Zwangsstörungen - Ö1

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Zwangsstörungen - Ö1
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
Die Sendung
Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der
Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr
werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form
aufgearbeitet und Ö1- Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch
Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen.
Wir über uns
Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr.
Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr. Christoph
Leprich die Sendung.
Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Xaver Forthuber, Mag. Nora Kirchschlager,
Dipl. Ing. Eva Obermüller, Dr. Doris Simhofer, Dr. Michaela Steiner, Dr. Ronny
Tekal und Dr. Christoph Leprich.
Das Service
Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice,
das auf größtes Interesse gestoßen ist.
Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen
Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen wird kostenlos zur
Verfügung gestellt und ist bereits am Sendungstag auf der Ö1-Homepage zu
finden. Diese Unterlagen stellen in der Fülle der behandelten Themen ein MedizinLexikon für den Laien dar.
Die Partner
Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: die
Österreichische Apothekerkammer und das Österreichische Bundesministerium für
Gesundheit.
An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die gute
Zusammenarbeit bedanken!
Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe
zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben.
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DIE „KRANKHEIT DES ZWEIFELNS“ ZWANGSSTÖRUNGEN
Mit Dr. Christoph Leprich
3. September 2012, 14.05 Uhr, Ö1 (Wh. v. 29. März 2010)
Sendungs- und Infomappengestaltung: Mag.a Nora Kirchschlager
Redaktion: Dr. Christoph Leprich
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INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
DIE „KRANKHEIT DES ZWEIFELNS“ - ZWANGSSTÖRUNGEN
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ZWANGSHANDLUNGEN UND ZWANGSGEDANKEN
Der Zwang als Ausdruck von Unsicherheits- und Schuldgefühlen
Biologische Ursachen der Zwangsstörung
Hilfe durch Psychotherapie
Symptomlinderung durch Medikamente
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WANN SPRICHT MAN VON EINER ZWANGSSTÖRUNG?
Beginn der Zwangsstörungen im Jugendalter
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ZWANGSSTÖRUNGEN ÄUSSERN SICH IN UNTERSCHIEDLICHEN SYMPTOMEN
Ordnungs -, Wiederholungs - und Zählzwänge
Sammel- und Hortzwänge
Zwangsgedanken
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STÖRUNGEN AUS DEM FORMENKREIS DER ZWANGSERKRANKUNGEN
Störungen der Impulskontrolle
Essstörungen
Hypochondrie
Die zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung
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DIE URSACHEN DER ZWANGSSTÖRUNG
Der Widerstreit von unbewussten Trieben und strengem Gewissen
Der Zwang als Sicherheitsstifter
Zwangsstörungen als Ablenkung von anstehenden Aufgaben
Schuld, Überverantwortung und Perfektionismus
Verhaltenstherapeutische Krankheitsmodelle
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BIOLOGISCHE URSACHEN
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Ursache der Zwangsstörung liegt möglicherweise auch in Genen
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Fehlgeleitetes Immungeschehen, Bakterieninfektionen und Hirnschädigungen
als Ursache von Zwangsstörungen
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Leiden Zwangserkrankte an Gedächtnisproblemen?
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Neurobiologische Korrelate von Zwangsstörungen
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INHALTSVERZEICHNIS
Psycho-, und Pharmakotherapie normalisieren gestörte Hirnfunktionen
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DIE THERAPIE DER ZWANGSSTÖRUNG
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DER ABLAUF EINER VERHALTENSTHERAPIE
Kognitive Therapie und „Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung“
Zwangshandlungen werden unterbunden
Exposition bei Zwangsgedanken
Gefühle aus der Vergangenheit
Was tun mit der neu gewonnenen Zeit?
Mindestens ein Jahr Verhaltenstherapie
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MEDIKAMENTÖSE THERAPIE VON ZWANGSSTÖRUNGEN
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Ab wann darf man Linderung der Symptome erwarten?
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Wie lange kann man selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer einnehmen?
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Mögliche Nebenwirkungen
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Was tun, wenn auch SSRI’s nicht wirken?
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EXPERIMENTELLE BEHANDLUNGSANSÄTZE
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SELBSTHILFE – LITERATUR UND SELBSTHILFEGRUPPEN
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TIPPS FÜR ANGEHÖRIGE VON ZWANGS-BETROFFENEN
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ANLAUFSTELLEN
BUCHTIPPS
INFOLINKS
INTERVIEWPARTNER/INNEN
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ZWANGSSTÖRUNGEN
DIE „KRANKHEIT DES ZWEIFELNS“ ZWANGSSTÖRUNGEN
Sicher kennen Sie das: Sie haben gerade Ihre Wohnung oder Ihr Haus verlassen,
steigen ins Auto, um in den Urlaub zu fahren, als es Ihnen ein Gedanke wie ein
Blitz in die Glieder fährt: Habe ich das Bügeleisen auch wirklich ausgesteckt und
die Herdplatte abgedreht? Die meisten Menschen kehren kurz in die Wohnung
zurück, kontrollieren die Lage mit einem Blick und können sich beruhigt auf den
Weg in die Ferien machen. Bei etwa 200.000 Österreicherinnen und Österreichern
sieht dies allerdings anders aus: Sie müssen einen Kontrollvorgang mehrmals –
oft stundenlang wiederholen – um sich sicher zu sein, dass z.B. Herd und
Bügeleisen auch wirklich abgedreht sind. Die Rede ist von Menschen, die von
einer Zwangsstörung (englisch: obsessive-compulsive disorder) betroffen sind.
Die meisten Betroffenen haben mehrere verschiedene Zwangsarten gleichzeitig.
Und zusätzlich zur Zwangsstörung leiden sehr viele parallel an einer Angststörung
oder Depression.
Durch die frühen Filme von Woody Allen, die TV-Serie Monk und den Spielfilm
„Besser geht’s nicht“ wurde das Thema Zwangsstörungen der breiten
Öffentlichkeit auf fast charmante Art und Weise präsentiert und dadurch auch
etwas enttabuisiert.
Allerdings entspricht die Realität der meisten Betroffenen weder der des genialen
Kriminalisten Monk, noch der Figur des wohlhabenden Schriftstellers Melvin,
verkörpert durch Jack Nicholson.
Denn Zwangsstörungen gehen mit einem hohen Leidensdruck einher und führen
häufig zu Arbeitsunfähigkeit und sozialer Isolation.
ZWANGSHANDLUNGEN UND ZWANGSGEDANKEN
Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung erkranken einmal in ihrem Leben an einer
Zwangsstörung. Dazu zählen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken.
Unter den Zwangshandlungen kennt man Kontroll-, Wasch- und Reinigungs-,
Ordnungs-, Wiederholungs-, Zähl- sowie Sammel- und Hortzwänge.
Kontrollzwänge zählen zu den häufigsten Zwangshandlungen. Personen, die
davon betroffen sind, kontrollieren vor dem Verlassen ihrer Wohnung mehrmals –
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oft stundenlang - ob alle elektrischen Geräte ausgeschaltet, die Wasserhähne
abgedreht, die Fenster geschlossen oder die Kontonummer auf dem Zahlschein
auch wirklich richtig angegeben wurde.
Die vordergründige Angst dahinter ist, dass möglicherweise in ihrer Abwesenheit
die Wohnung abbrennt, überflutet wird, dass jemand einbricht oder dass der zu
überweisende Betrag nicht rechtzeitig am Konto - zum Beispiel des
Mobilfunkanbieters - eintreffen könnte.
Die zweithäufigsten Zwangshandlungen sind Wasch- und Reinigungszwänge.
Betroffene Menschen haben häufig Angst, sich mit Bakterien zu infizieren und
müssen, um das Gefühl von Sauberkeit zu erlangen, stundenlang duschen, Hände
waschen oder putzen.
Der Zwang als Ausdruck von Unsicherheits- und Schuldgefühlen
Zwänge können zahlreiche Funktionen haben. So versuchen manche Menschen
etwa – wenn auch unbewusst – dadurch unerwünschte Gefühle, wie etwa
Aggression, Zorn, aber auch Trauer, zu unterdrücken. Eine Zwangsstörung kann
auch - wenn sich die Welt für den Betroffenen als bedrohlich darbietet - als
sicherer Schutzmantel vor der Realität dienen.
