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NUMMER 48 | Winter 2012/13
Globalisierung und Nord / Süd-Politik
Arbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | Heks | www.alliancesud.ch
Spekulation mit Nahrungsmitteln:
Die Sicht des Uno-Berichterstatters
OECD-Leitsätze für Multis:
Zögerliche Schweiz
Transparenz in der EZA:
Ein Tag im Datendschungel
Kurz notiert
Rotstift bei der OECD-Entwicklungshilfe
ns. Die weltweite Finanzkrise drückt weiter auf die Entwicklungshilfebudgets der
OECD-Länder. Nachdem ihre Hilfe schon
2011 erstmals seit 1997 um fast 3 Prozent
abnahm, feilen sie derzeit an neuen Kürzungen. Das krisengebeutelte Spanien, das
bereits 2012 fast 2 Mia. Euro einsparte, will
2013 nochmals 300 Mio. wegkürzen. Sein
Entwicklungsbudget fällt auf den tiefsten Stand seit 22 Jahren. Holland, eines
der wenigen Länder, welches das 0,7 %-Ziel
erreicht hat, will bis 2017 eine Milliarde
Euro einsparen. Auch Deutschland ist auf
Sparkurs: Der Bundestag will die Ausgaben
2013 gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Prozent
auf 6,3 Mia. Euro kürzen. Unter Druck ist
auch die Entwicklungszusammenarbeit
der EU. Zwar schlug die EU-Kommission für
2014 bis 2020 eine Erhöhung auf 70 Mia. Euro (+25 %) und der Nothilfereserve auf 2,45
Mia. (+32 %) vor. Doch die Mitgliedsstaaten
fordern eine Kürzung um 10 bis 12 Prozent
sowie die Streichung der Nothilfereserve.
Der definitive Beschluss steht noch aus.
Gegen «schmutziges Gold»
ph. Gold ist ein schmutziges Geschäft. Für
den Abbau braucht es hochgiftige Substanzen wie Zyanid oder Quecksilber, welche
Arbeitende, AnwohnerInnen und Umwelt
Alliance Sud gibt Bildungsstelle ab
ph. Ab dem kommenden Jahr wird sich neu
éducation21 um die Integration von Themen der nachhaltigen Entwicklung in der
Bildung kümmern und dabei Umwelt- wie
Entwicklungsfragen, aber auch Gesundheit und Wirtschaft abdecken. éducation21
ist das Produkt einer Fusion zwischen der
Stiftung Bildung und Entwicklung und der
Stiftung Umweltbildung Schweiz. Auch
die Bildungsstelle von Alliance wird in der
neuen Organisation aufgehen. Sie wird
sich dort wie bisher auf die Produktion von
Impressum
Alliance Sud auf einen Blick
GLOBAL +
erscheint viermal jährlich.
Präsidium
Caroline Morel, Geschäftsleiterin Swissaid (2012)
Hugo Fasel, Direktor Caritas (ab 2013)
Herausgeberin:
Alliance Sud
Arbeitsgemeinschaft
Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle
Helvetas | Caritas | Heks
Monbijoustrasse 31, Postfach 6735, 3001 Bern
Tel. 031 390 93 30, Fax 031 390 93 31
globalplus@alliancesud.ch
www.alliancesud.ch
Redaktion:
Pepo Hofstetter (ph), Kathrin Spichiger (ks)
Tel. 031 390 93 34/30
Grafik: Clerici Partner Design, Zürich
Druck: s+z: gutzumdruck, Brig
Auflage: 2300
Einzelpreis: Fr. 7.50
Jahresabo: Fr. 30.–
Förderabo: mind. Fr. 50.–
Inseratepreise/Beilagen: auf Anfrage
Bildnachweis Titelseite: epd_bild/ Rolf Zöllner
Die nächste Ausgabe erscheint
Ende März 2013.
2
gefährden. Die Arbeitsbedingungen sind
meist himmeltraurig, Kinderarbeit ist verbreitet. Die Schweiz aber verdient kräftig
mit: Sie ist weltweit die wichtigste GoldDrehscheibe, und vier der neun grössten
Goldraffinerien haben hier ihren Sitz. Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
schätzt, dass ein Drittel bis die Hälfte des
gesamten Roh-Goldes in der Schweiz verarbeitet wird. Sie hat Anfang Dezember
eine Petition lanciert. Analog zur Petition «Recht ohne Grenzen» fordert sie Bundesrat und Parlament auf, dafür zu sorgen,
dass nur Gold in die Schweiz eingeführt
und hier verarbeitet wird, das unter Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards abgebaut wurde. (www.gfbv.ch)
GLOBAL + Winter 2012/13
Geschäftsstelle
Peter Niggli (Geschäftsleiter)
Kathrin Spichiger, Rosa Amelia Fierro
Postfach 6735, 3001 Bern
Tel. 031 390 93 30
Fax 031 390 93 31
mail@alliancesud.ch
Entwicklungspolitik
– E ntwicklungszusammenarbeit:
Nina Schneider, Tel. 031 390 93 40
nina.schneider@alliancesud.ch
– H andel / WTO:
Isolda Agazzi / Michel Egger
Tel. 021 612 00 95
lausanne@alliancesud.ch
– I nternat. Finanz- und Steuerpolitik
Mark Herkenrath, Tel. 031 390 93 35
mark.herkenrath@alliancesud.ch
– I nternat. Umwelt- und Klimapolitik
Nicole Werner, Tel. 031 390 93 32
nicole.werner@alliancesud.ch
– M edienstelle
Pepo Hofstetter, Tel. 031 390 93 34
pepo.hofstetter@alliancesud.ch
Bildungsmaterialien konzentrieren. (www.
education21.ch)
Interportal wird eingestellt
ph. Interportal, das Netzwerk für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik, wird Ende 2012 eingestellt. Die 2001
gegründete und von über 40 Organisatio­
nen getragene Online-Plattform hatte den
Anspruch, aktuell über entwicklungspolitische Aktivitäten mit Schweizbezug zu
informieren und auf gute Hintergrundinformationen hinzuweisen. Es gelang ihm
jedoch nicht, zu einer lebendigen, gut verankerten Info-Plattform der Schweizer Entwicklungsszene zu werden. Zu gross war
die Konkurrenz durch Portale wie Entwicklungspolitik online und Suchmaschinen.
Neue Informationskanäle (Web 2.0) und
technische Entwicklungen bei der selektiven Informationsbeschaffung erschwerten dem Portal das Leben weiter.
Eingestellt wird Ende Jahr auch das
Berner Büro der unabhängigen Presse­
agentur Infosüd. Angesichts der Veränderungen in der Schweizer Medienlandschaft
gelang es ihm immer weniger, (Publikums-)Medien für seine Dienstleistungen
und Angebote zu interessieren. Weiter bestehen bleibt hingegen Infosud Genf.
Bildungsstelle
Urs Fankhauser / Marianne Gujer
Tel. 031 390 93 39
school@alliancesud.ch
Dokumentationszentrum Bern
Jris Bertschi / Emanuela Tognola / Renate
Zimmermann
Tel. 031 390 93 37
dokumentation@alliancesud.ch
Regionalstelle Lausanne
Isolda Agazzi / Michel Egger / Frédéric Russbach
Tel. 021 612 00 95 / Fax 021 612 00 99
lausanne@alliancesud.ch
Dokumentationszentrum Lausanne
Nicolas Bugnon, Pierre Flatt,
Amélie Vallotton Preisig
Tel. 021 612 00 86, doc@alliancesud.ch
Regionalstelle Lugano
Lavinia Sommaruga / Silvia Carton
Tel. 091 967 33 66, Fax 091 966 02 46
lugano@alliancesud.ch
Handelspolitische Offensiven
Daniel Rihs
Gleich nach den Wahlen in den USA riefen Angela Merkel, David Cameron und
andere europäische Staatschefs Barack
Obama auf, mit der Transatlantic Partnership, einer Art transatlantischer
Wirtschaftsgemeinschaft, vorwärtszumachen. Eine EU-US-Arbeitsgruppe unterbreitet Anfang 2013 erste Vorschläge.
Die Ambi­tionen sind hoch: Angestrebt
ist nicht ein normales, sondern ein sehr
umfassendes Abkommen, das für die
ganze Welt von Bedeutung sei.
Für die führenden atlantischen
Business-Lobbys (Business Roundtable, European Roundtable of Industrialists und Transatlantic Business Dialogue) stehen drei Punkte im
Vordergrund: Erstens soll die Transatlantic Partnership so weit wie möglich alle gesetzlichen und regulatorischen Unterschiede zwischen den
USA und der EU beseitigen, die bewirken, dass transnationale Konzerne
in den beiden Wirtschaftsräumen unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen. Die Nahrungsmittelindustrie der USA möchte zum Beispiel gentechnische Inputs ohne störende Einschränkungen der EU verwenden können.
