an Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) forderte sie erst kürzlich einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Altersarmut würde nur verhindert, wenn das Renteneintrittsalter stetig angehoben werde. Die Erfahrung allerdings zeigt, dass die Forderungen der Jugend zum Thema Rente nie umgesetzt werden. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Brandbrief der Jungen Union keinen Flächenbrand verursachen, sondern eher ein Strohfeuer bleiben wird. Mitarbeit: Viola Haas WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 POLITIK AUSCHWITZ-VERFAHREN Ex-SS-Mann vor Prozess gestorben Der vor dem Landgericht Hanau angeklagte ehemalige Wachmann des NS-Vernichtungslagers Auschwitz ist wenige Tage vor Prozessbeginn im Alter von 93 Jahren gestorben. Das bestätigte das Gericht. Der Prozessauftakt war ursprünglich für kommenden Mittwoch geplant. Ernst T. aus dem Raum Hanau wurde Beihilfe zum Mord vorgeworfen. KOALITION SPD-Vize geißelt CSU-Störmanöver Nach dem Treffen der Koalitionsspitzen hat SPDVizechef Ralf Stegner die Bundeskanzlerin zu einem Machtwort gegenüber der CSU aufgefordert. „Frau Merkel muss sich jetzt durchsetzen gegen Herrn Seehofer“, sagte Stegner im „Morgenmagazin“ der ARD. Die CSU führe sich derzeit in der Koalition „bockig“ auf und blockiere die Umsetzung gemeinsamer Vorhaben. TERMIN DES TAGES In Berlin werden heute die Asylzahlen für das erste Quartal 2016 bekanntgegeben. In diesem Zug wird es auch zu einer Debatte um die Asyl- und Flüchtlingspolitik kommen. Um 9 Uhr wird Innenminister Thomas de Maizière die jüngsten Zahlen vorstellen. Für 11 Uhr wird dann ein Statement von Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet. Sie trifft sich danach noch im Bundeskanzleramt mit bei der Flüchtlingsaufnahme engagierten Verbänden. BÖHMERMANN-SATIRE Weitere Anzeigen gegen das ZDF Im Zusammenhang mit der umstrittenen Erdogan-Satire des ZDF-Moderators Jan Böhmermann sind bei der Staatsanwaltschaft Mainz weitere Strafanzeigen eingegangen. Diese betreffen nicht namentlich benannte „Verantwortlich des ZDF“, teilte eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde mit. Die Prüfungen der Staatsanwaltschaft erstreckten sich auch auf diese Anzeigen. FREITAG, 8. APRIL 2016 Schwarz-Grün im Trend 40 Prozent der Deutschen glauben, dass es mit dieser Koalition vorwärts geht. Die SPD landet bei einem Tiefstand D as ist ein Tiefpunkt, ganz im wörtlichen Sinne. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würden sich nur noch 21 Prozent der Deutschen für die Sozialdemokraten entscheiden. So lautet das Ergebnis des aktuellen Deutschlandtrends von Infratest Dimap im Auftrag der ARD„Tagesthemen“ und der „Welt“. Die SPD fällt damit auf den tiefsten jemals gemessenen Wert bei der Sonntagsfrage. Sonntagsfrage zur Bundestagswahl ARD-DeutschlandTREND April 2016 34 (-2) CDU/CSU 21 (-2) SPD 13 (+3) Grüne % 7 (-1) Linke 7 (+1) FDP 4 (-1) Sonstige 14 (+3) AFD Frage: Welche Partei würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre? Quelle: ARD VON MARTIN KLEINEMAS UND JOHANNES WIEDEMANN Auch die Zufriedenheit mit der Arbeit des Spitzenpersonals der SPD ist deutlich gesunken, das gilt insbesondere für Parteichef Sigmar Gabriel. Nur noch 39 Prozent der Befragten sind mit der Arbeit des Vizekanzlers „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“, das ist ein Einbruch von fünf Prozentpunkten gegenüber März. Doch nicht nur die SPD blickt in eine düstere Zukunft, auch die Union verliert deutlich an Zustimmung. Wäre am nächsten Sonntag Bundestagswahl, würden nur noch 34 Prozent der Wähler ihre Stimme der CDU/CSU geben – ein Minus von zwei Prozentpunkten. Immerhin kann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Beliebtheit leicht um zwei Prozentpunkte ausbauen, sie landet mit 56 Prozent Zustimmung auf Rang drei bei den beliebtesten Politikern. Einziger Lichtblick für die SPD: Mit 74 Prozent liegt Außenminister Frank-Walter Steinmeier unangefochten an der Spitze dieses Rankings. Von den schwachen Umfragewerten für die Koalitionspar- Bewertung der Koalition aus Union und Grünen Angaben in Prozent Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Union und Grüne passen einfach nicht zusammen. 42 53 Eine Koalition aus Union und Grünen könnte Deutschland in wichtigen politischen Fragen nach vorn bringen. 40 54 Ich fände es gut, wenn künftig in mehr 38 Bundesländern Koalitionen aus Union und Grünen regieren würden. 55 Fehlende Werte zu 100%: keine Angabe teien profitieren vor allem die Alternative für Deutschland (AfD), die mit 14 Prozent (+3) einen neuen Höchstwert erreicht, und die FDP, die mit sieben Prozent der Stimmen (+1) den Wiedereinzug in den Bundestag locker schaffen würde. Ebenfalls sieben Prozent erreicht die Linke (-2). Neben der AfD und der FDP zählen auch die Grünen zu den Gewinnern. Sie verbessern sich um drei Punkte auf 13 Prozent. Offenbar wird die Partei auch bundesweit von ihrem großen Erfolg bei der Landtagswahl in Quelle: Infratest dimap Kretschmann immer beliebter Der amtierende Ministerpräsident von BadenWürttemberg, Winfried Kretschmann (Die Grünen) wird immer beliebter. Er legt um neun Prozentpunkte zu: 55 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Damit liegt er nur noch knapp hinter Kanzlerin Merkel. SEITE 4 Baden-Württemberg getragen, wo sie stärkste Kraft wurde. Vor dem Hintergrund des plötzlichen Höhenfluges der Grünen stellt sich eine Frage: Was halten die Deutschen bundesweit von einer schwarzgrünen Koalition, wie sie Winfried Kretschmann – wenn auch in umgekehrter Reihenfolge – gerade für Baden-Württemberg verhandelt? Hier zeichnet sich eine deutlich gesteigerte Akzeptanz für die „Kiwi-Koalition“ ab. Der Behauptung „Union und Grüne passen einfach nicht zusammen“ stimmen im Deutschlandtrend nur noch 42 Prozent der Befragten zu – ganze 22 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Umfrage. 53 Prozent der Befragten stimmen demnach eher nicht zu. Bedeutend misstrauischer sehen die Deutschen auf eine andere Koalition: auf die zwischen der EU und der Türkei. Seit Montag werden alle seit dem 20. März illegal in Griechenland eingereisten Flüchtlinge in die Türkei abgeschoben. Im Gegenzug will die EU für jeden Abgeschobenen einen Asylsuchenden aus der Türkei auf legalem Weg aufnehmen. Die Deutschen bewerten den Deal im April deutlich kritischer als im Vormonat: 56 Prozent finden die Vereinbarung eher schlecht, 39 Prozent (März: 46 Prozent) eher gut. Dass dank dem EUTürkei-Deal weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen, glaubt nur jeder vierte Bürger. Etwa genauso viele denken, dass sich die Zahl gar nicht verändern wird. Mit der Asylpolitik von Kanzlerin Angela Merkel sind derzeit 58 Prozent der Befragten unzufrieden. Positiv bewertet wird der Vorschlag der EUKommission, das Asylrecht in Europa zu vereinheitlichen. Er sieht eine fairere Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU und härtere Strafen für illegal Reisende vor. Sechs von zehn Deutschen fänden eine solche Reform richtig. Was Nahles fordert, gibt es längst Grüne kritisieren Verlängerung der Hartz-IV-Bescheide auf zwölf Monate als Scheininnovation D ie geplante scheiden wurden zuRechtsverletzt 1,14 Millionen einfachung oder 46 Prozent bebei Hartz IV wird die reits für ein ganzes Jobcenter nach InforJahr ausgesprochen, mationen der „Welt“ teilte das Bundesarnicht wie erhofft entbeitsministerium auf lasten. Denn die im eine Anfrage der GrüGesetz vorgesehene nen mit. Die grüne Verlängerung des Be- Andrea Nahles Arbeitsmarktpolitiwilligungs-Zeitraums steht in der Kritik kerin Brigitte Pothvon sechs auf zwölf mer kritisierte das Monaten wird in der Praxis Vorhaben von Arbeitsministeschon längst angewandt. Von rin Andrea Nahles (SPD) als 2,45 Millionen Bewilligungsbe- „Scheininnovation“. Das gibt PA/ DPA/ KAY NIETFELD KOMPAKT DIE WELT KOMPAKT selbst das Ministerium zu: Die Bundesregierung habe im Gesetz das Einsparpotenzial bei der standardmäßigen Bewilligung von zwölf Monaten „sehr niedrig angesetzt“. Mit ihrem Gesetz zur Rechtsvereinfachung bei Hartz IV will Ministerin Nahles Bürokratie in den Jobcentern abbauen. Die Mitarbeiter sollen mehr Zeit für die Vermittlung haben. Der längere Bewilligungszeitraum galt dabei lange als wichtigster Baustein der Reform. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Doch seit Einführung einer neuen Software namens Allegro im Sommer 2014 können die Jobcenter bereits für zwölf Monate bewilligen - und machen rege davon Gebrauch. In Weisungen an die Jobcenter hat die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg wiederholt auf diese Möglichkeit hingewiesen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass bei den Hartz-IVEmpfängern „eine Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist“. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 POLITIK 5 FREITAG, 8. APRIL 2016 D DPA/ TOBIAS HASE ass der NSU-Terrorist Uwe Mundlos in der Firma eines VMannes des Bundesamtes für Verfassungsschutz gearbeitet hat, sorgt bei Polizeibehörden, Politik und den Angehörigen der NSU-Opfer gleichermaßen für gehörige Überraschung und Entsetzen. Ein Nebenkläger im NSU-Prozess forderte gestern die Bundesregierung auf, diesen Verdacht aufzuklären. VON HELMAR BÜCHEL Beate Zschäpe wurde im Laden von V-Mann „Primus“ gesehen Für seine Mandanten sei schwer erträglich, „dass vom Staat bezahlte Spitzel möglicherweise an den Morden des NSU mitgewirkt haben“, sagte der Münchner Rechtsanwalt Yavuz Narin in einer ersten Reaktion auf die am Mittwoch ausgestrahlte ARD-Dokumentation eines Autorenteams um „Welt“-Chefredakteur Stefan Aust. Narin vertritt die Familie des im Juni 2005 mutmaßlich von den Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossenen Gewerbetreibenden Theodoros Boulgarides. „Der Ball liegt bei der Bundesanwaltschaft, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Innenministerium und der Bundeskanzlerin“, sagte Narin. Die Behörden müssten sich die Frage ge- Rätsel um V-Mann-Führer „Primus“ „Welt“-Recherchen zum NSU werfen neue Fragen zur Rolle der Geheimdienste auf fallen lassen, warum sie den VMann offenbar schützten und „warum den Hinweisen dazu nicht gewissenhaft nachgegangen wurde“. Zwei Jahre lang, von 2000 bis 2002 hatte der frühere Zwickauer Neonazi Ralf Marschner, der als V-Mann unter dem Decknamen „Primus“ agierte, Mundlos unter dem Tarnnamen Max-Florian Burkhardt als Vorarbeiter auf Baustellen auch in den Regionen Nürnberg und München beschäftigt. In diesem Zeitraum hatte der NSU dort vier türkischstämmige Geschäftsleute ermordet. Der heutige Ausschussvorsitzende Clemens Binninger sprach nach den jüngsten Enthüllungen von „einer völlig neuen Dimension“. Man wolle sich schon in der nächsten Sitzung mit V-Mann Primus und den Verstrickungen des Verfassungsschutzes „vordringlich befassen“, sagte der CDU-Politiker der „Welt“: „Aufgrund der neuen Erkenntnisse halte ich es für geboten, den V-Mann-Führer Kaldrack erneut im Ausschuss zu befragen.“ Insgesamt elf Jahre lang hatte das untergetauchte NSUTrio, zu dem auch Beate Zschäpe gehörte, in verschiedenen Wohnungen in Zwickau gelebt – bis zu den Selbstmorden der Männer und der Enttarnung von Zschäpe im November 2011. Die Autoren der ARD-Dokumentation „Der NSU-Komplex“, die der Auslöser der „Welt“-Titelgeschichte am Donnerstag war, sind diesen Hinweisen nachgegangen. So soll auch eine Frau, deren Beschreibung auf Beate Zschäpe hindeutet, Uwe Mundlos in den Jahren zwischen 2000 und 2002 hin und wieder auf den Marschner-Baustellen in Zwickau besucht haben. Sicher identifizieren konnten die befragten Zeugen Beate Zschäpe aber nicht. Schröder will nicht mehr in den Bundestag Die Ex-Ministerin orientiert sich neu Die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kandidiert nicht mehr für den Bundestag. „Ich habe für mich die Tätigkeit als Abgeordnete immer als ein Mandat auf Zeit betrachtet und wollte nie mein Leben lang Abgeordnete bleiben“, begründete Schröder gestern ihre Entscheidung. Sie wolle sich nun Kristina beruflich neu Schröder orientieren, werde aber dennoch im Kreisverband Wiesbaden politisch aktiv bleiben. Die 38-Jährige war von 2009 bis 2013 Bundesfamilienministerin. Dem Bundestag gehört sie als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises Wiesbaden seit 2002 an. Schröder war die erste Bundesministerin, die während ihrer Amtszeit ein Kind bekam. Mittlerweile ist sie zweifache Mutter. ANZEIGE %JF+BISF *OOPWBUJPOTNPEFMMF XXXCNXEF OFYU 'SFVEFBN'BISFO )"--0 ;6,6/'5 %"4#.8FS(3"/$061+&5;5"-4+")3& *//07"5*0/4.0%&--.*5+6#*-6.41",&5 "CCJMEVOH[FJHU4POEFSBVTTUBUUVOHFO © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 PA/ SVEN SIMON/ M. OSSOWSKI DIE WELT KOMPAKT 6 POLITIK Neuer Premier und Neuwahl im Herbst Die Regierung in Island macht nach wütenden Protesten der Bevölkerung und dem Rücktritt von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson den Weg für Neuwahlen frei. Diese sollen im Herbst stattfinden. Regierungschef soll bis dahin Agrar- und Fischereiminister Sigurdur Ingi Johannsson werden, zugleich Vize der Fortschrittspartei. Gunnlaugsson stellte sein Amt wegen Verbindungen zu Briefkastenfirmen zur Verfügung. FRANKREICH Minister macht Hollande Konkurrenz Ein Jahr vor der Präsidentenwahl in Frankreich hat Wirtschaftsminister Emmanuel Macron überraschend eine eigene politische Bewegung gegründet und damit für erheblichen Wirbel gesorgt. Der 38-jährige Jungstar im Kabinett des sozialistischen Staatschefs François Hollande sagte am Mittwochabend, seine Bewegung sei „weder links noch rechts“. PALMYRA 80 Prozent der Ruinenstadt intakt Die kürzlich von der syrischen Armee wiedereroberte antike Tempelstadt Palmyra ist nach den Worten des Chefs der syrischen Antikenverwaltung, Maamoun Abdulkarim, weniger zerstört als erwartet. „Schätzungsweise achtzig Prozent der archäologischen Architektur sind intakt. Die Mehrheit der Gebäude sind in einem guten Zustand“, sagte Abdulkarim in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview von „Cicero online“. Palmyra zählt zum Weltkulturerbe. SACK REIS Ungewöhnlicher Besuch im Schloss Bellevue: Ein Fuchs hat sich gestern Zugang zum Amtssitz von Bundespräsident Joachim Gauck verschafft – ein ARD-Kameramann fing den unbefugten Eintritt des Tieres ein. Wenig später verließ der Fuchs das Schloss wieder. Was er dort getrieben hat, wird wohl für immer unklar bleiben. Nach Medienberichten haust der Fuchs schon Jahre auf dem Gelände, hat dort sogar Familie gegründet. ie zweieinhalb Millionen niederländischen Wähler, die das Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit der Ukraine per Referendum ablehnten, sind gegenüber der halben Milliarde EU-Bürger eine verschwindende Minderheit. Und doch stürzen ihre Stimmen jetzt nicht nur die eigene Regierung in Den Haag in eine Krise, sondern obendrein auch noch das komplizierte Machtgefüge der europäischen Institutionen. Anders als bei der endlosen Griechenlandkrise, bei der ein bankrottes Mitglied mit minimaler Wirtschaftsleistung die größten Ökonomien ins Wanken brachte, beruht die niederländische Ohrfeige für Brüssel auf erzdemokratischen Prinzipien. Das Volk hat gesprochen. Demokratische Ohrfeige für Europa Zwei Drittel der Niederländer zeigen der EU im Referendum die rote Karte VON DIRK SCHÜMER Erst seit 2015 erlaubt das Staatsrecht in Holland überhaupt ein solch „beratendes Referendum“, das zwar für die Regierung nicht bindend ist, aber eine gewichtige Mitsprache der Bevölkerung vorsieht. Paradoxerweise gehören viele der Initiatoren von Volksbefragungen zu den linksliberalen, sozialdemokratischen und bürgerrechtlichen Parteien, die jetzt vehement für den Ukrainevertrag eintreten. Nun müssen die Befürworter der Basisdemokratie mitansehen, wie Geert Wilders mit seiner antieuropäischen Freiheitspartei oder die antikapitalistischen Sozialisten als Erste von der neuen Klausel profitieren. Antiliberale Parteien vom extremen Rand kaperten die an sich liberale Idee der Volksbefragung. Aber so funktioniert nun einmal Demokratie. Dass dabei knapp zwei Drittel der Wähler sich gegen die Assoziierung der Ukraine aussprachen, wird in den Niederlanden vorderhand sportlich hingenommen. In Wahrheit, so müssen sogar europafreundliche Kommentato- AFP/REMKO DE WAAL ISLAND D Jan Roos, Initiator des Referendums, freut sich über das Votum ren zugeben, haben die Bürger weniger der Ukraine als der EU im Ganzen die rote Karte gezeigt. Wenn man bedenkt, dass schon 2005 eine bindende Volksbefragung in den Niederlanden die geplante EU-Verfassung mit ähnlicher Zweidrittelmehrheit zu Fall brachte, hat sich am überraschend rabiaten Neonationalismus der weltoffenen Handelsnation wenig geändert. Wieso auch, da die Europäische Union in den fünf Großkrisen um Banken, um den Euro, um Griechenlands Pleite, um eine einheitliche Grenzsicherung und um Aufnahme von Flüchtlingen eine miserable Figur abgibt. In Kiew ist man seit Putins unfreundlicher Übernahme der Krim und dem blutigen Separatistenkrieg im Donbass FREITAG, 8. APRIL 2016 staatliche Debakel gewohnt. Und so ging man mit der zugeknallten Tür zu den Niederlanden auffällig gelassen um. Immerhin, so äußerten Kommentatoren, sei die Ukraine nun deutlich bekannter geworden. Die Grundfrage, ob das teilweise von russischen Kräften besetzte und heruntergewirtschaftete Oligarchenland Ukraine überhaupt reif ist für eine Annäherung ans europäische Rechts- und Handelssystem, bekam von europäischen Bürgern eine grundsätzliche Antwort auf Niederländisch: Nee! Dass aber nun der niederländische Alleingang das gesamte Vertragspaket per Veto stürzen könnte, wird in Brüssel ebenso ausgeschlossen wie ein drohender „Nexit“ des europamüden Landes. Linke wie rechte Holländer gefallen sich zwar in der Rolle des renitenten Spielverderbers aus dem Polder, doch wäre ihr Land ohne die offenen Grenzen und die Zollfreiheit der EU wirtschaftlich kaum lebensfähig. Wie allerdings ein solch komplexes Vertragspaket wieder aufgeschnürt und mit Ausnahmeklauseln für ein Mitglied versehen werden kann, weiß im Moment auch in Brüssel noch niemand. Es gibt allerdings Vorbilder bei dänischen Extrawürsten im Schengenverbund und bei britischen Inselklauseln gegenüber osteuropäischen Zuwanderern. Die Brüsseler Kompromissfabrik dürfte also auch diesen Gordischen Knoten aus Den Haag irgendwie aufdröseln. Das generelle antieuropäische Unbehagen bei weiten Teilen der Wählerschaft lässt sich so freilich nicht beseitigen. Basisdemokratische Gruppen planen bereits ein neues Referendum gegen das transatlantische Handelsabkommen TTIP. Und auch hier wird sich wieder die wunderliche Koalition aus nationalistischen Europafeinden und sozialistischen Kapitalismusgegnern zusammenfinden. Venezuela erklärt Freitage zu Feiertagen Lange Wochenenden sollen Energieverbrauch verringern – Opposition und Bürger skeptisch W egen notorischen Strommangels hat Venezuela alle Freitage der nächsten beiden Monate zu Feiertagen erklärt. Das Vorhaben ist Teil eines 60-Tage-Plans, mit dem das rezessionsgeplagte Opec-Land angesichts häufiger Stromausfälle Energie sparen will. „Wir werden lange Wochenenden haben“, sagte der linke Präsident Nicolas Maduro am Mittwochabend im staatlichen Fernsehen. Konkrete Pläne sollten am Donnerstag vorgestellt werden. Die Opposition kritisierte, angesichts von Wirtschaftskrise, einer Knappheit an Lebensmitteln und Medikamenten sowie extremer Inflation sei der Plan einer Vier-TageWoche waghalsig. Von einem Manöver zur Beruhigung der Bevölkerung nach dem Motto „Brot und Spiele“ war die Rede. REUTERS/ JORGE DAN LOPEZ KOMPAKT DIE WELT KOMPAKT Nicolas Maduro ist seit 2013 Staatspräsident Venezuelas Auch die Tweets von Bürgern waren skeptisch. „Das ist doch wohl nicht ernst gemeint???“, schrieb ein Nutzer. Viele andere fragten sich, welche Auswirkungen das Vorhaben etwa auf Schulen und die Öffnungszeiten von Supermärkten hat. Maduro appellierte an das „Nationalbewusstsein“ seiner Landsleute und forderte dazu auf, seine Initiative zu unterstützen. Zugleich wurde die Stromversorgung von Einkaufszentren und Hotels auf neun Stunden täglich weiter zurückgefahren; Einkaufszentren und Hotels müssen in dieser Zeit ihren eigenen Strom erzeugen. Diese © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Einschränkungen gelten bereits seit Februar diesen Jahres. Auch die staatliche Industrie und die Behörden wurden aufgefordert, den Energieverbrauch zu senken. Die Stromversorgung in dem südamerikanischen Ölförderland hängt zu 60 Prozent von Wasserkraftwerken ab. Aktuell gibt es in Venezuela aber eine schweren Dürreperiode. Der Regierung wird von ihren Kritikern vorgeworfen, zu wenig in den weiteren Ausbau und die Wartung der Energie-Infrastruktur des Landes zu investieren und somit Stromausfälle zu begünstigen. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT POLITIK 7 FREITAG, 8. APRIL 2016 Vom „Mann mit Hut“ fehlt immer noch jede Spur. Belgische Behörden zeigten nun neue Aufnahmen Die Angst vor den Schläfern des IS Behörden fürchten die zahlreichen untergetauchten Islamisten Bei diesen „Umfeldermittlungen“ sind die französischen und belgischen Geheimdienste in ihren Datenbanken auf zahlreiche Verdächtige gestoßen – darunter etliche Kontaktpersonen von Abdelhamid Abaaoud. Männer, die Abaaoud in Syrien traf, die sogar teilweise mit ihm zusammenwohnten. Nach diesen Verdächtigen wird derzeit intensiv gefahndet. Sie gelten als mögliche Mitwisser und Helfer oder sogar als potenzielle Attentäter für zukünftige Taten. Einige sollen sich noch in Syrien oder dem Irak aufhalten, andere gelten als tot oder verschwunden. Der 30-jährige Belgier Mohamed Abrini ist einer dieser Gesuchten. Er stammt wie Abaaoud aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek, gilt als enger Freund des inzwischen verhafteten Terrorhelfers Salah Abdeslam und soll in Syrien gewesen sein. Kurz vor den Pariser Anschlägen waren Mohamed Abrini und Salah Abdeslam an einer Tankstelle unweit der französischen Hauptstadt gefilmt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass er in die Anschlagspläne eingeweiht war. Nach den Attentaten tauchte Mohamed Abrini unter und befindet sich seitdem auf der Flucht. Ebenfalls gefahndet wird nach Naim al-Hamed, einem angeblich 28 Jahre alten Syrer aus Hama. Die Behörden gehen davon aus, dass er eine entscheidende Rolle bei den An- schlägen von Paris oder Brüssel spielen sollte. Al-Hamed kam am 20. September 2015 gemeinsam mit Sofiane Ayari alias Mo- REUTERS/HANDOUT bdelhamid Abaaoud war ein Prominenter. Zumindest unter den ausländischen Dschihadisten in Syrien. Sie kannten ihn als Abu Omar al-Belgiki. Der 28-jährige Islamist aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek lebte zwei Jahre lang im sogenannten Islamischen Staat (IS). Er nahm an Kämpfen teil und verschickte Videobotschaften aus Schützengräben. Abaaoud knüpfte außerdem Kontakte zu zahlreichen Islamisten und rekrutierte gezielt Attentäter. Im vergangenen November tauchte Abaaoud wieder in Europa auf. Mitten in Paris. Als Anführer des islamistischen Terrorkommandos, das am 13. November 2015 in Paris mehr als 130 Menschen ermordete. Abaaoud sprengte sich aber nicht bei den Attentaten in die Luft, sondern versteckte sich im Pariser Vorort Saint-Denis, wo er fünf Tage später bei einer Polizeiaktion getötet wurde. Einer der meistgefürchteten Terroristen Europas ist tot. Doch das Netzwerk, das Abaaoud aufgebaut hat, wird erst jetzt wirklich sichtbar. Polizei und Geheimdienst haben in den vergangenen Monaten eine Infrastruktur des Terrors aufgedeckt, die erschreckend groß ist. Es handelt sich um radikalisierte junge Männer, mehrheitlich aus den Brüsseler Vororten Molenbeek und Schaerbeek, viele von ihnen ehemalige Kleinkriminelle. Ein großer Teil dieser Islamisten hatte Verbindungen zu einem extremistischen Prediger, den Behörden schon lange im Visier haben: Khalid Zerkani. Er predigte den Hass auf Andersgläubige und soll mehrere seiner Anhänger in den Bürgerkrieg nach Syrien geschickt haben. Dort schmieden die Extremisten Pläne, die sie mit Geduld, Skrupellosigkeit und überraschender Professionalität in Europa umsetzen. Die Sorge der Ermittler: Es könnte noch lange nicht vorbei sein mit dem IS-Terror. Sie fahnden nach weiteren Personen, die womöglich zur Brüsseler Terrorzelle gehören könnten. REUTERS/YVES HERMAN A Der Verdächtige verließ den Flughafen offenbar zu Fuß Gericht lässt Syrer nicht ausreisen Weil er unter Terrorverdacht steht, hat das Aachener Verwaltungsgericht einem Syrer die Ausreise in sein Heimatland verboten. Das Gericht bestätigte damit eine Anordnung der Stadt Aachen. Es gebe Anhaltspunkte, dass sich der Mann an Kämpfen von Terrororganisationen beteiligen wolle, so die Richter fest. Im Jahr 2013 habe der Mann auf seiner Facebookseite ein Foto von sich mit Waffe und Tarnweste veröffentlicht und geschrieben, er beteilige sich an Kämpfen. nir Ahmed Alaaj mit einem Flüchtlingsboot auf der griechischen Insel Leros an. Die beiden Männer reisten anschließend, als syrische Flüchtlinge getarnt, die sogenannte Balkanroute entlang. Schließlich tauchte Naim alHamed in einem Hotel in Ulm auf, von wo aus Salah Abdeslam ihn mit einem Mietwagen nach Belgien brachte. Der mitgereiste Sofiane Ayari wurde gemeinsam mit Abdeslam im März bei einer Razzia in Brüssel verhaftet. Naim al-Hamed hingegen ist verschwunden. Bei der französischen Polizei heißt es, er sei „gefährlich und möglicherweise bewaffnet“. Ebenfalls auf der Fahndungsliste steht der ebenfalls aus Molenbeek stammende Sami Z., 32. Der gebürtige Tunesier gilt als gewaltbereiter Islamist mit zahlreichen Kontakten nach Belgien und Frankreich. Seit Februar 2015 gibt es einen Haftbefehl gegen ihn. „Ich halte Sami für eine Gefahr für die Gesellschaft“, sagte sein Schwiegervater den belgischen Ermittlungsbehörden. „Ich denke, er könnte ein Blutbad anrichten.