Viele Menschen, die an einer Zwangserkrankung leiden, sind in gesteigertem
Maße verantwortungs- und schuldbewusst. Sie wollen alles perfekt machen und
fühlen sich nie gut genug, weder im Berufs- noch im Privatleben.
Auch das ein Grund, warum eine Zwangsstörung entstehen kann.
Biologische Ursachen der Zwangsstörung
Zwangserkrankungen können genetische Ursachen haben, sie können aber auch
aufgrund eines fehlgeleiteten Immungeschehens oder aufgrund einer Infektion des
Gehirns durch Streptokokken - wie etwa bei Scharlach – entstehen. Ursache
können auch Erkrankungen sein, die bestimmte Gehirnareale zerstören, wie zum
Beispiel die Chorea Huntington, früher als Veitstanz bezeichnet.
Bildgebende Untersuchungsverfahren, wie etwa die Computertomographie, die
Kernspintomographie und die Positronen-Emissionstomografie konnten schließlich
in den vergangenen zehn Jahren zeigen, dass bei zwangserkrankten Menschen
bestimmte Regionen des Stirnhirns, nämlich der orbito-frontale Kortex, im
Vergleich zu Nicht-Betroffenen Veränderungen aufweisen.
Hilfe durch Psychotherapie
Zwangsstörungen kann man unter anderem mittels einer Verhaltenstherapie
behandeln. Von gänzlicher Symptomfreiheit kann zwar auch nach einer
absolvierten Verhaltenstherapie nicht ausgegangen werden - mehrere Studien
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haben jedoch gezeigt, dass es 70 bis 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten,
die eine solche Therapie absolvieren, schon nach kurzer Zeit merklich besser geht.
Überdies sei der Erfolg in bis zu 90 Prozent der Fälle auch über ein Jahr und
länger anhaltend.
Symptomlinderung durch Medikamente
Als wirksame Medikamente zur Behandlung von Zwangsstörungen haben sich die
so genannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, kurz SSRI’s
erwiesen. Diese werden auch zur Therapie von Depressionen eingesetzt.
Etwa 90 Prozent aller von einer Zwangserkrankung Betroffenen profitieren von
einer Behandlung mit SSRI’s – ihre Zwangssymptomatik reduziert sich in der
Regel um bis zu 50 Prozent. SSRI’s haben, wie alle Medikamente, möglicherweise
auch Nebenwirkungen, weshalb zu regelmäßigen Kontrollen bei einem
Spezialisten geraten wird.
WANN SPRICHT MAN VON EINER
ZWANGSSTÖRUNG?
Nicht alle, die, nachdem sie ihre Wohnung verlassen haben, noch einmal
zurückgegangen sind, um nachzuprüfen, ob auch wirklich der Herd oder die
Kaffeemaschine abgeschaltet wurde, leiden automatisch an einer Zwangsstörung.
Diese ist gemäß dem ICD 10, der von der WHO herausgegebenen „Internationalen
statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter
Gesundheitsprobleme“ folgendermaßen definiert:
1. Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen (oder beides) an den
meisten Tagen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen.
2. Die Zwangsgedanken (Ideen oder Vorstellungen) und Zwangshandlungen
zeigen sämtliche folgenden Merkmale:
 Sie werden als eigene Gedanken/Handlungen von den Betroffenen
angesehen und nicht als von anderen Personen oder Einflüssen
eingegeben.
 Sie wiederholen sich dauernd und werden als unangenehm
empfunden, und mindestens ein Zwangsgedanke oder eine
Zwangshandlung werden als übertrieben und unsinnig anerkannt.
 Die Betroffenen versuchen Widerstand zu leisten (bei lange
bestehenden Zwangsgedanken und Zwangshandlungen kann der
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ZWANGSSTÖRUNGEN
Widerstand allerdings sehr gering sein). Gegen mindestens einen
Zwangsgedanken oder eine Zwangshandlung wird gegenwärtig
erfolglos Widerstand geleistet.
 Die Ausführung eines Zwangsgedankens oder einer Zwangshandlung
ist für sich genommen nicht angenehm (dies sollte von einer
vorübergehenden Erleichterung durch den Abbau von Spannung
und Angst unterschieden werden).
3. Die Betroffenen leiden unter den Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
oder werden in ihrer sozialen oder individuellen Leistungsfähigkeit
behindert, meist durch den besonderen Zeitaufwand.
4. Häufigstes Ausschlusskriterium: Die Störung ist nicht bedingt durch eine
andere psychische Störung, wie Schizophrenie und verwandte Störungen
(F2) oder affektive Störungen (F3).
Das ICD-10 zählt Zwangsstörungen zur Gruppe der „Neurotischen, Belastungs- und
somatoformen Störungen“, im Gegensatz zum DSM-IV, dem „Diagnostischen und
Statistischen Handbuch Psychischer Störungen“ der American Psychiatric
Association. Hier werden Zwangsstörungen als eine Form von Angststörung
definiert. Die diagnostischen Kriterien des DSM-IV lauten wie folgt:
 Entweder Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen:
Zwangsgedanken, wie durch (1), (2), (3) und (4) definiert:
1. wiederkehrende und anhaltende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen,
die zeitweise während der Störung als aufdringlich und unangemessen
empfunden werden und die ausgeprägte Angst und großes Unbehagen
hervorrufen,
2. die Gedanken, Impulse oder Vorstellungen sind nicht nur übertriebene
Sorgen über reale Lebensprobleme,
3. die Person versucht, diese Gedanken, Impulse oder Vorstellungen zu
ignorieren oder zu unterdrücken oder sie mit Hilfe anderer Gedanken oder
Tätigkeit zu neutralisieren,
4. die Person erkennt, dass die Zwangsgedanken, -impulse oder vorstellungen ein Produkt des eigenen Geistes sind (nicht von außen
auferlegt wie bei Gedankeneingebung).
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 Zwangshandlungen, wie durch (1) und (2) definiert:
1. wiederholte Verhaltensweisen (z.B. Händewaschen, Ordnen, Kontrollieren)
oder gedankliche Handlungen (z.B. Beten, Zählen, Wörter leise
wiederholen), zu denen sich die Person als Reaktion auf einen
Zwangsgedanken oder aufgrund von streng zu befolgenden Regeln
gezwungen fühlt,
2. die Verhaltensweisen oder die gedanklichen Handlungen dienen dazu,
Unwohlsein zu verhindern oder zu reduzieren oder gefürchteten
Ereignissen oder Situationen vorzubeugen; diese Verhaltensweisen oder
gedanklichen Handlungen stehen jedoch in keinem realistischen Bezug zu
dem, was sie neutralisieren oder zu verhindern versuchen, oder sie sind
deutlich übertrieben.
 Zu irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf der Störung hat die Person
erkannt, dass die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen
übertrieben oder unbegründet sind.
 Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen verursachen
erhebliche Belastung, sind zeitaufwendig (benötigen mehr als 1
Stunde pro Tag) oder beeinträchtigen deutlich die normale
Tagesroutine der Person, ihre beruflichen (oder schulischen)
Funktionen oder die üblichen Aktivitäten und Beziehungen...
Quelle: Hans Morschitzky: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie,
Selbsthilfe. 4. Auflage. Springer Verlag 2009. S. 107 u. 109.
Beginn der Zwangsstörungen im Jugendalter
Zwangsstörungen treten bei Frauen im Durchschnitt um das 20. Lebensjahr das
erste Mal auf. Bei Burschen beginnt die Erkrankung häufig schon fünf Jahre früher.
Eine Hypothese, warum Zwangsstörungen in diesem Alter beginnen, ist laut
unserem Sendungsgast Mag. Dr. Ulrike Demal, Klinische und
Gesundheitspsychologin sowie Psychotherapeutin, dass die in der späten
Teenagerzeit bzw. in den frühen 20er Jahren sehr viele Lebensveränderungen
stattfinden. Zum Beispiel käme es in dieser Zeit zu so genannten Rollenwechseln.
Die jungen Menschen entdecken ihre Sexualität, beginnen zu arbeiten, ziehen von
zu Hause aus, beginnen zu studieren und gehen erste längere Partnerschaften
ein. Zwänge könnten dann entstehen, wenn nicht ausreichend Ressourcen
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vorhanden sind, um mit subjektiv überfordernden Lebenssituationen
zurechtzukommen.
