musik am rand?

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musik am rand?
Auflage: 15.000
36. Jahrgang Nr. 5-11
November/Dezember 2011–Januar 2012
B 07567, PVSt/DPAG
Entgelt bezahlt
ISSN 1618-9140
http://blogs.nmz.de/jazz
 3,80
www.jazzzeitung.de
MUSIK AM RAND?
Zum 12. Darmstädter Jazzforum
Nils Wülker in der Bessunger
Knabenschule in Darmstadt.
Foto: Wilfried Heckmann
inhalt
berichte
Leipziger Jazztage 2011
3
Internationale Jazz Festival Viersen
4
portrait
Jazzszene Nürnberg
7
dossier
The Best Die Young
10–11
Wann war Jazz relevant in den Medien – von den
Fachmagazinen einmal abgesehen? Beispiele
aus jüngerer Zeit kann man an einer Hand abzählen. Im Sommer 2009 zum Beispiel schlugen
die Wogen hoch bei den Mitgliedern der Bundeskonferenz Jazz. Thomas Steinfeld, Feuilletonchef
der Süddeutschen Zeitung, hatte in einer Glosse
die „Wahlprüfsteine Jazz“ der Bundeskonferenz
aufs Korn genommen. Sinngemäß konstatiert
Steinfeld, dass die Deutschen auch im Bereich
des modernen Jazz Weltmeister im Vereine gründen und Gartenzwerge aufstellen seien.
nier geschrieben hatte. Fragen übrigens, die man
sich lieber nicht vorstellen! Umgekehrt spielt die
jederzeit auch über eine vergleichbare Veranstal-
Jazzkritik – egal ob in Tageszeitung oder Fachblatt
tung aus dem Bereich der E-Musik hätte stellen
– für Musiker und Konzertveranstalter noch immer
können. Wolfram Knauer und Arndt Weidler hatten
eine wichtige Rolle: und zwar allem Gesumse in den
wieder einmal eine illustre Schar an Fachleuten ein-
sozialen Netzwerken zum Trotz am liebsten noch im-
geladen: Walter Turkenburg etwa stellte schulisches
mer in der gedruckten Form. Reinhard Köchl verwies
und außerschulisches Lernen in Kontrast zueinan-
in seinem Vortrag auf die Zusammenhänge zwischen
der und betonte die Wichtigkeit der „Straße“ für
Anzeigen und Artikeln und verwies zu Recht auf die
die Lebendigkeit eines Musikstils. Sigi Busch ging
prekäre Situation freiberuflicher Autoren, die ihren
mit dem Jazz-Unterricht ins World Wide Web. Bert
Lebensunterhalt ohne die Arbeit für die Plattenfir-
Gerhardt und Jürgen Terhag stellten die ernüch-
men und Festivals nicht bestreiten könnten. Chri-
ternde Realität des Lerninhaltes Jazz im Schulleben
stian Broecking benannte im Roundtablegespräch
dar. Was die Gefahren der Didaktisierung des Jazz
ein großes Defizit des Jazzjournalismus: Während es
der jetzt kürzlich in der ZEIT Online: Ausge-
betrifft, waren sich Terhag und Turkenburg einig –
von Vorberichten, Porträts, Interviews und Life-Style
löst durch einen Artikel über die Serie Young
Terhag ging weiter und empfahl den Jazzern mehr
nur so wimmelt, geht der Jazzjournalist kulturpoli-
German Jazz des Labels ACT, wehrten sich
selbstbewusste Verortung im gattungsübergreifen-
tischen Fragestellungen am liebsten aus dem Weg.
Berliner Musiker dagegen, von einem Leitmedium
den Populären. Es sei zudem höchste Zeit für die
Julia Hülsmann, Angelika Niescier, Beat Keller und
wie der ZEIT einfach komplett übersehen zu werden.
Integration von „Jugend jazzt“ in den Wettbewerb
Nils Wülker gestalteten mit ihren Formationen so-
Ein Garant dafür, dass Jazz in den Medien wahrge-
„Jugend musiziert“.
wohl Konzertprogramm als auch die Workshops des
O
Darmstädter Jazzforums und diskutierten das The-
nommen wird, bleibt nach wie vor ein Konzert von
cds, bücher
3x Jazzland Belgien
13–14
jazz heute
Das Bayerische Jazzinstitut 19
jazz-geschichte
Eddie „Lockjaw“ Davis
Vive le Jazz 2011: ein Interview
durch Musikentzug abstraft. Kein Leitmedium titelte
Der Tag zwei gehörte den Jazzkritikern und war von
50 oder 500 Leute zuhören, ist mir nicht egal. Ich
jemals über einen Jazz-Konzerhausskandal: Es gab
Wehmut geprägt. Wie schön schwingte der Jazz in
sehe es deshalb als meine Pflicht an, ‚meine‘ Ge-
nie einen, denn es gibt kein Jazz-Konzerthaus.
den vergangenen Jahrzehnten und wie schön schrie-
neration zu erreichen.“ Den Musikern bleibt die Auf-
Den genannten Beispielen ist gemeinsam, dass in ih-
ben Großkritiker wie Wilhelm E. Liefland, Joachim-
gabe, die Musik zu spielen, für die sie brennen. Um
nen das Thema Jazz nur durch Zufall oder Verkettung
Ernst Berendt, Peter Niklas Wilson und Baldur Bock-
diesen Job kann man sie eigentlich nur beneiden.
unglücklicher Umstände zur Sprache kommt. Was ist
hoff über die große Kunst der improvisierten Musik.
Gleichzeitig ist die beste Methode, neue Hörer zu
los? Ist Jazz tot? Ist Jazz eine Minderheitenmusik? Ist
War mit diesen auch die Jazzkritik gestorben? Gibt
erreichen und auf ernsthafte – oder auch nicht statt-
Jazz zu intellektuell, zu komplex? Oder wird Jazz ein-
es heute nur noch Feuilletonchefs, die mit Rock und
findende – Kritik zu antworten, authentischer Jazz
fach nur missverstanden?
Pop sozialisiert sind und Jazz gar nicht mehr wahr-
von Künstlern, die für ihre Musik brennen.
nehmen? Womit wir wieder bei Thomas Steinfeld
22
aktuelles
Zur jazzahead 2012
VON WEHMUT GEPRÄGT
ma Jazzkritik aus ihrer Sicht. Nils Wülker brachte es
wie erwartet den Huster und das gesamte Publikum
Keith Jarrett, bei dem jemand hustet und der Meister
23
23
WER KENNT JAZZ?
von der Süddeutschen Zeitung wären, der allerdings
Branford Marsalis hat alle diese Fragen in eine ge-
räumt, als er Baldur Bockhoff in den goldenen 80ern
packt: „Kann eine Musik wichtig sein, die die meis-
jemals zur Verfügung stand.
ten Menschen nicht kennen?“ Wie man Jazzmusik
Hans-Jürgen Linke, ehemals Musikredakteur bei der
wieder bekannter machen könnte, wie man sie heu-
Frankfurter Rundschau, verwies darauf, dass nur
te vermitteln soll (und ob!) waren die Leitfragen des
fünf Prozent der Zeitungsleser das Feuilleton ihrer
12. Darmstädter Jazzforums, das sich das Thema
Zeitung in die Hand nehmen. Wieviel Prozent davon
Vermittlung in Schule und durch Medien auf’s Pa-
sich für den Gegenstand Jazz interessieren, will man
in seinen Seiten dem Jazz durchaus mehr Raum ein-
auf den Punkt: „Ich will meine Musik teilen. Ob mir
Andreas Kolb
Mehr zum Thema
Auf Seite 4 dieser Ausgabe rezensiert Markus
Klohr von der Stuttgarter Zeitung einen VideoClip der Nils Wülker Group.
Klohr ist Preisträger des 1. Online-Wettbewerbs
jazz:kritik, der am 1. Oktober in Darmstadt
vergeben wurde.
www.jazzkritik.de
timme,
ove und
enz zu
Herbolzheimer und seine Rhythm Combination & Brass mit. Weitere Informationen:
www.breuningerlandkultur.de
Acts zu erfreuen. Damit können auch
die Eintrittspreise einigermaßen stabil
gehalten werden. Auch die üblichen Dop-
j
a
z
z
Festival
editorial,news
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i t usn g
1 2 0 07
Jazzgaisa
Festival
kommentiert
st. ingbert
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Jazz-Exportförderung war und ist im Gegensatz etwa zu den skandinavischen Ländern oder den Niederlanden in Deutschland ein vernachlässigtes Stiefkind. Um so erfreulicher und verdienstvoller war im
Jahr 2005 die Gründung des Vereins „German Jazz Meeting“ innerhalb der Bundeskonferenz Jazz. Gefördert von der Initiative Musik,
der Messe Bremen und weiteren wechselnden Kooperationspartnern und
Sponsoren konnte so im Frühjahr 2006 zeitgleich mit der ersten jazzahead! in Bremen das erste Jazz Meeting stattfinden. Dem Konzept von
Peter Schulze und Reiner Michalke folgend, plante der Verein gemeinsam mit seinen Partnern alle zwei Jahre an die 100 Vertreter großer
nationaler und internationaler Jazzfestivals und wichtiger Medien
nach Bremen einzuladen, um ihnen im Rahmen eines Showcase-Festivals
eine möglichst repräsentative Auswahl der derzeit führenden Produktionen der deutschen Jazzszene live zu präsentieren. Zweck des
gen ist
und
allen ProTicket-Vorverkaufsstellen.
Vereins
war die „Förderung von Kunst und Kultur durch die Stärkung
uf pro
Telefonische
Kartenbestellung
unterder
Tele-zeitgenössischen Improvisierten Musik
des Ansehens
des Jazz und
5 Euro).
fon
im Internet
unter
in 01803-776842
Deutschlandoder
sowie
der in
Deutschland lebenden Musiker aus diesen
gibt es
www.proticket.de.
Bereichen weltweit“. Auch 2008 und 2010 konnten sich deutsche SpitDas
komplette Programm des
Internahältzen-Jazz-Ensembles
auf21.
diese
Weise einem internationalen Publikum
tionalen
Jazz
Festivals
St.
Ingbert
rkt in
vorstellen. 2012 wird die unter
Messe jazzahead! zum ersten Mal ohne das
www.st-ingbert.de.
t:Ingbert
www.st-ingbert.de
„German Jazz Meeting“ stattfinden. Die Gründe lesen Sie im Vorbericht
et.de
auf Seite 23 dieser Ausgabe, auch die
Ausführungen
vonerstmalig
ProjektleitePatrick
Manzecchi stellt
ab Febrin Sybille Kornitschky zur „Germanruar
Jazz
Expo“,
die
stattdessen
in
seine
neue
von
der
Stadt
Konstanz
Markt und allenBremen
ProTicket-Vorverkaufsstellen
in
stattfinden wird.
Falls wieder
genügend
Fördergelder
akquigeförderte Reihe „Jazz im Kulturzentrum“
aiserslautern, Pirmasens,
St. Ingbert.sei die Messe jederzeit
riert würden,
bereit,
das „GJM“
ins
in seiner
Heimatstadt
vor. Daswieder
erstes KonDer
Trommelkreis
Konzept
aufzunehmen. Nachdenklich stimmen
einen
solche
Nachrichten
zert findet mit dem in New York lebenden
Petras
musikalische
Ambitionen
machenman gelesen hat, dass Bands wie Tokio
dtlerische
des Leitung:
trotzdem.
nachdem
Dr. Peter
KleißVor allem
Pianisten Cornelius Claudio Kreusch und
mir
allmählich
besucht
on 14.
Hotel
vom Angst.
Bund Neuerdings
unterstützt
werden dem
oder
wurden Schlagzeuger
(siehe nmzManzecchi
S. 12).
Konstanzer
sie
einen Trommelkurs
an der
Volkshoch.
Diskutieren
Sie mit
unter
http://blogs.nmz.de/jazz!
im neugegründeten Trio statt. Das nächste
schule, jeden Montagabend. Ich war
z um
Ursula Gaisa
Konzert dieser Reihe wird Manzecchi,
der
zunächst etwas verwundert, denn für Max
ndel
im Januar diesen Jahres zum „Jazzman
Roach oder Jack DeJohnette hat sie sich
Alden
of the month“ von der amerikanischen
nie sonderlich interessiert. „Trommelkreis
begleiKulturzeitschrift „Duskmagazine“ gekürt
Innere Harmonie“ heißt Petras Verand Ernst
wurde, im März mit dem amerikanischen
staltung, und ob die Teilnehmer Rasseln
m RahPianisten Mark Soskin bestreiten.
oder
oder andere
„Perkussions“
ts wird
UnterGlocken
dem Motto
„Kreativer
Umsowie
Musikern
der Bigband, hat nun
Kontakt:
www.manzecchi.de
(sic!)
ist offenbar
nichtdie
so
cques
gangmitbringen,
mit der Tradition“
führte
die drei besten Arrangeure ausgewichtig;
entscheidend
sind dicke Socken.
musikaNDR Bigband
2011 erstmalig
einen
wählt. Den ersten Platz erreichte der
Laut
VHS-Programm übt mandurch.
in diesem
h-BearArrangementwettbewerb
28-jährige Pianist Christian Elsässer
Kurs
„die autogene
Muskelrelaxation“,
Gesucht
wurden junge
Nachwuchsaraus München, Platz zwei belegt der
erlebt aber auch „den Vorrang des
geben
Kölner Saxophonist Jan Torkewitz
n Scott
(34) und den dritten Preis gewann die
Danach
30-jährige Hamburger Saxophonistin
g
Katharina Thomsen.
ster der
Am 25. November 2011 um 20:00
Backen
Uhr werden die Arrangements der
nten
Preisträger von der NDR Bigband im
gemeinschaftlichen
g der
rangeure bis zumGruppenerlebnisses
35. Lebensjahr, die
Rahmen der Konzertreihe „Podium
vor
technischer
Perfektion“.
Petra
einer
dazu
aufgerufen
wurden, Dass
jeweils
zwei
der Jungen“ im Rolf-Liebermanndurch
einen
im Trommeln
einem
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(einAbendkurs
Pflichtstück
und ein Stück
Studio in Hamburg der Öffentlichkeit
„technische
erwerben
würde,
n.
freier Wahl)Perfektion“
für die NDR
Bigband
zu
präsentiert. Die drei Gewinner haben
hätte
mich nunund
auch
überrascht.
Noch
n
arrangieren
damit
ihr Können
zusätzlich die einmalige Gelegenheit
mehr
mich aber, als sie
eder
unterüberrascht
Beweis zuhat
stellen.
ihre Arrangements mit der NDR Bignach
dem zweiten
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nach
Hause
-ForDie Jury,
bestehend
aus Nils
Landband im Studio einzuspielen.
kam
und
begeistert
„Stell
vor, Dürr
währte
gren,
Jörg
Achim rief:
Keller
unddirAxel
Mehr Infos unter ndr.de/bigband
wir haben heute meine rhythmischen
an
Erdwurzeln wieder entdeckt!“ Naiv, wie
n nach
ich bin, fragte ich zurück: „Ach, hattest
sein.
du sie denn verlegt?“ Wenn ich Petras
rten
Ausführungen richtig verstanden habe,
eration
waren ihre Erdwurzeln irgendwie in den
Tiefen ihrer Chakren verschüttet, von wo
sie im Trommelkreis aber dank „planetarer
Stimmgabeln“ erfolgreich herausgelockt
werden konnten. Am gleichen Abend
musste ich noch kleinere Vorträge über
onntag
„Anti-Switching“,
„ganzheitliches
TromIn einer idealen
Welt würden
viele
wiesen. Allerdings wurde dieses Spanaal
meln“,
„Ayurveda-Klangmassage“
und
nungsverhältnis bei der Talkrunde in der
Menschen
den Jazz lieben und
durch
n Jazzdie
„Magie des Ziegenfells“
über mich den
Konzertbesuche
und CD-Käufe
Hessischen Landesvertretung nicht therend
ergehen
lassen,
ohne dass mirsichern.
die ZusamMusikern
ein Auskommen
Da
matisiert.
späten
menhänge
ganz transparent
Dabei arbeiten die eingeladenen Musider Mainstream
jedoch wurden.
andere Ein
Stile
SesSchlagzeugsolo
von Elvin
spricht ins
kerinnen auch für die Bundeskonferenz
bevorzugt, kommt
die Jones
Kulturpolitik
jedenfalls
Jazz, welche die Fördermittel auf BundesSpiel. deutlicher zu mir. Im nächsten
samte
Semester will Petra den Kurs „Wir basteln
ebene verteilt. Da hätte man doch gern
www.
einen Klangbaum“
Vielleicht
etwas über die Befindlichkeit in so einer
in Gesprächbelegen.
zum Thema
„Jazz trifft
s im
aber auch
den „Taijiquan-Kreis
Heilenderden
Doppelrolle erfahren.
Politik“
bildete Ende Oktober
usen unAtem“. Auftakt
Dicke Socken
wird sieFestivals
auf jeden
des Berliner
„Jazz
9 oder
Fall
wieder
brauchen.
in den
Ministergärten“.
Wolfram Knauer,
-24.03.
07
no chaser
Am Donnerstag abend (15. März) geben
erlebt aber auch „den Vorrang des
sich die beiden Tenorsaxophonisten Scott
Hamilton und Harry Allen die Ehre. Danach
wird die „Dizzy Gilespie All Star Big
Band“ an den legendären Großmeister der
Trompete mit den aufgeblasenen Backen
erinnern. Im Rahmen des sogenannten
gemeinschaftlichen Gruppenerlebnisses
Bluesnachmittags sind am Samstag der
vor technischer Perfektion“. Dass Petra
Bassist und Sänger EB Davis mit seiner
durch einen Abendkurs im Trommeln
„Superband“ sowie Tim Ries mit seinem
„technische Perfektion“ erwerben würde,
„Rolling Stones Projekt“ zu erleben.
Das DUO Redman/Mehldau live
in München
hätte mich nun auch überrascht. Noch
Am Freitag und Samstag wird es in
mehr überrascht hat mich aber, als sie
den Kneipen der Altstadt auch wieder
Für
den Jazz
in München
wird eine
digendem
Improvisationen
– eine
ehrfürchnach
zweiten Kursabend
nach
Hause
zahlreiche
Amateurund Semiprofi-Forneue
Location
erschlossen:
die
alte
tige
Verbeugung
vor
Tradition
kam und begeistert rief: „Stell dirund
vor,
mationen geben und auch der bewährte
Kongresshalle
München!
Der
Jazzclub
Moderne.
Es verspricht
spannend zu
wir
haben heute
meine rhythmischen
Jazz-Express wird
wieder mit
Band
an
Unterfahrt
am 17.
Nowerden, diewieder
beiden
mit ihrem
einzigarErdwurzeln
entdeckt!“
Naiv,
wie
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Gleisen vondort
München
nach
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2011
das
erste
Konzert
„Jazz
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Sound
im
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hören
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können.
ich bin, fragte ich zurück: „Ach, hattest
Burghausen und zurück unterwegs sein.
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Joshuaeingeführten
Redman und
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diese
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und nun beibehaltenen „Next Generation
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liebtErdwurzeln
sie. Oberhalb
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ursprünglich
sie
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1953 erbauten
und 2004
liebevoll
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erfolgreich
herausgelockt
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Gebäudes
durch
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werden konnten. Am gleichen Abend
www.unterfahrt.de
herrliche
Akustik
und
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angenehmes
musste ich noch kleinere Vorträge über
Ambiente für fast„ganzheitliches
850 Hörer. Wenn
Day“ präsentieret die IG Jazz am Sonntag
„Anti-Switching“,
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Jazz
braucht
man
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„Jazz
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Konzerte
des gesamten Festivals täglich am späten
menhänge ganz transparent wurden. Einin
haben
sie Geschichte
geschrieben.
diesem konzertanten
freuen.
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Trio“ zur SesSchlagzeugsolo
von ElvinRahmen
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der
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25.
Oksion.
jedenfalls deutlicher zu mir. Im nächsten
kreativer
Lust an Swing
tober startet
im Jazzclub
Nähere Informationen
überund
dastiefgrüngesamte
Semester
will Petra
den KursUnterfahrt
„Wir basteln
Programm sind im Internet unter www.
einen Klangbaum“ belegen. Vielleicht
b-jazz.com erhältlich. Karten gibt es im
aber auch den „Taijiquan-Kreis Heilender
Vorverkauf bei der IG Jazz Burghausen unAtem“. Dicke Socken wird sie auf jeden
ter der Ticket-Hotline 01805 – 2829 oder
Fall wieder brauchen.
jazzzeitung 5 2011 Seite 2
JAZZ IN KONGRESS
in loser terminlicher Folge unter dem
Motto Spiritualität im Jazz die Konzertreihe „A Love Supreme“ mit sieben
Terminen. Dabei sind unter anderem
Joe Kienemann, Markus Stockhausen
und Theo Bleckmann. Ein Blick auf die
Homepage www.unterfahrt.de (oder
besser gleich den Newsletter bestellen) lohnt sich immer. tjk
NEW YORK IM BAYERISCHEN HOF
Stefan Rimek
Auch dieses Jahr findet die herbstliche Ausgabe der Konzertreihe „New
York im Bayerischen Hof“ vom 26.
Oktober bis 7. Dezember 2011 im
Night Club und in der Piano Bar im
Bayerischen
in München
statt.
Keine Szene inHof
Deutschland
ist heutzuGeboten
wird Musik
vonexperimentierSoul bis
tage dermaßen
vital und
Jazz.
freudigAn
wieden
dieAdventswochenenden
in Berlin. Kleine Klubs
kann
man
sich
bei Gospel-Konzerten
avancieren zu Klanglaboratorien,
in denen
auf
die
Weihnachtszeit
einstimmen
Jazz neu definiert und zusammengemischt
Rainer Wein rainer.wein@gmx.net
lassen, zum Beispiel vom dreifachen
Grammy-Gewinner Ramsey Lewis &
His Electric Band (Sonntag 6. November 2011, ab 21 Uhr). Auch das Bill
Frisell 858 Quartet wird am 23. November 2011
dieser
Konzertreihe
Stilbegriffe,
wild,bei
voller
Energie,
überramit dabei
sein. Das Konzert
schend,
unvoraussagbar.
In der beginnt
Musik-Zeit
um 21
im Night
Club.
Unter dem
stellt
derUhr
jazzclub
leipzig
im Szene-Club
Motto
„Blues
von
Chicago“
steht das
naTo vom 9. bis 11. Februar insgesamt
Konzert
des
Gitarristen
und
Sängers
sechs Gruppierungen vor, die gegenwärtig
wird. Selbst häufigen Berlin-Besuchern
fällt es oft schwer, die Brennpunkte des
Geschehens auszumachen. Der neue Jazz
entwickelt sich teils dezentral, teils mit
Tendenzen zur Vernetzung, in festen Grup„Jazz
hat und
seininZentrum
verloren,
er
pierungen
fluktuierenden
Workhat
sich
im
Zuge
der
Globalisierung
shopbands – jenseits der konventionellen
zu den spannendsten der Berliner Szene
zählen. Gefördert wird das MusikZeit Minifestival des jazzclubs leipzig durch die
Stadt Leipzig und die Kulturstiftung des
Freistaates Sachsen.
ka Niescier,
Beginn
jeweilsJulia
20.30Hülsmann,
Uhr – naTo Anne
Leipzig
Brennpunkt Berlin - New Jazz Today
Ronnie Baker Brooks, das am 7. Dezember 2011 stattfinden wird. Beginn
ist auch hier 21 Uhr.
Karten und nähere Informationen zum
Programm der Konzertreihe „New
York im Bayerischen Hof“ findet man
auf der Homepage des Bayrischen
Hofs unter
www.bayerischerhof.de.
NACHWUCHS GEFUNDEN FESTIVAL WOMEN IN JAZZ 2012
n u n g e nE n c o u n t e r s I 9
I
präsentiert die Jazzakademie den
zweiten Workshop für Komposition
und Arrangement.
Ergänzend zum Festival hat der Fotograf Uwe Jacobshagen, der das Festival seit sechs Jahren begleitet, einen
Kalender mit dem Titel „,Woman in
Jazz’ – Fotografien aus sechs Festivaljahren“ herausgegeben. Bestellt
werden kann man den Kalender, der
für 25 € erhältlich ist, über: kontakt@
womeninjazz.de.
Eröffnet wird das siebte „Woman in
Jazz“-Festival in Halle mit dem Cityjazz am 04. Februar 2012 mit Bühnen
auf dem Marktplatz, dem Ratshof,
dem Bahnhof und in der ganzen City.
Konzerte finden im Zeitraum von 1119 Uhr statt.
www.womaninjazz.de
MUSIK ALS STANDORTVORTEIL?
Eine brave Talkrunde erkundet das Verhältnis zwischen Jazz und Politik
verhinderte damit ein Gespräch unter
rung.“ Derzeit sei die Regierung auf die-
Förderung durch den Bund sind nicht er-
den Teilnehmern. Der Runde fehlte also
sem Gebiet aber „sehr zurückhaltend“.
kennbar.“
gerade an jener Interaktion, die man am
Der Zweischneidigkeit der Förderpraxis
Wer soll aus welchem Grund gefördert
Jazz so schätzt.
offenbarte sich, als Ehrmann darauf hin-
werden? Das ist derzeit auch in Berlin
Das Gespräch begann mit der Frage, ob
wies, dass der Jazz oft im Rahmen von
eine brisante Frage. In der Hauptstadt
der Jazz politische Musik sei. „Ja, weil er
Wirtschaftsförderungsprogrammen sub-
steht das Modell der Förderung freier
nicht dem Mainstream folgt“, meinte die
ventioniert wird. Doch wie subversiv und
Jazzgruppen durch den Kultursenat auf
Berliner Pianistin Julia Hülsmann. „In ei-
unangepasst kann eine Musik sein, die
dem Prüfstand. Hier haben Veranstalter,
ner gleichgeschalteten Welt bietet diese
den Künstler als „Produkt“ eines Unter-
Labels und Verlage aus dem Jazzbereich
Musik eine Möglichkeit, anderes auszu-
nehmens anpreist und als Standortvorteil
eine Interessengruppe gebildet, die sich
drücken.“ Die Kölner Saxophonistin An-
dient? Auch dieses Problem wurde nicht
zum einzigen Ansprechpartner in Sa-
gelika Niescier stimmte bei: „Jazz steht
reflektiert.
chen Fördermittel aufschwingen will. Die
für Freiheit, Improvisation und Hoffnung.
Andererseits kann der Künstler natürlich
Bedürfnisse der Musiker spielen dabei
derierte die Runde mit den Musikerinnen
Es ist eine Musik, die den Geist öffnet.“
auch explizit ein politisches Zeichen set-
allerdings kaum eine Rolle. Aber auch
Julia Hülsmann und Angelika Niescier so-
Man hätte gern erfahren, wie es sich die
zen. So erzählte Angelika Niescier von
dieses Thema, das die Berliner Jazzszene
Damen vorstellen, dem Jazz sein Frei-
ihren Reisen mit dem Goethe-Institut, bei
gerade stark bewegt, wurde von der Ge-
heitsmoment zu erhalten – angesichts
denen sie unter anderem auf dem Tahir
sprächsrunde nicht gestreift.
wachsenden kommerziellen Drucks und
Platz in Kairo oder im Gazastreifen auf-
Da erwies sich das musikalische Rah-
schrumpfender
da
trat. „Ich weiß, dass die Kunst dann in-
menprogramm als der interessantere Teil
war bereits der dritte Gast, SPD-Politiker
strumentalisiert wird“, meint die Musike-
des Abends. Die beiden eingeladenen
Siegmund Ehrmann, an der Reihe, der
rin. „Aber ich stehe dahinter.“
Musikerinnen vereinten sich mit dem
einen Einblick in das Zuständigkeitshick-
Schließlich
Ehr-
Bassisten Marc Muellbauer aus Hüls-
hack der Förderpolitik gab. „In erster Li-
mann, die kürzlich von der SPD-Fraktion
mann Trio sowie Christoph Hillmann,
nie ist die Musikförderung Sache der Län-
gestellte große Anfrage zur Musikförde-
dem Schlagzeuger aus Niesciers Quartett
Aber kritisches Nachhaken war an jenem
der und Kommunen“, erläuterte er. „Der
rung des Bundes. „Da gibt es keine klare
„sublim“, zum spannungsreichen, höchst
Abend Wolfram Knauers Sache nicht. Der
Bund kann jedoch Impulse setzen, zum
Strategie“, interpretiert er die Antwort
interaktiven Spiel.
Moderator stellte reihum seine Fragen
Beispiel mit seiner Spielstättenförde-
der Regierung. „Die Kriterien für eine
E
Rainer
Wein rainer.wein@gmx.net
Leiter
des Darmstädter
Jazzinstituts, mo-
Berlin - New Jazz Today
utzuntierubs
n denen
emischt
hern
e des
ue Jazz
s mit
en Gruporkonellen
über den ganzen Erdball verstreut“
(Editorial zum 41. Deutschen Jazzfestival in Frankfurt 2010). Inhaltlich
Bezug auf diese These nimmt das 7.
Festival „Women in Jazz“, das von 4.
bis 12. Februar 2012 in Halle (Saale)
stattfindet. Die Konzerte gestalten
Jazzmusikerinnen aus Brasilien,
Israel, Schweden, der Türkei, den USA
und natürlich aus Deutschland.
Einer der Festivaltage ist ganz der
deutsch-amerikanischen Begegnung
gewidmet. Susan Weinert präsentiert
ihr Projekt SUSAN WEINERT NETWORK, mit Susan Weinert, Martin
Weinert, Rachel Z und Omar Hakim.
Auch Angelika Niescier stellt ihre
Projektgruppe vor, die aus Angeli-
Lieberwirth, Viktor Jones und Jake
www.jazzclub-leipzig.de
Hertzog besteht. Insgesamt gibt es in
Seite
neun Tagen 19 Konzerte. Mit
dabei 2
sind unter anderem: Jorinde Jelen
und Band, das Julia Feldman Quintett,
das Ayse Tütüncü Quartett und Josefine Cronholm. Dieses Jahr jedoch hat
sich die Festivalleitung eine Besonderheit überlegt. Im Festivalprogramm
gibt es zwei Session Abende und eine
Jazzfilmnacht, in der die Filme „Rising
tones cross“, „Um Mitternacht“ und
„Sing! Inge, Sing!“ präsentiert werden.
Ergänzend zu den Konzerten gibt
es eine Jazzlounge, das OpeningKonzert im Objekt, einen Jazzlunch
im Maritim, sowie verschiedene
Ausstellungen. Erstmals in Kooperation mit dem Deutschen Musikrat
wie dem kulturpolitischen Sprecher der
SPD-Fraktion im Bundestag, Siegmund
NEU: die JazzZeitung auf
Facebook
Ehrmann.
Stilbegriffe,
voller Energie,
überraNun ist daswild,
Verhältnis
zwischen
Jazz und
schend,
unvoraussagbar.
In der Musik-Zeit
Kulturpolitik
kein einfaches.
Der Jazz
stellt
deraus
jazzclub
im Szene-Club
wurde
einemleipzig
subversiven
Geist genaTo
vom
9.
bis
11.
Februar
boren, der dem Musikerinsgesamt
Individualität
sechs
Gruppierungen
die gegenwärtig
abverlangt
und sichvor,
gegen
die restlose
zu
den spannendsten
der Berliner SzeneBilEinbindung
einen staatstragenden
zählen.
wird das MusikZeit
dungs-Gefördert
und Wertekanon
sträubt.- Als
Minifestival
des anspruchsvolle
jazzclubs leipzig durch
entsprechend
Musikdie
ist
Stadt
Leipzig
und
die
Kulturstiftung
er andererseits auf Subventionendes
angeFreistaates Sachsen.
Beginn jeweils 20.30 Uhr – naTo Leipzig
www.jazzclub-leipzig.de
Seite
2
www.facebook.com/jazzzeitung
Verlosung, Tipps, tagesaktuelle
Meldungen und vieles mehr!
Fördertöpfe.
Aber
erwähnte
Siegmund
Antje Rößler
jazzzeitung 5 2011 Seite 3
berichte
MILES DAVIS ALS CHANCE
no chaser
FEUILLETON!
Die Macher der Leipziger Jazztage beweisen Mut
Die Aufgabe ist gewaltig, anspruchsvoll, eigentlich fast unlösbar. MilesDavis-Ehrung an einem einzigen
Abend mit gerade mal drei Konzerten
bei einem einzigen Festival. Und das
auch noch im altehrwürdigen Leipziger Opernhaus. Mag ja alles noch
gehen, wenn man zur einfachsten,
aber auch finanziell aufwändigsten
Lösung greifen würde: es einfach die
zeitnah durch Europa tourenden einstigen Miles-Mitstreiter machen lassen. Wayne Shorter, John McLaughlin,
Chick Corea beispielsweise. Aber Stefan Heilig, dem Geschäftsführer des
hiesigen Jazzclubs, schwebt anderes
vor. Die lokalen Helden sollen ran. Die
über die Stadtgrenzen hinaus kaum
bekannte Spielvereinigung Süd und
das Martin Auer Quintett. Was für eine
Chance! Und warum eigentlich nicht?
Aber spielt auch das Publikum mit?
A
lso erst einmal die Spielvereinigung Süd mit dem ersten Programmteil anlässlich des 20. To-
destages von Miles. Und das fast ganz
von Anfang an, mit der ersten wichtigen
Schaffensperiode des Trompeters. Die
Tradition der Big Bands und die Arrangements von Gil Evans sollen aufgearbeitet
werden, besser: neu belebt, 60 Jahre da-
Spielvereinigung Süd feat. Frederik Köster (trp): „Miles Davis in der Tradition der Big Bands mit Arrangements von Gil
Evans“. Foto: Daniel Thalheim
nach. Eine Geschichtsstunde fast für die
zumeist jugendlichen Zuschauer. Und
tian Jütte am Schlagzeug hält sich weit-
Miles. Das war auch Gustav Mahler, das
gehend auch Martin Auer, haben den
die gelingt mitreißend, weil eben jene
gehend an das Original, hat tatsächlich
zweite große Thema des Festivals. Terje
Ruf einer lebendigen Jazzszene weit über
Spielvereinigung nicht in die Falle tappt,
all die fünf Ohrwürmer der legendären
Rypdal, der norwegische Ausnahme-Gi-
Leipzigs Grenzen hinaus getragen. Ein si-
einfach nur die Altmeister kopieren zu
Platte im Programm. So What, natürlich,
tarrist, sollte mit einer Auftragskomposi-
cheres Pfand für die Zukunft. Und daran
wollen. Frederik Köster, immerhin Echo-
überzeugt am weitesten. Mit knackigem
tion die Hauptrolle spielen, musste aber
bastelt Heilig schon, an der 36. Auflage
prämierter Trompeter der neuen Gene-
Bass und einfühlsamem Piano. Alles an-
wegen einer schweren Erkrankung seines
2012. „Die Big Bands werden wieder eine
ration, spielt die zumindest in Ansätzen
dere lebt auch weitghend von Zitaten,
Trompeters Palle Mikkelborg absagen. So
zentrale Rolle spielen“, versichert er. Sein
erkennbaren Miles-Originale, das aber
bietet aber auch Raum für eine neue,
war die Bühne frei für einen ausgespro-
Traum: ein Gil-Evans-Projekt. Gespannt
mit eigener, schon erstaunlich gereifter
zeitgemäße Sicht auf Vertrautes. Und
chenen Glücksfall. Leipzigs Hochschul-
darf man darauf sein.
und erprobter Stimme. Leicht, lebendig,
dennoch: Bei allem erkennbaren eigenen
professoren Pepe Berns, Werner Neu-
mitreißend, modern. Die Zuschauer neh-
Stil, irgendwie bleibt immer das Origi-
mann und Heinrich Köbberling sprangen
men es dankbar auf, applaudieren. Erst
nal im Hinterkopf, die Versuchung, am
kurzfristig ein und schafften es tatsäch-
zaghaft, dann immer lauter. Spätestens
heimischen CD-Player den Startknopf
lich, Mahlers fünfte Sinfonie in jazznahe
dann, als Köster und die Spielvereini-
zu drücken. Trotz allem: Auch Auer, der
Gefilde zu steuern.
gung Süd mit den ebenso selbstsicheren
junge deutsche Trompeter und Lehrbe-
Leipzig, das war auch eine ganze Woche
Saxophonisten Simon Bodensiek, Volker
auftragte an der Leipziger Hochschule,
lang pralles Leben in den kleinen Clubs
Dahms, Johannes Moritz oder Heiko von
hat die Chance genutzt und bestanden,
der Stadt. Die hinreißende SoKo Steidle
Roth endgültig die vorgegebene Miles-
plötzlich im Schaufenster zu stehen.
war da, Johannes Enders und natürlich
Schiene verlassen, eigene Stücke zum
Adam Holzman stand schon im Schau-
Brad Mehldau mit einem Soloprogramm
besten geben und sich schließlich sogar
fenster als Keyboarder der Miles-Band
im restlos ausverkauften Opernhaus.
an Jefferson Airplane, der Kultband aus
im 1986 erschienenen Album, das dem
„Wir waren selbst ein bisschen skeptisch,
seligen Flower-Power-Zeiten, versuchen.
südafrikanischen Bischof Desmond Tutu
ob das alles so aufgeht“, gab nach der an-
Wagnis Teil eins ging auf: Leipzig kann
gewidmet war. Aber Holzman war da
strengenden Festival-Woche Stefan Hei-
stolz sein, hat mit der Spielvereinigung
wohl mehr dabei als mittendrin. Allzu
lig entwaffnend ehrlich zu. „Aber es ging.
Süd eine Ausnahme-Big-Band.
belanglos, irgendwie gebraucht, weil vor-
Das Opernhaus war an drei Abenden her-
Geschichtsstunde Teil zwei ist dann die
hersehbar, wirkt Holzman. Daran ändert
vorragend besucht. Die Zuschauer haben
meistverkaufte Jazz-Platte aller Zeiten.
auch Freddy Cash, der bemerkenswerte
unser Konzept mitgetragen“, sagt Heilig
Kind of Blue, der Geniestreich von Miles,
Bassist der Brave-New-World-Band nicht
dann nach einem Moment der Ruhe. Und
eingespielt mit den Ausnahme-Saxopho-
viel. Nun ja, zu einem beschwingten Aus-
das Konzept ist bewundernswert: Weg
nisten Cannonball Adderley und John
klang eines geschichtsträchtigen Abends
von den ausgefahrenen Gleisen mit gro-
Coltrane. Und Martin Auers Quintett mit
hat es allemal gereicht.
ßen Namen, die zum Selbstläufer eines
Florian Trübsbach (Saxophon), Jan Esch-
Leipziger Jazztage, die inzwischen schon
Festivals werden. Von Brad Mehldau mal
ke (Piano), Andreas Kurz (Bass) und Bas-
35. Ausgabe, das war aber nicht mur
abgesehen. Die Spielvereinigung, weit-
Gottfried Schalow
Jeder Musikjournalist träumt davon, fürs
Feuilleton einer angesehenen Tageszeitung
zu schreiben. „Heyyyyyy, du bist ja heute
in der Neuen Presse!!!“, mailte mir letzte
Woche eine alte Flamme. „Ist die CD wirklich so gut???“ Ich dachte erst: Was soll
das? Dann fiel es mir ein: Ach ja, eine Rezension hatte ich denen geliefert, auf ganz
kurze Deadline, das war enorm eilig gewesen. Aber dann brachte der Redakteur sie
doch nicht unter, irgendeine Ausgrabung
von 2.000 Jahre alten römischen Trümmern
brauchte plötzlich eine halbe Seite im aktuellen Feuilleton, der Redakteur stellte mir
„vielleicht ein kleines Ausfallhonorar“ in
Aussicht. Das war vor einem halben Jahr
etwa, ich hatte den Text längst vergessen
und in den Wind geschrieben. Aber nun
hatten sie ihn wohl doch gedruckt – so
viel zum Thema Aktualität von Tageszeitungen. Aber dafür ist dort redaktionelle
Professionalität am Werk, das spürt man.
Meine kleine, fast vergessene Rezension
habe ich jedenfalls kaum wiedererkannt:
Das nennt man aufwändiges, gewissenhaftes Schlusskorrektorat..., dachte ich zuerst. Dann: Komisch, kann mich gar nicht
erinnern, das geschrieben zu haben... Und
dann: Diese holprigen Satzanschlüsse, na
ja, es musste sehr schnell gehen damals...
Inzwischen habe ich aber den Originaltext
in meinem Computer gefunden und kann
mir das gedruckte Ergebnis nur so erklären:
Jeder in der Redaktion der Neuen Presse
bekam einen Satz zugeteilt und musste ihn
um 50 Prozent kürzen. Unabhängig voneinander, Spicken verboten! Was für ein
Aufwand für meinen kleinen Beitrag! Herausgekommen ist ein avantgardistisches
Sprachexperiment mit lauter grammatikalischen Innovationen. Sie haben sogar raffiniert den Namen des CD-Künstlers weggelassen, aber dafür aus Miles Davis einen
Mike Davies gemacht. Feuilleton hat eben
oft
literarische Qualität.
JazzZeitung:JazzZeitung_November
Rainer Wein (rainer.wein@gmx.net)
P
R
E
S
E
N
T
S
Night Club Konzerte
November 2011
Di. 01. & Mi. 02. November, 22.00 Uhr
MÁRCIO TUBINO ARTet
Márcio Tubino - saxophone, flute
João Luis Nogueira - guitar
Ciro Trindade - bass
Fernando Paiva - drums
Florian Sagner - trumpet (am 02.11.)
**************
So. 06. November, 21.00 Uhr
„New York im Bayerischen Hof“
RAMSEY LEWIS
&
HIS ELECTRIC BAND
Ramsey Lewis - piano
Henry Johnson - guitar, vocals
Michael Logan - keyboards, vocals
Joshua Ramos - bass
Charles Heath - drums
**************
Di. 08. November, 21.00 Uhr
„New York im Bayerischen Hof“
FOURPLAY
Bob James - piano
Chuck Leob - guitar
Nathan East - bass, vocals
Harvey Mason - drums
**************
Mi. 09. November, 22.00 Uhr
ANDY LUTTER TRIOspecial
Andy Lutter - piano
Claudia Wilner - percussion
Thomas Hauser - bass
**************
Do. 10. November, 21.00 Uhr
„New York im Bayerischen Hof“
CYRO BAPTISTA
& BANQUET OF THE SPIRITS
TRADITION UND MODERNE
Cyro Baptista - percussion, vocals
Brian Marsella - keyboards
Shanir Blumenkranz - bass
Tim Keiper - drums, percussion
**************
Di. 15. November, 21.00 Uhr
„Jazz auf Reisen“-Jubiläum mit Dusko Goykovich im Neuburger Birdland
Wenn nicht er, wer dann? Kaum einer
wäre besser geeignet, das 50-jährige Jubiläum der Sendung „Jazz auf
Reisen“ des BR live zu zelebrieren.
