Wer hat das Büro ins Grüne gerollt?

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Wer hat das Büro ins Grüne gerollt?
GRÜNEWELT
WELT
JOURNAL
17. JULI 2013
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Wer hat das Büro
ins Grüne gerollt?
Eine runde Sache. Der neue Trend zum
Mini-Office im eigenen Garten
FOTO: JONNY WALTON
FOTOS: JEFF MANGIONE, INGRID GREISENEGGER, VIER PFOTEN / CIMERANDREAS POSPISIL, WEINFRANZ
Inhalt
Früher hießen sie
„Salettl“
oder
Laube, die Häuschen im Garten,
die vor Sonne und
Regen schützten.
Sie waren dem
Vergnügen gewidmet. Die
neue Generation sieht nicht
romantisch, sondern cool aus,
fallweiseso,alshätteApplesie
zum Mac passend designen
lassen. Und sie erfüllen den
gegenteiligenZweck.ImInneren der Pods, Boxen oder Studios ist ein Büro untergebracht. Zielgruppe ist die
wachsende Zahl der Heimarbeiter. Weil das Pendeln zwischen dem Speckgürtel der
Stadt und den Büros in der City wegfällt, wenn man im eignen Garten arbeitet, wird im
Vergleich zum Arbeitsplatz im
Firmenbüro viel CO2 eingespart. Als Zukunftsvision
zeichnet sich die Frage ab:
Wollen Sie einen Dienstwagen oder ein Gartenbüro?
IndiesemHeftgehtesaber
nicht nur um das Arbeiten mit
Naturbezug, sondern auch
um das Wohnen und um ganze Lebensentwürfe, die auf
die Verbindung von Stadt und
Land abzielen, zum Beispiel
beim „Landwirt auf Zeit“. Das
nächste „Grüne Welt Journal“
erscheint am 16. Oktober.
Schauen Sie wieder vorbei,
Ihre Ingrid Greisenegger
eMail: gruenewelt@gmx.at
GRÜNE WELT JOURNAL 3
24
04
36
16
38
Luftiges Loft im Gemüsegarten Stadt trifft Land im fünften Stock ....................................................04
Arbeitsplatz im Grünen Der Trend zum Büro in Mini-Häusern ..............................................................08
Schulterschluss mit den Rebellen Kunden investieren in ihre Lieblingsfirma ...............................12
Kaviar aus dem Gemüsebeet Ein Schneckenfarmer setzt auf Permakultur ......................................14
Kikeriki für das Zweinutzungshuhn Ein Pionierprojekt mit den „Moosdorfern“..............................16
Grün im Blick Tipps für Entdeckungstouren ..............................................................................................18
Zwischen Himmel und Erde Wettbewerb um den „Paradeiser-Kaiser“ .........................................20
Landwirt auf Zeit Lebenstraum vom Selbstversorger ............................................................................ 24
Fundstelle Schönes, Nützliches, Kurioses ................................................................................................ 28
Bitterer Nachgeschmack Billiger Kakao und wer dafür bezahlt ......................................................... 30
Wohnen aufs Feld verlegt Berlin-Tempelhof: ein Flugfeld blüht auf .................................................. 32
Über den Dächern von London Der größte Dachgarten Europas ...........................................................34
Neugierig im Elsbeerreich Kinder erforschen eine Kulturlandschaft ...............................................36
Wien, wie es flattert Schmetterlinge in der Großstadt ............................................................................38
Impressum: Medieninhaber (Redaktionsadresse), Herausgeber und Verleger: Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GesmbH & Co. KG, Muthgasse 2, 1190 Wien; Redaktion:
Ingrid Greisenegger, eMail: gruenewelt@gmx.at, CvD: Anja Gerevini, Fotoredaktion: Susanne Schoberberger, Layout: Cornelia Silli, Hersteller (Herstellungsort): Mediaprint Zeitungsdruckerei GesmbH & Co. KG, 1230 Wien; Richard-Strauß-Straße 23; Anzeigen: Gunther Geweßler, eMail: gunther.gewessler@kurieranzeigen.at.
MITTWOCH, 17. JULI 2013
4 GRÜNE WELT JOURNAL Grünes Wohnen
Luftiges Loft im Gemüsega rten
Ziel
Gerhard Fischers erklärtes
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Biogemüse
Kühne Kombination. Stadt trifft Land im fünften Stock
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Urban mit Naturzugang
Vor vier Jahren haben die beiden Vorarlberger auf einem
150 Jahre alten Dachboden in
der Neustiftgasse mit der Verwirklichung dieses Wohntraums begonnen. Eine moderne, urbane Bleibe sollte entstehen, mit unmittelbarem Naturzugang, oben im fünften Stock.
EinJahrspäterkonntendasPaar
dann einziehen.
Gebaut wurde mit Holz, Papier (die Wärmedämmung besteht aus
eingeblasener Zellulose), Schilf und
Lehm. Wo immer danach noch
ein Stück Flachdach übrig
blieb, wurden in Hochbeeten
kleine Nutzgärten und eine
Wildblumenwiese
angelegt.
Für die Wildblumenwiese musste zunächst eine Schicht Tonkugel-Drainage aufgebracht werden, darauf kamen 25 Zentimeter Erde. Aus 45 verschiedenen
Samenarten (vom Spezialisten Voitsauer im Waldviertel) ist dann die
Wildblumenwiese entstanden.
Die bunten Farben ihrer Blüten
locken nützliche Insekten an,
die mithelfen, den ganzen Gar-
Gerhard Fischer und Nicole
mehreren
aun
Oberr er gärtnern auf
von Wien
n
her
Däc
Ebenen über den
wir nur wirklich reifes Gemüse
haben wollten. Selbst Biogemüse wird nämlich in der Regel
noch unreif geerntet. Das merkt
man am Geschmack und am
Nährstoffgehalt.“
Gegärtnert wird nach den
Kluge Anbaumethode
„Der wesentliche Grund, hier Prinzipien der Permakultur,
heroben eigene Nutzgärten an- einer heute immer populärer
zulegen“,sagtFischer,„war,dass werdenden Methode, Nahrung
ten schädlingfrei zu halten. Kamille, Löwenzahn, Rucola und
Melde landen frisch von der
Wiese in der Küche.
MITTWOCH, 17. JULI 2013
mit geringem Energieaufwand
und in naturnahen Stoffkreisläufen zu erzeugen. Wie diese
Theorie in die Praxis umgesetzt
aussieht, lässt sich am Beispiel
des „Indianerbeets“ demonstrieren. Es ist mit seinem Ausmaß von nur einem Quadratmeter die Minimalversion einer traditionellen Anbauform, wie sie
schon die Inka, Maya und Azteken kannten. Diese basiert auf
dem einander unterstützenden
Zusammenspiel dreier Gemüsepflanzen. Zunächst wird Mais
gesetzt,sobalderetwazehnZentimeter groß ist, folgen Stangenbohnen, die die hochwachsenden Maisstängel als Rankgerüst
nutzen können. Im Gegenzug
liefern die Bohnen durch ihre
StickstoffproduktiondemStarkzehrerMaiszusätzlichNahrung.
Die Dritte im Bunde ist die Kürbispflanze. Ihre großen Blätter
schatten den Boden ab, wodurch zugleich Unkraut unterdrückt und der Boden feucht gehalten wird.
Für die Kompostierung der
FOTO S: GILB ERT NOVY
itten im Raum
stehtdasPferd.Ein
Sportgerät, wie
man es aus dem Turnsaal
kennt. Gerhard Fischer
sportelt, Nicole Oberrauner schaukelt und das Baby
schwingt in seinem Hängekorb im Rhythmus mit.
Die Architektin und der
Bio-0bstbauer wollten mitten in Wien so wohnen, wie
es ihren wirklichen Bedürfnissen entspricht. So, dass
nicht Sofa und Fernsehgerät
ein Zimmer beherrschen,
sondern – im wahrsten Sinn
des Wortes – ein Bewegungsraum und Spielplatz entsteht. Um das zu erreichen,
sind sie keine Kompromisse
eingegangen.
dens und bei der Innenraumgestaltung sind Oberrauner und
Fischer nach Nachhaltigkeitsund Permakulturkriterien vorgegangen.„Wirhabenmoderne,
kantige Architektur mit warmen, ökologischen Materialien
kombiniert“, erklärt Oberrauner ihren Stil. Um das bestmögIns Innere übertragen
Auch beim Ausbau des Dachbo- liche Raumklima zu erzielen, ,
organischen
Küchenabfälle
sorgt eine „urbane Wurmfarm“.
In einem Behälter, der mit mehreren Kammern versehen ist,
verarbeiten aus Vorarlberg importierte Kompostwürmer das,
was übrig bleibt, zu Humus.
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6 GRÜNE WELT JOURNAL Grünes Wohnen
Viele Gemüsesorten auf engem Raum –
durch das Prinzip der Permakultur ist
das umsetzbar
einer klugen Positionierung der
Fenster und der klimaregulierenden
Eigenschaften
des
Lehms wird trotz der Dachsituation auch im heißen Sommer
keine energiefressende Klimaanlageebenötigt.90Prozentdes
Warmwasser- und 60 Prozent
desHeizwärmebedarfskanndazu die hauseigene, thermische
Solaranlage decken.
Sonderrolle Muscheln
Ein umwelttechnisches und zugleich optisches Glanzstück findet sich im Badezimmer. Die
Wände und die Wanne wurden
mit marokkanischem Tadelakt
beschichtet. Das ist ein natürliches Muschelkalkpulver, das
mit der Kelle aufgetragen, geglättet und mit Halbedelsteinen
verdichtet und poliert wird. Ab-
schließend behandelt man die
Oberflächen noch mit Olivenölseife, die diese wasserdicht versiegelt.