Warum Burschen im Durchschnitt fünf Jahre vor den Mädchen erkranken, ist noch
nicht genau erforscht, berichtet Ulrike Demal. Ein Erklärungsmodell geht von
folgender Annahme aus: Bei Burschen treten häufiger als bei Mädchen
Kontrollzwänge auf. Diese werden oft im Zusammenhang mit sozialen Ängsten
und Unsicherheiten gesehen, die wiederum besonders in der Zeit um das
15te/16te Lebensjahr stärker ausgeprägt sind. Auch hier würden die Zwänge, so
Ulrike Demal, als Sicherheitsstifter in einer Umbruchszeit fungieren.
ZWANGSSTÖRUNGEN ÄUSSERN SICH IN
UNTERSCHIEDLICHEN SYMPTOMEN
Bei den, wie bereits erwähnt, am häufigsten auftretenden Zwangshandlungen, den
Kontrollzwängen, kommen unterschiedliche, stetig variierende Kontrollrituale zur
Anwendung. Der für die Sendung interviewte, seit vielen Jahren sowohl von
mehreren Handlungs- als auch von Gedankenzwängen betroffene Marcus Mayer
berichtet zum Beispiel, dass er erst dann überzeugt war, dass der Wasserhahn
abgedreht ist, nachdem er ihn dreimal auf- und wieder zugedreht hatte. Ein
andermal wiederum musste er diese Handlung fünf Mal wiederholen, um sicher zu
sein. Oder aber er musste die Augen mehrmals auf und zu machen, ehe er
beruhigt die Wohnung verlassen konnte.
Durch die Zwangshandlung erlangen die Betroffenen das Gefühl, alles unter
Kontrolle zu haben und sind für kurze Zeit von ihren ängstlichen Gefühlen befreit.
Die zweithäufigsten Zwangshandlungen sind Wasch- und Reinigungszwänge.
Betroffene Menschen haben häufig Angst, sich mit Krankheitskeimen zu infizieren
und müssen, um das Gefühl von Sauberkeit zu erlangen, stundenlang duschen,
Hände waschen oder putzen.
Die für unsere Sendung interviewte Betroffene Renate W. benötigt zum Beispiel
für das Zähneputzen 20 Minuten, was sich natürlich auch negativ auf ihre
Zahngesundheit auswirkt.
Noch belastender, als sich selbst mit gefährlichen, möglicherweise todbringenden
Keimen infiziert zu haben, ist für viele Betroffene die Vorstellung, sie könnten
jemanden anderen ebenfalls anstecken und so bei diesem Menschen eine
unheilbare Krankheit auslösen.
Welche Krankheiten gefürchtet werden, hängt in hohem Maß von der Zeit ab, in
der die Betroffenen leben. Zum Beispiel dominierte früher die Angst vor
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Geschlechtskrankheiten wie Syphilis, Gonorrhoe oder Herpes. Nun sind es eher
Erkrankungen wie AIDS, BSE oder Krebs.
Ordnungs -, Wiederholungs - und Zählzwänge
Von Ordnungszwängen Betroffene müssen, um eine innere Spannung abzubauen,
die verschiedensten Dinge ordnen: zum Beispiel Bücher nach dem Alphabet,
Kleidungsstücke im Kasten nach Farben, oder sie müssen Gegenstände in geraden
Linien positionieren, wie im Falle des britischen Fußballers David Beckham, der
sich vor ein paar Jahren zu seiner Zwangserkrankung bekannte.
Wiederholungszwänge stehen meist in Verbindung mit magischem Denken und
Aberglauben. Betroffene fürchten etwa, dass, wenn sie zum Beispiel ein Glas nicht
genau auf einen bestimmten Platz stellen, ein Familienmitglied einen tödlichen
Unfall erleiden könnte.
Unter Zählzwängen Leidende wiederum müssen, um eine Gefühl von Zufriedenheit
zu erlangen, verschiedenste Dinge ihrer Umgebung wieder und wieder zählen,
zum Beispiel vorbeifahrende Autos oder Fenster an Häuserfassaden.
Sammel- und Hortzwänge
Schließlich müssen in der Gruppe der Zwangshandlungen noch die Sammel- und
Hortzwänge erwähnt werden. Menschen, die daran leiden, weisen ein ähnliches
Verhalten wie die so genannten Messies auf.
Es besteht aber auch ein Unterschied: Messies horten verschiedenste
Gegenstände in ihrer Wohnung, einfach um des Besitzens willen oder um, im
übertragenen Sinn, eine Leere in ihrem Leben zu füllen. Von Sammel- und
Hortzwängen Betroffene sammeln hingegen meist Zeitschriften, Prospekte,
Werbematerial usw., mit dem Gedanken im Hinterkopf, sie könnten irgendetwas
davon wieder einmal benötigen oder lesen, was in der Realität jedoch kaum
geschieht. Sammel- und Hortzwang-Erkrankte können kaum etwas wegwerfen,
was dazu führt, dass ihre vier Wände nach und nach immer unbewohnbarer
werden. Die Folge: Die Betroffenen haben aus Scham oft schon seit Jahren
niemanden mehr in ihre Wohnung gelassen.
Zwangsgedanken
So werden Gedanken bezeichnet, die sich den Betroffenen aufdrängen und von
ihnen zwanghaft immer wieder gedacht werden müssen.
Zwangsgedanken treten oft vor einer Zwangshandlung auf. Zum Beispiel führt der
Gedanke, sich möglicherweise mit Keimen infiziert zu haben, zu einem
Waschritual.
Es gibt aber auch Zwangsgedanken ohne Zwangshandlungen. Diese haben oft
sexuelle oder religiöse Inhalte. Zum Beispiel befürchten manche Menschen, auf
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der Straße jemandem versehentlich auf das Genital zu starren oder aber
Gotteslästerung zu betreiben. Um letzteren Gedanken zu neutralisieren, führen sie
individuell verschiedene Rituale durch oder sie beten. Besonders belastend ist der
Zwangsgedanke, man könne sich selbst oder jemand anderen schwer oder gar
tödlich verletzen, was die Betroffenen in Wirklichkeit aber nie tun würden.
Der an Zwangsgedanken leidende Wiener Marcus Mayer erzählt, dass er, als er
vor ein paar Jahren mit seiner Freundin zusammenlebte, von dem schrecklichen
Gedanken belastet war, er würde seine Freundin mit einem Messer umbringen.
Aus diesem Grund habe er meist einen weiten Bogen um die Küche gemacht bzw.
habe er sämtliche Küchenmesser außer Reichweite verstaut.
Generell sei darauf hingewiesen, dass sich eine Zwangserkrankung auch dadurch
auszeichnet, dass sich die Betroffenen über die Irrationalität ihrer Ängste
durchaus im Klaren sind (im Gegensatz etwa zu Menschen, die an einer Psychose
leiden), aber leider nur in den seltensten Fällen sozusagen „mit dem Verstand“
etwas dagegen unternehmen können. Eine frustrierende, scheinbar ausweglose
Angelegenheit.
STÖRUNGEN AUS DEM FORMENKREIS DER
ZWANGSERKRANKUNGEN
Einige Erkrankungen zählen nicht im engeren Sinne zu den Zwangsstörungen,
weisen aber zwangsähnliche Symptome auf. Im Englischen werden sie als
„obsessive-compulsive-spectrum disorders“ bezeichnet. Otto Benkert und Martina
Lenzen-Schulte führen in ihrem Buch „Zwangskrankheiten – Ursachen, Symptome,
Therapien“ folgende zwangsnahen Krankheiten an:
1. Impulskontrollstörungen







Spielsucht
Trichotillomanie (Zwang, sich die Haare auszureißen)
Kleptomanie
Kaufsucht
Selbstverstümmelungstendenzen
Sexuelle Zwänge
impulsive Persönlichkeitsstörungen wie Borderline und Antisoziale
Persönlichkeitsstörung
2. Tics und Gilles de la Tourette-Syndrom
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3. Essstörungen
 Anorexia nervosa (Magersucht)
 Bulimieähnliche Essstörung (binge eating)
4. Störungen aus dem schizophrenen und depressiven Formenkreis
 Schizophrenie mit Zwangsstörung
 Schizotypische Persönlichkeitsstörung
 Anankastische Depression
5. Somatoforme Störungen
 Hypochondrie
 Nicht wahnhafte Dysmorphophobie (Betroffene leiden an
vermeintlichen Entstellungen ihres Äußeren)
6. Dissoziative Störungen
 Depersonalisationsstörung
Quelle: Otto Benkert, Martina Lenzen-Schulte: Zwangskrankheiten – Ursachen,
Symptome, Therapien. 2., aktualisierte Auflage, Verlag C.H. Beck 2004. S. 38.