“ Weder identifiziert noch gefasst ist der dritte Terrorist vom Flughafenanschlag in Brüssel. Von dem „Mann mit Hut“ veröffentlichte die Polizei ein Video von Überwachungskameras, die ihn am Morgen des 22. März gefilmt hatten. Der Mann ging offenbar knapp zwei Stunden durch die Stadt: Den Flughafen verließ er demnach kurz vor den Explosionen und ging dann mehrere Kilometer zu Fuß, bis sich seine Spur in Schaerbeek verliert. Dabei warf er seine Jacke weg – auch danach sucht die Polizei jetzt. Auch Abdelhamid Abaaoud galt als tot, bevor er in Paris zuschlug. Im Herbst 2014 hatte seine Schwester einen Anruf aus Syrien erhalten. Abaaoud sei als „Märtyrer“ gefallen. Seitdem hörte die Familie nichts mehr von ihm. Ermittler glauben aber, dass Abaaoud seinen Tod nur vorgetäuscht habe, um unerkannt nach Europa reisen zu können. Ein Trick, den vielleicht noch weitere Dschihadisten nutzten. Der Feind im eigenen Kopf Psychische Belastungsstörungen treffen junge Soldaten besonders. Kritik an Rekrutierung Minderjähriger D DPA/ PICTURE ALLIANCE eutschlands Soldaten werden immer jünger. Inzwischen sind bereits sieben Prozent eines Einstellungsjahrgangs minderjährig, rund 1500 Rekruten pro Jahr. Mit Einverständnis der Eltern und zur Ausbildung können sie den Dienst bereits mit 17 Jahren antreten. VON SABINE MENKENS Bei Volljährigkeit können sie dann auch Dienst an der Waffe Psychische Gesundheit rückt bei der Truppe in den Fokus leisten – auch im Ausland. Auf das jugendliche Alter und die psychischen Belastbarkeit wird beim Eignungsfeststellungsverfahren und im Dienstverlauf nicht gesondert Rücksicht genommen. Das ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linke-Fraktion. Die Einschätzung der psychischen Belastbarkeit sei ein „Merkmal der soldatischen Grundeignung“, heißt es dort. Die Eignung müsse unabhängig vom Alter erfüllt werden. Für Norbert Müller, den Vorsitzenden der Kinderkommission des Bundestages, ein Skandal. Experten hatten auf die erhöhte Verletzlichkeit Heranwachsender hingewiesen. Junge Menschen hätten demnach eine höhere Risikobereitschaft und und seien anfälliger für Traumastörungen. Müller sagt deshalb: „Unter 18-Jährige haben in der Bundeswehr nichts zu suchen.“ Die Auswahlverfahren seien „gna- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung denlos veraltet“, sagte er der „Welt“. Die psychischen Tests müssten dem aktuellen Stand der Forschung angepasst und verstetigt werden. Die psychische Gesundheit von Soldaten rückte in den letzten Jahren verstärkt in den Blick, weil viele nach Auslandseinsätzen mit Posttraumatischen Belastungsstörungen, Ängsten und Alkoholismus zurückkehrten. Noch fehlen aber verlässliche und valide Langzeitstudien. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 KULTUR DIE WELT KOMPAKT FREITAG, 8. APRIL 2016 SEITE 8 Guns N’ Roses im Jahr 1985: Duff McKagan, Slash, Axl Rose, Steven Adler und Izzy Stradlin (v. l. n. r.) Das komplette Album am Wochenende auf 100,6 FluxFM in Berlin, via Stream (www.fluxfm.de) und NEU: via FluxMusic – der FluxFM-APP. GETTY IMAGES/ MICHAEL OCHS ARCHIVE/ PC ALBUM DER WOCHE The Lumineers: „Cleopatra“ – Weil nach einem erfolgreichen Debüt das nächste Album immer das schwerste ist, war der Druck auf den Schultern des Trios aus Denver riesig. Cleopatra erzählt in kurzweiligen 35 Minuten elf kleine, mitreißende Geschichten über Frauen und die Liebe auf einem reduzierten Soundbett aus Folk und Pop. Weniger Percussion und noch mehr lyrische Tiefe, das ist die scheinbar einfache Rechnung. Vollgepackt mit Emotionen wirken The Lumineers reifer und tiefsinniger als noch auf ihrem Debüt 2012. Trotzdem ist die Grundstimmung des Lagerfeuer-Akustikgitarren-Pop auf Cleopatra eher locker und ungezwungen, als bedrückend und düster. Wer hat Angst vorm weißen Mann? Guns N’ Roses feiern ihr Comeback. Und zwar da, wo sie hingehören: in Las Vegas Club Berghain rutscht im Ranking ab W Das Berghain ist die höchstplatzierte deutsche Location bei den Top-100-Klubs des britischen Fachmagazins „DJ Mag“ 2016. Der weltbekannte Berliner Club kam auf Platz 16, das sind drei Plätze tiefer als im vergangenen Jahr. Der Kölner Club Bootshaus stieg unterdessen von Rang 22 auf Platz 17. Das Berghain in Berlin-Friedrichshain stand vor inzwischen sieben Jahren einmal auf Platz eins, fiel in den Jahren danach aber auf Ränge zwischen 6 und 18. In der Top-100-Liste sind nur noch wenige Clubs in Deutschland. So findet sich noch das Berliner Watergate auf Platz 68, der Tresor, ebenfalls in der Hauptstadt, auf 77 und das Robert Johnson in Offenbach bei Frankfurt am Main ist Nummer 100. Platz eins ist nach einem Jahr auf Rang zwei wieder der Klub Space auf der spanischen Party-Insel Ibiza. Man sah sie im Fernsehen, lachte, schüttelte den Kopf und dachte: Rockmusik für Popper, was es alles gibt. Der Sänger trug ein Stirnband, Turnschuhe und Radlerhosen. Trotz seines absurden Aufzugs spielte Axl Rose den starken Mann, sang abfällig von Frauen und Schwulen und ließ sich dabei von männlichen Blondinen begleiten. Guns N’ Roses standen damals nicht allein im Haarspraynebel. Neben Bands wie Poison, Mötley Crüe und W.A.S.P. wirkten sie allerdings wie musisch Hochbegabte beim as da vor 29 Jahren aus dem Äther kam, zwischen „Criminally Insane“ von Slayer und „No Sleep Till Brooklyn“ von den Beastie Boys, irgendwo zwischen „Girlfriend In A Coma“ von The Smiths und „Dick und Durstig“ von den Böhsen Onkelz, konnte nur ein Witz sein: Das Gezeter trug den Titel „Welcome To The Jungle“ und die Band den Namen Guns N’ Roses. Kostümfest. Kurz darauf verschwanden sie auch wieder und kehrten nur noch gelegentlich als Witz zurück, der nicht mehr lustig war. Nun wären Guns N’ Roses wieder einmal wieder da – zwar immer noch nicht vollzählig, aber seit 20 Jahren erstmals wieder mit ihrem brünetten Gitarristen Slash, dem Mann mit dem Zylinder und den Strumpfhosen. Dass Slash und Axl miteinander reden und jetzt sogar miteinander spielen werden, wird im Rockgeschäft als Weltwunder ge- feiert. Nachdem sich die beiden Anführer verzankt hatten, verlor der Sänger schon die Fassung und die Stimme, wenn er im Konzertsaal seinen Gitarristen nur auf einem T-Shirt sah. Zum Jahresanfang twitterte er dann die frohe Botschaft vom AFP/ ETHAN MILLER GETTY IMAGES /MICHAEL OCHS ARCHIVE/ PC VON MICHAEL PILZ Axl Rose bei seinem Auftritt in Las Vegas im Frühjahr 2014 Wieder vereint: Axl Rose und Slash als Kinder © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT versöhnlichen Comeback in alle Welt. Erst in Las Vegas und dann auf den Festivals in der Provinz. Sie gönnten sich bereits einen Aprilscherz und traten daheim in Hollywood in einem für sie viel zu kleinen Club auf, um sich und die Menschheit auf den Freitagabend in Las Vegas einzustimmen, wo sie eigentlich seit jeher hingehören. Guns N’ Roses in dieser grotesken Stadt mit ihren Abklingbecken für verglühte Popstars; Axl Rose und Britney Spears als Albtraumpaar des späten 20. Jahrhunderts: Manches fügt sich von allein. Und manches wiederum, da wären Guns N’ Roses dann auch wieder ganz die Alten, muss man nicht verstehen. Angeblich singt Axl Rose bald aushilfsweise mit bei AC/DC, jener anständigen Band, die einfach immer weitermacht und sich in aller Würde langsam auflöst, in Demenz und Taubheit. Unvorstellbar, dass sich Angus Young, der rechtschaffene Teetrinker, in seiner Schüleruniform gemeinsam mit dem kopftuchtragenden Irren auf die Bühne stellt und dass „Hells Bells“ von Axl Rose gekeift wird. Es gibt aber Fotos, auf denen er in Los Angeles aus einem Haus tritt, das auch AC/DC, als die Luft rein scheint, verschämt verlassen. Zugleich gibt es Zweifel, ob der dicke Mann tatsächlich Axl Rose sein soll. Aber was wären Guns N’ Roses je gewesen ohne Zweifel daran, dass sie wirklich existieren? Es fing schon mit ihrem ersten Album an, mit „Appetite For Destruction“, dem die Kritiker vom „Metal Hammer“ drei von sieben Punkten gaben, und zwar kaum, weil sie den Klassiker verkannt hätten, sondern weil sie den Hardrock nicht so interessant fanden wie echten Metal. Auch die Widmung konnte sie damals nicht milde stimmen: Guns N’ Roses grüßten mit der Platte alle Lehrer, Prediger und Polizisten. Nein, sie hatten es nie leicht im Leben. Als die Achtziger vorüber waren, engagierten Guns N’ Roses einen Keyboarder, dafür benahmen sie sich immer schlechter. Einerseits versuchten sie sich an Musik von Paul McCartney und Bob Dylan, andererseits verprügelten sie ihre Frauen oder ihre Fans; wenn weder Fans noch Frauen zur Hand waren, verdroschen sie sich gegenseitig. „Die gefährlichste Band der Welt“, so hieß ihr Markenkern, wurde um ihrer selbst Willen vergöttert. Je mehr sie verklärt wurde, wenn sie die Kundschaft wieder einmal stundenlang im Stadion warten ließ oder wenn wieder einer fehlte oder umfiel, umso ernster nahm die Band sich selbst. Niemand hatte zuvor zwei Doppelalben gleichzeitig veröffentlicht. „Use Your Illusion I“ erschien am selben Morgen wie „Use Your Illusion II“. Dass eine ganze Generation an jenem Morgen vor den Plattenläden ihren KULTUR 9 FREITAG, 8. APRIL 2016 Schlafsäcken entstieg und die CDs wie Hostien empfing, kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Nicht nur wegen des digitalen Zeitalters, auch wegen Guns N’ Roses und der beiden Doppelalben. Eins ist rot für Frauen und eins blau für Männer, eins klingt schmierig und eins zickig. Und eine Ballade wie „November Rain“, muss man sich unbedingt bei YouTube mit dem Video dazu vergegenwärtigen, um Guns N’ Roses nicht für eine Religion zu halten: Axl heiratet und Jesus blutet. Es gab noch ein Album mit Spaghetti in Tomatensoße auf der Hülle und mit Songs, die sie nicht selbst geschrieben hatten und noch rücksichtloser ruinieren konnten als ihr eigenes Lebenswerk und ihre eigene Band. Zu „Raw Power“ von Iggy und den Stooges fiel ihnen nicht mehr ein als ein Kneipenboogie. 1996 machte Slash sich selbstständig, als Gitarrist hatte er immerhin an einem Lied von Michael Jackson mitgewirkt. Da wartete die Welt schon seit zwei Jahren auf „Chinese Democracy“, laut Axl Rose das größte Album aller Zeiten. Weitere zwölf Jahre wartete die Welt, und das Versprechen eines Albums, von dem sich die Welt nichts mehr versprach, war alles, was vom Guns-N’-RosesWitz geblieben war. Dann war es da, im Jahr 2008, ohne Pointe. Kein Mensch wusste, was er damit sollte. Axl Rose begründete die Wahl des Titels mit seiner durch Fernsehfilme über China neu erwachten Dankbarkeit dafür, im demokratischen Amerika zu leben. Er bemühte sich, mit Songs wie „Catcher In The Rye“, einem Lied, das man als Hymne auf den Mörder von John Lennon hören konnte, gegen die politische Korrektheit und den öffentlichen Anstand zu verstoßen. Er verschwendete 14 Millionen Dollar und verbrauchte 60 Gitarristen für ein Album, das jedem gefallen sollte, der mal Guns N’ Roses mochte. Die Gemeinde hatte sich in 20 Jahren weit verstreut. „Chinese Democracy“ versuchte sich verzweifelt in Nu Metal und Industrial und hörte sich wie eine Kränkung an: In Stadien und Mehrzweckhallen spielten mittlerweile Langweiler wie Radiohead und Coldplay leichte Lieder für die Mitte. Guns N’ Roses sollten nicht umsonst Nirvana überlebt haben. War Kurt Cobain der Sänger für die „Generation X“ aus Douglas Copelands gleichnamigem Bestseller, die sich verloren fühlenden Hippiekinder, denen eine bessere Welt versprochen worden war, war Axl Rose die Stimme der „Suburbia Dead End Kids“, die Donna Gaines beschrieben hatte: Kinder, die das Label „White Trash“ nicht mehr als soziales Stigma durch die Vorstadt trugen, sondern als Identität. Mehr Selbstmitleid als bei Nirvana auf dem Album „Ne- vermind“ war nicht zu haben, und mehr Größenwahn als auf „Use Your Illusion I & II“ von Guns N’ Roses ging nicht. Axl Rose und seine Band sahen zwar albern aus, aber ihre Musik war dann doch alles andere als Rock für Popper. Es war Rockmusik für böse weiße Kinder. Axl und sein Schulfreud Izzy waren aus der amerikanischen Provinz und schwierigen Verhältnissen nach Hollywood geflohen, hatten Bands gegründet und sich in den Polizeiakten verewigt. Seine schwere Kindheit und der Ruhm von Guns N’ Roses waren für Axl Rose, den „Axl des Bösen“, immer schon eine Lizenz zum Asozialen. Er hat Fans vermöbelt, die sich auf seinen Humor verlassen und ihn im Hotel als Jon Bon Jovi angesprochen hatten. Einer Nachbarin hat er eine geleerte Flasche auf dem Kopf zerschlagen. Er hat Haustiere in seiner Nachbarschaft erschossen. Er hat sich auf Vorbilder berufen wie Charles Manson. Feuerwaffen hat er immer mehr gemocht als Frauen. Wenn ihm selbst jemand zu nahe trat, während er Dass Slash und Axl miteinander reden, wird im Rockgeschäft als Weltwunder gefeiert auf der Bühne stand, brach er seine Konzerte ab. Es gab Konzerte, zu denen er gar nicht erst erschien, an seiner Stelle sang dann Duff McKagan, der Bassist, was, wie von Zeitzeugen berichtet wird, sofort für bessere Laune sorgte. Er ging allen auf die Nerven mit seinen Neurosen. Als er sich das Namensrecht gesichert hatte, als er Guns N’ Roses ganz allein war, zog er sich zurück und pflegte seine Paranoia. Aus dem bösen weißen Kind ist keine Kunstfigur geworden wie aus Eminem oder Kid Rock, sondern der böse, weiße Mann. Ein Archetyp, der einem heute überall entgegenspringt, entgegengeifert und entgegengreint. Der weiße Mann, der sich zu kurz gekommen fühlt, um seine angestammte Macht fürchtet und alles anfeindet, was anders ist als er. Man kennt die Männer von den Montagsaufmärschen fürs Abendland, von Klageschriften über die Entmännlichung durch Frauenrechte und Familienmanagement, als ideelle Rechtswähler, als Fremdenhasser und als Wutbürger im Internet. „Niggers get out of my way“, schrie Axl Rose schon in „One In A Million“ auf dem Album „G N’ R Lies“ vor 28 Jahren. Rockmusik muss nicht moralisch sein. Nur gut. Es war der gute Lemmy, der sein Leben lang den weißen Mann daran erinnert hat, dass alles, was von guten Bands gespielt wird, schwarz ist. Rockmusik ist, wenn sie gut ist, Blues. ANZEIGE Einer, der RUDI CERNE Exklusiv fotografiert für HÖRZU © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung zu Hause hat WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 10 KULTUR DIE WELT KOMPAKT Der große Realist der Countrymusik Machen Sie eine typische Handbewegung: Lucas Debargue zeigt sein Handwerksszeug Mit 79 Jahren stirbt Merle Haggard REUTERS/ MARIO ANZUONI erle Haggard, der jetzt an seinem 79 Geburtstag in Kalifornien an einer doppelten Lungenentzündung gestorben ist, war der Balzac des Countryrealismus. Allein aus seinen Liedern könnten Historiker in Jahrhunderten die Welt der hart arbeitenden, hart betenden und oft hart trinkenden und hart zuschlagenden ländlichen amerikanischen Arbeiterklasse im 20. Jahrhundert rekonstruieren. Seine Lieder waren Früchte des Zorns: Haggard wurde geboren am 6. April 1937 als Kind von Zuwanderern aus Oklahoma, die wie zig Tausende andere nach Kalifornien aufgebrochen waren, nachdem dort der große Staubsturm vom 14. April 1935 – die kulturell folgenreichste Naturkatastrophe aller Zeiten – ihre Felder zerstört hatte. Seine Familie lebte in einem umgebauten Eisenbahnwaggon. Schon als Junge liebte er die Musik des Sängers Lefty Frizell, dem er Jahrzehnte später ein Album mit Coverversionen widmete. Von der Mitte der 60er an veröffentlichte Haggard einen klassischen Song nach dem anderen. Sein erster Nummer-einsHit wurde 1965 „I’m a Lonesome Fugitive“. Der Griff nach der Unsterblichkeit gelang ihm mit der vermeintlich reaktionären Hymne „Okie from Muskogee“, die präzise die Ansichten jener einfachen amerikanischen Menschen beschrieb, welche die gesellschaftlichen Veränderungen der 70er skeptisch betrachteten. Merle Haggard bei der Grammy-Verleihung 2014 FELIX BROEDE/ SONY MUSIC ENTERTAINMENT M Der Pianist, der aus dem Nichts kam Er hatte kein eigenes Klavier, brachte sich das Spielen selbst bei. Dann wurde Lucas Debargue beim gefürchteten Tschaikowsky-Wettbewerb zur Sensation. Jetzt erscheint seine ganz besondere erste CD „Scarlatti, Chopin, Liszt, Ravel“ F alls sich Noten in den Fingern verfertigen wie Gedanken beim Reden, dann ist hier zunächst einmal charmantes Chaos festzustellen, ein kaum regulierter Fluss ohne Ziel, der sich freilich beruhigt und in geordneten Bahnen zu laufen beginnt. So ähnlich könnte man vielleicht auch die Karriere des Lucas Debargue charakterisieren. Der ist ein 25-jähriger Franzose, typischer Milchbubi, dünn, nervös, bleich, ein wenig Bartflaum, dicke Brille im zarten Gesicht unter schwarzen Locken. Boss Bogdan Roscic, mich verstanden hat. Wir auf einer Wellenlänge ticken.“ Die zweite CD wurde bereits im wunderbaren DDR-Rundfunksendesaal in der Berliner Nalepastraße eingespielt, die erste CD wird dieser Tage veröffentlicht. Es ist ganz bewusst eine ungeschönte, dokumentarische Liveaufnahme aus der intimen Salle Cortot in Paris mit schwerer, aber eben nicht sakrosankter Musik von Scarlatti, Ravel, Liszt und Chopin und einer eigenen kleinen Scarlatti-Variation von ihm selbst. „Bei Scarlatti darf man es, das ist in seiner Musik durchaus angelegt,“ sagt Debargue so altklug wie selbstbewusst. „Bei Bach würde ich mich das freilich nicht trauen.“ Da kennt einer seine Grenzen. Und wieder auch nicht. Denn sonst gäbe es kaum diese so schräge wie berührende Geschichte. Die Story eines scheuen Jungen von elf Jahren, der Klavier lernt by doing, weil es ihm Spaß macht, von niemandem angetrieben. Mit 20 Jahren spielt Lucas Debargue bei einem lokalen Konzert, Rena Shereshevskaya hört ihn dort. Die Russin ist Lehrerin an der École normale VON MANUEL BRUG Lieder wie die Milieustudie aus der eigenen Delinquentenjugend „Mama Tried“, „Irma Jackson“ über eine gemischtrassige Liebesaffäre oder „If we make it through december“ über die endlose chinesische Wasserfolter der Armut machten deutlich, dass Haggard mehr war als der Troubadour jener Schicht, die 40 Jahr später Trump wählt. Sondern ein großer Songschreiber in der Liga von Bessie Smith, Robert Johnson, Hank Williams, Woody Guthrie und Bob Dylan. Als Gegenüber wirkt er etwas mürrisch, dann abgeklärt, enthusiastisch, wütend, begeistert. Es wechselt ständig. Faszinierend. Offenbar so faszinierend wie sein Klavierspiel, mit dem er im letzten Sommer beim gefürchteten Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb immerhin den vierten Preis abgeräumt hat. Und jetzt hat Lucas Debargue, bei dem sofort alle Plattenfirmen Schlange standen, einen Vertrag mit Sony, „weil deren Eigene Kompositionen In Weimar will Lucas Debargue an seinem Trio schreiben, seine erste Komposition in Dur, genauer Es-Dur. „Der erste Satz ist strukturiert wie ein Schubert-Trio, doppelte Exposition, wie ein schöner Vorhang. Dann ein verrücktes, kurzes Scherzo und ein langsamer Satz, der immer weiter melodisch herabsteigt. Als Finale soll es eine Fuge mit nur einer Stimme sein, die alle drei in Sechzehntel spielen. In Moskau will ein Verlag meine Kompositionen kaufen, ich habe für die eben meine 2. Cellosonate komponiert. Sie könnte mein Opus 1 werden, denn ich habe zum ersten Mal das Gefühl gehabt, wirklich etwas richtig vollendet zu haben.“ © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung FREITAG, 8. APRIL 2016 Alfred Cortot, bekannt und besonders, aber nicht berühmt. Und die sagt, sie wolle Lucas für den Tschaikowsky-Wettbewerb ausbilden. Vier Jahre später ist es so weit. In der Vorrunde spielt er das erste Mal überhaupt mit einem Orchester. „Das hätte mir schon gereicht, ich hätte zumindest bewiesen, dass ich auf so einem Podium bestehen kann, gerade in diesem Saal“, sagt Debargue. Er wäre auch geschlagen zurückgefahren nach Paris, er hätte es zumindest probiert, wäre wieder bei seinen Freunden gewesen, hätte sein bisheriges Leben weitergeführt. Das aber sollte nicht sein. Er und seine Lehrerin, die sich so unbeirrt im Großen Saal des Tschaikowsky-Konservatoriums durchsetzten, sie werden die Sensation des Wettbewerbs. Natürlich kontrovers diskutiert, aber schließlich akzeptiert. Und seither ist für Lucas Debargue alles anders. Seine Freunde hat er nicht mehr gesehen, aber etwa 60 Konzerte gegeben – „und überall wurde ich wieder eingeladen“, kommt es selbstbewusst. 60 weitere Auftritte sind weltweit schon geplant. Die Musikmaschine ist angeworfen, das Betriebskarussell dreht sich, hoffentlich wird er nicht in der Talentmühle zerkleinert. Was kann Lucas Debargue? Sehr viel. Sehr Besonderes. Man höre sich nur seine erste CD an. Sein Liszt klingt fein schattiert und doch mitunter wie mit dickem Pinsel gemalt. Domenico Scarlatti wird zu einem geistreichen Spiel feiner Läufe. Chopin tönt bei ihm ohne Gefühlsduselei. Ravels „Gaspard de la Nuit“ verliert seinen technischen Schrecken, bleibt trotzdem so skurril und bizarr, wie er sein soll. Für Grieg hat er Lyrik übrig, für Schubert einen überlegten und doch spontan wirkenden, sonoren Zugriff. Irgendetwas klingt bei Lucas Debargue stets ein wenig verschoben, anderes eigenwillig, frei und doch willensstark. Auf jeden Fall ein Debütrecital, das man im Ohr und im Gemüt behält. Debargue hat einen Bekannten, der ihn managt, dem er vertraut, der vieles von ihm fernhält. Und er nimmt sich immer noch Zeit. Zum Beispiel, um seine peruanischen Freunde in Deutschland zu sehen, der eine ist Cellist in der Staatskapelle Weimar, der andere Geiger in der Jenaer Philharmonie. Und wo will er in fünf Jahren sein? „Mehr in der Musik. Ich will komponieren, in den Jazz eintauchen, mehr über Frauen wissen, über Italien, Sprachen, Geschichte, mit Freunden Spaß haben.