Schließlich ist der seit langen Jahren
in München beheimatete Dusko Goykovich wie kaum einer mit dem Jazz
in Deutschland und Bayern verbunden.
TINGVALL TRIO
Martin Tingvall - piano
Omar Rodriguez Calvo - bass
Jürgen Spiegel - drums
**************
Mi. 16. November, 22.00 Uhr
hannes Grotzky konstatierte: „Bayern
kee“ und den „Angel Eyes“ reichte das
ist ein gutes Pflaster für anspruchsvolle
Repertoire. Goykovichs Trompete zeigte
Künste.“
sich auf der einen Seite nach wie vor lo-
Fast 80 Jahre ist er alt, musikalisch immer
cker zu schneidigen Highnotes fähig, auf
noch der Ritter in schimmernder Rüs-
der anderen schwebte sie in blauschim-
tung, goldglänzend in strahlender Souve-
mernd gedämpfter Eleganz mit einem
ränität und mit reichlich Luft auch in den
geradezu unglaublichen Formgefühl für
Höhenlagen. Wer Dusko Goykovich auf
Bebop, Blues und Balladen durch sam-
der Bühne erlebt, locker und ganz selbst-
tene Nacht. Scott Hamiltons süffig-satter
Im Birdland Neuburg spielte er anlässlich
verständlich,
Freunden,
Sound am Tenorsaxophon vereinte Volu-
des Jubiläums der Sendereihe „Jazz auf
ahnt auf den ersten Blick kaum, was an
men, Power, Beweglichkeit flüssig und
Reisen“, die seit dem 4. Oktober 1961 in
musikalischer Erfahrung und Substanz in
kompakt zugleich zu hohem Suchtfaktor.
rund 600 Konzerten das Ihre zur Pflege
ihm versammelt ist, nach wie vor unmit-
Thomas Rückerts hauchfein swingende
des Jazz in Bayern getan hat. Wenn nicht
telbar verfügbar und ohne irgendwelche
und mit den Farben nur so spielende
hier, wo dann? Zwei gleichermaßen ver-
Abstriche abzurufen.
Klangkultur am Piano, Henning Gailings
dienstvolle und über Jahre befreundete
Goykovich, Scott Hamilton, Thomas Rück-
verlässlicher Groove an Bass und Michael
Protagonisten des Jazzlebens in Bayern
ert, Henning Gailing und Michael Keul
Keuls mit feinsinnigen Details ausgestal-
trafen sich in einem der schönsten Jazz-
spielten Musik, die tief in der Tradition
tetes Schlagzeugspiel vollendeten einen
clubs der Republik, wie immer wieder
der Standards verwurzelt ist, dabei offen
Jazzabend, der in der Vereinigung zweier
einmütig vermerkt wird. Manfred Rehm
für Anregungen der Moderne, des Mo-
Generationen von Jazzmusikern nicht nur
setzt als Veranstalter unermüdlich auf
ments, der Inspiration des Augenblicks
den Rückblick auf Vergangenes beinhal-
Vielfalt und Qualität und bestätigt so,
und des Zusammenspiels. Von „Candy“
tete, sondern auch ein Versprechen für
was das von Roland Spiegel verlesene
über „Alone Together“ und „I Can‘t Get
die Zukunft.
Grußwort des BR-Hörfunkdirektors Jo-
Started“ bis zum guten alten „Chero-
Freund
unter
Tobias Böcker
PAULA SANTORO TRIO
Paula Santoro - vocals
Rafael Vernet - piano
Márcio Tubino - percussion, flute, saxophone
**************
So. 20. November, 21.00 Uhr
TUIJA KOMI QUARTETT
Tuija Komi - vocals
Manolo Diaz - bass
Tizian Jost - piano
Martin Kolb - drums
**************
Mi. 23. November, 21.00 Uhr
„New York im Bayerischen Hof“
BILL FRISELL 858 QUARTET
Bill Frisell - guitar
Jenny Scheinman - violin
Eyvind Kang - viola
Hank Roberts - cello
**************
Di. 29. November, 21.00 Uhr
MATTHIAS BUBLATH’S
GROOVE CONNECTION
Ulrich Wangenheim - saxophone, flute
Ferdinand Kirner - guitar
Biboul Darouiche - percussion
Mario Schönhofer - bass
Christoph Holzhauser - drums
Matthias Bublath - piano, keyboards
**************
Mi. 07. Dezember, 21.00 Uhr
„New York im Bayerischen Hof“
RONNIE BAKER BROOKS
Ronnie Baker Brooks - guitar, vocals
Carlton Armstrong - bass
C. J. Tucker - drums
* Und
* * *nicht
* * * vergessen:
*******
In unserem PALAIS-KELLER können Sie wieder sonntags den
JAZZ BRUNCH mit den LUDWIG SEUSS BAND am 06., 13., 20.
und 27. November, FREE BEER & CHICKEN am 04., 11., 18. und
25. Dezember von 11.00 bis 15.00 Uhr genießen!
Kartenreservierung unter: 089/2120-990 oder unter
jazzbrunch@bayerischerhof.de
* * * * * *VVK-Stellen
* * * * * * * erhältlich
*
Karten an allen bekannten
oder bei:
eventim • Tel.: (0180) 557 00 00 • www.eventim.de
Sitzplatzreservierung: Hotel Bayerischer Hof
Night Club • nightclub@bayerischerhof.de
Tel.: 0 89 / 21 20 994
10.10.
jazzzeitung 5 2011 Seite 4
berichte
GEÖFFNET AUCH FÜR POP
Zum Internationalen Jazz Festival Viersen 2011
Im Jubiläumsbuch zum 25-jährigen
Bestehen in diesem Jahr wird dem
Jazz-Festival Viersen eine „eigenwillige Programmstruktur“ und eine
„spezielle Stimmung“ bescheinigt. Tatsächlich hat das alljährlich um seine
Existenz kämpfende und dank großzügiger Sponsoren bislang am Leben
erhaltene Ereignis am Niederrhein all
das bewahrt, was woanders so nicht
zu finden ist. „Von Beginn an“, sagt
Ali Haurand, Initiator und künstlerischer Leiter des Festivals, „habe ich
in Viersen die Jazzmusik präsentiert,
wie sie seit den vierziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts in Erscheinung getreten ist: vom Modern Jazz
über Bebop bis zum Free Jazz alles,
was die Moderne zu bieten hatte“. Ein
spezielles Kinderprogramm zum Abschluss des Festivals am Sonntag ist
seit wenigen Jahren recht erfolgreich:
Diesmal kamen über 800 Interessierte.
D
bone Shorty ordentlich krachen. Allein
sein
Eröffnungskonzert,
lange
vorher
ausgebucht, hatte fast die Hälfte aller
Festival-Besucher
angezogen:
1.800.
Über die musikalische Essenz des Konzerts schweigt des Rezensenten Höflichkeit und lässt die Lokal-Zeitung zu Wort
kommen: „Mit Black American Music,
poppigen Soul-Nummern und knackigen
Funk-Rhythmen
brachten
Trombone
Shorty und Band das Auditorium im Nu
zum kollektiven Mitgrooven.“ Desgleichen war selbstredend auch zu mitternächtlicher Stunde bei Nils Landgrens
Funk Unit angebracht, weniger bei den
Bigbands, die Gewohntes boten, dies
immerhin mit frischen Farbtupfern. Gast
Eddie Daniels fügte mit klassischem
Klangideal auf der Klarinette der von Michael Abene geleiteten WDR Big Band
satte Klangfarben hinzu. Spannender
aber die „City Grooves“, die Maria Baptist dem Bujazzo auf den Leib schrieb.
Die Vielfalt der Städte-Porträts kam dank
pulsierender Bläsersätze mit luftigen Kla-
Ali Haurand am 23. September auf der Festhallen-Bühne. Foto: Hans-Joachim Maquet
ie Viersener Jubiläumsausgabe,
viersoli der Leiterin bestens an. Großor-
die Ende September über die
chestrale Ausstrahlung, die zudem recht
von spiritus rector Ali Haurand ganz zu
gleichberechtigtes Trio, in dem es kei-
gleiten, zupft auch eigene Melodien.
Bühnen der nüchternen Festhalle
frisch wirkte, hatte das European Jazz
schweigen. Als Enttäuschung muss der
ne Begleiter und keine Solisten gibt. Es
Schlagzeuger Jonas Burgwinkel ist viel
lief, hat sich dem Pop geöffnet und da-
Ensemble auch im 35. Jahr seines Beste-
als Haupt-Act gehandelte Curtis Stigers
macht seinen Reiz aus, dass die pianis-
mit Akzenten zur Stelle, lässt die Becken
mit 1.000 Besucher mehr als im Vorjahr
hens. Das mit der Geschichte des Vier-
verbucht werden, als außerordentlicher
tischen Vorgaben Pablo Helds, so es
scheppern und flirren, nur selten donnert
angelockt. Auch wenn die Sängerinnen
sener Festivals eng verknüpfte Oktett
Höhepunkt das Pablo Held Trio.
welche gibt, nie schlicht kommentiert
die Basstrommel. Durchgehender Beat
Angela Luis und Lisa Bassenge mit ihren
verfügt über hervorragende Solisten wie
Die drei Youngsters, die Ende 2005 in
werden. Der Bassist Robert Landfermann
ist von gestern, eine Set-List ebenso. So
harmlosen Songs im Pop-Gewand weni-
Matthias Schriefl (tp), Alan Skidmore (ts),
Köln während des Studiums zusammen-
bringt sich mit tiefen, brummigen Con-
weist Viersen den Weg in die Zukunft.
ger Beachtung fanden, so ließ es Trom-
Jiri Stivin (fl) oder Rob van den Broeck –
fanden, bilden als Brüder im Geiste ein
Arco-Tönen ein, die ins Geräuschhafte
Reiner Kobe
ZWISCHEN DEM GROOVE UND DEM NICHTS
Exklusiv in der JazzZeitung: der Preisträgertext des Online-Wettbewerbs jazz:kritik des Darmstädter Jazzinstitutes
Tick-e-tack-e, vier, fünf Kadenzen,
tonale Testballons: Viel näher kann
man der Quintessenz des Funk nicht
kommen. Nils Wülker lässt seine
Rhythmusgruppe abrupt und radikal
auf fast null herunterfahren, um mit
seiner Trompete den Raum zwischen
dem Nichts und dem reinen Groove
auszuloten. „Threesomething“ heißt
das Stück, das der 33-jährige Bonner
und seine Nils Wülker Group, erweitert um den Gitarristen Arne Jansen,
Ende März in der Hamburger Fabrik
präsentieren. Der Vorgeschmack des
taufrischen Albums „6“ hält sich quasi
idealtypisch an das Credo der Funksaxophonlegende Pee Wee Ellis: „Funk
is, what you don’t play“ – das Wesen
des Funk besteht in der Auslassung.
kümmert sich Arne Jansen per schnörkellosem E-Gitarren-Antrieb. Lars Duppler
kleidet den Fahrgastraum mit wabernden
Klangteppichen seines Fender Rhodes EPianos aus.
Erst klingt das alles wie gut gemachter,
für
Loungeclubs
tauglicher
Acid-Jazz,
ein moderner geschmeidiger Doo-Bop
nach Art des Meisters Miles Davis, Funk,
der am Hardbop kratzt, Horace Silver im
modernen Gewand. Bis zum Auftritt der
Hörner. Jan von Klewitz reißt aus, lässt
sein Altosax raunzen und rülpsen, jauchzen und röhren, während der Begleitzug
zwischendurch immer wieder gekonnt ins
Stocken gerät. Dann Wülkers erwähntes
Solo, gespickt mit hippen, kraftvollen
Harmonizer-Passagen, dann ein Chorus,
die Reprise – und die Nils Wülker Group
lässt ihre Fahrt gemütlich dorthin ausklin-
U
ngefähr in der Mitte des neunminütigen Stücks wird Wülkers Solo
gen, wo sie begonnen hat: im Nichts.
Markus Klohr
zum Solo im wörtlichen Sinne,
Lesen Sie dazu den Leitartikel von
Andreas Kolb auf Seite 1.
Edward Maclean mit sublim gezupftem
Unser Bild zeigt v.l.n.r.: Maxi Sickert,
oder knackig geslapptem E-Bass und
Juryvorsitzende, Preisträger Markus
Jens Dohle, der seine Snaredrum wie
Klohr und Wolfram Knauer, JazzinstiGleise rattern lässt. Um das Getriebe
tut Darmstadt. Foto: Jazzinstitut
ForumUsh_JazzZeitung_111x100_Layout 1 23.05.11 19:05 Seite 1
bevor das Sextett wieder ihren Groove-
Zug losrauschen lässt. Dampf machen
FÜNF QUIRLIGE GITARRISTEN
Zum Willisau Jazz Festival 2011
Auch bei seinem zweiten FestivalJahrgang hat Arno Troxler Spuren in
Willisau hinterlassen. „Ich habe das
Festival nicht umgepolt oder neu ausgerichtet“, versicherte der künstlerische Leiter im Vorfeld. „Es ist vielmehr eine Weiterentwicklung dessen,
was ich im letzten Jahr begonnen
habe.“
wie bei Anemone. Das Quintett um die
sichtlich stabilisiert hat. Hervorstechend
beiden überragenden Bläser Peter Evans
waren Schwerpunkte, die frei improvi-
(tp) und John Butcher (sax) bot eine frei
sierten Jazz ebenso ablichteten und die
improvisierte Performance der Extraklas-
New Yorker Szene oder Rock dominierte
se. Ins Freie strebte zuweilen auch Ellery
Ambitionen.
Eskelin (sax), der sich mit den Europäern
Dass allein fünf quirlige Gitarristen die
Christian Weber (b) und Michael Griener
Willisauer Bühne betraten, war überra-
(dr) bestens verstand.
schend. Mit dem Jazz allerdings hatten
Kein Festival hierzulande ohne Amerika,
sie nicht viel am Hut. Sie orientierten sich
dem Ursprungsland des Jazz. Die nahe-
atsächlich wurde das Klangspek-
eher an Rock-Heroen wie Christy Doran
zu unbekannte Schlagzeugerin Allison
trum des 1975 von Niklaus Troxler
mit seinem lärmenden New Bag, übten
Miller mit ihrem Quartett Boom Tic Boom
gegründeten Jazz Festivals Willi-
sich in gefälligen Dekonstruktionen wie
überzeugte mit liedhaft-bluesigen Stü-
sau erweitert, ohne den Boden des Free
einleitend
Quintett
cken, bei denen Pianistin Myra Melford
Jazz zu verlassen. In diesem Jahr gab es
Capillary Action oder in wirkungsvollen
allseits Akzente setzte. Während Endan-
wieder viele Entdeckungen zu machen,
Orchestrierungen, wie sie der profilierte
gered Blood mit Chris Speed (ts) und Jim
ohne dass zahlreiche große Namen ins
Nels Cline mit seinen Singers exerzierte.
Black (dr) einen eindeutigen Höhepunkt
Luzerner Hinterland geströmt sind. Und,
Auch das dadaistische Gemisch wilder
markierte, enttäuschte Dave Douglas
VIKTORIA TOLSTOY:
JAZZ VOM FEINSTEN
nicht hoch genug einzuschätzen: Der seit
Attacken aus Lärm, Lust und Humor,
maßlos. In der Filmvertonung des Fran-
Jahren
Publikumsrückgang
geboten vom österreichischen Trio Wei-
kenstein-Themas, das sich sein Quintett
konnte gestoppt werden. Die Festival-
ße Wände, einer wahrhaften Festival-
Keystone vorgenommen hatte, gab es
Halle präsentierte sich, um ein Drittel
Entdeckung, ging in diese Richtung.
keine Berührungspunkte zwischen Bild
verkleinert, in neuem Gewand mit anstei-
Einzig Frank Möbus befand sich in einem
und Ton.
gender Tribüne und abgetrennter Bar, mit
vorzüglich kollektiv aufspielenden Quar-
Die 37. Ausgabe des Jazz Festivals Willi-
Bürgerhaus Unterschleißheim
Rathausplatz 1 [direkt an der S 1 Haltestelle Unterschleißheim]
Karten: Karten 20 |15 € zzgl. 1 € Systemgebühr
Tel.: 089/310 09 200, www.forum-unterschleissheim.de
mehr atmosphärischer Dichte insgesamt.
tett, das von Daniel Erdmann (sax) und
sau präsentierte höchst lebendige Musik
Mit der 37. Ausgabe, Bilanz vorweg, kann
Samuel Rohrer (dr) geleitet wurde. Mit
und erfüllte alle Erwartungen. Ein starker
Arno Troxler zufrieden sein. Jazz in allen
klangmalerischer Raffinesse kamen kom-
Jahrgang.
Varianten gab es zu hören, goutiert vom
munikative Prozesse in Gang, ähnlich
2 011 / 2 01 2
Publikum, das sich 3.500 Zuhörern offen-
S P I E L Z E I T
T
KULTUR IN UNTERSCHLEISSHEIM
FORUM UNTERSCHLEISSHEIM
Mittwoch, 8. Februar 2012, 20 Uhr
anhaltende
Jonathan
Pfeffers
Reiner Kobe
jazzzeitung 5 2011 Seite 5
berichte
KRAWUMM!
Zum Jazzfestival Saalfelden 2011
Längst hat der Jazz die Hundert überschritten. Dass er sich trotz des stolzen fortgeschrittenen Alters oft so vital
zeigt, hat mit der Neugier, der Offenheit, den Ambitionen und der Risikobereitschaft einiger seiner namhaften
Protagonisten zu tun, aber auch mit
den vielen Musikern, die ihn abseits
einer großen Öffentlichkeit immer wieder neu erfinden wollen. Jazz ist und
bleibt eine Versuchsanordnung.
D
auf mächtig „Krawumm!“ hinaus. Lärm
nämlich, oder neudeutsch „Noise“, ist ein
Gestaltungsmittel, dem man Ende August
am Steinernen Meer im Pinzgau kaum
entkommt. Es war interessant anzuhören, wie unterschiedlich die eingeladenen
Künstler damit umgingen: Während die
akustischen Störmanöver in der Band der
Violaspielerin Jessica Pavone so gewollt
tönten wie der Rest ihrer unorganischen
Musik, nutzten andere Formationen den
Radau differenzierter: Die Bands des nor-
ass diese auch die Möglichkeit des
wegischen Bassisten Ingebrigt Haker Fla-
Scheiterns beinhaltet, gab Mario
ten, des vietnamesisch-amerikanischen
Steidl – neben seiner Frau Micha-
Trompeters Cuong Vu, des Gitarristen Nels
ela Mayer einer der beiden Intendanten
Cline, die Gruppen Bushmen´s Revenge
des
und Das Kapital setzten das infernalische
Jazzfestivals
im
österreichischen
Saalfelden – einige Monate vor der Veran-
Volumen
staltung auf einer Pressekonferenz auch
ein – auch wenn es eine besonders grelle
unumwunden zu. Wo gibt es das noch,
ist… Dort, wo Rückkopplungen, Verzerrer
dass ein Festival nicht auf Nummer sicher
oder Distortion-Pedale keine Anwendung
gehen will und sich auf Wagnisse ein-
fanden, spielte sich manche Gruppe mit
lässt? Dafür ein großes Kompliment, ge-
Mitteln der Dynamik bis an die Lust berei-
folgt von einem kleinen Kritikpunkt: Vor-
tende Schmerzgrenze: so geschehen beim
ab verteilte Tonträger deuteten manchen
Auftritt des Pianisten Matthew Shipp. Ein
musikalischen Flop schon an. So konnte
kleiner, fast ironischer Wink an die Ver-
man sich sicher sein, dass etwa der Free-
anstalter dürfte aber gewesen sein, dass
Jazz-Saxophonist David S. Ware in den
ausgerechnet eine klassisch anmutende,
letzten Jahren nicht groß dazugelernt hat.
berührende, zarte, von Dissonanzen freie
Und so kam es dann auch: Er spielte auf
Ballade den größten Applaus des gesam-
der Bühne im ausverkauften Congress
ten Festivals einbrachte: Gespielt wurde
eine Musik, die einfach anachronistisch
sie vom sonst auch nicht eben zart besai-
wirkt – da kann sie noch so energetisch
teten Trio „The Bad Plus“, das sich mit dem
sein. Ob seine Power den türkischen Im-
Saxophonisten Joshua Redman einließ.
provisatoren von „KonstruKt“, die sich um
Das Konzert gehörte zu den nicht wenigen
Marshall Allen, den einstigen Wegbeglei-
Höhepunkten der Veranstaltung. Die hatte
ter Sun Ras verstärkten, etwas gebracht
im Übrigen auch mal Musik für Feinsinnige
hätte? Kaum. Sie klangen so unsinnig wie
zu bieten. Solche wurde im Eröffnungskon-
unsinnlich. „Tsching Bummmm“, „Humba
zert von Max Nagl gespielt, aber ebenso
Humba Tätarä“, „Didl Dum Didl Dey“, „Ho-
in Lorenz Raabs Allstar Quartett „Expan-
ladiria Holadioh” stand in Riesenlettern
ded“, im Trio des Schlagzeugers Jim Black
auf den Plakaten, mit denen das Jazzfes-
oder im Quartett der Trommlerin Allison
tival Saalfelden diesmal für sich warb.
Miller. Es geht auch ohne Krawumm.
Die Musik der vier Festivaltage lief aber
BMW Welt
www.bmw-welt.com
Freude am Fahren
als
faszinierende
Klangfarbe
Ingebrigt Haker Flaten
Text und Foto: Ssirus W. Pakzad
BMW WELT
JAZZ AWARD 2012.
Jazz and the city.
Auswahlmatineen jeweils sonntags von
11.00 bis 13.30 Uhr im Doppelkegel der BMW Welt.
22.01.
29.01.
26.02.
04.03.
18.03.
25.03.
Erik Truffaz Quartet – Paris
Agustí Fernández’ Aurora Trio – Barcelona
Hoppy Kamiyama – Tokio
Dan Tepfer Trio – New York
Mathias Eick Quintet – Oslo
Wolfgang Muthspiel Drumfree – Wien
Eintritt frei, keine Sitzplatzgarantie.
Samstag, 05.05., ab 19.00 Uhr,
Finale mit Preisverleihung
Tickets für das Finale ab 22.01.2012 in der BMW Welt
und bei München Ticket. Infos unter: www.bmw-welt.com
FREUDE ENTDEcKEN:
BMW WELT, MUSEUM
UND WERK.
BMWEF-1203_Jazzaward_AZ_285x205_RZ_1013_CS5_5 1
17.10.11 17:04
jazzzeitung 5 2011 Seite 6
portrait
JazzZeitung: Stichwort Skandinavien –
da hört man ja deutliche Einflüsse von
skandinavischem Folk in der Musik auf
„Park“. Ist das etwas wie ein gemeinsamer Nenner von euch vier?
Fattigfolket: Ja, dazu haben wir schon
alle einen Bezug. In letzter Zeit habe ich
aber auch die traditionelle Musik anderer Länder und Weltgegenden studiert.
Speziell die aus Mosambik, Simbabwe
und Mali. Die ist nämlich wunderschön
und hat eine ungeheure Tiefe! Im Jahr
2008 lebte und arbeitete ich in Maputo,
in Mosambik, und kam dabei mit phantastischen Musikern zusammen. Kurz
danach auch mit Musikern aus Simbabwe, deren Musik eine solche Kraft und
Offenheit besitzt, dass sie eine gewaltige
Anziehungskraft auf mich entwickelt hat.
JazzZeitung: Euer Bandname kann in
etwa übersetzt werden mit „Das arme
Volk“, und eure Website erzählt von eurer Philosophie des Teilens, wie ihr es aus
der Zeit eurer Großeltern kennen würdet.
Was meinst du, was läuft falsch in der
Welt und könnt ihr als Band vielleicht etwas daran ändern?
Fattigfolket: Ich habe das Gefühl, dass
man in der Gesellschaft nicht mehr teilt,
sondern sich miteinander vergleicht. Und
es gibt viele neue Dinge, die aber nicht
hergestellt werden, weil man sie benö-
WAS IN DER WELT FALSCH LÄUFT
Das Quartett Fattigfolket mit seinen „Parkerlebnissen“
Das Quartett Fattigfolket weist einige
Besonderheiten auf – es fängt mit der
„Länderkonstellation“ der Bandmitglieder an: Zwei Musiker stammen aus
Norwegen und zwei aus Schweden.
Und zum gemeinsamen Musikmachen
zusammengefunden haben sie sich
im Jahre 2000 in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen. In der Besetzung
Trompete (Gunnar Halle), Saxophon/
Klarinette (Hallvard Godal), Bass (Putte Johander) und Drums (Ole Morten
Sommer) spielen die vier dann auch
noch einen Jazz, der manchmal eher
folkig als jazzig klingt. Kurz: Fattigfolket machen Musik, die sich aus
Quellen innerhalb und außerhalb der
Genregrenzen des Jazz speist. Eine
Musik, die äußerst lebendig, bewegt
und bewegend daherkommt.
Im
kommenden
Bedürfnis künstlich erzeugt wird.
Ich glaube, dass das gerade in dieser
Kombination sehr schlecht für uns alle
ist. Auf kurze, wie auf längerer Sicht. Für
die Menschen und für die Umwelt. Aber
die Kultur kann Richtungen, Werte aufzeigen. Wie das Teilen miteinander. Es
wäre schön, wenn jemand diese Idee in
JazzZeitung: Und? Ist nun die Zeit ge-
JazzZeitung: Parks als Freiräume zur
hen und möglicherweise auch eine Loca-
unserer Musik hört. Aber wir sind nun mal
kommen, Dinge zu ändern?
Entspannung. Nutzt ihr die auf diese Wei-
tion für ein Konzert...
nur ein winzig kleines Rädchen im Räder-
Fattigfolket: Es fühlt sich immer noch
se, wenn ihr auf Tour seid? Sozusagen als
Natürlich liebe ich auch die „richtige“
werk.
frisch an. Sogar bei den Konzerten, die
„Natur light“?
Natur. Ich stehe aber nicht darauf, wo-
wir kürzlich hatten, passierte immer et-
Fattigfolket: Naja, außer zu entspan-
chenlang bei strömendem Regen in den
was Unvermutetes, etwas Neues! Es gibt
nen, kann man sich in einem Park auch
Bergen zu wandern, im Zelt zu schlafen
also gemeinsam noch viel zu entdecken.
prima fokussieren.
– alles ist nass, brr! Essen aus der Dose...
JazzZeitung: In all den Jahren ist „Park“
Und in der Nähe eines Parks findet sich
Manche Norweger aber lieben das gera-
erst euer drittes Album. Sonderlich pro-
häufig auch ein guter Platz zum Essenge-
dezu.
Interview: Carina Prange
CD-Tipp
Fattigfolket: Park
Ozella Music OZ 038 (Galileo Music)
Rezension auf Seite 14!
duktiv wirkt das gerade nicht...
Fattigfolket: Die ersten beiden Alben
folgten kurz aufeinander, weil wir ja den
„Tremplin Jazz d‘Avignon“ European Jazz
Contest gewonnen hatten, kurz nachdem
unser Debüt erschienen war. Eine CD-Aufnahme war aber nun mal Teil des Preises,
also mussten wir gleich wieder ran. Die
Stücke, die wir dann aufnahmen, waren
durch die Bank brandneu. Dieses Mal
wollten wir nur Songs aufnehmen, die zur
Genüge erprobt sind. Das zog sich hin.
JazzZeitung:
tigt. Sondern für die, im Gegenteil, ein
„ICH GEHE LEICHTEN HERZENS“
Nils Landgren verlässt das JazzFest Berlin
Fünf Jahre lang war Nils Landgren
künstlerischer Leiter des JazzFests
Berlin. Mit dem Schwerpunkt „Jazz
aus Polen“ verabschiedet sich der
schwedische Posaunist nun aus der
Hauptstadt. Seinen Posten übernimmt
der Jazzkritiker Bert Noglik. (Siehe
dazu auch unser Interview in der JazzZeitung 4-11.)
grafisches Motto funktionieren kann?
Landgren: Ja. Ich war überzeugt davon,
dass man mit Europa – was ja ein Riesenschwerpunkt ist – ein erfolgreiches
Festival machen kann. Auch ohne ameri-
Jahr,
JazzZeitung: Kommen wir mal zur CD
2012, werdet ihr auf eine zwölfjährige
und ihrem Titel. Ein „Park“ repräsentiert
Geschichte von Fattigfolket zurückbli-
ja eine gezähmte Form der Natur, im Ge-
cken. Hättet ihr bei der Gründung der
gensatz zur „ungezähmten“ Natur in Nor-
Band geglaubt, dass ihr so lange zusam-
wegen oder Schweden. Wolltet ihr etwas
menbleiben würdet?
in dieser Richtung ausdrücken?
JazzZeitung: Herr Landgren, ist es ein
mand, der den deutschen Musikern hier-
Fattigfolket: Hätten wir sicher nicht –
Fattigfolket: Auf eine Art, ja. Wenn wir
Vorteil, wenn man als Festivalleiter selbst
zulande die Jobs wegnimmt.
wenn wir damals darüber nachgedacht
Musik komponieren oder improvisieren,
Musiker ist?
Landgren: Stimmt. Als schwedischer
hätten! Wir hatten aber gar keine Erwar-
dann holen und „zähmen“ wir Elemente
Nils Landgren: Von Nachteil war es si-
Musiker, der so gut in Deutschland auf-
tungen an die Zukunft, als es losging. Ich
wie Rhythmen, Töne, Klänge und Formen,
cher nicht, dass ich die Programme mit
genommen wird, wollte ich deshalb gu-
erinnere mich an unser erstes Konzert
die wir der „wilden“ Umgebung des mu-
den Augen eines Musikers zusammenge-
cken, ob das auch umgekehrt geht. Ich
JazzZeitung: Eine Festivalleitung ist ein
mit selbstkomponierter Musik. Das war ja
sikalischen Universums entreißen. Und
stellt habe. Wir hatten sehr gute Besu-
habe eine Konzertreihe gestartet, die
ziemlich aufwändiger Posten. Was ma-
ganz hübsch, dachten wir bei uns. Lasst
dann domestizieren wir sie, inszenieren
cherzahlen, obwohl wir nur wenige Stars
unbekannte deutsche Musiker im Kul-
chen Sie nun mit Ihrer Zeit?
uns das nochmal machen! Tja, und das
sie gemäß unserer Vorstellungen. Hmm,
eingeladen haben.
turhaus in Stockholm präsentiert. Es hat
Landgren: Ich habe genug zu tun. Ich
taten wir...
schönes Bild! (lacht)
JazzZeitung: In diesem Jahr hält es sich
arbeite als künstlerischer Berater der
auch in Grenzen mit den großen Namen.
NDR Bigband und unterrichte an der
Landgren: Es gibt nicht viele polnische
Hochschule in Hamburg. Außerdem lei-
Musiker, die einem breiten Publikum be-
te ich eine Bigband in Göteborg. Das ist
Der Fachbereich Musik der
Hochschule für Künste Bremen
lädt alle, die sich für ein Musikstudium
an der HfK interessieren, ein zu einer
Studieninformationswoche
kannteren, insbesondere die deutschen
Musiker.
kannt sind. Ein Festival kann aber ohne
große Namen funktionieren. Das hat natürlich auch mit dem Budget zu tun. Wir
Berlin präsentieren. Wenn wir aber die
Angeboten werden:
- Information über das Studienangebot, Bewerbungsvoraussetzungen
- Studienberatung im Hauptfach
- offener Unterricht: im Hauptfach, in Klassenstunden,
während Ensembleproben
- Vorspielen, Vorsingen und/oder Einzelunterricht im Hauptfach
- Rahmenprogramm mit Konzerten und Klassenvorspielen
Schwerpunkt Ihre Entscheidung?
des Jahr zwei längere Tourneen. Derzeit
befinde ich mich in einer ganz phantastischen Lebensphase: Ich darf genau das
www.facebook.com/jazzzeitung
absoluten Top-Acts holen, dann ist die
JazzZeitung: War der diesjährige Polen-
Foto: Sebastian Schmidt
auch ziemlich aufwändig; wir machen je-
NEU: die JazzZeitung auf
Facebook
wollen so viele Musiker wie möglich in
vom 30. Januar bis 3. Februar 2012
Anmeldungen werden erbeten bis zum 16. Januar 2012 an die Hochschule für Künste Bremen, Veranstaltungsbüro, Dechanatstraße 13–15,
28195 Bremen oder per E-Mail: a.hartmann@hfk-bremen.de
dann auch großes Interesse für die unbe-
JazzZeitung: Nun sind Sie selbst je-
Geldkiste schnell leer.
Nähere Informationen sowie das Anmeldeformular finden Sie ab dem
5. Dezember 2011 auf unserer Homepage unter www.hfk-bremen.de
kanische Stars. Und das Publikum zeigte
machen, was ich am liebsten mache.
Deshalb gebe ich meinen Posten in Berlin
Verlosung, Tipps, tagesaktuelle
Meldungen und vieles mehr!
leichten Herzens an Bert Noglik weiter.
Obwohl mir das JazzFest großen Spaß gemacht hat; die Mitarbeiter hier im Haus
Landgren: Die Berliner Festspiele fei-
sind phantastisch.
ern in diesem Jahr die tausendjährige
sich gezeigt, dass man das Interesse des
JazzZeitung: Treffen Sie sich mit Bert
kulturelle Begegnung zwischen Deutsch-
Publikums dafür durchaus wecken kann.
Noglik zu einer offiziellen Schlüsselüber-
land und Polen. Ich fand das ganz phan-
Aber man muss sich Mühe geben!
gabe?
tastisch, denn so hatte ich die Chance,
JazzZeitung: Es gab immer wieder Sei-
Landgren: Bert ist ein sehr erfahrener
viele tolle polnische Musiker zu entde-
tenhiebe, Ihre Festivalprogramme seien
Festivalleiter. Ich habe ja selbst ein
cken. Ich bin sicher, dass das Berliner Pu-
zu seicht und kommerziell. Wie gehen Sie
paar Mal bei ihm während der Leipziger
blikum ebenso begeistert ist. Wir hätten
mit diesem Vorwurf um?
Jazztage gespielt. Und als Mitglied des
problemlos ein rein polnisches Festival
Landgren: Ich bin überzeugt von der
ARD-Gremius hatte er auch schon bis-
zusammenstellen können. Aber ich finde
Musik der Künstler, die ich einlade – egal
her einen gewissen Einfluss auf die Pro-
es besser, wenn der Radius geografisch
ob das Free Jazz ist oder in eine poppige
grammgestaltung. Er weiß also, worum
und musikalisch ein bisschen weiter geht.
Richtung geht. Solche Schubladen sind
es geht. Da muss man keine Sitzung
JazzZeitung: War der recht erfolgreiche
mir egal. Mich interessieren die Qualität
machen. Aber ein Bier trinke ich gern mit
Schwerpunkt „Europa“ im vergangenen
der Musik und die Kommunikation mit
Bert. Oder zwei.
Jahr ein Testballon dafür, ob so ein geo-
dem Publikum.
Gespräch: Antje Rößler
jazzzeitung 5 2011 Seite 7
portrait
jazzlexikon
P
Michel Petrucciani
28. Dezember 1962 in
Montpellier, Frankreich,
bis 6. Januar 1999, New
York
Da er von Geburt an wegen extremen
Kalziummangels an der seltenen Glasknochenkrankheit litt, war Michel Petrucciani
nur einen knappen Meter hoch und konnte
die Pedale nur dank einer speziellen Vorrichtung benutzen. Die Osteogenensis imperfecta hatte auch zur Folge, dass er auf
sich aufpassen musste, buchstäblich wie
auf ein rohes Ei, denn jede Ungeschicklichkeit konnte fatale Folgen haben. Mit Fleiß
und Willenskraft, vor allem aber dank einer einzigartigen Begabung, konnte er alle
Schwierigkeiten überwinden.
Der Sohn eines sizilianischen Gitarristen
verdiente sich seine ersten Sporen zunächst in der Familienband seines Vaters
Tony. Die Sanglichkeit seiner Musik hat
er im Gespräch mit JazzZeitungs-Autor
Bert Noglik auf sein „italienisches Herz“
zurückgeführt: „Wir singen viel und sind
vielleicht ein bisschen glücklicher, das
liegt wohl im Blut.“ Bei Kenny Clarke wurde er mit 15 Profimusiker. Er hatte schon
mit Clark Terry gespielt, als er in die Musikmetropole Paris zog. Zu seinen ersten
Weggefährten gehört auch Lee Konitz,
doch Charles Lloyd, in dessen Quartett er
international bekannt wurde, gilt als sein
Entdecker. In jener Zeit erinnerte sein Spiel
auch an Keith Jarrett, der ja einst ebenfalls
regelmäßig an der Seite Lloyds zu hören
gewesen war. Obwohl er von 1989 bis
1992 ein Quartett leitete, in dem neben
seinem Klavier der Synthesizer von Adam
Holzman in Erscheinung trat, stets ein sensibler Duopartner war und viel im Trio musizierte, bleibt er vor allem als Solopianist
unvergessen.
Seit den 80er-Jahren war er unablässig
zwischen Europa und den USA unterwegs. Als frustrierter Jet-Setter, der nie
genügend Zeit für Musik, Familie, Essen
und Schlafen habe, beschrieb sich Michel
Petrucciani in einem seiner letzten Interviews. „Ich tröste mich dann, dass ich
noch jung bin und noch viel Zeit habe.“
Zeit, eine Sinfonie zu komponieren, Zeit,
nach jahrelangem Erfolg als Solopianist
wieder im Trio zu musizieren. Als er dann
doch erst 36-jährig in einem New Yorker
Krankenhaus an Lungenentzündung starb,
hatte er allerdings etwas erreicht, was nur
wenigen Jazzkünstlern zu Lebzeiten vergönnt ist: Anerkennung nicht nur in Fachkreisen, sondern – zumal in Deutschland,
wo er auch „Fernseh-Star“ war (Willemsens Woche) – eine Popularität bei Millionen Nicht-Jazz-Hörern, für die er (wie einst
Satchmo oder Ella) den ersten oder gar
einzigen Zugang zu einer Musik bedeutete, die für sie sonst nur ein Buch mit sieben Siegeln gewesen wäre. Wegen seiner
Behinderung sprachen boshafte Zungen
von einem Behinderten-Bonus.
Doch gerade damit hätte man auch seinen
Misserfolg begründet, hätte er serielle Musik oder Free Jazz gespielt. Er verkörperte
jedoch die romantische Seite des modernen Mainstream-Pianos. Wie einst Chopin
spielte sich der französische Tas-tenartist
mit einer Mischung aus atemberaubender
Virtuosität und unverhüllter Gefühlsinnigkeit, feinnerviger Lyrik und überschäumender Spiel- und Lebensfreude in die
Herzen der Menschen. Welch stimmige
Symbolik, dass er auf dem Pariser Prominentenfriedhof Père Lachaise in der Nähe
jenes anderen früh verstobenen Götterlieblings ruht.
Marcus A. Woelfle
UNGEHEURE KREATIVE ENERGIEN
Nürnbergs Jazz-Szene blüht
Nie gab es in Nürnberg augenscheinlich so viel Jazz, so viele verschiedene Akteure, „Konzepte“, neue und
alte Spielorte, die manchmal mehr,
manchmal weniger professionell um
die Gunst des überschaubaren Publikums buhlen wie im Moment. Nie war
die Jazzszene in Nürnberg so dezentralisiert, reich an Initiativen und jungen viel versprechenden Musikern,
allen voran die Sängerin Yara Linss
(siehe auch unser Portrait auf S. 8 dieser Ausgabe), der zwischen Nürnberg
und Berlin pendelnde Bassist Alex
Bayer, der nicht nur in der Band von
Multibläser Steffen Schorn für Furore sorgende Pianist Johannes Billich,
die Sängerinnen Rayka Wehner, Olivia
Solner, Agnes Lepp oder Sabine Müller und ihre Band Seide (Portrait in der
JazzZeitung 4-11!) beziehungsweise
Christina Jung und ihre Band Jungblut.
Ebenso der Gitarrist Filip Wisniewski,
die souverän zwischen Jazz, Hip Hop
und Groove mäandernde MultikultiBand Carlos Reisch um Rainer Pirzkall
oder die Klarinettistin und Komponistin
Rebecca Trescher.
oder spannenden Duos wie dem mit Aki
Takase und der frisch gebackenen Jazzpreisträgerin der Nürnberger Nachrichten, nämlich der Berliner Saxophonistin
Silke Eberhard. Immerhin setzt Tafelhallen-Leiter Michael Bader außerhalb der
„Art of Jazz“-Reihe im einstigen Spielort
der „Art of Jazz“-Reihe herausragende
Akzente: So gastiert am 2. Dezember
die umwerfende irische Sängerin Camille
O’Sullivan und schon am 19. November
gastiert dort der New Yorker Posaunist
Roy Nathanson mit seinem „Sotto Voce“Projekt. Neben dem Kunstverein Kohlenhof ist die Tafelhalle ebenfalls „Tatort“ der
vielfältigen Aktivitäten des Vereins MetropolMusik und lädt am 12. November
zum Konzert des MetropolMusik-Orchesters ein. Der Verein MetropolMusik e.V.