Im Folgenden soll auf einige der erwähnten Störungen aus dem Formenkreis der
Zwangserkrankungen näher eingegangen werden.
Störungen der Impulskontrolle
Zwischen Zwangsstörungen und Impulskontrollstörungen bestehen Ähnlichkeiten,
aber auch Unterschiede. Ebenso wie Menschen mit Zwangsstörungen sind auch
Betroffene von Impulskontrollstörungen unkontrollierbaren Zwängen ausgeliefert.
Trichotillomanie-Betroffene unterliegen zum Beispiel dem Druck, sich die Haare
ausreißen zu müssen. Personen mit Kleptomanie oder Spielsucht wiederum
müssen aus einem zwanghaften Impuls heraus stehlen oder dem Glücksspiel
frönen. Vor der Ausführung der jeweiligen Handlungen berichten sie alle, auch die
Zwangserkrankten, über eine stärker werdende Anspannung und Angst.
Der Unterschied zwischen Zwangsstörungen und Impulskontrollstörungen besteht
nun darin, dass von letzteren Betroffene von einem befreienden, lustvollen Gefühl
sprechen, nachdem sie die Zwangshandlung vollzogen haben. Ein Gefühl, das
meist auch längere Zeit anhält. Bei Menschen, die an Zwangsstörungen leiden,
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stellt sich ein solches Gefühl nicht ein, und wenn, dann nur für kurze Zeit. Bei
ihnen reduziert sich lediglich die Angst.
Ein Unterschied zwischen den beiden Erkrankungsformen besteht überdies darin,
dass Personen mit Impulskontrollstörungen, im Gegensatz zu jenen mit
Zwangsstörungen, vor allem in risikoreichen Situationen eine Form der
Befriedigung finden.
Essstörungen
Auch von Essstörungen Betroffene weisen zwanghaftes Verhalten auf. Menschen
mit Magersucht etwa beschäftigen sich überdurchschnittlich intensiv mit ihrem
Gewicht, ihrem Aussehen und mit der Nahrung, die sie zu sich nehmen. Außerdem
sind sie meist fix davon überzeugt, viel zu dick zu sein. Ebenso „zwänglerisch“
agieren Bulimikerinnen und Bulimiker. Der Einkauf im Supermarkt, die Essorgien
zu Hause und das sich anschließende Übergeben folgen einem strengen Ritual,
dem sie sich nicht entziehen können. Auch Essstörungen unterscheiden sich von
Zwangsstörungen dadurch, dass Essrituale meist mit euphorischen Gefühlen
einhergehen. Ein weiterer Unterschied besteht natürlich darin, dass sich das
zwanghafte Verhalten/die zwanghaften Gedanken von Menschen mit Essstörungen
eben nur auf Nahrung und Gewicht beziehen, während Zwangspatientinnen und –
patienten in vielen unterschiedlichen Bereichen von ihrer Krankheit beherrscht
werden.
Hypochondrie
Ein Unterschied zur Zwangsstörung ist hier, ebenso wie bei den Essstörungen, im
Hinblick auf den zwangsbesetzen Inhalt festzumachen. So verhalten sich von
Hypochondrie Betroffene meist nur in Bezug auf ihren Körper zwanghaft. Bei
verschiedensten, meist harmlosen Symptomen, befürchten sie, an einer schweren,
lebensbedrohlichen Krankheit zu leiden. Eine große Ähnlichkeit zur
Zwangsstörung besteht darin, dass sie sich ebenfalls mittels Rückversicherungen
von ihrer Angst befreien möchten. So kontrollieren sie zum Beispiel mehrmals
täglich ihren Körper auf ungewöhnliche Symptome oder sie besuchen innerhalb
eines kurzen Zeitraums mehrere Ärzte, die ihnen bestätigen sollen, dass sie
gesund sind – was diese in der Regel auch tun. Jedoch hält das erleichternde
Gefühl, an nichts erkrankt zu sein, nur kurze Zeit an. Die Angst wächst von neuem
und im Endeffekt kann nur eine Therapie (mittels Psychopharmaka oder
Psychotherapie) helfen.
Die zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung
Das starke Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit ist allen Erkrankungen, die mit
Zwängen einhergehen, gemein. Bei Zwangsstörungs-Betroffenen äußert sich
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dieses Bedürfnis meist in vom restlichen Leben abgrenzbaren Handlungen
(Kontrolle des Herds, der Wasserhähne, zwanghaftes Waschen etc.).
Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung hingegen fühlen sich nur
dann wohl, wenn sie sämtliche Bereiche ihres Lebens unter strenger Kontrolle
haben. Nichts darf dem Zufall überlassen werden, alles unterliegt einer strikten
Ordnung.
Sie neigen zu übertriebenen Perfektionismus, der ihnen selbst meist hinderlich ist,
wenn es etwa heißt, diverse Arbeiten oder Projekte in einem bestimmten
Zeitraum zu erledigen. Gelingt etwas nicht so, wie es ihr Plan vorsieht, leiden sie
stark darunter. Meistens beziehen die von einer zwanghaften
Persönlichkeitsstörung Betroffenen auch die Menschen ihres Umfelds in ihre
perfektionistische Welt mit ein und reagieren mit Unverständnis und Kritik, wenn
diese sich ihren Normen widersetzen. Ein großer Unterschied zur echten
Zwangsstörung besteht darin, dass Personen mit zwanghafter
Persönlichkeitsstörung nicht an der Richtigkeit ihrer Denkweise zweifeln, im
Gegensatz zu Zwangsbetroffenen, die genau wissen, dass ihre Befürchtungen
völlig irreal sind. Zwangsstörungen und zwanghafte Persönlichkeitsstörung treten
übrigens oft gemeinsam auf.
Abschließend sei noch erwähnt, dass sich die meisten der Erkrankungen aus dem
Formenkreis der Zwangsstörungen auch ähnlich behandeln lassen wie diese,
nämlich mit Antidepressiva (SSRI’s) und/oder Psychotherapie.
Quellen:
Otto Benkert, Martina Lenzen-Schulte: Zwangskrankheiten – Ursachen, Symptome,
Therapien. 2., aktualisierte Auflage, Verlag C.H. Beck 2004. S. 38 - 45
David Althaus, Nico Niedermeier, Svenja Niescken: Zwangsstörungen – Wenn die
Sucht nach Sicherheit zur Krankheit wird. C .H. Beck Verlag 2008. S. 60 – 61
DIE URSACHEN DER ZWANGSSTÖRUNG
Der Widerstreit von unbewussten Trieben und strengem Gewissen
Jahrhundertelang galten Zwangssymptome als Ausdruck eines sündhaften,
unmoralischen Lebens. Wer sich etwa ständig waschen muss, von dem wurde
angenommen, er müsse sich von irgendeinem schlimmen Vergehen
„reinwaschen“.
Erstmals als psychische Erkrankung beschrieb Sigmund Freud die Zwangsstörung
– das war 1894. Gemäß den Vorstellungen der frühen Psychoanalyse entsteht eine
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ZWANGSSTÖRUNGEN
Zwangserkrankung aufgrund des Widerstreits zwischen unbewussten, meist
sexuellen Trieben, also dem „Es“ und einem regulierenden strengen Gewissen,
dem „Über Ich“.
Ausschlaggebend für die Art der Entwicklung des „Über Ichs“ sei die Erziehung.
Ist diese besonders streng in Bezug auf Sauberkeit, Ordnung oder moralisches
Verhalten ausgelegt, kann dies beim Kind Aggressionen und Frust hervorrufen.
Können diese Gefühle nicht in angemessener Form verarbeitet werden, ist es
möglich, dass bei Konfliktsituationen im Erwachsenenalter mit neurotischen
Kompensationsmechanismen, also z. B. mit Zwängen reagiert wird.
Obwohl man die Zwangsstörung mittlerweile nicht mehr auf einen Konflikt
zwischen Triebregungen und moralischen Werten reduziert, gilt nach wie vor die
Auffassung, dass Zwänge unter anderem ein Abwehrversuch von unerwünschten
Gefühlen, wie etwa Aggression oder Zorn, sind.