„Wenn man Tadelakt berührt, ist man überrascht,“ sagt
Gerhard Fischer, „dieses Materialfühltsichsamtigundwarman,
wie Wachs. Genau das passt zu
unserer Vorstellung vom Wohlfühlwohnen.“
FOTOS: GILBERT NOVY
verwendete man traditionellen
Lehmverputz und Bauelemente
aus Lehm, deren Vorzüge heute
wiederentdeckt werden. Lehm
ist durch die Eigenschaft ausgezeichnet, sowohl Wärme als
auch Feuchtigkeit speichern
und zeitlich verzögert wieder
abzugeben zu können.
Dank der begrünten Dachflächen, der guten Dämmung,
Auch die Innenraumgestaltung ist äußerst individuell: Im Wohnzimmer wird geturnt, im Badezimmer kam marokkanisches Tadelakt zum Einsatz
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8 GRÜNE WELT JOURNAL Gartenstudios
Arbeitsplatz im Grünen
Büros im Garten. In Bäumen, Kugel oder Box – der Trend geht zur Designerzelle
K
lappt man ein Segment
der Kugel nach oben, ist
der Zugang frei zu einem
Einraum-Büro. In dem kleinen
RaumvongeradedreiMeternim
Durchmesser wurde ein ganzes
Office untergebracht. Eine Riesenhand scheint die Kugel auf
den Rasen im Garten gerollt zu
haben. Jetzt sitzt sie hier fest
auf Betonblöcken, nahe dem
Wohnhaus und doch weit genug davon entfernt, dass man
darin in Ruhe arbeiten kann.
Das „Archipod“ genannte
Objekt wird in England produziert, ist aus Holz gefertigt und
will effizient, ergonomisch und
ungewöhnlich sein. Im Gegensatz zu anderen Büroeinheiten
ist „Archipod“ aber nicht von
coolem futuristischen Aussehen. Dank der Verkleidung mit
schönen Holzschindeln wirkt er
ein wenig wie vom Land, so, als
hätten ihn Riesenkinder frisch
aus dem Wald herangeschleppt. Angeliefert wird die
Kugel in Einzelelementen von
moderaten Ausmaßen, sodass
man sie durch die Eingangstüre
in das Wohnhaus und weiter in
den Hinterhof transportieren
kann. „Backyard Offices“ haben in den USA und in England
bereits Karriere gemacht, jetzt
ist der Trend zum Büro in MiniHäusern auch in Mitteleuropa
angekommen, wie das zum Beispiel das Angebot von „Ecospace“ in Bayern zeigt.
Klimafreundliche Idee
Ihr ökologischer Vorteil liegt
darin, dass sie – bedingt durch
ihre geringen Ausmaße und die
Verwendung nachhaltiger Baumaterialien – wenig Energie verbrauchen und klimafreundlich
sind. „In den letzten zehn Jahren“, meint Gartenexpertin und
Unternehmensberaterin Elisabeth Plitzka, „ist der Anteil der
Menschen stark gewachsen, die
Nachhaltigkeit auch im eigenen
Tun, sowohl im privaten Alltag
alsauchimBerufsleben,suchen.
EsdürfteeinDrittelderBevölkerung sein.“
Ein spektakuläres Beispiel
befindet sich bei St. Veit an der
GlaninFormeinesBaumhauses.
„Archipod“ hat einen Durchmesser
von drei Metern, beherbergt aber ein
gut ausgestattetes Office
In zwölf Metern Höhe sitzt es in
den Fichtenstämmen. Es ist
nicht eine der üblichen Bretterbuden für Robinson-Spiele, sondern eine Villa in den Kronen.
Auf der 40 Quadratmeter großenPlattformwurdeein„Salon“
eingerichtet, in dem sich bis zu
zehn Personen gleichzeitig aufhalten können. Es gibt ein WC
mit Verbindung zu einer
Pflanzenkläranlage. Ein Stockwerk höher lädt eine Badewanne im Freien zum Verweilen mit
Blick in den Sternenhimmel
ein. Das Baumhaus auf dem Gelände des „Seminardoms Aurora“ trägt bis heute die Handschrift seines verstorbenen Begründers Christian Kobau. ,
FOTS: HERSTELLER
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Der „Salon“ thront auf zw
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Luxus für seine Nutze
MITTWOCH, 17. JULI 2013
MITTWOCH, 17. JULI 2013
Ecospace fertigt Minin
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Gar häuser in unzählige
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Ausst
Der „Salon“ wird nach wie vor
auch als Seminarraum genutzt.
Nicht zwischen Himmel
und Erde, sondern auf festem
Bodenstehteineösterreichische
Variante der Gartenhäuser des
neuen Typs. Auf dem Gelände
der „Kittenberger Erlebnisgärten“ im niederösterreichischen
Schiltern kann man das „Gartenstudio“ erkunden. Es besteht aus einem 15 Quadratmeter großen Innenraum und einer ebenso großen überdachten, seitlich verglasten Terrasse. Ganzjährig nutzbar, wird es
ab 32.000 Euro als Chill-outLounge, Gästehaus, Atelier
oder Büro verkauft. Marktanalysen zeigen, dass die Garten-
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büro-Lösung besonders für
Frauen interessant ist, die Beruf
und Familie unter einen Hut
bringen. Möglicherweise hat
man eine Marktlücke entdeckt.
Selbstständigen und Arbeitnehmern, die von zu Hause
aus ihr Pensum liefern, scheint
es oft schlüssiger, bei Raumnot
einfreistehendesGarten-Office
zu kaufen, statt den Dachboden
auszubauen zu lassen.
Tauschgeschäft
Das englische Unternehmen
„Office Pod“, das extra coole
Gartenbüros im Mac-Look aus
recycleten Materialien anbietet,
will ein Leasing-Angebot starten. Man will Firmen überzeu-
gen, die kleinen Büroeinheiten
für ihre zu Hause arbeitenden
Mitarbeiterzuleasen,umdiesen
den Umstieg in die Heimarbeit
schmackhaft zu machen. Fallweise auch nach dem Motto:
tausche Dienstauto gegen Gartenbüro. Dadurch könnte man
auch das Pendlertum zwischen
dem Speckgürtel der Städte
unddenArbeitsplätzeninderCity in den Griff bekommen, sehr
zum Nutzen von Klima und Umwelt. Gegenüber der StandardArbeitssituation in den Firmenbüros sollen pro Jahr und Mitarbeiter, der über ein Büro in einem „Office Pod“ verfügt, satte
63 Prozent an CO2-Belastung
eingespart werden können.
GRÜNE WELT JOURNAL 11
FOTS: HERSTELLER; PLITZKA
Gartenstudios
Links: „Office Pod“ ist, wie der Name verrät, tatsächlich für die Arbeit entwickelt worden. Rechts: „Gartenstudio“, die österreichische Variante
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12 GRÜNE WELT JOURNAL Wirtschaft
Schulterschluss mit Rebellen
D
er Biohof „Adamah“ in
Glitzendorf liefert Tausenden „Kisterlkunden“
das Gemüse bis an die Wohnungstür. Weil der Betrieb nur
mehr mit erneuerbarer Energie
arbeiten wollte, die Sache mit
dem Bankkredit aber nicht
klappte, bat man die Kundschaft um zweckgebundene Anleihen in Form von „Sonnenstrombausteinen“. 500 Quadratmeter Fotovoltaik-Dachfläche konnten bereits errichtet
werden. Die Kapitalrückzahlung mit über acht Prozent Rendite erfolgt in Naturalien.
Norbert Hackl von „Labonca“, der für seine Bioschweine
aus ethischen Gründen ein Weideschlachthaus auf die Wiese
stellen will („Grüne Welt Journal“ berichtete),hatfürdiesesProjektbereits 200.000 Euro über Sympathisanten aufgestellt. Im Juni
fand der Spatenstich mit Köchin Sarah Wiener statt. „Diese
Geschäftsmodelle“,
meint
Trendforscher Andreas Reiter,
„die den ökologischen Fußabdruck vermindern und lokale
Gemeinschaften stärken, werdenweiteranBedeutunggewinnen.“ So hat etwa gerade das renommierte Öko-Unternehmen
„Grüne Erde“ aus dem Almtal
einbankenunabhängigesFinanzierungsmodell vorgestellt.
Dass es angebracht ist, Beteiligungsmodelle aus der rechtlichen Grauzone oder Illegalität
zu holen, zeigt das Beispiel des
Pioniers der Szene, Heinrich
Staudinger und seines Unternehmens „GEA“. Von ihm verlangt die Finanzmarktaufsicht
eine Strafzahlung wegen Verletzung des Bankengesetzes. Staudinger hatte drei Millionen EurovonKundenerhalten,mitdem
Geld seine Betriebe erweitert
und 214 Arbeitsplätze geschaffen, statt zuzusperren, als ihm
die Bank den Kredit verweigerte. „Dafür sollte man nicht bestraft werden dürfen“, sagt er.
Neuester Stand der
Rechtslage ist, dass
jetzt für Einlagen bis
zu 250.000 Euro (zuvor
100.000 Euro) keine
Prospektpflicht mehr
besteht, jene kostenintensive KapitalinvestInformation, die sich
FOTOS: MANFRED KLIMEK / ADAMAH BIOHOF; GEA; GRÜNE ERDE; LABONCA
Beteiligungsmodelle. Kunden investieren Geld in ihre Lieblingsfirma
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ADAMAH Gerhard Zoubek
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ier
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Kunden
kleine und junge Betriebe nicht
leisten können.
Eine „market“-Studie im
Auftragder„JungenWirtschaft“
kann durchaus Sympathie für
die Wirtschafts-Rebellen bestätigen. 56 Prozent der Befragten
können sich vorstellen, ein Un-
ternehmen mit bis zu 750 Euro
zu unterstützen, das viele kleineInvestorensucht.Einerwachsenden Gruppe von Konsumenten geht es nämlich nicht ums
schnelle Geld. Sie will sich an
Projekten beteiligen, die sie für
überzeugend hält.