(www.metropol-musik.de/) wurde insbesondere von Yara Linss und Peter Fulda
gestartet. Man beschreibt sich selbst so:
„Das MetropolMusik Kollektiv sieht seine
Berufung und Erfüllung darin, ,metropolmusik‘, die Musik der in der Metropolregion Nürnberg–Fürth–Erlangen–Schwabach
beheimateten
schöpferischen
Musiker
Susanne Folk (li.) und Sophie Tassignon. Foto: Archiv
aufzuführen und zu verbreiten. Kreativität und Qualität sind dabei ausschlagge-
anderem die Berliner Saxophonistin und
und Kontrabass liebevoll und raffiniert ar-
ürde man das hier frei flottie-
bend, stilistische Kriterien spielen keine
Komponistin Susanne Folk, einmal mit
rangierte Musik lotet die Soundmöglich-
rende kulturelle und ökono-
Rolle: Zeitgenössische Musik, aktuelle
ihrer Band So.Weiss (29.1.12) und zum
keiten der vier Soloinstrumente aus, wo-
mische Kapital bündeln und es
Klassik und Jazz sind für Konzerte des
anderen mit dem Folk/Tassignon Quartet
bei der Zuhörer vor die Wahl gestellt wird:
auf hohem Niveau in einem professionell
MetropolMusik e.V. ebenso interessant
(25.3.12). Mit avantgardistischer Beset-
Lässt er sich einfach fallen und lauscht
aufgestellten Team zu einem schlüs-
wie ambitionierte Popmusik, Rock, Folk
zung und Kammerpopsound schafft es
dem Gesamtklang, verfolgt er die gesun-
sigen Gesamtkonzept plus konzertanter
oder
span-
das Folk/Tassignon Quartet eine Welt zu
genen Geschichten, kann er vielleicht die
Marketingstrategie konsequent und mit
nende Impulse wie aus dem Zirkel der
kreieren, die einen nur in seinen Bann
Melodien der Einzelstimmen heraushö-
langem Atem entwickeln, dann könnte
MetropolMusik kommen aus dem DB-
ziehen kann! Die Kompositionen der bel-
ren, oder ertappt er sich, wie er manch-
die
des
Museum. Im Schnittpunkt zwischen Jazz,
gischen Sängerin Sophie Tassignon und
mal zu dem vorhandenen Rhythmus in-
Jazz in der Metropolregion, vor allem in
Folk und modernen Pop-Musik-Stilen hat
der Deutsch-Amerikanischen Saxophoni-
nerlich das Schlagzeug hinzuaddiert? Der
Nürnberg, Erlangen und Fürth allerdings
Rainer Mertens dort eine Jazz-Matineé-
stin/Klarinettistin Susanne Folk beschrei-
Zuhörer wird unterbewusst zum fünften
überhaupt erstmal weitläufig sichtbar
Reihe ins Leben gerufen, die sieben Mal
ben unvergessliche Momente, groteske
Instrument gemacht und wird sich nicht
werden – und mittelfristig über die Regi-
im Jahr jeweils an Sonntagen Jazz und
Bilder, tiefe Sinnkrisen, das Geheimnis
nur durch Folks und Tassignons Vorliebe
on hinausstrahlen und eine nachhaltige
jazzverwandte Musik von überwiegend
der Zeit und schaffen es damit, jegliche
zum Crossover von Elementen aus Tango,
Jazzkultur etablieren. Aber dazu fehlt es
jungen Musikern vorstellt. Im Winter 2012
Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Die
Blues, sogar Reggae überrascht fühlen...
im Moment an Weitblick, bündelnden
im Januar und März spielen dort unter
für Gesang, zwei Holzblasinstrumente
W
ungeheure
professionellen
kreative
Köpfen,
Energie
Experimentelles.“
Ähnlich
Reinhold Horn
strategischem
Projektmanagement der Marke Jazz und
mangelnder Vernetztheit so mancher
überforderter oder uninspirierter (Freizeit-)Spieler der allzu sehr zersplitterten
Szene. Denn In der Realität ist man leider weit entfernt davon, in der Stadt und
für die Stadt Nürnberg Kapital aus dieser
CD-HIGHLIGHTS
WINTER 2011
Überfülle an Aktionen und kreativen Energien zu schlagen, aber immerhin kann
man seit etwa 18 Monaten von einer erdrückenden Überfülle von Jazzkonzerten,
die jedoch noch keine breite Jazzkultur
ausmachen, in großen Sälen und auf
Club-ebene
profitieren.
Festivals
und
festival-ähnliche Formate gibt es dabei
genauso wie spektakuläre Einzelkonzerte
WDR BIG BAND KÖLN
& NICOLAS SIMION
mit aufstrebenden Jazz-Stars oder Rising
Stars. War bis Sommer 2009 noch das
Jazzstudio Nürnberg (www.jazzstudio.de)
der unangefochtene Tempel des Jazz in
der Frankenmetropole, der die entscheidenden Akzente und Trends setzte, gibt
http://blogs.nmz.de/jazz
www.facebook.com/jazzzeitung
Balkan Jazz
Bigband Rec. CD BIG 1003
-----------feat. Zoltan Lantos, Fausto Beccalossi,
Bill Dobbins
es nun neben dem fleißigen Verein im historischen Kellergewölbe eine Reihe von
anderen „Spielern“ in der Nürnberger
Szene, darunter nach wie vor die Tafelhalle Nürnberg, in der nicht nur das Sunday
Night Orchestra regelmäßig spielt, aber
auch das DB-Museum mit seinen sonntäglichen Jazzmatinées, die Hochschule
für Musik oder aber das Maritim-Hotel,
wo Ex-„Kunst Kultur Karstadt“-Chef Hein-
DAS KAPITAL
Hanns Eisler Vol. 1
Ballads & Barricades
Wizmar Rec. CD WIZ 9025
-----------Jahrespreis 2011 der
Deutschen Schallplattenkritik
rich Sager in stilvollem Ambiente in der
Maritim nun bis zu 500 hochkarätige
Jazzkonzerte veranstaltet. In die Kultur
Lounge kommen zum Beispiel am 6. November Ex-Miles-Davis-Saxophonist Bill
Evans oder im Mai nächsten Jahres Gitar-
Film-Tipp
„Michel Petrucciani – Leben gegen
die Zeit“ ist der Titel eines Biopics
über den Ausnahmekünstler. Regie
führte Michael Radford, deutscher
Kinostart ist am 8. Dezember 2011.
Der Film erzählt anhand von Interviews mit den Menschen, die ihn
durch sein Leben begleitet haben
– wie seine Familie, Charles Lloyd,
Aldo Romano oder Roger Willemsen –
seine Geschichte.
www.polyband.de
ren-Altmeister Al Di Meola. Gelegentlich
setzt auch der im Moment vorwiegend
im
Klassik-Bereich
tätige
Großveran-
stalter NürnbergMusik ein Jazzhighlight,
beispielsweise mit Manú Katché oder im
Juni nächsten Jahres mit dem All-StarDuo Bobby McFerrin und Chick Corea.
Beinahe in die Bedeutungslosigkeit versunken ist leider die viele Jahre Maßstäbe setzende „Art of Jazz“-Reihe, die noch
bis 2009 Maßstäbe setzte mit Konzerten
von trendigen, auch international bedeutenden Künstlerin wie Nik Bärtschs Ronin
MARC SCHMOLLING TRIO
Live in Berlin Vol. 2
Wizmar Rec. CD WIZ 9026
-----------Marc Schmolling - p
Jonas Westergaard - b
Christian Lillinger - dr
-----------Unsere CDs sind erhältlich im
Jazzfachhandel, auf Konzerten,
im Internet.
NRW Jazz, Postfach 1406
23957 Wismar
Tel. 0 38 41.3 03 53 05
www.nrw-jazz.de
jazzzeitung 5 2011 Seite 8
portrait
NIE EIN BEBOP-MUSEUM SEIN!
Matthias Winckelmann blickt auf 40 Jahre Enja zurück
Ein Rückblick in die Jazzgeschichte:
Im Juni 1971 machten die beiden Jazzenthusiasten Matthias Winckelmann
und Horst Weber aus einem Live-Konzert des amerikanischen Pianisten Mal
Waldron im Münchner „Domicile“ eine
Platte. Die Geburtsstunde von Enja Records, einem Label, das von der Isar
aus bald internationale Größe erreichen und mit zahlreichen Veröffentlichungen große Namen des Modern
Jazz an sich binden sollte. Als sich
Horst Weber 1986 zurückzog, führte
Winckelmann das Label alleine weiter
und vollzog eine Kursänderung. Nach
mittlerweile 40 Jahren Betrieb hat sich
manches verändert, doch eines ist gewiss: Enja gehört zu den Legenden des
Jazz.
Da sagte sie uns deutlich, dass sie unter
allerdings erst zehn Jahre nach meinem
lien, Frankreich, Spanien und so weiter.
Sicherheiten etwas anderes verstünde,
Abitur passiert ist. Diese Schule war aber
Das war ungeheuer wichtig für uns. Noch
und der Kredit war vom Tisch. Ich habe
unglaublich gut und hat einen zu enor-
heute verkaufen wir von der Platte nicht
mir dann das Geld privat von meinem
mer Selbständigkeit erzogen und darauf
unter tausend Stück im Jahr. Sollte man
Vater geliehen, und schon nach zwei Jah-
vorbereitet, das zu tun, was man wirklich
als Musikfreund im Schrank haben...
ren konnten wir ihm alles zurückzahlen.
wollte.
JazzZeitung: Arbeiten die Künstler im
Überhaupt hatte mein Vater einen nicht
JazzZeitung: …und der Respekt von den
Studio heute anders als die Sessionmu-
unwesentlichen Anteil an dieser Entwick-
älteren Musikern?
siker der 70er- und 80er-Jahre, als Arran-
lung. Er wollte eigentlich, dass ich im
Winckelmann: …Wissen Sie, wenn ich
gements noch häufig ad hoc zusammen-
Wirtschafts- und Finanzbereich Karriere
damals in New York oder auch später im
gezimmert wurden?
mache, aber er hat sich auch immer sehr
Domicile mit älteren Musikern – gerade
Winckelmann: Die Musiker haben heu-
für Kunst interessiert. In einem Vater-
Amerikanern wie Freddie Hubbard, Woo-
te fester formulierte Ideen, klarere Vor-
Sohn-Gespräch hat er mir dann einmal
dy Shaw oder Tommy Flanagan – zu tun
stellungen von dem, was sie vorhaben.
nahegelegt: „Wenn dich etwas richtig be-
hatte, haben meine Frau und ich die erst
Manchmal sitzt man da wie ein Buchver-
wegt, so dass du damit dein Leben ver-
mal gemütlich zu uns zum Essen eingela-
leger. Es wird einem etwas angeboten
bringen willst, dann tu es, denn das ist
den. Wenn die dann gemerkt haben, dass
und man sagt, „gefällt mir, kauf ich“.
Hintergrund getreten und hat anderen
viel wichtiger als Geld. Und wenn du gut
wir es ehrlich mit ihnen meinten, ver-
Aber oft kann ich als Produzent eben
Einflüssen Platz gemacht. Ihre Künstler
bist, wirst du sowieso genug Geld damit
suchten, auf Ihre Wünsche einzugehen
doch noch vernünftige Ratschläge ge-
kamen seither nicht mehr nur aus Nord-
verdienen.“ – Das empfand ich als sehr
und auch noch bereit waren, Geld dafür
ben. Was mir heute fehlt, ist die Span-
amerika, sondern zunehmend auch aus
guten Rat.
zu zahlen, bekamen wir sofort ein offenes
nung der alten Aufnahmen, als noch mit
Europa oder Afrika. Zum Instrumentenin-
JazzZeitung: Herr Winckelmann, 1971,
JazzZeitung: Hatten Sie damals keine
Ohr. Das waren die amerikanischen Musi-
Zwei-Spur-Technik aufgenommen wurde
ventar mischten sich plötzlich Exoten wie
im Jahr, als Louis Armstrong, den Sie sehr
Zweifel, ob es Ihnen als BWL-Student –
ker gar nicht gewohnt und dementspre-
und man nicht alles beliebig wiederholen
Oud oder Saz. Ein harter Schnitt, den Sie
verehren, starb, legten Sie mit Mal Wald-
mit zugegeben lange gereifter Jazzlei-
chend begeistert. Daraus hat sich viel
konnte. Die Intensität ist damals oft eine
da vollzogen haben?
rons „Black Glory“ den Grundstein für
denschaft – gelingt, plötzlich den Jazz-
Vertrauen entwickelt und mir langjährige
andere gewesen.
Winckelmann: Mein Label sollte nie ein
Enja Records. Wie wurden aus den Jazz-
produzenten zu geben, der wesentlich
Freundschaften gebracht wie mit Attila
JazzZeitung: …auch unterstützt von di-
Bebop-Museum sein, das gibt’s ja auch
fans Matthias Winckelmann und Horst
älteren und arrivierten Musikern sagt,
Zoller oder Chet Baker, mit dessen Fami-
versen illegalen Substanzen...
und ist aller Ehren wert, ich finde das
Weber, Ihrem damaligen Partner, Unter-
wie die Dinge laufen sollen?
lie ich heute noch Kontakt habe.
Winckelmann: Allerdings! Die Musiker
aber wahnsinnig langweilig. Ich wollte
nehmer und Labelgründer?
Winckelmann: Ich habe mir nach dem
JazzZeitung: Die Aufnahme zu Chet
damals waren ein anderer Schlag. Früher
immer mehr auf die aktuelle Musikszene
Matthias Winckelmann: Zunächst ein-
Studium gedacht: „Mit dem Jazz muss
Bakers „The Last Great Concert“ ist ein
musste man ins Studio erst mal mehrere
eingehen. Angefangen hat das in einem
mal brauchten wir dafür natürlich Geld.
man doch irgendwie seinen Lebens-
ungeheurer Wurf für Enja gewesen, ein
Sixpacks Bier mitnehmen, bevor irgend-
Plattenladen in der Münchner Sonnen-
Wir gingen also zur Deutschen Bank
unterhalt verdienen können!“ Was das
Meilenstein und sozusagen das „Köln
was gespielt wurde, heute dreht sich
straße. Den gibt’s heute nicht mehr, aber
und wurden dort von einer sehr netten
Selbstvertrauen betrifft: Ich kam von ei-
Concert“ von Enja...
alles um die Frage, ob die Musiker nun
damals konnte man sich da in Kabinen
Dame geradezu mütterlich in punkto
ner sehr freiheitlichen Schule, der Oden-
Winckelmann: Ja, das könnte man so
Wasser mit oder ohne Kohlensäure trin-
setzen und den ganzen Tag Platten hö-
Unternehmensgründung
Am
waldschule, die ja erst kürzlich wegen
sagen. Eine geniale Aufnahme, mit der
ken wollen.
ren. Die Verkäuferin hat mir einmal eine
Ende fragte sie uns nach Sicherheiten,
der Missbrauchsfälle durch die Medien
besten Version von „My Funny Valentine“,
JazzZeitung: In den 80er-Jahren hat
Scheibe in die Hand gedrückt und ge-
und wir schwärmten von den tollen und
gegangen und mittlerweile von der Pleite
die man sich vorstellen kann! Die Platte
sich Ihr Katalog radikal verändert. Der
sagt, „Hör dir das mal an, da fällst du
wertvollen LPs, die wir verkaufen wollten.
bedroht ist – eine schreckliche Sache, die
hat uns international hoch gebracht – Ita-
klassische Modern Jazz ist mehr in den
aus den Socken!“. Das bin ich dann auch:
beraten.
Foto: Pakzad/enja
Die Platte war von Abdullah Ibrahim,
MEHR ALS BRAZIL-JAZZ
Dollar Brand, wie er damals noch hieß.
Ein halbes Jahr später habe ich ihn bei
einem Auftritt im Domicile kennengelernt
und wir begannen unsere Zusammenar-
Die Nürnberger Sängerin Yara Linss begeistert mit ihrem Lyrik-Projekt „Poems“
Was die jungen Geigerinnen in der
klassischen Musik sind, sind im Jazz
die jungen Sängerinnen. Jedes neue
Gesicht erzeugt erst einmal skeptische Neugier. Bei der Deutsch-Brasilianerin Yara Linss weicht die Skepsis
jedoch rasch der Begeisterung, denn
sie ist eine Klasse für sich: Sie kann
in drei Sprachen und einem weiten stilistischen Spektrum singen, schreibt
gute Melodien und entwickelt originelle Konzepte. Auf ein Vorbild oder
eine Rolle festlegen lässt sie sich
nicht. Ihr glockenheller Sopran kann
mädchenhaft-zerbrechlich, unwiderstehlich-leidenschaftlich oder auch
energisch-expressiv klingen. In ihrem
Repertoire sind durchkomponierte
und exquisit arrangierte Kunstlieder
ebenso zu finden wie kraftvoller Jazz,
melancholische Chansons und zeitgenössischer Bossa Nova. Die Musik
von Yara Linss mit dem Etikett „BrazilJazz“ zu versehen, greift zwar viel zu
kurz, doch Brasilien hat für sie eine
zentrale Bedeutung.
beit. Das hat ein neues Fenster geöffnet.
Auch Rabih-Abou Khalil kam früh zu uns.
in der so exzellente Musiker wie Steffen
Der hat mir die arabische Musik näher-
Schorn oder Paolo Morello zu ihren Leh-
gebracht. Inzwischen haben wir uns ja
rern zählten. Hier wurde ihr klar, dass
darauf ein wenig spezialisiert, das wird
„Musik keine stilistischen Grenzen haben,
immer mehr.
sondern sich in Auseinandersetzung mit
JazzZeitung: Mitunter hört man den
unterschiedlichsten Musikrichtungen frei
Vorwurf, dass Enja durch diese Öffnung
entwickeln soll“. Sie begann zu kompo-
die klare Linie abhanden gekommen ist,
nieren und machte in der Jazzszene der
die zu Zeiten von Chet Baker und Mal
Frankenmetropole rasch auf sich auf-
Waldron noch erkennbar war. Der Konsu-
merksam. 2006 veröffentlichte sie ihre
ment weiß nicht immer, was drinsteckt,
erste CD „Yara Linns & Band“, und ein Jahr
wenn Enja draufsteht...
später kam ein Konzert, das für sie den
Winckelmann: Ja, das ist mir klar. Im
„Durchbruch“ bedeutete: Beim Stimmen-
Vergleich zu uns hat ECM zum Beispiel
fang-Festival in Nürnberg war der Star-
eine viel deutlicher erkennbare Linie,
gast, die Portugiesin Maria João erkrankt,
aber das ist eben deren Weg und wir
Linns sprang ein und wurde vom Publikum
machen das anders. Renaud García-Fons
begeistert gefeiert. Auch die öffentliche
zum Beispiel hat gerade eine Solo-Kon-
Anerkennung ließ nicht lange auf sich
trabass-Platte gemacht. Was hat das mit
warten: 2008 erhielt die junge Sängerin
Jazz zu tun? Nichts, aber das ist völlig
für die „frei schwebende Songpoesie zwi-
egal, denn was der da macht, das ist un-
schen Bossa Nova und improvisiertem Vo-
glaublich. Da geht es uns mehr um Indi-
cal Jazz“ das Kulturstipendium der Stadt
vidualitäten als um Stilistiken.
Nürnberg, 2009 gewann sie den Bruno-
JazzZeitung: Bei ihrem Jubiläumskon-
Rother-Wettbewerb der Musikhochschule
zert im Gasteig wird neben Renaud Gar-
Nürnberg sowie den bayerischen Part des
cá-Fons auch Banda Cittá Ruvo di Puglia,
Weltmusik-Awards „Creole“.
ein Symphonisches Blasorchester aus
Zu neuen musikalischen Ufern brach Yara
Süditalien, spielen. Eigenartiges Line-Up
eboren wurde Yara Linss, die
Linns kurz darauf mit ihrem Projekt „Po-
für ein Jazzlabel-Jubiläum...
Tochter einer Brasilianerin und
ems“, der Vertonung von Gedichten, auf.
eines Deutschen, 1980 in São
Mit von der Partie waren der exzellente
Paolo. Als sie vier Jahre alt war, zogen
Pianist Peter Fulda, Andreas Blüml an der
die Eltern nach Deutschland. Yara wuchs
Gitarre, Alex Bayer am Bass, Werner Trei-
Rhythmuswechsel, die weit mehr sein
hinweg den „kreativen Musikschaffenden
wird zwar nicht improvisiert, aber bei die-
in Ulm auf, nahm dort Geigenunterricht,
ber am Schlagzeug und der Saxophonist
will als nur Hintergrundtapete für die
ein gemeinsames Forum zu bieten, und
sen 44 Mann ist solch eine Lebensfreu-
sang bei den Ulmer Spatzen, einem Kin-
Joachim Leonhardt. Aus 30 Lyrikbänden
schönen Worte“, urteilten die Nürnberger
so möglichst große Aufmerksamkeit auf
de und Power drin – umwerfend! Für den
der- und Jugendchor, und sammelte erste
hatte sie Gedichte ausgewählt, die sie
Nachrichten. Beate Sampson vom Baye-
dieses charakteristische regionale Po-
Jazzteil gibt es ja noch unsere Künstler,
Orchestererfahrungen. Das Sprungbrett
besonders berührten. Der Bogen spannt
rischen Rundfunk hob hervor, dass die
tential zu lenken“. Zum anderen ist sie
die in der Unterfahrt spielen werden. Lee
zur Profimusikerin war die Dinkelsbühler
sich von Heinrich Heine über Else Las-
Sängerin „mit ihrer Musik den Moment
vermehrt in Brasilien unterwegs, arbeitet
Konitz, Dusko Goykovich oder Anke Hel-
Berufsfachschule für Musik. „Obwohl ich
ker-Schüler, „eine meiner Lieblingsdich-
so fassen möchte, wie er nie wieder sein
mit Musikern dieses Landes eng zusam-
frich zum Beispiel, die dann sogar zum
die klassische Musik sehr liebe, wurde
terinnen“, bis zu James Joyce, Dorothy
wird“. Und der „Plärrer“ konstatierte kurz
men und möchte sie auch nach Deutsch-
ersten Mal in München spielen wird.
ich weder mit Opernarien noch mit dem
Parker sowie zeitgenössischen brasilia-
und bündig: „Yara Linss – eine Ausnah-
land holen.
JazzZeitung: Wir freuen uns drauf und
Liedgesang glücklich“, erinnert sie sich.
nischen Poeten. Sie vertonte jedoch nicht
meerscheinung.“
Im Frühjahr des kommenden Jahres wird
wünschen Ihnen viel Energie und Erfolg
Die „Befreiung der Stimme“ brachte die
Wort für Wort, sondern setzte den Tonfall
Noch ist Linss vor allem um Nürnberg
Yara Linss ihre Vielseitigkeit mit einem
für die kommenden Jahrzehnte!
Musik, die ihre Mutter schon immer im
und die Stimmung der Gedichte in Musik
herum zu hören, doch Gigs in Braun-
weiteren interessanten Projekt im Span-
Plattenschrank hatte: der Bossa Nova,
um, mit immer neuen Wendungen, Far-
schweig, Leipzig, Freiburg, oder nächstes
nungsfeld von Jazz, Neuer Musik und
die Eleganz und Leichtigkeit der Songs
ben und Schattierungen. „Die Lyrik und
Jahr bei der renommierten Konzertreihe
Dichtung unter Beweis stellen: In der
von Elis Regina oder Astrud Gilberto, die
die Komposition sollten in meinen Songs
des Kallmann-Museums in Ismaning bei
Kammeroper „Der starke Wanja“ von
nun zu ihren Vorbildern wurden. „Bei die-
eine Einheit und ein klangliches Gesamt-
München zeigen, dass sie auch überregi-
Peter Fulda und Horst Hawemann hat
sen Liedern musste ich mich endlich nicht
bild“ bilden, resümiert Linss.
onal wahrgenommen wird. In Franken und
sie die Rolle der Zarentochter übernom-
mehr verbiegen, sondern konnte meinen
Die Presse war voll des Lobes über dieses
Brasilien wird sie freilich auch in Zukunft
men. Vielleicht nimmt ihre musikalische
eigenen Weg finden“, sagt Linss.
Projekt, dessen Realisierung über ein
verwurzelt bleiben. Sie engagiert sich in
Entwicklung damit eine ganz neue Wen-
2003 begann sie mit dem Jazz-Studium
Jahr dauerte. „Eine variable, klangfar-
dem von Peter Fulda gegründeten Ver-
dung. Es lohnt also, Yara Linns weiter im
in Maastricht und wechselte nach einem
benprächtige Musik, voller vielschich-
ein „Metropolmusik.de“, der es sich zum
Blick zu behalten.
Jahr an die Nürnberger Musikhochschule,
tiger Harmonien und überraschender
Ziel setzt, über alle stilistischen Grenzen
Werner Kraus
G
Winckelmann: Viele Leute haben mich
Yara Linss. Foto: Lena Semmelroggen
schon gefragt, ob ich spinne. Das war
eben eine spontane Idee. Bei La Banda
Interview: Jörg Lichtinger
Konzert-Tipps
40 Jahre Enja in Zusammenarbeit mit
dem Jazzclub Unterfahrt München
2.11.: Angelika Niescier Trio
3.11.: Lee Konitz plus Minsarah
4.11.: Lisa Wahlandt
10.11.: Malcolm Braff Trio
15.11.: Trio ELF
10.12.: Jenny Evans & Trio
jazzzeitung 5 2011 Seite 9
portrait
MODERN UND ANTIK
Der Pianist Stefano Battaglia und sein neues Album
Er lebt in einer winzigen, einsamen
Siedlung unweit von Siena. Doch
nachts, wenn er sich in sein Kissen
schmiegt, gibt der Pianist Stefano Battaglia den Baumeister und fantasiert
sich unmittelbar vor dem Einschlafen
schon mal die eine oder andere Metropole zusammen. Nun führt ihn ein
neues Album durch Städte, die andere
ersonnen haben.
kassierte, war kein Detail seiner Fanta-
Musik hervorhebt und mit seinen Mit-
sie. Dem Anreisestress entflieht Batta-
spielern vorab die Parameter durchgeht.
glia, in dem er seinen Interview-Partner
„Melodien brauchen Raum. Wenn ich
gleich nach der Ankunft mitnimmt auf
musiziere, muss ich das Licht um eine
die imaginäre Reise seines Albums. Doch
Melodie herum schützen. Ich versuche
auch geschichtsträchtige Orte im Hier
meinem Bassisten Salvatore Maiore und
und Jetzt bringen ihn zum Träumen. „Ich
meinem Schlagzeuger Roberto Dani zu
vergleiche Harmonien jetzt einmal mit
vermitteln, dass sie melodisch denken
Städten. In Städten haben wir vertikale
und auf den üblichen Puls verzichten sol-
Architektur – auch Harmonien sind verti-
len. Wenn ich allerdings Tänze schreibe,
kale Bauwerke“, sagt der klassisch aus-
versuche ich mich auf den Rhythmus und
Reiseroute
gebildete Pianist, der übrigens auffallend
seine Fröhlichkeit zu konzentrieren, auf
hat Stefano Battaglia da für seine
zarte, kurze Finger hat. In gebrochenem,
das Körpergefühl, das beim Spielen ent-
CD „The River of Anyder“ (ECM)
aber charmantem Englisch fährt er fort.
steht. Seit Jahren versuche ich Musik zu
ausgearbeitet – eine Strecke, die in kei-
„In Paris etwa gibt es viele antike Kir-
komponieren, die weniger idiomatisch ist
nem Travel Guide der Welt zu finden ist.
chen – und daneben stehen oft hochmo-
und einen Abstand zwischen mir und ak-
Immerhin eine reale, wenn auch sehr
derne Gebäude. Dieser Dialog ist nicht
tuellen Strömungen schafft. Ich schreibe
unwirkliche, legendenumwobene Station
uninteressant. Als Musiker stellen wir
Musik, die sich nicht hochentwickelt ge-
liegt auf seinem Weg, der Berg Ararat,
uns dieser Thematik dauernd. Ich nutze
ben soll. Sie hätte auch vor tausend Jah-
auf dem Noah mit seiner Arche einst ge-
zum Beispiel Harmonien der Renaissance
ren entstanden sein können – ausgeführt
strandet sein soll. Um von dort aus weiter
und der Romantik, und aus der Jazzmusik
von ganz einfach denkenden Musikern
zu kommen, muss der 46-jährige Italie-
stünden mir theoretisch ungezählte Mög-
mit ganz einfachen Instrumenten. Über
ner in kein Auto steigen, keinen Zug neh-
lichkeiten offen, auf die ich zurückgreifen
Melodien, Rhythmen, Tänze erschließe
men, keinen Flieger betreten – sondern
kann: modale Konzepte, Polytonales. Un-
ich mir einen fast primitiven Zugang zur
einfach nur die Augen schließen und an
sere Arbeit besteht darin, sinnvolle Kom-
Musik. Ich brauche das in dieser Phase
Texte denken, die berühmte Reiseleiter
binationen zu finden.“
meiner Entwicklung.“
der Literaturgeschichte einst verfassten.
Und doch widersteht Stefano Battaglia
Schon treibt er auf dem wasserlosen
meist dem reichen Angebot, das der Jazz
Fluss, der sich in Thomas Morus‘ „Utopia“
offeriert – seine gelegentlich archaisch
um die Hauptstadt Amaurot schlängelt,
anmutende, manchmal verwunschene
findet er sich in Tolkiens weißer Stadt
Musik belegt, dass er es ernst meint mit
wieder oder in Sir Francis Bacons „Bensa-
der Verweigerung. „Ich liebe viele Tradi-
lem“, jener Metropole, die jetzt irgendwo
tionen, die auch immer wieder den Weg
auf dem Meeresgrund schlummert, nach-
in meine Musik finden. Und ich pflege die
dem sie mit Atlantis unterging.
eigenen Wurzeln. Aber mir war immer
Auf dem Weg nach München aber ist
wichtig, das Einfache in den Melodien
der Pianist, der schon mit Widmungen
und Rhythmen zu finden. Als Künstler
an Pasolini, an Bill Evans und Paul Bley
dürfen wir unsere Unschuld nicht verlie-
auffiel, in einen ganz realen Stau ge-
ren“, sagt er sanft, aber beschwörend.
raten und auch der Strafzettel, den er
Er versucht sich die seine zu bewahren,
in der Parknische vor seiner Herberge
in der er die elementarsten Aspekte der
E
ine
bemerkenswerte
Text und Foto: Ssirus W. Pakzad
1. BIRDLAND RADIO JAZZ FESTIVAL
Am Samstag/Sonntag, 19./20. November 2011, von 22.05 bis 2.00 Uhr
überträgt Bayern 2 das erste Birdland
Radio Jazz Festival. Im Rahmen der
Sendung „Jazz auf Reisen“ meldet
sich Frederik Köster am Samstag
live vom Konzert von Cecil Taylor
und Tony Oxley aus dem Neunburger
Jazz-Keller. Am Sonntag kann man
Konzertausschnitte hören. Mehr unter
www.bayern2.de
MOZART, MONK UND RUDOLF DIESEL
Walter Bittners Zakedy Music und eine Suite über das Leben
Der Augsburger Schlagzeuger Walter
Bittner überrascht mit einer ausgewachsenen Suite für Jazzquartett. Gemeinsam mit Stephan Holstein, cl, bcl,
as, Daniel Mark Eberhard, p, acc, melodion, und Uli Fiedler, b, entstand aus
elf instrumentalen Stücken und zwei
gesungenen „Interphases“ ein Bild des
Lebens, ein Bild auch unserer Zeit:
„Imago – a modern suite“. Neben dem
klassisch besetzten Jazzsound setzt
Bittner sehr gezielt den Laptop ein,
reichert mit elektronischen Soundfiles den musikalischen Weg an, der
abwechslungsreiche Blicke über den
Tellerrrand hinaus ermöglicht, kurzweilig, subtil, anders.
waren, auf der anderen Seite in ihrem
Leben auch etliche starke Brüche erleben mussten. Diesel kennt man als
erfolgreichen Erfinder. Aber in seinem
persönlichen Leben gab es große Schwierigkeiten. Sein Ende ist ja nach wie vor
ungeklärt. Da gibt es einen richtigen
Mythos, ob da nicht jemand nachgeholfen hat. 2008 war sein 150. Geburtstag,
und die Stadt Augsburg und die MAN sind
auf Stephan Holstein und mich zugekommen, ob wir nicht zu diesem Anlass eine
Komposition schreiben könnten. Das war
auch der Beginn meiner Zusammenarbeit mit Stephan. Ich habe alte Dieselmotoren im Museum aufgenommen und
gesampelt, dazu haben wir gespielt und
versucht, Diesels Persönlichkeit musika-
JazzZeitung: Es ist ja im Jazz nicht völlig
lisch zu erfassen und auszudrücken. Mo-
ungewöhnlich, aber doch eher unüblich,
zart war einer der größten Komponisten,
dass man eine umfangreiche, dreiteilige,
aber auch bei ihm gibt es im Privatleben
zusammenhängende Suite schreibt.
Krankheit, Probleme. Monk hatte eben-
Walter Bittner: Als Musiker habe ich
falls schwer zu kämpfen. Was uns gereizt
mich, seit ich mit 13 Jahren angefangen
hat, sind die Brüche in den Personen.
habe zu spielen, in so ziemlich allen Ge-
JazzZeitung: Das kommt in den Stücken
filden getummelt, angefangen von Rock
zum Ausdruck.
über brasilianische Musik und freie Mu-
Bittner: Das Stück „Momo“ ist eigentlich
sik bis hin zum Jazz, mit dem ich mich
die C-Dur-Sonate von Mozart. Wir haben
inzwischen schwerpunktmäßig befasse.
sie ein bisschen „monkifiziert“. So eine
Das Album ist wie ein Tagebuch gewor-
Herangehensweise reizt mich sehr. Ich
den, wie eine Art Autobiografie, die ver-
versuche das so authentisch wie möglich
zu tun haben. Die CD ist für mich wie so
zwischen ist, variiert. Da kann die Impro-
Proben für die Live-Präsentation eines
schiedene Phasen umfasst. Der erste Teil
rüberzubringen. Das ist eben diese mu-
eine Babuschka-Puppe: „Urbanity“ zum
visation sich auch mal auf zehn Minuten
Hörbuchs von Axel Hacke und seiner Frau
– „The Source“ – befasst sich damit, wie
sikalische Adoleszenz, sich an sperrige
Beispiel fängt an mit indonesischen Jahr-
ausdehnen. Auch wenn ich viel mit dem
Ursula Mauder, mit Texten von ihm und
man überhaupt zur Musik kommt. Da gibt
Sachen heranzuwagen, sich daran abzu-
marktgeräuschen, dann kommt ein Heli-
Laptop arbeite: Ich kann die Sounds
Songs von ihr. Dazu gibt es eine CD, „Das
es Kinderlieder, Volkslieder, das ist wie
arbeiten, Erfahrungen zu sammeln. Der
kopter, der fliegt einen nach Casablanca
während des Spielens abrufen, kann sie
Beste aus meinem Liebesleben“, die übri-
eine Erinnerung an die Kindheit. Im zwei-
dritte Teil – „Echoes of Home“ – ist dann
– daher ein Kurzzitat von „As Time Goes
punktgenau dann einsetzen, wenn sie
gens auch einen Preis bekommen hat (den
ten Teil – „Fractured Transitions“ – kommt
so etwas wie eine Zusammenfassung,
By“ – bis zum Ende in der heutigen ur-
passen. Ich kann vom Schlagzeug aus
internationalen Buchpreis „Corine“, Anm.
dann so eine Art musikalische Pubertät:
eine Rückbeziehung auf die eigene Tradi-
banen Gesellschaft. Das ist fast wie eine
entscheiden, welchen Part ich einspielen
d. A.) und jetzt auch verstärkt live präsen-
Man beginnt, sich zu reiben, sucht nach
tion, angereichert durch das, was ich im
Suite in der Suite.
will. Das gibt uns sehr viel Freiheit. Ar-
tiert wird. Da stehen im Herbst mehrere
Vorbildern,
Herausforderungen
Laufe meines Lebens musikalisch, aber
JazzZeitung: Da steckt viel Überlegung
rangements und Technik dürfen nicht so
Konzerte an. Und natürlich werden wir
an. Für mich manifestiert sich das an den
auch gesellschaftlich und persönlich an
drin. Wie steht es mit der Improvisation?
dominieren, dass kein Freiraum bleibt. Ein
auch unsere eigene CD präsentieren.
drei Persönlichkeiten Monk, Mozart und
Erfahrungen gesammelt habe. Im Laufe
Bittner: Manche Teile sind klar struktu-
großer Vorteil ist, dass wir eher eine Wor-
Rudolf Diesel.
der Arbeit an diesen Stücken ist mir nach
riert und vorgegeben, andere sehr frei. In
king Band sind, dass wir uns häufig tref-
JazzZeitung: Wie passt der denn in die
und nach aufgefallen, dass das nicht nur
„The Fox“ zum Beispiel, das ist ja eigent-
fen, viel miteinander spielen. So können
Reihe?
einzelne Tracks sind, sondern dass es
lich „Fuchs du hast die Gans gestohlen“,
wir viel experimentieren.
Bittner: Er passt insofern dazu, als alle
eben auch eine innere Verbindung gibt,
ist der Improvisationsanteil sehr hoch.
JazzZeitung: Was steht zur Zeit an?
drei auf der einen Seite sehr erfolgreich
dass diese Stücke sehr viel miteinander
Es gibt arrangierte Eckpunkte; was da-
Bittner: Gerade sind wir mitten in den
nimmt
Foto: GLM
Interview: Tobias Böcker
CD-Tipp
Walter Bittners Zakedy Music: Imago
– a modern suite
GLM EC 547-2
jazzzeitung 5 2011 Seite 10
dossier
THE BEST DIE YOUNG
Ungelebte Lebensläufe · Von Hans-Jürgen Schaal
Bix Beiderbecke, Charlie Christian,
Clifford Brown: Wir kennen diese Musiker und kennen sie doch nicht. Denn
sie und viele andere starben, bevor
sie auch nur 30 Jahre alt wurden. Sie
hätten viele Jahre vor sich gehabt, ungelebtes Leben, unbekannte Entwicklungen, vielleicht: Sternstunden des
Jazz.
auf ihn. Was Alkohol und Marihuana nicht
bestehen, hätten sich auch seine Trom-
von 1951 mit markanten Septim-Sprün-
der das Interesse an der Gitarre, ver-
geschafft hatten, erledigte das Heroin.
peter zur Höchstform gesteigert. Basie
gen, wurde sein bekanntestes Stück und
suchte sich stattdessen am Vibraphon
Immerhin wurde er 48.
wären die Musiker davongelaufen, das
bald ein gefeierter Jazz-Standard. Von
und dann am Fender-Bass und stürzte
Tex Evans Orchestra hätte die Ballsäle ge-
1953 bis 1956 und noch einmal zu Beginn
sich 1962 aufs elektrische Wurlitzer-
rockt, kein Mensch wollte da in den Vierzi-
der Sechzigerjahre war Beckett aller-
Piano. Daneben betrieb er ein kleines
gern noch Glenn Miller hören. Als der Jazz
dings von der Bildfläche verschwunden,
Techniklabor, stellte Berechnungen zur
Dem Heroin fielen in den Fünfzigerjahren
kühler und intellektueller wurde, machte
um seine Alkohol- und Drogensucht aus-
Konzertakustik an, entwickelte eine neue
eine Menge Jazzmusiker zum Opfer, auch
Brillenträger Evans aber ebenfalls eine
zukurieren. 1964 ging er nach Paris und
Tonskala nach logarithmischen Prinzipien
der Pianist Carl Perkins. Anderenfalls wäre
gute Figur: Tex’ Three Tenors, ein Septett
siedelte später nach Kopenhagen über.
und war dreimal verheiratet. 1968 stellte
er vielleicht genauso bekannt geworden
aus drei Tenorsaxophonen, Gitarre und
Beckett jobbte jahrelang in europäischen
er den von ihm selbst entwickelten CC-
äre Miles Davis keine 30 Jahre
wie sein vier Jahre jüngerer Namensvet-
Klaviertrio, brachte nach dem Krieg eine
Radio-Orchestern und wurde oft zu Fes-
Modulator vor, der in der Fusion-Musik
alt geworden, gäbe es weder
ter, der Rockabilly-Gitarrist Carl Perkins
Art experimentellen Rhythm&Blues so-
tivals in Berlin, London, Stockholm und
einige Jahre lang mit dem Moog-Synthe-
„Kind Of Blue“ noch „Sketches
(1932–1998). Schließlich galt Klavierspie-
gar in die klassischen Konzertsäle. „Ich
anderen Städten eingeladen, um nostal-
sizer konkurrierte und schließlich von der
Of Spain“ oder „Bitches Brew“. Eigent-
ler Perkins als „the baddest tickler“ von
bin kein Pianist, ich bin Tenortreiber“,
gisch gemeinte Bebop-Allstar-Sessions
Firma ARP weiterentwickelt wurde. Jan
lich hätten wir keine Ahnung, was für ein
Kalifornien und war eine echte Konkurrenz
sagte „Tex“ gelegentlich. Legendär wurde
zu leiten. Fast unbemerkt verfeinerte er
Hammer featurete den CC-Modulator auf
Musiker Miles war. John Coltrane war mit
für Horace Silver im Osten, jedenfalls was
30 noch nicht einmal Bandleader, weit
das Soul-Funk-Hardbop-Piano angeht. Per-
entfernt von „Giant Steps“ und „My Fa-
kins hatte zwar ein Handicap – sein linker
vorite Things“, geschweige denn „A Love
Arm war nach einer Kinderlähmung steif
Supreme“ und „Ascension“. Auch Thelo-
geblieben –, aber er machte das Beste da-
nious Monk, Charles Mingus, Eric Dolphy
raus: Solche Elefanten-Bässe, wie Perkins
hatten mit 30 Jahren noch keine Auf-
sie mit Ellbogen und Unterarm schlug,
nahmen unter eigener Regie gemacht.
beherrschte sonst keiner. Die Rhythm-
Selbst Art Blakey war bereits 35, als es
and-Blues-Leute rissen sich daher um
mit den Jazz Messengers erst richtig los-
dieses Piano-Tier, Kollege Cecil Taylor
ging, Ornette Coleman 31, als die Platte
entwickelte das Ellbogenspiel sogar zum
„Free Jazz“ entstand. Wären sie in jungen
Free-Jazz-Konzept weiter. Das war nicht
Jahren gestorben, läsen sich die Jazzbü-
ganz Perkins’ Sache, aber sicherlich hät-
cher heute völlig anders.
te ihn seine Behinderung – wenn er die
Viele Jazzmusiker wurden keine 30 Jahre
Überdosis von 1958 überlebt hätte – noch
alt. Sie hatten nicht die Möglichkeit, zu
zu Großem inspiriert. Für Jackie McLeans
fertigen Künstlern und erfahrenen Band-
grell-wüste Ausflüge in den Freebop wäre
leadern zu reifen. Wie hätte ihre spätere
er genau der richtige Begleiter gewesen.
Musik geklungen? Was hätten sie erlebt?