“ Jetzt muss der Pianist aus dem Garnichts aber erst einmal ein Repertoire aufbauen, Stabilität und Kontinuität erfahren. Hoffentlich gelingt das Lucas Debargue. Denn man möchte gern dabei zuhören. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT KULTUR 11 FREITAG, 8. APRIL 2016 Kunst als Chance E ine erste kleine Schau und Künstlerbesuche – ein Jahr vor dem Beginn nehmen die Planungen der Documenta 14 in Athen Gestalt an. Mit dem Startschuss am 8. April 2017 wird die weltweit wichtigste Ausstellung zeitgenössischer Kunst zum ersten Mal in ihrer 60-jährigen Geschichte nicht in Kassel eröffnet. Dort geht es erst rund zwei Monate später los. Bei einer Arbeitslosigkeit von 25 Prozent (bei der Jugend sind es 50 Prozent) nehmen in Athen derzeit nur wenige Menschen Notiz von der baldigen Weltkunstschau. Dies ist aber auch so nicht ungewöhnlich: Den Griechen wird oftmals nachgesagt, sich erst kurzfristig mit einem Thema zu beschäftigen. Die zuständige Beraterin des Athener Bürgermeisters, Erifíli Maroníti, sieht in den derzeitigen Problemen jedoch eine Chance für die Kunst. Gerade während der schweren Finanz- und Flücht- lingskrise in Griechenland sei die Documenta ein Grund für die Bürger von Athen und vor allem für ihre Besucher, die Stadt anders zu sehen, sagt sie. „In Zeiten der Krise wird der Mensch kreativer, er hat eben die Anreize dazu.“ Die Vorbereitungen für das „Museum der 100 Tage“ laufen auf Hochtouren. Im Athener Polytechnikum im Stadtzentrum ist bereits eine Ausstellung mit ersten Informationen zu sehen. In den vergangenen Wochen hätten Künstler Athen besucht und Orte inspiziert, an denen sie ihre Werke im Freien ausstellen könnten, sagt Maroníti. Was aber genau in Griechenland gezeigt wird, darüber hüllt sich die Documenta in Schweigen. Dies werde erst öffentlich gemacht, wenn es inhaltlich sinnvoll sei, teilte die Veranstalter mit. Der Arbeitstitel der Schau lautet „Von Athen lernen“. Die Kasseler und Athener Ausstellung werden laut Documenta zwar autonome Projekte sein, sollen sich aber DPA/ EPA/ ANA PANTZARTZI In genau einem Jahr eröffnet die Documenta – aber nicht in Kassel, sondern in Athen Die Moderne trifft 2017 auf die Schätze im Akropolismuseum inhaltlich beeinflussen. Die von Documenta-Leiter Adam Szymczyk bestimmte Teilung zwischen Athen und Kassel hatte in Nordhessen für massive Kritik gesorgt. Seit der Gründung 1955 findet die Schau zunächst alle vier, mittlerweile al- le fünf Jahre in Kassel statt. Dies sei für die kommende Ausstellung nicht länger haltbar und „verlangt förmlich nach einer, wenn auch nur temporären, Infragestellung“, hieß es damals zu der Entscheidung. Jede Documenta hat einen neu- en Chef, der traditionell über große künstlerische Freiheiten verfügt. Zwar verteidigte Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD), der auch Documenta-Aufsichtsratsvorsitzender ist, das Konzept. Einzelhandel und Hotel- und Gaststättenverband aber fürchteten um Umsätze und Übernachtungen. Auch für Documenta-Experte Christian Saehrendt ist die Aufteilung bedenklich. „Die Sorge ist berechtigt, dass die Documenta mit dem AthenGastspiel ihren einzigartigen Charakter verliert und im globalen Biennalenzirkus aufgeht.“ Es drohe zudem eine Spaltung des Publikums. Für den defizitären Flughafen in Kassel dagegen wächst aus der Teilung ein Geschäft. Die griechische Fluggesellschaft Aegean Airlines bietet während der Weltkunstschau wöchentlich zwei Linienflüge zwischen Kassel und Athen an. Besuchern soll so eine direkte Reise zwischen den Ausstellungsorten ermöglicht werden. ANZEIGE Entdecken Sie immer wieder neue Vorteile mit MEINE WELT – das Extra für treue Leser. Gewinnen Sie erstklassige Tickets für die DTM-Rennen. Seien Sie ganz vorne an der Rennstrecke mit dabei, wenn die DTM-Rennen in Deutschland an den Start gehen. 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Der 32 Jahre alte Niederländer wird wahrscheinlich auch am Mittwoch im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League bei Benfica Lissabon fehlen. Derzeit gebe es keinen Zeitplan für eine Rückkehr. Es sei richtig frustrierend, sagte Robben dem „kicker“. Dopingvorwürfe gegen Ibrahimovic Schwedens Fußballstar Zlatan Ibrahimovic erwägt seinem Berater zufolge, gerichtlich gegen Doping-Spekulationen vorzugehen. Ein Ex-Trainer des schwedischen Leichtathletikteams hatte der Zeitung „NWT“ gesagt: „Zlatan hat in sechs Monaten bei Juventus AFP/ FRANCK FIFE Sigurdsson zum Welttrainer gewählt Bundestrainer Dagur Sigurdsson ist Handball-Welttrainer des Jahres. Der Isländer, der die deutsche Mannschaft zum Europameister-Titel geführt hatte, erhielt 59,1 Prozent der Stimmen von Fans, Journalisten und Experten. FORMEL 1 Rückkehr zum alten Qualifying Die Formel 1 kehrt übereinstimmenden Medienberichten zufolge zum alten Qualifikationsformat zurück. Schon ab dem nächsten Saisonrennen am 17. April soll wieder im alten Modus gefahren werden. Das erst zu Jahresbeginn eingeführte Format, wonach jeweils nach 90 Sekunden der langsamste Pilot ausscheidet, ist demnach abgeschafft. FREITAG, 8. APRIL 2016 SEITE 12 Boxer Arthur Abraham und Trainer Ulli Wegner wollen am Samstag Las Vegas erobern VON GUNNAR MEINHARDT In der Nacht zum Sonntag (Ranfighting.de und Sky, 2.00 Uhr) stehen beide vor dem Höhepunkt ihrer denkwürdigen Karrieren. Als zweiter Hauptkämpfer im Programm von Rekordweltmeister Manny Pacquiao verteidigt Abraham erstmals im legendären MGM Grand Garden von Las Vegas seinen WM-Gürtel gegen Gilberto Ramirez. Der 24-jährige Mexikaner ist fast einen Kopf größer und hat eine überragende Bilanz: Er ist in 33 Kämpfen unbesiegt. DIE WELT: Herr Abraham, sind Sie ein Zocker? ARTHUR ABRAHAM: Nein. Ich gehe immer auf Nummer sicher, oder sagen wir mal, wenn mir etwas zu 80 Prozent sicher erscheint, bin ich zum Deal bereit. Ich bin jetzt schon über eine Woche in Las Vegas, meinen Sie, ich habe einmal gespielt? Nie und nimmer. zehn Kilogramm zugelegt. Ich glaube, das war Doping“. Der Ex-Trainer sagte, er habe keine Beweise. Persönlich äußerte sich der 34 Jahre alte Angreifer nicht. HANDBALL hne Trainer Ulli Wegner, 73, an seiner Seite ist Arthur Abraham, 36, undenkbar. Seit 13 Jahren bilden der Boxlehrer und sein Schützling ein unzertrennliches Erfolgsduo. In dieser Zeit kämpfte der Titelträger der World Boxing Organization (WBO) im Supermittelgewicht 22 Mal um die Weltmeisterschaft – wobei er 19 Duelle gewann. DIE WELT KOMPAKT Deshalb ließen Sie sich auch auf Las Vegas für Ihre Titelverteidigung ein? Ihr unbesiegter Herausforderer gilt immerhin als kommender Superstar. ABRAHAM: Wenn man die Chance hat, in der Welthauptstadt des Profiboxens um die Weltmeisterschaft zu kämpfen, kann man das unmöglich ablehnen. Als mein Promoter Kalle Sauerland mir das Angebot machte, habe ich sofort zugesagt. Ich bin Weltmeister, bin physisch stark genug, ich boxe überall. Der Gegner, der gegen mich boxt, soll sich Sorgen machen. Ring ist Ring, egal ob in Deutschland oder in Las Vegas. ULLI WEGNER: Arthur hat die richtige Haltung. Seine Entscheidung habe ich sofort mitgetragen. Ich hätte ihm nie davon abgeraten, obwohl er in Deutschland seinen Titel hätte verteidigen können. Promoter Kalle Sauerland hat die Austragungsrechte für den WM-Kampf gegen den Mexikaner Gilberto Ramirez für 1.563.057 Dollar ersteigert, womit er über eine halbe Million Dollar über dem Angebot von Ramirez’ Promoter Bob Arum lag. WEGNER: In Las Vegas zu boxen ist doch eine unheimliche Auszeichnung. Zumal als zweiter Hauptkämpfer hinter Megastar Manny Pacquiao, der an diesem Abend seinen angeblich letzten Kampf bestreitet. Der Filipino, der als einziger Preisboxer in acht Gewichtsklassen einen WM-Titel er- „Endlich mal ein Deutscher, der hier aufräumt“ Boxer Arthur Abraham und sein Trainer Ulli Wegner können in Las Vegas ihre Karriere krönen. Im Doppel-Interview strotzen sie vor Selbstbewusstsein. Doch der Gegner ist ein harter Brocken kämpfte, will sich mit einem Sieg im dritten Vergleich mit dem Amerikaner Timothy Bradley in die Politik verabschieden. WEGNER: Wenn ich die Chance gehabt hätte, auf solch einem Event zu boxen, wäre ich durch den Atlantik geschwommen und wäre den Rest bis nach Las Vegas zu Fuß gegangen. ABRAHAM: Es spielt dabei auch keine Rolle, dass ich jetzt mehr Geld kassiere, da ich statt daheim nun in Las Vegas boxe. Statt 75 Prozent erhalten Sie 80 Prozent der von Kalle Sauer- land gebotenen Versteigerungssumme, also knapp 80.000 Dollar mehr. ABRAHAM: Klar ist das viel Geld, doch deswegen steige ich dort nicht in den Ring. WEGNER: Was wollen wir lange diskutieren? Diese Chance ist einmalig. Wir sind aber nicht blauäugig und wissen natürlich, wie schwer es sein wird, dort auch zu gewinnen. Seine beiden letzten Kämpfe in den USA im Rahmen des SuperSix-Turniers gegen Andre Dirrell im März 2010 in Detroit und im Jahr darauf gegen Andre © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Ward in Oakland hatte Arthur deutlich verloren. WEGNER: Erstens ist Arthur nicht mehr der unerfahrene Supermittelgewichtler, der er damals war. Er war ja wegen des reizvollen Turniers vom Mittelgewicht aufgestiegen. Zweitens: Arthur hat bislang nur mit 60 Prozent seiner Qualitäten geboxt. Wenn er 20 Prozent mehr ausschöpft, ist er unschlagbar. Arthur kann sehr hart hauen, besitzt eine gute Schlagtechnik, gute Reflexe, ein gutes Auge. Mit seiner Führungshand muss er noch ein bisschen überlegter agieren. Wenn er gegen Ramirez nicht gewinnt, was WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 SPORT 13 FREITAG, 8. APRIL 2016 JIM LAURIE mosphäre ist grandios. Was kann mehr Ansporn sein, als dort den Sieg nach Hause zu bringen? Dort, wo sich Tyson und Holyfield unvergessliche Schlachten geliefert haben, wo Floyd Mayweather vor einem Jahr gegen Manny Pacquiao den teuersten Boxkampf der Geschichte bestritt. Dort zu boxen, ist gleichzusetzen mit einem Wimbledon-Endspiel oder einem Fußball-WM-Finale im Maracana von Rio de Janeiro. Für mich jedenfalls wird ein Traum wahr. ABRAHAM: Für mich auch. Überlegen Sie doch mal – mit 23 Jahren kam ich mit null Cent, ach, ich hatte sogar Schulden, zu Herrn Wegner, und bat ihn, ob ich nicht mal mittrainieren könnte. Jetzt boxe ich in Las Vegas – wer hätte das gedacht? Ich jedenfalls nie. Das ist der Jackpot plus Superzahl. wollen wir dann noch? Ich bin unheimlich guten Mutes, dass wir es schaffen. ABRAHAM: Trainer, Sie können sich auf mich verlassen. WEGNER: Das ist doch Mal ein Wort, oder? Arthur, so gefällst du mir. ABRAHAM (GRINST): Ich bin psychisch stark. Uns kann keiner psychisch oder physisch zerstören, wir werden die anderen zerstören. Im Ring stehen Sie aber allein. ABRAHAM: Ich rede in der Mehrzahl, weil ich weiß, was ich an Herrn Wegner habe. In über 13 Jahren sind wir zu einem Team zusammengewachsen, das keiner brechen kann. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich habe seit 2003 viele kommen und gehen sehen, der Einzige, der noch da ist, bin ich. Das sagt doch einiges über unser Verhältnis aus, oder? WEGNER: Du kannst glücklich sein, dass du mich jemals im Leben getroffen hast. Mit dir hätte kein anderer 13 Jahre lang gearbeitet. Mit der Plastiktüte kamst du zu mir. Ich habe Arthur den Schweiß rausgetrieben, und möchte nicht wissen, wie oft er mich verflucht hat. Doch er hat durchgehalten. ABRAHAM: Ich bin eben ein harter Junge. Ich gehe durch dick und dünn. Mich kann nichts stoppen. Wenn mein Papa streng zu mir war, bin ich ja auch nicht weggerannt. WEGNER: So einen Fehler wie sein Busenfreund Hucker (Marco Huck, d. Red.) würde Arthur nie machen. Der stieg unter Ihnen zum Weltmeister im Cruisergewicht auf und trennte sich 2014 von Ihnen. WEGNER: Hucker hat ein gutes Herz, aber leider nur das. Arthur bringt da einiges mehr mit. Irgendwann hat er mal gesagt, dass er in einem bestimmten Alter eine bestimmte Summe an Geld haben möchte ... ... mit 40 Jahren 50 Millionen... ABRAHAM (LÄCHELT SÜFFISANT): Da fehlt schon noch et- was. WEGNER: Wenn ich Ulli Wegner als Trainer gehabt hätte, würde ich genauso reden wie Arthur. Dann wäre ich auch ein Großer geworden. Ich nehme Arthur mit seinen Worten in die Pflicht, dass er sie in Las Vegas auch in die Tat umsetzt. Und wissen Sie warum? Warum denn? WEGNER: Weil ich möchte, dass er nicht nur ein Großer sondern ein ganz Besonderer wird. Und mal weg von Arthur, auch für mich ist es doch etwas Außergewöhnliches, im MGM Grand Garden am Boxring zu stehen. Die At- Sie wissen aber, dass Bob Arum der Promoter der Veranstaltung ist. Der 84 Jahre alte Strippenzieher richtete auch die WM-Kämpfe von Axel Schulz gegen George Foreman im April 1995 und von Felix Sturm gegen Oscar de la Hoya im Juni 2004 aus – ebenfalls im MGM Grand Garden. Beide Male verloren die deutschen Boxer, obwohl sie die besseren waren. ABRAHAM: Das dritte Mal wird es kein Fehlurteil geben. Wenn es knapp ist, kriege ich den Sieg nicht zugesprochen, das ist mir schon klar. Deswegen muss ich für klare Verhältnisse von Anfang an sorgen. Ich möchte nicht sagen, dass ich Ramirez K.o. schlage. Aber ich muss ihn deutlich vernichten. Das werde ich tun, damit kein Punktrichter auch nur im Entferntesten daran denkt, Ramirez den Sieg zuzusprechen. Sie beide wirken ausgesprochen selbstbewusst. ABRAHAM: Bin ich auch. WEGNER: Warum denn nicht? Ich war wirklich noch nie so gelassen. Das ist mir selbst ein bisschen unheimlich. Die amerikanische BoxBibel „The Ring“ rankt Arthur in seiner Gewichtsklasse seit Monaten als Nummer eins. Großartig! Und jetzt kommt endlich mal ein Deutscher, der in Amerika aufräumt. Bei einem Sieg stehen Arthur auch in Amerika alle Türen offen. ABRAHAM: Pläne habe ich schon, doch die verrate ich erst nach dem Kampf. Jetzt will ich erst einmal Geschichte schreiben und Las Vegas als erster deutscher Boxweltmeister verlassen. Da Sie sich ziemlich sicher sind zu gewinnen – haben Sie auf Ihren Sieg auch Geld gesetzt? ABRAHAM: 10.000 Euro, das mache ich bei jedem Kampf. Nicht mehr und nicht weniger. Und Sie Herr Wegner? ABRAHAM: Fürs Wetten gebe ich kein Geld aus. Ehre und Stolz sind für mich viel wichtiger als Geld. Ein Exot aus Österreich will alle überraschen Bernd Wiesberger, der erste Weltklasse-Golfer seines Landes, startet beim Masters in Augusta E igentlich weiß keiner so recht, was der Mann hier will. Ein Österreicher, der ausnahmsweise nicht auf einer Skipiste steht, sondern stattdessen Golf spielt. Sehr seltsam, finden die Fans im Augusta National Golf Club, als sie ihn am Donnerstag am ersten Abschlag sehen. Bernd Wiesberger ist bei den US Masters im Bundesstaat Georgia ein Exot. VON PETRA HIMMEL AUS AUGUSTA Schnelldurchlauf an den ersten Sieg gelangen. Wiesberger hat den Sprung in die Spitze erst nach Jahren geschafft. Drei Spielzeiten brauchte er nach seinem Einstieg als Profi für einen ersten Sprung auf die European Tour. Er konnte die Karte nicht halten, ackerte sich durch kleine Turniere auf der Challenge und der Asian Tour. Mit den ersten Siegen wuchs das Selbstbewusstsein. Der Durchbruch gelang ihm 2012, als er bei der Lyoness Open in Österreich seinen ersten größeren Erfolg landete, nachdem er in der gleichen Saison schon die Ballantine’s Championship gewonnen hatte. Seitdem hat er sich stetig nach vorne gearbeitet und 2015 mit dem Gewinn bei der Open de France einen großen Sprung gemacht. In diesem Sommer wird er Österreich bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro vertreten, ob es danach noch für eine Teilnahme am Ryder Cup reicht – wer weiß? Auch dort wäre er der erste Österreicher, der jemals für Europa gespielt hat. Die Rolle allerdings ist der geborene Wiener gewöhnt. Denn auch zuhause in Österreich geht es ihm ja nicht anders – Golfer mit Weltklasseprofil sind dort die große Ausnahme. Wiesberger, der inzwischen auf Rang 39 der Weltrangliste geführt wird, ist der erste Profi aus dem Alpenstaat, der es unter die Top 50 der Welt geschafft hat. 2015 war er bereits im Augusta National Golf Club am Start – da stand Österreichs Golfszene gesammelt Kopf. Zumal der Burgenländer damals auch noch den Cut überstand und auf Rang 22 landete. „Der Platz liegt mir gut im Auge, und ich fühle mich wohl“, begründet der 30-Jährige sein gutes Abschneiden, das er in dieser Woche noch einmal wiederholen möchte. „Ich will vier Tage mein bestes Golf zeigen und meine Chancen nutzen.“ Noch findet er alles neu und aufregend hier in den USA. Seine Teilnahme bei den Masters ist der Höhepunkt eines mehrwöchigen Aufenthalts auf der US PGA Tour. Aufgrund seines Top 50-Platzes in der Weltrangliste hat er Einladungen für die Turniere des sogenannten Florida Swing bekommen und war außerdem für die Überall ein Unikat: Österreichs World Golf Championship bester Golfer Bernd Wiesberger qualifiziert. Dort immerhin hat es für ei- „Ich richte meine Saisonplanung nen 14. Rang gereicht. Ansonsten nicht unbedingt danach aus“, nämlich hat Wiesberger in Ame- sagt er selbst dazu. Er hat eher rika vor allem Lehrgeld bezahlt. eine Außenseiterchance. Das hier verwendete Gras spielt Seit Donnerstag dreht sich ohsich deutlich anders als jenes in nehin erst einmal alles um das Österreich oder Mitteleuropa. Masters. Extra für das Turnier Die Bälle rollen ungewohnt, der hat sich Wiesberger ein Wedge Schläger gleitet anders durch für die kurzen Schläge rund um den Boden. All das wirkt sich die Grüns anfertigen lassen, auf letztendlich auch auf die Präzisi- dessen Rückseite die Namen alon der Bälle aus. ler 18 Löcher des Platzes eingraDer Österreicher allerdings ist viert sind – in passendem Grün keiner, der sich durch anfängli- natürlich. Auf diese Idee ist vor che Misserfolge nachhaltig ent- ihm übrigens noch nie ein Masmutigen lässt. Im Gegenteil: Er ters-Teilnehmer gekommen. ist ein klassischer Arbeiter, nicht Wiesberger, der smarte Österreieines jener Supertalente, die im cher, ist zweifellos ein Unikat. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 AFP/ANDREW REDINGTON DIE WELT KOMPAKT 14 SPORT DIE WELT KOMPAKT E ine halbe Stunde nach Abpfiff meldete sich Gerard Pique zu Wort, der Verteidiger des FC Barcelona. Er schrieb bei Twitter: „‚Erschütternde Wahrheit‘. Großartiger Film! Will Smith ist einer der Besten aller Zeiten.“ GETTY IMAGES/ JEAN CATUFFE VON FLORIAN HAUPT „Erschütternde Wahrheit“, ein Film aus dem Herbst 2015, musste als Synonym für die „Königlichen“ herhalten. So wurde seine Kurzbotschaft jedenfalls allseits interpretiert. Und selbst in Madrid, wo der vorlaute Katalane Pique so beliebt ist wie Dauerhagel, mussten sie nach dem 0:2 beim VfL Wolfsburg zugeben, dass er diesmal den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Dabei hatte sich Real nach seiner größtenteils miserablen Saison durch den Ligasieg am Samstag in Barcelona samt spontaner Freudenfeier in der Kabine doch schon wieder fast mit dem elften Champions-League-Titel in den Händen gesehen. Aber: „Dieses Madrid ist ein Tango: Heute ein Eid, morgen ein Verrat“ – so schrieb die Sportzeitung „As“ unter ihrer Schlagzeile: „Schlecht, schlecht, schlecht.“ Im Nachhinein war der für den Ausgang in der Meisterschaft wohl irrelevante Sieg in Barcelona das Schlimmste, was Real passieren konnte. Es weckte den altbekannten Größenwahn und nahm die Demut für ein Champions-League-Viertelfinale. Geschickt verstärkte der VfL Wolfsburg diese Tendenz noch durch seine Außenseiterstrategie. So die Aussage von Verteidiger Dante etwa im spanischen Radio, der VfL habe „zwei Prozent Chance auf das Weiterkommen“. In Madrid glaubten sie das wirklich. „Der Unterschied zwischen beiden Mannschaften beträgt drei Tore“, sagte selbst ein so reflektierter Experte wie Jorge Niederlage beim Außenseiter: Reals deutscher Mittelfeldspieler Toni Kroos schleicht davon Real tappt in die Arroganzfalle Nach dem 0:2 in Wolfsburg werden die Madrilenen verspottet. Doch Trainer Zidane redet öffentlich die Leistung des VfL klein Valdano vor dem Spiel – natürlich zugunsten von Real. Aber das Umfeld ist ja nur das eine, die Mannschaft etwas ganz anderes? Nicht wirklich. Am frappierendsten war wohl, dass sogar Trainer Zinedine Zidane in die Arroganzfalle tappte – und nicht mal nach Schlusspfiff aus ihr herausfand. An sich habe Wolfsburg ja nur wenig angeboten, sagte er im Fernsehinter- view: nur „poca cosa“, eine Kleinigkeit. Die Folgen der Sorglosigkeit waren auf dem Platz überdeutlich zu sehen gewesen. Danilo für den in Barcelona starken Daniel Carvajal auf der Rechtsverteidigerposition gegen Julian Draxler aufgestellt zu haben, wird Zidane noch länger anhängen. Verdutzt aber zeigten sich die Experten vor allem darüber, dass Danilo von Mittelfeldkollegen wie Casemiro und Toni Kroos überhaupt nicht unterstützt wurde. Angesichts der an sich auch im Ausland bekannten Talente Draxlers – zu Schalker Zeiten immer mal wieder auch auf Madrids Transferagenda – ließ dieser Umstand nur drei Schlüsse zu: a) Bei Real Madrid hat niemand eine Gegneranalyse angefertigt. Und FREITAG, 8. APRIL 2016 falls doch, hat b) das Trainerteam daraus die falschen Konsequenzen gezogen. Oder schlichtweg c) – die Spieler haben Zidane nicht zugehört. Keine Variante klang sonderlich freundlich. In Spaniens populärstem und lärmigstem Fußball-TV-Talk, „El Chiringuito“, wurden nach Mitternacht noch härtere Geschütze aufgefahren. Dort sitzen bekennende Journalistenfans von Real Madrid, und die meisten wollten von Ausreden wie dem strittigen Elfmeter vor dem 1:0 nichts wissen. Es sei höchste Zeit, die Mannschaft auszumisten, ohne Rücksicht auf große und größte Namen, sagte einer. Auch im Internet wurden die königlichen Bettelmänner verspottet. Madrids Marcelo bekam für eine denkbar peinliche Schwalbe einen virtuellen Oscar in die Hand gedrückt. Er hatte in der 67. Minute eine besonders dreiste Einlage gezeigt. Zunächst trat der Linksverteidiger nach hinten gegen Maximilian Arnold aus, dann versuchte er einen Kopfstoß gegen den Wolfsburger – um sich anschließend theatralisch fallen zu lassen. Zwischen all dem Wehklagen und Spott zeigte sich nur „Marca“, die größte Sportzeitung des Landes, staatstragend. „Wer nicht an die Aufholjagd glaubt, soll Platz machen“, so der Titel. In Ordnung, aber dann müsse Real nächste Woche womöglich vor zwei Leuten spielen, lästerte daraufhin der Moderator des „Chiringuito“. Das Problem ist nämlich: Der Mythos von Madrids Volten, wie etwa einem 4:0 nach 1:5 gegen Borussia Mönchengladbach aus dem Jahr 1985, ist längst nur noch das – ein Mythos. Seit 2002 hat es Real nicht mal mehr geschafft, irgendeinen Rückstand zu Hause aufzuholen. Mehrmals wie gegen die Bayern 2012 oder Juventus 2015 scheiterte es schon an einem banalen 1:2. „Die kennen mich jetzt“ Wie Wolfsburgs Mittelfeldspieler Arnold mit einem frechen Auftritt Reals Superstars bändigt m Zentrum des Humors stand beim siegreichen VfL Wolfsburg der mit Abstand größte Frechdachs. „Herr Arnold, wie schafft man es, Cristiano Ronaldo ganz aus dem Spiel zu nehmen?