Euro für ein
LABONCA 200.000
auf der Weide
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Schlachthaus direk
MITTWOCH, 17. JULI 2013
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BEZAHLTE ANZEIGE
Kärntner Brillenschaf
Artenvielfalt, alles
auf einen Klick
FOTOS: TIERGARTEN SCHÖNBRUNN, JUTTA KIRCHNER. WOLFGANG PALME
Kärntner steirisches
Gebirgskraut
Mit der Kampagne „vielfaltleben“ hat sich das Lebensministerium das Ziel gesetzt,
den Verlust der Artenvielfalt
in Österreich einzubremsen
und das Bewusstsein für die
Bedeutung der biologischen
Vielfalt zu schärfen. Mehr zu
den Schutzprojekten finden
Sie unter www.vielfaltleben.at
Seit 1982 gilt in Österreich das
Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES. Die
Umsetzung der Konvention
schützt mehr als 3000 Tierund30.000Pflanzenarten,die
vom internationalen Handel
bedroht sind. Weitere InformationensowieOnline-Anträge für CITES-Genehmigungen
findenSieauf www.cites.at
Paprika „Frührot“
Vielfaltsprogramm
Bewahren. Das ÖPUL ermöglicht das Überleben alter Arten
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ie seltene Nutztierrasse
Lipizzaner,diePferdeder
Spanischen Hofreitschule, kennt ein jeder. Aber was
sind Tux-Zillertaler und HuzulenoderGrazerTreibundGelber
Kaiser?
Der Erhalt seltener landwirtschaftlicher Nutztierrassen und
landwirtschaftlicher
Kulturpflanzen ist einer der Schwerpunkte des ÖPUL, des österreichischen Agrarumweltprogramms. Viele Pflanzenarten
und Tierrassen sind über Jahrhunderte durch die züchterische Arbeit der Bauern entstanden. Durch Spezialisierung in
der Landwirtschaft sind sie in
den letzten Jahrzehnten stark
unter Druck geraten. Dennoch
wurde diese biologische VielfaltbisheutedurchdieArbeiten-
Chili „Halblanger Vulkan“
gagierter Bäuerinnen und Bauern erhalten.
Das ÖPUL unterstützt Bäuerinnen und Bauern, damit diese
hochwertige,heimischeLebensmittel produzieren und gleichzeitig unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten und
unsere Landwirtschaft pflegen.
Etwa 76 Prozent (110.274) aller
landwirtschaftlichen Betriebe
nehmen am ÖPUL teil. Fast 90
Prozent (2,16 Mio. Hektar) aller
landwirtschaftlichen Nutzflächen in Österreich sind ÖPULFlächen.
Seltene Nutztierrassen
DieseRassensindKulturgutund
gleichzeitig Rückhalt und Basis
für die künftige züchterische Arbeit. Ziel der Förderung durch
das ÖPUL ist die Erhaltung der
seltenen Nutztierrassen durch
Zucht, nachhaltige Nutzung
und Verwendung. Das heißt,
sie bleiben am Bauernhof weiterhin erhalten. Die Nachhaltigkeit bleibt sichergestellt durch
Nutzung. Gefördert werden
ausschließlich österreichische
Rassen, deren Bestand gefähr-
det ist, vom Murbodner Rind,
dem Waldschaf bis zum Mangalizza-Schwein.
Seltene Kulturpflanzen
113 seltene, regional wertvolle
landwirtschaftliche
Kulturpflanzen werden gefördert, beispielsweise 47 Getreidesorten,
Mais und Hirse, sechs Sorten
Erdäpfelnund44SortenvonGemüsearten. Vorraussetzung für
die Förderung sind sortenreinerAnbauundbiologischeWirtschaftsweise oder umweltgerechte Bewirtschaftung.
Neben dem Erhalt seltener
Nutztierrassen und Kulturpflanzen gibt es im Rahmen des
ÖPUL eine Vielzahl an weiteren
Maßnahmen wie z.B. zum Klima-, Boden- und Wasserschutz.
Diese Leistungen der BäuerinnenundBauernsindfürdieganze Gesellschaft von Bedeutung,
denn sie sichern
die Lebensqualität im ländlichen Raum.
UrlauberInnen lassen am
besten die Finger von exotischenodergarlebendenSouvenirs. Die Broschüre „Artenschutz im Urlaub“ von Lebensministerium und Finanzministerium klärt auf.
www.lebensministerium.at/
publikationen
Die „Ramsar-Konvention“,
derÖsterreich1983beigetreten ist, dient dem Schutz von
Feuchtgebieten. Österreich
hat insgesamt 20 Ramsar-Gebiete, die als Lebensraum für
Wasser- und Watvögel von internationaler
Bedeutung
sind, ausgewiesen. Mehr dazu unter www.ramsar.org
Die sechs heimischen Nationalparks sind Lebensgrundlage mannigfaltiger Biodiversität. Sie setzen zahlreiche
Artenschutzprojekte um – etwa die Wiederansiedelung
des Bartgeiers in den Hohen
Tauern oder das Sumpfschildkrötenprojekt in den
Donau-Auen.WeitereProjekte betreffen die Großtrappe,
den Stein- und den Seeadler.
www.nationalparksaustria.at
MITTWOCH, 17. JULI 2013
14 GRÜNE WELT JOURNAL Schneckenzucht
Kaviar aus dem Gemüsebeet
Altes neu entdeckt. Eine Schneckenfarm
Klug aufgebaut
200.000 Schnecken wachsen
zurzeit auf der Farm heran. Auf
1500 Quadratmetern wurden
Zuchtparzellen errichtet. Als
Schneckenzaun dienen Holzlatten, die mit Salz und Fett gespachtelt wurden. In den BeetenbieteteineHolzkonstruktion
Schattenplätze,
denn
die
Schnecken mögen es tagsüber
lieber feucht. Auf der Unterseite der Bretter setzen sie sich fest
undlassensichabpflücken.Dass
die Weinbergschnecken präch-
tig gedeihen, liegt nicht zuletzt
auch am Futter. Dieses steht
den Schnecken, die ihrerseits
Feinschmeckersind,nichtnurin
Bioqualität, sondern sogar in sogenannter Permakultur zur Verfügung. Dabei handelt es sich
um eine Anbaumethode, die
noch umweltschonender ist als
die Biolandwirtschaft und
durch kunterbunte Pflanzenvielfalt auf engstem Raum auffällt. Permakultur lässt sich übrigens nicht nur auf dem freien
Feld praktizieren, sondern
auch mitten in der Stadt unter
den harten Wachstumsbedingungen auf der Dachterrasse.
Der Bericht auf den Seiten vier
bis sechs liefert ein eindrucksvolles Beispiel dafür.
Andreas Gugumuck hat
Mangold, Sonnenblumen und
Raps angebaut. Raps ist wichtig, weil er schon bald nach
dem Frost frisches Grün zum
Fressenliefert.FenchelundThymian verleihen dem Schneckenfleisch das besondere Aroma.
Ihm wird von Experten auch bestätigt, sehr viel hochwertiges
Eiweiß, ein besonderes Lecithin
und reichlich Omega-3-Fettsäuren zu enthalten. „Schon drei
Schnecken pro Tag“, meint Gugumuck, „können den Omega3-Fettsäurebedarf decken.“
Anschließend hat er auch
noch ein Argument parat, das
seine Lieblinge aus den Permakultur-Beeten unter dem GeDie Produktpalette ist groß
– und überzeugt durch ihr
besonderes
Aroma
MITTWOCH, 17. JULI 2013
sichtspunkt des Klimaschutzes
glanzvollabschneidenlässt.„Ihr
Fleisch liefert nicht nur vier Mal
mehr Eiweiß als das vom Rind“,
sagt der er, „ es benötigt, in Relation gesetzt, auch zehn Mal weniger Futter, um ein Kilogramm
Fleisch zu liefern. Was wiederum im großen Stil Ressourcen
spart.“ In Schnecken und Heuschrecken sehen daher viele Ernährungsexperten wichtige Eiweißlieferanten der Zukunft.
Den Weinbergschnecken gerne
zugesprochen haben schon unsere Vorfahren. Bei den Ausgrabungen in Carnuntum wurden
FOTOS: WWW.WIENERSCHNECKE.AT
S
chon der Großvater von
Andreas Gugumuck hat in
Rothneusiedl im Süden
Wiens Gemüse angebaut und
lieber seine Familie Unkraut jätengeschicktalszuspritzen.Von
ihm selbst wurde dann auf dem
Hausacker bei dem 400 Jahre
alten Hof eine Weinbergschneckenfarm angelegt. Heute ist
die „Wiener Schnecke“ schon
vielfach preisgekrönt. Zwei Mal
im Jahr wird geerntet, danach
landen die Kriechtiere in einem
Suppengrünsud mit Wein oder
werden tiefgefroren verkauft.
Die kulinarische Spitze der
Angebotspalette bildet der
Schneckenkaviar. „In der Konsistenz“, sagt Andreas Gugumuck, „ist er mit dem Saiblingskaviar vergleichbar. Vom Geschmack her ist er etwas anders, er hat ein Wiesenkräuteraroma mit fruchtigen Noten.“
setzt auf Permakultur
viele Schneckenhäuser gefunden, im Mittelalter verspeisten
Mönche Schnecken als Fastenspeise, weil man sie zu den
Fischen zählte.
Die Produktion der „Wiener
Schnecke“ knüpft also an eine
alte Kultur in diesem Raum an.
Voraussetzung für den Erfolg
ist eine giftfreie Landwirtschaft, wie sie seinerzeit üblich
war, als Pestizide und synthetischer Dünger noch gar nicht erfunden waren.
.