Auch auf E-Piano oder Hammondorgel
Wie hätten sie den Jazz verändert? Wir
hätte er gewiss Originelles hervorge-
wissen es nicht. Aber manchmal können
bracht: Man kann ihn sich gut im Mittel-
wir ein bisschen davon träumen. Zehn
punkt einer deftigen Blues-Funk-Jam oder
fantastische Versuche.
einer
W
Heroin
esoterischen
Psycho-Jazz-Séance
vorstellen. In den Siebzigerjahren grub
Gin: Bix Beiderbecke
sich Perkins dann seine eigene kleine
Höhle zwischen elektrischen Sounds und
Hätte Bix Beiderbecke zum Beispiel den
Worldmusic-Rhythmen, vorgestrige Kriti-
Gin nicht fässerweise getrunken, dann
ker sprachen von „Cluster-Rock“. Nicht zu-
hätte er vielleicht nicht mit 28 Jahren
letzt aufgrund seines Handicaps wurde er
schon den Löffel abgeben müssen. Statt-
dabei zu einer kleinen Kultfigur, für deren
dessen wäre der legendäre Kornettist
Auftritte man in Europa und Japan bald
in der Depressionszeit mit dem Schiff
gewaltige Gagen bezahlte. Seine wenigen
nach Europa gefahren, man hätte ihn in
Interviews wurden wie Offenbarungen
England und Frankreich gefeiert, und er
diskutiert. 1982 gründete er in Malibu
hätte in Mecklenburg das Geburtshaus
Beach das AMCHP (Africa Music Center for
seines Großvaters besucht. „Ick bin särr
Handicapped People), aus dem von da an
moved“, soll er, vor der Hausfassade
jedes Jahr ein neu entdecktes „Genie der
stehend, gesagt haben, sogar der Ber-
Musikwelt“ gemeldet wurde. Man sah Per-
liner Lokal-Anzeiger berichtete davon.
kins auf Fotos zuletzt nur noch in weißen
Daraufhin
unglaubliche
Glitzergewändern. Er starb 2008 im Kreis
Deutschland,
seiner Jünger. Es hieß, er habe sich selbst
erfasste
Jazz-Begeisterung
eine
ganz
die Auswirkungen auf die Kulturpolitik
des
heraufdämmernden
Nationalsozi-
alismus’ waren enorm: „Vaterland der
Jazzmusik“, „Deutschlands Jazz über al-
in einen höheren Zustand „transferiert“.
Herzschwäche
les“, Schlagzeilen dieser Art. Rechtzeitig
Eine der berühmtesten Jamsessions der
die Zusammenarbeit der Band mit Ray
dabei aber den Bop zu einer hochkom-
dem Album „For CC“ von 1975. Charlie
zur Swing-Ära kehrte Beiderbecke aber
Jazzgeschichte fand 1934 in Kansas City
Charles: Die Plattenfirma Impulse nahm
plexen, polyphonen Kunstform: Vor allem
Christians Forscherdrang schien indes-
zurück nach Amerika: George Gershwin
statt, und zwar in einem Club namens
daraufhin lieber Evans als Charles un-
seine multilinearen Ausdeutungen von
sen unersättlich und beschränkte sich
bot ihm nämlich an, etwas für ihn zu
Cherry Blossom. Das Fletcher Hender-
ter Vertrag. Und bei Impulse entwickelte
Charlie-Parker-Stücken eröffneten ganz
keineswegs auf das Gebiet der Technik:
komponieren, eine kleine Kornett-Rhap-
son Orchestra gastierte in der Stadt, der
„Tex“ schließlich eine ganz eigene Spielart
neue Klang- und Ausdruckswelten. Eine
Auch als Tiefseetaucher und Alpinist hat
sodie, inspiriert von Bix’ Klavierstücken.
Tenor-König Coleman Hawkins war da, die
von Avantgarde: New Jazz für Leute, die
Reihe von Parker-Tribut-Alben, die er ab
er sich versucht, bestieg zwei Achttau-
Doch Beiderbecke lehnte am Ende ab,
Musiker von K.C. fühlten sich wie elektri-
New Jazz gar nicht mögen.
1972 aufnahm, leiteten die True-Bop-
sender und leitete noch als 55-Jähriger
das Notenlesen ging bei ihm immer noch
siert: Alle Tenorsaxophonisten strömten
Bewegung ein und machten Beckett als
(1971) sechs Monate lang eine Expedi-
nicht flott genug. Also machte Gershwin
ins Cherry Blossom zur Jam-Schlacht mit
„True Bird“ oder „Bone Bird“ weltbekannt.
tion durchs Amazonasgebiet. Inzwischen
nur Klavierstücke daraus und nannte sie
dem Tenor-König. Zwei von Hawkins’ He-
Als er mit 55 Jahren eine Professoren-
recht vermögend, beschränkte Christian
seine „Three Preludes“. Dafür spielte Bei-
rausforderern haben sich später tief in die
Der Zweite Weltkrieg hat die Entwicklung
stelle in Stockholm annahm und sogar
seit dieser Zeit seine Basteleien auf den
derbecke 1938 kurzzeitig Kammerswing
Jazzgeschichte eingegraben: Lester Young
des Jazz gehörig durcheinander gebracht.
der junge König Carl XVI. Gustaf bei ihm
eigenen Hobbykeller, fing dafür aber das
im
Goodman
und Ben Webster. Andere waren weniger
Manchem Musiker brachte er auch den
studieren wollte, wurde die schwedische
Schreiben an. Seine Memoiren „Jazz and
Quartet neben Goodman, Lionel Hamp-
glücklich: Herman Walder kam zeitlebens
Tod – nicht auf dem Schlachtfeld, aber
Hauptstadt schnell zur „Bop Capital of
the War“ erhielten den Pulitzer-Preis und
ton und Teddy Wilson – ein Meilenstein
nicht groß über Kansas City hinaus, Dick
durch
the World“. Becketts Denkmal steht am
sind bis heute eine unverzichtbare Quel-
der Jazz-Geschichte! Während des Welt-
Wilson starb schon 1941. Der Begabteste
gungen. Der von J.J. Johnson bewunderte
Strandvägen auf der Insel Östermalm.
le der Jazzhistoriker. Die humorvollen
kriegs sah man ihn gelegentlich in der
der Herausforderer war vielleicht Her-
Posaunist Fred Beckett diente noch bei
52. Straße auf Jamsessions, aber es war
schel Evans, bald danach Saxophon-Star
der U.S. Army, als er an Tuberkulose er-
ihm da oft zu laut. Über die aufgeregten
bei Count Basie, wo er sich regelmäßig
krankte; er starb kurz nach dem Krieg
Noten-Kaskaden eines Dizzy Gillespie soll
mit Lester Young duellierte. Diese Duelle
mit 29 Jahren. Hätte er ein paar Monate
Auch Charlie Christian starb an der Tu-
er nur den Kopf geschüttelt haben. Lieber
waren aber Gift für ihn, denn Evans litt an
länger durchgehalten, wäre er vielleicht
berkulose – und das schon mit 25 Jahren.
blieb er zu Hause: Auf der Upper West-
einer Herzschwäche und erlag ihr mit 29
dank der neuartigen Antibiotika geret-
Hätte ihn der Impresario John Hammond
Weitgehend vergessen ist heute Sonny
side hatte er eine kleine Wohnung im 13.
Jahren. „Tex“ lautete sein Spitzname, weil
tet worden – und hätte sich stattdessen
ein wenig früher entdeckt, wären ihm die
Berman, der wohl talentierteste weiße
Stock, eine kleine Freundin italienischer
er aus Texas stammte, und er hatte die-
unheilbar mit dem grassierenden Bebop-
ärmlichen Lebensumstände, in denen
Trompeter des Bebop. Schon als Teen-
Abstammung und ein kleines, aber ak-
sen lauten, aggressiven Sound der „Texas
Virus infiziert. Berühmt wäre heute seine
er sich die Infektionskrankheit zuzog,
ager – während des Kriegs – glänzte der
zeptables Klavier. Gleich nach dem Krieg
Tenors“, der später dank Buddy Tate und
dreitägige Bebop-Session von 1948 für
wohl erspart geblieben. Schon als Kind
Junge aus New Haven in den führenden
– er war erst Anfang 40 – ließ Beider-
Arnett Cobb legendär wurde. Hätte „Tex“
das Label Savoy – mit Charlie Parker und
beherrschte Christian alle möglichen In-
Bigbands. Als Benny Goodman ihn aus
becke dann aber erstaunlich gewagte
Evans das Saxophon rechtzeitig gegen
Fats Navarro und seinem früheren Chef
strumente, kaprizierte sich dann aber
seiner Band hinausekelte, weil er auf
Trompetenklänge
mäandernde
ein anderes hübsches Instrument ersetzt,
Lionel Hampton (am Schlagzeug!). Kein
auf die Gitarre, die er gar nicht hatte:
Dauer die Konkurrenz des jungen Solisten
Linien zu impressionistischer Harmonik.
ein Klavier zum Beispiel, hätte sein Herz
anderer Bop-Bläser spielte damals so rei-
Ihn faszinierte es nämlich, selbst eine zu
fürchtete, fand der Trompeter bei Woody
Mit jungen Musikern wie Kai Winding,
vielleicht länger mitgemacht. Zwar wäre
che Melodielinien wie der Posaunist Fred
bauen. Später erforschte er in führenden
Herman einen neuen Job, aber auch die
Zoot Sims und Jimmy Raney startete er
er ums Notenlesen-Lernen nicht herumge-
Beckett, keiner entwickelte seine Soli
Swing- und Bop-Combos verschiedene
Heroinnadel und bald – mit nur 21 Jahren
damals ein kontrapunktisch agierendes
kommen, aber vom Klavierstuhl aus hätte
mit solch dramatischer, großformatiger
neue Spieltechniken und experimentierte
– den Tod. Hätte er bei Goodman etwas
Oktett und wurde kurzzeitig zum Headli-
er mit seiner Band einen beispiellosen Or-
Wucht. Jazzkritiker, die Beckett noch
als einer der Ersten mit der elektrischen
weniger angsteinflößend geglänzt, hätte
ner der europäischen Cool-Jazz-Festivals.
kan entfesselt. Denn wie man Saxophone
nicht live gesehen hatten, vermuteten
Verstärkung des Instruments. Als Ende
ihm der King of Swing vielleicht eines
Leider hatten die jungen Leute, mit de-
nach vorne bringt, wusste keiner besser
regelmäßig, er müsse eine Ventilposaune
der Vierzigerjahre aber alle Gitarristen
Tages sogar die Leitung seiner Band
nen er sich umgab, keinen guten Einfluss
als er. Um gegen diese Saxophonfront zu
spielen. „Cindy Bop“, ein schneller Blues
elektrisch spielten, verlor er schnell wie-
anvertraut: Sonny Berman hätte das
schlagzeuglosen
Benny
hören,
Zweiter Weltkrieg
miserable
hygienische
Bedin-
Tuberkulose
Bücher über seine Extremreisen wurden
fast alle zu Bestsellern.
Sonny Berman
jazzzeitung 5 2011 Seite 11
dossier
Orchester unbeschadet durch die Kri-
cherheit. Eines der frühen Opfer – schon
se immer den Indianervölkern in Nord-,
senjahre der Bigbands gebracht und mit
1932 – war der Klarinettist Frank Te-
Mittel- und Südamerika galt, außerdem
ihm schließlich ein neues Zeitalter des
schemacher aus der legendären „Austin
den Inuit von Alaska und den Polynesiern
großformatigen Jazz eingeläutet. Dann,
High School Gang“ von Chicago. Wäre er
auf Hawaii. Neben dem Baritonsaxophon,
in den späten Fünfzigerjahren, wäre Ber-
nicht mit 25 Jahren gegen einen Baum
dem er zuweilen seltsame Obertonspek-
man scheinbar mühelos der orchestra-
geschleudert worden, hätte er das Zeug
tren entlockte, spielte er auch verschie-
le Brückenschlag gelungen – zwischen
gehabt, sich auch in der Nachkriegszeit
dene andere Saxophon- und Klarinetten-
Swing, Cool, Third Stream, Westcoast,
noch zu behaupten. Wahrscheinlich wäre
größen sowie traditionelle Indianerflöten
Pre-Free und Hollywood. Das Berman-
es ihm gelungen, seinen eigenwilligen,
und archaische Trommeln, Rasseln und
Orchester triumphierte gleichermaßen
sprunghaften Stil den neuen Herausfor-
Lockpfeifen.
in Tanglewood wie in Newport, gastierte
derungen anzupassen und als einer von
schloss er sich vorübergehend einer al-
mit einer Jazzoper von Aaron Copland
wenigen Klarinettisten den Mainstream-
ternativen Lebensgruppe im Reservat
in der Met, sorgte mit einer moderni-
Jazz der Fünfzigerjahre zu erobern. Zu-
Osage an und lebte später auch einige
stischen Benny-Goodman-Retrospektive
nächst hätte ihn Norman Granz natür-
Jahre in Mexiko. Viel Beachtung fand
für Aufsehen und schuf unvergessliche
lich für die frühen Konzerte von „Jazz
seine Zusammenarbeit mit einem tra-
Soundtracks für mehrere Marlon-Bran-
at the Philharmonic“ wiederentdeckt.
ditionellen japanischen Musikensemble,
do-Filme. Zu den Haus-Arrangeuren des
Da jammte Teschemacher dann nicht
die beim Musikfest in Donaueschingen
Orchesters gehörten damals Leonard
nur mit anderen „Oldies“ wie Coleman
1982 ihren Anfang nahm. Wenige Jahre
Bernstein, Gunther Schuller und Burt
Hawkins und Buck Clayton, sondern auch
später zog sich Gordon aber ganz aus
Bacharach. Auch Bermans Trompeten-
mit Newcomern wie Charlie Parker und
der Musikszene zurück und gründete den
duette mit seinem Satzführer Shorty Ro-
Illinois Jacquet. Sein Feature-Stück bei
Souvenirversand „Natives“. Seit einigen
gers waren legendär. In den Sechzigern
„JATP“ war „Tesche’s Treat“ auf der Basis
Jahren lebt er in einem Seniorenheim in
öffnete sich Berman zunehmend auch
des „Bugle Call Rag“: eine Nummer, in
Florida.
den Einflüssen von Easy Listening und
der der Klarinettist seinem Instrument
Bossa Nova, holte aber zugleich Avant-
regelmäßig die verrücktesten Sounds
garde-Bläser wie John Coltrane, Grachan
entlockte und das Publikum damit von
Moncur III und Archie Shepp in die Band
den Sitzen riss. Zu seinen bekanntesten
Als einer der größten Verluste des Jazz
und verwandelte so die Trends der Zeit
„JATP“-Auftritten gehört außerdem eine
gilt der frühe Unfalltod des Trompeters
in gewaltige künstlerische Statements,
Blues-Jam von 1952 mit dem Bebop-
Clifford Brown im Jahr 1956. Brown war
die die Musikwelt erschütterten. Karl-
Trompeter Howard McGhee: Beim Hö-
nicht nur ein absoluter Ausnahmemusi-
heinz Stockhausen nannte Berman 1971
ren fragt man sich heute noch, welcher
ker, sondern zudem ein ganz besonders
sein „unerreichbares Ideal“. Drei Jahre
der beiden eigentlich die gewagteren
netter Kerl, den alle mochten. Schon
später wurde die Berman-Band sogar als
harmonischen Übergänge bläst. Vom
in jungen Jahren schien er künstlerisch
Welt-Botschafter der Vereinten Nationen
Dixieland-Jazz hielt sich Teschemacher
„vollendet“ zu sein und seinem Vorbild
verpflichtet und reiste fortan elf Monate
dagegen fern und nannte ihn „Musik für
Fats Navarro (der auch nur 26 wurde)
im Jahr um den Globus. Dabei entstand
ältliche Knaben“. 1961 – mit 55 Jahren
mehr als nur gewachsen. Tatsächlich
1976 das legendäre Album mit Fred Be-
– schockierte Teschemacher sogar viele
ist schwer vorstellbar, wie „Brownie“
ckett in Stockholm: „True Bop goes Ber-
Jazzfans, als er in Washington einen klei-
seine Spieltechnik und seine Stilistik
man“.
nen Benefiz-Auftritt zusammen mit dem
noch hätte weiterentwickeln können.
Neutöner Ornette Coleman absolvierte.
Vielleicht wäre er mit dem Status quo
Ohrenzeugen berichten, die beiden hät-
ganz einfach zufrieden gewesen, mit
ten einen Blues von Teschemacher ge-
der Bewunderung seiner Kollegen und
Die „Piano Gang“ hätte eine der popu-
spielt, der geklungen habe wie ein Free-
der Geborgenheit in seiner jungen Fa-
lärsten Jazzformationen der Sechziger-
Jazz-Stück von Ornette. Teschemacher
milie. Ein zweites Kind wäre gekommen,
jahre werden können. Wären sie nicht
wurde in den Achtzigerjahren als eine
ein drittes, am Ende waren es acht in
alle vor ihrem 30. Geburtstag gestorben,
der gro-ßen, alten Jazzlegenden gefei-
dichter Folge. „Brownie“, der schon als
hätten sich drei Bop-Pianisten in ihr zu
ert, erhielt mehrere Ehrendoktorwürden
Jugendlicher für die Schulband arran-
einem ganz ungewöhnlichen Bandformat
und starb hochbetagt im Jahr 1994. Auch
giert hatte und mehrere Instrumente
zusammengefunden. In der Regel spielte
Ornette Coleman kam zu seiner Beerdi-
beherrschte, sorgte dafür, dass alle
die „Gang“ einfach als Duo an zwei Kla-
gung.
seine
Die „Piano Gang“
vieren – in wechselnder Besetzung. Die
kultigen Höhepunkte aber bildeten natürlich das artistische „Roundabout“-Trio an
den
Siebzigerjahren
achim
kaufmann
verivyr
achim kaufmann p
valdi kolli b
jim black dr
PIT3057
Clifford Brown
Kinder
gute
Musiker
marc
copland &
john
abercrombie
speak to me
marc copland p
john abercrombie git
PIT3058
wurden,
und trainierte sie als Familienband. Sie
Bob Gordon
spielten neue, bodenständige Arrangements seiner bewährten Stücke wie „Joy
zwei Flügeln oder das Fun-Trio an einem
Der
Gordon
Spring“ und „Sandu“ – und Vater Brown
einzigen Instrument. Zuweilen formte
starb ebenfalls durch einen Autounfall
konnte es jedes Mal kaum erwarten, von
man auch ein Pianisten-Quartett an zwei
– mit 27 Jahren. Er war eine der großen
seinen Tourneen wieder nach Hause zu
Klavieren, wobei der „Senior“-Gastpia-
Hoffnungen des Cool Jazz und hätte Ger-
kommen, um mit den Kindern zu üben.
nist meist der in Berlin aufgewachsene
ry Mulligan womöglich noch das Fürchten
Das begabteste von ihnen war Lariya,
Nat Jaffe war, der mit Louis Armstrong
gelehrt. Ende der Fünfzigerjahre wäre er
die zweite Tochter: Sie wurde später die
und Billie Holiday gespielt hatte: In die-
in den Musikerkreis des Labels Verve auf-
erste virtuose Euphonium-Solistin der
ser Vierer-Konstellation ging es dann vor-
genommen worden, hätte Ella Fitzgerald
Jazzgeschichte. Ihr Talent erklärte sie so:
wiegend traditionell und gut gelaunt zur
auf mehreren Alben begleitet und einige
„Von meinem Vater habe ich die ideale
Sache. Waren die drei der „Piano Gang“
Sessions mit Oscar Peterson und Herb El-
Lippenmuskulatur, von meiner Mutter
aber unter sich – Wade Legge, Richie Po-
lis gemacht. Während Free Jazz und Bos-
die Kraft: Sie hat immerhin acht Kinder
well und Dick Twardzik –, gab es keinerlei
sa Nova in den Sechzigerjahren um die
geboren und großgezogen. Mein Trick
stilistischen Grenzen. Ob Erroll-Garner-
Wette eiferten, entdeckte Bob Gordon
aber ist: Ich hebe das Euphonium nicht,
kevin hays p
Parodie oder Charlie-Parker-Paraphrase,
dann eher zufällig ganz andere Klänge:
sondern befestige es zum Spielen an ei-
PIT3059
ob Free-Jazz-Caprice oder Monk-Hom-
alte Stammestänze der Missouri-Indianer
ner Aufhängung. Dann bläst es sich so
mage, ob Cool-Jazz-Bach oder Fünfvier-
in Oklahoma. Als er zum ersten Mal einen
leicht wie eine Blockflöte.“
teltakt-Etüde:
Bop-Pianisten
traditionellen Kriegstanz verjazzt darbot
Die Clifford Brown Family Band tourte
konnten Jazzhörer jeglicher Couleur für
(1966), erntete er nur vorsichtiges Inte-
bis in die Siebzigerjahre hinein quer
sich gewinnen und auch Jazz-Unkundige
resse und viel Unverständnis. Dagegen
durch die Staaten, spielte in Colleges
äußerst kurzweilig unterhalten. Mehrere
wurde sein Album „Niuachi“ von 1968,
und Kaufhäusern, bei Stadtfesten und
Fernsehauftritte bei ABC und NBC, En-
das überwiegend auf Regen- und To-
Wohltätigkeitsbasaren.
gagements in Broadway-Theatern und
tembeschwörungen der Missouri beruht,
Familienmensch Brownie mit Mitte 40
regelmäßige
Die
drei
Tourneen
durch
Baritonsaxophonist
In
JAZZHERBST 2011
Bob
Dann
kevin hays
variations
erlebte
Europa
bereits als „neue Spielart des Free Jazz“
seine zweite Karriere als der eigentliche
und Japan sprechen für sich. Die Idee zu
gefeiert. Heute gilt es als eines der Pio-
Star des Bebop-Revivals. Er spielte wie-
dem Projekt kam ursprünglich von Nesu-
nierwerke des World-Jazz, in seiner Be-
der seine bewährten Stücke „Joy Spring“
hi Ertegun, dem Produzenten bei Atlan-
deutung allenfalls vergleichbar mit Don
und „Sandu“ und nahm sie für Steeple-
tic, der mit der „Gang“ einige Jahre lang
Cherrys „Mu“. Gordon entwickelte sich in
Chase und Red Records noch einmal auf.
jedes Jahr ein neues Album aufnahm.
der Folgezeit zum leidenschaftlichen Mu-
Die Presse schrieb: „Er ist so gut, wie er
Selbst ein Albert Ayler, Don Cherry oder
sikethnologen, wobei sein Hauptinteres-
immer schon war.“
sebastian
gille
anthem
Jimi Hendrix outeten sich damals als Fans
der kurzweiligen „Gang“-Alben. 1970, als
die Rockmusik lauter wurde und der Jazz
elektrisch, fand die Band bei MPS eine
neue Label-Heimat: „Nie klangen wir
besser als im Black Forest“, sagte Wade
Legge einmal. Irgendwann löste sich
die „Gang“ dennoch auf, aber ganz zu
Ende ging es nie: Immer wieder fanden
sich die drei zu Revivals und Reunions
zusammen. „Gut, dass ich damals vom
Heroin wegkam“, sagte der 51-jährige
Dick Twardzik 1982. „Ich hätte sonst eine
Menge Spaß verpasst.“
Autounfälle
Zu den häufigsten Todesursachen bei
jungen Jazzmusikern gehörten früher die
Autounfälle. Da kam vieles zusammen:
überlange Tourneereisen, fahrerischer
Leichtsinn,
unausgereifte
Fahrzeugsi-
AUS ALT MACH NEU
sebastian gille ts, ss, acl
pablo held p
robert landfermann b
jonas burgwinkel dr
Karten für Bossarenova-Konzert zu gewinnen
Der Bossa Nova feierte 2009 seinen
50. Geburtstag. Anlass genug für
viele Musiker, die brasilianische Musik
wieder aufleben zu lassen und neu
zu interpretieren. 2009 startete auch
das Trio Paula Morelenbaum (Gesang), Joo Kraus (Trompete) und Ralf
Schmid (Klavier) ihr Projekt „bossarenova“. Sie wollten den Bossa Nova mit
modernen Elementen bereichern. Auf
der aktuellen Tournee präsentiert das
Trio Stücke aus der Ära Antonio Carlos Jobims, Vinicius de Moraes und
Jorge Benjos, aber auch klassische
Stücke von Robert Schumann und
Heitor Villa-Lobos. Im Dezember 2011
tourt das Trio durch Deutschland und
Österreich, unter anderem mit Konzerten in Frankfurt, Wien, Berlin und
Köln. Die Jazzzeitung verlost dreimal
zwei Karten für das erste Konzert des
Bossarenova-Trios am 10. Dezember
2011 im Gesellschaftshaus Ludwigshafen. Für die Teilnahme einfach eine
Postkarte mit eigener Postanschrift
und Stichwort „Bossanova“ an die
ConBrio Verlagsgesellschaft mbH,
Brunnstraße 23, 93053 Regensburg
schicken oder E-Mail an
gaisa@jazzzeitung.de
PIT3060
vö: 18.11.2011
w w w. p i r o u e t. c o m
Pirouet Records, Grünwalder Weg 30, D-82041 Oberhaching
Vertrieb D/A · Edel:Kultur | Vertrieb CH · Phonag
Newsletter unter www.pirouet.com
jazzzeitung_1111_111x415.indd 1
07.10.11 15:02
jazzzeitung 5 2011 Seite 12
kurz aber wichtig
Ist denn schon wieder Weihnachten?
Die etwas andere Weihnachts-CD von wavemusic
„MoreorlessChristmas 7“ heißt die neue Compilation, die pünktlich zum Fest 2011 erscheint: Fernab
von gewohnten Weihnachts- und Feiertagsklischees beweist die neueste Auflage der erfolgreichen Serie, dass es auch neue, noch unbekannte
Musik zum Fest gibt und man nicht unbedingt auf
die Platten zurückgreifen muss, die man schon seit
zwanzig Jahren jeden Dezember aus dem Schrank
holt. Mit dabei ist unter anderem Angus Stone,
der mit einer Version von Joni Mitchells „River“
begeistert. Phil Wickham zeigt, dass „Silent Night“
sogar etwas rocken kann, während die Puppini
Sisters „Here Comes Santa Claus“ in eine charmantwitzige 40s-Swing-Nummer verwandeln. Neben
den neu eingekleideten Klassikern gibt es aber
auch einige neue Originale. So bittet Marc Broussard aus der Kälte herein, die Berlinerin Kitty Hoff
besingt ein kleines „Café Im Winter“ und Rachael
Yamagatas „Baby Come Find Me At Christmas“
kann wohl auch niemand widerstehen. Da ist der
Winter gar nicht mehr so kalt.
clubs im
netz
Erhältlich unter: www.wavemusic-shop.de
S‘ensemble Theater Augsburg: www.sensemble.de
WDR Jazzpreis 2011
Jazzclub Bamberg: www.jcbamberg.de
Badenscher Hof Berlin: www.badenscher-hof.de
Bereits zum achten Mal vergab der Westdeutsche Rundfunk
den WDR Jazzpreis in drei Kategorien: Jazz Komposition, Jazz
Improvisation und Jazz-Nachwuchs Nordrhein-Westfalen. Der
Preis der Kategorie Komposition wurde dem Komponisten und
Saxophonisten Niels Klein von der Jury überreicht, in der Kategorie Improvisation durfte sich der Pianist Pablo Held über
den Preis freuen. Den Nachwuchspreis gewann die Big Band
der Fachhochschule Düsseldorf.
In diesem Jahr verlieh der Westdeutsche Rundfunk den Ehrenpreis des WDR Jazzpreises für besondere Verdienste in der
Hochschulausbildung Nordrhein-Westfalen. Freuen über diese
Auszeichnung durften sich gleich zwei Jazz-Studiengänge, nämlich der der Folkwang Universität der Künste Essen und der
Hochschule für Musik und Tanz Köln.
Die feierliche Überreichung der Preise fand am 28. Oktober
2011 im Rahmen eines WDR 3 Konzerts mit der WDR Big
Band Köln unter der Leitung von Marko Lackner statt.
Ingolstädter Jazztage 2011
Bereits am 16. Oktober 2011 wurden die 28. Ingolstädter Jazztage
mit der Jazzförderpreis-Verleihung eröffnet. Der Preis ging in
diesem Jahr an den in Santiago
de Chile geborenen, in Manching
aufgewachsenen
Trompeter
Josef Finger. Das Konzept der
Jazztage ist eine Mischung aus
Weltstars, grandiosen Ausnahmemusikern,
hoffnungsvollen
Nachwuchstalenten und regionalen Newcomern. So gibt es
auch im November noch zahlreiche interessante Konzert.
Etwas Besonderes haben sich
die Organisatoren der Jazztage
überlegt. Reinhard Dorn, Fotograf und Grafikdesigner, stellt
28 fotografische Arbeiten in der
Galerie des Bürgerhauses aus. Zu
sehen sind Porträts berühmter
Musiker während ihres Auftritts
bei den Jazztagen von 1990 bis
2011. Die Ausstellung kann bis
einschließlich
20.
November
Montag bis Freitag von 9–23 Uhr
und Samstag und Sonntag von
17–23 Uhr angesehen werden.
Am 2. November 2011 findet im
Bürgerhaus eine „Tribute to Paul
Simon“-Show statt. Jazzgrößen
wie Charly Böck, Gerwin Eisenhauer und Lisa Wahlandt sind
mit von der Partie. Beginn ist um
22.30 Uhr.
Der Donnerstag, 3. November
2011, steht unter dem Motto Jazz
in den Kneipen. Das Publikum
kann in acht verschiedenen Locations Live-Jazz genießen, unter
anderem von Jonny A., Jeff Aug
oder das Susan Weinert Global
Players Trio. Beginn für die „JazzKneipentour“ ist 20.00 Uhr beziehungsweise 20.30 Uhr. Ab 22.00
Uhr wird Lisa Bassenge im Altstadttheater zu hören sein und
ab 22.15 Uhr steigt eine Welcome
Party mit dem Hypnotic Brass Ensemble im Hotel Ambassador.
Highlights der diesjährigen Jazztage sind das Pat Metheny Trio
sowie das George Duke Quartet,
Incognito und die Mike Stern
Band. Das Pat Metheny Trio spielt
am Freitag um 19.30 Uhr im Festsaal Ingolstadt. Alle anderen am
Freitag beziehungsweise Samstag auf den Jazzpartys im Hotel
Ambassador. Beginn der Jazzpartys ist Freitag um 22.00 Uhr und
Samstag um 20.00 Uhr.
Die Abschlussshow wird von
Earth, Wind & Fire Experience
feat. The Al McKay Allstars am
Sonntag um 19.30 Uhr gestaltet.
Tickets sind erhältlich bei eventim, dem DONAUKURIER Ticketservice oder in der Tourismusinformation am Ingolstädter
Hauptbahnhof. Weitere Infos unter
www.ingolstaedterjazztage.de
Ruffini feiert
Geburtstag feiert das selbstverwaltete, cheffreie Ruffini in München. Seit
33 Jahren bieten die Ruffinis nicht nur Kaffee, Kuchen und italienische
Spezialitäten an, sondern stellen jedes Jahr wieder ein tolles kulturelles
Programm in ihrer Lokation auf die Beine. Gefeiert wird der Geburtstag
am Sonntag, den 27. November 2011, ab 18.11 Uhr in der Freiheizhalle, Rainer-Werner-Fassbinderplatz 1, 80636 München. Das Programm
wird auf Wunsch der Künstler eine Überraschung sein. Die Moderation
übernimmt der Ex-Ruffini Rainer Woidich. Nach dem kulturellen Teil des
Abends legt DJ Bernhard Jugel vom Bayerischen Rundfunk zum Tanzen
auf. Der Eintritt ist frei.
Mittelbar Berlin: www.mittelbar.de
Jazzkurse Burghausen
Auf dem Mautnerschloss Burghausen finden von 2. bis 4. Dezember
2011 und von 2. bis 6. Januar 2012 wieder die Jazzkurse Burghausen
unter der Leitung von Professor Joe Viera statt. Im Dezember werden
drei verschiedene Kurse angeboten.
Der erste Kurs (Sonderkurs 58) richtet sich an Swing- und Ragtimepianisten. Hier erhalten die Kursteilnehmer unter der Leitung von Brett
Youens und Joe Viera Tipps für Improvisationen sowie zum schnelleren
Erlernen von Ragtimes, außerdem gibt es Anregungen für Voicings im
Swingbereich.
Der zweite (Sonderkurs 38) und dritte Kurs (Sonderkurs 43) richten sich
vor allem an Saxophonisten beziehungsweise Pianisten, die gerne das
Jazzen erlernen möchten. Diese Kurse stellen eine gute Vorbereitung
auf die großen Burghausener Kurse dar. Dozent ist Joe Viera.
Im Januar findet der große Kurs 117 statt. Auf dem Programm stehen
Fächer wie Rhythmik, Harmonik, Improvisation, Arrangement und Zusammenspiel verschiedener Gruppen und Stilrichtungen. Dieser Kurs
richtet sich an Anfänger und fortgeschrittene Jazzer. Als Dozenten werden dabei sein: Joe Viera, Ed Kröger, Reinhard Greiner, Ignaz Dinné, Axel
Prasuhn, Martin Schrack, Reinhard Glöder, Wolfgang Kulawik und Hans
Claus.
Informationen oder Anmeldungen für alle Kurse laufen über die IG Jazz
Burghausen, Kanzelmüllstraße 94 in 84489 Burghausen. Telefonisch ist
die IG Jazz Burghausen unter der Nummer 08677/916 463-0 zu erreichen.
B-Flat Berlin: www.b-flat-berlin.de
Knorre Berlin: www.knorre.de
A-Trane Berlin: www.a-trane.de
Quasimodo Berlin: www.quasimodo.de
Yorckschlösschen Berlin: www.yorckschloesschen.de
Kunstfabrik Schlot Berlin: www.kunstfabrik-schlot.de
Jazzkeller Burghausen: www.b-jazz.com
Jazzinstitut Darmstadt: www.jazzinstitut.de
Kaiserkeller Detmold: www.kaiserkeller-detmold.de
Domicil Dortmund: www.domicil-dortmund.de
Jazzclub Tonne Dresden: www.jazzclubtonne.de
Tante JU Dresden: www.tanteju.com
Jazzschmiede Düsseldorf: www.jazz-schmiede.de
Jazzclub Eisenach: www.jazzclub-eisenach.de
Presseklub Erfurt: www.presseklub.net
Jazzclub Erfurt: www.jazzclub-erfurt.de
Philharmonie Essen: www.philharmonie-essen.de
Jazz Offensive Essen: www.jazz-offensive-essen.de
Jazzkeller Frankfurt: www.jazzkeller.com
Mampf Frankfurt: www.mampf-jazz.de
Lindenkeller Freising: www.lindenkeller-live.de
Kulturforum Fürth: www.kulturforum.fuerth.de
Apex Göttingen: www.apex-goe.de
Birdland Hamburg: www.jazzclub-birdland.de
Cotton Club Hamburg: www.cotton-club.de
Stage Club Hamburg: www.stageclub.de
Feuerschiff Hamburg: www.das-feuerschiff.de
Jazzclub Hamburg: www.jazzclub.hamburg.de
Jazzclub Hannover: www.jazz-club.de
Jazzclub Cave 61 Heilbronn: www.cave61.com
Jazz in Jena: www.jazzimparadies.de
Tollhaus Karlsruhe: www.tollhaus-karlsruhe.de
Schlachthof Kassel: www.schlachthof-kassel.de
Paco de Lucía in Polen
ARTheater Köln: www.artheater.info
Schon zum 14. Mal findet in Breslau das Wrocław Guitar Festival GITARA 2011 statt. Ursprünglich war das Festival hauptsächlich für Gitarristen in Breslau und Umgebung gedacht.
Schnell avancierte es jedoch zu einem internationalen Event,
bei dem Gitarrengrößen wie Tommy Emmanuel, Al di Meola,
John McLaughlin und Jesse Cook auftraten.
Stadtgarten-Restaurant Köln: www.stadtgarten.de
Dieses Jahr wird Paco de Lucía am 27. November 2011 im
Rahmen des Festivals ein Konzert geben. Es ist das einzige
Konzert das der Gitarrist mit seiner Band, dem Bassisten
Alain Perez, dem Mundharmonikaspieler Antonio Serrano,
den beiden Sängern Duquende und Davide de Jacoba, dem
Drummer El piraña und dem Gitarristen Antonio Sanchez
Palomo, in Europa gibt.
Paco de Lucía hat mehr als 20 Solo-Alben und Alben mit
anderen Musikern, wie Camarón de la Isla, Chick Corea oder
Larry Coryell, veröffentlicht. Sein bekanntestes Live-Album
ist wohl Friday Night in San Francisco, das 1980 in San Francisco aufgenommen wurde. In seiner Musik kombiniert er traditionelle Musik mit Jazz und klassischer Musik. Als exzellenter
Musiker prägte er Generationen von Gitarristen. Zudem ist er
als Komponist tätig und veröffentlichte unzählige Werke.
Neben Palo de Lucía werden Carlos Piñana, Antonio Forcione
und Preston Reed im Rahmen des Festivals Konzerte geben.
Tickets und Informationen findet man auf der Homepage
des Festivals: www.gitara.wroclaw.pl
IGNIS Köln: www.ignis.org
Rose Club Köln: www.rose-club-cologne.de
Papa Joe‘s Jazzlokal Köln: www.papajoes.de
Altes Pfandhaus Köln: www.altes-pfandhaus.de
Jazzklub Krefeld: www.jazzklub-krefeld.de
Jazzkeller Krefeld: www.jazzkeller.info
Spizz Leipzig: www.spizz.org
Jazzclub Ludwigsburg: www.jazzpages.com/JazzclubLudwigsburg
Alte Feuerwache Mannheim: www.altefeuerwache.
com
Jazzclub Minden: www.jazz-minden.de
Jazzclub Unterfahrt München: www.unterfahrt.de
Kaffee Giesing München: www.kaffee-giesing.de
Santos München: www.santos-muenchen.de
Wirtshaus zum Isartal München: www.wirtshauszum-isartal.de
Birdland Neuburg/Donau: www.birdland.de
Loft Nürnberg: www.loft-nuernberg.de
Jazzstudio Nürnberg: www.jazzstudio.de
Jazzclub Regensburg: www.jazzclub-regensburg.de
Alte Mälzerei Regensburg: www.alte-maelzerei.de
Le Pirate Rosenheim: www.lepirate-rosenheim.de
Jazzclub Singen: www.jazzclub-singen.de
Schlachthof Soest: www.schlachthof.hellweg.org
Kulturwerkstatt Sonthofen: www.kult-werk.de
Sauschdall Ulm: www.sauschdall.de
Jazzclub Villingen: www.jazzclub-villingen.de
Jazzzirkel Weiden: www.jazz-zirkel-weiden.de
mon ami Weimar: www.monami-weimar.de
Kasseturm Weimar: www.kasseturm.de
Omnibus Würzburg: www.omnibus-wuerzburg.de
Würzburg: www.kuenstlerkeller-bronnbach.de
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gegeben.
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Entde ckung
Don DeMic
se an der
brachte
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beat” in
Damit
wohl niemand
gerechnet.
die Menschen würde fassen können,
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Jury und ihres Vorsitzenden Oliver
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hat unsere Erwartungen von Anfang
an übertroffen. Wenn man sieht, wie
Sonntag für Sonntag zahlreiche Menschen vor dem Doppelkegel Schlange
stehen, um live bei den Matineen
dabei zu sein, wird einem bewusst:
Dieses Veranstaltungsformat hat nicht
nur die Fachwelt überzeugt, sondern
auch die Herzen eines breiten Publikums erobert.“
Thomas Muderlak, Leiter BMW Welt
Licht und Schatten
etwa der anspruchsvollsten Gruppe
des
ersten Jahrgangs, dem Trio [em]
um den
Pianisten Michael Wollny den Publikumspreis zugestanden.
Jedes Jahr haben sich die Macher
des
BMW Welt Jazz Awards ein neues
Wettbewerbsthema ausgedacht. 2009
durften sich Piano Trios miteinander
messen.
2010 holten diverse Stimmkünstler
Verblüffendes aus ihren Kehlen. Und
2011
stand unter dem Motto „Two Horns
and
More“. Wenn es im kommenden
Januar
wieder los geht, gehen sechs Bands
an
den Start, die die Metropolen, aus
denen
sie stammen, bestes repräsentieren:
aus
Paris reist das Eric Truffaz Quartet
an,
aus Barcelona macht sich das
Augusti
Fernandez Aurora Trio auf den Weg
nach
München.
Aus Tokyo jettet Hoppy Kamiyama
in die
weißblaue Austragungsstadt. Brooklyn
ist
die Heimat des Dan Tepfer Trios
und Mathias Eick ist in Oslo zuhause. Aus
Wien
kommt schließlich der letzte freundliche
Kombatant: der Gitarrist Wolfgang
Muthspiel. Über die Leistungen der einzelnen
Gruppen befindet eine heuer erstmalig
umbesetzte Jury.
Nach wie vor dabei sind Oliver Hochkeppel, Roland Spiegel (BR) und
Andreas
Kolb (Jazzzeitung, Neue Musikzeitung).
Neu dazu kommen Christiane
Böhnke-
Geisse (Programmchefin der Münchner
Unterfahrt) und Heike Lies (vom
Kulturreferat) – sie ersetzen Jason Seizer
und Fee
Schlennstedt. Wir wünschen diesen
Fünf
ein sicheres Händchen und den Künstlern
bestes Gelingen.
Ssirus W. Pakzad
Unser Bild oben zeigt den Bassisten
Pascal Niggenkemper während eines
Auftritts im Auditorium der BMW-Welt
in München.
Foto: Ssirus W. Pakzad
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kommenden Jahr, rein organisatorisch
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Igloo mit drei Neuerscheinungen
Dass der Jazz in Europa nach 1945
gut angekommen war und in den einzelnen Ländern eigene Szenen entstanden, mit Musikern, die wie ihre
amerikanischen Kollegen international
bekannt und geschätzt wurden, weiß
man mittlerweile. Und dennoch, aus
hiesiger – deutscher – Sicht sind die
einzelnen europäischen Szenen sehr
unterschiedlich bekannt bis präsent.
weise spielt dies bei dieser Musik, ihren
Produzenten, Veranstaltern und Hörern
so gut wie keine Rolle. Die beiden großen Labels, Igloo in Brüssel und De Werf
in Brügge, produzieren die Projekte quer
durch die Sprachgemeinschaften. Auf Fes
tivals und in Clubs kann man ebenfalls
alle ohne Grenzen erleben.