“ Die Frage nach dem 2:0-(2:0)-Triumph beinhaltete jede Menge Lob. VON CHRISTIAN OTTO Und was antwortete Arnold? „Was soll daran schwer sein? Der ist doch älter als ich. Also ist es ganz leicht“, meinte der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler. Kodderschnauze schlägt Großkotz: Auf diese Formel lässt sich das ungleiche Duell zwi- schen Wolfsburg und Real Madrid beziehungsweise Arnold und Ronaldo herunterbrechen. Unter all den Zusammenschnitten, die von diesem besonderen Europapokalabend im Umlauf sind, fehlt etwas Wichtiges. Es ist Sekunden nach dem Anpfiff passiert und war ein Gipfel der Frechheit. Arnold, im offensiven Mittelfeld hinter Stürmer Andre Schürrle aufgestellt, hatte einen einzigen Pass abgewartet, um dann gleich loszulegen. Er schubste Luka Modric, obwohl der Ball gar nicht in der Nähe war. Der Mittelfeldkönner Modric sah sich verdutzt um, warum es da so ein unbedeutender Emporkömmling wagte, ihn auf die prominenten Kollegen Wolfsburg bereits bekommen. einfach mal so zu ärgern. namens Ronaldo und Co. In der 70. Minute konnte eine Arnold kann nicht anders. Er Einen Vorgeschmack auf jene Rudelbildung beobachtet wermuss das tun, um gut zu sein. Scharmützel, zu denen auch die den, in der die Stars aus Madrid Er ist das freche Eigengewächs großen Klubs des Profifußballs ein trauriges Bild abgaben. Mardes VfL Wolfsburg und der gerne greifen, hat der VfL celo hatte vorgegaukelt, dass spielstarke Wadenbeiihm dieser kleine Geßer im Team von Chefgenspieler Arnold einen coach Dieter Hecking. Kopfstoß versetzt habe. Das 2:0 von Arnold, nur Freundschaften sind sieben Minuten nach also nicht geschlossen dem Führungstor von worden. „Wir haben erst Ricardo Rodriguez (18. 50 Prozent erreicht. Minute, Foulelfmeter) Und das Rückspiel wird erzielt, war der letzte hart“, befürchtet ArBeweis dafür, dass der nold. Er läuft Gefahr, Trainer alles richtig gewieder spielen zu dürfen macht hatte. „Die kenund durch das riesige nen mich jetzt“, sagte Wolfsburgs Mittelfeldspieler Maximilian Arnold Bernabeu-Stadion geArnold mit Anspielung (r.) zieht an Madrids Verteidiger Pepe vorbei schubst zu werden. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung AFP/ JOHN MACDOUGALL I WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT FORUM 15 FREITAG, 8. APRIL 2016 LEITARTIKEL KOMMENTAR Diktat der Neinsager Das Ergebnis des Referendums in den Niederlanden negiert die auf gemeinsamen Werten fußende europäische Solidarität. Es ermutigt Russland, die EU und die Ukraine weiter zu destabilisieren. Europa ist dabei, seine Fundamente zu zerstören D as Nein zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine im niederländischen Referendum ist eine Schande für das freie Europa und ein folgenschwerer Verrat an den europäischen Freiheitswerten. In ihrem Drang, der vermeintlich diktatorischen EU die Instrumente zu zeigen, haben die Neinwähler einem Land ihre Verachtung gezeigt, das größte Opfer dafür bringt, endlich Teil der europäischen demokratischen Familie werden zu dürfen. Die niederländische Abstimmung ist auch ein Lehrbeispiel für das Trugbild der viel gepriesenen „direkten Demokratie“. Nur knapp über 30 Prozent der niederländischen Wählerschaft nahmen überhaupt an dem Referendum teil – das ist bei Weitem weniger als bei regulären Wahlen, die den Schallverstärkern der vermeintlich authentischen „Stimme des Volkes“ nicht demokratisch repräsentativ genug sind. Das heißt, dass etwa 20 Prozent der gesamten niederländischen Wahlbevölkerung mit ihrem Votum die Zukunft des gesamten Kontinents torpedieren können. Was soll diese klägliche Farce mit einem Mehr an Demokratie zu tun haben? Für die niederländische Regierung hat die Abstimmung indes keine rechtlich bindende Wirkung. Aber auch wenn sie, wovon auszugehen ist, das Votum befolgt und die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens in der jetzigen Form verweigert, muss das noch nicht dessen endgültiges Aus bedeuten. Dennoch geht von dem Ergebnis des Referendums eine verheerende Botschaft aus. Es bedeutet nicht nur eine Absage an die EU in ihrer gegenwärtigen Gestalt, sondern an das Prinzip einer von gemeinsamen Werten getragenen europäischen Solidarität überhaupt. Es verleiht damit Wladimir Putins Bestreben, die Ukraine ins Chaos zu treiben, um das unbotmäßige Nachbarland vom europäischen Weg abzubringen und wieder unter russische Vorherrschaft zu zwingen, einen kräftigen Schub. Zudem hat sich Moskaus Allianz mit den europäischen Rechtsnationalisten auf der Basis ihres gemeinsamen Ziels, die EU zu spalten und zu zerstören, erstmals handfest ausgezahlt. Selbst wenn der Kreml bei der Initiierung und Durchsetzung des Referendums nicht direkt seine Finger im Spiel gehabt haben sollte – es hat sich für ihn als RICHARD HERZINGER ǑǑ Gerade in dieser kritischen Phase muss der Westen zur neuen Ukraine stehen erfolgreicher Testlauf dafür erwiesen, wie die EU von innen auszuhebeln ist. Auch die Links-rechts-Querfront bestand gleichsam ihre Feuertaufe: Unter der Fahne des Neins versammelte sich von den Rechtspopulisten um Geert Wilders über kremlhörige Linke bis zu anarchopazifistischen Gruppen alles, was aus Ressentiment gegen das „amerikanisierte“ Europa bereit ist, Putins Autoritarismus in die Hände zu spielen. Das wirkt wie eine Einladung an Moskau, sich noch intensiver destabilisierend in die Belange der EU einzumischen. Dass dem ausgerechnet von Niederländern Vorschub geleistet wird, bestürzt umso mehr, als die meisten Opfer des Abschusses der Passagiermaschine MH-17 im Sommer 2014 ihre Landsleute waren. Mit ziemlicher Sicherheit haben diese Untat vom Kreml ausgerüstete prorussische Insurgenten verübt. Die niederländische Abwehrfront ist auch deshalb unbegreiflich, weil das Assoziierungsabkommen die Ukraine nicht einmal in die Nähe einer EUMitgliedschaft führt. Die von den Neinbefürwortern geschürten Ängste vor einem neuen Fall Griechenland oder vor einer Masseneinwanderung aus der Ukraine durch offene Grenzen sind daher gegenstandslos. Schon ohne das niederländische Referendum im Nacken hatte die EU der Ukraine die Perspektive auf einen Beitritt sogar auf lange Sicht ebenso verweigert wie die Gewährung von Visafreiheit. Der Türkei dagegen, in der demokratische Rechte und europäische Werte verstärkt mit Füßen getreten werden, wurde im Zuge des Flüchtlingsabkommens jüngst beides in Aussicht gestellt. In der Ukraine selbst werden solche Gesten der Zurückweisung als schmerzlicher Beleg dafür empfunden, dass Europa bereit ist, die mühe- und qualvoll aufblühende ukrainische Demokratie im Stich zu lassen. Dies umso mehr, als die Stimmen im Westen immer lauter werden, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben, obwohl Moskau keinerlei Anstalten macht, seine Okkupation ukrainischen Territoriums zu beenden. Nicht einmal den vermeintlichen Waffenstillstand in der Ostukraine respektieren die irreführend als Separatisten bezeichneten russischen Hybridtruppen. Obwohl die OSZE beobachtet, dass die ständigen Verletzungen der Waffenruhe zum allergrößten Teil auf deren Konto gehen, wird Putin von der EU mit deutlicher Kritik verschont. Stattdessen erhöht sie den Druck auf die Ukraine, einer Autonomieregelung zuzustimmen, die de facto die „separatistische“ Gewaltherrschaft im Donbass legitimieren würde. Freilich tut die ukrainische politische Klasse ihrerseits alles, um das europäische Bild von der Ukraine als hoffnungslosem Fall zu bestätigen. Die in einer Dauerkrise feststeckende Regierung in Kiew verschleppt notwendige Reformen, vor allem entschiedene Maßnahmen gegen die Korruption, und das restaurierte korrupte Netzwerk aus Oligarchen, Politikern und Staatsbeamten droht den demokratischen Aufbruch einmal mehr zu ersticken. Nun taucht auch noch Staatspräsident Poroschenko als potenzieller Gründer einer Briefkastenfirma in den Panama Papers auf. Doch gerade in dieser kritischen Phase darf sich der Westen nicht von der Ukraine abwenden. Er muss im Gegenteil den Kräften der Erneuerung mit erhöhten Anstrengungen beistehen. Wie in kaum einem anderen europäischen Land verfügt die Ukraine über eine engagierte, hoch motivierte und gut ausgebildete junge Generation, die darauf brennt, ihrem Land endlich zu den Standards westeuropäischer Demokratien zu verhelfen. Mit wachsendem Selbstbewusstsein begehrt sie gegen die Beharrungskräfte der alten Eliten auf und drängt selbst in Schlüsselpositionen. Und dieser zivilgesellschaftliche Druck auf die politische Führung ist bisher keineswegs ohne positive Resultate geblieben. Zumindest in Teilbereichen wie der Polizei greift die Korruptionsbekämpfung, der freie Fall der ukrainischen Wirtschaft ist gestoppt, der Staatsbankrott abgewendet. Doch fällt Europa der neuen Ukraine in den Rücken, wird es den proeuropäischen Kräften unmöglich, den Kurs zu halten. Niemand darf sich dann wundern, wenn Radikalnationalisten einerseits, Anhänger des alten Regimes andererseits die Oberhand gewinnen. Lässt Europa die Ukraine in den Abgrund stürzen, unterminiert es damit auch seine eigene demokratische Zukunft. richard.herzinger@weltn24.de © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Verträge, Boni und Moral NIKOLAUS DOLL D as Letzte, was Volkswagen derzeit brauchen kann, ist eine Diskussion über Managerboni. Doch genau in diese Richtung schlittert der Autobauer, weil sich Vorstandsmitglieder offenbar an ihre Erfolgsprämien klammern. Was das erzeugen wird, ist klar: einen Aufschrei. Erst bei den Abgaswerten betrügen, dann bei der Aufklärung rumeiern und am Ende die Boni einstecken – so werden die Leute reden. Müssen da die Vorstände angesichts der bedrohlichen Schieflage des Konzerns wirklich die „Erfolgs“-Prämie bekommen? Gegenfrage: Warum nicht? Managerboni werden in den Unternehmen frei ausgehandelt. Im Fall einer AG wie Volkswagen wacht der Aufsichtsrat darüber, dass das Geld der Aktionäre dabei sachgerecht ausgegeben wird. Bei VW sitzen bekanntlich mehrheitlich keine heuschreckenhaften Turbokapitalisten in dem Kontrollgremium, sondern IG-Metall-gestählte Arbeitnehmervertreter und Mitglieder der SPDgeführten Landesregierung Niedersachsens. Und die hatten bislang alle nichts gegen Boni. Und auch nichts gegen die hohe und jetzt kritisierte Wechselprämie von Hans Dieter Pötsch, als der vom VW-Finanz- zum -Aufsichtsratschef gemacht wurde. Man kann daher zu folgendem Ergebnis kommen: Wenn in einem Unternehmen beide Vertragsparteien der Meinung sind, dass die Jahresleistung eines Mitarbeiters mehrere Millionen Euro wert ist, dann ist das in Ordnung. Und im Fall von VW fließt das Geld der Eigner, vom Anteil Niedersachsens abgesehen also kein Steuergeld, mit dem hierzulande jeden Tag allerlei Fragwürdiges finanziert wird. Worüber man sich noch mehr erregen könnte als über die Millionengehälter von Sportlern oder Filmstars, die oft nicht das liefern, was man sich versprochen hat. Nun ist VW kein Sportverein und keine Traumfabrik, sondern die Fabrik Nummer eins im Land, von der ein Stück unseres Wohlstands abhängt. Damit ist VW nicht nur gefühlt eine öffentliche Angelegenheit. Wer den Autobauer aber tatsächlich dazu machen und auch bei Managerbezügen mitreden will, muss ein Bonigesetz fordern. Und dass das nichts gebracht hat, sehen wir bei den Banken. Dort wurden einfach die Fixgehälter der Manager erhöht. So bleibt nur, an die Moral der betroffenen VW-Manager zu appellieren und freiwilligen Verzicht zu fordern. Doch leider sind Maßstäbe für Moral unterschiedlich und geltende Verträge die Basis des Geschäftslebens. Auch wenn uns das nicht schmeckt. Und uns das Bild des Giermanagers nicht aus dem Kopf geht. nikolaus.doll@weltn24.de WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 16 BILDER FREITAG, 8. APRIL 2016 REUTERS/ THOMAS PETER (7) DIE WELT KOMPAKT © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT FREITAG, 8. APRIL 2016 BILDER 17 Der Traum vom Profi-Wrestling Von wegen Kirschblüten und Sushi – das Japan, von dem Kris Hernandez träumt, ist voller Schweiß und Schmerz. Sie hofft auf eine Karriere in der Wrestling-Szene. Die 31-Jährige verließ ihre Heimatstadt San Francisco und zog nach Tokio in eine WG mit anderen weiblichen Wrestlern. Fortan trainierte sie jeden Tag – stundenlang. Anfangs lebte sie von Erspartem, heute verdient sie als „Kris Wolf“ für eine Wochenshow 250 Dollar. Ein mickriger Lohn im Vergleich zu ihrem früheren Wochengehalt als Lehrerin. In den USA ist Wrestling eine beliebte Sportart. Profis werden wie Helden gefeiert. Hulk Hogan oder Dwayne Johnson sind inzwischen auch außerhalb des Rings bekannte Stars. Auch in Japan hat die Wrestling-Szene viele Anhänger. Vor allem Männer sind Fans. Kris glaubt, dass Frauen im Wrestling einen Teil von sich zum Ausdruck bringen könnten, den sie sonst unterdrückten. „Ich habe so viele getroffen, die außerhalb des Rings süß und schüchtern sind, und dann kommen sie in den Ring und explodieren.“ © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 18 REPORT DIE WELT KOMPAKT V or dem Krieg, zu Hause in Syrien, hat Fadia schon manchmal versucht, einen tropfenden Wasserhahn zu reparieren oder einen verstopften Abfluss wieder frei zu bekommen. Jetzt, als Flüchtling in Jordanien, kann sie lernen, es wie ein Profi zu machen. Anderthalb Autostunden nördlich der Hauptstadt Amman liegt Irbid. Hier bildet die Hakama-Berufsschule seit 2015 – unterstützt von deutscher Entwicklungshilfe – Frauen zu Klempnerinnen aus. Ein solches Angebot hat es in Jordanien noch nie gegeben. VON CLAUDIA EHRENSTEIN CLAUDIA EHRENSTEIN AUS IRBID Fadia hat von ihrer jordanischen Nachbarin davon erfahren. Seit 2013 lebt sie mit ihrem Mann und den vier Kindern in Irbid, die Ersparnisse sind fast aufgebraucht. Nun hofft sie, künftig mit kleinen Reparaturarbeiten etwas Geld verdienen zu können. Und sie vertraut auf ihr handwerkliches Geschick, denn früher hatte sie in Syrien als Näherin gearbeitet. Zwei Monate dauert ein Kurs, der dritte hat gerade angefangen. 25 muslimische Frauen nehmen daran teil, elf syrische und 14 jordanische. Jeden Vormittag kommen sie in die Lehrwerkstatt, büffeln Theorie und machen praktische Übungen. Für die Frauen ist es mehr als nur eine Berufsausbildung. Der Kurs trägt dazu bei, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen. Die Chancen für weibliche Klempner sind gar nicht schlecht, in einem muslimischen Land gibt es für sie eine Marktlücke: Die Klempnerinnen dürfen nämlich zu Reparaturen ins Haus kommen, auch wenn eine Frau allein und weder der Ehemann noch ein männlicher Verwandter anwesend ist. Wenn Fadia am Ende die Prüfung besteht, lockt als Belohnung eine Werkzeugkiste – als Starthilfe für die Selbstständigkeit. Ein Grund ist: Klempner werden in Jordanien dringend gebraucht. Das Land ist eines der wasserärmsten der Welt. Wasser kommt hier nicht rund um die Uhr aus der Leitung. Nur zu bestimmten Zeiten haben die knapp zehn Millionen Einwohner Gelegenheit, ihre Wassertanks zu Hause aufzufüllen. Der Vorrat muss eine Woche reichen. Doch rund ein Viertel des kostbaren Wassers geht verloren, weil es aus maroden Leitungen sickert, aus verrosteten Wassertanks tropft oder durch defekte Toilettenspülungen rauscht. Die Verschwendung in privaten Haushalten ist groß, entsprechend groß sind auch die Einsparpotenziale. Die Bundesregierung unterstützt vor allem deshalb die Klempnerkurse in Irbid. Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), also die staatliche Ent- An der Berufsschule Hakama in Irbid können sich Frauen zu Klempnerinnen ausbilden lassen Wie Flüchtlinge zu Klempnern werden In Jordanien leben Hunderttausende Syrer. Um sie von der Weiterreise abzuhalten, fördert die Bundesregierung ein ungewöhnliches Ausbildungsprojekt in dem Land wicklungshilfegesellschaft der Bundesrepublik, hilft bei der Umsetzung vor Ort. Die Flüchtlingskrise hat die Lage noch verschärft. 635.000 Syrer sind beim UN-Flüchtlingshilfswerk offiziell als Schutzsuchende im kleinen Jordanien registriert, niemand weiß genau, wie viele es tatsächlich sind. Nur knapp ein Fünftel lebt in Flüchtlingslagern, mehr als 80 Prozent wohnen bei Verwandten oder haben sich eine Wohnung gemietet, vor allem in Amman und im Norden nahe der syrischen Grenze. Mit dem Bevölkerungszuwachs ist der Wasserbedarf gestiegen. Damit unnötige Verluste vermieden werden, können Klempner und Klempnerinnen dazu einen Beitrag leisten – indem sie reparieren und ihre Kunden übers Wassersparen informieren. Die Bundesregierung fördert die Klempnerkurse auch deshalb, weil sie gerade auch Flüchtlingen eine Perspektive geben will. Nach vier bis fünf Jahren in Jordanien verlässt viele der Mut, und sie überlegen, in einem anderen Land ihr Glück zu versuchen. Wenn sie aber ihren Lebensunterhalt verdienen können, werden sie sich nicht so schnell auf den Weg in Richtung Europa machen – so ist zumindest das Kalkül hinter dem Projekt. Bislang allerdings dürfen syrische Flüchtlinge in Jordanien nicht arbeiten. Sie versuchen, sich mit Gelegenheitsjobs und als Tagelöhner durchzuschlagen. Die jordanische Regierung hat immerhin angekündigt, in den kommenden drei Jahren 200.000 Arbeitsgenehmigungen zu erteilen. Wie in Deutschland gibt es die Befürchtung, syrische Flüchtlinge könnten Einheimischen Arbeitsplätze wegnehmen. Um solche Ressentiments nicht zu befeuern, richten sich die Klempnerkurse ganz bewusst sowohl an Syrer als auch Jordanier, und dies im Verhältnis 40 zu 60 Prozent. Im vergangenen Jahr hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) neben dem Bereich Wasser auch „Bildung und Erwerbsförderung“ zu einem Förderschwerpunkt in Jordanien erklärt. Das beginnt mit einer Schulausbildung für syrische Flüchtlingskinder; zwei Drittel – das sind knapp 150.000 – besuchen eine der 3500 staatlichen Schulen. Fast 40 Prozent der syrischen Flüchtlinge in Jordanien sind im schulpflichtigen Alter. Im kommenden Jahr sollen alle eine Schule besuchen können. Um die zusätzlichen Schülerzahlen bewältigen zu können, unterrichten bereits 98 Schulen in zwei Schichten, bald sollen es doppelt so viele sein. Die Al-Kuds-Schule in Amman ist eine solche Doppelschichtschule. Vormittags kommen die knapp 1100 jordanischen Kinder wie gewohnt zum Unterricht. Nachmittags kümmern sich 26 zusätzliche Lehrer um die mehr als 400 syrischen Mädchen und Jungen. Sie kommen aus allen Teilen des Bürgerkriegslandes Syrien, vermissen ihr Haus, ihre Stadt oder das Meer. Ihre Eltern sind Fabrikarbeiter, Friseur, Schneider oder Metzger. Die Kinder träumen davon, Pilot, Anwalt oder Ingenieur zu werden. Aufgeregt antworten sie auf die vielen Fragen der deutschen Besucher. Auf dem abgespeckten Lehrplan der Nachmittagsschicht stehen unter anderem Arabisch, Mathematik und Religion. Viele syrische Kinder besuchen überhaupt zum ersten Mal eine Schule. Die Direktorin der Nachmittagsschicht, Meassew Dschaafreh, ist besorgt, wie es weitergehen soll. Sie berichtet von der Traumatisierung vieler ihrer Schützlinge. Zu wenig Sport- und Kunstunterricht gibt es nach Dschaafrehs Ansicht. Die Mädchen und Jungen hätten sehr viel überschüssige Energie, die kaum in produktive Aktivitäten umsetzen könnten. Fatima geht © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung FREITAG, 8. APRIL 2016 in die siebte Klasse. Sie ist vor vier Jahren mit ihrer Familie aus Homs geflüchtet – erst in ein Dorf in Syrien, dann weiter in Richtung Jordanien. Mit dem Bus seien sie gefahren und mehr als drei Stunden zu Fuß bis zur Grenze gelaufen, berichtet das Mädchen. Sie gehe gern zur Schule, sagt Fatima mit leiser Stimme. Von Verwandten höre sie, dass das Leben in Syrien immer schwieriger werde. Das Schicksal der zurückgebliebenen Angehörigen belastet viele Kinder zusätzlich zum ohnehin vorhandenen Heimweh. Tasnim wirkt unbeschwerter. Sie ist 2012 mit Eltern und Geschwistern auf legalem Weg mit dem Flugzeug von Damaskus nach Amman gekommen. Ihr Vater war in Syrien Handwerker, ihre Mutter Lehrerin. Mit Verwandten in anderen Ländern hält die Familie über Skype und Facebook Kontakt. An Feiertagen, sagt Tasnim, habe sie manchmal Heimweh. Sie spricht sehr selbstbewusst, sagt, dass Schule einfach dazugehöre. Als Berufswunsch gibt sie Ärztin an. Und: Eine Galerie will sie eröffnen, um ihre selbst gemalten Bilder auszustellen. Und was können nun Klempner zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beitragen? Sie werden auch gebraucht, um die sanitären Anlagen in den überbelegten Doppelschichtschulen an die wachsende Zahl der Schüler anzupassen, nach Geschlechtern getrennt, behindertengerecht und wartungsarm, so, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Deutschland unterstützt diese Baumaßnahmen an zehn ausgewählten Pilotschulen – die AlKuds-Schule ist eine davon. Die Arbeiten sollen noch in diesem Monat beginnen. An diesem Morgen stehen auf den Werkbänken in der Lehrwerkstatt der Berufsschule in Ibrid mehrere Waschbecken und Bidets. Die Frauen sollen üben, eine Mischbatterie zu befestigen. Sie beugen sich konzentriert über die Tische, diskutieren, wie sie am besten vorgehen, probieren verschiedene Werkzeuge aus, spannen einzelne Rohrstücke in den Schraubstock. Alle Frauen tragen Kopftuch, einige haben den schwarzen Gesichtsschleier, den Nikab, angelegt - aber nur, weil gerade männliche Gäste im Raum sind. Ihre Lehrerin ist eine Frau: Brigitte Schlichting aus Berlin, eine der wenigen Klempnerinnen in Deutschland. Sie unterrichtet auf Englisch, eine Dolmetscherin übersetzt ins Arabische. Schlichting beschreibt die Unterrichtsatmosphäre als „offen und freundlich“. Es sei schön zu beobachten, wie die Frauen während der Ausbildung Selbstvertrauen fassten, sagt Schlichting. Eine habe gerade ihren Führerschein gemacht, was sie sich ohne den Klempnerkurs wohl nie zugetraut hätte. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 WIRTSCHAFT Airbus und Siemens investieren gemeinsam in die Zukunft des elektrischen Fliegens. Die Konzernchefs Tom Enders und Joe Kaeser unterzeichneten bei München eine Kooperationsvereinbarung zur Entwicklung hybrid-elektrischer Antriebe. Ziel sei, bis 2020 die technische Machbarkeit solcher Antriebssysteme nachzuweisen, teilten die Unternehmen mit. Ein Team von 200 Mitarbeitern der Unternehmen soll Antriebs-Prototypen für Flugzeuge mit bis zu 100 Sitzen entwickeln, die für lokale Flüge, aber auch auf der klassischen Kurz- und Mittelstrecke genutzt werden könnten. Auch Hubschrauber oder unbemannte Flugzeuge könnten damit ausgestattet werden. Angeblich sollen mehrere hundert Millionen Euro in das Großprojekt fließen. FINANZMÄRKTE DATEN VON Marktstimmung in Deutschland gemessen am Angst-Index VDax - - Aktuell W Euphorie Vorheriger Handelstag W Beschwingtheit W Niedergeschlagenheit W Verzweiflung W Gleichgültigkeit Dax Punkte Euro-Stoxx-50 07.04. 9530,62 Dow Jones 07.04. 2871,57 Gold Punkte 07.04. Punkte $/Feinunze 17555,73 07.04. 1242,10 Lange war man sich in Wolfsburg einig. Nun will der Betriebsrat Zusagen vom Vorstand E in paar Wochen lang sah es so aus, als würde Dieselgate Volkswagen am Ende zwar viele Milliarden und seinen guten Ruf kosten – aber auch, als hätte man in Wolfsburg einen Plan, wie man die Krise gemeinsam meistern will. VON NIKOLAUS DOLL UND PHILIPP VETTER Inzwischen jedoch verfestigt sich der Eindruck, dass die neuen Spitzenleute noch immer plan- und kopflos vorgehen, dass die Chaostage bei Europas größtem Autobauer andauern. Derzeit steuert der Vorstand auf einen schweren Konflikt mit dem Betriebsrat zu. Dabei geht es um die Bezüge für hochrangige Manager, aber auch die grundsätzliche Neuausrichtung des Automobilherstellers. Über beide Punkte streiten Management und Arbeitnehmervertreter erbittert. Die Betriebsräte haben nun vor allem Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, den Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller, aber auch den VW-Markenchef Herbert Diess ins Visier genommen. Dem früheren BMW-Mann Diess spricht die Gewerkschaft quasi ab, dass man sich auf sein Wort und seinen Handschlag verlassen könne. Stattdessen will der Betriebsrat nun Garantien – und zwar schriftlich. Die wohl größte Sprengkraft hat ein Bericht, wonach Volkswagen-Vorstandsmitglieder eine Streichung ihrer Boni für das Dieselgate-Jahr 2015 nicht hinnehmen wollen und nur zu Kürzungen bereit sind. Das wiederum wollen die Betriebs- Der VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller räte nicht hinnehmen, schließlich sollen nicht nur die einfachen Mitarbeiter des Konzerns den Abgas-Skandal ausbaden. Der „Spiegel“ berichtet über den Konflikt, sowohl Betriebsrat als auch der Konzern wollen sich nicht äußern. Indirekt bestätigt aber ein VW-Manager den Bericht, indem er erklärt: „Wir haben dazu ja noch keine abschließende Entscheidung.