Der Zwang als Sicherheitsstifter
Eine Funktion des Zwangs, die auch von der Wissenschaft als wesentlich erachtet
wird, ist dessen Funktion als Sicherheitsstifter in einem sich für die Betroffenen
bedrohlich darbietenden Leben.
Für den in der Sendung zu Wort gekommenen Betroffenen Marcus Mayer (er
befindet sich seit vielen Jahren in psychotherapeutischer Behandlung) hat der
Zwang zum Beispiel vordergründig die Aufgabe, sein Vertrauen in sich selbst zu
stärken und seine Existenzängste, seine Angst vorm Alleinsein und seine
Einsamkeitsgefühle zu verringern.
Das Grundgefühl seiner Kindheit, so erinnert sich Marcus Mayer, war die Angst,
etwas falsch zu machen. Lob habe er aus dem Mund seiner sehr dominanten
Eltern nie gehört. Angst- und unsicherheitsfördernd kam hinzu, dass sein Vater –
wenn laut Marcus Mayer auch unschuldig – für einige Zeit ins Gefängnis musste,
was zur Folge hatte, dass die Familie viele Jahre von Sozialhilfe lebte und beinahe
delogiert wurde. Als er 17 Jahre alt war, erlebte er schließlich mit, wie sein Vater –
damals 42jährig – einen beinahe tödlichen Herzinfarkt erlitt. Damals begannen
Marcus Mayers Panikattacken. Er versucht, seine Zwangserkrankung im Hinblick
auf diese Erfahrungen zu erklären.
Der Zwang hat demnach vordergründig sogar eine positive Seite, denn er lenkt
erfolgreich von den Problemen des Lebens ab und vermittelt speziell
Angstkranken und depressiven Menschen das Gefühl von Kontrolle, teilweise auch
über die Menschen in ihrem Umfeld.
Laut unserem Sendungsgast Univ.-Prof. Dr. Günter Schiepek, Psychologe und
Leiter des Salzburger Forschungsinstituts für Synergetik und
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
17
ZWANGSSTÖRUNGEN
Psychotherapieforschung der Medizinischen Universität Salzburg, dienen Zwänge
den Betroffenen auch häufig zur Herstellung von Autonomie und Unabhängigkeit
von der Herkunftsfamilie oder vom Partner bzw. der Partnerin.
Zwangsstörungen als Ablenkung von anstehenden Aufgaben
Günter Schiepek sieht im Zwang – wie generell in den meisten psychischen
Erkrankungen – auch eine Möglichkeit, Entwicklungsschritte zu vermeiden.
Es stelle sich demnach die Frage: „Was wäre, wenn der Zwang weg wäre, was
stünde dann an, was müsste getan werden, mit was müssten sie sich auch
konfrontieren oder auseinandersetzen, was jetzt quasi unter dem Schutzmantel
einer Problematik oder Krankheit gar nicht ansteht.“
In Anbetracht dieser schützenden Funktion einer Zwangsstörung ist es nicht
verwunderlich, dass viele Betroffene „ihren“ Zwang – so seltsam das auch klingen
mag - eigentlich gar nicht „hergeben“ wollen.
Das kennt auch die an Wasch- und Reinigungszwang sowie Sammelzwang
leidende Renate W. Sie erzählt, dass sie von ihrem Vater die meiste Zeit nur Kritik
zu hören bekam. Nach dem Durchführen ihrer Zwangsrituale habe sie das Gefühl,
etwas richtig bzw. gut gemacht zu haben, weshalb sie sich auch nur schwer
vorstellen kann, diese aufzugeben.
Schuld, Überverantwortung und Perfektionismus
Ein Aspekt, der sich wie ein roter Faden durch das Leben der meisten Menschen
mit Zwangserkrankungen zieht, ist das Thema Schuld. Um diesem permanenten
Gefühl des Nichtgenügens zu entgehen, agieren die Betroffenen
überverantwortlich und perfektionistisch.
Ein Mechanismus, der ihnen zumeist zum Verhängnis wird, denn ihr Zwang zur
Perfektion führt dazu, dass sie sich von den alltäglichen Aufgaben ihres Lebens
überfordert fühlen und ihnen ohnmächtig gegenüberstehen. Eine Art innere
Lähmung beginnt, die dazu führt, dass sie, die ja eigentlich alles so gut wie
möglich machen möchten, im Endeffekt kaum mehr etwas in Angriff nehmen
können.
Verhaltenstherapeutische Krankheitsmodelle
Nicht nur von der klassischen Psychoanalyse, sondern auch von der
Verhaltenstherapie werden viele der bisher erwähnten Aspekte als mögliche
Ursachen für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Zwangsstörung
angesehen.
Die Verhaltenstherapie geht jedoch davon aus, dass auch kognitive Prozesse, wie
Denken, Schlussfolgern, Erinnern oder Planen zur Ausbildung von Zwängen führen
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
18
ZWANGSSTÖRUNGEN
können. Diese seien vor allem das Ergebnis negativer Bewertungen von
unangenehmen, aber harmlos aufdringlichen Gedanken.
Überdies geht die Verhaltenstherapie davon aus, dass bestimmte
Handlungsmuster auch erlernt sein können. Zum Beispiel machen Personen mit
einer Zwangserkrankung regelmäßig folgende Erfahrung: Wenn sie sich in einer
für sie angstauslösenden Situation befinden, reduziert sich ihre Angst, wenn sie
eine Zwangshandlung setzen, also etwa den Herd kontrollieren oder sich erneut
die Hände waschen. Man spricht in diesem Fall von einer „operanten
Konditionierung“ bzw. einer negativen Verstärkung.
Dieser Mechanismus hält, so die Psychologin und Psychotherapeutin Mag. Dr.
Ulrike Demal, das Zwangsverhalten aufrecht. Das Problem dabei sei, dass etwa
Kontroll- oder Vermeidungsrituale nur kurzfristig Erleichterung bringen würden.
Mit der Zeit müssten die Betroffenen immer länger andauernde
Zwangshandlungen setzen, um dasselbe „befreiende“ Gefühl zu erlangen.
BIOLOGISCHE URSACHEN
Ursache der Zwangsstörung liegt möglicherweise auch in Genen
Mittlerweile geht man davon aus, dass bei der Entstehung von beinahe allen
psychischen Erkrankungen sowohl psychische, soziale als auch biologische
Aspekte, die sich gegenseitig beeinflussen können, eine Rolle spielen.
Von Zwangserkrankten weiß man etwa, dass bestimmte Regionen des Gehirns
eine Dysfunktion aufweisen. Es gibt – so sind sich viele Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler einig – dafür eine genetisch bedingte Disposition, also eine
besondere Empfindlichkeit zur Entwicklung einer bestimmten Störung.
Das bedeutet aber, dass die jeweiligen Besonderheiten in der genetischen
Ausstattung einer Person nicht unbedingt zu einer Zwangsstörung führen müssen.
Dazu bedarf es in den meisten Fällen zusätzlich einer akuten psychischen
Belastung.
Fehlgeleitetes Immungeschehen, Bakterieninfektionen und
Hirnschädigungen als Ursache von Zwangsstörungen
Eine Zwangserkrankung kann in seltenen Fällen auch aufgrund eines
fehlgeleiteten Immungeschehens entstehen. Dabei zerstören fehlprogrammierte
körpereigene Abwehrzellen Nervenzellen in bestimmten Gehirnarealen.
Außerdem kann, speziell bei Kindern, eine Infektion des Gehirns durch
Streptokokken, wie zum Beispiel im Rahmen einer Scharlach-Erkrankung, zur
Entwicklung einer Zwangsstörung führen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
19
ZWANGSSTÖRUNGEN
Schließlich können auch Erkrankungen, die bestimmte Hirnareale zerstören, die
Ursache einer Zwangssymptomatik sein. Ein Beispiel dafür ist die Chorea
Huntington, früher als Veitstanz bezeichnet.
Leiden Zwangserkrankte an Gedächtnisproblemen?
Ein weiterer interessanter Aspekt: Für die meisten Menschen genügt, wenn sie
beispielsweise ihre Wohnung verlassen, ein einmaliger Blick auf den Herd, um
ihnen Beruhigung zu verschaffen.
Zwangserkrankte hingegen haben auch nach mehrmaligem Kontrollieren das
Gefühl, möglicherweise doch etwas übersehen zu haben.