Zweitens soll das Abkommen helfen, die Märkte anderer Länder,
speziell der Schwellenländer, zu öffnen, indem es neue Massstäbe für
Dienstleis­tungen, Investitions- und Wettbewerbsregeln sowie das öffentliche Beschaffungswesen setzt. Das sind alles Bereiche, in denen die
westlichen Länder in der Welthandelsorganisation (WTO) ihre Wünsche
nicht durchsetzen konnten. Die Lobby-Verbände sehen das Abkommen
zudem als Druckinstrument auf die Schwellenländer, welche die Grundprinzipien eines weltweiten Freihandels nicht teilten, kein Interesse an
neuen Marktöffnungen zeigten, ja sogar protektionistische Auflagen
und diskriminierende industriepolitische Regeln für die transnational
tätigen Konzerne durchsetzen wollten.
Drittens soll das transatlantische Abkommen auch Drittländer einbinden können, die mit der EU oder den USA bilaterale Freihandelsabkommen abgeschlossen haben. Die Business-Lobbyisten sehen eine Parallele zum Trans-Pazifischen Partnerschaftsabkommen, das seit einiger
Zeit verhandelt wird. Mit ihm versuchen die USA, lateinamerikanische
und ostasiatische Pazifik-Anrainerstaaten in ein Freihandelsabkommen
zu bringen – allerdings ohne China, ja mit einer deutlichen Spitze gegen
dieses.
Das Vorhaben Transatlantic Partnership (TAP) zeugt von ungebrochenem westlichem Führungsanspruch. Im Papier der Lobbyisten heisst
es, die USA und die EU seien – trotz «des Aufstiegs anderer Wirtschaftsmächte» – «Dreh- und Angelpunkt der Weltwirtschaft» und «treibende
Kraft im multilateralen Wirtschaftssystem». Was TAP vorhat, dürfte die
alten handelspolitischen Auseinandersetzungen der Jahrtausendwende wiederbeleben und auch neue Abwehrreaktionen hervorrufen. So
wurde am Ende des ASEAN-Gipfels diesen November eine asiatisch-pazifische Wirtschaftsgemeinschaft verkündet, welcher unter anderen
China, Indien, die südostasiatischen Staaten, aber auch Japan und Südkorea angehören sollen – nicht aber die USA.
Aus dem Inhalt
4
Spekulation mit Nahrungsmitteln
Die Sicht des Uno-Sonderberichterstatters
6
OECD-Leitsätze für Multis
Die Schweiz hinkt hintennach
8
Transparenz in der EZA
Ein Tag im Datendschungel
IWF-Konditionalitäten
10 Sanfte Korrekturen
Agrotreibstoffe
11 Rückwärtsgang beim Biosprit
Shalini Bhutani, Indien
13 «Freihandel gefährdet Artenvielfalt»
Peter Niggli, Geschäftsleiter Alliance Sud
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3
Spekulation und Nahrungssicherheit: Interview mit Olivier De Schutter
«Man muss die Märkte
reglementieren»
Um die Nahrungssicherheit zu garantieren, müsse die Finanzspekulation mit
Agrargütern bekämpft werden, sagt Olivier De Schutter, Uno-Sonder­
berichterstatter für das Recht auf Nahrung. Damit allein werden die Märkte
und damit die Preise aber nicht stabilisiert.
Wie stark die Finanzspekulation für die Preiserhöhungen bei
Grundnahrungsmitteln verantwortlich ist, ist umstritten. Ist
man sich international wenigstens einig, dass sie überhaupt
eine Rolle spielt?
Olivier De Schutter: Die Fachleute, auch jene der internationalen Agenturen, sind sich heute einig, dass die Spekulation die
Volatilität der Preise beeinflusst. Ihr Anteil an den aktuellen
Preiserhöhungen ist allerdings kleiner als 2008. Die Preisvolatilität ist für den Produzenten sehr nachteilig. Sie macht eine
Planung schwierig und verstärkt die Risiken. Sie kann auch zu
Paniksituationen führen: Wenn ein Investitionsfonds auf eine
Preiserhöhung spe­kuliert, möchten die Käufer zwar möglichst
rasch kaufen, die Verkäufer aber möglichst spät verkaufen. Sie
tun dies in der Überzeugung, dass der Spekulant in Kenntnis
der Sache entschieden hat, und produzieren einen künstlichen
Mangel, der den Preis in die Höhe treibt.
«Dass einige Finanzinstitute auf
spekulative Geschäfte verzichten, ist
erfreulich. Aber es sollten noch
mehr sein!»
Der Preis spiegelt dann nicht mehr das Verhältnis von Angebot
und Nachfrage...
Die Spekulation heizt die Preisschwankungen an, aber ich anerkenne gerne, dass sie nicht der finale Grund für eine Preisentwicklung nach oben oder unten ist. Ein Derivatsmarkt, auf
dem zeitlich terminierte Kauf- und Verkaufversprechen ausgetauscht werden, ist in gewissem Masse sogar notwendig. Er
erlaubt es den Händlern, sich vor natürlichen Preisschwankungen zu schützen. Ein solcher Markt muss aber reglementiert
sein. Wenn die Operationen auf den Derivatmärkten nicht reguliert sind, destabilisieren sie die Märkte. Sie senden Signale
aus, die nicht eindeutig «lesbar» sind. Der Boom der Rohstoff-
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GLOBAL + Winter 2012/13
Indexfonds und die Finanzlogik, die sich immer mehr ausbreiten, koppeln diese Derivatmärkte von der Realwirtschaft ab. Es
bilden sich Blasen, die wieder platzen, ohne dass sie mit dem
realen Angebot bzw. der Nachfrage zu tun haben. Um dies zu
verhindern, muss man die Märkte reglementieren und zwischen den Agrarhändlern und den Finanzinvestoren unterscheiden.
Einige deutsche Finanzinstitute wie die Kommerzbank haben
auf Druck von NGO-Kampagnen beschlossen, auf die Spekulation mit Derivaten auf Agrarrohstoffen zu verzichten. Ist das
ein echter Fortschritt oder bloss Imagepflege?
Dass einige europäische Finanzinstitute auf diese spekulativen Geschäfte verzichten, ist erfreulich, aber es sollten noch
mehr sein! Ich denke, es ist mehr als bloss Kosmetik. Sie anerkennen damit, dass die «Finanzialisierung» der Agrarmärkte
zu Preisen führt, die nicht mehr von Angebot und Nachfrage
bestimmt werden, sondern von den Antizipationen der Finanzakteure. Diese zeigen oft ein Herdenverhalten («ich mache das,
was mein Nachbar macht bzw. was ich denke, dass er machen
wird») und werden zu Selbstläufern: Die Preise steigen, weil
eine grosse Anzahl Finanzakteure darauf spekuliert, dass sie
steigen.
Um die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen, sind
die USA und die EU daran, ihre Gesetze zu überarbeiten. Diskutiert werden Positionslimits (Mengenbeschränkungen) für
Bankenfonds und andere spekulative Anleger sowie eine Meldepflicht für Transaktionen. Sind das geeignete Mittel zuguns‑
ten der Nahrungssicherheit?
Für die Nahrungssicherheit ist es richtig und wichtig, die Spekulation zu bekämpfen. Aber zur Stabilisierung der Agrarmärkte braucht es unbedingt auch mehr Transparenz bei den
physischen Märkten sowie eine verantwortlichere Landwirtschaftspolitik. Die EU und die USA könnten ein starkes Zeichen
setzen und über die Subventionierung der Agrotreibstoffe ein
Moratorium verhängen. Diese Subventionen wurden beschlossen, als man sich noch nicht bewusst war, wie massiv sich
400
exportieren, als sie unter den afrikanischen Ländern auszutauschen. Die robustesten Produzenten wurden gefördert und
alle andern, also die grosse Mehrheit, sich selbst überlassen.
Die regionale Integration ist der Schlüssel, um das wieder zurechtzurücken. Sie gäbe den Produzenten und Produzentinnen
Zugang zu einem Markt, auf dem sie nicht benachteiligt sind.
Entwicklung der Nahrungsmittelpreis-Indexe 2000–2012
Gesamtindex
Fleisch
Milchprodukte
350
300
Getreide
Öle & Fette
Zucker
250
200
150
12
12
20
t.
Ok
Ju
ni
20
12
11
n.