Alle zwei Jahre fand bisher das Flämische
Jempi Samyn und Sim Simons, von De
In den letzten Jahren seines Lebens war
zehn Jahren ihrer Zusammenarbeit insge-
Jazzmeeting in Brügge im Club De Werf
Werf 2002, im Jahr der europäischen Kul-
Baker oft in Europa, er starb 1988 in
samt sechs Plattenaufnahmen.
statt, wo man natürlich auch Musiker
turhauptstadt Brügge, herausgegeben.
Amsterdam. Faszinierend immer wieder
Und Philip Caterine gehört sicherlich zu
elgien ist eines der Länder, das
wie Natalie Loriers zu hören bekam. Mit
Das Titelblatt trägt das Porträt des „Alt-
sein Beitrag, der oft wie Gesang klingt, in
der kleinen Zahl belgischer Musiker, die
große Künstler beigesteuert hat,
der diesjährigen Ausgabe ändert sich
vaters“ des belgischen Jazz, Toots Thiele-
einem endlosen Fluss und dennoch voller
international in der Welt des Jazz ange-
dessen aktuelle Künstler aber in
der Rahmen: Das Meeting heißt nun Bel-
mans. Und wer erinnert sich noch an die
Ausdruck. Seine Virtuosität ist unerreicht.
kommen sind. Weshalb dies so ist, be-
Deutschland heute kaum zu hören sind.
gisches Jazzmeeting und findet abwech-
sagenhafte Clarke-Boland Big Band, die
Jean-Louis Rassinfosse knüpfte an einige
antwortet sein Auftritt auf dieser CD sehr
Das Label Igloo aus Brüssel gibt nun mit
selnd alle zwei Jahre in Flandern und der
zwar in Köln zuhause war, deren Kom-
wenige bekannte belgische Bassisten an
deutlich.
drei Publikationen aus 1983, 1988 und
Wallonie statt.
ponist und Arrangeur (und Pianist) aber
wie Roger Vanhaverbeke, Paul Dubois
Begleitung, die ungeheuer farbenreich
1990 Anlass, einmal zurückzuschauen
Wenn man sich über die aktuelle Situati-
Francy Boland aus Belgien war.
oder Jean Warland, letzterer in hiesigen
durch sein Spiel wird, eine an Baker
und zu erleben, was in unserem Nachbar-
on einen Überblick verschaffen will, kann
Fallen einem dann die Namen Philip Ca-
Regionen einigermaßen präsent. Inte-
nahtlos anschließende Virtuosität. Nach
land in Sachen Jazz passiert ist.
man die Homepage www.jazzinbelgium.
therine oder Jacques Pelzer ein, ist man
ressant ist, dass Rassinfosse, Jahrgang
diesen Aufnahmen mit sechs perfekten
Belgien ist sicherlich ein relativ kleines
com ansehen. Man wird erstaunt über die
schon bei den drei Igloo-Aufnahmen.
1952, durch seine Zusammenarbeit mit
Titeln kann man nachvollziehen, warum
Land, das aber über eine sehr reiche Jazz-
Größe und Vielfalt der Szene sein.
Es beginnt 1983 mit „Crystal Bells“, der
Chet Baker schlagartig bekannt wurde,
dieses Trio europaweit so beliebt war. Ei-
Vergangenheit und -Gegenwart verfügt.
Einen interessanten Einblick, auch in
Aufnahme mit dem Gitarristen Philip Ca-
zunächst im eigenen Land und dann da-
nen solch geschlossenen wie kreativen u
Natürlich gibt es die flämische und die
die Geschichte gibt, das Buch (im CD
therine, dem Bassisten Jean-Louis Rass-
rüber hinaus. Danach wollte jeder mit
wallonische Seite. Aber interessanter-
Format) „The Finest in Belgian Jazz“ von
infosse und Chet Baker.
ihm spielen. Baker machte mit ihm in den
B
Schlagzeug-Ersatz,
fließende
Fortsetzung auf S. 14!
1 2 3 4 5
1 2 3 4
1 2 3 4 5
1 2 3 4 5
critics choice
Trombone Shorty
For True
Universal 06025 2769379
Marc Copland/John Abercrombie
speak to me
Pirouet PIT3058
Max Merseny
Thank Y’All
enja TIP-888 851 2
Archie Shepp/Joachim Kühn
Wo!Man
Archieball/Harmonia Mundi
Das erste Album „Backatown“ von Trom-
Welch glückliche Verbindung: Seit den
Vielen Dank an alle. Das Stück mit dem
Wenn „two musical powerhouses“ auf-
bone Shorty war schon eine Sensation.
frühen 70ern kennen sie sich, spielten
gleichnamigen Titel wie sein Debütal-
einandertreffen, wie es in den liner notes
Sein neuester Streich „For True“ kann
bereits 1972 in Chico Hamiltons Band
bum setzte Max Merseny an das Ende
dieser exzellenten CD heißt, ist Span-
nicht nur locker mithalten, ohne bereits
zusammen, Marc Copland damals noch
der Tracklist. Vielleicht war das sogar
nung garantiert. Doch wer bei Archie
Gehörtes erneut aufzuwärmen, sondern
unter seinem Geburtsnamen Marc Cohen
eine gute Entscheidung, denn mit drei-
Shepp und Joachim Kühn, die erstmals
ist auch musikalisch wieder ein abso-
auf
zehn
(einschließlich
im Duo spielen, nachdem sie bereits
luter Knaller. Der 25-jährige Trombone
Nach Coplands Hinwendung zum Kla-
eines Hiddentracks) ist es recht lang.
1967 im Quartett gemeinsame Aufnah-
Shorty präsentiert einen eigenen, un-
vier immerhin zehn Jahre studierte er
Vom rauen Hip-Hop und vom sexy Soul
men machten, Himmelstürmendes er-
verwechselbar knackigen Sound. Un-
das neue Instrument im Stillen, bevor er
heutiger Prägung ist die Musik weit ent-
wartet hatte, sieht sich getäuscht. Die
glaublich, wie lässig er daherkommt
1985 seine zweite Karriere startete kam
fernt.
explosive Kraft dieses Albums allerdings
und sich nicht um Konventionen schert.
es immer wieder zur Zusammenarbeit
Ja, eigentlich ist sie phasenweise so-
entspringt innersten Tiefen, entfaltet
Während „Backatown“ in erster Linie mit
mit John Abercrombie, live und auf CD,
gar ziemlich altmodisch: Da ergießen
sich erst allmählich. Der Saxophonist
seiner Band Orleans Avenue entstand,
nicht zuletzt auch bei Pirouet im Quar-
sich sinnfreie Vokalisen über den Hörer
spielt nicht unbedingt sein gesamtes
ist „For True“ nun zusätzlich vom Spirit
tett mit Drew Gress und Billy Hart sowie
(Agi“), da lässt die legendäre Hammond
Potential aus, doch entwickelt er seinen
seiner Gäste geprägt. Ob mit der Rebir-
zuletzt im Quintett mit den Genannten
B3 ihre Muskeln spielen, und über allem
Sound unverkennbar und unvermittelt
th Brass Band, dem Rapper 5th Ward
und Dave Liebman. Nie jedoch ergab sich
dreht das Altsaxophon des Bandleaders
aus dem Augenblick heraus. Ein harter,
Weebie, der sagenhaften, aus New Or-
die Gelegenheit zum Duo. Oder musste
Merseny seine Runden. Schwungvoll
knarziger Ton, krächzend mitunter, von
leans stammenden Sängerin Ledisi, Jeff
die Zeit erst reif werden? Zu beider Per-
und messerscharf setzt Merseny jedoch
explosiver Kraft, „dann wieder mit viel
Beck, Kid Rock, Lenny Kravitz oder ge-
sönlichkeit würde eine solche Erklärung
in fast jedem Song moderne Akzente,
Luft hinausgeschwungen wie ein Gruß
meinsam mit Cyril & Ivan Neville, den
passen.
von wiedergefundenen Funkgitarrenriffs
an Ben Webster“ (Kunzler-Lexikon). Aus
Ton gibt der Meister an; seine Band und
Beide sind sie charakterstarke, eigen-
bis zu treibenden Schlagzeugfiguren.
der Tradition heraus formen Shepp und
die Gäste folgen! Das Fundament dieser
willige,
nach
Neben Gästen wie Tony Lakatos, Eva
der mit feinfühliger Zurückhaltung glän-
erfrischenden Mischung ist nach wie vor
dem idealen Ausdruck, der unmittelbar
Ahoulou oder Patrick Scales zählen Pia-
zende Kühn Stücke wie den Ornette-
New-Orleans-Jazz, gewürzt mit Soul- und
passenden Farbe, Anhänger der stets
nist/Keyboarder Matthias Bublath, Gitar-
Coleman-Klassiker „Lonely Woman“ und
Funk-Ingredienzien, mit Hip-Hop-Beats
changierenden, überaus sorgsamen Neu-
rist Ferdinand Kirner, Bassist Igor Kljujic
den Ellington-Titel „Sophisticated Lady“
unterlegt oder gespickt mit treibenden
annäherung an das kaum Fassbare. Im
und Drummer Christoph Holzhauser zur
neu. Während in „Harlem Nocturne“
Rockriffs. Alles in einen Topf geworfen,
Duo nun spinnen sich die Fäden so un-
Stammbesetzung.
Rhythm´n´Blues zu Ehren kommt, ist
kräftig umgerührt und schon entsteht
aufgeregt und ruhig hin und her, dass
Bestechend das glasklare Gitarrenspiel
es auf „Sketch“ und „Segue“ die freie
daraus dieser großartige Sound. Die Wei-
die kommunikative Dichte erst nach und
Kirners im Verbund mit der sehr nostal-
Improvisation. Deutlich wird, dass sich
terentwicklung zu „Backatown“ ist ver-
nach bewusst wird in ihrer im besten
gisch klingenden Hammond B3 von Bu-
die beiden einstigen Free-Exponenten in
blüffend, was zum einen am homogenen
Sinne
komplemen-
blath, die dem prächtigen Altsaxophon
blindem Verständnis füreinander zugetan
Spiel der Band liegt, vierzehn fantas-
tären Intensität. Keiner von beiden hat es
immer aufs Neue bespielbaren Boden
sind und mit traumwandlerischer Sicher-
tischen, neuen Songs und nicht zuletzt
nötig, aufzutrumpfen, nichts Lautes, Pla-
vorbereiten. Auch ein superber Blues
heit die Improvisationsbälle zuschmei-
an der Beteiligung der großartigen Gä-
katives, Hektisches wird hier präsentiert.
wie in „Soul Serenade“ steht auf dem
ßen. So oft bluesige, schwebende Melo-
ste. Wenn Trombone Shorty mit seiner
Kein Ton zuviel! Die Aufnahmen strahlen
Speiseplan dieser technisch brillanten
dien unisono vorgetragen werden, so oft
Orleans Avenue im Dezember endlich
bei allem musikalischen Abenteuer, das
Band, die manchmal etwas zu perfekt
werden harmonische Grenzen gesprengt.
wieder auf Tour ist, sollte man sich die-
sie im Detail enthalten, eine nachgera-
agiert, und auf die der Ausspruch des
Kühns fließende Piano-Melodik, die nie in
sen Gig nicht entgehen lassen. Leider
de wunderbare Herzensruhe aus auf der
bildenden Künstlers Nam June Paik zu-
lyrischen Ornamenten ausharrt, beharrt
sind als Höchstbewertung für ein Album
gemeinsam unternommenen Reise vom
treffen könnte: „Wenn zu perfekt, liebe
ebenso auf eigenwilliger Traditionspflege
nur fünf Sterne möglich, leider!
Schweigen zum Klang.
Gott böse!“.
wie Archie Shepps Schreie und Growls.
Thomas J. Krebs
dem
elektrifizierten
kompromisslose
spannungsreichen,
Tobias Böcker
Altsaxophon.
Sucher
Minuten
dreißig
Klaus Hübner
Martin Hufner, Taktlos – das
Musikmagazin von BR und nmz
Alexander „Sandi“ Kuhn: Kuhnstoff – Being Different (personality
records), PR 08
Alles in allem eine ganz lässige
Platte um den Saxophonisten Alexander Kuhn. Zusammen mit einem
ganz vorzüglichen in sich ausgewogenen Quartett (p, git, b, dm) gleiten Kuhns musikalische Ideen hinter die Ohren, wo sie sich verteilen
bis in die feinsten Kapillaren. Und
doch alles mit dem nötigen Nachdruck in Tongebung und Atmung
und mit ebenso nötiger Ruhe. Eine
einfach schöne Aufnahme.
Bert Noglik, MDR
Rudresh Mahanthappa: Samdhi
ACT 9513-2
Im Prozess der Zusammenführung
von indischer Musik und Jazzimprovisation geht der indisch-amerikanische Saxophonist hier wieder einen Schritt nach vorn. Er setzt fort,
was Wegbereiter wie John McLauhglin und Charlie Mariano angebahnt
haben, knüpft an sein eigenes Projekt „Kinsmen“ an und lässt Blues
und Raga nun rhythmisch und elektrisch auf eine Weise ineinanderfließen, dass man mitunter glaubt, den
Sound von Ornette Colemans „Prime
Time“-Gruppen in den Stromschnellen des Ganges zu hören.
Roland Spiegel, BR-Klassik Jazzredaktion
Inge Brandenburg: „Sing! Inge,
sing!“ (Silver spot records
1036002SSR/LC 01433)
Die CD zum gleichnamigen aktuellen Dokumentarfilm über die
große deutsche Jazzsängerin der
50er- und 60er-Jahre. Und schon
die Töne erzählen viel von einem
tragikumrankten Leben. Eine früh
gezeichnete, bewegende Stimme.
Reiner Kobe
Seite
13 13
jazzzeitung 5 2011 Seite 14
1 2 3
1 2 3 4 5
1 2 3 4
1 2 3 4
1 2 3 4
cds
Rudresh Mahanthappa
Samdhi
ACT 9513 – 2
Susi Hyldgaard
DANSK
Enja/yellowbird 2011
Manfred Bründl Silent Bass
Tip Of The Tongue
Laika 3510270.2
Fattigfolket
Park
Ozella Music OZ 038 / Distr. Galileo
Le Grand Uff Zaque
„Cliché“
Reposit / Radar
Nun ist auch Saxophonist Rudresh Ma-
Diese subtile Singer-Songwriterin ist wie-
Mit großen Namen ist gemeinhin wohlfeil
Die Idee, Parks zum Dreh- und Angel-
„Le Grand Uff Zaque“ – der Name dieser
hanthappa bei ACT gelandet und legt
der an ihren Wurzeln dran und braucht
handeln. Schon mit den ersten Takten
punkt eines ganzen Albums zu machen,
Band dürfte ein Omen ein. Erstens weist
mit „Samdhi“ sein beeindruckendes De-
für ihr aktuelles Album außer Bassist
jedoch verbietet sich jeglicher Verdacht:
mag im ersten Moment irritieren: Parks,
die aus Karlsruhe stammende Truppe so
butalbum vor. Seit er 2008 mit seinem
Jannik Jensen und Schlagzeugerin Be-
Zu ernsthaft geht der in Weimar lebende
was gibt’s denn da groß zu hören: Blätter
auf ihren geradezu französischen Charme
Dakshina Ensemble für Furore sorgte,
nita Haastrup nur sich selbst – und das
und lehrende Bassist Manfred Bründl sei-
rascheln, Bäume rauschen, Hundegebell,
hin. Zweitens zeigt das lautmalerisch
entwickelte er sich kontinuierlich vom
auf Piano, Keyboards, Ukulele, Gitarre
ne Beschäftigung mit dem Vermächtnis
Teenie-Gegacker,
Kinder-
schmissige „Uff Zaque“ an, dass hier
Shooting Star zu einer etablierten Größe
und Akkordeon! Und natürlich ist da ihre
Peter Trunks an. Detailliert wird das Erbe
wagenräder und Vogelgezwitscher? Der-
rhythmisch die Post abgeht. „Le Grand
der Jazzszene. Seine Zusammenarbeit im
unvergleichliche Stimme, dieses kraft-
des Bass-Großmeisters der späten 50er-,
art unmittelbar aber verstehen die vier
Uff Zaque“ – das sind vier sich instrumen-
Duo mit Vijay Iyer fand ebenfalls große
volle, warme Organ, das wohl gar nichts
60er- und frühen 70er-Jahre musikalisch
jungen Männer des norwegisch-schwe-
tal verausgabende Herren, der Rapper
Beachtung, und mit Bunky Green mischte
anderes kann, als in jedem Moment ma-
aufgearbeitet. Nach einem tödlichen Au-
dischen Quartetts „Fattigfolket“ ihre Mu-
Sebastian Moser und die Soul-Sängerin
er zuletzt die Szene auf. Was Mahanthap-
ximale emotionale Tiefe zu verbreiten.
tounfall geriet Trunk, den Michael Naura
sik natürlich keinesfalls. Die Umsetzung
Laura Oyewale – angeblich eine afrika-
pa und seine Spielweise auszeichnet, ist
Ach ja – und ihre Töchter Emma Scheuer
seinerzeit in einem Atemzug mit Jimmy
von Eindrücken, die die Musiker in frem-
nische Prinzessin. Live bringt das Sextett
eine immerwährende Suche nach neuen
Hyldgaard und Freja Emilie Hyldgaard hat
Blanton, Ray Brown und Scott LaFaro
den Städten quer durch Europa gewonnen
schon lange die Säle zum Kochen; nun
Horizonten und tiefgründigen Sounds.
sie als blutjunge Gastsängerinnen auch
nannte, weitgehend in Vergessenheit.
haben, versteht sich (hör-)bildhaft, per-
lässt es auf dem Debütalbum „Cliché“ die
Abseits ausgetretener Pfade stellte er
mal mit ins Boot geholt. Sie hat auf ihrem
Zu Unrecht, wie sich in der Hommage
sönlich – und eigenwillig. Für „Fattigfolket“
kreative Sau raus. Puristen dürfen um die
für „Samdhi“ eine interessante Band zu-
neuesten, schlichtweg DANSK betitelten
Bründls herausstellt. Die Rolle des Bas-
sind Parks lebensnotwendige Fluchtorte.
Platte einen Bogen machen. Uff Zaque
sammen, bestehend aus dem versierten
Album alle Fäden in der Hand. Und bleibt
sisten besteht dabei nicht in erster Li-
Während Konzertreisen nutzte das Quar-
verjüngen den Jazz, indem sie ihn mit ak-
New Yorker Gitarristen David Gilmore,
sich selbst doch in jedem Moment nah
nie in solistischer Profilierung, sondern
tett jede freie Minute, um vom Berliner
tueller Clubmusik vermischen. Die bunte,
Rich Brown am Bass, dem vielverspre-
genug, dass sie sich über alle stilistischen
zeichnet sich aus durch integrative Kraft,
Grunewald bis zum Hesperidespark in Va-
den Musikern zufolge „megafette“ Col-
chenden jungen Drummer Damion Reid
Umwege und Kontraste hinweg mit ent-
Substanz und Energie. Rainer Böhm, p,
lencia die Batterien wieder aufzuladen. Im
lage vereint unter anderem HipHop und
und „Anand“ Anantha Krishnan an der
waffnender Ehrlichkeit selbst auszudrü-
Jonas Burgwinkel, dr, und Hugo Read,
Studio entstanden daraus inspirierende
Klassik, Soul und Walzer, Drum’n’Bass,
Mridangam, dessen westlich wie östlich
cken kann. Treffsicher geht also die Reise
as, begleiten Bründl auf seiner Spuren-
Ideen, die ihrerseits Kompositionen und
Elektro sowie die witzig übersprudelnden
geprägte Perkussion praktisch „die Brü-
auf „DANSK“ ins Intime, Persönliche und
suche, die – ganz im Sinne des immer
Improvisationen auslösten. Die haben’s
Freestyle-Raps von Sebastian Moser. Eine
cke ist, über die wir auf Samdhi gehen“.
manchmal Skurrille hinein. Das hat auch
wachen Geistes des Geehrten – das Erbe
in sich – ungewöhnliche Arrangements
höchst vielfältige, stets in die Beine fah-
Samdhi, die Dämmerung, eine ganz be-
durchaus mal etwas Selbstentblößendes,
nicht allein hebt und zu verwalten sucht,
in einer spannenden Besetzung mit zwei
rende Mischung. Mal wird das Rondo aus
sondere Stimmung oder auch Zustand
wenn sie etwa ihr Geburtserlebnis aus
sondern sehr bewusst ins heute über-
Bläsern (sax/cl, tp), Bass und Schlagzeug.
Beethovens „Pathétique“ rhythmisch zer-
zwischen Tag und Nacht, den jeder an-
der Nähe beschreibt. Musikalisch geht es
trägt. Fragmente, Themen und Improvi-
Rhythmisch komplexe Grooves, über die
fetzt, mal mit der elektronisch mäandrie-
ders empfindet, sich aber niemand ent-
ebenso mehrsprachig zu: mal eben einen
sationen Peter Trunks lassen in Bründls
Stimmungen
vorbeizie-
renden Trilogie „Waldbruch“ die roman-
ziehen kann. So ist die Musik zu Anfang
erdigen Blues dahinwerfen, dann wieder
Kompositionen aus einer reichen Palette
hen, oft über einfache melodische Linien
tische Tradition aufs Korn genommen.
noch harmonisch, fast eingängig, wäh-
mit einem loungigen Bossa-Nova-Triphop
an Farben beeindruckend lebendige Bil-
tänzelnd, wobei sich Blech und Holz sub-
Schließlich erkunden Uff Zaque mit sper-
rend sich schleichend jazzige Elemente
für Kuscheligkeit sorgen. Um gleich da-
der entstehen. Dass die CD Trunks 2008
til und konkurrenzfrei cool in der Führung
rigen Melodien a là Thelonious Monk das
mit indischen Motiven verbinden, Mahan-
rauf mit gut dosierter Doppelbödigkeit
verstorbener Frau, der Sängerin Stella
und eindrucksvollen Begleitung abwech-
Genre Jazz’n‘Bass. Eine zeitgemäße Fusi-
thappa mit seinem eigenen Saxophon-
wieder aus sowas auszubrechen – all
Banks, gewidmet ist, die mit dem frühen
seln. „Parks“ wirkt oft wie ein akustisches
on-Musik, die einerseits clubtauglich ist,
sound Raga und Blues kombiniert und
dies steht bei Susi Hyldgaard in jeder Se-
Tod ihres Mannes die eigene Lebensbasis
Vergrößerungsglas, das Fundstücke her-
andererseits aber hintergründig, vorur-
trotz allem einem avantgardistischen An-
kunde im Dienste ihres selbstbewussten
zusehends verlor, macht die Hommage
vorhebt, an welchen man meist achtlos
teilsfrei und solide erschrammelt daher -
satz treu bleibt.
Songwriting-Potenzials.
umso ehrenwerter.
vorübergeht.(Portrait auf S. 6!)
kommt.
Tobias Böcker
hinweggleiten,
Michael Scheiner
1 2 3
1 2 3 4 5
Stefan Pieper
1 2 3 4
Thomas J. Krebs
quietschende
Antje Rößler
JAZZLAND BELGIEN
sigen Szene spielte längere Zeit mit
ihm. Über Pelzer wird berichtet, dass er
Fortsetzung von S. 13
sich mit vielen großen amerikanischen
Vorbildern
beschäftigte,
von
Johnny
u Sound erlebt man selten. Auch die
Hodges zu Benny Carter, Lee Konitz,
Auswahl der Titel ist sehr gelungen, sei
John Coltrane oder Steve Lacy, dass er
es der poetische Titelsong „Crystal Bells“
aber nie zu „modern“ wurde. Große Aus-
von Charlie Mariano, der sich in jenen
druckskraft kann man bei ihm erleben,
Ed Partyka Jazz Orchestra
feat. Efrat Alony: Songs Of Love Lost
Mons Records MS 874510
Wolfgang Lackerschmid
Common Language Common Sense
hipjazz 005
radio.string.quartet.vienna
radiodream
ACT Music ACT 9512-2
Jahren ja auch oft in Belgien und den
der auch vermittelt, dass er alles konnte
Niederlanden aufhielt. Jay Jay Johnsons
oder beherrschte, was mit diesen Instru-
„Lament“ bewegt genauso wie das tem-
menten möglich war.
Das Ganze ist mehr als die Summe sei-
Augsburg ist eine sehr alte Stadt, ihre
Sie scheinen wollüstig und sanft zu sein,
poreiche „Cherokee“.
Sein Pianist ist der damals noch sehr jun-
ner Teile, gerade wenn auf jede Einzel-
Existenz beginnt manchen Quellen zufol-
dann wieder tieftraurig und bitterernst,
Ganz im Mittelpunkt des Geschehens
ge Eric Legnini, den man heute eigentlich
stimme größter Wert gelegt wird. So
ge 15 v.Chr., als die Römer im heutigen
die
radio.string.
steht Philip Catherine dann bei der
zur französischen Szene zählt, auch wenn
könnte ein Motto für Big Bands lauten
Stadtteil Oberhausen ein Legionslager er-
quartet.vienna. Manchmal klingen ihre
Aufnahme „Oscar“ aus dem Jahr 1988.
er eindeutig Belgier ist und an der Ent-
seit den Tagen Fletcher Hendersons. Ed
richteten. Sie ist eine der ältesten Städte
Phantasmorgien wie ein mittelschwerer
Zu seinem Trio gehören der niederlän-
wicklung der belgischen Szene der letz-
Partyka, Bassposaunist, Tubist, Arran-
Deutschland, seit 1650 feiern die Augs-
Albtraum oder wie der fiktive Soundtrack
dische Bassist Hein van de Geyn und der
ten zwei Jahrzehnte großen Anteil hatte.
geur und Komponist, stammt aus Chica-
burger jährlich das „Hohe Friedensfest“,
für den spannendsten denkbaren Fern-
Schlagzeuger Drè Pallemaerts, letzterer
Bart de Nolf ist der Bassist und Miche-
go, übersiedelte vor über zwanzig Jahren
mit dem das Ende der Unterdrückung im
sehkrimi (natürlich in schwarz-weiß). Mal
heute noch einer der meist beschäf-
line Pelzer, Jacques Tochter, spielt das
nach Deutschland und ist seit 2006 Pro-
Dreißigjährigen Krieg gefeiert wurde. Auf
glauben wir, ein scheuendes Pferd zu hö-
tigten europäischen Jazzmusiker.
Schlagzeug.
fessor für Jazz-Theorie, -Komposition und
dieser Basis stellt der Augsburger Vibra-
ren, das droht, in einen tiefen Abgrund
Alle
Qualitäten
Als Gäste kommen dann bei einigen Ti-
-Arrangement an der Kunst-Uni Graz. Et-
phonist Wolfgang Lackerschmid seit 2009
zu stürzen, dann wieder drängt sich das
lässt Catherine hören, wechselnde Tem-
teln Barney Wilen am Saxophon und
liche Big Bands hat er durch sein Mitwir-
jährlich das Ensemble „Common Langua-
zerzauste Klangbild einer strurmdurch-
pi, bildhafte musikalische Wanderungen,
Michel Graillier am Klavier hinzu. Insge-
ken bereichert und mit Kompositionen
ge Common Sense“ neu zusammen und
tosten Nacht auf. Wie auch immer, die
die hervorragend passen zu dem das Co-
samt mit zehn sehr wechselvollen und
versorgt, unter anderem das Vienna Art
arbeitet damit nicht nur für den Frieden,
„radiodreams“ sprechen eine düstere,
ver gestaltenden abstrakten Bild, dem
bewegenden Titeln wie „Never let Me
Orchestra, das Bob Brookmeyer New Art
sondern würdigt auch die Religionen der
aber nie dumpfe, sondern eher pitto-
man viele Hinweise auf den Verlauf der
Go“, „My Foolish Heart“, „How Deep Is
Orchestra, die WDR Big Band, die NDR
Welt. Denn der „Augsburger Religions-
reske, an vergangene Zeiten erinnernde
Musik einer Gitarre entnehmen kann.
The Ocean“ oder „For Minors Only“ ein
Big Band, die Rainer Tempel Big Band
frieden“ von 1555 ist als Manifest für die
Sprache. Selten gewinnt so etwas wie
Bei etlichen Titeln gibt es deutliche Ein-
schöner Rückblick auf das Leben eines
und das Nürnberger Sunday Night Or-
Gleichberechtigung aller Religionen zu
romantisches Gefühl die Oberhand, wagt
flüsse des französischen Chansons, was
bedeutenden
chestra. Für die „Songs Of Love Lost“ hat
sehen. Frieden und Freiheit – zwei Pfeiler
der Traum so deutlich zur Lovestory zu
man schon auf der ersten Aufnahme mit
kers, an den heute noch ein gleichna-
er sich mit Musikern aus Deutschland,
der Jazzmusik – schreibt Wolfgang La-
werden, wie es dann doch beim letzten
Chet Baker erleben konnte. Die meisten
miger Jazzclub in seiner Heimatstadt
Österreich, Holland und – mit der see-
ckerschmid auf die Fahne seiner neuen
Stück, „Extraction/I loves you, Porgy“,
Titel stammen aus Catherines Feder,
Liège erinnert.
lenverwandt melancholischen Sängerin
Produktion, deren sieben Titel sich der
geschieht: Wie ein ansprechender Film
wobei bei „Piano Groove“ wie bei drei
Mit diesen drei Aufnahmen rundet das
Efrat Alony – auch aus Israel zusammen-
Dominanz des Krieges in unserer Zeit
verlangt auch ein Traum ein Happy End.
weiteren Titeln der Pianist Kevin Mulli-
Label Igloo seinen über 200 Titel umfas-
getan um die Vision eines so geschichts-
entgegen stemmt. Dass Lackerschmid
In „radiodream“ ist alles drin, ist alles
gan hinzukommt. Bei „Oostduinkerke“
senden Jazz-Katalog auf eindrucksvolle
bewussten wie zeitgemäß modernen
sich gegen (Religions)Kriege widersetzt,
verwoben. Die Musik dringt unter die
mischen sich Joe Lovano und Trilok Gurtu
Weise ab. Die meisten Titel betreffen den
Sounds Wirklichkeit werden zu lassen:
die in diesen Tagen das Leben der Men-
Haut, bis ins Mark, bis ins Herz; das Roh-
ein, die interessanterweise das Klangbild
Jazz aus Belgien der letzten zehn Jahre.
„Wir müssen nach vorne schauen und
schen weltweit beeinflusst, zeigt sich in
material liegt – typisch radio.string.quar-
nicht wesentlich verändern, allenfalls
(www.igloorecords.de)
zur Seite und nicht zurück. Ich versuche
der Besetzung des Ensembles mit Mu-
tet.vienna – jenseits des Gewohnten, Ein-
reicher und größer machen. Man kann
,Orte’ zu finden, wo eine Big Band noch
sikern unterschiedlicher Nationalitäten
gefahrenen, Bekannten. Dabei ist es ein
auch sagen, sie passen sich an. Voller
nie zuvor war.“ Die komplexen Kom-
und
wie
sehr filigraner Grund, der hier von zwei
Poesie dann das Titelstück „Oscar“, wie
positionen und grenzüberschreitenden
harmonisch die unterschiedlichen Reli-
Violinen, einer Viola und einem Cello
ein nicht enden wollender Traum. Sehr
Arrangements erschließen, verbunden
gionen
Bandmitglieder
skizziert wird. Hin und wieder leuchtet
kraftvoll Hein van de Geyns Schlussstück
mit beeindruckenden Soli, unter ande-
(Protestant, orthodoxer Christ, Moham-
ein Gesangsfragment von Bernie Mallin-
„Pendine“.
rem von Silke Eberhard, cl, bcl, as, Pe-
medaner oder Buddhist) sich auf eine
ger auf und kippt die Perspektive erneut:
Schließlich dann eine Aufnahme mit
tra Krumphuber, tb, Mark Wyand, cl, ts,
gemeinsame
verständigen.
Einem Mäander gleich dreht sich die Mu-
dem Saxophonisten Jacques Pelzer aus
Jörg Engels, tp, ein vielfältiges, kraftvoll
Friedvolle Freiheit offenbart sich hier in
sik, zum Strudel werdend abwärts. Ob die
dem Jahr 1990, einem der sogenannte
forderndes, zugleich nachgerade roman-
Klangexperimenten,
Improvisa-
Träume der Menschen auch so aufregend
belgischen Urgesteine, der runde 50
tisches Klangerlebnis, emotional, sublim
tionen und dem perfekten Zusammen-
sind? Wir wollen es nicht hoffen – diese
Jahre in der Szene zu erleben war, zum
und überaus farbenreich.
spiel freier Individualisten.
CD aber darf es sein.
Beispiel mit René Thomas oder Bobby
Tobias Böcker
Religionen.
Bemerkenswert,
angehörenden
„Religion“
Klaus Hübner
freien
„Radioträume“
Carina Prange
des
seine
künstlerischen
Jaspar. Auch Ali Haurand aus der hie-
europäischen
Jazzmusi-
Hans-Jürgen von Osterhausen
DISKOGRAFIE
Chet Baker/Philip Caterine/JeanLouis Rassinfosse – Crystal Bells
(Igloo Jazz Classics IGL 034
Philip Catherine – Oscar (Igloo Jazz
Classics IGL 060)
Jacques Pelzer – Never let Me Go
(Igloo Jazz Classics IGL 084)
neues von gestern
jazzzeitung 5 2011 Seite 15
von Marcus A. Woelfle
Art Pepper: The Club Art Pepper at
Ronnie Scott’s 1980
7 LPs: Pure Pleasure Records
Inge Brandenburg
Sing! Inge, Sing!
Silver Spot Records
Stan Getz And J. J. Johnson
At The Opera House
Poll Winners Records
Freddie Hubbard: Pinnacle. Live &
Unreleased from Keystone Korner
Resonance Records
Jan Johansson with Georg Riedel
In Hamburg
ACT
Die Diskographie Art Peppers ist groß, vor
Inge Brandenburg war im dritten Viertel
Nicht immer kam ein befriedigendes Er-
Wer Freddie Hubbard in den letzten Jah-
Jan Johanssons Bedeutung für den schwe-
allem was Aufnahmen aus den letzten
des 20. Jahrhunderts die bedeutendste
gebnis heraus, wenn Norman Granz Mu-
ren seines Lebens live oder auf einer
dischen Jazz könnte man mit der Griegs
fünf Jahren seines Lebens anbelangt. Er
deutsche Jazzsängerin und wurde 1960
siker, die sonst kaum etwas miteinander
seiner mittlerweile nur noch spärlich
für die norwegische Spätromantik ver-
war nach einem wegen Drogendelikten
sogar auf dem Festival im südfranzö-
zu tun hatten, gemeinsam vor das Publi-
erscheinenden Alben hörte, stand fast
gleichen: Er erschloss der Musik seiner
weitgehend hinter Gittern geführten Le-
sischen Juan-les-Pins zur „besten europä-
kum stellte. Aber im Herbst 1957 schuf
fassungslos vor einem Trompeter, der,
Epoche den reichen Schatz an Liedern
ben wieder auf der Höhe seines Ruhmes
ischen Jazzsängerin” gekürt. Und doch:
so eine All-Star-Formation im vielleicht
ein Schatten seiner Selbst, viel von sei-
und Tanzweisen seiner Heimat, besaß als
angelangt und spielte mit einer Inten-
Suchte man bislang nach Dokumenten
vollendetsten JATP-Konzert reine Magie.
nen technischen und gestalterischen Fä-
Pianist so viel Können und Originalität,
sität, die in ihrer Leidenschaftlichkeit
ihrer Kunst, die diesen Ruf rechtfertigen,
Jay Jay Johnson, der ein Jahrzehnt zuvor
higkeiten eingebüßt hatte. Das schiefe
dies auf exemplarische, einflussreiche
eben Lebenshunger verriet, wie sie in der
hatte man es schwer: Die Bear-Family-CD
die Neuerungen des Bebop auf die dafür
Bild wieder zurechtzurücken, kommen
und auch im Ausland erfolgreiche Wei-
Zerquältheit des einst so ebenmäßigen
„Why Don’t You Take All Of Me“ enthält
scheinbar ungeeignete Posaune übertra-
posthume Aufnahmen aus guten Tagen
se zu tun und sorgte damit dafür, dass
Sounds, in der Gebrochenheit der einst so
nur wenige echte Jazzstücke, im übrigen
gen hatte, traf auf einen anderen Stamm-
gerade recht. Als er im Juni und Oktober
innerhalb einer internationalen Musik-
klar proportionierten Linien das durchge-
zum Teil dürftige Schlager, denen sie im-
vater, das Cool-Idol Stan Getz, dem meist
1980 im Keystone Korner, San Francisco ,
sprache die Verbindung zu den eigenen
machte Leid nicht verhehlen konnte, aber
merhin in homöopathischen Dosen ein
imitierten weißen Saxophonisten. Obwohl
auftrat, seinerzeit, was Fülle und Quali-
roots eine große Rolle spielt. Der euro-
auch nicht die Freude, vor einem neuen
gewisses Jazzfluidum verleihen durfte.
man sie immer gerne in stilistische Schub-
tät der dort entstandenen Aufnahmen
päische Jazz verdankt diesem virtuosen
Anfang zu stehen. Die Aufrichtigkeit sei-
Und auf „It’s Alright With Me“, ihrer ein-
laden steckte, transzendierten sie längst
angeht, eine Art Village Vanguard des
Tastenpoeten, der „auf amerikanischem
ner Musik gewann ihm viele Freunde in
zigen LP, wird zwar kompromisslos ge-
modische Unterscheidungen wie Hot und
Westens, da spielte er rückhaltlos auf-
Niveau“ spielte und doch skandinavisch
der nun endlich vielbetourten Welt, und
jazzt, doch ist das Album eine nicht unbe-
Cool. Ihr kontrapunktisches Stimmenge-
trumpfend mit dem Feuer eines Jünglings
klang, einen Teil seiner Emanzipation.
der wohltätige Einfluss seiner Frau Laurie
dingt repräsentative Momentaufnahme.
flecht in „My Funny Valentine“ muss man
und der Kraft eines erfahrenen, virtuosen
2011 wäre er 80 Jahre alt geworden, doch
schlug sich auch direkt in Aufnahmesitu-
Nun hat Marc Boettcher, ein Spezialist
gehört haben, um zu wissen, was Kreati-
Vollprofis im Zustand inspirierter Beses-
nur 37 Lebensjahre waren Jan Johansson
ationen nieder. Die Witwe ist heute Nach-
für Sängerinnen, der zum Beispiel Strei-
vität bedeutet, wenn man mit Musikern
senheit. Mit Feuereifer dabei waren auch
vergönnt, und das macht ein Album mit
lassverwalterin. In ihrem Besitz befanden
fen über Alexandra und Gitte gedreht
spielt, die nicht zur eigenen Band gehö-
Billy Childs (p, ep), Larry Klein (b) und je
unveröffentlichtem Material erster Güte
sich noch Bänder der am 27. und 28. Juni
hat, sein ganzes Können und Herzblut in
ren: Gedankenlesen. Und Oscar Peterson
nach Konzert Phil Ranelin (tb), Hadley
zu einem Ereignis. Es sind überwiegend
1980
die
den Dokumentarfilm „Sing! Inge, Sing“
(p), Ray Brown (b), Herb Ellis (g) und Con-
Caliman (ts), David Schnitter (ts), Sinclair
1964 bis 1968 für den NDR entstandene
Pepper mit dem Pianisten Milcho Leviev,
gesteckt, in dem Inge Brandenburg, die
nie Kay (dr) swingten fast noch mehr, als
Lott (dr) und der 2011 verstorbene Ed-
Perlen, bei denen der Bassist Georg Rie-
dem Bassisten Tony Dumas und dem
weit häufiger gefilmt und aufgenommen
man es von ihnen ohnehin erwartet. Ein
die Marshall (dr). Das Repertoire besteht
del mitwirkt, der auch als Komponist der
Drummer Carl Burnett im Londoner Club
wurde, als man zu träumen gewagt hät-
Album für die einsame Insel – das sagt
hauptsächlich aus Hubbard-Kompositi-
Musik zu „Pippi Langstrumpf“ Johanssons
Ronnie Scott’s gab. Zu ihrem Erstaunen
te, nicht nur in ihrer Tragik, sondern auch
sich so leicht. Mein erstes Exemplar erhielt
onen, doch findet sich auch eine furiose
Erbe weiterführte. „In Hamburg“ ist ein
waren es 17 (!) Stücke mehr als die 8, die
in ihrer künstlerischen Größe plastisch in
ich nie mehr zurück. Dann schaffte ich mir
Version eines Stückes, das Hubbard sonst
evorbildliche Produktion, zeigt sie doch,
seinerzeit auf den Alben „Blues For The
Erscheinung tritt. Als „Nebenprodukt“ er-
zwei Lps an, eine zum Abspielen und Ver-
nie aufnahm: „Giant Steps“ von John
wie man aus Aufnahmen, die in verschie-
Fisherman“ und „True Blues“ auf dem La-
scheint nun dieses Juwel: Inge in Aufnah-
leihen sowie eine Reserve für Sendungen
Coltrane, einer der ersten, dem jungen
denen Jahren und in verschiedener Be-
bel Mole erschienen und ohnehin schon
men (überwiegend aus ihrer besten Zeit)
und für alle Fälle. Höre und staune: Hinter
Hubbard die Chance zu Plattenaufnah-
setzung (von Duo bis zur Bigband, mit
selten aufzutreiben waren. Die Fund-
mit kongenialen Kollegen wie Goykovich
dem Titel „At The Opera House“ verber-
men gab. Eine seriös produzierte CD, die
und ohne Johansson) entstanden und ein
stücke sind auf dem hohen Niveau der
oder den Mangelsdorffs! Endlich besitzen
gen sich zwei ganz verschiedene Lps. Eine
mit Erinnerungstexten aus vier Federn
von Originals über schwedische Folklo-
bekannten Aufnahmen. Das Beiheft ent-
wir ein würdiges Denkmal für die bewe-
Stereo-Version wurde in der Tat im Chica-
und Bildern von Kathy Sloane, die jahre-
re bis zu amerikanischen Standards ein
hält drei interessante Interviews mit dem
gende Ausdruckskraft ihrer dunklen war-
goer Opera House aufgenommen, die Mo-
lang im Keystone Korner fotografiert hat,
breites Repertoire abdecken, ein homo-
Saxophonisten, der übrigens gelegentlich
men Stimme, ihrem geradezu genialen
no-Version im Shrine Auditorium, L.A. Hier
auch ansprechend aufgemacht ist, und
genes, im Ablauf stimmiges Gesamtwerk
zur Klarinette greift.
Gespür für Timing und blue notes.
sind beide vollständig vereint.
bei der auch die Aufnahmequalität passt.
komponieren kann.