Laut unserem Sendungsgast Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Aigner, Facharzt für
Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapeutische Medizin sowie Leiter der
Abteilung für Erwachsenenpsychiatrie am Landesklinikum Tulln hat dies damit zu
tun, dass bei ihnen eine Dysfunktion in den Basalganglien vorliegt und es daraus
zu einem gestörten Zusammenspiel von verschiedenen Gedächtnissystemen
kommt.
Martin Aigner hat mit Kontrollzwang-Patienten in einem Experiment
Gedächtnistrainingsübungen durchgeführt und konnte beobachten, dass sich die
Zwangssymptomatik im Anschluss daran um 10 bis 20 Prozent verringerte.
Neurobiologische Korrelate von Zwangsstörungen
Mittels bildgebender Untersuchungsverfahren, wie etwa der
Computertomographie, der Kernspintomographie und der PositronenEmissionstomografie konnte in den vergangenen Jahren gezeigt werden, dass bei
zwangserkrankten Menschen bestimmte Regionen des Stirnhirns, nämlich der
orbito-frontale Kortex, im Vergleich zu Nicht-Betroffenen Veränderungen
aufweisen.
Laut dem Psychologen Günter Schiepek vom Salzburger Forschungsinstitut für
Synergetik und Psychotherapieforschung sind diese Hirnregionen, die sehr stark
an unserer Handlungsregulation und Handlungsvorbereitung, aber auch an
bestimmten Bewertungsprozessen beteiligt sind, bei zwangserkrankten Personen
überaktiv – mit dem Resultat, dass Handlungen immer wieder durchgeführt
werden müssten.
Bei Waschzwängen seien - so Günter Schiepek - zusätzlich emotionsregulierende
Gehirnareale involviert, wie zum Beispiel der anteriore zinguläre Cortex. Dieser
spiele eine Rolle bei der Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung, aber
auch bei der Handlungsüberprüfung und bei Entscheidungsprozessen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
20
ZWANGSSTÖRUNGEN
Psycho-, und Pharmakotherapie normalisieren gestörte Hirnfunktionen
In den vergangenen 20 Jahren konnte in mehreren Studien auch gezeigt werden,
dass sowohl Psychotherapie als auch Pharmakotherapie die gestörten
Gehirnfunktionen von Zwangserkrankten wieder normalisiert. Bei der Therapie mit
Medikamenten haben sich vor allem jene Substanzen als erfolgreich erwiesen, die
in serotonerge bzw. dopaminerge Systeme eingreifen, welche sich vielfach mit
dem erwähnten dysfunktionalen orbito-frontalen Cortex überschneiden.
DIE THERAPIE DER ZWANGSSTÖRUNG
Zwangsstörungen entstehen in der Regel schleichend und haben unbehandelt in
den meisten Fällen einen chronischen Verlauf. Die Stärke der Zwangssymptomatik
kann Schwankungen unterliegen.
Bei vielen Betroffenen kommt es in Stresssituationen zu einer Verstärkung der
Zwänge. Läuft hingegen das Leben des oder der Zwangserkrankten in ruhigeren,
subjektiv leichter zu bewältigenden Bahnen, können die Zwänge abflachen.
Dadurch, dass sich die Betroffenen meist wegen ihres zwanghaften Verhaltens
sehr schämen, vergehen im Durchschnitt sieben Jahre, bis eine Therapie in
Anspruch genommen wird. Nicht unproblematisch, denn je länger eine
Zwangsstörung besteht, desto schwieriger ist sie in der Regel zu therapieren.
Lange Zeit galten Zwänge als kaum behandelbar. Die Etablierung der
Verhaltenstherapie seit den 1960er Jahren markiert einen Meilenstein in der
Behandlung von Zwangsstörungen.
Verhaltenstherapie wird im ambulanten Setting durchgeführt, oder aber stationär,
wie etwa an der verhaltenstherapeutischen Station der Universitätsklinik für
Psychiatrie am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Dort werden regelmäßig sieben
bis acht Wochen dauernde Turnusse in der Gruppe angeboten.
DER ABLAUF EINER VERHALTENSTHERAPIE
Am Beginn einer Verhaltenstherapie soll zum einen gemeinsam mit dem Patienten
analysiert werden, welche Bedingungen in der Vergangenheit zur Entstehung
seiner Zwangserkrankung geführt haben, zum anderen, welche gegenwärtigen
Faktoren den Zwang bzw. die Zwänge aufrechterhalten, zum Beispiel eine
belastende Situation im Berufs- oder Privatleben.
Im Zuge dieser Analyse kann herausgefunden werden, welche Funktion der Zwang
im Grunde hat (siehe dazu Seite 16ff.).
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
21
ZWANGSSTÖRUNGEN
Kognitive Therapie und „Reizkonfrontation mit
Reaktionsverhinderung“
Zusätzlich zur Analyse der Ursachen der Zwangserkrankung arbeitet eine
multimodale Verhaltenstherapie, wie sie etwa am Wiener AKH angeboten wird,
auch mit kognitiven Techniken. Dabei sollen die Patientinnen und Patienten mit
Hilfe ihres Verstandes erkennen, dass ihre Ängste und ihr Verhalten zumeist völlig
unbegründet und irrational sind.
Im Anschluss an Funktionsanalyse und kognitive Techniken kommt die
„Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung“ zum Einsatz - eine Methode, die
erstmals 1966 von dem Londoner Psychiater Vic Meyer beschrieben wurde und
das Kernstück der Verhaltenstherapie darstellt.
Zwangshandlungen werden unterbunden
Konfrontation, auch Exposition genannt, und Reaktionsverhinderung bei
Zwangshandlungen finden größtenteils „in vivo“, also in der Realität, sprich bei
der Patientin oder dem Patienten zu Hause statt, wo sich deren Angst meist am
stärksten äußert.
Bei dieser psychotherapeutischen Technik werden die Betroffenen mit einer für sie
angstauslösenden Situation konfrontiert. Dann werden sie gebeten, die aufgrund
der unangenehmen Gefühle normalerweise durchgeführten Zwangshandlungen
dieses Mal zu unterlassen.
Dies führt dazu, dass zu diesem Zeitpunkt der Therapie bei den Betroffenen
massive zwangsspezifische Ängste auftreten.
Sie machen aber nun im Zuge des „Expositions-Reaktions-Managements“ eine
neue Erfahrung, nämlich dass die auftretenden unangenehmen Gefühle auch ohne
Vermeidungsritual zu bewältigen sind und mit der Zeit sogar an Intensität
verlieren.
Exposition bei Zwangsgedanken
Reizkonfrontation bei Zwangsgedanken erfolgt „in senso“, in Gedanken. In
diesem Fall werden die Patientinnen und Patienten gebeten, für sie angstvoll
besetzte Inhalte in Form einer Geschichte so detailliert wie möglich zu Papier zu
bringen. Dadurch können dem Zwang zugrunde liegende Funktionen erkannt
werden.
Gefühle aus der Vergangenheit
Während einer Exposition kommen häufig auch sehr unangenehme Emotionen zu
Tage, die nicht unmittelbar mit den Zwangsbefürchtungen in Zusammenhang
stehen. Gemeinsame Aufgabe von Therapeut und Betroffenen ist es dabei,
herauszufinden, wo in der Vergangenheit diese Gefühle ihren Ursprung haben.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ZWANGSSTÖRUNGEN
Was tun mit der neu gewonnenen Zeit?
Das Leben vieler Betroffener ist zur Gänze von „ihrem Zwang“ okkupiert. Zeit für
Arbeit, Freizeitgestaltung oder soziale Kontakte bleibt kaum mehr. Wenn sich die
Zwangssymptomatik nun durch eine Therapie gebessert hat, ist es wichtig, auf
das Vorhandensein von so viel freier Zeit auch vorbereitet zu sein. Eine
multimodale Verhaltenstherapie setzt daher auch auf den Ausbau von Fertigkeiten
und der Nutzung von Ressourcen von Zwangserkrankten, sowie auf eine
Neuorientierung ihrer sozialen Interaktion.
Mindestens ein Jahr Verhaltenstherapie
An der zweimonatigen stationären Verhaltenstherapie am Wiener AKH nehmen
großteils Menschen mit mehreren, besonders starken und schon Jahre- oder
jahrzehntelang bestehenden Zwängen teil. Die Behandlung versteht sich als
Vorbereitung auf eine ambulante Therapie. Eine solche sollte, so Ulrike Demal,
auch von weniger stark betroffenen Menschen ein bis zweimal wöchentlich - und
das mindestens ein Jahr - in Anspruch genommen werden, um einen Erfolg zu
erzielen.