20
10
20
20
Ja
Quelle: FAO Food Price Index, Nov. 2012
20
08
07
20
06
20
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100
Agrotreibstoffe auf die Höhe und Volatilität der Nahrungs­­­mit­telpreise auswirken. 40 Prozent der amerikanischen
Maisproduktion wird heute zu Ethanol verarbeitet, und die
Autos in den USA verbrauchen 13 Prozent der weltweiten Maisproduktion. Das ist gleich viel, wie die EU produziert.
Müssten Massnahmen gegen die Spekulation nicht auf globaler Ebene umgesetzt werden und insbesondere die Steuerparadiese einbeziehen, in denen die meisten Finanzfonds
ihren Sitz haben?
Ideal wäre es, wenn die G-20 die Finanzspekulation mit Agrarrohstoffen und das Problem der Agrotreibstoffe zügig anpackten. Zum Beispiel mit der Äufnung von Notreserven an Nahrungsmitteln, wie das der G-20-Gipfel im Juni 2011 diskutierte.
Leider ist seither kaum etwas passiert.
Die Probleme der Landwirtschaft beschränken sich nicht auf
die Spekulation. Was müsste prioritär angepackt werden, um
die globale Nahrungsmittelsicherheit zu verbessern?
Die Landwirtschaftspolitik der Entwicklungsländer wurde lange Zeit von den internationalen Märkten bestimmt. Die Staaten investierten massiv in den Export und vernachlässigten
die lokalen und regionalen Märkte. Doch die kleinen Produzenten, jene, die Sorghum, Maniok und anderes anbauen, sind auf
diese lokalen und regionalen Märkte angewiesen, um sich weiterzuentwickeln. In Afrika spiegelt sich diese Politik in der In­
frastruktur: Es ist viel einfacher, Agrarprodukte nach Europa zu
Gibt es Anzeichen für eine Korrektur?
Seit einigen Jahren hinterfragt man die bisher dominierenden
Modelle. Die Dinge bewegen sich, und das ist sehr ermutigend.
Hunger wird nicht länger als Schicksal oder Krankheit betrachtet. Man anerkennt, dass er in erster Linie Folge falscher Entscheide ist. In den Entscheidungszentren wird deshalb heute
über Fragen der Gouvernanz und des verantwortlichen Han-
«Für die Nahrungssicherheit ist es
richtig und wichtig, die Spekulation zu
bekämpfen.»
delns diskutiert. Immer mehr Länder anerkennen in ihrer Verfassung das Recht auf Nahrung und versuchen, es zu schützen.
Es ist zwar schon in der universellen Menschenrechtsdeklaration von 1948 enthalten, aber richtig wahrgenommen wird es
erst seit relativ Kurzem. Weil es sehr abstrakt formuliert und
wenig respektiert war, beschloss der FAO-Ernährungsgipfel
1996, es zu präzisieren. 2004 wurden die «freiwilligen Richt­
linien für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung» verabschiedet. Seither nimmt dieses Recht in den internationalen
Debatten immer mehr Raum ein. Vor allem auch, weil es von
der Zivilgesellschaft, von NGOs und Produzentenorganisationen ebenfalls eingefordert wird, insbesondere in Lateinamerika. In diese Richtung gilt es weiterzuarbeiten, denn die Anerkennung des Rechts auf Nahrung bedeutet, den Hunger als
etwas zu betrachten, das eng mit Fragen des Zugangs, der Partizipation und mit demokratischen und rechtlichen Prozessen
verknüpft ist. Interview: Isolda Agazzi
Zum Weiterlesen:
> www.handle-fair.de
Foto: zvg
Volksinitiative gegen
Nahrungsmittelspekulation
Olivier De Schutter,
Sonderberichterstatter
der Uno für das Recht
auf Nahrung.
ph. Die Jusos haben diesen Herbst eine Volksinitiative «Keine
Spekulation mit Nahrungsmitteln» lanciert. Sie fordern
ein Verbot der Finanzspekulation mit Agrarrohstoffen und
Nahrungsmitteln. Weiterhin erlaubt bleiben sollen die
terminliche und preisliche Absicherung bestimmter Liefer­mengen. Im Initiativkomitee sind auch die Alliance-SudTrägerorganisation Swissaid und ihre Partnerorganisa­tion
Solidar vertreten. www.spekulationsstopp.ch
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OECD-Leitlinien für multinationale Konzerne
Die Schweiz
hinkt hintennach
Michel Egger Verstösst ein Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze für multinationale
Unternehmen, kann beim Nationalen Kontaktpunkt (NKP) Beschwerde einge­reicht werden. Wie ernsthaft diese Stellen arbeiten und wie unabhängig sie funkti-
Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen1 gelten
als wichtigstes staatliches Instrument, um international tätige
Firmen auf ein sozial und ökologisch verantwortliches Verhalten zu verpflichten. 43 Länder haben sie unterzeichnet, darunter neun Nicht-OECD-Staaten. Zusammen decken sie 85 Prozent aller Auslandinvestitionen ab.
Die Hauptschwäche der Leitsätze besteht darin, dass sie
nicht verbindlich, sondern bloss Empfehlungen sind. Die
Unterzeichnerstaaten haben sich aber verpflichtet, darauf zu
achten, dass ihre Firmen sie respektieren. Dazu müssen sie seit
2000 einen Nationalen Kontaktpunkt (NKP) führen, der Beschwerden behandeln und bei Konflikten gütliche Lösungen
suchen soll. Bei der Ausgestaltung der NKPs haben die Staaten
grossen Spielraum: Je nach politischem Willen und zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Mitteln unterscheiden sie sich zum Teil erheblich.
Kriterium Unabhängigkeit
Positiv fallen jene NKPs auf, die sich am Modell des NGO-Netzwerks OECD Watch2 orientieren (Alliance Sud ist Mitglied). So
haben sich die Niederlande und Norwegen für eine regierungsunabhängige Struktur entschieden. Ihre Kontaktstellen
bestehen aus vier ExpertInnen, die die zuständigen Ministe­
rien aufgrund von Empfehlungen der Wirtschaft, Gewerkschaften und NGOs ad personam ernennen. Sie verfügen über
ein eigenes Sekretariat (zwei Stellen in Norwegen, drei in Holland). Hinzu kommt in Holland ein vierköpfiger Beirat mit
VertreterInnen aus vier Ministerien. Auch Dänemark hat seit
Kurzem einen unabhängigen, fünfköpfigen NKP, der auch Beschwerden gegen Behörden und öffentliche Investoren entgegennehmen kann.
Der Schweizer NKP ist von all dem weit entfernt. Personell
schlecht dotiert (80 %), ist er in der Abteilung Investitionen
und multinationale Unternehmen des Staatssekretariats für
Wirtschaft (Seco) angesiedelt. Andere Ämter werden nur ad
hoc bei einzelnen Beschwerden einbezogen. NGOs, aber auch
der ehemalige Uno-Sonderbeauftragte für Wirtschaft und
Menschenrechte, John Ruggie, sehen bei einer solchen institu-
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GLOBAL + Winter 2012/13
Foto: Clean Clothes Campaign (CCC)
onieren, ist unterschiedlich. Die Schweiz fällt gegenüber andern Ländern klar ab.
Protest gegen Triumph-Massenentlassungen in Thailand: Das Seco wollte nicht
entscheiden, ob der Multi gegen die OECD-Leitsätze verstiess, und stellte das
Verfahren ein.
tionellen Einbettung die Gefahr von Interessenkonflikten. Sie
widerspricht auch der in den Leitsätzen geforderten Unparteilichkeit des NKP.
Um den KritikerInnen entgegenzukommen, ergänzt der
Bundesrat den NKP ab 2013 mit einem Beirat. Seine 14 Mitglieder stammen aus der Bundesverwaltung, der Wirtschaft, den
NGOs (Alliance Sud, Gesellschaft für bedrohte Völker), den Gewerkschaften (Unia, Travail suisse) sowie der Wissenschaft.
Seine Kompetenzen sind sehr beschränkt. Der Bundesrat lehnte die Forderung der NGOs und Gewerkschaften ab, dem Beirat ein paar Zähne zu geben und nach dem britischen Modell
zu gestalten.
Der britische NKP wird seit 2007 von einem breiten Ausschuss begleitet, in dem die verschiedenen Interessengruppen
«Für Recherchen vor Ort, so das Seco,
habe man weder die Ressourcen noch
die Legitimation.»
vertreten sind und dem der NKP (der vom Wirtschafts- und
Entwicklungsministerium gemeinsam finanziert wird) rechenschaftspflichtig ist. Er dient auch als Rekursinstanz für
jene, die mit einem Beschwerdeverfahren unzufrieden sind.