Nick Woodland Band
Cultfactory Vol. 2: The Goodburn
Clearing House
Enja/Blues Beacon BLU-1038 2
(Soulfood)
Dedication
Steeplechase SCCD 31718 (Fenn
Music)
mitgeschnittenen
Konzerte,
SCHEFFNERS
LISTE
Manfred Scheffner, Herausgeber und Chefredakteur des „Bielefelder Katalog
Jazz“ und ehemaliger Leiter der Jazzplattenabteilung des Münchner Kaufhauses Ludwig Beck, sichtet alle zwei Monate für die JazzZeitungsleser die
CD-Neuheiten.
Uli Lenz & Ed Schuller
The Art Of The Duo:
Is There A Life After Bradley’s
TUTU CD 888238 (Fenn Music)
Charles Lloyd Group feat. Jason Moran, Maria Farantouri
Athens Concert
ECM 2205/06 2-CD-Set (2767833)
Manfred Bründl Silent Bass feat. Rainer Böhm, Jonas Burgwinkel,
Hugo Read
Tip Of The Tongue:
A Tribute to Peter Trunk
Laika Records 3510270.2 (Rough
Trade)
Stefano Battaglia Trio
The River Of Anyder
ECM 2151 (2768055)
Maximilian Geller Group
feat. Walter Lang, Peter Tuscher,
Thomas Stabenow,
Lisa Wahlandt a.o.
Alpenrosen
GLM Music EC 548-2 (Galileo Music)
Marc Copland/John Abercrombie
Speak To Me
Pirouet PIT 3058 (Edel)
Jonas Burgwinkel Group feat. Niels
Klein, Klaus Stotter, Pablo Held a.o.
Source Direkt
Traumton CD 959312 (Indigo)
Pierrick Pédron Quintet/Sextet
Cheerleaders
ACT 9511-2 (Edel)
Radio String Quartet Vienna
Radiodream
ACT 9512-2 (Edel)
Rudresh Mahanthappa Group
Samdhi
ACT 9113-2 (Edel)
Dino Saluzzi/Anja Lechner/Felix
Saluzzi
Navidad De Los Andes
ECM 2204 (2776928)
Brian Charette Trio with Mike DiRubbo, Jochen Rückert
Learning To Count
Steeplechase SCCD 31710 (Fenn
Music)
Lennart Ginman/Thomas BlackmanHeine Hansen feat. Stephen Riley
Let’s Call Stephen Riley
Steeplechase SCCD 31716 (Fenn
Music)
Kirk Knuffke/Jesse Stacken
Orange Was The Color
Steeplechase SCCD 31717 (Fenn
Music)
Nels Cline Trio
Silencer
Enja ENJ-9568 2 (Soulfood)
Subtone feat. Magnus Schriefl, Malte
Dürrschnabel, Florian Höffner, Ruben
Samana, Peter Gail, Christine Carter
Morningside
Enja ENJ -9570 2 (Soulfood)
Mike Westbrook Orchestra
The Cortége
Enja ENJ-9587 2 (2-CD-Set Soulfood)
Pascal Schumacher Quartet
Bang My Can
Enja ENJ-9572 2 (Soulfood)
Peter Meyer/Moritz Baumgärtner/
Bernhard Meyer
Melt
Traumton 951832 (Indigo)
Max Merseny Group feat. Matthias
Bublath, Tony Lakatos a.o.
Thank Y‘all
Enja/Tiptoe TIP-888851 2 (Soulfood)
Malcom Braff Trio with Reggie
Washington, Lukas König feat. Aurélie
Emery
Inside
Enja ENJ-9573 2 (Soulfood)
David Helbock/Simon Frick Duo
Diagonal
Traumton 595362 (Indigo)
Jan Johansson-Rune GustafssonGeorg Riedel NDR Studioband/Jazzworkshops
In Hamburg (1965–1968)
ACT 9510-2 (Edel)
Joachim Kühn & the hr-Bigband
Out Of The Desert: Live at JazzFest
Berlin
ACT 9521-2 (Edel)
Dieter Ilg Trio with Rainer Böhm,
Patrice Heral
Otello Live at Schloss Elmau
ACT 9522-2 (Edel)
Ron McClure Quintet feat. Rich Perry,
Stephen Riley, Mike Eckroth, Billy
Drummond
Vincent Gardner Quintet feat. Walter
Blanding, Aaron Goldberg, Neal
Caine, Ulysses Owens
The Good Book Chapter Two: The
Book Of Now
Steeplechase SCCD 31719 (Fenn
Music)
Tom Guarna Quartet feat. Peter Zak,
Paul Gill, Willie Jones
Bittersweet
Steeplechase SCCD 31720 (Fenn
Music)
MG4 (Manhattan Graffiti Four)
Shunsuke Fuke, Kiyoto Fujiwara, Kenny Garrett, Peter Madsen
Whynot WNCD 79419 (Fenn Music)
Donald Smith/Cecil McBee/Jack
DeJohnette
LUV
Whynot WNCD 79411 (Fenn Music)
Walt Dickerson Trio feat. Jamaaladeen Takuma/Wilbur Ware, Edgar
Bateman Jr.
1976
Whynot WNCD 79414 (Fenn Music)
34. JAZZFESTIVAL
NEUWIED
5. / 6. November 2011
Neuwied, Heimathaus
Terje Rypdal & Ketil Bjornstad
Marcin Wasilewski Trio
Mike Stern Band feat. Dave Weckl,
Bob Malach, Chris Minh Doky
Caecilie Norby/Lars Danielsson
Project
Iiro Rantala
Tingvall Trio
www.jazzfestival-neuwied.de
jazzzeitung 5 2011 Seite 16
film, noten
DISKREPANTER CHARAKTER
Filmdokumentation über die fast vergessene Jazzsängerin Inge Brandenburg im Kino
Schnipp, schnipp, „Doo Wop, doo
whow, doo dee…“, schnipp, schnipp.
Aus dem Off klingt hardboppender
Scat und groovendes Fingerschnippen. Eine vibrierende Altstimme füllt
den Raum, bevor eine dunkelhaarige,
attraktive Sängerin mit antiquiertem
Rollkragenpullover, flachen Schuhen
und enger, am Knöchel geschlitzter
Hose ins Bild rückt. Schwarzweiß und
in einer Dekoration, die umstandslos
in die frühen 60er-Jahre versetzt und
das altmodische Outfit erklärt, erlebt
der Zuschauer einen TV-Auftritt von
Inge Brandenburg.
hatten, sich mit einer unbequemen und
ihn zu weiteren Nachforschungen und zur
teren Absturz einleiteten, arbeitet das
ganz sicher auch oft unangenehmen Frau
Kontaktaufnahme mit Boettcher an. Oft
Porträt mit großem Respekt heraus. Boett-
auseinanderzusetzen. Filmemacher Marc
waren es nur Fragmente, Bruchstücke,
cher gelingt es, diesen von extremen Er-
Boettcher verschafft der heute fast Ver-
die unter anderen Namen in Archiven
fahrungen gezeichneten Charakter einer
gessenen mit der knapp zweistündigen
abgelegt waren und nur durch Zufall
komplexen und durchaus diskrepanten
Dokumentation „Sing! Inge, Sing! – Der
gefunden und nutzbar gemacht werden
Persönlichkeit behutsam herauszuarbei-
zerbrochene Traum der Inge Branden-
konnten. Aus frühen Interviews begleitet
ten – und dabei durchgehend ihre Wür-
burg“ späte Anerkennung. Ganz en pas-
Brandenburg den Zuschauer als Erzäh-
de zu wahren. Ganz nebenbei läuft eine
sant ist ihm bei dieser Spurensuche ein
lerin durch ihr eigenes Leben und lässt
kleine Kulturgeschichte der populären
aufschlussreicher Einblick in die gesell-
einen an ihren Hoffnungen, Träumen und
Musik im Nachkriegsdeutschland ab –
schaftliche Realität eines Frauendaseins
Enttäuschungen teilhaben.
mit Auftritten Charlie Antolinis, Peter
der ersten Nachkriegsjahrzehnte gelun-
Beinahe unheimlich wird es an einigen,
Herbolzheimers, der eigene Lieder Bran-
gen.
geschickt montierten Stellen des Films,
denburgs vertont und arrangiert hat, der
Boettcher geht sehr sorgsam und auf-
an dem die „neue Billie Holiday“ (Time
Liedermacherin und Freundin Joana, mit
merksam an den Gegenstand seiner be-
Magazine) mit Jazzsongs quasi eigene Er-
Max Greger, Wolfgang Dauner, dem Mu-
ruflichen Neugierde heran. Mit Fotos und
fahrungen kommentiert – vermutlich nur
sikredakteur Siegfried Schmidt-Joos und
ool swingend, von Schlagzeug
schriftlichen Dokumenten, Filmausschnit-
für uns im Rückblick so erkennbar. Eine
Dusko Gojkovich, mit Knut Kiesewetter,
und einem Tänzer begleitet, die
ten,
von
lieblose Kindheit und der Abtransport
Paul Kuhn und der Tante Charlotte Mehl-
der expressiven Szene auf einem
Freunden, Bewunderern und Kollegen, mit
und Tod beider Elternteile durch die Nazis
horn – die Einblicke ins familiäre Umfeld
skurrilen Podest ungewollt einen Zug ins
zeitgeschichtlichen Bezügen und Zusam-
hatten ebenso tiefe Wunden in die Kin-
ermöglicht.
Komische geben. Unterbrochen wird der
menhängen setzt er ein facettenreiches
derseele der kleinen Inge geschlagen wie
Die Auszeichnung des ausgesprochen
C
begleitenden
Kommentaren
nostalgische Anblick von kurzen State-
fünf Tage nach ihrem Geburtstag 1999
Porträt zusammen, das überraschend
die Trennung von den Geschwistern und
interessanten Filmporträts mit dem „Prä-
ments eines Personals, das dem Filmpor-
in München gestorben, war noch mehr
ehrlich wirkt – auch miese, dunkle Sei-
das gewalttätige Aufwachsen in einem
dikat wertvoll“ spornt vielleicht einige
trät seinen dokumentarischen Wert und
– lebensgierig, fordernd und begehrend,
ten und Lebenskapitel nicht schönt oder
geschlossenen Heim. Später gelang es
Nachkommen der jazzignoranten Nach-
eine hohe Authentizität verleiht: Emil
nach Anerkennung dürstend, liebestoll,
glättet – und imstande ist, Sympathie zu
ihr, in Augsburg Klavierstunden zu neh-
kriegszeit an, neugierige Blicke in die
Mangelsdorff, die einstige Grand-Prix-
erregbar, voller Wut, unbeherrscht, ag-
wecken. Für eine Frau und Musikerin, die
men und mit einem Tanzorchester durch
Musik- und Kulturgeschichte ihrer Eltern
Sängerin Joy Fleming, Konzertveranstal-
gressiv und maßvoll enttäuscht. Eine
alles andere als ein einfaches Leben hat-
die 50er-Jahre zu tingeln. Ein mehrmona-
zu werfen. Es lohnt sich!
ter Fritz Rau, Klaus Doldinger und Schla-
Künstlerin, von Kollegen geschätzt und
te. Die schon als Kind schreckliche, trau-
tiges Gastspiel in Schweden brachte end-
Michael Scheiner
gerstar Udo Jürgens, der kürzlich seinen
anerkannt, von Musikverwertern zurecht-
matisierende Erfahrungen machen muss-
lich gebührende Anerkennung und der
77. Geburtstag feierte.
gebogen und rundweg fehlbesetzt, weil
te und sich trotzdem nicht unterkriegen
Titel „Beste Jazzsängerin Europas“ beim
Letzterer attestiert „Deutschlands Jazz-
man ihr künstlerisches Potential missa-
ließ. Ausgelöst hat diese vierjährige und
Jazzfestival Juan-les-Pins in Südfrankreich
sängerin Nr. 1“ ganz unverhohlen und
chtete, ignorierte, geringstenfalls kom-
sicher oft mühsame Spurensuche ein Fo-
den Durchbruch. Wie die damit einherge-
mit aufrechter Bewunderung: „Sie war
plett falsch einschätzte. Und weil sich
toalbum, das der Sammler Thomas Rau-
henden Erwartungen und Zukunftsaus-
das, was man eine kompromisslose Jazz-
im Laufe der wechselvollen Karriere von
tenberg auf einem Münchner Flohmarkt
sichten sich trotz Plattenverträgen und
sängerin bezeichnet…“. Inge Branden-
Brandenburg Plattenbosse beleidigt zu-
entdeckte. Die dort gefundenen Auto-
der Arbeit mit guten Bands und Musikern
burg, im Februar 1929 in Leipzig geboren,
rückzogen oder zuwenig Eier in der Hose
grammkarten
nach und nach zerschlugen und den spä-
Infos: CD mit Songs aus dem Film bei
silverspot-records.com (siehe auch
unsere Rezension auf S. 15 dieser
Ausgabe!)
Kinostart: 27. Oktober 2011
www.boettcher-film.de
www.inge-brandenburg.de
Bluegrass Classics, aus der Reihe
„Hal Leonard Violin Play-Along”, Vol.
11, Hal Leonard, 40 Seiten, incl. CD
(48 Min.), ca. 14 €
Der Untertitel dieses dicken Schmökers in
mit Latin-Geschmack, das Alla Turca mit
praktischer Spiralbindung lautet „ein mo-
„da du ba da“, Eine Sammlung von klas-
dernes Konzept für einen universellen und
sischen Musik-Zitaten, die sich durchaus
methodischen
Schlagzeugunterricht“.
schon als Ohrwurm festgefressen haben,
Fortgeschrittene Geiger beziehungsweise
Das sagt bereits, wo es langgeht: Anfän-
hier jedoch deutlich jazzig aufgefrischt
Calvin Jackson? – Nie gehört, ist wohl die
Fiddler werden ihre Freude an dieser Aus-
ger und Einsteiger finden hier eine zeit-
werden. Ungewohnt gesetzt und in diesem
häufigste Antwort unter Jazzfans, wenn
gabe haben. Acht Stücke, überwiegend
gemäße, fundierte Anleitung. An dem um-
Zug melodisch, rhythmisch (off-beat), har-
dieser Name fällt, und nicht nur unter jün-
Folksongs und Traditionals wie „Bill Che-
fangreichen Inhaltsverzeichnis mit zehn
monisch (dissonant) und atmosphärisch
geren. Dabei war Jackson, geboren 1919,
atham“, „Blackberry Blossom“, „Cripple
strukturierten Kapiteln ist unter anderem
völlig neu gestaltet und akzentuiert. Eine
ein viel beachteter Pianist, Bandleader,
Creek“ oder „Turkey in the Straw“, wur-
der MP3-Index interessant: Dort ist nicht
frische Brise für jedes Chor-Repertoire.
Komponist und Arrangeur seiner Zeit. Be-
den in dieser Ausgabe gut spielbar no-
nur gelistet, wo im Buch die MP3-Tracks
reits als Kind bekam er Klavierunterricht
tiert, dazu Akkordangaben für eventuelle
der CD zu finden sind. Bei jedem Track
Die Ukulele erfreut sich von Jahr zu Jahr
und studierte später an der berühmten
instrumentale Erweiterung, teils mit Ge-
steht auch die Info über „bpm“ (beats
größerer Beliebtheit und Verbreitung. Sie
Juilliard School. Er spielte schon sehr früh
sangspart und Text. Die Bluegrass Clas-
per minute), also letztlich: das Tempo.
kann auch den Jazz mit ihrem typischen
(1940/41) einige Titel ein, aber seine
sics kommen nicht ohne Doppelgriffe und
Der Spieler kann sich einen gewünsch-
Klangbild bereichern. Doch die nahelie-
rege Aufnahmetätigkeit begann erst ab
Slides aus, sind aber insgesamt rhyth-
ten Track auch nach Tempo aussuchen,
gende Rechnung „weniger Saiten = we-
1945. So ist er der Pianist in der hoch-
misch und melodisch nicht schwer. Nur
was zu Übezwecken eine gute Option ist.
niger Aufwand“ geht so einfach nicht auf.
karätig besetzten Johnny Otis Band, war
das Feeling muss beim Spielen noch hin-
Zunächst wird das Drumset im Detail er-
Deshalb gibt es Noten, die vor allem den
längere Zeit bei Benny Carter und nahm
gekriegt werden. Die CD bietet je einen
klärt, und zwar sowohl das akustische
Einstieg erleichtern oder überhaupt er-
SCHEFFNERS
VINYLARCHIV
Brandenburgs
spornten
noten
mit dem, heute leider auch ziemlich ver-
klassischen Themen zu hören sind, aber
Demo-Track und ein Play-Along zum flot-
als auch das elektronische. Sitzposition,
möglichen sollen, so zum Beispiel:
gessenen Phil Moore, Arrangeur, Band-
es wird schnell klar, dass hier andere
ten Mitspielen. Zu hören sind Jerry Lough-
Körperhaltung, Stock- und Handhaltung,
leader und Pianist, ein sehr interessantes
Wege gegangen werden.
ney (fiddle), Brian Baker (b), Bill Brenckle
dann die musikalischen Grundlagen und
„Concerto for Pia-
Der Titel „Lotus Land“ deutet nicht nur
(gtr) und Jon Peik (banjo).
erste Schritte am Instrument. Die Fülle
Steven Sproat: Ukulele Teil 2 aus der
Reihe „Nur für Anfänger“, Bosworth,
40 Seiten, incl. CD (17 Min.), 14,95 €
no and Orchestra“
auf Japan hin, es sind auch Einflüsse
auf. Einige Jahre
der japanischen Musik zu hören, schwe-
lebte er in Toron-
bend und meditativ. „Cal-isthenics“ zeigt
to/Kanada, wo er
dann schon eher das Konzept des Calvin
auch wöchentliche
an methodisch aufgebautem Stoff endet
Das ins Deutsche übersetzte Heft knüpft
in Kapitel 10 mit Konzepten für Fill-Ins als
direkt an Teil 1 an, frischt jedoch zunächst
kreative Basis. Einige s/w-Abbildungen
dessen Inhalt, die Grundlagen am Instru-
und Leseübungen lockern die Abfolge der
ment, auf. Dabei wird von der Stimmung
Jackson Quartet an. Moderner Swing mit
Susi Weiss: Schlager und Chansons
der 20er- bis 40er-Jahre für Klavier,
Edition Dux, 97 Seiten, incl. 2 CDs
(55 bzw. 56 Min.), 29,80 €
Kapitel auf. Immer wieder gibt es vorbe-
G-C-E-A ausgegangen. Teil 2 präsentiert
Shows in Funk und
einem Hauch von Bebop. Peter Appleyard
Eine
griffige
reitete Notenzeilen, in die man eigene
weitere Anschlagtechniken wie Split Stro-
Fernsehen hatte. Danach spielte er di-
macht schnell klar, dass seine „Roots“
Sammlung. 40 Ohrwürmer, die es alle
Ideen eintragen und so Musik selbst kreie-
ke, Daumen-Rolle und Fan Stroke, Finger-
verse Platten unter eigenem Namen ein.
bei Lionel Hampton liegen, aber Modern
verdient hätten, hier gelistet zu werden.
ren kann. Der Anhang überrascht mit sti-
picking, Zupfmuster, zusätzliche Akkorde
Interessant ist auch seine Zusammenar-
Jazz ihn wesentlich geprägt hat.
Fortgeschrittene Pianisten bringen Titel
listisch sortierten Literaturempfehlungen.
und -umkehrungen. Die Anleitung erfolgt
beit mit dem Cellisten Fred Katz sowie
„All The Things You Are“ wird hier in
wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe
Kompakter Inhalt mit dem Ziel, Koordina-
ohne Noten, unterstützt von s/w-Fotos.
diverse Arrangements für Ray Charles.
einem sehr eigenwilligen Arrangement
eingestellt“, „Ich wollt, ich wär ein Huhn“,
tion, Kreativität, rhythmische Sicherheit
Bei aller Einfachheit („Schritt für Schritt
Calvin Jackson starb 1985. Unter seinen
vorgestellt. Bei diesem Titel denkt man
„Wir machen Musik“ zum Klingen, Text
und Vielseitigkeit zu trainieren und auszu-
Anleitung“) bleibt dem Spieler jedoch eins
Platten, die er für Columbia aufnahm, ist
unwillkürlich an die klassischen All-Star-
und Akkordangaben sind dabei. CDs mit
gestalten.
nicht erspart: Üben. Als Crashkurs für ei-
eine besonders bemerkenswert.
Aufnahmen der Lionel Hampton Grup-
den (Original-)Aufnahmen der entspre-
Calvin Jackson Quartet (CL 756)
Calvin Jackson (p); Peter Appleyard
(vib); Johnny Elwood or Johnny
Stapleton (b); Howard Reay (dr) (rec.
Juni-August 1955): Lotus Land / Calisthenics / Dream Of You / All The
Things You Are / Shadow Waltz / Love
Me Or Leave Me
pen aus den 1940er-Jahren, die für RCA
chenden Lieder gibt es mehr als genug,
eingespielt wurden. Das Zusammenspiel
ein paar wenige Noten hier und da, nun
von Vibraphon und Piano ist phänome-
herrliche,
schnörkellose,
nen schnellen ersten Überblick geeignet,
gehen die beiden Bände jedoch nicht
aber diese gute Sammlung für Klavier.
Manfred Sievritts: Chor-Express, Heft
8, Schott, 47 Seiten (Chorpartitur),
9,95 €
nal. Das stärkste Stück der LP ist aber der
Für eine nächste Auflage wäre jeweils ein
Einen gemischten Chor a cappella erwar-
instrumentalpädagogische
fast 16 Minuten lange Titel „Love Me Or
kurzer Hinweis wunderbar, von wem die
ten hier folgende acht Titel, deren assozi-
muss der interessierte Spieler sich dann
Leave Me“. Im up-tempo wird das Thema
einzelnen Lieder gesungen wurden – al-
ative Namen direkt an die Originale erin-
anderweitig umsehen. Die CD bringt alle
vorgestellt. Vibraphon und Piano schäu-
lesamt Namen und Interpreten, die die
nern: „The Quattro Stagioni Song“ (keine
Stücke als Demoversion und als Begleit-
men nur so über vor Vitalität. Überhaupt
Zeiten überdauern und nicht nur in der
Anspielung auf Pizza, sondern Anlehnung
musik zum Mitspielen. In einer nächsten
In der Nach-Swing-Ära ist die Besetzung
dominieren die beiden Melodie-instru-
musikalischen Arbeit mit Senioren (hier
an Vivaldis Vier Jahreszeiten), „John The
Auflage könnte man praktischerweise in
mit Vibraphon, Piano, Bass und Drums
mente die ganze LP. Bassist und Schlag-
könnte man über eine zusätzliche Groß-
Bastian“, „Siciliano“, „Kettledrum Song“,
der Tracklist auch anmerken, wo im Heft
zwar eigentlich vom Modern Jazz Quartet
zeuger halten sich sehr zurück und ge-
druck-Ausgabe nachdenken) wieder mit
„Our Little Nightmusic“, „Alla Turca“,
die Tracks denn zu finden sind. Weitere
in Beschlag genommen, aber es haben
ben wirklich „nur“ den Teppich, auf dem
Freuden ausgepackt werden. Die beiden
„Elisa’s Dedication“. Sinnvolle Anmer-
Schulen für Ukulele unter anderem unter
sich immer wieder auch andere Musiker
sich die beiden anderen austoben kön-
instrumentalen CDs (Klavier, Schlagzeug,
kungen zu jedem Stück gibt es vorweg.
www.dux-verlag.de, zum Beispiel: Fred
daran versucht. Leider ist es dabei über-
nen. Und das tun sie in diesem Titel aus-
Kontrabass) enthalten je 20 Titel.
Die Texte sind englisch beziehungsweise
Artmeier: Schule für Ukulele, Griffbilder,
wiegend zu einer mehr oder weniger ge-
giebig. Eine Platte, die musikalisch sehr
in lautmalerischer Silbensprache (eine im
Akkordsymbole, Songs. Eine kurzweilige
lungenen Kopie gekommen. Nicht so bei
interessant ist, gute Laune macht, und,
Jazz häufig praktizierte Singweise). Die
Einführung und Anleitung mit Spielstü-
der vorliegenden LP. Natürlich denkt man
wie so Vieles aus dieser Zeit, samt ihrer
Stücke gestalten sich eher rhythmisch
cken aus aller Welt. Dux, 32 S., 8e, sowie
unwillkürlich bei den ersten Tönen an das
Musiker vergessen ist. Es lohnt sich aber,
vertrackt als melodisch ausschweifend.
zum Beispiel unter www.hageshop.de
MJQ, auch weil hier ebenso Anklänge zu
antiquarisch danach zu suchen.
Timo Ickenroth: Modern Groove –
Drum Book (Rock, Pop & Jazz), AMA
Verlag, 240 Seiten, incl. CD (111
Tracks), 24,95 €
Die Kleine Nachtmusik kommt daher
mehr in die Tiefe. Für weitere harmonische Hintergründe oder tiefergehende
Monika Krämer
Gedanken
jazzzeitung 5 2011 Seite 17
bücher
UNERMESSLICHE FÜLLE VON FAKTEN
Neue englischsprachige Bücher
Will Friedwald: A Biographical Guide
to the Great Jazz and Pop Singers,
Pantheon Books, New York, 812
Seiten
Manche mögen überraschen, wie Woody
Songbook besteht ja nicht nur aus Melo-
Zydeco, Folk, Jazz (New Orleans, Avant-
Coon Song, Cakewalk und Ragtime unter
Herman, aber Friedwald nennt in jedem
dien.
garde) und ganz besonders mit mexika-
dem Begriff „Syncopated Music“ zusam-
Fall genügend Gründe für seine Wahl.
Immer spannend, zugleich unterhaltsam,
nischer Musik. Manche älteren Musiker
men und untersucht sie anhand zahl-
Aber warum fehlen Marlena Shaw, Ethel
bisweilen polemisch, ist diese Arbeit
verdanken ihm ihre (Wieder) Entdeckung,
reicher Aufnahmen und Notenbeispielen.
Keine Frage: dies ist ein Standardwerk
Ennis und Mose Allison?
höchst empfehlenswert.
viele jüngere die Begegnung mit jenen.
Das führt zu vielen Überlegungen und G
und zugleich das Magnum Opus des
Der Autor schrieb zehn (!) Jahre an die-
Der Autor beschreibt zunächst die kalifor-
danken, die ihrerseits zu neuen Fragen
wohl besten Kenners des Jazz- und Pop-
sem Buch. Wer die 812 engbedruckten
nische Folk- und Bluesszene jener Jahre
Anlass geben.
gesangs. Will Friedwald hat dabei einen
Seiten durchgearbeitet hat, leistete eine
und geht dann ausführlich auf die 72 Titel
Nachdem das Buch im Untertitel „Früh-
(von 39 Solisten bzw. Gruppen) auf den
geschichte des Jazz“ heißt, muss da nicht
beiliegenden CDs ein, viele von ihnen
auch die Brass Band Musik in New Or-
unveröffentlicht oder noch nie auf CD
leans mit einbezogen werden und (mög-
ausschließlich, überwiegend oder gele-
Adam Machado: Hear me howling!
Blues, Ballads & Beyond as recorded
by Chris Strachwitz in the 1960s,
mit vier CDs und zahlreichen Fotos,
ARHOOLIE RECORDS, El Cerrito, USA,
136 Seiten
erschienen. Von Jesse Fuller (1955 auf-
licherweise) auch die Frühgeschichte des
gentlich Songs aus dem Great American
Chris Strachwitz wurde am 1. Juli 1931
genommen) bis Sonny Simmons (1970)
Harlem Stride Piano?
in Groß Reichenau (Niederschlesien) ge-
gibt es ein buntes Spektrum an Musik,
Das Swingen ist das rhythmische Grund-
boren. Als Flüchtling kam er 1945 nach
darunter auch bei uns kaum bekannte,
prinzip des Jazz bis in Latin Jazz, Free
Braunschweig. 1947 emigrierte die Fa-
aber sehr bemerkenswerte Künstler wie
Jazz und Rock Jazz hinein. Wo, wann
milie in die USA (er hatte auch ameri-
The Joy Of Cooking (die Gruppe heißt
und durch wen ist es entstanden? Was
kanische Vorfahren: zwei davon waren
wirklich so!), Perry Lederman, Stanley
ist das Wesentliche daran? Die übliche
Senatoren von Nevada gewesen). In
Willis und Smiley Winters. Text und Musik
Triolenerklärung reicht nicht aus. Sie ist
Kalifornien besuchte er die High School,
werden noch ergänzt durch eine Vielzahl
viel zu oberflächlich. Es geht um eine
Singing Songwriters (Hoagy Carmichael,
wurde amerikanischer Staatsbürger und
von sehr gut reproduzierten ausdrucks-
Überlagerung von Bewegungsmomenten
Harold Arlen, Johnny Mercer),Hollywood
kam 1954 als Soldat nach Salzburg. Nach
starken Fotos.
(daher die Unmöglichkeit einer genauen
ungewöhnlichen, aber sinnvollen Ansatz
gewählt: er schreibt über alle bedeutenden Sänger und Sängerinnen, die
Songbook gesungen haben, gleich in
welcher Stilistik. So finden wir hier die
NEU: die JazzZeitung auf
Facebook
frühen Broadwaystars (Al Jolson, Eddie
Cantor, Sophie Tucker u.a.) ebenso wie
www.facebook.com/jazzzeitung
all die Bandsänger und -Sängerinnen der
30er- und 40er-Jahre (und später), Cabaretsängerinnen (Mabel Mercer u.a.),
Verlosung, Tipps, tagesaktuelle
Meldungen und vieles mehr!
Divas (Alice Faye, Dorothy Lamour, Shir-
Menge Arbeit, wird aber reich belohnt
Abschluss eines Ingenieurstudiums grün-
ley Temple, Betty Hutton) und viele mehr
mit eine schier unermessliche Fülle von
dete er 1960 ARHOOLIE RECORDS, das
(auch jüngere, die sich heute mit diesem
Fakten, zahlreichen Querverweisen, vie-
er mit viel Musikverständnis zu einem
Repertoire
unter
len Plattenempfehlungen, Darlegungen
der
“Extras” auch Bob Dylan, Mahalia Jack-
von Zusammenhängen, überraschenden
son, Elvis Presley, Bessie Smith und Hank
Fixierung mit unserer Notenschrift). Dies
wird von synkopischen Wirkungen beglei-
Welt machte. Sein musikalisches Credo
Maximilian Hendler: Syncopated
Music: Frühgeschichte des Jazz, Akademische Druck- und Verlagsanstalt,
Graz, 270 Seiten
Erkenntnissen, witzigen Formulierungen
drückte er so aus: „Rhythm is what drove
In diesem sehr zum Nach- und Weiter-
von Coon Song, Cakewalk und Ragtime
Williams — insgesamt 205 Namen, da-
und treffenden Bemerkungen. Auch die
me - rhythm and raw emotions“, (S. 16).
denken anregenden Buch, einer Fortset-
alle von hoher musikalischer Qualität?
runter auch einige aus Europa und sogar
Interpretation von Textstellen wird immer
Das brachte ihn auch in Kontakt mit an-
zung der „Vorgeschichte des Jazz“ vom
Was sind deren Merkmale?
einen aus Deutschland: Marlene Dietrich.
wieder analysiert — das Great American
deren Musikformen wie Gospel, Country,
gleichen Autor, fasst Maximilian Hendler
beschäftigen),
dazu
bedeutendsten
Blueslabels
der
tet, die aber nicht den Kern des Ganzen
darstellen. Dann gibt es da – wie immer –
eine Qualitätsfrage. Sind die Aufnahmen
Joe Viera
IMPROVISATION MIT PINSEL
Manchmal trägt der Jazz ein intensives Blau, durchzogen von wild gezackten, dunklen Linien. In schwarzen,
an den Rändern auslaufenden Streifen
fließt der Blues dahin. Hubert Berke,
documenta-Künstler und Mitglied der
Gruppe ZEN 49, fand im Jazz der
50er-Jahre eine Entsprechung zu
seiner eigenen Malerei. Für Erscheinungen wie die Improvisation, rhythmische Verschachtelungen und Texturen aus übereinander geschichteten
Melodielinien fand er einen bildlichen
Ausdruck.
D
seldorfer Meisterschülern Paul Klees und
Die deutsch-englischen Hintergrundtexte
ihren Einfluss auf die deutsche Nach-
und Interviews gehen in die Tiefe; rund
kriegskunst. Jazzaffin waren sie allesamt.
zwei Drittel des Bandes sind farblich
Keiner von ihnen ließ sich jedoch in sei-
bebildert. Im Kapitel über Berke wird
ner Kunst so intensiv auf die neuen Klän-
die erstaunliche, zwischen Abstraktion
ge ein wie Hubert Berke.
und Gegenständlichkeit changierende
JAZZBILDER
Vielseitigkeit dieses Künstlers offenbar:
von den heimlichen abstrakten Bildern
aus den Dreißigern über Nagelplastiken
Seine Serie von „Jazzbildern“ beginnt
und bewegliche Skulpturen bis hin zu
1952 nach einem Konzert von Louis
schlichten Porträts und Stillleben.
Armstrong in Köln. In der Musik des Trom-
Die Originale sind in der Berliner Galerie
peters entdeckt Berke eine Parallele zu
Zellermayer zu sehen.
seiner eigenen Herangehensweise an die
Antje Rößler
Malerei; er malt Farbflächen, aus denen
er 1979 verstorbene Berke war
sich die Konturen von Instrumenten und
einer der Schüler Paul Klees,
Noten herauslösen. Vom Jazz beeinflusst
bevor dieser 1933 von seinem
entstehen Papierarbeiten sowie Ölbilder
Lehrstuhl an der Kunstakademie Düssel-
mit Titeln wie „Negro Spiritual“, „Back Wa-
dorf vertrieben wurde. Zu Klees Meister-
ter Blues“ und „Improvisation“. Berke, der
schülern gehörten auch der Fotograf und
die Musiker bei Proben und Konzerten be-
abstrakte Maler Eugen Batz, die Schwei-
obachtete, malt eine Musik, die neu und
zer Malerin Petra Petitpierre oder der ex-
frei ist. Mal aufregend und rasant, dann
perimentell orientierte Künstler August
wieder melancholisch und einsam.
Preusse.
Die Publikation ist mit ihren 350 Seiten
Maxi Sickerts umfangreicher Kunstband
besten Papiers nicht nur im übertra-
beleuchtet das Schaffen von sechs Düs-
genen Sinne ein Schwergewicht.
Buch-Tipp
Maxi Sickert: „Aus der Form geboren.
Über die Schüler von Paul Klee an
der Kunstakademie Düsseldorf und
ihr Einfluss auf die deutsche Kunst
nach 1945“, 352 Seiten, ISBN 9783-938763-31-5, Broecking Verlag
Berlin 2011, e 120.Zellermayer Galerie
Ludwigkirchstrasse 6,
10719 Berlin
Hubert Berke: Louis Armstrong 50er-Jahre
JAZZWERKSTATT WIEN
Vernissage in der Zellermayer Galerie. Foto: Galerie
Im Wiener WUK Museum war es
wieder soweit. Am 26. Oktober 2011
fand die erste ZOOM! Night der JazzWerkstatt Wien statt, die den Konzertreigen Herbst/Winter einleitete. Auch
im November und im Dezember gibt
es weitere Konzerte.
Im Radiokulturhaus Wien treffen am
4. November 2011 das Duo die Strottern und die JazzWerkstatt Wien aufeinander und geben ihr gemeinsames
Programm „Elegant“ zum Besten. In
diesem Programm geht es vor allem
um das Zusammentreffen von Texten
aus Wien und experimentierfreudigen
Musikern – Weinseligkeit wird zurückgelassen, der urbane Alltag tritt an
ihre Stelle. Beginn ist um 21.00 Uhr.
Am Mittwoch, 9. November 2011,
gestalten Autark & RDECA RAKETA
die ZOOM! Night. Hier treffen elektroakustische Formen der Improvisation und filmische und fotografische
Partituren zusammen. Beginn ist wie
immer um 20.30 Uhr. Vom 19. bis 21.
November 2011 geht Studio Dan feat.
Elliott Sharp mit ihrem Programm „In
The Pelagic Zone“ auf Tour.
Spielstätten werden sein: Porgy &
Bess in Wien, Das Orpeum in Graz
und der Jazzclub Unterfahrt in München.
Am 30. November 2011 spielt das
JazzWerkstatt Wien New Ensemble/
nee. & Max Gaier um 20.00 Uhr im
Jazz Cafe Miles Smiles.
Eine CD-Präsentation wird es im Rahmen der ZOOM! Night am 7. Dezember 2011 geben. Das JazzWerkstatt
Wien New Ensemble hat zusammen
mit Ismambard Khroustaliov aus
England eine CD aufgenommen die an
diesem Abend vorgestellt wird. Beginn
ist 20.30 Uhr.
Genauere Informationen zu den
Konzerten können unter
www.jazzwerkstatt.at nachgelesen
werden.
jazzzeitung 5 2011 Seite 18
education
MUSIK, ESSEN UND VIEL NATUR
break
Besuch beim jährlichen Lackerschmid-Workshop Propstei St. Gerold
Erster Workshop-Abend. Die Kursteilnehmer treffen im Saal zur Kennenlern-Session ein. Rechts auf der Bühne
sind Sängerin, Pianist und Flügel, zwischen Bösendorfer und Wand stehen
zwei Saxofonisten, links ist die Vibraphon-Riege. An der Wand sitzt Workshopleiter Wolfgang Lackerschmid mit
Beatles-Bass: „Vorläufig sag ich gar
nichts. Ich bin nur euer Bassist, ich
spiele, was ihr wollt“, meint er, lächelt
breit, spielt ein paar Töne. Die Teilnehmer wählen „Girl from Ipanema“,
beginnen zögernd, unentschieden.
Lackerschmid steht auf, dirigiert die
Abfolge, jetzt klingt es „echter“.
B
und Komponist Wolfgang Lackerschmid.
Zuerst wird auf den Tisch geklopft. Mit
vorgegebenen und improvisierten Claves, binären, über zwei Takte reichenden
Rhythmusmotiven wird das Groovegefühl
im Unisono trainiert. Den Schluss des ersten Theorieparts bildet der Partido Alto,
ein brasilianischer Grundrhythmus: „An
der falschen Verwendung von Akzenten
außerhalb der Figur erkennt man die Leute mit Akzent“, sagt Lackerschmid. Dann
geht es ans Spielen. Hauptschauplatz
des fünftägigen „praxisbezogenen Intensivkurses“ mit dem Augsburger Jazzpaar
Schlesinger & Lackerschmid ist das „Wy-
eim Brasilianischen gibt es nichts,
was auf Eins anfängt, meist beginnt es mit einem Auftakt“, fängt
er den folgenden Vormittag an: Auch der
NEU: die JazzZeitung auf
Facebook
gründet, wurde die Propstei mit Kloster-
nissen aus Lackerschmids langer Praxis.
garten, Landwirtschaft und Gestüt von
Allmählich wird aus der bunten Gruppe
Pater Nathanael Wirth ab 1958 zur behut-
ein Ensemble, trotz verschiedener Ni-
sam modernisierten Stätte der Begeg-
veaus und Erwartungen. Bands sind aus
nung und Kreativität ausgebaut. Am Son-
den Workshops entstanden, einige Teil-
nenhang des Großen Walsertales finden
nehmer heute Profis. „Mir fällt auf, dass
rund ums Jahr Tagungen, Kurse, Konzerte
die Soli richtig geschmackvoll werden.
Teilnehmer vom Quereinsteiger bis zum
mit renommierten Künstlern aus Jazz und
Ich kann jetzt richtig antworten“, be-
Routinier, vom Rentner bis zum Twen,
Klassik statt. Vor zwei Jahren tagte ECM
merkt Lackerschmid und rät: „Man muss
portugiesische Originaltext von „Girl from
Ipanema“, beginne auf Eins und. „Man
sagt, die Musik ist beeinflusst von der
www.facebook.com/jazzzeitung
Eisenbahn.“ Deshalb „rollt“ der Rhythmus. Neun Personen sitzen um die rechteckige Tischrunde, sieben davon sind
Verlosung, Tipps, tagesaktuelle
Meldungen und vieles mehr!
Haben Sie schon einmal eine Aufnahme
von dem Bluessänger Blind Orange Adams
gehört? Nein? Ich auch nicht – und auch
sonst niemand. Es hat ihn nämlich nie
gegeben. Und doch wurde eine Zeitlang
über ihn berichtet. Das kam so: Ende der
50er-Jahre gab es ein wachsendes Interesse an der Entdeckung bisher unbekannter
Bluesmusiker. Das brachte Don DeMichael,
damals Korrespondent des “downbeat” in
Louisville (Kentucky) auf die Idee,in einem
Bericht über lokale Ereignisse Blind Orange Adams zu erwähnen, den er einfach so
erfunden hatte (den Namen bildete er in
Analogie zu Blind Lemon Jefferson, einem
der Großen des Country Blues).In der Redaktion des “downbeat” fand man die
Idee hervorragend und beschloss, Adams
populär werden zu lassen. Also gab es
danach immer wieder Erwähnungen von
seinen Auftritten bei Rent Parties und anderen Gelegenheiten. Es trafen Briefe beim
“downbeat” ein, die sich nach ihm erkundigten, was zur Einrichtung eines Postfachs
und schließlich zur Gründung der Blind
Orange Adams Appreciation Society führte.
Adams wurde eine Legende. Das brachte
Moe Ash von FOLKWAYS RECORDS auf
den Gedanken, Gene Lees, Redakteur des
“downbeat”, Aufnahmen vorzuschlagen.
Beunruhigt schrieb Lees zurück,Adams sei
sehr menschenscheu und würde nur mit
ihm, Lees, und DeMichael in ein Studio gehen. Er hatte vor, Eddie Harris zu holen,der
für seine witzigen Bluesparodien bekannt
war. Aber es kam anders. Ash bestand
darauf, Adams persönlich kennenzulernen.
Das war sein Ende: DeMichael ließ ihn bei
einem Autounfall ums Leben kommen.