“ Besonders brisant wäre zudem eine weitere Sonderzahlung an den früheren VW-Finanzchef und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Pötsch. Dieser soll laut dem Bericht eine Entschädigung von knapp zehn Millionen Euro dafür erhalten, dass er in den Aufsichtsrat wechselte, obwohl sein besser dotierter Vorstandsvertrag noch bis 2017 gelaufen wäre. Wie passt das zu Pötschs eigener Aussage, dass die Krise für VW „existenzbedrohend“ sei und zu den geplanten Einschnitten, auf die man die Mitarbeiter bereits eingestimmt hat? „Der VWKonzern steht dazu, die eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis jedes Mitarbeiters zu erfüllen – das schließt das Vertragsverhältnis mit Herrn Pötsch als Vorstand ein“, sagte ein VW-Sprecher. Ein Dementi klingt anders. ANZEIGE 'XUFKEOLFN LVWHLQIDFK Dieselsteuer soll erhöht werden DAX Name SEITE 19 Ende der Geschlossenheit bei VW AFP/ ODD ANDERSEN E-Flugzeuge: Siemens und Airbus startklar FREITAG, 8. APRIL 2016 Schluss 07.04. Adidas NA 103,10 136,10 Allianz SE vNA BASF NA 62,01 Bayer NA 100,15 Beiersdorf 76,38 73,85 BMW St Commerzbank 7,27 Continental 180,90 Daimler NA 59,52 13,75 Deutsche Bank NA Deutsche Börse NA 71,55 Deutsche Post NA 23,53 Deutsche Telekom NA 15,10 8,10 E.ON NA Fres. Med. Care 78,21 63,35 Fresenius SE&Co HeidelbergCement 72,19 97,81 Henkel Vz. Infineon NA 12,32 Linde 120,45 Lufthansa vNA 13,81 76,44 Merck Münchner Rück vNA 173,10 45,04 ProSiebenSat.1 RWE St. 11,08 SAP SE 68,19 Siemens NA 88,08 ThyssenKrupp 18,02 Volkswagen Vz. 102,35 31,86 Vonovia SE +/% -0,96 -1,13 -1,60 -1,09 -1,09 -1,53 -2,55 -1,28 -4,77 -2,97 -2,03 -0,91 -0,30 -0,92 -0,01 -0,67 -0,63 -0,23 +0,24 -1,07 +0,84 +0,04 -0,75 +0,84 +0,54 -1,35 -1,95 -2,67 -1,11 +0,16 52 Wochen Hoch Tief 104,8 62,51 170,2 126,6 97,22 56,01 146,5 91,08 89,54 67,92 117,9 66,00 13,39 6,21 231,9 171,3 92,70 57,01 33,42 13,03 87,41 69,80 31,19 19,55 17,63 13,39 14,85 7,08 83,17 63,10 70,00 51,01 77,18 58,17 115,7 87,17 14,20 8,32 194,8 113,5 15,41 10,25 111,9 70,68 206,5 156,0 50,95 37,62 25,54 9,13 75,75 53,91 104,2 77,91 26,43 12,56 254,5 86,36 32,31 23,81 Als eine Folge der AbgasAffäre bei VW wollen die Umweltminister mehrerer Bundesländer Diesel-Fahren verteuern. Steuervorteile des Diesel-Kraftstoffes gegenüber dem Benzin sollen schrittweise abgebaut werden, fordern die Ressortchefs aus Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen in einem Papier. Die Forderungen stammen aus einem Beschlussvorschlag für die Sonder-Umweltministerkonferenz zum Abgas-Skandal an diesem Donnerstag. Auch generelle Tempo-30-Limits in Innenstädten sollen geprüft werden. :HQQPDQIU,QYHVWLWLRQHQ HLQHQ3DUWQHUKDWGHUGLH $QIRUGHUXQJHQGHU%UDQFKH NHQQW VSDUNDVVHGH © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung :HQQ·VXP*HOGJHKW WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 20 WIRTSCHAFT DIE WELT KOMPAKT Ehrliche Unternehmen leiden erheblich unter dem organisierten Betrug. Brüssel will die Regeln nun verschärfen, ohne neue bürokratische Hürden zu schaffen E in Familienunternehmen. Innovativ. Seiner Verantwortung bewusst. Es sind die zentralen Botschaften, die die Filigran Trägersysteme GmbH in wenigen Absätzen in ihrem Firmenporträt nennt. VON ANDRE TAUBER UND MARTIN GREIVE Man sei von der „langfristigen Überlegenheit eines fairen Umgangs miteinander überzeugt“, schreibt die Firma über sich im Internet. Aber nicht alle Wettbewerber teilen diese Einstellung. „In unserer Branche findet ein knallharter illegal finanzierter Dumpingwettbewerb statt“, klagt Jörg Freiherr von und zu Weiler, der mit seinem Bruder in der dritten Generation die Geschäfte das Unternehmens führt. Kriminelle würden sich durch Mehrwertsteuerbetrug PICTURE ALLIANCE / DPA/HANNIBAL HANSCHKE Steuer-Mafia unterschlägt Milliarden Die Baubranche kämpft mit Mehrwertsteuerbetrügereien bereichern und so den freien Wettbewerb verzerren. Die EU-Kommission will gegen diese Betrügereien nun vorgehen. Die Behörde stellte einen Aktionsplan vor, der den kriminellen Mehrwertsteuerbetrug verhindern soll. Es geht um viel Geld: 170 Milliarden Euro gehen dem Staat durch Mauscheleien mit der Umsatzsteuer jährlich verloren. 50 Milliarden Euro davon im grenzüberschreitenden Handel. Ein ANZEIGE Großteil wird von Betrügern unterschlagen. Das Mehrwertsteuersystem der EU ist veraltet. Seit 23 Jahren sind die gegenwärtigen Regeln in Kraft. „Diese Vorschriften müssen umgestaltet werden, damit das Mehrwertsteuersystem einfacher und weniger betrugsanfällig wird und die Unternehmen die Vorteile des Binnenmarkts in vollem Umfang nutzen können“, heißt es in Brüssel. Die Kommission möchte die Schlupflöcher für die Betrüger schließen. Sie nutzen es bislang kräftig aus, dass im Handel zwischen den EUStaaten derzeit keine Mehrwertsteuern erhoben werden. Sie agieren mit Scheinfirmen, FREITAG, 8. APRIL 2016 die sie nach windigen Geschäften schnell wieder auflösen. Eine Spielart: Ein Unternehmen kauft ein Produkt in einem anderen EU-Land und importiert es. Der Händler muss dafür noch keine Mehrwertsteuer entrichten. Er verkauft das Produkt nun mit dem vollen Mehrwertsteuer-Aufschlag im eigenen Land weiter. Abführen wird der Betrüger diese Mehrwertsteuer allerdings nicht. In komplizierten Versionen können die Betrüger sogar undurchsichtige Kreislaufgeschäfte etablieren, an denen verschiedene Zwischenhändler, auch solche, die nicht betrügerisch handeln, beteiligt sind. Brüssel will dagegen nun den Kampf aufnehmen. „Die Kommission hat bereits mit den von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung durch Unternehmen Entschlossenheit demonstriert, und beim Mehrwertsteuerbetrug werden wir ähnlich entschieden vorgehen“, kündigte Europas Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis jüngst an. Es geht auch darum, Unternehmern wie Weiler zu helfen. Die kriminelle Praxis in der Baubranche habe sich „zum Existenzrisiko“ entwickelt, klagt der Unternehmer. DIE WELT Edition. Digitale Zeitung. KOMPAKT Händlers Amazon hat die Gewerkschaft Ver.di gegen die Arbeitsbedingungen in den Versandzentren des Unternehmens protestiert. Ein Ver.di-Sprecher in Koblenz sagte, die Arbeit dort führe bei einigen Beschäftigten zu psychischen Erkrankungen. NETZAUSBAU Netzagentur erlaubt Telekom Vectoring Zeitung, die BEG ISTERT JETZT 30 TAGE KOSTENLO S TESTEN: WEL T.DE/TES TEN Die Bundesnetzagentur ebnet der Deutschen Telekom trotz scharfer Kritik von Rivalen den Weg für den geplanten milliardenschweren InternetAusbau in Deutschland. Die Netzagentur komme nach eingehender Analyse zum Schluss, dass die InternetPläne der Telekom hilfreich seien, um die Breitbandversorgung zu verbessern, sagte Behördenchef Jochen Homann. Konkret will die Telekom bis 2018 für sechs Millionen Haushalte in deutschen Innenstädten superschnelle Internet-Zugänge bauen. Zum Einsatz kommt dabei die sogenannten Vectoring-Technologie. DRUCKER-HERSTELLER Chinesen an Lexmark interessiert Das chinesische TechnologieUnternehmen Apex ist Insidern zufolge in Gesprächen zum Kauf des US-Druckerherstellers Lexmark. Es gebe aber noch Hürden zu überwinden, hieß es. So wolle Lexmark, an der Börse mit zwei Milliarden Dollar bewertet, von Apex zunächst belastbare Zusicherungen, dass das Unternehmen die Übernahme finanziell auch tatsächlich stemmen könne. ARBEITSBEDINGUNGEN Erleben Sie die digitale Zeitung: mit multimedialen Inhalten, mit der Netzschau für das Beste aus dem Netz, mit Meinungskompass und mit unserem preisgekrönten Qualitätsjournalismus. Mit der Zeitung von morgen immer schon ab 19 Uhr und sonntags mit der WELT AM SONNTAG. Auf all Ihren Devices. DAS IST ZEITUNG, DIE BEGEISTERT. Gewerkschaft Ver.di bestreikt Amazon GEPLATZTE AIRBAGS Honda bestätigt elften Todesfall Laden Sie jetzt in Ihrem App Store DIE WELT Edition und testen Sie selbst. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung AP/ JENS MEYER Mit Streiks an bundesweit sechs Standorten des Online- Der japanische Autobauer hat einen elften Todesfall durch einen geplatzten Airbag des Herstellers Takata bestätigt. Bei einem Unfall in den USA sei die Fahrerin eines Honda Civic „tragischerweise“ getötet worden“, teilte Honda mit. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT WIRTSCHAFT 21 FREITAG, 8. APRIL 2016 Bereit zum Sturm auf die Banken Allianz lockt junge Fahrer Studie: Deutschen flüchten aus den Spareinlagen, wenn sie Negativzinsen zahlen müssen mit Rabatt S eine Bewunderer unterstellen Mario Draghi bisweilen magische Kräfte. Als Zauberer wird Europas oberster Währungshüter oft bezeichnet – allerdings nicht immer im besten Sinne. Was würden Bundesbürger bei flächendeckenden Minuszinsen tun? Nichts 39,9 49,9 Bargeld vom Konto abheben 26,9 Geld in Aktien, Fonds oder Gold investieren 42,5 62,6 % 50,8 63,5 % 49,0 36,1 VON HOLGER ZSCHÄPITZ Doch selbst seine zahlreichen Kritiker müssen nun erkennen, dass ihm tatsächlich etwas beinahe Unvorstellbares gelingen kann. Der EZB-Präsident könnte den deutschen Sparer aus seiner Lethargie befreien, wenngleich er das selbst vielleicht gar nicht beabsichtigt hat. Denn seine exzessive Minuszins-Politik führt dazu, dass jahrzehntelange Gepflogenheiten plötzlich infrage gestellt werden. Sollten die Banken wegen der EZB-Politik jetzt flächendeckend Negativzinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten oder Sparbüchern einführen, würden die Deutschen umgehend handeln. Das Gros der Bundesbürger würde das Geld vom Konto abheben und unters Kopfkissen oder in den Tresor 30,8 10,2 Alle 10,5 weniger als 5000€ 8,5 5000€ bis unter 50.000€ 13,1 % 5,8 50.000€ bis mehr als unter 100.000€ 100.000€ Frei verfügbares Anlagevermögen Quelle: GfK, Flossbach von Storch packen, ein Teil die Spargroschen in Gold, Fonds oder Aktien umschichten. Lediglich jeder zehnte Deutsche bliebe inaktiv und ließe sich das Geld durch Strafgebühren ohne Gegenwehr abknöpfen. Das offenbart eine aktuelle Umfrage, die das Marktforschungsinstitut GfK im Auftrag der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch durchgeführt hat. Die Ergebnisse lassen keinen Zweifel darüber, dass Minuszinsen einen Ansturm auf Bankschalter und Geldautomaten zur Folge hätte. Die Höhe der Strafgebühren ist den Bundesbürgern dabei egal. Es geht anscheinend ums Prinzip. Ein Minuszins würde die Seele des deutschen Kleinanlegers sozusagen in ihren Grundfesten erschüttern. „Negativzinsen werden von Privatpersonen offensichtlich nicht toleriert“, sagt Bert Flossbach, Chef des unabhängigen Vermögensverwalters. „Die Bank dafür zu bezahlen, dass man ihr die Ersparnisse überlässt, dürfte für viele Deutsche eine unüberwindbare psychologische Hürde darstellen.“ Die Umfrage zeigt, dass die meisten Sparer zunächst einmal versuchen würden, durch einen Wechsel der Bank den Negativzinsen zu entkommen. Sofern diese Möglichkeit entfällt, weil alle Institute Strafgebühren erheben, käme es zu rabiateren Reaktionen. Dann gibt jeder Zweite an, Bargeld abheben zu wollen. Und 40 Prozent wollen das Geld dem Strafzins dadurch entziehen, dass sie es in Gold oder Produktivkapital wie Fonds oder Aktien umschichten wollen. Drei Viertel des abgehobenen Bargelds würden im Schließfach oder zu Hause landen, lediglich 13 Prozent für den Konsum verwendet. Vor allem die Ärmeren würden Bargeld bunkern. Zwei Drittel der Deutschen, die weniger als 5000 Euro auf der hohen Kante haben, würden dieses Geld vom Konto holen. Die Vermögenderen würden dagegen ihr Geld eher in Fonds und Aktien oder Gold umschichten. Versicherung nutzt Telematik-App D er Versicherer Allianz bietet nun auch einen Telematik-Tarif an, der sicheres Autofahren finanziell belohnt. Der Tarif BonusDrive richtet sich an junge Fahrer bis 28 Jahre. Die Allianz versicherte, der Kunde habe „jederzeit die Hoheit“ über seine Daten. Beispielsweise könne die Datenübertragung beim Fahren für kurze Zeit unterbrochen werden. Das Unternehmen könne keine Rückschlüsse auf Ort und Fahrweg des Autos ziehen. BonusDrive funktioniert über eine Smartphone-App in Verbindung mit einem Bluetooth-Stecker im Auto. Je nach Fahrverhalten erhalten die Versicherten Bewertungen in Form von Bronze-, Silber- oder Goldmedaillen, wie die Allianz mitteilte. „Goldfahrer“ erhielten am Ende des Versicherungsjahres 30 Prozent des Jahresbeitrags zurück, bei Silber seien es 20 Prozent und bei Bronze zehn Prozent. Eine Prämienerhöhung wegen schlechten Fahrstils gibt des demnach nicht. ANZEIGE DER NEUE JAGUAR F-PACE DURCH UND DURCH EIN JAGUAR. Entdecken Sie den vielseitigsten Sportwagen, den Jaguar je erschaffen hat. Der neue Jaguar F-PACE kombiniert sportliches Handling und atemberaubendes Design mit hoher Alltagstauglichkeit und Effizienz. Sein kraftvolles, vom Jaguar F-TYPE inspiriertes Auftreten verleiht ihm eine aufsehenerregende Straßenpräsenz. Dank der Verbindung aus leistungsstarken Motoren, Aluminium-Leichtbau-Konstruktion und modernsten FahrdynamikTechnologien bietet der Jaguar F-PACE sportliche Performance und maximalen Fahrspaß. Ab 16. April bei Ihrem Jaguar Partner. 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APRIL 2016 Der bizarre Siegeszug einer sehr deutschen Brause GETTY IMAGES VON PHILIPP VETTER Tatsächlich steigt nicht nur der Spezi-Absatz der kleinen Augsburger Brauerei, sondern alle Hersteller registrieren Zuwächse. Und dass, obwohl Spezi ein sehr deutsches Getränk geblieben ist. Bislang verkauft sich der ColaMix fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum – dort allerdings in großen Mengen. 733 Millionen Liter wurden laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 2015 an deutsche Haushalte verkauft, der Absatz in der Gastronomie noch nicht mitgerechnet. Und jetzt wollen einige Hersteller auch das europäische Ausland erobern. Bislang stieß die Mischung aus Cola und Orangenlimo außerhalb Deutschlands vor allem wegen ihrer Farbe auf Skepsis. Das „Wall Street Journal“, das der Faszination der Deutschen für die seltsame Brause einen langen Artikel widmete, zitierte Amerikaner, die der Anblick eines Spezis an „Sumpfwasser mit Kohlensäure“ oder „verdünnten Hustensaft“ erinnerte. „Man müsste ein paar Hipster in New York von Spezi begeistern, dann könnte es funktionieren“, glaubt Brauereichef Priller. „Dafür muss man vor allem eine gute Geschichte erzählen.“ Daran mangelt es beim Spezi eigentlich nicht. Entstanden ist das Getränk, so erzählt es Priller, kurz nach dem Krieg. Damals fingen Gäste in bayerischen Wirtshäusern an, Cola mit Orangenlimo zu mischen. Die Mischerei verursachte erst viele angebrochene Flaschen auf dem Tresen und später die doppelte Menge Leergut, die irgendwo gelagert werden musste. Deshalb begann man bei der Brauerei Riegele, eine fertige Mischung in Flaschen abzufüllen. Ab 1956 hieß dieses Getränk Spezi, der Name gehört noch heute der Brauerei. Doch Mitte der 70er-Jahre wuchs den Augsburger Brauern die Nachfrage nach Spezi über den Kopf. „Wir haben gesehen, dass wir es allein nicht schaffen, und haben uns Partner gesucht“, sagt Priller. So entstand der Spezi Markengetränkeverband. Das Prinzip war einfach und gilt bis heute: Kleine Brauereien kauften bei dem Verband eine Lizenz und dürfen dann für ihre Region unter dem Namen Spezi den Cola-Mix abfüllen und verkaufen. Längst ist der Name allerdings zu einem Sammelbegriff für alle Spezi kommt aus Bayern und wurde1956 erfunden. Nun wollen Hersteller mit dem Cola-Orangen-Mix den Rest Europas erobern Mischgetränke aus Cola und Orangenlimo geworden. „Spezi wird wie Tempo als Gattungsname verwendet, aber er ist keiner“, klagt Priller, der darüber gar nicht glücklich ist. Denn das große Geschäft machen inzwischen ausgerechnet die Hersteller, die ihre Produkte nicht Spezi nennen dürfen. Die Vorliebe der Deutschen für die braune Brause entging nämlich auch den amerikanischen Softdrinkriesen nicht. Und die entwickelten Kopien und brachten sie unter eigenen Namen auf den Markt. Pepsi nennt sein ColaMischgetränk Schwip Schwap und ist damit nach eigener Auskunft Marktführer in Deutschland. Der Absatz von Schwip Schwap wachse ständig, seit das Getränk 1969 eingeführt wurde, sagte ein Sprecher. Derzeit verkaufe man jährlich mehr als 200 Millionen Liter. „Der Cola-Mix-Markt ist tendenziell ein deutsches Phänomen. International hat dieser Mix aus Cola und Orange eine deutlich geringere Bedeutung.“ Das bestätigt man auch beim Konkurrenten Coca-Cola. Deren Mischung aus Cola und Fanta verkauft das Unternehmen seit 1973 unter dem Namen Mezzo Mix ebenfalls fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum. Neben Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es die Marke nur noch in Finnland. Sogar innerhalb Deutschlands gibt es, was den Spezi-Konsum angeht, ein klares Süd-Nord-Gefälle. Während Mezzo Mix in Süddeutschland zu den drei meistverkauften Marken des Coca-ColaKonzerns gehöre, schaffe es der Mix in Norddeutschland nur unter die Top Ten. Doch gerade die kleinen Hersteller erobern inzwischen auch immer stärker die Regionen nördlich der Mainlinie. „Wir haben inzwischen auch viele Abnehmer in Hamburg und Berlin, die original Spezi bestellen“, sagt Priller. Der kleine Hamburger Hersteller Fritz-Kola will nun sogar über die Landesgrenzen hinaus expandieren. Mit seinem Cola-Mix unter dem Namen Mischmasch wolle man den Schritt in andere europäische Märkte wie Frankreich und Großbritannien wagen, sagte ein Gründer dem „Wall Street Journal“. Diesen Schritt hat Priller schon hinter sich. „In der Schweiz sind wir beispielsweise gescheitert“, erzählt er. Immer mal wieder probiert auch die Augsburger Brauerei, ob sich mit der wohl deutschesten Limonade ein ausländischer Markt erobern lässt – allerdings inzwischen nur noch auf Nachfrage lokaler Partner. „Export machen wir, wenn jemand auf uns zukommt und uns fragt“, sagt Priller. Derzeit probiert es ein Händler in Kroatien. Davon profitiert auch die Münchner Paulaner-Brauerei, die ebenfalls ein Spezi anbietet. Von 2011 bis 2014 stieg der Absatz des Paulaner Spezis jedes Jahr um durchschnittlich mehr als 21 Prozent. Weil das Geschäft brummt, erweiterte die Brauerei 2014 sogar die Abfüllkapazität. All das geht aus den Bilanzen hervor. Über Spezi sprechen will man bei Paulaner nicht und schon gar nicht verraten, wie viele Liter jährlich verkauft werden. „Wir freuen uns, dass unser Spezi so vielen schmeckt“, sagte eine Sprecherin nur. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung In der Bilanz ist Spezi Teil der Gruppe der alkoholfreien Produkte, zu der auch andere Mischgetränke gehören. Klar ist: Die Bedeutung dieser alkoholfreien Produkte hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 2014 machte Paulaner in diesem Bereich einen Umsatz von 20,9 Millionen Euro, ein Plus von 31 Prozent im Vergleich zu 2009. Der Bierumsatz sank im selben Zeitraum um 3,8 Prozent. Dass man bei Paulaner einsilbig wird, wenn es um das Thema Spezi geht, könnte auch daran liegen, dass man den Konkurrenten im nahen Augsburg nicht zusätzlich reizen will. Denn für Sebastian Priller von Riegele ist die Tatsache, dass Paulaner ein Konkurrenzprodukt unter dem Namen Spezi verkaufen darf, ein „ganz trauriges Kapitel unserer Geschichte“. Die Münchner Unternehmen müssen nicht wie die anderen bayerischen Brauereien eine regelmäßige Gebühr für die Nutzung des Namens zahlen. Paulaner habe bereits vor Gründung des Markenverbandes für eine einmalige Lizenzzahlung das Recht erworben, dauerhaft Spezi zu verkaufen. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT MANAGEMENT & KARRIERE 23 FREITAG, 8. APRIL 2016 Richtige Anreize U m Mitarbeiter zu motivieren, sind finanzielle Anreize wie ein Bonus oder ein paar lobende Worte oft sinnvoll. Aber richtig loben will gelernt sein. Und variable Vergütungen verfehlen häufig die vom Arbeitgeber erhoffte Wirkung, ergeben mehrere Studien. Sie beeinflussen also nicht die Umsatzhöhe oder die Entwicklung des Marktanteils. gehalts ausmache. Gibt es weniger Geld, sind viele nicht extra motiviert. Außerdem muss das System der finanziellen Anreize fair sein. Wird es als unfair angesehen, demotiviert es eher, sagt Meinecke. Das könnte die Erklärung für die Ergebnisse einer Untersuchung der Hay Group sein: Der Personaldienstleister hat die Bonussysteme von deutschen Vertriebsmitarbeitern untersucht und festgestellt, dass dieser Bereich anders vergütet wird als der Rest der Beschäftigten. Provisionen und Bonuszahlungen würden eine wichtige Rolle im Vertrieb spielen, heißt es bei der Hay Group, die die Gehaltsstrukturen von 117 größeren deutschen Unternehmen untersucht hat. Bei der Befragung von Vertriebsspezialisten sei herausgekommen, dass zwischen zehn und 30 Prozent der Vergütung variabel ist. Die Höhe und die Form des variablen Anteils am Gehalt hätten aber kaum Einfluss darauf, VON STEPHAN MAASS Ein Grund dafür ist die Höhe von Bonus oder Provision. Sie könnten das Engagement der Arbeitnehmer nur steigern, wenn sie hinreichend groß seien, sagt Annika Meinecke. Sie forscht am Institut für Psychologie der Technischen Universität Braunschweig zum Thema. Studien hätten gezeigt, dass ein messbarer Effekt bei der Mitarbeitermotivation nur dann zu sehen sei, wenn die Bonuszahlung mindestens sieben Prozent des jährlichen Brutto- GETTY IMAGES/WESTEND61WESTEND61 Mitarbeiter brauchen Anerkennung, damit sie motiviert sind. Doch nur wenige Chefs finden das richtige Maß Da liegt der Apfel. Aber ist das Angebot wirklich verlockend? ob die Ziele im Vertrieb auch erreicht würden. „Provisionen und Bonuszahlungen in der bisherigen Form sind nicht der richtige Ansatz“, sagt Thomas Haussmann, Vergütungsexperte der Hay Group. „Die Ergebnisse unserer Studie lassen an Sinnhaftigkeit und Zielführung üblicher variabler Vergütungsmo- delle im Vertrieb zweifeln.“ Für die Psychologin Meinecke sind Boni oder Provisionen nicht grundsätzlich falsch. Aber es komme darauf an, ob es objektiv messbare Kriterien gebe, nach denen der Bonus verteilt werde. Häufig seien die Kriterien jedoch subjektiv, dann werde das System schnell als unfair wahrgenommen. Lob funktioniere grundsätzlich ebenfalls, um Mitarbeiter zu motivieren, sagt die Braunschweiger Psychologin. Ob Geld oder Lob am Ende mehr motiviert, lasse sich mit letzter Sicherheit jedoch nicht sagen. Im Idealfall sollten Personaler eine Kombination aus beidem anwenden, so die Empfehlung. Schlecht sei, die Leistung der Mitarbeiter zu steigern, indem man Druck mache und Angst verbreite. Dann seien in der Regel eine erhöhte Fluktuation in der Belegschaft sowie ein hoher Krankenstand die Folgen, sagt Meinecke. Richtig zu loben beherrscht aber bei Weitem nicht jeder Chef. Wer bei der Arbeit sein Bestes gibt und trotzdem nie ein Lob hört, ist schnell verunsichert. Doch möglicherweise ist der Chef zufrieden und er könne bloß nicht loben, sagt Claudia Fröse, Beraterin für betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Techniker Krankenkasse (TK). ANZEIGE Ja, ich möchte die kompakte Kombi testen: 4 Wochen WELT KOMPAKT und WELT AM SONNTAG Kompakt Ich lese DIE WELT Kompakt und WELT AM SONNTAG Kompakt 4 Wochen für nur 19,90 € und erhalte ein Geschenk. KI1601-D01-WK01SZ Jetzt 2 Zeitungen testen und Geschenk dazu sichern! Lexon Wendewecker „Flip“ (64491) Taschenmesser „Camper“ (65073) Ladegerät „Power Tube 2600U“ (66252) Mein Geschenk (bitte nur 1 Kreuz): Tipp: DIE WELT DIGITAL Komplett KI1601-D02-WK01SZ gleich mitbestellen! Ich beziehe zusätzlich DIE WELT Online, Smartphone- und Tablet-App zum Vorteilspreis von nur 23,89 € insgesamt. Sie haben die Wahl Name Vorname Geburtsdatum (freiwillige Angabe) Straße/Nr. 