So musste der britische NKP eine Klage gegen BP (Bau der
Pipeline Baku–Tblisi–Ceyhand) wieder aufnehmen, die er
2008 eingestellt hatte. Die erneute Prüfung ergab 2011, dass
BP sehr wohl die Vorgaben zur Konsultation der betroffenen
Bevölkerung missachtet hatte.
Kriterium Recherchen vor Ort
NKPs sollen mit Mediation und Dialogen Konflikte schlichten,
die sich aus einer Nichtbeachtung der OECD-Leitlinien ergeben. Was aber, wenn ein Unternehmen sich weigert, mitzu­
machen? Was, wenn sich die beiden Parteien nicht einigen
können? In der Schweiz wird ein Beschwerdeverfahren einfach
ad acta gelegt. Das geschah beispielsweise 2010 bei einer
Beschwerde von Gewerkschaften gegen Triumph wegen missbräuchlicher Massenentlassungen in Thailand und auf den
Philippinen.
Die Niederlande, Norwegen und England gehen damit anders um. Führt das Schlichtungsverfahren zu keiner Einigung,
nehmen ihre NKPs die kritisierten Aktivitäten des Unternehmens genauer unter die Lupe. Wenn nötig, recherchieren sie
vor Ort. So beauftragte Norwegen 2011 einen philippinischen
Ethnologen mit Nachforschungen über ein Minenprojekt der
Firma Intex Resources ASA. «Das hat nicht viel gekostet, aber
wertvolle Informationen geliefert, die zeigten, dass die indigenen Gemeinschaften nicht korrekt informiert worden waren»,
sagt Hege Røttingen vom NKP in Oslo. Das Seco hingegen
sieht seine Rolle auf die Mediation in der Schweiz beschränkt.
Für Recherchen vor Ort, so heisst es in Bern, habe man weder
die nötigen Ressourcen noch die Legitimation.
Kriterium Benennung von Verstössen
Aufgrund ihrer Recherchen beurteilen der britische und der
norwegische NKP, ob ein Unternehmen die OECD-Leitsätze
verletzt hat oder nicht. NGOs und Gewerkschaften wünschten
sich dies auch von der Schweiz. Doch das Seco lehnt dies kategorisch ab. «Mit dem freiwilligen Charakter der Leitsätze ist
dies nicht vereinbar», begründet Lukas Siegenthaler, beim
Seco für den Schweizer NKP verantwortlich. «Es ist nicht die
Aufgabe des NKP, das Verhalten von Unternehmen zu beurteilen oder bereits geschehene Aktivitäten zu sanktionieren. Er
will zukunftsgerichtete Lösungen ermöglichen.»
Hege Røttingen vom norwegischen NKP teilt diese Einschätzung nicht: «Die Bereitschaft, Verstösse als solche zu benennen, hat präventive Wirkung. Es bringt die Unternehmen
an den Verhandlungstisch und hilft, dass eine Mediation überhaupt zustande kommt. Ein klarer, detaillierter Schlussbericht
ermöglicht es dem NKP auch, den Firmen zu kommunizieren,
was von ihnen erwartet wird und was die Leitsätze konkret bedeuten.»
1www.oecd.org/berlin/publikationen/oecd-leitsatzefurmultinationaleunternehmen.htm
2www.oecdwatch.org
Seco schützt eingeklagte Unternehmen
Transparenz mangelhaft
Auch in Sachen Transparenz lässt der
schweizerische Nationale Kontaktpunkt
(NKP) für die OECD-Leitsätze für Multis
zu wünschen übrig. Das zeigt ein Vergleich 1, den die Berliner Menschenrechtsorganisation European Center for
Constitutional and Human Rights (ECCHR) machte. Sie hatte 2010 in vier Ländern (England, Deutschland, Frankreich,
Schweiz) Klagen gegen Firmen eingereicht, weil diese mit usbekischer Baumwolle aus Kinderarbeit gehandelt hätten. ECCHR verglich anschliessend die
Vorgehensweise der vier NKPs. Die
Transparenz der Schweizer Stelle bewertete sie als klar ungenügend. Anders als
England (und Norwegen) veröffentlicht
der Schweizer NKP seine Beurteilungen
über die Aufnahme einer Beschwerde
nicht. Und die Schlussberichte, die er
erst seit 2008 publiziert, sind nur sehr
summarisch.
Das Seco stellt auf Druck der Wirtschaft die Vertraulichkeit des Verfahrens
über die transparente Information der
Öffentlichkeit. Diese aber habe «ein legi-
times Interesse an den Leitsätzen», kri­
tisiert Joseph Wilde von OECD-Watch.
«Transparenz ist eine entscheidende Voraussetzung für ein effizientes Beschwerdeverfahren und zwingt die Parteien zu
verantwortlichem Handeln.» Deshalb sei
es auch kein Zufall, dass jene NKPs die
beste Arbeit leisteten, die sehr transparent funktionieren.
Michel Egger
1 www.ecchr.de/index.php/usbekistan.html
GLOBAL + Winter 2012/13
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Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit
Ein Tag im
Datendschungel
Nina Schneider Die internationale Kampagne «Publish What You Fund» bewertet jedes
Jahr, wie transparent Geberländer und internationale Agenturen im Web über
ihre Entwicklungszusammenarbeit informieren. Die Schweizer Deza ist auf Platz 55
(von 72) gelandet. Ist ihre Web-Information so schlecht?
Foto: Cordula Kropke
probe zeigt, dass die Datendank noch sehr rudimentär ist. Aktuell finde ich unter dem Stichwort «Wasser» nur 20 Projekte
im Umfang von gut 40 Millionen Franken. Dies, obschon die
Deza gemäss Zusatzbotschaft 2011–2012 jährlich 100 Millionen im Bereich Trink- und Abwasserversorgung investieren
wollte.
Schlechte Noten gibt PWYF dafür, dass die Details zur Projektabwicklung nicht auf der Website der Deza-Zentrale, sondern jenen der Kooperationsbüros veröffentlicht werden. 2012
wählte sie als Testgebiet den Mekong. Gemäss PWYF sind die
Angaben lückenhaft und legen weder die Abkommen mit den
Regierungen offen, noch die Evaluationen abgeschlossener
Projekte.
Transparenz ist wichtig, doch nicht immer finden sich Betroffene im Datendschungel zurecht.
Publish What You Fund (PWYF) lobt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) für die Offenlegung ihrer
Gesamtstrategie und ihre Jahresberichte, für ihre Budgettransparenz (vierjährige Rahmenkredite und Legislaturfinanzplan)
und die öffentliche Ausschreibung der Aufträge (seit 2011).
Kritischer beurteilt PWYF die Transparenz der Deza zu den
laufenden Projekten. Auf ihrer Website finde sich keine vollständige Aufstellung ihrer Aktivitäten mit Angaben über Inhalt, Dauer und Finanzrahmen. Auf diese schon ältere Kritik
hat die Deza dieses Jahr reagiert: Seit März publiziert sie alle
neuen Projekte über einer halben Million Franken.1 Eine Stich-
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GLOBAL + Winter 2012/13
Vorbildliche Factsheets, fehlerhafte Links
Eigene Nachforschungen ergeben, dass die Projekte in Laos,
Myanmar (Burma) und Vietnam systematisch aufgelistet sind,
nicht aber jene in Kambodscha. Zudem sind die Links zu den
Datenblättern Laos und Myanmar defekt oder inaktiv. Die
Factsheets für Vietnam zeigen hingegen fast schon idealtypisch, was Offenlegung bedeuten kann: Mein Test-Projekt will
in den nächsten vier Jahren mit fünf Millionen Franken den
Marktzugang für die arme ländliche Bevölkerung verbessern.
Dazu will es 10 000 benachteiligte Haushalte zum Anbau neuer, marktfähiger Sorten animieren und den Zugang zu regionalen und internationalen Wertschöpfungsketten erleichtern.
Mit der Umsetzung soll eine noch nicht bestimmte NGO betraut werden, die ihrerseits Synergien mit verwandten Programmen im Biolandbau, Handel oder Programmen der Weltbank suchen soll. Gerne würde man zusätzlich erfahren,
welchem Budgetsektor (Armutsbekämpfung, Privatsektorförderung, Wasser, Klima usw.) die Aktivität belastet wird.
Nachhinken beim IATI-Standard
Damit komme ich zur Kernkritik von PWYF: Die Schweiz gehörte 2008 zu den Erstunterzeichnern der International Aid Transparency Initiative (IATI)2, setzt sie aber bis heute nicht um. Die
freiwillige Initiative von Geberstaaten, Entwicklungsbanken
und NGOs hat zum Ziel, Finanzflüsse und qualitative Informationen zur Entwicklungszusammenarbeit vollständig und so
darzustellen, dass sie für alle zugänglich und vergleichbar sind.