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INTERNET
www.wienerschnecke.at
Andreas
Gugumuck
züchtet Weinbergschnecken
in Bioqualität
ENTDECKE DIE ELSBEERE!
Der Landschalsgarten der Region Elsbeere Wienerwald ist eine wahre
Schatztruhe für kleine und große Entdecker – egal ob man die hügelige
Landschak mit seinen prächtigen Solitärbäumen auf eigene Faust erobert oder sich vom vielfältigen Veranstaltungsangebot einladen lässt.
Besonderer Tipp:
Elsbeer Exkursion mit Veronika Mayer
am 20. August oder am 24. September 2013
Wissenswertes über und Köstliches von der Elsbeere
Wir freuen uns auf Sie! Infos und Anmeldungen unter www.elsbeere-wienerwald.at
MITTWOCH, 17. JULI 2013
16 GRÜNE WELT JOURNAL Nutztierhaltung
Kikeriki für das Zweinutzungs huhn
Pionierprojekt. Bei den „Moosdorfern“ kommt der Gockel nicht in den Schredder,
Neue Wege beschreiten
An Möglichkeiten zum Muskelmassebilden hatte es dem
„Moosdorfer Haushuhn“ in der
Tat nicht gefehlt, bei freiem AuslaufrundumdieUhrundTagfür
Tag. Groß geworden ist es in
einem „Energiewald“ bei Marchegg in Niederösterreich.
„Energiewälder“sindlichtePappelwälder, die der Hackschnitzel-Gewinnung dienen und in
Starkoch Christian Petz
denen das Federvieh
nach Belieben Sonne
oder Schatten findet.
ÜberdiesstehenihmHütten und Unterstände mit
Sitzstangen zur Verfügung.
Dieses Pionierprojekt
ist das erste Teilstück ei- Selbstbestimmt und
ner Zusammenarbeit von artgemäß: Die „Moosdorfer“„Ja! Natürlich“, der Bio- Hühner leben in lichten
schienederREWE-Group, Pappelwäldern
undderTierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Ziel
ist die Verbesserung der
Bio-Nutztierhaltung unterdemGesichtspunktartgemäßer
Lebensbedingungen.
Besondere Ansprüche
Auch ein Kernproblem der
Eierproduktion – die Tötung aller männlichen Küken – wurde überdacht.
War es früher selbstverständlich, Henne und Gockelhahn gemeinsam zu
nutzen,sowarenbeiderauf
schnellundbilligausgerichtetenLebensmittelindustrie
der letzten Jahrzehnte nur
noch Hochleistungshennen
gefragt. Die männlichen Küken werden, was viele Kunden nicht wissen, gleich
nach dem Schlüpfen, weil
wertlos, per Fließband direkt in den Schredder transportiert.
Das neue Modell geht einen anderen Weg, wie er in
der Vergangenheit einmal Normalität war: Henne und Hahn
werdengleichermaßengenutzt.
Im Zuge von Feldversuchen
konntemanfeststellen,dasszurzeit das „Moosdorfer Haushuhn“ am besten den Ansprüchen einer Zweifachnutzung –
Eier und zugleich Fleisch zu liefern–entspricht.„Manmussnur
in Kauf nehmen“, sagt „Ja! Na-
MITTWOCH, 17. JULI 2013
türlich“-Chefin Martina
Hörmer,„dassdieHennenweniger und nur mittelgroße Eier
legen.“
Auch einige wenige andere
Produzenten, vor allem der Steirer Toni Hubmann, der bekannt
ist für seine Freilandeier-Vermarktung, bemühen sich heute
wieder um eine Zweifachnutzung der Hühner. Es wird aber
zunächst einmal nur in kleinem
Aktuelle
Eierkunde
Rahmen produziert. Martina
Hörmer hingegen will mit ihren
„Moosdorfern“ bald im großen
Stil ins Regal gehen.
Aufbauarbeit
Da es nicht genug Biostallungen gibt, entschied man sich für
mobile Freilandstallungen, wie
siesichimFallderPionieranlage
bei Marchegg schon bewährt
haben. Jetzt sollen österreich-
weit„Energiewälder“zwischenzeitlich für die artgemäße
Hühnerhaltung genutzt werden.DieGockel,diedendiesjährigenSommerim„Energiewald“
verbracht haben, werden erst
ab September im Verkaufsregal
auf Kunden warten. Eier gibt es
jetztschonunterdemLabel„BioEier mit Liebe gemacht“ in der
6er-Packungzu2,99Euroinausgewählten „Billa“-Filialen und
„Ja! Natürlich“-Chefin Martina Hörmer und „Vier Pfoten“-Gründer Heli Dungl
bei „Merkur“.
Das anonyme Ei. Bei sogenannten Verarbeitungsprodukten (im Gegensatz
zum Frischei), wie sie GroßküchenundNahrungsmittelindustrie verwenden,
kann man davon ausgehen,dassdieEierauszweifelhafter Herkunft stammen (es sei denn, es ist auf der
Verpackung explizit anders vermerkt). „Trockenei“, sagt
Reinhard Geßl, Tierhaltungsexperte des FIBL
(Forschungsinstitut für Biologische Landwirtschaft), „enthält mit 99 Prozent Wahrscheinlichkeit Eier von
Hennen aus Käfighaltung
und kommt großteils aus
Südamerika.“ Bei Flüssigei schaut es nicht viel
besser aus, es gibt aber
auch Angebote mit dem
AMA Gütesiegel.
Die klassische Käfighaltung ist in Österreich
seit 2009 verboten. Derzeit sind noch 18 Anlagen
mit „ausgestalteten Käfigen“ (ca. 230.000 Legehennen) in Betrieb, in denen
übergangsweise bis 2019
produziert werden darf.
Beim Eierkauf rät Geßl,
sich nicht von idyllischen
Bildern auf der Verpackung verführen zu lassen, sondern genau hinzuschauen. Die Kennzeichnung 0 steht für Freilandhaltung aus biologischer
Landwirtschaft, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenund 3 für Käfighaltung.
MITTWOCH, 17. JULI 2013
FOTOS: VIER PFOTEN / CIMER, JA! NATÜRLICH, HERBERT LEHMANN, FOTOLIA/MICHELE ZUMBINI
B
ei Starkoch Christian Petz
im „Holy Moly“ auf dem
Badeschiff am Wiener Donaukanal ist der „Moosdorfer“Gockel bestens angekommen.
„Dabei bin ich gerade beim
Hendl sehr sensibel“, versichert
der Mann am Herd. Huhn aus
Massenproduktion würde er
seinen Kindern niemals vorsetzen und auch nicht seinen
Gästen. „Aus ethischen Gründen, wegen der grausamen Haltung, aber auch wegen des Geschmacks.“ Das Industriehuhn
schmecke wie Brei, so weich.
„Da fällt das Fleisch von den
Knochen“, erläutert Petz, „weil
es auf engem Raum keine Möglichkeit hat, Muskelmasse zu
bilden.“ Doch dieses hier in der
Pfanne, das Huhn, das er „zum
Probieren“ bekommen hat, ja,
das habe Konsistenz, man habe
„was zum Beißen im Mund.“
sondern in den Wald
18 GRÜNE WELT JOURNAL Schauplätze
Grün im Blick
Allerlei. Auf Entdeckungstour unterwegs vor der Haustür und in der Ferne.
Für neugierige Gärtner, Bienenschützer und Stadttouristen
Bella Bayer und Karl Lueger laden in ihren Garten ein
Am 20. Juli erwartet die Besucher nicht nur ein Cellokonzert, sie werden auch auf
einen „Klangpfad“ durch das
vielfältige Pflanzen- und Wasserreich im oststeirischen
Hartberg geleitet. Skulpturen
an romantischen Plätzen und
die berühmte Taglilienschau
können auch an anderen Öffnungstagen erlebt werden.
www.bellabayer.at
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Ein Tag im Paradies
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FOTOS: HERSTELLER
Amsterdam: Wer nahe am Wasser wohnt, will auch dort ernten
Es spart Platz, auf dem Wasser
Gemüse und Kräuter anzubauen. Hausboote haben so
ihren Küchengarten praktisch
in Griffweite. In der Grachtenstadt Amsterdam kann man
die schwimmenden Inseln
überall entdecken. Die mit
Zweigen bedeckten dienen
Vögeln als Brutstation. Sie liegen beim Botanischen Garten
vor Anker.
MITTWOCH, 17. JULI 2013
Ergebnis eines Wettbewerbs: mobile Mini-Gärten in Tulln
Besonders praktisch für Leute,
die oft übersiedeln: Die Kleinund Kleinstgärten wurden in
ausrangierten Alltaggegenständen arrangiert, von der
Schreibmaschine bis zum
Spielzeugauto. „Die Garten
Tulln“ stellt aus, was bei dem
Wettbewerb „Green up your
life“ Mitte Juni mitgebracht
und prämiert wurde.
www.diegartentulln.at
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Schwimmende Gärten
Grüner geht’s nicht
Rettet die Honigbiene
Die industrialisierte Landwirtschaft setzt der großen Ernährerin der Menschen, der Honigbiene, zu. Zwischen Pestiziden, Antibiotika, Monokulturen und dem Transport von
Plantage zu Plantage
scheinen die KöniginnenundihreArbeiterinnen die Kräfte zu verlieren. Es ist ein mysteriöses Sterben, das weltweit mit Sorge beobachtet wird.
„More than honey“
entführt die Zuseher in
das faszinierende Reich
der Bienen. Regisseur
Markus Imhoof öffnet
mit spektakulären Aufnahmen den Blick auf
eine Welt jenseits von Blüte
und Honig, die man nicht so
schnell vergessen wird. Der
preisgekrönte Film ist nun auf
DVDzu€14,99undaufBlu-Ray
zu € 19,99
erhältlich.
„More than
honey“ gibt
es auf DVD
und Blu-Ray
.