Schade eigentlich. Der Name hatte so gut
gepasst!
aus Russland, Schweiz, Belgien, Deutsch-
berhus“, einst da für die weiblichen An-
in der Propstei, hier entstanden einige
immer den Weg beschreiben.“ Aber „von
land, dazu die Workshopleiter, Jazzsän-
gestellten der Propstei St. Gerold, heute
Aufnahmen für das Label– so Anfang der
Harmonie zu Harmonie nur Skalen spie-
gerin Stefanie Schlesinger, Vibraphonist
Veranstaltungssaal. Vor 1.051 Jahren ge-
90er „Officium“, die legendäre Garbarek-
len funktioniert nicht.“ Wichtig: Musik
Scheibe mit dem Hillard-Ensemble. Wolf-
verstehen wollen. Wer gut improvisiert,
gang Lackerschmid trat 1986 zum ersten
weiß, welche Harmonie als nächstes
Mal in St. Gerold auf, 1991 startete er sei-
kommt. „Das, was man gelernt hat, muss
nen jährlichen Jazz-Workshop - zunächst
selbstverständlich werden“, fordern die
im Sommer, später im Januar. „Da haben
Workshopleiter. Ganz wichtig: „die Kom-
die meisten Urlaub“, erklärt er. Doch die
munikation“. Das Wichtigste: der In-
Serpentinenauffahrt zu der 850 Meter
halt. „Unsere Aufgabe ist es, Gefühl zu
hoch gelegenen Propstei ist im Winter
transportieren.“ Das, welches man aus-
oft kein Pappenstiel. Der diesjährige Jazz-
drücken kann. „Man ist verantwortlich
Kurs fand wieder im August statt und traf
für das, was das Publikum empfindet.“
Schlesinger. Sie singt öfters mit, greift
damit ins Blaue: Eine Bilderbuchbergge-
Die Musik darf nie Selbstzweck werden.
zu Cajon oder in die Tasten. Ob nächstes
gend, ein dauerblauer Himmel, klöster-
Theorie und Praxis sind eng verknüpft:
Jahr wieder ein Kurs auf St. Gerold sein
lich-spirituelle Ruhe, Schwimmbad und
„Wenn ihr improvisiert, versucht mal zu
wird, weiß Lackerschmid noch nicht. Viel-
gutes Essen untermalen die täglich vier
spielen, was ihr singen würdet“, instru-
leicht alle zwei Jahre, sinniert er. 2012
Stunden Workshop plus „Hausaufgaben“
iert Wolfgang Lackerschmid vor „Just
wird er bereits „einen Jazz-Workshop im
oder Jazzgesangsstunde, die abendlichen
Friends“. Es gehöre zu einem seriösen
Rahmen der Kurse des Bayerischen Ton-
Sessions mit Gespräch und Musik. Das
Musiker, dass er den Text kennt. „Bitte
künstlerverbandes geben, der auch das
fühlt sich an wie Urlaub. Man arbeitet re-
auch den Komponisten merken“, bläut
Ziel hat, die Jazzkompetenz von Musikpä-
laxt, aber motiviert. Zur Sprache kommt
er ein. Man berät den Ablauf, zählt ein,
dagogen allgemein zu verbessern.“ Und
fast die ganze Bandbreite, Jazzgeschich-
beginnt, der Walking Bass bricht ab: Der
zuviel unterrichten will Wolfgang Lacker-
te, Jazzharmonik, Bop, Funk, Free Jazz,
Sax-Ton wurde zu lange gehalten. So
schmid nicht. Sonst bleibt keine Zeit zum
modal, Blues und bluesig, Bluestonleiter,
würdet ihr die zugehörige Silbe niemals
Komponieren.
pentatonische Skala, gespickt mit Erleb-
aussprechen,
Gruppenbild mit Kursteilnehmern, unten li. Wolfgang Lackerschmid und
Stefanie Schlesinger. Fotos: Knauer
argumentiert
Stefanie
Joe Viera
Stephanie Knauer
ALLES IST MÖGLICH – VOM BACHELOR BIS MASTER
Die neue Hochschule für Kunst, Design und Populäre Musik in Freiburg
Seit Anfang des Jahres liefen die Vorbereitungen, Mitte September nahm
in Freiburg die neue private Hochschule für Kunst, Design und Populäre
Musik (HKDM) ihren Betrieb auf. 85
Studenten haben sich zum einen für
den Bachelor-Studiengang Rock/Pop
und Jazz, zum anderen für Bildende
Kunst und Integrierte Gestaltung eingeschrieben.
HKDM aufgehen, während die Jazz- und
Landesförderung, die jährlich bei 1.400
Künstler betreffende Fragestellungen er-
der HKDM beratend zur Seite stehen und
Rock Schulen weiter bestehen werden.
Euro pro Bachelor-Student liegt.
arbeiten. Ein hochkarätig besetzter Bei-
sie auch nach außen vertreten.
„Ein internationaler Abschluss ist für
Finanzieren freilich wird sich die neue
rat, der zwei Mal im Jahr tagen wird, soll
viele Studenten heute jedoch ein Ent-
Hochschule überwiegend aus Studienge-
scheidungskriterium bei der Hochschul-
bühren, die sich auf 500 Euro pro Student
wahl“, sagt Johannes Gröger, bisheriger
belaufen.
Chef der Freien Hochschule. Reinhard
Weitere Kosten kommen auf die Stu-
Stephan ergänzt: „Je mehr sich der Ba-
denten, die über Bafög gefördert werden
chelor international als Standard durch-
können, zu, weil die entsprechende digi-
setzt, desto mehr geraten wir in einen
tale Ausstattung, sprich Hard- und Soft-
Reiner Kobe
internetbranchenbuch
labels, veranstalter
Wettbewerbsnachteil“.
ware, als Voraussetzung verlangt wird,
mlm jazzbuero
ie beiden Studiengänge entsprin-
Staatliche Anerkennung und internatio-
neben dem entsprechenden Schulab-
http://www.jazzbuero.de
von Jazzmusikern des Vereins sowie
zu Rückblenden auf zurückliegende
Veranstaltungen.
gen den seit 1984 bestehenden
nal anerkannter Abschluss waren letzt-
schluss, versteht sich.
Beschreibung: „cogito ergo jazz“
Jazzinitiative Berlin
Jazz- und Rock-Schulen sowie
endlich entscheidend für die Fusion der
Rektor der neuen Hochschule ist Stef-
(unbekannter römischer Philosoph).
http://www.jazzinitiative-berlin.de
der Freien Hochschule für Grafik-Design
beiden
fen Rümpler, bisher Dozent an der FHF.
Ein überschaubares Netzwerk von
und Bildende Kunst (FHF). Mit dem Zu-
eine Gutachterkommission des Wissen-
Bundesweite
Kreativen, Labels, Veranstaltern und
Berlins Jazzplattform mit Clubs,
Bands und Links rund um die Szene.
sammenschluss sind die beiden Partner
schaftsrates unter die Lupe, um Konzept
der Webdesigner zu Beginn des neuen
Agenturen. Jazz und mehr. Service
in der Lage, internationale Hochschulab-
und Idee der neu zu gründenden Hoch-
Jahrhunderts, als er für Niedersachsen
für Veranstalter und Musiker. Töne,
Allgäuer Jazzinitiative
schlüsse wie Bachelor und Master anbie-
schule zu überprüfen.
einen Online-Shop entwickelte, in dem
Texte, Bilder. Offen für Ideen und Ko-
http://www.allgaeu-jazz.de
ten zu können.
Im Frühjahr kam sie zum Schluss, dass
von
Produkte
operation. Auf unserer Seite: Neues,
Bislang war am Internnational Music Col-
„die Hochschule für Kunst, Design und
weltweit vertrieben wurden. Dem Klavier
Projekte, Termine, Shop, Newsletter.
lege (IMCF) der Jazz- und Rock-Schulen
Populäre Musik … ein schlüssiges Konzept
spielenden Laien liegt daran, Musiker
Mehr? E-Mail: info@jazzbuero.de
die
Ausbildung
(verfolgt) mit dem Ziel, die Studierenden
und Designer zusammenzubringen. „In-
zum Berufsmusiker möglich, der Bache-
durch praxisbezogene und forschungsba-
teraktive Medien brauchen Sound“, sagt
organisationen
Man findet Veranstaltungsreihen und
zahlreiche andere Konzerttermine für
den Raum. Außerdem stellen sich hier
Bands aus der Umgebung vor und man
kann nach anderen Mitmusikern suchen.
lor konnte anschließend bei der Part-
sierte Lehre auf eine reflektierte und er-
er. „Und auch Musiker können von den
nerschule, dem renommierten Berkelee
folgreiche Berufstätigkeit vorzubereiten.
Neuen Medien profitieren, beispielsweise
Jazzinitiative Schwetzingen e.V.
Darmstädter Jazzinstitut
College of Music in Boston erworben
Populäre Musik und Gestaltung sollen vor
für ihre Selbstvermarktung“.
http://www.jazzinstitut.de
werden. Dies wurde, wie Geschäftsführer
dem Hintergrund der sich wandelnden
Der Synergieeffekt der neuen Hochschu-
http://www.jazzinitiativeschwetzingen.de
Reinhard Stephan einräumt, kaum wahr-
Medien- und Kulturlandschaft vernetzt
le ist tatsächlich nicht zu gering einzu-
genommen.
werden“.
schätzen. Der Musiker ist eben erst dann
Die 1986 gegründete Freie Hochschule
Der staatlichen Anerkennung mit dem
komplett, wenn er sich in interdiszipli-
für Grafik-Design und Bildende Kunst war
Status einer Fachhochschule durch das
närer Arbeit auch mit anderen Künstlern
bislang nur dem Namen nach eine Hoch-
baden-württembergische Wissenschafts-
auseinanderzusetzen in der Lage ist.
schule, staatlich nicht anerkannt, ohne
ministerium stand also nichts mehr im
In Werkstattwochenenden sollen Gra-
Diplom-Abschluss. Sie wird ganz in der
Weg. Auf ihrem Fuß folgt die finanzielle
fik- und Musikstudenten gemeinsame,
D
staatlich
anerkannte
Bildungsstätten.
Beide
nahm
Aufmerksamkeit
Häftlingen
hergestellte
erregte
Auf der Seite des 2003 gegründeten Jazzclubs findet man Ankündigungen und Termine für die Veranstaltungen des Vereins, insbesondere
für die Veranstaltungen der Konzertreihe „Jazz im Schloss“ mit Links zu
Bands und Musikern, zu Portraits
Das Jazzinstitut Darmstadt beherbergt
Europas größte öffentliche Jazzsammlung. Im Archiv finden Jazzfreunde
Bücher, Zeitschriften, Tonträger, Fotos
und Informationen zur Geschichte
sowie zu aktuellen Entwicklungen des
Jazz in aller Welt, Club-Adressen und
vieles mehr.
jazzzeitung 5 2011 Seite 19
jazz heute
EINE ERFOLGSGESCHICHTE
Der BMW Welt Jazz Award im dritten Jahr
Damit hätte wohl niemand gerechnet.
Am Mittleren Ring, Ecke Lerchenauer
Straße in der bayerischen Landeshauptstadt München öffnete man vor
knapp drei Jahren erstmals die Pforten für den BMW Welt Jazz Award. Und
die Leute stürmten an diesem eiskalten Sonntagmorgen in den imposanten
Doppelkegel hinein wie SchnäppchenSüchtige in ein Kaufhaus am ersten
Sommerschlussverkaufstag.
die Menschen würde fassen können, die
muss nicht immer ein Nischendasein fri-
Einlass begehrten. Also entschloss man
sten und 2: man sollte die Urteilskraft, die
sich, die Premiere auch auf eine Video-
Geschmackssicherheit und Offenheit des
leinwand im Auditorium der BMW Welt
nicht unbedingt fachkundigen Publikums
zu übertragen. Über drei Monate und
nicht unterschätzen – gerade in Zeiten,
sechs Einzelkonzerte immer das gleiche
in denen viele Medien ihre Konsumenten
Bild: übervolle Hütte, erwartungsvolle
für blöde verkaufen. Von den bislang 18
Gesichter, frenetischer Jubel. So war es
Bands, die sich den eigens geschaffenen
dann auch in den beiden Folgejahren, mit
Pokal und € 10.000 Preisgeld zu erspielen
dem kleinen Unterschied, dass immer
versuchten, bot keine einzige allzu Gefäl-
mehr Menschen schon früh anstanden
liges oder suchte den Weg des gering-
und ungeduldig darauf warteten, dass
sten musikalischen Widerstands – dank
Die Hausherren und ihre engagierten
sich die Türen auftaten.
der klugen Vorauswahl der fünfköpfigen
Mitarbeiter staunten nicht schlecht, als
Die ersten drei Durchgänge des BMW
Jury und ihres Vorsitzenden Oliver Hoch-
nach ein paar Minuten klar war, dass der
Welt Jazz Awards brachten durchaus ei-
keppel von der Süddeutschen Zeitung.
geräumige Gebäudeteil längst nicht all
nen großen Erkenntnisgewinn. 1: Jazz
Und es sprach für die Zuhörer, dass sie
STIMMEN ZUM BMW WELT JAZZ AWARD
„Internationaler Jazz vom Feinsten in
einem beeindruckenden Ambiente bei
freiem Eintritt – ein absolutes Highlight der Jazzstadt München. Mein
herzlicher Dank an BMW!“
Christian Ude, Oberbürgermeister
der Stadt München
„Meine Familie und ich, wir sind
ebenfalls große Jazz-Fans. Die sonntäglichen Matineen sind in unserem
Kalender rot eingetragen. Gerade die
musikalische Qualität und Vielfalt des
BMW Welt Jazz Award fasziniert uns
in besonderer Weise.“
Frank-Peter Arndt,
Produktionsvorstand BMW
„Der Erfolg des BMW Welt Jazz Award
hat unsere Erwartungen von Anfang
an übertroffen. Wenn man sieht, wie
Sonntag für Sonntag zahlreiche Menschen vor dem Doppelkegel Schlange
stehen, um live bei den Matineen
dabei zu sein, wird einem bewusst:
Dieses Veranstaltungsformat hat nicht
nur die Fachwelt überzeugt, sondern
auch die Herzen eines breiten Publikums erobert.“
Thomas Muderlak, Leiter BMW Welt
etwa der anspruchsvollsten Gruppe des
kommt schließlich der letzte freundliche
ersten Jahrgangs, dem Trio [em] um den
Kombatant: der Gitarrist Wolfgang Muth-
Pianisten Michael Wollny den Publikums-
spiel. Über die Leistungen der einzelnen
preis zugestanden.
Gruppen befindet eine heuer erstmalig
Jedes Jahr haben sich die Macher des
umbesetzte Jury.
BMW Welt Jazz Awards ein neues Wett-
Nach wie vor dabei sind Oliver Hochkep-
bewerbsthema ausgedacht. 2009 durf-
pel, Roland Spiegel (BR) und Andreas
ten sich Piano Trios miteinander messen.
Kolb (Jazzzeitung, Neue Musikzeitung).
2010 holten diverse Stimmkünstler Ver-
Neu dazu kommen Christiane Böhnke-
blüffendes aus ihren Kehlen. Und 2011
Geisse (Programmchefin der Münchner
stand unter dem Motto „Two Horns and
Unterfahrt) und Heike Lies (vom Kulturre-
More“. Wenn es im kommenden Januar
ferat) – sie ersetzen Jason Seizer und Fee
wieder los geht, gehen sechs Bands an
Schlennstedt. Wir wünschen diesen Fünf
den Start, die die Metropolen, aus denen
ein sicheres Händchen und den Künstlern
sie stammen, bestes repräsentieren: aus
bestes Gelingen.
Paris reist das Eric Truffaz Quartet an,
Ssirus W. Pakzad
aus Barcelona macht sich das Augusti
Fernandez Aurora Trio auf den Weg nach
München.
Aus Tokyo jettet Hoppy Kamiyama in die
weißblaue Austragungsstadt. Brooklyn ist
Unser Bild oben zeigt den Bassisten
Pascal Niggenkemper während eines
Auftritts im Auditorium der BMW-Welt
in München.
die Heimat des Dan Tepfer Trios und Mathias Eick ist in Oslo zuhause. Aus Wien
Foto: Ssirus W. Pakzad
LICHT UND SCHATTEN IN ZWEI JAHRZEHNTEN
Unter der Lupe: das Bayerische Jazzinstitut in Regensburg
Ein großes Hallo wird es wohl eher
nicht geben, obwohl doch eine einzigartige bayerische Jazz-Institution einen runden Geburtstag feiert: 20 Jahre wird das Jazzinstitut Regensburg im
kommenden Jahr, rein organisatorisch
fällt das Gründungsdatum bereits auf
das laufende Jahr. Doch potentieller
Jubel wird immer noch von der Trauer
überdeckt, denn wie so vieles in Regensburg und Bayern, das mit dem
Jazz in Zusammenhang steht, ist auch
diese Institution eng mit dem Namen
Richard Wiedamann verbunden. Und
der ist im Januar 2011 gestorben.
den namentlich nicht erwähnten Jazz
der Stiftung Deutsche Buchkunst zum
reihe - stagniert die Entwicklung, ist der
in Regensburg selbst ist die Stimmung
wendet das Ministerium (und damit der
schönsten Buch des Jahres gekürt, hat
Output überschaubar. Das zeigt sich vor
frostig. Die Zusammenarbeit mit dem
Freistaat) laut Auskunft seiner Presse-
man ebenso beratend unterstützt wie
allem im Vergleich mit dem nur ein Jahr
Jazzclub Leerer Beutel ist seit Jahren ab-
sprecherin Christa Malessa 180 000 Euro
Marc Boettchers Dokumentarfilm „Sing,
älteren Jazzinstitut Darmstadt.
gebrochen, dessen Vereinschef Winnie
pro Jahr auf. Davon werden – mit meist
Sing, Sing – Das Schicksal der deutschen
Ein Vergleich, den Merbold nicht gelten
Freisleben wettert seit langem, die Mittel
sehr kleinen Beträgen – einzelne Festi-
Jazzsängerin Inge Brandenburg“, der soe-
lassen will: Darmstadt habe sich der Wis-
fürs Jazzinstitut wären direkt bei Clubs
vals gefördert, den größten Brocken be-
ben in einigen deutschen Kinos angelau-
senschaft, Regensburg dem Service ver-
oder Musikern sinnvoller angelegt. Vom
kommt das Landesjugendjazzorchester,
fen ist und im kommenden Jahr von Arte
schrieben, man ergänze sich. Was man
einst mit großen Hoffnungen gestarteten
gleich gefolgt vom Jazzinstitut mit einer
ausgestrahlt wird. Auf die Haben-Seite
auch anders sehen kann: Beide Institu-
„Jazzfilmfest“ ist nichts geblieben, und
„Grundfinanzierung“ von 75 000 Euro.
rechnet das Institut auch die fünfbändige
tionen begannen unter ganz ähnlichen
auch zum ConBrio Verlag sind die Drähte
Was vergleichsweise ordentlich ist: Vor
Schriftenreihe (unter anderem mit einer
Voraussetzungen, doch während die Re-
mehr oder weniger gekappt. Kulturrefe-
zehn Jahren waren es nur 50 000 Euro,
Dusko-Goykovich-Biographie
den
gensburger selbst von der bayerischen
rent Klemens Unger wiederum wirkt nach
im Vergleich zu den Gesamtausgaben
viel beachteten Bänden „Jazz in Bayern“ I
Szene nur noch am Rande wahrgenom-
Turbulenzen um seine Wiederwahl mit
für die Kultur wie für den Jazz lässt sich
und II), die in den neunziger Jahren beim
men wird, ist das Darmstädter Pendant
der Moderatorenrolle überfordert. Das
der Freistaat hier nicht lumpen. Nochmal
ConBrio Verlag erschienen ist, und die
inzwischen national wie international
geplante „Haus der Musik“ am Bismarck-
etwa ein Viertel dieser Summe bekommt
seit 2002 bestehende lose Zusammenar-
beachtet.
(statt
platz wird wohl bloß die erweiterte Sing-
er Spross einer Regensburger
das Institut von der Stadt Regensburg.
beit mit dem Label Bear Family Records.
Öffnung nach Voranmeldung), hochka-
und Musikschule statt ein Zentrum der
Zinngießerfamilie, den ein Louis-
Ein Kuratorium kontrolliert die Verwen-
Die Aufzählung deutet aber bereits die
rätige Konzerte und Ausstellungen, eine
städtischen Musikeinrichtungen werden.
Armstrong-Konzert 1952 – die
dung der Gelder am von der Landesar-
Schattenseiten an: Wie die durch Gele-
der größten und am besten geordneten
Das Jazzinstitut schwimmt sowieso lieber
Karte hatte er geschenkt bekommen –
beitsgemeinschaft getragenen Institut.
genheit und Zufall bestückte Sammlung
Jazzsammlungen Europas mit einem ein-
weiter im eigenen Saft in der Brückstraße
mit dem Jazz-Virus infizierte, ist als Re-
Und doch erscheint der Etat kümmerlich,
wirkt die gesamte Arbeit des Instituts
zigartigen Zeitschriftenbestand, regel-
4 - bezeichnenderweise das Geburts- und
formator der Regensburger Musikschule
für ein Institut, das die „zentrale Bera-
eher
geschmäcklerisch
mäßige eigene Forschungsprojekte, die
Wohnhaus von Richard Wiedamann.
in den achtziger Jahren, als Initiator der
tungs-, Kommunikations- und Dokumen-
und ohne eine Vision zukünftiger Auf-
weltweit einzige regelmäßige Jazzkonfe-
Wie notwendig neuer Schub für das In-
Landesarbeitsgemeinschaft
als
tationsstelle für Jazzinteressierte und
gaben. Bestes Beispiel ist das „Musiker-
renz (das „Darmstädter Jazzforum“ alle
stitut wäre, zeigt sich nicht zuletzt, wenn
Gründer des Bayerischen Jazzweekends
Musiker aus Bayern und weit darüber hi-
portal“ www.jazz-in-bayern.de, auf das
zwei Jahre) sowie der hierzulande um-
man bayerische Jazzer befragt. Sofern
(1982), des Landesjugendjazzorchesters
naus“ sein will. Dafür liegen in Archiv und
man gerne vollmundig verweist: Nur
fangreichste und am besten gepflegte
sie das Institut überhaupt kennen, wird
(1987) und dann eben des Jazzinstituts
Präsenzbibliothek mehr als 25 000 Medi-
ein unrepräsentatives Häuflein Musiker
Internet-Auftritt – dies alles sind Posten,
es von den meisten zunächst mit dem
zum vielleicht wichtigsten Netzwerker
en (von Zeitschriften und Büchern bis zu
findet sich da; ist die Seite einmal eine
mit denen die hessische Einrichtung der
„Jazzweekend“ verbunden, und zwar kri-
und Mentor des Jazz in Bayern geworden.
Platten und Filmdokumenten), Nachlässe
Woche defekt, bemerkt es niemand. Syl-
bayerischen entscheidend voraus ist. Mit
tisch: Dass sich LAG und Jazzinstitut hier
Vor allem gelang es ihm, zur Administra-
wie der der Sängerin Inge Brandenburg,
ke Merbold vom Jazzinstitut hält dage-
der Lippmann & Rau Stiftung in Eisenach
im Glanz der Musiker sonnen, die mit den
tion des Freistaats vorzudringen, vom
des Jazzforschers Klaus Stratemann oder
gen, indem sie auf die stark gestiegene
ist seit fünf Jahren außerdem ein weiterer
Fahrtkosten abgespeist würden, lautet
Verband der Bezirke bis zum Wissen-
des Berliner Fotographen Ludwig Binder
Beratungstätigkeit per Email und Twitter
ernst zu nehmender bundesweiter Kon-
der Vorwurf vieler Auswärtiger. Anson-
schaftsministerium. Die hatte bis dahin
oder auch Geschäftsunterlagen wie die
verweist, auf Musiker- und Sponsoren-
kurrent um Archivalien und öffentliches
sten sind die Äußerungen zum Institut
Jazz zur Popularmusik gerechnet und
von Ernst Knauffs legendärem Münch-
vermittlung. Doch braucht man für flin-
Interesse auf den Plan getreten.
verdächtig diplomatisch: Prinzipiell eine
dementsprechend buchstäblich auf kei-
ner Jazzclub „Domicile“. Fans, Schüler,
ke Kurznachrichten und Chat-Geplauder
Kommt hinzu, dass alte Empfindlich-
gute Sache, aber in der Praxis stark ver-
ner Rechnung.
Studenten, Lehrer oder Forscher sol-
eines offensichtlich relativ kleinen Zir-
keiten als Hemmschuh wirken. Zwar un-
besserungswürdig – das sagen die mei-
Heute ist die Musik im Referat B6 des
len davon profitieren, einige Erfolgsge-
kels ein Jazzinstitut, das ein Drittes des
terhält Sylke Merbold immer noch beste
sten auch über die herzlich unbeliebte
1998 in fast 60 Abteilungen reorgani-
schichten gibt es: Den opulenten Gra-
kargen Jazz-Etats des Freistaates ver-
Kontakte zum Ministerium – so rechnet
Gema.
sierten Wissenschaftsministerium ange-
phikband „Jazz im New York der Wilden
schlingt? Täten es dafür nicht auch Blog-
sie sich selbst ihren erfolgreichen Ein-
siedelt, gemeinsam mit Heimatpflege
Zwanziger“ von Robert Nippoldt und
gerseiten in Eigeninitiative? Seit langem
satz für die Weltmusik im Dritten Baye-
und
Hans-Jürgen Schaal etwa, 2008 von
– siehe die einst verdienstvolle Schriften-
rischen Musikplan hoch an -, doch schon
D
Jazz,
Ballett-Nachwuchsförderung.
Für
unstrukturiert,
und
Öffentlicher
Zugang
Oliver Hochkeppel
www.jazz-in-bayern.de
jazzzeitung 5 2011 Seite 20
radio & tv
BR alpha, jeden Samstag
22.05–23.00
01.30–03.00: Jazz oder nie! Nachtmusik
BR-Klassik, jeden Montag
23.05–24.00
23.05–24.00: All that Jazz
Deutschlandfunk, jeden Montag
Pascal Niggenkemper, mit Cecilia
Guenter Hottmann
BR-Klassik Jazztime –Bühne frei
Aguirre
18.30–20.00
hr2, jeden Dienstag
19.30–20.00: Jazzgroove
19.30–20.00: Jazzfacts
19.30–20.00: Swingtime
hr2, jeden Samstag
18.30–20.00: Live-Jazz
20.15–06.00
19.05–20.00: Die hr-Bigband
00.05–04.58
19.35: Jazzlounge
NDR Info, Montag bis Donnerstag
22.05–23.00: PLAY JAZZ!
NDR Info, jeden Freitag
20.15–21.00: JAZZ KLASSIKER
20.05–6.00
22.05–23.00: JAZZ KONZERT
NDR Info, jeden Sonntag
22.05–23.00: Jazz Hörerwünsche
Radio Umland, jeden Donnerstag
rbb Kulturradio, täglich
19.30–20.00: The Voice
Swinging Hamburg, jeden Sonntag
10.00: Jazz-Treff Hamburg Jazz-Mix
15.05–16.00: Jazztime
17.50–18.00: Jazz vor Sechs
SWR 2, jeden Dienstag
21.03–22.00: Jazz Session
SWR 2, Donnerstag und Freitag
23.03–24.00: NOW Jazz
SWR 2, jeden Sonntag
22.00 (22.30) –23.00: WDR 3 Jazz
20.05
hr2 Jazzgroove: An den Rändern
des Jazz, mit Guenter Hottmann
Berlin 2011
2010 im Club Ampere, München,
Bayern 2 Radio Jazznacht Extra,
von und mit Beate Sampson
welten: Das Duo David Helbock und
Komponist und Bandleader, mit Heti
Simon Frick, Aufnahme vom 9. Juli
Piano Solo, BuJazzO & Maria
(Aufnahme von November 2011),
Brunzel
Babtist, Richard Galliano La strada
Frederik Köster Quartet (Aufnahme
NDR Info Jazz Klassiker: Der
23.05–24.00
BR-Klassik Jazztime – Jazz auf
erste Kerze brennt! Jazz, Gospel
und Klassik zum ersten Advent, von
-DVDs, mit Karl Lippegaus
WDR 3 Jazznacht: JazzFest Berlin
Wingolf Grieger
Groove: Nils Wograms Nostalgia-
NDR Info Jazz Konzert: Highlights
Trio im Stadthaus Ulm, Aufnahme
hr2 Jazz-Nacht vom JazzFest Berlin
vom Überjazz Festival 2011 (1/2),
vom 1. Oktober 2011, von und mit
band & Reimer von Essen Trio Preis-
2011,Tomasz Stanko, Adam Pie-
mit Claudia Schober
Roland Spiegel
trägerkonzert Hessischer Jazzpreis
22.05–23.00
22.30–23.00
2011), Kermit Ruffins and the BBQ
notes, blue feelings und Musik für
Swingers (Aufnahme von September
Bayern 2 Radio Jazznacht, mit
blaue Stunden, Musik von Jim Hall,
Marcus Woelfle
George Gershwin u.a., von und mit
18.05-19.00
sonntag, 13. november
hr2 Die hr-Bigband: Konzerte und
Roland Spiegel
18.30–20.00
NDR Info Jazz Klassiker: Der
Trompeter Henry Red Allen, mit Jens
hr2 Live-Jazz: Cécile Vernay
Sülzenfuß
NDR Info Jazz Konzert: Asja Valcic
Quartet (Aufnahme von Juli 2011),
& hr-Bigband: „Freedomland“ (Auf-
Elifantree (Aufnahme von April
& Klaus Paier „A Deux“, Aufnahme
hr2 Die hr-Bigband: Konzerte
nahme von Februar 2011), (1/2),
2011), mit Jürgen Schwab
von September 2011, mit Claudia
und Produktionen u.a. mit: „Inner
mit Daniella Baumeister
22.05–23.00
band-Posaunist) – Ein Kammerspiel
Bigband & Wolfgang Haffner, mit
für 17 Solisten, Februar 2011 (1/2),
Henry Altmann
NDR Info Jazz NDR Bigband:
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
22.05–23.00
19.30–20.00
19.35
20.05
20.05–22.00
MDR Figaro Im Konzert: Lily Dahab
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
22.30–23.00
und Pablo Held über Herbie Hancock, Keith Jarrett und John Taylor,
WDR 3 Jazz global. Eine Erinnerung
an den Trompeter Don Cherry, mit
Guenter Hottmann
Henry Lachner
00.05–2.00
Bayern 2 Radio Jazznacht, Live
22.00–23.00
des Jazz, mit Guenter Hottmann
& hr-Bigband: „Freedomland“, (Auf-
Maunder
Frederik Köster u.a., von und mit U.
nahme von Februar 2011), (2/2),
WDR 3 jazz.cologne 2011. Die
Habersetzer und R. Spiegel
sonntag, 20. november
19.05–20.00
und Produktionen u.a. mit: „Inner
hr2 Jazzgroove: An den Rändern
22.05–23.00
NDR Info Jazz NDR Bigband: NDR
Bigband History: Der Arrangeur Carl
WDR 3 Another Kind Of Beauty. Der
Davis, mit Henry Altmann
BR-Klassik Jazztime – „Jazz Clas-
Geburtstag des Altsaxophonisten
Quincy Jones, mit Thomas Mau
BR-Reihe „Jazz auf Reisen“ vom 28.
chungen, mit Guenter Hottmann
19.35
April 1970, Moderator Werner Göt-
instrumentalist und Sänger Arbee
ze stellte eine Aufnahme des damals
Stidham, mit Prof. Bop
Nürnberg“ – Jazz & Beyond: Auf-
Welt Jazzawards 2011, von und mit
ganz neuen Festivals „Jazzwochen
nahmen mit „Ping Machine“, David
Beate Sampson
Burghausen“ vor: mit Oscar-Klein-
19.30–20.00
hr2 Jazzfacts: What’s going on?,
WDR 3 Jazz pa Svenska. Das Duo
mit Wolf Kampmann
19.35–20.00
MDR Figaro Jazzlounge: Joe
23.05–24.00
BR-Klassik Jazztime – All that Jazz,
Georg Riedel und Jan Johansson,
von und mit Marcus Woelfle
mit Thomas Mau
BR-Klassik Jazztime – „Jazz aus
22.00–23.00
Mützelfeldt
22.00–23.00
WDR 3 Never Knew The Enjoy Of
Laughing. Der amerikanische Pianist
Bud Powell, mit Hans W. Ewert
dienstag, 29. november
19.30–20.00
hr2 Jazzgroove: An den Rändern
des Jazz, mit Guenter Hottmann
22.00–23.00
WDR 3 WBB Soul Classics (Teil I).
hr2 Jazzgroove: An den Rändern
Die WDR Big Band unter der Leitung
des Jazz, mit Guenter Hottmann
von Michael Abene, Aufnahme vom
WDR 3 Das Orchester Kurt Edel-
10. November 2011, mit Bernd
1972 (Teil III), mit Thomas Mau
23.05–24.00
WDR 3 jazz.cologne 2011. Sam
Crockatt Quartet, mit Karsten
hagen. Aufnahmen aus dem Jahre
mittwoch, 16. november
Bryant
MDR Figaro Jazz. What‘s new?
19.30–20.00
Combo, Pianist Yancy Körössy und
Roland Spiegel
21.00
dienstag, 22. november
MDR Figaro Jazzlounge: Martin
Sasse
20.05–22.00
WDR 3 Chicago Voice. Der Multi-
aus dem Finalistenkonzert des BMW
mit Claus Gnichwitz
Guenter Hottmann
19.35
Marsalis
22.00–23.00
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
der Neuveröffentlichungen, mit
MDR Figaro Jazzlounge: Wynton
BR-Klassik „Strictly Jazz“. Auszüge
Joe-Viera-Ed-Kröger-Quartett, von
19.30–20.00
hr2 Jazz Now: Neuveröffentli-
BR-Klassik Jazztime – „Jazz aus
hr2 Jazzfacts: What’s going on?,
Coltrane, mit Henry Altmann
montag, 28. november
montag, 21. november
19.30–20.00
NDR Info Jazz NDR Bigband: NDR
Bigband & George Gruntz play
mit Matthias Spindler
des Jazz, mit Guenter Hottmann
te: Eine historische Sendung der
mit Daniella Baumeister
22.05–23.00
hr2 Die hr-Bigband: Konzerte
WDR 3 Woody’s Boys. Musik von
Jazz. Der Komponist und Produzent
MDR Figaro Jazzlounge: Ray
hr2 Die hr-Bigband: Konzerte und
Produktionen u.a. mit: Yellowjackets
WDR 3 Parkers Erbe. Zum 80.
mittwoch, 9. november
19.05–20.00
Jazzfest, mit Musik von Cecil Taylor,
mit Karl Lippegaus
23.05–24.00
Marcus Woelfle
sonntag, 27. november
MDR Figaro Im Konzert: Janine
Tenorsaxophonist Bennie Wallace,
hr2 Jazzgroove: An den Rändern
Bayern 2 Radio Jazznacht, mit
aus Neuburg: Das 1. Birdland-Radio-
dienstag, 15. november
19.30–20.00
mit Michael Rüsenberg
00.05–02.00
Person
Michael Rüsenberger
WDR 3 El Fievre: Latin Jazz der
WDR 3 Standarts. Gwilym Simcock
vom Überjazz Festival 2011 (1/2),
mit Claudia Schober
NDR Bigband, Gabriel Coburger, mit
22.00–23.00
Schober
22.30–23.00
NDR Info Jazz Konzert: Highlights
der Neuveröffentlichungen, mit
MDR Figaro Jazzlounge: Houston
22.05–23.00
NDR Info Jazz Klassiker: Hörerwünsche, mit Marianne Therstappen
montag, 14. november
MDR Figaro Jazzlounge: Chris
WDR 3 Konzert: One Of A Kind
20.15–21.00
NDR Info Jazz NDR Bigband: NDR
sics“: Zugfahrt in die Jazz-Geschich-
WDR 3 32. Leverkusener Jazztage
2010), mit Claus Gnichwitz
20.15–21.00
Produktionen u.a. mit: Yellowjackets
dienstag, 8. november
22.30–23.00
2011 (Aufnahme von September
Delbecq, mit Karl Lippegaus
Maria Babtist, Richard Galliano La
19.05–20.00
hr2 Live-Jazz: Barrelhouse Jazz-
BR-Klassik Jazz und mehr- Blue
Klavier. Porträt des Pianisten Benoit
00.05–02.00
und mit Ulrich Habersetzer
18.30–20.00
samstag, 19. november
WDR 3 Das wohlpräparierte Jazz-
Mozdzer Piano Solo, BuJazzO &
Prof. Bop
19.35
BR-Klassik Jazz und mehr! – Die
Reisen – Humor und fesselnder
WDR 3 This is how I feel About
hr2 Jazz Now: Neuveröffentli-
18.05–19.00
Swing-Trompeter Buck Clayton, mit
Loco, La Lupe und René Bloch, mit
chungen, mit Guenter Hottmann
Hoffmann
23.05–24.00
BR-Klassik Jazztime – „Strictly
sics“, von und mit Henning Sieverts
mittwoch, 30. november
Jazz“, von und mit Henning Sieverts
mittwoch, 23. november
BR-Klassik Jazztime – „Jazz Clas-
19.30–20.00
hr2 Jazzfacts: What’s going on?,
Williams
19.30–20.00
hr2 Jazzfacts: What’s going on?,
mit Sarah Seidel
WDR 3 Jazzgeschichten aus
mit Wolf Kampmann
19.35–20.00
MDR Figaro Jazzlounge: Doris Day
Nürnberg“ – Live-Mitschnitte: „Jean
Europa (31): Vom Ende linearer
19.35
MDR Figaro Jazzlounge: Nancy
22.00–23.00
WDR 3 Evolution. Die frühen Jahre
Quadrat“. Aufnahme vom 28. Okto-
Vorwärtsbewegungen, mit Ekkehard
BR-Klassik Pour le Piano –
ber 2011 im Jazzstudio Nürnberg,
Jost
Tastenspiele: George Shearing mit
von und mit Beate Sampson
23.05–24.00
2011, mit Jörg Heyd
freitag, 4. november
Solo-Aufnahmen, Evergreens des
donnerstag, 10. november
22.00–23.00
23.05–24.00
22.00–23.00
Wilson
des Saxofonisten und Klarinettisten
WDR 3 The Viking. Erinnerungen an
Jimmy Giuffre, mit Hans-Jürgen
BR-Klassik Jazztime – „Jazz aus
den Bassisten Niels-Henning Ørsted
Nürnberg“: Total Vocal: Große Sän-
Pedersen, mit Bert Noglik
Schaal
23.05–24.00
BR-Klassik Jazztime – „Jazz
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
gerinnen und Sänger aus dem Jazz-,
BR-Klassik Jazztime – „Jazz aus
aus Nürnberg“ – Special: „The
hr2 Swingtime: As time goes by,
der Neuveröffentlichungen, mit
Pop- und Klassikgenre als Gäste auf
Nürnberg“: Studio-Aufnahmen; Das
Standards Project“. Klassiker des
mit Bill Ramsey
Guenter Hottmann
den Platten von Herbie Hancock,
„Estern Boundary Quartet“, eine
Jazzgenres aus der neuen CD des
MDR Figaro Jazz: Stefano
von und mit Beate Sampson
ungarisch-amerikanische Allianz des
Bob Brookmeyer New Art Orchestras, von und mit Beate Sampson
Jazz, von und mit Roland Spiegel
19.30–20.00
WDR 3 Preview: Neue Jazz-CDs und
von April 2011), mit Claus Gnichwitz
20.15–21.00
2011, von und mit Roland Spiegel
samstag, 26. november
22.30–23.00
Spiegel
Huesmann
donnerstag, 3. november
-DVDs, mit Karsten Mützelfeldt
Joe Sample, „Children Of The Sun“
1950er- und 1960er-Jahren mit Joe
19.30–20.00 BR-Klassik Jazztime – Das Jazz-
feat. Gary Thomas, Leszek Mozdzer
„Nouvelle Cuisine“, mit Günther
mit Beate Sampson
23.05–24.00
konzert- Diagonal durch die Klang-
für 17 Solisten, Februar 2011 (2/2),
23.05–24.00
WDR 3 Preview: Neue Jazz-CDs und
Bassist Marc Muellbauer – Sideman,
band-Posaunist) – Ein Kammerspiel
22.00–23.00
Davis Story, mit Karl Lippegaus
22.30-23.00
NDR Info Jazz Special: Der
22.05–23.00
Rhythm, mit Hans W. Ewert
MDR Figaro Jazzlounge: Phil
NDR Info Jazz Special: Die Miles
hr2 Live-Jazz: NDR Bigband feat.
18.30–20.00
Septet und Chubby Jackson’s
Helbock und Steve Kahn, von und
15.05–16.00
Bakken
WDR 3 Konzert: Songs from the
David Berger
22.05–23.00
MDR Figaro Jazzlounge: Rebekka
Philharmonie, mit Jörg Heyd
Phil Woods, mit Karsten Mützelfeldt
23.30–00.00
mit Bill Ramsey
19.35–20.00
Gipsy Swing
20.05–22.00
hr2 Swingtime: As time goes by,
23. September aus der Kölner
Woods
19.30–20.00
samstag, 12. november
19.30–20.00
WDR 3 Big Band für Gourmets.