Damit möchte IATI insbesondere die Kontroll- und Mitsprachemöglichkeiten in den Entwicklungsländern selber verbessern.
Weshalb tut sich die Schweiz mit der Umsetzung so schwer?
Catherine Graf, Leiterin der Deza-Fachstelle Statistik, entgegnet, sie habe der IATI 2011 sehr wohl Daten geliefert. Allerdings
gemäss den Berichtskriterien (CSR-Standard) der OECD 3, die
sich nicht so einfach ins IATI-System übertragen liessen.
Gigantische Datenflut
Erneut mache ich mich auf die Spur. CSR steht für Creditor Reporting System. Nach diesem Standard legen die Geberstaaten
ihre Entwicklungshilfezahlungen gegenüber der OECD offen.
In der gigantischen Datenflut finde ich neben detaillierten Bilanzen, Projektbeschrieben und Globalbudgets auch endlich
Vermerke zu Kostenstellen und Sektoren. Von Nutzen sind die
Daten aber wohl primär für die Rechnungsprüfung oder für
SpezialistInnen, die bereit sind, vorgängig ein zehnseitiges
Manual zu lesen. Andere dürften sich verlieren.
Die Differenzen zwischen OECD- und IATI-Standards sind
aber nicht nur technischer Art. Gemäss Catherine Graf von der
Deza fordert IATI die Offenlegung von Daten aus Verträgen
und Evaluationen, welche die Schweiz lieber vertraulich behandelt. Zudem sei die Offenlegungspraxis anderer Regierungen, die im PWYF-Ranking besser abschnitten, teils qualitativ
schlecht und unvollständig.
Wie viel bringt IATI? Ich versenke einen weiteren Nach­
mittag mit einem virtuellen Ausflug in die vielen tausend Datensätze. Auch diese Website4 ist nicht das A und O der Nutzungsfreundlichkeit. Neben der Uno-Entwicklungsorganisation UNDP, der Weltbank und vielen NGOs finde ich zwar keine
Einträge der Deza, hingegen solche von acht anderen Geberstaaten. Tatsächlich berichten sie unterschiedlich detailliert
über Inhalt, Umfang und Zweck ihrer Arbeit, und der Informationsgehalt mancher Einträge ist fragwürdig. Macht es Sinn,
wenn Kanada (im PWYF-Ranking auf Platz 32) für alle seine
weltweiten Aktivitäten dieselbe Kontaktadresse in Québec angibt? Und was bringt die Information der Niederlande (Platz 3),
die zwar jede Überweisung veröffentlichen, aber auf qualitative Informationen zum Zweck, den Begünstigten und die beabsichtigte Wirkung verzichten?
Trotz dieser Mängel beeindruckt der IATI-Ansatz. Klicke ich
etwa durch die nach Empfängerland sortierten Einträge der
Weltbank, finde ich sachdienliche Informationen zu den geleisteten Zahlungen und offene Forderungen. Das könnte internationalen Watchdogs und den Zielgruppen in den Entwicklungsländern nützen.
Deza weist Kritik zurück
Bei der Deza weist man die Kritik von PWYF zurück. Diese konzentriere sich einseitig auf den Internetauftritt und den schnellen Zugriff und trage der dezentralen Arbeitsweise der Deza
wenig Rechnung. Ob die Schweiz die Offenlegung nach IATIRichtlinien weiter verfolge, sei offen. An der Konferenz zur
Wirksamkeit von Entwicklungshilfe von Busan (2011) wurde die
Schaffung eines neuen «Common Standards» für die Geberstaaten erwogen, der irgendwo in der Mitte zwischen den IATIund den OECD-Anforderungen liegen soll. Bis Ende Jahr will die
Schweiz einen Plan vorlegen, wie sie den internationalen Verpflichtungen nachkommen will.
1www.deza.admin.ch/de/Home/Projekte (besucht am 7.11.2012)
2 www.aidtransparency.net/
3 www.stats.oecd.org/Index.aspx?datasetcode=CRS1
4 www.iatiregistry.org/dataset
I N S E R AT
Publish What You Fund
ns. Die globale Transparenzkampagne Publish What You
Fund (PWYF) wurde an der Konferenz zur Wirksamkeit
von Entwicklungshilfe in Accra (2008) gegründet. Ziel ist
es, dank Transparenz Korruption und Fehlallokationen
zu verhindern. Um die Umsetzung des IATI-Standards (siehe
Haupttext) zu unterstützen, lancierte PWYF die Kampagne
«Make Aid Transparent». Diese legt seit 2011 modell‑
haft dar, wie und welche Daten der Entwicklungszusammenarbeit offengelegt werden sollten. Alliance Sud ist Mit‑
glied von PWYF. www.publishwhatyoufund.org
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Die Kreditauflagen des Internationalen Währungsfonds
Sanfte Korrekturen
Der Internationale Währungsfonds hat seine
umstrittenen Kreditauflagen etwas ge­
lockert. Sie treffen aber noch immer oft die
Ärmsten, wie der jüngste Kredit an Bang­
ladesch zeigt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) knüpft
seine Kredite an Länder mit wirtschaftlichen Problemen meist an strikte politische Auflagen. Lange
Zeit bestanden seine Bedingungen vor allem darin,
eine radikale Privatisierungs- und Liberalisierungspolitik zu fordern. Davon hat er in den letzten Jahren Abstand genommen. Geblieben sind jedoch die
harten Sparauflagen: Problemländer erhalten erst
dann Geld, wenn sie ihre Staatsausgaben kürzen
und ihre Haushaltdefizite abbauen. So sollen sie
das Vertrauen ausländischer Privatinvestoren zurückgewinnen und wirtschaftlich rasch wieder auf
eigene Beine kommen.
Der Nutzen solcher Sparübungen ist hoch umstritten. Prominente Ökonomen wie Paul Krugman
und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz warnen schon
seit der Asienkrise der 1990er-Jahre, dass die verlangten Haushaltkürzungen Krisen nicht lösen,
sondern sie zusätzlich verschärfen. Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren an den Spar­
auflagen des IWF, dass sie vor allem die ärmsten Bevölkerungsschichten treffen. Statt eine kurzfristige
Stabilisierung der Wirtschaft zu erzwingen, sollte
der IWF auf langfristige Entwicklungsprogramme
setzen.
Aufgeweichte Konditionalitäten
Die langjährige Kritik an seinen Sparauflagen hat
im IWF zu einem gewissen Umdenken geführt, zumindest in seiner Politik gegenüber den Entwicklungsländern. So hat der Fonds seit Beginn der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008
einzelne neue Kreditinstrumente geschaffen, die
fast ganz auf Konditionalitäten verzichten. Zudem
betont er, Sparmassnahmen in den Entwicklungsländern sollten nicht die Sozialausgaben und die
Programme zur Armutsbekämpfung treffen. Zusammen mit der Weltbank arbeitet er sogar an Vorschlägen, wie soziale Sicherungsnetze für die Ärmsten ausgebaut werden könnten.
Eine kürzlich veröffentlichte interne Evaluation
der neueren IWF-Kredite (systematisch seit 2008)
hält fest, dass diese Vorsätze nicht bloss Theorie
geblieben sind. So hätten die Sparprogramme der
kreditnehmenden Länder die Sozialausgaben für
die Ärmsten weitgehend verschont. In Ländern mit
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GLOBAL + Winter 2012/13
mittlerem Einkommen hätten diese Ausgaben sogar zugenommen und zwar tendenziell stärker als
in Ländern ohne IWF-Kredite.
Widersprüchliche Politik
Bei genauerem Hinsehen fallen die Ergebnisse der
internen Evaluation allerdings weniger rosig aus.
Denn in der Regel drängt der IWF auch bei neuen
Krediten auf eine Streichung der staatlichen Subventionen für Strom und Benzin. Und er pocht auf
eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Nahrungsmittel und andere wichtige Produkte. Beides verteuert die Güter, die für ärmere Haushalte lebenswichtig sind. Die Evaluation empfiehlt deshalb,
auch diese Auflagen in Zukunft deutlich flexibler zu
gestalten.
Ob der IWF diesen Empfehlungen folgen wird,
ist allerdings fraglich. Verschiedene Mitgliedsstaaten setzen sich im Gegenteil dafür ein, dass sogar
die bisherigen Fortschritte wieder rückgängig gemacht werden. Auch die Schweiz steht der Flexibilisierung der Kreditauflagen kritisch gegenüber. Von
einem radikalen Umdenken kann also keine Rede
sein. Vielmehr scheint im Fonds ein Streit zwischen
Vertretern von härteren und weicheren Konditionalitäten stattzufinden. Das Resultat sind Empfehlungen und Auflagen, die inkohärent und widersprüchlich sind (siehe Kasten).