GRÜNE WELT JOURNAL 19
MITTWOCH, 17. JULI 2013
20 GRÜNE WELT JOURNAL Wettbewerb der Gärtner
Zwisch en Himmel und Erde
Schlussrunde. In das
kann man jetzt noch
H
err Hoppe aus dem Ort
Haar betreibt nicht nur
einen Grandenhof für
Pflanzen, er will auch mit einer
Ananas verheiratet gewesen
sein, die er nach der Scheidung
an der Cote d’Azur aussetzte.
Dass Geschichten dieser Art Eingang in die Medien finden, ist
wohl darauf zurückzuführen,
dass eine Mensch-PflanzenBeziehung heute immer gut
ankommt.
Gute Partnerschaft
Das bestätigen auch Rückmeldungen unserer ParadeiserFreunde, die sich Anfang Mai
eineJungpflanzederSorte„Dattelwein“ in der „City Farm
Schönbrunn“ abgeholt haben,
mit dem Versprechen, diese liebevoll zu betreuen und über ihre Entwicklung zu berichten.
Wer ein Protokoll seiner Paradeis-Partnerschaft einsendet
(siehe Kasten), hat die Chance,
„Paradeiser-Kaiser 2013“ zu
Match um den Titel „Paradeiser-Kaiser“
einsteigen
werden, gleichgültig ob zu ebener Erde oder auf dem Dach gegärtnert wird. Stichprobenartige Umfragen zeigen, dass sich
vielekrönenlassenwollen.Trotz
des kalten Maiwetters sind die
„Dattelwein“-Pflanzen“ gut ins
Krautgeschossen,alsoschönbuschig und schon einen Meter
hoch. „Ich beriesle meine PflanzenmitMusik“,berichtetSabine
Moser aus Wien, „sie wachsen
dann schneller.“ Diese Erfahrung hatte auch schon Charles
Darwin gemacht, Frau Moser
befindet sich also in bester Gesellschaft.
Prominente Partnerschaft
Auch „City Farmer“ Dirk Stermann setzt auf eine gute
Mensch-Pflanzen-Beziehung.
„Ich rede nicht gerade mit meinen Pflanzen“, sagt der Kabarettist, Buchautor und Dachgärtner, „aber ich finde, dass ich
wirklich sehr freundlich zu ihnen bin.“ Der Urgroßvater hatte
zu Hause in Duisburg einen kleinen Garten betreut, Hühner gehalten und Marmelade eingekocht. Großvater und Vater hingegen fehlte der grüne Daumen,
erst Dirk Stermann entwickelte
wieder eine enge Beziehung
zum Grün. Seit Kurzem verfügt
erübereineeigeneDachterrasse
mitBlickaufdieKircheMariaam
Gestade und den Stephansdom
am Horizont. Senkt man den
Blick,sofälltdieseraufeinHochbeet und auf Topfkulturen, auf
Paradeiser, Kräuter, Mangold,
einen Feigen- und einen Apfelbaum. Ein „essbarer Garten“
musste es sein, weil Stermann
auch gerne selber kocht und
viel ernten will. „Für den Fall,
dass meine Pflanzen von Erdflöhen oder Weißer Fliege befallen werden“, sagt Dirk Stermann,„hatmirmeinFreundund
Grün-Experte Christian Jauernikgeraten,zu,bellaflora‘zugehen. Die führen nur mehr natürlichenPflanzenschutzohnePes-
tizide. Und bei mir gibt
esnurBio.Daraufkönnen
Sie Gift nehmen.“
Run auf die Krone
Dass Biogärtnern keine Hexerei
ist, hat in den letzten Monaten
aucheineSchülergruppeaufder
„City Farm Schönbrunn“ erfahren, die gerne „Paradeiser-Kaiser“ werden möchte. Die zehn
Schüler aus der Europäischen
Mittelschule in der Wiener
Neustiftgasse haben von Beginn der Gartensaison bis
zum Schulschluss ein Beet
betreut (siehe Foto unten). Gemeinsam waren sie vom Anpflanzen, über das Unkrautzupfen bis zum Ernten für alles
verantwortlich.
ObKinderoderErwachsene,
Gruppen oder Individualisten –
allen steht die Teilnahme am
Wettbewerb um den Titel des
„Paradeiser-Kaisers“ offen. Der
„Kaiser“unddievierNächstplatzierten werden zu einem Fest-
Die Sorte „Dattelwein“ hat
sich in den diversen Beeten
bereits gut entwickelt
essen in Sisis Meierei eingeladen, das sie gemeinsam mit
Spitzenkoch Johann Reisinger
zubereiten.
Der Kabarettist Dirk
er
Stermann ist nun auch unt
en
ang
geg
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Far
ty
„Ci
die
MITTWOCH, 17. JULI 2013
FOTOS: JEFF MANGIONE, WOLFGANG PALME
So wird man „Paradeiser-Kaiser“
Mitmachen. Am Wettbewerb
kann jeder teilnehmen, der ein
Gemüsebeet im Garten betreut oder „City Farmer“ ist.
Bis zum 1. Oktober soll ein Berichtvorliegen,wiesichdieParadeiser entwickelt haben.
Gefragt sind Fotos und ein
schriftliches Protokoll, das vor
allem das Wohlergehen des
„Paradeis-Partners“,
aber
auch die Lage und Art der Bepflanzung des ganzen Gartens
oder Balkons und Besonderheiten beschreibt. Es zählen
nicht nur die Kreativität beim
Gärtnern, sondern auch die
beim Dokumentieren.
Die Bewerbung und das
Protokoll schicken Sie an:
DI Wolfgang Palme
eMail: w.palme@gartenbau.at
Postadresse: City Farm Schönbrunn
1130 Wien
Seckendorff-Gudent-Weg 6
Die Jury: Mag. Lisa Reck Burneo und
DI Wolfgang Palme von der „City
Farm Schönbrunn“ und Ingrid Greisenegger vom „Grüne Welt Journal“
Der Preis: Kochen mit Johann Reisinger in Kaiserin Sisis Frühstücksmeierei
Veranstalter: „City Farm Schönbrunn“ mit ihrem fördernden Partner
„bellaflora“ und „Lehr- und Forschungszentrum Schönbrunn“
MITTWOCH, 17. JULI 2013
22 GRÜNE WELT JOURNAL City Farm
Für das Sommerfest
Aus der Gartenküche. Kresse trifft Himbeere auf der „City Farm Schönbrunn“
Ohne viel Schnickschnack
Man könnte statt der gelben Kapuzinerkresse natürlich auch
auf einen anderen Effekt setzen. Die Blüten vieler Gemüse-,
Zier- und Wildpflanzen sind
nicht nur ein Augenschmaus,
sondernbereitenauchGaumenfreuden. Sie finden in Blütensalaten,Blütensuppen,Blütenbut-
ter oder in Blütensüßspeisen
Verwendung. „Außer unseren
Fingern und einem Campingkocher benötigen wir keine weiteren Hilfsmittel“, sagt Johann
Reisinger. „Als Arbeitsplatz genügen ein kleiner Tisch oder
ein Gartensessel.“ Reisinger ist
ein Botschafter der regionalen
und saisonalen Küche und hat
raren Gemüsesorten den Weg
in die Spitzengastronomie bereitet. Er ist auch der Mann, der
hinter dem gastronomischen
Konzept für die „Grünstern-Gartenküche“ im Rahmen des
Open-Air-Filmfestivals am Augartenspitz steht und wird mit
den Gewinnern des Wettbewerbs „Paradeiser-Kaiser 2013“
(Seite 20) im Oktober in der
„City Farm Schönbrunn“ am
„Herd“ stehen.
Reiche Ernte in Sicht
Ehe gefeiert werden kann,
wünscht das Team der „City
Farm Schönbrunn“ mit seinem
Partner „bellaflora“ allen Teilnehmern am Wettbewerb viel
Erfolg bei der Paradeiserernte
und dankt dem „Klarlbau’n
z’Blindendorf“ aus dem Innviertel, dass er Hunderte „Dattelwein“-Jungpflanzen (u. a. Raritäten) in Form eines Starterpakets
zur Verfügung gestellt hat.
.
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INTERNET
www.cityfarm.at
www.klarlbau.at
FOTOS: JEFF MANGIONE
M
an nehme, was Balkon
oder Terrasse gerade
reif im Angebot haben,
empfiehlt Johann Reisinger,
der „Chefkoch“ der „City Farm
Schönbrunn“, und sieht sich
auf dem Gelände um. Er entscheidet sich für Kapuzinerkresse, die würzig schmeckt, und
für die süßen Himbeeren. Jetzt
fehlen nur noch Frischkäse –
Reisinger wählt Ricotta aus
Schafsmilch – und Roggenbrot,
das zu Dreiecken zurechtgeschnitten wird.
Wolfgang Palme, Gemüseexperte und ein Leiter der „City
Farm Schönbrunn“, assistiert
beim Zubereiten. Der weiche
Frischkäse wird zu Bällchen gerolltundjedesfürsichvoneinem
Blatt der Kapuzinerkresse umhüllt. In einer Pfanne röstet
man die Roggenbrote, setzt die
Bällchen-Pakete darauf und verziert den Snack mit einer Kapuzinerkresse-Blüte. Das sieht
nichtnurschönaus,esschmeckt
auch, ist nicht teuer und schnell
zubereitet.
VERANSTALTUNGEN
– Gartenspaßwoche für6–10-Jährige von 19. bis 23. August , jeweilsvon9bis12Uhr.Kosten:90
Euro
– Workshop „Snack im Handumdrehen“, 3. September, 17 Uhr
INFO: Ab sofort können sich Schulen
und Kindergartengruppen für das „Junior City Farming“ 2013/14 vormerken
lassen.