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Gleich bestellen! 70 % sparen 0800/588 97 60 www.welt-kompakt.de/4wochen DIE WELT Kompakt/WELT AM SONNTAG Kompakt erscheint im Verlag Axel Springer SE, Axel-Springer-Str. 65, 10888 Berlin, 0800/588 97 60. Vertreten durch den Vorstand, Amtsgericht Charlottenburg, HRB 154517 B. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung E-Mail (bitte angeben) Ich zahle bequem per SEPA-Lastschriftmandat: DE Ihre BLZ Ihre Kto.-Nr. IBAN Das SEPA-Lastschriftmandat kann ich jederzeit widerrufen. Die Mandatsreferenz wird separat mitgeteilt. Name/Vorname des Kontoinhabers (falls abweichend vom Leser) Anschrift des Kontoinhabers (falls abweichend vom Leser) Ich erwarte Ihre Rechnung. Ich bin damit einverstanden, dass die Axel Springer SE mir weitere Medienangebote per Telefon/E-Mail/SMS unterbreitet. Dieses Einverständnis kann ich jederzeit widerrufen. Wenn ich danach weiterlesen möchte, brauche ich nichts zu tun. Ich lese DIE WELT Komapkt und WELT AM SONNTAG Kompakt dann zum regulären Bezugspreis von monatlich zzt. 19,90 € bzw. 23,89 € inkl. DIE WELT DIGITAL Komplett. Das Angebot gilt nur in Deutschland und nur, solange der Vorrat reicht. Der Versand des Geschenks erfolgt nach Zahlungseingang. Ich kann der Nutzung meiner Daten zu Werbezwecken jederzeit beim Verlag widersprechen: DIE WELT Kompakt/WELT AM SONNTAG Kompakt, Brieffach 25 60, 10867 Berlin, Fax: 0800/588 97 61. Alle Informationen über Ihr gesetzliches Widerrufsrecht und die Widerrufsbelehrung finden Sie unter www.welt-kompakt.de/widerruf. Ich ermächtige die Axel Springer SE, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der Axel Springer SE auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. X Datum Unterschrift Bitte ausgefüllten Coupon senden an: DIE WELT Kompakt/ WELT AM SONNTAG Kompakt, Brieffach 30 93, 10867 Berlin WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 24 LIFESTYLE DIE WELT KOMPAKT Lady Gaga in Blau FREITAG, 8. APRIL 2016 W ie lässt sich das Gefühl beschreiben, wenn eine sehr schöne Blüte in einer unpassenden Umgebung blüht. Ist es Mitleid, weil die Bedauernswerte es nicht besser getroffen hat? Oder Zorn, weil ihre ganze Schönheit sinnlos scheint? STEFAN BEETZ/ SBEETZ.COM VON ELKE VON RADZIEWSKY Die Iris gilt mit ihren blauen Wunderblüten als zarte Garten-Exotin. Unsere Expertin weiß, wohin man sie verpflanzen sollte Seit Jahren gucke ich neidisch, wenn ich Frühlingsiris blühen sehe. Sie erscheinen mir ungewöhnlicher, exotischer, schöner als alle ihre Verwandten im Sommer, von denen Fein marmoriertes Rindfleisch macht das Tatar perfekt Ein bisschen Korea, ein bisschen Spanien Im Kochu Karu gibt es Rindertatar mit spanischen Mandeln und Miso-Aioli Die Frühlingsiris in voller Blüte - inklusive Honigmal Bin ich zu alt für Carmen-D Schulterfrei liegt diesen Sommer im Trend. Doch kann man die Brigitte-Bardot-Gedächtnisblusen mit Ü40 überhaupt noch tragen? GETTY IMAGES NORTH AMERICA/NEILSON BARNARD Zutatenliste für Dry aged Beef Tatar, Spanische Mandel, Miso- Aioli: Für das Tatar: 240 g Rinderfilet, stark marmoriert, trocken gereift 30g Helle Sojasauce 5g Fleur de Sel 10g gerösteter, gemahlener schwarzer Pfeffer 10g rosa Knoblauch, feingewürfelt 10g Gochujang, koreanische Chilipaste 15g Blütenhonig 30g Grober Senf 45g Sesamöl Für die Miso-Aioli: 125g Seidentofu 15g Rosa Knoblauch, fein gewürfelt 30g frisch gepresster Zitronensaft 10g dunkle Sojasauce 35g koreanische Misopaste 65g Olivenöl 5g Fleur de Sel 100g Marcona Mandel, geröstet, gesalzen und geschrotet 50g Nashi Birne oder wahlweise Granny Smith Apfel 1 Schale Rote Shiso Kresse Zubereitung: Das vorgekühlte Rinderfilet mit einem Messer in feine Würfel schneiden, je nach Wunsch anschließend zu feinerem Püree hacken. Fleisch in Schüssel legen, mit Folie abdecken, kühlstellen. Für die Marinade alle Zutaten in einem hohen Becher mit einem Stabmixer fein pürieren. Die Marinade bei Raumtemperatur ca. zwei Stunden ziehen lassen. 30 Minuten vorm Servieren Fleisch und Marinade miteinander vermengen und zu kleinen Bällchen formen. Diese in den Marcona Mandeln wälzen. Für die Miso-Aioli alle Zutaten in einem Becher abwiegen und mit einem Stabmixer sehr fein pürieren. Das Öl in kleinen Portionen hinzugeben, so gelingt die Emulsion besser. Mit Fleur de Sel oder mit etwas Zitronensaft abschmecken und die Sauce in eine Dressierflasche oder einen Beutel füllen. Birne oder Apfel in Streifen schneiden. Shiso Kresse schneiden. Jeweils drei Bällchen für eine Portion auf einen Teller legen und mit der Aioli gleichmäßige Tupfer um die Bällchen herum setzen. Mit Obstscheiben und Shiso Kresse garnieren. GETTY IMAGES/ CHRIS BURROWS er sich für die Fusion-Küche begeistert, ist im Kochu Karu richtig: In dem minimalistisch eingerichteten Restaurant in Berlin-Prenzlauer Berg verbinden der spanische Koch José Miranda Morillo und die koreanische Opernsängerin Bin Lee-Zauner die traditionellen Gerichte ihrer beiden Heimatländer miteinander. Tapas beziehungsweise Banchan sind kleine Gerichte, die sowohl für Spanien als auch für Korea typisch sind wie das heutige Tartar. STEFAN BEETZ/ SBEETZ.COM W Bini Lee-Zauner und José Miranda Morillo Olivia Palermo in Carmen-Bluse Wer nach dem Begriff CarmenSpaghetti im Internet sucht, stößt zuerst auf eine Pizzeria in Playa del Carmen in Yukatan und gleich darauf auf eine große Auswahl üppiger Hochzeitskleider. VON SUSANNE KALOFF Doch das Carmen-Dekolleté, also ein schulterfreies Kleid (oder Bluse), erlebt gerade eine noch weit über die Brautmode reichende Renaissance, vor al- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung lem in Kombination mit Spaghettiträgern, die das Herunterrutschen lasziv aufhalten sollen – warten Sie mal ab, bis die Temperaturen steigen. Sämtliche Marken von Ganni über The Reformation (machen die schönsten Wiesenblumen-auf-schwarzem-Grund-Dresses) bis zu Hervé Léger. Egal, ob mit Trägern oder ohne, gerafft, mit Volantärmeln oder wie bei dem kalifornischen Label Bailey 44 als eng anliegen- WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 sie sich vor allem durch die stoppelkurzen Stiele unterscheiden. Sie sind Zwerge, treiben ihre Knospen pfeilspitz wenige Zentimeter über die Erdoberfläche, um ihre blauen Wunderblüten zu öffnen, im Dreiklang symmetrisch, Hänge- und Domblätter, Kämme und Bärte, mit Honigmalen in verschiedensten Leopardenmustern – Lady Gaga in noch winterkalten Beeten. Vor einem Jahr, im März, habe ich wieder welche gesehen, damals in dem berühmten Steingarten des Berliners Jörg Stellmacher. Die Exotinnen standen verstreut auf LIFESTYLE 25 FREITAG, 8. APRIL 2016 Steinstufen und Vorsprüngen, überdacht von kleinwüchsigen Kiefern und Lilliput-Weiden. Der ganze Garten ist eine kostbare Miniatur, es geht auf und ab, überall blüht Seltenes und Rares. Und auch wenn der Gärtner behauptet, er jäte nicht, so verbringt er doch jeden Tag viele Stunden zwischen seinen Gewächsen. Er rückt und schiebt, formt und sortiert. Ganz im Gegensatz zu mir, bei der sich die Pflanzen allein behaupten müssen. Trotzdem, mit den Iris sei es ganz einfach, sagte er. Es war tatsächlich einfach, im Herbst Zwiebeln der kleinen Kost- barkeiten zu bekommen. Schwer wurde die Entscheidung, welche von den vielen Namensformen es sein soll, die unterm Blütenporträt im Katalog stehen. Anschauen muss ich sie doch einmal und wer weiß denn schon, welche durchkommen werden. Durchgekommen sind sie alle, es ist die Eigenart der sogenannten Geophyten (von Geo gleich Erde und Phyto gleich Pflanze), in den Zwiebeln alle Energie zu speichern, die sie zum Austreiben in ungünstigen Lebensbedingungen brauchen. Und der holländische Händler Nijssen hatte gute Ware geliefert. Doch wie ergeht es Lady Gaga in meinen weit gestreckten Beeten, zwischen kahlen Sträuchern, abgestorbenen Blättern, die erst langsam abgeräumt werden. Ihre Extravaganz scheitert an der Realität. Obwohl sie Regen und Nachtfröste aushalten, stehen sie mit all ihrer Pracht wie Mauerblümchen da. Die gelben und weißen Leuchtfeuer (Honigmale) auf ihren Blütenzungen wirken nicht weit genug, das Blau entwickelt einfach keine Fernwirkung. Jedes einfache Schneeglöckchen ist charmanter. Es gibt einen Kompromiss: Die Geophyten gedeihen in Töpfen. Eine Freundin hat Topf um Topf mit derartigen Schätzen gefüllt. Die Oberflächen mit grobem Kies gegens Austrocknen und Verunkrauten abgedeckt und sie alle zusammen in einem Kasten an der Hauswand untergebracht. Der Kasten ist gegen zu viel Frost und Feuchtigkeit gepolstert und kann abgedeckt werden. Wenn die Blüten treiben, nimmt die Freundin seltene Schneeglöckchen, funkelnde Iris (Iris reticulata), später Scilla und winzigblütige Gebirgsnarzissen heraus und stellt sie auf ein Podest – Catwalk für die Zarten im Blumengarten. T Die Autorin leitet das Ressort „Garten“ bei „Architektur und Wohnen“. Zwergiris, Iris reticulata und viel mehr bei: www.nijssenbulbs.nl ekolletés? des Top aus Jersey. Eins haben sie alle gemein: Das Schlüsselbein liegt frei. Schulterfreie Kleider, darauf stand schon Brigitte Bardot in Saint-Tropez am Arm von Gunter Sachs, der solidarisch sein Hemd bis zur Brust öffnete. Das Besondere am weiblichen Freilegen der Schulterpartie: Es zeigt eine Stelle, die man eigentlich nur zeigt, wenn man nackt ist. Gleichzeitig ist man aber vollständig angezogen. Vor allem Frauen, die ab vierzig über ihre Oberarme klagen, werden den CarmenTrend begrüßen. Die unschuldige und doch deutliche Sprache, das kennt man von der klassischen DirndlBluse. Und der Ausschnitt der Saison geht tatsächlich auch auf eine Tracht zurück, allerdings auf eine spanische. Und da sind wir auch schon beim springenden Punkt: Um nicht zu viel Olé-Olé ins Outfit zu bringen, sollte man auf dunkle Rot-Töne in Verbindung mit changierenden Stoffen tunlichst verzichten. Gleiches trifft auf Accessoires zu, die Flamenco-Assoziationen wecken könnten. Eher weiße Sneaker zu dem hellblau-weiß gestreiften Ganni-Hängerchen wählen, damit kann man sich im Sand von Sylt genauso gut blicken lassen wie im Büro. Schulterfrei ist wieder trendy: Kleid von 0039 Italy Wie man aus harten Kerlen sanfte Männer macht Bernhard Roetzel hat seinen Modebuch-Klassiker „Der Gentleman“ gründlich überarbeitet D ie angelsächsische Spezies der Gentlemen hat bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Die Idee, jede Situation formvollendet und ohne Mühe zu meistern – und sei es, dass man gerade alles komplett vergeigt –, ist seit Jahrhunderten das sehnlichste Ziel vieler Männer. Die Unerreichbarkeit des Ideals erhöht den Reiz naturgemäß ungemein, genauso wie der Neid, der als Lohn der Geschlechtsgenossen winkt, wenn man dem Konzept nahekommt. VON PHILIP CASSIER Traditionalisten zufolge geht mit Gentlemen immer auch ein bestimmtes Erscheinungsbild einher. Dass mit Bernhard Roetzel ein Deutscher im Jahr 1999 das umfassendste Buch zu diesem Thema veröffentlichte, sorgt auf der Insel noch immer für Erheiterung: Das „Standardwerk der klassischen Herrenbekleidung“ wird bis heute weltweit gelesen, es findet sich in englischen Maßschneidereien genauso wie in den Regalen der CEOs italienischer Designmanufakturen und Tuchwebereien. Der Erfolg könnte daran liegen, dass Roetzel sich jedem Thema – Bekleidung, Schuhe, Accessoires – mit deutscher Gründlichkeit zum Detail widmete. Dieser Autor kennt nicht nur die Produkte und Dresscodes, sondern auch die dazugehörigen Techniken, Werkstätten und ihre Menschen. Die Entstehung von Anzügen oder Schuhen wird minutiös in Wort und Bild erklärt. Dafür gebührt Roetzel großer Dank; nicht viele können von sich behaupten, ein derartig umfassend gültiges Werk verfasst zu haben. Und die Schwemme entsprechender Schriften, die sich irgendwie mit Männern und Stil befassen, ohne handwerkliche Hintergründe auszuleuchten, lassen das Buch nur noch heller strahlen. Nun legt der Autor eine Neuauflage im Verlag h. f. ullmann vor, die die Wandlungen reflektiert, die sich seit der Jahrtausendwende ergeben haben. So trägt Roetzel beispielsweise der Tatsache Rechnung, dass italienische Anzüge ihre Position im Vergleich zur Maßware von Londons Savile Row weltweit ausbauen konnten, dazu gibt es neue Einträge über Schuhe und Bekleidung aus Österreich. Nerds könnten noch immer mäkeln, dass es sich bei den meisten Namen – Kiton, Brioni, Henry Poole, Knize, John Lobb etc. – nicht wirklich um Insidertipps handelt. Aber das wäre bei einem Handbuch zu viel verlangt. Konsequent beibehalten hat Roetzel, dass das Preisniveau seiner besprochenen Produkte im obersten Bereich liegt. Dem Autor zufolge kauft ein Gentleman wenige und hochwertige Produkte, und das Buch hilft wie kein zweites, Gutes von Schlechtem zu unterscheiden. Insofern passt es ausgezeichnet in unsere Zeit mit ihrem Nachhaltigkeitsfetischismus. Bedauerlich ist, dass Roetzel sich nicht dazu entschied, diesmal mehr darüber zu schreiben, was den Gentleman abseits seiner Bekleidung ausmacht. Zum Ärgernis taugt das Titelfoto: Der Autor posiert persönlich. Einen Gentleman aber erkennt man bekanntlich daran, dass er sich nie selbst als Gentleman bezeichnen würde – zur Schau stellen sich nur Snobs. Ein unnötiger Makel, dem herausragenden Wert des Inhalts kann das aber nichts anhaben. Bernhard Roetzel: Der Gentleman h.f.ullmann 376 S., 29,90 Euro MARTIN LENGEMANN DIE WELT KOMPAKT Gentlemen lieben Tweed: Die Londoner Schneider von Henry Poole © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 26 INTERNET DIE WELT KOMPAKT FREITAG, 8. APRIL 2016 HÄNGENGEBLIEBEN - DER WEB-TIPP The Fallen of WWII NEIL HALLORAN VON Über kein Kapitel starben, als die JAKOB HANKE der Zeitgeschichte Regierung unter ist wohl ausführliChiang Kai-shek cher recherchiert beschloss, die und publiziert worStaudämme am den als über den Zweiten Gelben Fluss zu öffnen und Weltkrieg. Auch die zivilen damit die eigene Bevölkerung und militärischen Opferzahlen zu ertrinken zu lassen. Und sind jedem Abiturienten be- zwölf mal so viele Menschen kannt. starben in der von DeutschUnd doch vermag es das land organisierten Shoah. Daten-Projekt „The Fallen of Auch dieses schrecklichste KaWWII“ das pitel des Ausmaß der Krieges Zerstörung zeigt der auf eine Film mit neue, sehr nackten simple und Zahlen. Natürlich extrem wirkkann man same Art und darüber disWeise zu zeikutieren, ob gen. Die Zahlen und Website besteht aus einem computerani- Statistiken eine angemessene mierten Film, der mit drama- Art sind, über menschengeturgisch gut aufgebauten Vi- machtes Leid nachzudenken. sualisierungen den Verlauf Aber die Macher vermeiden des Zweiten Weltkriegs und es, Opferzahlen gegeneinandie Opferzahlen in den vom der aufzuwiegen. Stattdessen Krieg betroffenen Ländern ist die Botschaft des Films eiund Gruppen im Vergleich ne optimistische: Seit dem zeigt. Zur Wirkung trägt der Zweiten Weltkrieg ist unsere Einsatz von Fotos bei, die un- Welt deutlich friedlicher geter Zuhilfenahme des soge- worden. nannten Ken-Burns-Effekts www.fallen.io durch Zooms den Anschein von Bewegung erwecken. Den Film kann man anhalten, um in den interaktiven DER MOBILE VIDEO-TIPP Grafiken einzelne Details, etwa zu den verschiedenen Kriegsschauplätzen und Schlachten zu erfahren. Wer in Deutschland an Schlachten im Zweiten Weltkrieg denkt, denkt an Stalingrad, an Omaha Beach, an die Schlacht um Berlin. Eine halbe Da kommt Nostalgie auf: Ein Million deutsche Soldaten Bastler hat sein Raspberry Pi starben in Stalingrad, genauso Zero in einen Game Boy verviele wie in allen Kämpfen an wandelt – inklusive SD-Karten-Adapter. So lassen sich der Westfront. Weniger bekannt, aber im mit der Konstruktion all die Film thematisiert: Die rund alten Spieleklassiker zocken. http://bit.ly/1VB09qJ 500.000 Opfer, die in China Vivaldi-Browser ist fertig Vivaldi Technologies hat die Beta-Entwicklungsphase seines neuen Browsers abgeschlossen. Vivaldi kann nun in der stabilen Version 1.0 kostenlos heruntergeladen werden, wie der Entwickler mitteilt. Der Browser soll besonders funktional sein: Tabs lassen sich etwa einfach per Drag & Drop in Gruppen zusammenfassen, um so eine bessere thematische Übersicht über die geöffneten Seiten zu bekommen. Und auch das Erstellen von Notizen und Screenshots sowie das Speichern von Anhängen und Internetadressen während des Surfens kennt man als Anwender in dieser Form bislang nicht. Die Materialsammlungen lassen sich dann später einfach bearbeiten und durchsuchen. Eine Steuerleiste für die Notizen und andere nützliche Funktionen lässt sich schnell per F4-Taste ein- und ausblenden. Darüber hinaus sind alle Leisten anpass- und verschiebbar. Tasten-Kurzbefehle werden zur Steuerung ebenso unterstützt wie Mausgesten oder die Pfeiltasten zur räumlichen Navigation auf Webseiten. Auch ein E-Mail-Client ist integriert. Vivaldi basiert auf der Chromium-Engine und unterstützt die Installation von Chrome-Erweiterungen. Mini-iPhone: Fort- oder Rückschritt? A pples neues iPhone SE ist keine Revolution und will das auch nicht sein – es ergänzt schlicht das bestehende Sortiment von Apple-Smartphones um ein günstiges Modell mit kleinem Bildschirm. VON STEPHAN DÖRNER Dazu setzt Apple beim iPhone SE überwiegend auf die bewährte Technik des aktuellen iPhone 6S. Im Grunde ein schnelles aktuelles iPhone zum günstigen Preis. In der vergangene Woche habe ich mein riesiges iPhone 6 Plus gegen das neue iPhone SE eingetauscht – das größte gegen das derzeit kleinste iPhone von Das neue Apple-Modell SE bietet viel Smartphone für wenig Geld – wenn es nur nicht so klein wäre Apple. Der Unterschied sind rund 4 Zentimeter in der Bildschirmdiagonale. Klingt nicht nach viel? Ist es aber. Heute bietet Apple das iPhone in insgesamt drei Größen an: Das neue iPhone SE mit 4-Zoll-Bildschirm, das iPhone 6S mit 4,7Zoll-und das iPhone 6S mit 5,5Zoll-Bildschirm. Der von mir gewohnte 5,5-Zoll-Bildschirm misst rund 14 Zentimeter in der Diagonale, der des iPhone SE mit 4Zoll-Bildschirm rund 10 Zentimeter. Mein erster Gedanke: „Mein Gott ist das winzig.“ Dabei war ich lange sogar einen noch kleineren Bildschirm gewöhnt: Das Display des iPhone 4S hatte sogar nur eine 3,5-Zoll-Diagonale. Doch zunächst zum Inneleben: Am iPhone SE gibt es technisch nichts zu bemängeln. Es ist blitzschnell, denn im günstigen SE arbeitetet derselbe Haupt- und Grafikprozessor wie in den beiden großen Brüdern iPhone 6S und 6S Plus. Nur auf die Funktion „3D Touch“ müssen Käufer des iPhone SE verzichten. Schade, denn 160 Dollar Herstellungskosten Die in Apples neuem iPhone SE verbauten Komponenten sind insgesamt rund 156 Dollar wert, schätzt das Marktforschungsunternehmen IHS in einer aktuellen Analyse. Samt Zusammenbau kostet die Herstellung eines iPhone SE demnach rund 160 Dollar (etwa 140 Euro). Nicht in die Berechnung von IHS fließen die Kosten für Hardware- und Softwareentwicklung, Vertrieb, Garantieleistungen, Support und Lizenzgebühren ein. Im Verkaufspreis ist auch die gesetzliche Mehrwertsteuer enthalten. Apples Marge ist beim iPhone SE aufgrund des geringeren Verkaufspreises niedriger als bei bisherigen iPhone-Modellen. Wie üblich lässt sich Apple aber vor allem einen größeren Speicher teuer bezahlen: Die günstigste Variante besitzt nur 16 © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Gigabyte Speicher für Daten und Apps. Das Modell mit 64 Gigabyte Speicher kostet in Deutschland 100 Euro mehr. Das Speichermodul mit 64 Gigabyte kostet laut IHS im Einkauf allerdings nur elf Dollar mehr als das Modul mit 16 Gigabyte. Im US-Markt streicht Apple damit laut den Marktforschern zusätzlich 89 Dollar Profit für die Speichererweiterung ein. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 INTERNET 27 FREITAG, 8. APRIL 2016 diese Funktion ist eine nützliche Innovation, zum Beispiel um EMails in einer Vorschau zu öffnen, ohne sie als gelesen zu markieren. Die Fotos sind dagegen – wie von den anderen aktuellen iPhoneModellen gewohnt - brillant. Insgesamt bekommt der Käufer beim iPhone SE daher so viel iPhone wie noch nie zuvor fürs Geld: Schon ab 489 Euro gibt es aktuelle iPhone-Technik – der bisher günstigste Einstieg in die iPhone-Welt. Diese Version hat dann allerdings nur 16 Gigabyte Speicher für Daten und Apps. Das ist selbst für die meisten Einsteiger schnell zu wenig. Daher ist der Griff zur 64-Gigabyte-Version für 589 Euro auf jeden Fall die bessere Wahl. Also viel moderne iPhoneTechnik für wenig Geld? Wäre da nur nicht der kleine Bildschirm. Mit dem kleinen Bildschirm ging es mir so wie früher mit Mäusen ohne Mausrad: So lange ich nicht wusste, was ich vermisse, hatte ich mit Mäusen ohne Mausrad kein Problem. Doch heute will ich nie wieder zurück. Dasselbe galt nun auch für den großen Bildschirm: Nachdem ich mich an die Größe des iPhone 6 Plus gewöhnt hatte, war der Weg zurück äußerst schmerzhaft. Das Resultat: In den ersten Tagen vertippe ich mich ständig beim Schreiben von E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten. Und auch am Ende der Woche sind Vertipper immer noch häufiger als auf meinem großen iPhone. Das reine Lesen von E-Mail und Webseiten bereitet mir dagegen auf dem kleinen Bildschirm keine Schwierigkeiten. Weniger Spaß machen natürlich Spiele oder das Betrachten von Videos und Bildern auf dem kleineren Display. Das Gefühl der Winzigkeit des Bildschirms verschwindet nicht. Dabei hat ein kleiner Bildschirm natürlich auch Vorteile: Geschmeidig verschwindet das iPhone SE in jeder Hosentasche und ist dabei kaum spürbar. Und bei einem Nachteil kleinerer Smartphones hat Apple gute Arbeit geleistet: Der Akku des iPhone SE wurde gegenüber dem iPhone 5S stark verbessert, er übersteht im Test jeden Tag. Laut Apple soll die Laufzeit sogar die des iPhone 6S übertreffen – nicht aber die des iPhone 6S Plus, das einen größeren Akku besitzt. Für Apple ist das iPhone SE damit ein klarer Fortschritt: Die alten 4-Zoll-Geräte haben sich schon bisher immer noch gut verkauft – mit dem SE hat Apple damit auch endlich ein Smartphone mit aktueller Technik für alle Liebhaber kleinerer Bildschirme im Angebot. Tatsächlich hat Apple damit nun das einzige wirklich kleine Smartphone mit Top-Ausstattung im Angebot. Sonys Xperia Z5 Compact beispielsweise heißt zwar „Compact“, ist aber mit seinem 4,6-Zoll-Bildschirm eigentlich nicht besonders klein. Für mich persönlich jedoch ist ein kleiner Bildschirm ein klarer Rückschritt. Für alle, die – aus welchen Gründen auch immer – auf einen kleinen Bildschirm bestehen, ist das iPhone SE das bisher beste Apple-Smartphone im 4-Zoll-Format. Neue TV-Trends für das Wohnzimmer Hersteller zeigen sich so innovationsfreudig wie lange nicht mehr I n rund vier Millionen deutschen Haushalten flimmern Nachrichten, Sport und Spielfilme noch immer über einen Röhrenfernseher. Diese Zahl hat TNS Infratest für den Astra-TVMonitor 2015 ermittelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Jahr noch einige der klobigen Kisten gegen einen schmalen Flachbildfernseher ausgetauscht werden, ist allerdings hoch: Denn sportliche Großereignisse wie etwa die bevorstehende FußballEM oder die Olympischen Sommerspiele haben in der Vergangenheit den TV-Absatz verlässlich angekurbelt. Die entscheidenden Fragen für Käufer: Sollte das neue TV bereits UHD-Auflösung bieten, macht ein gebogenes Display Sinn und sind HDR- Gerade kommen die ersten UHD-Blu-rays samt Playern auf den Markt. Experte Knaak geht aber nicht davon aus, dass dies dem Markt spürbare Impulse verleihen wird – im Gegensatz zu den aufkommenden UHD-Angeboten der Streamingdienste: „Wie im Musikgeschäft wird auch die Filmindustrie erleben, dass Datenträger seltener gekauft werden. Neben Ultra-HD hört man im Zusammenhang mit Flachbildfernsehern immer öfter das Kürzel HDR. Das bedeutet High Dynamic Range, also großer Dynamik-Umfang. „Gemeint ist dabei ein überdurchschnittlicher Helligkeitsunterschied zwischen Schwarz und Weiß, also ein überdurchschnittlich hoher Kon- DPA-TMN/ FLORIAN SCHUH GETTY IMAGES, GESTALTUNG: KATJA MANKIEWICZ DIE WELT KOMPAKT OLED-Displays haben in dämmeriger Umgebung ihre Stärken Technologie und ein erweiterter Farbraum wichtig? Für Peter Knaak von der Stiftung Warentest führt an einem Gerät mit Ultra-HD-Auflösung (3840 mal 2160 Pixel) künftig kein Weg mehr vorbei. „In der Größenklasse ab etwa 100 Zentimeter wird UHD bald der Standard sein“, erklärt er. Seine Empfehlung: Wer ein großes TV-Gerät in ein kleines Zimmer stellen will, sollte sich für UHD entscheiden. Der Grund: „Auf kurze Distanz kann ein normalsichtiger Mensch oder Brillenträger die Pixelstruktur des HD-Displays sehen, nicht aber die feinere Struktur eines UHD-TVs.