Mark Herkenrath
Zum Weiterlesen:
> Eurodad, Progress on IMF conditionality? Briefing
Paper, Nov. 2012. Download via www.eurodad.org.
Das Beispiel Bangladesch
mh. Ein gutes Beispiel für die widersprüchliche Politik des IWF ist
der jüngste 1-Milliarden-Dollar-Kredit an Bangladesch. Bei der Kreditaufnahme hat sich die Regierung in Dhaka zwar verpflichtet, die Sozial­
ausgaben leicht zu erhöhen. Sie stellt aber klar, dass damit bestenfalls
die Folgen der vom IWF geforderten Preiserhöhungen für Benzin und
Strom kompensiert werden können. Verschärfend kommt bei der Kredit­vereinbarung aber hinzu, dass zusätzlich die Mehrwertsteuer auf
Grundnahrungsmitteln wie Reis, Linsen und Speiseöl erhöht werden soll.
Die NGO-Allianz Equity Bangladesh bezeichnet die Konditionalitäten
des neusten IWF-Kredits deshalb als «mörderisch». Reza Chowdhury von
CoastBD erklärte bei einem Treffen mit Alliance Sud, die geforderten
Mehrwertsteuererhöhungen würden die weit verbreitete Mangelernährung der ärmsten Schichten und die soziale Ungleichheit verschärfen.
Der IWF habe sich aber strikt geweigert, lebenswichtige Produkte von
der Steuererhöhung auszunehmen.
Entzauberte Agrotreibstoffe
Rückwärtsgang beim Biosprit
Vor einigen Jahren standen Agrotreibstoffe
hoch im Kurs: Endlich Auto fahren, ohne das
Klima zu schädigen! Dabei ist ihre umwelt-
und entwicklungspolitische Problematik seit
Langem bekannt. Die Politik beginnt erst
jetzt zu reagieren.
Im Herbst fachten Dürren in den USA und in Indien
sowie Preisaufschläge bei Nahrungsmitteln die Debatte über Sinn und Unsinn von Agrotreibstoffen
neu an. In Deutschland entzündete sich der Zoff um
den Biosprit E10, also jenem Benzin, dem 10 Prozent
Agrotreibstoff zugemischt ist. Entwicklungsminister Niebel (FDP) forderte gar ein Verbot.
Auch die EU trat auf die Bremse. Ende Oktober
entschied die EU-Kommission, dass der Anteil biogener Kraftstoffe aus Pflanzen bei den jetzigen 5 Prozent verbleiben und nicht wie geplant auf 10 Prozent
erhöht werden soll. Zudem sollen die Subventionen
bis 2020 gestrichen werden. Fördern will die EU
Treibstoffe aus Abfällen und Algen. Mitgliedsländer
und EU-Parlament müssen das noch absegnen.
Die EU krebst zurück
Damit zieht die EU Lehren, die sie schon 2009 hätten ziehen können. Denn dass Agrotreibstoffe kein
taugliches Mittel zur Treibhausgasreduktion sind
und die Ernährungssicherheit gefährden, war schon
damals bekannt. Umweltfachleute wie die ExpertInnen der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) stellten bereits 2007 fest, dass Agro­
treibstoffe das Klima sogar stärker belasten können
als konventionelle Treibstoffe, weil vielerorts Wälder abgeholzt und als Ackerflächen umgenutzt
werden. Dabei werden grosse Mengen an CO2 freigesetzt. Zudem steigt der Kunstdünger- und Pestizid-Einsatz, bei deren Produktion Lachgas frei wird
– ein wesentlich stärkeres Klimagas als CO2.
Trotzdem verabschiedete die EU 2009 das verbindliche Ziel, bis 2020 zehn Prozent des Treibstoffverbrauchs aus Energiepflanzen zu gewinnen. Den
negativen Nebenwirkungen versuchte sie mit bindenden Nachhaltigkeitskriterien zu begegnen. So
dürfen Rohstoffe für Agrotreibstoffe nicht von abgeholzten Flächen stammen oder von solchen, die
vormals einen hohen Artenreichtum aufwiesen.
Indirekten Landnutzungsänderungen ist mit
diesen Kriterien aber nicht beizukommen. Die Umwandlung von Waldflächen in Ackerland für Nahrungsmittel, die später Energiepflanzen weichen
müssen, ist ein wesentlicher Faktor für die negative
Treibhausgasbilanz biogener Treibstoffe. Auch de-
ren Gesamtökobilanz, die zusätzlich Faktoren wie
Energieverbrauch und Bodenbelastung einbezieht,
fällt in den meisten Fällen schlechter aus als bei
fossilen Treibstoffen. Einzig Biogas aus Rest- und
Abfallstoffen kann laut einer Empa-Studie die Umweltbelastung deutlich verringern.
Zurückhaltende Schweiz
Die Schweizer Politik hat für einmal vorausschauender agiert. Sie hat sich gegen ein Beimischungsziel entschieden. Allerdings sind seit der Anpassung
der Mineralölsteuerverordnung (2008) Agrotreibstoffe steuerbefreit, wenn sie Mindestanforderungen für eine positive Ökobilanz erfüllen und unter
Einhaltung der lokalen Sozialstandards produziert
wurden. Zu den Umweltkriterien gehören eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 40 Prozent gegenüber fossilen Treibstoffen sowie der
Schutz von Regenwald und Biodiversität. Treibstoffe aus Palmöl, Soja und Getreide gelten generell als
nicht nachhaltig.
Zusätzliche CO2-Emissionen durch indirekte
Landnutzungsänderungen und die damit verbundene Konkurrenzierung des Nahrungsmittelanbaus sind aber auch in der Schweiz nicht erfasst.
Trotzdem sind Agrotreibstoffe, welche die Kriterien
für die Steuerbefreiung erfüllen, gemäss der neu­en CO2-Verordnung 2013 von der Kompensationspflicht befreit. Das sollte dringend geändert werden (s. Kasten).
Nicole Werner
Kriterien verschärfen
nw. Es wäre wichtig, die Kriterien für die Steuerbefreiung von Agro­
treibstoffen in der Schweiz so zu verschärfen, dass sie die indirekten
Land­nutzungsänderungen einbeziehen. Das fordert auch eine Parla­
mentarische Initiative der Umweltkommission des Nationalrates von
2009, die noch immer hängig ist. Nur so kann verhindert werden,
dass die vermeintlich eingesparte Menge CO2, die Importeure in der
Schweiz anrechnen dürfen, nicht doch anderswo verpufft wird.
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Shalini Bhutani, Aktivistin aus Indien
«Freihandel gefährdet die Artenvielfalt»
Die indische Anwältin
und Spezialistin für
Patentfragen Shalini
Bhutani hält nichts
von bilateralen Handels­
ab­kommen. Denn sie
unterlaufen das Recht
der Bäuerinnen und Bauern, Saat­gut frei
zu verwenden, und fördern die Privatisierung
natürlicher Ressourcen.
«Es geht nicht nur um die Kluft zwischen Nord und
Süd», sagt Shalini Bhutani, als ich sie Anfang November in Genf treffe. «Auch indische Multis sind in
Asien und Afrika sehr präsent, vor allem beim Land
Grabbing.» Das Problem sei, dass das Rechtssystem
überall auf der Welt vom Kapital dominiert werde
und die Bedürfnisse der Menschen missachtet würden. Demgegenüber gelte es, alternative Räume
aufzubauen.
Die feingliedrige Inderin vertritt sehr harte
Positionen. Aktivistin der ersten Stunde, berät sie
heute Netzwerke wie das indische Forum gegen
Freihandelsabkommen oder die Kampagne für die
Erhaltung und gemeinschaftliche Kontrolle der Artenvielfalt.
Für biologische und kulturelle Vielfalt
Politisiert wurde Shalini in den 1990er-Jahren, als
sich Indien wirtschaftlich öffnete und der WTO beitrat. Besorgt über die Folgen dieser Liberalisierungen für die einfache Bevölkerung, beteiligte sie
sich bei Vandana Shivas Bewegung Navdanya, was
in Hindu «Neun Saaten» oder «Neun Samen» heisst.
«Wir setzten uns für den Schutz der traditionellen
und kulturellen Saatgutvielfalt ein und bekämpften
die Monokulturen der neuen Handels- und Landwirtschaftspolitik», erinnert sie sich. Sie engagierte
sich in wichtigen Gerichtsverfahren, etwa gegen
den Multi Monsanto, der ohne Bewilligung genveränderte BT-Baumwolle einführte. Oder gegen die
Patentierung von Neem, einer traditionellen Pflanze, die zur Schädlingsbekämpfung verwendet wird.