City Farm Schönbrunn,
Grünbergstraße 24, 1130 Wien
Email: lisa.reck@cityfarm.at
Wolfgang Palme wählt die Kapuzinerkresse aus, Johann Reisinger füllt sie mit Ricotta aus Schafsmilch und röstet Roggenbrot als Unterlage an
MITTWOCH, 17. JULI 2013
Die Versicherung mit
Eigenheimversicherung
HEIMVORTEIL – Die Versicherung für Ihr Eigenheim nach Ihren Bedürfnissen
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Hotline: 050 905-0 zum Ortstarif
www.hdi.at
24 GRÜNE WELT JOURNAL .
Ein Landwirt auf Zeit
Wochenendbauer. Ein Wiener puzzelt sich eine Landwirtschaft
E
FOTOS: INGRID GREISENEGGER
igentlich wollte man nur
ein Wochenendhaus besitzen,nichtweitvonWien
entfernt, im schönen Kamptal.
„Wir hatten vor, uns ins Gras zu
legen und uns zu erholen“, erinnert sich Thomas Nowak ,„es
ist aber schon bald losgegangen
mit dem Anlegen eines Gemüsegartens“.
ZugumZugistdannausdem
alten Haus am Land ein kleiner
Bauernhof geworden – und der
bildende Künstler Thomas Nowak ein Bauer auf Zeit, der zwischen Stadt und Land pendelt.
Nowak arbeitet in der Stadt,
kann die Landwirtschaft nur
zum Wochenende betreiben
undwünschtsichüberdies,auch
noch 14 Tage im Jahr auf Urlaub zu fahren.
Beim Gemüse ist Thomas Nowak
der Selbstversorgung schon einen
großen Schritt näher gekommen
MITTWOCH, 17. JULI 2013
Wichtige Entscheidung
Um das alles unter einen Hut zu
bekommen, mussten intelligente Lösungen gefunden werden.
Es fiel die Entscheidung, nur
schrittweise auszubauen, und
zwar in einem Modulsystem.
„Wir machen das so“, erklärt
Nowak,„dasswirunssoallezwei
Jahre quasi ein Stückerl Bauernhof dazukaufen, ein Stückerl
Wald, ein Stückerl Obstwiese.
Manmusssichdaswiebeieinem
„Playmobil“-Bauernhof vorstellen.“ Ursprünglich gehörte das
Landleben gar nicht zu seinem
Lebensentwurf. Erst als ein
Freund im verwunschenen Ort
am Kamp für wenig Geld ein verlassenes Haus erwarb und man
ihm beim Renovieren half, war
auchNowakaufdenGeschmack
gekommen. Letztendlich hat
sich dann eine ganze Gruppe
von Wienern in der Nachbarschaft angesiedelt.
Bewahren und bewohnen
Verlassene Häuser gab es genug.EtwadieHälftederLandbewohner ist bereits wegen des
akuten Jobmangels abgewandert. Im Gegenzug wurden die
leerstehendenHäuservonStädtern,dieaufderSuchenachdem
Das „Sulmtalerhuhn“, eine alte,
steirische Rasse, liefert dem
Teilzeitlandwirt Eier und Fleisch
Naturerlebnis waren, gekauft
und dadurch vor dem Verfall bewahrt. „Zum Wochenende und
in den Schulferien herrscht hier
Hochbetrieb,“ sagt Nowak, „es
geht dann zu wie in den besten
Tagen des Kamptal-Tourismus,
der zusammengebrochen ist,
als durch die Errichtung der
StauseendasWasserzumBaden
zu kalt war.“
Obwohl nur Hobbylandwirt, kann Thomas Nowak sich
und seine Familie inzwischen
in Teilbereichen selbst versorgen. Gemeinsam mit einem
Freund widmet er sich der Bienenzucht und hat einen Imkerkurs absolviert. „Auf die Imkerei“, erzählt er, „haben wir uns
zuerst nur eingelassen, weil wir
zuschauen mussten, wie die
Obstbäume zwar in voller Blüte
standen, wir aber nichts ernten
konnten. Wir haben die Bienenvölker für die Bestäubung gebraucht. Inzwischen sind uns
die Bienen richtig ans Herz gewachsen.“
Der Start ins Imkerleben
ging ins Geld. An die 3000 Euro
haben die beiden für die Bienenvölker und Gerätschaften, wie
Honigschleuder und Wachsschmelzer, ausgelegt. Nowaks
Imker-Kollege, von Beruf Wirtschaftsjurist, hat die Rentabili-
Die Imkerei ist für Thomas Nowak
eine Leidenschaft – rentabel ist das
Herstellen von Honig nicht
MITTWOCH, 17. JULI 2013
26 GRÜNE WELT JOURNAL .
Im Kamptal stehen viele alte
Anwesen leer – Städter wie Thomas
Nowak kauften und renovierten sie
tät der Honigproduktion berechnet. Demnach müssten sie
mehr als ein Menschenleben
lang Honig verkaufen, um Gewinn zu machen.
FOTOS: INGRID GREISENEGGER
und Fleisch bringt, also eine
Zweifachnutzung
möglich
macht“, sagt Nowak, „unsere
Wahlistaufdas,Sulmtalerhuhn‘
gefallen,einealtesteirischeRasse. Es sind gutmütige Tiere, die
fleißig brüten und Eier legen.“
Doppelter Nutzen
Irgendwann kam die Hühner- Abgegeben wurden sie vom
haltung ins Spiel. „Wir haben „TiergartenSchönbrunn“,wojeeine Rasse gesucht, die Eier legt der beim „Tirolerhof“, dem Bau-
ernhof des Zoos, diese schönen
Tiere bewundern kann.
Die Kosten haben sich relativ schnell wieder eingespielt,
derNebeneffekt,denNowakmit
seinenHühnernerzielt,istohnehinunbezahlbar:„Werihnenzuschaut, wie sie durch den Innenhof laufen, wird davon ganz ruhig und gelassen.“ Selbstre-
Was als Suche nach einem Wochenendhaus begann, endet für Thomas
Nowak als Teilzeitlandwirtschaft
MITTWOCH, 17. JULI 2013
dend handelt es sich um Freilandhaltung.DamitdieTieredie
kalten Winter im Waldviertel,
auch wenn ihr Betreuer abwesendist,gutüberstehen,hatsich
Nowak schlau gemacht. So wurde die Wasserschale auf einer
Wärmeplatte angebracht, als
sich herausstellte, dass die
Sulmtaler sich weigern, Schnee
zu schlucken. Eine automatisch
gesteuerte Schiebetüre macht
den Hühnerstall einbruchssicher. Haben sich die Tiere, was
sie von Natur aus bei Einbruch
der Dämmerung tun, darin zurückgezogen, geht eine vertikale Schiebetür zu und erst am
Morgen wieder auf. So bleiben
dieHühnerdrin,dieMarderund
Füchse aber draußen.
Was Nowak an der Landwirtschft fasziniert, ist zuzuschauen,wiePflanzenundTiere
sich entwickeln. „Der Hof ist
aber auch ein ,Versicherungspaket‘ für die Zukunft“, überlegt der Wochenendbauer,
„wenn die Wirtschaft zusammenbricht, kann man angeblich schon mit 400 Quadratmeter einen Menschen mit pflanzlicher Nahrung versorgen, und
dann haben wir noch dazu ein
paar Hendln da.“
28 GRÜNE WELT JOURNAL Grünes Brett
Fundstelle
Allerlei. Entdeckt im Verkaufsregal, mit Produkten für das
Kochen und Rasten im grünen
Wohnzimmer, für das Beet
und den Genuss.
Die Sonne macht’s gratis
Mit dem Solarkocher können Open-Air-Köche kochen,
backen und grillen. Im Garten, auf dem Berg oder im
Wüstencamp. Die Methode gilt als schonend für die
Speisen, das Geldbörsel und die Umwelt. Die
witterungsbeständige Kochstelle kann das ganze Jahr
über im Feien bleiben. Das Modell mit 1,1 Meter
Durchmesser gibt es um 325Euro.
www.sun-and-ice.de
Nett und adrett
FOTOS: HERSTELLER
Ordnungsliebende Gärtner erfreut die Beet- und
Topfbeschriftung „Norma“. Die formschönen Schilder aus
Buchensperrholz dienen der individuellen Beschriftung
von Saatbeet und Kräutertopf. Vorgefräst und leicht aus
der Holzplatte herauszulösen. Preis:14 Euro.
www.magazin.com
Gold und Silber
Schlag nach bei Shakespeare
Bio-Rosen- und BioLavendelblüten werden von
Familie Schafner mit BioAkazienhonig de luxe verarbeitet.
Das duftet und schmeckt – und es glitzert durch den
lichtreflektierenden Gourmetgold- und -silberflitter. Preis
10,50 Euro, per Versand oder im Shop von „Die Garten
Tulln“. www.honigschaf.com
Eine Garten-oder Zimmersitzbank für vier: für Romeo und
Julia und für zwei Kübelpflanzen. „Romeo und Juliet“
nennen die Hersteller das Möbelstück und beziehen sich
dabei auf die beiden Bäumchen. Sie sind miteinander
verbunden, können aber nicht zusammenkommen.
Preis: 3600 Euro.
www.moodwien.at
MITTWOCH, 17. JULI 2013
30 GRÜNE WELT JOURNAL Kritischer Konsument
Bitterer Nachgeschmack
Billiger Kakao. Wer dafür bezahlt, erklärt Hans-Peter Hutter
von den „Ärztinnen und Ärzten für eine gesunde Umwelt“
FOTOS: HANS-PETER HUTTER, PRIVAT
S
chokolade wird gerne verspeist,mitmehroderweniger schlechtem Gewissen
– aber wegen der Kalorien.