Von gänzlicher Symptomfreiheit kann zwar auch nach einer absolvierten
Verhaltenstherapie nicht ausgegangen werden - mehrere Studien haben jedoch
gezeigt, dass es 70 bis 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die eine
Verhaltenstherapie absolvieren, schon nach kurzer Zeit merklich besser geht.
Überdies sei der Erfolg in bis zu 90 Prozent der Fälle auch über ein Jahr und
länger anhaltend.
Empfehlenswert ist, so Ulrike Demal, eine zusätzliche Therapie mit modernen
Antidepressiva, da diese auch die Verhaltenstherapie günstig beeinflussen.
MEDIKAMENTÖSE THERAPIE VON
ZWANGSSTÖRUNGEN
Seit einigen Jahren weiß man, dass bei depressiven, wie auch bei
zwangserkrankten Menschen ein gestörter Stoffwechsel des Neurotransmitters
Serotonin vorliegt.
Um dieses System wieder ins Gleichgewicht zu bringen, verwendet man zur
Therapie der beiden Erkrankungen so genannte „selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer“, kurz SSRI’s. Fünf solcher SSRI’s sind derzeit zur
Therapie der Zwangsstörung zugelassen, und zwar: Citalopram, Fluoxetin,
Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin.
Ihre Wirkweise besteht darin, dass sie an der Kontaktstelle zweier Nerven, dem so
genannten synaptischen Spalt, die Wiederaufnahme des Neurotransmitters
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
23
ZWANGSSTÖRUNGEN
Serotonin in die Nervenzelle blockieren. Dies führt dazu, dass an den
Nervenenden mehr Serotonin, auch als Botenstoff der guten Laune bezeichnet,
zur chemischen Übertragung elektrischer Impulse zur Verfügung steht.
Ab wann darf man Linderung der Symptome erwarten?
Laut dem Psychiater, Neurologen und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin,
Univ.-Prof. Dr. Martin Aigner, sind die ersten signifikanten Wirkungen für die
Betroffenen nach einer Einnahme der SSRI’s von etwa sechs Wochen bemerkbar.
Der „Plafond“ der Wirkung sei etwa um die zwölfte Einnahmewoche erreicht. An
diesem Punkt könne man, bei zu geringer Veränderung der Symptome, die Dosis
entweder steigern, oder andere Medikamente dazugeben.
Wie lange kann man selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
einnehmen?
Zur Dauer der Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern bei
Zwangsstörungen gibt es, so Martin Aigner, keine wirklich guten Langzeitstudien.
Er rät deshalb, sich dabei an der Medikation von meist gleichzeitig auftretenden
Depressionen zu orientieren.
Das heißt: Ist die Zwangsepisode eher kurz, so kann man nach einem halben Jahr
versuchen, das SSRI langsam „auszuschleichen“, so Martin Aigner. Dauert die
Zwangssymptomatik jedoch schon länger und sind auch immer wieder depressive
Episoden zu beobachten (Zwangserkrankte leiden zu einem großen Prozentsatz
zusätzlich an Depressionen und/oder Angststörungen), dann könne man durchaus
zwei Jahre der Einnahme anpeilen. Verstärken sich die Symptome nach Absetzen
des Medikaments wieder, was relativ häufig der Fall ist, kann man SSRI’s
durchaus auch noch länger einnehmen.
Mögliche Nebenwirkungen
Natürlich haben die Substanzen aus der Gruppe der selektiven SerotoninWiederaufnahme-Hemmer, wie alle Medikamente, möglicherweise auch
Nebenwirkungen.
Martin Aigner rät deshalb zu regelmäßigen Kontrollen bei einem Spezialisten.
Dadurch könnten allfällige Risiken durchaus in Grenzen gehalten werden.
Was tun, wenn auch SSRI’s nicht wirken?
Wie mit der Verhaltenstherapie gelingt eine vollständige „Heilung“ einer
Zwangserkrankung auch mittels Pharmakotherapie noch nicht. Jedoch profitieren
etwa 90 Prozent von der Behandlung mit SSRI’s – ihre Zwangssymptomatik
reduziert sich in der Regel um bis zu 50 Prozent.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ZWANGSSTÖRUNGEN
Bei einigen Patientinnen und Patienten wirken die gängigen SSRI’s so gut wie
überhaupt nicht. In diesem Fall gibt man zusätzlich oder ersatzweise das
nebenwirkungsreichere trizyklische Antidepressivum Clomipramin. In manchen
Fällen – etwa wenn auch zusätzlich Tics, also Störungen der motorischen
Kontrolle, auftreten – eignet sich, so Martin Aigner – die Gabe von AntiPsychotika.
EXPERIMENTELLE BEHANDLUNGSANSÄTZE
Bei einigen wenigen Zwangspatientinnen und -patienten, bei denen aufgrund der
Schwere ihrer Erkrankung weder Verhaltens- noch Pharmakotherapie die
gewünschte Wirkung erbracht haben, kam in jüngster Zeit eine Methode zum
Einsatz, die sich bisher hauptsächlich bei der Behandlung von Morbus Parkinson
und Dystonien, also einer gestörten Bewegungs- und Haltungskontrolle, bewährt
hat – und zwar die „tiefe Hirnstimulation“.
Dabei wird mittels implantierter Elektroden jene Region des Gehirns stimuliert, die
bei verschiedenen Bewegungsstörungen, aber auch bei Zwangsstörungen eine
Dysfunktion aufweist – nämlich ein Regelkreissystem, welches
Basalganglienstrukturen, bestimmte Regionen des Thalamus und cortikale Areale
umfasst.
Bei aller Faszination: Die tiefe Hirnstimulation würde, so Martin Aigner, derzeit nur
im Rahmen von Forschungsprogrammen durchgeführt – und die Therapien der
Wahl für die breite Masse seien nach wie vor Verhaltenstherapie und die
Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern. Nicht zuletzt
deshalb, weil man auch mit der tiefen Hirnstimulation bisher kein völliges
Verschwinden der Zwänge erreichen habe können.
SELBSTHILFE – LITERATUR UND
SELBSTHILFEGRUPPEN
Natürlich erweist sich auch bei Zwangsstörungen der Besuch einer
Selbsthilfegruppe als günstig. Hat man doch hier die Möglichkeit, mit Menschen
in Kontakt zu treten, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Und auch
sich mittels Literatur über seine Erkrankung zu informieren, kann nicht schaden.
Eine Heilung kann aber ausschließlich dadurch nicht erwartet werden.
Professionelle Hilfe ist in jedem Fall zusätzlich anzuraten!
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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ZWANGSSTÖRUNGEN
TIPPS FÜR ANGEHÖRIGE VON ZWANGSBETROFFENEN
Trotz ihres oftmals massiven Leidens erhalten Menschen mit einer Zwangsstörung
– im Gegensatz etwa zu von einer Depression Betroffene – häufig kaum
Verständnis von ihren Angehörigen und Freunden.
Marcus Mayer erinnert sich zum Beispiel, dass es seitens seiner Familie oft hieß,
er bilde sich das alles nur ein. Als Zwangserkrankter werde man, so der 38-jährige
Wiener, leider häufig als verrückt, komisch oder eigenartig betrachtet.
Auch Renate W‘s Familie hat, ebenso wie sie selbst, ihre Zwangssymptome lange
Zeit nicht als Krankheit angesehen. Die Waschzwang-Betroffene erzählt, ihr Umfeld
habe hauptsächlich ungeduldig und genervt reagiert.
Oft kommen Angehörige aber auch der Bitte ihres erkrankten Familienmitglieds
nach Unterstützung nach. Sie übernehmen zum Beispiel Kontrollen oder fügen
sich hygienischen Vorschriften. Dadurch werde, so die Psychologin und
Psychotherapeutin Ulrike Demal, der Zwang leider aufrechterhalten.
Dem Betroffenen jede Hilfe strikt zu verweigern, sei aber auch keine Lösung.