Später gründet und leitet sie zehn Jahre lang das
Asien-Büro von Grain, einer internationalen NGO,
die heute vor allem das Land Grabbing bekämpft.
«Die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen, das Indien derzeit mit der EU und der Efta
führt, machen uns grosse Sorgen», sagt sie. «Die
Verhandlungen sind nicht öffentlich, die Regierung
konsultiert nur die Wirtschaft und einige handver-
lesene NGOs. Und sie sagt gegen aussen das eine
und macht später das Gegenteil.»
So behaupte Delhi immer wieder, es werde
nicht dem internationalen Verband zum Schutz von
Pflanzenzüchtungen (UPOV) beitreten, der Züchtungen mit Patenten schützt. Aber Shalini ist überzeugt, dass die Regierung dem Druck der (auch) indischen Firmen nicht standhalten wird. Auch diese
hätten ein Interesse an Patenten und modernsten
Technologien, welche die gültigen Bestimmungen
zum Schutz der Biodiversität aushebelten. Dank des
Gesetzes zum Schutz der Pflanzenvielfalt könnten
heute indische Bauern ihr Saatgut frei nutzen und
austauschen. Aber gleichzeitig sei Hybrid- und
Gentechsaatgut zugelassen. Bauern, die mit kommerziellen Sorten arbeiteten, müssten das Saatgut
immer wieder neu kaufen, weil Kreuzungen zu
massiven Ernteeinbussen führten. Zudem tue der
Staat nichts, um die traditionellen Arten zu fördern.
«Wir bräuchten wie in der Schweiz ein GentechMoratorium», meint Shalini. «Indien will eine zweite grüne Revolution, dabei produzieren wir schon
heute genügend Nahrungsmittel. Das Problem ist
die Verteilung. Aber weil heute noch immer 70 Prozent aller Bauern traditionelles Saatgut verwenden,
möchten sich die Firmen diesen riesigen Markt erschliessen.»
Die «gute Nachricht» sind die vielen Kampagnen, die sich für die freie Verwendung von Saatgut
einsetzen. «Es braucht eine neue, gemeinschaftliche Kontrolle der Pflanzenvielfalt. In Indien und
ganz Südasien haben sich dazu zahlreiche Versammlungen von indigenen Gemeinschaften und
Bauernausschüsse formiert. Sie setzen sich dafür
ein, dass die Menschen selber entscheiden können,
was sie pflanzen und essen möchten. Landwirtschaftliche Produktion und Konsumation müssen
dringend relokalisiert werden.» Isolda Agazzi
Schweizer Saatgut in Indien
ia. Auch bei den derzeit blockierten Verhandlungen zwischen der
Schweiz/Efta und Indien für ein bilaterales Abkommen ist der Schutz des
geistigen Eigentums ein wichtiger Streitpunkt. Indien weigert sich, den
Patentschutz auf Medikamenten und Pflanzen zu verschärfen. Unter dem
Druck der Pharma- und Agromultis drängt die Schweiz darauf, dass der
Subkontinent seine Bestimmungen verschärft. Im Agrobereich spielt
dabei Syngenta eine wichtige Rolle. Sie verkauft in Indien vor allem
Saatgut, Düngemittel und Pestizide. Im Januar 2012 erhielt sie ein Patent
auf eine neue Reis- und Perlhirsesorte.
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Kiosk
Reality of Aid Report
2012. Der Privatsektor
ist der neue Darling der
staatlichen Entwicklungsagenturen. Welche Chancen und welche Gefahren birgt
diese Zusammenarbeit?
Welche Erfahrungen wurden gemacht? Der
soeben vom NGO-Netzwerk Reality of Aid
publizierte Report 2012 geht diesen Fragen
in 30 Beiträgen aus verschiedenen Ländern
nach. Alliance Sud verfasste das Kapitel zur
Schweiz. www.realityofaid.org
Caritas zum Klimawandel
Rechtzeitig zur Klimakonferenz in Doha
Ende November hat Caritas Schweiz ein
Positionspapier «Klimapolitik ist auch
Entwicklungspolitik» veröffentlicht. Das
zwölfseitige Papier enthält zahlreiche
Schaubilder und Karten und kann auf der
Website von Caritas heruntergeladen werden. www.caritas.ch
DVD zum globalen Müll-Poblem
Filme zum Wegwerfen
Die Welt ist global geworden, nicht nur im
Konsum, sondern auch im Abfall. Davon erzählen neun Filme einer DVD, die von Al­
liance Sud mitproduziert wurde.
Nicht nur neue Waren werden weltweit verschoben, sondern auch das, was davon übrig bleibt: Computerschrott landet in Ghana,
Altkleider in Tansania, Petflaschen im Meer.
Die neun Filme der DVD «Filme zum Wegwerfen – Müll und Recycling als globale Herausforderung» zeigen auf, welche Probleme
und welche Hoffnungen mit dem Abfall verbunden sind. Ohne den moralischen Zeigefinger zu heben, thematisieren sie verschiedene Aspekte. Unsere Wegwerfmentalität
kommt ebenso zur Sprache wie die Problematik von Flaschenwasser oder die illegale
Entsorgung von Elektronikgeräten in Ländern des Südens. Einige Beiträge zeigen aber
auch das Potenzial von Abfall als Ressource
der Armen. Etwa für die kleine Müllsammlerin in Buenos Aires oder die kreativen Wiederverwerter in den Slums von Nairobi.
Die DVD ist in erster Linie für den Schulunterricht gedacht. Sie will SchülerInnen ab
12 Jahren motivieren, das eigene Konsumverhalten als Ursache globaler Probleme zu
erkennen und darüber nachzudenken, wie
Müll vermieden werden kann. ph
Weitere Infos:
www.alliancesud.
ch/bildung
Karussell
— Bei Fastenopfer übernimmt Markus
Brun, Leiter Entwicklungspolitik und Grundlagen, die Bereichsleitung Süden. Er ersetzt
Yvonne Buschor, die kürzer tritt, Fastenopfer
aber noch in verschiedenen Bereichen unterstützen wird. Die Entwicklungspolitik leitet neu die bisherige Fachverantwortliche
Susanne Schuepp. Stefan Salzmann, bisher
für die deutsche GIZ in Tadschikistan,
betreut die (neue) Fastenopfer-Fachstelle
Nachhaltige Entwicklung. Rita Gemperle ist
neue Fachverantwortliche Bildung und Pfarreibegleitung; Urs Brunner (Bildung und
Theologie) hat Fastenopfer verlassen.
— Bei Helvetas verstärkt Peter Haberstich,
bisher Kampagnenforum, das FundraisingTeam. Patricia Görin ist neue Beraterin Klimaprojekte; sie war zuvor in vergleichbarer
Funktion bei der Föderation der Rotkreuzund Rothalbmond-Gesellschaften tätig.
— Bei HEKS ist Vincent Hug neu für die
Kaukasus-Programme verantwortlich und
Thomas Segessenmann für die Fachstelle
Schwerpunktthemen der Inlandzentrale.
HEKS verlassen wird Maya Doetzkies, Programmverantwortliche für Südostasien.
— Bei Caritas ersetzt Marion Schröder als
Programmverantwortliche Sudan/Südsudan Thomas Pfeiffer. Neuer Delegierter
Haiti ist Stefan Recker; er ersetzt Sergio
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Tepe­dino. Caritas verlassen haben zudem
Simon Greuter (Programmverantwortlicher
Tad­schikistan) und Martin Jaberg (Country
Representative Sudan). Neu dazu gestossen
sind Pamela Stathakis (Programmverantwortliche Pakistan), Caroline Nanzer (Delegierte Libanon) und Richard Bachmann (EMarketing).
— Bei Solidar ist Barbara Burri neu für
das Projekt Diaspora for Development (Kosovo) und Qualitätsmanagement zuständig.
Die Programmverantwortung Burkina Faso
übernimmt Henriette Eppenberger, bisher
AMS/PA IV. Bei terre des hommes schweiz ist
Sabin Müller neu für den Bereich Jugend
und Entwicklung zuständig. Ihr Vorgänger
Nico Schuler wechselt in die Quartierentwicklung Pratteln.
— Christine Eberlein, bei der EvB für
Internationale Finanzbeziehungen verantwortlich, ist neu CSR-Managerin bei der
Trans-Adriatic Gas Pipeline, wo sie für die
Umsetzung von Menschenrechtsprüfungen
sorgt. Ihre bisherigen Aufgaben werden auf
andere EvB-Mitarbeitende verteilt.