“ Der hat in jeder Dimension nämlich doppelt so viel Bildpunkte wie ein Full-HD-TV. trast“, erklärt Christoph de Leuw von der Zeitschrift „Computerbild“. Außerdem gehöre ein breiteres Farbspektrum dazu. „Mit Hilfe dieser Optimierungen sollen sich Filme natürlicher und lebensechter darstellen lassen“, sagt der Experte. Ein besserer Kontrast und natürlichere Farben hätten nach Ansicht von Peter Knaak schon viel früher Einzug in die Geräte erhalten müssen. Nun seien die Hersteller auf dem richtigen Weg: „Endlich tun sie wieder etwas für die Hauptaufgabe eines Fernsehers: gute Bilder zeigen.“ Der Trend zu UHD passe dazu: Mit dem Plus an Bildpunkten stellten neue Fernseher die feiner abgestuften Farb- und Kontrastverläufe besser dar. Trotz- dem werde die Hoffnung auf eine größere Detailfülle durch Ultra HD enttäuscht: „Die ist nur bei einem ungewohnt kurzen Sehabstand sichtbar, bei dem der Zuschauer jedoch – wie in der ersten Reihe mancher Kinos – ständig den Kopf drehen muss, wenn außerhalb der Bildmitte etwas passiert“, sagt Knaak. Bei einem 65-Zöller (165 Zentimeter Diagonale) etwa sei die volle Auflösung nur bis zu einem Sehabstand von 1,25 Meter sichtbar. Alles im Blick hätte ein Zuschauer erst ab einer Distanz von knapp zwei Metern. Von gebogenen TV-Bildschirmen, so genannten Curved-Displays, hält Warentester Knaak nicht besonders viel. Der vielbeschworene Effekt, Zuschauer würden regelrecht ins Bild gezogen, trete wenn überhaupt erst bei außergewöhnlich großen Fernsehern jenseits von 65 Zoll und bei fürs Fernsehen untypisch kurzem Sehabstand auf. Und: „Ein gebogenes Display ist beim Fernsehen eher von Nachteil, weil Reflexionen von Lichtquellen präsenter als auf flachen Displays sind und aufgrund physikalischer Besonderheiten mehr stören“, weiß Knaak. Geräte mit klassischer LCDTechnik bekommen aktuell immer mehr Konkurrenz durch OLED-Displays, die mit organischen Leuchtdioden bewegte Bilder zum Leben erwecken. Für Christoph de Leuw hängt die Kaufentscheidung sowohl vom Anwendungszweck als auch vom Budget ab. Die OLED-Apparate seien 20 bis 30 Prozent teurer und spielten in dämmeriger Umgebung ihre Stärken aus, während die LCD-Technik bei Tageslicht Vorteile habe. Knaak attestiert OLED-Geräten zudem einen enorm großen Blickwinkel. Je nach Hersteller arbeiten Flat-TVs mit unterschiedlichen Betriebssystemen. Philips und Sony etwa setzen auf Android, LG auf WebOS, Samsung auf Tizen und Panasonic auf Firefox OS. Für den Nutzer macht sich dies primär durch unterschiedliche Bedienoberflächen und abweichender App-Angebote bemerkbar. Auswirkungen auf Funktionsumfang und Ausstattung haben die Betriebssysteme jedoch nicht. ANZEIGE KL1601-L01-WK01SZ / KL1601-L02-WK01SZ Neuen Leser werben, 100 € Gutschein sichern! Empfehlen Sie DIE WELT Kompakt und WELT AM SONNTAG Kompakt für 12 Monate für zzt. nur 19,90 € mtl. und erhalten Sie einen 100 €-Gutschein von Amazon, Douglas oder Shell. Gutschein zur Wahl TIPP: DIE WELT DIGITAL Komplett gleich mitbestellen! Bestellen Sie zusätzlich DIE WELT Online, Smartphone- und Tablet-App zum Vorteilspreis von nur 3,99 € statt 12,99 € im Monat. Gleich bestellen! 0800/588 97 60 www.welt-kompakt.de/gutschein100 © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 28 WISSEN PALÄONTOLOGIE Kampf gegen Neandertaler-Gene Neandertaler-Männer sind womöglich schuld daran, dass es trotz einiger Liebeleien mit modernen Menschen nicht zu mehr Nachwuchs gereicht hat. Bestimmte Erbanlagen auf dem männlichen Geschlechtschromosom könnten eine erfolgreiche Fortpflanzung mit dem Homo sapiens verhindert haben, berichtet ein Forscherteam um Fernando Mendez von der Universität Stanford im „American Journal of Human Genetics“. UMWELT Fisch soll Muscheln retten Die Flussperlmuschel gilt in Deutschland seit vielen Jahren als vom Aussterben bedroht – jetzt könnte die Bachforelle, so hoffen Artenschützer, in einem der letzten Verbreitungsgebiete der Süßwassermuschel an der bayerisch-tschechischen Grenze den Bestand sichern. Oberfranken und Tschechien setzten zusammen Bachforellen aus, um das Projekt einzuleiten. Die Bachforelle ist der Wirtsfisch, in dessen Kiemen die Frühformen der Flussperlmuschel über Monate hinweg leben. SKELETT Wal darf aus dem Wasserbad Ein in der Nordsee ums Leben gekommener Pottwal wird an der Universität Gießen präpariert. Der große Meeressäuger ist dort jetzt aus seinem Wasserbad gehoben worden, um weiterverarbeitet werden zu können. Das Skelett lagerte drei Monate lang in der Brühe, damit sich Fleisch- und Gewebereste lösen und es präpariert werden kann. Es werde aber noch Monate dauern, bis das Skelett ausgestellt werden könne. GÜRTLERS GESAMMELTE GRÜTZE Die erste (und letzte) Internationale Dada-Messe fand im Sommer 1920 in Berlin statt. Der Katalog, erst zwei Wochen nach Messebeginn fertig gestellt, umfasste 174 Werke von 27 Künstlern, die Initiatoren wurden ein Jahr später wegen Beleidigung der Reichswehr zu Geldstrafen verurteilt. MEHR GRÜTZE: WELT.DE/GRUETZE A n die 40.000 Soldaten zu Fuß, 10.000 Reiter sowie 37 Elefanten – und der ganze Tross hatte sich verlaufen. „Auch die mit ihm ziehenden Gallier kannten sich in diesen Bergen nicht mehr aus“, schildert Hannibal-Biograf Ernle Bradford die missliche Situation des Karthagers auf dem Marsch seines Lebens. Es war – nach heutiger Zeitrechnung – gegen Ende Oktober des Jahres 218 v. Chr., der Heerführer war in den Bergen angekommen, irgendwo in den französischen Alpen unserer Tage. Die Tage wurden kälter, aber die Männer mussten über die hohen Berge. schungen beteiligter Mikrobiologe der Universität von Belfast in Nordirland. Er hofft auch auf aussagefähige Funde von Genmaterial, aus denen sich im Idealfall die geografische Herkunft der Tiere bestimmen ließe. Treffen die Annahmen Mahaneys und Allens zu, so wären dies die ersten tatsächlichen Spuren des Trecks. Bisher waren es lediglich überlieferte Schriften antiker Historiker, aus denen moderne Wissenschaftler die Anhaltspunkte für man mutwilligem Steinschlag ausgesetzt war. Beschrieben ist auch der Blick von der Passhöhe aus bis in die Poebene hinunter und der besonders steile Abstieg dann hinunter ins Römische Reich, dem Cisalpinum. Bei dieser Etappe werden die Erzählungen dramatisch. Hannibals Pioniere mussten erst begehbare Wege in die Felsen sprengen, indem sie die Felsen durch Hitze und Kälte mürbe machten, und mussten in tiefer liegenden Regionen FREITAG, 8. APRIL 2016 kussiert: den Kleinen Sankt Bernhard, den Col de Clapier sowie den Col de la Traversette. Leicht im Vorteil stand in den letzten Jahrzehnten der Col de Clapier, unweit der alten Fernverkehrsstraße über den Mont Cenis und des Tunnels, durch den heute der Auto- und Eisenbahnverkehr zwischen Italien und Frankreich rauscht. Aus einem naheliegenden Grund: Bei der Strecke über den Clapier ist der Aufstieg aus Frankreich vergleichsweise leicht zu begehen. VON ULLI KULKE Von Nordwesten her wollte Hannibal seinen Überraschungsangriff auf das Römische Reich beginnen, man stand im Zweiten Punischen Krieg. Doch erst einmal schickte er Späher voraus, zu erkunden, wo es eigentlich hinüberging. Und wo feindlich gesinnte Einheimische oben, über den Tälern lauerten, um tödliche Felsbrocken herabrollen zu lassen. Hannibals Zug war der berühmteste, der je über die Alpen führte. Und auch der legendärste. Denn nicht nur damals war den Männern zwischenzeitlich unbekannt, wo man sich befand. Auch heute rätseln und streiten die Historiker, über welchen Pass die vielen Tausend Krieger am Ende die Poebene erreichten. Jetzt wird die Diskussion durch einen ganz besonderen Fund auf einem Alpenübergang bereichert. Gewaltige Mengen an Exkrementresten, mit hoher Wahrscheinlichkeit von Pferden wie wohl auch menschlichen Ursprungs, will ein Geomorphologe aus Kanada jetzt in den Sedimenten auf dem Pass Col de la Traversette entdeckt haben. Seine Isotopenuntersuchungen, sagt William Mahaney von der York-Universität in Toronto, hätten ergeben, dass diese Hinterlassenschaften etwa im Jahr 200 v. Chr. dort oben abgelegt worden seien, also durchaus passend zum Zeitpunkt von Hannibals Marsch. Und er behauptet: Aus der Geschichtsschreibung sei kein weiteres Ereignis bekannt, das erklären könnte, warum so viele Pferde diesen Pass überquert haben könnten. Heerzüge der Römer kreuzten damals hie und da die Alpen, der Col de la Traversette allerdings verläuft über eine Höhe von 2950 Metern, was ihn sicher nicht zu einer bevorzugten Strecke für größere Gruppen von Reitern machte. Weiden für die Tiere sind dort weit und breit nicht in Sicht. Die genaue biochemische Untersuchung der Exkremente hält noch an. „Wir sind noch nicht absolut sicher, ob die Bakterien, die wir darin fanden, von Menschen oder Pferden stammen“, sagt Chris Allen, ein an den For- PA/ MARY EVANS/ RA KOMPAKT DIE WELT KOMPAKT Auf etwa 2950 Meter hatte man sich verirrt: Hannibal und seine Truppen in den Alpen 218 v. Chr., dargestellt in einem Gemälde von Raymond Sheppard Pferdeäpfel ante portas Forscher sind sich sicher, in den Alpen erstmals auf Spuren von Hannibals Treck gestoßen zu sein: Eine gewaltige Menge an Exkrementen markiert die Route über einen Pass ihre jeweils favorisierte Route des Karthagers zogen: die „Geschichte“ des Griechen Polybios, der 20 Jahre nach dem Marsch geboren wurde, sowie die Bände über den Zweiten Punischen Krieg des Römers Titus Livius, der fünf Generationen später lebte. Alte Berichte über Funde eines Elefantenskeletts am Kleinen Sankt Bernhard, von Helmen und Wurfspeeren in den Seealpen oder von karthagischen Münzen im Tal der Arc verlaufen sich im Nebulösen. Vom Verbleib der vermeintlichen Zeugnisse ist nichts bekannt. Und so spielten immer wieder dieselben vagen geografischen Angaben von Polybios und Livius die Hauptrollen in den Kontroversen. Etwa ein erhöhter Felsen, auf dem der komplette Trupp sein Nachtlager aufgeschlagen hatte, um sicher vor Überraschungsangriffen zu sein. Weiter oben eine Ebene mit einem kleinen See, aus dem die Tiere trinken konnten, Schluchten, in denen Bäume fällen und hochschleppen, um Stege zu bauen. Nicht nur wissenschaftliche Forscher beteiligen sich an der Diskussion. Lokale Vereine, ehrenamtliche Heimatforscher, pensionierte Dorfschullehrer – in den infrage kommenden Départements der französischen Alpen gibt es eine Reihe engagierter Kräfte, die Argumente sammeln für die Route vor der Haustür und gegen die Alternative ein Tal weiter. Der eine findet hier gerade Rillen in Felsplatten, sieht darin antike Wagenspuren und schließt daraus, dass dort damals sowieso bereits reger Verkehr herrschte, der andere berechnet dort Steigungen und schließt jedweden Verkehr vollends aus. Wo immer Hannibals Route über die Alpen verlief, für die Elefanten war sie so oder so tödlich, nur einer kam lebend in der Poebene an. Die Hinweise der beiden antiken Schriftsteller und ihre zeitlichen Angaben haben die Diskussion von Anfang an auf drei mögliche Passrouten fo- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Vollständige Übereinstimmung mit den Angaben von Polybius und Livius gibt es bei keinem der drei Routen-Kandidaten. Mahaney hatte sich vor sechs Jahren bereits auf den Col de la Traversette als seinen Favoriten festgelegt, lange bevor sein Team auf die Exkremente stieß. Sein Anhaltspunkt war damals beim Pass ein größeres Geröllfeld, in dem er ein von Livius beschriebenes wiedererkannt haben wollte. Was Geröllfelder und Schluchten angeht, können die Angaben von Polybios und Livius heute nur noch bedingt zur Bestimmung der Route Hannibalsdienen. Bergrutsche, Überschwemmungen, auch die – durch Klimaschwankungen hervorgerufene – Wanderung der Baumgrenze haben der Topografie eine neue Struktur gegeben. Wo gestern noch ein bewaldeter Berghang war, ist heute nur Luft und ein paar Hundert Meter weiter hinten eine kahle, senkrechte Bergwand. Tempora mutantur, hätte man damals gesagt. WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 DIE WELT KOMPAKT RÄTSEL 29 FREITAG, 8. APRIL 2016 HOROSKOP WIDDER (21.03.–20.04.) Am Abend sollten Sie sich nervlich nicht zu viel zumuten. Ein Tapetenwechsel ist ratsam, denn etwas Ablenkung macht frei. Manchmal haben Sie Schwierigkeiten, die anderen zu überzeugen. Auch mit Ihrer Ausstrahlung brauchen Sie handfeste Gründe. STIER (21.04.–20.05.) Ihr Instinkt hilft Ihnen, die Quelle Ihres Unwohlseins aufzuspüren. Nehmen Sie mögliche Stresserzeuger unter Ihre Lupe. In Ihrer Partnerschaft gibt es leichte Spannungen. Vermeiden Sie überflüssige Sticheleien, geben Sie lieber einmal nach. ZWILLINGE (21.05.–21.06.) Sie könnten frischen Wind in Ihrem Leben vertragen. Gelassen nehmen Sie neue Situationen in die Hand und meistern sie. Einen halbherzigen Flirt sollten Sie unbedingt vermeiden. Dann wird die Phase der Unentschlossenheit ohne Reue vorbeigehen. SUDOKU UND KREUZWORTRÄTSEL VON STEFAN HEINE Auflösung der letzten Rätsel: KREBS (22.06.–22.07.) Es geht Ihnen eigentlich gut. Bleiben Sie aufmerksam, denn Ihre positiven Kräfte neigen leider dazu einzuschlummern! Auch wenn Ihre Sehnsucht nach Einheit dagegen spricht, müssen Sie dem Partner mehr Freiheit geben, um ihn halten zu können. LÖWE (23.07.–23.08.) Heute Abend geraten gewisse Botenstoffe in Ihrem Gehirn in helle Aufregung. Verliebte treffen sich auf Wolke Numero sieben! Mars verleiht Ihnen beflügelnde Energien. Sofern Sie sich nicht überfordern, wird es Ihnen mit Sport noch besser gehen. JUNGFRAU (24.08.–23.09.) Sie sind zielstrebig, gehen aber zum Glück nicht über Leichen. Wie schön, dass Sie trotz des Erfolges noch so menschlich sind. Kosmische Minusstrahlen ab Mittag. Empfindlich und zum Kränkeln neigend, sollten Sie auf Ruhe im Alltag Wert legen. Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das linke Sudoku ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel rechts daneben etwas leichter. Mehr Sudoku-Rätsel auf welt.de/sudoku WAAGE (24.09.–23.10.) Kleine Zwischenziele erklimmen Sie täglich. Nun sind Sie fast am Endziel und können die Erfolge schon am Horizont erkennen. Legen Sie Ihre distanzierte Seite ab und zeigen Sie sich hingebungsvoll. Dann bleiben in der Liebe keine Wünsche offen. SKORPION (24.10.–22.11.) Venus sorgt für gelegentliche Störfeuer im Liebesleben. Wichtig ist, dass Sie trotz aller Unstimmigkeiten gelassen bleiben. Viele Kleinigkeiten fallen Ihnen auf die Nerven. Hier hilft nur noch ausspannen und abschalten. Ziehen Sie sich zurück! SCHÜTZE (23.11.–21.12.) Wenn Sie Ihre Gesundheit vernachlässigt haben, wird es jetzt deutlich zutage treten. Also: nachholen oder ausgleichen! Die Liebessterne liegen etwas quer. Gehen Sie mit Ihrem Partner besonders aufmerksam um. Nicht an der Oberfläche bleiben! STEINBOCK (22.12.–20.01.) Die generelle psychische und physische Grundkonstitution ist gut. Meiden Sie trotzdem anstrengende Grenzabenteuer. Sie lieben die Unruhe, doch manchmal wird es sogar Ihnen zu viel. Ziehen Sie sich etwas zurück und besinnen Sie sich wieder. WASSERMANN (21.01.–19.02.) Sie verfügen über ausreichend Energie und Abwehrkräfte und können sich auf einen ausgeglichenen Alltag einstellen. Ihr Alltag wird von einer großen Liebesenergie verzaubert. Voller Feingefühl tasten Sie sich von einem Höhepunkt zum anderen. FISCHE (20.02.–20.03.) Schlechte Angewohnheiten können sich heute ungünstiger auf die Gesundheit auswirken, als Sie sich bewusst sind. Nicht zürnen, wenn nicht alle Träume wahr werden. Schalten Sie auf Entspannung, geben Sie die Zügel für eine Zeit aus der Hand. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 30 TV-PROGRAMM DIE WELT KOMPAKT FREITAG, 8. APRIL 2016 ARD ZDF RTL SAT.1 PRO 7 VOX 5.30 ¥ g Morgenmagazin 9.00 ¥ Tagesschau 9.05 ¥ Rote Rosen 9.55 Sturm der Liebe 10.45 ¥ g Gefragt – Gejagt 11.35 ¥ g Giraffe, Erdmännchen & Co. 12.00 ¥ Tagesschau 12.15 ¥ g ARDBuffet U.a.: Erste Hilfe nach dem Biss 13.00 ¥ g Mittagsmagazin 14.00 ¥ Tagesschau 14.10 ¥ Rote Rosen Telenovela 15.00 ¥ Tagesschau 15.10 Sturm der Liebe Telenovela 16.00 ¥ Tagesschau 16.10 ¥ Nashorn, Zebra & Co. 17.00 ¥ Tagesschau 17.15 Brisant Boulevardmagazin 18.00 ¥ g Wer weiß denn sowas? Show 18.50 ¥ g Wer weiß denn sowas? Show 19.45 ¥ g Sportschau vor acht 19.50 g Wetter/Börse 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ g Matthiesens Töchter Komödie (D 2015) Mit Matthias Habich, Julia Jäger, Ulrike C. Tscharre. Regie: Titus Selge. Erstausstrahlung 21.45 Tagesthemen 22.00 ¥ g Polizeiruf 110: Liebeswahn TV-Krimi (D 2013) Mit Charly Hübner Regie: Thomas Stiller 23.30 ¥ g Maria Wern, Kripo Gotland: Die Insel der Puppen TV-Krimi (S 2012) Mit Eva Röse 1.00 ¥ g Nachtmagazin 1.20 H ¥ Håkan Nesser: Moreno und das Schweigen Kriminalfilm (S 2006) 2.50 ¥ Håkan Nesser: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod Kriminalfilm (S 2006) 4.20 ¥ Deutschland-Reportage 5.30 ¥ g Morgenmagazin 9.00 g heute Xpress 9.05 g Volle Kanne Top-Thema: Komplett-Verschlüsselung bei WhatsApp / Einfach lecker: Tofu auf Bittersalat 10.30 ¥ g Die Rosenheim-Cops 11.15 g SOKO Wismar 12.00 g heute 12.10 g drehscheibe 13.00 ¥ g Mittagsmagazin 14.00 g heute Xpress 14.05 Die Küchenschlacht 14.50 ¥ g Bares für Rares 15.45 ¥ g Fußball: EM-Qualifikation der Frauen Live aus dem Recep-Tayyip-Erdogan-Stadion in Istanbul (TRK). Türkei – Deutschland 18.05 ¥ g SOKO Kitzbühel Krimi-Serie. Der schönste Tag 19.00 ¥ g heute/Wetter 19.25 ¥ g Bettys Diagnose Wunschkind 20.15 ¥ g Der Alte Krimi-Serie Paradiesvogel. Motive für den Mord an dem Designer Tristan P. haben sowohl dessen Geschäftspartner als auch Tristans Liebhaber. 21.15 ¥ g Letzte Spur Berlin Krimi-Serie. Verfolgt 22.00 ¥ g heute-journal 22.30 ¥ heute-show 23.00 aspekte U.a.: 70 Jahre beim Ballett: Porträt einer rekordverdächtigen Ballettmeisterin – Georgette Tsinguirides 23.45 g heute+ 0.00 Neo Magazin Royale Show 0.45 ¥ g Columbo: Klatsch kann tödlich sein TV-Krimi (USA 1973) Mit Peter Falk Regie: Richard Quine 1.55 H õ g Dazed and Confused Komödie (USA 1993) Mit Jason London 3.30 ¥ SOKO Kitzbühel (Wh.) 5.15 g Der Blaulicht-Report (Wh.) 6.00 g Guten Morgen Deutschland Magazin 8.30 g Gute Zeiten, schlechte Zeiten 9.00 g Unter uns 9.30 g Betrugsfälle Doku-Soap 10.00 g Die Trovatos – Detektive decken auf DokuSoap 11.00 g Die Trovatos – Detektive decken auf 12.00 Punkt 12 Das RTL-Mittagsjournal 14.00 g Der Blaulicht-Report 15.00 g Der Blaulicht-Report 16.00 g Verdachtsfälle Doku-Soap 17.00 g Betrugsfälle Doku-Soap 17.30 g Unter uns Soap 18.00 g Explosiv – Das Magazin 18.30 Exclusiv: Das Star-Magazin 18.45 g RTL aktuell 19.05 g Alles was zählt Soap 19.40 g Gute Zeiten, schlechte Zeiten Soap 20.15 ¥ g Let’s Dance (4) Die vierte Liveshow von „Let’s Dance” steht unter dem Motto „Die 90er”. Die Profitänzer eröffnen die Show mit einem spektakulären Opening-Tanz zu „Angels” von Robbie Williams und es wird außerdem einen Gruppentanz geben, bei dem die Männer zu „Everybody” von den Backstreet Boys und die Frauen zu „Wannabe” von den Spice Girls tanzen. 0.00 g Nachtjournal 0.30 g Take Me Out (7) Show 1.30 g Jungen gegen Mädchen Mit Joey Heindle, Frank Rosin, Detlef D. Soost, Olivia Jones, Johanna Klum, Kate Hall 2.35 g Nachtjournal (Wh.) 3.00 g „Stern”-TV 5.30 g Sat.1-Frühstücksfernsehen Annemarie Eilfeld / Die Wochenhighlights mit Larissa Kindt. Zu Gast: Annemarie Eilfeld, Larissa Kindt 10.00 g Auf Streife – Die Spezialisten 11.00 Richterin Barbara Salesch 12.00 g Richter Alexander Hold 13.00 g Richter Alexander Hold 14.00 Auf Streife Reportagereihe 15.00 Auf Streife Reportagereihe 16.00 g Anwälte im Einsatz 17.00 Mein dunkles Geheimnis Auf der Straße 17.30 g Schicksale - und plötzlich ist alles anders Lebensretter Liebe 18.00 g Auf Streife – Die Spezialisten Reportagereihe 19.00 g Einsatz in Köln – Die Kommissare Krimi-Serie 19.55 g Sat.1 Nachrichten 20.15 H g Hugo Cabret Abenteuerfilm (USA 2011) Mit Asa Butterfield, Ben Kingsley, Sacha Baron Cohen Regie: Martin Scorsese 22.45 g LUKE! Die Woche und ich Moderation: Luke Mockridge. In Stand-ups, Einspielern, Live-Aktionen und Selbstversuchen nimmt Luke Mockridge die Themen der Woche auseinander. 23.45 g Ladykracher Mit Anke Engelke, Judith Richter, Matthias Matschke u.a. 0.10 g Switch Reloaded 0.40 g Switch Reloaded 1.10 g Sechserpack Trick 17 1.35 g Sechserpack Mensch & Tier 1.55 g Sechserpack Schräg & Abgefahren 2.20 Die dreisten drei – Die Comedy-WG 5.00 g Scrubs 5.20 g Mike & Molly 5.55 g How I Met Your Mother 6.45 g Two and a Half Men 8.25 g 2 Broke Girls 9.20 g The Big Bang Theory 11.00 g Mike & Molly 11.45 g How I Met Your Mother Comedy-Serie 12.40 g Two and a Half Men 14.25 2 Broke Girls Ein wertvoller Pokal / Die Glückskette 15.15 g The Big Bang Theory Comedy-Serie. Der Zarnecki-Feldzug / Sag’s nicht weiter / Souvlaki statt Pizza / Die Antilope im Curry 17.00 g taff Eye Contact (5) 18.00 g Newstime 18.10 Die Simpsons Todesfalle zu verkaufen / Die LieblingsUnglücksfamilie 19.05 g Galileo Einrichten, aber billig 20.15 H g Wolverine – Weg des Kriegers Fantasyfilm (USA/GB 2013) Mit Hugh Jackman, Tao Okamoto, Rila Fukushima. Regie: James Mangold. In Tokio will Wolverine Abschied nehmen von dem todkranken Yashida, doch die Mutantin Viper hat Böses im Sinn. 22.40 H g Constantine Horrorfilm (USA/D 2005) Mit Keanu Reeves, Rachel Weisz, Shia LaBeouf Regie: Francis Lawrence 0.55 H g Wolverine – Weg des Kriegers Fantasyfilm (USA/GB 2013) Mit Hugh Jackman, Tao Okamoto. Regie: James Mangold (Wh.) 3.00 g Watch Me 3.10 g Spätnachrichten 3.15 H g Constantine Horrorfilm (USA/D 2005) 5.35 g CSI: NY Krimi-Serie 6.10 g CSI: NY Krimi-Serie 6.50 g Verklag mich doch! Doku-Soap 10.50 g vox nachrichten 10.55 Mein himmlisches Hotel 11.55 g Shopping Queen 13.00 g 4 Hochzeiten und eine Traumreise 14.00 Schrankalarm Carolin, Berlin 15.00 g Shopping Queen Motto in Koblenz: Ab ins Körbchen – Setze deinen neuen BH raffiniert in Szene!, Tag 5: Anna 16.00 g 4 Hochzeiten und eine Traumreise Tag 5: Finale 17.00 Mein himmlisches Hotel Second Chance, Tag 5: Finale 18.00 mieten, kaufen, wohnen 19.00 g Das perfekte Dinner – Wer ist der Profi? Tag 5: Christiane 20.00 g Prominent! 20.15 ¥ õ g Law & Order: Special Victims Unit KrimiSerie. Gescheitert. Der Basketball-Star Shakir Wilkins wird der mehrfachen Vergewaltigung bezichtigt. Aber ist er wirklich schuldig? 