19.30–20.00
MDR Figaro Jazz Lounge: Best Of
te). Ein Mitschnitt vom 14. Oktober
Beate Sampson
sics“, von und mit Henning Sieverts
hr2 Jazzfacts: What’s going on?, mit
mit Bill Ramsey
19.35
BR-Klassik CD-Aktuell, von und mit
Voices“: Christian Jaksjø (hr-Big-
22.00–23.00
hr2 Swingtime: As time goes by,
NDR Info Jazz Nacht: JazzFest
17.35–17.55
Flip Phillips Fliptet, Chubby Jackson
Daniella Baumeister
23.05–24.00
BR-Klassik Pour le Piano – Tas-
– Eddie Daniels. Aufnahme vom
mittwoch, 2. november
22.00–23.00
15.05–16.00
BR-Klassik Jazztime – „Jazz Clas-
Das österreichische Jazzorchester
19.35–20.00
freitag, 18. november
Franz Hautzinger (Vierteltontrompe-
& Klazz Brothers
20.05–22.00
Spiegel
19.30–20.00
Peter Kleiß und Roland Spiegel
Botti
dienstag, 1. november
mit Matthias Fischer
bert Stammberger (Saxophon) und
Guenter Hottmann
19.35–20.00
NDR Info Jazz Spezial: Jazz Talk
Brass Ensemble, mit Ulf Drechsel,
der Neuveröffentlichungen, mit
WDR 3, Montag bis Freitag
Einsamkeit einer Berghütte, von und
der Kölner Philharmonie, Leitung:
montag, 7. november
19.30–20.00
Oktober 2011), von und mit Roland
Landgren
mit Ninh Lê Quan (Perkussion), Nor-
Charles Tolliver, mit Henry Altmann
ca. 19.00: Jazz nach dem Hörspiel
Üben und Komponieren in der
Sampler, Lizz Wright und Hypnotic
mit Matthias Spindler
22.05–23.00
Stefano Bollani live (Aufnahme von
MDR Figaro Jazzlounge: Nils
Thirties. Die WDR Big Band live aus
Voices“: Christian Jaksjø (hr-Big-
SWR 2, Montag bis Freitag
Colin Vallon. Und der Traum vom
Beate Sampson
sonntag, 6. november
SWR 2, jeden Montag
den Tasten: Das Trio des Pianisten
mit Bill Ramsey
„Contact Made – Improvisationen“
und Roland Spiegel
19.05–20.00
Porträt des Schweizer Pianisten
Festspiele: NDR Bigband, Joe
Mega Express u.a., mit Ulf Drechsel
23.04–24.00: Late Night Jazz
tenspiele: Italienischer Irrwisch an
hr2 Swingtime: As time goes by,
und Pianistin Geri Allen, von und mit
Stanton Moore Trio, Andromeda
rbb Kulturradio, Samstag und Sonntag
BR-Klassik Pour le Piano – Tas-
Ein Reisender über die Tasten:
BR-Klassik Jazztime – BR Jazzclub:
23.05–24.00
PELbO, Caecilie Norby Quartet,
23.35–24.00: Playground
15.05–16.00
mit Henning Sieverts
mit der amerikanischen Komponistin
strada Quintet, Lisbeth Quartet,
rbb Kulturradio, Montag bis Freitag
von und mit Ssirus W. Pakzad
freitag, 25. november
-DVDs, mit Karsten Mützelfeldt
22.30–23.00
BR-Klassik JazzFest Berlin 2011.
ronczyk feat. Gary Thomas, Leszek
09.00–11.00: Der JW-Jazzpoint
BR-Klassik Jazztime – All that Jazz:
BR-Klassik Jazztime – All that Jazz,
tenspiele: Trio- und Duoaufnahmen
2011
00.05–06.00
23.05–24.00
Guenter Hottmann
23.05–24.00
WDR 3 Preview: Neue Jazz-CDs und
Drechsel, Peter Kleiß und Roland
NDR Info, jeden Samstag
Sànchez/Christian Scott „Ninety-
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
der Neuveröffentlichungen, mit
MDR Figaro Stefon Harris/David
Michel Portal „Bailador“
Ulrich Tukur, mit Michael Laages
Quintet, Lisbeth Quartet, mit Ulf
22.05–23.00: JAZZ SPECIAL
21.00
miles“, Tingvall Trio „Vägen“ und
Ikkonen & Karikko (Aufnahmen vom
Tomasz Stanko, Adam Pieronczyk
19.30: Jazzlounge
19.30–20.00
22.05–23.00
Höhepunkte des JazzFest Berlin,
MDR Figaro, jeden Samstag
23.30–00.00
19.35
Deutsche Grenzfälle, mit Tinka Koch
19.30–20.00
Bochum 2011, mit Odilo Clausnitzer
Tastenspiele: Der amerikanische
Jazzpianist Teddy Wilson, von und
19.30–20.00
WDR 3 Szene NRW: Jazzfest
BR-Klassik Pour le Piano –
mit dem Schauspieler und Sänger
Live aus dem Haus der Berliner
hr2, jeden Freitag
23.05–24.00
15.05–16.00
(Aufnahmen von Juni 2011), Kari
April 2011), mit Jürgen Schwab
20.05–24.00
20.05–22.00
freitag, 11. november
hr2 Live-Jazz: Joseph Tawadros
Quartet feat. John Abercrombie
19.30–20.00
BR-Klassik All that Jazz, von und
mit Ralf Dombrowski
BR-Klassik Jazz und mehr: Blue
gel
19.30–20.00: Jazz Now, Neuveröffentlichungen
19.30–20.00
23.05–24.00
Grenzen, von und mit Roland Spie-
hr2, Montag und Donnerstag
MDR Figaro, Montag bis Freitag
WDR 3 Szene NRW: Niederländisch-
Stefan Gerdes
notes, Chansons und Klänge ohne
Deutschlandradio Kultur, jeden Dienstag
hr2, jeden Sonntag
22.00–23.00
samstag, 5. november
22.05–22.50: Jazz Facts
hr2, jeden Mittwoch
der Neuveröffentlichungen, mit
22.00–23.00
Beate Sampson
Deutschlandfunk, jeden Freitag
02.05–05.00: Tonart – Jazz
MDR Figaro Jazz Classics
WDR 3 Szene NRW: Der Bassist
Funkhaus des BR, von und mit
18.05–19.00
donnerstag, 24. november
21.00
Oktober 2011 aus dem Münchner
21.05–22.00: Jazz Live
donnerstag, 17. november
hr2 Jazz Now: Aus dem Dschungel
„Inside“. Eine Aufnahme vom 26.
15.05–16.00: Pour le piano – Tastenspiele
Deutschlandfunk, jeden Dienstag
und Malcolm Braff „Inside“
im Studio zwei für Bastian Jütte
BR-Klassik, jeden Freitag
01.05–02.00: Blues zur Nacht/Jazz zur Nacht
„Songs Of Mirth And Melancholy“
Bebop“ – zum 80. Geburtstag des
Saxophonisten Phil Woods, mit
23.05–24.00: Jazztoday mit Henning Sieverts
BR-Klassik, jeden Donnerstag
NDR Info Jazz Special: „Still Playing
19.30–20.-00
23.05–24.00
19.35
MDR Figaro Jazz Journal
22.00–23.00
WDR 3 Preview: Neue Jazz-CDs und
Battaglia Trio „The River Of Anyder“,
New Yorker Bassisten Joe Fonda,
-DVDs, mit Michael Rüsenberg
Branford Marsalis/Joey Calderazzo
von und mit Beate Sampson
21.35
abgehört
jazzzeitung 5 2011 Seite 21
IM ZICK-ZACK AUS DER STADT
John Scofields Solo über „Out Of The City“
John Scofield: Hand Jive (Blue Note,
aufg. im Oktober 1993 in New York)
John Scofield – g; Eddie Harris – ts;
Larry Goldings – p & org; Dennis Irwin
– b; Bill Stewart – dr; Don Alias – perc
„Out Of The City“ ist als letztes Stück auf
einem der bemerkenswertesten ScofieldAlben zu finden. Die ohnehin sehr energiegeladene und dicht spielende Band um
Schlagzeuger Bill Stewart, den vielseitigen
Larry Goldings und den bedauerlicherweise an Leberkrebs verstorbenen Bassisten
Dennis Irwin setzt sowohl den Bandleader als auch Gast Eddie Harris bestens in Szene. Es sollte eine der letzten
Aufnahmen des Saxophonisten werden,
dessen „Freedom Jazz Dance“ seinerzeit
auf Miles Davis‘ Album „Miles Smiles“
unsterblich wurde. Scofields eingängige
Kompositionen bilden den Rahmen für
eine schließlich auch klanglich gelungene Platte. „Out Of The City“ swingt
sich vordergründig entspannt „aus der
Stadt“ beziehungsweise aus dem Album,
harmonisch gesehen jedoch erfordet der
Weg eher einen abwechslungsreichen
Zick-Zack-Lauf. Die alterierten Akkorde,
etwa gleich im ersten Takt, münden hin
und wieder in gerade Abschnitte aus bewährter Funktionsharmonik (T.4–5, 9–10,
21–24), dazwischen muss man schon genau hinsehen, um nicht die nächste Abzweigung zu verpassen. Vince Mendoza
widmete sich mit Scofield und dem renommierten niederländischen Metropole
Orkest im letzten Jahr nochmals „Out Of
The City“ (erschienen bei Emarcy auf dem
Album „54“) und betont Spannung und
Entspannung durch ein feines, hörenswertes Arrangement. So setzen an den
erwähnten Stellen süffige Streicher ein,
wohingegen der mächtige Sound der Bigband für die gewünschte Reibung sorgt.
Ron Cherian
jazzzeitung 5 2011 Seite 22
jazz-geschichte
BASIES BESTE MITSTREITER
Vor 25 Jahren verstarb Eddie „Lockjaw“ Davis (1)
„Basie-ites“ nennt man bisweilen in der
angloamerikanischen Fachpresse jene
Musiker, die man mit dem Orchester
und der Klangwelt Count Basies assoziiert. In unregelmäßiger Reihenfolge
stellt Marcus A. Woelfle einige dieser
Größen in der JazzZeitung vor.
(Einige Aufnahmen der frühen Jahre,
klärte er um 1960 „All the emphasis now
tenbauer, dass man nicht auf dem Horn
Für Eddie „Lockjaw“ Davis bedeutete das
etwa Leapin’ On Lennox von 1947, das
is on speed, on how fast you can play.
rumhämmern darf und nur Selmer in
Jahr bei Basie den Durchbruch. Das von
den vielleicht lautesten Tenorsound der
Even when they’re supposed to be pla-
Paris könnte das machen, undsoweiter-
Ernie Wilkins arrangierte Jaws war eines
Jazzgeschichte dokumentiert, sind auch
ying ballads, they want to prove they can
undsofort. Mir ist das Schnitzel im Hals
der Feature-Stücke bei Basie. Die Affini-
noch ausgesprochener R&B). Verweist
play fast.” Dabei war ihm die Wirkung
steckengeblieben und ich habe am näch-
tät zwischen „Lockjaw“ und Count Basie
Davis’ expressiver, vibratoreicher Sound
auf einen breiteren Hörerkreis nicht un-
sten Tag sofort nach München angerufen,
ist leicht zu erklären. Der Count war ein
zwar auf die großen Swing-Tenoristen, so
wesentlich. 1966 schreibt er: „If you take
er soll das Horn nicht anfassen. Danach
großer Meister der Einfachheit, der mit
setzt seine Phrasierung doch den Bebop
a ballad or a beautiful melody and add a
habe ich einen Deal mit Selmer (über
einem Minimum von Tönen ein Maximum
ielleicht kennen Sie das Phäno-
voraus. Man hat aber kein gutes Gefühl
little rhythm, but don’t get too involved,
Johnny Griffin) ausgemacht und bin mit
an Gehalt und Spannung erzeugte. Vor
men: Man hört ein Album von
dabei, wenn man „Lockjaws“ Individu-
you may end up with something that can
dem kaputten Horn nach Paris geflogen.“
dem relaxten Hintergrund der Rhythmus-
Count Basie aus den 50er-Jahren
alstil partout auf Einflüsse und Einflüss-
have quite a wide appeal. The approach
Sein lautes Organ ließ Eddie Davis erst-
gruppe Basies nimmt sich Davis’ Solistik
oder lauscht einer Jam Session, die Nor-
chen zurückzuführen trachtet, denn der
is different, but the tune can still be there
mals am 2. März 1922 im kalifornischen
noch dramatischer aus. Der Count liebte
man Granz in den 70er-Jahren organisiert
Eigencharakter seiner Musik deklassiert
for those who wish to hum or whistle with
Culver City erschallen. Lexika, die von
es, in seiner Band Tenoristen mit kontras-
hat. Die Musik swingt angenehm plät-
solche Vergleiche zu lediglichen Anhalts-
it.” Solch eine Philosophie, die er selbst
Leonard Feather abgeschrieben haben,
tierender Spielweise zu beherbergen, seit
schernd dahin. Doch dann setzt plötz-
punkten. Das kann jeder nachprüfen, der
nicht immer befolgte, konnte er sich er-
nennen als Geburtsjahr 1921. Kaum hat-
die von 1937 und 1939 währende Part-
lich Eddie „Lockjaw“ Davis’ mächtiges,
„Lockjaw“ an der Seite anderer stilbil-
lauben, denn er hätte nicht kitschig oder
te er sich in den späten 30er-Jahren ein
nerschaft zwischen dem hotten Herschel
siedend hottes Tenorsaxophon ein. Das
dender Saxophonisten hört, etwa an der
trivial klingen können, selbst wenn er es
Secondhand-Tenor und ein Lehrbuch ge-
Evans und Lester Young, dem Urbild aller
ist meist ein magischer, elektisierender
Seite des Stammvaters Hawkins (in Night
gewollt hätte. Warum man, schon Jahre
kauft, stand der Autodidakt acht Monate
coolen Saxophonisten, so erfolgreich ver-
Moment, in dem gleichsam der Ener-
Hawk von 1960).
vor dem Aufkommen des Free Jazz Saxo-
später schon auf der Bühne. Seine erste
laufen war. Noch extremer wirkte im ers-
giepegel der Aufnahme deutlich ange-
Ist es auch leicht Swing-, Bop- und R&B-
phone als „axe“ bezeichnete, wird klar,
Sporen verdiente er sich in der Band von
ten Jahr seiner Bandzugehörigkeit der
hoben scheint. Aus Hunderten von Sa-
Elemente in Davis’ Spielweise auszuma-
wenn man ihn hört und sieht.
mittlerweile Jimmy Gorme, der in Phila-
Kontrast zwischen Davis und dem Young-
delphia arbeitete und wohl nie Platten
Jünger Paul Quinichette. 1957, als „Lock-
machte. Schon in dieser Zeit soll der Sa-
jaw“ am berühmten Album „Atomic Ba-
xophonist, der sich zunächst an Hawkins,
sie“ sowie an Live-Aufnahmen mitwirkte,
Ben Webster und Herschel Evans orien-
die später als „Autumn In Paris“ heraus-
tierte, seinen machtvollen Sound beses-
kamen, stieß er auf ein bereits bestehen-
sen haben. Nachdem er Gorme verlassen
des Tenor-Tandem: Frank Wess und Frank
hatte, ging er nach New York und arbei-
Foster. Die beiden waren beileibe keine
tete in Clark Monroe’s Uptown House,
coolen Saxophonisten, aber hörte man
neben Minton’s Playhouse die wichtigste
sie vor oder nach „Lockjaw“, kam man
Experimentierstätte des Bebop. Eddie
nicht umhin, sie als seinen „coolen“ Kon-
Davis gehörte wie Charlie Parker zu je-
terpart zu empfinden.
ner letzten Musiker-Generation, die noch
(Fortsetzung folgt)
V
als Selbstverständlichkeit die Schule der
Rundfunk-Tipp:
Donnerstag, 3. November 2011, BR
Klassik, 23.05–24.00
All that Jazz: „Lockjaw“ anno 1960
– Zum 25. Todestag des Tenoristen
Eddie Davis, mit Marcus A. Woelfle
NEU: die JazzZeitung auf
Facebook
www.facebook.com/jazzzeitung
Verlosung, Tipps, tagesaktuelle
Meldungen und vieles mehr!
Swing-Bigbands durchlief. Er wirkte 1942
bis 1944 beim Ex-Ellington und Ex-Goodman-Trompeter Cootie Williams und saß
dort direkt neben R&B–Urgestein Sam
„The Man“ Taylor. Mit Williams betrat er
xophonisten ist er herauszuhören, und
chen, so muss doch – gerade wenn man
Die Beziehung zu seinem Saxophon war
auch 1944 erstmals ein Aufnahmestudio.
das schon nach ein, zwei, drei Tönen!
am Begriff „Mainstream“ mangels eines
etwas Besonderes. Der Künstler selbst
Weitere Erfahrungen sammelte er 1944
Eine kurze, imposante Einstiegs-Phrase
besseren festhält – auf die Modernität sei-
bekannte: „I deliberately handle the horn
beim soliden Lucky Millinder, 1945 / 1946
„Lockjaws“, und man hat den Eindruck,
ner Tonsprache hingewiesen werden: Die
the way I do, to show I’m its master! I’ve
bei Andy Kirk, einem Großmeister des
mit einem Schlag werden die Batterien
Soli des Autodidakten offenbaren (eher
always noticed how delicately so many
Kansas City Swing, und schließlich 1946
der Mitspieler (und der Hörer) aufgeladen
unterschwellig als offensichtlich) kühnes
tenor players handle it, as though it com-
in der letzten Bigband Louis Armstrongs.
– und dies auch, wenn die übrigen Musi-
harmonisches Denken, unkonventionelle
manded them. I try to show that I have
Damals begann auch schon das Bigband-
ker die eigentlichen Stars der Aufnahme
Rhythmik und ein Bestreben, die Aus-
command at all times, whether I’m pla-
Sterben.
sind, ja selbst, wenn „Lockjaw“ nicht ein-
drucksmöglichkeiten des Saxophons zu
ying or just holding it. You take charge,
In den Jahren 1945 bis 1952 leitete Davis
mal in Hochform ist.
erweitern. Beschränken wir uns hier auf
it’s yours, and I want the audience to feel
eine eigene Combo, die überwiegend in
Besonders frappierend sind diese impo-
Dynamik und Klangfarbe:
Nur wenige
I’m in complete command. Otherwise
Minton’s Playhouse als Hausband auftrat.
santen Einstiege gerade in den Blues-
Tenoristen hatten innerhalb eines So-
you can give the impression the horn is
Ab 1946 legte er auch Platten unter ei-
Aufnahmen „Lockjaws“. Gibt es ein Gen-
los so unterschiedliche dynamische und
too big for you, whether you play it or
genem Namen vor. In seinem Frühwerk
re, in dem mehr Klischees herrschen als
timbrische Schattierungen auf Lager wie
not.”
hat er mit Beboppern wie Fats Navarro,
bei unserem altehrwürdigen Freund, dem
„Lockjaw“:. Darin war er wirklich „Frogs“
Was „Lockjaw” unter Verantwortung für
Al Haig und Sadik Hakim zusammenge-
Zwölftakter? Und doch: Mit die unerwar-
Blutsbruder. War ein Ton ein zartes Wis-
sein Instrument verstand, belegt eine
arbeitet. Ein Aufnahmeserie von 1946
tetsten Blues-Einstiegsphrasen stammen
pern, konnte der nächste schon gebrüllt
Anekdote, die mir der Tenorist Roman
überrascht durch medizinische Titel wie
von „Lockjaw“, etwa auf Basies Aufnah-
sein. Vor allem am Ende einer Phrase
Schwaller mitgeteilt hat, der wie „Lock-
Fracture und Calling Dr. Jazz oder Lock-
me „After Supper“ (1957).
klingen die Töne oft wie herausgebrüllt,
jaw“ selbst jahrelang mit dem Tenoristen
jaw, was Mundsperre oder Kinnbacken-
„Lockjaws“ Phantasie war von uner-
was einen etwas cholerischen Eindruck
Johnny Griffin musiziert hat. Der junge
krampf heißt. Das Stück wurde ein Hit,
schöpflichem Reichtum. Der am 3. No-
vermittelt, auf jeden Fall aber schon die
Kollege erlebte 1983 Davis als „Supertyp
dem er seinen Spitznamen verdankte,
vember 1986 gestorbene Musiker war
Spannung bis zur nächsten Phrase auf-
mit ziemlich harter Schale“. Schwaller
der später oft zu „Lock“ oder „Jaws“ ab-
sicherlich nicht nur einer der hottesten
rechterhält.
war damals sein Instrument, eine Super
gekürzt und auch auf sein ausgeprägtes
Saxophonisten aller Zeiten, sondern auch
Vor allem hatte aber kaum ein Saxopho-
Balanced Action, in Paris im X-Ray Au-
Kinn bezogen wurde sowie auf seine Art,
einer der originellsten. Man wird ihm da-
nist vor oder nach „Lockjaw“ einen so
tomaten stecken geblieben und war da-
sein Instrument im Mund zu halten, die
her nicht gerecht, wenn man versucht,
machtvollen Sound. Eddie „Lockjaw“ Da-
bei völlig verbogen. Er brachte es dann
von Alun Morgan folgendermaßen be-
ihn fein säuberlich in eine stilistische
vis klang oft rau und barsch: Er spielte
zu einem Münchner Instrumentenbauer
schrieben wird: „His embouchure is unor-
Schublade einzuordnen. Meist wird er in
Uptempo-Stücke mit anfallhafter Wucht
und fuhr anschließend nach Hause in die
thodox, the mouth champed around the
einer gewissen Hilflosigkeit dem Main-
und Blues mit dem Selbstbewusstsein
Schweiz. „Zwei Tage später war ich in Zü-
horn, head thrown back as if he is trying
stream zugeordnet – ein Begriff, der zwar
eines Löwen. (Das tat er schon in der
rich, weil da der Klaus Weiss und der Isla
to peer at the audience from over the top
seine Zwischenstellung zwischen Swing
Bebop-Ära. „Hollerin’ & Screamin’“, 1946
Eckinger mit dem Lockjaw in der Widder
of the saxophone.“ Übrigens blieb „Jaws“
und Bop erfasst, nicht aber seine außer-
mit Fats Navarro eingespielt, belegt dies
Bar gespielt haben. Ich hatte die Ehre,
beim Spielen selbst heißester Passagen
ordentliche Eigenständigkeit. Als seine
schon im Titel. Und welch Humor steckt
mit den Herrschaften zu essen, und dann
ganz cool. Manchmal strich er sich nach
Lieblingssaxophonisten und Lehrmeister
in seinem „Oh Susanna“–Zitat, mit dem
habe ich dem Lockjaw die Geschichte von
einem wilden Solo über die Haare und
gelten Coleman Hawkins, Herschel Evans
er sein Solo eröffnet.) Und doch ist sei-
meinem Horn erzählt. Der war wie von der
erklärte den Hörern: „No sweat!“ „The
und vor allem Ben Webster. („They used
ne Sensibilität immer fast mit Händen zu
Tarantel gestochen. Was mir wohl einfal-
Fox“ ist ein weiterer Spitzname des Teno-
to call me ‚Little Ben’ when I first started
greifen. Wenn er etwa in Balladen auf sei-
len würde, hier ganz relaxed mit ihnen zu
risten, der 1947 ein Stück namens Foxy
out, which made me feel very hip.”) Affi-
nem Horn Geschichten erzählt, hört man,
essen und mich nicht um mein Horn zu
aufnahm.
nitäten zur geschmeidigeren Tenorschule
dass er es tat wie jemand, der es muss,
kümmern.“ Dabei fiel der Satz „Your horn
Von 1952 bis 1953 (sowie 1957 für eine
à la Don Byas zum einen (Ornamentik,
und nicht, weil man das aus Gewohnheit
is your woman!” Es war „Lockjaws” Mei-
Europa-Tournee und 1964 bis 1973) ge-
Legato-Phrasierung), den rabiaten Texas
eben auch tut. Dabei hielt er sich an die
nung, dass man sich „in erster Linie” um
hörte
Tenors zum anderen (Virilität, Volumen)
Essenz der Ballade, die nie ein Vorwand zu
sein Horn zu kümmern habe. Er erklärte
Count Basies, einem der wenigen Band-
sind hörbar, ebenso eine gewisse Nähe
instrumentaler Geläufigkeit wurde. „Most
dem Schweizer Kollegen, dass es ein Un-
leader, dem es vergönnt war, nach dem
zu den Honkern des Rhythm und Blues.
young musicians can’t play ballads“, er-
sinn sei „mit einem normalen Instrumen-
Bigband-Sterben wieder Fuß zu fassen.
„Lockjaw“
fest
zum
Marcus A. Woelfle
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JazzZeitung Ausgabe 5-11, 36. Jahrgang
Herausgeber: Theo Geißler
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Orchester
jazzzeitung 5 2011 Seite 23
aktuelles
SICH DEM INTERNATIONALEN FACHPUBLIKUM PRÄSENTIEREN
Die jazzahead 2012 vom 19. bis 22. April 2012 wirft ihre Schatten voraus
Vom 19. bis 22. April 2012 findet die
nächste jazzahead in Bremen statt,
und es gibt bereits jetzt eine Menge
Nachrichten im Vorfeld dieser nach
wie vor einzigartigen Kombination aus
Messe, Festival, Kongress und Showcase.
die bisherige Förderung durch die Initi-
große
innerhalb
val, sie ist eine Messe mit integriertem
dass auch das richtige Publikum vor Ort
ative Musik entfällt. Die Initiative Musik
der Messe unter dem Namen ,German
Showcase-Festival. Wie in den Vorjahren
ist. Letzteres geschieht über ein gezieltes
ist aufgrund ihres Förderkonzepts nicht
Market‘, sie soll Anlaufstelle für Musiker
wählen international zusammengesetzte
Einladungsmanagement.“
in der Lage, kontinuierlich über mehrere
– aktuell teilnehmende des Showcase-
Expertenjurys die Künstler für die ver-
Nach der Türkei im Jahr 2011 wird 2012
Jahre zu fördern. Es heißt also bye bye
Festivals wie auch jene, die in den vo-
schiedenen Showcase-Programme aus
das Partnerland Spanien heißen. Für die
German Jazz Meeting, welcome Jazz
rangegangenen Meetings dabei waren –,
den Bewerbungen aus. Die Jurybeset-
Messe ist die Auswahl dieser Partnerlän-
Expo! Die Messe hat aus der Not eine
Clubbetreiber und Festivalmacher sein.
zungen des Showcase-Festivals sind ein-
der eine strategische. Dazu Kornitschky:
Tugend gemacht und ein interessantes
Die dritte Säule stellen spezielle Networ-
zusehen unter www2.jazzahead.de
„Das Partnerlandprogramm, welches wir
wird
Konzept für die German Jazz Expo ge-
king-Meetings zwischen Musikern und
Der Benefit für die Musiker scheint ge-
aufstellen, soll sich insbesondere an ein
2012 aus vier Teilen bestehen:
strickt. Dazu Sybille Kornitschky, Projekt-
Fachpublikum sowie Panels zu aktuellen
geben zu sein, denn sie zahlen bislang
breites Publikum richten, das Partner-
der Spanish Night, der German
leiterin der jazzahead:
Themen der deutschen Jazzbranche dar.“
einen hohen Preis, da sie ohne Gage
land soll über den Jazz hinaus auf den
Jazz Expo, der Overseas Night und dem in-
„Das Modul German Jazz Expo beinhaltet
Ob diese neuartige Präsentationsplatt-
spielen. Sie tun dies, weil sie mit der Hoff-
verschiedensten kulturellen Ebenen eine
zwischen jährlich stattfindenden Europe-
ein Showcase-Programm, bei dem ins-
form zur Knüpfung, Pflege und Intensivie-
nung anreisen, sich vor einem internatio-
Menge zu bieten haben, fern ab von Jazz
an Jazz Meeting. Bewerbungsschluss für
gesamt zehn deutsche Formationen die
rung von Kontakten an die Qualität des
nalen Fach- und Entscheiderpublikum zu
und auch fern ab von Musik. Spanien
die Showcase-Programme ist der 11. No-
Möglichkeit bekommen, sich vor einem
German Jazz Meeting heranreichen kann,
präsentieren. Dazu noch einmal Sybille
ist genau so ein Land, die Türkei war es
vember 2011. Einen Wermutstropfen gibt
internationalen Fachpublikum zu prä-
wird sich zeigen müssen. Insgesamt ist
Kornitschky: „Das ist der Deal, den wir
auch. Es gelingt uns über diesen Weg,
es auch zu vermelden: Das German Jazz
sentieren. Die Bands müssen sich für
es als erfreulich zu sehen, dass die Messe
eingehen. Wir als Veranstalter nehmen
viel neues Publikum zu Programminhal-
Meeting in seiner bisherigen Form wird
ihre Teilnahme bewerben und werden
dieses wichtige Element nach dem Aus-
unseren Teil des Deals dabei sehr ernst,
ten einer Jazzveranstaltung zu bewegen,
es 2012 nicht mehr geben: Der Verein
von einer international besetzen Jury
fall des German Jazz Meetings jetzt aus
wir bauen die Bühnen, stellen eine hoch
also ,audience development‘ in seiner
German Jazz Meeting konnte trotz inten-
ausgewählt. Voraussetzung für eine Be-
eigener Kraft stemmt, wenn auch in et-
professionelle Technik zur Verfügung,
besten Form. Die Länder, die wir in Be-
siver Bemühungen keine weitere Förde-
werbung ist, wie in den anderen Modulen
was abgespeckter Form was die Teilneh-
setzen eine groß angelegte Werbe- und
tracht ziehen, sind natürlich immer auch
rung für einen vierten Durchgang auf die
auch, eine Anmeldung als Aussteller oder
merzahl der Bands angeht
PR Kampagne um und, und das ist für
unter dem Gesichtspunkt ihrer Jazz-Sze-
Beine stellen. Hauptgrund dafür ist, dass
Unteraussteller. Die zweite Säule ist eine
Die jazzahead ist kein klassisches Festi-
die Bands das Wesentliche, sorgen dafür,
ne interessant.“ jz-red
D
as
Showcase-Programm
Gemeinschaftsfläche
VIVE LE JAZZ – ZUM VIERTEN MAL
Fragen an den Impresario Hans-Jürgen von Osterhausen · Interview von Dietrich Schlegel
JazzZeitung: Vive le Jazz – das deutsch-
Frankreich viel stärker als in Deutschland
Musique Française, Thalys Transport und
nen sich da bereits sicht- oder besser
JazzZeitung:
französische oder französisch-deutsche
immer wieder vorkommt.
die französische Versicherung Scor.
hörbare Erfolge ab? Und kommt es auch
konnte man bei den französischen Musi-
Im
vergangenen
Jahr
Jazzfestival zum vierten Mal in vier
JazzZeitung: Ohne Partner auf franzö-
JazzZeitung: Welche Kooperationspart-
zu einem Austausch von Deutschland
kern als eine Art Leitmotiv „Energie“ he-
rheinischen Großstädten: Köln, Bonn,
sischer Seite geht es doch sicher nicht?
ner und Sponsoren halfen Ihnen auf deut-
nach Frankreich?
raushören – die Umsetzung der Proteste
Düsseldorf und Aachen. Ein Anlass zu
von Osterhausen: Das ist richtig. Das
scher Seite?
von Osterhausen: Da gibt es in der
der französischen Schüler und Studenten
berechtigtem Stolz für den Initiator und
Projekt wird ganz stark getragen von der
von Osterhausen: Jazz am Rhein e.V.
Tat Erfolge, so mit dem Tentett von Lars
in sozusagen „energetischen Jazz“. Gab
Organisator Hans-Jürgen von Osterhau-
Partnerschaft mit dem französischen Fe-
ist ja ein regional orientierter Netzwerk-
Duppler, in dem vier Studenten aus Pa-
es einen ähnlichen gemeinsamen Nenner
sen. Wie haben Sie es diesmal wieder
stivalverband AFIJMA, dessen assoziier-
verein. Das heißt, dass unsere Partner
ris und vier aus Köln spielen, unterstützt
in diesem Jahr auch?
geschafft, grenzüberschreitend so viele
tes Mitglied wir, das heißt Jazz am Rhein
in Bonn (Rheinisches Landesmuseum),
vom Deutsch-Französischen Jugendwerk.
von Osterhausen: Das ist immer bei
Bands zu so vielen Konzerten zusam-
e.V., seit 2009 sind. Nach der ersten Aus-
Köln (Institut Français, Stadtgarten und
Nach dem Konzert in Köln hatten sie
den ganz jungen Bands der Fall, also in
menzubringen? Und wie viele waren es
gabe in 2008 ist der Verband auf uns auf-
Loft und in diesem Jahr die Alte Feuer-
dann ein Konzert in Paris. Das bedeutet
diesem Jahr mit dem Trio „Q“, auch dem
eigentlich?
merksam geworden.
wache), Düsseldorf (Institut Français und
auch, der Austausch für die jungen Leute
Quartett „Pulcinella“ aus Toulouse und
Hans-Jürgen von Osterhausen: Es wa-
Heute haben wir mit ihm ein dreijähriges
Jazzschmiede) und Aachen (Gesellschaft
kommt in Gang. Und auf der anderen, der
bei dem Quartett „Rétroviseur“. Aber
ren 17 Projekte an elf Tagen, das heißt 15
Band-Austauschprogramm
verabredet
für Zeitgenössische Musik) dabei sind. An
französischen Seite ist das Nachwuchs-
auch Courtois, Monniot und Delbecq las-
Bands, von denen eine zweimal, in Bonn
(jazzenergie), nach dem Bandprojekte
Sponsoren sind beteiligt das Land NRW,
förderprogramm Migration immer dabei,
sen da nichts aus.
und Köln, gespielt hat, und dazu eine
aus beiden Ländern drei Jahre lang aus-
das NRW Kultursekretariat Wuppertal,
dieses Jahr mit dem Trio „Q“ aus Paris.
www.jazzamrhein.de
Fotoausstellung eines französischen Fo-
getauscht werden. Ein in dieser Form
der Landschaftsverband Rheinland, die
tografen in Düsseldorf und ein Film, der
sicher einmaliges Projekt, das unseren
Kulturämter Köln, Düsseldorf, Bonn, die
erste Godard-Film „A bout de souffle“ mit
Musikern endlich den Weg zu den euro-
SKKulturstiftung der Sparkasse KölnBonn
der Musik von Martial Solal. Das macht
päischen Nachbarn öffnen soll.
und der WDR durch einen Mitschnitt.
deutlich, dass sich das Festival auch hin
Und geholfen haben vor allem die Insti-
JazzZeitung: Eines Ihrer Ziele ist ja auch
zu anderen Kulturformen öffnet, was in
tuts Français, das Bureau Export de la
die Förderung des Nachwuchses. Zeich-
KLASSIKER DES JAZZ WIEDERGEHÖRT
Teil 1: Vor zehn Jahren erschien „The Olatunji Concert”
Im Herbst 2011 wäre John Coltrane 85
Jahre alt geworden. Da richtet sich die
Aufmerksamkeit fast automatisch auf
seinen frühen Tod. Die Behauptung,
er habe sich zu Tode gespielt, sei regelrecht an der Intensität seiner Musik
verglüht, kann kaum einen besseren
Beleg finden als in seinen letzten Aufnahmen.
auf das nächste Konzert warteten. Das
Dauerbrenner „My Favorite Things“ er-
angekündigte
klingt in einer ganz furiosen Version,
Publikumsgespräch
mit
John Coltrane musste leider entfallen.
die in keiner Weise mehr an die ur-
Dieses erste Konzert wurde auf Veran-
sprüngliche Hit-Version erinnert, den von
lassung Coltranes mitgeschnitten. Das
Coltrane orientalisierten Rodgers-Walzer.
Resultat ist in puncto Aufnahmetechnik
Das Thema ist kaum noch zu erkennen,
mehr schlecht als recht. Die akustischen
lediglich eine Startrampe, von der es
Verhältnisse sollen für den Tontechniker
überall hin gehen kann. Sanders’ Power
verheerend gewesen sein. Nicht nur,
„Play in Things“ – er wird von Rashied Ali
dass der gute Mann in seiner Verzweif-
und den Perkussionisten zum äußersten
or zehn Jahren sorgte das post-
lung immer wieder mal die Position des
getrieben – ist zweifellos ein ergreifender
hume Erscheinen des „Olatunji
Mikrophons ändert und der New Yorker
Höhepunkt des Albums. Auch Coltranes
Concert“ (Impulse!) für großes
Straßenverkehr während Jimmy Garri-
zweites, daran anschließendes faszinie-
Aufsehen. Schon Jahrzehnte hatte es
sons Bass-Solo hörbar wird, über weite
rendes Sopran-Solo ist einer: Immer wie-
in unseren Köpfen herumgespukt und
Strecken ist die Aufnahme übersteuert.
der kommt es ab der 28. Spielminute zu
unsere Phantasie beschäftigt, in der es
Die Saxophone John Coltranes und Pha-
Anspielungen auf sein Thema „Cosmos“
dank existierender Berichte und zumin-
roah Sanders‘ klingen verzerrt. Garri-
(aus dem 65-er Live-In-Seattle-Album),
dest einem bekannten Foto schon Ge-
son und Tranes Frau, die Pianistin Alice
das aber nie „richtig“ zitiert wird.
stalt angenommen hatte. Das waren die
Coltrane, sind oft mehr zu erahnen als zu
Doch es bringt nicht viel, einzelne Soli
bekannten Fakten: John Coltrane hatte
hören. Der Drummer Rashied Ali verdeckt
herauszugreifen. Dieses Konzert, das
seinem Freund Babatunde Olatunji Un-
mit seinem faszinierend vulkanischen
zeigt, was Free Jazz sein kann, erschließt
terstützung zugesagt für das Center of
Spiel die ohnehin in einem Klangbrei ver-
sich nur in seiner Ganzheit als Gruppen-
African Culture, das der Trommler im
schwindende Rhythmusgruppe – zu ihr
werk. John Coltrane spielt auf höchster
März 1967 in New York eröffnete. Der
gehören auch Algie de Witt mit seiner
Stufe glühender Intensität, gibt alles von
Beistand kam in Form von Geldbeträgen
Batá-Trommel und vermutlich der Perkus-
sich und bringt auch die anderen dazu,
und in der Zusage, im April mit seinem
sionist Jumma Santos. Ob man deshalb
alles zu geben. Dabei überlässt Trane wie
Auftritt eine Serie von Konzerten zu er-
34 Jahre mit der Veröffentlichung ge-
immer die schmerzhaftesten Aufschreie,
öffnen, die unter dem Motto „Roots of
wartet hat? Als Otto Normalhörer nicht,
die wildeste Wut Pharoah Sanders, der
Africa“ standen. Die Nachricht von einem
wohl aber als bekennender Coltranianer
bald zu so viel sanfteren Sounds finden
Konzert Coltranes wirkte schon in jenen
wird man die Mängel in Kauf nehmen.
sollte. Wer vermutet, dass Coltrane drei
Tagen wie eine Sensation. Coltrane war
Die aufnahmetechnischen Absonderlich-
Monate vor seinem Tode abgeklärter,
schwer krank und 1967 in New York noch
keiten entrücken Coltranes letztes New
ruhiger spielte, wer glaubt, dass die
überhaupt nicht aufgetreten. Die Leute
Yorker Live-Konzert in eine Sphäre des
Krankheit ihn seiner Kräfte beraubt hät-
müssen auf der Straße Schlange gestan-
Unwirklichen.
te, erlebt bei diesem Album ein kleines
den sein. Zwei Shows gab es an jenem
Wir erleben nur zwei, etwa je halbstün-
Wunder: eine Stunde, die klingt wie ein
denkwürdigen 23. April. Eine um 16 Uhr
dige Stücke: Das auf einem afro-brasilia-
permanenter Exorzismus, eine Stunde,
und eine um 18 Uhr. Trane steigerte sich
nischen Lied basierende „Ogunde“ hatte
in der es kaum Ruhepunkte gibt, fast nur
in das erste der Konzerte so hinein, dass
Coltrane schon kurz zuvor für „Expressi-
Spannung, ständige Steigerungen zu im-
Olatunji ihm Zeichen geben musste, das
on“, sein letztes Live-Album, eingespielt.
mer ekstatischeren Ausbrüchen.
Konzert zu beenden, da schon Hunderte
Trane’s unzählige Male interpretierter
Marcus A. Woelfle
V
http://blogs.nmz.de/jazz
www.facebook.com/jazzzeitung
James
Carter
Organ triO
Stefano Bollani
at the
crossroads
Wenn Meister-Saxophonist James
Carter mit Drummer Leonard King Jr.
und Hammond-Organist Gerard Gibbs
zusammenkommt, trifft groovender
Blues- und Gospel-Jazz auf treibenden
Modern-Jazz.
Nach Solo-Werken,
Ausflügen in die
brasilianische Musik und
einer atemberaubenden
Interpretation von
Gershwins “Rhapsody
In Blue” glänzt der
italienische Pianist
jetzt zusammen
mit der NDR-Bigband.
Zum 100. Geburtstag spielt
Akkordeon-Genie Richard
Galliano Kompositionen des
legendären Fellini-Filmkomponisten, zusammen mit
Trompeter Dave Douglas,
Saxophonist John Surman u.a.
LIVE:
4.11. Berlin - JazzFest,
21.12. Köln - Philharmonie
Verve 06025 2772082
Deutsche Grammophon
00289 4764615
Emarcy 06025 2776885
MultiShow ao vivo
Caetano e Maria GadÚ
Der „Alt-Star“ des Brasil-Pop machte die junge
Senkrechtstarterin zu seiner musikalischen Partnerin
bei diesem großartigen Live-Konzert, bei dem
Kompositionen aus beider Feder erklingen.
Zeitlos schön!
Hollywood
Mercury 06025 2781592
Sie swingen wie die seligen Andrews
Sisters, aber mit einer kräftigen Prise
Modernität und Ironie. Auf ihrem
neuen Album peppen sie Songs aus
Filmklassikern und Musicals auf.
Ein Schmaus für Augen und Ohren!
LIVE: 18.11. Berlin - lido,
19.11. Dresden - beatpol,
20.11. Hamburg - uebel & Gefährlich,
21.11. Köln - Gloria,
22.11. Darmstadt - centralstation,
23.11. Reutlingen - franzK,
25.11. A- Innsbruck - treibhaus,
26.11. Fürth - Kulturforum
Verve 06025 2781551
John Coltrane
thE oriGinal iMPulsE albuMs 4 & 5
Zum 50. Jubiläum vollendet Impulse seine JOHN COLTRANE-Boxenserie!
THE ORIGINAL IMPULSE ALBUMS 4 & 5 enthalten jeweils fünf Albumklassiker
und runden damit das Gesamtwerk des Saxophonisten ab: “Expression”,
“Live at the Village Vanguard Again!”, “Om”, “Cosmic Music”, “Selflessness”,
“Live in Seattle”, “Sun Ship”, “Transition”, “Infinity” und “Live in Japan”.
impulse 06025 2776820
impulse 06025 2779014
l
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Jazz
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a
B
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Wes MontgoMery
MoVinG: thE coMPlEtE VErVE-rEcorDinGs
WES MONTGOMERY’s Verve-Alben gelten als die
Meisterwerke des unvergessenen Gitarristen.
Das 5-CD-Set MOVIN’: THE COMPLETE VERVE
RECORDINGS beinhaltet alle acht Alben “Movin‘
Wes“, „Bumpin‘“, „Smokin‘ At The Half Note“, „Goin‘
Out Of My Head“, „Tequila“, „California Dreaming“
und die beiden gemeinsamen Alben mit Jimmy Smith,
„The Dynamic Duo“ und „Further Adventures of
Jimmy Smith and Wes Montgomery“, aufgenommen
mit grandiosen Sidemen wie dem Wynton Kelly Trio
und Bigband-Arrangeuren wie Johnny Pate, Don
Sebesky, Oliver Nelson und Claus Ogerman. Neu
remastert und mit reichlich Bonustracks in einem
ausführlichen, reich illustrierten Hardcover-Buch
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