— Bei der Deza wechselt Béatrice Ferrari,
bisher Abteilung Lateinamerika, als Programmbeauftragte in die Abt. Ostasien. Ihre
Stelle übernimmt Marie Marchand, bisher
stv. Koordinatorin im Kobü Pristina. Auch
Alexandra Sagarra wechselt von Lateinamerika in die Abt. Ostasien. Ihren Job übernimmt Frédérique Weyer, bisher Beraterin
für Sektorpolitik in der Abt. Westafrika.
— Gerolf Weigel, bisher für das Globalprogramm Klimawandel in Indien tätig,
wird neu Programmbeauftragter in der Abt.
Globale Institutionen, und Nicole Gantenbein, bisher JPO im Kobü Ouagadougou, in
der Abt. Westafrika. Sarah Pfister hat die
Deza verlassen, ihre Stelle als Programmbeauftragte im Kobü Islamabad übernimmt
Helmut Wolf. Der Berater für Sektorpolitik
Arbeit und Einkommen in der Abt. Latein­
amerika, Peter Tschumi, wird Kooperationschef in der Botschaft in Rangun (Myanmar).
— Neu bei der Abteilung Menschliche Sicherheit (AMS) des EDA arbeitet Talia Wohl.
Sie übernimmt den von Caroline Tissot betreuten Desk Westbalkan, die ihrerseits zur
Deza (Globale Zusammenarbeit) gewechselt
hat. Tatiana Monney übernimmt den von
Sarah Bernasconi betreuten Bereich Wahlunterstützung und ist neu Adviser des Programms Electoral Assistance & Democra­
tisation. Claudine Haenni Dale, bisher
Humanitarian Protection & Policy Expert bei
der Deza in Thailand, ist neu als Human Security Adviser der AMS in Myanmar tätig.
Lesezeichen
Das Handwerk der Piraten
Moderne Piraterie: Die Piraten vor Somalia und
ihre frühen afrikanischen Brüder.
Ralph Klein; Berlin: Assoziation A, 2012, 132 S., Ill.
Ausleihbar unter der Signatur: AF/sm/7
Die Piraterie ist heute wohl der wichtigste
Wirtschaftszweig Somalias. Mit Vorliebe
wird sie in einem Atemzug mit Terrorismus,
Al Kaida und organisiertem Verbrechen genannt.
Ralph Klein hat intensiv zur Seepiraterie
vor der Küste Ostafrikas recherchiert. In seinem Buch «Moderne Piraten» räumt er mit
vielen Klischees auf und erklärt die wirtschaftlichen Zusammenhänge und historischen Ursprünge dieses «Metiers». Die moderne somalische Piraterie nutzt geschickt
legale und illegale Wirtschaftsformen. Sie
erpresst nicht nur Reedereien, sie betreibt
auch Viehhandel mit der arabischen Halbinsel und leistet Fährdienste für ArbeitsmigrantInnen. Für Klein ist die moderne Piraterie die innovative Weiterentwicklung der
«Shifta», des traditionellen Banditentums
am Horn von Afrika.
Hier liegt ein handlicher, vielseitiger und
hervorragend recherchierter Essay über das
Leben und Wirtschaften dieser Menschen
vor. Und über ein Handwerk, das Ende der
1960er-Jahre schon Eric Hobsbawm als Exempel diente für seine bahnbrechende Studie zum «Sozialbanditentum».
Fakten zur Piraterie
Das International Maritime Bureau (IMB)
wurde in den 1980er-Jahren zur Bekämpfung der Seepiraterie gegründet und ist Teil
der (privatwirtschaftlichen) Internationalen
Handelskammer. Sie publiziert als einzige
Organisation regelmässig einen Pirateriereport und Karten, veröffentlicht aktuelle Warnungen und steht Schiffen mit Rat und Hinweisen zur Seite (Kurzversion der Deutschen
Handelskammer siehe bit.ly/Qrjqwm).
www.icc-ccs.org
Studien zur Meerespiraterie
Die Plattform Piracy Studies macht wissenschaftliche Forschungsberichte und Analy­sen
zugänglich, mit vielen Abstracts, kritischen
Artikeln und Literaturhinweisen zur Meerespiraterie weltweit.
piracy-studies.org
Somalia Report
Der unabhängige News-Dienst arbeitet mit
140 somalischen JournalistInnen zusammen.
Unter der Rubrik «Piracy Report» finden sich
aktuelle Informationen zum Seeräubertum
vor der Küste Somalias.
www.somaliareport.com
Alliance-Sud-Pressearchiv
Kapern Sie unsere Pressedossiers vor Ort.
Unter «Politik: Internationale Kriminalität»
finden Sie fundierte Hintergrundartikel zur
modernen Piraterie im Dokumentationszentrum Bern von Alliance Sud.
www.alliancesud.ch/de/dokumentation/
themenliste
Verantwortlich für diese Seite:
Dokumentationszentrum Bern
Zeitschriften-Lese(n)
ein Beitrag über die EU-Mission «Atalanta», die die Schifffahrt vor Piraten am Horn
vor Afrika schützen soll (auch die Schweiz
dachte über eine Beteiligung nach).
Dokumentationszentrum
Bern – wo Sie mit
Ihrer Informationssuche
richtig sind:
Arbeit in den Werkstätten
der Globalisierung
Mit Ausgabe 3/2012 erscheint «Südost­
asien» zum zweiten Mal in aufgefrischtem
Outfit und unter neuer Redaktion. Das Themenheft «Arbeitswelten» wirft einen Blick
auf die Lage der prekär Beschäftigten – es
sind rund zwei Drittel der Erwerbstätigen
– in der südostasiatischen Exportindustrie,
allen voran in der Textilproduktion. Gezeigt wird etwa, wie sich die ArbeiterInnen
kollektiv organisieren, um einen «Lohn
zum Leben» und menschenwürdigere Arbeitsbedingungen einzufordern.
Standort
Monbijoustrasse 31
3011 Bern
www.dandc.eu
Umkämpfte und übernutzte Meere
«Tragödie der Allgemeingüter» ist das Editorial von «E+Z : Entwicklung und Zusammenarbeit», November 2012, mit Bezug
auf den Heftschwerpunkt betitelt. Dieser macht deutlich, dass die Meeresnutzung verbindlicher Regeln seitens der Staatengemeinschaft bedarf, um den globalen
Geltungsansprüchen Schranken zu setzen. Nicht fehlen darf in diesem Kontext
www.asienhaus.de/suedostasien
Telefon
031 390 93 37
E-Mail
dokumentation@alliancesud.ch
Internet
www.alliancesud.ch/dokumentation
Facebook
www.facebook.com/AllianceSudDok
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70 %
7,6 Millionen Menschen starben 2008
weltweit an Krebs –
mehr als an Malaria,
Tuberkulose und Aids
zusammen.
70 Prozent aller
an Krebs gestorbenen
Menschen lebten
2008 in Entwicklungsländern, wo
die Krankheit rasch
zunimmt.
30
7,6 Mio.
Zahlen und Fakten:
Krebs in Entwicklungsländern
Rund 30 Entwicklungsländer haben
keine Bestrah­
lungsapparate zur
Verfügung, um
Krebskranke zu
behandeln.
www.alliancesud.ch
Entwicklungspolitik
multimedial
Videos, Audiostreams und Blogs spielen in der entwicklungs­
politischen (Informations-)Arbeit eine immer wichtigere Rolle. Die
Dokumentationszentren von Alliance Sud haben deshalb
ein Multimedia-Portal entwickelt mit Videos und Hin­weisen auf
weitere Web-Ressourcen.
Die aus einer breiten Palette ausgewählten Videos sind übersichtlich nach zehn Themenkreisen gruppiert: von Energie und
Landwirtschaft über Kultur und Politik bis hin zu Rohstoffe und
Wirtschaft. Ob überraschend oder frech, lehrreich oder kämpferisch,
decken sie unterschiedliche Informationsbedürfnisse ab und sind
vielseitig einsetzbar. Die über 100 Videos sind im Schnitt fünf bis
zehn Minuten lang und mehrheitlich in deutscher bzw. französischer Sprache, einige auch in Englisch.
Zudem bietet das Portal viele Hinweise auf weitere multimediale Webressourcen: zu Ton und Bild (Podcasts, Streams), Infografiken und Karikaturen, Fotos sowie Blogs und soziale Netzwerke.
Wer einen Text visualisieren oder in einen Vortrag Töne einflechten
will, findet hier vielfältige Anregungen. Diese Rubrik wurde
zusammen mit der Sektion Informationsmanagement der
Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) konzipiert.
www.alliancesud.ch/multimedia/de
GLOBAL + | Postfach 6735 | 3001 Bern | Telefon 031 390 93 30
E-Mail: globalplus@alliancesud.ch | www.facebook.com/alliancesud