21.15 õ g Law & Order: Special Victims Unit KrimiSerie. Tödliche Absichten 22.10 õ g Law & Order: Special Victims Unit Abgesang 23.10 õ Law & Order: Special Victims Unit Brandys Wut 0.00 g vox nachrichten 0.20 ¥ õ g Law & Order: Special Victims Unit KrimiSerie. Gescheitert (Wh.) 1.10 õ g Law & Order: Special Victims Unit Tödliche Absichten (Wh.) 1.50 Medical Detectives Verborgene Geheimnisse KABEL 1 TIPPS DES TAGES 8.30 g Navy CIS 9.25 g The Mentalist 10.20 g Castle 11.15 g Without a Trace 12.05 g Numb3rs 13.00 Cold Case 14.00 g Navy CIS 14.55 g The Mentalist 15.50 g News 16.00 g Castle 16.55 g Abenteuer Leben 17.55 g Mein Lokal, dein Lokal – Wo schmeckt’s am besten? 18.55 g Achtung Kontrolle! Einsatz für die Ordnungshüter 20.15 g The Mentalist Die schönsten Jahre 21.15 The Mentalist Der blaue Topas / Der Krieg der Wölfe / Der beste Freund / Die schönsten Jahre / Der blaue Topas 1.45 Late News Matthiesens Töchter Hugo Cabret ARD | 20.15 Esther, Rahel und Thirza kehren abgebrannt auf den Reiterhof ihres raubeinigen Vaters Matthiesen (Matthias Habich) zurück. Die Bank will das verschuldete Gestüt pfänden. Sat.1 | 20.15 Waise Hugo (Asa Butterfield) versteckt sich in einem Bahnhof und kümmert sich heimlich um dessen Uhren. Er träumt davon, den Roboter zu reparieren, den ihm sein Vater hinterließ. ARTE ZDF NEO RTL 2 13.20 ARTE Journal 13.35 g Zu Tisch auf ... 14.05 H g Promised Land Drama (USA/VAE 2012) 15.50 g Magische Gärten (5/20) 16.15 g Der Rhein von oben 17.00 g X:enius (Wh.) 17.30 g Die Wiedergeburt des Mammuts 18.25 g Schlösserwelten Europas 19.10 ARTE Journal 19.30 g Invasion der fliegenden Karpfen 20.15 H g Wir sind jung. Wir sind stark. Drama (D 2014) 22.10 g Drohnen – Von der Waffe zur Überwachung 23.05 g Das Beste kommt noch! (1/3). Neu 0.00 g KurzSchluss 1.40 g Tracks 8.10 Lafer! Lichter! Lecker! 8.55 ¥ g Bares für Rares 9.50 Hart aber herzlich 11.20 g Drei Engel für Charlie 12.10 ¥ Die Rettungsflieger 13.35 g Ein Fall für zwei 15.35 Hart aber herzlich 17.10 ¥ Die Rettungsflieger 18.40 g Columbo: Mord in eigener Regie TVKrimi (USA 1978) 20.15 H g Manhattan Love Story Liebeskomödie (USA 2002) Mit Jennifer Lopez 21.50 g Dicte: Im Kostüm des Todes TV-Krimi (DK 2014) 23.20 ¥ g The Fall – Tod in Belfast TVKrimi (GB 2013) (Forts.: Fr., 08. 04., 0.20 Uhr) 1.15 Orphan Black 5.15 g Privatdetektive im Einsatz (Wh.) 9.00 g Frauentausch 11.00 g Family Stories 13.00 g Köln 50667 14.00 g Berlin – Tag & Nacht 15.00 g Hilf mir! 17.00 g KLUB 18.00 g Köln 50667 19.00 g Berlin – Tag & Nacht 20.00 g News 20.15 g The Quest Abenteuer-Serie. Das versunkene Buch / Der zerbrochene Stab 22.05 g The Quest Abenteuer-Serie. Die Krone von König Artus / Die Macht des Excalibur 23.50 H g All the Boys Love Mandy Lane Horrorfilm (USA 2006) Mit A. Heard 1.25 Boogeyman III Horrorfilm (USA 2008) MDR TELE5 3 SAT 12.25 H ¥ ® g Ach, Egon! Komödie (D 1961) 14.00 ¥ g MDR um zwei 15.00 ¥ g LexiTV – Wissen für alle 16.00 ¥ g MDR um vier 17.45 ¥ g MDR aktuell/Wetter 18.10 ¥ g Brisant 18.54 ¥ Unser Sandmännchen 19.00 MDR Regional 19.30 ¥ g MDR aktuell 19.50 ¥ g Elefant, Tiger und Co. 20.15 ¥ g Meine Schlagerwelt Musikgeschichten mit Isabel Varell 21.45 ¥ g MDR aktuell 22.00 ¥ g Unter uns U. a.: Sie schützt Kinder vor dem Terror: Claudia Dantschke 0.00 ¥ g Die Freischwimmerin Drama (D/A 2014) 5.10 Reich und schön 6.00 g Joyce Meyer 6.24 Dauerwerbesendung 7.25 g Joyce Meyer 7.54 Dauerwerbesendung 14.05 Star Trek – Deep Space Nine 15.05 g Star Trek – Das nächste Jahrhundert 16.05 Star Trek – Raumschiff Voyager 18.05 Star Trek – Deep Space Nine 19.05 g Star Trek – Das nächste Jahrhundert 20.15 H Deep Water – Kreuzfahrt ins Verderben Actionthriller (USA 2000) Mit James Coburn 22.05 H Inside Out Kriminalfilm (USA 2011) 0.00 H The Patriot – Kampf ums Überleben Actionfilm (USA 1998) 13.00 ¥ g ZIB 13.15 g Zauberhaftes Polen – Eine Reise durch die Jahreszeiten 14.45 Der Himmel über Pommern 15.30 ¥ Mit dem Tragschrauber unterwegs 16.00 ¥ g die nordstory 18.00 ¥ g NaturNah 18.30 g nano 19.00 ¥ g heute 19.20 g Kulturzeit 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ g Im Nebel des Krieges An den Frontlinien zum „Islamischen Staat” 21.00 g makro 21.30 g auslandsjournal extra 22.10 ¥ g ZIB 2 22.35 Verleihung des 52. Grimme-Preises 2016 0.05 H ® Tarantula Horrorfilm (USA 1955) 5.15 g Superflugzeuge 12.45 Börse am Mittag 13.00 N24 Nachrichten auch um 14, 15, 18, 19 und 20 Uhr 13.05 g Vision Gold 13.30 N24 Cassini 14.05 g Top Gear USA 15.25 N24 Cassini 16.05 g Countdown zur Katastrophe Rotterdam – Europas größter Hafen / Stansted Airport – Stress am Cargo-Terminal 18.15 Börse am Abend 18.25 N24 Cassini 19.10 g Welt der Wunder WDR NDR RBB BR SWR HR 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ g Geheimnis 21.00 ¥ g Mit Bock durchs Land 21.45 ¥ g WDR aktuell 22.10 ¥ Kölner Treff 23.30 ¥ g RebellComedy 0.00 ¥ Schmidteinander 1.00 g Domian 19.30 Ländermagazine 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ die nordstory Der St. Pauli Code 21.15 ¥ Die Ernährungskünstler 21.45 ¥ g NDR//aktuell 22.00 ¥ g NDR Talk Show 0.00 ¥ Inas Nacht 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Die 30 schönsten Urlaubsziele Show 21.00 g Die ungewöhnlichsten Wohnträume 21.45 rbb aktuell 22.00 g NDR Talk Show 0.00 NDR Talk Show Classics 20.15 ¥ Hubert und Staller 21.00 ¥ Monaco 110 21.45 ¥ Rundschau Magazin 22.00 Grünwald Freitagscomedy 22.45 ¥ Im Schleudergang 23.15 Rundschau Nacht 23.25 Heimatsound Concerts 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥ g Expedition in die Heimat 21.00 ¥ g Landleben 4.0 in Kusterdingen 21.45 ¥ Landesschau aktuell 22.00 Nachtcafé 23.30 g Spätschicht 0.10 kabarett.com 19.15 g Alle Wetter! 19.30 ¥ g hessenschau 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Tropische Traumziele 21.00 Malediven 21.45 g hessenschau kompakt 22.00 NDR Talk Show 0.00 g Comedy Tower 20.05 g Die härtesten Gefängnis-Wärterinnen der USA 21.05 Lebenslang hinter Gittern 22.05 g Auf der Flucht – Texas Seven Dokumentation 23.00 San Antonio Jail – Banden hinter Gittern Dokureihe 0.50 Die Tragödie von Norwegen Dokumentation 20.05 Im Miami-Dade County Jail sitzen Schwerverbrecher ein PHOENIX 8.15 Im Visier der Hacker 9.00 Vor Ort 9.10 Bon(n)jour 9.30 Thema 10.45 Bedrohliches Nordkorea 12.00 Vor Ort 12.45 Thema 14.00 Vor Ort 14.30 Weltmacht Google (Wh.) 15.15 Im Visier der Hacker (Wh.) 16.00 Maybrit Illner 17.05 Augstein und Blome 17.15 Tunesien – Frühling auf Bewährung 17.30 Vor Ort 18.00 Aktuelle Reportage 18.30 Mein Ausland 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Drei Farben Grün (1/3) Das raue Irland 21.00 Drei Farben Grün 22.30 Im Dialog 23.00 Der Tag 0.00 Im Dialog (Wh.) 0.30 Augstein und Blome (Wh.) ANZEIGE Heute um 18.25 Uhr Wissen kann man nie genug. Das Wissensmagazin „N24 Cassini“ mit Anneke Dürkopp © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 MENSCHEN & MEDIEN 31 FREITAG, 8. APRIL 2016 „Es ist Teil unserer Kultur, immer Angst zu haben“ Sternekoch Nelson Müller über Integration und Leben ohne Fleisch M it vier Jahren kam Nelson Müller aus Ghana nach Deutschland, er wuchs bei Pflegeeltern in Stuttgart auf,wurde später adoptiert. Der 35 Jahre alte Koch betreibt zwei Restaurants, eines trägt einen Michelin-Stern. Für das ZDF ist er als Fernsehkoch tätig und dreht Reportagen. Jetzt erscheint sein Kochbuch „Öfter vegetarisch“ (Dorling Kindersley, München. 192 S., 19,95 Euro). VON PAUL BARTMUSS DIE WELT: Wann haben Sie Ih- Ihr Buch heißt „Öfter vegetarisch“. Gibt es nicht genügend Bücher über vegetarische Ernährung? Es ist ja kein rein vegetarisches Kochbuch, sondern einfach eine Liebeserklärung an Lebensmittel. Allein wenn ich ein Stück Kohl in der Hand halte, ist das für mich etwas ganz Besonderes. Oder ein Stück Brot, ein Liter Milch, großartig. Da brauchen wir noch gar nicht über Lebewesen zu sprechen, das ist noch mal eine ganz andere Stufe. Es kann zum Beispiel meiner Meinung nach nicht sein, dass es in Deutschland günstiger ist, eine kranke Kuh zu entsorgen als sie von einem Tierarzt behandeln zu lassen. Sie fordern, wir sollten uns zu 80 Prozent vegetarisch ernähren. Halten Sie sich daran? Noch nicht, aber ich arbeite dran. In manchen Phasen esse ich sehr viel Gemüse, aber dann gibt es auch wieder andere. Das liegt auch daran, dass ich meistens mit meinen Mitarbeitern zu Mittag esse, die sehr gern Fleisch essen. Jetzt kann ich meinen Mitarbeitern ja nicht einfach vorschreiben, was sie IMPRESSUM Verleger Axel Springer (1985 †) Herausgeber und Chefredakteur: Stefan Aust Stellvertreter des Chefredakteurs: Dr. Ulf Poschardt, Arne Teetz Stellvertretende Chefredakteure: Beat Balzli, Oliver Michalsky Leitender Redakteur: Matthias Leonhard Stellv.: Henning Kruse; Philip Jürgens, Christian Gaertner, Lars Winckler DORLING KINDERSLEY/ MARIO ANDREYA re letzte Currywurst gegessen? NELSON MÜLLER: Das war letzte Woche, in meinem Restaurant. Da haben wir die ja auf der Speisekarte. Wenn da eine zu viel herumliegt, dann nehme ich mir ein Stück und habe gleich ein schlechtes Gewissen, weil dann im Laufe des Tages sicher noch ein Löffel Eintopf hier, ein Stück Käsekuchen da dazukommt. Nelson Müller plädiert dafür hochwertige Zutaten zu kaufen zu essen haben, und die Menüs dementsprechend anpassen. Warum nicht? Sie können doch als Chef sagen: Okay, ab sofort gibt es nur zweimal in der Woche Fleisch zum Mittagessen. Das könnte ich natürlich tun. Aber wie gesagt, diese Erhobene-Zeigefinger-Mentalität liegt mir nicht. Sind diese 80 Prozent in der deutschen Ernährungslandschaft ein realistisches Ziel? Das glaube ich kurzfristig nicht. Aber es gibt eine Richtung vor. Wenn ich darauf achte, hochwertiges Fleisch zu kaufen, keines aus Massentierhaltung, dann ergibt sich das mittelfristig ganz automatisch. Kaum jemand kann es sich ja leisten, jeden Tag ein Rinderfilet für 40 Euro oder ein Huhn für 12 Euro das Kilo zu kaufen. Menschen, die an oder unter der Armutsgrenze leben, dürf- ten nach Ihrem Verständnis ja gar kein Fleisch essen. Na ja, es gibt ja tolle Alternativen. Wenn das Rinderfilet 40 Euro das Kilo kostet, schluckt jeder erst einmal, auch der Wohlhabende. Wenn ich dann sage, pass auf, es gibt eine Alternative, die genauso viel Spaß macht und genauso wertig ist, dann ist das doch toll. Kaiserschmarrn zum Mittagessen zum Beispiel. Oder eine Portion Spargel mit einer guten Soße – super! Da brauche ich kein Fleisch. Letztens habe ich eine gekochte Kartoffel gegessen, gesalzene Butter drauf, einmal mit der Pfeffermühle drüber – und die Welt war in Ordnung. Trägt der kulturelle Einfluss von Flüchtlingen schon zu neuen Essgewohnheiten bei? Nein, die leben ja fast alle abgeschirmt von uns. Noch sehe ich da wenige Wechselwirkungen. Das ist schade. Als Kind habe ich das anders erlebt, da gingen Geschäftsführender Redakteur: Dr. Marius Schneider Redaktion: Politik: Marcus Heithecker, Lars Schroeder Wissen: Norbert Lossau Wirtschaft: Thomas Exner, Olaf Gersemann Kultur, Magazin: Philipp Haibach Sport: Stefan Frommann Menschen & Medien / Aus aller Welt: Wolfgang Scheida, Heike Vowinkel Regionalredaktion Hamburg: Jörn Lauterbach Layout und Produktion: Ronny Wahliß, Gesa Vollborn Foto: Stefan A. Runne Grafik: Karin Sturm Social Media: Niddal Salah-Eldin Video: Martin Heller Die WELT-Gruppe kooperiert mit „El País“ (Spanien), „La Repubblica“ (Italien), „Le Figaro“ (Frankreich), „Le Soir“ (Belgien), „Tages-Anzeiger“ und „Tribune de Genève“ (beide Schweiz) DIE WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. Leitung: Marc Thomas Spahl (www.axel-springer-akademie.de) Sonderthemen: Astrid Gmeinski-Walter Balkanflüchtlinge in meine Klasse, man hat gequatscht und sich kennengelernt. Sie haben selbst einen Migrationshintergrund. Wie erlebt jemand wie Sie die „Refugees Welcome“-Kultur? Ich fühle da immer einen leichten Stich im Herzen. Meine Eltern sind als Flüchtlinge aus Ghana gekommen, auch wenn sie dort nicht verfolgt wurden. Die, die jetzt kommen, haben Härteres erlebt. Ich bewundere die Menschen, die sich mit den Begrüßungsschildern an den Bahnhof stellen. Denn es ist Teil unserer Kultur, immer Angst zu haben. Angst vor dem Fremden, Angst davor, dass uns etwas weggenommen wird. Die, die jubelnd am Bahnhof stehen, bilden einen wichtigen Gegenpol. Viele Prominente tun per soziale Medien lautstark ihre Meinung zur Flüchtlingskrise kund. Ich finde das ganz richtig und wichtig, weil zurzeit durch Deutschland ein klarer Rechtsruck geht. Auch die AfD-Wahlerfolge sollten uns alle alarmieren. Warum erheben Sie nicht Ihre Stimme? Ich bin vorsichtig. Wegen meiner Hautfarbe sehe ich mich ein Stück weit als gefährdet an. Das ist nicht so ungefährlich, wenn ich da an den NSU denke zum Beispiel. Letztes Jahr haben Skinheads an die Scheibe meines Restaurants geklopft und geschrien: „Neger, komm raus!“ Wie kann Integration in Deutschland gelingen? Ich bin der Meinung, dass wir unsere Kultur mehr abfeiern dürfen – und müssen. Wenn man seinen eigenen Lebensstil mit all seinen Facetten auslebt, dann schafft man einen Rahmen, in den man viel leichter Leute integrieren kann. Dann verstehen sie uns leichter. Mit anderen Kulturen müssen wir uns viel mehr austauschen, um uns ineinander hineinzufühlen. Das ist wie mit heimischen und fremden Kochrezepten. Es gibt ganz viele Parallelen zwischen den Kulturen, die man aber gar nicht erkennen kann, wenn man sie nicht vergleichen kann. Dem Menschen ist es ins Blut gelegt zu denken: Was ich nicht kenne, mag ich erst einmal nicht. Das ist das Problem. Wegschauen, Nichttrauen, das zählt nicht! Denn so entstehen Parallelgesellschaften. Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Seite 1: Matthias Leonhard Deutschland: Marcus Heithecker Ausland: Dr. Sascha Lehnartz Forum: Rainer Haubrich Wirtschaft/Finanzen: Thomas Exner Sport: Volker Zeitler Internet: Matthias Leonhard Wissen: Dr. Norbert Lossau Kultur/ Lifestyle: Philipp Haibach Aus aller Welt: Wolfgang Scheida Alle: c/o WeltN24 GmbH, 10888 Berlin Hamburg: Jörn Lauterbach, Axel-Springer-Platz 1, 20355 Hamburg Anzeigen: Stefan GmbH, 10888 Berlin Mölling, WeltN24 Zippert zappt D er VW-Vorstand will anscheinend nicht auf die ihm zustehenden Bonuszahlungen verzichten. Aber die Beschäftigten sollten bedenken, dass der Konzern gerade in dieser schwierigen Zeit eine hoch motivierte Führung braucht. Da bietet sich eine Bonuszahlung als Motivation zwingend an, denn die Unternehmenslenker haben schon alles, nur nicht genug Geld. Das hat eine aktuelle Umfrage unter Volkswagen-Vorstandsmitgliedern ergeben. Sie müssen Rücklagen gegen plötzliche Arbeitslosigkeit und permanent drohende Schadenersatzforderungen bilden und ihre Häuser durch teure Sicherheitsmaßnahmen vor dem Zorn der Belegschaft schützen. Es kann sogar sein, dass ihr Geld ins Ausland fliehen will, und dann wird den Vorstandsmitgliedern nichts anderes übrig bleiben, als ihm zu folgen. Das ist natürlich auch nicht billig. Außerdem versucht der Vorstand, mithilfe von teuren Privatdetektiven, noch immer verzweifelt herauszufinden, ob er vielleicht doch irgendetwas von den Betrügereien gewusst hat, die den Konzern demnächst in den Ruin treiben werden. LEUTE VON WELT AP/ CHRIS PIZZELLO DIE WELT KOMPAKT Morddrohung US-Serienstar Charlie Sheen hat wieder Ärger mit der Polizei. Gegen Sheen liefen strafrechtliche Ermittlungen, bestätigte ein Polizeisprecher. Es geht um angebliche Morddrohungen Sheens gegen seine Ex-Verlobte Scottine Ross. Wie „Variety“ berichtete, soll es ein Tonband geben, auf dem Sheen mit der Drohung zu hören sei, für 20.000 Dollar einen Auftragskiller auf Ross ansetzen zu wollen. Außerdem soll Sheen auf dem Band eingestehen, einer Sexualpartnerin seine HIV-Infektion verschwiegen zu haben. WeltN24 GmbH: Verlagsgeschäftsführung: Dr. Stephanie Caspar, Dr. Torsten Rossmann General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleiter: Stefan Mölling Nationale Vermarktung: Christoph Schmidt (Display), Peter M. Müller (Handel). Es gilt die Preisliste der WELT-Gruppe Nr. 94, gültig ab 1. Januar 2016. Alle Rechte vorbehalten. Die Rechte für die Nutzung von Artikeln für elektronische Pressespiegel erhalten Sie über die PMG Presse-Monitor GmbH, Tel.: 030/284930 oder www.presse-monitor.de. Verlag: WeltN24 GmbH Druck: Axel Springer SE, Berlin beide: 10888 Berlin, Axel-Springer-Straße 65. Tel.: 030/25910, © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung 20350. Der Preis für das Abonnement beträgt monatlich 18,90 € und kann zum Monatsende beendet werden. Abbestellungen müssen dem Verlag schriftlich sieben Tage vor Monatsende vorliegen. Rechtshinweis: Alle Inhalte (Text- und Bildmaterial) werden Internetnutzern ausschließlich zum privaten, eigenen Gebrauch zur Verfügung gestellt, jede darüberhinausgehende Nutzung ist unzulässig. Für die Inhalte fremder, verlinkter Internetangebote wird keine Verantwortung übernommen.Digitale Angebote erreichen Sie unter: Tel. +800 / 95 15 00 0 E-Mail: digital@welt.de WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4 32 PANORAMA DIE WELT KOMPAKT FREITAG, 8. APRIL 2016 KOMPAKT Südkorea blüht auf DEUTSCHLAND 100.000 Euro von Autodach geflogen Mord nach 30 Jahren aufgeklärt Nach fast 30 Jahren ist der Mord an einer 18-Jährigen aufgeklärt worden. Die Polizei teilte gestern mit, dass gegen einen 60-jährigen Mann aus Gera Haftbefehl erlassen worden sei. Heike Wunderlich war 1987 in einem Waldstück nahe Plauen erdrosselt worden. Nach fast drei Jahrzehnten führten neue DNA-Untersuchungen nach modernsten kriminaltechnischen Methoden nun auf eine neue Spur. INDONESIEN Sängerin stirbt nach Kobra-Biss Die indonesische Sängerin Irma Bule (29) wurde auf der Bühne von einer Kobra getötet. Bei einem Auftritt in Karawang (Westjava) befand sich eine Königskobra auf der Bühne, der man die Giftzähne nicht gezogen hatte. Aus Versehen trat sie auf den Schwanz des Tieres. Die Schlange biss ihr in den Oberschenkel. Das Gegengift kam zu spät. Wenn sich die südkoreanische Insel Yeouido in ein zartes Rosa hüllt, wird in Seoul das traditionelle Kirschblütenfest gefeiert. Zahlreiche Besucher und Einheimische wollen das bunte Spektakel genießen und auf Bildern für die Ewigkeit festhalten. Neben Musik und kulinarischen Ständen werden vom 1. bis 10. April Kunstwerke aus Blumen ausgestellt. Ein besonderer Höhepunkt zeigt sich nach Sonnenuntergang. Am Abend werden die Bäume beleuchtet und lassen die Insel somit auch in der Nacht rosa strahlen. AFP/ ED JONES In Hildesheim soll ein Mann einen Briefumschlag mit 100.000 Euro auf sein Autodach gelegt haben – er vergaß das Geld und verlor es während einer Fahrt durch die Innenstadt. Was sich anhört wie ein Scherz, wird von der Polizei absolut ernst genommen. „Es gibt nach den bisherigen Ermittlungen keinen Anlass, an den Angaben des unbescholtenen Arbeitnehmers zu zweifeln“, sagte ein Polizeisprecher. Görlitz’ letzte „Altstadtmillion“ Ein anonymer Gönner überweist jährlich eine riesige Summe – jetzt zum letzten Mal N ach 21 Jahren endet das Märchen von der Görlitzer „Altstadtmillion“: Der anonyme Gönner, der seit 1995 jedes Jahr eine Million D-Mark beziehungsweise 511.500 Euro auf das Konto der Stadt fließen lies, hat am Mittwoch das letzte Mal überwiesen. Diesmal waren es allerdings 340.000 Euro, wie Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos) mitteilte. „Wir sind dankbar, dass wir mit Hilfe dieser Schenkung von über zehn Millionen Euro über 1500 Projekte in der Stadt unterstützen konnten“, sagte er mit Blick auf die Gesamtsumme. Bei einem Telefonat mit dem Oberbürgermeister hatte der Vertreter des Spenders angekündigt, dass der Betrag die abschließende Zahlung der „Altstadtmillion“ ist. Warum die großzügige Spendenaktion nun zu Ende ist, wurde nicht be- kannt. Allerdings lobte der Vertreter des Spenders am Telefon, wie gut das Geld genutzt und verteilt wurde: „Görlitz ist ein städtebauliches Juwel. Es ist eine Freude zu sehen, was in Görlitz, auch durch die Unterstützung der Altstadtmillion, entstanden ist. Durch die kompetente Arbeit der Altstadtstiftung wurde gewährleistet, dass das Geld gut und sinnvoll eingesetzt wurde.“ Die „Altstadt-Million“ wurde immer im Frühjahr überwiesen. Die Altstadt-Stiftung verwaltet und verteilt das Geld auf unterschiedliche Projekte. Von Beginn an wollte der Gönner ungenannt bleiben. „Wir haben ihn jährlich über die laufenden Projekte informiert“, so Deinege. In der deutsch-polnischen Grenzstadt sind sie durch eine Edelstahltafel mit der Aufschrift „Gefördert durch die Altstadtstiftung Görlitz“ erkennbar. Zugute kam das Geld kommunalen, kirchlichen und privaten Projekten. So konnte mit den Summen etwa die Sanierung der Frauenkirche, des Heiligen Grabs, der Synagoge, der Grabmale auf dem Nikolaifriedhof, sowie zahlreicher Pri- ANZEIGE DEUTSCHLAND HEUTE ,, Es gibt wohl keine andere deutsche Stadt, die so etwas erleben durfte Siegfried Deinege , Oberbürgermeister Reykjavik Teils freundlich, teils wechselhaft 8 Kiel 8 Bremen 10 13 London Rostock 11 11 2 14 2 13 3 Frankfurt Saarbrücken 14 3 12 1 Nürnberg 12 Friedrichshafen 9 4 12 4 Dresden 10 3 16 Die Welt ganz nah: ab Juli 2016 nach San Jose fliegen 3 4 11 Lissabon Sonntag 20 Norden 4 15 Mitte 5 14 München 8 5 18 21 Süden 2 14 Norden 6 17 Mitte 8 19 Süden 4 19 T 8 St. Petersburg Petersburg Riga 8 Moskau 15 Warschau Berlin 23 Budapest 20 Kaltfront 23 Zagreb 18 18 9 14 Rom Istanbul 20 15 24 Athen Algier Hoch/Tief Warmfront 12 Kiew 15 Wien 8 Bordeaux Nizza Barcelona 15 Palma 15 Malaga 14 Las Palmas H 13 Brüssel Paris 13 Zürich Zürich Madrid 14 17 17 Tunis Okklusion 23 Warmluft Kaltluft WELTWETTER Montag Stuttgart 3 11 4 2 14 5 Berlin Hannover Düsseldorf Leipzig 13 3 Kassel 13 2 5 Mitte Süden 12 12 1 1 Münster Köln Norden 4 11 2 13 13 Hamburg 5 12 1 9 Stockholm Kopenhagen 10 8 Dublin Honeymoon-Suite unter der Sonne Kaliforniens. Samstag 4 Helsinki Oslo 5 Im Süden und Südosten halten sich dichte Wolken mit Regen, in den höheren Lagen schneit es. Im Tagesverlauf kann es im Nordwesten und Norden sowie über den westlichen Mittelgebirgen wechselhaft werden. 8 bis 15 Grad werden erreicht. Emden vathäuser finanziert und somit das Stadtbild erhalten und verschönert werden. „Für die neue Zuweisung liegen nochmals 104 Anträge vor. Ein bisschen weiter geht das Märchen noch“, sagte Peter Mitsching, Sachgebietsleiter Denkmalschutz, am Mittwoch. Für ihn hat die „Altstadtmillion“ eine besondere Bedeutung. Auch mit ihrer Hilfe sind heute zwei Drittel der Görlitzer Altstadtsubstanz saniert. Aus diesem Grund wollen die Görlitzer dem Mäzen auf ganz besondere Weise danken. Im kommenden Jahr soll es im Kaisertrutz eine Ausstellung über das „Görlitzer Märchen“ geben. Ein Buch soll entstehen. „Es gibt wohl keine andere deutsche Stadt, die so etwas erleben durfte. Wir sollten glücklich sein, dass uns dieser besondere Mensch solange begleitet hat“, sagte Deinege. -9 bis -5 -4 bis 0 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 15 16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30 31 bis 35 über 35 Amsterdam Antalya Barcelona Buenos Aires Djerba Genf Hongkong Innsbruck 13° Schauer 25° wolkig 15° Schauer 22° Schauer 22° wolkig 10° Schauer 27° Schauer 10° Regen © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Kairo Kapstadt Kreta Los Angeles Mailand Malta Miami New York 40° Schauer 29° sonnig 27° heiter 20° wolkig 18° Schauer 20° heiter 30° wolkig 7° Schauer Palermo 17° Schauer Peking 25° sonnig Prag 11° Regen Rio de Janeiro 32° heiter Salzburg 6° Regen Sydney 22° Schauer Tel Aviv 33° wolkig Tokio 18° wolkig WELT KOMPAKT -2016-04-08-sil-16 f5b0f591efbf83e3bb4c38c52d64bed4