Die Katastrophenberichte
von den Textilfabriken in Bangladesh haben der Weltöffentlichkeit die unmenschlichen Zustände der Billigtextil-Industrie
vor Augen geführt. Nicht andersergehtesdenMenschenauf
Kakaoplantagen. Hans-Peter
Hutter war in Afrika und in der
Dominikanischen Republik für
Vorarbeiten zu einer Studie unterwegs, die sich mit der Gesundheit von Landarbeitern im
konventionellen Landbau im
Vergleich zum Biolandbau befassen wird. Er berichtet von
drastischen Missständen.
Oft werden Pestizide
ohne Schutzmaßnahmen, wie Brillen, Masken oder
Handschuhe ausgebracht.
Bei
mehr als 30 Grad
imSchattenundhoher Luftfeuchtigkeit
sind solche Bekleidungsvorschriften
quasi
nicht umzusetzen. Oft sind Kinder auch dabei. Infolge der Anwendung von Spritzmitteln treten akute Symptome, wie Augen- und Hautreizungen oder
Übelkeit auf. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden von den Menschen auf den
Plantagen für einen Lohn von etwa fünf Euro für einen Zwölfstunden-Tag in Kauf genommen. Über chronische Folgen
macht sich ohnehin niemand
Gedanken, man lebt von der
Hand in den Mund.
Es kommen diverse bedenkliche Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz. „Am häufigsten“, berichtet Hans-Peter
Hutter, „bin ich auf das nerven-
„Schokolade
mit FairTrade-Siegel
kaufen, auch
wenn sie etwas
teurer ist.“
Hans-Peter Hutter
Umweltmediziner
schädigende Endosulfan gestoßen. Es wird nach wie vor auch
Paraquat verwendet, das für
Lungenschäden und Nervenschädigungen verantwortlich
gemacht wird. In der EU ist es
verboten. Und Glyphosat, das
überseinehormonähnlicheWirkung die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit
beeinträchtigen kann.“
Die Pestizide befinden sich
meist nicht mehr in den originalen Gebinden, daher ist es fraglich, ob Inhalt und Etikett über-
MITTWOCH, 17. JULI 2013
einstimmen. „Oft ist das leider
egal“, stellt Hutter fest, „da viele Landarbeiter ohnedies nicht
lesen können oder die Angaben
fremdsprachig sind.“ Leere Gebinde werden danach als Vorratsbehälter für Nahrungsmittel und Wasser verwendet, mit
entprechenden Auswirkungen
auf die Gesundheit.
Die Bananen-und Kaffeeindustrie hat es vorgemacht, jetzt
ziehen auch Kakao-Hersteller
nach und bieten Produkte mit
demFairTrade-Siegelan,dasfür
faire Löhne- und Arbeitsbedingungen steht. NGOs (Nichtregierungsorganisationen) aus 16 EULändern – in Österreich sind etwa „Südwind“ und „Greenpeace“ dabei – fordern in einer
Petition:„MakeChocolateFair!“
Es geht um existenzsichernde
Löhne, damit PlantagenarbeiterihreKindernichtmehrzurArbeit schicken müssen. Rund 1,8
Millionen Kinder sind alleine in
den klassischen afrikanischen
Kakaoanbaugebieten in Plantagen tätig. Was der Konsument
dagegentunkann?„Schokolade
und Kakao mit Fair-Trade-Siegel kaufen, auch wenn sie etwasteurersind“,meintHans-Peter Hutter, „und auf ein EU-BioSiegel achten.“ Damit die Schokolade keinen bitteren Nachgeschmack hat.
.
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INTERNET
www.suedwind-agentur.at
Plantagenarbeiter hantieren mit
Giften, ohne die Gefahr zu kennen
32 GRÜNE WELT JOURNAL Gemeinschaftsgarten
Wohnen aufs Feld verlegt
Gelandet. Auf dem ehemaligen
Flughafengelände Tempelhof in Berlin
haben sich Gärtner eingerichtet.
FOTOS: INGRID GREISENEGGER
900 Personen
betreuen 300 Beete
Die Sitzgelegenheit
war der erste Schritt
Z
uerst stellte sich einer
eine Bank zum Ausruhen
neben sein Hochbeet, andere zogen nach mit Stühlen,
nur die aus Plastik waren verboten. Sonst gab es kaum Vorschriften, als es vor drei Jahren
potenziellen Gärtnern aus dem
angrenzenden Stadtteil Neukölln – oder von sonst wo her –
gestattet wurde, auf dem TempelhoferfeldinBerlin5000Quadratmeter in Beschlag zu nehmen.Nurein„Dorfplatz“musste
frei bleiben und zwei „Straßen“, die sich dort kreuzen.
auf einer Warteliste. Am Horizont sieht man die alten Flughafengebäude, in der Nähe die Betonsockel der Positionslichter
aufdemehemaligenFlugfeld.Es
ist öffentliches städtisches Gelände, für das pro Quadratmeter ein Euro Nutzungsgebühr
jährlich zu zahlen ist.
Initiator war das AllmendeKontor (benannt nach dem traditionellen Begriff für gemeinschaftliches
Agrarland in den Dörfern),dassichals
Schaltstelle für die Vernetzung
von Gemeinschaftsgärten und
urbaner Landwirtschaft versteht.
Anbauen kann jeder, was er
Agrarland für alle
Heute sind 900 Leute an 300 will. Um Grundlegendes, wie
Beetenbeteiligtundvielestehen gute Erde für eine reiche GemüMITTWOCH, 17. JULI 2013
seernte, hat das
Kontor mit seinen
freiwilligen HelIn Berlin wird
ur
fern gesorgt.
in Reinkultur bane Landwirtschaft
betrieben
Doch es geht nicht
nur ums Ernten.
„Ich wohne seit 20
Jahren in Neukölln“, bringt es
eine der Gärtnerinnen auf den nen, Hirschgeweih und BilPunkt,„aberichhabenochnieso dern. Was man gelegentlich zu
viel Gemeinschaft gehabt.“
Hause ausrangiert, landet jetzt
nicht mehr gleich im Sperrmüll, sondern macht vorher
Starker Zusammenhalt
Man knüpft Kontakte beim Sä- nocheinoderzweiSommerlang
en und beim Ernten und es gibt aus dem Garten eine Wohnlandimmer wieder etwas zu feiern. schaft – und sorgt für noch
Für Ruhepausen hat sich fast je- mehr Kontakte ...
der eine Wohnstube an seinem ·· · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · · ·.·
Beet errichtet – mit Ledersofa
INTERNET
und Küchentisch, mit Gardiwww.allmende-kontor.de
34 GRÜNE WELT JOURNAL Reise
Über d en Dächern von London
Luxus in Grün. Die „Ro of Gardens“ in Kensington sind die größten Dachgärten Europas
FOTOS: INGRID GREISENEGGER, ROOFGARDENS
V
Dauergäste
. Fl
Landschaft amingos im
sgarten auf
dem Dach
Lustwandeln.
Spanischer Garten
mit Palmen und
Mimosen
auf „essbarer
Aufgetischt. Gemüse
g
ta
Erde“ zum Geburts
MITTWOCH, 17. JULI 2013
om Kensington Palast ist
es nicht weit, nahe liegt
auchdieNobel-Shoppingmeile von Kensington Church
Street. Dann noch ein Stück
durch die hektische Kensington
High Street und einmal um die
Ecke. Mit dem Lift geht es hinauf in den sechsten Stock.
Heroben tut sich eine andere Welt auf. Es ist ruhig, Vögel
singen, Enten schnattern. Nur
die lebensgroße Kuh aus Kunststoff, die von einem Wiesenstück hinunterblickt, gibt kein
Lebenszeichen von sich. Alles
andere in den „Roof Gardens“
istabertatsächlichlebendigund
bemerkenswert grün.
fekt, dass es einen überrascht,
zwischen dem Grün Dächer
und Hochhäuser der Stadt London zu sehen.
Vielfältige Bewohner
An einem Teich rasten gerade
Stockenten im Gras, hier trifft
man auch auf vier Dauergäste,
die rosa Flamingos Bill, Ben,
Splosh und Pecks. Im von Mauern und Torbögen umschlossenen „Tudor“-Garten, mit seinen
verborgenen Plätzen, hängt im
Sommer der Duft von Lilien, RosenundLavendel.Anschließend
erreicht man ein Stück Spanien, das vom maurischen Ambi-
ente der Alhambra in Granada
inspiriert wurde. Der Besucher
wandelt zwischen Wasserbecken, Palmen und Mimosen.
Hinter den Gebäuden im spanischen Stil lugt der Turm der Kirche von Mary St. Abbots hervor.
Seit 1981 gehören die „Roof
Gardens“ zum Luxussegment
der „Virgin Hotel Group“.
Ein Hotel gibt es hier herobenzwarnicht,aberimRestaurant „Babylon“ kann man heiraten, Feste feiern oder auch nur
einen Business-Lunch nehmen.
Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der „Roof Gardens“,
das heuer gefeiert wird, be-
kommt man eine spezielle Gemüse-Kreation serviert. Kräuter und Baby-Gemüse in BioQualität stammen, so lange der
Vorrat reicht, aus den Gärten.
DasGerichtbestehtauseinerBasis „essbarer Erde“ (Roggenmehl,
Haselnuss, Pumpernickel und ein
Schuss Guinness), auf der junges
Gemüse so arrangiert ist, als
würdeesfrischdaraushervorwachsen.
INFO: Roof Gardens,
99 Kensington High Street.
Eintritt frei, wenn nicht
gerade eine Veranstaltung
stattfindet
Schöne
A
schaut d ussicht. Aus 30
ie Kuh a
M
uf die St eter Höhe
adt
Paradies in den Lüften
30 Meter über dem Straßenniveau erstreckt sich auf 6000
Quadratmetern dieser größte
Dachgarten Europas. In den
30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ließen ihn sich die Besitzer des Kaufhauses „Derry
and Toms“ vom bekannten Landschaftsarchitekten Ralph Hancock
auf dem Flachdach ihres
Einkaufstempels anlegen. In den Grundzügen
siehtderGartenauchheute nicht anders aus. Einige der 70 ausgewachsenen Bäume stehen unter
Naturschutz, die Anlage
selbstistals„EnglishHeritage“ ausgewiesen, als ein nationales Erbe.