Wichtig sei eine gemeinsame Vereinbarung zwischen Angehörigen und
Betroffenen. Im Idealfall sollte letzterer einsehen, dass es nichts mit Böswilligkeit
zu tun hat, wenn Vater, Mutter oder Geschwister die Kontrollen nicht mehr
übernehmen, sondern dass dies durchaus einen therapeutischen Effekt hat,
nämlich dass der Zwangserkrankte lernt, selbst Verantwortung zu übernehmen
und in der Folge die Erfahrung macht, dass er dem Leben nicht hilflos
gegenübersteht.
Wir bedanken uns bei unserem Sendungsgast, der Psychologin und
Psychotherapeutin Mag. Dr. Ulrike Demal, für Ihre Unterstützung bei der
Erstellung dieser Infomappe!
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ANLAUFSTELLEN
ANLAUFSTELLEN
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie
Ambulanz für Zwangsstörungen/Verhaltenstherapeutische Ambulanz
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.: +43/1/40 400/3547
Homepage: http://www.akhwien.at/default.aspx?pid=289
Exit Sozial – Verein für psychosoziale Dienste
Geleitete Selbsthilfegruppe bei Zwangsstörungen
Kontakt: Helmut Bayrhammer, Christian Lang
Garnisonstraße 1a/2.Stock
A-4020 Linz
Tel.: +43/732/73 70 52
E-Mail: wg.buero@exitsozial.at
Homepage: http://www.exitsozial.at/aktuell/termine/geleitete-selbsthilfegruppe-beizwangsstoerungen.html
Zahlreiche österreichweite Selbsthilfegruppen zum Thema Depressionen und
Ängste
http://www.netdoktor.at/wegweiser/selbsthilfesuche/depressionen_und_aengste/
Club D&A – Selbsthilfe bei Depression und Angststörungen
Zimmermanngasse 1A/Hochparterre
A-1090 Wien
Tel.: +43/676/846 22 816
E-Mail: office@club-d-a.at
Homepage: http://www.club-d-a.at/index.htm
Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie
Baumgartner Höhe 1
A-1145 Wien
Tel.: +43/1/91060/11311
E-Mail: sylvia.blebann@aon.at
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ANLAUFSTELLEN
Homepage: http://www.oegpp.at/html/willk.htm
Österreichische Gesellschaft für Verhaltenstherapie
Kolingasse 11/2. Stock/Tür 9
A 1090 Wien
Tel.: +43/1/319 70 22
E-Mail: office@oegvt.at
Homepage: http://www.oegvt.at/default.aspx?pid=1
HPE Österreich – Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter (in allen
Bundesländern)
Bernardgasse 36/14
A-1070 Wien
Tel.: +43/1/5264202
E-Mail: office@hpe.at
Homepage: http://www.hpe.at/index.html
Universitätsklinik für Psychiatrie – Medizinische Universität Graz
Augenbruggerplatz 31/1
A-8036 Graz
Tel.: +43/316/385/13612 od. 86257
E-Mail: psychiatrie@klinikum-graz.at
Homepage: http://www.meduni-graz.at/psychiatrie/
Klinische Abteilung für allgemeine Psychiatrie
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstraße 35
A-6020 Innsbruck
Tel.: +43/512/504/23669
Homepage: https://www.i-med.ac.at/psychiatry/allgemeine_psychiatrie/
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie I
Christian-Doppler-Klinik Salzburg
Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität
Ignaz-Harrer-Straße 7
A-5020 Salzburg
Tel.: +43/662/4483/4300
E-Mail: psychiatrie1@salk.at
Homepage. http://www.salk.at/648.html
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BUCHTIPPS
BUCHTIPPS
Steffen Moritz, Marit Hauschildt
Erfolgreich gegen Zwangsstörungen: Metakognitives Training - Denkfallen
erkennen und entschärfen
Verlag Springer 2012
ISBN-13: 978-3642220296
Otto Bauer, Martina Lenzen-Schulte
Zwangskrankheiten. Ursachen, Symptome, Therapien
2. Auflage
Verlag C. H. Beck Wissen 2004
ISBN-13: 978-3406418662
David Althaus, Nico Niedermeier, Svenja Niescken
Zwangsstörungen – Wenn die Sucht nach Sicherheit zur Krankheit wird
C .H. Beck Verlag 2008
ISBN-13: 978-3406572357
Lee Baer
Der Kobold im Kopf: Die Zähmung der Zwangsgedanken
Verlag Huber 2010
ISBN-13: 978-3456849492
Igor Tominschek, Günter Schiepek
Zwangsstörungen – Ein systemisch-integratives Behandlungskonzept
Hogrefe Verlag 2007
ISBN-13: 978-3801718886
Günter Schiepek
Neurobiologie der Psychotherapie
Verlag Schattauer 2004
ISBN-13: 978-3794523634
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INFOLINKS
INFOLINKS
Österreichisches Online-Portal zum Thema Zwangsstörungen
http://www.zwaenge.at/
„Zwangsstörungen: Symptomatik, Diagnose und Therapieoptionen“ (Artikel aus
CliniCum Psy 1/05)
http://www.medizin-medien.at/dynasite.cfm?dsmid=62520&dspaid=471015
Tiefenhirnstimulation gegen Zwangsstörungen
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/42978/Tiefenhirnstimulation_gegen_Zwangss
toerungen.htm
Starke Zwangsstörungen – Hirnschrittmacher als letzte Hoffnung
http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/starke-zwangsstoerungenhirnschrittmacher-als-letzte-hoffnung-a-746414.html
„Neue Indikationen und ethische Implikationen der tiefen Hirnstimulation“ Artikel in „Neuropsychiatrie“, Bd. 23, Nr. 3/2009; S. 139-143: von Hartmann
Hinterhuber v. d. Univ.-Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Sozialpsychiatrie der
MedUni Innsbruck
http://www.i-med.ac.at/psychiatry/allgemeine_psychiatrie/forschung/Heft_23_3
„Neurobiologische Korrelate der Zwangsstörung – Aktuelle Befunde zur
funktionellen Bildgebung“ – Arbeit u.a. von Dr. Günter Schiepek
http://www.pmu.ac.at/files/allgemeine/Schiepek_et_al_2007_PPmP.pdf
„Neuroimaging der verschiedenen Symptomdimensionen d. Zwangsstörung“ Artikel in: „Neuropsychiatrie“, Bd. 23, Nr. 4/2009, S. 193-205: von Markus Dold
und Martin Aigner von der Uniklinik f. Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni
Wien
http://www.i-med.ac.at/psychiatry/allgemeine_psychiatrie/forschung/Heft_23_4.pdf
„Verhaltenstherapie von Zwangsstörungen: Praktische Ansatzpunkte und
Vorgehensweisen“ - Artikel:; in: Journal für Neurologie, Neurochirurgie und
Psychiatrie“; 2008, 9(4), 52-59; von Dr. med. Bernhard Osen
http://www.kup.at/kup/pdf/7542.pdf
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INTERVIEWPARTNER/INNEN
INTERVIEWPARTNER/INNEN
In der Sendung Radiodoktor – Medizin und Gesundheit vom 3. September 2012
(Wh. v. 29. März 2010) sprachen:
Marcus Mayer – ein Betroffener plus eine weitere Betroffene
Mag.a Dr.in Ulrike Demal
Klinische und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.:+43/1/40400/3568
E-Mail: ulrike.demal@meduniwien.ac.at
Homepage: http://www.medizin-medien.at/dynasite.cfm?dsmid=83349
Praxis:
Nussdorfer Str. 42-44/20
A-1090 Wien
Tel.: +43/1/310 59 97
Prim. a.o. Univ.-Prof. Dr. Martin Aigner
Facharzt für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapeutische Medizin
Landesklinikum Tulln
Abteilung für Erwachsenenpsychiatrie
Alter Ziegelweg 10
A-3430 Tulln
Tel.: +43/2272/9004/10726
E-Mail: EP1@tulln.lknoe.at
Homepage: http://www.tulln.lknoe.at/abteilungen/erwachsenenpsychiatrie.html
Praxis:
Edelhofgasse 3/8
A-1180 Wien
Tel.: +43/676/776 80 45
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INTERVIEWPARTNER/INNEN
Univ.-Prof. Dr. Dr. Günter Schiepek
Psychologe
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg
Leiter des Forschungsinstituts für Synergetik und Psychotherapieforschung
Strubergasse 21
A-5020 Salzburg
Tel.: +43/662/4483-56709 oder +49/151/16556805
E-Mail: guenter.schiepek@pmu.ac.at
Homepage: http://www.pmu.ac.at/de/926.htm
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