Tritt man nach der Liftfahrt ins Freie, findet man
sich in einem englischen
Landschaftsgarten wieder.
Durch ein lichtes Waldstück
mitansehnlichenBäumen,die
in eineinhalb Meter tiefem
Erdreich wurzeln, windet sich
einBachlauf.Amschönstenistes
hier im Frühling, wenn Narzissen, Krokusse und Anemonen
blühen. Die Illusion ist so perMITTWOCH, 17. JULI 2013
36 GRÜNE WELT JOURNAL Jugend
.
forscht
Neugierig im Elsbeerreich
Auf Tour. Volksschüler erforschen mit den „Umweltspürnasen“ eine einzigartige Kul turlandschaft
gung gebracht und damit zu internationaler Bekanntheit.
Gelebte Vielfalt
Zu Schnaps veredelt erzielt die
Elsbeere Spitzenpreise, aufgrund der geringen Verfügbarkeit und des erlesenen Geschmacks. Elsbeerschnaps zu
produzierenistkeinleichterJob,
es steckt viel Handarbeit dahinter und eine nicht ungefährliche Erntearbeit. Auf langen LeiternundmitvomFrostklammen
Fingen werden die Elsbeeren
vom Baum geholt. Die älteste Lizenz zum Brennen hat man
„Auf der Prinz“, diese stammt
aus der Zeit von Maria Theresia Die Erforschung der Heimat ist das Projekt der Umweltspürnasen
und wurde von Generation zu
Generation weitervererbt.
„Region Elsbeere Wienerwald“ schaft“, begründet BürgermeisKürzlich hat der Verein
die „Umweltspürnasen“, ter Josef Ecker, der Obmann
die seit 1983 Erfahrung des Vereins, dieses Projekt, „ist
mit
wissenschaftlich eine wesentliche Grundlage für
fundierter
Naturver- diezukünftigeLebensqualitätin
mittlung haben, einge- der Region.“
Die Drittklassler werden, beladen, mit sechs Volksschulklassen die Le- gleitet von den Umweltspürnabensräume ihrer Hei- sen,beiExkursionenindienähemat zu erforschen. re Umgebung – im Wald, auf
„Die Wertschätzung denWiesen,andenBächen–Naunserer Kulturland- tur und Lebenswelt beobachten
FOTOS: WEINFRANZ
Gepflückt und gerebelt wird
noch immer in Handarbeit
Der Wert der Elsbeeren wu
rde in den
vergangenen Jahren wieder
erkannt
MITTWOCH, 17. JULI 2013
und dokumentieren. In einem
zweiten Schritt soll die Vergangenheit an Hand von Bildern, alten Fotos, Sammelstücken und
im Gespräch mit Zeitzeugen erforschtwerden.ImGesprächmit
der Eltern-und Großelterngeneration können die Kinder erfahren, wie man seinerzeit im „Elsbeerreich“ gelebt hat. Beispielsweise, was der Elsbeerbaum
der Volksmedizin an wirksamen Arzneien zu liefern hatte.
Aber auch, was sich in der Landschaft, im Ortsbild und im Alltagsleben der Gemeinschaften
inzwischen verändert hat und
was sich daraus an Chancen für
die Zukunft ergibt.
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INTERNET
www.elsbeere-wienerwald.at
INFO: Die „Umweltspürnasen“ bieten
maßgeschneiderte Kulturlandschaftsprojekte auch für andere Regionen an.
Wer ihre Arbeit kennenlernen
möchte, kann im Rahmen des Ferienangebots im Juli und August „schnuppern“ kommen. „Spürnasen“-Telefon:
0650/54 84 821
FOTOS: JEFF MANGIONE, INGRID GREISENEGGER, VIER PFOTEN / CIMERANDREAS POSPISIL, WEINFRANZ
D
ie „Region Elsbeere Wienerwald“ ist ein LandstrichrundumdieMarktgemeinde Michelbach. Die heuteseltenenElsbeerbäumeverleihen dem Voralpenland ihren
Charakter. Freistehend in Mähwiesen, Weideflächen und in
Streuobstgärten beeindrucken
sie mit ausladenden Kronen.
Sie tragen weiße Blütendolden
im Frühjahr und purpurrotes
Laub im Herbst. „Elsbeerbäume
sindeinIdentifikationsmerkmal
fürdieganzeRegiongeworden“,
sagt Matthias Zawichowski
vom regionalen Management.
Das war nicht immer so. In
derZeitnachdemZweitenWeltkrieg wurde, was im Weg
stand, abgeholzt, um für Viehweiden und Felder Platz zu gewinnen. Erst in den letzten
Jahrzehnten setzte zunehmenddieWertschätzungder
Elsbeerbäume ein, als Tourismusattraktion und als
Wirtschaftsfaktor. Ihre braunen Früchte mit heller Punktierung haben es sogar zur
Auszeichnung als „Presidi“Produkt der Slow-Food-Bewe-
Wahrzeichen der Region
– lateinischer Name:
Sorbus torminalis
– umgangssprachlicher
Namen: Adletsbeere, Wilder
Sperber, Adelsbeere, Adlasbeer, Ortlesbeer, Ruhrbirn,
Grimmbirn,
Altschebeeri,
Sauerbirla oder Frauenbeeri
– Familie: Rosengewächse – die
Elsbeere ist das Größte aller
Rosengewächse (Rosaceae).
– Unterfamilie: Kernobstgewächs
– Gattung: Mehlbeere
– nächste Verwandte: Speierling, Eberesche (oder Vogelbeere) und Mehlbeere
– bester Freund: die Dirndl oder
Kornellkirsche. Im Elsberreich
gibt es kaum eine Elsbeere, die
nicht in Sichtweite zu einer
Dirndl steht
– Vorkommen: In der „Region
Elsbeere
Wiesenwienerwald“ befindet sich das vermutlich weltweit größte Vor-
kommen freistehender Bäume dieser Art. Man trifft auf
eindrucksvolle 200 Jahre
alte und bis zu 20 Meter hohe Bäume, die den Charakter der Landschaft prägen
und identitätsstiftend für
die ganze Region geworden
sind.
Wirtschaftlich interessant sind die Elsbeeren, die
im Herbst geerntet werden,
und das Holz.
MITTWOCH, 17. JULI 2013
38 GRÜNE WELT JOURNAL Artenschutz
Wien, wie es flattert
Lokalaugenschein. 105 Tagfalterarten gibt es in Wien – auch in der Innenstadt
Osterluzeifalter
FOTOS: ANDREAS POSPISIL
Falterinsel
Distelfalter
D
ie dicht bebauten Gebiete sind naturgemäß artenärmer als der Stadtrand, wo Schmetterlinge naturnahe Lebensräume finden, darunter auch Feuchtwiesen und
Magerrasen.WennesZufluchtsorte, wie G’stätten, Bahntrassen oder Brachen gibt, kommen
sie auch bis zum Stefansplatz.
Der Donaukanal ist für sie ein
wichtiger „Grünkorridor“, über
den sie einfliegen können.
Mehr als 50 Prozent der Wiener Schmetterlingsarten stehen
auf der „Roten Liste“. In ihrem
Buch „Tagfalter“, einer BestandsaufnahmederSchmetterlinge und ihrer Lebensräume in
Wien, informieren die Experten
auchüberdieUrsachenfürdiese
Bedrohung. Eine wesentliche
liegt darin, dass sie im Raupen-
stadiumbestimmteFutterpflanzen benötigen und diese oft genug nicht vorfinden.
Wer im Garten eine vielfältige Unkrautecke (nicht nur Brennesseln) stehen lässt, kann ihnen damit helfen. Je nach Art sind die
Raupen nämlich auf mehrere,
manchmal sogar nur
auf eine einzige bestimmte Pflanze angewiesen, ohne die
sich die Art nicht
fortpflanzen kann.
Währendalsodie
einenmangelsgeeignetem Lebensraums
vom Aussterben bedroht oder gefährdet
sind, können andere
Arten von einer sich
verändernden Umweltsituation durch-
MITTWOCH, 17. JULI 2013
aus profitieren. Aufgrund des
Klimawandels ist es möglich,
dass Falter in Wien auftauchen,
die man bisher hier nicht gesehen hat. Neu ist auch, dass Wanderfalter in manchen Jahren in
Wien überwintern, statt nach
Afrika zu pendeln.
„Insekten in
Wien.Tagfalter“.
Österr. Ges. für
Entomofaunistik,
29 Euro.
Gefördert von
Wiener Umweltschutzabteilung,
Kulturabteilung
der Stadt Wien,
Wiener Umweltanwaltschaft
Mithilfe. Leuchtende Blüten
mit viel Nektar und schwere
und süße Düfte locken die
Falter auch auf den Stadtbalkon. Vorsicht: Viele neue Hybriden haben gefüllte Blüten,
dienektarlosunddaherkeine
Nahrungsquelle sind. Gut geeignet: Buddleja (Schmetterlingsstrauch oder Sommerflieder).
Attraktiv für Schmetterlinge
sind auch blühender Dill, Lavendel, Thymian oder Dost.
Wer sich eine „Schmetterlingswiese“ auf den Balkon
holen möchte, sollte das in einem großen Pflanzentrog
mit mindestens 30 Zentimeter Tiefe tun. Man befüllt diesen mit eher magerer, tonreicher Erde, die gut Wasser
speichern kann.
Tipp: Poster „Wege zum
Schmetterlingsparadies“.
www.umweltberatung.at
Hauhechel-Bläuling
Schwalbenschwanz